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Dossier »Inklusion in Kultur und Medien« , € November/ Dezember 6 

Zeitung des Deutschen Kulturrates www.politikundkultur.net In dieser Ausgabe: Heiner Bielefeldt Kübra Gümüşay Kultur unter Druck Jüdisches Leben Echte Souveränität Medienstaatsvertrag Helmut Hartung Das Beispiel Feine Sahne Mikrogeschichte für mehr Steht Europa vor dem end- Überfällig und doch mutig: Fischfi let: Kultureinrichtungen Toleranz: Die Online-Plattform gültigen Bruch?: Was die Euro- Bundesländer zeigen endlich müssen Kunstfreiheit weiter »Jewish Places« zeigt die reli- päische Union heute und Handlungswillen in der Beate Rudolf schützen giöse Vielfalt in Deutschlandbst? morgen braucht Medienpolitik und viele andere Seite  Seite  Seiten  und  Seite  Ignoranz In meinem Beruf begegnet man vielen Menschen. Politiker, Künst- ler, Kulturarbeiter aller Couleur, bekannte und noch unbekannte, einige ruhen in sich selbst, andere sind hyperaktiv und nicht wenige verzweifeln an ihrer Arbeit, wegen zu viel oder zu wenig Erfolg. Aber nur in einer Gruppe von Menschen fi nden sich so viele Unzufriedene wie unter den Kulturjournalisten. Vielleicht bringt das der Beruf mit sich. Als Journalist schaut man auf die Personen und ihre Arbeiten und urteilt. Gerade im Feuilleton ist das Urteil zuallererst an den eigenen Ge- schmack gebunden. Als Wirtschafts- journalist, als Politikjournalist und Unantastbar sogar als Sportjournalist muss ich mich in einem mehr oder weniger strengen Faktenkorsett bewegen. Die  Jahre Menschenrechte & Kultur Aktienkurse sind stabil, dann brau- Seiten  bis  che ich schon gute Argumente, um den Untergang des Unternehmens zu beschreiben. Eine Partei ist im freien Fall bei den Wählern, dann kann man den Umstand bedauern, aber muss trotzdem die Realität in die eigene Kommentierung mitdenken. Das

Gleiche gilt im Sportjournalismus. NATIONS UNITED FOTO: Nur bei der Kulturberichterstattung zählt nicht selten das eigene Gefühl mehr als jeder Fakt. Denn die Mei- nung über Kunst ist genauso frei wie die Kunst selbst. Und diese auf den ersten Blick komfortable Ausgangslage scheint Berufliche Bildung stärken dazu zu führen, dass einige Feuille- Bildung und Forschung in der aktuellen Legislaturperiode tonjournalisten wirklich auch alles tun, um nicht mit Fakten behelligt ANJA KARLICZEK nach einiger Zeit an der Universität gemerkt, dass die Lebensbedingungen in unserem Land weiter zu zu werden. Mir ist es in den letzten ihm das Praktische fehlt, dass er vielleicht lieber eine verbessern und uns alle fi t zu machen für das digitale Wochen mehrmals passiert, dass be- ls ich kürzlich das Hannah-Arendt-Gym- Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann Zeitalter. Denn was wir gerade erleben, ist ein riesiger kannte Feuilletonisten von großen nasium in Lengerich besuchte, das ganz in macht als ein Wirtschaftsstudium. Ich selbst habe technologischer Sprung, vergleichbar in etwa mit der Zeitungen sagen, vom Deutschen der Nähe meiner Heimatstadt Tecklenburg nach meinem Abitur eine Banklehre absolviert und Zeit, als die Pferdekutschen von den Automobilen Kulturrat habe ich noch nie etwas A liegt, da war nach einer kleinen Umfrage später ein BWL-Fernstudium gemacht. Bis heute kann abgelöst wurden. Nur, dass dieser Wandel ungleich gehört. Man stelle sich vor, ein unter den Oberstufenschülern schnell klar: Alle wol- ich sagen, dass dieser Weg der für mich richtige war. schneller vonstattengeht und wirklich alle Lebensbe- Sportjournalist sagt: »Den Deut- len wie selbstverständlich studieren. Nun will ich reiche erfasst: unsere Fortbewegung, unsere Kommu- schen Olympischen Sportbund ken- nicht behaupten, dass in Deutschland grundsätzlich nikation, unsere Arbeit. Und dass all diese Verände- ne ich nicht.« Oder ein Wirtschafts- zu viel studiert wird, aber dass es einen starken Drang Wir müssen unsere Chancen rungen weltweit passieren, gleichzeitig, dass wir also journalist sagt: »Der Bundesverband zur Universität gibt, das ist doch ganz off ensichtlich. nutzen und Innovationen in Sekundenschnelle auf das Geschehen am anderen der Deutschen Industrie, was ist Die berufl iche Bildung hingegen steht nicht so hoch vorantreiben Ende der Welt reagieren können, und die anderen das?« Sie wären ihren Job sofort los. im Kurs. Es ist paradox: Zwei Drittel der Deutschen auf uns. In Theodor Fontanes »Der Stechlin« springt Im Feuilleton ist das aber kein Pro- beurteilen die duale Berufsausbildung positiv. Wenn aus der Tiefe des Sees immer dann ein sagenhafter blem. Diese Ignoranz gibt es nicht man aber fragt, wer seinen eigenen Kindern diesen Darum fi nde ich es auch prima, dass am Hannah- Wasserstrahl, »wenn es draußen in der Welt, sei´s auf nur gegenüber dem Deutschen Kul- Weg empfehlen würde, dann reduziert sich die Zu- Arendt-Gymnasium schon in der achten Klasse eine Island, sei´s auf Java, zu rollen und zu grollen beginnt turrat, auf meine Nachfragen wird stimmung um ein Vielfaches. Dabei werden Fach- persönliche Berufsberatung angeboten wird und die oder gar der Aschenregen der hawaiischen Vulkane deutlich, alle großen Kulturverbände arbeiter dringend gesucht – und gut bezahlt. Und Schüler erfahren, welch’ zahlreiche Berufsmöglich- bis weit auf die Südsee hinausgetrieben wird«. Es ist sind weitgehend unbekannt. nichts spricht dagegen, nach einer Ausbildung, z. B. keiten es gibt. Das hilft sehr, wenn man sich früh dieses Gefühl, dass alles mit allem zusammenhängt, Die Welt für manchen Feuille- als Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und entscheiden muss, in welche Richtung es berufl ich das Fontane da beschreibt. Und das sich längst ma- tonisten scheint einfach, ein roter Klimatechnik, später an einer Hochschule Versor- gehen soll. terialisiert hat: Wir müssen nur unser Handy aus der Teppich hier, eine Gala dort, hier gungstechnik zu studieren. Den Neigungen so man- Vielleicht fällt diese Entscheidung heute schwerer Hosentasche ziehen. eine neue Ausstellung, ein neues cher Schülerin und so manchen Schülers käme das als früher. Ich sehe das an meinen eigenen Kindern. Ich denke, Deutschland kann in dieser Welt einen Buch, ein neuer Film. Informatio- sicher gelegen. Leben wir doch in komplexen, unübersichtlichen Zei- wunderbaren Platz einnehmen. Doch dafür sollten wir nen außerhalb der Kunstblase sind ten, in Zeiten, in denen sich die Welt um uns herum aktiv werden, die Chancen nutzen und unsere Inno- off ensichtlich unerwünscht. epochal verändert. Wie können wir diese komplexe vationen vorantreiben. Neue Ideen müssen schnell Ich biete Feuilletonjournalisten Immer mehr Menschen streben Welt erfassen? Wie können wir Globalisierung und Fortsetzung auf Seite  als Gegenstrategie an, ein Praktikum nach Bildung, die soziale Digitalisierung gestalten? Ich meine, dass dafür vor im Deutschen Kulturrat zu machen. Herkunft bestimmt dennoch allem zwei Dinge nötig sind. Erstens: Wir müssen Einmal hautnah zu erleben, was es stark den Lernerfolg als Gesellschaft zusammenhalten. Junge und Alte, heißt, unterschiedliche Interessen in Technikaffi ne und Technikmuff el, Facharbeiter und DER AUSBLICK 1  einem Kompromiss zu verbinden oder Uniabsolventen, Stadt- und Landmenschen dürfen um politische Positionen zu ringen, Am Hannah-Arendt-Gymnasium habe ich darum von sich nicht auseinanderdividieren lassen. Darum haben Das kommende Jahr bringt für Politik & Kultur und zu erkennen, dass die Kunst oft- ganzem Herzen für die berufl iche Bildung geworben. wir in unserem Koalitionsvertrag festgelegt, den Zu- eine schöne Veränderung mit sich: Wir freuen mals nur dadurch möglich wird, dass Ich möchte sie in den kommenden Jahren mit dem sammenhalt in den Mittelpunkt zu stellen. Ein neuer uns, ab  zehnmal jährlich zu erscheinen Verbandsfunktionäre mit der Politik Berufsbildungspakt weiter stärken. Die berufl iche Zusammenhalt für unser Land! Und das schließt für – anstelle der bisherigen sechs Ausgaben. Die um die notwendigen Rahmenbedin- Bildung ist nicht nur ein Aushängeschild unseres mich selbstverständlich auch den Zusammenhalt als nächste Ausgabe erscheint am . Februar . gungen kämpfen. Ich Landes in der Welt und einer der Gründe dafür, warum Europäer, als westliche Allianz gemeinsamer Werte, Im Fokus steht das Thema »Heimat«. freue mich auf viele unsere Jugendarbeitslosigkeit so viel geringer ist als mit ein. Bewerbungen! anderswo, sie gibt dem Einzelnen oft auch viel mehr, Und zweitens können wir die neue Herausforde- als das die graue Theorie an der Uni vermag. Und rung nicht meistern ohne Bildung. Bildung ist der Olaf Zimmermann nach der Ausbildung stehen einem weiter alle Türen Schlüssel – dieser Satz gilt mehr denn je. Bildung ist Nr. / ist Herausgeber von off en: Stichwort Durchlässigkeit. Das gilt natürlich nicht nur die Basis für das Lebensglück jedes Einzel- ISSN - Politik & Kultur in beide Richtungen, denn so mancher Student hat nen von uns. Sie trägt auch entscheidend dazu bei, B   02 SEITE  www.politikundkultur.net

TITEL KULTURELLES LEBEN

Editorial: Ignoranz Europäisches Kulturerbejahr: Gott & die Welt: Energie Bundesverfassungsgericht: POLITISCHE STIFTUNGEN 26/27 Olaf Zimmermann 01 Austausch und Bewegung 07 Christian Stäblein 16 »Blinde Flecken« identifi zieren Andreas L. Paulus 21 Friedrich-Ebert-Stiftung: Menschen- Berufl iche Bildung stärken Perspektive: Echte Souveränität Thüringens innovativer Kulturgut- rechte enden nicht am Fabriktor Anja Karliczek 01 Richard Kühnel 08 hüter: Benjamin-Immanuel Deutsches Institut für Menschen- Roland Schmidt 26 Hoff im Porträt rechte: Brücken schlagen Kulturmensch Carsten Brosda 02 Goethes Welt – EU: Andreas Kolb 16 Bettina Hildebrand 21 Friedrich-Naumann-Stiftung: Hearts and minds Menschenrechtsbildung stärken Susanne Höhn 09 Forum Menschenrechte: Steff en Saebisch 26 AKTUELLES MENSCHENRECHTE Kritische Begleiter Goethes Welt – Belgien: Im Land & KULTUR Michael Krennerich 21 Heinrich-Böll-Stiftung: Kunst und Kultur: Lassen wir uns der vier Kulturministerien Unteilbar und universell nicht einschüchtern! Cristina Nord 10 Die Würde des Menschen ist Eine Kultur der gelebten Barbara Unmüẞig 27 Olaf Zimmermann und Gabriele Schulz 03 unantastbar Menschenrechte Bildungsprogramm Erasmus: Olaf Zimmermann 17 Kübra Gümüşay 22 Konrad-Adenauer-Stiftung: Leit- Bildung in der EU wieder im linie: Christliches Menschenbild INLAND Aufwind? Zum Schwerpunkt 17 FREIE TEILHABE AM Michael Thielen 27 Nina Salden 11 KULTURELLEN LEBEN 23 Migrantentagebuch, zweiter Idee der Menschenrechte: Rosa-Luxemburg-Stiftung: Eintrag: »Klang des Stempelns« Europäische Kulturhauptstadt: Einfach und kraftvoll Zentral- und Landesbibliothek Verbindende Perspektive Marwa Abidou 04 Ein Jahr der »Festa« auf Malta Beate Rudolf 18 : Zugang für alle ermöglichen Florian Weis 27 Kristina Jacobsen 11 Volker Heller 23 Heimat: Von der Kunst, Die Allgemeine Erklärung der 70 Jahre: Krise der den Leberknödel zu lieben Menschenrechte 19 Bundeskunsthalle: Menschenrechtspolitik? Jens Kober 04 MEDIEN Selbstverständliche Diversität Heiner Bielefeldt 28 WER BEARBEITET DAS THEMA Rein Wolfs 23 Grevens Einwurf: No pasarán Medienstaatsvertrag: Überfällig MENSCHENRECHTE IN Jüdische und islamische Ludwig Greven 05 und dennoch mutig DEUTSCHLAND? 20/21 Künstlerische Teilhabe: Perspektiven auf Menschenrechte Helmut Hartung 12 Menschenrechte auf der Bühne Zofi a Helena Nowak 29 Jüdisches Leben: »Jewish Places« Beauftragte der Bunderegierung Theresa Brüheim im Gespräch mit Gerd Theresa Brüheim im Gespräch mit Digitalisierung: für Menschenrechtspolitik im Hartmann und Nicole Hummel 24 Barbara Thiele 05 Vom Objekt zum Stream Auswärtigen Amt: Verantwortung DOKUMENTATION Andreas Lange 13 übernehmen Geschichte der Menschenrechte 24 Bärbel Kofl er 20 Stellungnahmen des EUROPA Journalismus: Wissen, Wahrheit, Investigativer Journalismus in der Deutschen Kulturrates 30/31 Wirklichkeit Beauftragte der Bundesregierung Ukraine: Tote sprechen langsam Kultur gut schützen Armin Conrad 14 für Menschenrechtsfragen im Aleksei Bobrovnikov 25 Katharina Knüppel & Melanie List 06 BMJV: Einhaltung der DAS LETZTE Jubiläum: 15 Jahre Menschenrechte prüfen Bloggen in Bangladesch: Europäische Kulturhauptstadt: »Kulturpolitisches Forum WDR 3« Almut Wittling-Vogel 20 »Verlassen Sie das Land« Kurz-Schluss Acht Städte, ein Ziel Michael Köhler im Gespräch mit Karl Karst 15 Ana Laila Zahin 25 Theo Geißler 32 Kristina Jacobsen 06 Bundestagsausschuss für Stiftung Bauhaus Dessau: Menschenrechte: Pressefreiheit: Pressearbeit mit Die P&K Nachrichten 32 Europäische Notenspuren Off en für Themen und Debatten Gesprächskanäle stärken Grenzen? Werner Schneider 07 Claudia Perren 23 20 Christian Mihr 25 Impressum 32

Fortsetzung von Seite  zu neuen Produkten werden: Das ist wortungsgemeinschaft von Bund und der Grund, warum wir eine Agentur Ländern gibt, um bestmögliche Bildung Kulturmensch Carsten Brosda für Sprunginnovationen gründen und auch wirklich durchzusetzen. Schulen eine Strategie für Künstliche Intelli- sind bekanntlich Ländersache. Aber genz vorgelegt haben. Und das ist der es macht mir Sorgen, wenn viele Men- Unter dem Dach der Kultusminis- rent für Grundsatzfragen im SPD- Grund, warum wir weiter intensiv in schen in unserem Land dem Bildungs- terkonferenz (KMK) wird ein neues Parteivorstand tätig. Im Anschluss die Köpfe investieren wollen, in Bil- föderalismus zunehmend so skeptisch Gremium aus der Taufe gehoben: war er Leiter des Referates Reden, dung, denn Innovationsgesellschaft ist gegenüberstehen wie gegenwärtig. Die- die Kulturministerkonferenz. Den Texte und Analysen und von  bis gleichbedeutend mit Wissensgesell- se Bedenken müssen wir ernst nehmen. ersten Vorsitz übernimmt Hamburgs  zudem stellvertretender Leiter schaft. Dazu gehört auch Chancenge- Wir machen Politik für die Menschen. Senator für Kultur und Medien Cars- des Leitungs- und Planungsstabes im rechtigkeit: Der siebte Bildungsbericht Auf sie müssen wir hören. Deswegen ten Brosda. Bundesministerium für Arbeit und im Juni hat wieder gezeigt, dass immer setze ich mich auch für den Natio- Bisher wurde Kultur zusammen mit Soziales. Carsten Brosda übernahm mehr Menschen nach guter Bildung nalen Bildungsrat ein. Die Kinder in Bildung und Wissenschaft in der von  bis  die Leitung des streben – dass aber gleichzeitig die Cloppenburg müssen die gleichen Bil- KMK von den Länderministerinnen Amtes Medien in der Hamburger Se- soziale Herkunft nach wie vor einen dungschancen haben wie die in Füssen, und -ministern bzw. -senatorinnen natskanzlei, ab  fungierte er au-

starken Einfl uss auf den Bildungser- BMBF FOTO: die Kinder in Aachen die gleichen wie und -senatoren besprochen. Das ßerdem als Bevollmächtigter des Se- folg hat. Ich möchte mithelfen, das zu Anja Karliczek in Görlitz. Und Kinder, die von einem neue Gremium soll vor allem die nats für Medien. Nach einem Jahr als verbessern. Jedes Kind hat ein Recht Bundesland ins andere ziehen, müssen Kulturpolitik stärken und kulturelle Staatsrat der Kulturbehörde wurde darauf, den Weg zu gehen, der zu seinen kultureller Bildung um Zusammenhalt: schnell schulisch den Anschluss fi nden. Themenstellungen zusammenfassen. Brosda  Senator der Hamburger Begabungen passt – unabhängig vom Er wird durch ein gemeinsames kultu- Mit dem Nationalen Bildungsrat kön- Brosda studierte Journalistik und Po- Behörde für Kultur und Medien. Geldbeutel, dem Bildungsstand, den relles Verständnis gefestigt. Darum nen wir, Bund und Länder gemeinsam, litikwissenschaft an der Universität Die neue Kulturministerkonferenz Wurzeln oder dem Engagement der El- werden wir in dieser Legislaturperiode zeigen, dass wir die Erwartungen der Dortmund, wo er an der Kulturwis- nimmt ihre Arbeit ab . Januar  tern. Wir sollten jedes einzelne Kind da auch einen Schwerpunkt auf kulturelle Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen senschaftlichen Fakultät zum Thema auf und behandelt Angelegenheiten abholen, wo es steht. Deswegen werden Bildung in ländlichen Regionen legen. und unser Bildungswesen gemeinsam »Diskursiver Journalismus« promo- der Kulturpolitik von überregiona- wir die Ganztagsbetreuung für Grund- Dabei ist kulturelle Bildung zuneh- voranbringen. vierte. Als Lehrbeauftragter arbei- ler Bedeutung mit dem Ziel einer schulkinder ausbauen, eine Initiative mend auch digitale Bildung. Man denke Denn die Welt wartet nicht auf uns. tete er an verschiedenen deutschen gemeinsamen Meinungs- und Wil- für Brennpunktschulen starten und das nur an den Umgang mit den digitalen Globalisierung und Digitalisierung Hochschulen. Von  bis  war lensbildung. Wir sind gespannt und BAföG reformieren. Medien, die längst den Alltag unserer führen dazu, dass der weltweite Wett- Brosda als Pressereferent, Redakteur wünschen Carsten Brosda einen Daher liegt mir auch die kulturelle Kinder und Jugendlichen bestimmen. bewerb stärker wird. Allerdings haben und Redenschreiber sowie als Refe- guten Start! Bildung so sehr am Herzen. Sie hat in Das gilt erst recht für die Schule: Un- Einzelkämpfer auf den Weltmärkten den vergangenen Jahren einen erheb- ser vielleicht ambitioniertestes Projekt kaum Chancen, vorne mitzuspielen. lichen Bedeutungszuwachs bekommen. ist nicht ohne Grund der Digitalpakt. Wir brauchen Freunde, enge Partner. Ob es nun der Zirkuskurs nach Unter- Mit ihm wollen wir unsere Schulen Daher ist mir so viel an einem starken richtsschluss für Kinder zwischen  zukunftsfähig machen. Damit Schulen Europa, an gemeinsamen europäischen und  Jahren an der Gesamtschule im digitalen Zeitalter ihren Bildungs- Initiativen in Bildung und Forschung in Greven oder ob es der Theaterferi- und Erziehungsauftrag erfüllen und gelegen. Konrad Adenauer hat in seiner enkurs für zugewanderte Kinder und Schüler auf das Leben gut vorbereiten Regierungserklärung am . Dezember Jugendliche in der Begegnungsstätte können, brauchen sie gut ausgebilde-  gesagt: »Die Einheit Europas war Hansaviertel ebenfalls in Greven ist, um te Lehrkräfte, geeignete pädagogische ein Traum von wenigen. Sie wurde die nur zwei Beispiele aus meiner Heimat- Konzepte sowie eine leistungsfähige Hoff nung für viele. Sie ist heute die region zu nennen, die von uns im Pro- digitale Infrastruktur. Notwendigkeit für alle.« Wenn man gramm »Kultur macht stark« gefördert Die Erwartungen an den Digital- mich fragt, von welchen Prinzipien ich werden. Junge Menschen in diesen Kur- pakt sind also hoch. Bei kaum einem mich bei meiner Arbeit eigentlich leiten sen stärken nicht nur ihre kognitiven anderen Thema werden die Ergebnisse lasse, dann gehört diese Überzeugung Kompetenzen, sie lernen auch Off en- unserer Arbeit in der Fläche so sichtbar auf jeden Fall dazu. heit für Neues, Gewissenhaftigkeit und sein wie hier: Der Digitalpakt betriff t Teamfähigkeit und werden sogar in der . allgemeinbildende und beruf- Anja Karliczek, MdB ist Bundes-

Schule besser, wie Forschungsergebnis- liche Schulen mit  Millionen Schü- ministerin für Bildung und FABRICIUS BERTOLD FOTO: se zeigen. Nicht zuletzt geht es auch bei lern. Ich glaube, dass es eine Verant- Forschung Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  AKTUELLES 03

Lassen wir uns nicht einschüchtern! Kunst und Kultur müssen Haltung bewahren

OLAF ZIMMERMANN UND Doch ist dieses Bild falsch und schief. benennt unter anderem folgende Indi- GABRIELE SCHULZ Ja, es ist richtig, die Gruppe Feine Sahne zierungsgründe für das Jahr : Fischfi let tauchte in den Jahren  •  Gründe aufgrund von Pornografi e eit  veranstaltet das ZDF bis  in den Verfassungsschutzbe- (darunter  »normale« Pornografi e im Bauhaus Dessau regelmä- richten des Landes Mecklenburg-Vor- und  harte Pornografi e, also Kinder-, ßig Konzerte. Vor einem relativ pommern als linksextremistisch auf. Jugend-, Tier- oder Gewaltpornografi e), S kleinen Publikum von rund  Anlass war eine Liedzeile aus einem •  Gründe aufgrund von NS-Verherr- Personen spielen Einzelkünstlerinnen Song. Dieser Song wird von der Band lichung, Rassenhass und Ähnlichem und -künstler sowie Bands aus Rock nicht mehr gespielt und sie hat selbst (darunter  NS-Gedankengut,  und Pop. Insgesamt fanden bereits  erklärt, dass sie nicht mehr hinter der Anheizung zum Rassenhass,  Volks- Konzerte statt. Der Reigen reicht von Liedzeile steht. Doch weder wurden verhetzung/Holocaust-Leugnung). Adel Tawil, der am .. auftrat, Tonträger von dieser Band indiziert, In fünf Fällen war der Indizierungs- bis zu Youthkills, die am .. noch gab es off enbar in den letzten grund im Übrigen Aufruf zum Dschi- ihren Auftritt hatten. Jo Schück, der Jahren Anlass für eine Beobachtung had/Verherrlichung des Kampfes gegen die Konzerte moderiert, sagt im Trai- durch den Verfassungsschutz. Warum Nichtmuslime. Linksextremismus war ler auf www.zdf.de, dass er sich nicht also wird dieses Bild aufgemacht von nicht ein einziges Mal ein Grund für hätte träumen lassen, dass die Reihe einer »linksextremen« Band? Und wa- Indizierung. ein solcher Erfolg wird und vor allem rum wird so getan, als würde sich die Wenn also ein Bild von extremis- so lange andauern würde. Die inhalt- links- und rechtsextremistische Szene tischer Bedrohung gemalt wird, soll- liche Verantwortung und die Auswahl gleichgewichtig gegenüberstehen? ten die richtigen Aussagen getroff en der Künstlerinnen und Künstler liegen Der aktuelle Bericht des Bundes- werden. Eine Bedrohung geht vom beim ZDF. Die Stiftung Bauhaus bietet FOTOPRESS GEISLER / ALLIANCE PICTURE FOTO: amtes für Verfassungsschutz, einer Rechtsextremismus aus. Der Rechts- die Bühne. Feine Sahne Fischfi let – ein Einzelfall! Kernproblem: Kunst und Kultur Behörde, die nicht im Verdacht steht, extremismus nimmt dabei Kunst und Für das ZDF, das nicht unbedingt geraten überall unter Druck auf dem linken Auge blind zu sein, Kultur in den Blick und nutzt seine den Ruf hat, ein junges Publikum an- weist für das Jahr  . rechts- eigenen künstlerischen Verbreitungs- zusprechen, sind die Konzerte @zdf- sitzung mit der Frage befasst, inwie- Künstlerinnen und Künstlern, gegen extreme Straf- oder Gewalttaten auf, möglichkeiten – erinnert sei in diesem bauhaus eine Chance zu zeigen, dass weit Theater mit rechtspopulistischen die Stimmung gemacht wird, denen dem stehen . linksextremistische Zusammenhang an eine sehr lebendige es junge Zielgruppen im Blick hat. Für Initiativen und Parteien Erfahrungen mit dem Entzug der Förderung gedroht Straf- oder Gewalttaten gegenüber. Re- rechte Musikszene. das Bauhaus in Dessau sind die Kon- gesammelt haben. Hier ist die Rede da- wird, die unter Druck gesetzt werden, ligiös motivierte Straf- oder Gewaltta- Das Gute ist allerdings, dass bei al- zerte eine Chance der überregionalen von, dass weit über künstlerische Kri- weil sie Kunst machen, die anderen ten, vulgo islamistischer Extremismus, len Drohungen und Aussagen für das Präsenz und des Brückenschlags zu an- tik hinaus, gegen Künstlerinnen und nicht passt. machten im Jahr   Straftaten Volk sprechen zu wollen, Rechtsex- deren Künsten. Eine echte »Win-Win- Künstler, gegen Inszenierungen und Bemerkenswert an der Debatte und aus. Jede dieser Straftaten ist eine zu treme nicht die Mehrheit stellen. Die Situation« also. auch gegen Häuser vorgegangen wird. der Haltung des Chefs der Staatskanzlei viel. Dennoch zeigt der Verfassungs- Mehrheit der in Deutschland lebenden Am . November dieses Jahres soll- Die Rede ist von juristischem Vorgehen und Kulturministers Sachsen-Anhalts schutzbericht unseres Erachtens, wo Menschen will in einer solidarischen, te ein Konzert der Band Feine Sahne gegen einzelne Inszenierungen, von Rainer Robra um das abgesagte Kon- die Gefahr für die freiheitlich demo- vielfältigen Gesellschaft leben. Dies Fischfi let stattfi nden. Die aus Meck- Stimmungsmache und Einschüchterun- zert in Dessau ist allerdings, dass die kratische Grundordnung in erster Linie noch öfter zu zeigen und gemeinsam lenburg-Vorpommern stammende Band gen von Künstlerinnen und Künstlern Band Feine Sahne Fischfi let als links- zu verorten ist, nämlich im Rechtsex- hierfür einzutreten, ist eine wichtige, versteht sich politisch und zeigt in ihrer bis zur Infragestellung der Finanzie- extremistisch bezeichnet wird und ihr tremismus. gemeinsame Aufgabe. Lassen wir uns Heimat aktiv Flagge gegen Neonazis. rung von Theatern und Orchestern mit rechtsextremistische Demonstrationen Interessanterweise spielt hier Kunst nicht einschüchtern! Am . Oktober dieses Jahres wurde das öff entlichen Mitteln. gegenübergestellt werden. Damit wird und Kultur auch eine wichtige Rolle. Konzert von der Stiftung Bauhaus Des- Die Konzertabsage in Dessau muss ein Bild wachgerufen, als würden sich Der Jahresbericht der Bundesprüfstel- Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer sau als Hausherrin abgesagt. Als Grund in diesen Kontext eingeordnet und be- links- und rechtsextreme Gruppen auf le für jugendgefährdende Medien, die des Deutschen Kulturrates. Gabriele wurde in einer Pressemitteilung ange- wertet werden. Es geht eben nicht um der Straße bekämpfen, wie es zum Ende Filme, Spiele, Tonträger, Printmedien Schulz ist Stellvertretende Geschäfts- führt, dass den sozialen Medien zu ent- diesen Einzelfall, sondern um die Frage, der Weimarer Republik der Fall war. und Online-Angebote indizieren kann, führerin des Deutschen Kulturrates nehmen sei, dass rechte Gruppierungen ob die Androhung von rechtsextremen aus der Umgebung gegen das Konzert oder rechtspopulistischen Demonstra- mobilisieren würden. Das Bauhaus sol- tionen oder anderen Maßnahmen dazu le nicht erneut zum »Austragungsort ausreichen darf, dass Kulturveranstal- politischer Agitation und Aggression« tungen, Konzerte, Auff ührungen oder werden, so die Stiftung Bauhaus Dessau vielleicht demnächst auch Lesungen unter Verweis auf einen Aufmarsch von oder Ausstellungen nicht stattfi nden über  Neonazis und Rechtsradikalen können. Wir sind der Meinung, dass die im März . gesamte Gesellschaft gefordert ist, hier Wir sind der Meinung, dass das Ent- ein klares Nein entgegenzusetzen. Und scheidende gar nicht dieses spezielle erfreulicherweise sind es viele Kultur- Konzert ist. Es geht auch nicht darum, einrichtungen, die mit ihrer Arbeit ein ob die Musik und die Texte von Feine klares Signal gegen rechts und für eine Sahne Fischfi let gut oder schlecht, ge- weltoff ene Gesellschaft setzen. Gerade DAS schmackvoll oder geschmacklos sind. auch in Chemnitz und Köthen, um nur Im Kern steht die Frage, ob Kultur- zwei Orte zu nennen, in denen es zu einrichtungen nach Androhung von Auseinandersetzungen mit rechter Ge- Demonstrationen von rechten Grup- walt kam, war es die Bürgergesellschaft pierungen ihr Programm ändern soll- und waren es die Kulturinstitutionen, KULTUR ten, oder ob es nicht vielmehr darum die sich eindeutig und unmissverständ- gehen muss, die Kunstfreiheit in den lich positioniert haben. Bezogen auf Vordergrund zu rücken und den Staat Theater und Orchester erklärte der Vor- aufzufordern, entsprechende Maßnah- sitzende des künstlerischen Ausschus- RADIO men zu ergreifen, damit es zu keinen ses des Deutschen Bühnenvereins Hol- Ausschreitungen bei Demonstrationen ger Schultze im Oktober dieses Jahres: von rechten Gruppierungen kommt. »Theater und Orchester sind Orte der Denn genauso wie das grundgesetz- Öff entlichkeit, die die Verantwortung KLASSISCHE MUSIK, lich verbriefte Recht der Kunstfreiheit haben, in die Gesellschaft zu wirken JAZZ, HÖRSPIELE, geschützt werden muss, muss die Ver- und politisch Haltung zu zeigen. Das sammlungsfreiheit gewährleistet sein. spüren wir heute deutlicher denn je«. AKTUELLE KULTUR JETZT Das gilt selbstverständlich auch für Die Initiative kulturelle Integration, rechte Gruppierungen. Sie haben das in der Institutionen und Organisatio- Recht zu demonstrieren, ob einem die nen aus verschiedenen gesellschaftli- WDR 3 Aussagen gefallen oder nicht. Einge- chen Bereichen unter der Moderation GENIESSEN schritten werden muss allerdings, wenn des Deutschen Kulturrates zusammen- bei solchen Demonstrationen verfas- arbeiten, hat sich in ihren  Thesen sungsfeindliche Symbole zu sehen sind. unter www.kulturelle-integration.de/ In solchen Fällen muss die Polizei ent- thesen unmissverständlich für gesell- schieden und konsequent handeln und schaftliche Debatten, aber genauso die Staatsanwaltschaften sind gefor- entschieden gegen Hass und Populis- dert, hier gegebenenfalls gerichtlich mus ausgesprochen. Zusammenhalt in vorzugehen. Die Demokratie bewährt Vielfalt ist ihre Maxime. sich gerade in solchen Situationen, in Angstmache und Einschüchterungen denen es darum geht, die Grundrechte dürfen in der Kultur nicht Platz greifen. zu schützen. Kunst, Kultur und Wissenschaft sind Mit Sorge erfüllt aber nicht nur diese frei. Dieses Grundrecht gilt es zu vertei- Konzertabsage. Der künstlerische Aus- digen. Es steht zu befürchten, dass hier schuss des Deutschen Bühnenvereins, in der Zukunft von allen mehr Solidari- des Bundesverbands der Theater und tät gefordert ist. Solidarität gegenüber Orchester, hat sich in seiner Oktober- Kulturinstitutionen sowie einzelnen 04 INLAND www.politikundkultur.net

habe ich etwas begangen, was aufge- Das Gebäude sah seltsam aus, es war fallen war, und versuchte einige Erin- kein übliches Hotel. Ich sah viele Türen nerungen zu sammeln, aber sie rannten auf einem langen, dunklen Flur. Er öff - vor mir weg. Er gab meinen Pass dem nete eine davon, gab mir den Schlüssel, anderen, nachdem er ihn unendliche ließ mich allein im Raum und ging. Am Male geprüft hatte. Er schob mich bei- frühen Morgen öff nete er ohne Erlaubnis seite und vergab die Stempel an andere mein Zimmer und überquerte plötzlich Menschen, ohne auf ihre Gesichter zu meine persönliche Grenze ohne Respekt. sehen. Nach langem Warten betrachtete Ich erinnere mich an seinen nackten er mich still durch das Glas. Dann hörte Körper, der auf mein leeres Herz fi el, ich den Klang des Stempels auf meinem sowie an seinen üblen Geruch, der sich Pass, der die Folter beendete und der mit altem Alkohol mischte. Ich kämpfte Zeit befahl, sich wieder zu bewegen. gegen ihn mit allen meinen Kräften, da Die Fremde: Ich eilte hinaus, um mei- ich keinen Stempel von ihm bekommen nen Koff er abzuholen, alles, was ich von wollte. Ich trug meine Sachen und ging meiner Heimat noch hatte. Ich stand zö- diesmal ohne Stempel zu der weiten gernd vor dem Koff erband, hatte Angst, fremden Straße zurück. Erinnerungen von jemandem zu klauen, Klang der Leere: Viele Jahre meines und Sorge, das letzte Stück »Heimat« zu Lebens vergingen auf dem Westufer des verlieren. Ich verfolgte die fremden Kof- Mittelmeeres, begleitet von Klängen fer, bis ich meinen fand. Dann warf ich des Stempelns. Die Stempel der Aus- mich über die Grenzen des Flughafens, länderbehörde erlaubten mir, länger ohne ein Ziel zu haben und fragte mich: zu bleiben. Durch die Stempel in mei-

FOTO: PICTURE ALLIANCE / IMAGE BROKER IMAGE / ALLIANCE PICTURE FOTO: Wohin denn jetzt? Die Sprachgrenzen nem Ausweis erkennen sie mich an und »Warum kommt all dieser Schmerz zu dir, wenn die Klänge des Stempelns zu hören sind?« begannen sich auszudrücken. Ein seltsa- akzeptieren meinen schweren Namen. mes Gefühl, dass man sie sprechen hört Gleichzeitig klangen die Stempel heftig und nichts davon verstehen kann. Viele auf meinem Herz und stärkten es, um Szenen bewegten sich schnell vor mir, die Last meiner Identität ertragen zu Migrantentagebuch, zweiter sodass ich sie nicht wahrnehmen konnte. können. Die Stempel wurden allmäh- Sie starrten nur mich an, um mir zu ver- lich blasser, aber es blieb die Leere, die sichern, dass ich »fremd« bin. Ich konnte sie in mir erzeugt haben. Ich suchte Eintrag: »Klang des Stempelns« nur mit einem Fremden sprechen, der nach den Überresten meiner Gefühle, meine Sprache sprach. Meine Mutter die aus Angst vor diesen Klängen ver- Was bedeuten Einreisestempel? bestand darauf, seine Telefonnummer schwanden. Dann begann meine Reise, in meine Tasche zu stecken. Es war Mit- andere Grenzen zu überschreiten, die MARWA ABIDOU gegenzutreten. Ich nahm einen Koff er, nuten vor den bewegten Bildern, die ich ternacht und er reagierte auf meinen nicht auf den Karten gezeichnet waren. viele Erinnerungen, schloss die alte Tür noch nie zuvor gesehen hatte. Ich war Anruf erst nach mehreren Versuchen. In mir fl üsterte eine Stimme: »Wa- lle Grenzen, die ich in meinem und beschloss, meinen Weg zu verlas- leer von allem. Nur meine Handtasche, Er war genervt, da ich ihn aufweckte. rum kommt all dieser Schmerz zu dir, Leben erlebt habe, blieben ver- sen, um einen anderen auf der ande- ein kleines Kissen mit dem Geruch von Nachdem er mich er- wenn die Klänge des A schwommen: die Grenze zwi- ren Seite des Meeres zu beginnen. Das Heimat und etwas Geld in einer Wäh- kannte und um mei- Stempelns zu hören schen meiner Freiheit und der Freiheit Flugzeug fl og früh am Morgen vom rung, die ich noch nicht kannte. Dane- ne Situation wusste, sind? Warum graben der anderen, zwischen der Privatsphäre Ostufer nach Westen ab. Ich schaute ben lagen Erinnerungen, die mir die beschloss er, einen die Stempel all die- und der Öff entlichkeit, zwischen Trau- aus einem kleinen Fenster neben mir Sinne vollgestopft hatten, ohne sich Freund zu schicken, se tiefen Wunden in ertränen und Freudentränen, zwischen und versuchte mich von den Erinne- zu erklären. Ich befand mich in einer der mich mit dem dir? Schließe bitte Liebe und Hass, Traum und Realität. So- rungen sowie von den alten Jahren zu Menge von Menschen. Sie standen in Auto zur möglichen deine Augen und lass gar die Grenze zwischen Tod und Leben. verabschieden. Ich fühlte den tiefen einer langen Schlange und ich stand Unterkunft bringen sie dein leeres Herz Nur die politischen Grenzen blieben klar, Schmerz, als ob alle Sehnen, die mich plötzlich an ihrem Ende, da es keinen sollte, weil er selbst versiegeln, damit schwer und hart. Ihre Härte wurde in- immer mit anderen Augen verbunden anderen Ausweg gab. Nach einer Wei- hunderte Kilometer du auf dieser Seite tensiver, sobald ich mich ihnen näherte hatten, abgeschnitten wurden. Dieser le erreichte ich eine kleine Glaskiste, von mir entfernt war. des Meeres bleiben und besonders als ich mich entschied, Schmerz, mein Verblassen von einem in der sich zwei Männer befanden, die Ich musste auf einen kannst. Schließe bit- sie zu überqueren. Die Grenzen haben Ort zu akzeptieren, an den ich seit Jah- nicht lächeln konnten. Einer von ihnen anderen Fremden warten und er musste te deine Augen, damit du die Gesichter sich verstreut und fanden sich in der ren gewöhnt bin. Ein Gefühl, wie der nahm meinen Pass und übergab mir mit mich erkennen. Etwa eine halbe Stun- der Wächter nicht siehst, wenn sie in Brutalität der Flughäfen wieder sowie Angst zu gehorchen oder die Fäden seinen Blicken eine nicht ausgespro- de später kam ein weißes Auto an und deine menschlichen Grenzen eindrin- an den Eingängen des Checkpoints, am eines Traumes zu fangen, der allein chene Beschuldigung. Ich stand lange stand vor mir. Ein -jähriger Mann gen oder deine Menschlichkeit stehlen Stacheldraht, an den Rändern der Mau- die Regeln des Spiels beherrscht. Die- Zeit vor ihm und wartete auf das Ge - stieg aus, öff nete den Koff erraum und wollen. Du musst die Strafe akzeptieren, ern und vor allem an den Klängen des se schreckliche Leere, die dich an dem räusch des Stempels. Er starrte mich deutete auf meinen Koff er. Ich lud mei- weil du die größte Sünde begangen hast, Stempelns. Nur sie können beschlie- Moment der Abreise kontrolliert, als mit kalten Blicken an, als ob er in meine nen Koff er in den Koff erraum. Er hat kein als du auf der anderen Seite des Meeres ßen, wer die Grenze kreuzen darf und ob alle deine Gefühle entzogen wären. Seele dringen wollte. Ich versuchte zu Wort mit mir gewechselt, bis er auf die geboren wurdest!« wer nicht. Plötzlich spürst du nichts mehr und lächeln und versagte. Ich fühlte mich, Autobahn fuhr. Ich verstand nichts von Die Abreise: Die Entscheidung, mei- erreichst den Nullpunkt. als ob jemand meine Seele, mein Selbst- ihm, er verstand nichts von mir. Nach- Marwa Abidou ist Theaterwissen- ne Grenze hinter mir zu lassen, zwang Einreisestempel: Das Flugzeug lan- vertrauen stahl, war skeptisch über den dem wir ankamen, nahm ich meinen schaftlerin mit zwei Doktorgraden im mich, andere Grenzen zu überqueren dete. Ich ging in die fremde Eingangs- Verlauf meines Lebens, überprüfte Koff er aus seinem Auto und folgte ihm, Fachbereich Theaterwissenschaften und dem Klang der Grenzstempel ent- halle des Flughafens, stand ein paar Mi- schnell meine Geschichte, vielleicht ohne zu wissen, wo ich hingehen sollte. und Performing Arts Von der Kunst, den Leberknödel zu lieben Heimat – was ist das? aus einem viel zu großen Dubbeglas »Heimat« keine rückwärtsgerichteten Kompetenz versetzt uns in die Lage sellschaft nachgedacht und diese auch zu trinken. Nach wenigen Augenbli- Diskussionen sind, sondern sich viel- unsere Lebenspraxis zu ändern. Der gefordert. Wenn wir heuten unseren JENS KOBER cken kommt man ins Gespräch mit den mehr um die Zukunftsfrage drehen, Klimawandel könnte der Startpunkt Blick auf gesellschaftliche Fragen rich- Tischnachbarn, verfällt in den alten in was für einem Land wir leben wol- für einen grundsätzlichen kulturel- ten, werden wir zu tragfähigen Ideen eit fast  Jahren lebe ich nun Dialekt, verspeist den Leberknödel und len. Es soll deutlich werden, dass die len Wandel sein, der die Reduktion nur dann kommen, wenn wir uns von in Berlin. Ich habe hier Häuser fühlt sich angekommen, zu Hause. Nachhaltigkeitsdebatte im Kern eine von Verschwendung nicht als Verlust, der Schwerkraft des Status quo lösen gebaut, Kinder gezeugt, Bäu- Zurück in Berlin, sitze ich in mei- kulturelle Debatte ist. sondern als Gewinn sieht. Es liegt an und einfach davon ausgehen, dass alles S me gepfl anzt. Für meine drei nem neuen Büro, in einem wilhelmi- Die Erde ist im Zeitalter des An- uns, ein positives Bild zu entwickeln, anders sein könnte. Gesellschaften sind Töchter ist es selbstverständlich: Ber- nischen Gebäude, groß, kalt und mit thropozän angelangt. Die Folgen des wie eine ökologisch aufgeklärte Ge- nämlich menschgemacht und mensch- lin, das ist die Heimat unserer Familie. dicken Mauern. Ich schaue aus dem menschlichen Einwirkens auf den Pla- sellschaft aussehen kann. veränderbar. Wie der Leberknödel, der Dass ich eine andere, eine alte Heimat Fenster und sehe ein Werbebanner für neten sind inzwischen relevanter als Dazu brauchen wir die Kultur und vor in Berlin von mir als Königsberger Klop- habe, erschließt sich ihnen nicht von eine Ausstellung: »Lost Heimat«. Kurz die natürlichen Einfl üsse der letzten allem die Künstler, ihre Kreativität, ihre se gekocht und geliebt wird. selbst. denke ich zurück an meinen Leberknö- , Milliarden Jahre. Wir Menschen Gestaltungslust, ihre Experimentierfreu- Wenn ich heute mit dem Zug in mei- del, auf den ich in Berlin noch nie Ap- haben Entwicklungen ausgelöst, die de und die daraus entstehende Haltung. Jens Kober ist Referent für Nachhal- ne alte Heimat reise, überkommt mich petit hatte. Gleich beginnt meine erste die Existenz unseres Heimatplaneten Denn das Problem der Nachhaltig- tigkeit und Kultur beim Deutschen kurz nach der imaginären Grenze zur offi zielle Sitzung, ein Vernetzungstref- gefährden. Klimawandel, Verlust der keits- und Klimaszene ist doch, dass sie Kulturrat Pfalz ein Heißhunger auf Leberknödel, fen. Der Deutsche Kulturrat und der biologischen Vielfalt, Wassermangel, kein Gegenmodell zur aktuellen Kon- auf diesen tumben Fleischklops mit Bund für Umwelt und Naturschutz Abnahme der Rohstoffe, Zunahme sumgesellschaft haben. Unsere ganzen dunkler Soße und Graubrot. Während Deutschland kommen zusammen, der Schadstoff e, und nicht zuletzt die wirtschaftlichen Grundparameter sind HINWEIS meiner Kindheit hat dieser Klops kei- um gemeinsam das Kooperationspro- durch Interaktionen der Bereiche nicht darauf eingestellt, dass immer mehr nerlei Emotionen in mir erzeugt, als jekt »Heimat und Nachhaltigkeit« mit kalkulierbaren Kipppunkte des Ge- Emissionen produziert werden, und Am ./. Januar  findet in ihn meine Großmutter ab und zu Leben zu füllen. Meine Aufgabe wird samtsystems. Gelingt es der Mensch- nicht das Gegenteil davon. Die Alter- Berlin die Auftakt-Veranstaltung auftischte. Heute jedoch verlasse ich es sein, in den nächsten zwei Jahren heit, das Leben innerhalb der plane- native ist, darüber nachzudenken, wie zur Reihe »Heimat – was ist das?« fl inken Schrittes den Speyrer Bahn- mehrere Veranstaltungen und eine tarischen Grenzen zu organisieren? wir die Grundbedingung moderner Ge- statt. Der Deutsche Kulturrat und hof und wie von selbst sitze ich bald Ideenwerkstatt zu organisieren, um Ich glaube an die Menschen. Mit sellschaften so verändern können, dass der BUND werden gemeinsam an im Schatten des Kaiserdoms in einer der Frage nach der kulturellen Di- unseren intellektuellen Fähigkeiten tatsächlich Nachhaltigkeitsstandards positiven Zukunftsbildern arbeiten Weinstube. Dort gibt es große Tafeln, mension der Nachhaltigkeitsdebatte können wir neue Herausforderungen erfüllt werden. So hat auch die frühe und die Leute heiß auf Veränderun- an denen man neben fremden Men- nachzugehen. Der Kulturrat und der angehen, auch wenn wir die Folgen Ökologiebewegung angefangen. Die gen machen. Wenn Sie Interesse schen Platz nimmt, um viel zu sauren BUND werden gemeinsam zeigen, dass der Handlungen noch nicht über- hat sich nicht auf Windräder kapriziert, haben, bitte melden Sie sich unter: Wein mit einem Spritzer Blubberwasser die aktuellen Debatten um den Begriff blicken können. Unsere kulturelle sondern über die Veränderung der Ge- [email protected] Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  INLAND 05

