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Deutscher

Stenografischer Bericht

138. Sitzung

Berlin, Dienstag, den 24. November 2015

Inhalt:

Gedenken an die Opfer der Pariser b) Einzelplan 20 Attentate...... 13497 A Bundesrechnungshof Drucksachen 18/6124, 18/6125. . . . . 13498 D Begrüßung der Delegation von Parlamentari- ern aus Usbekistan unter Vorsitz von Herrn Dr . Gesine Lötzsch (DIE LINKE) ...... 13498 D Shadmanov ...... 13518 D (CDU/CSU)...... 13500 A (BÜNDNIS 90/ Tagesordnungspunkt I: DIE GRÜNEN)...... 13501 D a) Zweite Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Johannes Kahrs (SPD) ...... 13503 A Gesetzes über die Feststellung des Bun- Dr . (DIE LINKE) ...... 13504 D deshaushaltsplans für das Haushalts- jahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016) Dr .W olfgang Schäuble, Bundesminister Drucksachen 18/5500, 18/5502...... 13498 B BMF ...... 13506 A b) Beratung der Beschlussempfehlung des Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ Haushaltsausschusses zu der Unterrich- DIE GRÜNEN)...... 13507 B tung durch die Bundesregierung: Finanz- Dr .T obias Lindner (BÜNDNIS 90/ plan des Bundes 2015 bis 2019 DIE GRÜNEN)...... 13508 D Drucksachen 18/5501, 18/5502, 18/6127...... 13498 B (Erfurt) (SPD)...... 13510 B (CDU/CSU)...... 13511 D I .1 Einzelplan 01 Dr . Hans-Ulrich Krüger (SPD)...... 13513 D Bundespräsident und Bundespräsidi- alamt Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) ...... 13515 A Drucksachen 18/6124, 18/6125...... 13498 B () (SPD)...... 13516 A Carsten Körber (CDU/CSU)...... 13517 D I .2 Einzelplan 02 Deutscher Bundestag Drucksachen 18/6102, 18/6124...... 13498 B I .5 Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Na- I .3 Einzelplan 03 turschutz, Bau und Reaktorsicherheit Bundesrat Drucksachen 18/6115, 18/6124...... 13519 B Drucksachen 18/6124, 18/6125...... 13498 C (DIE LINKE) ...... 13519 B Steffen-Claudio Lemme (SPD)...... 13521 A I .4 a) Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ Drucksachen 18/6108, 18/6124. . . . . 13498 C DIE GRÜNEN)...... 13522 A II Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Josef Rief (CDU/CSU)...... 13523 C (DIE LINKE) ...... 13560 B Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin (SPD)...... 13562 A BMUB...... 13525 B Caren Lay (DIE LINKE) ...... 13562 B (DIE LINKE)...... 13526 C Dr .T obias Lindner (BÜNDNIS 90/ (DIE LINKE) ...... 13527 C DIE GRÜNEN)...... 13564 B Dr . Georg Nüßlein (CDU/CSU)...... 13528 D Klaus-Dieter Gröhler (CDU/CSU)...... 13565 C (BÜNDNIS 90/ , Bundesminister BMJV ...... 13568 A DIE GRÜNEN)...... 13531 C (Havelland) (DIE LINKE). . . . 13570 B Carsten Träger (SPD)...... 13532 D (Heilbronn) (CDU/CSU). . . . 13571 B (CDU/CSU)...... 13533 D Renate Künast (BÜNDNIS 90/ Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 13573 B DIE GRÜNEN)...... 13535 A Elvira Drobinski-Weiß (SPD)...... 13575 A Sören Bartol (SPD)...... 13536 B Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . 13575 C (CDU/CSU) ...... 13537 C (SPD) ...... 13577 D (CDU/CSU) ...... 13578 D I .6 a) Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern Drucksachen 18/6106, 18/6124. . . . . 13540 A I .8 Einzelplan 30 b) Einzelplan 21 Bundesministerium für Bildung und Bundesbeauftragte für den Daten- Forschung schutz und die Informationsfreiheit Drucksachen 18/6124, 18/6125. . . . . 13580 B Drucksachen 18/6119, 18/6124. . . . . 13540 A Roland Claus (DIE LINKE)...... 13580 C Roland Claus (DIE LINKE)...... 13540 B Anette Hübinger (CDU/CSU)...... 13581 D Dr . (CDU/CSU)...... 13541 C Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 13583 B DIE GRÜNEN)...... 13543 A (Spandau) (SPD)...... 13584 C (SPD)...... 13544 B Dr . Johanna Wanka, Bundesministerin Dr .Thomas de Maizière, Bundesminister BMBF...... 13587 A BMI...... 13546 B (DIE LINKE) ...... 13590 A Frank Tempel (DIE LINKE)...... 13548 C Dr . (SPD) ...... 13591 B Dr . Eva Högl (SPD) ...... 13549 D Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 13593 A DIE GRÜNEN)...... 13551 C (CDU/CSU)...... 13593 D (Altötting) (CDU/CSU). . . . . 13553 A Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ Dr . (SPD)...... 13554 D DIE GRÜNEN)...... 13595 C (Weil am Rhein) (CDU/ CSU)...... 13556 A (SPD) ...... 13596 A Frank Tempel (DIE LINKE)...... 13557 C Dr. (CDU/CSU) ...... 13597 B (SPD) ...... 13558 D Ralph Lenkert (DIE LINKE) ...... 13598 D Dr. Wolfgang Stefinger (CDU/CSU) ...... 13599 B

I .7 a) Einzelplan 07 René Röspel (SPD)...... 13599 B Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Nächste Sitzung ...... 13601 B Drucksachen 18/6107,18/6124 . . . . . 13560 B b) Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht Anlage 1 Drucksachen 18/6124, 18/6125. . . . . 13560 B Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . 13603 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13497

(A) (C)

138. Sitzung

Berlin, Dienstag, den 24. November 2015

Beginn: 10 .00 Uhr

Präsident Dr. : Wir bekennen uns – auch und gerade unter dem Ein- Die Sitzung ist eröffnet . Liebe Kolleginnen und Kol- druck menschenverachtender, brutaler Mordanschläge – legen, ich darf Sie bitten, von Ihren Plätzen erhoben zu zur Humanität als Leitlinie politischen Handelns . Aber bleiben . wir werden Humanität nicht mit Naivität verwechseln . Wir werden Muslimen wie Christen und Juden mit Res- Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und pekt begegnen – und religiösen Fanatikern mit der gebo- Kollegen! Noch am Abend unseres letzten Sitzungstages tenen Härte . wurde Paris von einer brutalen Serie von Terroranschlä- Es gibt nichts, was die terroristische Barbarei recht- gen heimgesucht – zum zweiten Mal in diesem Jahr . Noch fertigen könnte – keine politische Idee, kein Glaube und immer kämpfen Menschen, die feiernd ins Wochenende keine Religion . Weil dies im Namen Allahs trotzdem ge- starten wollten, um ihr Leben . Der Deutsche Bundestag schieht, wiederhole ich, was ich im Januar dieses Jahres trauert mit allen Franzosen um die vielen Opfer dieser hier im Bundestag gesagt habe: mörderischen Attacke auf ihre Hauptstadt . Unseren Kol- (B) leginnen und Kollegen in der Nationalversammlung habe Unser Gegner ist nicht der Islam, sondern der Fana- (D) ich bereits am Morgen nach den Anschlägen unser Mit- tismus, nicht Religion, sondern Fundamentalismus . gefühl übermittelt . Aber es reicht eben auch nicht, zu sagen, dass die Ge- Seit diesen Ereignissen haben sich manche politische walt nichts mit dem Islam zu tun habe . Zitat: „In dem Au- Prioritäten verschoben, nicht nur in Frankreich, sondern genblick, da sich Terroristen auf den Islam berufen, hat auch in unserem Land . Der Terror betrifft uns alle, und der Terror auch etwas mit dem Islam zu tun“, hat Navid er kennt keine Grenzen . Wir denken nicht nur an die Op- Kermani im Januar in Köln gesagt, und er hat alle Musli- fer in Paris, sondern ebenso an die über 200 russischen me dazu aufgerufen – Zitat –, „die Fratze abzureißen, die Passagiere, die auf dem Rückflug von ihrem Urlaubsort das Gesicht unserer Religion entstellt“ . Ägypten waren, an die Hotelgäste in Bamako und Mo- Im Selbstverständnis einer jeden freien Gesellschaft gadischu, an die Menschen in Sarajevo, in Bagdad und begründet sich auch unsere Pflicht, diese Freiheit vor de- Beirut, die alle in den vergangenen drei Wochen bei Ter- nen zu schützen, die sie angreifen . Wir wissen um die roranschlägen jäh aus ihrem Leben gerissen wurden . Verwundbarkeit der Freiheit: Das Spannungsverhältnis Die Zahl unschuldiger Opfer fanatischer Terroristen zwischen Freiheit und Sicherheit ist nicht kostenlos auf- hat weltweit einen erschreckenden Höchststand erreicht: zulösen . Wir stehen immer wieder vor schwierigen Ab- Im Verlauf des letzten Jahres hat es über 32 000 Opfer wägungsprozessen – und wir werden Entscheidungen gegeben . Weit über die Hälfte aller Terrorangriffe und treffen müssen, damit wir auch unter den gegenwärtigen fast 80 Prozent aller Todesfälle konzentrierten sich dabei Bedingungen größtmögliche Freiheit und Sicherheit ge- auf fünf Länder: Afghanistan, Irak, Nigeria, Pakistan und währleisten können . Syrien . Zehn der elf am stärksten vom Terrorismus be- , den wir gestern in Hamburg zu Grabe troffenen Länder weisen auch die höchsten Flüchtlings- getragen haben, hat am Ende des sogenannten Deutschen zahlen auf . Herbstes, im Oktober 1977, über politisches Handeln im Zeichen des Terrorismus hier im Bundestag gesagt: Der Terror ist uns sehr nahe gerückt, seine Bedrohung ist real . Ihre blutigste Spur ziehen die Islamisten vor Wer weiß, daß er so oder so, trotz allen Bemühens, allem in den Staaten, in denen die meisten ihrer Glau- mit Versäumnis und Schuld belastet sein wird, wie bensbrüder leben – dort, wo vielerorts Krieg herrscht, immer er handelt, der wird von sich selbst nicht sa- der dem Terrorismus wiederum als Nährboden dient und gen wollen, er habe alles getan und alles sei richtig dem Menschen entfliehen wollen, die zu uns strömen, um gewesen . Er wird nicht versuchen, Schuld und Ver- unseren Schutz zu suchen . säumnis den anderen zuzuschieben; denn er weiß: 13498 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) Die anderen stehen vor der gleichen unausweich- Berichterstatter sind die Kolleginnen und Kollegen (C) lichen Verstrickung . Wohl aber wird er sagen dür- Johannes Kahrs, Bernhard Schulte-Drüggelte, Roland fen: Dieses und dieses haben wir entschieden, jenes Claus und Anja Hajduk . und jenes haben wir aus diesen oder jenen Gründen unterlassen . Alles dies haben wir zu verantworten . Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 02 . . Zu dieser Verantwortung stehen wir auch in Zu- in der Ausschussfassung . Wer stimmt dieser Beschluss- kunft . empfehlung zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist auch dieser Einzelplan einstimmig an- Zu dieser Verantwortung wollen auch wir stehen, genommen . wenn wir im Anschluss in unserer Haushaltsdebatte mit den dort vorgenommenen Prioritäten für unsere politi- Ich rufe den Tagesordnungspunkt I .3 auf: schen Aktivitäten eintreten . Einzelplan 03 Ausdrücklich danken will ich zuvor aber allen Sicher- Bundesrat heitskräften und ‑behörden, die seit den Anschlägen von Paris in erhöhter Alarmbereitschaft ihren Dienst leisten . Drucksachen 18/6124, 18/6125 Die Notwendigkeit und die Bedeutung ihrer Arbeit – das Berichterstatter sind die Abgeordneten , haben uns die letzten Tage gezeigt – sind nicht hoch ge- , Heidrun Bluhm und . nug einzuschätzen . Über den Einzelplan 03 stimmen wir jetzt in der Unser tiefes Mitgefühl gilt allen Angehörigen der Ge- Ausschussfassung ab . Wer stimmt dieser Beschluss- töteten und den vielen Verletzten . empfehlung zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält Ich danke Ihnen . sich? – Damit ist auch der Einzelplan des Bundesrates einstimmig angenommen . (Die Anwesenden nehmen Platz) Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt I .4 auf: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe die Tages- ordnungspunkte I a und b auf: a) Einzelplan 08 a) Zweite Beratung des von der Bundesregierung Bundesministerium der Finanzen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Drucksachen 18/6108, 18/6124 Haushaltsjahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016) b) Einzelplan 20 (B) Drucksachen 18/5500, 18/5502 Bundesrechnungshof (D) b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haus- Drucksachen 18/6124, 18/6125 haltsausschusses (8 . Ausschuss) zu der Unter- richtung durch die Bundesregierung Berichterstatter zum Einzelplan 08 sind die Abgeord- neten André Berghegger, Hans-Ulrich Krüger, Gesine Finanzplan des Bundes 2015 bis 2019 Lötzsch und Tobias Lindner . Drucksachen 18/5501, 18/5502, 18/6127 Berichterstatter zum Einzelplan 20 sind Michael Wir kommen zur Beratung der Einzelpläne, und zwar Leutert, Carsten Körber, und Tobias zunächst der drei Einzelpläne, zu denen keine Ausspra- Lindner . che vorgesehen ist . Zum Einzelplan 08 liegt ein Änderungsantrag der Ich rufe den Tagesordnungspunkt I .1 auf: Fraktion Die Linke vor . Einzelplan 01 Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 96 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei- Bundespräsident und Bundespräsidialamt nen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen . Drucksachen 18/6124, 18/6125 Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Berichterstatter sind die Abgeordneten Kerstin Kollegin Gesine Lötzsch für die Fraktion Die Linke . Radomski, Steffen-Claudio Lemme, und Ekin Deligöz . (Beifall bei der LINKEN)

Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 01 Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): in der Ausschussfassung . Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Vielen Dank .– Herr Präsident! Meine sehr geehrten Einzelplan einstimmig angenommen . Damen und Herren! Nach den eindringlichen Worten des Präsidenten zu Beginn unserer Sitzung fragt man sich na- Ich rufe den Tagesordnungspunkt I .2 auf: türlich: Wird diese Bundesregierung ihren Aufgaben ge- recht? Wir als Linke müssen diese Frage leider mit Nein Einzelplan 02 beantworten . Diese Bundesregierung wird ihren Aufga- Deutscher Bundestag ben überhaupt nicht gerecht . Drucksachen 18/6102, 18/6124 (Beifall bei der LINKEN) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13499

Dr. Gesine Lötzsch (A) Die Bundesregierung und die Koalition aus Union und sollen auch dafür sorgen, dass Flüchtlinge abgeschoben (C) SPD stellen sich in der Öffentlichkeit als Panikorchester und die Grenzen dichtgemacht werden. Ich finde, das ist dar . nicht die richtige Priorität . Die richtigen Prioritäten für mehr Sicherheit in unserem Land sind Integration und (Johannes Kahrs [SPD]: Na, na!) die Beendigung einer nicht friedlichen Außenpolitik . Die Dirigentin Merkel wird vom Orchester ignoriert, (Beifall bei der LINKEN – und der CSU-Vorsitzende Seehofer gibt unaufgefordert [CDU/CSU]: Geht es eigentlich jetzt um ein schräges Solo nach dem anderen . Finanzminister Haushalt?) Schäuble hat den Taktstock schon fest in der Hand und gibt den Schattenkanzler . Es vergeht keine Woche, Herr Besonders die Auseinandersetzung um die Sprachkur- Schäuble, in der Sie nicht mit boshaften Formulierungen se für Flüchtlinge finde ich sehr bezeichnend. Finanz- die Stimmung gegen die Flüchtlinge anheizen . Sie haben minister Schäuble meinte, dass die Flüchtlinge nicht von „Lawinen“ gesprochen, als es um Flüchtlinge, also nur 1,39 Euro pro Monat für die Sprachkurse zahlen Menschen, ging. Ich finde, das ist mit einem christlichen sollen, sondern 36 Euro . Die Begründung, die aus dem Menschenbild nicht vereinbar, meine Damen und Herren . Finanzministerium zu hören war, hieß – ich zitiere –: Der Sprach­erwerb schaffe erst „die elementare Vorausset- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- zung dafür . . im späteren Verlauf auch andere Angebote neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) in Anspruch zu nehmen“ . Was ist denn das für eine Be- Sie, Herr Schäuble, haben verfassungswidrige Vor- gründung? schläge unterbreitet; zum Beispiel haben Sie den Einsatz Herr Schäuble, ich frage Sie: Wie viel Geld haben Sie der im Innern gefordert . Mindestens einmal von den Bankvorständen zurückgefordert, als wir die in der Woche ruft Herr Seehofer den Notstand aus und schlimmste Finanzkrise nach dem Zweiten Weltkrieg er- sieht die Belastungsgrenze erreicht . Meine Damen und lebten? Wenn es um Hartz IV, Kindergeld, Flüchtlinge Herren, ich bitte Sie, ich fordere Sie auf: Reden Sie lie- und Alleinerziehende geht, werden Sie zum Pfennigfuch- ber über die Ursachen der Flucht! Reden Sie über Krieg, ser . Wenn es aber um Ihre CDU-Klientel geht, die Vermö- über Elend, und lassen Sie uns gemeinsam daran arbei- genden, dann kennt Ihre Großzügigkeit keine Grenzen . ten, dass es in dieser Welt keinen Krieg mehr gibt . Wann wollen wir endlich für eine gerechte Besteuerung (Beifall bei der LINKEN) der Vermögenden in unserem Land sorgen? Ich finde, das ist die Aufgabe der Stunde . Wer nun den Haushalt liest, muss relativ unaufgeregt feststellen, dass im Haushalt von Notstand keine Rede (Beifall bei der LINKEN) sein kann . Die Unterbringung und die Versorgung von Die von der SPD eingeführte Abgeltungsteuer war (B) Flüchtlingen führen nicht dazu, dass der Finanzminister (D) ein Geschenk an die, die hohe Kapitaleinkünfte haben . neue Schulden aufnehmen muss . Allein die Dividendenkönigin des Jahres 2015, Frau (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Woran Schaeffler und ihre Familie, haben nach Berechnungen liegt das? Gute Politik!) der Wirtschaftswoche 549 Millionen Euro an Ausschüt- tungen eingestrichen . Er kann das alles aus den laufenden Einnahmen finan- zieren . (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ja, aber Dividenden haben damit nichts zu tun! Das (Volker Kauder [CDU/CSU]: Super!) muss man aber wissen, Frau Lötzsch! Es geht Das sah 2008, in der Finanzkrise, ganz anders aus: um Zinsen!) Innerhalb einer Woche wurden 480 Milliarden Euro zur Es ist doch nicht gerecht, dass Kapitaleinkünfte steuer- Rettung von maroden Banken bereitgestellt . Die Steu- lich besser behandelt werden als Arbeitseinkünfte . Wir erzahler wurden für die Kasinokosten der Banken zur als Linke fordern die sofortige Abschaffung der Abgel- Kasse gebeten, und die Staatsverschuldung schoss in die tungsteuer . Dann hätten wir wesentlich mehr Geld in der Höhe . Das war ein echter Notstand; Kasse . (Zuruf des Abg . Carsten Schneider [Erfurt] (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- [SPD]) neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – aber damals haben weder Seehofer noch Schäuble dieses Johannes Kahrs [SPD]: Bei den jetzigen Zins- Wort in den Mund genommen, und sie waren nicht der sätzen macht das gar nichts!) Meinung, dass bei 480 Milliarden Euro eine Belastungs- Mit dem Bundeshaushalt versucht die Bundesregie- grenze erreicht sei . Damals hätte man von einem Not- rung nur die allernötigsten Aufgaben abzusichern . Doch stand sprechen müssen! es wäre jetzt an der Zeit, einen Haushalt zu beschließen, (Beifall bei der LINKEN) der unsere Zukunft absichert . Die Linke hat deshalb ein Investitionsprogramm für die Zukunft vorgeschlagen . Die Koalitionsfraktionen sagen nun, dass sie für 2016 Ein solches Programm würde die Erfüllung von zwei circa 7,5 bis 8 Milliarden Euro für die Flüchtlinge bereit- Aufgaben gleichzeitig möglich machen: Modernisierung gestellt hätten . Ich sage Ihnen: Das ist nicht ganz richtig; unserer Gesellschaft und Integration von Flüchtlingen . denn die neuen Stellen für die Bundespolizei zum Bei- spiel sind ja nicht in erster Linie für die psychologische Sie alle wissen: Wir haben in Deutschland einen rie- Betreuung der Flüchtlinge gedacht . Die Bundespolizisten sigen Investitionsstau . Investitionen in Wohnungen, 13500 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Dr. Gesine Lötzsch (A) Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Theater und kehrsbereich erhöhen wir die Mittel von 10,2 Milliarden (C) Schwimmhallen sind für alle gut . Sie schaffen Arbeits- Euro auf 12,3 Milliarden Euro . Das heißt, in den letzten plätze für die Menschen, die schon hier sind, und für die, drei Jahren wurden keine neuen Schulden aufgenommen, die als Flüchtlinge zu uns kommen . Für solch ein Pro- sondern es wurden Investitionen in Wachstum und Be- gramm – das kann ich nur noch einmal unterstreichen – schäftigung, Bildung und Forschung und in die Verkehrs­ müsste man keine neuen Schulden aufnehmen, wenn infrastruktur getätigt . Wir haben, liebe Frau Lötzsch, man Vermögen gerecht besteuern würde . überhaupt keinen Nachholbedarf – weder die CDU noch die CSU noch die SPD –, wenn es um die Sicherstellung (Beifall bei der LINKEN) der Zukunft in Deutschland geht . Ihre Angst, meine Damen und Herren, insbesondere (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) von der Union, vor der Macht der Vermögenden setzt die Zukunft unserer Gesellschaft aufs Spiel . Gerechtigkeit Ja, wir meistern die Herausforderungen . Schon im geht anders . Jahr 2015, in diesem Jahr, geben wir 5 Milliarden Euro mehr aus . Es werden 2 Milliarden Euro für Flüchtlin- Vielen Dank . ge und zusätzliche Mittel für den Energie- und Klima- (Beifall bei der LINKEN) fonds bereitgestellt . Wir entlasten Familien – Stichworte: Kinderfreibetrag und Kinderzuschlag – dieses Jahr um Präsident Dr. Norbert Lammert: 750 Millionen Euro . Im nächsten Jahr wird die Entlas- tung der Familien gesamtstaatlich 5,5 Milliarden Euro Das Wort erhält nun der Kollege Eckhardt Rehberg für kosten, den Bund 2,5 Milliarden Euro . Da kann man die CDU/CSU-Fraktion . nun wahrlich nicht davon reden, dass sich die Regie- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- rungsfraktionen nicht den Herausforderungen stellen, ordneten der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: sondern – ganz im Gegenteil – das ist Ausgewogenheit: Guter Mann!) zwischen investieren, Wachstum und Beschäftigung ge- nerieren und dabei die soziale Balance nicht aus den Au- Eckhardt Rehberg (CDU/CSU): gen verlieren . Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Kommen wir zum Bundeshaushalt, zu in Zahlen gegos- sener Politik . Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor wenigen Tagen jährte sich die Kanzlerschaft von zum (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- zehnten Mal . In der Zeit der Regierung Merkel – das gilt ordneten der SPD) sowohl für die Große Koalition von 2005 bis 2009 als (B) auch für die Koalition von 2009 bis 2013 und für diese (D) Frau Lötzsch, wir als Regierungsfraktionen nehmen Große Koalition – hat der Bund Länder und Kommunen gerne das Lob entgegen, dass wir die Herausforderungen mehr unterstützt als je zuvor, und das bei Aufgaben, für des Jahres 2016 und der nächsten Jahre ohne neue Schul- die der Bund eigentlich nicht zuständig ist; der Bundes- den meistern . Das ist Politik, die CDU, CSU und SPD rechnungshof kritisiert uns dafür . am 12 . und 13 . November gemeinsam im Haushaltsaus- schuss beschlossen haben . Wir haben in wichtigen Poli- (Zuruf der Abg . Corinna Rüffer [BÜND- tikbereichen die Grundlage der Bundesregierung durch NIS 90/DIE GRÜNEN]) Aufschläge verstärkt . Trotz der Herausforderung durch die Flüchtlinge wer- Wir werden im Jahr 2016 8 Milliarden Euro für das den wir das Zugesagte in den Jahren 2015 bis 2018 ein- Thema „Herausforderung Flüchtlinge/Asylbewerber“ halten . Das heißt, wir werden an Länder und Kommu- ausgeben . Davon geht fast die Hälfte an Länder und nen insgesamt Mittel in Höhe von 13 Milliarden Euro Kommunen . Hier ist die Herausforderung nicht mehr die überweisen . Das kommunale Investitionsprogramm hat Höhe der Mittel, die der Bund bereitstellt, sondern die ein Volumen von 3,5 Milliarden Euro . Zusätzlich werden Herausforderung ist in vielen Ländern – nicht in Bayern, den Ländern – ungebunden über die Verteilung der Um- nicht im Saarland und nicht in Mecklenburg-Vorpom- satzsteuerpunkte – weitere Mittel in Höhe von 9,5 Milli- mern –, dass das Geld, das wir als Bund an die Länder arden Euro zur Verfügung gestellt . ausreichen, auch bei den Kommunen ankommt . Das sehe Hinzu kommen 18,5 Milliarden Euro im Rahmen der ich als gemeinsame große Herausforderung an . Zuweisungen . Dabei geht es um Leistungen der Grund- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- sicherung im Alter, Entflechtungsmittel, BAföG usw. ordneten der SPD) usf . Auch hier wieder ein Appell an uns alle – über alle Fraktionsgrenzen hinweg –: Achten wir in den Ländern – Wir geben mehr als jeden zweiten Euro des Bundes- dort, wo wir Verantwortung tragen, aber auch dort, wo haushalts für Soziales aus . Im Jahr 2015 sind es 153 Mil- wir in der Opposition sind – darauf, dass diese Mittel liarden Euro . Dieser Betrag wird im Jahr 2019 auf wirklich dort ankommen, wo sie hingehören! Von diesen 172 Milliarden Euro aufwachsen . Gleichzeitig, Frau Kol- 18,5 Milliarden Euro gehören nämlich 11,5 Milliarden legin Lötzsch, investieren wir in die Zukunft . Ich mache Euro eigentlich den Kommunen . Dieses Geld darf nicht das nur an zwei Beispielen klar: Im Bereich Bildung und zur Sanierung von Länderhaushalten zweckentfremdet Forschung steigern wir die Ausgaben des Jahres 2014 bis werden . zum nächsten Jahr von 14 Milliarden Euro auf 16,4 Mil- liarden Euro – plus 2,4 Milliarden Euro –, und im Ver- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13501

