Berlinbulletin Aktuelles Aus Regierung Und Parlament
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
17/2013 │ 23. Oktober 2013 www.dlr.deH /pw BerlinBulletin Aktuelles aus Regierung und Parlament Konstituierung des 18. Deutschen Bundestages beibehalten werden solle. Dennoch bestehe Norbert Lammert bleibt Präsident des Bedarf, die unterschiedlichen Fraktionsstärken, Bundestages wenn sie deutlich voneinander abweichen, im Der Bundestag hat Prof. Dr. Norbert Lammert Präsidium annähernd abzubilden. Daher sollten (CDU/CSU) in seiner ersten, konstituierenden Union und SPD je zwei Vizepräsidenten erhal- Sitzung der neuen Wahlperiode am Dienstag, ten. 22. Oktober 2013, mit großer Mehrheit im Amt bestätigt. Lammert konnte in geheimer Wahl Gesprächsbereitschaft bei 591 von 625 abgegebenen Stimmen bei 26 Ge- Minderheitenrechten genstimmen und acht Enthaltungen auf sich Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der vereinigen. Zu Stellvertretern Lammert wählte CDU/CSU, Michael Grosse-Bröme, begründete der Bundestag Peter Hintze (CDU/CSU), Johan- den Antrag mit den vielfältigen Aufgaben des nes Singhammer (CDU/CSU), Edelgard Bulmahn Parlaments und dem Interesse an einem „star- (SPD), Ulla Schmidt (SPD), Petra Pau (Die Linke) ken Präsidium“. Auch der Erste Parlamentari- und Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen). sche Geschäftsführer der SPD, Thomas Opper- mann, hielt ein siebenköpfiges Präsidium nicht Siebenköpfiges Präsidium für unangemessen groß für ein Parlament mit 631 Abgeordneten. Gegen das Votum der Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen beschloss Oppermann sicherte der Opposition Gesprächs- der Bundestag auf Antrag von CDU/CSU und bereitschaft bei Minderheitenrechten zu, wenn SPD (18/2), dass die stärkste Fraktion sowie die es etwa um öffentliche Anhörungen, die Einset- nächstgrößere Fraktion je zwei Stellvertreter des zung von Untersuchungsausschüssen oder um Präsidenten, jede weitere Fraktion je einen Stell- Redezeiten im Plenum gehe: „Wir werden einen vertreter stellen. Konsens bekommen.“ Grosse-Brömer nannte Kritik an dieser Regelung „falsch und kleinlich“. Begründet wurde der Antrag damit, dass die 1994 in die Geschäftsordnung des Bundestages Opposition gegen erweitertes Präsidium aufgenommene so genannte Grundmandats- klausel auch in der neuen, 18. Wahlperiode Das sahen Dr. Petra Sitte und Britta Haßelmann, BerlinBulletin 17/2013 │ 23. Oktober 2013 Seite 2 Erste Parlamentarische Geschäftsführerinnen Bundesrat für den Vermittlungsausschuss nach der Linksfraktion und von Bündnis 90/Die Grü- Artikel 77 des Grundgesetzes, die Geschäfts- nen anders. Diese Geste habe ein „Geschmäck- ordnung für den Gemeinsamen Ausschuss, die le“ und werde nicht als vertrauensbildende Geschäftsordnung für das Verfahren nach Arti- Maßnahme wahrgenommen, sagte Sitte. Die kel 115d des Grundgesetzes (dringliche Geset- Aufgaben der Opposition würden mit weniger zesvorlagen) und die Richtlinien zur Überprü- Abgeordneten gewaltiger. Das Bundesverfas- fung auf eine Tätigkeit oder politische Verant- sungsgericht habe mehrfach die herausgehobe- wortung für das Ministerium für Staatssicher- ne Stellung der Opposition betont. heit/Amt für Nationale Sicherheit der ehemali- gen DDR für die neue