überzeugt, dass nur Aufklärung über tizierten in der Schule den Umgang begrüßen. Rund  aktive angemel- das Judentum gegen Antisemitismus mit digitalen Medien. dete User sind bereits Teil der Jewish Jewish Places hilft. Bis zu seinem Tod  hat er Places-Community. Von ihnen wurden dafür gekämpft. Da überschneidet Sie sprechen das Kernelement von bereits  Beiträge bearbeitet oder Jüdisches Leben in schäftsmann gegründet … Wir wollen sich die Idee von Jewish Places schön Jewish Places an: die Interaktivität. neu hinzugefügt. Wir bekommen vie- Deutschland verdeutlichen, dass jüdisches und mit den Idealen von Leo Trepp, denn Wieso braucht es diese? le E-Mails, in denen uns Leute neue nicht-jüdisches Leben immer mitein- wir wollen genau das Gleiche errei- Wie erwähnt, ist Jewish Places ein Biografi en vorschlagen oder andere ander verwoben war und ist. Wir hof- chen. Gerade die Jugendlichen müs- Kooperationsprojekt aus verschie- wertvolle Hinweise zur Kooperation Im September ist die neue Online- fen, mit diesem Wissen zu einem Nor- sen wir besser darüber aufklären, was densten wissenschaftlichen und geben. Insofern sind unsere Erwartun- Plattform Jewish Places des Jüdischen malisierungsprozess beizutragen und das Judentum ist, damit sie jüdisches kulturellen Bildungseinrichtungen gen aktuell übertroff en worden. Museums Berlin (JMB) gestartet. Die Toleranz zu fördern. Jewish Places ist Leben kennenlernen und so erst gar sowie Gedächtnisorganisationen. Das erste interaktive Karte zu jüdischem Le- somit auch ein Tool gegen Antisemi- kein Antisemitismus entsteht. Die Innovative von Jewish Places ist die Wurde diese Interaktivität schon ben in Deutschland richtet den Blick auf tismus und Fremdenfeindlichkeit. junge Generation ist eine sehr wichti- Öff nung nach Außen. User können mal missbraucht? Mikrogeschichte. So erfahren Nutzerin- ge Zielgruppe von Jewish Places. selbst Einträge vervollständigen, ei- Nein, bisher nicht. Wir haben zwei nen und Nutzer, dass jüdisches Leben Haben Sie eine Lieblings- Kurz vor dem Launch von Jewish gene Inhalte hinzufügen sowie Fotos Kollegen, die für Jewish Places zu- ein integraler Bestandteil der Umge- mikrogeschichte? Places am . September  haben und Filme hochladen. Diese werden ständig sind. Unter anderem prüfen bung und somit der eigenen Geschichte Eine Geschichte, die ich toll fi nde, wir ein Pilotprojekt mit einer Schule sofort als User-generated content auf sie, ob diskriminierende Inhalte ist. Damit soll die Wertschätzung und ist die Biografi e des neoorthodoxen in Oldenburg gestartet. In einem der Webseite veröff entlicht – ähn- veröff entlicht wurden, und können das Verständnis gegenüber der Vielfäl- Rabbiners Leo Trepp. Die Biografi e Drei-Tage-Workshop wurde erarbei- lich wie bei Wikipedia. Jewish Places solche sofort von der Seite nehmen. tigkeit in der deutschen Gesellschaft wurde von seiner Frau Gunda Trepp tet, was das Judentum ist. Dann sind beruht auf der Idee von »Citizen Sci- Aber wir setzen vornehmlich auf die erhöht werden. geschrieben. Auf der interaktiven die jungen Schülerinnen und Schüler ence«: Expertenwissen außerhalb von Kontrolle aus der Community. Nutzer Karte sieht man, dass Leo Trepp an an verschiedene Orte in Oldenburg Museen und Bildungseinrichtungen können ein Problem melden oder die Theresa Brüheim: Frau Thiele, Sie unterschiedlichen Orten und Städten gegangen und haben zur jüdischen ergänzt die klassische Museumsarbeit. Löschung beantragen. Das kennt man sind zuständig für Jewish Places. gelebt hat. Er wurde  in Mainz Geschichte ihrer Stadt recherchiert. Wir als bundesunmittelbare Stiftung ja z.B. auch von YouTube. Was verbirgt sich dahinter? geboren. Dort verbrachte er seine Das hatte eine große Wirkung, viele sehen es als unseren Auftrag, die Inf- Barbara Thiele: Heute sind Orte, an Kindheit. Wir sehen auf der Karte, Jugendliche sagten: »Mann, ich bin rastruktur zur Wissensvermittlung zu Vielen Dank. denen jüdisches Leben stattfand, dass Trepp später in Frankfurt lebte, hier immer in diesem Café. Ich wusste stellen. Jetzt aber benötigen wir die oft nicht mehr als solche zu erken- wo er häufi ger mit dem zutage tre- überhaupt nicht, dass es mal jüdisch Mithilfe Vieler, die wir miteinander Barbara Thiele ist Head of Digital & nen. Damit gerät das Wissen über tenden Antisemitismus konfrontiert war.« Mit diesen Jugendlichen haben vernetzen wollen, um die Plattform zu Publishing im Jüdischen Museum jüdisches Leben in Deutschland zu- wurde.  entschied er sich an der wir  neue Einträge produziert. Sie füllen. Beim Launch hatten wir . Berlin und Projektleiterin von Jewish nehmend in Vergessenheit. Unsere Uni Frankfurt Französisch und Philo- lernten etwas über jüdisches Leben, Daten. Seitdem konnten wir schon Places. Theresa Brüheim ist Chefi n vom Idee und unser Ziel sind es, das Ma- sophie zu studieren und begann ein die eigene Stadtgeschichte und prak- . Besucher auf der Webseite Dienst von Politik & Kultur terial über jüdisches Leben aus ganz Studium an der Höheren Jüdischen Deutschland zusammenzutragen, zu Akademie. Dort kam er zum ersten visualisieren und allen Menschen frei Mal mit der Neo-Orthodoxie, die er verfügbar zu machen. Für alle Men- später vertrat, in Berührung. Gleich- schen bedeutet auch, dass wir ein gro- zeitig merkt er: Es gibt immer mehr ßes Augenmerk auf den barrierefreien Antisemitismus. Er ging dann nach Zugang richten. Würzburg, wo er promovierte. In diesem Fall ist bemerkenswert, dass Wie kamen Sie auf die Idee? sein Doktorvater, Adalbert Hämel, Im Netz gibt es schon viele Webseiten selbst Mitglied der SA war. Aber von unterschiedlichen Institutionen, er hat Trepp bis zuletzt durch die die ein enorm großes Wissen zu jüdi- Promotion geleitet. Danach nahm schem Leben in Deutschland versam- Trepp in Oldenburg die Stelle des meln. Wir wollten diese Informatio- Landesrabbiners an und ist damit der nen auf einer Plattform bündeln und letzte Rabbiner, der unter der Nazi- Jewish Places als visuell attraktives herrschaft ordiniert wurde. Beim No- und leicht zugängliches zentrales Ein- vemberpogrom  wurde er ins KZ gangsportal etablieren, das mithilfe Sachsenhausen verschleppt; wurde eines topografi schen Ansatzes einer aber durch Kontakte wieder freige- breiten Öff entlichkeit umfangreiche lassen – unter der Aufl age, Deutsch- Informationen zu jüdischem Leben in land innerhalb von zwei Wochen zu Deutschland bietet. Zugleich fördern verlassen. Zurück in Oldenburg or- wir damit die Sichtbarkeit der vorhan- ganisierte er in seinen letzten Tagen denen Seiten, da wir auf sie verweisen Kindertransporte. Dann immigrierte und verlinken. So ist ein bundesweites er in die USA.  kehrte Trepp nach Kooperationsprojekt entstanden. zurück und setzte sich für

Dabei haben wir uns an vier Kate- einen Dialog zwischen den drei mo- MEDIA OUTER FOTO: gorien orientiert, anhand derer die notheistischen Religionen ein. Er war Jüdisches Leben ist Teil deutscher Vielfalt – das zeigt Jewish Places u.a. anhand von Orten, Personen und Spaziergängen Nutzerinnen und Nutzer sich auf der Webseite bewegen können. Unter der Rubrik Orte zeigen wir alle größeren und kleineren Städte, Dörfer, Gemein- den etc., wo jüdisches Leben stattfand No pasarán und immer noch bzw. wieder statt- fi ndet. Zudem haben wir säkulare Ein brauner Mob macht Jagd auf Ausländer und religiöse Einrichtungen gelistet, wie z. B. jüdische Vereine, soziale LUDWIG GREVEN wir jedoch nicht in Schreckstarre belegt, dass die Gegner einer liberalen, zis«. Und ihre Gegner per se bessere Einrichtungen oder Synagogen. Von verfallen. Denn auch wenn der Mob menschenfreundlichen Kultur eine Demokraten. Experten erarbeitete Biografi en von Die Hatz auf Ausländer in Chemnitz tagelang fast ungehindert durch zwar radikale, aber immer noch ein- Wer so denkt und redet, fördert nur jüdischen Persönlichkeiten und Spa- hat sich ins Gedächtnis eingebrannt. Chemnitz marschieren konnte; deutige Minderheit sind. Chemnitz die ohnehin schon viel zu arge Pola- ziergänge, die an jüdische Orte in der Ein Vierteljahrhundert nach dem auch wenn die AfD – inzwischen ein ist nicht überall, selbst wenn die AfD risierung. Und hilft den Höckes und eigenen Stadt führen, helfen Einstei- Ende der Nazi-Herrschaft müssen Sprachrohr nicht nur für völkisch bei der Landtagswahl in Sachsen im Weidels. Denn die warten nur darauf, gern, Bezüge zur jüdischen Lokalge- Fremde in Deutschland wieder um Gesinnte, sondern für eindeutig nächsten Jahr stärkste Partei werden sich als Verteidiger »echter« Deut- schichte zu fi nden. Aktuell haben wir ihr Leben fürchten. Nicht nur viele Rechtsextreme – sich bundesweit der könnte. Was jedoch nicht heißt, dass scher inszenieren zu können – gegen  Biografi en und acht Spaziergänge Bürger hierzulande, mich einge- -Prozent-Marke nähert: Die Frem- die Menschen dort oder Ostdeutsche die »Meinungselite«. Ihnen darf man auf der Webseite. Unser Ziel ist es, in schlossen, auch die übrige Welt den- und Demokratiefeinde mögen generell zum Rechtsextremismus nei- nicht auf den Leim gehen. beiden Kategorien ca.  auf Jewish reagierte entsetzt. Der Ministerprä- zwar Schlagzeilen, Fernsehnachrich- gen. Der Aufstieg der AfD hat seine Demokraten und demokratische Places zu zeigen. sident von Sachsen allerdings spielte ten und Webseiten beherrschen, von Gründe vielmehr im Wesentlichen im Künstler sollten vielmehr – wo im- die Jagdszenen in seinem Pegida- einer Mehrheit sind sie in Deutsch- Versagen der übrigen Parteien, wie ich mer sie können – gelassen, jedoch Jewish Places gibt Einblick in jü- Land herunter, genauso wie der ab- land aber zum Glück weit entfernt. in dieser Kolumne schon geschrieben voller Leidenschaft für bedrohte Mit- dische Geschichte, will aber auch gelöste Präsident des Bundesamtes Wenn  oder  Prozent angeben, habe. In Sachsen besonders der CDU. menschen, ihre Unversehrtheit und Geschichten über jüdisches Leben für Verfassungsschutz, während die bei der nächsten Wahl rechtsnati- ihr Recht eintreten, gleichberechtigt erzählen. Wieso ist das wichtig? Kanzlerin sofort klare Worte fand. onal stimmen zu wollen, heißt das in Deutschland zu leben. Egal wo. Bei Jewish Places haben wir unser Au- Dabei hätten beide eigentlich höchst im Umkehrschluss, dass mehr als  Das wäre die beste, klügste Form des genmerk auf Mikrogeschichte gelegt, alarmiert sein müssen. Denn es ist ja Prozent weiterhin für demokratische Protestes: für die Freiheit, für den weil wir zeigen wollen, dass Orte und nicht das erste Mal, dass Ausländer Parteien sind. GREVENS Rechtsstaat, gegen die Ewiggestrigen. Personen jüdischen Lebens zur un- und anders Aussehende in Deutsch- Zehntausende engagieren sich un- EINWURF Als verbindende Losung schlage ich mittelbaren Umgebung gehören. User land angegriff en oder gar getötet verändert für Gefl üchtete und deren die Parole der Antifaschisten aus von Jewish Places sollen erkennen, wurden. Schon in den er Jahren Integration. In Chemnitz organi- dem Spanischen Bürgerkrieg vor: dass jüdisches Leben immer Teil der gab es Brand- und Mordanschläge sierten Musiker und andere Künstler Überhaupt sollte man sich vor Pau- »No pasarán! Sie kommen nicht eigenen Geschichte ist: Das erreichen auf Migranten und Gefl üchtete. In spontan ein Solidaritätskonzert für schalierungen hüten. Weder sind durch!«. Dann muss einem, bei allen wir z. B. dadurch, dass man sieht, im Solingen, Hoyerswerda, Rostock- die Angegriff enen. Tausende gin- Ausländer oder Flüchtlinge an sich Rückschlägen um die Demokratie, eigenen Haus, in meiner Wohnung Lichtenhagen und andernorts. Die gen dort, in Köthen, wo es ähnliche stärker gewalttätig als Einheimische, nicht bange werden. hat früher eine jüdische Familie Stimmung gegen »Asylanten« war Ausschreitungen gab, und anderen wie die Kriminalitätsstatistik belegt, gelebt. Das Restaurant hier unten damals ähnlich aufgeheizt wie heute. Städten auf die Straße, um sich dem noch sind sie alle edle Menschen, die Ludwig Greven ist freier Journalist und ist jüdisch. Die Fabrik, in der mein Bei aller berechtigten Empörung rechten Straßenterror entgegenzu- unsere Kultur »bereichern«. Auch Autor. Von ihm stammt das Buch »Die Fahrrad hergestellt wurde, wurde vor über die Ausländerjäger und ihre stellen. Das alles macht Mut. Und es sind nicht alle, die gegen Zuwanderer Skandal-Republik. Eine Gesellschaft in langer Zeit von einem jüdischen Ge- braunen Propagandisten sollten sind mehr als Hoff nungszeichen: Es sind oder demonstrieren, gleich »Na- Dauererregung« () 06 EUROPA www.politikundkultur.net

Kultur gut schützen Acht Städte, ein Ziel Zum Stand der Beratungen über eine EU-weite Einfuhrverordnung für Kulturgut Bewerberstädte für den zu denen jeweils die Leitung aus drei Titel »Kulturhauptstadt Bewerberstädten einen inhaltlichen KATHARINA KNÜPPEL & zu schaffen, die einerseits effektiv angesehen wird. Die Schaff ung und der Impuls gab. Stefan Hoff mann aus Dres- MELANIE LIST wirken und im Einklang mit bereits Betrieb eines solchen Systems werden Europas « vernetzen den referierte über den »Umgang mit vorhandenem EU- und Völkerrecht der EU-Kommission obliegen. sich den dunklen Seiten einer Stadt« – eine m Juli  hat die EU-Kommis- stehen – hier insbesondere mit dem Einige entscheidende Fragen, ins- Herausforderung, der sich sein Bewer- sion im Rahmen verschiedener UNESCO-Übereinkommen zum Verbot besondere über den Anwendungsbe- KRISTINA JACOBSEN bungsbüro bereits mehrfach gestellt hat, sicherheitspolitischer Pro- und zur Verhütung der rechtswidrigen reich der Verordnung, sind jedoch nach unter anderem bei der von ihm organi- I gramme einen Entwurf für eine Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von wie vor off en. So ist die Zuordnung er Startschuss für das Bewer- sierten Diskussionsrunde zwischen den EU-Verordnung über die Einfuhr von Kulturgut von  –, andererseits aber der Kulturgutkategorien zu den bei- bungsverfahren deutscher beiden Dresdner Schriftstellern Durs Kulturgütern aus Drittstaaten in die auch für sämtliche Regelungsadressa- den vorgesehenen Verfahren ebenso D Städte um den Titel der »Kul- Grünbein und Uwe Tellkamp, die im EU vorgelegt (COM ()  fi nal). ten wie Kunsthandel und Behörden noch in der Diskussion, wie die Ange- turhauptstadt Europas « fi el am März dieses Jahres für überregionale Dieser Vorschlag geht auch auf diver- praktikabel sind. messenheit der Mindestaltersgrenze . September. Dann veröff entlichte Aufmerksamkeit gesorgt hatte. se Entschließungen, Beschlüsse und und die Frage, ob es zusätzlich eine die Kulturstiftung der Länder im Auf- Thomas Harling präsentierte »Ko- Erklärungen der EU-Institutionen, des Mindestwertgrenze für die Eröff nung trag der Kultusministerkonferenz die operationsansätze mit Akteuren der Verhandlungsstand UN-Sicherheitsrates, der G-Kultur- des Anwendungsbereichs geben sollte. offi zielle Ausschreibung für das nati- Freien Szene« aus Hildesheim. Hilfreich minister sowie der G-Staats- und Der im Sommer  von der EU- onale Auswahlprozedere. Zu diesem in Bezug auf dieses Thema ist sicherlich, Regierungschefs zurück, die in den Kommission vorgeschlagene Verord- Anlass veranstaltete das European dass sich Vertreter der Freien Szene Verfahren und Zeitplan vergangenen Jahren wiederholt die nungsentwurf sieht ein abgestuftes Capital of Culture Laboratory (ECoC schon mehrfach bei den Kulturhaupt- Verstärkung gemeinsamer Bemü- Kontrollkonzept vor, das aus Einfuhr- Die für das Vorhaben zuständigen LAB) ein Treff en für diejenigen Städte, stadtkonferenzen und weiteren Treff en hungen gegen den illegalen Handel genehmigungen für eine kleine Grup- Ausschüsse des EU-Parlaments ha- die bereits einen politischen Auftrag über mögliche Kooperationen ausge- mit Kulturgut gefordert hatten. Der pe besonders gefährdeter Kulturgüter ben einen Bericht für das Plenum des der zuständigen Gremien haben, sich tauscht haben. Sie veröff entlichten im illegale Handel mit Kulturgut wird – derzeit archäologische Objekte, Teile Europaparlaments beschlossen, das als Kulturhauptstadt Europas  zu September einen gemeinsamen Aufruf zudem – basierend auf Plünderungen, von Baudenkmalen, Manuskripte und auf dieser Basis das Mandat für die bewerben. Dazu zählen derzeit Chem- für mehr Mitspracherecht und eine bes- Raubgrabungen, angemaßter Vergabe Inkunabeln – und Selbsterklärungen sogenannten Trilogverhandlungen nitz, Dresden, Gera, Hannover, Hildes- sere fi nanzielle Ausstattung im Rahmen von »Grabungslizenzen«, Geldwäsche – des Einführers über die legale Herkunft erteilt. Wenn der Rat ebenfalls seine heim, Magdeburg, Nürnberg und Zittau. der Kulturhauptstadt-Bewerbung, der als direkte oder indirekte Finanzquelle im Übrigen bestehen soll. Im Rahmen gemeinsame Ausrichtung beschlos- Gleichermaßen richtete sich die Veran- bei der späteren Diskussion vorgestellt organisierter krimineller Vereinigun- der Brüsseler Verhandlungen zeichnet sen hat, werden in einem nächsten staltung an Städte, die eine Bewerbung wurde. gen bis hin zu terroristisch agierenden sich ab, dass dieses System grundsätz- Schritt Rat, Europäisches Parlament noch erwägen. Wiepke Steudner stellte den »Einbe- Gruppierungen angesehen. lich beibehalten werden soll. Beide und Kommission ihre verschiedenen Das ECoC LAB begleitet den Bewer- zug des ländlichen Raums in die ECoC- Unabhängig von dem Ziel der Verfahren sollen jedoch nur dann zur Positionen miteinander abstimmen bungsprozess in Deutschland seit über Konzeption« der Stadt Zittau vor. Dieses Austrocknung entsprechend illegaler Anwendung gelangen, wenn es sich und wiederum Kompromissvorschläge einem Jahr wissenschaftlich und hatte Thema ist für kleinere Bewerberstädte Finanzströme, das – anders als in Si- um Kulturgut handelt, verhandeln. Erst wenn die Ergebnis- bereits im Juni  zum »Kulturhaupt- von besonderer Bedeutung und bietet cherheitskreisen – in der öff entlichen • dessen Ursprung, sprich Herstellung se dieses Prozesses bei Rat und Par- stadtforum« an seinem Standort, dem sich mit historischen und aktuellen eu- Diskussion über die Notwendigkeit eu- bzw. Fundort, außerhalb der Euro- lament gleichermaßen Zustimmung Institut für Kulturpolitik der Universität ropäischen Bezügen für das im Drei- ropaweiter Einfuhrregeln für Kulturgut päischen Union liegt, fi nden, können die neuen Regelun- Hildesheim, eingeladen. Seitdem veran- ländereck gelegene Zittau ohnehin an. stalteten auch die Bewerberstädte Dres- den, Chemnitz und Magdeburg ähnliche Auch eine Bundesangelegenheit Konferenzen, bei denen sich verantwort- liche Mitarbeiter aus den jeweiligen Nach einem Infogespräch zu prakti- kommunalen Kulturabteilungen oder schen Fragen bei der Kulturhauptstadt- bereits eingerichteten Bewerbungsbü- Bewerbung mit Bettina Steindl, der Lei- ros sowie Akteure der Freien Szene und terin des Bewerbungsbüros der öster- interessierte Bürgerinnen und Bürger reichischen Stadt Dornbirn, und Linda informieren und austauschen konnten. Lücke von der Kulturstiftung der Länder, die nun offi ziell das Bewerbungsverfah- ren koordiniert, war die Öff entlichkeit Entwicklungsschub eingeladen, an der Podiumsdiskussion Deutlich wahrnehmbar ist in der Reihe teilzunehmen. dieser Konferenzen die Professionalisie- Nadja Grizzo, Beraterin für Kul- rung der Beteiligten – und damit nicht turhauptstädte, Klaus Hebborn vom zuletzt auch der EU-Initiative »Kultur- Deutschen Städtetag und Olaf Zim- hauptstadt Europas«. Denn das Vonein- mermann vom Deutschen Kulturrat ander-Lernen erfolgte ganz im Sinne der diskutierten mit Wolfgang Schneider EU-Vorgaben grenzüberschreitend. So und Kristina Jacobsen vom ECoC LAB wurden bei allen Konferenzen Experten die Bedingungen, unter denen die aus anderen Kulturhauptstädten aus deutsche Kulturlandschaft von der dem EU-Ausland eingeladen, um von Kulturhauptstadt-Reihe profi tieren

FOTO: PICTURE ALLAINCE / ABACA / ALLAINCE PICTURE FOTO: ihren Erfahrungen zu berichten und kann und wie die erarbeiteten Poten- Manuskripte zählen zu den besonders gefährdeten Kulturgütern gemäß der EU-Kommission Best-Practice-Beispiele vorzustellen. In ziale in den Städten, Regionen und der Bewerberstadt Magdeburg gab es ein darüber hinaus erfolgreich erhalten häufi g infrage gestellt wird, verfolgt • das ein bestimmtes Mindestalter – gen förmlich beschlossen werden. Treff en mit den drei Kandidatenstädten und weiterentwickelt werden können. der Vorschlag aber ausdrücklich auch derzeit einheitlich  Jahre – über- Aufgrund der bevorstehenden Wah- aus Slowenien, wo  ebenfalls – als Vor allem das Plädoyer Olaf Zimmer- den Schutz des kulturellen Erbes von schreitet und len zum Europaparlament im Mai Partnerland zu Deutschland – der Kul- manns für eine stärkere Beteiligung Herkunftsstaaten. Während sich die EU • das für ausgewählte Zollverfahren  ist das verbleibende Zeitfenster turhauptstadttitel verliehen wird. Fast des Bundes in der Initiative soll hier aufgrund des off enen Binnenmarktes nach dem Unionszollkodex (freier zum Abschluss der Verhandlungen alle deutschen Bewerberstädte entsand- hervorgehoben werden. bereits vor mehr als  Jahren für die Verkehr, Verwendung, aktive Verede- ehrgeizig. Gelingt dies nicht, werden ten Delegationen in die erfolgreiche Bis zur Abgabe der Bewerbungsun- Ausfuhr von Kulturgut aus der EU ver- lung) angemeldet wird. die Verhandlungen erst nach der Neu- Kulturhauptstadt Aarhus  oder in terlagen am . September  wird bindliche gemeinsame Regeln gegeben Für die Durchfuhr von Kulturgü- konstituierung des Parlaments wie- diesem Jahr nach Leeuwarden-Fryslân, es voraussichtlich weitere Begegnungs- hat, soll nunmehr auch die Einfuhr in tern, zollrechtlich Versandverfahren der aufgenommen werden können. um für ihr Vorgehen zu profi tieren. formate zwischen den Städten geben, die EU eine entsprechende Regelung genannt, sollen die Genehmigungs- Aber auch wenn das Vorhaben noch Das jüngste Treff en der Bewerber- die den Titel der Kulturhauptstadt erfahren, um die Verbringung und und Erklärungsverfahren der Verord- vor den Parlamentswahlen verab- städte am . September fand in Ber- Europas anstreben. Zu hoff en ist, dass damit den Absatz unrechtmäßig aus nung nicht zur Anwendung gelangen. schiedet würde, bliebe bis zu seiner lin statt und hatte ein zweigeteiltes ihr Dialog nicht nur dem individuellen Herkunftsstaaten ausgeführter Objek- Zudem soll es Ausnahmen für den praktischen Anwendung noch ein Programm: Am Vormittag gab es vier Vorankommen, sondern weiterhin dem te in der EU zu erschweren. Auch die internationalen Leihverkehr und für langer Weg: Neben den notwendigen Panels auf Arbeitsebene, an denen nur Spezifi kum der Initiative dient, näm- immer wieder geforderte Angleichung andere privilegierte Zwecke geben. Ein Durchführungsbestimmungen, etwa Vertreter der Bewerbungsbüros teilnah- lich den kulturpolitischen Diskurs auf von Wettbewerbsbedingungen inner- explizites Verbot der Verbringung von Festlegung der Form und des Inhalts men. Der zweite Teil war am Nachmit- kommunaler, regionaler, Bundes- und halb des europäischen Kunsthandels unrechtmäßig ausgeführtem Kulturgut der Genehmigungsanträge bzw. der tag öff entlich: eine Podiumsdiskussion EU-Ebene voranzubringen. kann durch die Vereinheitlichung von in die EU – ähnlich dem Einfuhrverbot Selbsterklärungen, und weiteren not- zum Thema »Chancen und Potentiale Einfuhrstandards gefördert werden. des deutschen Kulturgutschutzgeset- wendigen rechtlichen und praktischen der ECoC-Bewerberstädte für die deut- Kristina Jacobsen ist Mitbegründerin Das Regelungsvorhaben vereint da- zes – soll dem Zoll auch außerhalb der Vorarbeiten, die die EU-Kommission sche Kulturlandschaft«. Für die ersten des ECoC LAB am Institut für Kultur- mit sicherheits- und kulturpolitische oben genannten Zollverfahren eine nach festgelegten Verfahrensvorgaben drei Panels gab es vorgegebene Themen, politik der Universität Hildesheim Zielsetzungen, die ebenso miteinander rechtliche Grundlage für Zugriff e si- leistet, müssen Genehmigungsbehör- in Einklang zu bringen sind wie die chern, wenn der konkrete Verdacht der den geschaff en werden und das vor- Besonderheiten der »Ware« Kulturgut unrechtmäßigen Verbringung von Kul- gesehene Datenbanksystem erstellt EUROPÄISCHE KULTURHAUPTSTADT mit den bestehenden Bestimmungen turgütern in das Zollgebiet der Union und einsatzfähig sein. Vor diesem des Außenhandels- und Zollrechts. besteht. Hintergrund ist mit einer Anwendung Athen war die erste Kulturhauptstadt Europäischen Union hierfür gewährten Dies wirft durchaus komplexe Frage- Einig ist man sich auch bei der der Bestimmungen nicht vor  zu Europas im Jahr . Seitdem bietet Zuschüsse kommen aus dem jeweili- stellungen auf, und so überrascht es Forderung nach einem zentralen, rechnen. der Titel eine hervorragende Möglich- gen Kulturförderprogramm, aktuell nicht, dass der von der EU-Kommis- vollelektronisch betriebenen Daten- keit, die Vielfalt des kulturellen Reich- KREATIVES EUROPA. Die teilnahme- sion im Sommer des vergangenen banksystem, das für Handel und Ver- Katharina Knüppel und Melanie List tums in Europa und das, was uns als berechtigten Staaten haben festgelegt, Jahres vorgelegte Vorschlag von Rat waltung eine vereinfachte, weitestge- sind Referentinnen bei der Beauftrag- Europäer miteinander verbindet, in den in welchem Jahr welches Land einer und Parlament in Brüssel auch weiter- hend papierfreie Abwicklung der vor- ten der Bundesregierung für Kultur Vordergrund zu rücken. Ziel ist dabei Stadt den Titel »Kulturhauptstadt Eu- hin der kritischen Prüfung auf genau gesehenen Verfahren ermöglichen soll und Medien (BKM) und nehmen für vor allem die Stärkung des Zugehörig- ropas« verleihen darf. Deutschland diese Fragestellungen hin unterzogen und in Rat und Parlament einhellig als diese regelmäßig an den Verhandlun- keitsgefühls von Europäern zu einem stellt im Jahr  eine Europäische wird. Ziel muss es sein, Regelungen Voraussetzung für deren Anwendung gen in Brüssel teil gemeinsamen Kulturraum. Die von der Kulturhauptstadt. Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  EUROPA 07

Europäische Notenspuren Kulturerbe von Leipzig nach Europa

WERNER SCHNEIDER dem Gemeinwesen gestärkt. Ange- sichts rasanter technisch-digitaler wei große Traditionslinien Veränderungen entsteht neu die sind Leipzig eingeprägt: der Sehnsucht nach Gemeinschaftser- europäische Austausch am lebnissen und selbst gestalteter Teil- Z Schnittpunkt der großen habe. Ein Beispiel ist die Notenspur- Handelswege via regia und via imperii Nacht der Hausmusik. Menschen und eine von der Bürgerschaft getrage- laden Gäste, die sie zum Teil nicht ne Musikentwicklung. Beide sind eng kennen, in ihre privaten Räume ein. miteinander verknüpft, denn ohne Gastgeber, Musiker und Gäste tei- europäischen Austausch wäre Leipzig len miteinander ihre Musikliebe. Im nicht zu einer der großen Musikmet- vergangenen Jahr gab es an einem ropolen geworden, die Komponisten Abend gleichzeitig  Hausmusik- von Weltrang – Johann Sebastian Bach, veranstaltungen mit ca.  ehren- Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert amtlich mitwirkenden Musikern und Schumann, Richard Wagner, Edvard Gastgebern – ein großartiges Beispiel Grieg, Gustav Mahler – anzog und ein für die verbindende Kraft der Musik für Europa modellhaftes Musikleben und die Initiative und Beteiligung hervorbrachte. der Bürgerinnen und Bürger. Angesichts aktueller Entwicklungen, die die off ene Gesellschaft gefährden, Europäische Notenspuren stellt sich die Frage, wie man an diese Traditionslinien heute derart anknüp- Inzwischen haben die oben angeführ- fen kann, dass sie – wie in der Vergan- ten Kerngedanken europäisches Format genheit – Leipzigs städtische Identität gewonnen. Die bedeutende, in Leipzig zu stärken vermögen. Gesellschaftliche entstandene Musik gehört nicht nur Integration und Identifi kation mit dem uns. Wir wollen das uns anvertraute Gemeinwesen sind eine Herausforde- Erbe mit möglichst vielen Menschen rung, die nicht nur für Kommunen gilt, teilen. Diese Aktivitäten haben wir un- sondern alle Skalen gesellschaftlichen ter dem Label »Europäische Notenspu-

Lebens bis hin zum Zusammenleben in ren« zusammengefasst. Partizipation – DPA / ALLIAMCE PICTURE FOTO: Europa durchzieht. Nur wer sich zuge- eine gegenwärtig in ganz Europa inten- Die Thomaskirche ist Teil der Leipziger Notenspuren hörig fühlt, übernimmt Verantwortung siv diskutierte Herausforderung – ist für das Gemeinwesen. ein Grundanliegen der Europäischen initiieren. Die Veranstaltungspalette ist ausübung. Europa geschieht, indem armen, wenn wir nationale kulturelle Mitten in diesen Entwicklun- Notenspuren, denn Musik verbindet vielfältig: Festivals, gemeinsam gestal- Menschen sich aufmachen, um ein- Werte auf dem Altar der Globalisierung gen ist in den letzten  Jahren das uns, indem wir sie miteinander teilen. tete Wanderausstellungen, Wandelkon- ander zu begegnen. Sonst verkommt opfern, denn gerade diese Werte sind Leipziger Notenspur-Projekt aus der In der ersten Projektphase kooperieren zerte im öff entlichen Raum, Bürger- es zum Verwaltungskonstrukt. Teil unseres gemeinsamen Reichtums Bürgerschaft heraus entstanden, ein wir deshalb mit Kulturinstitutionen reisen, Familienprojekte, Workshops b) Wir machen die verbindende Kraft in Europa. Stadtprojekt, bei dem wir neue Wege aus Ländern wie Norwegen, Litauen, zu Nationalhymnen und anderes mehr. der Musik erlebbar. der Vermittlung, Beteiligung und Tschechien, Serbien, deren National- Aber immer geht es um zwei Anliegen, Trotz aller Sprachunterschiede er- Werner Schneider ist Physiker und Identifi kation mit und durch Kultur komponisten am Leipziger Konservato- die aus den Leitgedanken der Leipziger reicht uns Musik auf der emotionalen Theologe, Gastwissenschaftler am gehen. Inzwischen hat sich eine Dy- rium studiert haben und danach in ihre Notenspur erwachsen: Ebene und verbindet uns wie eine Institut für Stadtentwicklung der namik entwickelt, durch die das Pro- Heimatländer zurückgekehrt sind, um a) Wir beteiligen Bürger auch grenz- gemeinsame »Muttersprache«. Musik Universität Leipzig und Vorstands- jekt auch auf der europäischen Ebene dort nationale Musikentwicklungen zu überschreitend aktiv an der Kultur- macht zudem deutlich, dass wir ver- vorsitzender des Notenspur Leipzig e.V. angekommen ist. Mit der Verleihung des Europäischen Kulturerbe-Siegels an neun durch die Leipziger Notenspur verbundene authentische Musikerbe- Stätten sowie die Leipziger Notenspur als Vermittlungsnetzwerk und Träger Europa: Austausch und Bewegung des neuen Kulturprojektes »Europäi- sche Notenspuren« hat die EU im März Ausgewählte Projekte des Forschungsinfrastruktur monts bis Bad Karlshafen in Nordhes- durchziehen  Routen mit insgesamt dieses Jahres unterstrichen, dass die Europäischen Kulturerbe- Kunstdenkmäler in Ostmittel- sen. Er führt durch traumhafte Land- . Wegekilometern. Ziel des Pro- Musik Werte verdichten kann, die für europa schaften durch die französischen und jektes ist es, Menschen, die in diesen das europäische Zusammenleben wich- jahres »Sharing Heritage« piemontesischen Alpen, über Genf in facettenreichen Kulturlandschaften im tig sind. Sie vermag es tatsächlich, die Das internationale Verbundprojekt die Schweiz und entlang des Schwei- Herzen Europas auf den »Sternenwe- Menschen zu bewegen und zu einen. Politik & Kultur begleitet das Europäi- mit Partnern aus Deutschland, Polen, zer Jura. In der frühen Neuzeit wur- gen« unterwegs sind, mit dem beson- sche Kulturerbejahr intensiv und stellt Ungarn und der Slowakei hat den Auf- den die Hugenotten und Waldenser deren Geist des kulturellen Erbes des auch in dieser Ausgabe ausgewählte bau einer interaktiven kunsthistori- grausam von Staat und Kirche verfolgt. Mittelalters und dem gegenwärtigen Das Leipziger Notenspur-Projekt Projekte vor. Unter dem Leitthema schen Forschungsinfrastruktur zum Tausende fl ohen vor Gewalt und In- europäischen Wertekanon Toleranz, Einige Kerngedanken haben das von »Europa: Austausch und Bewegung« Ziel, mit welcher Methoden, Konzepte toleranz in reformierte Länder und Humanität, Freiheit, Freundschaft, De- Menschen mit unterschiedlichem be- steht das Erleben europäischer Han- und Produkte der digitalen Kunstge- fanden hier eine neue Heimat. Ziel des mokratie und Frieden in Verbindung ruflichem Hintergrund entwickelte delsrouten und Kulturwege im Mit- schichte angewendet und erprobt Europäischen Kulturfernwanderwegs zu bringen. Notenspur-Projekt begleitet: telpunkt. werden sollen. In den Fokus gerückt ist es, das Kulturerbe der Flüchtlinge Mehr unter: www.sharingheritage.de/ a) Wir verbinden die Musik mit der werden dabei die bislang noch unzu- in Wert zu setzen und die Themen Exil, projekte/sternenweg-chemin-des-etoiles/ Stadt, mit ihren Gebäuden und öf- reichend gewürdigten spezifi schen Migration und Integration in Europa eTwinning – das Netzwerk für fentlichen Räumen. Wir schaff en da- Leistungen der Kunstproduktion im in diesem Zusammenhang in einen Schulen in Euopa Erbstücke. mit neue Zugänge zur individuellen östlichen Mitteleuropa, einer Region historisch übergreifenden europäi- Europäische Geschichten Aneignung des kulturellen Erbes. Das EU-Programm eTwinning ver- von komplexer historischer Dynamik. schen Gesamtkontext zu betten. Herausgehobene markierte musi- bindet Schulen sowie vorschulische Mit der transnationalen Zusammen- Mehr unter: www.sharingheritage. Würfelzucker, Genossenschaften, An- kalische Stadterkundungen, Wan- Einrichtungen in Europa. Für den führung von Dokumentationsdaten de/projekte/europaeische-kulturroute- sichtskarten: Diese Erfi ndungen und delkonzerte im öff entlichen Raum, fachlichen Austausch von Lehrkräften und Bildbeständen soll der interna- auf-den-spuren-der-hugenotten-und- Errungenschaften sind nicht einfach musikthematische Stadtrallyes für eröff net eTwinning vielfältige Mög- tionalen Forschung ein Wissenspor- waldenser/ nur in Europa, sondern im europä- Kinder und Jugendliche, musikali- lichkeiten. Das umfangreiche Fortbil- tal zur Verfügung gestellt werden, in ischen Austausch entstanden. Den sche Radtouren sind Beispiele dafür, dungsangebot umfasst Seminare im dem die vielfältigen Verfl echtungen Würfelzucker etwa erfand ein öster- Sternenweg – wie die Stadt von heute zum Kommu- In- und Ausland sowie Onlinekurse. der Kunstentwicklung in Ostmittel- reichischer Leiter einer Zuckerfabrik Chemin des étoiles nikations- und Vermittlungsmedium Lehrkräfte werden auf dem Weg zu ei- europa im Zeitraum  bis  in Mähren,  ließ er ihn patentieren werden kann. ner medienpädagogisch und europä- ebenso deutlich werden wie die kon- Im Mittelalter orientierten sich die – etwa  Jahre, bevor erst ein Fran- b) Wir verbinden dabei Musik mit den isch ausgerichteten Schule unterstützt. kurrierenden wissensgeschichtlichen Jakobspilger in Richtung Santiago zose und dann ein Belgier Maschinen Geschichten, Orten und den Lebens- Ziel ist es außerdem, interkulturel- Bezugnahmen. de Compostela mitunter an der fei- zur Herstellung des Würfelzuckers wegen der Menschen, die unter uns len Austausch erfahrbar zu machen Mehr unter: www.sharingheritage. nen Sternenspur der Milchstraße am erfanden. Unter dem Titel »Erbstück« gelebt und befl ügelnde und berüh- und damit europäische Vielfalt in de/projekte/forschungsinfrastruktur- nächtlichen Firmament, auf die der sammelt das Goethe-Institut europä- rende Musik geschaff en haben. Wir das Schulleben zu integrieren. Seit kunstdenkmaeler-in-ostmitteleuropa/ Titel symbolisch Bezug nimmt.  ische Kulturgüter: Das können Spe- geben damit der Musik Gesicht und eTwinning  ins Leben gerufen wurde das europäische Modellprojekt zialitäten, Traditionen, Phänomene, Geschichte und den schöpferischen wurde, hat sich die Plattform zu ei- zur behutsamen Inwertsetzung der Musikgenre oder Baustile sein – Vo- Europäische Kulturroute »Auf den Menschen eine Adresse in unserer ner der größten Fach-Communitys für Wege der Jakobspilger in Teilen des raussetzung ist, dass sie einen Bezug Spuren der Hugenotten und Wal- Stadt. Lehrkräfte entwickelt und verbindet Saarlandes, von Rheinland-Pfalz sowie zu mindestens drei europäischen denser« c) Wir schaff en Beteiligungsmöglich- heute europaweit mehr als . Lothringens und des Elsass ins Leben Ländern haben. Das zeigt, dass Kul- keiten, bei denen die Bürger wie in Lehrkräfte sowie pädagogisches Per- Auf einer Gesamtlänge von . km gerufen. Im Rahmen des Projektes turerbe in Europa in vielen Teilen nie unserer Geschichte selber zum Trä- sonal aus Schulen und vorschulischen folgt der Hugenotten- und Waldenser- entstand erstmals ein großregionales rein nationalen Ursprungs ist, sondern ger von Kultur werden können. Damit Einrichtungen in rund  Staaten. pfad dem realen historischen Flucht- Netzwerk von über  Kulturdenk- immer schon im Austausch entstand. entwickeln sie sich zu Multiplikato- Mehr unter: www.sharingheritage.de/ weg der Hugenotten von Mialet in den mälern des Mittelalters entlang der Mehr unter: www.sharingheritage. ren unserer gemeinsamen Wurzeln projekte/etwinning-das-netzwerk-fuer- französischen sowie der Waldenser versunkenen Wege der Jakobspilger de/projekte/erbstuecke-europaeische- und es wird die Identifi kation mit schulen-in-europa/ aus den Tälern des italienischen Pie- im Projektraum. Diesen Projektraum geschichten/ 08 EUROPA www.politikundkultur.net

Echte Souveränität Was Europa jetzt braucht

RICHARD KÜHNEL selbst dafür verantwortlich, welche Rolle Europa in der Welt von morgen loßer Zaungast oder Architekt spielen soll. Europa hat gute Ideen für der Welt von morgen – wel- die Gestaltung dieser Welt. Wir sind chen Weg wird Europa ein- der stärkste verbliebene Leuchtturm B schlagen? Die nächsten sechs universeller Werte. Aber wenn wir nicht Monate werden diese Frage entschei- Zuschauer sein wollen, muss Europa dend beantworten. Die Europäische jetzt Souveränität zeigen. Oder, um es Union wird sich bis zum Frühsommer mit den Worten von Kommissionsprä-  fundamental verändert haben. Das sident Jean-Claude Juncker zu sagen: Vereinigte Königreich wird nach mehr Europa muss »weltpolitikfähig« werden. als  Jahren die EU verlassen. Im Mai Nur, wenn Europa nach außen mit einer werden die verbleibenden  EU-Staa- Stimme spricht, kann es die Weltbüh-

ten mit ihrem Gipfel im rumänischen ne als Akteur mitgestalten und damit PHOTO AP / ALLIANCE PICTURE FOTO: Sibiu einen europäischen Neustart an- seine Prinzipien, seine Interessen und Die EU wird sich  fundamental verändern. Wie geht es nach dem Austritt von Großbritannien weiter? gehen. Ein wichtiges Signal, denn am . sein soziales Lebensmodell weiterhin Mai fi nden die Europawahlen statt. Jede verwirklichen. sammenhalten. Denn schon  wird um Europa vom Akteur zum Zaungast sie ihre Souveränität dort, wo es nötig Stimme zählt, denn die Wahlen werden Ursprünglich war die Europäische  Prozent des weltweiten Wirtschafts- zu machen. Handlungsfähigkeit wür- ist, werden sie dadurch nur an Stärke richtungsweisend für die kommenden Gemeinschaft nicht auf »Weltpolitikfä- wachstums außerhalb Europas statt- de Europa beweisen, wenn es den Mut gewinnen. Niemand Geringerer als fünf Jahre sein. Rechtspopulisten und higkeit« ausgerichtet. Sie war eine rei- fi nden. Bald schon wird kein einzelner hätte, mit qualifi zierter Mehrheit zu Franz-Josef Strauß schrieb bereits in offene EU-Gegner könnten weitaus ne Wirtschaftsgemeinschaft, die nach EU-Staat mehr am Tisch der G-Runde entscheiden. Die europäischen Verträge den er Jahren, dass wir »Europäer mehr Sitze im Europäischen Parla- dem Zweiten Weltkrieg Wohlstand und zu fi nden sein. Nur gemeinsam als EU würden dies zulassen. werden müssen, um Deutsche zu blei- ment erhalten, als es einer gesunden friedliche Beziehungen untereinander bleiben wir dauerhaft Top  oder , also Europäische Souveränität bedeutet ben«. Das ist heute noch immer die Sachdebatte zur Zukunft Europas zu- geschaff en hat. Das hat funktioniert, relevant, in der Welt. Eine weitere Bün- nicht, dass Europa sich dadurch gegen Quintessenz davon, Teil der Europäi- träglich ist. Ihnen geht es nicht darum, weil die Europäer sich zutrauten, Sou- delung von europäischer Souveränität andere Partner in der Welt richtet. Eu- schen Union zu sein: Wir sind stärker, Lösungen für die dringenden Probleme veränität zu bündeln und solidarisch zu wird also zur Notwendigkeit. ropa muss und wird immer ein off ener wenn wir zusammen stehen und uns zu fi nden – Migration, Klimaverände- handeln. Europa ist da stark und souve- Deshalb ist der nächste Schritt, auch und toleranter Kontinent bleiben, der nicht auseinanderdividieren lassen. rung, Sicherheit – sondern Schuldige. rän, wo es eine Union ist, die geschlossen in der Außenpolitik den Mut zu haben, ein umfassendes Konzept für die globa- Die Europäische Kommission steht Sie stellen Europa als einen Wettbewerb auftritt. Dies gilt insbesondere dort, wo mit einer Stimme zu sprechen. Das ist le Entwicklung verfolgt: Nicht nur für bereit, eine Führungsrolle zu überneh- der Nationalstaaten dar, in dem es nur Gemeinschaftsinstitutionen handeln. ein sensibler Bereich, weil er genuin sich selbst, sondern auch für andere. men, um Europa zu einem Hauptak- Gewinner und Verlierer gibt. Was wir Der Binnenmarkt und die Handelspo- nationale Befindlichkeiten betrifft. Es wird von Europa schlicht erwartet, teur der Veränderung zu machen. Wir aber brauchen, sind Führungsstärke litik sind gute Beispiele: Man denke an Aber wenn es um Menschenrechte in dass es weltpolitikfähig wird, wenn es Europäer haben es in den Händen, be- und ein fairer Streit um die besten Lö- das Treff en Jean-Claude Junckers mit oder um Sanktionen gegen das die globale Entwicklung führend mit- sonders durch unsere Stimme bei den sungsansätze. Das wäre souverän. US-Präsident Donald Trump im Weißen Regime in Venezuela geht, haben sich gestalten und prägen will. Europawahlen. Haben wir den Mut zu Die Welt wird zunehmend instabi- Haus im Juli, bei dem Juncker einen Han- die Europäer durch das in der gemein- Und eines muss auch klar sein: Eu- europäischer Souveränität! ler. Aus vertrauten Partnern können, delskonfl ikt deshalb abwenden konnte, samen Außenpolitik geltende Einstim- ropäische Souveränität kann nationale schneller als gedacht, unbeständige weil er für die Union als Ganze sprechen migkeitsprinzip häufi g selbst ausge- Souveränität nicht ersetzen. Vielmehr Richard Kühnel ist Vertreter der Nachbarn werden. Und in Wahrheit konnte. Um relevant zu bleiben, müssen bremst. Es reichte aus, dass ein einzel- erwächst sie aus der nationalen Sou- Europäischen Kommission in wartet niemand auf Europa. Wir sind wir als Wirtschaftsgemeinschaft also zu- ner Mitgliedstaat ein Veto einräumte, veränität der Mitgliedstaaten. Bündeln Deutschland

73 Autoren, 492 Seiten und 2 Lesebändchen Die Bundesbehörde »Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien« ist 20 Jahre alt. Ende der 1990er Jahre als neue Behörde gegründet und organisa- Wachgeküsst torisch an das Bundeskanzleramt angebunden musste sie ihren Platz erst fi nden. Es ging einerseits darum, eine eigene Position mit Blick auf die Länder und deren sogenannte Kulturhoheit zu entwickeln und andererseits im Konzert der Bundes- 20 Jahre ministerien zu einer eigenen Stimme zu werden und insbesondere mit Blick auf die Gesetzgebung zu einem eigenständigen Akteur zu werden. Das Buch beschreibt diesen Weg. Der Herausgeber, Olaf Zimmermann, hat in seiner Funktion als haupt- neue Kulturpolitik amtlicher Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, des Spitzenverbandes der Bundeskulturverbände, diesen Prozess von Anfang bis heute intensiv begleitet. Mehr als 70 Autorinnen und Autoren haben anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Bundes der Bundesbehörde »Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien« Beiträge verfasst. Darunter sind alle fünf Kulturstaatsministerinnen und -minister —2018 sowie Autorinnen und Autoren wie , Klaus-Dieter Lehmann, Hermann 1998 Parzinger, Isabel Pfeiffer-Poensgen, , und andere. Bestellen Sie das Buch jetzt zum Preis von 22,80 Euro unter www.kulturrat-shop.de oder [email protected]!