Eckhardt Rehberg (A) Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das, glaube ich, Ich will nur einige wenige Punkte nennen, die für die (C) muss einmal gesagt werden: Für die Jahre 2014 bis 2020 Unionsfraktion wichtig waren . Ich glaube, es war ein wird ein Aufwuchs der Steuereinnahmen um 152 Milli- wichtiges Zeichen, dass wir die schwierige Situation der arden Euro prognostiziert . Davon entfallen 64 Milliar- Landwirte etwas abmildern . Wir werden 78 Millionen den Euro auf den Bund, gute 60 Milliarden Euro auf die Euro an zusätzlichen Mitteln für die landwirtschaftliche Länder und 21,4 Milliarden Euro auf die Kommunen . Unfallversicherung bereitstellen . Das ist nicht nur, wie Das heißt, von 1 Euro Steuermehreinnahmen bekommt manche suggerieren, eine Hilfe für die Landwirte in Bay- der Bund 44 Cent, Länder und Kommunen aber 56 Cent . ern, sondern das ist eine Hilfe von Kap Arkona bis nach Wenn jetzt schon wieder neue Forderungen von den Län- Garmisch-Partenkirchen . Zusätzlich werden wir 30 Mil- dern an den Bund herangetragen werden – Stichwort: lionen Euro für ein Programm für die ländlichen Räume Unterbringung von Asylbewerbern –, muss klar und bereitstellen . Ich glaube, gerade mit Blick auf die ländli- deutlich gesagt werden: Wahr ist, dass der Bund in sei- chen Räume, auf die strukturschwachen Räume ist dies nen Liegenschaften 125 000 Flüchtlinge untergebracht eine gute Hilfe, um auch dem demografischen Wandel hat, und auch die Herrichtungskosten für diese Liegen- entgegenzutreten . schaften hat der Bund getragen . Das führt bei der BImA zu Mindereinnahmen von rund 315 Millionen Euro . Des- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- wegen: Wenn die Länder die Herausforderung der Un- ordneten der SPD) terbringung und Integration der Flüchtlinge als nationale Lassen Sie mich ein Letztes sagen, was nicht nur mir Aufgabe betrachten – so haben sie sie ja bezeichnet –, persönlich, sondern auch vielen Kolleginnen und Kolle- dann erwarte ich von den Ländern, dass sie auch ihren gen in der Unionsfraktion seit vielen Jahren ein Anliegen Beitrag zur Erfüllung dieser nationalen Aufgabe leisten ist: Ich stehe dazu – und das gilt auch für unsere Frakti- und nicht immer auf den Bund zeigen . Hier ist auch ein on –, dass wir 70 Jahre nach Kriegsende eine symboli- Stückchen Eigenverantwortung gefragt . sche Anerkennung für sowjetische Kriegsgefangene im Bundeshaushalt festgelegt haben . Ich glaube aber, ge- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- nauso richtig ist es, dass wir auch den zivilen deutschen ordneten der SPD) Zwangsarbeitern, die während des Zweiten Weltkrie- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in der ges und danach zwangsverschleppt worden sind – egal Koalition gemeinsam vereinbart – das war 36 Stunden wohin –, eine symbolische Anerkennung zuteilwerden vor den Terroranschlägen in Paris –, dass wir die Nach- lassen . Ich glaube, 70 Jahre nach Kriegsende ist beides richtendienste personell und materiell massiv unterstüt- richtig gewesen: eine symbolische Anerkennung für zen werden . Ich glaube, das war ein guter, wichtiger und sow­jetische Kriegsgefangene und eine symbolische An- (B) richtiger Schritt zur Bekämpfung des Rechtsextremismus erkennung für das Leiden der zivilen deutschen Zwangs- (D) und zur Bekämpfung des Islamismus, wofür zusätzliches arbeiter . Personal und zusätzliche Technik eingesetzt werden sol- Herzlichen Dank . len . Ich will jetzt aber nicht näher darauf eingehen . Ich glaube, hier hat die Koalition vorausschauend gehandelt, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ohne einen situationsbezogenen Anlass gehabt zu haben . ordneten der SPD) Frau Lötzsch, Sie werden den Terrorismus nicht mit Präsident Dr. Norbert Lammert: irgendwelchen Friedensstiftungen bekämpfen können . Anja Hajduk ist die nächste Rednerin für die Fraktion (Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Doch! Bündnis 90/Die Grünen . Mit Friedensstiftungen!) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir werden die Bundespolizei und das Bundeskrimi- Anja Hajduk nalamt massiv weiter aufbauen . Deshalb stellen wir im Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- Einzelplan des Innenministeriums fast 1 Milliarde Euro ren! Die Beratungen für den Haushalt 2016 waren sicher- zusätzlich für die innere Sicherheit zur Verfügung . Ich lich ganz besondere Haushaltsberatungen . Sie standen glaube, auch hier haben wir vorausschauend gehandelt, von der ersten Lesung im September an bis heute unter ohne dass es dafür einen Anlass gegeben hat . dem Megathema und der Herausforderung der großen Flüchtlingsbewegungen und fanden unter den Gesichts- Ich denke, dass dies nicht nur deutlich macht, wie punkten der daraus folgenden Aufnahmebereitschaft un- wichtig der Regierungskoalition die innere Sicherheit ist, seres Landes und der Integration statt . sondern das ist auch eine Wertschätzung unserer Sicher- Ich will hier sagen: Die Bundesregierung und die Gro- heitsbehörden . ße Koalition haben hier, anders als in den Vorjahren – das (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- darf man leider nicht vergessen –, endlich reagiert: Im ordneten der SPD) Bundesamt für Migration und Flüchtlinge werden deut- lich mehr Stellen – es sind mehrere Tausend – bereit- Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf mich an gestellt, und Integrationsmaßnahmen werden in einem dieser Stelle wirklich ganz herzlich beim Koalitionspart- deutlich erhöhten Ausmaß finanziert. Viele verschiedene ner bedanken. Ich glaube, Johannes Kahrs, jeder findet Projekte sind bereits angepackt worden . Das heißt, Sie sich in dem, was wir am 13 . November gemeinsam be- haben sich bewegt . Sie haben sich auch dahin gehend be- schlossen haben, wieder . wegt, Länder und Kommunen strukturell zu unterstützen . 13502 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Anja Hajduk (A) Aber – das muss man ebenfalls ganz nüchtern sehen –: maschutz erreichen können . Das ist alles mit unserem (C) Sie kommen nicht aus dem Modus heraus, nur auf Sicht Haushalt finanzierbar. Die Zahlen in Ihrem Haushalt zu fahren . Da Sie nur auf Sicht fahren, werden wir, wenn stagnieren aber . Sie bleiben bei einer ODA-Quote von es so weitergeht, die Aufgaben nicht lösen . Auf Sicht fah- 0,4 Prozent . Sie brechen dieses wichtige internationale ren, das führt zum Scheitern . Versprechen . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ich sage Ihnen: Sie wissen doch, wir müssen die an- Ich will das an einigen Beispielen deutlich machen . deren Geberländer mitnehmen . Wir mussten zur Kennt- Im Einzelplan 06 des Innenministeriums finden sich Mit- nis nehmen – darüber haben wir gesprochen –, dass die tel für Integration und Sprachkurse . Sie sagen: Wir ma- nötige Finanzierung der Flüchtlingscamps in den Nach- chen da eine ganze Menge . Wir erhöhen die Mittel um barländern der von Flucht betroffenen Regionen, also 250 Millionen Euro und landen damit bei über 550 Mil- im Libanon und in Jordanien, durch den internationalen lionen Euro .– Aber man muss ganz nüchtern sehen: Der Geberkreis nicht geleistet wird . Deswegen spreche ich Innenminister selber hat uns dargelegt, sein eigentlicher diesen Punkt an . Deutschland muss hier glaubwürdig vo- Bedarf liege bei zusätzlich 570 Millionen Euro . Sie wis- rangehen und die anderen Länder mitnehmen . Wir kön- sen selber, dass Sie nur die Hälfte von dem einstellen, nen das . was nötig ist. Dieses Auf-Sicht-Fahren ist ein Blindflug. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Hier brauchen wir eine ehrliche Weitsicht . Wir dürfen darüber aber nicht nur reden, sondern das (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) muss sich im Haushalt 2016 und im Finanzplan abbilden . Ein anderes Beispiel . Die Mittel für den sozialen Woh- Noch ein weiterer Blick auf den Haushalt . Wir müssen nungsbau werden erhöht . Das ist eine richtige Maßnah- doch die Frage stellen, ob diese Haushaltspolitik die rich- me und auch ein wichtiges Thema mit Blick auf die Ak- tige Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft ist . zeptanz in der Gesellschaft . Wir schaffen Wohnraum für Herr Rehberg, Sie haben gesagt: Hier haben wir keinen Flüchtlinge, aber auch für die Menschen in der Gesell- Nachholbedarf . schaft, die Unterstützung brauchen . Sie stellen dafür zu- sätzlich 500 Millionen Euro ein . Damit kommen wir auf ( [CDU/CSU]: Richtig!) einen Betrag von 1 Milliarde Euro . Wir wissen aber: Wir Das kann nur daran liegen, dass Sie die dem Haushalt brauchen im kommunalen Wohnungsbau ein Programm, zugrunde liegende Situation nicht wirklich ehrlich ana- das 2 Milliarden Euro umfasst . Auch dies ist wieder ein lysieren . Wir haben sehr gute Rahmenbedingungen – das Beispiel dafür, dass Sie auf Sicht fahren . Dieser Betrag wissen wir –: Die Beschäftigungslage ist wegen der de- wird nicht reichen . (B) mografischen Situation gut. Die Zinsen sind niedrig. Das (D) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) aktuelle Wachstum beschert uns hohe Steuereinnahmen . Das dritte Beispiel, das ich hier nennen muss, ist der Aber richtig ist auch, dass wir seit über 20 Jahren auf Bereich Kita und Bildung . Auch hier brauchen wir ein Kosten unserer Substanz leben . Von 1992 bis 2012 hat besser ausgestattetes Programm . Ich sage Ihnen: Wir sich das private Nettovermögen auf mehr als 10 Billio- Grünen legen Ihnen zu diesem Haushalt ein Paket in nen Euro verdoppelt . Gleichzeitig ist das staatliche Net- Höhe von 5,2 Milliarden Euro vor, um die Herausforde- tovermögen um 800 Milliarden Euro auf nahezu null ge- rungen im Zusammenhang mit Flucht und Integration zu schrumpft . Das liegt daran, dass wir zu wenig investieren bewältigen, aber auch um die gesellschaftliche Akzep- und zu wenig analysieren, welch ständigen Wertverzehr tanz im Bereich Wohnungsbau und Bildung zu schaffen . es im Haushalt gibt . So ein Programm kann man solide gegenfinanzieren. Wir wollen, dass Sie uns hier folgen . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir brauchen mit Blick auf den Haushalt endlich eine Ein anderer Punkt . Es wird viel über Fluchtursachen ehrliche Vermögensbilanz . Zusätzlich zur Schulden- diskutiert . Da muss ich Sie fragen, Herr Schäuble: Wann, bremse brauchen wir eine Investitionsregel, die das Ab- wenn nicht jetzt, da wir über Fluchtursachen und interna- schmelzen des öffentlichen Vermögens verbietet . tionale Verantwortung reden, wäre es Zeit für eine am- bitionierte Klimapolitik und eine glaubwürdige globale (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Entwicklungszusammenarbeit? Das würde für Deutsch- sowie bei Abgeordneten der LINKEN) land bedeuten, einen Aufholplan zu entwerfen, bis 2020 Einen entsprechenden Antrag legen wir Ihnen ebenfalls das ODA-Ziel von 0,7 Prozent zu erreichen und einige vor . Und wir brauchen eine wirkliche Investitionsoffen- Tage vor Paris gleichzeitig das Versprechen einzulösen, sive in Deutschland . die internationale Finanzierung des Klimaschutzes durch einen Beitrag der Geberländer in Höhe von 100 Milliar- Mein Fazit ist: Sie haben keinen verlässlichen Plan in den Euro zu verstetigen . der Integrationspolitik . Sie haben kein Herz für die glo- bale internationale Zusammenarbeit, und Sie haben über- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) haupt keinen Mut für die notwendige Investitionsoffensi- Wir Grünen legen Ihnen einen Plan vor, wie wir bis ve, die unser Land braucht . So wird das nichts! Schauen 2020 die ODA-Quote von 0,7 Prozent und einen deut- Sie auf unsere Anträge . Die können Sie bis Freitag noch schen Beitrag von 7 bis 8 Milliarden Euro für den Kli- beschließen . Dann würde es nach vorne gehen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13503

Anja Hajduk (A) Schönen Dank . deutliches Problem haben . Deswegen hoffen wir, dass (C) die Bundesregierung das, was sie plant, vernünftig hin- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bekommt . Dazu müssen die Vorschläge aber auch ausge- wogen und umsetzbar sein . Nur wenn das funktioniert, Präsident Dr. Norbert Lammert: steht dieser Haushalt . Das Wort erhält jetzt der Kollege Johannes Kahrs für die SPD-Fraktion . Wir haben im letzten Jahr gezeigt, dass wir flexibel sind und entsprechend reagieren können . Im Notfall kön- (Beifall bei der SPD) nen wir über Nachtragshaushalte nachsteuern . Deswe- gen muss man jetzt kein Kaffeesatzlesen betreiben . Man Johannes Kahrs (SPD): muss auch nicht darüber reden, was vielleicht noch alles Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und kommen könnte und was man vorausschauend machen Kollegen! Wir haben jetzt von zwei Oppositionsrednern könnte . Jeder weiß doch, dass das nicht zielführend ist . gehört, was man sich alles wünschen kann . Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit heißt, dass (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wir hier Zahlen vorlegen, von denen wir glauben, dass NEN]: Rednerinnen! So viel Zeit muss sein!) sie auch noch im nächsten Jahr richtig sind . Wenn es an- ders kommen sollte, werden wir reagieren . Nichts ist in – Ganz entspannt bleiben! – Kollege Rehberg hat gesagt, Bronze gegossen, und nichts fällt einfach vom Himmel . was geht . Was die Opposition hier aufgezeigt hat, hat, Vielmehr geht es hier darum, praktische Politik zu ma- so finde ich, weder Perspektive, noch ist es finanzierbar chen, die auch finanzierbar ist. Wir müssen im Großen oder mit eigenem Handeln unterlegt . Deswegen sage ich: helfen, und zwar ganz konkret, und gleichzeitig die ver- Nett gesprochen, wenig Substanz . sprochenen Maßnahmen umsetzen . Wir Sozialdemokraten zeichnen uns in dieser Koaliti- Eine solide Finanzpolitik – das haben wir ja gesehen – on mit der CDU/CSU dadurch aus, dass wir hier substan- zahlt sich aus . Von den beiden Rednern der Opposition zielle Vorschläge vorlegen und diese dann so finanzieren, haben wir gehört, dass die Umstände gut sind . Sie sind dass am Ende keine neuen Schulden dabei herauskom- aber nur deshalb gut, weil wir etwas dafür getan haben . men . Die erfolgreiche Arbeit von Rot-Grün unter Gerhard (Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau! – Schröder ist eine der Grundlagen, von denen wir heute Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ihr habt noch zehren . Aber auch andere positive Entwicklungen von uns gelernt!) haben zu den jetzigen Haushaltszahlen geführt . (B) Ich glaube, mehr kann man kaum machen . Dem Kolle- (Beifall bei der SPD) (D) gen Rehberg möchte ich für die gute und fruchtbare Zu- Gleichzeitig müssen wir aber im Blick behalten, dass sammenarbeit danken . Gleichzeitig glaube ich, dass das, die Gelder, die wir investieren, auch an der richtigen was wir vorgelegt haben, ein guter Haushalt ist . Es ist ein Stelle ankommen . Deshalb reagieren wir, wo nötig, mit Haushalt, der die Realitäten und nicht jedes „Wünsch- Nachtragshaushalten . Das haben wir 2015 gezeigt . Wir dir-was“ abbildet . haben die Länder und die Kommunen entlastet . Der Kol- (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!) lege Rehberg hat recht: Das, was wir den Ländern und Kommunen geben, muss aber am Ende auch da ankom- Es weiß doch ein jeder, dass wir nur mit den vorhan- men, wo es nach unser aller Überzeugung ankommen denen Zahlen planen und rechnen können . Das heißt zum muss . Das muss man sich dann im Ergebnis ganz genau Beispiel, dass wir von 800 000 Flüchtlingen ausgehen . ansehen . Dafür haben wir entsprechende Vorkehrungen getroffen . Wir werden uns vornehmen, die Zahl der Flüchtlinge im (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Sagt nächsten Jahr deutlich zu senken . Es ist, glaube ich, je- das mal in Nordrhein-Westfalen!) dermann klar, dass es in den Jahren 2016 und 2017 nicht so weitergehen kann wie in diesem Jahr . Auch ist jedem Anfang nächsten Jahres werden wir darüber diskutie- klar, dass wir dafür gemeinschaftlich arbeiten müssen . ren müssen, wie sich die Maßnahmen der letzten Koaliti- onsregierungen in Bezug auf die Unterstützung von Län- Wir wissen aber gleichzeitig, dass wir den Menschen, dern und Kommunen strategisch und grundsätzlich auf die eine Bleibeperspektive haben, Integrationsmaßnah- den Bundeshaushalt auswirken . Die Prognosen zeigen men bieten müssen, damit sie hier ankommen und wir nämlich, dass die Steuereinnahmen steigen, zumindest mit ihnen nicht die Probleme bekommen, die es in ande- bei den Ländern . Auch bei den Kommunen steigen sie ren Ländern gibt . Dazu ist es wichtig, dass sie eine Per­ leicht . Beim Bund sinken sie . Das heißt, in Zukunft wird spektive haben und sich hier wohlfühlen . es auch darum gehen, den Bundeshaushalt zu stärken, Wir müssen beides tun: Auf der einen Seite muss die statt davon auszugehen, dass der Bund nur zur Finanzie- Zahl der Flüchtlinge deutlich gesenkt werden, und auf rung von Ländern und Kommunen da ist . der anderen Seite müssen wir denjenigen, die hierblei- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der ben, eine Integrationsperspektive bieten . Das ist gute CDU/CSU) Politik . Das ist die Aufgabe in den nächsten Monaten . Wenn wir das nicht schaffen, werden wir – übrigens auch Auch das ist nämlich ein Teil der Wahrheit . Der Bund ist mit diesem Haushalt; das muss man ehrlich sagen – ein nicht unbegrenzt belastbar, und wir müssen dafür sorgen, 13504 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Johannes Kahrs (A) dass der Bundeshaushalt weiter solide bleibt . Auch das der Selbstbewirtschaftungsmittel um 8 Millionen Euro (C) gehört zu einer vernünftigen Finanzplanung . für dieses Jahr und die nächsten beiden Jahre vorgesehen . Der Kollege Rehberg und ich haben uns in dieser Gro- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ßen Koalition vorgenommen, dass wir das Anfang nächs- der CDU/CSU) ten Jahres mit dem Bundesfinanzminister einmal durch- Wir haben gleichzeitig die Erstattung der Verdienstaus- deklinieren, um zu sehen, wie groß der Spielraum des fälle der ehrenamtlichen Helfer vorgesehen . Ich glaube, Bundes in den nächsten Jahren überhaupt noch ist, und dass diese Hilfe bei denjenigen, die vor Ort helfen, an- das bei diesen guten Voraussetzungen . Wenn die Voraus- kommt. Das ist doch praktische Politik. Diese Politik fin- setzungen sich verschlechtern, weil vielleicht die Zinsen det sich im Haushalt wieder . und der Ölpreis wieder steigen und die wirtschaftliche Entwicklung in eine andere Richtung geht, dann wird Wir wollen den Bundesfreiwilligendienst mit 10 000 man vielleicht zu ganz anderen Maßnahmen kommen neuen Stellen ausbauen . Ich glaube, dass man das gar müssen . nicht hoch genug einschätzen kann, weil man dadurch flexibel reagieren kann. Wir hoffen, dass das auch ent- Auch das gehört zur Wahrheit: Wir können nicht wie sprechend ankommt . Wir haben aber auch für den sozia- die Opposition einfach sagen: „Wir verteilen auf ewig, len Wohnungsbau und für viele andere Dinge Geld vor- und es wird schon weiterhin so gut bleiben“, sondern wir gesehen . müssen in guten wie in schlechten Zeiten entsprechend reagieren . Wir müssen einen Haushalt vorlegen, der bei- Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir müssen aber dem gerecht wird . aufpassen, dass auch die Dinge, die wir uns außerdem vorgenommen haben, wie die Neuordnung des Arbeits- Ein Blick in den Haushalt zeigt, dass wir zum Beispiel markts oder die Einführung des Bundesteilhabegesetzes, im Etat des Bundesaußenministers 400 Millionen Euro umgesetzt werden . Die Menschen in diesem Land wür- zusätzlich zur Bekämpfung der Fluchtursachen vorgese- den es nicht verstehen, wenn wir uns nur um Flüchtlinge hen haben . Ich halte das für vernünftig, und ich möchte und Integration kümmerten, aber die wesentlichen ande- mich insbesondere bei den Berichterstattern für den Etat ren Aufgaben in diesem Land liegen blieben . für wirtschaftliche Zusammenarbeit bedanken . Es sind viele Hundert Millionen Euro für die Bekämpfung der Vielen Dank . Fluchtursachen umgeschichtet worden . (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Das heißt, wir haben Schwerpunkte gesetzt und das Geld konzentriert und vernünftig eingesetzt . Ich glaube, Präsident Dr. Norbert Lammert: (B) dass das eine gute Sache ist, die uns gemeinschaftlich Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege Axel (D) gelungen ist . In allen Haushalten ist es notwendig, da- Troost das Wort . rauf zu achten, dass das Geld gezielt dort eingesetzt wird, (Beifall bei der LINKEN) wo es gebraucht wird . Vielleicht kann man auch die eine oder andere liebgewonnene Ausgabe darauf überprüfen, ob sie weiterhin sinnvoll und zeitgemäß ist . Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gleichzeitig haben wir alles dafür getan, damit insbe- Flüchtlingsströme haben vieles, aber nicht alles verän- sondere diejenigen in diesem Land, die helfen und Arbeit dert . Wir haben nach wie vor viele alte Probleme, die sich leisten, unterstützt werden . Wir haben viel dafür getan, jetzt aber dramatisch zuspitzen . dass die Arbeit von Freiwilligen und Ehrenamtlichen koordiniert und unterstützt wird . Ich möchte mich ganz Wir haben seit Jahren kaputtgesparte Verwaltungen, herzlich dafür bedanken, dass wir das mit allen Fraktio- die nun mit der zunehmenden Zahl an Flüchtlingen erst nen so vernünftig und im Konsens hinbekommen haben . recht überfordert sind . Wir haben ausgeblutete Kommu- nen, die schon seit Jahren ihre Infrastruktur vernachlässi- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der gen und jetzt vor einer Fülle neuer Bedarfe stehen . CDU/CSU) (Max Straubinger [CDU/CSU]: Wir haben Ich glaube aber auch, dass es wirklich wichtig ist, dass Steuereinnahmen wie noch nie, Herr Troost!) wir etwas für die Bundespolizei getan haben . Die Bun- despolizei ist bei Einsätzen vor Ort ständig gefordert: Wir haben uns nicht nur um die Flüchtlinge zu kümmern, vom Fußballspiel am Wochenende bis hin zu irgendwel- die ab dem nächsten Jahr auf den Arbeitsmarkt kommen, chen Demonstrationen . Teilweise werden die Polizisten sondern wir müssen uns auch um die Millionen Lang- in Hundertschaften durch die ganze Republik gefahren . zeitarbeitslosen und Niedriglöhner kümmern, weil diese Weil wir der Meinung sind, dass in diesem Bereich etwas Menschen es erstens verdient haben und weil wir zwei- getan werden muss, wollen wir hier investieren, insbe- tens keine zunehmende Anzahl an Rechtsradikalen auf sondere in die Anschaffung von drei neuen Schiffen für unseren Straßen und in unseren Parlamenten haben wol- die Bundespolizei . Dem Kollegen Rehberg und der Kol- len . legin Hagedorn sei Dank . Ich halte das als Zeichen der (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Anerkennung für notwendig . neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Gleichzeitig haben wir auch das THW unterstützt . Wir Für Soforthilfen an die Kommunen, für sozialen haben 200 neue Stellen für das THW und eine Erhöhung Wohnungsbau, für Bildung, Berufsqualifikation und Ar- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13505

