Inhaltsverzeichnis Plenarprotokoll 17/150

Deutscher

Stenografischer Bericht

150. Sitzung

Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011

Inhalt:

Zusatztagesordnungspunkt 9: Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zwanzig Jahre Rentenüberleitung – Abgabe einer Regierungserklärung durch den Perspektiven für die Schaffung eines Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und einheitlichen Rentenrechts in Deutsch- Reaktorsicherheit: zu den Ergebnissen des land Klimagipfels in Durban ...... 17991 A (Drucksachen 17/5540, 17/7393) ...... 18014 D Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU ...... 17991 B b) Antrag der Abgeordneten Iris Gleicke, , Silvia Schmidt (Eisle- Dr. (SPD) ...... 17995 D ben), weiterer Abgeordneter und der Frak- (FDP) ...... 17997 B tion der SPD: Einsetzung einer Bund- Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) ...... 17998 D eines „Rentenüberleitungsabschlussge- Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) ...... 17999 D setzes“ und zur Einrichtung eines „Här- tefallfonds“ (SPD) ...... 18001 A (Drucksache 17/6486) ...... 18014 D Renate Künast (BÜNDNIS 90/ c) Antrag der Abgeordneten Iris Gleicke, DIE GRÜNEN) ...... 18002 C Anette Kramme, Silvia Schmidt (Eisle- Birgit Homburger (FDP) ...... 18004 B ben), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Sofortige Ost-West-An- Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ gleichung von pauschal bewerteten DIE GRÜNEN) ...... 18005 B Versicherungszeiten beim Erwerb von (SPD) ...... 18006 A Entgeltpunkten für die Rentenversiche- rung vornehmen Dr. (CDU/CSU) ...... 18007 C (Drucksache 17/6487) ...... 18015 A Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) ...... 18008 D d) Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ Bunge, Matthias W. Birkwald, Dr. Gregor DIE GRÜNEN) ...... 18009 D Gysi, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Bund-Länder-Arbeits- Josef Göppel (CDU/CSU) ...... 18010 D gruppe zur Korrektur der Überleitung Ulrich Kelber (SPD) ...... 18011 D von DDR-Alterssicherungen in bundes- deutsches Recht (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . 18013 B (Drucksache 17/7034) ...... 18015 A Iris Gleicke (SPD) ...... 18015 B Tagesordnungspunkt 29: Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär a) Beratung der Großen Anfrage der Abge- BMAS ...... 18017 A ordneten Silvia Schmidt (Eisleben), Anette Kramme, Gabriele Hiller-Ohm, weiterer Hans-Joachim Hacker (SPD) ...... 18018 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011

Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär DIE LINKE: Mietrecht sozial gerecht BMAS ...... 18019 B weiterentwickeln (Drucksache 17/4837) ...... 18048 B Dr. (DIE LINKE) ...... 18019 C b) Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) ...... 18021 B , Dr. , Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn weiterer Abgeordneter und der Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ...... 18022 B DIE LINKE: Mindeststandards bei der Angemessenheit der Kosten der Unter- (CDU/CSU) ...... 18022 D kunft und Heizung (CDU/CSU) ...... 18024 D (Drucksache 17/7847) ...... 18048 B Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) ...... 18026 C (DIE LINKE) ...... 18048 C Miriam Gruß (FDP) ...... 18028 C Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) ...... 18049 C Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) ...... 18029 B Ingo Egloff (SPD) ...... 18051 B (CDU/CSU) ...... 18030 D (FDP) ...... 18052 B Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) ...... 18032 B (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 18052 D Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) ...... 18032 D (CDU/CSU) ...... 18053 D Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) ...... 18033 A Michael Groß (SPD) ...... 18055 B Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . 18034 B (FDP) ...... 18056 A Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . 18035 D

Tagesordnungspunkt 32: Tagesordnungspunkt 30: Antrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Notz, Nicole Maisch, Tabea Rößner, weiterer Jahresbericht der Bundesregierung zum Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Stand der Deutschen Einheit 2011 NIS 90/DIE GRÜNEN: Grundrechte schüt- (Drucksache 17/7711) ...... 18036 C zen – Datenschutz und Verbraucherschutz in sozialen Netzwerken stärken b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- (Drucksache 17/8161) ...... 18057 A nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten , Dr. , Dr. (BÜNDNIS 90/ , weiterer Abgeordneter DIE GRÜNEN) ...... 18057 B und der Fraktion DIE LINKE: Staatsmi- (Altötting) (CDU/CSU) . . . . 18058 A nister für Ostdeutschland bestellen (Drucksachen 17/5522, 17/6242) ...... 18036 D Gerold Reichenbach (SPD) ...... 18060 D Dr. , Parl. Staatssekretär Dr. Erik Schweickert (FDP) ...... 18062 B BMI ...... 18037 A (DIE LINKE) ...... 18063 C Iris Gleicke (SPD) ...... 18038 B Dr. (CDU/CSU) ...... 18039 C Nächste Sitzung ...... 18064 D Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) ...... 18040 B Anlage 1 Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE) ...... 18041 D Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 18065 A Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 18043 B (Börde) (CDU/CSU) . . . . . 18044 C Anlage 2 () (SPD) ...... 18045 D Neuabdruck einer zu Protokoll gegebenen Rede zur Beratung des Antrags: Menschen- Arnold Vaatz (CDU/CSU) ...... 18046 D rechte und Demokratie in den Staaten des Südkaukasus fördern (149. Sitzung, Tagesord- nungspunkt 24) ...... 18065 D Tagesordnungspunkt 31: a) Antrag der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Anlage 3 Halina Wawzyniak, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Amtliche Mitteilungen ...... 18066 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011 17991

(A) (C)

150. Sitzung

Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011

Beginn: 9.00 Uhr

Präsident Dr. : dieser Konferenz – im Abschlussdokument ist es aus- Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz. drücklich festgehalten – hinken wir dem Problem hinter- her. Klimaschutz findet statt, er entwickelt sich dyna- Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich misch. Aber die Maßnahmen, die einzelne Staaten begrüße Sie alle herzlich zur 150. Plenarsitzung in der getroffen haben, die Maßnahmen, die die Staatenge- laufenden Legislaturperiode, die hoffentlich die letzte in meinschaft getroffen hat, sind in der Summe nicht aus- diesem Jahr sein wird. reichend. Wir tun immer noch zu wenig. Es gibt immer Wir beginnen mit dem vereinbarten Zusatzpunkt 9: noch eine erschreckende Lücke, die auch auf der Konfe- renz von denen glaubwürdig dargestellt wurde, die Abgabe einer Regierungserklärung durch den schon heute die Opfer sind. Wir haben dies auch hier in Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und der Debatte vor der Konferenz ausgeführt. Reaktorsicherheit zu den Ergebnissen des Klimagipfels in Dur- Es ist kein Pathos, es ist keine rhetorische Übertrei- (B) ban bung, sondern für die Menschen aus Grenada und aus (D) anderen kleinen Inselstaaten, die abzusaufen drohen, de- Hierzu liegt ein gemeinsamer Entschließungsantrag ren Land, deren Heimat, deren Lebensgrundlage über- der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vor. schwemmt und zerstört zu werden droht, für die Men- Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für schen in den am wenigsten entwickelten Ländern, die die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklä- unter mehr Dürre, weniger Wasser und daraus resultie- rung 90 Minuten vorgesehen. – Dazu höre ich keinen renden Konflikten zu leiden haben, ist Klimawandel eine Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Frage von Leben und Tod. Klimawandel ist eine Frage der Zerstörung von Heimat, der Zerstörung von Lebens- Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat grundlagen. Klimawandel ist zunehmend eine Quelle der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reak- von Konflikten und eine wesentliche Ursache von torsicherheit Dr. Norbert Röttgen. Flüchtlingsströmen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Es gibt Solidarität, da jeder Mensch die gleiche neten der FDP) Würde hat. Das ist unser Bild vom Menschen, das dem Grundgesetz zugrunde liegt. Darum ist uns das Schicksal Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, der Menschen an anderen Orten dieses Planeten nicht Naturschutz und Reaktorsicherheit: egal. Es ist eine Frage von humanitärer Solidarität, dass Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle- wir uns gerade als Industrieland für den Klimaschutz gen! In den Morgenstunden des vergangenen Sonntags, einsetzen. des dritten Advents, ist die bislang längste Klimakonfe- renz nach nächtelangen Verhandlungen zu Ende gegan- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) gen. Circa 20 000 Personen waren akkreditiert. Über Aber es gibt auch keine Insel der Glückseligen bei der zwei Wochen wurde verhandelt. Gerade wegen der Auf- Globalisierung. Vielmehr kommen die Probleme alle zu merksamkeit, die diese Konferenz weltweit bekommen uns. Die klimatischen Folgen kommen zu uns und errei- hat, möchte ich betonen, dass die Konferenz nicht die ei- chen uns. Auch die Flüchtlingsströme erreichen uns. Das gentliche Sache ist und dass man die Konferenz nicht ist eine elementare Frage der Gerechtigkeit in unserer nur aus sich heraus bewerten darf, wenn man dem Zeit, in doppelter Hinsicht. Es ist eine Frage der Gerech- Thema gerecht werden möchte. tigkeit, weil die Menschen auf dem Planeten, die am we- Die Konferenz ist nicht die Sache selbst. Die Sache nigsten – im Grunde nichts – zum Problem des Klima- selbst ist der Klimaschutz. Auch mit den Ergebnissen wandels beitragen, am stärksten betroffen sind. Die, von 17992 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011