Wachgeküsst 20 Jahre neue Kulturpolitik Hg. v. Olaf Zimmermann des Bundes ISBN 978–3–947308–10–1 1998—2018 Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  EUROPA 09

ischen Vereinigung nationaler Kulturin- stitute. Die über hundert EUNIC-Cluster Hearts and minds weltweit sollen gemeinsam mit den EU- Delegationen und lokalen Kulturakteuren Ansätze europäischer der europäischen Position bereits in den Partnern aus dem öff entlichen und dem Es geht um Projekte initiieren. Kulturpolitik Verhandlungen besonderes Gewicht. Die privaten Bereich die Initiative »More Eu- Das Goethe-Institut engagiert sich als Konvention bleibt bis heute ein wichtiger rope« gegründet, um sowohl in Brüssel bei Gefühl, Identi- Gründungsmitglied und aktives Mitglied Bezugspunkt in europäischen Dokumenten, den Europäischen Institutionen als auch tät und um den im EUNIC-Netzwerk seit über zehn Jah- SUSANNE HÖHN ihr zehnjähriges Inkrafttreten wurde im in den Hauptstädten der Mitgliedsländer gesellschaftli- ren. Dies ist nicht immer einfach, denn letzten Jahr auch in Brüssel gefeiert. Verantwortliche sowie kulturelle Akteu- chen Zusam- natürlich refl ektiert die Arbeit im Netz- ass Jean Monet gesagt haben soll, Seit  hat die Europäische Union re und Künstler für das Thema zu sensi- werk die politischen Entwicklungen in wenn er noch einmal von vorne eine Kulturagenda. Diese Strategie erkennt bilisieren. Im Auftrag der EU setzte das menhalt. Aus der Europäischen Union insgesamt. Die D anfangen könnte, würde er mit an, dass Kultur unverzichtbar ist, um die Goethe-Institut Brüssel von  bis  diesem Grund Verschiebung politischer Mehrheiten im Kultur beginnen, stimmt wohl nicht. Es strategischen EU-Ziele Wohlstand, Soli- in einem Konsortium gleichgesinnter Kul- gerät die Kultur Inland hat Einfl uss auf die Ausgestaltung ist aber ein schönes und gerade in letzter darität und Sicherheit zu erreichen und turinstitutionen eine Recherche um – die zunehmend ins der Kulturarbeit im Ausland. Ideologische Zeit oft bemühtes Zitat. In der aktuellen gleichzeitig ihre Präsenz auf internatio- sogenannte »Vorbereitende Maßnahme« Diskussionen über neue Oppositionen von Situation der Europäischen Union, in der naler Ebene ausbauen zu können. Geprägt oder »Preparatory Action« –, die die Kul- Bewusstsein der nationalen versus europäischen Themen eine Krise die nächste jagt, das Vertrauen sind die relevanten EU-Programme von turbeziehungen inner- und außerhalb der europäischen oder progressive versus konservative schwindet und die Bürger sich vermehrt den drei inhaltlichen Zielsetzungen »kul- EU untersuchte. Ein wichtiges Resultat war Politikmacher Künstlerinnen und Künstler sind nun- ihren nationalen Interessen zuwenden, turelle Vielfalt und interkultureller Dia- der Grundsatz des »voneinander Lernens mehr keine Seltenheit. Vielleicht kann das stellt sich so mancher die Sinnfrage. Wirt- log«, »Kultur als Katalysator für Kreativi- und Teilens«, der auch für die Arbeit des EUNIC-Netzwerk ein passendes Forum für schaftliche Integration, landwirtschaftli- tät« und »Kultur als zentraler Bestandteil Goethe-Instituts fundamental ist. die notwendige Aushandlung von europä- ischen Werten bieten. Im Mai dieses Jahres hat die Europäische Kommission eine neue Kultur agenda vor- gelegt. Während die beiden Ziele, die die wirtschaftliche und die außenpolitische Perspektive behandeln, nur im Hinblick auf die Schwerpunktlegung verändert wurden, scheint nun vor allem die soziale Kompo- nente ein zentraler Fokus europäischer Kul- turpolitik zu sein, um »die Möglichkeiten der Kultur und der kulturellen Vielfalt zur Schaff ung von sozialem Zusammenhalt und (…) Wohlbefi nden« zu nutzen und Möglich- keiten der kulturellen Teilhabe zu stärken. Der durch die erste Kulturagenda einge- führte organisatorische Rahmen hat sich bewährt, sodass auch in Zukunft zwei pa- rallel laufende Prozesse von der Europä- ischen Kommission verfolgt werden, um sowohl die Mitgliedsstaaten als auch die Zivilgesellschaft stärker bei Kulturfragen miteinzubinden. Die Diskussionen der Ver- treterinnen und Vertreter der Mitglieds- staaten in den sogenannten »OMC-Grup- pen« – OMC steht für »Open Method of Coordination« – scheinen zwar in einigen Fällen langatmig und wenig zielorientiert zu verlaufen, dennoch ermöglicht das For- mat die Sensibilisierung der Mitgliedsstaa- ten für bestimmte Themen wie etwa »Pub- likumsentwicklung durch digitale Mittel«, »Partizipative Governance von kulturellem Erbe« oder «Die Integration von Gefl üch- teten und Migranten durch Kultur«. Die europäische Zivilgesellschaft aus dem Kreativ- und Kulturbereich wird darüber hinaus ebenfalls über den strukturierten Dialog mit der Europäischen Kommission stärker involviert. Dieser wurde während der letzten vier Jahre vom Goethe-Institut

FOTO: COLORBOX FOTO: implementiert. In thematischen Unter- Die Zukunft nationaler Kulturpolitik muss europäisch gedacht werden gruppen diskutierten die Teilnehmenden über ihre Erfahrungen und stellten ihre che Normen und eine gemeinsame Wäh- internationaler Beziehungen«. Der Deut- Die Präsentation der künftigen Strategie Empfehlungen der Europäischen Kommis- rung reichen nicht aus, um die Menschen sche Kulturrat begrüßte damals »dass mit der EU für internationale Kulturbezie- sion bei einem Dialogtreff en in Form eines zu begeistern, die »hearts and minds« dieser Forderung auch die Einbeziehung hungen – »Towards an EU strategy for Reports vor. anzusprechen, innerhalb und außerhalb von Kultur in die Bildungsinhalte einher- international cultural relations« – durch Der innereuropäische Diskurs über der Europäischen Union. geht und dadurch Kultur und kulturelle die EU-Außenbeauftragte Mogherini kann auswärtige Kulturpolitik vollzieht sich in Es geht um Gefühl, Identität und um Bildung stärker in der Bildungspolitik der ebenfalls als Erfolg der Arbeit von »More einem Moment, in dem sich zunehmend den gesellschaftlichen Zusammenhalt. EU-Politik verankert werden«. Europe« und anderen gelten. So begrüß- auch nicht-europäische Länder strategisch Aus diesem Grund gerät die Kultur zu- Besonders entscheidend für die Arbeit te der Kultursektor inner- und außerhalb in diesem Bereich aufstellen. Eine Studie nehmend ins Bewusstsein der europäi- des Goethe-Instituts als europäisches der EU im April  diesen Paradigmen- der Hertie School of Governance im Auf- schen Politikmacher, auch wenn Kultur Kulturinstitut war in diesem Zusammen- wechsel mit viel Elan. Laut Mogherini soll- trag des Auswärtigen Amts unterstreicht, und Bildung in der Kompetenz der ein- hang der Bereich der Außenbeziehungen. te Kultur von nun an im Herzen der EU- dass Deutschland durch seine mehr oder zelnen Mitgliedsstaaten liegt und das Ohne diesen Referenzanker wären spätere Außenbeziehungen stehen. Der Vorschlag weniger konstanten Mittel weiterhin sogenannte Subsidiaritätsprinzip gilt. Initiativen wie der Schaake- wurde im Anschluss von den eine gute Position »in den eher traditi- Die Europäische Union kann demnach Bericht der EU von  und Mitgliedsstaaten im Rat und onellen Bereichen der AKBP (Sprache, nur ergänzend und unterstützend zur die sich daraus ergebende den europäischen Volksver- Kulturaustausch, Wissenschaft)« inne- Kulturpolitik ihrer Mitgliedstaaten tä- »Vorbereitende Maßnahme« treterinnen und -vertretern hat. Angesichts des intensiven Ausbaus tig werden, so z. B. in den Bereichen des schwer vorstellbar gewesen. im Parlament ratifi ziert. der außenkulturpolitischen Aktivitäten Schutzes des europäischen Kulturerbes, Auch die gemeinsame Mittei- Die Strategie sieht ein- anderer Länder empfi ehlt die Studie je- der Zusammenarbeit von Kulturinstituti- lung der Außenbeauftragten zelne Instrumente vor, um doch eine quantitative und eine qualita- onen verschiedener Länder und der För- Federica Mogherini und der den politischen Grundsatz- tive Neuausrichtung deutscher Auswär- derung grenzüberschreitender Mobilität Kommission vom Juni  text mit Leben zu füllen. tiger Kultur- und Bildungspolitik (AKBP), von Künstlern und Kulturschaff enden. Seit »Künftige Strategie der EU für Zum einen wurde die »Cul- konkret das Aufstocken der Mittel, eine dem Vertrag von Maastricht von  ist internationale Kulturbezie- tural Diplomacy Platform« regionale Neufokussierung und eben die Kultur Bestandteil der europäischen Ver- hungen« baut auf dieser Kulturagenda auf. geschaff en, die seit  EU-Delegationen europäische Zusammenarbeit. Die Zu- träge, im Vertrag von Lissabon von  Die Regionalleitung des Goethe-Insti- – eine Art europäische Botschaften au- kunft der nationalen Kulturpolitik wird ist klar die Wahrung der »kulturellen und tuts in Brüssel vertritt den Europaauftrag ßerhalb der EU – weltweit bei der Um- zunehmend europäisch gedacht werden sprachlichen Vielfalt« und der »Schutz und der Gesamtinstitution und ist neben dem setzung von Kulturprojekten berät und müssen, um einen gemeinsamen euro- (die) Entwicklung des kulturellen Erbes extra eingerichteten EU-Büro zentrale An- unterstützt. Das Goethe-Institut leitet päischen Kulturraum, der auf kultureller Europas« festgeschrieben. Sowohl die EU sprechstelle sowohl für die Europäischen das Konsortium der »Cultural Diplomacy Vielfalt, Eigenständigkeit und universellen als supranationale Organisation als auch Institutionen als auch für Mitarbeiterin- Platform«, das aus verschiedenen natio- Menschenrechten basiert, zu schaff en und alle  damaligen Mitgliedsstaaten traten nen und Mitarbeiter des Goethe-Instituts nalen Kulturinstituten sowie kulturellen zu verteidigen. der UNESCO-Konvention zum Schutz und weltweit bei Fragen rund um die EU. Seit Organisationen der europäischen Zivilge- zur Förderung der Vielfalt kultureller Aus-  engagiert sich das Goethe-Institut in- sellschaft besteht. Zum anderen unter- Susanne Höhn ist Leiterin der Region drucksformen von  bei. Dies galt als tensiv für eine Stärkung der Kultur in den zeichnete die Europäische Kommission Südwesteuropa und Europabeauftragte großer diplomatischer Erfolg und verlieh EU-Außenbeziehungen. Damals wurde mit ein Abkommen mit EUNIC, der Europä- am Goethe-Institut Brüssel 10 EUROPA www.politikundkultur.net

Im Land der vier Kulturministerien Die Kulturpolitik in Belgien

CRISTINA NORD die Mitte der er Jahre einen ge- Die großen Häuser in Brüssel, etwa bündelt. Sie sagt: »Die Trennung ver- alle vier Jahre vergebene Subvention meinsamen, spektakulären Auftritt die Königlichen Museen, das Multi- hindert, dass man zusammen an ge- in der Fédération Wallonie Bruxelles elgien ist ein kleines Land bei der London Fashion Week hatten. spartenhaus Bozar oder die Oper De meinsamen Projekten arbeitet, denn zu geben, ist überraschend. Die Hoff - im Westen Europas. , Mil- Außerdem kennen sich die Kultur- Munt/La Monnaie, fallen in die Zu- die Sprachgemeinschaften möchten nung auf Gegenseitigkeit in zwei Jah- lionen Einwohner hat es und schaff enden in Belgien gut aus, sobald ständigkeit der Bundesregierung. Die kein Geld geben, das Kooperationen ren muss hypothetisch bleiben, wenn B eine Fläche von gut . interdisziplinäre Experimente und meisten Häuser oder Festivals dage- mit anderen Regionen fördern würde. nicht gar als politisch illusorisch er- Quadratkilometern. Doch wer sich die spartenübergreifendes Arbeiten gefragt gen liegen in der Zuständigkeit einer Es wäre wirklich interessant, gäbe es scheinen.« Unterzeichnet haben den Kulturszene zwischen Ostende und Eu- sind. Was Chris Dercon während seiner der drei Sprachgemeinschaften. Um in unserem ohnehin schon so kleinen off enen Brief namhafte Akteure wie pen, Mons und Antwerpen anschaut, kurzen Intendanz an der Volksbühne zwei Beispiele zu nennen: Das Iselp, Land mehr Ausschreibungen, die Ko- Dirk Snauwaert, Direktor des Brüsse- reibt sich überrascht die Augen, denn in Berlin nicht durchset- ein Institut zur Präsen- operationen zwischen den Sprachge- ler WIELS, oder Philippe Van Cauteren, zur geringen Größe des Landes verhal- zen konnte, ist in Belgien tation und Erforschung meinschaften ermöglichten.« Auch Direktor des Genter S.M.A.K. ten sich Qualität und Vielfalt der Kul- selbstverständlicher Teil von Gegenwartskunst im Serge Rangoni, dessen Theater bereits Es lässt sich nicht bestimmen, was turproduktion umgekehrt proportional. des Kulturlebens. Das Zentrum von Brüssel, er- mit vielen europäischen Theaterhäu- hier am Werk ist: Gekränkte Eitelkeit? Darüber sind sich die Kulturschaff en- »Kunstenfestivaldesarts« hält Unterstützung unter sern wie der Berliner Schaubühne Sinnvoller Schutz sprachlich-kulturel- den aller Sparten und Sprachgruppen beispielsweise macht je- anderem von der Fédéra- zusammengearbeitet hat, fi ndet: »Es ler Identität? Das berechtigte Interesse einig. Serge Rangoni, Intendant des des Jahr im Mai deutlich, tion Wallonie-Bruxelles, gibt eine zu große wechselseitige Un- einer Gruppe, angemessen repräsen- Théâtre de Liège, lobt die Dynamik wie bereichernd es sein während das knapp drei kenntnis.« Rangoni weist auch auf die tiert zu werden? Oder doch regionale und den Reichtum der belgischen Sze- kann, wenn die Grenzen Kilometer entfernt liegen- Konfl ikte und Polemiken hin, die der Borniertheit, die der Freiheit der Kunst ne, Marie du Chastel, die in Namur das zwischen Installation und de Argos, ein Zentrum für belgische Kulturbetrieb immer wieder mit kunstfernen Regelungen zu Leibe KIKK Festival für digitale und kreative Performance verwischen. Medienkunst, als struk- erlebt. Zum bis dato jüngsten größe- rücken möchte? Kulturen voranbringt, freut sich über Der Abkehr von Sprechtheater und turelle Partner das Ministerie van de ren Konfl ikt kam es im Sommer, als Bisweilen mischt sich in die Leben- das »Klima der Avantgarde und der fester Ensemblestruktur, der deutsche Vlaamse Gemeenschap und Vlaamse bekannt gegeben wurde, welche Künst- digkeit, die Vielfalt und die Off enheit Experimentierfreude«, und Tom Bon- Theatermacher, Kritiker und Kulturpo- Gemeenschapscommissie nennt. lerinnen und Künstler den belgischen der belgischen Kulturszene eine gute te, Intendant des multidisziplinären litiker meist mit Angst begegnen, wird Die Aufteilung nach Sprachgemein- Pavillon bei der nächsten Kunstbien- Dosis Kleingeist. Noch verwirrender ist, Theaterhauses Beursschouwburg, fi n- in Belgien als eine neue Möglichkeit schaften heißt nicht zwangsläufi g, dass nale in Venedig beziehen werden. Dazu dass es zu Situationen kommen kann, det Brüssel »sehr attraktiv für Künst- künstlerischen Ausdrucks geschätzt. bei jeder Veranstaltung im Iselp Fran- muss man wissen, dass dieser Pavillon in denen unklar bleibt, ob der Kleingeist ler«, weil die Mieten vergleichsweise Trotz dieses Reichtums ist die Lage zösisch gesprochen wird oder dass im in wechselnder Zuständigkeit bei den und das Beharren auf der regionalen niedrig ausfi elen und die Kunstszene kompliziert. Warum? Weil Belgien Argos nur in Flandern geborene und Flamen und der Fédération Wallonie- Identität vielleicht strategisch nötig so lebendig sei. Es stimmt: Belgien hat eine reiche Kulturproduktion und eine vielfältige Kulturlandschaft. Dies gilt nicht nur für die Hauptstadt Brüssel, sondern auch für die größeren und kleineren Städte der Wallonie, Flanderns und Ost- belgiens. Dort fi nden sich zahlreiche temporäre wie permanente Einrichtun- gen, die sich der Kultur verschreiben, vom Agora Theater in St. Vith hin zum Mu.ZEE in Ostende, vom Fotografi e- Museum in Charleroi bis zur Contour Biennale in Mechelen. »Belgien ist ein dicht besiedeltes Land«, sagt Michael Kreitz aus dem Leitungsteam des Eu- pener Meakusma Festivals, »und die geografi sche Nähe selbst der ländlichen Gebiete zu den Städten sorgt dafür, dass auch dort ein leichter Zugang zu Kultur zu fi nden ist«. Eupen z. B. hat knapp . Einwohner, ist deutschsprachig und liegt am Rand einer geschützten Hochmoorlandschaft. Mit IKOB hat es ein Museum für zeitgenössische Kunst und mit Meakusma ein Festival für ex- perimentelle und elektronische Mu- sik, das weit über die Landesgrenzen hinaus geschätzt wird. Vergleichbares dürfte man in Korbach oder Eberswalde eher nicht erwarten. Kreitz fi ndet: »Für eine kleine Gemeinschaft wie Ostbel- gien kann man das sicher als Luxus bezeichnen.« In einigen Sparten geben belgische Künstlerinnen und Künstler sowie sol- che, die es nach Belgien verschlagen hat, wichtige Impulse für internatio- nale Entwicklungen. P.A.R.T.S., eine Hochschule für Tanz im Süden von Brüssel, hat, seitdem sie vor  Jahren

gegründet wurde, viele international LESSIRE CAROLINE FOTO: erfolgreiche Choreografen und Tän- Elektronische und experimentelle Musik fi nden einen Platz in der Kleinstadt: das Meakusma-Festival im ostbelgischen Eupen zerinnen ausgebildet, unter ihnen Marlene Monteiro Freitas, Michiel ein Land mit einem Königshaus, einer aufgewachsene Künstlerinnen und Bruxelles liegt. Für die Ausgabe im Jahr sind, um letztlich die Vielfalt und das Vandevelde oder Mette Ingvartsen. Die Bundesregierung, drei Sprachgemein- Künstler zu Gast sind. Dennoch gibt  war letztere am Zug. Statt einen Gleichgewicht der unterschiedlichen Choreografi n Anne Teresa de Keers- schaften und drei Regionen ist, wobei sie eine Richtung vor, und die unter- französischsprachigen Künstler zu Gruppen zu gewährleisten. Diese Frage maeker, die mit ihrer Compagnie Ro- letztere nicht deckungsgleich mit den schiedlichen Brüsseler Besuchergrup- nominieren, hat die Ministerin Alda bleibt off en. So viel indes steht fest: Die sas auf demselben Areal wie P.A.R.T.S. Sprachgemeinschaften sind. Die Zu- pen folgen dieser Richtung erstaunlich Greoli zwei in Brüssel lebende, aus Kulturschaff enden in Belgien haben die probt, begeisterte im September  ständigkeit für die kulturellen Aktivitä- bereitwillig. »Einer der Nachteile, den Flandern stammende Künstler ernannt, Gabe, Ambiguität auszuhalten und mit mit »Die sechs Brandenburgischen ten liegt demnach in unterschiedlichen in Brüssel arbeitende Organisationen Jos de Gruyter und Harald Thys. Ihnen off enen Fragen zu leben. Konzerte« das Berliner Publikum, und Händen, vor allem aber in denen der erleben, ist, dass sie einer der Gemein- steht nun ein Budget von . Euro das ausgerechnet auf dem verminten drei Sprachgemeinschaften. Insgesamt schaften gegenüber Rechenschaft able- zur Verfügung, um den Pavillon nach Cristina Nord ist Leiterin der Terrain der Volksbühne. gibt es vier Personen, die das Amt einer gen müssen, selbst wenn sie sich an alle ihren Plänen zu gestalten. Diese Ent- Programm arbeit mit regionalem Fach- Sobald man Umsätze oder Tradi- Kulturministerin oder eines Kulturmi- Menschen in Brüssel richten möchten«, scheidung werteten viele als Aff ront. In auftrag am Goethe-Institut Brüssel tion zum Kriterium nimmt, mag sich nisters innehaben: Didier Reynders gibt Tom Bonte zu bedenken. »Je mehr der französischsprachigen Zeitung »La die Modeszene von Antwerpen, zu der für die föderale Regierung, Alda Greoli der Nationalismus zunimmt, umso mehr Libre« und im niederländischsprachi- Designer wie Ann Demeulemeester, für die Fédération Wallonie-Bruxelles, steigt das Risiko, dass nicht das Wohl gen »De Morgen« wurde im August ein GOETHES WELT Dries van Noten oder Haider Acker- Sven Gatz für die fl ämische und Isabelle aller im Vordergrund steht, sondern off ener Brief lanciert. Darin heißt es: mann zählen, zwar nicht mit Paris Weykmans für die Deutschsprachige Ge- nur das der Gemeinschaft, zu der die »Es liegt uns fern, die Arbeit der aus- Die Beitragsreihe »Goethes Welt« oder Mailand messen können, doch meinschaft. Spannungen bleiben nicht Organisation ›gehört‹.« gewählten Künstler Jos de Gruyter und entsteht in Zusammenarbeit mit was die Innovationskraft angeht, steht aus, zumal die fl ämische Gemeinschaft Für Marie du Chastel vom KIKK Harald Thys anzugreifen. Doch dass dem Goethe-Institut. In jeder Ausga- sie den etablierten Modestädten in eine professionellere, fi nanziell besser Festival ist spartenübergreifendes die Ministerin sich dazu entscheidet, be berichtet eines der europäischen nichts nach. Fashionistas wissen, was ausgestattete Kulturpolitik verfolgt. Ihr Arbeiten Alltag, da KIKK Aktivitäten Künstlern aus der Flämischen Ge- Goethe-Institute über aktuelle Kul- mit »Antwerp Six« gemeint ist – näm- Slogan lautet dementsprechend selbst- am Kreuzungspunkt von Kunst, Wis- meinschaft . Euro und somit tur und Kulturpolitik im jeweiligen lich eine Gruppe von sechs Designern, bewusst: »Flanders. State of the Art«. senschaft und neuen Technologien die einzige substanzielle, ohnehin nur Gastland. Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  EUROPA 11

Bildung in der EU wieder im Aufwind? Das Bildungsprogramm Erasmus soll ausgebaut werden

NINA SALDEN anderem durch Synergien zu Program- men wie dem Europäischen Sozialfonds ie EU hat derzeit viele He- und vereinfachte Regularien, die den rausforderungen zu meis- Zugang neuer Akteure zum Programm tern: Migration, der Erhalt erleichtern, diskutiert. Ideen und gute D von Rechtsstaatlichkeit und Konzepte der Hochschulen sind hier Grundwerten, der Aufschwung populis- gefragt, um die hehren Ziele des Pro- tischer und europakritischer Parteien gramms in die Praxis umzusetzen! in Europa und nicht zuletzt den Brexit. Mehr Mobilität für Studierende und

Vor diesem Hintergrund sind Themen Wissenschaftler verspricht man sich MANGION CHRIS FOTO: besonders willkommen, die für Zusam- auch von einer neuen Maßnahme in Die »Strait Street« in Valletta wird durch das Kulturhauptstadtprogramm wiederbelebt menhalt in der Europäischen Union ste- Erasmus – die Förderung von »Europä- hen und bürgernah sind. Bildung, Kul- ischen Hochschulen«. Die Idee geht auf tur und insbesondere das so populäre den französischen Staatspräsidenten Erasmus-Programm bieten sich hierfür zurück, der im Sep- besonders an. tember  in seiner vielbeachteten Kein EU-Programm ist bekannter als Grundsatzrede zu Europa an der Sor- Ein Jahr der »Festa« Erasmus. Erasmus macht Europa für die bonne in Paris diese Idee aufgebracht Menschen erlebbar. Nicht ohne Grund hatte. In den Europäischen Hochschu- sprechen wir heute von einer »Genera- len soll die Mobilität von der Ausnah- tion Erasmus« – junge Menschen, für me zur Regel werden, Hochschulen in auf Malta die das Reisen, Leben und Arbeiten engen Verbünden länderübergreifend im Ausland und das Beherrschen ei- zusammenarbeiten und damit zu Orten Valletta präsentiert sich letzten Monaten international in den hauptstadt Donostia – San Sebastián ner Fremdsprache alltäglich geworden pädagogischer Neuerung und exzellen- als fragwürdige »Kultur- Medien präsent ist, im Kulturhaupt- . Sie machte die Spaltung der bas- sind.  Millionen Menschen haben seit ter Forschung in Europa werden. Die stadtprogramm behandelt, nämlich kischen Bevölkerung in Anhänger und dem Start des Programms im Jahr  Maßnahme birgt die Chance – wenn sie hauptstadt Europas « das Eintreff en von Flüchtlingsbooten Gegner bzw. Opfer der blutigen separa- von Erasmus profi tiert, darunter , von den Hochschulen kreativ umgesetzt auf der Mittelmeerinsel. Dies war auch tistischen Bewegung in den er und Millionen Studierende. So rief Kom- wird – zu einer noch stärkeren Integra- KRISTINA JACOBSEN schon vor zwei Jahren in der damali- er Jahren – und darüber hinaus – zu missionspräsident Juncker anlässlich tion des Europäischen Hochschulraums gen Kulturhauptstadt Wrocław  zu ihrem Hauptthema. der Feierlichkeiten zum -jährigen beizutragen. on Valletta , kurz V, der bemängeln: Eine Stadt, deren Bevölke- Schade, dass nun die Gelegenheit Bestehen des Programms im letzten Sieht die Zukunft für die Bildungszu- diesjährigen Kulturhauptstadt rung nach dem Zweiten Weltkrieg na- nicht genutzt wurde, einen off enen Jahr dazu auf, »zukünftig mindestens sammenarbeit in Europa also rosig aus? V Europas, ist hierzulande we- hezu komplett ausgetauscht wurde, die Diskurs mit der Bevölkerung zu wagen, neunmal mehr Ehrgeiz« in das Pro- Noch nicht ganz. Zum einen muss der nig zu hören. Seitdem das Interesse also quasi nur aus Flüchtlingen besteht, wie man in Zukunft miteinander le- gramm zu stecken, denn »jeder Euro, Vorschlag für das erhöhte Budget des am Thema »Kulturhauptstadt« in widmet sich als EU-Kulturhauptstadt ben möchte. Dies versucht die aktuelle den wir in Erasmus investieren, ist eine Erasmus-Programms erst einmal von Deutschland aufgrund des laufenden offi ziell dem Auftrag, aktuelle und (in- Kulturhauptstadt Europas Leeuwarden Investition in die Zukunft – nicht nur Rat und Parlament offi ziell beschlos- Bewerbungsverfahrens um den Titel ter-)kulturelle Themen, die für ganz – »Iepen Mienskip« –, ebenso wie viele in die Zukunft eines jungen Menschen, sen werden. Es müssen also auch die virulent geworden ist, werden zwar die Europa relevant sind, zu behandeln der vergangenen Kulturhauptstädte, sondern eine Investition in unsere eu- EU-Mitgliedstaaten und insbesondere aktuellen Kulturhauptstädte eifrig von – und lässt Fragen zum Umgang mit was nicht zuletzt an ihrem jeweiligen ropäische Idee«. Zu einer neunfachen die EU-Nettozahler unter ihnen bereit deutschen Delegationen besucht; aber gefl üchteten Menschen größtenteils Motto ablesbar war, z.B. »Open up!« Erhöhung des Budgets, wie es einige sein, mehr Geld in die Hand zu nehmen. das niederländische Leeuwarden, das außen vor. Erstaunlich. bei Plzeň  oder »Let’s Rethink« bei Zum Zweiten steht die europäische dieses Jahr ebenfalls die Auszeichnung Aarhus . Hochschulzusammenarbeit und damit trägt, ist eben als im Nachbarland ge- Ein polymorphes und umfangrei- Kulturhauptstadt als das Programm Erasmus vor dem Hin- legen unkomplizierter zu bereisen. ches Kulturprogramm gibt es in V Whitewashing-Programm? In Zukunft sollen alle tergrund des bevorstehenden Brexits Valletta ist die kleinste Hauptstadt dennoch. Auch wurde wie bei anderen Bevölkerungsgruppen vor nicht unbedeutenden Herausfor- der EU, in deren kleinstem Mitglied- Auch an anderen Stellen wird deutlich, Kulturhauptstädten, z. B.  vom Programm derungen. . Studierende gehen staat Malta, und sie ist mit knapp dass das Kulturhauptstadtprogramm oder Istanbul , der Zeitraum zwi- jährlich über Erasmus für einen Prak- . Einwohnern gleichzeitig die von Valletta nicht den Mut aufweist, schen Ernennung zur Kulturhauptstadt profi tieren können tikums- oder Studienaufenthalt nach kleinste Kulturhauptstadt Europas in sich mit gesellschaftlichen Herausfor- und dem tatsächlichen Programmjahr Großbritannien. Dank der englischen der -jährigen Geschichte der Initi- derungen auseinanderzusetzen. Der dafür genutzt, kulturelle Institutionen Sprache und der hohen Qualität des ative. Allerdings werden die gesam- Umgang mit der im Oktober  er- und bedeutende Bauten zu sanieren. nach den Aussagen des Kommissions- britischen Hochschulsystems ist Groß- ten maltesischen Inseln in das Pro- mordeten Journalistin Daphne Carua- Mehr als  Millionen Euro wurden präsidenten gehoff t haben, ist es dann britannien drittbeliebtestes Zielland gramm miteinbezogen, die insgesamt na Galizia, die korrupten und mafi ösen seit  in Valletta investiert, davon doch nicht gekommen, aber in ihrem europäischer und auch deutscher Stu- bislang eher wegen ihrer attraktiven Strukturen im Staatsapparat auf der  Millionen im Kulturbereich – die Programmvorschlag, den die Europäi- dierender für einen Auslandsaufenthalt. Landschaft, aber auch wegen ihrer kul- Spur war, gehört dazu. Das Mahnmal größten Investitionen seit Maltas Un- sche Kommission im Mai dieses Jahres Wie die Kooperation mit Großbritan- turhistorischen Schätze des UNESCO- des Mordopfers wurde neunmal wegen abhängigkeit vom Vereinten König- veröffentlicht hat, hat sie eine Ver- nien nach dem EU-Austritt des Landes Welterbes als touristische Destination Aktivitäten des Kulturhauptstadtpro- reich . Die sichtbarsten Beispiele doppelung des Erasmus-Budgets für aussehen wird, ist jedoch noch völlig bekannt sind. gramms geräumt, und der Leiter der dafür sind der Umbau des alten Nati- die Jahre  bis  vorgeschlagen. off en. Wohl hat die Kommission die Viel ist derzeit in der deutschen V-Foundation, die das Programm- onal Museum of Fine Arts zum Kunst- Dies ist vor dem Hintergrund klammer rechtlichen Bedingungen im zukünfti- Medienlandschaft zu lesen, was eine jahr verantwortet, Jason Micallef, rief museum MUŻA und die Wiederbele- EU-Kassen in Zeiten des Brexits nicht gen Erasmus-Programm verankert, dass »Kulturhauptstadt Europas« alles kann öff entlich zu dessen Boykott auf. Kul- bung der Strait Street/Strada Stretta. unerheblich. Und das Europäische Drittländer – wie dann Großbritannien – und soll. Neun Städte hat hierzulande turpolitik als Gesellschaftspolitik? Hier Einst pulsierende, dreckig-bunte Parlament setzt sich dafür ein, dass als assoziierte Mitglieder am Programm der Ehrgeiz gepackt – und vielleicht nicht. Ulrich Fuchs, der Leiter der EU- Amüsiermeile für Matrosen, war das dieser mutige Schritt noch weitergeht. teilnehmen können, doch das Land wird werden es noch mehr –, sich für den Jury, die Valletta den Zuschlag erteilt wilde Leben dort in den er Jahren Die Europa-Parlamentarier werden vo- einen dem Gewinn aus dem Programm Titel zu bewerben, der im Jahr  hat, nennt es einen Skandal, »dass es eingeschlafen. Im Rahmen des Kultur- raussichtlich eine Verdreifachung des entsprechenden fi nanziellen Beitrag das nächste Mal in Deutschland ver- ganz off ensichtlich ein politisch miss- hauptstadtprogramms soll ihr durch Programmbudgets fordern, um sicher- zahlen müssen und nicht an der Pro- liehen wird. Viele Hoff nungen werden brauchtes Projekt ist, das nicht mehr Künstler und Kreative neues Leben zustellen, dass die hochgesteckten Ziele grammgestaltung mitwirken können. damit verbunden – so soll das Kultur- Kunst und Kultur und den europäi- eingehaucht werden. des Programms auch wirklich erreicht Für den Studierendenaustausch hauptstadtprogramm insgesamt zum schen Gedanken in den Vordergrund Bemerkenswert ist weiter, dass die werden können. Denn aktuell macht EU-Großbritannien außerhalb Eras- Motor für die Stadtentwicklung wer- stellt, sondern den Schutz nationaler V-Foundation ein Forschungs- und das Programm, trotz seiner zentralen mus stellen sich ebenfalls zahlreiche den und Politikfelder wie Kunst und Interessen«. In der Geschichte der In- Evaluierungsprogramm eingesetzt hat. Bedeutung für die Union, nicht mal zwei Fragen: Müssen europäische Studie- Kultur, Tourismus, Kreativwirtschaft itiative, die es seit  gibt, sei dies Dies kann einen wichtigen Baustein Prozent des EU-Haushalts aus. rende in Großbritannien zukünftig eine oder auch das Image der Stadt zum »ein einzigartiger Fall, dass eine Jury, liefern zur Forschung über Kultur- Im Zentrum der Forderungen für ein Aufenthaltsberechtigung beantragen? Blühen bringen. Aber auch aktuelle die für die Auswahl und Begleitung hauptstädte und zum Wissenstransfer, erhöhtes Erasmus-Budget steht, dass in Und werden sie auch langfristig Zugang oder historische gesellschaftliche dieses Projekts verantwortlich war, das was bislang von der EU-Kommission Zukunft nicht nur besser gestellte junge zu reduzierten Studiengebühren erhal- Probleme können in der Agenda einer Projekt boykottiert«. Die »Festa«, wie viel zu stiefmütterlich behandelt wur- Menschen, sondern breitere Bevölke- ten? Die jungen Menschen in Großbri- Kulturhauptstadt eine Rolle spielen das Motto von V in Anlehnung an de. Es ist zu hoff en, dass Ansätze der rungsgruppen vom Programm profi tie- tannien haben mehrheitlich für einen – dies wird von der europäischen Aus- die pompösen kirchlichen Feste auf »Behübschung einer Situation, die zum ren sollen.  Millionen Menschen, drei- Verbleib in der EU gestimmt. Wollen wir wahljury umso mehr goutiert, wenn Malta heißt, soll off ensichtlich von kritischen Refl ektieren Anlass böte«, mal mehr als im laufenden Programm, hoff en, dass sie und die jungen Men- die Umsetzung über eine europaweite den politischen Problemen des Lan- so Fuchs, von der Wissenschaft auf- soll das zukünftige Erasmus-Programm schen in der EU nicht die Ersten sein »Modellhaftigkeit« verfügt. des ablenken und stattdessen für gute gegriff en und eingehend untersucht in den kommenden sieben Jahren er- werden, die die negativen Auswirkun- Was sind also die allgemeinen Zie- Stimmung sorgen. werden. reichen. Wie kann das gelingen? Im gen des Brexits zu spüren bekommen. le der Kulturhauptstadt V, welche Dass das kulturpolitische Instru- Hochschulbereich werden Maßnahmen Probleme möchte sie angehen und ment der Kulturhauptstadt durchaus Kristina Jacobsen ist Mitbegründerin wie kürzere Mobilitätsaufenthalte, die Nina Salden ist Leiterin der Außen- was ist ihr kulturpolitischer Beitrag? den Anstoß geben kann, auch in ge- des ECoC LAB am Institut für Nutzung digitaler und virtueller For- stelle des Deutschen Akademischen Nicht wahrnehmbar wird zumindest sellschaftliche Bereiche vorzudringen, Kulturpolitik der Universität mate, zusätzliche Unterstützung unter Austauschdienstes (DAAD) in Brüssel das Thema, mit dem Malta in den die wehtun, bewies zuletzt die Kultur- Hildesheim 12 MEDIEN www.politikundkultur.net

Überfällig und dennoch mutig Neuer Medienstaatsvertrag: Länder demonstrieren medienpolitischen Handlungswillen

HELMUT HARTUNG mit persönlicher Relevanz zu präsen- Gestaltungskompetenz zuweist, liegt »OTT»-/»Over the Top»-Angeboten, getan wird. Für die Aufsicht über Me- tieren. Der Begriff des »Algorithmus« eine ausschließliche Landesgesetzge- und Endgeräten wie Smart-TVs. Auch dienintermediäre sollen die Landesme- er vom Bundesverfassungs- taucht an keiner Stelle der Studie auf. bungskompetenz vor, die eine Letzt- OTT-Anbieter und Gerätehersteller dienanstalten zuständig sein. gericht identifi zierte Ziel- Das hat sich inzwischen grundle- und Gesamtverantwortung der Länder treten als neue »Gatekeeper« für die wert der freien individuel- gend geändert. In einem Gutachten des für die Vielfaltsicherung im gesamten Medienvielfalt auf, da sie den Zugang Lob und Kritik D len und öffentlichen Mei- gleichen Instituts für den Deutschen Medienbereich begründet, die sie unab- der Nutzerinnen und Nutzer zu Inhal- nungsbildung ist so grundsätzlicher  heißt es: »Algorithmen hängig von ihren thematisch begrenz- ten und die Auffi ndbarkeit der Inhalte Für den Entwurf des Medienstaatsver- Natur, dass er auch bei allem Wandel haben maßgeblich Einfl uss auf Aus- ten Regelungsmöglichkeiten wahrneh- beeinfl ussen. Diese »neuen« Dienst- trages gab es Lob als auch Kritik. So ver- der Kommunikation in der vom Grund- wahl, Priorisierung und Anordnung men können müssen, so Winfried Kluth leister sind der Plattformregulierung misst der Vorsitzende der Kommission gesetz errichteten Ordnung höchste von Medieninhalten im Internet. Sie und Wolfgang Schulz in Konvergenz bislang weitgehend nicht unterworfen, zur Ermittlung der Konzentration im Relevanz besitzt. Derzeit gilt es her- entscheiden zum Beispiel, welche Web- und regulatorische Folgen – Gutachten während die klassischen Anbieter, wie Medienbereich (KEK), Georgios Gou- auszuarbeiten, wie etwa bei ständig seiten für eine Suchanfrage überhaupt im Auftrag der Rundfunkkommission Kabelnetzbetreiber, einem ausdiff eren- nalakis, in dem Entwurf »Ansätze zu neu entstehenden internetbasierten relevant ist und in welcher Reihenfolge der Länder im Oktober . zierten Regelungsregime unterliegen. einer Reform des Medienkonzentrati- Diensten ein angemessener Schutz, die Ergebnisse angezeigt werden. Dabei Es sei bemerkenswert, so Wolfgang Der Diskussionsentwurf sieht ein zwei- onsrechts«. »Nicht zuletzt wegen der wo nötig aber auch ein regulatorischer wird auch das Nutzerverhalten einbe- Schulz, Direktor des Hans-Bredow- stufi ges Regulierungsmodell vor, anset- verfassungsrechtlichen Pfl icht zur prä- Rahmen aussehen kann. Das Aufkom- zogen. Personalisierungsalgorithmen Instituts, dass die Länder jetzt einen zend an – nun sogenannten – Medien- ventiven Verhinderung vorherrschen- men von alternativen Formen der In- regeln die Auswahl von Meldungen Staatsvertragsentwurf vorgelegt haben, plattformen und Benutzeroberfl ächen. der Meinungsmacht besteht aus Sicht formationsproduktion und -distribu- (und Werbung), die der Nutzer ange- der das geltende Recht in vielen Punk- Zielrichtung der Plattformregulierung der KEK dringender Bedarf zur Reform tion im sogenannten Web . ist ein zeigt bekommt. Ein direkter Einfl uss auf ten der veränderten Realität anpassen war und ist weiterhin, die Möglichkeit der bestehenden Regulierung. Erfor- damit zusammenhängendes Phänomen, die Meinungsbildung lässt sich dadurch könne. Die Länder zeigen damit, dass des Zugangs zu Inhalten mit besonde- derlich ist ein eff ektiveres Modell, das aber auch der Umstand, dass für den zwar nicht unmittelbar ableiten, doch sie handlungsfähig und handlungswil- rer Relevanz für den öff entlichen Mei- die Konzentrationsbewegungen in der Prozess der öff entlichen Kommunika- es besteht ein klares Potenzial für die lig seien. Dieser Entwurf sei ein muti- nungsbildungsprozess und – allgemein digitalen und konvergenten Medien- tion zunehmend andere, vermittelnde Beeinfl ussung von Nutzern.« ger Schritt, erfordere aber noch weitere – deren Auffi ndbarkeit sicherzustellen. welt kontrollierbar und gegebenenfalls Dienstleister Bedeutung erlangen, die »Das Internet wird zum wichtigsten Diskussionen. Rundfunkähnliche Telemedien sanktionierbar macht. Die KEK fordert unter Begriff en wie ›Plattformbetreiber‹, Informationsmedium der Gesellschaft Der Entwurf des Medienstaatsver- sind dabei solche mit Inhalten, die die Länder auf, ihrer verfassungsrecht- Navigatoren oder Suchmaschinen in der werden – bei den Jüngeren ist es das trages sieht folgende Änderungen bzw. nach Form und Inhalt hörfunk- oder lich gebotenen Pfl icht nach einer längst öff entlichen und rechtlichen Diskussi- bereits«, so Siegfried Schneider, Präsi- Neuregelungen für den Rundfunk- fernsehähnlich sind und die aus einem überfälligen und unaufschiebbaren Re- on sind. Ihre Relevanz für den Prozess dent der Bayerischen Landeszentrale, begriff , für Plattformen und Medien- von einem Anbieter festgelegten Inhal- form des Medienkonzentrationsrechts der freien individuellen und öff entli- angesichts der MedienGewichtungs- intermediäre vor: tekatalog zum individuellen Abruf zu nachzukommen.« chen Meinungsbildung muss schon von Studie der Bayerischen Landeszentrale einem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt Die SPIO, Spitzenorganisation der Verfassungswegen beobachtet werden.« für neue Medien (BLM) aus diesem Jahr. bereitgestellt werden. Ebenso wie im Filmwirtschaft, stellt fest: »Die mit Rundfunkbegriff und Zulassungs- Dieses Zitat stammt aus dem Gutachten Rundfunk setzen rundfunkähnliche der Novellierung des Rundfunkstaats- vorschriften des Hans-Bredow-Instituts zum »Kom- Telemedien also voraus, dass in ihnen vertrags geäußerten Regelungsziele, Geltendes Recht soll jetzt der munikations- und Medienbericht der Seit geraumer Zeit fi ndet eine medien- Einzelinhalte zusammengefasst wer- Transparenz sowie Medien- und Mei- veränderten Realität angepasst Bundesregierung «. politische Debatte darüber statt, ob der den. Angebote, die verschiedene Rund- nungsvielfalt zu fördern, begrüßen werden Zehn Jahre sind vergangen, bis die aktuelle Rundfunkbegriff und das dar- funkangebote oder rundfunkähnliche wir ausdrücklich. Denn genau hier Länder nun einen Medienstaatsvertrag Um die Medienvielfalt angesichts der an anknüpfende Zulassungsregime zur Telemedien zu einem Gesamtangebot sehen wir die für die Film- und Kre- vorgelegt haben, mit dem ein »regula- dramatischen Veränderungen auch Regulierung audiovisueller Internet- bündeln, stellen eine Medienplattform ativwirtschaft größte Gefahrenzone. torischer Rahmen« für eine »freie in- künftig zu sichern, beschlossen im De- Bewegtbild-Angebote noch zeitgemäß dar. Wünschenswert wäre es, bei den Re- dividuelle und öff entliche Meinungs- zember  die Bundeskanzlerin sowie ist. Diskutiert wird, ob das im Rund- Die bisherige Diff erenzierung zwi- gulierungsbestrebungen noch stärker bildung« auch bei »internetbasierten« die Regierungschefi nnen und -chefs der funkbegriff enthaltene Tatbestands- schen non-linearen und linearen Diens- zu berücksichtigen, wenn Anbieter Diensten gewährleistet werden kann. Länder, eine Bund-Länder-Kommission merkmal der Linearität – »zeitgleich« ten wird grundsätzlich aufgehoben. Die als Rundfunk, Medienplattform und einzusetzen, die Vorschläge für eine und »entlang eines Sendeplans« noch grundsätzliche Gleichstellung von line- Medienintermediär auftreten und mit der Medienkonvergenz angemessene handhabbar und praktikabel ist und ob aren und Abruf-Angeboten erscheint den sich daraus ergebenden Synergie- Mediennutzung hat sich innerhalb Medienordnung auf nationaler und die Zulassungspfl icht durch eine bloße gerade vor dem Hintergrund der Ent- eff ekten Einfl uss auf die Meinungs- und von zehn Jahren grundlegend internationaler Ebene erarbeiten soll- Anzeigepfl icht ersetzt werden sollte. wicklungen des Smart-TV erforderlich Medienvielfalt nehmen. Denn für die verändert te. Im Juni  legte die Kommission Die Novellierung der AVMD-Richt- und geboten. Für Medienplattformen unabhängigen »Programmlieferanten« In diesen zehn Jahren haben sich die ihre Ergebnisse vor. Bund und Länder linie, deren Umsetzung in nationales wird im Sinne einer abgestuften Re- wie die mittelständischen Betriebe der Mediennutzung und die individuelle haben hierin vereinbart, im Rahmen der Recht (Rundfunkstaatsvertrag) noch gulierung eine Regulierungsintensität Filmwirtschaft ist der Zugang zu mög- und gesellschaftliche Kommunikation jeweiligen Zuständigkeiten die erfor- aussteht, wird an der bisherigen Un- je nach Gefährdungsgrad für die Mei- lichst vielen, durchaus rivalisierenden radikal verändert.  nutzten ca.  derlichen gesetzlichen oder staatsver- terscheidung zwischen linearen au- nungsvielfalt vorgesehen. Gatekeepern – seien sie nun Rundfunk Prozent der Bevölkerung ab  Jahren traglichen Änderungen vorzunehmen. diovisuellen Mediendiensten und au- oder Telemedienanbieter – von beson- das Internet,  sind es über  Pro- So sollen die im Rundfunkstaatsver- diovisuellen Mediendiensten auf Abruf derer Bedeutung«. Regulierung von zent. Die durchschnittliche tägliche trag (RStV) verankerten Maßgaben der festhalten. Entsprechend wird auch der Vorbehalte vor allem gegen Regulie- Medienintermediären Nutzungszeit des Internets liegt jetzt Plattformregulierung angepasst und staatsvertragliche Rundfunkbegriff das rungsvorschläge bei Intermediären und bei  Minuten, das sind : Stunden. für intermediäre Transparenzvorgaben Merkmal der »Linearität« beibehalten. Ein Medienintermediär ist laut Entwurf Plattformen äußert Malte Krückels (Die Bei den unter -Jährigen beträgt sie erarbeitet werden. Intermediäre sollen Der Rundfunkstaatsvertrag unter- »jedes Telemedium, das auch journa- Linke), Medienstaatssekretär in Thü- knapp sechs Stunden. Vor zehn Jahren zudem in die Überlegungen zur zukünf- scheidet bisher zwischen zulassungs- listisch-redaktionelle Inhalte Dritter ringen: Es gelte die Schwelle zwischen lag die tägliche Nutzungsdauer noch tigen Ausgestaltung des Medienkon- pfl ichtigem Rundfunk einerseits und aggregiert, selektiert und allgemein der im Medienrecht teils gebotenen bei  Minuten. zentrationsrechts einbezogen werden. zulassungs- und anmeldefreien Tele- zugänglich präsentiert, ohne diese zu vorsorglichen Regulierung und einer Das Gutachten des Hans-Bredow- Auf der Basis dieser Festlegungen der medien andererseits. Diese dichotome einem Gesamtangebot zusammenzu- Über- oder Doppelregulierung im Blick Instituts konstatierte , dass es sich Bund-Länder-Kommission haben die Grundstruktur soll beibehalten werden. fassen«. Dies sind z. B. Angebote wie die zu behalten. So bewerte die Monopol- bei Inhalten für soziale Netzwerke, die Länder im Juli  den Entwurf eines Der Staatsvertragsentwurf zielt aber auf Google Suchmaschine oder YouTube kommission in ihrem Hauptgutachten vom Nutzer produziert werden, um ein Medienstaatsvertrages mit Regelungen eine Flexibilisierung und Liberalisie- und soziale Netzwerke wie Facebook. Wettbewerb  eine medienrecht- »Minderheiten-Phänomen« handele zum Rundfunk, zu Plattformen und zu rung des bisherigen Zulassungsregimes. In Abgrenzung zu Plattformen werden liche Regulierung von Intermediären und viele der neuen »nutzergenerier- Intermediären veröff entlicht. Die Län- Er erweitert die Handlungsmöglichkei- nur sogenannte »off ene Systeme« und zur Sicherung der Meinungsvielfalt für ten Öff entlichkeiten« im Internet nicht der sind nicht nur für Regelungen zum ten der Landesmedienanstalten. Die damit keine Anbieter erfasst, die eine derzeit nicht erforderlich. »Eine allge- mit Relevanzkriterien zu messen seien, klassischen Rundfunk zuständig, son- Zulassung soll künftig auch im Wege abgeschlossene Auswahl von Inhalten meine Anti-Diskriminierungsregel für die in den journalistisch-massenmedial dern verfassungsrechtlich auch für ein der Zulassungsfi ktion erfolgen können. anbieten. Intermediäre stellt eine Gefahr für die geprägten Öff entlichkeiten gelten. Statt vielfältiges Medienangebot, das über di- Zwei Monate nach Einreichung der voll- Der Entwurf sieht das sogenannte Meinungsvielfalt dar. Denn über das der Selektion und Präsentation von gitale Distributionswege verbreitet wird. ständigen Antragsunterlagen gilt die Marktortprinzip vor, nach dem alle (Me- Kriterium des ›sachlich gerechtfertig- Informationen mit gesellschaftlicher Da das Grundgesetz dem Bund keine auf Zulassung automatisch als erteilt. Es dien-) Intermediäre erfasst werden, die ten Grundes‹ würde ein Einfallstor für Relevanz gehe es darum, Informationen den Inhalt bezogene medienbezogene soll eine Bagatellregelung verankert zur Nutzung in Deutschland bestimmt staatliche oder staatlich veranlasste Re- werden, die für bestimmte qualitative sind, analog zur Plattformregulierung. gulierung einer vermeintlich ›richtigen‹ und quantitative Fälle sowie bestimm- Der Entwurf enthält grundlegen- oder ›objektiven‹ Anzeige-Reihenfolge te Rundfunkprogramme im Internet de Transparenzvorgaben. Grundzüge geschaff en«, sagte er in promedia, Heft eine vollständige Zulassungsfreiheit bzw. zentrale Kriterien der technischen -. vorsieht. Vorgänge sollen leicht erkennbar, un- Bis zum . September  konnten mittelbar, erreichbar und ständig ver- Rundfunkanstalten, Verbände, Unter- fügbar gehalten werden. Änderungen nehmen und Personen aus der Medien- Plattformregulierung seien unverzüglich in derselben Weise wirtschaft, aber erstmals auch Bürge- Grundsätzliches Ziel der Evaluierung kenntlich zu machen. rinnen und Bürger Ideen und Vorschlä- und Überarbeitung der Plattformregu- Mit einer generalklauselartigen ge für eine reformierte Medienordnung lierung ist es, den bestehenden Rechts- Diskriminierungsvorschrift sollen be- in Deutschland einreichen. Es kamen rahmen an die Folgen der Konvergenz sonders marktmächtige Medieninter- knapp . Zuschriften, etwa zwei anzupassen sowie faire und verlässliche mediäre »gezügelt« werden. Drittel davon bezogen sich auf den zur Rahmenbedingungen für alle Beteilig- Im Zusammenhang mit der Transpa- Diskussion gestellten Entwurf. Ein Teil ten zu schaff en. Konkrete Fragestellun- renzpfl icht sind Regelungen für Social davon soll auch online gestellt werden. gen ergeben sich vor allem durch die Bots in sozialen Netzwerken vorgese- Die Debatte über eine digitale Medien- derzeit »asymmetrische« Regulierung hen. Verwender sogenannter Social Bots ordnung geht in die nächste Etappe. von »herkömmlichen« Plattformbetrei- sollen einer Kennzeichnungspfl icht un-