Dr. Axel Troost (A) beitsmarktprogramme brauchen wir kurzfristig Gelder, Ab zweistelligen Millionenbeträgen sind Erbschaften (C) und zwar wesentlich mehr als bisher vorgesehen . Die und Schenkungen nahezu steuerfrei, weil sie als Be- staatseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, hat triebsvermögen fast immer verschont werden . Ihr Ge- einen wunderbaren Bericht fertiggestellt, in dem sie die setzentwurf wird daran nichts ändern . Bedarfe im Einzelnen beschreibt . Es ist faktisch notwen- (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist doch dig, diese Gelder wahrscheinlich ab dem nächsten Jahr richtig so! Sie haben doch keine Ahnung!) über Kredite zu finanzieren. Ob dabei die schwarze Null eingehalten wird oder nicht, ist aus unserer Sicht völlig – Das können wir gerne einmal ausdiskutieren, Kollegen . uninteressant . (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und (Beifall bei der LINKEN) des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Denn diese Investitionen werden sich, wenn sie halbwegs Über 99 Prozent der Erbschaften mit Betriebsvermö- vernünftig durchgeführt werden, politisch und finanziell gen wären quasi automatisch steuerbefreit . Wenn das auszahlen . Wenn wir jetzt anfangen, keine Ausgaben zu nicht automatisch geht, dann ist das mit einem kreativen tätigen, um die sinnlose Symbolpolitik der schwarzen Anwalt durchaus so gestaltbar . Damit können weiter wie Null zu verteidigen, wird sich das bitter rächen . bisher gigantische Vermögen steuerfrei in die nächste Generation übertragen werden – Kollege Kauder, auch (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Ihre Aufregung wird an den Fakten nichts ändern –, um NIS 90/DIE GRÜNEN) dann zur Erwirtschaftung von Renditen und damit zur weiteren Vermögenskonzentration genutzt zu werden . Noch mehr zur Finanzierung: Die Flüchtlingsfrage ist Im Ergebnis wird die Schere zwischen Arm und Reich eine gesamtdeutsche Aufgabe, für welche der Bund in immer weiter aufgehen . Der Gesetzentwurf, der bisher der Pflicht ist. Wir haben für diese Aufgabe ein aus un- vorliegt, ist daher völliger Murks . serer Sicht optimales Finanzierungsinstrument, nämlich den Solidaritätszuschlag . Angesichts der neuen und der (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- alten Aufgaben wäre es aus unserer Sicht grundlegend neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) falsch, den Soli abzuschaffen oder auslaufen zu lassen . Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Wir haben auch den grundgesetzlichen Auftrag zu erfül- SPD: Wenn ihr jetzt nicht versucht, ein Gesetz mit einer len, die wirtschaftliche Abkopplung strukturschwacher linken Handschrift zu machen – was wollt ihr denn dann Gebiete in Ost und West zu verhindern . überhaupt in der Regierung? Es geht nicht nur darum, (Beifall bei der LINKEN) dass mit diesem Gesetzentwurf Milliarden Euro an Steu- ereinnahmen für die Länder verschenkt werden, (B) Wir haben einige Kommunen, denen es einigermaßen (D) (Max Straubinger [CDU/CSU]: Ihr wollt gut geht. Aber die Mehrzahl der Kommunen ist finanziell Arbeitsplätze vernichten!) wirklich schlecht dran . Schon seit 14 Jahren leben unsere Kommunen bei Schulen, Straßen, Turnhallen und vielem es geht darum, dass ihr an der ungleichen Vermögensver- anderen aus Finanznot auf Verschleiß, sind Abschreibun- teilung nichts verändert und der weiteren Konzentration gen auf kommunaler Ebene größer als die Investitionen . von Reichtum sogar noch Vorschub leistet . Deswegen brauchen wir zusätzliche Gelder . (Johannes Kahrs [SPD]: Grober Unfug wird Damit bin ich bei der Steuerpolitik . Unser Steuersys- nicht besser, wenn man ihn wiederholt!) tem ist in den letzten 20 Jahren immer ungerechter und Ein kleiner Geldadel von 1 Prozent der Bevölkerung defizitärer geworden. Das bringt mich zur Erbschaftsteu- besitzt schon jetzt mehr als ein Drittel des gesamten Ver- er; denn hier erwarten wir in den nächsten Monaten ent- mögens in der Bundesrepublik . sprechende Veränderungen . Liebe Kolleginnen und Kol- legen von der SPD, insbesondere lieber Kollege Kahrs, (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das Blöde ist euer Parteivorsitzender nur, dass der VEB pleite war, der volkseige- ne Betrieb! – Gegenrufe von der LINKEN: Ja, (Johannes Kahrs [SPD]: Guter Mann!) ja!) hat im Bundeskabinett dem Entwurf eines Gesetzes zur Ein Gesetzentwurf, der dieses Problem jetzt nicht angeht, Reform der Erbschaftsteuer zugestimmt . Weil dieser ist eine Kapitulation . Deswegen, liebe Kolleginnen und Entwurf schlecht gemacht ist, wird er jetzt im parlamen- Kollegen von der SPD, gerade in dieser Frage: Wenn ihr tarischen Verfahren neu aufgerollt . Er ist aber nicht nur kämpft, dann könnt ihr verlieren, aber wenn ihr nicht handwerklich, sondern auch politisch schlecht gemacht . kämpft, dann habt ihr schon verloren, und das geht zulas- ten der Länder und Kommunen . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Seit der Reform unter Peer Steinbrück ist die Erbschaft- steuer für wirklich Reiche zu einer „Dummensteuer“ Wir müssen versuchen, eine wirkliche Veränderung verkommen . Nur wer einen schlechten Steuerberater hat, bei der Erbschaftsteuer herbeizuführen . All denen, die muss überhaupt noch zahlen . hier so herumschreien, sage ich: Es hat in der letzten Woche – unter anderem vom DIW und dem Wirtschafts- (Johannes Kahrs [SPD]: Unsinn wird nicht dienst organisiert – einen Kongress zur Frage der Reich- besser, wenn man ihn wiederholt!) tumsentwicklung und der Reichtumsbesteuerung hier in 13506 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Dr. Axel Troost (A) Berlin gegeben . Leider war von Ihnen keiner anwesend . Wir haben im Rahmen der OECD und beim G-20-Gipfel (C) Sonst hätten Sie Fakten bekommen, die belegen, dass die in Antalya mit der Verabschiedung der BEPS-Grundsätze Schere zwischen Arm und Reich in der Bundesrepublik wichtige Ergebnisse erreicht . Aber wir sind erst am An- Deutschland immer weiter auseinandergeht . fang . Wir müssen darauf achten, dass unsere Steuerbasis nicht erodiert und dass unsere wirtschaftliche Leistungs- (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: 10 Pro- kraft, die die Voraussetzung dafür ist, dass wir unsere zent zahlen über 50 Prozent der Steuern!) Aufgaben bewältigen können, nicht nachlässt . Danke schön . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- (Beifall bei der LINKEN) ordneten der SPD) Das müssen wir bei der Erbschaftsteuer wie bei allen Präsident Dr. Norbert Lammert: steuerlichen Fragen berücksichtigen . Das Wort erhält nun der Bundesfinanzminister Die zweite Bemerkung, die ich machen möchte, ist: Wolfgang Schäuble . Das weltwirtschaftliche Umfeld ist nicht ganz so schön . (Beifall bei der CDU/CSU) Ja, Frau Hajduk, wir sind noch in einer ganz guten Lage . Es ist übrigens eigentlich nicht so schlecht, dass die Glo- balisierung gerade angesichts dieser außergewöhnlichen Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan- zen: Herausforderung, die wir vor ein paar Monaten in die- ser Geschwindigkeit, in diesem Ausmaß nicht vorherge- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die sehen haben, in einem solchen Maße konkret wird . Die Bemerkungen des Kollegen Troost veranlassen mich, Geschwindigkeit haben wir alle miteinander noch vor ein zunächst einen Hinweis darauf zu geben, dass wir in ei- paar Monaten nicht vorhergesehen . Die Kritik, dass wir nem nicht einfachen weltwirtschaftlichen Umfeld sind doch den finanzpolitischen Handlungsspielraum hätten, und dass die grundlegende Herausforderung, vor der wir darauf zu reagieren, akzeptiere ich gern. Ich finde noch bei allen politischen Entscheidungen stehen, ist, dass wir immer, es ist gar nicht schlecht, dass wir dazu in der Lage unter den Bedingungen dieser immer enger werdenden sind . weltweiten Verflechtung, die wir Globalisierung nennen, eine solide, nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung ge- Wir können übrigens im kommenden Jahr diese Auf- währleisten müssen . Wir müssen dafür sorgen, dass unse- gabe ohne neue Schulden erfüllen; das habe ich schon bei re wirtschaftliche und finanzpolitische Linie so ist, dass der Einbringung des Bundeshaushaltes Anfang Septem- wir uns die soziale Absicherung, den sozialen Standard ber – damals habe ich von „wenn möglich“ gesprochen – (B) und unser Lebenshaltungsniveau erwirtschaften können . gesagt . Ich habe Anfang September ebenfalls gesagt – ich (D) Das ist unter den Bedingungen der Globalisierung außer- will es wiederholen –, dass ich nach wie vor der Meinung gewöhnlich anspruchsvoll und kompliziert . bin – ich glaube, ich bin darin mit den Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen völlig einig –, dass Wir stehen im Wettbewerb um nahezu jeden Arbeits- die Frage, was zur Bewältigung dieser Herausforderung platz, auch auf globaler Ebene . Die Globalisierung ist notwendig ist, erste Priorität hat und dass die Frage, ob eine große Herausforderung an unsere Wettbewerbsfä- wir das nur mit Schulden oder ohne schaffen, die zweite higkeit . Darum geht es auch in innereuropäischen Debat- Priorität hat . Das heißt aber nicht, dass wir uns in allen ten . Deswegen ist es auch so kompliziert, bei der Frage anderen Bereichen ebenfalls alles leisten können . So sind der Besteuerung von Substanz nationale Regelungen zu Prioritäten nicht zu verstehen . Das spiegelt dieser Haus- treffen; denn diese können dazu führen, dass das Steuer- halt wider, und deswegen ist es ein guter Haushalt . substrat nicht mehr vollständig im Inland ist, die Arbeits- plätze verlagert werden und die Wirtschaftsleistung nicht Ich verweise auf die Überschüsse, die wir in diesem mehr hier erbracht wird . Wir sind daher bei der Substanz- Jahr durch die von Ihnen beschriebene Entwicklung ha- besteuerung auf die Regeln der Klugheit angewiesen, de- ben . Lassen Sie mich mit allem Respekt, kurz bevor die nen zu folgen auch sonst gar nicht falsch ist . Was Sie ge- Kommunen und die Länder völlig verarmt sind, darauf sagt haben, würde vielleicht zu mehr Gleichheit führen, hinweisen: Wenn die Steuereinnahmen für den Bund aber auf der Grundlage, dass alle gleich arm sind . Das ist sprudeln, müssen sie denknotwendig – die Prozentrech- nicht die Politik, mit der wir unsere Herausforderungen nung ist so – in paralleler Weise auch für Länder und Ge- bewältigen können . meinden steigen . Wer das bestreitet, hat wenig Ahnung . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der SPD) ordneten der SPD) Sie haben vielleicht heute Morgen, um ein aktuelles Wenn wir es im kommenden Jahr ohne ein neues De- Beispiel zu nennen, von den Überlegungen eines großen fizit schaffen, dann schaffen wir dies nur – auch das muss amerikanischen pharmazeutischen Unternehmens gele- klar sein –, weil wir die Überschüsse aus diesem Jahr sen, ein anderes pharmazeutisches Unternehmen für ei- im Bundeshaushalt des kommenden Jahres verwenden . nen Milliardenbetrag – da wird auch den Linken schum- Dass unsere Handlungsspielräume deswegen nicht grö- merig – zu übernehmen und gleichzeitig den Firmensitz ßer werden, ist richtig . Insofern ist es gut, dass wir in nach Irland zu verlegen, aus Gründen, die absehbar sind . diesem Haushalt rund 8 Milliarden Euro zusätzlich für Das zeigt, wie unendlich wichtig und zugleich schwierig die Bewältigung dieser großen Herausforderung einset- es ist, in den globalen Bemühungen nicht nachzulassen . zen . Die Hälfte dieser Summe geht an die Länder . Sie Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13507

Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble (A) erhalten als Vorabzahlung 3,637 Milliarden Euro . Spitz produzieren und auch dazu führen kann, dass man der (C) abgerechnet wird am Ende des Jahres . Die endgültige Aufgabe nicht gerecht wird . Summe hängt von der Antragsdauer und vom Umfang (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN des weiteren Zugangs ab, den keiner kennt . Wir hoffen, sowie bei Abgeordneten der LINKEN) dass er zurückgeht, Herr Kahrs; aber noch wissen wir es nicht . Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan- Auch deswegen müssen wir ein bisschen auf Sicht zen: fahren . Daran ist nichts Schlechtes . Diejenigen, die sa- Erstens, Frau Kollegin Hajduk, ich finde, es ist eigent- gen: „Egal was passiert: Wir haben unseren Plan“, sind lich das Wesen parlamentarischer Debatten, dass man auf in der Geschichte immer gescheitert . Diejenigen, die auf Argumente eingeht und antwortet . Es soll ja Rede und Sicht fahren, haben der Menschheit sehr viel mehr Gutes Gegenrede sein . Der Präsident ermahnt uns gelegentlich ermöglicht . dazu .