Bundesminister Dr. Norbert Röttgen (A) denen ich eben gesprochen habe, sind keine Verursacher des Problems lösen. Es ist, wie ich gerade ausgeführt (C) – so gut wie nicht –, aber sie sind die Betroffenen. habe: Wir müssen 100 Prozent lösen. Mali, Grenada und andere haben nichts davon, wenn wir 15 Prozent lösen. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit in der Per- Darum waren sie bei diesem Ansatz an unserer Seite. Es spektive, die die Menschen und die Menschheit haben. war genau richtig, diesen Ansatz zu wählen und dieses Ich glaube, dass die Vorstellung realistisch ist, dass die Risiko einzugehen: um der Sache willen. Atmosphäre ein begrenzter Deponieraum für die Auf- nahme von Treibhausgasen wie CO2 ist. Wenn wenige (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Länder durch ihre Entwicklung, durch ihre Art des Le- bens und Wirtschaftens diesen Deponieraum auffüllen, Im Nachhinein können wir erleichtert – manche dann schneiden wir Milliarden Menschen von der Per- glücklich – sagen: Es hat sich ausgezahlt. Wenn wir spektive einer persönlich, wirtschaftlich und individuell nicht so hart verhandelt hätten, wenn wir weich gewesen guten Entwicklung ab. wären und gesagt hätten: „Wir haben mehr Angst um un- ser internationales Standing als um die Sache“, dann hät- Es geht um die Frage nach globaler Gerechtigkeit, die ten wir niemals das erreicht, was erreicht worden ist. Da- aber immer ein menschliches Gesicht hat. Es geht also rum ist es schon ein bisschen bizarr, dass diejenigen, die um die Abwehr einer fundamentalen Bedrohung für die uns eine weiche Verhandlungsposition empfohlen haben, Menschen und die Menschheit. Parallel dazu geht es um jetzt die Ergebnisse als unzureichend kritisieren. Das ist die enormen wirtschaftlichen Chancen. eine besondere Form von Unglaubwürdigkeit, die man einmal ansprechen muss. Das ist nicht nur ein defensiver Ansatz, etwas zu ver- hindern, sondern wenn man die Begrenzung der natürli- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – chen Lebensgrundlagen und des Deponieraumes in ein Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- intelligentes, zukunftsfähiges, nachhaltiges System des NEN]: Wo war denn Herr Rösler?) Wirtschaftens einführt, dann entsteht dort auch ein ganz neuer Wettbewerb, und dann werden diejenigen, die sich Das haben die Bundesregierung und die Europäische kulturell und technologisch darauf einstellen, die wirt- Union gemeinsam so verhandelt und auch aufrechterhal- schaftlichen Gewinner dieses Jahrhunderts werden. Es ten. geht um enorme wirtschaftliche Chancen. Man darf sa- Ich komme damit zu der Rolle, die Europa auf dieser gen, dass wir diese wirtschaftlichen Chancen nutzen Konferenz gespielt hat und die ich hervorheben möchte. wollen. Das ist ausdrückliches Ziel unserer Politik, für Wir debattieren in unserer Zeit fast nur über Europa. Eu- Deutschland und für Europa in ganz besonderer Weise. ropa hat auf dieser Konferenz etwas gezeigt, was aus (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) meiner Sicht, nebenbei bemerkt, der tiefste Grund für all (B) unsere Euro-politischen und europapolitischen Debatten (D) Weil die fundamentale Bedrohung wie die fundamen- ist: Wir haben zusammengehalten. Europa agierte ge- tale Chance und die neue Orientierung von Wirtschaft, schlossen. Europa hat mit einer Stimme gesprochen. Wettbewerb und Modernisierung so bestehen, haben wir, Weil das so war, war Europa der prägende, konstruktive die Deutschen und die Europäer, hart verhandelt. Wir ha- Part auf dieser Konferenz. Ich glaube, diesen Erfolg ben uns den Forderungen, Europa solle in jedem Falle kann man mit großem Glück feststellen. eine zweite Verpflichtungsperiode des Kioto-Protokolls eingehen – sie sind auch in diesem Haus gestellt worden –, Europa hat diese Konferenz positiv, konstruktiv ge- nicht angeschlossen, mit einem Risiko. prägt, weil wir unter polnischer Ratspräsidentschaft zu- sammen mit der Kommission und den Mitgliedsländern (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- geschlossen agiert haben, weil wir glaubwürdig sind NEN]: Das war ein Fehler!) – Europa hat nicht in erster Linie von anderen etwas ver- langt, sondern Europa hat gesagt, andere Länder, insbe- – Herr Trittin sagt: „Das war ein Fehler.“ Nein, es war sondere die Schwellenländer, müssen zu dem bereit sein, kein Fehler. Es war ein Risiko, und zwar das Risiko, dass zu dem wir selbstverständlich auch bereit sind – und die Region Europa, die als einzige Region weltweit weil wir entschieden waren, nicht alles mitzumachen, wirklich entschlossen und bereit ist, Verpflichtungen und eine klare Position vertreten haben. einzugehen, am Ende noch den Schwarzen Peter be- kommt, wenn man sich nicht einigt. Dieses diplomati- Ich habe die polnische Ratspräsidentschaft und die sche, außenpolitische Risiko sind wir eingegangen. Wir Kommission erwähnt, Dänemark, das die kommende sind es übrigens mit großer Unterstützung auch der na- Ratspräsidentschaft innehat, und Frankreich: Das alles tionalen und internationalen Umwelt- und Klimaschutz- sind unsere engsten Partner neben anderen Ländern, aber verbände eingegangen, weil es ein Scheitern gewesen ich möchte auch hier betonen, dass es auf dem Gebiet wäre, wenn wir uns damit zufriedengegeben hätten, dass der Klimapolitik eine engste, vertrauensvollste und sich nur einige wenige Länder, dass sich nur Europa ver- fruchtbarste Zusammenarbeit insbesondere auch mit pflichtet. dem Vereinigten Königreich gibt. Auf diesem Gebiet ha- ben wir eine besonders enge und wirkungsvolle Partner- Die Europäische Union und einige zusätzliche Länder schaft. wie Norwegen und die Schweiz decken circa 15 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen ab. Mit einem Re- Ein Teil und ein wesentliches Element dieser europäi- gelungsregime, das nur 15 Prozent der Verursacher und schen Strategie, die wir hatten und die funktioniert hat, der Verursachung erfasst, können wir nicht 100 Prozent neben der Geschlossenheit war, dass wir erstmalig eine Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011 17993

Bundesminister Dr. Norbert Röttgen (A) strategische Partnerschaft Europas mit den am wenigsten an Treibhausgasen von annähernd 7 Tonnen, wir liegen (C) entwickelten Ländern dieser Welt und mit den sogenann- bei knapp 10 Tonnen. Das zeigt die Dynamik der Ent- ten kleinen Inselstaaten, AOSIS, entwickelt haben, ein- wicklung bei den CO2- und anderen Treibhausgasemis- gegangen sind und auch zur Geltung gebracht haben. sionen. Wenn es nicht gelungen wäre, etwa ein Land wie Ohne diese Partnerschaft, ohne das politische und mora- China in diesen Prozess, in diesen Rechtsrahmen einzu- lische Gewicht dieser Länder und Europas wäre der Er- binden, dann hätten wir keine Chance auf eine wirklich folg nicht erreicht worden. wirksame Klimaschutzpolitik gehabt. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) China hat sich dagegen gewehrt, in ein Regime von Verpflichtungen hineingenommen zu werden. Sie haben Wir hätten es alleine nicht geschafft. Nur zusammen sich dagegen gewehrt, gemeinsam mit anderen Staaten mit so kleinen und unter machtpolitischen Gesichtspunk- in das Boot einzusteigen. Ich habe auf der Versammlung ten bedeutungslosen Ländern, die aber eine authentische appelliert: Kommen Sie mit in das Boot! Wir müssen Stimme der Betroffenheit und des ehrlichen Engage- alle in das eine gemeinsame Boot einsteigen. Genau das ments haben, wurde dieser Erfolg erreicht, weil die soge- ist das Ergebnis, das wir am Sonntag früh um 4 Uhr er- nannten BASIC-Staaten China, Indien, Brasilien und reicht haben. Ein Riesenerfolg für die internationale auch Südafrika, das die Präsidentschaft innehatte, von Klimadiplomatie! Ein einziges globales Klimaschutzab- deren Stimme und von deren Anklage – „Ihr lasst uns im kommen wird kommen. 2015 wird es angenommen wer- Stich“ – beeindruckt waren. den. Das ist der große Erfolg dieser Konferenz. Darum möchte ich hier sagen – ich glaube, dass wir (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) darin übereinstimmen; es war ja auch eine Delegation des Bundestages dort –: Diese strategische Partnerschaft Daneben wird es die zweite Verpflichtungsperiode im wird über den Tag dieser Konferenz hinaus Bedeutung Kioto-Protokoll geben. Auch das ist gut. Wir wollten sie haben. Sie muss sie haben; denn sie ist ein ganz wesent- immer und ausdrücklich. Das ist das Vorbildsystem mit licher Ertrag, den wir mit unserer internationalen Klima- klaren Verpflichtungen, mit Verfahren, mit Transparenz, diplomatie erreicht haben. Wir werden diese Partner- mit Institutionen. Das durfte nicht untergehen. Das ha- schaft weiter pflegen und einsetzen, weil sie weiterhin ben wir gerettet. Es wird die zweite Verpflichtungs- erfolgreich und notwendig sein wird. periode geben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Es gibt den Ansatz „Verhandeln und Handeln“. Wir werden über dieses Abkommen bis 2015 verhandeln Ich möchte auf die einzelnen wichtigsten Ergebnisse müssen. Es wird dann die Umsetzungsphase und die Ra- (B) der Konferenz eingehen, sie darstellen und natürlich tifikationsphase geben. Das dauert; das ist keine Frage, (D) auch bewerten. Das, was aus meiner Sicht, aus deutscher das kann man nicht bestreiten. Darum haben wir darauf Sicht, aus europäischer Sicht den Erfolg schlechthin aus- bestanden – das wurde in letzten Stunden noch in den macht, ist, dass es nunmehr ein globales Klimaschutzab- Verhandlungstext aufgenommen –, dass es neben dem kommen für alle Länder geben wird. Es war das zentrale Verhandlungsstrang auch Handeln geben muss, und Ziel unserer Verhandlungen, dass es ein Regelungssys- zwar sofort. Darum wird es einen Arbeitsplan dafür ge- tem gibt, ein – wir kennen die Redewendung aus den ben, dass das Ambitionsniveau gesteigert wird, dass es Kopenhagener Vorverhandlungen und Verhandlungen – mehr nationale Maßnahmen für Klimaschutzpolitik ge- bindendes Rechtsinstrument für alle. Das ist eine funda- ben soll. Verhandeln und Handeln zugleich, das war im- mentale Neuordnung der internationalen Klimapolitik. mer die deutsche und europäische Position. Wir haben Sie war bislang davon geprägt, dass es die Verpflich- sie durchgesetzt, weil sie notwendig ist. tungen einiger weniger Industrieländer gibt, aus denen Die Klimafinanzierung ist ein ganz wichtiger Be- sich immer mehr Industrieländer zurückgezogen haben. reich; denn die armen Länder, von denen ich gesprochen Wir alle haben das inakzeptable Verhalten von Kanada habe, sind auf Unterstützung angewiesen. Etwa bei An- jetzt zur Kenntnis nehmen müssen, nicht nur die Ankün- passungsmaßnahmen, bei Technologiemaßnahmen, bei digung wahrzumachen, an einer zweiten Periode nicht dem, was man Kapazitätsbildung nennt, brauchen sie un- teilzunehmen, sondern auch aus der bestehenden völker- sere Unterstützung. Dafür wird – das ist nunmehr klar, rechtlichen Verpflichtung der laufenden Verpflichtungs- das war vor der Konferenz nicht klar – der Globale Kli- periode auszusteigen. Das heißt, es gibt immer weniger mafonds ab 2012 arbeitsfähig sein. Er ist in Cancún be- Industrieländer, die tatsächlich zu etwas bereit sind, und schlossen worden. Er wird nunmehr nach Durban ab immer mehr Länder, die als Maximum freiwillige Maß- dem nächsten Jahr arbeitsfähig sein. nahmen ergreifen, aber nicht bereit sind, sich vertraglich zu verpflichten. Die deutsche Bundesregierung konnte in Abstim- mung mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Mit diesem Ordnungsrahmen, mit dieser Rechtsord- Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Bundesum- nung aus einer vergangenen Zeit werden und würden wir weltministerium ankündigen, dass die Arbeitsfähigkeit das Problem nicht in den Griff bekommen, sondern wir jetzt tatsächlich zum Ausdruck kommt. Darum konnten brauchen diejenigen, die schon heute und immer mehr wir 40 Millionen Euro für Startmaßnahmen und Sofort- große Emittenten von CO2 sind. Das sind die Schwellen- maßnahmen in Aussicht stellen. länder. China mit einer Bevölkerung von 1 200 Millio- nen Menschen hat schon heute eine Pro-Kopf-Emission (Ulrich Kelber [SPD]: Neu und zusätzlich!) 17994 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011