FOTO: PICTURE ALLIANCE / DPA THEMENDIENST DPA / ALLIANCE PICTURE FOTO: bern wie Betreibern von Fernsehkabel- terliegen. Die Anbieter sozialer Netz- Helmut Hartung ist Chefredakteur Smart-TV macht die rechtliche Gleichstellung von linearen und non-linearen netzen, neuen nicht-infrastrukturge- werke haben dafür Sorge zu tragen, dass des medienpolitischen Fachdienstes Diensten erforderlich bundenen Angeboten, den sogenannten dieser Kennzeichnungspfl icht Genüge »promedia« Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  MEDIEN 13

ses kulturellen Wandels deutbar. Ziehen doch vor allem junge Menschen zuneh- Vom Objekt zum Stream mend vor, sich ein Auto, das ihnen nicht gehört, spontan zu benutzen, wenn sie es Die Digitalisierung die eurozentrische Relativität unseres ur- Jahrzehnten als Kernaufgabe wahrnehmen, Die zunehmen- gerade benötigen. Das Mobilitätsbedürfnis verändert das Verständnis sprünglichen musealen Ansatzes. Haben wird auch im Kulturbereich zunehmend de Digitali- steigt, wird jedoch zunehmend unabhän- doch nicht alle Kulturen den gleichen als eine der zentralen Herausforderungen gig von eigenen Fahrzeugen befriedigt. Die von Kultur und Museen Umfang an materieller Kultur ausgeprägt verstanden. sierung unserer durch digitale Technologien ermöglichte wie unsere. Bedenkt man jedoch, dass wir An die digitale Gestalt von Kultur knüpft Lebensbereiche Sharing-Ökonomie kann als Symptom für ANDREAS LANGE bereits seit Jahrzehnten zunehmend mehr sich jedoch noch eine weitere Verände- hat nicht not- diesen tief greifenden durch die Verbrei- Lebenszeit in virtuellen, auf digitale Tech- rung an, die geneigt zu sein scheint, die tung digitaler Technologien hervorgeru- bwohl sich die Defi nition als im- nologien gestützten Umwelten verbringen, zunehmende Bedeutung, die wir imma- wendigerweise fenen Wandel verstanden werden. materielles Kulturgut bei allen liegt die Annahme nahe, dass sich unser terieller Kultur beimessen, zu erklären. zur Folge, dass Kommen wir nun zu der Frage, inwie- O originär digitalen Werken wie bei Weltbild aus diesem Grund zunehmend Denn in der digitalen Welt gibt es keinen unsere tradi- weit die Defi nition von Kultur im Allge- der Netzkunst oder bei Computerspielen von einem materiellen hin zu einem virtu- Unterschied mehr zwischen Original und tionelle Wert- meinen und immateriellem Kulturgut förmlich aufdrängt, ist es frappant fest- ellen und damit immateriellen verschiebt. Kopie, der auch heute noch grundlegend im Speziellen durch diese Überlegun- zustellen, dass digitale Technologien in Schauen wir uns zur Verdeutlichung das für unser europäisches Kulturverständ- schätzung ma- gen befruchtet werden kann. Einerseits musealen Kontexten vor allem als in- älteste und populärste digitale Medium, nis ist. Ja, mehr noch: In einer Welt, in der terieller Kultur scheint klar, dass originär digitale Werke novative Werkzeuge verstanden werden, die Computerspiele, an, die eine Fortfüh- Kultur vor allem als Stream und damit an Gültigkeit und kulturelle Traditionen einer eigenen mit denen man z. B. die Bewahrung und rung kultureller Traditionen wie beispiels- als Prozess erlebt wird, werden die Worte verliert Zuordnung bedürfen. Wenn sie aufgrund Zugänglichmachung von Kulturgütern weise Spiel, Theater, Film, Literatur oder »Original« und »Kopie« tendenziell bedeu- ihrer immateriellen Natur nicht zum ma- verbessern oder die Erfahrungen und das bildender Kunst mit dem Einsatz digitaler tungslos. Während die »End User Licence teriellen kulturellen Erbe zählen, müssen Wissen, das sich in den ausgestellten Ob- Technologien darstellen. Und tatsächlich Agreements« (EULA) von Computerspielen sie entweder als immaterielles Kulturerbe jekten repräsentiert, optimaler vermitteln fällt auf, dass Computerspiele Werke sind, schon immer darüber informierten, dass verstanden werden oder man muss eine kann. Mit dem Aufkommen der Science die außer ihren Schnittstellen zu den ma- man nur begrenzte Nutzungs- und keine neue Kategorie eröff nen. Center ab den er Jahren, der Schule teriellen Usern keinen materiellen Bestand Besitzrechte an dem Werk erwarb, konnte Allerdings ist es mir an dieser Stel- der »New Museology« um die Jahrtausend- mehr haben. Sie sind weder fest noch be- man sich in ihrer Frühzeit durch das phy- le wichtig, darauf hinzuweisen, dass die wende und den UNESCO-Erklärungen und stimmt, sondern virtuell und ihrer Natur sische Vorhandensein eines Datenträgers, zunehmende Digitalisierung unserer Le- -Programmen zum immateriellen Kultur- nach veränderbar. den ich wie ein Buch ins Regal stellen und bensbereiche nicht notwendigerweise zur Folge hat, dass eine wesentliche gedankli- che Grundlage, auf der unsere traditionelle Wertschätzung materieller Kultur beruht und die vereinfachend als Leistungsgesell- schaft beschrieben werden kann, an Gül- tigkeit verliert. Auf der praktischen Ebene der Werkzeuge und Anwendungen werden virtuelle Güter und Prozesse zunehmend die materiellen ersetzen, da sie bessere Zu- gangs- und Partizipationsmöglichkeiten versprechen. Auf einer übergeordneten Ebene jedoch können diese neuen Möglich- keiten durchaus zur Weiterentwicklung der gedanklichen Grundlage unseres materiel- len Weltbildes beitragen, eine Möglichkeit, die sich ebenfalls gut an Computerspielen verdeutlichen lässt. Schaut man sich die Marktentwicklung der letzten Jahre an, wird ein zunehmend großer Teil des Um- satzes nicht mehr durch den Verkauf von den Spielen selbst, sondern durch virtuelle Gegenstände wie besondere Kleidungs- accessoires generiert, mit denen sich die Spieler von anderen Spielern im Spiel ab- heben können. Zwar handelt es sich dabei nicht um materielle Güter, die man tradi- tionell besitzen kann, aber Statussymbole im althergebrachten Sinne sind es allemal. Und bedenkt man darüber hinaus, dass die soziale Stellung eines Spielers auch wesentlich von seiner Leistung im Spiel abhängt, wird augenscheinlich, dass Spiele an sich geeignet sind, als Miniaturmodell unserer Leistungsgesellschaft verstanden zu werden. Nur, weil eine kulturelle Tra- dition von ihrem Wesen her immateriell ist, muss dies nicht notwendiger Weise be- deuten, dass sie der Weltsicht widerspricht,

FOTO: DPA FOTO: die dem Materialismus zugrunde liegt. Im Die Digitalisierung hat schon längst in die Museen Einzug gehalten Gegenteil kann sie den Materialismus, in unserem Fall durch Entmaterialisierung, gut ab den frühen er Jahren hat sich Wurden in der Anfangszeit Computerspie- benutzen kann, noch über die eigentliche auf eine neue Stufe heben, und in Berei- der Fokus der Museen zwar zunehmend le noch auf physikalischen Datenträgern Bedeutung dieser kulturellen Transforma- chen wirkungsmächtig werden lassen, in von der Sammlung und Ausstellung von vertrieben, überwiegt heute konsequen- tion hinwegtäuschen. Heute jedoch, wo der denen bisher andere ideologische Orien- Objekten hin zu Wissensvermittlung und terweise die digitale Distribution, wobei User oft nur noch ein Log-in hat, das ihm tierungen galten. Identifi kationsangeboten durch Narrati- der Trend zu reinen Streams geht, deren Zugang zu einer sich permanent verän- Nur im Bewusstsein dieses Kontextes onen und Partizipationsmöglichkeiten Produktion nicht mehr auf lokalen Clients, dernden virtuellen Welt irgendwo in der scheint mir die Diskussion um eine Neu- verschoben. Doch wurde dieser Diskurs sondern in der lokal unbestimmten Cloud Cloud gibt, off enbart sich das eigentliche defi nition unseres Verständnisses des kul- merkwürdig unberührt von den tiefen kul- erfolgt. Damit repräsentieren Computer- Wesen digitaler Kultur wie unter einem turellen Erbes fruchtbar. So möchte ich die turellen Wandlungen geführt, die durch spiele als Brückenmedium zwischen der Brennglas. Digitale Kultur ist immer und Möglichkeit nicht ausschließen, dass es zu die Digitalisierung unserer gesamten Le- analog und digital basierten Kultur eine überall verfügbar. Im Gegenzug geht die einer Art »Comeback« der physischen Welt bensbereiche verursacht werden. In die- wesentliche Eigenschaft digitaler Techno- Möglichkeit, etwas zu besitzen, verloren. kommen wird, die ja auch immer einen sem Artikel möchte ich anregen, die Ver- logien: Durch Virtualisierung, die nichts Ich bekomme nichts mehr in die Hand, von Möglichkeitsraum unmittelbarer sozialer engung der Wahrnehmung und Nutzung anderes als Entmaterialisierung ist, ma- dem ich sagen kann, dass es mir gehört und Begegnungen und Interaktionen zwischen von digitalen Technologien als Werkzeuge chen sie die permanente Veränderung des über das ich Verfügungsgewalt jenseits des Menschen bleiben wird. Welchen Einfl uss um die Frage zu erweitern, ob und in wel- Werkes möglich. Diese für ein Spiel – egal vorgesehenen Handlungsrahmens habe. es dann aber auf unsere kulturelle Praxis cher Weise die Verbreitung der digitalen ob analog oder digital – natürliche Eigen- Wenn man annimmt, dass heranwach- hat, dass dieses Miteinander nicht mehr Technologien unser Kultur und damit schaft, bedeutet aber für unser Kulturver- sende Generationen über die selbstver- der Normalzustand, sondern ein besonde- auch unser Verständnis von Museen dem ständnis gleich in zweierlei Hinsicht einen ständliche Handhabe und den Umgang mit rer und zunehmend bewusst inszenierter Grunde nach verändert. Gewinnen könn- Paradigmenwechsel. digital gestützter Kultur in ihrem Kultur- ist, wird eine der zentralen Fragen sein, ten wir dadurch ein besseres Verständnis Einerseits stehen zunehmend Prozesse verständnis geprägt werden, wird plausibel, deren Beantwortung aus der Defi nition der laufenden Bedeutungsverschiebung im Mittelpunkt unserer Beschäftigungen dass sich unser Verständnis von Museen unserer Kultur im Allgemeinen und des von den Objekten zu immateriellen Kul- und Wertschöpfungsketten, während die und dem durch sie bewahrten kulturellen Verständnis von Museen im Besonderen turgütern sowie sachdienliche Hinweise Bedeutung von Objekten und materiel- Erbe weiter wandeln wird. Auch müsste mitgedacht werden sollte. für die gerade laufende Neudefi nition des len Kulturgütern abzunehmen scheint. Da man dann jenseits des traditionellen Be- Museumsbegriff es durch ICOM sowie für Prozesse grundsätzlich beeinfl ussbar sind, reichs unserer Kultur diesen Bedeutungs- Andreas Lange ist Präsident des Europä- die regelmäßige Erweiterung der UNESCO- bieten sie die prinzipielle Möglichkeit der wandel wahrnehmen können. So ist z. B. ischen Verbandes der Computerspielar- Liste für immaterielles Kulturgut. Partizipation und der Anpassung des Wer- die Abnahme des Prestiges, das speziell bei chive, -museen und -bewahrungsprojekte Eine der üblichen Erklärungen für die kes an individuelle Bedürfnisse und Fähig- uns in Deutschland in der Vergangenheit (EFGAMP) und Gründungsdirektor des Hinwendung zum immateriellen Kultur- keiten. Das, was Computerspieleentwickler mit dem Besitz eines Autos verbunden Computerspielemuseums in Berlin, für das gut ist das zunehmende Bewusstsein über mehr oder weniger bewusst seit über vier war, durchaus als eine Konsequenz die- er bis  als Kurator tätig war 14 MEDIEN www.politikundkultur.net

uns zu besseren Menschen«. Und sie erwähnt die spezielle historische Fracht der Deutschen dabei noch nicht einmal. Es ist ein Phänomen der Moderne, das uns zurückführt an die Kampfl inie zwi- schen Wahrheit und Wirklichkeit. Um das klarzustellen: Dabei geht es nicht um einen Überdruss an der Selbstbezichtigung. Die Folgen gehen viel weiter, nämlich zu einer Sakrali- sierung von empfundenem Leid und in der Folge zu einer Selbstdarstellung von gesellschaftlichen Gruppen. Pro- fessorin Lotter beobachtet seit Jahren, wie sehr sich Minderheiten, opferdefi - nierte Gruppen in ihrer Selbstdarstel- lung genug sind und wie sehr sie aus der Beschreibung ihres persönlichen Leids eine Kompetenz ableiten, für eine gesamte Gruppe zu sprechen: »Ich als Frau, ich als Mann, ich als Flüchtling, ich als Muslima, ich als Afroamerikaner, ich als xy kann sagen, dass...«. Und keineswegs wird dann Empathie erwartet – im Gegenteil: »Ein Verste- hen würde schon eine übergriffi ge Ver- einnahmung darstellen.« Professorin Lotter nennt als Beispiel den Rückzug der Hollywoodschaupielerin Scarlett Johansson aus einem Filmprojekt, bei dem sie einen Transmann spielen sollte. Transgender-Aktivisten hatten protestiert. Scarlett Johansson senk- te ihr Haupt tief, bezichtigte sich als

FOTO: PICTURE ALLIANCE / DPA / ALLIANCE PICTURE FOTO: »unsensibel«. In Italien fördert der Einsturz der Morandi-Brücke in Genua zutage, wie fragil ein Rechtsstaat werden kann. Sollen Journalisten sich zum Büttel dieser Interessen In diesem Herbst ist sehr viel davon machen lassen? die Rede, wie sich Politik und Zivilge- sellschaft, wie sich Mehrheiten und Minderheiten begegnen. Es hatte auch in Chemnitz Anfang September etwas Fragwürdiges, das Montags-Rockkon- Wissen, Wahrheit, Wirklichkeit zert unter das Motto »Wir sind mehr« zu stellen, so, als ob diese Gesellschaft Von Journalisten, Massenmedien und Irritationen schon soweit wäre, dass Truppenstärke entscheidet. Es hat leider auch etwas ARMIN CONRAD Vergewaltigung« gesprochen wird, mel- steht, wahr zu sein, ist schonungslos, pe Conte. Und der Lega-Innenminister Autistisches. Aber zurück zu Profes- det sich das Wetterleuchten des Ressen- unbequem, schmerzlich und gerät Matteo Salvini ergänzte rustikal: »Eines sorin Lotter: Die von ihr beschriebene enn wir suchen, wo die timents. Aus allen Richtungen. schnell zur Dienstbarkeit für morali- ist klar, jemand muss hinter Gitter.« In Entwicklung ist auf Dauer ungeeignet, Wahrheit wohnt, steht meist Wirklichkeit. Wirklichkeit? Philo- sche, ideologische, politische Anliegen: Italien fördert die Suche nach Wahrheit, ein Miteinander in unserer Wirklichkeit W die Wirklichkeit in der Tür. sophen fällt dazu nicht viel ein. Eine »Es gibt drei Arten von Wahrheit, meine identisch mit der Suche nach Schuldi- stabil zu halten. Sie wird eher eine Mo- Wenn wir uns dann aber mit derselben Entität, sagen sie, und dahinter verbirgt Herren: Die einfache, die reine und die gen, zutage, wie fragil ein Rechtsstaat ral des Ressentiments befördern. Gesten abfinden, gar anfreunden möchten, sich: Wirklichkeit ist halt Wirklichkeit, lautere Wahrheit. Ich will Ihnen jetzt und seine Prinzipien werden können. des Bedauerns und der Versöhnung ge- mahnt uns ein winziger Monolog, mal wir ändern nichts an ihr, indem wir sie die reine Wahrheit sagen...«, versprach Soll man sich als Journalist zum Büttel raten unter Rechtfertigungsdruck. Und verzweifelt, mal zynisch: »Das kann betrachten. Das Unbehagen an ihr er- einst Konrad Adenauer einer Runde von dieser Interessen machen? die Regenbogenfraktion sollte sich mä- doch nicht wahr sein.« Oder wir fl üch- zeugt Wünsche, sie zu ändern. Das wis- Journalisten. Die modernen westlichen Gesell- ßigen dabei, die Existenz von Erdoğan- ten uns in die Negation: »Nicht wirklich, sen wir aus der Geschichte und das setzt Wer als Journalist auf der Suche nach schaften sind umstellt von Schuldnar- und Ditib-gesteuerten Parallelgesell- oder!« immer wieder viel Energie frei: Krieg, Wahrheit fündig war, wer etwas ent- rativen. Ein pubertierender College- schaften zu beklagen, wenn in ihr selbst Jetzt, in diesem Herbst, gab es einen Rassismus, Leid, Zerstörung, Atombom- deckt oder aufgedeckt hat, stellt häufi g schüler soll in den USA vor  Jahren »Moralmonopole« aufgebaut werden. kurzen Moment, in dem die deutsche ben, Braunkohletagebau, Verhinderung fest, wie geschwind er in einen Verkün- eine junge Frau vergewaltigt haben. Aus dem täglichen Kampf, bei der Öff entlichkeit spürte, es könne eine von Braunkohletagebau. All dem liegt digungsmodus verfällt. Daneben fi ndet Jetzt will er Supreme-Court-Richter Betrachtung der Welt das zu destil- Versöhnung zwischen Wirklichkeit und der Wunsch zugrunde, der Wirklichkeit eine andere Perspektive nur schwer werden. Wie konnte das passieren? lieren, was wir für Wahrheit halten, Wahrheit gelingen. Als nämlich Frau eine Wahrheit entgegenzustellen. Wahr einen Platz. Die Betextungen werden – Einem russischen Ex-Agenten ist Ner- sind die Verhandlungen über Schuld Nahles verkündete, Frau Merkel und ist das, mit dem ich, besser mein Be- unwissend oder wissend – nützlich oder vengift auf die Klinke seiner Haustür und Schuldige nicht herauszuhalten. Herr Seehofer und sie selbst auch hät- wusstsein, Frieden machen kann. schädlich. Die gesamte journalistische geschmiert worden, fast tödlich für Ein Gesicht der Schuld ist die Scham. ten sich geirrt — und Frau Merkel und Der Wortstamm »wahr« hat etwas Arbeit, die Themenwahl, die Recherche, ihn und seine Tochter. Wer hat das zu Der Technikkritiker Günther Anders Herr Seehofer schmucklos beipfl ichte- Irrlichterndes. Der Advokat nimmt die Erkenntnis, die Produktion von Bild verantworten? Auf einem etwa vier spricht von einem ewigen Rückstand ten. Ein Morsesignal: Wirklichkeit an Mandate, der Funktionär nimmt Inte- und Text gerät in den Sog von Interes- Sekunden langen Video-Film läuft in der Menschen gegenüber der Technik, Wahrheit. Es fühlte sich für ein paar ressen wahr. »So wahr mir Gott helfe« sen. Und schon steckt alles wieder im Chemnitz ein schwarz gekleideter gro- die sie selbst in die Welt gesetzt haben. Tage – eher für Stunden – an wie Wind- rinnt die Formel aus dem Mund ver- Zielkonfl ikt der Adenauer’schen Wahr- ßer Mann hinter einem hellgekleideten Für die Technologien der Medien be- stille inmitten der Tiefdruckgebiete der eidigter Zeugen und das reicht meist heiten. kleinen Mann her und dann beide aus deutet es: Aus dem Abbild der Realität Empörung. nicht, um ein »wahrer Held« zu sein. Wirklichkeit dagegen lässt sich ein- dem Bild. Hat der schwarz Gekleidete wird das Vorbild der Realität: Es kam »Es fühlt sich an«: Die Karriere der Dass Wahrheit gelegentlich schmerz- facher anfassen. Sie steht nicht nur in eine Schuld oder der hell Gekleidete? im Fernsehen, es wird schon stimmen. gefühlten Wahrheit inmitten der Welt lich ist oder schonungslos, das sagen der Tür zur Wahrheit, sie hält sie auch Wer hat das Hetzjagd genannt? Wer Der Mensch spürt etwas dabei. Anders von unumstößlichen Fakten – der wir oft und fi nden es »nicht das Wahre«. off en und manche Beschreibung von hat diesen Filmschnipsel hin zu seiner – zeitweilig verheiratet mit Hannah Wirklichkeit! – verdanken wir seit fast Was aber ist die Wahrheit? Sie ist zu Wirklichkeit – nennen wir sie einfach ohnehin sehr schwachen Aussage ma- Arendt – nannte es Scham.  Jahren der Meteorologie. So wurde stark an menschliche Sinne gebunden, mal »Morandi-Brücke, Genua« – enthält nipuliert? Wer hat Schuld? Man denke sich Wahrheit, Wirklich- damals aus objektiven minus fünf Grad als dass das objektiver Erkenntnis hilf- Hinweise auf ein »Etwas« dahinter, das Die Bochumer Philosophin Maria keit, Schuld und Scham als Eckpunkte ein subjektives Sibirien und schon bald reich sein könnte. Schon die Überset- zu erfahren erstrebenswert scheint. Die Sibylla Lotter hat vor einigen Monaten eines gedachten Parallelogrammes, ei- bevölkerte das »Gefühlte« alle Plattfor- zung von Aristoteles: Wahr ist, über das Motivation dafür ist nicht mit reiner in »Die Zeit« darauf hingewiesen, wie nes Vierecks des medialen Dramas, dem men der öff entlichen Diskussion. Mal zu sagen, was »ist«, dass es »ist« und und naiver Neugier erklärbar. sehr diese Schuldkultur die Debatten wir uns fortlaufend aussetzen. Ob das im Spaß, immer häufi ger in heiligem über das, was nicht »ist«, dass es nicht Zwei große Brückenpfeiler stehen beherrscht, manisch, kollektiv, wie ein einen Blick öff net? »Das, was wir über Ernst. »ist«, ist eine sprachliche Pirouette. In etwa  Meter auseinander. Dazwi- Zwang zur Reinigung eines Gewissens, unsere Gesellschaft und die Welt wissen, Wenn sich früher ein Streit zuspitz- Platons Höhlengleichnis sieht der eine schen Autos unter Trümmern, viele von dem man gar nicht wusste, dass man wissen wir aus Massenmedien.« – Niklas te und einer dem anderen die Frage (!), von seinen Fesseln befreit, alles das Tote, Wohnblöcke, in denen die Men- es hat. Um uns herum stehen säkulare Luhmann, der großartige Analytiker, ist stellte: »In welcher Welt leben Sie ei- direkt, was die anderen nur als Schatten schen bis vor einigen Monaten über den Beichtstühle. Der Gestus der »Entschul- vor fast genau  Jahren gestorben. Da gentlich?«, dann hat das manchen in im Widerschein des Feuers betrachten Verkehrslärm klagten. So weit die Wirk- digung« wurde zum Renner. Der Papst war Google ein kleines Start-up. Luh- die Enge getrieben. Heute wird mit der konnten. Als er zu den Gefesselten lichkeit. Und was ist hier Wahrheit? Es entschuldigte sich für die Inquisition, mann wusste: »Massenmedien dienen Beschreibung des Gefühlten sanft wir- zurückkehrte und verkündete, was er türmen sich in der ungewohnten Ruhe Australien bei den Aborigines und Lidl weder der Vermehrung von Erkenntnis kungsvoll gekontert. gesehen hatte, wurde er getötet. unter der Morandi-Brücke die Fragen bei den bespitzelten Mitarbeitern. Etwa noch der moralischen Erziehung. Ihre Ist diese Monstranz der Gefühle un- Niemand hielt seine Wahrheit aus. nach der Schuld auf. Der Architekt ist  wurde die Linkspartei aufgefordert, wahre Funktion ist die Irritation«. Es schädlich für die Fähigkeit einer Gesell- Seine! Wo das Wort Wahrheit auftaucht, schon lange tot. Die EU – schuldig, weil sich für den Mauerbau zu entschuldigen. ist höchste Zeit, dass unser Blick auf schaft, sich miteinander einzurichten ist schnell ein Possessivpronomen zur sie Italien so sehr zum Sparen gezwun- Einer wies darauf hin, dass man den Bau diese Welt davon befreit wird, im Joch und auszutauschen? Ist sie es, die den Hand. gen hat? Umweltschützer – schuldig, der Mauer nicht entschuldigen könnte. von Ideologien, politischen Geschäfts- Bundespräsidenten zur Sorge um die Ist Wahrheit nur das, was uns »in weil sie den Bau einer Umgehungsstra- Warum? Weil dieser Mauerbau mit all modellen und Marktanteilen zu stehen. Gesprächsfähigkeit treibt. Was richtet den Kram« passt. So einfach ist es wohl ße verzögerten? Die Autobahnbetrei- seinen Konsequenzen unentschuldbar Dass er weniger aff ektgesteuert wird, es mit der Fähigkeit zu diskutieren an, nicht. Ganz sicher ist das Streben nach ber-Gesellschaft? sei! Er wurde weitgehend überhört. aber einfach wird das nicht. wenn die Blasen des Gefühlten aufei- Wahrheit von dem Wunsch getrieben, »Wir werden nicht auf die Gerichte Lotter spricht von einer Sucht nach nandertreff en? Wo bei Gefl üchteten mit dem, was unseren Sinnen an Wirk- warten können« – wenn das jetzt ein Schuld »weit über den Bereich einer ei- Armin Conrad war von  bis  von »gefühlter Integration« oder bei lichkeit zugemutet wird, eins zu werden. Boulevardblatt formuliert hätte. Es genen Verantwortung hinaus«. Das sei Redaktionsleiter des sat-Magazins sexuellen Übergriff en von »gefühlter Erlösung? Vorsicht! Das, was im Rufe war aber der Premierminister Giusep- gespeist durch den Glauben, es »mache Kulturzeit Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  MEDIEN 15

 Jahre Offen für Themen und »Kulturpolitisches Debatten Forum WDR « Stiftung Bauhaus Dessau CLAUDIA PERREN Paul Klees Zeichnung eines nordaf- Deutungsangebot, das durch fl exibel Die Diskursplattform auf www.WDR.de und auf der Seite rikanischen Kelims genauso wie auf bespielbare sogenannte »Zwischen- des Kulturradios feiert der Kulturpartner NRW www.kultur- ie Bandbreite, in der Bau- Konrad Wachsmanns Universalkno- spiele«, kleine temporäre Ausstellun- Geburtstag partner.net. haus bis heute agiert, ist ten zur Konstruktion von Fertighäu- gen, erweitert und fortgeschrieben groß. Ja, Bauhaus ist wei- sern nach dem Zweiten Weltkrieg, auf wird. Wir verstehen das Bauhaus Mu- Die erste Veranstaltung fand im D ße Kuben, gerade Linien, parallele Schulgründungen wie Kala seum Dessau weniger als kontempla- I m Oktober  fand das erste »Kul- Oktober  auf Zollverein in Funktionalität, viel Glas und fl ache Bhavana in Santiniketan wie auch auf tiven Präsentationsort historischer turpolitische Forum WDR « statt. Was Essen statt. Mit wem und zu wel- Dächer, aber es ist auch Farbe, Kur- Dessau, denn hier steht die Schule: das Artefakte, sondern wollen ü ber die der leitende Gedanke war und wie es chem Thema? ven, Backstein, Komposition und Bauhaus,  weitere Bauhaushäuser anfi ng, darüber hat Michael Köhler mit Auf dem Podium saßen die drei In- Kompromiss. Ja, Bauhaus ist Männer und bald auch das Bauhaus Museum Karl Karst, dem Initiator der deutsch- tendantinnen und Intendanten der und Meister, die den Ton angeben Dessau. Die Stiftung ist landweit einzigartigen Reihe, gespro- großen NRW-Konzerthäuser: Albin in der Architektur, Lehre, Vorträgen Zum . Jubiläum  wird die chen. Hänseroth, Intendant der Philhar- und Publikationen, aber es sind auch Ausstellung »Versuchsstätte Bauhaus. keine Moralinstanz monie Köln, Vera van Hazebrouck, junge Frauen, die überhaupt studie- Die Sammlung« im neuen Museum und hat nicht die Michael Köhler: Beim Start des Intendantin der Tonhalle Düsseldorf, ren dürfen, eigenständig handeln und erstmals die umfangreiche Samm- Deutungshoheit über »Kulturpolitischen Forums« sag- Michael Kaufmann, Chef der Philhar- experimentieren. Ja, Bauhaus hatte lung der Stiftung Bauhaus Dessau der das Bauhaus te Intendant Fritz Pleitgen , monie Essen, sowie der NRW- Kul- einen idealen Lehrplan im Kreis, der Öff entlichkeit präsentieren. Ziel der dass der WDR »verlässlicher Part- turminister und stellvertretende sich auf Bau in der Mitte konzentrierte, Sammlungspräsentation ist es, die ner der Kultur« ist. Sie halten  Ministerpräsident Michael Vesper. der Schulalltag war dann aber auch komplexe Geschichte des Wirkens und daran fest? Olaf Zimmermann, Geschäftsführer geprägt von Tanz, Politik und Impro- der weltweiten Weitererzählung des Hinterlassenschaften des Bauhauses Karl Karst: WDR  hält nicht nur des Deutschen Kulturrates, sollte visation. Bauhauses anhand des umfassenden mit unserem Publikum ins Gespräch daran fest, sondern hat diese Ver- zusammen mit mir das Forum mode- Die Stiftung Bauhaus Dessau sieht Bestandes an originalen Möbeln, Do- kommen, d. h. einen Dialog initiie- lässlichkeit im Laufe der Jahre sogar rieren. Das Thema lautete: »Wie viele sich nicht als Institution, deren Auf- kumenten, Fotografi en, Kunstwerken ren. Inklusive und barrierefreie Ver- noch verstärkt. Was damals mehr Konzerthäuser braucht das Land?«. gabe es ist, ein bestimmtes Bauhaus- und Zeichnungen zum Sprechen zu mittlungsangebote sind dabei für uns oder weniger Prospekt war, weil die Es war angesichts der Neubau- und Bild zu vertreten. Sie ist als künstle- bringen. eine Selbstverständlichkeit. Damit ist Programmformate noch gar nicht Sanierungs-Vorhaben in Dortmund, risch-wissenschaftliche Stiftung nicht Es gehört zu den Besonderheiten unser Museum weniger Belehrung als existierten, das ist heute auch struk- Essen und so geladen, dass Moralinstanz und hat auch nicht die der Dessauer Sammlung, den All- vielmehr Arena vielstimmiger Sichten turell umgesetzt. Mit acht Stunden es sehr schnell heftig wurde auf dem Deutungshoheit über das Bauhaus. Sie tag von Lernen und Lehre, freiem und Interpretationen. Das historische aktueller Kultur im Tagesprogramm Podium und sich der Kulturminister ist off en für alle Themen, Zugänge und Entwurf und industriellem Proto- Bauhaus war nicht nur selbst ein Ak- ist WDR  heute die größte Kultur- mit dem Geschäftsführer des Deut- Debatten rund um das Bauhaus. Ein typ, kü nstlerischem Experiment und teur in der demokratischen Öff ent- plattform des Landes. Und da es schen Kulturrates dermaßen in die Aussortieren nach richtigem Bau- konfl iktreicher Suche nach kulturel- lichkeit der Weimarer Republik, auch sonst kein überregionales Feuilleton Haare kriegte, dass Olaf Zimmermann haus und falschem Bauhaus lehnt sie ler Artikulationen, Gemeinschaft und seine internationale Wirkungs- und in Nordrhein-Westfalen gibt, ist es nicht mehr Moderator, sondern nur ab. Ihr Interesse gilt der Bauhaus- Meisterschaft am Bauhaus vergegen- Rezeptionsgeschichte verpfl ichtet zu auch das einzige landesweite Feuil- noch Diskutant sein konnte, und ich Diversität und der Bauhaus-Teilhabe. wärtigen zu können. solch einem Zugang. leton für NRW. die Streithähne allein moderieren Sie betrachtet das Bauhaus als Teil Dabei versteht sich die Ausstel- WDR  ist der Medien-Ort, an dem musste. der Moderne, die aus dem internati- lung als eine Ausstellung in Bewe- Claudia Perren ist Direktorin und Kulturinteressierte umfassend er- onalen Austausch ihre Impulse und gung. Die Erzählung der Objekte in Vorstand der Stiftung Bauhaus fahren, was in der Kulturlandschaft Basis des »Kulturpolitischen Ideen zog. Sie richtet ihre Blicke auf der Sammlungspräsentation ist ein Dessau NRW passiert. Über seine Rolle als Forums WDR « sind die Kultur- Kulturvermittler und Berichterstat- partnerschaften? ter hinaus ist WDR  aber auch einer Das Modell der WDR  Kulturpart- der aktivsten Kultur-Produzenten in nerschaften haben wir im Jahr  NRW. Autoren, Schauspieler, erstmals kommuniziert und zunächst Regisseure, Musiker und Produzen- ohne öff entliche Verlautbarung auf- ten werden für Hörspiele, Lesungen, gebaut. Durch die positiven Reaktio- Konzerte und künstlerische Radio- nen aus dem Land war das Netzwerk Robert Wagner Max Einfach – produktionen regelmäßig von in  mit  festen Verträgen schon WDR  beauf tragt. Diese für die so groß, dass wir es mit einer Presse- Max Einfach Kulturwirtschaft sehr wesentliche konferenz und einem ersten »WDR  Musik Gemeinsam weil Können Funktion des Kulturproduzenten Kulturpartner-Treff en« auf Zollverein wird oft übersehen, wenn von der bekannt geben wollten. Fritz Pleitgen von Anfang an Rolle der öff entlich-rechtlichen hat als WDR-Intendant das »Kultur- Lehrerband Spaß macht ! Kulturradios die Rede ist. Zusam- politische Forum« eröff net und schon mengefasst: Die damalige Aussage damals darauf hingewiesen, welche von Fritz Pleitgen hat der WDR mehr Bedeutung das Netzwerk für die Kul- als bewiesen. tur haben wird: »Immer wieder lesen Praxiserprobtes Material wir von schmerzhaften Einschnitten Was zeichnet das »Kulturpoliti- bei kulturellen Einrichtungen«, so des Inklusions-Experten sche Forum« als Sendeformat aus? Pleitgen. »Um irreparable Schäden Robert Wagner Es ist als Sendeformat die Diskurs- zu vermeiden, müssen wir präventiv plattform des Kulturradios WDR . Es tätig werden, gesellschaftliche Bünd- ist aber auch ein Veranstaltungsfor- nisse eingehen und kräftige Netzwer- mat im Land. Das Kulturpolitische ke aufbauen.« Forum WDR  ist als öff entliche Ich erinnere mich auch noch gut an Veranstaltung mit und bei den Kul- die Worte von Michael Vesper, der das „Die Methode ‚Von der turpartnern angelegt. Mein Ziel war Kulturpartner-Treff en sinngemäß mit Harmonie zur Melodie‘ […] es, eine Reihe aufzusetzen, in der dem Statement eröff nete: »Ich glaube, wird hier so aufbereitet, Kultur zum Gegenstand der Debatte ich habe noch nie so viele Vertreter dass sie sich auch Musiklehrkräfte, wird. Eine solche Reihe hatte es bis meiner Landes-Kultur auf einem ConBrio dahin in dieser Form und Regelmä- Haufen gesehen!« Ich freue mich über die neu vor einer inklusiv ßigkeit nicht gegeben. Es ging mir die Wertschätzung, die das Modell der ausgerichteten Aufgabe stehen, darum, die politische Bedeutung der WDR  Kulturpartnerschaften und das Robert Wagner: Max Einfach aneignen können.“ Gemeinsam Kultur in der Gesellschaft öff entlich Kulturpolitische Forum in der Zwi- Musik von Anfang an Üben & Musizieren zu debattieren. Die Ausstrahlung schenzeit erfahren. Spielheft · über 80 Lieder, Songs und Stücke des »Kulturpolitischen Forums« auf 120 Seiten, Spiralbindung WDR  ist somit die zweite Veröff ent- Und wie geht es weiter? ISBN 978-3-940768-56-8 lichung, allerdings dann vor einem Das »Kulturpolitische Forum WDR « CB 1256 · 16,95 wesentlich größeren Publikum als ist weiterhin Bestandteil des Pro- E die erste. Wichtig ist auch, dass die gramms von WDR  und die Anfra- Lehrerband · durchgehend farbig, Debatte dokumentiert wird. Das ge- gen für öff entliche Veranstaltungen Zugriff auf einen 25-minütigen Einführungsfilm schieht durch die dritte Veröff entli- und Mitschnitte reißen nicht ab. Im 68 Seiten, Paperback chung als Podcast. Gegenteil: Wir verzeichnen einen ISBN 978-3-940768-57-5 Jedes »Kulturpolitische Forum« hat gesteigerten Bedarf an kulturpoliti- CB 1257 · E 22,95 also drei Publikationsformen. Ers- scher Debatte! Spielheft & Lehrerband im Paket tens: die öff entliche Veranstaltung, ConBrio Verlagsgesellschaft zu der die Kulturpartner und/oder Karl Karst ist seit  Programmchef ISBN 978-3-940768-58-2 nur 34,95 der WDR einladen; zweitens: die des Kulturradios WDR  und vertritt CB 1258 · E www.conbrio.de Ausstrahlung der Sendefassung im die ARD im Deutschen Kulturrat. Programm WDR ; drittens: die dau- Michael Köhler ist Kulturjournalist erhafte Onlinestellung als Podcast in Bonn 16 KULTURELLES LEBEN www.politikundkultur.net

Thüringens innovativer Kulturguthüter Energie Kulturminister Benjamin- ty of Sussex und der privaten Business- truktiver Lebensumbruch und eine nicht einfach zu überlassen. »Das ist Immanuel Hoff im Porträt School BEST-Sabel Hochschule Berlin. Herausforderung. »Immer wieder bin ein Fehler der Linken, dass sie Heimat Gott & die Welt Die Ausfl üge in die Politikberatung ich im freundschaftlichen Wettstreit immer als rückschrittlich sieht und – etwa als Gesellschafter und Consul- mit meinem Die Linke-Kultursenator- diesen Begriff verabscheut. Ich bin CHRISTIAN STÄBLEIN ANDREAS KOLB tant der MehrWertConsult – sind für Freund Klaus Lederer: Wer hat mehr ein für Heimat zuständiger Minister. ihn eher von marginaler Bedeutung. Kulturinstitutionen, die relevant sind? Diesen Begriff besetze ich off ensiv, Star-Trek-Freunde kennen das letzte ür einen Spätnachmittag Mitte Augenzwinkernd sagt er: »Das macht An die Finanzierung wie in Berlin kom- weil er kein restriktiver, sondern ein Wort der Folge aus dem Serien- Oktober ist das Wetter beinahe man als Politiker, wenn einem gar men wir allerdings nicht ran.« durchaus progressiver Begriff ist, mit zyklus der neuen Generation mit F sommerlich. Vor dem National- nichts mehr einfällt«. Kulturminister In Thüringen treff en die kulturellen dem Menschen sich ihr Umfeld erklä- Captain Jean-Luc Picard: Energie! Mit theater Weimar sitzen einige letzte Hoff publiziert lieber Texte für den Traditionen ehemaliger Herzogtümer ren und annehmen.« diesem Kommando geht es für das Sonnenanbeter auf den Stufen, im Blog der Wochenzeitung FREITAG und und freier Reichsstädte aufeinander Raumschiff Enterprise aus der Folge Hintergrund hört man das Orchester hält Seminare zur Gesundheitspolitik und machen bis heute das innere raus und zu neuen Welten. Energie ist proben. Auch vor Kulturtem- an der Universität Erfurt. Im Sommer- Spannungsverhältnis des Bundeslan- das zentrale Stichwort der (post-)in- pel spielt natürlich die E-Culture die semester ist ein Seminar zur Kultur- des aus. Nicht nur die vielen Burgen Hoff s Karriere ist dustriellen Gesellschaft. Energiewirt- erste Geige: Die Menschen schauen politik vorgesehen. Denn im Zentrum und Schlösser, auch die Orchester und ein produktives schaft schaff t die Basis für fast alle Le- auf ihre Smartphones und haben Mühe, steht die Kulturpolitik: »Ich versuche, Theater weisen zum Teil mehr als  Changieren benskontexte, an die wir uns gewöhnt das Display im Sonnenlicht gut zu meine berufl ichen Themen zu Gegen- Jahre Geschichte auf. Thüringen hat zwischen Politik haben: Von morgendlicher Pendlerm- erkennen. Einer davon ist Benjamin- ständen meiner Lehre zu machen. Fast das Problem, aber auch die Chance obilität über die (fast) permanente Immanuel Hoff , seit Dezember  noch mehr als für die Forschung brennt der zahlreichen Kulturgüter. Mit der und Wissenschaft Onlineexistenz bis zur abendlichen Minister für Kultur, Bundes- und Eu- mein Herz für die Lehre.« Strukturreform der Theater in den Entspannung vor dem Lagerfeuer der ropaangelegenheiten und Chef der Hoff s Versuche, der Kulturpolitik Jahren  bis  wollte Hoff trotz Moderne, dem Fernseher. Energie- Staatskanzlei des Freistaates Thürin- zu entkommen, waren spätestens zu Stellenabbau weder eine Konzent- Der Thüringen-Monitor – eine Sta- krisen sind in unserer Kultur deshalb gen, kurz gesagt der Kulturgut-Hüter jenem Zeitpunkt zum Scheitern verur- ration und dadurch Reduktion von tistik zu den Lebensverhältnissen besonders nachhaltige Irritationen. des Freistaates. teilt, als  die rot-rot-grüne Regie- Theaterkultur vornehmen, noch eine im Freistaat – zeigt: Zwei Drittel bis Die Gegenwärtigen – Ende des Diesels, Er kommt gerade von einer Bau- rungsbildung unter Ministerpräsident Fokussierung auf ein Nationaltheater. drei Viertel der Menschen sehen die Ausstieg aus der Kohle – sind nicht die haus-Lecture an der Weimarer Uni- in Thüringen zustan- »Wir wollten in der Theater-Diskussion wirtschaftliche und finanzielle Zu- ersten, an ihnen wird nur drängend versität und gibt vor seinem nächs- de kam. »Als ich noch nicht Chef der nicht nur über Finanzierung reden«, kunft des Landes positiv. Zugleich hat deutlich, dass ein Wandel unumgäng- ten Termin der P&K-Redaktion ein Staatskanzlei war, schlug ich selbst vor, erinnert er, »sondern über Generatio- etwa die Hälfte das Gefühl, dass der lich ist. Energie ist dauerhaft nicht Telefon interview für das Porträt, das dass die Kultur dort angesiedelt würde, nenwechsel, Tarifverträge und verän- Wohlstand an ihnen vorbeigeht und mehr gegen oder im Aufbrauchen der Sie gerade lesen. Benjamin-Imma- weil ich das für Thüringen als Kultur- dertes Rezeptionsverhalten. Wir sind dass sie benachteiligt werden. »Und Natur zu gewinnen, sondern nur in nuel Hoff , der  in Ostberlin zur land für logisch hielt. Dann überrasch- nicht mehr in den neoliberalen Jahren, dieses Gefühl«, so Hoff , »als Ostdeut- regenerativen, schöpfungserhaltenden Welt kam, bezeichnet sich selbst als te mich der Ministerpräsident mit der wo man nur noch über Sparen redete. scher benachteiligt zu sein, ist kein Verfahren. Wind, Sonne, Erdwärme »Bundesdeutscher mit Ostmigrations- Auff assung, dass ich Chef der Staats- Angesichts der Finanzlage müssen thüringer oder sächsisches, sondern und Meereskraft zum Auftanken und hintergrund«. Biografi ebrüche, das sei kanzlei und damit auch Kulturminis- wir über die Expansion von Kultur ein ostdeutsches Phänomen. Das ist Aufl aden. Aber wie schwer sind diese schon verraten, zählen zu den zentra- ter werden sollte. ›Du hast das Zeug sprechen. Das meint vor allem faire, einer der Aspekte für das starke Auf- Umstellungen, auch mental. Lieber len Impulsgebern seines Lebens. dazu‹, sagte er dem Parteifreund. ›Du am besten tarifgebundene Vergütun- treten der AfD im Land. Hinzu kommt, lassen wir uns eine Weile belügen, wie »Ich zähle zur er-Wendegenera- gen in allen Sparten, Investitionen in dass wir den ostdeutschen Teil unse- sauber die Angelegenheit sei, gut gefi l- tion und habe mit  als Schüler die kulturelle Infrastruktur und die Stär- res Landes zwar zur Bundesrepublik tert – von wegen. Zum Glück produzie- Wende erlebt. Das hat einen geprägt. kung von kultureller und politischer zählen, aber bestimmte ostdeutsche ren auch Krisen am Ende eines: Ener- Aber irgendwann war einem aus mei- Biografi ebrüche Bildung.« Phänomene lassen sich eher mit den gie. Die Stichworte der Energiekrise ner Generation dann auch klar: Man Gerade durch die fast schon schwei- Entwicklungen und Wertvorstellun- lassen sich spielend als Metaphern für hat einen längeren Zeitraum seines als zentrale zerisch anmutende kulturelle Kleintei- gen in Ungarn, Polen, Tschechien oder die Moderne und ihre Institutionen Lebens in der BRD gelebt als in der Impulsgeber ligkeit und den Reichtum an Kulturgü- der Slowakei vergleichen. Das heißt, nutzen. Den großen Institutionen DDR. Das war der Punkt, an dem man des Lebens tern wie Theater, Orchester, Museen wäre die DDR  nicht mit der BRD scheint der Kraftstoff auszugehen, die sich seines persönlichen Migrations- oder Burgen ist die Lebensqualität der zusammengegangen, sondern eigen- Filterblasen bewähren sich nur im hintergrunds schlagartig bewusst wird. , Millionen Thüringer hoch einzu- ständig geblieben, würde sie heute Teil Selbsttest, halten aber der Realität Meine Frau kommt aus dem Westen. schätzen. Hoff legt Wert darauf, den von Visegrád sein. Das muss man sich nicht stand. Naja, kulturpessimisti- Ostwest-biografi sche Themen beschäf- kannst nicht immer nur Intellektueller Begriff »Heimat« als Kulturbegriff auf- vergegenwärtigen!« sche Schnellschlüsse dieser Art sind zu tigen mich, beschäftigen uns bis heu- sein, sondern musst die Rahmenbe- zufassen. »Die Einbettung in ländli- Zur aktuellen Agenda des Kultur- billig und der Vertreter der Volkskirche, te. Bevor ich Sie gerade anrief, habe dingungen von Intellektuellen erwei- che Struktur, egal ob beim jährlichen ministers zählt die Vorbereitung des der ich bin, hat wenig Grund, mit dem ich passend zum Thema eine Lecture tern.‹ Von daher stehe ich in der Hilmar Rudolstadt-Festival oder beim  Bauhaus-Jubiläums mit der Eröff nung Finger auf andere zu zeigen. Deshalb: gehalten: ›Brüche der Moderne – Bau- Hoff man‘schen Tradition von ›Kultur Jahre alten Bürgertheater Nordhausen, des Bauhaus-Museums in Weimar. Au- Energie ist auch ein urreligiöses The- haus in der Weimarer Republik, im für alle‹ und will das aktuell halten.« macht das Thema interessant.« ßerdem stellt sein Ministerium gerade ma: Woher bekommen Menschen Nationalsozialismus und im Staats- Von der Millionenstadt Berlin in Hoff geht es um »Kultur für alle«. den Haushalt für  auf. Hoff geht Kraft für ihr Leben? Wie tanken wir ozialismus‹.« den Flächenstaat Thüringen zu zie- Es geht ihm aber auch darum, der es dabei vor allem um ein Konzept für auf? Paulus spricht vom Evangelium »Ich wollte nicht der klassische Typ hen, war für Hoff ein weiterer kons- Rechten den Begriff der »Heimat« eine langfristige Kulturinvestitions- als Energie – und meint eine, die sein«, gibt er gleich zu Beginn des Ge- planung: »Damit wir weniger von der nicht menschengemacht ist und die sprächs zu Protokoll, »wo der Sohn Arzt Hand in den Mund leben. Auch bei als Quelle nicht versiegt. Aber worin oder Jurist wird, weil die Eltern Ärzte der Stiftung Schlösser und Gärten, die besteht diese Energie? In der Krise der oder Juristen sind.« Da Hoff s leiblicher  gegründet worden ist und jetzt  fossilen Energien ist es vermutlich so, Vater Dozent an der Filmhochschule Jahre wird, wollen wir in den nächs- dass wir zweierlei brauchen: die schar- in Babelsberg war, sein sozialer Vater ten  Jahren schauen, wie viel wir fe Analyse und harte Mahnung vor in der DDR im Bereich Philosophie investieren können und wie hoch der dem Weg in die Klimakatastrophe. Und und Verlagswesen tätig war und sei- Investitions- und Modernisierungs- die Bilder, ja, Visionen einer Zukunft, ne Mutter im Kulturministerium im bedarf dieser Stiftung ist. Wir wollen in der der Energiehaushalt wieder Bereich Film, hieß das in Hoff s Fall, er die Gebäude vor Ort digital erfahrbar stimmt – womöglich dank E-Mobilität hielt sich von Kultur und Kulturpolitik machen. Ohne E-Culture ist Kultur gar und keinen Autos, wie auch immer. In weitgehend fern. Biografi sch gesehen nicht mehr zu denken.« der Krise der Glaubensinstitutionen kommt Hoff zwar aus dem Zentrum Trotz ausgefüllter Agenda, trotz braucht es wohl auch zweierlei: einen der DDR-Kultur heraus, interessiert nie versiegender Ideen und Pläne ehrlichen, kritischen Blick auf eigene war er zunächst jedoch vor allem an gibt es für Benjamin-Immanuel Hoff Irrwege. Und ein Ernstnehmen des- Politik und Soziologie. Während sei- nach wie vor eine Grundregel: »Am sen, dass wir das, was unserem Leben nes Studiums der Sozialwissenschaften Wochenende keine Termine, das ge- Kraft gibt, nicht einfach selbst machen an der HU Berlin, das er mit Diplom hört der Familie. Es geht darum, bei können. Es bleibt Geschenk (Gottes), und Auszeichnung »Humboldt-Preis« aller Ungerechtigkeit der Aufteilung vorausgesetzt, vorauszusetzen – ein abschloss, war er bereits gewähltes von Berufs- und Familienarbeit et- Geschenk mit vielen Namen, etwa: Mitglied des Abgeordnetenhauses was Gerechtigkeit herzustellen. Ich Vertrauen, Liebe, Anerkennung, Res- Berlin für die damalige PDS. Bis zum bin Vater von drei Söhnen und bin pekt. Alles erneuerbare Energien im Abschluss »Magna cum laude« seiner jetzt Anfang . Ich möchte nicht am besten Sinne. Sie können etwas, was Promotion in Sozialwissenschaften Ende, wenn die Kinder aus dem Haus sonst nur bei Raumschiff Enterprise war er Abgeordneter, danach wurde sind, feststellen müssen, dass ich die funktioniert: beamen. Diese Technik, er Staatssekretär für Gesundheit, Um- schönsten Jahre verpasste, weil ich nur mit der die ersten Star-Trek-Staff eln welt und Verbraucherschutz im Senat für die Arbeit gelebt habe. Ansonsten spielten, meint ja zu Deutsch nichts von Berlin. habe ich als Kulturminister den Luxus, anderes als strahlend überführen. Das Sieht man sich Hoff s rasante Karri- dass ich das, wofür sich viele Leute Geschenk des Lebens kann das: in ere genauer an, fällt sein produktives Zeit freischaufeln müssen – an Kultur der Krise Selbstkritik und neue Bilder Changieren zwischen Politik und Wis- zu partizipieren –, berufstätig mache. strahlen lassen. Also: Energie! senschaft auf. Zu seinen Tätigkeiten Gerade in Thüringen ist das bezau- zählten und zählen etwa Lehraufträge bernd.« Christian Stäblein ist Probst der und Professuren an der Alice-Salo-

Evangelischen Kirche Berlin-Branden- mon-Hochschule Berlin, der School of STAATSKANZLEI THÜRINGER FOTO: Andreas Kolb ist Redakteur von burg-schlesische Oberlausitz Law, Politics and Sociology – Universi- Benjamin-Immanuel Hoff Politik & Kultur Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  MENSCHENRECHTE & KULTUR 17 FOTO: UNITED NATIONS UNITED FOTO:

ZUM Die Würde des Menschen ist SCHWERPUNKT Jubiläen werden  viele gefeiert, eines erscheint Politik & Kultur aber unantastbar besonders wichtig: Die Allgemei- ne Erklärung der Menschenrechte UN-Menschenrechtscharta hat seit  Jahren eine universelle zivilisatorische Wirkung (AEMR) wurde am . Dezember  von den Vereinten Nationen verab- OLAF ZIMMERMANN Männern, zwischen Menschen mit oder Positionen zur Sprache kommen dür- deutlich, dass das Recht auf Teilhabe schiedet. Grund genug gemeinsam ohne Einschränkungen, zwischen hier fen, die einem selbst nicht gefallen. Die am kulturellen Leben nicht als Vorwand mit dem Deutschen Institut für Men- ie Verabschiedung der All- geborenen oder zugewanderten, nicht Initiative kulturelle Integration nimmt zur Enteignung von Urheberinnen und schenrechte dem Thema » Jahre gemeinen Erklärung der zwischen Deutschen und Ausländern. hierauf in ihrer These  Bezug, in der Urhebern oder der Einschränkung ihrer Menschenrechte & Kultur« einen Menschenrechte am . De- Es ist Aufgabe des Staates, für die unter anderem formuliert wurde: »Jour- Verwertungschancen genutzt werden Schwerpunkt zu widmen. D zember  war ein Meilen- Einhaltung der Menschenrechte Sorge nalistisch und redaktionell veranlass- kann. Beide Rechte sind gleichrangig Beate Rudolf führt auf Seite  in stein. Sie stand unter dem Eindruck der zu tragen. Die vom Deutschen Kultur- te Angebote leisten unabhängig von und müssen in einen Ausgleich ge- die Grundidee der Menschenrechte Gräuel der Schoah. Wie stark die Scho- rat mit  Partnern aus der Zivilge- ihrem Verbreitungsweg einen eigenen bracht werden, wenn beispielsweise ein ein, die auf dem Erhalt von Rechten ah wirkte, wird in der Präambel deutlich, sellschaft, dem Staat, den Religions- Beitrag zum gesellschaftlichen Dis- Staat bestimmten Personengruppen be- gegen den Staat beruht. Auf den Sei- in der unter anderem formuliert wird: gemeinschaften und den Medien  kurs. Sie informieren, sie unterhalten, sondere Vorzüge im Zugang zu urheber- ten  und  wird vorgestellt, wel- »… die Nichtanerkennung und Verach- ins Leben gerufene Initiative kulturelle sie regen Diskussionen an, sie bieten rechtlich geschützten Inhalten gewäh- che ausgewählten Institutionen in tung der Menschenrechte (haben) zu Integration hat darum in These  ihrer Hintergrundinformationen, sie ver- ren will. Sehr aktuell war dieser erfor- Deutschland das Thema Menschen- Akten der Barbarei geführt …, die das  Thesen formuliert: »Das Grundge- mitteln Werte und leisten damit einen derliche Ausgleich bei der Umsetzung rechte verantworten. Kübra Gümüşay Gewissen der Menschheit mit Empö- setz beschreibt insbesondere in sei- unverzichtbaren Beitrag zur Meinungs- der sogenannten Marrakesch-Richtlinie zeigt, dass Menschenrechte und Kul- rung erfüllen«. Art.  der Allgemeinen nen ersten  Artikeln unverrückbare bildung. Die Presse-, Rundfunk- und in deutsches Recht. Die Marrakesch- tur zusammengehören – und Kul- Erklärung der Menschenrechte setzt Prinzipien des Zusammenlebens. Es Meinungsfreiheit gehören zu den unab- Richtlinie ist eine wichtige Grundlage, turorte Menschenrechte zum Leben als Gegenbild: »Alle Menschen sind frei sichert seit Jahrzehnten ein friedliches dingbaren Prinzipien in Deutschland.« um Lese- und Sehbehinderten einen bringen. Beispielhaft dafür stehen und gleich an Würde und Rechten gebo- Zusammenleben in Deutschland. Die Wie schnell Medien in ihrer Frei- erleichterten Zugang zu Kunst und die Zentral- und Landesbibliothek ren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen Achtung und der Schutz der Menschen- heit eingeschränkt werden, ist derzeit Literatur zu verschaff en. Dieses Ziel Berlin, die Bundeskunsthalle und das begabt und sollen einander im Geist der würde sind Grundlage der deutschen in Ungarn zu beobachten. Und auch in ist sehr unterstützenswert. Doch dür- Theater Thikwa, die erläutern, wie sie Solidarität begegnen.« Rechtsordnung. Das Grundgesetz re- Österreich versucht die FPÖ freie Medi- fen dabei, so steht es eben auch in der den Art.  AEMR umsetzen. Auf Sei- Art.  unseres Grundgesetzes nimmt gelt zuerst das Verhältnis von Staat und en, speziell den öff entlich-rechtlichen Allgemeinen Erklärung der Menschen- te  schildern internationale Jour- hierauf unmittelbar Bezug. Es heißt: Bürgerinnen und Bürgern und schützt Rundfunk, zu diskreditieren und in rechte, die Rechte der Künstler nicht nalisten, wie ihre Menschenrechte »() Die Würde des Menschen ist un- vor staatlicher Willkür. Es ist zugleich der Freiheit einzuschränken. Solchen einfach geopfert werden. beschnitten wurden. Besondere antastbar. Sie zu achten und zu schüt- essentiell für das Zusammenleben der Versuchen und Maßnahmen muss ent- Die Allgemeine Erklärung der Men- Förderer der Menschenrechte sind zen ist Verpfl ichtung aller staatlichen Bürgerinnen und Bürger und muss da- schieden entgegengetreten werden. schenrechte, die oft auch UN-Men- die fünf politischen Stiftungen der Gewalt. () Das Deutsche Volk bekennt her von allen hier lebenden Menschen In Artikel  der Allgemeinen Er- schenrechts charta genannt wird, ist Bundesrepublik, die auf den Seiten sich darum zu unverletzlichen und akzeptiert und respektiert werden.« klärung der Menschenrechte werden kein Wohlfühlkissen oder Poesiealbum.  und  Einblick in ihre weltweiten unveräußerlichen Menschenrechten Für den Kultur- und Medienbereich zwei Rechte beschrieben, die mitunter Sie ist eine Verpfl ichtung und ihre Um- Aktivitäten geben. Heiner Bielefeld als Grundlage jeder menschlichen Ge- sind besonders die Artikel  und Ar- als Gegensätze erscheinen. Im ersten setzung verlangt Anstrengungen. Sie wirft auf Seite  kritisch die Frage meinschaft, des Friedens und der Ge- tikel  der Allgemeinen Erklärung Absatz dieses Artikels geht es um das ist kein völkerrechtlicher Vertrag und auf, ob die Menschenrechtspolitik in rechtigkeit in der Welt. () Die nachfol- der Menschenrechte interessant. In Recht der Teilhabe am kulturellen Le- deshalb leider nicht individuell einklag- einer Krise steckt. Abschließend gibt genden Grundrechte binden Gesetzge- Artikel  wird das Recht jedes Men- ben, unter anderem um sich an den bar, aber sie entfaltet eine universelle Zofi a Helena Nowak einen Einblick bung, vollziehende Gewalt und Recht- schen auf Meinungsfreiheit und freie Künsten zu erfreuen. Im zweiten Ab- zivilisatorische Wirkung, deren Kraft in jüdische und islamische Perspek- sprechung als unmittelbar geltendes Meinungsäußerung kodifi ziert. Gleich- satz wird auf das Recht zum Schutz des nicht unterschätzt werden darf. Sie tiven auf Menschenrechte. Recht.« Damit wird unmissverständ- falls wird die Freiheit der Medien hier geistigen Eigentums eingegangen. Hier gehört zum Besten, was wir Menschen Die Bilder des Schwerpunkts haben lich klargestellt, dass die unantastba- festgeschrieben. Alle drei Aspekte, Mei- steht: »Jeder Mensch hat das Recht auf uns als Menschen zugestehen. die Vereinten Nationen gemeinsam re Menschenwürde für alle Menschen nungsfreiheit, freie Meinungsäußerung Schutz der geistigen und materiellen mit »Poster for Tomorrow« anläss- gilt. Es gibt keine Menschen erster und und Freiheit der Medien, sind für die Interessen, die ihm als Urheber von Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer lich des . Jubiläums der AEMR von zweiter Klasse. Die Menschenwürde un- Demokratie unerlässlich. Dies schließt Werken der Wissenschaft, der Litera- des Deutschen Kulturrates und Grafi kdesignern aus der ganzen Welt terscheidet nicht zwischen Frauen und ein, dass auch solche Meinungen und tur oder Kunst erwachsen.« Damit wird Herausgeber von Politik & Kultur gestalten lassen. 18 MENSCHENRECHTE & KULTUR www.politikundkultur.net

Einfach und kraftvoll Die Idee der Menschenrechte

BEATE RUDOLF politischen Menschenrechte – etwa die Meinungs-, Versammlungs- und Ver- eder Mensch hat Menschenrech- einigungsfreiheit, die Religions- und te, überall. Das erscheint heute Weltanschauungsfreiheit, das Recht von J selbstverständlich. Schließlich Staatsbürgern auf politische Partizi- bezeugen die Allgemeine Erklärung pation, das Recht auf Ehe und Familie, der Menschenrechte, zahlreiche Men- auf Eigentum, auf Asyl sowie das Recht, schenrechtsverträge und das Grundge- Rechte zu haben. Hierin zeigt sich be- setz die Geltung der Menschenrechte. sonders, dass die Allgemeine Erklärung Keine Selbstverständlichkeit sind die unter dem Eindruck der Menschheits- Menschenrechte jedoch in der Wirk- verbrechen des nationalsozialistischen lichkeit. Weltweit werden Menschen- Deutschlands entstand und auch eine rechte massiv verletzt, und es werden die Reaktion auf diese ist. Sie proklamiert Stimmen lauter, die die Menschenrechte ferner wirtschaftliche, soziale und rundweg ablehnen. Zum . Jahrestag kulturelle Rechte, etwa das Recht auf der Allgemeinen Erklärung wird deutli- Bildung, Gesundheit, Wohnen und cher denn je, dass die Menschenrechte Nahrung sowie das Recht zu arbeiten immer wieder bekräftigt und behauptet und Rechte in der Arbeit. Zudem verbie- werden müssen – überall in der Welt und tet sie Diskriminierung, insbesondere auch hierzulande. aufgrund rassistischer Zuschreibungen, Die Grundidee der Menschenrechte des Geschlechts oder der Religion. ist so einfach wie kraftvoll: Jeder Mensch Die Allgemeine Erklärung wurde in hat aufgrund seines Menschseins der UN-Menschenrechtskommission Rechte gegen den Staat. Diese Rechte, von Menschen aus aller Welt, verschie- die Menschenrechte, ermöglichen ein denster Herkunft, Kultur, Religion und selbstbestimmtes Leben. Niemand, auch philosophischer Tradition, formuliert. und gerade der Staat nicht, ist berech- Sie vermeidet bewusst jede ausdrück- tigt, einem Menschen vorzuschreiben, liche Anknüpfung an Religion, Philoso- welchen Zweck sein Leben hat oder was phie oder Tradition, um ihren weltwei- ein gutes Leben ist. Vielmehr hat jeder ten Geltungsanspruch zu stärken. Die Mensch ein Recht darauf, seinem Leben Allgemeine Erklärung bekräftigt, dass selbst einen Sinn zu geben. Das ist der die Menschenrechte universell sind: Kern der Menschenwürde, in der die Sie gelten für alle Menschen, weil sie Menschenrechte wurzeln. Menschen sind, und sie gelten jederzeit Die Menschenrechte sind nicht vom und überall. In den Worten ihres ersten Staat verliehen, sondern vorstaatlich. Artikels: »Alle Menschen sind frei und Sie zu achten, zu schützen und zu ge- gleich an Rechten und Würde geboren.« währleisten, ist der zentrale Zweck und Die Allgemeine Erklärung wurde als die verbindliche Aufgabe eines jeden Resolution der UN-Generalversamm- Staates. Denn der Staat ist um des Men- lung von den damals  UN-Mitglied- schen willen da, nicht der Mensch um staaten verabschiedet – nur gegen die des Staates willen, wie es der Herren- Stimme Südafrikas. Allerdings fehlten chiemseer Entwurf für das Grundge- damals große Teile der noch kolonial setz so treff end formulierte. Staatliche beherrschten Welt. Doch bereits  Souveränität ist deshalb nicht absolut, bekannten sich auf der Konferenz von sondern stets menschenrechtlich ge- Bandung die Vertreter von  ehema-

bunden. Die Menschenrechte sind ligen Kolonien und  Befreiungsbe- NATIONS UNITED FOTO: verbindlicher Maßstab und Grenze für wegungen zu den Menschenrechten den Staat, da dieser die Machtmittel und verwiesen auf die Allgemeine Er- onale Pakt über wirtschaftliche, soziale Frontalangriff e auf die schenrechte von Frauen und von Lesben, hat, um Menschenrechte zu verletzen, klärung als gemeinsame Richtschnur. und kulturelle Rechte und der Inter- Menschenrechte Schwulen, Bi*, Trans*, Inter* und Queer und zugleich auch, um sie zu schützen. Auf der Wiener Weltkonferenz über nationale Pakt über bürgerliche und (LSBTIQ). Um das Fundament der Men- Menschenwürde muss man sich Menschenrechte haben die Staaten der politische Rechte von . Zusammen In der Praxis waren Menschenrechte nie schenrechte zu unterminieren, werden nicht verdienen; sie wohnt dem Welt  ihr Bekenntnis zu den in der mit der Allgemeinen Erklärung werden selbstverständlich. Seit  wurde über Menschheitsverbrechen herunterge- Menschsein inne. Folglich sind die Allgemeinen Erklärung niedergelegten sie oft als »internationale Menschen- Inhalt und Reichweite von Menschen- spielt oder gar geleugnet. Menschenrechte auch nicht von ei- Menschenrechten gemeinsam erneuert. rechtscharta« bezeichnet. Die beiden rechten in den Gremien der UNO und Gegen solche Bestrebungen braucht nem bestimmten vorherigen Verhal- Die Allgemeine Erklärung der Men- Weltpakte garantieren die in der All- innerhalb von Staaten gestritten. Mas- es starke Institutionen, die die men- ten abhängig; insbesondere setzen schenrechte wird als kopernikanische gemeinen Erklärung proklamierten sive und systematische Verletzungen schenrechtlichen Bindungen des Staa- sie nicht voraus, dass man Pfl ichten Wende des Völkerrechts angesehen: Sie Rechte, mit Ausnahme des Rechts auf von Menschenrechten waren verbreitet. tes ernst nehmen. Dazu gehört auch, gegenüber dem Staat erfüllt oder die stellt den Menschen in den Mittelpunkt Asyl und auf Eigentum. Und praktisch Aber stets war das von einem – zumin- dass Menschenrechte in der politischen Menschenrechte anderer geachtet hat. der internationalen Ordnung und gibt wichtig: Sie konkretisieren die Maß- dest verbalen – Bekenntnis zu den Men- Debatte diff erenziert diskutiert und im Daher sind die Menschenrechte nicht ihm Rechte gegen den Staat. Denn stäbe für deren Beschränkung. Die schenrechten begleitet. Gegenwärtig ist gesellschaftlichen Miteinander durch von der Staatsangehörigkeit abhängig, ohne Anerkennung der gleichen Men- Aufspaltung in zwei Verträge war den in der Welt, auch in Deutschland, etwas Anwendung bekräftigt werden. Un- und daher hat auch der schlimmste Ver- schenwürde und der unveräußerlichen politisch-ideologischen Gräben in der Neues zu beobachten. Die Idee und das verzichtbar sind hierfür unabhängige brecher dieselben Menschenrechte wie Menschenrechte aller Menschen gibt es Zeit der Ost-West-Konfrontation ge- Fundament der Menschenrechte wer- Medien, Medienvielfalt, eine enga- ein rechtstreuer Mensch. keine Freiheit, keine Gerechtigkeit und schuldet. Erst in der Wiener Weltmen- den off en angegriff en und Regierungen gierte Zivilgesellschaft und kritische Menschenrechte verlangen, dass keinen Frieden in der Welt. Das betont schenrechtskonferenz wurde dieser oder politische Bewegungen propagie- Kunstschaff ende, die sich solidarisch Politik, Verwaltung und Gerichte sich auch das Grundgesetz. Graben überwunden, indem die Staaten ren andere Konzepte. für die Rechte anderer einsetzen. Es ist an ihnen ausrichten. Sie werden zur die Unteilbarkeit, Interdependenz und Zu diesen Konzepten gehört etwa ein nicht überraschend, dass Autokraten Bewährungsprobe für den Staat, wo Wechselbezüglichkeit aller Menschen- verabsolutiertes Verständnis staatlicher und Populisten gerade diese Akteure Fortentwicklung der es um den Schutz der Schwachen rechte anerkannten. Souveränität, nach dem jedes Mittel zum attackieren und ihre Menschenrechte Menschenrechte oder der Ausgeschlossenen geht, wo Weitere UN-Menschenrechtsver- Schutz des Staates einschließlich seiner missachten. die Tyrannei der Mehrheit droht oder Die Allgemeine Erklärung der Men- träge betrafen rassistische Diskri- Grenzen und seiner – oft völkisch ver- Die Allgemeine Erklärung der Men- Machtmissbrauch der Exekutive, oder schenrechte ist nicht rechtlich bin- minierung und die Diskriminierung standenen – Bevölkerung zulässig ist. schenrechte ist deshalb auch nach  wo tatsächliche oder behauptete Ge- dend. Das hat ihrer Wirkung jedoch von Frauen, die Menschenrechte von Eng verbunden damit sind Vorstellun- Jahren noch wichtig. Sie erinnert dar- meininteressen mit individuellen Rech- keinen Abbruch getan. Sie bildet den Kindern, von Menschen mit Behin- gen einer absoluten Volksherrschaft, frei an: Menschenrechte sind die Grundlage ten kollidieren. unangefochtenen Maßstab für den derungen und von Wanderarbeitneh- von menschenrechtlichen Bindungen. des friedlichen Miteinanders in einer Schutz der Menschenrechte weltweit. mern, sowie Folter und gewaltsames Menschenrechtsfeinde sehen sich als Gesellschaft. Deshalb muss der Staat Sie gab den Anstoß dafür, Menschen- Verschwindenlassen. Sie benennen die Vertreter des »wahren Volkes« und die Menschenrechte aller Menschen Die Allgemeine Erklärung der rechte in nationalen Verfassungen, die Verletzungen, die Menschen als leugnen damit das gleiche Recht aller in seinem Herrschaftsbereich sichern, Menschenrechte darunter dem Grundgesetz, und in Angehörigen der genannten Gruppen Staatsbürger auf politische Partizipa- und deshalb sind Menschenrechte in Am . Dezember  proklamierte die internationalen Verträgen verbindlich oder in den spezifi schen Situationen tion. Andere Ansätze sind kulturalis- unser aller ureigenem Interesse. Die UN-Generalversammlung feierlich die festzuschreiben. Neben den neun UN- typischerweise erfahren haben, und tische Konzepte oder nationalistische, Allgemeine Erklärung bestärkt uns Allgemeine Erklärung der Menschen- Menschenrechtsverträgen existieren sie schreiben den Staaten vor, dass völkische Ideologien. Sie propagieren darin, von allen Staatsorganen, von rechte als gemeinsame Richtschnur, heute weitere Menschenrechtsverträge und wie sie solche Verletzungen ver- die Ungleichheit von Menschen, indem Politik und Parteien Menschenrechte auch genannt »common standard of für den amerikanischen Kontinent, Eu- hindern, beenden und beseitigen müs- sie die Ungleichbehandlung fordern oder einzufordern. Sie stärkt uns darin, die achievement«.  Jahre danach hat die ropa und Afrika, über deren Einhaltung sen. Sie konkretisieren also die in der Gruppen durch Zuschreibungen von Ei- Menschenrechte im Alltag zu leben, in- Erklärung nichts von ihrer Aktualität regionale Menschenrechtsgerichtshöfe internationalen Menschenrechtscharta genschaften konstruieren und abwerten, dem wir Abwertung, Ausgrenzung und verloren. Nach wie vor ist sie die Grund- wachen. Für das Europa von Reykjavik niedergelegten Menschenrechte um indem sie sie zu Sündenböcken machen Hass klar entgegentreten, Menschen als lage für die weltweite Anerkennung der bis Wladiwostok ist dies die Europäi- des besseren Menschenrechtsschut- und Hass und Gewalt schüren, um Men- Individuen wahrnehmen und einander Menschenrechte und für die Forderung sche Menschenrechtskonvention mit zes willen. Deshalb gibt es heute auch schen auszugrenzen, zu vertreiben oder als Menschen mit gleicher Würde und nach deren Verwirklichung. dem Europäischen Gerichtshof für Diskussionen um einen Vertrag über die gar zu töten. Damit verwandt sind Ideo- gleichen Rechten achten. Die Allgemeine Erklärung umfasst Menschenrechte in Straßburg. Menschenrechte Älterer und über die logien, wonach es Aufgabe des Staates alle Kategorien von Menschenrechten. Für den internationalen Menschen- menschenrechtlichen Verpfl ichtungen sei, »traditionelle Werte« zu verteidigen. Beate Rudolf ist Direktorin des Deut- Sie proklamiert die bürgerlichen und rechtsschutz zentral sind der Internati- privater Wirtschaftsunternehmen. Sie richten sich zumeist gegen die Men- schen Instituts für Menschenrechte Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  MENSCHENRECHTE & KULTUR 19

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Generalversammlung der Vereinten Nationen am . Dezember 

Präambel Artikel  Artikel  Artikel  erfreuen und am wissenschaftlichen • Da die Anerkennung der angeborenen Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, () Jeder Mensch hat das Recht, in an- Jeder Mensch hat als Mitglied der Fortschritt und dessen Errungenschaf- Würde und der gleichen und unver- Freiheit und Sicherheit der Person. deren Ländern vor Verfolgung Asyl zu Gesellschaft das Recht auf soziale Si- ten teilzuhaben. äußerlichen Rechte aller Mitglieder suchen und zu genießen. cherheit und Anspruch darauf, durch () Jeder Mensch hat das Recht auf der Gemeinschaft der Menschen die Artikel  () Dieses Recht kann nicht in Anspruch innerstaatliche Maßnahmen und in- Schutz der geistigen und materiellen Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit Niemand darf in Sklaverei oder Leibei- genommen werden im Falle einer Straf- ternationale Zusammenarbeit sowie Interessen, die ihm als Urheber von und Frieden in der Welt bildet, genschaft gehalten werden; Sklaverei verfolgung, die tatsächlich aufgrund unter Berücksichtigung der Organisa- Werken der Wissenschaft, Literatur • da die Nichtanerkennung und Verach- und Sklavenhandel sind in allen ihren von Verbrechen nichtpolitischer Art tion und der Mittel jedes Staates in den oder Kunst erwachsen. tung der Menschenrechte zu Akten der Formen verboten. oder aufgrund von Handlungen erfolgt, Genuss der wirtschaftlichen, sozialen Barbarei geführt haben, die das Ge- die gegen die Ziele und Grundsätze der und kulturellen Rechte zu gelangen, Artikel  wissen der Menschheit mit Empörung Artikel  Vereinten Nationen verstoßen. die für die eigene Würde und die freie Jeder Mensch hat Anspruch auf eine erfüllen, und da verkündet worden ist, Niemand darf der Folter oder grausa- Entwicklung der eigenen Persönlich- soziale und internationale Ordnung, in dass einer Welt, in der die Menschen mer, unmenschlicher oder erniedrigen- Artikel  keit unentbehrlich sind. der die in dieser Erklärung verkündeten Rede- und Glaubensfreiheit und Frei- der Behandlung oder Strafe unterwor- Jeder Mensch hat das Recht auf eine Rechte und Freiheiten voll verwirklicht heit von Furcht und Not genießen, das fen werden. Staatsangehörigkeit. Artikel  werden können. höchste Streben des Menschen gilt, Niemandem darf die eigene Staatsan- () Jeder Mensch hat das Recht auf Ar- • da es notwendig ist, die Menschen- Artikel  gehörigkeit willkürlich entzogen noch beit, auf freie Berufswahl, auf gerechte Artikel  rechte durch die Herrschaft des Rech- Jeder Mensch hat das Recht, überall als das Recht versagt werden, die Staats- und befriedigende Arbeitsbedingungen () Jeder Mensch hat Pfl ichten gegen- tes zu schützen, damit der Mensch rechtsfähig anerkannt zu werden. angehörigkeit zu wechseln. sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit. über der Gemeinschaft, in der allein die nicht gezwungen wird, als letztes () Jeder Mensch, ohne Unterschied, hat freie und volle Entfaltung der eigenen Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei Artikel  Artikel  das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Persönlichkeit möglich ist. und Unterdrückung zu greifen, Alle Menschen sind vor dem Gesetz () Volljährige Menschen haben ohne Arbeit. () Jeder Mensch ist bei der Ausübung • da es notwendig ist, die Entwicklung gleich und haben ohne Unterschied Beschränkung aufgrund von rassisti- () Jeder Mensch, der arbeitet, hat das der eigenen Rechte und Freiheiten nur freundschaftlicher Beziehungen zwi- Anspruch auf gleichen Schutz durch schen Zuschreibungen, der Staatsange- Recht auf gerechte und befriedigende den Beschränkungen unterworfen, die schen den Nationen zu fördern, das Gesetz. Alle haben Anspruch auf hörigkeit oder der Religion das Recht zu Entlohnung, die ihm und der eigenen das Gesetz ausschließlich zu dem Zweck • da die Völker der Vereinten Natio- gleichen Schutz gegen jede Diskrimi- heiraten und eine Familie zu gründen. Familie eine der menschlichen Würde vorsieht, die Anerkennung und Achtung nen in der Charta ihren Glauben an nierung, die gegen diese Erklärung Sie haben bei der Eheschließung, wäh- entsprechende Existenz sichert, gege- der Rechte und Freiheiten anderer zu si- die grundlegenden Menschenrech- verstößt, und gegen jede Aufhetzung rend der Ehe und bei deren Aufl ösung benenfalls ergänzt durch andere soziale chern und den gerechten Anforderungen te, an die Würde und den Wert der zu einer derartigen Diskriminierung. gleiche Rechte. Schutzmaßnahmen. der Moral, der öff entlichen Ordnung und menschlichen Person und an die () Eine Ehe darf nur bei freier und () Jeder Mensch hat das Recht, zum des allgemeinen Wohles in einer demo- Gleichberechtigung von Mann und Artikel  uneingeschränkter Willenseinigung Schutz der eigenen Interessen Ge- kratischen Gesellschaft zu genügen. Frau erneut bekräftigt und beschlos- Jeder Mensch hat Anspruch auf einen der künftigen Ehegatten geschlossen werkschaften zu bilden und solchen () Diese Rechte und Freiheiten dürfen sen haben, den sozialen Fortschritt wirksamen Rechtsbehelf bei den zustän- werden. beizutreten. in keinem Fall im Widerspruch zu den und bessere Lebensbedingungen in digen innerstaatlichen Gerichten gegen () Die Familie ist die natürliche Zielen und Grundsätzen der Vereinten größerer Freiheit zu fördern, Handlungen, durch die seine ihm nach Grundeinheit der Gesellschaft und hat Artikel  Nationen ausgeübt werden. • da die Mitgliedstaaten sich verpfl ich- der Verfassung oder nach dem Gesetz zu- Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft Jeder Mensch hat das Recht auf Erho- tet haben, in Zusammenarbeit mit stehenden Grundrechte verletzt werden. und Staat. lung und Freizeit und insbesondere Artikel  den Vereinten Nationen auf die all- auf eine vernünftige Begrenzung der Keine Bestimmung dieser Erklärung gemeine Achtung und Einhaltung der Artikel  Artikel  Arbeitszeit und regelmäßigen bezahl- darf dahin ausgelegt werden, dass sie Menschenrechte und Grundfreihei- Niemand darf willkürlich festgenom- () Jeder Mensch hat das Recht, sowohl ten Urlaub. für einen Staat, eine Gruppe oder eine ten hinzuwirken, men, in Haft gehalten oder des Landes allein als auch in Gemeinschaft mit an- Person irgendein Recht begründet, eine • da ein gemeinsames Verständnis die- verwiesen werden. deren Eigentum innezuhaben. Artikel  Tätigkeit auszuüben oder eine Hand- ser Rechte und Freiheiten von größ- () Niemand darf willkürlich des Eigen- () Jeder Mensch hat das Recht auf ei- lung zu begehen, welche die Beseiti- ter Wichtigkeit für die volle Erfüllung Artikel  tums beraubt werden. nen Lebensstandard, der Gesundheit gung der in dieser Erklärung verkünde- dieser Verpfl ichtung ist, Jeder Mensch hat bei der Feststellung und Wohl für sich selbst und die eigene ten Rechte und Freiheiten zum Ziel hat. verkündet die Generalversammlung der eigenen Rechte und Pfl ichten sowie Artikel  Familie gewährleistet, einschließlich diese Allgemeine Erklärung der Men- bei einer gegen ihn erhobenen straf- Jeder Mensch hat das Recht auf Gedan- Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztli- schenrechte als das von allen Völkern rechtlichen Beschuldigung in voller ken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; che Versorgung und notwendige so- HINWEIS und Nationen zu erreichende ge- Gleichheit Anspruch auf ein gerechtes dieses Recht schließt die Freiheit ein, die ziale Leistungen gewährleistet sowie meinsame Ideal, damit jeder einzelne und öff entliches Verfahren vor einem Religion oder Überzeugung zu wechseln, das Recht auf Sicherheit im Falle von Menschenrechte sind eine unabge- Mensch und alle Organe der Gesell- unabhängigen und unparteiischen Ge- sowie die Freiheit, die eigene Religion Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität schlossene Lerngeschichte. Der histo- schaft sich diese Erklärung stets gegen- richt. oder Weltanschauung allein oder in Ge- oder Verwitwung, im Alter sowie bei an- rische Text der Allgemeinen Erklärung wärtig halten und sich bemühen, durch meinschaft mit anderen, öff entlich oder derweitigem Verlust seiner Unterhalts- spiegelt die Diskussion im Jahr  wi- Unterricht und Erziehung die Achtung Artikel  privat durch Lehre, Ausübung, Gottes- mittel durch unverschuldete Umstände. der. Daher wird der Begriff »Rasse« un- vor diesen Rechten und Freiheiten zu () Jeder Mensch, der wegen einer straf- dienst und Kulthandlungen zu bekennen. () Mütter und Kinder haben Anspruch kritisch verwendet und Männer bilden – fördern und durch fortschreitende na- baren Handlung beschuldigt wird, hat auf besondere Fürsorge und Unterstüt- sprachlich – die Norm. Doch will die All- tionale und internationale Maßnah- das Recht, als unschuldig zu gelten, Artikel  zung. Alle Kinder, eheliche wie außer- gemeine Erklärung ausdrücklich für alle men ihre allgemeine und tatsächliche solange seine Schuld nicht in einem Jeder Mensch hat das Recht auf Mei- eheliche, genießen den gleichen sozi- Menschen gelten. Deshalb wird hier in Anerkennung und Einhaltung durch öff entlichen Verfahren, in dem er alle nungsfreiheit und freie Meinungsäuße- alen Schutz. Kooperation mit dem Deutschen Insti- die Bevölkerung der Mitgliedstaaten für seine Verteidigung notwendigen Ga- rung; dieses Recht schließt die Freiheit tut für Menschenrechte eine behutsam selbst wie auch durch die Bevölkerung rantien gehabt hat, gemäß dem Gesetz ein, Meinungen ungehindert anzuhän- Artikel  bearbeitete Fassung abgedruckt, die die der ihrer Hoheitsgewalt unterstehen- nachgewiesen ist. gen sowie über Medien jeder Art und () Jeder Mensch hat das Recht auf Vielfalt der Menschheit sprachlich ab- den Gebiete zu gewährleisten. () Niemand darf wegen einer Handlung ohne Rücksicht auf Grenzen Informa- Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, bildet und den Inhalt unberührt lässt. oder Unterlassung verurteilt werden, tionen und Gedankengut zu suchen, zu zum mindesten der Grundschulunter- Artikel  die zur Zeit ihrer Begehung nach inner- empfangen und zu verbreiten. richt und die grundlegende Bildung. Der Alle Menschen sind frei und gleich an staatlichem oder internationalem Recht Grundschulunterricht ist obligatorisch. DEFINITION Würde und Rechten geboren. Sie sind nicht strafbar war. Ebenso darf keine Artikel  Fach- und Berufsschulunterricht müs- MENSCHENRECHTE mit Vernunft und Gewissen begabt und schwerere Strafe als die zum Zeitpunkt () Alle Menschen haben das Recht, sich sen allgemein verfügbar gemacht wer- sollen einander im Geist der Solidarität der Begehung der strafbaren Handlung friedlich zu versammeln und zu Verei- den, und der Hochschulunterricht muss Menschenrechte sind Rechte, die jeder begegnen. angedrohte Strafe verhängt werden. nigungen zusammenzuschließen. allen gleichermaßen entsprechend ih- Mensch automatisch von Geburt an be- () Niemand darf gezwungen werden, ren Fähigkeiten off enstehen. sitzt, unabhängig von seiner Stellung in Artikel  Artikel  einer Vereinigung anzugehören. () Die Bildung muss auf die volle Ent- Staat, Gesellschaft, Familie, Beruf, Reli- Jeder Mensch hat Anspruch auf die in Niemand darf willkürlichen Eingriff en faltung der menschlichen Persönlich- gion und Kultur. Auch andere Merkmale dieser Erklärung verkündeten Rechte in das eigene Privatleben, die eigene Artikel  keit und auf die Stärkung der Achtung wie Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, po- und Freiheiten ohne irgendeinen Un- Familie, die eigene Wohnung und den () Jeder Mensch hat das Recht, an der vor den Menschenrechten und Grund- litische oder sonstige weltanschauliche terschied, etwa aufgrund rassistischer eigenen Schriftverkehr oder Beein- Gestaltung der öff entlichen Angelegen- freiheiten gerichtet sein. Sie muss zu Vorstellungen, nationale oder soziale Zuschreibungen, nach Hautfarbe, Ge- trächtigungen der eigenen Ehre und heiten des eigenen Landes unmittelbar Verständnis, Toleranz und Freundschaft Herkunft lassen die Gültigkeit der Men- schlecht, Sprache, Religion, politischer des eigenen Rufes ausgesetzt werden. oder durch frei gewählte Vertreterinnen zwischen allen Nationen und allen eth- schenrechte unberührt. Daher werden oder sonstiger Überzeugung, nationaler Jeder Mensch hat Anspruch auf recht- und Vertreter mitzuwirken. nischen oder religiösen Gruppen bei- sie auch als angeboren, unverletzlich oder sozialer Herkunft, Vermögen, Ge- lichen Schutz gegen solche Eingriff e () Jeder Mensch hat das Recht auf glei- tragen und der Tätigkeit der Vereinten und unveräußerlich bezeichnet. Men- burt oder sonstigem Stand. oder Beeinträchtigungen. chen Zugang zu öff entlichen Ämtern im Nationen für die Wahrung des Friedens schenrechte gehören zu den elementa- Des Weiteren darf kein Unterschied eigenen Lande. förderlich sein. ren, grundlegenden Rechten. Der Staat gemacht werden aufgrund der politi- Artikel  () Der Wille des Volkes bildet die () Die Eltern haben ein vorrangiges kann sie nicht verleihen, sondern nur schen, rechtlichen oder internationalen () Jeder Mensch hat das Recht, sich in- Grundlage für die Autorität der öf- Recht, die Art der Bildung zu wählen, anerkennen. Stellung des Landes oder Gebiets, dem nerhalb eines Staates frei zu bewegen fentlichen Gewalt; dieser Wille muss die ihren Kindern zuteilwerden soll. In internationalen Menschenrechtsab- eine Person angehört, gleichgültig ob und den Aufenthaltsort frei zu wählen. durch regelmäßige, unverfälschte, kommen sind Menschenrechte völker- dieses unabhängig ist, unter Treuhand- () Jeder Mensch hat das Recht, jedes allgemeine und gleiche Wahlen mit Artikel  rechtlich verbindlich verankert, daneben schaft steht, keine Selbstregierung be- Land, einschließlich des eigenen, zu geheimer Stimmabgabe oder in einem () Jeder Mensch hat das Recht, am kul- gibt es eine Reihe von regionalen Men- sitzt oder sonst in seiner Souveränität verlassen und in das eigene Land zu- gleichwertigen freien Wahlverfahren turellen Leben der Gemeinschaft frei schenrechtsverträgen in Europa, Afrika, eingeschränkt ist. rückzukehren. zum Ausdruck kommen. teilzunehmen, sich an den Künsten zu Amerika und den arabischen Staaten. 20 MENSCHENRECHTE & KULTUR www.politikundkultur.net

Wer bearbeitet das Thema Menschenrechte in Deutschland?

Verantwortung übernehmen MENSCHENRECHTE IN DEUTSCHLAND: WER IST ZUSTÄNDIG? Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe Ausgewählte Institutionen und ihre Arbeit

BÄRBEL KOFLER multilateralen System ab oder ver- Straßen demonstrieren und den Hitler- Wer befasst sich in Deutschland mit gesellschaft, die Menschenrechte zu suchen es umzudeuten. Länder wie Gruß zeigen, ausländisch aussehende Menschenrechten? Wer ist zuständig ihrem Thema gemacht haben, als auch uch im Jahr des . Geburts- China oder Russland versuchen aktiv Menschen gejagt werden, dann kön- für die Wahrung der Menschenrechte? bei verantwortlichen Stellen der Bun- tags der Internationalen Er- zur Relativierung der universellen nen wir das nicht einfach hinnehmen. Wer kontrolliert ihre Einhaltung? Wer desregierung und beim Bundesverfas- klärung für Menschenrech- Menschenrechte beizutragen. Bestimmte politische Strömungen ahndet Verstöße? Wie sieht die Arbeit sungsgericht nachgefragt. Im Folgen- A te ist es immer noch nötig, Deutschland ist nun zum sechsten verbreiten ein gefährliches Narrativ, der entsprechenden Stellen aus? Wel- den wird in sechs kurzen Beiträgen eine für Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Mal im Sicherheitsrat der Vereinten laut dem Gewalt gegen Ausländer che Herausforderungen gilt es anläss- Skizze der sogenannten »Architektur ein Leben in Würde zu kämpfen. Als Nationen als temporäres Mitglied. Die oder ausländisch aussehende Bürger lich des Jubiläums  Jahre Menschen- der Menschenrechte« in der Bundesre- Beauftragte der Bundesregierung für Erwartungen an uns sind hoch. Ge- gerechtfertigt sei. Dagegen kann ein je- rechte anzugehen? Welche Chancen publik Deutschland gezeichnet. Menschenrechtspolitik und Humani- rade auch der Erwartung, mehr men- der in Deutschland – auch im Kleinen – bieten sich? Steht das Haus der Menschenrechte auf täre Hilfe beobachte ich die Menschen- schenrechtspolitische Verantwortung Zeichen setzen. Ausländerfeindlichem Politik & Kultur hat sowohl bei aus- einem stabilen Fundament? Oder gilt es, rechts- und humanitäre Lage weltweit weltweit zu übernehmen, müssen wir Populismus und Rechtsextremismus gewählten Organisationen der Zivil- bauliche Schäden zu beheben? und spreche dabei off en Missstände gerecht werden. muss man sich entgegenstellen. – häufi g in direkten Gesprächen vor Ort Dafür müssen wir unseren Blick In meiner Arbeit als Menschen- mit Regierungsverantwortlichen – an. aber auch nach Europa richten. In rechtsbeauftragte treff e ich überall Schön wäre es, wenn dies  Jahre nach einigen Mitgliedsstaaten der Euro- auf der Welt auch auf starke, beein- Gesprächskanäle stärken der Erklärung nicht mehr notwendig päischen Union werden gesichert ge- druckende Menschen, die sich nicht wäre, doch leider bietet sich mir kein glaubte Grundwerte und -prinzipien unterkriegen lassen, auf Menschen, Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe rosiges Bild. In vielen Teilen der Welt wieder infrage gestellt. In Ungarn z. B. die sich unermüdlich einsetzen, die werden Menschen ihrer elementars- beschränkt die Regierung die Arbeit das Banner der Menschenrechte hoch- GYDE JENSEN einten Nationen zu, Menschenrechte ten Rechte beraubt. Dies führt immer des Verfassungsgerichts, untergräbt halten und dafür viel riskieren. Sie sind zur Grundlage jeder Politik zu machen. wieder zu gewaltvollen Konfl ikten und zunehmend die Unabhängigkeit von der Grund, warum der . Geburtstag ber Menschenrechte zu spre- Die jüngeren Entwicklungen machen in letzter Konsequenz auch zu Flucht Justiz und Presse. Mit restriktiven der Erklärung der Menschenrechte chen, bedeutet immer auch, jedoch den Einsatz für die Menschen- und Vertreibung. Laut Vereinten Na- Gesetzespaketen wird der Raum für doch auch einen Grund zum Feiern über Geschichte zu sprechen. rechte nicht gerade einfacher. China tionen waren Ende letzten Jahres über zivilgesellschaftliche Aktivitäten gibt: Die Stimme der Menschenrechte Ü Es bedeutet immer auch, strebt mit einem Sozialkreditsystem und  Millionen Menschen weltweit auf eingeschränkt, das gesellschaftliche ist da, sie ist wach, sie hat in vielen über richtig und falsch zu sprechen. staatlichen Umerziehungscamps nach der Flucht, mehr denn je. Klima angegriff en. Ländern Veränderung bewirkt und Die Erkenntnis der Menschenrechte vollständiger Kontrolle seiner Bürger. Menschenrechtsverteidiger, Anwäl- Und auch in Deutschland dürfen sie ist weiter laut und unermüdlich. ist eine der größten zivilisatorischen Ein russischer Präsident verdeutlicht te, Journalisten und Oppositionelle wir unsere Augen nicht vor der Reali- Es sind diese Menschen, denen wir den Errungenschaften. Allein aufgrund des mit den Kriegen in Syrien und der Uk- stehen in vielen Teilen der Welt enorm tät verschließen: Wir haben ein nicht Rücken stärken müssen, die auch mir Menschseins hat jeder Mensch Men- raine, dass er Menschenrechte nur als unter Druck. Es gibt Einschüchterun- zu leugnendes Problem mit Rassismus, ein Ansporn für meine Arbeit sind. schenrechte. Spielwiese internationaler Machtde- gen, Diff amierungen, strafrechtliche Fremdenfeindlichkeit und Antisemi- Diese Erkenntnis fi ndet sich in der monstration begreift. Wir haben in den Verfolgungen, Gefangenschaft und tismus. Was in Chemnitz und in Kö- Bärbel Kofl er ist Beauftragte der modernen Verfassungsgeschichte welt- Vereinigten Staaten mit Donald Trump Folter. Wichtige Akteure wie die Ver- then passiert ist, ist eine Schande für Bundesregierung für Menschenrechts- weit. Für die Entwicklung unserer Men- einen Präsidenten, der lieber die eigene einigten Staaten wenden sich vom unser Land. Wenn Rechtsextreme auf politik und Humanitäre Hilfe schenrechte waren die Amerikanische ökonomische Drohkulisse potenziert als und Französische Revolution maßgeb- multilateral für gemeinsame Ideale zu lich: »All men are created equal, they are kämpfen. endowed by their Creator with certain In dieser Zeit der Erosion von Wer- unalienable Rights, among these are Life, ten müssen wir Gesprächskanäle stär- Einhaltung der Menschenrechte Liberty and the pursuit of Happiness«, ken, statt diese zu kappen. Wir brau- heißt es bereits in der amerikanischen chen mehr statt weniger Diplomatie, »Declaration of Independence« von . um internationale Konflikte nach- prüfen Dieses naturrechtliche Verständnis fi n- haltig zu lösen. Mit einem deutschen Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtsfragen det sich auch in der französischen »Dé- Sitz im kommenden UN-Sicherheitsrat claration des Droits de l’Homme et du erwächst dafür neue Verantwortung. ALMUT WITTLINGVOGEL bürgerliche und politische Rechte, für Menschenrechte in Deutschland bei. Citoyen« von , wenn es heißt: »Les Eine Verantwortung, die wir aus der das Übereinkommen gegen Folter, für Natürlich ist damit nicht alles gut – hommes naissent et demeurent libres Mitte des Deutschen Bundestages, u meinen Aufgaben gehört das Übereinkommen gegen Rassendis- es ist off ensichtlich, dass wir weltweit et égaux en droits«. Das Revolutionä- insbesondere im Ausschuss für Men- es, Verfahrensbevollmächtig- kriminierung und für das Übereinkom- vor großen Herausforderungen ste- re: Menschenrechte sind nicht an Be- schenrechte und humanitäre Hilfe, kri- Z te und Verbindungsperson zu men zum Schutz vor dem Verschwin- hen. Meine Erfahrungen haben mich dingungen geknüpft. Sie müssen nicht tisch begleiten müssen. Klar ist: Ein europäischen und internationalen denlassen. gelehrt: verliehen werden. Sie sind für alle gleich deutscher Sitz kann nur ein weiterer menschenrechtlichen Monitoringme- Daneben bin ich Kontaktperson für • Wir müssen internationale multila- und unveräußerlich. Sie sind unteilbar. für Europa sein. Denn Europa muss chanismen zu sein, die die Einhaltung einige Ausschüsse, die aufgrund von terale Organisationen unterstützen Deshalb fordert das deutsche Grundge- gerade bei Menschenrechten mit ei- der Menschenrechte in Deutschland Besuchen die Einhaltung der Men- und erhalten: Sie sind wesentliche setz von  auch nicht: »Die Würde ner Stimme sprechen und früh auf kontrollieren. Dazu kommt die men- schenrechte in Deutschland beurtei- Werkzeuge, um Krisen vorzubeugen des Menschen darf nicht angetastet wer- Konfl ikte aufmerksam machen. Wir schenrechtliche Überprüfung aller Ge- len: Europäisches Komitee zur Verhü- und sie zu bewältigen, Frieden zu den«, sondern stellt fest: »Die Würde des dürfen humanitäre Krisen nicht aus setzentwürfe der Bundesregierung. Da tung der Folter (CPT) des Europarates, bewahren und die Verwirklichung Menschen ist unantastbar«. den Augen verlieren, sondern müssen ich nicht für alle menschenrechtlichen UN-Unterausschuss zur Verhütung der Menschenrechte zu unterstüt- Jeder, der Menschenrechte anrührt, zur Lösung dieser beitragen. Wenn die Verträge zuständig bin, sondern nur von Folter (SPT), deutsche Nationale zen. verletzt sie. Zu Menschenrechten kann Verlässlichkeit von internationalen für diejenigen, die ihren Schwerpunkt Stelle zur Verhütung von Folter, Euro- • Wir müssen überall da, wo es nötig man daher auch keine Meinung haben. Regeln und die Fähigkeit für multila- in den »klassischen« Freiheits- und päische Kommission gegen Rassismus ist, für die Verbesserung rechtsstaat- Entweder man achtet sie und liegt rich- terale Lösungen infrage stehen, muss Gleichheitsrechten haben, bin ich mit und Intoleranz (ECRI). Schließlich licher Strukturen eintreten. Dazu tig oder man verletzt sie und liegt falsch. Europa bereit sein, die liberale Welt- meinem Team seit den er Jahren arbeite ich mit der EU-Grundrechte- gehören auch gute Bedingungen für Es gibt keine Menschenrechte light. ordnung zu verteidigen. im Bundesministerium der Justiz und agentur in Wien und dem Deutschen eine unabhängige nationale und in- Die Unveräußerlichkeit von Men- Es kommt auf unseren eigenen Wer- für Verbraucherschutz (BMJV) ange- Institut für Menschenrechte in Berlin ternationale Justiz und für Behörden, schenrechten setzt gleichzeitig deren tekompass in Europa an, uns diesen siedelt. zusammen. zu deren Aufgaben die Einhaltung universelle Anwendbarkeit voraus. Entwicklungen gemeinsam entgegen- Konkret heißt das: Ich bin Ver- Mein Auftrag ist zunächst, auf der der Menschenrechte gehört. Menschenrechte sind für die Menschen zustellen, sowie uns immer wieder zu fahrensbevollmächtigte der Bun- europäischen und internationalen • Menschenrechte müssen umgesetzt auf der ganzen Welt Wegweiser und vergewissern und zu hinterfragen, wie desregierung vor dem Europäischen Ebene darzulegen, dass Deutschland werden – und zwar immer: Sie sind Orientierungspunkt im Kampf um ein wir Menschenrechte in neue Zeiten Gerichtshof für Menschenrechte in sich nicht nur auf die Menschenrech- Rechte auch und gerade für Min- menschenwürdiges Leben. Sie sind aus übersetzen und an neue Herausforde- Straßburg; mein Team und ich vertre- te verpfl ichtet hat, sondern dies auch derheiten und für Menschen, die dem Bewusstsein der Menschen nicht rungen anpassen können. Wir müssen ten die Bundesregierung in Verfahren umsetzt. Die wichtige Kehrseite: Auf sich z. B. etwas haben zuschulden mehr wegzudenken. Das haben wir in für uns begreifen: Der Kampf für die gegen Deutschland in Schriftsätzen der nationalen Ebene frage ich zur Er- kommen lassen und denen der  Jahren bereits erreicht. Menschenrechte, für Werte wie Frei- und Plädoyers, schließen Vergleiche stellung der Berichte und aufgrund der Mainstream der Politik nicht zu- Ein Bewusstsein allein für das Kon- heit, Demokratie und Rechtsstaatlich- und sorgen für die Umsetzung der Ur- Anforderungen der internationalen gutekommt. zept der Menschenrechte reicht aller- keit, ist der Kampf von uns allen, der teile in Deutschland. Ich trete auch vor Mechanismen regelmäßig ab, in wel- dings nicht aus. Denn nur wer die Men- Kampf für universelle, europäische Vertragsausschüssen, den »Treaty Bo- cher Form die Menschenrechte um- Almut Wittling-Vogel ist die schenrechte kennt und verinnerlicht, Werte. Ein Kampf für die Annäherung dies« der Vereinten Nationen in Genf gesetzt werden und bringe ggf. nötige Beauftragte der Bundesregierung kann diese verteidigen und weiterent- und die Anschlussfähigkeit in einer auf. Auch hier gibt es Beschwerden von Verbesserungen zur Sprache. Dadurch für Menschenrechtsfragen und leitet wickeln. Ohne konkretes Wissen über vernetzten Welt. Einzelpersonen. Vor allem erstellen wir und durch die Prüfung der Gesetz- die Unterabteilung für Menschen- die Kraft von Menschenrechten bleiben jedoch die deutschen Staatenberich- entwürfe und sonstiger Projekte der rechte, Völkerrecht und Grundsatz- Menschenrechte nur eine Formel von Gyde Jensen, MdB ist Vorsitzende te, erläutern diese in einer Anhörung Bundesregierung auf die Vereinbar- fragen des EU-Rechts im Bundes- leeren Versprechungen. des Ausschusses für Menschenrechte und beantworten kritische Fragen der keit mit den Menschenrechten tragen ministerium der Justiz und für Eine Vorreiterrolle kommt hier den und humanitäre Hilfe im Deutschen Ausschüsse. Das gilt für den Pakt über mein Team und ich zur Einhaltung der Verbraucherschutz Mitgliedern des Sicherheitsrates der Ver- Bundestag Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  MENSCHENRECHTE & KULTUR 21