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Zweitens glaube ich, dass auch Sie nicht wissen, so ordneten der SPD) wenig wie ich und so wenig wie der Kollege Kahrs, wie viele Zugänge an Migranten wir im kommenden Jahr ha- Auch daran muss man gelegentlich erinnern . Daher hat ben werden . Sie wissen, dass auch die Berechnung im mich Ihr Vorwurf, Frau Hajduk, dass wir auf Sicht fah- Hinblick auf die Länder auf der Annahme beruht, dass es ren, wirklich überrascht. Ich finde, es ist eher ein Kom- eine bestimmte Verfahrensdauer beim BAMF und eine pliment . Wir sind in der Lage, auf die Realität zu reagie- bestimmte Zahl gibt . Wir haben gesagt: Wir werden am ren, und sagen nicht: Was kümmert uns die Realität? Wir Ende des Jahres sehen, wie viele es denn werden . Davon haben doch unseren Plan .– Das ist lange versucht wor- hängt übrigens auch ab, wie viele Mittel wir für Integra- den, mit desaströsen Ergebnissen . So zu handeln, dazu tionskurse brauchen . rate ich nicht . Wenn Sie mir auch die Bemerkung noch erlauben: Ich glaube, die Frage, warum die Verfahren bei uns so lange (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) dauern, hat wenig mit Geldausstattung zu tun und viel mit der Komplexität unserer rechtlichen Regelung . Wir Präsident Dr. Norbert Lammert: haben uns endlich darangemacht, das ein Stück weit so zu beschleunigen, dass die Verfahren nicht viel perfek- Herr Minister, darf Frau Hajduk Ihnen eine Zwischen- tionistischer und komplizierter sind als in allen anderen frage stellen? Ländern Europas und der Welt; das ist doch der entschei- (B) dende Punkt . (D) Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan- (Beifall bei der CDU/CSU) zen: Da haben Sie als Partei der Grünen noch ein bisschen Aber bitte . Natürlich . Gelegenheit, auf Sicht zu fahren . Weil wir den Haushalt insgesamt oder jetzt den Ein- Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): zelplan des Bundesfinanzministeriums bereden, -wür de ich gern noch eine Bemerkung machen – neben den Herr Minister, nachdem Sie dankenswerterweise auf Themen der Migration, der inneren Sicherheit und den eine meiner Bemerkungen eingegangen sind, möchte ich vielen Stellen, die die Polizei und die Sicherheitsdiens- sie erläutern . Mein Vorwurf ist so zu verstehen, dass Sie te dringend brauchen und die sie auch in einem hohen vor dem Hintergrund Ihrer eigenen Analyse, die uns zum Maße bekommen –: Das Problem werden auch da, wie Beispiel der Innenminister vorgelegt hat, auf Sicht fah- beim BAMF, nicht die Stellen sein – das habe ich immer ren, obwohl Sie andere Erwartungen haben . Sie haben, gesagt –, sondern die Menschen, die die Stellen besetzen; bezogen auf das Anwachsen der Flüchtlingszahl, die Er- denn die müssen erst dafür ausgebildet werden . Deswe- wartung eines ganz anderen Integrationsbedarfes . Diesen gen haben wir beispielsweise mit Blick auf die Kontrolle Bedarf habe ich auch mit knapp 600 Millionen Euro be- der Schwarzarbeit gesagt: Wir müssen die Geschwin- ziffert . Sie haben in diesem Haushalt aber nur die Hälfte digkeit des weiteren Ausbaus reduzieren . Wir haben die dieser Summe veranschlagt . Ich glaube, dass diese Art Zöllner gebeten, auf freiwilliger Basis zum BAMF zu des Auf-Sicht-Fahrens, mit der Sie innerhalb eines Jahres gehen .– Die haben das auch in einem hohen Maß und in hinter dem Bedarf zurückbleiben, falsche und mangel- flexibler Weise getan. Wir brauchen also nicht nur Stellen hafte Vorbereitungen auslöst . Wir haben es beim BAMF und Geld; wir brauchen auch die Leute, und wir brauchen erlebt: Wir waren zu spät dran, sind deswegen zu lang- solche Vorschriften, dass man effizient arbeiten kann. Da sam und haben in Teilen große Probleme . Das habe ich haben wir Spielraum . jetzt ein bisschen vereinfacht beschrieben . Ich will aber noch darauf hinweisen, dass wir an Das Risiko, nicht angemessen zu reagieren, ergibt unserem Kurs, den wir zu Beginn des Jahres schon sich, wenn man hinter dem Bedarf, der sich für ein Jahr eingeschlagen haben, nämlich Investitionen in die In- abzeichnet – ich behaupte nicht, dass ich weiß, was in frastruktur, in die Verkehrsinfrastruktur, in die digitale fünf Jahren ist –, zurückbleibt . Daher halte ich Ihr Auf- Infrastruktur, zu verstärken, konsequent festhalten, dass Sicht-Fahren für verantwortungslos, für etwas, was Frust wir das Programm zur Förderung von Investitionen in 13508 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble (A) finanzschwächeren Kommunen konsequent fortsetzen, globalen Zusammenarbeit – das kann Europa nur ge- (C) dass das 10-Milliarden-Zukunftsinvestitionsprogramm meinsam meistern – in einer besseren Lage sind, mit den konsequent fortgeführt wird . Darüber hinaus haben wir Migrations-, den Wanderungsbewegungen weltweit so im Zuge dessen jetzt auch noch die Mittel für den sozia- umzugehen – man muss ja vorsichtig formulieren –, dass len Wohnungsbau – eine Aufgabe, die nach dem Grund- daraus nicht andauernde und sich vergrößernde Stabili- gesetz den Ländern zusteht – von 500 Millionen Euro tätsrisiken entstehen . Das ist die eigentliche Herausfor- auf 1 Milliarde Euro jährlich erhöht . Darüber hinaus sind derung . Dem dient unsere Politik, und dem dient auch wir seit der letzten Besprechung der Bundeskanzlerin mit unsere Finanzpolitik . den Ministerpräsidenten mit den Ländern im Gespräch, ob wir für den Mietwohnungsbau auch noch Steueran- Dazu will ich dann doch die Bemerkung machen: Vo- reize setzen . Bisher hat der Bundesrat immer gesagt, raussetzung dafür ist, dass wir wirtschaftlich leistungsfä- er sei nicht bereit, irgendeiner Steuermaßnahme, die zu hig sind, dass wir die finanziellen Voraussetzungen haben einer Minderung der Einnahmen führt, zuzustimmen . und die Instrumente bewahren, um auch in der Zukunft Nachdem diese Position aufgegeben worden ist, haben handlungsfähig zu sein, und dass wir diese Politik auch wir vereinbart: Wir führen jetzt zwischen Bund und Län- wieder und wieder in Europa durchsetzen; denn wenn dern Gespräche, ob wir auch noch begrenzte steuerliche Europa insgesamt nicht mehr Solidarität, mehr Wettbe- Anreize zur Förderung des Mietwohnungsbaus setzen werbsfähigkeit und mehr Leistungsstärke entwickelt, können .– Das heißt, wir arbeiten an allen Stellen daran, dann wird Europa angesichts dieser globalen Herausfor- auch die Investitionstätigkeit zu verstärken . Es geht da- derungen seine Aufgabe nicht erfüllen können . Die Bun- rum, dass wir bei begrenzten Mitteln – damit hat es die desregierung tut alles, um Europa zu stärken . Wir zeigen Haushaltspolitik immer zu tun – unsere Aufgaben erfül- europäische Solidarität . Aber wir fordern sie auch von len können . anderen ein . Im Übrigen will ich daran erinnern, dass wir bei der (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Aufstellung des Bundeshaushalts, schon bei den Eckwer- Wir müssen es bei der Umsetzung der Regeln zum ten im Frühjahr, und bei der mittelfristigen Finanzpla- internationalen Steuerrecht – BEPS habe ich erwähnt – nung, die mit dem Regierungsentwurf zum Bundeshaus- machen . Wir müssen es genauso machen bei der Finanz- halt durch das Kabinett beschlossen wird, die Mittel für marktregulierung; wir müssen darauf achten, dass die die Entwicklungszusammenarbeit in einem Maße erhöht Finanzmarktregulierung weitergeht . haben, das alle Beteiligten überrascht hat . Wir erhöhen diese Mittel konsequent . Das war in den abschließenden Aber wir müssen auch darauf achten, dass jedes Mit- Beratungen nicht mehr der zentrale Schwerpunkt, weil gliedsland in Europa seine Verpflichtungen erfüllt. Das (B) das vorher schon enthalten war . neue Beispiel haben wir jetzt mit dem Thema Einlagensi- (D) cherung . Wenn wir über das Thema Bankenunion reden, Was die Finanzierung der Klimaschutzmaßnahmen dann muss klar sein, dass die europäischen Systeme so angeht: Zur Vorbereitung auf den Pariser Gipfel haben gemacht werden, dass die Mitgliedstaaten in ihrer Ent- wir gerade in Antalya und zuvor in Peru beraten . Wir ha- schlossenheit, das umzusetzen, wozu sie sich verpflich- ben einen Bericht bekommen, der zeigt, dass wir, was tet haben, nicht geschwächt werden . Sonst schafft man die Einhaltung der Zusage dieser 100 Milliarden Euro ab ordnungspolitisch die falschen Anreize . Was geschieht, 2020 betrifft, auf einem guten Weg sind, dass die Bun- wenn man Ländern die Möglichkeit bietet, sich auf das desrepublik bei dieser Entwicklung Vorreiter ist und dass Risiko anderer zu verschulden, das haben wir in der Eu- der Anteil der öffentlichen Mittel dabei besonders hoch ro-Krise zu lange erlebt . ist . Natürlich haben wir begrenzte Mittel, aber wir setzen sie zielgerichtet ein, und wir handeln konsequent . Im Übrigen haben wir gerade am Montag die nächste Tranche für Griechenland in Höhe von – wenn Sie es zu- Dann will ich eine Bemerkung machen – wir fahren sammenrechnen – 12 Milliarden Euro freigegeben . Also: insofern auf Sicht, ich habe das im Haushaltsausschuss Der Kampf für ein leistungsfähiges Europa, das in dieser schon erwähnt, als mein Einzelplan dort abschließend be- globalen Herausforderung unsere Aufgaben mit leisten raten worden ist –: Ich weiß gar nicht, ob die Mittel, die kann, bleibt eine Herausforderung . Wir leisten mit unse- im EU-Haushalt für 2016, der ja erfreulicherweise ver- rer Finanzpolitik dazu einen wesentlichen Beitrag . Auch gangene Woche zum ersten Mal einstimmig verabschie- dafür bitte ich das Hohe Haus weiterhin um Unterstüt- det worden ist, für die Zusammenarbeit mit den Nach- zung . barländern und mit den Ländern aus der Region, aus der die Flüchtlinge kommen, zur Verfügung gestellt worden Herzlichen Dank . sind, ausreichend sind; ich habe da meine Zweifel . Aber (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) auch da muss ich auf Sicht fahren . Es kann sein, dass der europäische Haushalt im kommenden Jahr zusätzliche Mittel braucht, die – das habe ich im Haushaltausschuss Präsident Dr. Norbert Lammert: erläutert – nicht aus dem mittelfristigen Finanzrahmen Das Wort erhält nun der Kollege Tobias Lindner für der EU erwirtschaftet werden können . Das kann dann be- die Fraktion der Grünen . deuten, dass wir auch dafür zusätzliche Mittel in unserer nationalen Finanzpolitik unterbringen müssen . Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dass wir die Mittel für den UNHCR enorm aufge- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kol- stockt haben, dient ja genau dem Ziel, dass wir in einer leginnen und Kollegen! Wir haben vor gut zehn Wochen, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13509

Dr. Tobias Lindner (A) Anfang September, diese Haushaltsberatungen mit der Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Großen Ko- (C) ersten Lesung hier im Hohen Hause begonnen . Viele von alition, bevor Sie sich jetzt hier gegenseitig irgendetwas uns standen damals noch unter dem Eindruck der Bil- zurufen müssen: der, die wir unter anderem aus München gesehen haben, wo an einem Wochenende mehr als 10 000 Menschen (Johannes Kahrs [SPD]: Wir wollen dir nur in unserem Land Zuflucht gesucht haben und freund- helfen!) lich empfangen worden sind . Am 9 . September hat die Wir geben ja durchaus zu, dass Sie nicht nichts gemacht Bundeskanzlerin hier an diesem Platz gesagt – ich zitiere haben . 3 Milliarden obendrauf zum Entwurf – das ist wörtlich –: nicht nichts . Aber Sie haben die Arbeit eingestellt, wenn Ich bin überzeugt, dass wir es nicht nur können, son- es darum geht, zu bedenken: Was kommt denn nach der dern dass wir, wenn wir es gut machen, wenn wir es Unterbringung in der Erstaufnahmeeinrichtung? Was mutig angehen, wenn wir nicht verzagt sind, son- heißt denn erfolgreiche Integration, Spracherwerb, Bil- dern Ideen suchen, wenn wir kreativ sind, letztlich dung, Integration in den Arbeitsmarkt? nur gewinnen können . (Johannes Kahrs [SPD]: Steht da alles drin!) Meine Damen und Herren, ich stimme der Bundeskanz- Da können Sie eben heute schon sehen, liebe Kollegin- lerin an dieser Stelle zu . nen und Kollegen, dass die vorgesehenen Mittel nicht (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ausreichen werden . Unter anderem deshalb schlagen wir ein Programm für sozialen Wohnungsbau in einem Um- Wenn wir dann an diesen Haushaltsplan, den wir heute fang von 2 Milliarden Euro vor, weil wir wissen, dass wir beraten, diesen von Ihnen selbst gewählten Anspruch le- heute das Geld in die Hand nehmen müssen, damit wir gen, wenn wir uns diesen Haushaltsplan anschauen, dann morgen und übermorgen die Wohnungen haben, die wir müssen wir leider feststellen: in diesem Land brauchen . (Johannes Kahrs [SPD]: Dann erfüllen wir (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) den!) Sie investieren in diesem Haushalt, liebe Kolleginnen Sie sind nicht mutig gewesen, und Kollegen von der Großen Koalition, nicht nur zu we- (Johannes Kahrs [SPD]: Na!) nig, nein, Sie investieren leider auch falsch . Sie hecheln der schwarzen Null hinterher und fahren dabei dieses Sie waren nicht vorausschauend, Land auf Verschleiß, und Sie geben das Geld der Steu- erzahlerinnen und Steuerzahler dabei nicht gut aus . Ja, (Johannes Kahrs [SPD]: Na!) (B) es ist richtig: Sie haben die humanitäre Hilfe erhöht; das (D) Sie waren verzagt, und Sie treten auf der Stelle . erkennen wir an . Aber wenn Sie wahrnehmen, wie groß die Herausforderung ist, wenn Sie wahrnehmen, dass (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weltweit über 60 Millionen Menschen auf der Flucht sowie bei Abgeordneten der LINKEN – sind – so viel wie nach dem Zweiten Weltkrieg nicht Johannes Kahrs [SPD]: Unverzagt! Glanz- mehr –, wenn Sie wahrnehmen, dass Deutschland in der voll!) Vergangenheit immer etwa 9 bis 10 Prozent der humani- Dieser Haushalt, meine Damen und Herren, ist ein Haus- tären Hilfe gestemmt hat, und wenn Sie dann den Bedarf halt der verpassten Chancen, und ich sage: Es ist leider sehen, der weltweit besteht, dann ist klar, liebe Kollegin- ein Haushalt der verpassten Chancen . nen und Kollegen: Es ist eben nicht genug, was Sie in diesen Haushaltsplan einstellen . Und wenn wir über den (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN UNHCR reden: 25 oder 30 US-Dollar, die ein Flüchtling sowie bei Abgeordneten der LINKEN – im Nahen Osten im Monat für die Lebensmittelversor- Johannes Kahrs [SPD]: Papperlapapp!) gung hat, werden niemanden davon abhalten, sein Land Lieber Johannes Kahrs, du hast ja über Nachtrags- zu verlassen und sich auf den Weg nach Europa zu ma- haushalte gesprochen und meintest: Na ja, wenn dann chen . Das ist ein Versagen vor den Herausforderungen etwas anfällt bei dem Auf-Sicht-Fahren, dann korrigie- unserer Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen . ren wir das .– Das hat aber nicht nur nichts mit Haus- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) haltsklarheit und Haushaltswahrheit zu tun, sondern das nimmt den vielen Ehrenamtlichen in diesem Land, das Jetzt reden wir einmal darüber, was es heißt, Geld der nimmt den Hilfsorganisationen, die Fluchtursachen be- Bürgerinnen und Bürger gut auszugeben . Herr Schäuble, kämpfen sollen, das nimmt den Ländern und Kommunen der Bundesrechnungshof hat Ihnen letzte Woche mit sei- die Planungssicherheit, die sie jetzt bräuchten angesichts nen Bemerkungen eine ganze Menge ins Stammbuch ge- der großen mittel- und langfristigen Aufgabe, die Inte­ schrieben . Er hat nicht nur festgestellt, dass der Bund bei gration in unserem Land erfolgreich zu bewältigen . der Besteuerung von Körperschaften jährlich auf mehr als 600 Millionen Euro an Steuereinnahmen verzichtet, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die ihm eigentlich zustehen, nein, er hat auch festgestellt, sowie bei Abgeordneten der LINKEN – dass Sie überhaupt kein Konzept haben, wenn es um On- Johannes Kahrs [SPD]: Auf welcher Grund- lineeinkäufe bei ausländischen Unternehmen geht . lage soll denn das passieren? Kaffeesatz oder was? – Gegenruf des Abg . Volker Kauder An dieser Stelle sollten vielleicht auch Sie, Herr [CDU/CSU]: Parteiprogramm der Grünen!) Dobrindt, Ihre Ohren spitzen . Ihrem Haus wirft er unter 13510 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Dr. Tobias Lindner (A) anderem vor, dass Sie Neubauprojekte beginnen, obwohl wart und einen Haushalt vorgelegt habt, dem man unbe- (C) es keine abgeschlossenen Wirtschaftlichkeitsuntersu- dingt zustimmen kann . chungen gibt . Statt das Geld in die Hand zu nehmen und unsere öffentliche Infrastruktur zu erhalten, statt Schie- Wir haben – Kollege Rehberg ist darauf eingegangen – nenstrecken zu reparieren, statt Schlaglöcher zu stopfen, noch einen vierten Punkt eingearbeitet, und das war vor beginnen Sie Bauprojekte, von denen Sie noch nicht ein- den Anschlägen in Paris . Uns war klar, dass 1 Million mal wissen, ob sie wirtschaftlich sind . Nein, so geht man Flüchtlinge in diesem Land eine besondere Stresssituati- nicht ordentlich mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und on für die Bevölkerung und damit auch für die Frage der Steuerzahler um, liebe Kolleginnen und Kollegen . gesellschaftlichen Sicherheit darstellen . Wir haben aus diesem Grund Mittel sowohl für Maßnahmen der Repres- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sion als auch für solche der Prävention verstärkt, sowohl bei den Nachrichtendiensten als auch bei den Program- Wir Grüne haben Ihnen in diesen Haushaltsberatun- men, die auf Demokratie und Toleranz zielen . Ich glaube, gen gezeigt, wie ein Haushalt aussehen würde, der vor- dass das kluge Entscheidungen in einer nicht einfachen ausschauend und gerecht ist . Wir haben über 400 Ände- Situation waren . rungsanträge zu diesem Haushalt gestellt . Wir wollten, dass umweltschädliche Subventionen gestrichen und Wir haben die Investitionen noch einmal deutlich ver- neue Prioritäten gesetzt werden . Auch wir wären dabei stärkt . Das können wir nur, weil wir in einer sehr guten ohne Schulden ausgekommen und hätten die Weichen in wirtschaftlichen Lage sind . Ich habe mir heute die Zahlen diesem Haushalt Richtung Zukunft gestellt . des Statistischen Bundesamtes noch einmal angesehen . Sie haben uns heute einen Haushalt der verpassten Woher kommt das Wachstum eigentlich? Es ist zum ganz Chancen vorgelegt . Wir werden Ihnen in dieser Woche großen Teil binnenmarktgetrieben . Die Binnennachfrage zeigen, wie ein Haushalt, der vorausschauend, gerecht, steigt: der private Konsum um 0,6 Prozent, der staatli- mutig und zukunftsorientiert ist, aussehen könnte . che Konsum um 1,3 Prozent . Die Ursachen hierfür liegen in höheren Tarifabschlüssen und in der Einführung des Ich danke Ihnen . Mindestlohns, den wir Sozialdemokraten durchgesetzt haben . Ich warne alle davor, die Frage des Mindestlohns (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) mit der Frage der Flüchtlinge zu verknüpfen;

Präsident Dr. Norbert Lammert: (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Nächster Redner für die SPD-Fraktion ist der Kollege der LINKEN) Carsten Schneider . das wäre ein Spaltpilz für die Gesellschaft . Das Wachs- (B) (Beifall bei der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: tum hat ferner damit zu tun, dass wir die Steuern dort, wo (D) Und jetzt kommt die Stimme der Vernunft!) es zu zusätzlichen Belastungen durch die kalte Progres- sion kam, gesenkt haben und dass wir die steuerlichen – Herr Kahrs, Sie wollten doch damit nicht andeuten, Freibeträge erhöht haben . Wir haben insbesondere auch dass Ihre nicht in diesen Kreis gehört? die Freibeträge für die Alleinerziehenden, die seit 2004 (Heiterkeit) nicht mehr angepasst worden waren, auf über 1 800 Euro deutlich erhöht. Auch hier finden sich die Leitlinien der Bitte schön . Sozialdemokraten wieder . (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Carsten Schneider (Erfurt) (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Wir werden in diesem Jahr eine Rentenerhöhung von wir im September mit den Haushaltsberatungen begon- 4 bis 5 Prozent haben; auch sie ist dank der guten wirt- nen haben, hatten wir drei Ziele: erstens, die nachhaltige schaftlichen Lage möglich . Das sind im Schnitt monat- Finanzpolitik fortzusetzen und die Herausforderungen, lich 60 Euro mehr, die bei den Rentnerinnen und Rent- die vor uns liegen, möglichst ohne neue Schulden zu be- nern ankommen . wältigen; zweitens, die humanitären Katastrophen, die Natürlich werden wir in den nächsten Jahren vor fi- dazu geführt haben, dass sich viele Flüchtlinge zu uns auf nanziellen Belastungen stehen . Es gibt Kollegen, die zu den Weg gemacht haben, zu bewältigen, ihnen Obdach zu mir kommen und sagen: Die fetten Jahre sind vorbei .– geben und vor allen Dingen sie – langfristig – nicht nur Das mag sein . Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass wir unterzubringen, sondern auch zu integrieren; drittens, der das Geld, die finanziellen Ressourcen zur Verfügung stel- Investitionsschwäche des Staates, die von Frau Hajduk len, die notwendig sind, um die Flüchtlinge zu integrie- angesprochen wurde, zu begegnen . Ich stelle fest: Mit ren und zu befähigen, nicht Leistungsempfänger, sondern dem Vorschlag, den wir Ihnen hier präsentieren können, Leistungsträger zu werden . Dann haben wir eine Rendite, werden wir all diesen drei Punkten gerecht . die nicht nur humanitär, sondern auch gesellschaftspoli- Ich will mich bei den Kolleginnen und Kollegen des tisch sinnvoll ist . Haushaltsausschusses ganz herzlich bedanken . Es war (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten schwere und harte Arbeit, aber sie ist gelungen . Ich sage der CDU/CSU) der Koalition, aber auch der Opposition: Es ist in so schwierigen Zeiten, wo man sich auch in einer Koalition Da gibt es natürlich immer die Frage: Wo kommt das das eine oder andere Mal streitet – in manchen Parteifa- Geld eigentlich her? Kollege Troost hat die Frage der milien etwas intensiver –, gut gewesen, dass ihr solide gerechten Verteilung angesprochen . Das ist natürlich für Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13511

Carsten Schneider (Erfurt) (A) Sozialdemokraten immer zentral: Wer zahlt hier eigent- gleiche Grundlage der Besteuerung und keine Verstecke (C) lich wie viel? Es gibt da auch Unterschiede in der Koali- mehr . tion; das ist ganz klar . Aber wir haben zwei wahnsinnig Der zweite Meilenstein, den wir erreichen werden, be- große Schritte gemacht, die ich mir nicht hätte träumen trifft BEPS. Wir hatten Schlupflöcher bei den privaten lassen . Vermögen, und wir haben sie immer noch bei internatio- Der erste Schritt ist der automatische Informations- nalen Konzernen, die ihre Steuerlast mehr oder weniger austausch über Banknoten und Vermögen . Da will ich in die Länder schieben, in denen die geringsten Steuer- mich bei Bundesfinanzminister Schäuble ausdrücklich sätze gelten . Es ist erstens asozial gegenüber der Gesell- bedanken . Der automatische Informationsaustausch führt schaft – ich sage das ganz klar –, wenn Unternehmen die dazu, dass Privatvermögen nicht mehr versteckt werden legale Möglichkeit nutzen, Absprachen mit Staaten zu kann . Über 90 Länder auf der Welt haben das Abkom- treffen, um ihre Steuerlast auf 1 oder 2 Prozent zu redu- men unterzeichnet . Es gab in Deutschland prominente zieren . Fälle, in denen die Betreffenden ihr Geld in der Schweiz (Beifall bei der SPD) geparkt haben und auf die Zinsen keine Steuern zahlen wollten . Wenn man so viel Geld hat, dass man Zinsen Es führt zweitens zu einer Wettbewerbsverzerrung . erhält, und dann nicht mal hier die Steuern zahlt, ist das Nehmen wir nur Amazon . Es ist nicht nur ein Buch- asozial . Dem haben wir jetzt einen Riegel vorgeschoben; händler, aber wir nehmen mal das Beispiel Bücher . Mein dieses Geld muss künftig versteuert werden . Buchhändler in Erfurt oder in Weimar zahlt vor Ort nicht nur Miete für die Räume in Innenstadtlage – das ist nicht Jetzt sind wir bei der Frage des Steuersatzes . Ich sage billig –, sondern auch den vollen Satz der Körperschaft- Ihnen für die Sozialdemokraten ganz klar: Die Abgel­ steuer . Er zahlt den vollen Satz, weil er keine Absprachen tungsteuer bringt – anders, als Frau Lötzsch es gesagt mit dem Finanzminister oder den Beamten in Luxemburg hat – nicht bei den Dividenden einen Vorteil, aber bei den darüber treffen kann, wie viel Steuern er zu zahlen hat . Zinserträgen, weil ein Steuersatz von nur 25 Prozent vor- Amazon kann das, Amazon konnte das . gesehen ist, während die Einkommensteuer im Zweifel höher sein kann . Das müssen wir so schnell wie möglich Ich bin dem Europäischen Parlament sehr dankbar, beseitigen . dass es das Thema der legalen Steuergestaltung innerhalb der Europäischen Union ganz oben auf die Agenda ge- (Beifall bei der SPD sowie der Abg . Kerstin setzt hat, es transparent gemacht hat . Wir brauchen jetzt Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – die politischen Mehrheiten im Europäischen Parlament, [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- aber auch im Bundestag, um es internationalen Konzer- NEN]: Das geht jetzt schon!) nen so schwer wie möglich zu machen, ihre Steuerlast in (B) (D) Wir wollen, dass die Einkommen aus Zinsen und Kapital­ Niedrigsteuerländer zu verschieben . Dieses Steuerdum- erträgen genauso besteuert werden wie die Einkommen ping werden wir Sozialdemokraten immer bekämpfen . aus Arbeit . Ich hoffe, wir haben den Bundestag da auch an unserer Seite . (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wir machen mit! Das würde reichen!) (Beifall bei der SPD sowie des Abg . Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]) – Frau Kollegin Andreae, wir sind da ja sofort dabei . Die Frage ist: Wieso ist es eigentlich dazu gekommen? Präsident Dr. Norbert Lammert: Der erste Grund war eine Initiative der oftmals von vie- Ich erteile dem Kollegen Ralph Brinkhaus für die len Leuten geschmähten Vereinigten Staaten von Ame- CDU/CSU-Fraktion das Wort . rika . Sie haben mit dem FATCA-Abkommen sehr hart (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . dafür gesorgt, dass die Banken ihre Bücher offenlegen; Dr . Hans-Ulrich Krüger [SPD]) auch andere Länder haben dann zugestimmt .