Bundesminister Dr. Norbert Röttgen (A) Wir wollen, dass dieser Fonds sofort mit Leben gefüllt – Mit der Unwahrheit sollten Sie vorsichtig sein. (C) wird, damit er wirksam werden kann. (Ulrich Kelber [SPD]: Wir können das im (Ulrich Kelber [SPD]: Neu und zusätzlich oder Haushalt nachgucken!) Umwidmung?) Ich sage Ihnen: 1,26 Milliarden Euro neue, zusätzliche Diese Zusage hat jedenfalls auf dieser Versammlung Mittel. Bitte überlegen Sie, wann Sie einem Kollegen starken Widerhall, insbesondere bei Entwicklungslän- dieses Hauses Unwahrheit vorwerfen. Prüfen Sie diesen dern, gefunden. Es war eine gute Nachricht, dass jetzt Vorwurf bitte nach! nicht nur etwas auf dem Papier steht, sondern dies auch mit Leben gefüllt wird. Das ist ganz wichtig. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Das ha- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- ben wir mehrfach geprüft!) neten der FDP) Dann erwarte ich eine Stellungnahme von Ihnen, ob das Deutschland hat auf dieser Konferenz angekündigt, unwahr ist oder wahr. sich als Sitzstaat für diesen Fonds zu bewerben. Das drückt unser weiteres Engagement in diesem Bereich 1,2 Milliarden Euro für Fast Start: Das ist nicht alles, und den Wunsch aus, dabei zu sein, führend zu sein, eine was wir tun. Darin erschöpfen sich unsere Maßnahmen Gastgeberrolle, eine Förderrolle einzunehmen. Wir wer- nicht. Im vergangenen Jahr waren es 1,2 Milliarden den starke Konkurrenz um diesen Sitz haben, aber wir Euro. In diesem Jahr werden es 1,8 Milliarden Euro für sind auch eine starke Bewerbung. Ich weiß nicht, wie es die Klimafinanzierung sein. Wir reden nicht nur, wir ausgeht. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass sich handeln. Es gibt keinen Grund, das in Zweifel zu ziehen. Deutschland mit einem guten Angebot bewirbt. Auch Wir können sagen: Wir sind dabei, auch wenn es darum die Resonanz ist ermutigend. geht, arme Länder zu unterstützen. Das ist ein gemeinsa- mes Engagement der Bundesregierung, insbesondere des Auch Klimafinanzierung, Anpassungsfinanzierung Entwicklungshilfeministeriums und des Umweltministe- und Klimaschutzmaßnahmen sind elementar. Es geht um riums. Das sind in aller Regel gemeinsam finanzierte eine elementare Frage der Glaubwürdigkeit der Industrie- Maßnahmen. länder: Wenn Industrieländer Versprechungen machen und sie nicht einhalten, gefährden sie die eigene Glaub- Von dem einen Rechtsregime über die Klimafinanzie- würdigkeit, gefährden wir, dass sich andere Länder auf rung bis zum sofortigen Handeln, dieses Ergebnis ist diesen Entwicklungspfad begeben. wegweisend. Es ist substanziell. Es ist nicht ausreichend. Es schließt die Lücke nicht. Es ist zu wenig. Aber es (B) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des wäre unvertretbar gewesen, es links liegen zu lassen, (D) BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) statt es anzunehmen. Wir müssen schrittweise vorange- Darum ist es selbstverständlich, dass die Bundesregie- hen. Darum ist es ein Erfolg im Schrittweisevorangehen. rung ihre Verpflichtungen erfüllt. Die Fast-Start-Finan- Deutschland ist in diesem Prozess führend, ohne be- zierung, die wir in Kopenhagen verabredet haben, macht vormundend zu sein. Wir wissen auch, dass wir nicht al- für Deutschland bis 2012 1,26 Milliarden Euro aus. lein auf der Welt sind. Bei manchen Ratschlägen, die (Ulrich Kelber [SPD]: Neu und zusätzlich, man jetzt erhält, habe ich den Eindruck, dass das nicht nicht umwidmen, wie Sie es machen!) allen klar ist. Deutschland ist nicht allein auf der Welt, und wir sollten uns nicht so aufführen, als gäbe es nur – Genauso ist es: neue und zusätzliche Mittel. Es gibt Deutschland auf diesem Planeten. Wir sind Partner, und bislang neue und zusätzliche Mittel in Höhe von knapp wir wirken mit in internationalen Systemen: der Euro- 800 Millionen Euro. Wir werden auf Heller und Pfennig päischen Union und den Vereinten Nationen. Mit diesem – bislang haben wir etwas übererfüllt – 1,26 Milliarden Selbstverständnis sollten wir auch nach außen auftreten. Euro neue, zusätzliche Mittel bereitstellen. Wir können nach außen mit dem Selbstverständnis (Ulrich Kelber [SPD]: Im Haushalt nicht auftreten, dass wir auch zu Hause etwas tun, dass wir zu erkennbar!) Hause die Chancen, die in der wirtschaftlich-technologi- Wir erfüllen unsere Versprechungen. Das gehört zum schen Entwicklung liegen, wahrnehmen. Wir haben die Selbstverständnis der Bundesregierung und Deutsch- Gelegenheit genutzt, in Durban über die Energiewende lands. in Deutschland zu reden, mit höchster internationaler Aufmerksamkeit und Interesse, mit Respekt dafür, was (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – ein führendes Industrieland auf diesem Gebiet tut, sich Ulrich Kelber [SPD]: Der Haushalt sagt die nämlich selber für eine Transformation der Energiever- andere Wahrheit!) sorgung zu entscheiden, weg von der großen zentralen – Das mag Ihnen nicht gefallen. Ich verstehe das nicht; Versorgung mit wenig Wettbewerb und konventionellen denn es geht darum, dass Deutschland seine Verpflich- Technologien hin zu einem dezentralen Wettbewerb und tungen erfüllt. neuen Technologien mit erneuerbaren Energien und Energieeffizienz. Mit höchster Aufmerksamkeit und ho- (Ulrich Kelber [SPD]: Nein, es ist einfach die her Kooperationsbereitschaft anderer europäischer Län- Unwahrheit! Das hat mit „Gefallen“ nichts zu der haben wir zum Beispiel das Projekt SARI beschlos- tun! Es ist einfach die Unwahrheit!) sen, ein Unterstützungsprojekt für die Entwicklung von Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011 17995

Bundesminister Dr. Norbert Röttgen (A) erneuerbaren Energien in Südafrika mit Norwegen, Dä- Klimawandel ist auch eine Frage der internationalen Si- (C) nemark, dem Vereinigten Königreich und anderen Län- cherheit, der Energiesicherheit, der Wassersicherheit, der dern, weil auch andere Länder zunehmend sehen, dass Versorgungssicherheit und der Ernährungssicherheit. dies der richtige Weg der Entwicklung ist. Industriepoli- Diesen Konnex hergestellt und in die UN-Politik einge- tisch, innovationspolitisch und ökologisch ist das der bracht zu haben, ist ein ausdrückliches Verdienst des Au- Zukunftsweg. Dafür stehen wir, und darum wollen wir ßenministers. Er war damit erfolgreich, weil anerkannt diesen Weg. Wir werden diesen Weg zum Erfolg führen, worden ist, dass es diesen Zusammenhang gibt. Diesen mit allen Akteuren in Deutschland und darüber hinaus. Zusammenhang müssen wir sehen, weil der Klimawan- Wir wollen diesen Dialog der Akteure. Wir wollen das del die Stabilität vieler Länder bedroht. Handeln der Akteure. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) Klimapolitik ist Weltordnungspolitik. Daran werden wir in Europa geschlossen weiterarbeiten. Dazu sind wir Ich möchte abschließend betonen, dass Klimaschutz- eine strategische Partnerschaft eingegangen. Wir werden politik ein Gesamtansatz der Bundesregierung ist. den Rio-Gipfel im Frühjahr nächsten Jahres gestalten, (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ und zwar wieder in der Weise, die ich eben geschildert DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ habe. Wir werden die Petersberg-Konferenz wieder DIE GRÜNEN]: Weiß Herr Rösler das durchführen, eine international anerkannte Konferenz, schon?) zu der die Bundeskanzlerin nach der Kopenhagener Konferenz eingeladen hat. Daran werden die Länder teil- – Es mag Ihnen nicht gefallen, es ist aber gut für nehmen, die für diesen Prozess wichtig sind. Deutschland, dass dies gemeinsam vertreten wird und sich auch darstellen lässt. Im Entwicklungshilfeministe- Deutschland ist Partner auf diesem Gebiet, und rium sind Umwelt und Entwicklung gewissermaßen das Deutschland ist Vorreiter auf diesem Gebiet, um die Le- Leitmotiv. bensgrundlagen von uns, der Menschheit zu erhalten, aus Solidarität mit denjenigen, die Opfer sind. Das ist (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – La- verbunden mit der Wahrnehmung enormer wirtschaftli- chen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE cher Chancen. In diesem Zusammenwirken unterschied- GRÜNEN) licher Ziele und Güter liegt die Motivation und die Stra- – Ja, so ist es. Das mag Ihnen aus oppositionellen Grün- tegie unserer Klimapolitik; denn wir wissen, dass alle den nicht gefallen. Das ist aber so. Das ist auch die – zuerst die Armen und dann die noch Reichen – viel zu Wahrnehmung von Deutschland in der Welt. Ich habe verlieren haben, aber wir wissen auch, dass wir viel zu (B) (D) sowieso den Eindruck, dass bei Ihnen die provinzielle gewinnen haben. Ich glaube, das verdient die Anstren- Wahrnehmung der Dinge immer weiter zunimmt. gung aller. (Ulrich Kelber [SPD]: Der Weltpolitiker!) Vielen Dank. Sie sollten einmal von außen auf Deutschland schauen. (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und Dann erhalten Sie ein etwas realistischeres Bild. Sie soll- der FDP) ten nicht immer nur in Ihrer kleinkarierten Oppositions- rhetorik verharren und so über die Welt reden, wie sie in Präsident Dr. Norbert Lammert: Ihren Vorstellungen existiert. Ich eröffne die Aussprache. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Matthias Miersch ist der erste Redner für die SPD- Ulrich Kelber [SPD]: Geht es mal eine Num- Fraktion. mer kleiner?) (Beifall bei der SPD) Ich finde, man sollte sich auch als Opposition ein bis- schen über deutsche Erfolge freuen können. Dr. Matthias Miersch (SPD): (Ulrich Kelber [SPD]: Der Weltenretter! – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nicht nur weil Weihnachten ist, sondern auch weil ich NEN]: Ich dachte, Sie wollten uns eine politi- fest davon überzeugt bin, Herr Bundesminister, richte sche Vorlesung halten! Warum so nervös?) ich am Anfang ein Dankeschön an das Verhand- lungsteam, an all die Beamtinnen und Beamten, die seit Wir sollten uns darüber freuen, dass wir mit Grenada Monaten für die Bundesrepublik Deutschland an dem in- und Mali zusammengewirkt und auf dieser Konferenz ternationalen Prozess beteiligt gewesen sind. Ich glaube, neue Programme zur Klimaanpassung in Höhe von diese müssen in den Mittelpunkt gerückt werden. Sie ha- 15 Millionen Euro ins Leben gerufen haben. ben die Kleinarbeit gemacht. Insofern vielen Dank für Der Bundesaußenminister hat im Sommer dieses Jah- diese Arbeit. res das Thema Klimawandel und internationale Sicher- (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN heit in den Weltsicherheitsrat unter deutschem Vorsitz und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) eingeführt. Erstmalig hat der Weltsicherheitsrat aner- kannt, dass der Klimawandel die politische, wirtschaftli- Auch an dieser Stelle Dank an alle Kollegen, die den che und gesellschaftliche Stabilität gefährden kann. Deutschen Bundestag in Durban repräsentiert haben. 17996 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011