»Blinde Flecken« identifizieren Bundesverfassungsgericht

ANDREAS L. PAULUS anerkannten Abstandsgebot zwischen hen solle, die mangels Einsichtsfähig- Sicherungsverwahrung und Strafvoll- keit keinen freien Willen bilden kön- ie Menschenrechte nehmen zug höhere Anforderungen ableitete, nen und sich in hilfl oser Lage befi nden. eine herausragende Stellung als es dies noch im Jahre  getan Der Entscheidung des Bundesverfas- D im Grundgesetz ein. Die Prä- hatte. sungsgerichts zufolge verlangt die ambel betont die Verantwortung »vor Andererseits ist zu bedenken, dass Behindertenrechtskonvention nicht, Gott und den Menschen«, Art.  Abs. der EGMR über die Einhaltung der jene Menschen ihrem Schicksal zu  des Grundgesetzes (GG) erklärt die EMRK in  Staaten mit ganz unter- überlassen, und steht folglich einer Menschenwürde für unantastbar und schiedlichen Rechtssystemen und -tra- Zwangsbehandlung unter strengen nach Art.  Abs.  GG bekennt sich ditionen wacht, sodass nicht jede In- verfassungs- und menschenrechtli- das deutsche Volk »darum zu un- terpretation des Gerichtshofs schema- che Voraussetzungen nicht entgegen. verletzlichen und unveräußerlichen tisch auf die deutsche Rechtsordnung Die Ansichten des Ausschusses, der Menschenrechten als Grundlage je- übertragbar ist. Eine Illustration bietet kein Gericht ist, sind zwar zu berück- der menschlichen Gemeinschaft, des die Diskussion um ein Streikverbot für sichtigen, legen aber die Behinderten- Friedens und der Gerechtigkeit in der Beamte: Der EGMR hatte entschieden, rechtskonvention mit Verbindlichkeit Welt«. Art.  GG wird zudem von der dass das Streikverbot für Beamte in für die Gerichte aus. sogenannten Ewigkeitsklausel des Art. der Türkei gegen die EMRK verstieß. Wie diese Beispiele illustrieren, be-  Abs.  GG erfasst, was bedeutet, dass Das Bundesverfassungsgericht setzte steht die Herausforderung für Verfas- eine Änderung des Grundgesetzes die sich mit den Argumenten des EGMR sungsrichter darin, die Auslegung von in Art.  GG niedergelegten Grundsätze ausführlich auseinander und hob da- Menschenrechten durch internationa- nicht berühren darf. bei die besondere Rechtsstellung der le Spruchkörper einzubeziehen und Der internationale Menschen- deutschen Beamten gegenüber dem mit den Besonderheiten der eigenen rechtsschutz hat sich in den vergan- Staat hervor. Es kam schließlich zu Rechtsordnung in Beziehung zu set-

genen Jahrzehnten insbesondere dem Ergebnis, dass auch gemessen zen. Auf diese Weise können vertrau- NATIONS UNITED FOTO: durch internationale Spruchkörper an den Anforderungen des EGMR das te Praktiken des eigenen Rechtssys- sehr erfolgreich entwickelt. Deren Streikverbot in Deutschland weder die tems hinsichtlich des Umgangs einer Auswirkungen und die inhaltliche EMRK noch das Grundgesetz verletzte. Mehrheit mit einer Minderheit oder Ausrichtung des Grundgesetzes auf Ein anderes Verfahren warf die mit einem Einzelnen kritisch hinter- die Menschenrechte zeigen sich in der Frage auf, ob die Zwangsbehandlung fragt und »blinde Flecken« identifi - Kritische Begleiter Arbeit von Bundesverfassungsrichtern von Betreuten, denen schwerwiegende ziert werden. Gleichzeitig wird dabei in vielfältiger Weise. Die Europäische gesundheitliche Beeinträchtigungen berücksichtigt, dass die Gesetzgebung Forum Menschenrechte Menschenrechtskonvention (EMRK) drohen und die die Notwendigkeit der das Ergebnis eines durch Wahlen le- in der Auslegung des Europäischen erforderlichen ärztlichen Maßnahme gitimierten demokratischen Prozesses MICHAEL KRENNERICH stil. Zugleich sind die Demokratien Gerichtshofs für Menschenrechte nicht erkennen oder nicht nach die- ist, der hier zu anderen Lösungen als einem »Stresstest« ausgesetzt, wenn (EGMR) etwa ist nicht »nur« anwend- ser Einsicht handeln können, gegen bei unseren Nachbarn führen kann; ls Teil der Zivilgesellschaft Rechtspopulisten an Stärke gewinnen bares und damit für staatliche Gerich- menschenrechtliche Verpfl ichtungen Lösungen, die sich aber stets an den setzen sich nicht staatliche oder gar an die Macht gelangen. Der te wie auch Behörden verbindliches der Bundesrepublik aus der UN-Be- Menschenrechten messen lassen müs- Menschenrechtsorganisatio- menschenrechtliche Grundkonsens Recht, sondern wird darüber hinaus, hindertenrechtskonvention verstößt. sen. Für Deutschland verbindliche Ent- A nen in großer Zahl und weit- scheint vielerorts zu bröseln und es anders als einfaches Gesetzesrecht, Zwar kritisierte der auf Grundlage die- scheidungen internationaler Gerichte hin vernehmbar für die Menschenrech- zeigt sich, dass menschenrechtliche bei der Auslegung des Grundgesetzes ses Vertrages errichtete Ausschuss für haben hierbei ein besonderes Gewicht. te ein und vernetzen sich. Im Anschluss Errungenschaften nicht unumkehrbar berücksichtigt, das heißt, dass Abwei- die Rechte von Menschen mit Behin- Auf diese Weise verhilft die Anwen- an die Weltmenschenrechtskonferenz sind – in Zeiten von Sicherheitsängs- chungen einer verfassungsrechtlichen derungen das Betreuungssystem des dung des Grundgesetzes den Men- von  gründete sich im Januar  ten, rechtspopulistischen Tabubrüchen Begründung bedürfen. Dies führte deutschen Rechts und empfahl, alle schenrechten zu ihrer Durchsetzung. auch in Deutschland mit dem Forum sowie globalen Flucht- und Migrations- in Verfahren über die nachträgliche ersetzenden Entscheidungen abzu- Menschenrechte ein bundesweiter Zu- bewegungen. Verlängerung von Sicherungsver- schaff en und ein System der unterstüt- Andreas L. Paulus ist Richter des Bun- sammenschluss von überregional arbei- Zugleich setzte weltweit ein Boom wahrungen im Jahre  dazu, dass zenden Entscheidung an ihrer Stelle desverfassungsgerichts und Inhaber tenden Nichtregierungsorganisationen neuer oder verschärfter Gesetze und das Bundesverfassungsgericht unter treten zu lassen. Allerdings hatte der des Lehrstuhls für Öff entliches Recht, (NRO), die sich für einen verbesserten Verordnungen ein, die missbraucht Verweis auf die Rechtsprechung des Ausschuss keine Antwort auf die Frage insbesondere Völkerrecht, an der Menschenrechtsschutz innerhalb und werden, um die Handlungsspielräu- EGMR aus dem verfassungsrechtlich gegeben, was mit Menschen gesche- Georg-August-Universität Göttingen außerhalb Deutschlands stark machen. me für eine kritische, pluralistische Die gemeinsame Arbeit der heute Zivilgesellschaft einzuschränken. Dazu rund  deutschen NROs zielt darauf zählen Anti-Terror-, Sicherheits- und ab, die nationale und internationa- Strafgesetze ebenso wie gesetzliche le Politik von Bundesregierung und und administrative Aufl agen für NROs, Brücken schlagen Bundestag aus menschenrechtlicher Versammlungen und (soziale) Medien. Deutsches Institut für Menschenrechte Sicht kritisch zu begleiten. Auch soll in Besonders betroff en sind Menschen- Deutschland das Bewusstsein für Men- rechtsverteidigerinnen und -verteidi- BETTINA HILDEBRAND der UN-Kinderrechtskonvention und den Vereinten Nationen proklamiert schenrechtsfragen geschärft und auf ger. Vielerorts machen Regierungen hat hierfür entsprechende Monitoring- wurden, heute mehr denn je zu be- die Lösung hiesiger Menschenrechts- und Medien gezielt Stimmung gegen as Deutsche Institut für Men- Stellen eingerichtet. Es ist als gemein- kräftigen. Demokratische, freiheitliche probleme hingearbeitet werden. Im sie, diff amieren sie als »Vaterlands- schenrechte (DIMR) nimmt in nütziger Verein organisiert und wird und gerechte Gesellschaften sind nicht Rahmen des Netzwerkes werden zudem verräter«, »Nestbeschmutzer« und D der hiesigen Menschenrechts- vom Deutschen Bundestag sowie – für zum Nulltarif zu haben. Dazu braucht gemeinsame Menschenrechtsvorhaben »ausländische Agenten« oder krimi- architektur als unabhängige Nationale einzelne Projekte – aus Drittmitteln es starke Menschenrechtsakteure in durchgeführt. nalisieren sie als Straftäter oder Ter- Menschenrechtsinstitution Deutsch- fi nanziert. Politik und Gesellschaft, die sich für Die Arbeit des Forum Menschen- roristen. Zugleich verbitten sich nicht lands – siehe Paragraf  DIMR-Gesetz Das Institut versteht sich auch als die Rechte aller Menschen einsetzen rechte wird in einem Koordinierungs- nur Autokraten eine Einmischung von – eine besondere Rolle ein. Gemäß den Forum für den Austausch zwischen und rassistischer Hetze und Gewalt kreis abgestimmt und von Arbeitsgrup- außen und unterbinden mittels NRO- Pariser Prinzipien der Vereinten Nati- Staat, Zivilgesellschaft, Wissenschaft, entschieden entgegentreten. pen getragen, die sich mit vielfältigen Gesetzen die ausländische Unterstüt- onen hat das Institut die Aufgabe, eine Praxis und nationalen wie internati- Doch gerade zivilgesellschaftliche Menschenrechtsthemen beschäftigen. zung von lokalen Menschenrechtsor- Brücke zwischen den nationalen und onalen Akteuren. Mit den Menschen- Menschenrechtsakteure geraten zu- Das Themenspektrum reicht von der ganisationen. internationalen Menschenrechtsga- rechtsgremien der Vereinten Nationen, sehends unter Druck. Wer sich für die Arbeit der UN-Menschenrechtsinsti- Die große Herausforderung besteht rantien zu schlagen. So berät es die des Europarates und der Europäischen Menschenrechte einsetzt, wird zuneh- tutionen und den Forderungen nach darin, unter solch widrigen Bedingun- Politik in Bund und Ländern, die Justiz, Union arbeitet es eng zusammen. Es mend bedroht, inhaftiert, überwacht einer menschenrechtsbasierten Au- gen die Menschenrechte zu verteidigen Anwaltschaft, Wirtschaft sowie zivil- ist Mitglied im Weltverband der Nati- – und manchmal sogar ermordet. Das ßen-, Friedens-, Wirtschafts- und Ent- und alte wie neue menschenrechtli- gesellschaftliche Organisationen bei onalen Menschenrechtsinstitutionen geschieht weltweit, auch hier in Euro- wicklungspolitik über die Rechte von che Probleme anzugehen, die sich aus der Umsetzung der internationalen (GANHRI), dessen Vorsitz die Insti- pa. Der Bericht des UN-Generalsekre- Kindern, Frauen und LGBTI* bis hin politischen Konfl ikten, globalem wirt- Menschenrechtsabkommen. tutsdirektorin Beate Rudolf von  tärs von August  über repressive zum Schutz von Flüchtlingen und zur schaftlichen Handeln, krasser sozialer Das Institut berichtet dem Deut- bis  innehat, und des Europäi- Maßnahmen von Staaten gegenüber Antirassismusarbeit in Deutschland. Ungleichheit, Umweltzerstörungen, schen Bundestag und verfasst Stel- schen Dachverbands (ENNHRI). Menschenrechtsverteidigern und Besondere Bedeutung wird der Unteil- Flucht und Migration oder auch aus lungnahmen für nationale wie in- Wir beobachten derzeit in Deutsch- Organisationen, die mit Menschen- barkeit der bürgerlichen, politischen, technischen Entwicklungen ergeben, ternationale Gerichte sowie interna- land und Europa, dass Hass und Ge- rechtseinrichtungen der Vereinten wirtschaftlichen, sozialen und kultu- etwa in der Medizin und der digita- tionale Menschenrechtsgremien. Es walt gegen Menschen geschürt oder Nationen kooperiert haben oder ko- rellen Menschenrechte beigemessen. len Kommunikation. Dazu bedarf es unterstützt Bildungsakteure bei der Menschen durch rassistische Zuschrei- operieren wollten, spricht Bände. Wie Der Optimismus der er Jahre, entschiedenen politischen Handelns, Verankerung von Menschenrechten bungen abwertet und ausgrenzt oder der Handlungsspielraum für die Zivil- dass sich Demokratie und Menschen- starker Menschenrechtsinstitutionen in der Aus-und Fortbildung für men- Menschenrechte völkisch vereinnahmt, gesellschaft erhalten und verteidigt rechte weltweit ausbreiten würden, und einer wachsamen Zivilgesellschaft. schenrechtssensible Berufe sowie bei also nur den eigenen Staatsangehö- werden kann, ist eine der großen Her- ist angesichts einer veränderten po- der Ausgestaltung der schulischen und rigen zuerkannt werden. Diese Ent- ausforderungen der kommenden Jahre. litischen Großwetterlage inzwischen Michael Krennerich ist Vorsitzender außerschulischen Menschenrechts- wicklungen machen es notwendig, die verfl ogen. Selbstbewusst setzen sich des Nürnberger Menschenrechtszen- bildung. Das Institut begleitet und jedem Menschen gleichermaßen zu- Bettina Hildebrand ist Pressespre- Autokraten über Menschenrechte trums (NMRZ) und Mitglied des überwacht zudem die Umsetzung der stehenden Rechte, wie sie vor  Jah- cherin des Deutschen Instituts für hinweg und propagieren off en ihren Koordinierungskreises des Forums UN-Behindertenrechtskonvention und ren mit der Allgemeinen Erklärung von Menschenrechte illiberalen, autoritären Herrschafts- Menschenrechte 22 MENSCHENRECHTE & KULTUR www.politikundkultur.net

Eine Kultur der gelebten Menschenrechte Menschliche Begegnungen ermöglichen

KÜBRA GÜMÜŞAY politische Ziele verfolgen. Sie sollen oder Menschen auf der Flucht mit einer nische Väter so gewalttätig seien und einem einzigen Roman reduziert. Ihm Menschen dort erreichen, wo sie die Po- Naturkatastrophe zu vergleichen, als verweist auf eine ihrer Romanfi guren. fällt es nicht auf, weil diese Geschich- m Jahr  schrieb der Museums- litik off ensichtlich nicht mehr erreichen »Flüchtlingswelle« zu bezeichnen und Sie antwortet, seufzend, dass auch sie te »die Geschichte« ist, die »er« kennt. direktor und Kulturwissenschaft- kann.« Außerdem schrieb er: »Nein, ge- sie dabei zu entmenschlichen. Doch es kürzlich ein Buch gelesen habe: »Ame- Was aber »wissen« wir über Minder- ler Martin Roth einen Gastbeitrag rade jetzt, in Zeiten wie diesen, wäre muss nicht illegal sein, damit wir er- rican Psycho«. Und dass es so traurig sei, heiten hier, in Deutschland? Wie fa- I in »Die Zeit« und träumte darin es grundverkehrt, die Direktoren und kennen, wie damit Menschen und ihre dass junge Amerikaner massenhaft zu cettenreich ist unsere Darstellung von vom »intellektuellen Widerstand«. Ich Kuratoren vorschnell aus der Verant- Rechte rhetorisch verletzt werden. Die- Serienmördern werden würden. schwarzen Söhnen, migrantischen Vä- war beeindruckt und bedankte mich wortung zu entlassen. Wer ein Museum, se Worte demonstrieren uns, welche tern und muslimischen Großmüttern? bei ihm in einer E-Mail. Er antwortete eine Sammlung leitet, darf nicht nur Macht in Worten liegt. Welche Macht Was passiert mit einer Gesellschaft, in schnell – wir hoff ten auf ein Treff en, die konservatorischen Belange im Blick in den Geschichten, die erzählt und »Wer ein Museum der sich unterschiedliche Menschen- das leider nie zustande kam.  ist haben, sondern ebenso die moralischen gehört werden. leitet, darf nicht nur gruppe nie menschlich begegnen – auch er nach kurzer schwerer Krankheit ver- und ethischen Werte.« Die Schriftstellerin Chimamanda die konservatorischen nicht über Kunst und Kultur? Gehen storben. Und obwohl ich ihn nie per- Orte, die Kultur beleben und prägen, Ngozi Adichie beschreibt in ihrer Rede sie jeweils über die Geschichte des Kri- sönlich kennen gelernt habe, war und beleben und prägen unser Miteinander. »The Danger of a Single Story« - »Die Belange im Blick minellen, des Gewalttätigen und der bin ich nachhaltig bewegt durch seine Sie bringen Menschenrechte zum Le- Gefahr der einen einzigen Geschich- haben, sondern eben- Unterdrückten hinaus? Worte. Er war ein Mensch, der schon ben, prägen ihr Ausleben. Denn Men- te«, was es mit einem gesamten Kon- so die moralischen Wie kann es gelingen, einen Men- sehr früh Worte formulierte, die in der schenrechte dürfen nie nur Formalia tinent machen kann, wenn dieser nur und ethischen Werte« schen im Menschen zu sehen, wenn er gegenwärtigen politischen Situation mit sein. Gesetze sind die Fundamente, un- auf eine Geschichte reduziert wird. medial stets über »eine« Geschichte jedem Tag mehr an Bedeutung gewin- verzichtbar. Doch es darf nie nur aus- Adichies Rede beginnt mit Fide, einem – eine entmenschlichende, stark ver- nen. Ein Mensch, der die Verantwortung schließlich um diese gehen. Sondern jungen Mann, der bei ihrer Familie im Aus Horrorfi lmen oder Psycho-Thrillern zerrte, stereotypisierende, negative von Kultur für Menschenrechte und das auch um das Ausbilden, eines gesun- Haushalt arbeitet und für sie als Kind würden wir keine Rückschlüsse über Geschichte – in unsere Wahrnehmung gesellschaftliche Zusammenleben in den und selbstbewussten Vertrauens immer nur der »arme Fide« gewesen ist. die gesamte US-amerikanische Gesell- gelangt? Irgendwann, irgendwann hö- einer Präzision auf den Punkt brachte, in den eigenen, inneren moralischen Als sie ihn und seine Familie in seinem schaft ziehen. Denn unsere Wahrneh- ren Menschen auf, Menschen zu sein. wie kaum jemand anderes in den letzten Kompass von Recht und Unrecht. Ein Dorf besucht, lernt sie ihn gänzlich neu mung der US-amerikanischen Gesell- Und das ist das Fundament für Hass. Jahren.  verließ er seinen Posten als Kompass der Gleichheit aller Menschen, kennen: Er ist nunmehr nicht »der arme schaft ist facettenreicher, wenn auch Damit wir Menschenrechte leben Direktor des renommierten Victoria & der selbst dann anschlägt, selbst wenn Fide«, sondern weitaus mehr, nämlich nur aufgrund von US-amerikanischen können, müssen wir den Menschen im Albert Museum in London, das er seit ihre Verletzung legal ist. das Kind einer lustigen, musikalischen, Film-, Serien-, Musik-, Literatur- und Gegenüber, im Fremden entdecken. Wir  erfolgreich geführt hatte, vorzeitig, Es braucht eine Kultur der gelebten herzlichen, anpackenden Familie. Jah- Kunstproduktionen. Wir kennen also müssen einander menschliche Begeg- als über den Brexit entschieden worden Menschenrechte. Eine, die intrinsisch, re später als Chimamanda in den USA verschiedene Geschichten, wie es ist, nungen ermöglichen. Durch Geschich- war. Für ihn, so sagte er, war das eine durch Ideale, durch Moral motiviert studiert, wird sie selbst, Tochter einer dort geboren zu werden, zu leben, zu ten, Erzählungen, durch eine plurale, ganz persönliche Niederlage. ist – und nicht ausschließlich über ihre Akademikerfamilie, lediglich als ein sterben, von den Toten zu erwachen, bewusste, prägende Kunst und Kultur. In dem Gastbeitrag, der mich be- Grenzen, das Grenzwertige, den Grau- bemitleidenswertes Mädchen aus Af- sich zu verlieben und betrogen zu wer- Eine Kultur des Lebens. Des Erlebens. wegte, forderte er Kulturdiplomatie: bereich. Die Angst vor der Strafe. Die rika gesehen. Später als Autorin und den. Diesem Studenten fällt es hinge- Der Menschen. Und ihrer Rechte. »Museen, Theater und andere Kul- Angst vor dem Erwischtwerden. Dozentin an einer amerikanischen Uni- gen nicht einmal auf, wie er noncha- turinstitutionen sollen neben ihren Es ist nicht illegal in unserer Gesell- versität erklärt ihr ein Student, dass er lant Millionen Väter eines gesamten Kübra Gümüşay ist Journalistin, eigentlichen Aufgaben auch weiche schaft von »Ankerzentren« zu sprechen es sehr bedauerlich fi ndet, dass afrika- Kontinents auf eine einzige Figur aus Bloggerin und Netz-Aktivistin FOTOS: UNITED NATIONS UNITED FOTOS: Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  MENSCHENRECHTE & KULTUR 23

Freie Teilhabe am kulturellen Leben

Zugang für alle ermöglichen ORTE DER KULTUR UND Zentral- und Landesbibliothek Berlin MENSCHENRECHTE: FREIE TEILHABE AM KULTURELLEN LEBEN VOLKER HELLER rausforderungen und weitere Verbes- Teilhabe an der digitalen Gesell- serungen in unserer Zugänglichkeit, schaft und befördern die »digitale Artikel  der UN-Menschenrechts- erfreuen und am wissenschaftlichen er Artikel  zur Freiheit denn Barrieren können sehr vielfältig Spaltung«. Wir bieten Zugang zur konvention gewährleistet unter an- Fortschritt und dessen Wohltaten des Kulturlebens der UN- sein, z. B.: Technologie sowie die Beratung zum derem die Freiheit des Kulturlebens: teilzuhaben.« Politik & Kultur hat drei Menschenrechtskonventi- • fi nanzieller Natur: Dagegen stehen Umgang damit. Die ZLB verleiht »Jeder Mensch hat das Recht, am ausgewählte Kultureinrichtungen in D on besagt, dass jeder das die extrem günstigen Konditionen auch Tablets und E-Book-Reader kulturellen Leben der Gemeinschaft Deutschland gefragt, wie sie diesen Recht hat, »am kulturellen Leben der des Verbunds der öff entlichen Bib- an unsere Nutzer, sodass diese zu frei teilzunehmen, sich der Künste zu Artikel  mit Leben füllen. Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich liotheken mit einem Entgelt Hause den Umgang damit vertiefen an den Künsten zu erfreuen und am von  Euro pro Jahr für den Biblio- können. wissenschaftlichen Fortschritt und theksausweis. Unser Publikum ist ein Abbild un- dessen Errungenschaften teilzuhaben«. • baulicher Natur bzw. des räum- serer vielfältigen Stadtgesellschaft. Das klingt fast so, als sei es direkt lichen Ambientes: Bibliotheken Angesichts der enormen Reichwei- aus einem Leitfaden für die Arbeit öf- müssen baulich und von der Aus- te kann die ZLB ein den Werten von fentlicher Bibliotheken abgeschrieben. stattung so gestaltet sein, dass sich Aufklärung und liberaler Demokra- Genau das macht die Funktion öff ent- die Bürger eingeladen, einbezogen, tie verpfl ichteter Resonanzraum für licher Bibliotheken aus: allen Teilen willkommen und wohlfühlen. Das ist kommunale Themen und Diskurse der Bevölkerung möglichst barriere- eine permanente Herausforderung sein. freie Teilhabe zu ermöglichen – an für uns – gerade angesichts vieler Die im Artikel  angemahnte Teil- Wissen, Informationen und aktuellen Jahre Sparpolitik in Kommunen mit habe bedeutet für uns als Bibliothek Diskursen, an den Früchten der Auf- deutlichen Erscheinungen der Ver- auch, unseren öff entlichen Raum der klärung und den in Wort, Bild und Ton nachlässigung und des Verschleiß Stadtgesellschaft zur Mitgestaltung verfassten Geschichten unserer Zeit an Bibliotheksgebäuden. Die ZLB zu öff nen. Weit über die traditionelle sowie die Nutzung entsprechender – Funktion hinaus, bieten wir der Bevöl- auch digitaler – Zugänge und Tech- kerung permanent öff entlich nutzba- nologien. Teilhabe bedeutet ren und integrativen Raum zum Teilen Die Zentral- und Landesbibliothek von Wissen sowie die (Mit-)Gestaltung Berlin (ZLB) ist die größte öff entliche riesige Herausforde- unserer Programmarbeit in unseren Bibliothek Deutschlands und fühlt sich rungen und zugleich Räumen. So hat die ZLB z. B. der Bay- dieser Aufgabe zutiefst verpfl ichtet. enorme Chancen natna, einer aus der Arbeit von und mit Kern unserer Arbeit ist das Teilen von Gefl üchteten entstandenen arabisch- Wissen, Bildung und Kultur, der ent- deutschen Bibliotheksinitiative Räu- sprechenden Medien, der Technologi- arbeitet laufend an der Gestaltung me in unserer Institution gegeben, die en und des Raums für die Aneignung. und Weiterentwicklung eines auf- selbständig von der Initiative gestaltet So unterstützt die Bibliothek die indi- enthaltsfreundlichen Ambientes. und bespielt werden. viduelle, emanzipatorische Entwick- • sprachlicher Natur: Sich als Besu- Art der Teilhabe durch Mitgestal- lung der Einzelnen genauso wie die cher angenommen zu fühlen und tung bedeutet sowohl riesige Her- Sicherung und Weiterentwicklung un- zurechtzufinden, wenn man der ausforderungen für die Bibliotheken seres demokratischen Gemeinwesens. deutschen Sprache nur bedingt als auch enorme Chancen; richtig Kein anderer öff entlicher, von der mächtig ist, bedeutet eine große ausgeschöpft liegt in der so genutz- Stadt getragener Ort wird so stark Herausforderung für unser Personal. ten bibliothekarischen Infrastruktur frequentiert wie Bibliotheken. Allein Entsprechend laufende Kompetenz- ein enormes Potenzial für die gesell- die ZLB hat mittlerweile jährlich , erweiterung und die zunehmende schaftliche und städtische Entwick- Millionen Besuche, Berlins öff entliche Diversität unseres Personals sind – lung. Eine bessere Verwirklichung Bibliotheken gemeinsam mehr als  neben unseren klassischen Angebo- des Teilhabeanspruchs aus Artikel  Millionen. Diese enorme Frequenz ten zur Schreib- und Leseförderung der UN-Menschenrechtskonvention belegt die aktive Nutzung unseres – die richtigen Wege, diese Barriere als durch solche Bibliotheksarbeit ist Angebots und zeigt die Erfolge unse- zu verkleinern. kaum vorstellbar. rer Anstrengungen, als Ort möglichst • technologischer Natur: Mangelnde »niedrigschwellig« und barrierefrei Kompetenzen im Umgang mit di- Volker Heller ist Vorstand der Stiftung zugänglich zu sein. Zugleich sind wir gitalen Endgeräten verhindern für Zentral- und Landesbibliothek Berlin

sehr wachsam und aktiv für neue He- einen Teil unserer Bevölkerung die (ZLB) NATIONS UNITED FOTO:

Selbstverständliche Diversität Bundeskunsthalle

REIN WOLFS lentliche Vielfalt geht aus dem Artikel stehen. Handlungsbetonte, einbezie- der einen echten Dialog auszeichnet. sammeln, die als Zusatz in Ausstellun-  der UN-Menschenrechtskonvention hende Elemente in Ausstellungen stär- Ähnliche und äußerst intensive Au- gen zur Anwendung kamen, wie etwa n Deutschland gibt es nur eine zur Freiheit des Kulturlebens hervor, ken die Möglichkeit zur Identifi kation genblicke der Berührung entstanden Tastmodelle, Hörstationen und ande- Kunst- und Ausstellungshalle. demzufolge jeder das Recht hat, »am der Besucherinnen und Besucher, weil auch bei der letztjährigen Bühnenper- re sensuelle Elemente. In den letzten I Obwohl wir uns mittlerweile in kulturellen Leben der Gemeinschaft frei sie zur Bewusstwerdung beitragen; teil- formance »Gala« von Jérôme Bel, bei Jahren erprobten und entwickelten wir der Kommunikation nach außen etwas teilzunehmen, sich an den Künsten zu nahmeorientierte Angebote stärken das der die Darstellerinnen und Darsteller federführend mit drei anderen muse- prägnanter als Bundeskunsthalle be- erfreuen und am wissenschaftlichen Engagement und fördern das Kunst- sämtlich Laien waren, die in Köln und alen Einrichtungen im Projekt »Pilot zeichnen, lohnt es sich bei der Defi nition Fortschritt und dessen Errungenschaf- verständnis, ohne klassisch didaktisch Bonn vom Künstler gecastet wurden Inklusion« derartige Module. In den des eigenen Selbstverständnisses die ten teilzuhaben«. Als bundespolitische zu agieren. Gute Beispiele waren die und auf diese Weise unterschiedlichste nächsten Jahren werden wir dies ge- offi zielle Bezeichnung zu refl ektieren. Gründung zu den Zeiten der großen Übersichtsausstellungen zum Œuvre soziale und kulturelle Einfl üsse zusam- meinsam mit sieben anderen Institu- Die Kunst- und Ausstellungshalle der deutschen Wende fühlen wir uns in der der Choreografi n Pina Bausch im Jahr menbrachten. tionen im Projekt »Verbund Inklusion« Bundesrepublik Deutschland ist wie Bundeskunsthalle nicht nur der Idee  oder zur Performancekünstlerin weiter ausbauen. Gleichzeitig arbeiten kaum eine andere Ausstellungsein- eines wiedervereinigten Deutschlands, Marina Abramović in diesem Jahr. Bei wir an einem größeren Vorhaben im richtung für einen ungemein vielfäl- sondern auch der Vision einer Völker- beiden – stark immersiven – Ausstel- Bereich Integration und versuchen auf tigen Aufgabenbereich vorgesehen: gemeinschaft grundsätzlich und aus lungen wurde der einzelne Besucher in- Mit einer diversen diese Weise, die Felder Inklusion und Als Kunsthalle konzipieren wir Kunst- Überzeugung verpfl ichtet. Möglichst tensiv einbezogen, mitunter auch emo- Skala an Ausstellungs- Integration auf eine Weise zusammen ausstellungen; als Ausstellungshalle inklusiv wollen und sollen wir daher tional gefordert und auf diese Weise in projekten ein ebenso zu denken, die den Begriff Diversität als verantworten wir Ausstellungen aus an- denken und handeln. seiner Individualität ernst genommen. diverses Publikum eigentliches Ziel und Ausgangspunkt deren wissenschaftlichen und kulturel- Inklusion ist bei uns seit einiger Zeit Mit »Touchdown. Eine Ausstellung unseres Handelns spürbar werden lässt. len Bereichen und zu weiteren Themen mehr als nur eine politisch getragene mit und über Menschen mit Down- ansprechen Für die Kunst- und Ausstellungshalle von gesellschaftlicher Relevanz. Und Ambition; sie steht gemeinsam mit Syndrom« gelang es uns vor zwei Jah- der Bundesrepublik Deutschland ist der zwar immer mit dem Anspruch eines Integration unter dem Dachbegriff Di- ren außerdem, ein breites Publikum zu Artikel  die Grundvoraussetzung für deutschlandweiten Sendungsbewusst- versität an oberster Stelle unserer pro- erreichen, das zu einem großen Teil Waren bei Pina Bausch, Marina ihre gesellschaftspolitische Relevanz. seins und mit einem internationalen grammatischen und vermittelnden Ar- gänzlich neue Erfahrungen machen Abramović, »Gala« und »Touchdown« Diversität ist unser Selbstverständnis. Selbstverständnis. beit. Bei der Programmgestaltung ach- konnte. Bei den Tandemführungen Ausstellung, Performance und Vermitt- Mit einer sehr diversen Skala an ten wir sehr bewusst auf eine Mischung von jeweils einer Person mit und einer lung untrennbar und fast unmerklich Rein Wolfs ist Intendant der Kunst- Ausstellungsprojekten spricht die von Ausstellungen und Veranstaltun- Person ohne Down-Syndrom konnte miteinander verknüpft, so konnten wir und Ausstellungshalle der Bundes- Bundeskunsthalle bewusst ein ebenso gen, bei denen auch partizipative und der magische Moment unmittelbaren in anderen Zusammenhängen auch Er- republik Deutschland (Bundeskunst- diverses Zielpublikum an. Diese wil- performative Ansätze im Vordergrund Erlebens und Verständigens gelingen, fahrungen mit Vermittlungsmodulen halle) 24 MENSCHENRECHTE & KULTUR www.politikundkultur.net

Menschenrechte auf der Bühne Künstlerische Teil- eine andere: Es wurde über die Hartmann: Vor allem in den Ziel bzw. die kulturelle Praxis, habe ist bei Theater Kunstfähigkeit von Menschen letzten Jahren ist ein enorm die wir gemacht und als For- mit Behinderung gesprochen, großes Interesse von Künst- derung nach außen postuliert Thikwa von Beginn an was heutzutage schon als lern aus der Freien Szene da, haben. Ohne das als Men- selbstverständlich Ausdruck ein absolutes No-Go mit uns zusammenzuarbeiten schenrecht zu betiteln, haben ist. Wir haben uns mit der kla- und damit neue Erfahrungen wir dieses Menschenrecht Das Berliner Theater Thikwa ren Maßgabe gegründet, dass zu machen. Wenn wir jeman- eingefordert. Wir haben aber setzt das Menschenrecht auf Menschen mit Behinderungen den ansprechen, braucht es nie einen Sonderstatus bean- Teilhabe am kulturellen Leben, Künstlerinnen und Künstler keine Überredungskunst. Ganz sprucht, was sich in unserer wie es in Artikel  der Allge- sein können. Außerdem füh- im Gegenteil. Wir arbeiten mit Finanzierung aus »normalen« meinen Erklärung der Men- ren wir Künstlerinnen und hochkarätigen Künstlerinnen Kulturtöpfen widerspiegelt. schenrechte verankert ist, seit Künstler mit und ohne Behin- und Künstlern. Außerdem Wir haben immer gesagt, wir  Jahren um – als ganz selbst- derungen auf einem professi- koordinieren wir Besetzungs- sind da und gehören in den verständliche Best Practice im onellen Level zusammen. Wir anfragen anderer Theater oder Kulturbetrieb. Das war nie eine Kulturbereich. Ein Sondersta- waren das allererste Projekt in Film- und Fernsehproduktio- Bitte, sondern immer eine For- tus wurde dafür nie eingefordert, der Bundesrepublik, das eine nen für unsere Thikwas. Das derung. obwohl dieser Umstand in der professionelle Ausbildung für wird immer mehr. So fangen Hummel: Wir haben z. B. den deutschen Theaterlandschaft et- Menschen mit geistiger Behin- z. B. in diesem Monat die Pro- Martin-Linzer-Preis – einen was sehr Besonderes ist. Theresa derung im künstlerischen Be- ben für ein Theaterstück im ganz »normalen« Theaterpreis Brüheim spricht mit der Künst- reich angeboten hat. Nach wie Grips-Theater an, bei dem zwei – erhalten. Er war nicht inklusiv lerischen Leitung des Theater vor bieten wir eine Ausbildung unserer Leute mitspielen. ausgeschrieben. Das war ein Thikwa, Gerd Hartmann und in der Theaterperformance Hummel: Die theaterpädago- Zeichen dafür, dass wir längst Nicole Hummel. und im bildnerischen Bereich gisch inklusive Arbeit nimmt mittendrin im gesamtgesell- an. immer weiter zu. Wir haben schaftlichen Kulturbetrieb sind.

Theresa Brüheim: Was ist immer mehr Anfragen für Hartmann: Letztes Jahr hat NATIONS UNITED FOTO: das Theater Thikwa? Wie ist das Thikwa-Ensem- unsere Thikwa-Performer, die z. B. das Schauspielhaus Leip- Gerd Hartmann: Wir sind ein ble aufgestellt? Trainings an anderen Spiel- zig den Martin-Linzer-Preis schenrechten im Kulturbetrieb hinderung thematisieren. Als diverses Theater – ich benutze Hartmann: Wir haben ein En- stätten etc. anleiten sollen. für eine herausragende künst- hielt. Daraufhin haben wir be- Beispiel zum Umgang mit Dis- diesen Ausdruck bewusst –, in semble von  Menschen mit Hartmann: Das ist aber auf- lerische Ensembleleistung schlossen, mit ihr dieses Buch kriminierung und Stereotypi- dem Künstlerinnen und Künst- Behinderung, die alle fest an- grund unserer viel zu knap- im deutschsprachigen Raum zu machen. Darin wird unter sierung ist das Stück »Dschin- ler mit und ohne Behinderung gestellt sind. D. h., sie sind in pen Personalausstattung nur bekommen. Dieses Jahr wur- anderem deutlich, dass wir im gis Khan«, eine Koproduktion auf Augenhöhe zusammenar- der mit dem Theater kooperie- begrenzt leistbar. Denn für den wir ausgezeichnet. In der Rahmen des Bundesteilhabe- mit der Performance-Gruppe beiten. Am Ende steht meist renden Werkstatt beschäftigt. unsere Thikwas besteht außer Laudatio war keine Rede davon, gesetzes, als Arbeitsplatz für Monster Truck, zu nennen. Wir ein sehr ungewöhnliches Er- Alle Ensemble-Mitglieder ha- Haus Assistenzbedarf. Wir dass wir ein inklusives The- unsere Performerinnen und bearbeiten momentan ver- gebnis. Wir forschen immer an ben einen Fulltime-Job, der es versuchen gerade dafür neue ater sind. Die Laudatorin hat Performer extrem attraktiv stärkt Genderthemen, die auch neuen Möglichkeiten des Aus- ist, Theater zu spielen bzw. zu Modelle zu entwickeln. beschrieben, was wir machen. sind. für Menschen mit Behinderung drucks und der Begegnung. proben und im bildnerischen Das Wort »Behinderung« kam Hartmann: Wir versuchen das ein großes Thema darstellen. Nicole Hummel: Das sieht Bereich zu arbeiten. Im Zentrum der Arbeit des nicht vor. Wir haben die Lau- Ganze fl uider zu gestalten. Hartmann: Wichtig ist aber, man daran, dass sich alle Stü- Theater Thikwa steht das datorin darauf angesprochen Selbstverständlich sind wir da- dass wir kein Politik-, Ziel- cke bei uns collagenhaft und Wie sieht Ihre Arbeit am Menschenrecht auf künst- und sie hat geantwortet: »Ach, durch, dass alle unsere Mitar- gruppen- oder Sozialtheater prozessorientiert entwickeln. Theater Thikwa aus? lerische Teilhabe. Wie sind das ist mir gar nicht aufgefal- beiterinnen und Mitarbeiter in machen. Wir tragen keine Es gibt keine vorgegebenen Hummel: Der Alltag ist da- Sie auf die Idee gekommen, len«. Genau das fordern wir ein. einer Werkstatt für Menschen Fahne vor uns her. Trotzdem Manuskripte, die abgearbeitet von bestimmt, dass wir für das in Ihrer Arbeit zu veran- Aus der Forderung wird bei mit Behinderung beschäftigt geht es bei uns immer um Fra- werden. Die Stücke entstehen alle Thikwas, die nicht in kern? Umsetzung dieses Menschen- sind, an das Sozialsystem gen, wie: Wer bin ich und wo während der Proben. Es ist der Produktion sind, Trai- Hartmann: Das Menschenrecht recht. gebunden. D. h. auch, dass ist meine Position in der Ge- gewünscht, dass sich unsere nings organisieren. Es gibt auf künstlerische Teilhabe war alle unsere Mitarbeiter keine sellschaft? Wie passiert Aus- »Thikwas«, wie wir sie nennen, Performance-, Schauspiel-, für uns von vornherein ein Vielfalt und das Menschen- zusätzlichen Gelder verdienen grenzung? Wie gehe ich damit einbringen – sowohl mit Text Tanz- und Bewegungstraining, selbstverständlicher Ansatz, recht auf künstlerische Teil- dürfen. Das sind die Grenzen um? Wie geht man mit dieser als auch Bewegungsvorschlä- Dramaturgiegruppen usw. Wir den wir gar nicht als Men- habe steht auch im Zentrum unserer Arbeit. Aber wir reizen »Labelisierung« als behinderter gen. produzieren fortlaufend für schenrecht hinterfragt, son- des Buches »Theater.Rebel- alle Möglichkeiten, die dieses Mensch um? Das sind Themen zwei Bühnen, aber natürlich ist dern einfach gelebt haben. lion – Die Ausweitung der System bietet, aus. in unseren Stücken, ohne dass Wie ist das Theater Thikwa fast nie das gesamte Ensemble Hummel: Das Recht auf Schutz Kunstzone«, das von Theater sie das primäre Thema sind. entstanden? auf der Bühne. Außerdem ko- vor Diskriminierung in jeder Thikwa und Claudia Lohren- Inwieweit setzen Sie Men- Hartmann: Das Theater Thik- ordinieren wir die Spielpläne Form war für unsere Arbeit scheit herausgegeben wurde. schenrechte mit künstleri- Brüheim: Vielen Dank. wa gibt es seit  Jahren. Heut- und besprechen Themen, zu von Beginn an essenziell. Das Hummel: Claudia Lohren- schen Mitteln auf der Bühne zutage ist – wenn ich doch den denen wir arbeiten wollen. ist die Voraussetzung für eine scheit, eine Expertin für Men- um bzw. welche Rolle spie- Gerd Hartmann und Nicole Ausdruck benutze – inklusive Im Moment ist das vor allem Arbeit auf Augenhöhe. schenrechtspädagogik und len diese in Ihren Stücken? Hummel bilden die Künstleri- Kunstarbeit ein relativ nor- »Grenzziehung«. Wir planen Hartmann: Dieses Credo, ohne Erziehungswissenschaften, ist Hummel: Wir bringen viele sche Leitung des Theater maler Bestandteil der Kunst- auch, mit welchen Regisseuren, Sonderstellung Bestandteil des auf uns zugekommen, da sie Stücke auf die Bühne, die Thikwa. Theresa Brüheim ist szenen. Das war vor  Jahren Tänzerinnen, Choreografen wir »normalen« Kulturbetriebs zu unseren Ansatz für die ideale die Interaktion zwischen Chefi n vom Dienst von Politik nicht so. Da war die Diskussion zusammenarbeiten möchten. sein, war von Anfang an unser Verwirklichung von Men- Menschen mit und ohne Be- & Kultur

GESCHICHTE DER MENSCHENRECHTE

..: Virginia Declaration of Rights wird vom Konvent von Virginia verabschiedet Mai: Grundgesetz ..: Charta der Grund- ..: Unabhängigkeitserklä- für die Bundesrepu- rechte der Europäischen rung der Vereinigten Staaten blik Deutschland ..: Englisches Parla- ..: Erste Genfer Union von Amerika (Declaration of ment richtet die »Petition Konvention Independence) wird verab- of Right« an König Karl I. schiedet Dezember: Vereinte Natio- September: Déclaration nen verabschieden Interna- ..: UN-General- des droits de la femme et de tionalen Pakt über bürger- versammlung verab- la citoyenne (Erklärung der liche und politische Rechte März: »Zwölf Artikel« werden ..: Bill of Rights wird schiedet die Allge- Rechte der Frau und Bürge- & Internationalen Pakt über in Memmingen proklamiert, vom englischen Parlament meine Erklärung der rin) von Olympe de Gouges wirtschaftliche, soziale und die erste Menschenrechts- verabschiedet Menschenrechte kulturelle Rechte erklärung in Europa ..: Déclaration des droits ..: Verfassung der ..: Verabschiedung ..: Einrichtung eines Hoch- de l’homme et du citoyen Weimarer Republik ..: Habeas-Corpus- der Europäischen kommissariats für Menschen- (Erklärung der Menschen- wird verkündet Akte wird in England Menschenrechtskon- rechte der Vereinten Nationen ..: Unterzeichnung der und Bürgerrechte) in Paris verabschiedet vention in Rom nach der Wiener Weltmen- Magna Charta in England schenrechtskonferenz

                Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  MENSCHENRECHTE & KULTUR 25

Tote sprechen langsam Pressearbeit mit Grenzen? Investigativer Journalismus und Menschenrechte in der Ukraine Ein Grundstein der Menschenrechte: Pressefreiheit schützen ALEKSEI BOBROVNIKOV Die Regierungsvertreter jedoch, die zukristallisieren begannen, sind iden- vorgaben, diese Todesfälle zu unter- tisch oder gleichen sich: schmutziges CHRISTIAN MIHR wegen ihrer Arbeit in Haft: die meisten ote haben ein Recht darauf, uns suchen, ließen noch viel umfassen- Geld, Vortäuschung militärischer Ein- in Ägypten, China und der Türkei. ihre Geschichte zu erzählen. dere Beweise verschwinden: Beweise sätze, um von patriotischen Gruppen n keiner anderen Weltregion hat Besonders gefährliche Länder waren T Sie haben ein Recht darauf, uns über Verbrechen, Mord und Geldwä- Gelder zu erhalten, Schmuggel und sich die Lage der Pressefreiheit in den vergangenen fünf Jahren immer zu erzählen, was ihnen bei den letzten sche in den von der ukrainischen Zusammenarbeit mit den russischen im vergangenen Jahr so stark ver- wieder Syrien, Mexiko und Afghanistan. Atemzügen zugestoßen ist. Manchmal Regierung kontrollierten Gegenden. Besatzern im Donbass. I schlechtert wie in Europa. Journa- Die meisten Reporter sterben jedoch dauert es jedoch eine Weile, bevor sie Beweise, die das ungeheure Ausmaß »Du bist besessen von den Toten«, listen sind dort zunehmend medien- außerhalb von Kriegsgebieten, weil sie zu erzählen beginnen. der Zusammenarbeit zwischen den wurde mir bei meiner Rückkehr ge- feindlicher Hetze durch Regierungen in Ländern wie Brasilien oder Mexiko Zwei meiner Informanten wurden vom russischen Inlandsgeheimdienst sagt, »Kümmere dich lieber um die oder führende Politiker ausgesetzt. Das über organisierte Kriminalität, Korrup- getötet – gewaltsam und heimtü- FSB kontrollierten Zonen und den Lebenden«. Das bekam ich die ganze schaff t ein feindseliges, vergiftetes Kli- tion, Machtmissbrauch oder Menschen- ckisch; sie wurden in der vom Krieg Gebieten unter ukrainischer Flagge Zeit zu hören, bevor ich entlassen, ma, das oft den Boden für Gewalt gegen rechtsverletzungen berichtet haben: zerrütteten Donbass-Region in der belegten. öff entlich bedroht und gedemütigt Medienschaff ende oder für staatliche Weltweit wurden in den vergangenen  Ukraine getötet, einer Gegend, die Tote haben ein Recht darauf, gehört sowie zum Schluss von einigen Re- Repression bereitet. Dies zeigt die ak- Jahren allein  professionelle Jour- teilweise von russischen Truppen so- zu werden. Nicht nur der Gerechtigkeit gierungsvertretern und Offi zieren tuelle Rangliste der Pressefreiheit  nalisten in direktem Zusammenhang wie von gewalttätigen und gesetzlosen, zuliebe oder um für den Schutz derje- gewarnt wurde: Die Zeit, in diesem von Reporter ohne Grenzen. mit ihrer Arbeit getötet. Die meisten von Russland gesteuerten paramilitä- nigen zu sorgen, die noch am Leben Mordfall freimütig Zeugnis abzulegen, Vier der fünf Länder, deren Platzie- dieser Verbrechen bleiben ungestraft. rischen Gruppen besetzt ist. Und doch sind. Der Hauptgrund, warum Tote ein ist abgelaufen. rung sich in der Rangliste der Presse- Um die Verantwortlichen für solche waren es nicht die russischen Besatzer, Recht darauf haben, gehört zu werden, Tote sprechen langsam, aber wenn freiheit im Vergleich zum Vorjahr am Verbrechen endlich zur Rechenschaft die meine Informanten einschüchter- ist, dass wir ohne ihre Stimme unseren sie es tun, dann berichten sie von Tat- stärksten verschlechtert hat, liegen zu ziehen und den Kreislauf der Straf- ten, schikanierten und mit dem Tod Bezug zur Wirklichkeit verlieren, um sachen. in Europa: die EU-Mitglieder Malta, losigkeit zu durchbrechen, wirbt Repor- bedrohten; es waren Männer, die in den diese Menschen bis zu ihrem letz- Daher bin in meinem zweiten Jahr Tschechien und Slowakei sowie das ter ohne Grenzen  Jahre nach Verab- ihren eigenen Reihen kämpften. ten Atemzug so hart und so verzweifelt im Exil noch immer besessen von Balkanland Serbien. In diesen Ländern schiedung der Allgemeinen Erklärung Eines der Mordopfer, ein Ukrainer, gekämpft haben. »meinen Toten« und bemühe mich sind Spitzenpolitiker durch verbale der Menschenrechte bei den Vereinten der sich freiwillig gemeldet hatte und Wir verlieren unseren Sinn für weiterhin darum, ihnen eine Stimme Anfeindungen, Beschimpfungen und Nationen intensiv für die Einsetzung von der ukrainischen Regierung als Er- Gerechtigkeit, unseren Anstand und zu geben. juristische Schritte gegen Journalisten eines UN-Sonderbeauftragten für den mittler in die Region geschickt worden letztendlich auch unser Land, wenn wir In Kriegszeiten werden die Stim- aufgefallen. Zum Teil engen dort auch Schutz von Journalisten. Dieser sollte war, erzählte mir von Kriegsverbre- nicht bereit sind, diesen verstummten men der Toten immer zum Schweigen die Besitzverhältnisse der Medien die die Bemühungen der verschiedenen chen und Geldwäsche. Stimmen Gehör zu verschaff en. gebracht. Während die Toten schwei- Freiräume für kritische Berichterstat- UN-Institutionen zum Schutz von Er deckte Verbrechen auf, die von Tote haben ein Recht auf freie Rede gen, verschaff t sich der Blutzoll aber tung ein. Auch in so unterschiedlichen Journalisten koordinieren, die beste- seinen eigenen »Waff enbrüdern« be- genau wie Lebende; sie haben ein immer lauter Gehör. Ländern wie den USA, Indien und den henden völkerrechtlichen Vorschriften gangen wurden, und bezahlte dafür Recht darauf, gehört zu werden, auch Aus den neuen und neu gelöschten Philippinen verunglimpfen hochran- durchsetzen und auf diese Weise die ebenso wie ich. Das letzte von mir wenn sie zuweilen sehr langsam spre- Dateien und Mitteilungen derer, die re- gige Politiker – darunter auch Staats- Zahl von Übergriff en und Gewaltakten aufgezeichnete Gespräch mit meinem chen; auch wenn das, was sie sagen den wollten, und denen man »wärms- chefs – kritische Journalisten gezielt gegen Journalisten endlich wirksam Informanten fand gerade einmal zwei wollen, erst decodiert werden muss. tens empfahl«, lieber den Mund zu hal- als Verräter. verringern. Tage vor dessen gewaltsamer Ermor- In diesem Fall war es die technische ten, scheinen die verborgenen Beweise Medienfeindliche Hetze als staat- Jenseits dessen leistet Reporter ohne dung statt. Ausrüstung der Toten, die ihnen eine förmlich hervorzuschreien. liches Programm ist also längst nicht Grenzen auch viel praktische Nothil- Die zweite Person, die im Rahmen Stimme verlieh. Es waren ihre Tab- Deshalb besteht damals wie heute mehr auf repressive Regime wie in der fe: Reporter ohne Grenzen unterstützt dieser Begebenheiten getötet wurde, lets, ihre PCs und ihre Smartphones; mein Bestreben als Schriftsteller darin, Türkei oder Ägypten beschränkt, wo Re- weltweit verfolgte Journalisten, Foto- wurde erst nach ihrem eigenen Tod zu es waren die gelöschten Dateien, die alles dafür zu tun, dass diese Stimmen gierungen kritische Journalisten routi- grafen und Blogger individuell ihrer meinem Informanten. Seine Freunde der Öff entlichkeit niemals zugänglich Gehör fi nden. nemäßig als »Verräter« und »Terroris- Notlage entsprechend in ihren Heimat- und Verwandten baten mich darum, gemacht werden sollten. ten« diff amieren und verfolgen. Auch ländern, im Exil und in anderen Län- einen Blick auf die von diesem Mann Regierungsbehörden waren zu kei- Aleksei Bobrovnikov ist ein ukra- immer mehr demokratisch gewählte dern. Unser Ziel ist es, den Journalisten vor seinem Tod gemachten Aufzeich- nem Zeitpunkt an diesen forensischen inischer Autor und investigativer Staats- und Regierungschefs stellen so zu helfen, dass sie vor Verfolgung nungen zu werfen, um potenzielle Tätigkeiten beteiligt. Allein meine Journalist. Er entlarvte durch seine die Medienfreiheit und damit eine der geschützt sind – das umfasst heute oft Verdächtige auszumachen. Gruppe stellte Untersuchungen an. Recherchen Verbindungen zwischen Grundfesten jeder pluralistischen Ge- den Schutz vor digitaler Überwachung Warum haben sie mich damit be- Ich war in der Lage, mir Zugang zu einem Schmugglerring und dem sellschaft infrage und behandeln kri- – und langfristig ihre journalistische auftragt? den Dateien der Opfer sowie zu laufen- ukrainischen Militär. Daraufhin tische Medien unverhohlen als Feinde, Tätigkeit weiterführen oder wieder- Ich bin weder Ermittler noch Regie- den Ermittlungen in Zusammenhang erhielt er öff entlich Todesdrohungen zum Beispiel in Ungarn und Polen. Au- aufnehmen können. rungsvertreter. Ich bin nur ein Reporter, mit einer Reihe anderer Todesfälle zu und sah sich gezwungen, seine Heimat toritäre Länder und Diktaturen gehen der vor Ort seinen Job macht. Dennoch verschaff en. Die Motive, die sich aus zu verlassen. Er ist Writers-in-Exile- einen Schritt weiter und sperren Jour- Christian Mihr ist Journalist, Men- kamen sie zu mir, nachdem alle ande- dem bereinigten Beweismaterial auf Stipendiat des deutschen PEN- nalisten hinter Gitter: Ende September schenrechtsaktivist und Geschäftsfüh- ren sich geweigert hatten zu helfen. den Geräten der Ermordeten heraus- Zentrums  saßen weltweit  Journalisten rer von Reporter ohne Grenzen