Der zweite Grund war eine politische Entscheidung in Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Deutschland . Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem (Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!) die Haushaltsdebatte irgendwie zur Steuerdebatte mutiert ist, Mit dem deutsch-schweizerischen Steuerabkommen hät- ten wir den Ablasshandel für ewig festgeschrieben, und (Bettina Hagedorn [SPD]: Das gehört zusam- es hätte niemals einen automatischen Informationsaus- men!) tausch gegeben . muss man vielleicht mal eines klarstellen: Es hat keine (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Bundesregierung, kein Finanzminister so viel gegen in- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) ternationale Steuerhinterziehung und -verkürzung getan wie unser Finanzminister Wolfgang Schäuble . Das ge- Ich will auch sagen: Da war Norbert Walter-Borjans hört auch zur Wahrheit dazu, meine Damen und Herren . als Finanzminister von NRW derjenige, der am meisten (Beifall bei der CDU/CSU) getrieben hat . Ich bin froh, dass er sich an dieser Stelle durchgesetzt hat und wir dieses Abkommen verhindert Ich würde gerne über den Haushalt reden und möchte haben . Damit haben wir jetzt bei allen Einkommen die meine Ausführungen unter drei Überschriften subsumie- 13512 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Ralph Brinkhaus (A) ren . Die erste Überschrift ist „Lob und Dank“, dann kom- Krankenhaus und Pflege auf den Weg gebracht. Wir sind (C) men „Vorsicht“ und „Zuversicht“ . nicht nur dabei, der Einwanderungsströme in irgendei- ner Art und Weise, auch mit finanziellen Mitteln, Herr Fangen wir mit Lob und Dank an . Wir nehmen es mitt- zu werden und eine vernünftige Finanzausstattung zu lerweile als Selbstverständlichkeit hin, dass wir wieder gewährleisten, sondern wir investieren auch in innere einmal trotz aller Fährnisse und Gefahren einen Haus- Sicherheit . haltsplan mit einer schwarzen Null vorgelegt haben . Das haben Generationen unserer Vorgänger nicht hingekriegt . Da stellt sich schon die Frage: Was können wir eigent- Das ist etwas Besonderes . Dass etwas Besonderes gelun- lich noch tragen? Was kann man noch draufpacken? Der gen ist, liegt nicht nur an der guten Wirtschaftsleistung, ausländische Kollege hat mir dann gesagt: Das könnt die wir in diesem Land haben, liegt nicht nur an den nied- ihr so lange stemmen, solange eure Wirtschaftsleistung rigen Zinsen, sondern liegt auch an der vorausschauen- gut ist . Aber was macht ihr eigentlich, wenn es mit der den und guten Haushaltspolitik . Wirtschaft bergab geht? Und er sagte noch etwas – und Wenn man sich überlegt, welche Rucksäcke wir uns das ist ganz entscheidend –: Das ist dann nicht nur euer dabei noch aufgeladen haben: Wir haben diese schwarze Problem, sondern das ist auch unser Problem, weil ihr Null nämlich geschafft ohne Steuererhöhung, ohne neue mit eurer Wirtschaft die Lokomotive in Europa seid . Ihr Steuern, und – Sie haben darauf hingewiesen – wir haben zieht den Karren in Europa . Wir im Rest von Europa die Steuern durch den Abbau der kalten Progression und sind darauf angewiesen, dass eure Wirtschaft und euer durch die Erhöhung der Freibeträge sogar gesenkt . Wir Land funktionieren .– Das sollten wir immer beachten, haben sehr viel Geld an die Kommunen und Länder gege- wenn wir uns wieder etwas Neues in unseren Rucksack ben; Kollege Rehberg hat darauf hingewiesen . Wir haben hi­neinpacken . die Investitionen erhöht, auch für die Kommunen . Wir (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- geben mehr Geld für Bildung und Forschung aus . Und ordneten der SPD) wir tragen als einziges Land in Europa, vielleicht neben Schweden, eine unglaubliche Last infolge der Menschen, Wir müssen auch vorsichtig sein, weil die ersten die zu uns kommen . Allein im nächsten Jahr wird die Zu- Stimmen laut werden, die fordern, dass die nationale satzbelastung des Bundeshaushaltes – je nachdem, wie Schuldenbremse oder die europäische Schuldenbremse, man es rechnet – 8 bis 9 Milliarden Euro betragen . der Fiskalpakt, wegen der Migration, wegen der inne- ren Sicherheit und wegen der äußeren Sicherheit gelo- Für all das gilt allen Beteiligten mein großes Danke- ckert oder ausgesetzt werden sollen . Meine Damen und schön; denn das war nicht einfach . Unsere Haushälter Herren, es ist die Entscheidung dieser Generation, zu mussten kurzfristig improvisieren, sie mussten priori- (B) sagen: Wir nehmen in unserem Land Einwanderer und (D) sieren, sie mussten umschichten . Sie mussten vor allen Flüchtlinge auf . Es ist die Herausforderung dieser Ge- Dingen ganz viel Nein sagen . Das muss man den Haus- neration, dass wir Probleme mit der inneren und äußeren hältern hoch anrechnen; denn die Kunst, Nein zu sagen, Sicherheit haben . Andere Generationen treffen neue Ent- ist nicht ganz einfach . Dafür braucht man ein dickes Fell scheidungen . Sie werden vor neuen Herausforderungen und einen breiten Rücken, und beides haben sie . Dafür stehen: Klimawandel, Rohstoffknappheit und was sonst ganz herzlichen Dank . noch kommen mag . Deswegen ist es meines Erachtens (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) nicht legitim, die Belastungen, die wir heute haben, auf die nächste Generation zu verschieben . Wir sollten daher Die zweite Überschrift lautet „Vorsicht“ . Wir müs- nicht darüber nachdenken, an der Schuldenbremse oder sen in der Tat vorsichtig sein, weil in diesem Haushalt am Fiskalpakt zu rütteln . natürlich Risiken enthalten sind, und zwar nicht nur auf der Ausgabenseite – Thema Migration, Thema innere Si- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- cherheit, Thema äußere Sicherheit –, sondern auch auf ordneten der SPD – [CDU/ der Einnahmenseite . Es ist nicht selbstverständlich, dass CSU]: Sehr gute Worte!) die Steuereinnahmen so gut sind . Deswegen müssen wir viel Kraft darauf verwenden, dass das so bleibt und dass Wir müssen aber auch vorsichtig sein, weil – der Bun- wir unseren Wirtschaftsstandort stärken . desrechnungshof hat es uns schriftlich gegeben – mittler- weile eine große Unwucht bei den Bund-Länder-Finanz- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- beziehungen entstanden ist . ordneten der SPD) (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist richtig!) Wir müssen aber auch vorsichtig sein, dass wir uns insgesamt nicht übernehmen . Ich hatte in den letzten Wo- Worum geht es? Wir geben sehr viel Geld aus – Eckhardt chen ein Gespräch mit einem ausländischen Kollegen . Er Rehberg hat es ausgerechnet: von 2010 bis 2018 mehr als fragte mich: Was packt ihr Deutschen euch eigentlich 125 Milliarden Euro –, um Länder und die Kommunen alles in euren Rucksack hinein? Im weiteren Verlauf die- seitens des Bundes zu unterstützen . Bei den Regiona- ses Gespräches wurde klar, was er meinte: Wir sind der lisierungsmitteln, also den Mitteln für den öffentlichen größte Nettozahler innerhalb der Europäischen Union, Schienenpersonennahverkehr, haben wir noch einmal wir stabilisieren mit unseren Garantien maßgeblich die kräftig etwas draufgelegt . Meine Damen und Herren, das Euro-Zone, wir haben eine sehr ehrgeizige Energiewen- kann nicht so weitergehen . Wir müssen da wieder Klar- de, die viel kostet, auf den Weg gebracht, und wir ha- heit reinbringen . Wir müssen klare Verhältnisse schaffen . ben umfangreiche Sozialpakete in den Bereichen Rente, Deswegen müssen wir die Bund-Länder-Finanzbezie- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13513

Ralph Brinkhaus (A) hungen neu ordnen . Das ist auch im Sinne unseres Bun- ihren Regierungserklärungen immer wieder gesagt hat, (C) deshaushaltes eine ganz wichtige Aufgabe . ist richtig: Wir gehen aus diesen Krisen stärker hervor, als wir hineingegangen sind . Das ist eine großartige Ge- Wir müssen vorsichtig sein, weil es in der Politik eine meinschaftsleistung der Menschen in diesem Land . ungünstige Entwicklung gibt . Natürlich ist es wichtig, dass wir im Moment sehr viel über Migration reden . Wir Erst recht stolz bin ich auf das, was wir in den letzten haben aber die Tendenz – das gilt auch für die Medien –, sieben Monaten geleistet haben, in denen viele Menschen eine serielle Ein-Thema-Politik zu betreiben . Im August sich aus ganz unterschiedlichen Gründen entschieden ha- haben wir nur über Griechenland gesprochen, jetzt spre- ben, zu uns zu kommen . Wann hat es das in der Weltge- chen wir nur über Migration und demnächst vielleicht – schichte schon einmal gegeben, dass binnen eines halben leider – nur über innere Sicherheit . Wir dürfen bei all Jahres fast 1 Million Menschen aufgenommen wurden, den Herausforderungen nicht vergessen, das Ganze im die noch dazu nicht aus der unmittelbaren Nachbarschaft Blick zu behalten – nicht nur die Haushaltskonsolidie- kommen – sie kommen nicht aus Holland, Frankreich rung, sondern auch die anderen großen Projekte –: die oder so –, sondern aus anderen Erdteilen mit einer ande- Euro-Stabilisierung, die geplante Energiewende, die so- ren Kultur, mit ganz unterschiedlichen Ansprüchen? Wir ziale Gerechtigkeit in diesem Land . Vor allem aber müs- alle zusammen, die Politiker, die Hauptamtlichen und die sen wir dafür sorgen, dass wir diesen Wirtschaftsstandort Ehrenamtlichen, haben es geschafft, dass jeder von ihnen zukunftsfähig halten . Deswegen müssen wir über den ein Dach über dem Kopf hat, dass er genug zu essen hat, Tellerrand hinausschauen . dass er Bekleidung und eine medizinische Versorgung hat . Ich glaube, das ist etwas, worauf wir stolz sein kön- Die dritte Überschrift lautet „Zuversicht“ . Wir können nen . Das sollten wir nicht immer wieder kleinreden . eigentlich zuversichtlich sein, weil wir auch in diesem Haushalt noch Reserven haben . Damit meine ich nicht, Meine Damen und Herren, ich wünsche mir, dass wir dass wir irgendwo kürzen sollten, sondern ich meine, diese Zuversicht bei aller Vorsicht und allen berechtigten dass wir anfangen sollten, jeden Euro effektiver und effi- Zweifeln bezüglich dessen, was in den nächsten Jahren zienter auszugeben, damit wir für jeden Euro mehr Auto- passieren wird, mit in das kommende Haushaltsjahr neh- bahn bekommen, damit wir für jeden Euro, den wir in das men; denn Zuversicht ist das, was wir am dringendsten System stecken, eine bessere Integration der Langzeit- brauchen . arbeitslosen bekommen, damit wir mit jedem Euro, den (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) wir investieren, mehr gegen den Klimawandel und für die Energiewende tun und, und, und . Ich glaube, das sind große Aufgaben . Da haben wir noch einiges zu erledigen . Präsident Dr. Norbert Lammert: Das Wort erhält jetzt der Kollege Hans-Ulrich Krüger (B) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) für die SPD-Fraktion . (D) Ich bin auch deswegen zuversichtlich, weil ich an un- (Beifall bei der SPD) sere starke Wirtschaft glaube . Wir haben eine gesunde Wirtschaft, bestehend aus familiengeführten mittelständi- (SPD): schen Unternehmen, großen Unternehmen, kapitalmarkt­ Dr. Hans-Ulrich Krüger orientierten Unternehmen . Das Thema Erbschaftsteuer Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol- ist schon angesprochen worden, lieber Axel Troost . Wir legen! Das dritte Jahr in Folge wird ein Bundeshaushalts- müssen aufpassen, dass wir diese Struktur nicht kaputt- plan – für das Jahr 2016 ist ein Etat von 317 Milliarden machen; denn diese Struktur ist die Basis für unseren Euro vorgesehen – ohne neue Schulden vorgelegt . Stetig wirtschaftlichen Erfolg, für hohe Steuereinnahmen und wachsende Steuereinnahmen, ein guter, hoffnungsvoller für gute Haushaltsergebnisse . Arbeitsmarkt, aber auch die niedrigen Zinsen sind eine wesentliche Grundlage für die von uns zum dritten Mal (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- zu Recht selbstbewusst zu feiernde schwarze Null . Mir ordneten der SPD) ist dabei allerdings auch bewusst – Kollege Kahrs sprach es schon an –: Die Herausforderungen für den Bund wer- Ich bin zuversichtlich, dass wir im Bereich Migration den nicht weniger, sondern mehr werden . Die Kosten für gute Entscheidungen treffen werden . In den vergange- die Unterbringung und Integration der Flüchtlinge als nen fast 70 Jahren haben wir es immer geschafft, gute fundamentale Aufgabe sind hier zu nennen . Es ist richtig, Entscheidungen zu treffen . Ich bin davon überzeugt, wenn der Bund die Länder und Kommunen in Milliar- dass wir die Balance finden werden zwischen unserem denhöhe bei der Aufnahme und Unterbringung kostende- berechtigten Anspruch auf Menschlichkeit, Humanität ckend unterstützt . Es ist ebenso richtig und wichtig, dass und Nächstenliebe auf der einen Seite und dem genau- diese Mittel vollständig bei denen ankommen, für die wir so berechtigten Anspruch darauf, das Ganze zu ordnen, sie aus dem Bundeshaushalt bereitstellen, nämlich bei zu steuern, zu reduzieren und zu begrenzen . Das ist eine den Asylbewerberinnen und Asylbewerbern vor Ort . große Aufgabe, der wir uns im nächsten Jahr stellen müs- sen . (Beifall des Abg . Lothar Binding [Heidel- berg] [SPD]) Letztlich bin ich zuversichtlich, wenn ich mir an- schaue, was dieses Land in den letzten sieben Jahren Darüber hinaus gibt es allerdings auch ambitionierte Her- geleistet hat: Wir hatten 2008 eine Bankenkrise, danach ausforderungen im Rahmen unserer demografischen Ent- eine Wirtschaftskrise, danach eine Euro-Krise und eine wicklung . So werden beispielsweise die Leistungen des Staatsverschuldungskrise . Das, was Angela Merkel in Bundes an die gesetzliche Rentenversicherung von der- 13514 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Dr. Hans-Ulrich Krüger (A) zeit 84 Milliarden Euro auf 98 Milliarden Euro im Jahr Bundestag hier verabschiedet, in diesem und jenem be- (C) 2019 steigen . Sie sehen also: Die schwarze Null ist auch merkbar macht? vor diesem Hintergrund eine beeindruckende Leistung . Es ist in den Haushaltsberatungen mehrfach angespro- Lassen Sie mich nun noch einige Ergebnisse vortra- chen worden: Sprache ist ein Schlüssel zur erfolgreichen gen, die wir in den abschließenden Haushaltsausschuss- Integration . Das ist richtig . Wie man kleinreden kann, sitzungen erzielt haben . dass wir die Mittel für Sprach- und Integrationskurse um 250 Millionen Euro auf insgesamt 559 Millionen Euro Besonders gefreut hat mich, dass wir uns auf zusätz- erhöhen, erschließt sich mir nicht; denn all diese Maß- liche 10 000 Stellen beim Bundesfreiwilligendienst ver- nahmen – auch die 559 Millionen Euro – dienen dazu, ständigt haben . eine entsprechende Antwort auf die aktuelle Situation zu (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten geben . der CDU/CSU) Lassen Sie mich zum Abschluss noch kurz zwei Din- Hierfür sind 50 Millionen Euro bereitgestellt worden . ge erwähnen, die unmittelbar im Haushalt des Bundesfi- Das Angebot an Frauen und Männer, sich außerhalb von nanzministers angesiedelt sind . Beruf und Schule für die Allgemeinheit zu engagieren, Zum einen wurde in diesem Haushalt 2016 nach vie- lohnt sich. Junge Menschen, häufig vor Beruf und Stu- len Bundesratsinitiativen vermerkt: Der Bund nimmt dium, sammeln praktische Erfahrungen und Kenntnisse . sich bei der Mitfinanzierung der Beseitigung alliierter Eine weitere Erfolgsstory ist das Elterngeld . Die Ge- Weltkriegsmunition selbst in die Pflicht. – Bisher war es burtenrate in unserem Land geht wieder nach oben . so, dass der Bund lediglich die Kosten der sogenannten reichseigenen Munition zu tragen hatte . Das ändern wir . (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Insgesamt stehen 60 Millionen Euro für die Jahre 2016 bis 2019 zur Verfügung, 60 Millionen Euro, die gerade Das ist sicherlich auch ein Erfolg des Elterngeldes, des- Ländern wie Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, sen Bedarf wir mittlerweile – auch das ist Teil unseres Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen, Nord- Haushalts – mit 6 Milliarden Euro prognostizieren . rhein-Westfalen und Hamburg, wo noch viele Bomben- Lassen Sie mich noch ein Wort über das Technische blindgänger festgestellt bzw . vermutet werden, zugute- Hilfswerk verlieren . Mit über 80 000 ehrenamtlichen kommen werden . Helfern hat uns diese Organisation in den letzten Wo- (Beifall bei der SPD) chen und Monaten effektiv unter die Arme gegriffen . Kaum eine Hilfsorganisation hat sich derart große Ver- Zum anderen haben wir in den Haushaltsberatungen (B) dienste erworben . Das ist eine herausragende Leistung . 2016 Haushaltsvermerke fortgeschrieben – der Kollege (D) Wir konnten dafür sorgen, dass die 668 Ortsverbände Rehberg erwähnte die entsprechende Zahl ganz kurz –, des THW über die bloße Aufwandsentschädigung hinaus deren Grundlage wir schon im Nachtrag 2015 gelegt hat- 8 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für ihre Arbeit ten, und zwar bezüglich der Änderung der BImA-Richt- vor Ort erhalten . linie zum verbilligten Erwerb von Liegenschaften . Mitt- lerweile ist es so: Kommunen können von der BImA (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten verbilligt, also mit bestimmten Abschlägen, Konversi- der CDU/CSU) onsflächen kaufen. Der Abschlag beträgt 350 000 Euro Ferner konnten 208 neue Planstellen geschaffen werden; pro Vertrag . Sofern dort Flüchtlinge untergebracht wer- denn eine solche Struktur kann nicht nur ehrenamtlich den, kommen weitere 150 000 Euro hinzu . Eine Kom- geführt werden . In diesem Sinne gebührt unser großer mune, die sich der Herausforderung der Aufnahme von Dank dem THW mit seiner beeindruckenden Leistung . Flüchtlingen stellt bzw . stellen muss, hat diese Möglich- keit . Alternativ hat sie die Möglichkeit, die entsprechen- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten den Objekte nach Herrichtung durch die BImA mietzins- der CDU/CSU) frei anzumieten . Last, not least kann sie im Falle von Geschosswohnungsbau einen Zuschuss von 25 000 Euro In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch erwäh- pro neu geschaffener Wohnung erhalten, wenn sie sich nen, dass wir weitere 5 Millionen Euro für den Erwerb dieser Aufgabe, dieser zusätzlichen Aufgabe, widmet . von Feuerwehrfahrzeugen für Zwecke des Zivilschutzes bereitgestellt und im Haushalt verankert haben . Präsident Dr. Norbert Lammert: Nun noch ein Wort zum Personal . Das Bundesamt Herr Kollege . für Migration und Flüchtlinge, das BAMF, erhält 4 000 neue Stellen . Diese gibt es zusätzlich zu den 3 000 neuen Stellen bei der Bundespolizei und zusätzlich zu den 300 Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD): neuen Stellen beim BKA . Das alles ist richtig und gut . Insgesamt entspricht das allein für das kommende Jetzt geht es nur um eine einzige Frage – das ist natürlich Haushaltsjahr einer Entlastung in Höhe von 315 Millio- auch eine Frage der Administration –: Wie schaffen wir nen Euro . Ich denke, das kann sich sehen lassen . es – bildlich gesprochen –, diese PS, die wir im Bun- Ich danke Ihnen . deshaushalt bereitstellen, auf die Straße zu bringen? Wie können wir dies umsetzen, damit die Bürgerinnen und (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Bürger vor Ort sehr schnell sehen, dass sich das, was der der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13515