Dr. Matthias Miersch (A) Deswegen, Herr Bundestagspräsident, ein Appell von Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus Durban (C) dieser Seite. Sie haben beschlossen, zukünftig nur noch kann man eine große Schlussfolgerung ziehen: nicht Fraktionsreisen, aber keine offiziellen Delegationsreisen mehr auf Konferenzen dieser Art zu setzen. Sie sind zu internationalen Regierungskonferenzen zuzulassen. wichtig, weil sie eine Plattform bieten, auf der alle Län- Ich glaube, das Präsidium ist gut beraten, diesen Be- der auf Augenhöhe verhandeln können. Aber von diesen schluss zu überdenken; denn es sind letztlich Parla- Konferenzen wird – da bin ich sicher – nie die Dynamik mente, die über Beschlüsse der Regierungen abzustim- ausgehen, die wir brauchen, um die Herausforderungen men haben, es sind Parlamente, die für einen guten Weg des Klimawandels tatsächlich bewältigen zu können. werben müssen. Was wir brauchen, ist eine Mehrwegestrategie, eine Stra- tegie, die genau diejenigen einlädt, die mit uns voran- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ schreiten wollen. Insofern lautet unser Vorschlag, zu ei- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der ner weiteren Konferenz einzuladen mit den Staaten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN) Europäischen Union, Patenschaften mit anderen Staaten Damit ist es mit der Gemeinsamkeit, Herr Bundes- dieser Welt einzugehen, etwa mit Inselstaaten, aber auch umweltminister, aber auch schon vorbei. Wenn Sie von mit Schwellenländern wie Brasilien oder Südafrika. Da- einem großen, wegweisenden Erfolg dieser Klimakonfe- bei sollte vereinbart werden, wie man vorangehen kann, renz sprechen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Groß sind welche Vorteile man aus solchen Patenschaften ziehen die Herausforderungen, aber klein sind die Antworten, kann. die dort gegeben worden sind. Ein weiterer Weg ist das Setzen auf die Europäische (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Union. An dieser Stelle ein Appell: Es ist dringend not- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) wendig, dass wir in den nächsten Monaten zusammen mit der dänischen Ratspräsidentschaft das unkonditio- Im Gegenteil: Ich glaube, Schönrederei hilft hier nierte 30-Prozent-Minderungsziel ganz unmissverständ- überhaupt nicht weiter. Sie verdunkelt und sie verkleis- lich festschreiben. tert die eigentlichen Herausforderungen, die die Staaten- gemeinschaft und auch die Bundesrepublik Deutschland (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem zu bestehen haben. Was ist das für ein Ergebnis, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) man sich darauf verständigt, bis 2015 zu verhandeln, Ansonsten fällt uns der Emissionshandel auf die Füße. dann möglicherweise eine Vereinbarung zu erzielen, wo- bei man nicht weiß, welche Rechtsverbindlichkeit sie ei- Zu der Mehrwegestrategie gehört auch – da ist der gentlich haben soll, nach der die ausgehandelten Be- Umweltminister wieder der Norbert Röttgen: das Pathos, (B) schlüsse dann 2020 in Kraft treten sollen? Das ist kein die großen Worte und die Taten –, national Vorbild zu (D) großer Erfolg. Das ist nichts, was sich angesichts der sein. Die Bundeskanzlerin ist im Moment nicht anwe- großen Herausforderungen als solcher darstellen lässt. send. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Widerspruch bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE der SPD: Nein!) GRÜNEN) – Sie sitzt auf einem anderen Platz. Wenn Sie sich hier hinstellen und sagen: „Der grüne (Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE Klimafonds ist beschlossen worden, und er ist arbeitsfä- GRÜNEN]: Sie hat sich nur von Herrn Rösler hig“, dann sollten Sie auch sagen – das gehört zur Wahr- weggesetzt! – Heiterkeit bei der SPD, der LIN- heit dazu –, über welche Mittel dieser Klimafonds bis- KEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lang verfügt: über keinen einzigen Dollar, über keinen einzigen Euro! Frau Bundeskanzlerin, wenn der Bundesumwelt- minister sagt, die Bundesregierung verfolge eine Gesamt- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten strategie, dann kann ich dem nur entgegnen: Beenden Sie der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE das Trauerspiel der Auseinandersetzung zwischen Wirt- GRÜNEN) schaftsministerium und Umweltministerium hinsicht- Sie sagen: Die Bundesrepublik Deutschland hat ihre lich der Effizienzrichtlinie, das wir in den letzten Wo- Verpflichtungen erfüllt. Allerdings erleben wir seit Ko- chen hier verfolgen konnten! penhagen einen Glaubwürdigkeitsverlust: Uns wird, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ auch auf internationaler Ebene, vorgeworfen, dass die DIE GRÜNEN) Fast-Start-Zusagen nicht eingehalten worden sind; denn es sind keine zusätzlichen Gelder geflossen, sondern Nutzen Sie Ihre Richtlinienkompetenz! Machen Sie hier man hat das Ganze über Verschiebebahnhöfe zustande wirklich die Tür auf! Es ist die Effizienz, die Vorbild ge- gebracht. Lieber Herr Röttgen, Sie haben meine Anfrage ben kann. Es ist die Effizienz, die gerade die deutsche von Mittwoch dieser Woche hinsichtlich der 40 Millio- Wirtschaft beflügeln kann; denn es werden die Maschi- nen Euro noch nicht beantwortet, auch heute nicht. Ich nen der Zukunft sein, die weniger Energie verbrauchen. hoffe sehr, dass die Zusage, die Sie dort gemacht haben, Insofern ist es umso unverständlicher, dass sich ein Bun- bedeutet, dass tatsächlich zusätzliches, neues Geld be- deswirtschaftsminister hinstellt und gegen verbindliche reitgestellt wird. Wir werden da genau hinschauen, lie- Effizienzziele votiert. Herr Bundeswirtschaftsminister, ber Herr Röttgen. beenden Sie diese Blockadehaltung! Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011 17997

Dr. Matthias Miersch (A) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ zu tun. Sie sind dem Bundesumweltminister bei den Ver- (C) DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der handlungen auf der Konferenz permanent in den Rücken LINKEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE gefallen. Das war nicht in Ordnung. Deshalb sollten Sie, GRÜNEN]: Heute noch!) liebe Frau Künast, und Ihre Fraktion hier ganz ruhig sein. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, eins muss uns klar sein: Wir haben die Finanzkrise, und (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten wir haben die Klimakrise. Beide Krisen müssen gemein- der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ sam betrachtet werden. Denn diejenigen, die in Wirt- DIE GRÜNEN]: Dolchstoßlegende!) schaft von morgen investieren, werden auch den Anfor- derungen in Sachen Energie und Klima gerecht. Wir haben es geschafft, dass ein einheitlicher Rechts- Deswegen sind wir als Bundesrepublik Deutschland gut rahmen für alle Länder vereinbart wurde. Die Schwarz- beraten, einen Schritt weiter zu sein und uns weder auf Weiß-Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwick- die Bremser bei Schwarz-Gelb noch auf die Bremser auf lungsländern entfällt. Alle werden sich gemäß ihrer his- dem internationalen Parkett zu berufen. Wir haben seit torischen und zukünftigen Verantwortung sowie ihren 1998 das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das eine Er- Fähigkeiten an dem entsprechenden Abkommen beteili- gen. Hieraus ergibt sich der Vorteil, dass Länder, deren folgsgeschichte ist. Wir haben bei den CO2-Emissionen mächtige Fortschritte gemacht. Wir können daran an- Wirtschaft sich dynamisch entwickelt wie die Volksrepu- knüpfen. Aber dazu braucht man eine Bundesregierung, blik China, die inzwischen 7 Tonnen CO2 pro Kopf emit- die sich nicht blockiert, sondern handelt. tiert, anders behandelt werden als Länder wie Indien, das nur 1,5 Tonnen CO2 pro Kopf emittiert, aber eben auch Deswegen: Dieses Zukunftsfeld muss jetzt beackert anders als beispielsweise die Länder der Europäischen werden. Fangen Sie an! Geben Sie ein Vorbild! Dann Union. Jedes Land wird sich an diesem Abkommen ge- werden auf internationaler Ebene die Staaten auf die mäß seiner historischen und zukünftigen Verantwortung Bundesrepublik Deutschland schauen. Dann wollen sie sowie seinen Fähigkeiten beteiligen. nicht in der Ecke stehen und werden dem Erfolg, den wir in diesem Bereich erzielen können, auch nacheifern. In Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass durch ein sol- diesem Sinne lade ich Sie herzlich dazu ein, mit uns zu- ches Klimaabkommen, das nicht mehr auf irgendwelche sammen eine zukunftsgerechte Wirtschafts- und Ener- Blockzugehörigkeit setzt, Wettbewerbsgleichheit zwi- giepolitik zu denken. schen Industriestandorten hergestellt wird, wenn jeder nach seiner Verantwortung und seinen Fähigkeiten ver- Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. pflichtend einbezogen wird. Das spiegelt auch die neue Weltordnung wider, in der wir uns bewegen. Wir haben (B) (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei (D) Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE viele Zentren statt wenige Blöcke. Es gibt neue Spieler GRÜNEN sowie der Abg. Eva Bulling- auf der internationalen Bühne – das hat man in Durban Schröter [DIE LINKE]) ganz klar gesehen –: Die großen Schwellenländer Brasi- lien, Südafrika, Indien und China spielen zunehmend eine größere Rolle in den Verhandlungen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Das Wort erhält nun der Kollege Michael Kauch für (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die FDP-Fraktion. NEN]: Das hätte Ihnen aber schon vor zehn Jahren auffallen können!) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Das spiegelt auch die wirtschaftliche Dynamik wider, die es in Teilen der ehemaligen Dritten Welt inzwischen gibt. Michael Kauch (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die UN- Deshalb war die Verhandlungsstrategie der Bundesre- Konferenz von Durban hat die Erwartungen klar über- gierung absolut richtig: hart zu sein und zu sagen, dass troffen. wir nicht alles mitmachen. Die Grünen haben uns ja im Gegensatz dazu aufgefordert, auf jeden Fall irgendein (Widerspruch bei der SPD und dem BÜND- Abkommen abzuschließen und unbedingt an Kioto fest- NIS 90/DIE GRÜNEN – Renate Künast zuhalten, egal was die anderen tun. Genau das haben wir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei der FDP nicht getan, und deshalb sind wir erfolgreich gewesen. ist jetzt alles durcheinander, ja?) Nur mit dieser harten Linie konnten wir uns in den Ver- – Liebe Frau Künast, Sie sollten ruhig sein. handlungen durchsetzen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten NEN]: Was?) der CDU/CSU) Anders als die Sozialdemokraten, die sich bei diesen Meine Damen und Herren, wir müssen aber auch die- Verhandlungen verantwortungsvoll verhalten haben, ha- jenigen benennen, die nicht mitmachen. Japan, Russland ben die Grünen in Interviews hier in Deutschland und und zuletzt Kanada haben schon vor der Konferenz er- auf der Konferenz die deutsche Verhandlungsposition klärt: Egal was ihr hier verhandelt – wir machen bis permanent hintertrieben. Das hat nichts mit Solidarität 2020, wenn ein neues globales Abkommen in Kraft tritt, bei einer nationalen Aufgabe in solchen Verhandlungen nicht mit. Dazu muss man ganz deutlich sagen: Das 17998 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011