»Verlassen Sie das Land« Bloggen und Aktivismus in Bangladesch

ANA LAILA ZAHIN Mutter hat im Befreiungskrieg als Ku- Bangladesch ist ein mehrheitlich mus- rierin gearbeitet. Als dann die Proteste limisches Land.  Prozent der Bevöl- ch war  noch auf der Ober- begannen, hielt ich es für meine Pfl icht, kerung sind Muslime. Anti-islamisches schule, als in meinem Heimatland selbst aktiv zu werden. Ich hatte zu dem Verhalten kommt bei der Bevölkerung Bangladesch eine Riesenbewe- Zeitpunkt bereits eine Weile auf einer nicht gut an. Als Rajib Haider vor sei- I gung ihren Anfang nahm. Die Blog-Plattform Artikel veröff entlicht. ner Haustür ermordet wurde, war dies Mitglieder dieser Bewegung forderten, Daher benutzte ich meinen Blog und für viele nicht wichtig genug, um sich dass diejenigen, die während des Un- soziale Medien, um der Bewegung und darüber zu empören. Dann wurden abhängigkeitskrieges  Kriegsver- unseren Forderungen Gehör zu ver- nacheinander Schriftsteller, Blogger brechen begangen hatten, zur Rechen- schaff en. und Aktivisten getötet. Statt die An- schaft gezogen werden. Nach  Jahren Das Problem bestand darin, dass griff e zu verurteilen, forderten Regie- wurden diese Personen schließlich vor die Kriegsverbrecher Mitglieder in der rungsbeamte die Journalisten auf, mit dem Gerichtshof für Internationale Islamistischen Partei Jamaat-e-Islami dem Schreiben aufzuhören. Selbst die Verbrechen in Bangladesch angeklagt. waren, die Beziehungen zu terroris- Premierministerin Sheikh Hasina ließ Es kam zu Massenprotesten, als Abdul tischen Gruppen wie Al-Quaida, dem mehrmals verlauten, dass die atheisti- Kader Mollah, einer der verhasstesten Islamischen Staat (IS), den Taliban schen Blogger ihre religiösen Gefühle Kriegsverbrecher, zu lebenslanger Frei- und der Hisbollah usw. unterhielt bzw. verletzen würden und davon ablassen heitsstrafe verurteilt wurde. unterhält. Ihr Studentenflügel, der sollten, gotteslästernde Posts zu ver- Zum näheren Verständnis: In Bang- sich »Chhatra shibir« nennt, ist eine öff entlichen. ladesch gibt es die Todesstrafe. Das Ge- mörderische Terroristengruppe, die Nachdem Washiqur Babu, einer fängnissystem dort ist so korrupt, dass in Bangladesch noch immer aktiv ist. meiner engsten Freunde, ermordet

Personen mit Macht und Geld selbst Diese Partei war von unseren Protesten wurde, bekam ich es mit der Angst zu NATIONS UNITED FOTO: hinter Gittern noch fürstlich leben kön- nicht angetan. Ihre Mitglieder began- tun. Er hatte seine Artikel unter einem nen. Und diese Verbrecher waren zu dem nen, die Aufmerksamkeit auf ein paar Pseudonym verfasst. Es gab nicht viele dass ich, egal wohin ich ging, beschattet nach bot mir das ICORN International Zeitpunkt, als sie sich vor dem Gericht wenige atheistische Blogger, die in die Leute, die seine wahre Identität kann- wurde. Ich wandte mich an die Polizei, Cities of Refuge Network seine Hilfe verantworten mussten, zwischen  und Proteste verwickelt waren, zu lenken, ten. Wenn sie also ihn fi nden konnten, die sich zunächst weigerte, meine An- an, und die Stadt Reykjavik beschloss,  Jahre alt. Viele von ihnen befanden und behaupteten, dass die gesamte Be- war klar, dass sie jeden fi nden können. zeige aufzunehmen. Als ich erneut zur mir als »Writer-in-Residence« ein Sti- sich in medizinischer Behandlung. wegung islamfeindliche, atheistische Zu dem Zeitpunkt war ich eine sehr Polizei ging, legten die Beamten dort pendium anzubieten. Daher fl og ich im Selbst wenn diese Verbrecher zu lebens- Propaganda betriebe. Sie wirkten sogar bekannte Aktivistin und Bloggerin. Si- dann – wenn auch widerwillig – eine April  nach Island, wo ich seitdem langer Freiheitsstrafe verurteilt würden, auf internationale Medien und Organi- cherheitshalber begann ich, mich darauf allgemeine Akte an. lebe. würden sie selbstverständlich weiterhin sationen ein, damit diese die Gerichts- vorzubereiten, das Land zu verlassen. Ein Polizeibeamter erklärte mir net- ein komfortables Leben führen. verhandlung über die Kriegsverbrechen Eines Tages bemerkte meine Mut- terweise, dass mir dieses Vorgehen in Ana Laila Zahin ist Aktivistin, Mein Vater und einige meiner Onkel zu einem Angriff auf islamische Gelehr- ter, dass unser Haus beobachtet wurde. keinster Weise helfen würde, und riet Bloggerin und »Writers-in Residence«- waren Freiheitskämpfer. Sogar meine te erklärten. Ein paar Tage später wurde mir bewusst, mir, das Land zu verlassen. Kurz da- Stipendiatin in Reykjavik in island 26 MENSCHENRECHTE & KULTUR www.politikundkultur.net

Politische Stiftungen: Förderung von Menschenrechten Menschenrechte enden nicht am Fabriktor Friedrich-Ebert-Stiftung

ROLAND SCHMIDT sierung, die zum Teil über erhebliche Gewerkschaftsbünden in zahlreichen ökonomische und politische Macht Unternehmen unterstützen. ein erstes und unwiderrufl iches verfügen. Im weltweiten Kampf um Um der Umsetzung der soziale Rech- Recht erhält der Mensch bei sei- lukrative Produktionsbedingungen, te für alle ein Stück näher zu kommen, S ner Geburt: das Menschenrecht. Abbaurechte und billige Rohstoffe arbeitet unser UN-Büro in Genf zusam- So ist es festgeschrieben in der Allge- bleiben jedoch menschenrechtliche men mit der Internationalen Arbeitsor- meinen Erklärung der Menschenrechte. Standards oft auf der Strecke. Vor Ort ganisation (ILO) intensiv an Konzepten Doch so einleuchtend die Idee der Men- sind die staatlichen Strukturen oft zu sowie der Umsetzung einer sozialen schenrechte ist, so schwierig ist ihre schwach oder die Regierungen nicht Grundsicherung, dem Social Protection Durchsetzung. In wohl keinem anderen willens, die Menschenrechte durch- Floor. In Deutschland hat durch die Ver- Bereich politischen und wirtschaftli- zusetzen. Ziel unserer Arbeit ist es abschiedung des Nationalen Aktions- chen Handelns ist der Unterschied deshalb, den Betroff enen den Zugang plans Wirtschaft und Menschenrechte zwischen rhetorischem Bekenntnis zu Recht zu ermöglichen, gute Arbeit der Bundesregierung die Debatte über und faktischem Verhalten, zwischen weltweit zu stärken und dazu beizutra- die Verantwortung von Unternehmen Norm und Praxis, so groß wie bei den gen, dass Staaten in die Lage versetzt für die Einhaltung von Menschenrech- Menschenrechten. werden, Verstöße von Unternehmen zu ten weltweit an Fahrt aufgenommen. Das gilt auch für die wirtschaftli- ahnden – auch über Grenzen hinweg. Mit unseren Beratungsangeboten chen und sozialen Rechte, denen sich Dafür setzen wir auf unterschiedli- zielen wir darauf ab, verbindliche, d. h. die Friedrich-Ebert-Stiftung als Stif- chen politischen Ebenen an. Nur mit auch gesetzliche Regelungen für Un- tung der Sozialen Demokratie in ih- starken und freien Gewerkschaften ternehmen durchzusetzen. Zugleich rer internationalen Arbeit besonders lässt sich menschenwürdige Arbeit diskutieren wir mit Vertretern von Un- widmet. Vor allem in den Ländern des erreichen und dauerhaft sichern. Über ternehmen, wie die Transparenz und globalen Südens sind ungerechte Löh- unser Netzwerk von über  FES- Effi zienz von Audits verbessert wer- ne, fehlende soziale Sicherungsleistun- Büros weltweit unterstützen wir Ge- den kann. Damit Standortwettbewerbe gen, Zwangsarbeit, die Verfolgung und werkschaften darin, dass sie ihre Rolle nicht auf dem Rücken von Arbeitneh- Unterdrückung von Gewerkschaften als politische Interessenvertretung der mern ausgetragen werden, plädieren sowie mangelhafte Sicherheitsstan- Arbeitnehmer erfüllen können. wir in unserer handelspolitischen Ar- dards Alltag in der Arbeitswelt. Seit den Anlässlich des vierten Jahrestages beit dafür, dass EU-Handelsverträge Brandkatastrophen unter anderem in des Einsturzes Rana Plaza haben wir z. zwingend die Unterzeichnung der Pakistan und dem Einsturz des Fabrik- B. mit unseren Partnern in Bangladesch acht Kernarbeitsnormen vorsehen so- gebäudes Rana Plaza in Bangladesch eine Akademie der Arbeit gegründet, wie ein Verfahren festgeschrieben wird, werden die Zustände in der Textilin- die sich vor allem auf gewerkschaftliche dass Gewerkschaften die Möglichkeit dustrie auch in Deutschland diskutiert. Nachwuchsarbeit konzentriert. Auf die einräumt, die vereinbarten Standards Weltweit arbeiten etwa  Millionen grenzüberschreitende Gewerkschafts- auch einzuklagen. Menschen in globalen Wertschöpfu ngs- kooperation entlang der Lieferketten ketten. zielen die gewerkschaftlichen Netz- Roland Schmidt ist Geschäfts- Global agierende Konzerne sind werke in transnationalen Konzernen ab, führendes Vorstandsmitglied der längst wichtige Akteure der Globali- die wir zusammen mit internationalen Friedrich-Ebert-Stiftung e. V.

Menschenrechtsbildung stärken Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

STEFFEN SAEBISCH lende Wertschätzung z. B. für das Recht und Mediendialogprogramm der Stif- auf Privatsphäre oder für Presse- und tung weltweit fortgesetzt, das unter uch  Jahre nach der Unter- Meinungsfreiheit ein Problem. anderem durch seine »Diwan«-Reihe zeichnung der Allgemeinen Die Friedrich-Naumann-Stiftung auch Exil-Journalisten fördert. Erklärung der Menschen- für die Freiheit begreift ihre Aufga- Für die Zukunft sollte Menschen- A rechte müssen wir feststel- be der politischen Bildung vor die- rechtsbildung wieder stärker ins Be- len: Menschenrechtsverletzungen un- sem Hintergrund als klaren Auftrag wusstsein der Bildungsarbeit gerückt terschiedlicher Dimension lassen sich zur Menschenrechtsbildung und werden, und zwar in Deutschland, Eu- weltweit immer noch nicht eff ektiv ge- zwar im In- und Ausland, ganz in ropa und weltweit: Es ist wichtig, die nug verhindern. Zwar wurden durchaus der Tradition ihres Namensgebers Bildungsarbeit für Demokratie, Frei- Fortschritte erzielt, etwa im Bereich der Friedrich Naumann und seiner Idee heit und Menschenrechte zu stärken Todesstrafe oder bei Gleichstellungsfra- der Staatsbürgerschule. Im Ausland und auf die aktuellen Herausforderun- gen. Doch untergraben beispielsweise führt die Stiftung seit Jahrzehnten gen, ob nun beispielsweise Digitalisie- Krieg, bewaffnete Konflikte, Armut, mit internationalen und lokalen Part- rung, Globalisierung oder »Shrinking Korruption oder Rassismus weiter nern Menschenrechtsschulungen in Spaces«, auszurichten. Freiheit und täglich die Menschenrechte vor allem unterschiedlichsten Formaten durch: Menschenrechte waren nie selbstver- von Minderheiten, Frauen und Kindern. in Myanmar durch Grund- und Men- ständlich und auch Menschenrechts- Es ist richtig, einen Schwerpunkt schenrechtskurse für die allgemeine bildung ist ein Teil des lebenslangen der internationalen Bemühungen bei Bevölkerung; im Libanon und Marokko Lernens. Vor allem mit Blick auf die der Bekämpfung der Hauptursachen durch gezielte Fortbildungen für Po- neuen Herausforderungen im Zuge der von Menschenrechtsverletzungen zu lizisten, Gefängnispersonal und sogar Digitalisierung, z. B. im Umgang mit setzen. Trotzdem sollte auch gegen Gefängnisinsassen; in Thailand durch Internet und sozialen Medien ist dies die vielerorts zu schwach ausgeprägte die Entwicklung der erfolgreichen Ge- unausweichlich. Die politischen Stif- Menschenrechtsbildung angegangen sellschaftsspiele »Rights Cards« und tungen können zur Menschenrechts- werden. Fehlendes oder lückenhaftes »Rights Bingo« für Kinder und Jugend- bildung mit ihrem großen Erfahrungs- Wissen über Menschenrechte zeigt sich liche; in Westafrika im Rahmen des schatz in der weltweiten Bildungsar- nicht nur in bildungsschwachen oder jährlichen Kulturfestivals »Menschen- beit einen wichtigen Beitrag leisten. autoritären Staaten, sondern auch zu- rechtswochen« oder in öff entlichen Die Friedrich-Naumann-Stiftung für nehmend in entwickelten und demo- Rechtsberatungsformaten wie »Law die Freiheit hat ihr nationales und kratischen Ländern. So trägt auch die Clinics« zu Transgenderrechten in internationales Menschen- und Bür- mangelnde Menschenrechtsbildung Indien oder gegen religiös bedingte gerrechtsprogramm neu aufgestellt z. B. in Staaten wie der Türkei, Russland, Frauendiskriminierung in Malaysia. und wird im Jahr  – dem Jahr den Philippinen, aber auch Polen oder Besondere Aufmerksamkeit wid- ihres . Stiftungsjubiläums – ihren Ungarn mit dazu bei, dass politische met die Stiftung dabei der Aus- und ersten Menschenrechtsbericht vorle- Führungsfi guren Wahlen gewinnen, die Fortbildung von Journalisten, um so gen. Dieser soll in Fragen moderner sich nicht für Rechtsstaat und Men- die Presse- und Meinungsfreiheit zu Menschenrechtsbildung Denk- und schenrechte einsetzen, sondern diese fördern. Hiermit begann auch bereits Diskussionsanstoß bieten. Werte zum Teil systematisch verlet- Mitte der er Jahre die Auslands- zen. Doch auch in westeuropäischen arbeit der Stiftung in Tunesien und Steff en Saebisch ist Hauptgeschäfts- Staaten und in Deutschland wird das Marokko. Heute wird dieser Bereich führer der Friedrich-Naumann-Stif-

abnehmende Bewusstsein und die feh- durch das Internationale Journalisten tung für die Freiheit NATIONS UNITED FOTOS: Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  MENSCHENRECHTE & KULTUR 27

Unteilbar und universell Heinrich-Böll-Stiftung

BARBARA UNMÜẞIG Demokratie und ökologische Nach- wie die ILO-Konvention , die die haltigkeit – das ist der Dreiklang, Rechte Indigener besonders schüt- ie sind unteilbar und universell der die Arbeit der Stiftung prägt. zen soll, auch juristisch einzufordern – das war die unmissverständ- Unsere Stärke liegt darin, soziale, und gesellschaftliche und politische liche Botschaft, als vor  Jah- geschlechterpolitische und ökologi- Rahmenbedingungen in der Praxis S ren die Menschenrechte von sche Anliegen menschenrechtsbasiert weiterzuentwickeln. der UNO verabschiedet wurden. Nie zu denken und stets eng mit demo- Ein weiteres Beispiel für die Stif- waren sie vollständig oder gar überall kratiepolitischen Fragestellungen tungsarbeit ist die Strafverfolgung umgesetzt, aber stets ein zentraler Re- zu verknüpfen. Bei Themen wie dem von Folter und Kriegsverbrechen des ferenzrahmen für nationale Verfassun- Zugang zu Land, Wasser und Res- Assad-Regimes in Syrien. Hier arbei- gen und Rechtssetzung. Heute aller- sourcen oder reproduktiven Rechten, ten wir mit unserer Partnerorgani- dings scheinen Machthabende auf der geht es immer auch um Menschen- sation European Center for Consti- ganzen Welt wieder weniger verste- rechte und demokratische Teilha- tutional and Human Rights (ECCHR) hen zu wollen, dass Menschenrechte be. Demokratische Parlamente und daran, eine strafrechtliche Verfolgung Völkerrecht sind. Sie ignorieren ihre zivilgesellschaftliche Einmischung, von Folterverbrechen zu ermöglichen. Pfl icht, die Menschenrechte zu ach- Pressefreiheit, Gewaltenteilung und Mehrere Strafanzeigen wurden be- ten. Menschen in Autokratien, aber rechtsstaatliche Verfahren sind es- reits vor der Bundesanwaltschaft in zunehmend auch in demokratischen senziell für die Demokratie und Vor- Karlsruhe eingebracht. Die deutsche Ländern werden eingeschüchtert, aussetzung für garantierte Menschen- Justiz nutzt das sogenannte Welt- rechte. Wir verstehen uns als Förderin rechtsprinzip, um auch in Deutsch- dieser demokratischen Grundsätze land diese Verbrechen juristisch auf- und unterstützen Menschen, die sich zuarbeiten, die Verantwortlichen zur Die Durchsetzung der mit demokratischen und gewaltfreien Rechenschaft zu ziehen und so durch Menschenrechte Mitteln für ihre Rechte einsetzen. Rechtspraxis Recht durchzusetzen. gehört in alle Ressorts So unterstützt die Stiftung loka- Doch das Eintreten für Men- le Gemeinschaften in Argentinien, schenrechte darf nicht allein Auf- der Bundesregierung Simbabwe, Kenia und Indien, deren gabe der Zivilgesellschaft sein. Die NATIONS UNITED FOTO: Lebensgrundlagen von Großprojek- Durchsetzung der Menschenrechte ten, wie dem Abbau von Mineralien, gehört in alle Ressorts der Bundes- bedroht, angegriff en und oft wegge- Lithium und Diamanten oder großen regierung. Menschenrechte sind kein sperrt, wenn sie ihre Menschenrechte Infrastrukturprojekten bedroht sind. Nischenthema, sondern ein Gesamt- Verbindende Perspektive verteidigen und einfordern. Konkret hat die Stiftung gemeinsam auftrag, der auch für Unternehmen Es bleibt ein Hoff nungszeichen, mit ihnen sogenannte (Biocultural) und das Wirtschaftsministerium gel- Rosa-Luxemburg-Stiftung dass sich überall auf der Welt Men- Community Protocols – BCPs oder ten muss. schen unerbittlich und in großer Zahl CPs – entwickelt, die sie dabei unter- Denn Menschenrechte sind nicht FLORIAN WEIS enwahlrechtes, Beendigung des Krie- für universelle Werte wie Menschen- stützen, ihre Rechte kennenzulernen, verhandelbar – sie gelten für alle auf ges, Festschreibung vieler Grundrechte, würde und Freiheit einsetzen. Die ihre Interessen zu defi nieren und sie der Welt. ie Allgemeine Erklärung der Einführung des Achtstundentages und Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt gegenüber Wirtschaft und Politik zu Menschenrechte von  ge- des Betriebsrätegesetzes. Enttäuschung, mit ihren Partnerinnen und Partnern vertreten. Dabei geht es im Kern auch Barbara Unmüßig ist Vorstand der D hört zu den Meilensteinen einer weil umfassendere soziale Rechte und diese Menschen. Menschenrechte, darum, internationale Abkommen Heinrich-Böll-Stiftung umfassenden Demokratieentwicklung. eine Wirtschaftsdemokratie nicht durch- Nationalsozialismus und Faschismus, gesetzt wurden und Rosa Luxemburg die Schoah, Zweiter Weltkrieg und und viele andere Menschen einem anti- Kriegsverbrechen bilden einen zentra- demokratischen Terror zum Opfer fi elen. len Hintergrund für die Erklärung der Gleichzeitig befasst sich die RLS auch Leitlinie: Christliches Menschenbild UNO. Der Sozialpakt der UNO von  mit » Jahre « als einer globalen weitete die Menschenrechtserklärung Bewegung, die viel zur Ausweitung von Konrad-Adenauer-Stiftung aus. In diesem Mehrklang von frei- Menschenrechten im Sinne von Ge- heitlich-demokratischen und sozialen schlechtergerechtigkeit und dem Kampf MICHAEL THIELEN schauen. Wir wollen dazu beitragen, einst acht Auslandsvertretungen in Süd- Menschenrechten verortet sich die Rosa- gegen Rassismus und in der Folge auch dass alle Bürger mündige Bürger sein und Mittelamerika sind inzwischen Luxemburg-Stiftung (RLS). für die Rechte der LGBTIQ-Communities ie Konrad-Adenauer- können, die sich selbst ein Bild machen über  Büros weltweit geworden. Mit Die RLS, die sich als demokratisch- beigetragen hat. Stiftung ist – so viel sei können. verschiedenen Programmen sind wir sozialistische Einrichtung versteht, ist Heute zeigen sich nationale wie gesagt – keine Menschen- Totalitarismus, politischer Radi- in über  Ländern der Welt präsent. sich der vielfältigen Spannungsverhält- europäische und globale Menschen- D rechtsorganisation. Wir kalismus sind nicht nur Teil unserer Wir fördern die Bindung des Rechts- nisse zwischen unterschiedlichen Eman- rechtsherausforderungen etwa im sind eine politische Stiftung, die den Geschichte, sie sind auch Teil unserer staates an die Grund- und Menschen- zipationsbestrebungen und damit ver- Umgang mit Fragen von Flucht, Mi- Grundsätzen der christlichen Demo- Gegenwart. Zudem sind Populismus rechte, die Stärkung einer unabhängi- schiedenen Menschenrechtsfacetten in gration und Asyl. Dazu arbeitet die kratie verpfl ichtet ist. Wir handeln und Nationalismus weltweit auf dem gen Justiz und eine verlässliche Gewal- Vergangenheit und Gegenwart bewusst. RLS in Deutschland und der EU, etwa aus christlicher Verantwortung. Das Vormarsch. Wir müssen alles dafür tun, tenteilung, unabhängige Medien sowie In einem Teil der aus der Arbeiterbewe- in Griechenland, aber auch in Mexiko, christliche Menschenbild, das auf der damit sie kein Bestandteil unserer Zu- Transparenz und Bürgerbeteiligung. gung hervorgegangenen sozialistischen, wo es um die Unterstützung mutiger Überzeugung von der unantastbaren kunft sein werden. Und wir unterstützen den länderü- sozialdemokratischen und kommunisti- zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Würde jeder Person basiert, ist unsere bergreifenden Dialog zwischen den schen Strömungen gab es einseitige Be- Akteure geht, die sich um das Schick- ethische Leitlinie. Weltregionen und den Weltreligionen. tonungen der sozialen vor den politisch- sal von Menschen kümmern, die in die Uns geht es um eine Politik, bei der Unsere Arbeit beruht Dass das eine nicht immer einfache freiheitlichen Menschenrechten, die in USA migrieren wollen und vielfach der Mensch im Mittelpunkt steht, die auf vertrauensvoller und konfl iktfreie Aufgabe ist, liegt auf ihrer schlimmsten Form in stalinisti- Opfer von Paramilitärs, organisierter seine unveräußerliche Würde und sei- Kooperation der Hand – insbesondere dann, wenn sche Diktaturen mündeten. Umgekehrt schwerer Kriminalität, aber auch staat- ne daraus abzuleitenden Rechte zum es um das Thema Menschenrechte haben liberal-bürgerliche politische licher Gewalt sind. Der Band »Der Kreis. Maßstab ihres Denkens und Handelns geht. Zugleich zeigt dies aber auch, Richtungen oft soziale Ungleichheit Aufzeichnungen einer Migration« do- macht. Das ist für uns ein Anlass, Die Achtung der Menschenrechte welche Bedeutung der Einsatz der und Ungerechtigkeit in Kauf genommen kumentiert dies eindrücklich. Das ist für ein demokratisches, friedliches ist ein entscheidender Faktor, der Konrad-Adenauer-Stiftung wie auch oder auch off ensiv gebilligt. Auf sozia- für uns ebenso Menschenrechtsarbeit und gerechtes Zusammenleben der Grundlage ist für ein demokratisches, der anderen politischen Stiftungen für ler Ungleichheit und Ungerechtigkeit wie die langjährige Zusammenarbeit Völker einzutreten. Die Förderung freiheitliches System. Wer die Würde dieses hohe Gut hat. können politische Freiheiten, mithin mit der Kampagne gegen Homophobie von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit eines jeden Menschen respektiert, der Wir wollen nicht belehren oder gar Menschenrechte, aber nicht umfassend und mit Frauenorganisationen in Polen. und die Achtung der Menschenrech- ist auch frei von Argwohn und Vorur- bevormunden. Unsere Arbeit beruht entfaltet werden. Dabei beziehen wir uns Indem die RLS dort gleichzeitig auch te sind ein fester Bestandteil unserer teilen, der ist off en für die Begegnung auf vertrauensvoller Kooperation. Sie auf unsere Namensgeberin Rosa Luxem- über viele Jahre gut mit der größten Arbeit. mit Menschen aus anderen Kulturen. lebt vom gegenseitigen Austausch mit burg, indem wir soziale Gerechtigkeit Bergarbeitergewerkschaft kooperiert Die Bildung – die politische Bil- Off en zu sein für Neues, neugierig unseren Partnern und Freunden vor und Demokratie als unteilbares Ziel hat, für die soziale und wirtschaftliche dung – ist der Kern unserer Arbeit in zu sein auf fremde Kulturen – das sind Ort. Im Kleinen wie im Großen gilt für verstehen, als Verbindung politischer Rechte im Vordergrund stehen, zeigt Deutschland, Europa und der Welt. wichtige Voraussetzungen für das Mit- unser Engagement für die Menschen- und sozialer Menschenrechte. Der . dieses Beispiel unseren Anspruch nach Die Konrad-Adenauer-Stiftung sen- einander der Menschen im . Jahrhun- rechte, was Konrad Adenauer einst Jahrestag der Novemberrevolution in einer verbindenden Perspektive unter- sibilisiert mit Vorträgen und Semina- dert. Es ist ein Grundgedanke unserer beschrieb mit den Worten: »Was wir Deutschland, dem wir uns mit vielen schiedlicher, aber nicht gegeneinander ren, mit Informationsmaterialien und internationalen Zusammenarbeit, die brauchen, ist eine Zusammenarbeit Veranstaltungen und Publikationen, so auszuspielender Menschenrechte. Aktionen vor allem junge Menschen für die Konrad-Adenauer-Stiftung eine im Sinne einer Menschheitsfamilie etwa »Emanzipation und Enttäuschung«, für die Gefahren von Extremismus und lange Tradition hat. In den nunmehr der ganzen Welt.« widmen, steht für uns exemplarisch da- Florian Weis ist Historiker und seit Totalitarismus. bereits über sechs Jahrzehnten unseres für. Emanzipation, das meint: Sturz der  als Geschäftsführendes Vor- Wir wollen, dass junge Menschen Bestehens seit  ist unser Engage- Michael Thielen ist Generalsekretär autoritären Monarchie und Errichtung standsmitglied der Rosa-Luxemburg- ganz genau hinsehen und nicht weg- ment beständig gewachsen. Aus den der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. einer Republik, Einführung des Frau- Stiftung tätig 28 MENSCHENRECHTE & KULTUR www.politikundkultur.net

Krise der Menschenrechtspolitik? Zum Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

HEINER BIELEFELDT im Medium internationalen Rechts selbst funktionieren, weshalb es nicht Prozess sukzessiver Verrechtlichung der könnte man es auf die Formel bringen: menschenrechtliche Standards zu genügt, sie dem Management professi- Menschenrechte in verbindlichen Kon- gleiche Würde und gleiche Freiheit für iebzig Jahre nach Verabschie- etablieren und sukzessive immer bes- oneller Administratoren zu überlassen. ventionen, der in den darauff olgenden alle. Dieses innere Zentrum der Men- dung der Allgemeinen Erklä- ser durchzusetzen, insgesamt auf dem Sie brauchen breite politische Unter- Jahrzehnten stattfand. Dass die AEMR schenrechtsidee darf in der Fülle der rung der Menschenrechte am Spiel stehen könnte. stützung, die außerdem immer wieder gegenüber den späteren Konventionen einzelnen menschenrechtlichen An- S . Dezember  befi nden Gewiss: Eine gewisse Enttäu- neu erarbeitet werden muss. Daraus juristisch »unterkomplex« ist, macht sprüche nicht verloren gehen. Vielmehr sich die Menschenrechte internatio- schungsresistenz gehört zur Grundvo- wiederum folgt, dass Menschenrechts- einerseits ihre Grenze aus, hat aber sind alle konkreten Menschenrechte nal in schwieriger Verfassung. Deutlich raussetzung jeder nachhaltig angeleg- arbeit insgesamt politischer werden andererseits den großen Vorzug, dass von dieser grundlegenden Idee her zu wurde dies einmal mehr, als die USA ten Menschenrechtsarbeit. Außerdem muss. Sie muss elementarer und zu- sie sich leicht erschließen lässt. Wer lesen: Es geht immer um gleiche Würde im Juni  ihren Rückzug aus dem steht es der Menschenrechtspolitik gleich praktischer werden; sie braucht wissen möchte, worum es im Kern bei und gleiche Freiheit, und zwar letztlich UN-Menschenrechtsrat erklärten. Über- gut an, sich durch Widerstand nicht narrative Grundierung und gleichzei- den Menschenrechten geht, ist mit der in einer alle Menschen umfassenden raschend war weniger der US-Ausstieg ins Bockshorn jagen zu lassen. Auch tig begriffl iche Präzision; sie verlangt AEMR nach wie vor gut bedient. Perspektive. Um dies zu verstehen, als solcher als die Tatsache, dass er braucht es weder akademische Zerti- in der internationalen Öff entlichkeit fi kate noch eine spezielle Ausbildung. kaum noch Bestürzung auslöste. Es Die Überzeugungskraft, ja Attrakti vität scheint, als habe man sich an die Krise der Menschenrechte beruht gerade da- des Multilateralismus, der voll auch rin, dass sie im Kern sehr einfach sind auf die Menschenrechtspolitik durch- – was nicht aus schließt, dass kompli- schlägt, bereits gewöhnt. Derweilen missbraucht Putin seine Veto-Macht im UN-Sicherheitsrat, um das Assad- Regime, dem hunderttausendfacher Es scheint, als habe Mord vorgeworfen wird, vor ernsten man sich an die Krise Maßnahmen zu schützen. In der Tür- kei werden Oppositionelle von einer des Multilateralismus willfährigen Justiz zu langen Haftstra- bereits gewöhnt fen verurteilt. Auch die bis vor einigen Jahren gehegte Hoff nung, die Volks- republik China befi nde sich auf einem langen, aber irreversiblen Weg hin zur zierte Fragen auftreten, sobald man Rechtsstaatlichkeit, hat sich vorerst die Implikationen genauer verstehen wohl als Illusion entpuppt. will. Menschenrechte entfalten ihren Selbst in etablierten westlichen De- »Appeal« über kulturelle, religiöse, po- mokratien hat sich die Stimmungslage litische und sonstige Grenzen hinweg. verändert. Der italienische Innenminis- Es geht keineswegs darum, Diff erenzen ter Matteo Salvini spricht von Flücht- zum Verschwinden zu bringen – im Ge- lingen als bloßem »Menschenfl eisch«, genteil. Menschenrechte setzen voraus, das er von den Küsten seines Landes dass Menschen unterschiedliche Bio- fernhalten will. In einer Europäischen grafi en, Überzeugungen, Lebenspläne Union, die nicht die Kraft zu koordi- – inzwischen anerkanntermaßen auch nierter Asylpolitik aufbringt, stoßen unterschiedliche sexuelle Orientierun- solche menschenverachtenden Töne al- gen – haben. »Diversity« gehört zum lenfalls auf leise, fast schon verschäm- menschlichen Leben. Der egalitäre Uni- te Kritik. Ungarns Ministerpräsident, versalismus der Menschenrechte zielt der sein Land zum Modell »illiberaler gerade nicht auf Uniformität. Um es auf Demokratie« aufbaut, beschneidet den Englisch zu sagen: »Equality« meint Entfaltungsraum zivilgesellschaftli- nicht »sameness«. Wichtig ist allerdings, cher Organisationen, die als Agenten dass die Menschen ihre Diff erenzen in des Auslands diskreditiert werden. In Überzeugung, politischer Haltung und der Schweiz fi ndet ein von der rechts- kultureller Prägung frei und off en arti- konservativen Schweizer Volkspartei kulieren können. Menschenrechte ak- initiiertes Referendum unter dem zeptieren keine stumme »Andersheit«. Vor allem darf der Hinweis auf kultu- relle oder sonstige »Andersheit« nicht Der egalitäre zum Vorwand dafür herhalten, hegemo- niale Strukturen, Interpretationsmono- Universalismus der pole oder gar Einparteiensysteme gegen Menschenrechte Kritik zu immunisieren. Gegen solche zielt gerade nicht auf Hermetik entfalten Menschenrechte weiterhin subversive Kraft. Uniformität Die Präambel der AEMR verweist sodann auf »Akte der Barbarei, die das Gewissen der Menschheit mit Empö- Motto »Schweizer Recht statt fremde rung erfüllen«. Menschenrechte sind Richter« statt, dessen Ziel darin besteht, kein theoretisches »Konstrukt«. Sie re- das Land aus der Rechtsprechung des agieren auf Erfahrungen himmelschrei- Europäischen Gerichtshofs für Men- enden Unrechts. Unter dem Schock des schenrechte herauszulösen. Donalds Zweiten Weltkriegs, der Genozide an Trumps Sicherheitsberater John Bolton den europäischen Juden, an Sinti und stößt Drohungen gegen den Internatio- Roma und anderer »Crimes against nalen Strafgerichtshof in Den Haag aus, humanity« entfaltet die Metapher des die man in solcher Schärfe bislang nicht »Gewissens der Menschheit« eine in- für möglich gehalten hätte. tuitive Plausibilität. Es kann einfach

Ein altgedienter Europapolitiker NATIONS UNITED FOTO: nicht sein, dass die Verhöhnung jeder sagte kürzlich in internem Kreis, er Menschlichkeit in einer Politik syste- habe sich nicht vorstellen können, dass wenn die jüngste Welle des Autoritaris- nach theoretischer Refl exion genauso Stark ist schon die Präambel. Sie be- matischer Menschenverachtung ohne er gegen Ende seiner Laufbahn noch mus beängstigend ist, zeigt sich doch wie nach empirischer Recherche; sie ginnt mit der »Anerkennung der allen politisch-rechtliche Antwort bleibt. Für einmal ganz grundständig für Demo- zugleich immer wieder, dass autokrati- muss pädagogischer werden und zu- Mitgliedern der menschlichen Familie diese Einsicht steht die AEMR. Sie hat kratie und Rechtsstaat würde kämpfen sche Regime über den Gestus kraftvoller gleich über die Biederkeit unpolitischer inhärenten Würde und ihrer gleichen nichts an ihrer Aktualität verloren. Akte müssen. Genau diese Situation sei aber Entschiedenheit hinaus letztlich wenig Werteerziehung hinauskommen. und unveräußerlichen Rechte«. Wie der Barbarei fi nden derzeit in Syrien, nun eingetreten. Historische Errungen- zustande bringen. Allerdings stößt die Unter diesen Vorzeichen stehen das Grundgesetz der Bundesrepub- Myanmar und anderswo vor den Augen schaften, von denen man glaubte, sie Haltung eines trotzigen »Weiter so« nun auch die Veranstaltungen zum . lik Deutschland mit der Würde des der Weltöff entlichkeit statt, derweilen hätten sich inzwischen bewährt, stehen spätestens dort an seine Grenzen, wo Jahrestag der Allgemeinen Erklärung Menschen einsetzt und von dorther Menschen, die aus solchen Krisenge- erneut zur Debatte. Dies betriff t auch Regierungen sich nicht einmal mehr der Menschenrechte (AEMR). Die Be- das Bekenntnis zu unveräußerlichen bieten fl iehen, an den Zäunen Europas die Menschenrechte. Michael Ignatieff um eine menschenrechtliche Fassa- sinnung auf dieses »Mutterdokument« Menschenrechten herleitet, so betont stecken bleiben oder im Mittelmeer er- schrieb vor einigen Jahren noch, die de bemühen. Der Vorwurf von Men- des internationalen Menschenrechts- bereits die AEMR den Zusammenhang trinken. Die Gedenkfeiern zu  Jahren Menschenrechte hätten sich zumin- schenrechtsverletzungen löst neuer- schutzes bietet Chancen, die nicht un- zwischen Würde und Rechten der Men- AEMR können nur als Protest gegen den dest in ihrer Funktion als »lingua fran- dings nicht einmal mehr überall die genutzt bleiben dürfen. Bis heute hat schen. Diese Figur taucht dann ähnlich um sich greifenden Zynismus sinnvoll ca of global moral thought« weltweit altbekannten apologetischen Refl exe kein anderes Menschenrechtsdokument auch in Artikel  der AEMR auf, deren sein. durchgesetzt. Solche Gewissheiten sind aus, sondern läuft schlicht ins Leere: vergleichbare Popularität erlangt. Dies erster Satz Berühmtheit erlangt hat: inzwischen dahingeschwunden. Nichts »Human rights – so what?« dürfte vor allem daran liegen, dass der »Alle Menschen sind frei und an Wür- Heiner Bielefeldt hat den Lehrstuhl für ist off enbar irreversibel. Manche Kom- Deutlich geworden ist, dass men- Text mit seiner Präambel und den  de und Rechten gleich geboren.« Dies Menschenrechte und Menschenrechts- mentatoren fürchten sogar, dass das schenrechtliche Institutionen und Artikeln knapp und verständlich ist. Die beschreibt in nuce das normative Pro- politik an der Universität Erlangen- historische Projekt, das darauf abzielt, Monitoring-Verfahren keineswegs von AEMR bildete den Auftakt für einen fi l der Menschenrechte. Noch knapper Nürnberg inne Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  MENSCHENRECHTE & KULTUR 29

Jüdische und islamische Perspektiven auf Menschenrechte Ergebnisse einer Ring- Rolle der Frau in diesen beiden Religi- Menschenrechte können hier als ein Überzeugung, dass das Judentum die denen genuinen Unterschieden, denn vorlesung des Jüdischen onen wie auch im Katholizismus. Dieser rein westliches Konzept angesehen Menschenrechte als einen integralen beide Religionen kennen mit der Hala- Aufl istung ließen sich zahlreiche weitere und als solches verworfen werden oder Teil der eigenen Tradition ansähe. Den- cha und dem Fikh ein normatives Be- Museums Berlin Beispiele hinzufügen wie insbesondere aber als ein authentischer Bestandteil noch würde sich auch hier eine vertiefte zugssystem, das sich auf alle Lebensbe- die hierzulande viel diskutierte Proble- der islamischen Tradition übernom- Auseinandersetzung mit traditionel- reiche erstreckt. Vielmehr gründet sie ZOFIA HELENA NOWAK matik religionsspezifi scher Kleidungs- men oder gar als islamische Erfi ndung len Vorschriften und Vorstellungen auf Faktoren außerhalb der Tradition, vorschriften. vereinnahmt werden. Hier wie dort ist lohnen; so bei Themen wie Gleichheit nämlich den historischen Erfahrungen ind Menschenrechte und Religion Die Brisanz der Diskussionen um die das Ergebnis eine Idealisierung der aller Menschen, Todesstrafe oder Re- in den letzten Jahrhunderten. vereinbar? Aufgeheizte Debatten, Menschenrechte liegt auf der Hand, da eigenen Kultur. Eine produktive Aus- ligionsfreiheit. Das gerade hier zutage Als der moderne zentralisierte Staat S die in den vergangenen Jahren sich diese Debatten letztlich auch auf einandersetzung mit den potenziel- tretende spannungsreiche Verhältnis in Europa entstand, sahen sich die jü- vor allem in populären Medien geführt die Gestaltung des gesellschaftlichen len Spannungsfeldern zwischen den zwischen den Menschenrechten und dischen Gemeinden mit dem Verlust wurden, zeigen, dass diese Frage das Lebens auswirken. Besonders kont- Menschenrechten und den religiösen den religiösen Grundsätzen wurde je- ihrer Autonomie konfrontiert, was den Potenzial für einen Kulturkampf hat. rovers diskutiert werden in diesem Traditionen fehlt. doch von den Referenten durchgehend Geltungsrahmen des jüdischen Geset- Unterschiedliche Seiten greifen das Kontext weniger die jüdischen oder Die Referenten der Vortragsreihe nä- nicht thematisiert. zes wesentlich beeinträchtigte. Zudem Thema daher gern auf und instrumen- christlichen Religionsnormen als viel- herten sich dem Thema demgegenüber Diese Haltung mag auf den ersten wurden die Säkularisierungsprozesse in talisieren es für ihre eigenen Interessen. mehr Elemente spezifi sch muslimischer vor allem mit einer dezidiert theologi- Blick einer religiösen Vereinnahmung den westlichen Gesellschaften, in de- Frei von solcher Polemik suchte sich Religions- und Frömmigkeitspraxis. schen Herangehensweise, die statt po- gleichkommen. Jedoch entspringt sie, nen die Juden lebten, zum Bestandteil / eine sechsteilige Vortrags- Gerade hier ist in Teilen der Debatte litischer Identitätsfragen die Aussagen anders als bei vergleichbaren islami- ihrer Alltagserfahrung. Hinzu kam, dass reihe im Besonderen den jüdischen die eingangs erwähnte Tendenz zum der heiligen Texte in den Mittelpunkt schen Diskursen, nicht dem Impuls der die Menschenrechte vor ihrer Verwand- und islamischen Perspektiven auf die Kulturkampf kaum zu übersehen. Jede stellte. Die meisten Vorträge durchzog Verteidigung des eigenen moralischen lung zu einem international verbürg- Menschenrechte zu nähern. Veranstal- Seite sucht dabei ihre moralische Über- die Überzeugung, dass die islamische Souveränitätsbereiches und hat kei- ten Konzept für Juden deckungsgleich ter dieser von der »Allianz Kulturstif- legenheit zu belegen und ihre Selbstbe- Tradition keine Widersprüche zu den nen apologetischen Impetus. Vielmehr mit den Bürgerrechten waren, die sie tung« geförderten Ringvorlesung waren stätigung aus einem menschenrechts- Menschenrechten enthalte, es daher muss sie als Zeichen einer starken kul- im Lauf der Emanzipation angestrebt die Akademieprogramme des Jüdischen bezogenen Versagen der anderen Seite für den Islam auch gar nicht darum ge- turellen Verwurzelung in den Diskursen und erlangt hatten. Dies erklärt letzt- Museums Berlin. Das Besondere der seit zu ziehen. Das Thema dient dabei letzt- hen müsse, Kompromisse zu schließen. der säkularen westlichen Gesellschaft lich auch die herausragende Rolle von  stattfi ndenden Vortrags- und Dis- lich aber nur als eine Plattform, um ein Jene rechtlichen Bestimmungen, die verstanden werden, in deren Folge eine jüdischen Rechtswissenschaftlern und kussionsreihen ist, dass zu jeder Ver- Verständnis von Identität zu entwickeln, den Menschenrechten zuwiderlaufen, mögliche Spannung zwischen Juden- Denkern bei der Festlegung der Men- anstaltung jeweils ein jüdischer und das vor allem der Abgrenzung dient. ließen sich in erster Linie aus ihrer tum und Menschenrechten überhaupt schenrechtsdeklaration. ein muslimischer Wissenschaftler bzw. Solche Polemik, aber auch Apolo- konkreten historisch-politischen Be- nicht mehr wahrgenommen wird. Ganz anders stellen sich die Aus- Theologe das Thema aus der eigenen getik, galt es in der hier vorgestellten dingtheit erklären. Ein Beispiel dafür gangsvoraussetzungen für die isla- konfessionellen Perspektive behandelt. Vorlesungsreihe zu vermeiden. Ziel sei die Benachteiligung der Frauen im mische Debatte dar: Dort fehlen die Fazit Als Referenten eingeladen sind Fach- war es, einen Diskurs zu entwickeln, Erbrecht. Dahinter stünden spezifi sche zahlreichen Brüche in der Umset- leute, die auf dem Boden ihrer religi- der nicht in erster Linie der eigenen gesellschaftliche Verhältnisse, in de- Wohlwissend um den nicht reprä- zungspraxis des Rechtes, wie sie das ösen Traditionen stehen und gerade Identitätsfi ndung dient, sondern einen nen ein Ausgleich für die Belastung des sentativen Charakter der Reihe lässt Judentum prägten. Über Jahrhunderte dadurch einen substanziellen Beitrag fruchtbaren Austausch zwischen jüdi- Mannes als Unterhalter der Familien sich aus ihr doch ein sehr deutlicher war das islamische Recht Grundlage zum interreligiösen Dialog ermöglichen. schem und islamischem Denken über erforderlich erschien, denn die Frauen und sicherlich auch konstituierender in vielen islamischen Ländern, wenn das Thema Menschenrechte ermöglicht. waren nicht zum Familienunterhalt Unterschied zwischen dem muslimi- auch die praktische Umsetzung sich Auf diese Weise sollte eine dichoto- verpfl ichtet. In diesem Sinne plädier- schen und dem jüdischen Diskurs her- unterschiedlich gestaltete. Im Ergebnis Die Grundfragen der mische Verengung des Diskurses auf ten die meisten Referenten dafür, in der auslesen. Während viele muslimische sind es also nicht die unterschiedlichen Menschenrechte eine angeblich durch Toleranz geprägte theologischen Auslegung die überzeit- Theologen in einer lebendigen Ausei- rechtlichen Grundlagen, sondern vor Die Menschenrechte als universale christlich-jüdische Kultur und eine in liche Aussage von Gottes Wort sorgsam nandersetzung um die Einordnung des allem die historischen Erfahrungen, Grundrechte, die jedem Einzelnen dieser Hinsicht vermeintlich defi zitäre von dem historisch-zeitlich Bedingten Menschenrechtskonzeptes in einen au- welche die unterschiedlichen Heran- unabhängig von Ethnie, Herkunft, Ge- islamische Kultur vermieden werden. zu trennen. thentischen islamischen Diskurs ringen, gehensweisen jüdischer und islami- schlecht und Religion zustehen, haben sieht das Gros der jüdischen Theologen scher Theologen an das Thema der sich seit  im Westen als zentraler die Menschenrechte als ein wichtiges Menschenrechte erklären. Der Islam und die Debatte Das Judentum und die Debatte Topos etabliert und sind inzwischen Element der eigenen Tradition. Diese um die Menschenrechte um die Menschenrechte laut Michael Ignatieff zur »lingua franca so unterschiedliche Herangehensweise Zofi a Helena Nowak ist wissenschaft- des weltweiten moralischen Denkens« Der Blick innerhalb der muslimischen Alle Vorträge über die jüdische Hal- an die Frage der Vereinbarkeit eigener liche Mitarbeiterin im Jüdisch-Islami- geworden. Sie werden als universaler Öff entlichkeit auf das Thema ist von tung gegenüber den Menschenrechten Traditionen mit den Menschenrechten schen Forum der Akademieprogramme Minimalkonsens der Ethik verstanden. unterschiedlichen Positionen geprägt. durchzog die unhinterfragt gebliebene beruht nicht auf tatsächlich vorhan- am Jüdischen Museum Berlin Auf den ersten Blick erscheint die Funktion der Menschenrechte als übergeordneter moralischer Rahmen unstrittig. Bei näherem Hinsehen aber ergeben sich eine Reihe von Problemen: Zunehmend wird der Universalitätsan- spruch der Menschenrechte als euro- zentrisch kritisiert. Die Abhängigkeit der Menschenrechte von einem spezifi sch europäischen Kontext, der sich bei- spielsweise von der islamischen Geistes- geschichte grundlegend unterscheidet, werde, so die Kritiker, nicht ausreichend refl ektiert. Vermag aber eine solche his- torische Bedingtheit von moralischen Überzeugungen deren Geltungsan- spruch zu mindern? Wäre auf dem Weg zu einer Universalität nicht erst eine Inkulturation der Menschenrechte in sämtlichen Kulturen und Religionen notwendig? Ist eine solche aber über- haupt möglich? Dieses sind einige der Fragen, die sich bereits grundsätzlich bei der Auseinandersetzung mit diesem Thema stellen. Betrachtet man das un- mittelbare Verhältnis von Menschen- rechten und Religionen, so ergeben sich weitere Fragen: Würde eine theologische Fundierung von Menschenrechten die Akzeptanz des Menschenrechtgedan- kens durch Bezugspunkte zur jeweils eigenen religiösen Tradition erleichtern oder würde eine solche religiöse Verein- nahmung den universellen Anspruch der Menschenrechte eher untergraben? Im Fokus einer breit geführten öf- fentlichen Diskussion steht immer wieder das Spannungsverhältnis von Menschenrechtsforderungen und re- ligiösen Geboten bzw. Traditionen, so beispielsweise bei der Beschneidung im