(A) Präsident Dr. Norbert Lammert: tun mehr für die Integration und auch mehr für die sozi- (C) Bartholomäus Kalb ist der nächste Redner für die ale Absicherung . CDU/CSU-Fraktion . Dieser Bundeshaushalt ist aber nicht nur durch die ho- (Beifall bei der CDU/CSU) hen Flüchtlings- und Zuwanderungszahlen gekennzeich- net . Es soll nicht übersehen werden, dass dieser Haushalt Bartholomäus Kalb (CDU/CSU): auch ein Investitionshaushalt ist und dass er zum Aus- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In druck bringt, wie sehr die Regierungskoalition den Fami- meinem Beitrag in der ersten Lesung dieses Bundes- lien und den Leistungsträgern in unserer Gesellschaft ge- haushalts habe ich unter anderem ausgeführt, dass der recht wird . Das haben wir auch dadurch erreicht, dass im Wohlstand in Europa ganz wesentlich davon abhängt, Sommer ein großes Paket familienpolitischer Leistungen ob Europa zusammenhält, ob die europäischen Län- und steuerlicher Entlastungen beschlossen wurde, das der zusammenhalten . In den letzten Wochen kam es zu jetzt natürlich umzusetzen ist . Ereignissen, die noch sehr viel deutlicher machen, wie Aus unserer wirtschaftsfreundlichen Haushaltspolitik notwendig es ist, dass die Europäische Union und die eu- hat sich ergeben, dass wir heute insgesamt gut dastehen . ropäischen Länder in dieser schwierigen Zeit zusammen- Wir haben so viele versicherungspflichtige Beschäfti- halten, dass allen Tendenzen des Auseinanderdriftens gungsverhältnisse wie nie zuvor in der Geschichte der entgegengewirkt werden muss und Europa noch enger Bundesrepublik Deutschland . zusammenrücken muss . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Leider haben wir in der Frage der Bewältigung der ordneten der SPD) Flüchtlingskrise noch längst keine Einigkeit in Europa . Hier werden wir noch stärker darauf angewiesen sein, Über 43 Millionen Menschen erwirtschaften bei uns im dass sich Europa als Solidargemeinschaft versteht . So- Lande das Bruttoinlandsprodukt . Sie garantieren damit lidarität ist nun einmal keine Einbahnstraße, sondern hat Wohlstand und soziale Sicherheit und sorgen selbst für zwei Richtungen . Alle stehen gemeinsam in der Verant- sich und ihre Angehörigen . wortung, und alle sollten sich dessen bewusst sein . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Dr . Hans-Ulrich Krüger [SPD]) Demzufolge haben auch alle öffentlichen Kassen eine gute Einnahmesituation . Das hängt ja eng und unmittel- Auch wir in Deutschland sehen uns auf Bundesebene bar damit zusammen . in der Verantwortung, auch gegenüber den Ländern und (B) Gemeinden, nicht nur mit Blick auf die Interessen des Vielleicht darf man in diesem Zusammenhang einmal (D) Bundes . Deswegen haben wir im Bundeshaushalt dafür sagen: Diese guten Ergebnisse sind auch ein Ergebnis Sorge getragen – es ist schon erwähnt worden –, dass die der hervorragenden und erfolgreichen Kanzlerschaft von Länder und Gemeinden bei der Bewältigung der enor- Angela Merkel in den letzten zehn Jahren . Das dürfen men Flüchtlingsströme unterstützt werden . Wir treffen wir voller Dank und Anerkennung sagen . auch Vorsorge dafür, dass wir die Herausforderungen, die sich sowohl für den Bundeshaushalt als auch für die (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Haushalte von Ländern und Gemeinden ergeben, auch ordneten der SPD) im kommenden Haushaltsjahr, im Haushaltsjahr 2016, Es ist ja nicht die erste große Herausforderung, vor der bewältigen können . wir stehen . Auch in der ersten Großen Koalition gab es Wir stehen zweifellos vor großen Herausforderungen . enorme Herausforderungen und Ereignisse, die sozusa- Wir unterstützen, wie gesagt, die Länder und Gemein- gen über Nacht auf uns hereingestürzt sind . Ich denke den . Wir leisten gleichzeitig auch eine verstärkte hu- dabei zum Beispiel an die Bankenkrise und an die Fi- manitäre Hilfe . Ich bin sehr froh darüber, dass wir die nanzkrise . notwendigen Entscheidungen – der Kollege Rehberg hat Ich habe vorhin davon gesprochen, dass es sich bei das ausgeführt – unabhängig von den zwischenzeitlich diesem Bundeshaushalt um einen Investitionshaushalt eingetretenen Ereignissen in Frankreich und rechtzeitig handelt . Wir haben das 10-Milliarden-Euro-Investitions- getroffen haben . Sie geben unseren Sicherheitsdiensten programm aufgelegt und werden die Umsetzung kon- mehr Möglichkeiten und sorgen letztlich dafür, dass für sequent fortführen . Das sind wichtige Voraussetzungen die Bürger mehr Sicherheit gewährleistet werden kann . dafür, dass sich unsere wirtschaftliche Situation auch in (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- den nächsten Jahren gut darstellen wird . Wir waren bei- ordneten der SPD) spielsweise auch in der Lage, die Zuschüsse für die land- wirtschaftliche Unfallversicherung zu erhöhen . Es war Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben uns sehr wichtig, der Landwirtschaft in einer schwieri- im Bundeshaushalt Vorsorge getroffen, sowohl finan- gen Zeit unter die Arme zu greifen, wie wir das für ande- ziell als auch von der Stellenausstattung her, dass den re Branchen in anderen Zeiten und anderen Situationen Notwendigkeiten, die es beim Bundesamt für Migration ebenfalls getan haben . Das ist gelungen, und darüber und Flüchtlinge, bei der Bundespolizei und beim THW – freuen wir uns . Kollege Krüger hat gerade darüber gesprochen – gibt, entsprochen und für die erforderlichen Ausstattungen, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- auch in personeller Hinsicht, gesorgt werden kann . Wir ordneten der SPD) 13516 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Bartholomäus Kalb (A) Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allen Wenn man die Leute fragt, was den größten Anteil an (C) zuwanderungsbedingten Akzenten, die zu setzen waren, den Steuereinnahmen ausmacht, dann ist manchen gar wollen wir natürlich weiterhin sicherstellen, dass sich nicht klar, dass das die Lohn- und Einkommensteuer und unsere Wirtschaft gut entwickeln kann . Deswegen muss die Mehrwertsteuer sind . Man muss aber einmal schauen, ich den Steuerplänen, die Herr Troost zum Ausdruck ge- wer den größten Anteil an der Lohn- und Einkommen- bracht hat, natürlich eine klare Absage erteilen . steuer und der Mehrwertsteuer trägt . Das sind jedenfalls (Beifall bei der CDU/CSU) nicht die ganz Reichen . Wir müssen dafür sorgen, dass die Leute, die bei uns ar- (Dr .Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig!) beiten und bei uns etwas unternehmen, es in Deutschland so gut finden, dass sie sagen: Hier ist es gut. Hier wollen Insofern gibt es auf der Einnahmeseite verschiedene Din- wir unsere Fähigkeiten entwickeln . Hier wollen wir auch ge, um die wir uns besonders kümmern . zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen . Eine Sache ist die Bekämpfung von Steuerhinterzie- Wenn uns gelingt, was wir in den letzten Jahren zu- hung und ‑vermeidung; dazu haben wir schon viel ge- stande gebracht haben – ein Haushalt ohne neue Schul- hört . Carsten Schneider hat vorhin die Bekämpfung von den, ohne Steuererhöhungen –, dann setzen wir für die BEPS, Base Erosion and Profit Shifting, angesprochen. Zukunft ein richtiges und gutes Zeichen . Das ist sicherlich ein ganz großes Problem . Er hat auch Herzlichen Dank . vom automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten gesprochen . Auch dadurch wird Steuerhin- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- terziehung bekämpft . Wir haben auch schon Erfolge bei ordneten der SPD) der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs .

Präsident Dr. Norbert Lammert: Wir wollen die Finanztransaktionsteuer einführen . Hier sind wir dem Bundesminister dankbar, der auf ei- Das Wort erhält nun der Kollege Lothar Binding für die SPD-Fraktion . nem guten Weg ist, die Einführung dieser Steuer im Rah- men der verstärkten Zusammenarbeit mit den Europäern (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten zu erreichen . Ein Wermutstropfen dabei: Aktien werden der CDU/CSU) möglicherweise nur mit 80 Prozent, Derivate nur mit 90 Prozent, und Anleihen nur mit null Prozent berück- Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): sichtigt . Daran müssen wir arbeiten . (B) (D) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Heiterkeit des Abg . Johannes Kahrs [SPD]) Sehr verehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt sehr viel über die Aufstellung des Haushalts und die geplan- Trotzdem ist mein Dank ernst gemeint; denn wir wissen, ten Ausgaben gehört . Für 2016, denke ich, ist das auch wie schwer die Verhandlungen in Europa sind . sehr gut gelungen . Dafür kann man der Arbeitsgruppe für Haushalt der SPD und der Arbeitsgruppe der CDU/CSU (Beifall bei der SPD) nur danken . Ich spreche hier über die Einnahmen . Dafür brauchen Insgesamt meinen wir, dass es ein Fehler ist, den Steu- wir eine langfristige Strukturpolitik . Ihr habt im Rahmen ertopf zu durchlöchern . Ich will einige Beispiele nennen, der Möglichkeiten gute Arbeit gemacht . Unsere Aufgabe die zeigen, dass einzelne Branchen durchaus Sonderrege- ist aber, diese Möglichkeiten zu erweitern . Steuerpolitik lungen in Anspruch nehmen und viele Begehrlichkeiten ist eben die unverzichtbare Grundlage für einen soliden entwickeln, die mir nicht so gut gefallen . Auch die Süd- Haushalt . deutsche Zeitung hat mich nach ein paar sehr merkwür- digen Regelungen gefragt . (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Stellen wir uns einmal vor, dieser Pappbecher wäre Wir sind allen Bürgerinnen und Bürgern und auch den der Steuertopf . Er ist noch leer für das nächste Jahr . Das Unternehmen dankbar, die sich an der finanziellen ist verständlich; denn die Steuereinnahmen kommen ja Grundlage mit fast 300 Milliarden Euro beteiligen; denn sie erbringen die eigentliche Leistung . Wir kümmern uns erst im Laufe des nächsten Jahres hinein . Wenn das Geld dann nur noch um eine faire Verteilung . dann hineinkommt und der Steuertopf gefüllt ist, haben die Haushälter eine gute Chance, ihre Ausgaben zu reali- Kurzfristig sind wir in einer wirklich sehr guten Lage . sieren . Jetzt kommen aber Leute, die in diesen Steuertopf Die Frage ist aber, ob wir langfristig auf der Einnahme- ein Loch machen, so wie ich jetzt mit diesem Schrauben- seite strukturell gut aufgestellt sind . Dahinter muss man zieher . doch ein paar Fragezeichen setzen . Meine Kollegen ha- ben schon darauf hingewiesen, welche Bedeutung der (Heiterkeit) niedrige Ölpreis für unsere Entwicklung, der Euro für den Export, die niedrigen Zinsen und die hohe Beschäfti- Nehmen wir einmal die maritime Wirtschaft . Die Ver- gungsquote haben . Wir sehen: Vieles stabilisiert unseren treter der maritimen Wirtschaft hatten die Idee, zu sagen: Haushalt für das kommende Jahr . Aber es gibt hohe Zu- Die Lohnsteuer für den Arbeitnehmer wird an den Ar- kunftsrisiken, auf die es zu achten gilt . beitgeber gezahlt . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13517

(A) Präsident Dr. Norbert Lammert: Es gibt andere Ideen, zum Beispiel im Hinblick auf (C) Herr Kollege, ich hoffe, Sie haben keinen kompletten die Kfz-Besteuerung für landwirtschaftliche Fahrzeuge, Werkzeugkoffer dabei, sonst müsste ich aus Sicherheits- die für die Pflege von Streuobstwiesen eingesetzt- wer gründen eingreifen . den . Ich frage mich: Braucht man da wirklich eine Ent- lastung? Oder schaffen wir die Pflege der Wiesen nicht (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der auch, wenn für diese landwirtschaftlichen Maschinen ein SPD und der CDU/CSU) wenig Kfz-Steuer gezahlt wird? Es gibt noch viele andere Ideen, zum Beispiel hin- Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): sichtlich der Mitarbeiterkapitalbeteiligung . Nein, nein . Das hätte man ja gesehen . Ich habe zwar einen blauen Werkzeugkoffer; aber das hier ist nur ein

Schraubenzieher, der mir hilft, in diesen Becher Steuer- Präsident Dr. Norbert Lammert: schlupflöcher zu machen. Die können Sie jetzt aber leider nicht mehr alle vor- tragen . (Heiterkeit) Also: Ein Arbeitgeber muss ja Lohnsteuer für sei- Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): nen Arbeitnehmer abführen . An wen? Natürlich an den Nur noch ganz kurz .– Da wollen die Unternehmen Fiskus, also konkret an den Kämmerer bzw . an Herrn den Arbeitnehmern etwas schenken, sind dabei aber nicht Schäuble im Bund . Bei der maritimen Wirtschaft ist es so ganz ehrlich . Sie wollen nämlich, dass wir uns an die- aber so: Die Lohnsteuer, die ein Arbeitnehmer zu zahlen sen Geschenken beteiligen . hat, bekommt nicht Herr Schäuble, sondern der Arbeit- Ich bin der Meinung: Die Steuerschlupflöcher müssen geber . Das ist ein total verrücktes System . Die Frage ist abgeschafft werden . Bei der Erhebung von Steuern muss jetzt nicht, ob die Arbeitgeber das Geld auch bekommen . es fair zugehen . Die Antwort habe ich ja schon gegeben: Sie bekommen es . Die Frage ist: Warum bekommen das eigentlich die (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Bäcker, die Klempner und die Arbeitgeber in anderen SES 90/DIE GRÜNEN) Branchen nicht? Das interessiert mich; denn da spielt das Dann wird der Haushaltsausschuss seine Arbeit wirklich Moment der Gerechtigkeit eine große Rolle . Ja, ich weiß, gut machen, nicht nur was die Ausgabenseite angeht, dem maritimen Kollegen gefällt das nicht . Aber ich glau- sondern auch was die Einnahmeseite anbelangt . be, darüber müssen wir reden . Schönen Dank . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (B) des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (D) DIE GRÜNEN) Ich komme zur Tourismusbranche .

(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Man muss Präsident Dr. Norbert Lammert: wissen, worüber man redet, Kollege Binding!) Kollege Binding, wenn Sie sich nach Rückkehr ins Nachdem für die Hotels bereits die Mehrwertsteuer ge- Büro einen verdienten Becher Kaffee einschenken las- senkt wurde, gibt es dort nun die Idee, auch noch die Hin- sen, denken Sie bitte daran, dass Sie in diesen ein Loch zurechnungen bei der Gewerbesteuer entfallen zu lassen . gebohrt haben . Das würde zulasten der Kommunen gehen . (Heiterkeit – Johannes Kahrs [SPD]: Nicht Ich will das Problem einmal beschreiben: Ein Touris- nur eins!) musunternehmen, das eine Pauschalreise für 1 000 Euro Nun hat der Kollege Carsten Körber für die CDU/ anbietet, muss eine Zusatzlast von 17,50 Euro aushalten . CSU-Fraktion das Wort . Natürlich ist klar, dass die komplette Tourismusbranche in Konkurs geraten würde und Deutschland deshalb ver- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- lassen muss . Ich bin mir nicht ganz sicher, ob nicht jeder ordneten der SPD) Bürger mit einer fairen Besteuerung – das wären bei ei- ner 1 000-Euro-Reise 17,50 Euro mehr – einverstanden Carsten Körber (CDU/CSU): wäre . Ich glaube, das wäre kein Problem . Auch dieses Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Schlupfloch ist nicht gut. Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ei- nen Werkzeugkoffer habe ich leider nicht hier vorne . Sie merken, was ich damit sagen will: Der Steuertopf wird gefüllt, indem Unternehmen und Bürger ihre Steu- (Johannes Kahrs [SPD]: Besser ist es!) ern zahlen; aber unten läuft das Geld durch die Schlupf­ löcher wieder heraus . Dann kann der Haushaltsausschuss Ich hatte auch nicht vor, meine handwerklichen Fähig- seine Aufgaben nicht mehr so erledigen, wie er es tun keiten unter Beweis zu stellen, müsste . (Johannes Kahrs [SPD]: Auch: Besser ist es!) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten was in der Tat so besser ist . des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Der Haushalt 2016 steht . Die Zahlen und Fakten wur- Insofern bin ich dafür, Steuerschlupflöcher zu stopfen. den in dieser Debatte bereits mehrfach und ausführlich 13518 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Carsten Körber (A) genannt . Sie zeigen eines: Wir sind für das Haushalts- Doch warum wollen so viele Menschen ausgerechnet (C) jahr 2016 gut gewappnet . Das sage ich auch und gerade nach Deutschland? Sicher nicht, weil es sich in unserem vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage in Land so schlecht leben lässt oder weil es hier so unge- Deutschland und Europa. Wir befinden uns in einer Situ- recht zugeht . Diesen Eindruck versucht die Opposition in ation, wie wir sie in ihrer Dramatik seit Jahren nicht erle- ihren Beiträgen regelmäßig zu erwecken . ben mussten . Hunderttausende von Flüchtlingen kommen in unser Land . Diese Menschen zeigen uns, dass Frieden, (Dr .T obias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE Freiheit und Sicherheit nicht selbstverständlich sind . Die GRÜNEN]: Was? Zuhören hilft! – Dr . Petra Flüchtlinge kommen zu uns, weil sie all das, was für uns Sitte [DIE LINKE]: Man kann alles verbes- selbstverständlich ist, hier zu finden hoffen und weil es sern!) Frieden, Freiheit und Sicherheit in ihren Heimatländern Nein, dieses Land mit seinem Grundgesetz, seiner sozi- nicht gibt . Auch wenn nach notwendiger und sorgfälti- alen Marktwirtschaft und seiner offenen und freiheitli- ger Prüfung nicht jeder Flüchtling wird bei uns bleiben chen Gesellschaft ist für viele in der Welt zum Vorbild können, so stellt uns diese Situation doch vor gewaltige geworden . Herausforderungen; denn solange diese Menschen bei uns zu Gast sind, tragen wir für sie Verantwortung . Die- Wir haben im Haushalt 2016 klare Prioritäten gesetzt . ser Verantwortung kommen wir nach . Die notwendigen Auch in turbulenten Zeiten hat die Koalition angemessen Mittel stehen bereit . reagiert und für die aktuelle Flüchtlingskrise Vorsorge getroffen . Die Asyl- und Flüchtlingskrise war in den Haushalts- beratungen der vergangenen Wochen stets Thema . Weil (Beifall bei der CDU/CSU) aber die Bundesregierungen unter Führung der Union in den letzten zehn Jahren solide und klug gewirtschaftet Ja, meine Damen und Herren, und dass wir das können, haben, hat diese Krise unsere Beratungen nicht domi- ist das Ergebnis unserer wachstumsorientierten Konsoli- niert . dierungspolitik . Wir haben in guten Zeiten das Geld nicht zum Fenster hinausgeworfen, wie andere es getan haben . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Wir haben Maß gehalten und gespart . Und wir haben un- ordneten der SPD) sere Haushalte in Ordnung gebracht . Das war nicht im- mer leicht, aber es zahlt sich aus . So halten wir an unserem Ziel fest, die schwarze Null auch 2016 beizubehalten . Dem Mann, der dafür ganz Die Gastfreundschaft gegenüber Bedürftigen sollte maßgeblich Verantwortung trägt, nämlich unser Finanz- im Europa des 21 .Jahrhunderts selbstverständlich sein . minister Wolfgang Schäuble, möchte ich von dieser Stel- (B) Aber man muss auch der Realität ins Auge sehen . So (D) le aus einmal herzlich Dank sagen . nachvollziehbar der Wunsch nach einem besseren Leben ist, so richtig ist auch, dass Armut kein Asylgrund ist und (Beifall bei der CDU/CSU) dies auch nicht sein kann. Wirtschaftsflüchtlinge werden Deutschland ist finanziell und wirtschaftlich solide wieder gehen müssen . aufgestellt . Wir stehen so gut da, dass viele andere froh Auch so werden nicht wenige bleiben . Auch wenn wären, wenn sie unsere Probleme hätten . Diese solide nicht jedes Land in der Lage ist, kurzfristig Hunderttau- Basis versetzt uns in die Lage, auf die Flüchtlinge, die sende aufzunehmen: Deutschland kann das, und das ist aus Syrien, Nahost und Afrika zu uns kommen, anders zu nicht selbstverständlich . reagieren, als die meisten unserer Nachbarn es tun . Wir lassen diese Menschen in ihrer Not nicht vor einem Zaun (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) an der Grenze stehen . Wir helfen, und darauf können wir stolz sein . Aber manche unserer Landsleute blicken gerade mit Angst und Sorge in die Zukunft . Wir dürfen nicht den Aber auch wir, das wohlhabende und reiche Deutsch- Fehler machen, all diese Menschen vorschnell als Ext- land, haben keine unbegrenzten Möglichkeiten und Ka- remisten, Querulanten und rechte Spinner abzutun . Wir pazitäten . müssen diese Sorgen ernst nehmen . Und allen Extremis- ten, die hieraus für sich Kapital schlagen wollen, gilt es, (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Das harte Kante zu zeigen . stimmt!) (Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Der Wir werden auf Dauer nicht umhinkommen, die Masse CSU!) der Flüchtlinge in bestimmte Bahnen zu lenken . Denn kein Staat der Welt kann auf Dauer 10 000 Flüchtlinge Vielen Dank . pro Tag aufnehmen . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Und ja, wir haben bereits reagiert . In einem ersten Schritt Vizepräsident : haben wir neulich mit dem Asylpaket nichts weniger als Damit schließe ich die Aussprache . die größte Reform des Asylrechts seit den 90er-Jahren auf den Weg gebracht – ein Erfolg, der noch im Sommer Bevor wir zu den Abstimmungen kommen, darf ich dieses Jahres undenkbar erschien . eine Delegation von Parlamentariern aus Usbekistan Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13519