Michael Kauch (A) müssen wir als Europäer benennen und deutlich machen. Deutschland selbst, sondern hat den Zusatzeffekt, dass (C) Man kann nicht in anderen Verhandlungen Interessen wir Kooperationsbereitschaft in der Welt bekommen. wahrnehmen und sich dann wegducken, wenn man sel- Deshalb ist die internationale Klimafinanzierung im In- ber vor Aufgaben steht und Verantwortung übernehmen teresse des Klimas und auch der Arbeitsplätze der deut- muss. Das müssen wir uns im Hinblick auf andere inter- schen Industrie. nationale Prozesse merken. Wenn Kanada sich aus der (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Verantwortung stiehlt und sagt „Es ist uns völlig egal, der CDU/CSU) was mit dieser Welt passiert, Hauptsache, unserer Öl- schieferindustrie geht es gut“, müssen wir den Kana- Meine Damen und Herren, deshalb hat die FDP den diern deutlich machen, dass sie mit Konsequenzen an Wunsch von Bundesminister Niebel unterstützt, zusätz- anderer Stelle rechnen müssen. lich 100 Millionen Euro aus Haushaltsresten an den Clean Technology Fund der Weltbank zu überweisen. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Wir wollten damit insbesondere Indien stärken, das in CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ diesen Verhandlungen eine ausgesprochen wichtige DIE GRÜNEN]: Welche?) Rolle spielt. Ich bedauere es sehr, dass der Bundesminis- Das Bedeutsamste in Durban war die neue Allianz der ter der Finanzen nicht zu überzeugen war, dies bis zum heutigen Kassenschluss zu tun. EU mit Afrika, mit den ärmsten Staaten und den Insel- staaten. Die Gruppe der G 77 mit China ist erstmals of- (Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Aha!) fen aufgebrochen. Das gibt neue Chancen und hat eine Strahlkraft über die Klimaverhandlungen hinaus. Auch Umso wichtiger ist es, dass wir in den nächsten Runden, in anderen außenpolitischen Prozessen können wir nut- wenn wir uns über die Zukunft des Energie- und Klima- zen, dass es neue Allianzen mit Brasilien, Mexiko und fonds unterhalten, eine absolute Priorität auf die interna- Südafrika gibt. Deshalb ist Durban ein gutes Zeichen für tionale Klimafinanzierung legen. Wenn die Einnahmen im Energie- und Klimafonds geringer ausfallen und wir die Klimapolitik, aber eben auch für eine neue starke deshalb die Ausgaben kürzen müssen, dann müssen wir Rolle der EU in der jetzt bestehenden außenpolitischen eine klare Priorität auf die internationalen Mittel setzen. Welt. Das muss gegebenenfalls zulasten nationaler Programme Wie haben wir es geschafft, diese Allianz zu bilden? gehen. Es ist aber im Interesse des internationalen Kli- Die Grünen haben uns gesagt: Wir müssen nur auf das maprozesses, dass Deutschland hier einen klaren 30-Prozent-EU-Klimaziel gehen, und alles wird gut. – Schwerpunkt setzt. Nein, wir als deutsche Abgeordnete haben mit der Ver- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) handlungsführerin der Gruppe der 77, also mit den Ent- (B) wicklungsländern, gesprochen. Die Aussage der Ver- Abschließend: Wir dürfen uns nicht nur auf den UN- (D) handlungsführerin – Originalton – war: „Das spielt Prozess verlassen. Wir müssen auch darauf achten, dass überhaupt keine Rolle.“ Denn wir sind hier momentan in wir Bottom-up-Klimaschutz betreiben. Mexiko, China, einer Debatte um ein Fundament der Klimapolitik. Wir Brasilien und Südafrika haben zunehmend fortschrittli- können uns dann über die Zahlen unterhalten, wenn wir che nationale Gesetzgebungen im Bereich Klimaschutz. uns auf 2015 zubewegen. – Oder wir diskutieren über Das müssen wir unterstützen. Deswegen wird diese Bun- die Zahlen aus innereuropäischen Gründen. Es gibt viele desregierung auf dem Weg voranschreiten, hier mit den gute Gründe, das Klimaziel aus diesen Gründen anzuhe- Schwellenländern zusammenzuarbeiten, insbesondere ben. Aber so zu tun, als sei dies das entscheidende dann, wenn die Vereinigten Staaten sich weiterhin einem Moment bei den Verhandlungen gewesen, ist völlig ab- solchen Prozess verweigern. wegig. Das entscheidende Moment für diese Klimaver- Vielen Dank. handlungen war, dass Europa Vertrauen vermittelt hat, dass wir es mit der Klimafinanzierung ernst meinen. Das (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) ist die Botschaft von Durban: Klimafinanzierung ist das Moment für Kooperationsbereitschaft unserer Allianz- Präsident Dr. Norbert Lammert: partner. Für die Fraktion Die Linke erhält nun Gesine Lötzsch das Wort. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei der LINKEN) Deshalb war es absolut richtig, was die Bundesregie- rung gemacht hat. Bundesminister Niebel hat während Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): der Konferenz 120 Millionen Euro für die Energie- Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten kooperation mit dem südlichen Afrika zugesagt. Bundes- Damen und Herren! Der renommierte Kieler Klimafor- minister Röttgen hat 40 Millionen Euro für den Green Cli- scher Mojib Latif stellt zu den Ergebnissen von Durban mate Fund zugesagt. Das hat Vertrauen geschaffen. Die fest: Der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen hat sich Entwicklungsländer hat an unsere Seite gebracht, dass seit 1990 nicht verringert, sondern er ist um 40 Prozent man sich auf Europa und auf Deutschland verlassen gestiegen. Sein Fazit – Zitat –: kann. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Klimazusam- … es gab Klimaschutz nur auf dem Papier, aber menarbeit mit den Entwicklungsländern in Zukunft stär- nicht real. ken. Jeder Euro, den wir hier investieren, bringt nicht nur für das Klima viel mehr als jede letzte Maßnahme in Der Mann hat recht. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011 17999