Judentum und Islam oder aber bei der NATIONS UNITED FOTOS: 30 DOKUMENTATION www.politikundkultur.net

Zur Zukunft des öff entlich-rechtlichen Rundfunks Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zu Auftrag und Struktur des öff entlich-rechtlichen Rundfunks

Berlin, den ... Der Deutsche funk eine verfassungsrechtliche Ent- junge Menschen ansprechen. Aus Sicht Organisationen und Institutionen tat- Kultur im Programm Kulturrat, der Spitzenverband der wicklungsgarantie in die digitale Welt des Deutschen Kulturrates müssen sol- sächlich die Gesellschaft widerspiegeln. Bundeskulturverbände, positioniert hinein hat, Laut Rundfunkstaatsvertrag und den che Angebote den Qualitätsansprüchen Die Landesrundfunkgesetze sollten sich mit dieser Stellungnahme grund- • dass der öff entlich-rechtliche Rund- Landesrundfunkgesetzen haben die eines öff entlich-rechtlichen Rundfunks diesbezüglich regelmäßig überprüft legend zu Struktur und Auftrag des funk einen wesentlichen Beitrag zur öff entlich-rechtlichen Rundfunkanstal- Rechnung tragen, sich von kommer- und gegebenenfalls überarbeitet wer- öff entlich-rechtlichen Rundfunks. Im demokratischen Meinungsbildung ten insbesondere Beiträge zur Kultur ziellen Angeboten unterscheiden und den. Ebenso sind die Länder gefordert, Dezember  hat er bereits zur An- leistet, wofür die Freiheit der Medien anzubieten. Das gilt sowohl für hoch- der Absender öff entlich-rechtlicher die geschlechtergerechte Besetzung der passung des Telemedienauftrags des und der Berichterstattung Vorausset- wertige Kulturproduktionen im engeren Rundfunk muss deutlich erkennbar Aufsichtsgremien unter Beteiligung von öff entlich-rechtlichen Rundfunks eine zung sind, Sinne als auch für die Kulturberichter- sein. Diese Angebote auf kommerziel- Menschen mit und ohne Behinderun- Stellungnahme abgegeben. Auf diese • dass in der konvergenten Medienwelt stattung. Für die Kulturszene vor Ort len Plattformen sollten ein Sprungbrett gen durch entsprechende Vorschriften Stellungnahme sowie weitere, die in ein diskriminierungsfreier Zugang ist die Berichterstattung im öff entlich- sein, die zu den eigenen Plattformen sicherzustellen. den vergangenen Jahren vom Deut- zu Infrastrukturen, Plattformen und rechtlichen Rundfunk von herausra- des öff entlich-rechtlichen Rundfunks schen Kulturrat verabschiedet wurden, Portalen und die Auffi ndbarkeit von gender Bedeutung. Das gilt aktuell v.a. führen. Angestellte Mitarbeiterinnen und wird hingewiesen. meinungsbildenden und vielfaltsför- für die Berichterstattung in Kultursen- Die Spartenprogramme wie sat, Mitarbeiter Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass dernden Inhalten gewährleistet sein dungen und in regionalen Sendungen. phoenix, arte sowie die Kulturradios das Bundesverfassungsgericht in sei- müssen. Künftig wäre es wünschenswert, wenn haben eine wichtige Ergänzungsfunkti- Der öff entlich-rechtliche Rundfunk ist nem jüngsten Urteil vom .. Im Folgenden wird der Deutsche Kul- der öff entlich-rechtliche Rundfunk die on. Ihr besonderer Mehrwert liegt darin, ein wichtiger Arbeitgeber im Kultur- auch in Fragen der stabilen Finan- turrat zu einzelnen der o.g. Aspekte Kultur in Deutschland, die sich durch dass sie sich auf Themen und Zielgrup- und Medienbereich. Er bietet tarifver- zierung des öffentlich-rechtlichen ausführlicher Position beziehen. eine große Breite und Vielfalt auszeich- pen konzentrieren können, das eröff net traglich abgesicherte Arbeitsplätze und Rundfunks Klarheit geschaff en hat. Im net, in seinem Programm vermehrt dem öff entlich-rechtlichen Rundfunk den Mitarbeitern Chancen zur Weiter- Urteil hat das Bundesverfassungsge- anregend präsentiert, durchaus auch weitere Chancen für ein profi liertes qualifi zierung. Er gehört zu den stabilen Auftrag richt zugleich aufgezeigt, dass sich die in den Hauptprogrammen und -sen- Programm. Anbietern von Ausbildungsplätzen im Aufgaben des öff entlich-rechtlichen Im Rundfunkstaatsvertrag ist folgen- dezeiten. Der Deutsche Kulturrat unterstreicht Dualen Ausbildungssystem und wirkt Rundfunks in der konvergenten Medi- der Auftrag des öff entlich-rechtlichen Eine stärkere Präsenz von Kultur in die Bedeutung des Radios für die Kul- an der Entwicklung von Berufsbildern enwelt wandeln und er ein ordnender Rundfunks beschrieben: Das Erste und im ZDF könnte darüber tur. Im Radio wird nicht nur über Kultur mit. Zur Mitarbeiterschaft gehören Faktor sein kann. Weiter weist das Bun- hinaus gelingen, wenn jede Haupt- berichtet, das Radio hat eigene künst- Angehörige aus technischen, aus Ver- desverfassungsgericht dem öff entlich- »§  Auftrag nachrichtensendung mindestens eine lerische Formen hervorgebracht und waltungs- und aus Kulturberufen. Die rechtlichen Rundfunk im genannten () Auftrag der öff entlich-rechtlichen Kulturnachricht enthält. Kultur würde pfl egt diese. Qualität des Programms hängt ent- Urteil weitere Aufgaben wie z.B. die Rundfunkanstalten ist, durch die Her- so zum selbstverständlichen Teil des scheidend von qualifi zierten und mo- Vermittlung von Medienkompetenz zu. stellung und Verbreitung ihrer Angebo- Informationsprogramms werden. Das tivierten Mitarbeitern ab, denen eine Gesellschaftlicher Mehrwert Der Deutsche Kulturrat positioniert te als Medium und Faktor des Prozesses fiktionale Programm im Fernsehen dauerhafte Perspektive gegeben wird. sich zur Zukunft des öff entlich-recht- freier individueller und öff entlicher kann Zusammenhalt stiften. Es bietet Der öff entlich-rechtliche Rundfunk In den letzten Jahren hat nicht zuletzt lichen Rundfunks, Meinungsbildung zu wirken und da- Raum für gesellschaftliche Diskurse zeichnet sich durch Staatsferne sowie durch den technischen Wandel sowie • weil er für Qualitätsjournalismus durch die demokratischen, sozialen und und Debatten in Deutschland. Deren wirtschaftliche und politische Unab- den seit einigen Jahren stattfi ndenden steht, kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft Bedeutung ergibt sich auch aufgrund hängigkeit aus. Diese Unabhängigkeit Personalabbau die Verdichtung der Ar- • weil er ein zentraler Auftraggeber für zu erfüllen. Die öff entlich-rechtlichen der kulturellen Konfl ikte in Deutsch- ist ein großer Wert und ein Alleinstel- beit zugenommen. Der Stellenabbau die Kultur- und Medienwirtschaft, Rundfunkanstalten haben in ihren An- land. Dies leisten auch in Deutschland lungsmerkmal des öffentlich-recht- führt dazu, dass weniger junge Mitar- insbesondere für AV-Medien, Serien geboten einen umfassenden Überblick geförderte Kinofi lme. Für diese Filme lichen Rundfunks, das in stärkerem beiter eingestellt werden konnten. Die- und Filme, ist, über das internationale, europäische, sollte es daher mehr und bessere Sen- Maße genutzt werden soll. In seinem se Mitarbeiter fehlen mit ihrem jungen • weil er ein bedeutsamer Arbeitge- nationale und regionale Geschehen in deplätze zur Primetime in Das Erste Programm muss sich der öff entlich- Blick auf das Programm schon jetzt, das ber im Kultur- und Medienbereich ist, allen wesentlichen Lebensbereichen zu und im ZDF geben. Filme aus dem eu- rechtliche Rundfunk deutlich vom wird in einigen Jahren zu einem gravie- • weil er zur Information über und zur geben. Sie sollen hierdurch die interna- ropäischen Ausland weiten den Blick privaten Rundfunk unterscheiden. Die renden Fachkräftemangel führen. Wenn Verbreitung von Kunst und Kultur tionale Verständigung, die europäische auf Diskussionen in Europa. Hier gilt Hörerinnen und Hörer, die Zuschaue- die Politik neue Programme oder zu- einen wesentlichen Beitrag leisten Integration und den gesellschaftlichen es die technischen Möglichkeiten der rinnen und Zuschauer müssen unmit- sätzliche Aufgaben für den öff entlich- kann. Zusammenhalt in Bund und Ländern Präsentation in der Originalsprache telbar erkennen, dass sie ein öff entlich- rechtlichen Rundfunk vorsieht, muss Über den engen Bezug zum Kulturbe- fördern. Ihre Angebote haben der auszuschöpfen. rechtliches Programm nutzen. Dies gilt bedacht werden, dass hierfür entspre- reich hinaus stellt der Deutsche Kultur- Bildung, Information, Beratung und Der Deutsche Kulturrat erkennt an, dass unabhängig vom Verbreitungsweg. chende Stellen vorgehalten werden. rat mit Blick auf die gesellschaftliche Unterhaltung zu dienen. Sie haben die Mehrheitsfähigkeit des Programms Ein gesellschaftlicher Mehrwert ent- In der öffentlichen Diskussion um Debatte zum öff entlich-rechtlichen Beiträge insbesondere zur Kultur an- nicht aus dem Blick geraten darf. Dies steht, wenn der öff entlich-rechtliche Mitarbeiter des öff entlich-rechtlichen Rundfunk fest, zubieten. Auch Unterhaltung soll einem gilt im Fernsehen für Das Erste und Rundfunk in seinem Programm – und Rundfunks spielen die Leistungen an • dass wenn vom öff entlich-rechtlichen öff entlich-rechtlichen Angebotsprofi l das ZDF. Zugleich gehört zu den Auf- zwar sowohl im fi ktionalen als auch Versorgungsempfänger oft eine große Rundfunk die Rede ist, die Hörfunk entsprechen. gaben des öffentlichen-rechtlichen im nicht-fiktionalen – gesellschaft- Rolle. Der Deutsche Kulturrat unter- und Fernsehsender einschließlich () Die öff entlich-rechtlichen Rund- Rundfunks nicht nur Bedarfe zu decken, liche Debatte anstößt, aufgreift und streicht, dass die Vereinbarung solcher der Telemedienangebote im Blick funkanstalten haben bei der Erfüllung sondern auch Bedarfe zu wecken. Hier Diskursraum bietet. Damit stärkt der Leistungen den Tarifpartnern obliegt zu halten sind, ihres Auftrags die Grundsätze der Ob- muss der öff entlich-rechtliche Rund- öffentlich-rechtliche Rundfunk die und diese in den letzten Jahren bereits • dass es richtig ist, dass der Auftrag jektivität und Unparteilichkeit der Be- funk durch attraktive Platzierung und Demokratie. Hierzu gehört auch die reagiert haben. des öffentlich-rechtlichen Rund- richterstattung, die Meinungsvielfalt gezielte Bewerbung öff entlich geförder- Auslandsberichterstattung. Das diff e- funks vom Gesetzgeber abstrakt be- sowie die Ausgewogenheit ihrer An- ter Filme aktiver werden. Dazu gehört renzierte Netz an Auslandskorrespon- Urheberrecht schrieben und von den Sendern im gebote zu berücksichtigen.« auch allen Bevölkerungsgruppen ein denten sowohl im Hörfunk als auch im Programm verantwortungsvoll mit Die Länder spezifi zieren und präzisie- Angebot zu machen. Mit Sorge sieht der Fernsehen ist ein Alleinstellungsmerk- Über die Mitarbeiterschaft hinaus trägt Leben erfüllt werden muss, ren ihrerseits den Auftrag der Landes- Deutsche Kulturrat die Schwierigkeiten, mal. Der Deutsche Kulturrat fordert, der öffentlich-rechtliche Rundfunk • dass zur Erfüllung des Auftrags ent- rundfunkanstalten in den jeweiligen im linearen Programm des Fernsehens dass der Auslandsberichterstattung im maßgeblich Verantwortung für die vie- sprechende Ressourcen bereitgestellt Landesrundfunkgesetzen. Bei Mehrlän- junge Menschen zu erreichen. Er er- Hörfunk und im Fernsehen breiterer len freiberufl ichen Urheber und Produ- werden müssen, deranstalten erfolgt dies im Einverneh- kennt an, dass FUNK als Angebot für Raum eingeräumt wird. zenten, die große Teile seiner fi ktionalen • dass der öff entlich-rechtliche Rund- men der beteiligten Länder. diese Zielgruppe Plattformen nutzt, die Zum gesellschaftlichen Mehrwert des und dokumentarischen Radio- und Fern- öff entlich-rechtlichen Rundfunks ge- sehsendungen herstellen, die Vielfalt hören auch Angebote zur Vermittlung und Qualität des Programms prägen. von Medienkompetenz. Der Deutsche Kulturrat geht davon aus, dass der öff entlich-rechtliche Rundfunk bei Verbreitung eigener Programme Aufsichtsgremien Zu kurz gesprungen oder Programmteile , auch unter Nut- Resolution des Deutschen Kulturrates zu den geplanten Die Aufsichtsgremien, also Rundfunk- zung kommerzieller Plattformen, die räte, Fernsehrat des ZDF und Hör- Rechte der beteiligten Urheber und Neuregelungen zum Arbeitslosengeld I funkrat von Deutschlandradio, haben Leistungsschutzberechtigten wahrt, die Aufgabe, die öff entlich-rechtlichen insbesondere deren Recht auf ange- Berlin, den ... Mit großem In- cherung, erhalten bei Arbeitslosigkeit die Rückkehr zur früheren Rahmenfrist Sender zu beraten und zu kontrollieren. messene Vergütung. teresse hatte der Deutsche Kulturrat, in den meisten Fällen allerdings kein von drei Jahren Sie sollen die Breite der Gesellschaft der Spitzenverband der Bundeskul- Arbeitslosengeld, weil sie die Voraus- • das Befristungskriterium von  auf widerspiegeln und die Interessen der Klangkörper turverbände, dem Koalitionsvertrag setzungen strukturell nicht erfüllen mindestens  Wochen zu erhöhen Allgemeinheit vertreten. Die Aufga- entnommen, dass »eine sachgerechte können. • die Verdienstgrenze zu streichen ben und die Verantwortung gerade Die in der ARD zusammengeschlosse- Anschlussregelung beim Arbeitslosen- Nun soll im Rahmen des »Gesetzes zur oder zumindest auf die Beitrags- mit Blick auf die Entscheidung über nen Rundfunkanstalten unterhalten geld für überwiegend kurz befristet Stärkung der Qualifi zierung und für bemessungsgrenze der Arbeitslo- die Telemedienkonzepte der Sender Klangkörper, also BigBands, Chöre und Beschäftigte, die den Besonderheiten mehr Schutz in der Arbeitslosenversi- senversicherung anzuheben. sind gewachsen. Es besteht daher die Orchester. Die Aufgaben der Klangkör- der Erwerbsbiografi en der in der Kultur cherung« die Rahmenfrist von  auf Der Deutsche Kulturrat appelliert Erwartung, dass die entsendenden In- per haben sich in den letzten Jahren Beschäftigten hinreichend Rechnung  Monate erhöht werden. Diese Re- an die Abgeordneten des Deutschen stitutionen ein besonderes Augenmerk verändert. Fragen der Musikvermittlung trägt« im Jahr  geschaff en werden gelung hilft zwar manchen gastweise Bundestags, sich bei den anstehen- darauf richten, dass die Mitglieder der haben an Bedeutung gewonnen. Viele soll. Hieran knüpfte sich die Erwartung, an Theatern Beschäftigten, läuft aber den Beratungen zum »Gesetz zur Aufsichtsgremien die entsprechenden Klangkörper haben darauf reagiert und dass ein seit einem Jahrzehnt beste- bei den kurz befristet Beschäftigten Stärkung der Qualifi zierung und für Qualifi kationen mitbringen oder sich decken nicht nur den Bedarf an Musik, hender Missstand endgültig beseitigt in der Filmbranche sowie vielen, die mehr Schutz in der Arbeitslosenver- gegebenenfalls weiterbilden. Eini- sondern wecken ihn auch. Die Klang- wird. in Theatern en suite spielen, ins Leere. sicherung« für eine tatsächliche Ver- ge entsendende Institutionen bieten körper haben eine große Bedeutung Überwiegend kurz befristet Beschäf- Um die Situation der kurz befristet Be- besserung der Situation der in der Kul- entsprechende Fortbildungen für ihre in der Aufführung zeitgenössischer tigte aus dem Kulturbereich, insbe- schäftigten tatsächlich sachgerecht zu tur- und Medienbranche kurz befristet Rundfunkratsmitglieder an. Die Län- Ernster Musik. Die Kulturprogramme sondere der Theater- und Filmbranche, verbessern, bedarf es folgender weiter- Beschäftigten einzusetzen. der müssen in ihren Rundfunkgesetzen des öff entlich-rechtlichen Rundfunks zahlen Beiträge zur Arbeitslosenversi- gehender Regelungen: sicherstellen, dass die entsendenden Fortsetzung auf Seite  Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  DOKUMENTATION 31

Fortsetzung von Seite  vergeben ihrerseits Kompositionsauf- gefordert, um die Arbeit vor Ort nicht unter: https://www.kulturrat.de/po- abrufbar unter: https://www.kultur- kommission-zur-revision-der-avmd- träge oder arbeiten mit Komponisten zu konterkarieren. Auch müssen sich sitionen/kultur-und-medien-inder- rat.de/positionen/deutscher-kultur- richtlinie-vom---/ zusammen. Sie leisten damit einen die Verantwortlichen der Klangkörper digitalen-welt/ rat-zur-medienkonvergenz/ • Stellungnahme des Deutschen Kul- Beitrag zur Weiterentwicklung des fragen, wie programmrelevant ihre Ar- • Stellungnahme des Deutschen Kul- • Stellungnahme des Deutschen turrates zur Anpassung des Teleme- Musiklebens in Deutschland, zum beit ist und welche anderen Akteure in turrates zum »Grünbuch über die Kulturrates zum »Vorschlag der dienauftrags des öffentlich-recht- zeitgenössischen Musikschaff en und den jeweiligen Arbeitsfeldern bereits Vorbereitung auf die vollständige EU-Kommission zur Revision der lichen Rundfunks, abrufbar unter: zur musikalischen Bildung. Von den aktiv sind. Die Akzeptanz der Klang- Konvergenz der audiovisuellen Welt: AVMD-Richtlinie vom ..« https://www.kulturrat.de/positionen/ Klangkörpern aufgeführte Werke sind körper hängt wesentlich davon ab, mit Wachstum, Schöpfung und Werte« vom .., abrufbar unter: stellungnahme-des-deutschen-kul- Bestandteil des Programms und errei- welchem Selbstverständnis und welcher vom .., abrufbar unter: https://www.kulturrat.de/positio- turrates-zur-anpassung-des-teleme- chen dadurch eine breite Hörerschaft. Sensibilität sie sich in das Musikleben https://www.kulturrat.de/positionen/ nen/stellungnahme-des-deutschen- dienauftrags-des-oeff entlich-rechtli- Dafür ist es erforderlich, dass sie an im Sendegebiet einbringen. gruenbuch-ueber-dievorbereitung- kulturrates-zum-vorschlag-der-eu- chen-rundfunks/ attraktiven Sendeplätzen ausgestrahlt Die politisch Verantwortlichen in den auf-die-vollstaendige-konvergenz- werden. Die Klangkörper sollten beson- Ländern und teilweise auch Kommu- der-audiovisuellen-welt-wachstum- ders im gesamten Sendegebiet eines nen dürfen die Klangkörper des öff ent- schoepfung-und-werte/ Senders auftreten. lich-rechtlichen Rundfunks nicht als • Öff entlich-rechtlicher Rundfunk in Deutschland lebt Zusammenhalt Zugleich muss berücksichtigt werden, Ausfallbürgen für anderweitig nicht der digitalen Medienwelt. Stellung- dass einige Kommunen eigene Klang- zu fi nanzierende Musikangebote ver- nahme des Deutschen Kulturrates in Vielfalt körper unterhalten. Die Klangkörper stehen. Hier ist mehr Ehrlichkeit er- vom .., abrufbar unter: Resolution des Deutschen Kulturrates des öff entlich-rechtlichen Rundfunks forderlich. https://www.kulturrat.de/positionen/ werden vor Ort daher teilweise auch oeff entlich-rechtlicher-rundfunk-in- als Konkurrenz wahrgenommen. Hier  Folgende Stellungnahmen und Posi- der-digitalen-medienwelt/ Berlin, den ... Anlässlich Wir appellieren: Lassen Sie uns über ist in der Wahl der Auftrittsorte und tionspapiere sind zu nennen: • Stellungnahme des Deutschen des diesjährigen Tags der Deutschen das Gelingen des Zusammenlebens in des Programms eine hohe Sensibilität • Kultur und Medien in der digitalen Kulturrates zum Zwischenbericht Einheit unterstreichen Sprecher- Vielfalt sprechen. Vielfalt kann auch von den Verantwortlichen der Klang- Welt. Stellungnahme des Deutschen der Bund-Länder-Kommission zur rat und Mitgliederversammlung des anstrengend sein, Vielfalt fordert zu körper öff entlich-rechtlicher Sender Kulturrates vom .., abrufbar Medienkonvergenz vom .., Deutschen Kulturrates, dass Deutsch- Streit und Widerspruch heraus. Dies land Zusammenhalt in Vielfalt lebt. ist für uns ein Ansporn, umso ent- Der Deutsche Kulturrat unterstützt schiedener für »Zusammenhalt in damit als Mitglied der Allianz für Vielfalt« einzutreten. Weltoff enheit ausdrücklich die Aktion Wir erinnern daran: Deutschland ist Bundesministerium für Bildung und Forschung soll Dialog »Deutschland#vereint«. ein weltoff enes Land, das in der Mitte Wir sind davon überzeugt: Unser Land Europas liegt. Deutschland profi tiert zur kulturellen Bildung mit Zivilgesellschaft wieder aufnehmen steht für Zusammenhalt über kulturel- vom europäischen Einigungsprozess Deutscher Kulturrat appelliert an Ministerin Karliczek, le, religiöse und soziale Unterschiede und vom Zusammenwirken in einem hinweg. Tagtäglich engagieren sich friedlich vereinten Europa. Deutsch- Zivilgesellschaft als Dialogpartner anzuerkennen Menschen in Vereinen und Verbän- lands Kultur ist auch geprägt von den den für diesen Zusammenhalt. Sie Einfl üssen aus anderen Ländern. Die- Berlin, den ... Die Mitglieder- genheit dazu geführt haben, dass ein gesellschaft mit ihren außeruniversitä- sind ehrenamtlich aktiv in Chören, se bewusst zu machen, sehen wir als versammlung des Deutschen Kultur- gelungener Theorie-Praxis-Transfer ren Einrichtungen, die praxisorientierte Orchestern und Bands, in Kunstver- Verpfl ichtung. rates, des Spitzenverbands der Bun- stattgefunden hat, werden nicht mehr Forschung leisten, wird nicht mehr als einen und Leseclubs, auf den Bühnen Der Tag der Deutschen Einheit ist für deskulturverbände, erkennt an, dass aufgegriff en. Wissensakteur an der Schnittstelle von der Amateurtheater, in Soziokultu- den Deutschen Kulturrat ein guter das Bundesministerium für Bildung Zivilgesellschaftliche Organisationen Praxis und Forschung anerkannt. rellen Zentren und vielem anderen Anlass zu verdeutlichen, dass »Zu- und Forschung mit seinen Program- bündeln in den eigenen Reihen unter- Darüber hinaus wird der Eigenständig- mehr. Ihr Gemeinsinn schafft den sammenhalt in Vielfalt« gelingt. Der men, wie beispielsweise »Kultur macht schiedliche Erfahrungen und Einschät- keit der zivilgesellschaftlichen Akteu- Zusammenhalt. Deutsche Kulturrat hat zusammen mit stark«, seinen Bundeswettbewerben, zungen aus der Praxis und verdichten re in der aktuellen Förderpolitik kein Wir sind davon überzeugt: In unserem  anderen Institutionen und Orga- seinen Fortbildungskonzeptionen und diese zu Positionen, die aktuell vom angemessener Raum zuerkannt. Der Land gelingt das Zusammenleben von nisationen die »Initiative kulturelle Forschungsförderrichtlinien, einen Bundesministerium für Bildung und Eigensinn der Zivilgesellschaft erfährt Menschen unterschiedlicher Herkunft, Integration« ins Leben gerufen. Die wichtigen Beitrag zur kulturellen Bil- Forschung nicht wahrgenommen wer- keine Wertschätzung. Auch werden die Religion und sozialem Status. Jeden Mitglieder der Initiative kulturelle In- dungslandschaft leistet und hierfür in den. Sie stellen aber wichtige Grundla- besonderen Strukturen des ehrenamt- Tag erleben wir im Kultur- und Me- tegration vertreten ein breites Spekt- den letzten Jahren die fi nanziellen Res- gen für eine zukunfts orientierte posi- lichen Engagements in den Fördervor- dienbereich das Zusammenarbeiten rum an Institutionen und Organisati- sourcen kontinuierlich aufgestockt hat. tive Weiterentwicklung der kulturellen gaben nicht berücksichtigt, da sie sich von Menschen aus unterschiedlichen onen, verschiedene politische Ebenen Der Erfolg dieser Programme ist dem Bildung und ihrer Strukturen dar. ausschließlich an Hochschulstrukturen Ländern, verschiedener Hautfarbe und und Interessen. Gemeinsam haben die Engagement der beteiligten Zivilge- Die aktuelle Förderpolitik des Bun- mit einem entsprechenden Verwal- einer Vielfalt an kulturellen Hinter- Mitglieder Initiative kulturelle Integ- sellschaft zu verdanken. Jedoch sieht desministeriums für Bildung und For- tungsapparat orientieren. gründen. Diese Vielfalt bereichert ration  Thesen »Zusammenhalt in der Deutsche Kulturrat mit Sorge, dass schung konzentriert sich ausschließlich Der Deutsche Kulturrat appelliert an unser kulturelles Leben. Jeden Tag Vielfalt« erarbeitet. Allein dieser Eini- der Dialog, den das Bundesministerium auf die Forschung in Hochschulen. Syn- Ministerin Karliczek, den Dialog wieder entdecken alte und junge, Menschen gungsprozess von sehr unterschiedli- für Bildung und Forschung in früheren ergieeff ekte, die aus einer kooperativen zu intensivieren und das Potenzial der mit und ohne Handicap, hier Gebore- chen Verbänden und Organisationen Zeiten sehr intensiv mit der Zivilge- Zusammenarbeit von Praxis und The- Zivilgesellschaft in Praxis, Forschung ne und Zugezogene Kultur- und Bil- beweist, dass Zusammenhalt gelingt. sellschaft geführt hat, in den letzten orie entstehen, werden derzeit nicht und Theorie für die kulturelle Bildung dungseinrichtungen. Sie genießen die Lassen Sie uns über das Gelingen Jahren abgenommen hat. Impulse aus genutzt. Ganz eingestellt wurde die auf allen Ebenen als Impulsgeber an- Breite und die Vielfalt des Angebots reden! Lassen Sie uns das Gelingen der Zivilgesellschaft, die in der Vergan- praxisbezogene Forschung. Die Zivil- zuerkennen und zu nutzen. und lassen sich davon inspirieren. zeigen!

Vorwort und Einleitung – Olaf Zimmermann: – Klaus Stern: Eine Kulturstaatsklausel für das Zweite Moderne / S. 23 – Gabriele Schulz: Von der Leitkulturdiskussion Grund gesetz. Verfassungsrechtliche Überlegungen zur kulturellen Integration aus aktuellem Anlass Schwergewichte! / S. 25 / S. 122 Das Leid mit der – Jan-Hendrick Olbertz: Kultur als Staatsziel – Olaf Zimmermann: Die Kunst ist frei / S. 125 af Zimmerm Leitkulturstandardskulturstandards  / S. 37 – Norbertbert Lammert: Lammert: Nachdenken über Leitkultur. – Peter Peter Raue: Wie frei darf Kunst sein? Wo liegen Welchehe Verbindlichkeiten brauchen wir? die rechtlichen GGrenzen der Kunstfreiheit und wie Jetzt bestellen Mit jeweils mehr als  Seiten sind zwei neue »Schwerge- Wertedebatte: / S. 39 – Klaus von Beyme:Eine unnötige Debatte oder werden sie defindefiniert? / S. 129 www.kulturrat- wichte« in der Buchreihe »Aus Politik & Kultur« erschienen. wass gehört zur Kultur? Kulturpolitik sollte sich nicht – Olaf Zimmermann: Kunstfreiheit ist ein Kernbestand- mit der Diskussion Diskussion um um Leitkultur Leitkultur belaste belasten teil der Demokratie. Jeder unrechtmäßigenun Einschränkung shop.de / S. 42 Die Bücher »Wertedebatte: Von Leitkultur bis kulturelle – Max VonFuchs: Fuchs: Leitkultur, kulturelle Leitkultur Vielfalt und die derer Kunstfreiheit bis muss entgeentgegengetreten werden Politik. Über Containerbegriffe – York-Gothart Mix:Mix: / S. 132 ontai / S. 45 Schließt Demokratie Zensur nicht aus? Integration« und »Die dritte Säule: Auswärtige Kultur- und – Hermannmann Glaser:Glaser: Deutsche Leitkultur und deudeutsche Kunstfreiheit und Zensur in der Bundesrepublik / S. 134 Unkultur.ultur. Im Im Nachgang Nachgang zum zum Schillerjahr Schillerjahr   – Regine Möbius:Möbius: Bis hierher und nicnicht weiter! Bildungs politik« liefern einen umfassenden thematischen / S. 48 – Georgrg Ruppelt:Ruppelt: Verordnete Leitkultur: Politik Oder Kunstfreiheit in der DDR kulturelle Integration / S. 13713

Überblick über die Debatten zu den Themen Werte und Aus- und Literatur. Vor  Jahren ließ Friedrich – Petra Bahr:Bahr: Verletzte Gefühle. Was darf die Kunst Schillers Wilhelm Tell verbieten im Umgang mit Religion? / S. 52 it R / S. 140 – Herfried Münkler: – wärtige Kultur- und Bildungspolitik, der bis zu anderthalb Imperiale Leitkultur. Kultur alsVorwort und JakobEinleitung Johannes Koch: Differenzieren. Versachlichen. Mittel der politischen Integration Gebrauchsanleitung für das Spannungsfeld Kunst- und / S. 55 – Olaf Zimmermann: – Patrick Kurth: Tragende Säule in der Außenpolitik. Jahrzehnte zurückreicht und zugleich neue Kontexte er- – Claudia Roth: InnenAußenKulturpolitik Deutsche Begriffskrankheit. – Johannes Ebert:Religionsfreiheit / S. 143 / S. 25 Zur Auswärtigen Kulturpolitik Globale Debatte / S. 27 / S. 113 Die Leitkulturdebatte offenbart – Theresa Brüheim:– Olaf Zimmermann: – schließt. Sie werden herausgegeben von Olaf Zimmermann konservative In  Seiten um Kunst- die Welt und Meinungsfreiheit: Lukrezia Jochimsen: Versprechen gebrochen. Konzeptlosigkeit / S. 58 AKBP – zwischenÜber diePropaganda Grenzen der und grenzenlosen Kulturdialog?/ S. 29 Freiheit? Auswärtige Kulturpolitik unter Schwarz-Gelb: – Bassam Tibi Ein Kommentar zur Kunst- und Meinungsfreiheit und Theo Geißler. : Über Bürgerrechte und Bürgerpflichten.– Max Fuchs: Deutschlands Bild in der Welt. Anmerkungen Ein Trauerspiel / S. 147 / S. 115 Die Leitkulturdebatte ist wieder entfacht zur Auswärtigen– Elke Kultur- Monssen-Engberding: und Bildungspolitik – : / S. 61 Wie weit muss Jugend- Quo vadis? Zur Auswärtigen Kultur- – Petra Bahr: Bewegung im Werden. Zehn Thesen zur– Horst Harnischfeger:schutz gehen? Was hat Vorrang: /Jugendschutz S. 41 oder und Bildungspolitik Leitkultur in der Die Europadritte stärken, Frieden sichern. Säule: / S. 116 Einwanderungsgesellschaft Ziele AuswärtigerKunstschutz? Kultur- und / S. 149 Bildungspolitik – Monika Grütters: Bestellen Sie die Bücher für jeweils , Euro / S. 66 Künstler als Schrittmacher – Max Fuchs: Kein Vertrauen in die eigene Kultur? – Daniel Gad:Die Diskussion um einen Kanon / S. 46 moderner Gesellschaften. Die Auswärtige Kultur- Möglichkeitsraum für Vernetzung, Offenheit inkl. Versand unter www.kulturrat-shop.de oder Leitkultur oder Wertedebatte: eine problematische und Interdisziplinarität.– Jörg-Dieter Zur Gauger: Bedeutung Ohne der Fakten Auswärtigen geht es nicht. und Bildungspolitik Alternative Warum kulturelle Bildung einen Kanon braucht / S. 117 / S. 70 Kultur- und Bildungspolitik in Deutschland – Max Fuchs: Deutsche auswärtige Kulturpolitik im – Thomas de Maizière im Gespräch mit Hans Jessen: Beiträge– / S. 49 zur / S. 153 Aus - per E-Mail an [email protected]! – Erik Bettermann: Birgit Jank: Ist ein Werke-Kanon heute zeitgemäß? europäischen Kontext. Themen und Trends Deutschland im Wettbewerb um »Und weil wir dies Land verbessern, Lieben und die WeltöffentlichkeitEinige Gedanken zum Kanon und zu seiner Vergangen-– Ronald Grätz: / S. 119 Glaubwürdigkeit und Vertrauen als beschirmen wir’s« heit in der / S. 53DDR / S. 73 – Monika Grütters: Brücken zwischen/ S. 157 den Menschen. Währung. Zum Verhältnis von Auswärtiger Kultur- und – und Kamilla Schröder: Zur Funktion– Gabriele von Kunst Schulz: und Kultur Viel Lärm um nichts?! Die Bildungspolitik und Außenwirtschaftspolitik Wertedebatte: Die dritte Säule: (vermeintliche) deutsche Leitkultur. Der Wahlkampf- wärtigen / S. 55 Kultur- und Die Diskussion um einen Kanon / S. 124 Ein Diskurs entsteht: AKBP im Laufe der /Jahre S. 160 – Ronald Gr ätz und Olaf Zimmermann: Von Leitkultur bis Beiträge zur Aus wärtigen stand des Bundesinnenministers – Claudia Schwalfenberg: Paradigmen- / S. 78 – Wilfried Grolig: Zur Lage der Auswärtigen Ohne Kultur- Mut zur und Beschränkung wechsel in der Kulturpolitik. Deutscher Kulturrat – Ludwig Greven im Gespräch mit Olaf Zimmermann: geht es nicht. Frei zur Bildung – Plädoyer für einen Bildungspolitik. Internationaler Kulturdialog in der und Institut für Auslandsbeziehungen kooperieren kulturelle Integration Kultur- und Bildungspolitik »Man darf sich vor einer fremden Kultur fürchten« offensiven Kulturkanon Verantwortung für unsere gemeinsame / S. 163 Zukunft – : / S. 129 – Michael Wolffsohn im Gespräch mit Hans Jessen: / S. 82 Bildungspolitik– Auswärtige Kulturpolitik in – Kurt-Jürgen Hermann Maaß: Wilske: Pro Kanon: Kultur / S. 59 weitergeben Zeiten der Globalisierung ISBN: ---- ISBN: ---- Was ist deutsch? – Auf der Suche nach der Aus- / S. 167 / S. 131 / S. 87 wärtigen Kulturpolitik. Christian Höppner:Zu drei zentralen Contra Fragen Kanon: der Kanon ist – Monika Grütters, Ulla Schmidt, Harald Leibrecht,  Seiten für € ,  Seiten für € , – Thomas de Maizière: Außenkulturpolitikdidaktische Steinzeit »Das Grundgesetz kann nicht / S. 63 / S. 169 Lukrezia Jochimsen, Claudia Roth: ein gutes Miteinander definieren.« Was ist deutsch? Was ist Heimat? Zur Zukunft / S. 92 – Wilfried Grolig: Gedanken zur multilateralen der Auswärtigen Kulturpolitik Kulturstaat – Staatsziel Kultur – Olaf Zimmermann: / S. 134 Kultur politik. Dynamik der Globalisierung Heimat / S. 173als Heraus – Ronald Grätz: Weil das Wünschen wieder helfen – Paul Raabe: – Katrin Göring-Eckardt: Von der Kulturnation zum Kult t forderung Heimat wir su h h- muss Konzeptionelle V hlä mermann und Theo Geißler / S66 32 DAS LETZTE www.politikundkultur.net

Kurz-Schluss Wie ich einmal – ganz ohne mein Zutun – meinem geliebten Heimatland seine übel verletzte Ehre rettete

THEO GEIẞLER . Es reichte nicht zur Allein- pfl icht für nicht in den bayerischen für Dobrindt gehaltener Teilnehmer sind als treue Gefolgsleute, Majestät herrschaft. Wenigstens fand sich mit Grenzen geborene Menschen (Preis pro und sprang auf. Er riss sich ein paar Markus, eigentlich mit jeder Eurer wei- Für mich als gestandenen Oberbayer, der Biedermeierpartei der sogenann- Visum tausend Franz-Josef-Strauß-Ta- Gummilappen von Kopf und Hals und sen Entscheidungen bekanntermaßen Hausgeburt aus Gmund am Tegernsee, ten »Freien Wähler« ein williges und ler, entsprechen zwei Millionen Euro.) entpuppte sich als: Ministerpräsident herzlich gern einverstanden. Gewährt war es ein grober Schock, ein emotio- zahlenmäßig ausreichendes Koalitions- Maßnahmen zur drastischen Erhöhung Markus Söder höchstpersönlich. uns nur eine Bitte, damit wir unseren naler Tsunami, ein Blitzeinschlag in Häufl ein. der Erderwärmung mit dem Ziel, Nürn- »Eure Intention ist ja recht ehren- Wählern gegenüber die Glaubwürdig- die Großhirnrinde: unser bayerisches Dennoch saß die schmähliche Nie- berg als Welthafen zu etablieren. wert. Aber von Euch alten Deppen lass keit behalten: Gestaltet die Raumsta- Landtagswahl-Ergebnis. Dass die derlage tief. Natürlich konnte man nach Endlich entsann man sich eines et- ich mir doch meine Ideen nicht kramp- tion – es handelt sich eigentlich um Christlich-Soziale Union ihre demo- außen hin die Hauptschuld zwischen was in Vergessenheit geratenen Wahl- feln – Wachen herein!« Ein Batallion der kleine Äußerlichkeiten – im bayeri- kratisch in der Verfassung verankerte Moskau, Berlin und Washington aufzu- versprechens von Markus Söder: Er bayerischen Allzeit-Bereitschaftspolizei schen Landhaus-Stil. Mit Balkon und absolute Regierungsmehrheit in derart teilen versuchen. Aber der ungeheure hatte ja in Aussicht gestellt, Bayern als stürmte den Bunker und umringte die ein bisserl Lüftl-Malerei. Das gibt un- drastischem Umfang einbüßte, hatten bajuwarische Drang, jede Form von Weltraummacht zu etablieren. Weiß- Anwesenden. »Mit meinem Freund Do- serem Plan – denn wir sind ja auch ein gewisse kommunistische Auguren zwar Schmach zu tilgen, die mondiale Gel- blaue Fahnen auf Mond und Mars? nald hab ich neulich im Oval Offi ce aus- Agri-Kulturland – das richtige Gewicht orakelt. Aber dass der Arm von Putins tung des »schönsten Landes der Welt« Der FC Bayern als Weltall-Meister? gemacht, dass wir zehn von den alten und das ehrliche Gesicht.« Wahlfälschungssoftware (oder waren es (Söder) wiederherzustellen, brodelte Quälgeist Seehofer zusammen mit im Untergrund von Wackersdorf ver- Dem aufbrausenden Beifall schlos- diesmal die Amis?) bis nach München unterm schönfärberisch medialen Krätze Merkel auf einen Jupitermond steckten Pershing--Raketen geschenkt sen sich auch die Allzeit-Bereitschafts- reicht, hatte wohl kein rechtschaff ener Deckchen brutal weiter. Man sah Ab- verbannt? Man merkt: Daran fanden bekommen. Die werden gebündelt und polizisten an… Bürger erwartet. geordnete mit Hirschfängern und die Ehren-Wiederbeschaff ungs-Sena- mit einer Raumstation gekrönt. Und Dabei waren die Wahlversprechen Bolzenschussgeräten um den Landtag toren spontan Geschmack, mussten gekrönt werde auch ich, weil ich hab unseres taufrischen, gelenkig zwischen schleichen. In der Kantine erhielt der allerdings von einigen Semi-Realos die Nase voll, als dürftiger Minister- Bundhose und Dirndl changierenden Ministerpräsident sicherheitshalber aus ihrem Zirkel vorerst doch leicht präsident mir für jede meiner brillan- Ministerpräsidenten-Aspiranten Mar- drei preiswerte bulgarische Vorkoster. eingebremst werden. Woher die Rake- ten Ideen die Zustimmung von Euch kus Söder super attraktiv: Drastische Schließlich formierte sich heimlich ten nehmen – und nicht stehlen – oder Kretins zu holen. Wer leben will, rufe Steuersenkungen Trump’schen Ausma- ein überparteilicher »boarischer« Eh- aber: warum auch nicht? Man könne jetzt: Es lebe König Markus der Erste«! ßes speziell für die High-Tech-Industrie, renrettungs-Senat – so benannte sich wahrscheinlich mit den raketentech- Und unter den finsteren Blicken giftfreien Diesel mit Veilchenduft an das Gremium selbst. Bei einem ersten nisch bestens versierten Nordkoreanern der Allzeit-Bereitschaftspolizisten er- jeder Tankstelle, jedem zugängliche Brainstorming im World-Café-Format günstig ins Geschäft kommen – schlug schallte, in der Lautstärke anschwel- superschnelle WLAN-Router in ge- (Tagungsort ein ansonsten unbekannter ein Lobbyist der Seidenstraßen Ltd. lend, neunmal der Hoch-Ruf. Dann schmackvoller Kreuzform an allen Bunker im Obersalzberg) häuften sich vor. Kostenlose Studienplätze an der ertönte eine etwas quäkende Stimme Schulen, Finanzämtern und katholi- zunächst doch recht krause Vorschlä- begehrten Münchener Musikhochschu- und ein bislang unscheinbar gebliebe- schen Kirchen. Und den großen Baye- ge an: Antrag, als . Staat in die USA le für höhere koreanische Töchter im nes Mitglied der ehrenwerten Gesell- rischen Orden für werdende Mütter aus aufgenommen zu werden (prima Markt Tausch gegen Antriebs-Technologie. schaft stellte sich als »Aiwanger, Freie Theo Geißler ist Herausgeber von Brezenteig in Form einer meterhohen für BMW, Audi und Lederhosen). Visa- »Schmarren«, rief da plötzlich ein stets Wähler, Koalitionspartner« vor. »Wir Politik & Kultur

TAUBENSCHISS  DIE P&KTRUMPFAKES

London: Street-Art-Künstler Banksy und von der Bayerischen Schlösserver- wollte sein während einer Auktion in waltung verwaltet, demnächst gehen London teilweise zerstörtes Kunstwerk sie in den Besitz von König Markus dem eigentlich vollständig schreddern. In Ersten (Söder) über. einem Video zeigt er nicht nur, wie der Schreddermechanismus instal- Dessau: Absage des Konzerts von »Feine liert wurde, sondern auch die Verstei- Sahne Fischfi let«. Die linke Punkband gerung im Auktionshaus Sotheby’s und darf nicht im historischen Bauhausge- die teilweise Zerstörung des Werks, bäude Dessau auftreten. Die offi zielle nachdem der Auktionator den Zuschlag Begründung zeigt, dass das Haus die erteilt hatte. Begeistert über diese Ak- Zeichen der Zeit verstanden hat. Statt tion zeigte sich die Rektorenkonferenz linkem Punk gibt es einen Kulturkon- der deutschen Kunsthochschulen. Wir gress der AfD zum Thema: Wie reinigt werden unseren Absolven*tinnen je man linksversiff te deutsche Schulen? hundert solcher Rahmen zur Verfügung stellen. Es handele sich um die bislang Hamburg: Das interkulturelle Festi- intelligenteste kommerzielle Förde- val »eigenarten« in Hamburg bietet rung der Malerei. Künstlern aus den unterschiedlichs- ten Ländern zum . Mal eine Bühne. München: Kurzfristig ist bei der »Mu- »Sie haben Anker geworfen in Hamburg nich Show – Mineralientage München« und kommen aus aller Welt«, teilten eine faszinierende Ausstellung zu den die Veranstalter mit. Die Teilnehmer Preziosen der Wittelsbacher zu sehen. hätten ihre kulturellen Wurzeln in Unter der Schirmherrschaft von Her- Ländern wie Brasilien, Vietnam und zog Franz von Bayern werden Original- Südafrika – und »vielerlei Einfl üsse im Schmuckstücke der ehemaligen bayeri- kreativen Gepäck«. Als Festredner hat schen Herrscherfamilie gezeigt. Derzeit sich Innenminister an- werden die Wittelsbacher Preziosen geboten. »Ankerzentren – das ist mein und Juwelen größtenteils von den Ins- Spezialthema. Da können wir gleich mal titutionen »Wittelsbacher Ausgleichs- fl ottes Abschieben üben.«

KARIKATUR: KLAUS STUTTMANN KLAUS KARIKATUR: fonds«, »Wittelsbacher Landesstiftung« Thg.

IMPRESSUM

Politik & Kultur – ANZEIGENREDAKTION Politik & Kultur erscheint der Newsletter des Deutschen Kulturrates nicht unbedingt die Meinung des Deutschen Zeitung des Deutschen Kulturrates Martina Wagner, ConBrio Verlagsgesellschaft sechsmal im Jahr. (zwei- bis dreimal mal pro Woche) unter Kulturrates e.V. wieder. Aus Gründen der c/o Deutscher Kulturrat e.V. Telefon:  .  - www.kulturrat.de abonniert werden. besseren Lesbarkeit wird manchmal auf die Taubenstraße , Fax: .--, [email protected] ABONNEMENT zusätzliche Benennung der weiblichen Form  Berlin  Euro pro Jahr (inkl. Zustellung HAFTUNG verzichtet. Wir möchten deshalb darauf hin- Telefon:  .    VERLAG im Inland) Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte weisen, dass die ausschließliche Verwendung Fax:  .    ConBrio Verlagsgesellschaft mbH und Fotos übernehmen wir keine Haftung. der männlichen Form explizit als ge- www.politikundkultur.net Brunnstraße  BESTELLMÖGLICHKEIT Alle veröff entlichten Beiträge sind urheber- schlechtsunabhängig verstanden werden soll. [email protected]  Regensburg Politik & Kultur rechtlich geschützt. Politik & Kultur bemüht Telefon:  .  -, www.conbrio.de Taubenstraße  sich intensiv um die Nennung der Bildautoren. FÖRDERUNG HERAUSGEBER  Berlin Nicht immer gelingt es uns, diese ausfi ndig zu Gefördert aus Mitteln Der Beauftragten Olaf Zimmermann und Theo Geißler DRUCK Tel.:  .   , machen. Wir freuen uns über jeden Hinweis der Bundesregierung für Kultur und Medien Freiburger Druck GmbH & Co. KG Fax:  .    und werden nicht aufgeführte Bildautoren in auf Beschluss des Deutschen Bundestages. REDAKTION www.freiburger-druck.de [email protected] der jeweils nächsten Ausgabe nennen. Olaf Zimmermann (Chefredakteur v.i.S.d.P), Gabriele Schulz (Stv. Chefredakteurin), GESTALTUNGSKONZEPT VERKAUFSSTELLEN HINWEISE Theresa Brüheim (Chefi n vom Dienst), Ilja Wanka und S Design Politik & Kultur ist im Abonnement, in Der Deutsche Kulturrat setzt sich für BEILAGENHINWEIS Andreas Kolb Bahnhofsbuchhandlungen, großen Kiosken Kunst-, Publikations- und Informations- Diese Ausgabe enthält das Dossier LAYOUT UND SATZ sowie an Flughäfen erhältlich. Alle Ausgaben freiheit ein. Offi zielle Stellungnahmen »Inklusion in Kultur und Medien«. REDAKTIONSASSISTENZ Petra Pfaff enheuser können unter www.politikundkultur.net des Deutschen Kulturrates sind als solche Maike Karnebogen ConBrio Verlagsgesellschaft Regensburg auch als PDF geladen werden. Ebenso kann gekennzeichnet. Alle anderen Texte geben