Vizepräsident Johannes Singhammer (A) unter Vorsitz von Herrn Shadmanov herzlich begrüßen . ungenutzt bleiben . Das will ich Ihnen am Etat für Bauen (C) Herzlich willkommen im Deutschen Bundestag! und Wohnen einmal erklären . (Beifall) Die Bundesregierung hält an ihren Klimaschutzzielen im Gebäudebereich fest . Das ist gut, aber ohne weitere Jetzt kommen wir zur Abstimmung, und zwar zu- haushalterische Untersetzung bleiben diese Ziele leider nächst über den Einzelplan 08 des Bundesministeriums romantische Wünsche . der Finanzen in der Ausschussfassung . Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksa- (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- che 18/6764 vor . Wer stimmt für diesen Änderungsan- NIS 90/DIE GRÜNEN) trag? Ich bitte um ein Handzeichen .– Wer stimmt da- gegen? – Wer enthält sich? – Der Änderungsantrag ist Mittlerweile brauchen wir eine Sanierungsquote von damit abgelehnt mit den Stimmen von CDU/CSU und 3 Prozent jährlich, um dem selbst verordneten CO2-Ein- SPD gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei Ent- sparungsziel näherzukommen . Derzeit liegen wir bei haltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen . knapp 1 Prozent . Aber das fällt wahrscheinlich unter uns Fachpolitikern fast keinem mehr auf, weil die Aufgabe Wir stimmen jetzt über den Einzelplan 08 in der Aus- zusammen mit dem EKF mittlerweile in das Ressort des schussfassung ab . Wer stimmt dafür? Den bitte ich um Vizekanzlers fällt und so aus dem Blickfeld der Fachpo- das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält litiker – zumindest aus dem Blickfeld der Fachpolitiker sich? – Der Einzelplan 08 ist mit den Stimmen von CDU/ der Koalition – verschwunden ist . Diese Mittel gehören CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen Die zurück in den Einzelplan 16, damit man sich damit im Linke und Bündnis 90/Die Grünen angenommen . fachpolitischen Zusammenhang befassen kann . Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Einzel- (Beifall bei der LINKEN) plan 20 – Bundesrechnungshof – in der Ausschussfas- sung . Wer stimmt dafür? Den bitte ich um das Handzei- Verglichen mit der wohnungspolitischen Agonie ver- chen .– Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der gangener Regierungen waren die letzten Wochen dieser Einzelplan 20 ist mit den Stimmen des gesamten Hauses Regierung geradezu atemberaubend in ihrem Aktionis- angenommen . mus: Ausschussberatungen, mehrere Expertengespräche, das Bündnis für bezahlbares Wohnen, die Baukosten- Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt I .5 auf: senkungskommission und vieles mehr . Alle Experten in diesen Fachgesprächen waren sich darin einig, dass Einzelplan 16 alle unsere Probleme hausgemacht sind und auch ohne Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, die Zuwanderung von Flüchtlingen und Asylbewerbern (B) Bau und Reaktorsicherheit lange vorhanden waren . Es gab wohnungspolitische (D) Vereinbarungen der Bundeskanzlerin mit den Ländern . Drucksachen 18/6115, 18/6124 Eine Bauministerkonferenz hat zwischenzeitlich statt- Die Berichterstatter sind die Kollegen Steffen-Claudio gefunden . Schließlich hat uns das Bauministerium ein Lemme, Christian Hirte, , die Kollegin Heidrun Thesenpapier, ein Zukunftspapier, eine neue wohnungs- Bluhm und der Kollege Sven-Christian Kindler . politische Agenda mit dem vielversprechenden Titel „Neues Zusammenleben in der Stadt“ vorgelegt . Was Zum Einzelplan 16 liegen zwei Änderungsanträge der darin einleitend gesagt wird, könnte ich fast alles sofort Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor . Des Weiteren lie- unterschreiben . Die Linke hat vieles davon schon in ihre gen drei Entschließungsanträge der Fraktion Die Linke parlamentarischen Anträge geschrieben . Deshalb kommt vor, über die wir nicht heute, sondern am Freitag nach der uns zum Beispiel bekannt vor – ich zitiere –: Schlussabstimmung abstimmen werden . Die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland stellt Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für uns vor neue Herausforderungen in der Stadtent- diese Aussprache 96 Minuten vorgesehen . – Widerspruch wicklung . erhebt sich keiner . Dann ist das so beschlossen . Das ist richtig . Dann heißt es: Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red- nerin der Kollegin Heidrun Bluhm für die Fraktion Die Neben den Wanderungsbewegungen innerhalb des Linke das Wort . Landes kommen in diesen Monaten viele Menschen zu uns, die auf der Flucht vor Krieg und Gewalt ein (Beifall bei der LINKEN) friedliches Leben suchen . Wir wollen und können diesen Menschen eine neue Heimat bieten . Heidrun Bluhm (DIE LINKE): Auch das ist sehr begrüßenswert . Weiter heißt es: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits in der ersten Lesung zum Einzel- Für alle Menschen . . muss Wohnraum geschaffen plan 16 am 11 .September dieses Jahres war viel davon werden . . . Unsere Städte müssen in jeder Hinsicht die Rede, welche Chancen die Zusammenlegung des durchmischt sein: in den Nutzungen, in den sozialen Umwelt- und des Bauressorts eröffnet . Leider sind diese Milieus und in der städtebaulichen Struktur . Chancen aus unserer Sicht ungenutzt geblieben . Ich sage: Beifall . All das könnte auch von der Linken sein . Wenn man sich die Haushaltsansätze des Einzelplans 16 ansieht, dann stellt man fest, dass sie auch in Zukunft (Beifall bei der LINKEN) 13520 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Heidrun Bluhm (A) Dann kommt der Satz: den Euro kosten . Sie gelten darüber hinaus für alle Woh- (C) nungen, auch für Luxuswohnungen . Also, je teurer wir Für die Städte haben wir jetzt die Gelegenheit, das bauen, desto mehr kann abgeschrieben werden . Wenn Leitbild der kompakten, integrierten und umwelt- schon, warum nicht gleich dieses Steuergeld direkt in die freundlichen Stadt schrittweise in die Realität um- soziale Wohnraumförderung stecken, anstatt öffentliche zusetzen: Gelder in die privaten Taschen in der vagen Hoffnung Jetzt kommt der Lackmustest . Wenn man diesen Satz umzuleiten, dass dabei auch soziale oder wohnungspoli- mit dem Haushalt 2016 abgleicht, bleibt einem nichts tische Effekte entstehen? anderes übrig, als zu sagen: Die Gelegenheit haben Sie (Beifall bei der LINKEN) verpasst, wieder einmal; denn dieser, wenn auch aufge- stockte Haushalt ist kein Haushalt eines Aufbruchs zu Diese als Steuervergünstigung gedachten 3,5 Milliar- einer wohnungspolitischen Offensive . Ich sage Ihnen: den Euro, dazu die von uns in unserem Haushaltsantrag Damit gibt es keinen Neustart des sozialen Wohnungs- geforderten 1,5 Milliarden Euro und die von den Ländern baus . Es gibt kaum Impulse für den Erhalt gemischter eins zu eins kofinanzierten Mittel, dann wären wir schon Quartiere etwa durch ein bedarfsgerechtes dynamisiertes bei 6,5 Milliarden Euro . Das wären ein echter Neustart Wohngeld, keine Offensive für die energetische Gebäu- und vielleicht auch ein Ansatz für die Haushaltsdebatte desanierung . Es gibt nur ein Weiter-so mit leicht nach im Jahr 2017 . oben gesetzten Haushaltsansätzen . Meine Damen und Herren, es ist hier schon mehrfach heute gesagt worden: (Beifall bei der LINKEN) Sie fahren auf Sicht . Und das wäre eine planbare Ansage für die Bau- und Ja, die Kompensationszahlungen an die Länder für Wohnungswirtschaft, die sich dann verlässlich darauf die soziale Wohnraumförderung werden fast verdoppelt . einrichten kann . Viel ist auch nicht mehr von den einmal vorhandenen Sie sagen jetzt: Das überfordert den Bundeshaus- 5 Millionen Sozialwohnungen übrig geblieben, die es halt .– Da lachen unsere Nachbarn in Österreich oder in vor der Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den Niederlanden . Die geben nämlich pro Jahr 1 Prozent Deutschland gab . 4 Millionen davon sind inzwischen ihres Bruttoinlandsproduktes für den sozialen, gemein- aus der Sozialbindung herausgefallen . Aber es gibt heute nützigen Wohnungsbau aus . Rechnen wir das auf bun- schon wieder mindestens 7 Millionen Mieterhaushalte, desdeutsche Verhältnisse um, dann wären das bei uns die Anspruch auf eine Sozialwohnung hätten . Es fehlen im Jahr 40 Milliarden Euro – nur für den sozialen, ge- in Deutschland rund 2 Millionen altersgerechte Wohnun- meinnützigen Wohnungsbau . Wir aber geben gerade ein- gen, und es herrscht geradezu Notstand bei der Versor- mal 0,3 Prozent unseres Bundeshaushalts für die soziale (B) gung von Studierenden mit Wohnheimplätzen und be- Wohnraumförderung aus, und zwar einschließlich der (D) zahlbaren Studentenwohnungen . Erhöhung um 500 Millionen Euro, die Frau Hendricks (Zuruf der Abg . Bettina Hagedorn [SPD]) jetzt durchgeboxt hat . Von den vielen Zuwanderern, die auch wohnen müs- Wir fordern bescheidene 1,5 Milliarden Euro für die sen und wohnen sollen, rede ich hier noch gar nicht . soziale Wohnraumförderung im Haushalt 2016 . Wir be- Was unternimmt die Bundesregierung? Das Statistische finden uns damit in Übereinstimmung mit den Bauminis- Bundesamt zählt seit 2003 weniger als 10 000 neu ge- tern der Bundesländer, die genau das auf ihrer Konferenz baute Sozialwohnungen pro Jahr in ganz Deutschland . im Oktober in Dresden vorgetragen haben . Aber auch das Mit der Aufstockung um 500 Millionen Euro hofft Frau wäre nur ein Zeichen, eine Problemlösung ist das noch Hendricks nun, die Zahl neu gebauter Sozialwohnungen nicht . Das wissen wir; denn ein wirklicher Neustart im jährlich auf 60 000 erhöhen zu können . sozialen Wohnungsbau kann nur gelingen, wenn öffent- liches Geld dauerhaft der öffentlichen Daseinsvorsorge (Sören Bartol [SPD]: Großer Erfolg!) zugutekommt . Damit hätten wir es in 100 Jahren fast geschafft, (Beifall bei der LINKEN) (Dr . [DIE LINKE]: 100 Jahre Gro- Was wir als Korrektiv zum maroden Marktlibera- ße Koalition, das könnt ihr uns nicht antun!) lismus wirklich brauchen, ist eine starke, an den Woh- den heutigen Bedarf zu decken, aber das Programm, das nungsbedürfnissen der Menschen orientierte, neue ge- Sie aufgelegt haben, läuft nur bis 2019 . Also, wer rech- meinnützige Wohnungswirtschaft . nen kann, ist klar im Vorteil . Danke schön . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Auf Initiativen aus der Privatwirtschaft für den sozi- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) alen Wohnungsbau würde ich auch nicht setzen . Die hat nämlich andere Prioritäten, zum Beispiel steuerliche An- Vizepräsident Johannes Singhammer: reize durch höhere Abschreibungen . Klar, das kann man Für die SPD hat jetzt das Wort der Kollege machen, auch die Linke verweigert sich da grundsätzlich Steffen-Claudio Lemme . nicht . Aber die greifen erst, wenn die Wohnungen ge- baut sind, und sie würden den Steuerzahler nach seriösen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Schätzungen, zum Beispiel von Pestel, circa 3,5 Milliar- der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13521

(A) Steffen-Claudio Lemme (SPD): sodass die Klimaverhandlungen zu einem guten Erfolg (C) Vielen Dank .– Herr Präsident! Liebe Kolleginnen geführt werden . und Kollegen! Wie wir alle wissen, stand in diesen Haus­ (Beifall bei Abgeordneten der SPD) haltsberatungen natürlich das Flüchtlingsthema im Mit- telpunkt unserer Debatten . Angesichts der großen He­ Liebe Kolleginnen und Kollegen, als zweiten Punkt rausforderungen, die wir aktuell und in den kommenden möchte ich darauf eingehen, welche Erfolge wir in die- Jahren vor uns haben, um unseren neuen Mitbürgern In- sen Haushaltsberatungen im Bereich der Wohnungsbau- tegration und Aufnahme zu gewährleisten, ist das auch politik erzielen konnten . Wir wissen: Wir brauchen mehr normal . bezahlbaren Wohnraum für alle . Dem folgen wir mit ei- ner Aufstockung der sozialen Wohnraumförderung um Wir müssen unser Augenmerk aber nicht nur auf die 500 Millionen Euro jährlich, und das im Zeitraum 2016 Maßnahmen zur Integration von Flüchtlingen richten, bis 2019, wie es bereits der Bund-Länder-Gipfel am sondern auch auf die Bekämpfung von Fluchtursachen . 24 . September 2015 beschlossen hat . Vor allem in den Allein im Etat des Auswärtigen Amtes haben wir deshalb Ballungszentren wird der Bedarf an sozialem Wohnraum 450 Millionen Euro für humanitäre Hilfen in Flüchtlings- gewaltig sein . Mindestens 350 000 neue Wohnungen lagern und als Krisenprävention im Ausland eingestellt . werden jährlich vor allem im preisgünstigen Segment be- An dieser Stelle möchte ich den Bogen zum Bundesum- nötigt . Wichtig ist, dass wir nicht speziell für Flüchtlinge welt- und -bauministerium spannen . Denken wir nämlich neu bauen wollen; dies würde dem Integrationsgedan- an die Bekämpfung von Fluchtursachen, dürfen wir den ken zuwiderlaufen . Nein, wir benötigen in angespannten Klimaschutz nicht aus dem Auge verlieren . Wohnungsmärkten generell preisgünstigen Wohnraum (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ für Familien mit geringem Einkommen, für Alleinerzie- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der hende, aber auch für Rentnerinnen und Rentner sowie na- CDU/CSU) türlich für Flüchtlinge, von denen sich viele in Deutsch- land eine neue Heimat aufbauen werden . Denn wenn der Klimawandel nicht bekämpft wird, wer- den sogenannte Klimaflüchtlinge eines Tages das beherr- Nicht nur für die Beseitigung des Mangels an Wohn- schende Thema sein . Klimawandel ist ein Sicherheitsri- raum, sondern auch mit Blick auf die Auswirkungen siko des 21 . Jahrhunderts . des demografischen Wandels auf dem Wohnungsmarkt bringt der Haushalt 2016 mehr Geld auf . Im Jahr 2016 In sechs Tagen startet in Paris der Klimagipfel . Erst stehen nun 50 Millionen Euro für Maßnahmen zum al- kürzlich ging ein Foto um die Welt; ich zeige es Ihnen . tersgerechten und behindertengerechten Umbau zur Ver- Auf diesem Foto der Fotografin Kerstin Langenberger fügung . Bislang standen hierfür 27 Millionen Euro zur (B) ist ein Eisbär in der Arktis zu sehen, dürr, mit schmut- Verfügung . Wir haben gerade für den altersgerechten (D) zigem Fell. Die Fotografin schrieb dazu, besonders Umbau die Summe um 23 Millionen Euro aufgestockt, weibliche Eisbären hätten es immer schwerer, Futter zu und das ist gutangelegtes Geld . finden. Wenn sie keine ausreichend großen Eisschollen mehr vorfänden, auf denen sie ihre Jungen unterbrin- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) gen könnten, hätten sie praktisch keine Chancen mehr, Wir setzen uns dafür ein, dass ältere Menschen mög- zu überleben . Binnen Tagen war dieses Bild über sozia- lichst lange und selbstbestimmt in ihrem Zuhause bleiben le Netzwerke einmal um den Globus gereist und wurde können . Deshalb ist die Erhöhung der Mittel ein großer zum Sinnbild des Klimawandels; denn der Bestand an Erfolg, meine Damen und Herren . Wir brauchen mehr Eisbären könnte in den nächsten 40 Jahren um rund ein sozialen und altersgerechten Wohnraum sowie bezahlba- Drittel schrumpfen . ren Wohnraum für alle . Hierfür macht sich die SPD stark . Die Eisbären sind aber nur eines von vielen Beispielen, Sie kann in dieser Wahlperiode im Vergleich zur Vorgän- die die Notwendigkeit unterstreichen, in Paris ein globa- gerregierung ersichtliche Erfolge vorweisen . les Klimaabkommen zur Einhaltung der 2-Grad-Ober- (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- grenze zu verabschieden . Wir haben im Bundeshaushalt NEN]: Was für ein guter Maßstab!) 2016 2,4 Milliarden Euro für die internationale Klima- schutzfinanzierung eingestellt. Darunter befinden sich Wir haben in dieser Hinsicht bereits vieles angepackt und 400 Millionen Euro im Haushalt des Bundesumwelt- umgesetzt . Darauf können wir stolz sein, und das sind ministeriums . Ab 2020 soll diese Summe auf insgesamt wir auch . 4 Milliarden Euro nahezu verdoppelt werden . (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Insgesamt möchte Deutschland jährlich rund 10 Pro- Liebe Kolleginnen und Kollegen, letzte Woche ging zent der Entwicklungs- und Schwellenländern zugesag- zu unser aller Freude endlich das neue Investitionspro- ten 100 Milliarden US-Dollar tragen . Mit diesem fairen gramm des Bundes zum Einbruchschutz, für das 30 Mil- Anteil wird Deutschland seiner Verantwortung gerecht . lionen Euro zur Verfügung gestellt werden, an den Start . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Das Interesse an dem Programm hat alle unsere Erwar- der CDU/CSU) tungen übertroffen . Das Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger, Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, ist sehr Ich danke hier vor allem unserer Bundesumweltministe- hoch . Grund dafür ist der starke Anstieg der Zahl der rin, die in zähen Verhandlungen im Vorfeld des Treffens Wohnungseinbrüche in den letzten Jahren . Im Jahr 2014 in Paris zu einem großen Durchbruch beitragen wird, verzeichneten wir bundesweit 150 000 Einbrüche dieser 13522 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Steffen-Claudio Lemme (A) Art und damit den höchsten Wert seit 16 Jahren . Meine nimmt uns mit in ihrer Delegation . Dafür bedanke ich (C) Fraktion hat daher an einer Fördermöglichkeit gearbeitet, mich gerade auch als Ausschussvorsitzende sehr herz- die möglichst vielen Menschen zugutekommt . Es geht lich; denn ich glaube, dass wir für Deutschland damit darum, bereits durch geringe Investitionen, zum Beispiel einiges erreichen können . Nachrüstungen bei Fenstern und Türen, das Sicherheits- gefühl der Bürgerinnen und Bürger zu steigern . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg . Josef Göppel Mein Fazit: Mit diesen Haushaltsberatungen haben [CDU/CSU]) wir einen guten und sehr soliden Weg beschritten . Wir haben die Bedarfe der gesamten Gesellschaft in den Nun ist Politik immer auch Symbolpolitik . Symbole Blick genommen und nicht nur einzelne herausgegriffen . sind ein ganz wichtiger Teil der Politik . Deshalb hat mich Ich glaube, der Haushalt für das Jahr 2016 im Bereich der eines geärgert, nämlich: Wir haben als Umweltausschuss Umwelt- und Baupolitik unseres Landes kann als sehr in der Gemeinsamkeit, die ich beschrieben habe, im Rah- vernünftig und gelungen bezeichnet werden . men der Großen Koalition von 2005 vorgeschlagen, dass die Flugreisen und die Fahrten mit dem Fuhrpark, die Herzlichen Dank . wir machen, CO2-kompensiert werden . Das ist damals (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) geschehen, und das war eine gute Sache . Schwarz-Gelb hat die Kompensation abgeschafft, deshalb haben wir vor anderthalb Jahren erneut einen Vorstoß gemacht . Die Vizepräsident Johannes Singhammer: Umweltministerin hat ihn umgesetzt . Die Bundesregie- Nächste Rednerin ist die Kollegin Bärbel Höhn, Bünd- rung wird – das ist der Ansatz in diesem Haushalt – ihre nis 90/Die Grünen . Flugreisen und Fahrten kompensieren . Die Haushälter der Großen Koalition haben das ihren Klimapolitikern je- Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): doch versagt . In diesem Jahr wie im letzten Jahr werden Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! wir die absurde Situation haben, dass wir beschließen: Herr Lemme hat eben schon darauf hingewiesen: In we- Die Bundesregierung darf kompensieren, aber die Abge- nigen Tagen startet die Klimakonferenz .– Auf dieser Kli- ordneten dürfen es nicht. Das finde ich wirklich kleinlich, makonferenz wird es darum gehen, dass wir einen Ver- peinlich und auch sehr provinziell . trag schließen, der dafür sorgt, dass auch unsere Kinder (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Enkelkinder noch auf diesem Planeten leben können . bei der SPD und der LINKEN) Dass wir ihnen die Lebensgrundlage bewahren, darum geht es bei diesem Vertrag . Warum sage ich das? Weil das aus meiner Sicht das (B) schlechte Ende eines verlorenen Jahres für den Klima- (D) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schutz ist . Im letzten Jahr ist hier von der Umweltminis- sowie bei Abgeordneten der SPD und des terin ein Plan vorgestellt worden, Abg . Josef Göppel [CDU/CSU]) Wenn wir das nicht machen, wenn wir nicht dafür sor- (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist gen, dass zum Beispiel die Menschen im Tschad, wo die doch alles Placebo!) Temperaturen schon jetzt 50 Grad betragen, nicht noch CO zu reduzieren . Jeder muss seinen Beitrag erbringen, mehr in Probleme kommen, wenn wir nicht dafür sorgen, 2 auch die Energiewirtschaft, die 40 Prozent des CO2-Aus- dass die Menschen auf den Philippinen nicht noch mehr stoßes verursacht . Und was ist passiert? Am Ende gab mit Überschwemmungen konfrontiert werden, dann wer- es keine Abgabe für Braunkohlenkraftwerke, weil gerade den diese Menschen zu uns kommen . Was das bedeutet, CDUler sich an die Spitze der Bewegung für die Braun- haben uns die Flüchtlinge, die in den letzten Monaten ge- kohle gestellt haben . Das war wirklich peinlich, meine kommen sind, deutlich gemacht . Das heißt, es geht hier Damen und Herren . Jetzt haben wir eine Subvention für auch um vorbeugende Politik . Es geht darum, dass wir Braunkohle und eine Blockade bei der Photovoltaik . hier in Deutschland Klimaschutz machen . Es geht darum, dass wir auf dieser Erde dieses Problem gemeinsam an- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehen . Wir dürfen nicht sagen: Die anderen sollen mehr und bei der LINKEN) tun als wir . Das ist wirklich das Gegenteil von Klimaschutz . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Gehen wir doch einmal andere Bereiche durch . Wir waren in der Vergangenheit nicht nur Vorreiter beim Kli- Dass wir als Delegation des Deutschen Bundestages maschutz, sondern wir waren es auch im Umweltbereich . zu dieser Klimakonferenz fahren und dort auch mit den Betrachten wir einmal die Sustainable Development anderen Kollegen diskutieren können – es ist übrigens ­Goals, bei denen wir in der Gesamtheit als Deutsche gar Tradition bei den Klimapolitikern, die Ziele, die wir in nicht so schlecht dastehen . In den Umweltpunkten stehen Deutschland beschlossen haben, etwa den Ausstieg aus wir mittlerweile aber ganz weit hinten . Da sind wir unter der Atomkraft, die Energiewende, CO2-Reduktion um den letzten 15 Prozent der OECD-Länder, gleichauf mit 40 Prozent bis 2020, gemeinsam, in großer Geschlos- Ungarn . Herzlichen Glückwunsch! senheit auf den Klimakonferenzen zu vertreten –, haben wir nicht dem Parlament zu verdanken, nicht dem Bun- (Zuruf von der CDU/CSU): Was soll denn destagspräsidenten, sondern der Umweltministerin . Sie das heißen?) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13523

Bärbel Höhn (A) Wo sind die Defizite? Sie zeigen sich bei der Luftqua- Wir sehen, dass es zunehmend wieder eine Zuwen- (C) lität in den Städten . Sie zeigen sich beim Verlust von Ar- dung zu fossilen Energien gibt . Wir sehen, dass damit die tenvielfalt . Sie zeigen sich bei der schlechten Qualität des Zukunft der Arbeitsplätze gerade auch im Bereich der Wassers, bei der Lebensmittelverschwendung und beim Erneuerbaren gefährdet wird . Wir sagen auch deshalb: Abfall . In diesen Punkten werden die Umweltziele geris- Wir sehen bei der Großen Koalition keinen Mut, sich für sen . Und woran liegt das im Wesentlichen? Es liegt dar- die Zukunft zu entscheiden . Wir sehen keinen Plan, wie an, dass diese Bundesregierung zwei wesentliche Fehler man es schaffen kann, wirklich CO2 zu reduzieren und macht . Sie macht eine falsche Landwirtschaftspolitik, die Ziele zu erreichen, die man sich vorgenommen hat . und sie macht eine falsche Verkehrspolitik, und das muss Wir sehen auch kein Herz für die Menschen zum Bei- sich ändern . spiel in Bangladesch, in Afrika und auf den Philippinen, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) die jetzt schon Opfer des Klimawandels sind und deren Leben und Existenz durch Dürren und Überschwem­ Wir haben ein Vertragsverletzungsverfahren bei mungen gefährdet sind . Haben Sie also mehr Mut, mehr der Nitrat-Richtlinie . Wir haben ein Vertragsverlet- Plan und mehr Herz! zungsverfahren beim Feinstaub, bei NO2 und auch bei der FFH-Richtlinie . NO2 ist ja jetzt gerade durch den Vielen Dank . VW-Skandal wirklich in den Mittelpunkt gerückt: 7 000 Tote allein durch den Ausstoß von NO2 im Diesel – (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7 000 Tote! –, das leisten wir uns mal . Umweltschutz ist sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Gesundheitsschutz, meine Damen und Herren . Auch aus diesem Grund müssen wir mehr Umweltschutz machen . Vizepräsident Johannes Singhammer: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Für die CDU/CSU spricht jetzt der Kollege Josef Rief . Aber auch, was den Klimaschutz angeht, ist der Ver- kehrsbereich weit hintendran . Mittlerweile ist das auch (Beifall bei der CDU/CSU) Verbrauchertäuschung . Wenn ein Auto, das man sich heute neu kauft, 40 Prozent mehr Sprit verbraucht, als (CDU/CSU): auf dem Papier steht, dann ist das Verbrauchertäuschung, Josef Rief und dann ist das auch gegen den Klimaschutz . Das geht Sehr geehrter Herr Präsident! Ich darf auch einmal die so nicht weiter . Schriftführer und Stenografen begrüßen .