Dr. Gesine Lötzsch (A) (Beifall bei der LINKEN) Ja, Kriege sind die größten von Menschen verursachten (C) Umweltkatastrophen überhaupt. Da ist es doch nur an- Minister Röttgen, Sie sind stolz auf einen angekün- gemessen, die Rüstungsindustrie wirklich einmal zur digten Vertrag, der erst 2020 in Kraft treten soll. Was Kasse zu bitten. aber beschlossene Verträge wert sind, haben wir leider nur einen Tag nach der Klimakonferenz in Durban erle- (Beifall bei der LINKEN) ben müssen: Kanada hat sich aus dem Kioto-Protokoll Die Beschlüsse seien „ein löchriger Rettungsschirm verabschiedet. Kanada hatte – ebenso wie Russland und fürs Klima. Damit kann das 2-Grad-Ziel nicht erreicht Japan – schon im vergangenen Jahr angekündigt, an der werden“, sagte der Vorsitzende des BUND. Verlängerung des Abkommens nicht mitwirken und sie auch nicht unterzeichnen zu wollen. Das Klimaproblem scheint unlösbar, weil sich Regie- rungen gegenseitig blockieren. Aber für meinen Ge- Die Kioto-Restgruppe besteht nun im Wesentlichen schmack wird viel zu wenig über die Konzerne gespro- aus den EU-Ländern, Norwegen, der Ukraine, der chen, die ohne Rücksicht auf das Klima ihre Profite Schweiz, Australien und Neuseeland. Diese Länder ver- sichern wollen und dafür ihre Regierungen einspannen, ursachen aber nur 15 Prozent der globalen Emissionen. wie es offensichtlich gerade bei Kanada geschehen ist. Allein China und die USA erzeugen ein Vielfaches. Das zeigt das eigentliche Problem: Das kapitalistische Mit dem Ausstieg vor dem Jahresende drückt sich Wirtschaftsmodell lebt doch davon, dass es Luft, Wasser, Kanada davor, hohe Geldstrafen zahlen zu müssen. Und Rohstoffe exzessiv verbraucht, ohne Rücksicht auf Ver- was sagt die Bundesregierung zum skandalösen Ausstieg luste. Kanadas? Von Gelassenheit war die Rede. Ich frage ( [FDP]: Sie leben doch auch mich: Woher kommt diese Gelassenheit? Es wäre doch davon! Entschuldigung!) zumindest angebracht gewesen, dass der Außenminister den kanadischen Botschafter in das Auswärtige Amt ein- Kapitalismus und Klimaschutz sind offensichtlich nicht bestellt und die Entscheidung kritisiert. miteinander vereinbar. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten (Ulrich Petzold [CDU/CSU]: Vorwärts immer, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) rückwärts nimmer!) Ich frage mich, Herr Westerwelle: Was machen Sie ei- Darum brauchen wir andere Gesellschaftskonzepte, gentlich den ganzen Tag? (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Viele Menschen in unserem Land finden die Ent- Konzepte, die nicht auf Massenverbrauch und Umwelt- scheidung Kanadas empörend – und die Bundesregie- (B) zerstörung programmiert sind. (D) rung reagiert gelassen. Man kann es auch Gleichgültig- keit nennen. Das geht nicht, Herr Röttgen! Sie haben es Herr Röttgen, je langsamer der internationale Prozess doch selbst in Ihrer Rede gesagt: Es geht um das Leben verläuft, desto wichtiger ist die Rolle Deutschlands. Um von Millionen Menschen auf der ganzen Welt, die von eine wirkliche Vorbildrolle übernehmen zu können, der Klimakatastrophe schon jetzt direkt betroffen sind. muss bei uns in der Bundesrepublik wesentlich mehr Da ist Gelassenheit wirklich völlig fehl am Platze. geschehen. Die Halbierung des CO2-Ausstoßes und ein 50-prozentiger Anteil erneuerbarer Energien beim (Beifall bei der LINKEN) Stromverbrauch bis 2020 müssen das Ziel sein. Ab 2020 soll es nun einen Green Climate Fund geben. Meine Damen und Herren, das Energiesystem in der Das ist eine richtige, längst überfällige Initiative. Doch Bundesrepublik braucht eine neue Grundlage: erneuer- noch ist völlig unklar, woher das Geld kommen soll. Zu- bar, demokratisch und sozial. Ich möchte mich dabei al- sagen von Ministern, die dem Haushaltsausschuss, dem lerdings nicht nur auf die Aktivitäten der Bundesregie- ich angehöre, nichts vorgelegt haben, sind – wie Sie alle rung verlassen. Meine feste Überzeugung ist: Die soziale wissen – völlig wertlos. Herr Kauch, ich habe keinen Energiewende braucht mindestens so viel außerparla- Antrag Ihrer Fraktion – wie Sie hier versucht haben, der mentarische Bewegung und Energie wie der Kampf ge- Öffentlichkeit weiszumachen – im Haushaltsausschuss gen die Nutzung der Atomkraft. Die Linke ist dabei. Pa- gesehen. Bleiben Sie bitte bei der Wahrheit! cken wir es an! (Beifall bei der LINKEN – Michael Kauch Vielen Dank. [FDP]: Das stimmt überhaupt nicht! Das geht nur über das BMF!) (Beifall bei der LINKEN) Im Entschließungsantrag von SPD und Grünen wird nun gefordert, dass der Fonds zum größten Teil aus öf- Präsident Dr. Norbert Lammert: fentlichen Mitteln finanziert werden solle, dass aber Christian Ruck ist der nächste Redner für die CDU/ auch der internationale Schiffs- und Flugverkehr einen CSU. Beitrag leisten solle. Ich frage mich: Warum sollen in (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) den Fonds nicht hauptsächlich diejenigen einzahlen, die die Hauptverursacher der Klimakrise sind – die Ölkon- Dr. Christian Ruck (CDU/CSU): zerne, die Stromkonzerne und die Rüstungskonzerne? Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir (Beifall bei der LINKEN) alle waren vor der Klimakonferenz von Durban vor dem 18000 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011

Dr. Christian Ruck (A) klimapolitischen Abgrund. Es gab wenig Aussicht auf (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (C) einen verlässlichen Prozess für ein globales Klima- schutzabkommen. Der Fortgang des Kioto-Protokolls Herr Miersch, ich möchte ausdrücklich auch denen in war unklar. Es gab verhärtete Fronten im internationalen der Delegation der Parlamentarier danken, die sich eben- Dialog zwischen Industrieländern und Schwellen- und falls in vielen Gesprächen mit großem Aufwand und Entwicklungsländern. Durban drohte auf ganzer Linie zu großem Engagement um einen Erfolg in Durban geküm- scheitern. Damit drohte auch ein Abriss des globalen mert haben. Es ist wichtig, dass parlamentarische Dele- Klimaschutzprozesses. Vor diesem Hintergrund kann gationen auf diesen Konferenzen vertreten sind. Deswe- man wirklich nur feststellen, dass Durban trotz aller Un- gen habe ich die Bitte an den Präsidenten des Deutschen kenrufe ein Erfolg war. Bundestages, dass solche Konferenzen permanent von deutschen Abgeordneten aus diesem Hause besucht wer- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) den können. Diese Delegationen spielen bei der Über- zeugungsarbeit gerade im Verhältnis zu den Schwellen- Der Klimaschutz bleibt auf Kurs, wenngleich auf einem und Entwicklungsländern eine ganz wichtige Rolle. beschwerlichen. Wir haben weiterhin die Chance, die globale Klimakatastrophe abzuwenden, und der Klima- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie schutz bleibt auf der Agenda der Völkergemeinschaft. bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN) Das, was in Durban erreicht wurde, ist jedenfalls viel mehr als von uns allen befürchtet. Das war auch – wenn Der dritte Punkt. Es freut mich persönlich, dass es ge- die Mitglieder der Opposition ehrlich sind – der Tenor lungen ist, eine neue Allianz mit den Entwicklungslän- unserer Ausschussberatungen: International wurde das dern zu schließen. Die Entwicklungsländer sind natür- erreicht, was international derzeit möglich ist. lich Opfer, aber sie sind teilweise auch Täter. Die neue Mich freuen vor allem drei Punkte, die auf der Konfe- Koalition aus EU, kleinen Inselstaaten und progressiven renz in Durban eine Rolle gespielt haben: Entwicklungsländern hat für einen neuen Schwung in Durban gesorgt. Sie war letztendlich der Schlüssel zum Erstens. Es freut mich in der Tat, dass die Trennungs- Erfolg der Verhandlungen; denn durch sie wurde ein mo- linie zwischen Industrieländern auf der einen Seite und ralischer Druck auf die Bremserstaaten aufgebaut, der Entwicklungs- und Schwellenländern auf der anderen dringend notwendig war. Seite – sie lehnten bisher jegliche verbindliche Minde- rungsverpflichtungen ab – nicht mehr existiert. In der Die Allianz ist nicht vom Himmel gefallen. Sie war FA Z wurde davon gesprochen, dass sich die Weltkarte das Ergebnis einer langwierigen und intensiven vertrau- des Klimaschutzes verändert hat. Die Schwellenländer, ensbildenden Vorarbeit vor allem der EU und Deutsch- (B) vor allem auch China, haben verstanden, dass sie Verant- lands. Diese Allianz gilt es zu halten und auszubauen. (D) wortung für das Klima haben. Wir gelten als ehrliche Makler, als nicht kolonialbehaf- tet, mit einem ehrlichen Interesse an den Menschen, ih- Das wirklich Neue an dieser Konferenz ist, dass alle rer Zukunft und an der Umwelt. Wir gelten auch als Konferenzteilnehmer bis 2015 eine Vereinbarung mit langjährig verlässliche Partner. Rechtskraft beschließen wollen. Das heißt, wir haben zum ersten Mal alle Emittenten in einem Boot. Nur so Ich möchte auf die Zahlenspielereien eingehen, die macht es Sinn, dass wir an eine zweite Verpflichtungspe- Sie, Herr Kelber – und auch Herr Miersch –, immer bis riode des Kioto-Protokolls herangehen. Ansonsten wäre zum Exzess betreiben. dauerhaft festgeschrieben worden, dass Klimaschutz nur (Ulrich Kelber [SPD]: Ganz vorsichtig!) eine Sache der wenigen ist und die anderen aus der Ver- antwortung entlassen sind. An Ihnen stelle ich auch den Unterschied zwischen ei- nem Politiker und einem Buchhalter fest, und Sie sind Der zweite Punkt – auch das wurde schon angespro- noch dazu ein schlechter Buchhalter. Ich habe Ihnen chen – ist die konstruktive Rolle Deutschlands und der schon beim letzten Mal vorgerechnet, wie die Gelder für EU, von Kommissarin Hedegaard sowie Bundesminister Fast Start zustande kommen, aber Sie glauben es einfach Röttgen und seinem Team. Sie haben die entscheidende nicht. Deswegen sage ich es Ihnen noch einmal; Führungsrolle in Durban übernommen. Deswegen ist Durban auch ein Erfolg für die europäische und die deut- (Ulrich Kelber [SPD]: Ich habe die Zahlen sche Klimaschutzpolitik. Allen Skeptikern zum Trotz hat schon ins Internet gestellt! Machen Sie das sich die EU als handlungsfähig erwiesen, sie hat sogar doch auch!) die Koalition des Verantwortungsbewusstseins ange- führt. Sie war der Motor einer neuen Dynamik, und zwar vielleicht glauben Sie mir mehr als dem BMZ. 894 Mil- deshalb, weil Europa mit einer Stimme gesprochen hat. lionen Euro war der Sockelbetrag; dazu kommen 895 Millionen Euro vonseiten des BMZ zusätzlich Ich möchte die Gelegenheit nutzen, dem Bundesum- weltminister Norbert Röttgen und seinem Team für sei- (Ulrich Kelber [SPD]: Neu und zusätzlich?) nen persönlichen, hartnäckigen Einsatz für realistische, und 365 Millionen vom BMU zusätzlich. Das macht zu- aber auch verbindliche Ziele zu danken. Deutschland sammen mehr als 1,6 Milliarden Euro. bleibt im internationalen Klimaschutz die treibende und führende Kraft. Dafür von meiner Seite, von unserer (Ulrich Kelber [SPD]: Neu und zusätzlich oder Seite vielen Dank an die Verhandlungsdelegation! nur zusätzlich?) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011 18001