Wahlperiode übernom- Britta Haßelmann bemängelte, dass die Vergrö- men werden. ßerung des Präsidiums nicht sachlich begründet werde, sondern mit dem Wunsch der SPD nach Der alte und neue Bundestagspräsident wies „Augenhöhe“ mit der CDU/CSU. Das Signal, darauf hin, dass im Bundestag mit 230 neuen das nach außen gegeben werde, sei: Eine Große Mitgliedern weniger Männer und mehr Frauen, Koalition wird teuer. mehr jüngere und weniger ältere Abgeordnete sitzen als in der letzten und in früheren Wahlpe- Grüne pochen auf Oppositionsrechte rioden. Auch habe es noch nie so viele Abge- ordnete mit einem Einwanderungshintergrund Der Bundestag soll nach dem Willen der Frakti- gegeben. on Bündnis 90/Die Grünen für den Fall einer großen Koalition aus CDU/CSU und SPD ankün- Parlamentarische Hausaufgaben digen, „die Minderheitenrechte der Oppositi- onsfraktionen im Hinblick auf diese außerge- Lammert hob hervor, dass mit der konstituie- wöhnliche Konstellation anzupassen und zu renden Sitzung auch die Amtszeit der Bundes- stärken“. In einem Antrag (18/4) schreibt die regierung ende. Die dann im Amt befindliche Grünen-Fraktion, es sei eine „unverzichtbare geschäftsführende Bundesregierung bedürfe Funktionsvoraussetzung für das Demokratie- nicht weniger der parlamentarischen Kontrolle prinzip“, dass die parlamentarische Minderheit als eine gewählte. Der Bundestag werde seine über effektive Rechte im Parlament und zur Arbeit nicht erst nach Abschluss der Koalitions- Kontrolle der Regierungspolitik verfügt. Die ge- verhandlungen aufnehmen. genwärtigen Regelungen gewährleisteten diese Funktionsvoraussetzungen „nicht hinreichend, Als „parlamentarische Hausaufgaben“ nannte wenn eine Bundesregierung von einer Koaliti- Lammert, dass geklärt werden müsse, ob Ände- onsmehrheit aus den Fraktionen von CDU/CSU rungen in der Geschäftsordnung oder in Geset- und SPD unterstützt werden würde“. zen nötig und möglich seien, um die Rechte der Opposition zu wahren. Die Minderheit müsse Geschäftsordnungen übernommen wissen, dass die Mehrheit entscheide, was gel- te. Die Mehrheit müsse akzeptieren, dass die Einstimmig bei Enthaltung einiger Abgeordneter Minderheit bis dahin ihre Vorschläge und Alter- der Linksfraktion beschloss der Bundestag auf nativen zur Geltung bringen können müsse. Alle Antrag von Union und SPD (18/1), dass die Ge- Fraktionen haben sich grundsätzlich dazu bereit schäftsordnung des Bundestages, die Gemein- erklärt. same Geschäftsordnung von Bundestag und BerlinBulletin 17/2013 │ 23. Oktober 2013 Seite 3 Zweifelhafter Drucksachenrekord und Wählern gibt. Die „offene Rede“ sei mög- lich und manchmal sogar nötig. Ferner machte der Bundestagspräsident auf die notwendige neue Balance zwischen Zahl und Dank an ausgeschiedene Abgeordnete Umfang der Beratungsgegenstände und der zur Verfügung stehenden Zeit aufmerksam. Mit fast Zu Beginn hatte Lammert seinem Amtsvorgän- 15.000 Drucksachen sei in den vergangenen ger Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD) gedankt, vier Jahren ein „zweifelhafter Rekord“ von par- der lamentarischen Initiativen aufgestellt worden, darunter 900 Gesetzesvorhaben, von denen 553 verabschiedet worden seien. 