Dr. Christian Ruck (A) Ich bitte Sie: Nehmen Sie es einmal zur Kenntnis, oder nen Projekte zusammen. Wenn Sie Mathematiker sind, (C) gehen Sie selber ins BMZ, suchen die Zahlen und rech- dann kann es ja nicht am Zusammenzählen liegen. nen nach. Dann müssten auch Sie auf diese Zahlen kom- (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: men. Na ja! Denken Sie mal an die Hypo Real Es- Dieser Aufwuchs der ODA-Mittel und auch die Mit- tate!) tel für Umwelt- und Klimaschutz müssen steigen. Dafür Dann werden auch Sie sehen, dass unsere Zahlen stim- kämpfen wir Entwicklungspolitiker. Der Aufwuchs der men. ODA-Mittel muss vor allem auch in den Klima- und Umweltschutz gehen: für Technologietransfer, für den (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Schutz von Wäldern und Sumpfgebieten, für Agrarmaß- der FDP) nahmen, zum Beispiel für eine robustere Landwirtschaft, für den Schutz der Korallenriffe und vieles andere mehr. Ich sprach über die Partnerschaft mit Entwicklungs- und Schwellenländern. Diese Partnerschaft ist keine Ein- bahnstraße. Ich komme auf den Fall Brasilien zurück, Präsident Dr. Norbert Lammert: weil das ein wirklich starkes Stück ist. Mit Brasilien Herr Kollege Ruck, darf der Kollege Kelber eine Zwi- pflegen wir eine jahrzehntelange und kostspielige Zu- schenbemerkung machen? sammenarbeit im Tropenwaldbereich. Die geplante Ent- waldungsgesetzgebung wäre im schlechtesten Fall mit Dr. Christian Ruck (CDU/CSU): einer Freisetzung von 28 Milliarden Tonnen CO2 ver- Herr Kelber, das wird auch nichts bringen, aber ich bunden. Das ist das Dreißigfache dessen, was die Bun- lasse Ihre Zwischenfrage zu, sonst sagen Sie wieder, ich desrepublik Deutschland im Jahr ausstößt. 28 Milliarden hätte Angst vor Ihrem Zahlenwerk. – Bitte. Tonnen CO2, das wäre ein Schlag ins Gesicht – für uns und für den internationalen Klimaschutz. Wir müssen im Ulrich Kelber (SPD): Deutschen Bundestag natürlich über Kanada sprechen, Sie sagen ja immer, die Tatsache, dass ich nicht rech- wir müssen aber auch über Brasilien sprechen; denn mit nen könne, hätte ich wahrscheinlich meinem Mathema- einer solchen Gesetzgebung macht Brasilien die Rio- tikstudium zu verdanken. Würden Sie aber folgende plus-20-Konferenz zu einer Farce. Deshalb müssen auch Zahlen akzeptieren, vorgelegt von Brot für die Welt und wir Bundestagsabgeordnete mit den Brasilianern ein Germanwatch? Überschrift: „Der deutsche Beitrag zur ernstes Wort sprechen. Fast-Start-Zusage von Kopenhagen: Alter Wein in neuen Auf der Konferenz in Durban wurde Arbeit eingefor- Schläuchen“. Weiter heißt es: Demnach kommen über dert und Arbeit verteilt: für ein zweites Kioto-Protokoll, (B) den Zeitraum 2010 bis 2012 nur 152 Millionen Euro für das beschlossene Aktionsprogramm, für einen ver- (D) – das entspricht 12 Prozent der genannten Zahlen – an besserten Waldschutz und für den sofortigen Beginn der „frischem“ Geld zusammen. Eklatantestes Beispiel: Arbeit an einem globalen Klimaschutzabkommen. Wir 500 Millionen Euro, die die Bundesregierung bereits für als Abgeordnete müssen uns dabei dauerhaft und aktiv den Waldschutz zugesagt hat, werden bei Fast Start er- einbringen und dürfen auch eine kritische Auseinander- neut verrechnet. setzung mit Bremserstaaten nicht scheuen. Auch ich (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- halte das Verhalten der Kanadier für einen Skandal. NEN]: Was? Nur zweimal statt dreimal?) Wenn man zuerst die Klimaschutzziele dermaßen ekla- tant verfehlt – statt minus 6 plus 35 Prozent – und dann noch sagt: „Bevor ich Strafe zahlen muss, mache ich Dr. Christian Ruck (CDU/CSU): mich vom Acker“, dann passt das nicht zu einer Nation, Ich akzeptiere die Zahlen nicht. Herr Kelber, ich sage die mit den Entwicklungsländern Geschäfte mit den na- es Ihnen noch einmal: 894 Millionen Euro beträgt der So- türlichen Ressourcen macht, und es passt nicht in diese ckelbetrag; das ist hoffentlich einvernehmlich. 895 Mil- Zeit, in der Kanada den Anspruch erhebt, eine Führungs- lionen Euro beträgt der Beitrag des BMZ; das sind sowohl nation zu sein. Mittel für internationale als auch für bilaterale Projekte. Hinzu kommen 365 Millionen Euro des BMU. Präsident Dr. Norbert Lammert: Es ist so, dass manche Mittel, zum Beispiel für den Herr Kollege Ruck, darf die Kollegin Bulling- Waldschutz, gleichzeitig Mittel zum Schutz der Biodi- Schröter eine Zwischenfrage stellen? versität sind. Das können Sie dem BMZ und uns aber nicht vorwerfen. Dr. Christian Ruck (CDU/CSU): (Ulrich Kelber [SPD]: Neu und zusätzlich!) Nein, jetzt nicht mehr. Ich bin nämlich bei meinem letzten Punkt angelangt. – Ja, das sind neue und zusätzliche Mittel. Klimaverhandlungen sind wichtig. Wir wissen, dass (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sie zäh sind, langsam vorangehen, vor allem im UNO- NEN]: Die schaffen Arbeitsplätze! Die können Kontext, und dass wir deswegen selber handeln müssen, Sie gleich dreimal rechnen!) um andere mitziehen zu können. Genau das tun wir. Un- Herr Kelber, tun Sie mir einfach einen Gefallen: Gehen sere Energiewende und der damit verbundene gesell- Sie zum BMZ, und machen Sie genau das Gleiche, was schaftliche Kraftakt finden vor den Augen der Weltöf- ich gemacht habe: Zählen Sie die Mittel für die einzel- fentlichkeit statt. Er entscheidet über den Erfolg der 18002 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011

Dr. Christian Ruck (A) Klimawende, auch international. Alle schauen darauf, schutz Zukunftspolitik und Wachstumslokomotive ist, (C) wie wir diese Energiewende gestalten und in welcher Art und zwar nicht nur für das Industrieland Deutschland, und Weise wir wirtschaften. sondern auch für die globale Wirtschaft. Wenn uns dies gelingt, dann gibt es vor allem einen Gewinner: das Dass Deutschland mit seiner Energiepolitik interna- Klima dieser Welt. tionalen Vorbildcharakter hat, hat Durban eindrucksvoll gezeigt. Das globale Interesse ist groß in Bezug auf un- Vielen Dank. sere Energiepolitik und unsere Energietechnologie ge- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) rade in den Bereichen der dezentralen Energieversor- gung, der Wasserversorgung, der Elektromobilität, der Gebäude- und der Effizienztechnologien, aber auch in Präsident Dr. Norbert Lammert: Bezug auf neue Werkstoffe und die Art und Weise, wie Das Wort hat nun Renate Künast für die Fraktion wir diese Energiewende juristisch und administrativ or- Bündnis 90/Die Grünen. ganisieren. Wir werden zeigen, dass unsere Ener- giewende kein bloßer Versuch und kein Experimentier- Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): feld mit offenem Ausgang ist, sondern ein Erfolgsmodell Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der und damit Deutschlands Exportschlager des 21. Jahrhun- Regierungserklärung bin ich etwas ratlos und frage: Was derts. Wir müssen zeigen, dass diese Energiewende ver- sollte das eigentlich, Herr Röttgen? sorgungssicher und bezahlbar ist, dass sie neue Impulse für Wachstum und Arbeitsplätze gibt, ja dass es sogar (Josef Göppel [CDU/CSU]: Das war eindeutig ein großer Wettbewerbsnachteil für die Konkurrenzfä- klar!) higkeit anderer Länder ist, wenn sie sich dieser Ener- Ist es sozusagen eine moderne Art des Debriefings, dass giewende nicht anschließen. Dieser Dominoeffekt ist ge- man sich eine Woche danach in Ermangelung anderer nau das, was wir erreichen wollen, und ist vielleicht Themen, auf die sich diese Koalition einigen könnte, noch viel wertvoller als mühsame und zähe UN-Ver- schlicht und einfach selber lobt, obwohl es inhaltlich handlungen. nicht angebracht ist? (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Josef Göppel [CDU/CSU]: Sie waren gar neten der FDP) nicht dabei!) Daran, dass diese Energiewende gelingt, arbeitet die Also, ich bin ratlos an dieser Stelle. christlich-liberale Koalition mit vollem Einsatz. Wir kämpfen für den raschen Ausbau der erneuerbaren Ener- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (B) gien, und dies mit großem Erfolg. 20 Prozent unserer und bei der SPD) (D) Stromproduktion erfolgt auf der Basis erneuerbarer Es ist bemerkenswert, Herr Röttgen, wie Sie sich selber Energien. Wir kämpfen um einen zügigen Netzausbau gelobt haben. Dabei gehört zur Wahrheit auch: Die Bun- und die Gewährleistung der Netzstabilität. Wir kämpfen deskanzlerin hatte den ganzen Verhandlungsprozess um ein Lastmanagement, um den Ausbau der Stromspei- schon aufgegeben, bevor das Verhandeln überhaupt be- cherung sowie um Forschung und Entwicklung im Be- gonnen wurde. Sie sind hingefahren und haben als Erstes reich der Energiepolitik. – eine ganz moderne Verhandlungsstrategie und eine in- Natürlich müssen wir auch auf die Bezahlbarkeit der teressante Variante, um jemanden zu gewinnen – China Energiewende achten. Es wäre ein Schuss ins eigene in den Hintern getreten Knie, wenn wir eine Energiewende machten, die außer (Josef Göppel [CDU/CSU]: Das war höchst uns keiner bezahlen könnte. Deswegen geht es auch und erfolgreich!) vor allem um Energieeffizienz. und haben sich am Ende dies als erfolgreiche Verhand- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- lungsstrategie ans Revers geheftet und behauptet, Sie hät- neten der FDP) ten quasi dieses große internationale Bündnis geschmie- Ich bin durchaus bereit, meine Damen und Herren von det. Wahr ist: Man hat erstens zu spät angefangen, und der Opposition, über Energieeffizienz im europäischen zweitens hieß der Schmied nicht Röttgen, sondern die Kontext zu reden. Wir brauchen im europäischen Kon- Schmiedin war die EU-Kommissarin Hedegaard. text mehr Energieeffizienz. Wir haben wichtige Gesetze (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – vor uns, die uns mehr Energieeffizienz bescheren kön- Josef Göppel [CDU/CSU]: Da waren Sie noch nen, zum Beispiel im KWK-Bereich und im Mietrechts- im Berliner Wahlkampf!) bereich. Es ist sicherlich eine gute Strategie, sich gemeinsam mit den Schwellenländern und den am wenigsten entwi- Präsident Dr. Norbert Lammert: ckelten Staaten dieser Welt gegen diejenigen zu stellen, Herr Kollege, Sie müssen jetzt bitte zum Schluss die nicht willens sind, sich zu bewegen. Aber dann frage kommen. ich einmal: Wo war eigentlich – außer der Beschreibung, was für tolle Hechte Sie alle in Durban waren – der Satz Dr. Christian Ruck (CDU/CSU): über das, was man zu tun gedenkt? Dazu hat keiner et- Jawohl. – Entscheidend ist, dass die Welt auf was gesagt. Von den Koalitionsrednern höre ich nur: Wir Deutschland schaut. Wir müssen beweisen, dass Klima- waren ganz toll! Aber wie will man das Eisen mit diesen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011 18003