15 Jahre im Präsidium des Bundestages vertre- ten war und als ehemaliges Mitglied der frei Das Parlament werde nicht daran vorbeikom- gewählten Volkskammer den Aufbruch der men, so Lammert weiter, entweder die Zahl der neuen Länder in die Demokratie fast ein Viertel- Sitzungswochen zu erhöhen oder den Ehrgeiz in jahrhundert lang begleitet habe. Der frühere der Produktion von Papieren stärker zu diszipli- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (FDP) nieren. Auch seien Parlamente keine Instrumen- gehörte dem Bundestag 33 Jahr lang an, davon te zur Beschleunigung, sondern zur Legitimie- 15 Jahre dem Präsidium. Stellvertretend für alle rung von Entscheidungen, was Sorgfalt und ausgeschiedenen Abgeordneten dankte Lam- Gründlichkeit voraussetze. Die gewöhnlich mert Eduard Oswald (CDU/CSU), der als Abge- mittwochs stattfindenden Regierungsbefragun- ordneter drei Fachausschüsse geleitet hatte und gen und Fragestunden seien beides keine zuletzt Vizepräsident des Bundestages war. „Glanzstücke des Parlaments“, so der Präsident Lammert erinnerte schließlich daran, dass das weiter. Beide sollten in „lebendigerer Weise“ Parlament keine Versammlung von Helden und neu geregelt werden. Heiligen, sondern von Volksvertretern sei, nicht besser und nicht schlechter als andere. Volksver- „Wahlrecht erneut in den Blick nehmen“ treter eben. Schließlich regte Lammert auch an, das in die- Alterspräsident begrüßt Gäste sem Jahr geänderte Wahlrecht noch einmal in den Blick zu nehmen. Ganze vier Überhang- Eröffnet hatte die Sitzung der CDU- mandate hätten zu 29 Ausgleichsmandaten Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Heinz Riesen- geführt. Es lasse sich ahnen, welche Größen- huber, mit 77 Jahren der älteste Abgeordnete ordnung das Parlament bei einem knapperen und damit bereits zum zweiten Mal Alterspräsi- Wahlausgang hätte annehmen können. Lam- dent. Er hieß Bundespräsident Joachim Gauck, mert riet dazu, noch vor der nächsten Bundes- den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, tagswahl einen sorgfältigen Blick auf die Rege- Prof. Dr. Andreas Voßkuhle, Altbundespräsident lungen zu werfen. Prof. Dr. Horst Köhler, die früheren Bundes- tagspräsidenten Dr. h.c. Wolfgang Thierse, der Sollte es große Mehrheiten geben, so der Präsi- an diesem Tag seinen 70. Geburstag feierte, dent, werde die Urteilsbildung im Parlament und Prof. Dr. Rita Süssmuth auf der Tribüne des noch wichtiger als bei knappen Mehrheiten. Ein Plenarsaals willkommen. Parlament müsse die Auffassungen zum Aus- ruck bringen, die es unter den Abgeordneten Riesenhuber erinnerte an die FDP-Abgeor- BerlinBulletin 17/2013 │ 23. Oktober 2013 Seite 4 dneten, die dem neuen Bundestag nicht mehr sident auf den Zusammenhalt Europas ein. Da- angehören und dankte den ausgeschiedenen für gebe es keinen Masterplan. Die EU müsse Abgeordneten, die „uns verbunden bleiben“, aus Prinzipien wie dem, dass Hilfe nur wirksam für ihre Arbeit. Dabei ging er auch auf das Aus- werde, wenn jeder Staat aus eigener Kraft seine scheiden der FDP ein, die seit Gründung der Zukunft gestalte, neu erfunden werden. Bundesrepublik die deutsche Politik in „libera- lem Geist“ mitgestaltet habe. „Stillstand darf nicht sein“ Komplexe Herausforderungen Die deutsche Wissenschaft sei besser geworden, der Innovationswettbewerb sei aber nur zu ge- Riesenhuber zeichnete ein