Renate Künast (A) ganzen Staaten denn jetzt weiter schmieden? Was sind Sagen Sie doch: Wir sorgen dafür, dass in Deutschland (C) denn die Angebote? und in Europa nur noch FSC-zertifiziertes Holz verbaut wird. Dann können Sie denen erklären, was sie mit ih- Wir haben – Herr Kelber hat es gerade noch einmal rem Wald machen sollen. gesagt – durch die heutigen Redebeiträge eins gelernt, nämlich dass die Gelder dreifach oder doch mindestens (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zweifach angeboten werden. So kann man natürlich eine sowie bei Abgeordneten der SPD) wundersame Geldmehrung machen – einmal ganz abge- sehen davon, dass vieles von dem, was Sie anbieten, Sagen Sie doch: Wir machen eine Agrarreform und noch lange nicht im Haushalt steht. treiben sie in Europa an. (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das ist doch (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Sie haben ein Blödsinn! Sie haben keine Ahnung!) doch keine Ahnung! Sie können sich doch nicht hier hinstellen und so ahnungslos daher- Wenn es aber ans Eingemachte geht, höre ich hier keinen plappern!) einzigen Satz, wie Sie denn das Eisen schmieden wollen. Die am wenigsten entwickelten Länder, viele afrikanische Wir wollen nicht mehr, dass da unten Wälder für den Länder könnten Sie beglücken, indem Sie keine Rechen- Anbau von Soja gerodet werden, den wir dann hier ver- tricks machen, sondern deutlich machen: Deutschland füttern. Ich weiß, warum Sie so reagieren: Sie merken sagt Ja zu einer Agrarreform. Weg mit den Exportsubven- nämlich, dass man nicht nur das allgemeine Wortgeklin- tionen! Wir werden nicht mehr auf Kosten anderer wirt- gel machen kann, sondern dass man zu Hause auch lie- schaften. fern muss. Man muss zu Hause den Mut haben, Verhal- tens- und Politikänderungen durchzusetzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Doch dazu habe ich von Ihnen an dieser Stelle kein Wort gehört. Ich will gerne noch hinterherschicken: Herr Röttgen hat hier ja eine warme Rede gehalten. Die richtige Antwort könnte auch sein, jetzt das ambi- tionierte europäische Klimaschutzziel auf minus 30 Pro- (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Was ist denn zent bis 2020 zu setzen. Die richtige Antwort könnte eine „warme“ Rede?) auch sein, den Green Climate Fund jetzt mit Geld auszu- statten, anstatt mit Rechentricks zu arbeiten. Sie können, ohne Zweifel, immer schön reden, Herr Röttgen. Sie haben gesagt, man müsse zu Hause die (B) (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Sie haben Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung nutzen. (D) keine Ahnung, Frau Künast!) Das haben Sie sicherlich nicht in unsere Richtung ge- sagt, denn wir wussten das schon; wir sagen ja ständig, Die richtige Antwort könnte auch sein, Klimaschutzini- dass Klimaschutz auch eine wirtschaftliche Chance und tiativen mit anderen zusammen zu starten. Die richtige eine Chance für Arbeitsplätze ist. Sie haben es in Rich- Antwort könnte auch sein, zu überlegen, wie und an wel- tung Ihrer Koalitionsfraktionen gesagt. Wenn Sie das chen Stellen wir mit China zusammenarbeiten können. aber in diese Richtung sagen, dann muss ich hinterher- (Judith Skudelny [FDP]: Das tun wir doch!) schicken: Unterhalten Sie uns endlich nicht mehr mit dem Spiel von Röttgen und Rösler: Der eine so herum, Herr Ruck, es war ein toller Satz, der andere so herum. (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Danke!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dass man mit Brasilien ein ernstes Wort reden müsse, und bei der SPD) weil sie die Wälder dort roden. Ich sage Ihnen eins: Mit dieser Großmannssucht des reichen weißen Mannes Jeden Tag trifft man sich mit Energiekonzernen – einmal kommen Sie in Brasilien bestimmt ganz weit. Sie, einmal Sie. Man ist nicht einmal in der Lage, sich gemeinsam mit denen zu treffen, weil Sie nicht den (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Sie können Hauch einer gemeinsamen Position haben. ja Däumchen drehen, Frau Künast! – Judith Skudelny [FDP]: Was für ein dämliches Ge- Sie reden im Spiegel über die Vision eines Pro-Kopf- schwätz!) Budgets an CO2. Wenn wir dann aber beim BMU nach- fragen, erfahren wir dort, das sei eher hypothetisch ge- – Welche Kinderstube haben Sie denn? meint. Hypothesen haben wir auch, säckeweise. (Judith Skudelny [FDP]: Eigentlich eine ganz (Judith Skudelny [FDP]: Ja, das wissen wir gute!) doch!) Wenn Sie mit den Brasilianern ernsthaft reden wollen, Wir brauchen aber Taten an dieser Stelle. dann müssen Sie auch etwas bringen. Ja, wir wollen, dass Brasilien den Amazonas-Wald nicht rodet. Aber Sie ( [FDP]: Dann sollten Sie mit Ih- müssen an dieser Stelle endlich einmal aufhören, der rem Wortbeitrag zum Ende kommen!) Waldwirtschaft in den Hintern zu kriechen. – Sie sind eh schon am Ende; Sie existieren gar nicht (Otto Fricke [FDP]: So viel zur Kinderstube!) mehr. 18004 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011

Renate Künast (A) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – machen. Sie sind immer unzufrieden. Es ist egal, was (C) Otto Fricke [FDP]: Warum reagieren Sie dann wir machen, es passt Ihnen nicht. auf mich?) (Ulrich Kelber [SPD]: Aber egal, was Sie ma- – Weil ich höflich bin, Herr Fricke. chen, Sie machen es auch falsch!) (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Setzt man das Thema auf die Tagesordnung, dann rekla- NEN und bei der SPD) mieren Sie, dass es auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Sie wären die Erste gewesen, die uns kritisiert hätte, hät- Sie müssen zu Hause Ihre Hausaufgaben machen und ten wir heute Morgen nicht darüber diskutiert. Ich sage vorangehen, wenn Sie die wirtschaftlichen Chancen Ihnen: Das Thema ist wichtig genug, um es im Deut- wirklich nutzen und den anderen zeigen wollen, dass schen Bundestag zu behandeln. sich technologische Entwicklung lohnt. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Zum Beispiel Energieeffizienz. Herr Röttgen, Sie sa- gen dazu, das sei die intelligenteste Form der Energie- Natürlich war Durban ein Erfolg; denn es wurde ein politik. Dann dürfen Sie nicht mehr zulassen, dass Herr Fahrplan zu einem Rechtsabkommen mit allen Ländern Rösler die EU-Effizienzrichtlinie blockiert. Wir brau- vereinbart. Die Grundlage dieses Erfolgs war eine chen sie. schlagkräftige Allianz zwischen der EU, den kleinen In- selstaaten, den ärmsten Ländern und progressiven afri- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kanischen und lateinamerikanischen Ländern. Der Red- und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der ner der SPD hat hier heute Morgen erklärt, das sei LINKEN) schlicht nichts. Dann erklären Sie uns doch bitte einmal, Durch ihre Umsetzung könnten bis zu 120 000 neue Ar- was Ihre Alternative gewesen wäre. Glauben Sie, Sie beitsplätze geschaffen werden. hätten die anderen Länder dazu gebracht, auf dieser Kli- makonferenz mehr zu vereinbaren als das, was jetzt ver- Ich komme zum Schluss. – Energetische Gebäudesa- einbart wurde? Das glauben Sie doch selber nicht. nierung: So, wie Sie dieses Thema angehen, schaffen wir es nicht einmal in 100 Jahren. Wann einigen Sie sich Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Sie können nicht endlich? Wann schafft es die Kanzlerin, die Ausnahmen permanent alles, was erreicht wird, konterkarieren und im Emissionshandel, auch im europäischen Emissions- ablehnen und dann sagen, dass wir das Weltklima mit handel, zu eliminieren? Darüber könnten wir Geld be- Maßnahmen allein in Deutschland retten. Das wird nicht kommen. Warum schicken wir die Gigaliner auf die funktionieren. Deswegen ist es richtig, dass diese Bun- (B) Straße statt den Güterverkehr auf die Schiene? Warum desregierung so agiert hat, wie sie agiert hat. (D) blockiert Deutschland das Weißbuch Verkehr? (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der CDU/CSU) sowie bei Abgeordneten der SPD – Otto Fricke [FDP]: Wer blockiert?) Wir wollen, dass es nicht bei Klimadiplomatie bleibt. Das Wichtigste ist, dass jetzt etwas passiert. Das haben Warum bauen wir mithilfe der Gelder aus dem Emissions- mehrere Redner gesagt; da sind wir uns vollkommen ei- handel neue Kohlekraftwerke? Ich sage eines ganz klar: nig. Deshalb ist es wichtig, dass die Bereitschaft von Klimaverhandlungen werden in potenziell guten neuen Ländern wie Mexiko, Brasilien oder auch China, sich Bündnissen fortgeführt, wenn Deutschland selber einen klimapolitisch zu engagieren, jetzt von uns unterstützt Innovationsschub hat. Aber das kann Schwarz-Gelb wird. Sie muss unbedingt aufrechterhalten werden. nicht, zumindest nicht der gelbe Teil, und der schwarze Liebe Frau Künast, Sie werden diese Bereitschaft sicher- hat auch keinen Mut. lich nicht aufrechterhalten, indem Sie Länder wie Brasi- lien, die sich wirklich anstrengen, hier im Deutschen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bundestag verbal verhauen. So werden Sie nicht weiter- und bei der SPD) kommen.

Präsident Dr. Norbert Lammert: (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Birgit Homburger ist die nächste Rednerin für die FDP-Fraktion. Deshalb ist es dringend notwendig, dass wir die Ge- spräche bilateral weiterführen, nicht nur zwischen der (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten EU und diesen Ländern, sondern auch zwischen der der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ Bundesrepublik Deutschland und diesen Ländern. Wir DIE GRÜNEN]: Ist das jetzt die Rede zur Be- wollen, dass es mit diesen Ländern bilaterale Koopera- werbung bei der DBU?) tionen insbesondere in projektbezogenen technischen Fragen gibt. Das wird dazu führen, dass dort das Be- Birgit Homburger (FDP): wusstsein für die Notwendigkeit von Klimaschutz ge- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stärkt wird. Es zeigt aber auch die Ernsthaftigkeit, mit haben heute Morgen die Möglichkeit, hier über die Er- der wir uns um die Zusammenarbeit mit diesen Ländern gebnisse von Durban zu diskutieren. Liebe Frau Künast, bemühen. Ich glaube, das ist ein wichtiges Signal, das mich wundert nichts mehr. Ihnen kann man nichts recht diese Bundesregierung aussendet.