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (B) Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Haben Sie (D) jemals geglaubt, was auf dem Papier steht?) Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste auf der In den letzten fünf Jahren hat es bei den Neuwagen Tribüne! Wir müssen, wie ich glaube, wieder zum wich- keine Reduktion von CO2 und keine Steigerung der Ener- tigen Thema des heutigen Tages und der ganzen Woche gieeffizienz mehr gegeben. Es kann nicht sein, dass die kommen, und das ist der Haushalt für 2016 . Der Haushalt Kreativität der Ingenieure mittlerweile darauf gerichtet für 2016 steht . Wir haben es geschafft, ohne Steuerer- ist, legal und illegal zu schummeln, und nicht mehr da- höhungen und ohne neue Steuern die schwarze Null zu rauf, die Energieeffizienz zu verbessern. Das darf in ei- halten, und dies trotz der großen Herausforderungen, vor nem Autoland wie Deutschland nicht sein . die uns der Flüchtlingsstrom zusätzlich stellt . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Keine Neuverschuldung, meine sehr geehrten Damen Ansonsten gefährden Sie nämlich die Arbeitsplätze in und Herren, ist kein Selbstzweck . Nur ohne neue Schul- genau dieser Branche . den sind wir gut aufgestellt für die Zukunft und leisten unseren dringend notwendigen Beitrag auch für die Sta- Ihre eigenen Experten haben Ihnen übrigens in diesem bilität in Europa und in der Welt . Es ist wichtig, dass wir Jahr bescheinigt, dass die Erreichung des Ziels, bis 2020 auch in den nächsten Jahren handlungsfähig bleiben . den CO2-Ausstoß um 40 Prozent zu reduzieren, erheblich gefährdet ist . Das tun also nicht nur wir, sondern mittler- Es ist allen klar, dass die öffentlichen Haushalte auch weile auch Ihre eigenen Experten . Sie unternehmen hier in den kommenden Jahren bei der Bewältigung der Auf- einfach zu wenig . gaben, die die Flüchtlingskrise mit sich bringen wird, Das gilt auch für den Gebäudebereich . Wir könn- viel zu stemmen haben werden . Ich begrüße es daher ten endlich loslegen bei der Gebäudesanierung, indem sehr, dass wir jetzt Maßnahmen umsetzen, um den Zu- wir nicht nur die Hülle oder die Dämmung betrachten, strom und den Familiennachzug zu begrenzen, und auch sondern reingehen mit erneuerbaren Energien und mit nachhaltig mit der Zurückführung von Menschen ohne Kraft-Wärme-Kopplung und gemeinsame Konzepte für Bleibeperspektive begonnen haben . Zuwanderung in die die Quartiere entwickeln . Und da wird viel zu wenig ge- Perspektivlosigkeit löst keine Probleme, sondern ver- tan . Da muss die Große Koalition ran . Es muss auch in stärkt Probleme! diesem Bereich endlich etwas für den Klimaschutz getan In meinem Heimatland Baden-Württemberg läuft werden . die Rückführung nur sehr schleppend . Man kann die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) grün-rote Landesregierung nur immer wieder auffordern, 13524 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Josef Rief (A) sich in Sachen Rückführung ein Beispiel etwa am Saar- Das würde auch zur Entspannung auf dem Wohnungs- (C) land zu nehmen . markt beitragen und würde den Familien in unserem Land helfen, die Unterstützung dringend nötig haben . (Sören Bartol [SPD]: Jetzt aber einmal zum Thema Umwelt! Thema Haushalt, Kollege, Der Baubereich des Einzelplans 16 wird im kommen- wie wäre es?) den Jahr eine deutliche Erhöhung erfahren . Insgesamt In meinem Wahlkreis wurden in den ersten neun Mona- werden wir hier etwas mehr als 2,8 Milliarden Euro ten dieses Jahres trotz eines hohen Anteils von Flücht- ausgeben . Neben der genannten Erhöhung der Kompen- lingen aus dem Balkan gerade einmal 14 Abschiebungen sationszahlungen an die Länder für den sozialen Woh- durchgeführt . Das ist einfach nicht akzeptabel . nungsbau ist auch die Wohngeldreform einer der Gründe für die deutliche Erhöhung des Budgets . 2016 werden ( [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wir immerhin – Kollege Lemme hat es schon gesagt – NEN]: Hallo? Umwelthaushalt! – Weiterer 730 Millionen Euro für das Wohngeld ausgeben . Wir Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: haben im Koalitionsvertrag die Reform des Wohngeldes Machen wir hier jetzt baden-württembergi- beschlossen . Wir haben Wort gehalten und stellen jetzt schen Wahlkampf?) die entsprechenden Mittel zur Verfügung . Wir wollen da- Der Platz wird für die nach dem Asylrecht hilfebedürfti- mit für eine wirtschaftliche Absicherung von angemesse- gen Bürgerkriegsflüchtlinge gebraucht. nem, familiengerechtem und besserem Wohnen sorgen, gerade auch für Menschen mit geringerem Einkommen . (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist unglaublich! – Steffi Lemke Aber auch der Programmhaushalt erfährt einen deut- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So schlecht lichen Aufwuchs . Beim Bundesförderprogramm „Alters- wie der ganze Wahlkampf von Ihnen!) gerecht umbauen“ haben wir wegen der starken Nach- Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, frage die Mittel für dieses und die kommenden Jahre um Bau und Reaktorsicherheit, speziell der Baubereich, 23,5 Millionen Euro auf insgesamt 37,5 Millionen Euro trägt einen ordentlichen Anteil der Bemühungen, mit der erhöht . Altersgerechter Wohnraum gewinnt in Anbe- Flüchtlingsunterbringung fertigzuwerden . Wir investie- tracht unserer derzeitigen demografischen Entwicklung ren über 1 Milliarde Euro in den sozialen Wohnungsbau . immer mehr an Bedeutung . Wir sollten es unterstützen, Wir verdoppeln einfach einmal die Summe, die wir den dass Menschen ein Leben in den eigenen vier Wänden Bundesländern dafür geben . ermöglicht wird, solange es geht . Heimat geben und er- halten ist für das Wohlfühlen gerade älterer Menschen (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (B) wichtig . (D) Wir müssen damit einerseits Unterstützung leisten bei der Unterbringung der Menschen, die zu uns kommen, Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem aber auch dafür sorgen – das wurde vorhin schon ange- gerade gestarteten Programm zur Kriminalitätsbekämp- sprochen –, dass unsere Bevölkerung weiter bezahlbaren fung durch Einbruchschutz wollen wir dem gestiegenen Wohnraum findet, und zwar dort, wo sie ihn wünscht. Bedarf am Schutz vor Einbrüchen Rechnung tragen . Da- Ansonsten vervielfältigen sich unsere Probleme . für haben wir für die Jahre 2015, 2016 und 2017 jeweils 10 Millionen Euro bereitgestellt . Die 30 Millionen Euro, Ein wichtiger Punkt bei den Ausgaben für den sozi- die Eigentümern und Mietern zur Verfügung stehen, wer- alen Wohnungsbau ist aber die Verwendung der Mittel den einen vernünftigen Beitrag leisten, bestehende Ge- durch die Länder . Ich hatte es schon in meiner Rede zu bäude sicherer zu machen, wobei – das darf ich mir her- Beginn dieser Haushaltsberatungen gesagt: Was wir als ausnehmen – ich mir eine noch detailliertere Förderung Bund an die Länder sozusagen zweckgebunden überwei- gewünscht hätte . Ich hoffe, die Förderung kommt bei den sen, muss auch für den sozialen Wohnungsbau eingesetzt Menschen an . Ich erbitte rechtzeitig einen Bericht über werden und darf nicht in anderen Projekten oder im all- das Antragsaufkommen, damit wir gegebenenfalls nach- gemeinen Haushalt der Länder versickern . Da haben wir steuern können . in der Vergangenheit schon öfter klebrige Finger erlebt . (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ Auch 2016 fördern wir wieder Städtebauprojekte mit DIE GRÜNEN]: Zum Beispiel bei Schwarz- besonderer nationaler Wahrnehmbarkeit und Qualität . Gelb in Baden-Württemberg!) Dabei nehmen wir uns in der Fläche viele Projekte vor, die einerseits durch ihre Bedeutung oder andererseits In dieser Situation aber wird für den sozialen Wohnungs- durch ihr überdurchschnittliches Investitionsvolumen bau, wie ich glaube, jeder Euro gebraucht . und hohes Innovationspotenzial auffallen . Meine Damen und Herren, der Druck auf den Woh- nungsmarkt in beliebten Gebieten ist da . Ich hätte mir Beim Berliner Stadtschloss hält die Koalition Wort gewünscht, dass wir auch wieder mehr für Bürgerinnen und wird weiter den vereinbarten Beitrag leisten . Im und Bürger tun, die sich mit ihrer Familie eigenen Wohn- kommenden Jahr werden 91 Millionen Euro des Bun- raum schaffen wollen . Wir sollten in der Zukunft über desanteils verplant, damit die Baustelle weiter so gut eine Förderung für Erwerber von Eigentumswohnungen im Zeitplan vorankommt und es bei den veranschlagten und Häuslebauer mit Kindern nachdenken . Baukosten bleibt . (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13525

Josef Rief (A) Wir alle wissen: Es ist in Berlin und Umgebung nicht schaft geht . Es geht um die Sicherheit, den Schutz und (C) immer so, dass man bei den Baukosten und Zeitplänen die Würde der Menschen . bleibt . Liebe Kolleginnen und Kollegen, in wenigen Tagen ( [CDU/CSU]: Stimmt! – Oliver werden die Delegationen aus buchstäblich allen Län- Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da- dern der Welt zur Weltklimakonferenz nach Paris fahren . für ist Herr Dobrindt verantwortlich!) Für mich ist das, gerade nach den Anschlägen, aus zwei Neben den genannten Programmen gibt es viele wei- Gründen ein ganz besonderes Ereignis: erstens, weil wir tere Titel zur Städtebauförderung, die ich nicht im Ein- mit der ganzen Solidarität der Staatengemeinschaft nach zelnen aufzählen will . Auch mit diesem Haushalt bleibt Frankreich kommen werden: Wir werden zeigen, dass der Städtebau einer der bedeutendsten Eckpfeiler unserer wir nicht gewillt sind, wegen des Terrors zurückzuwei- Stadtentwicklungspolitik . Städtebauförderung ist immer chen und auf diese wichtige internationale Konferenz zu auch ein kleines Konjunkturprogramm für Handwerk und verzichten . Dienstleistung vor Ort . Sie wirkt sich in jeder Gemeinde, (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie in jeder Stadt und in jedem Landkreis aus . Ohne sie wä- bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE ren so manche Vorhaben nicht zu realisieren . Ich glaube, GRÜNEN) das ist eine der vornehmsten und wichtigsten Aufgaben, die wir als Bund in Zukunft leisten können und leisten Zweitens wird die Konferenz zeigen, dass die Staaten- müssen . Darum heißt es für die Koalition, weiter in die- gemeinschaft entschlossen ist, den Klimawandel zu be- sem Bereich zu investieren, um das Leben und Wohnen grenzen und unsere Welt als einen lebenswerten Ort für in Deutschland noch bedarfsgerechter, umweltfreundli- künftige Generationen zu gestalten . Ja, Klimapolitik ist cher, ja noch schöner werden zu lassen . Dem trägt dieser Friedenspolitik . Sie, Frau Kollegin Höhn, haben ganz Haushalt Rechnung . zu Recht darauf hingewiesen, welche Dimension die Klimapolitik über den engeren naturwissenschaftlichen Zum Schluss möchte ich mich noch bei sehr vielen be- Ansatz hinaus hat . danken: erst einmal bei Ihnen, Frau Ministerin Hendricks, und Ihrem Haus für die gute und vertrauensvolle Zusam- Das muss also die Botschaft sein, die von der Kli- menarbeit bei der Bearbeitung dieses Einzelplans, eben- makonferenz ausgeht, und es ist noch ein Grund mehr, falls bei den Berichterstattern aller Fraktionen, auch bei warum wir erfolgreich sein müssen . Ich werde mit der den Mitarbeitern der Fraktionen und des Haushaltsaus- deutschen Delegation am Samstag mit dem Zug nach Pa- schusses dafür, dass sie die schnelle Abarbeitung in den ris fahren, und in der kommenden Woche habe ich dann langen Sitzungen erst möglich gemacht haben, die Freude und Ehre, dem Deutschen Bundestag in einer (B) Regierungserklärung die Position der Bundesregierung (D) (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ausführlich darzulegen . NEN]: Kann man die Grußworte nicht zu Pro- tokoll geben?) Lassen Sie mich vor diesem Hintergrund jetzt zu dem nicht zuletzt aber auch beim Bundesfinanzministerium, anderen Schwerpunkt der Verantwortlichkeiten meines bei Minister Wolfgang Schäuble und den Staatssekretä- Hauses kommen . Die auffälligste Veränderung im Ein- ren und , für ihre Arbeit . zelplan 16 für die Bereiche Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sind die zusätzlichen 500 Mil- Nun steht das Gemeinschaftswerk – mit einer schwar- lionen Euro, die der Bund den Ländern für die soziale zen Null, ohne neue Steuern, ohne neue Schulden und mit Wohnraumförderung zur Verfügung stellt . Praktisch ist vielen Maßnahmen, die unser Land nach vorne bringen . das der Wiedereinstieg des Bundes in den sozialen Woh- nungsbau . Nach vielen Jahren, in denen das Engagement Herzlichen Dank . und die Finanzmittel zurückgefahren wurden, ist diese (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Verdopplung der sogenannten Kompensationsmittel der ordneten der SPD) erste große Schritt hin zu einer Trendwende . (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Vizepräsident Johannes Singhammer: CDU/CSU) Für die Bundesregierung spricht jetzt die Bundesmi- nisterin Dr . Barbara Hendricks . Es gab in der Vergangenheit sicherlich durchaus Grün- de dafür, dass der Wohnungsbau in Deutschland an Be- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten deutung verloren hatte. Die demografische Entwicklung der CDU/CSU) und der in manchen Regionen erhebliche Leerstand sind nur zwei dieser Gründe . Daraus hat die Föderalismus- Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um- kommission 2006 die Konsequenz gezogen, die Zustän- welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: digkeit für den Wohnungsbau vollständig auf die Länder Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! zu übertragen . Das ist die Rechtslage, mit der wir es auch Wenn wir über den Bundeshaushalt sprechen, dann geht heute noch zu tun haben . es natürlich um Geld; aber es geht eben auch nicht aus- (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!) schließlich um Geld . Nach den unmenschlichen Terro- rakten in Paris wissen wir umso mehr, dass es auch um Der Bund hat sich damals für eine Übergangszeit zu den Schutz unserer freiheitlichen und toleranten Gesell- Kompensationszahlungen verpflichtet. 13526 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks (A) Nicht einmal zehn Jahre nach dieser Entscheidung Roland Claus (DIE LINKE): (C) zeigt sich, wie wir sehen, ein völlig anderes Bild: Die Frau Ministerin, da Sie gerade auf die vielen Verän- Großstädte, Universitätsstädte und Ballungsräume er- derungen in Ihrem Etat hinweisen, die wir im Haushalts- leben einen boomenden Zuzug . Forscher sprechen von ausschuss weitgehend unterstützt haben: Haben Sie eine Schwarmstädten, die mit ihrer Attraktivität viele Men- Erklärung dafür, warum die Spitze des Finanzministeri- schen anziehen, obgleich dort der Wohnraum knapp ist . ums dieser Debatte gegenwärtig nicht folgt? Gleichzeitig steigt der Pro-Kopf-Anspruch an die Wohn- fläche. Die Folgen sind rasant steigende Mieten und Prei- (Dr .Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Du lieber se . Gott! – Weitere Zurufe von Abgeordneten der CDU/CSU) Die demografische Entwicklung wirkt auch, aber auf andere Weise als erwartet: Sie steigert die Nachfrage Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um- nach altersgerechten, barrierefreien Wohnungen . Davon welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: gibt es noch eindeutig zu wenig . Es ist in den vergange- Herr Kollege, ich bin zuversichtlich, dass die Spitze nen Jahren ein massiver Nachholbedarf entstanden, ins- des Finanzministeriums multitaskingfähig ist, also im besondere im sozialen, bezahlbaren Wohnungsbau . Diese Büro sitzt und zugleich Fernsehen guckt . Wohnungslücke ist nicht auf einzelne Städte oder Regio- nen beschränkt, sondern sie ist bundesweit sichtbar . Des- (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten halb besteht für den Bund hier Handlungsbedarf . Dieser der SPD und der CDU/CSU – Steffi Lemke wird in den kommenden Jahren noch weiter anwachsen, [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja wenn neben vielen anderen eine bezahlbare Wohnung eine Achtung des Parlaments! Klasse!) Suchenden auch viele Flüchtlinge und Asylbewerber mit Bleiberecht eine Wohnung suchen werden . Im Zusammenhang mit der Errichtung von Erst- und Notunterkünften für Flüchtlinge haben wir im Baurecht Nach den aktuellen Prognosen benötigen wir deutsch- bereits viele Erleichterungen geschaffen und damit landweit jährlich insgesamt mindestens 350 000 neue Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt . Wohnungen . Hier sind auch jene Wohnungen miteinge- Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Wohnungsbau rechnet, die sich Menschen als Eigenheime oder Eigen- in Deutschland ist in Bewegung gekommen . Wir lassen tumswohnungen errichten . Die Aufstockung der Kom- die Menschen, die auf bezahlbaren Wohnraum ange- pensationsmittel kann deshalb nur ein erster Schritt sein . wiesen sind, nicht allein . Mein Ziel ist, dass genügend Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will deutlich ma- Wohnraum zur Verfügung gestellt werden kann . Wir ha- chen, dass der Bund nicht nur mehr für den Wohnungsbau ben mit Mietpreisbremse und Wohngelderhöhung bereits (B) (D) tun muss, sondern auch tun will . Die Bundesregierung wichtige flankierende Maßnahmen umgesetzt. Der Woh- und das Bundesbauministerium haben in dieser Legis- nungsbau ist wieder zu einem zentralen gesellschaftspo- laturperiode bereits viele Initiativen zur Stärkung des litischen Thema geworden . Wohnungsbaus unternommen . Ich habe das Bündnis für (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten bezahlbares Wohnen und Bauen initiiert, das neben den der CDU/CSU) vielen Bündnissen auf Länder- und kommunaler Ebene einen entsprechenden Beitrag leistet . Am Freitag dieser Mit den gesellschaftlichen Veränderungen verändern Woche findet ein sogenanntes Spitzengespräch im Rah- sich natürlich auch unsere Städte . Wir investieren mit men dieses Bündnisses statt, bei dem wir die Ergebnisse den Programmen der Städtebauförderung in benachtei- der Kommission und den Abschlussbericht beraten . ligte Quartiere und in deren bauliche Infrastruktur . Mit der deutlichen Aufstockung der Mittel für die Städte­ Allein die Baukostensenkungskommission hat über bauförderung und das Programm „Soziale Stadt“ in die- 60 Vorschläge für kostengünstiges Bauen erarbeitet . ser Legislaturperiode unterstützen wir den sozialen Zu- Denn auch das ist wichtig: Wir müssen nicht nur mehr sammenhalt, die Nachbarschaften und die Integration in bauen, sondern auch darüber entscheiden, in welcher den Quartieren, und zwar für alle dort Lebenden . Qualität und zu welchen Kosten gebaut werden soll . Da- für hat das Bündnis eine ganz wichtige Arbeit geleistet . Mit dem Programm „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier“, BIWAQ, haben wir bereits ein Programm, das Bund, Länder und Kommunen müssen prüfen, welche den sozialen Zusammenhalt und die Integration in den Anforderungen vereinheitlicht werden können und ob „Soziale Stadt“-Gebieten fördert . Wir sind damit auf die vielleicht die eine oder andere Vorschrift auch verzicht- wachsenden Integrationsaufgaben infolge des Flücht- bar ist . lingszuzugs eingestellt; freilich ohne heute schon sagen zu können, ob die Mittel langfristig dafür ausreichen werden . Vizepräsident Johannes Singhammer: Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Klimakonferenz Kollegen Claus? in Paris und der Wohnungsbau sind Themen, die derzeit zu Recht große Aufmerksamkeit erfahren . Dieser aktuel- le Fokus soll den Stellenwert der vielen anderen Themen Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um- des Einzelplans 16 aber nicht schmälern . Ein Beispiel welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: sind die zusätzlichen Mittel für das Bundesprogramm Ja, gern . Biologische Vielfalt . Ich habe vor wenigen Wochen mit Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13527

Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks (A) der Naturschutz-Offensive 2020 ein Maßnahmenpa- Wir haben bekanntlich nur diese eine Erde . Deshalb (C) ket vorgestellt, mit dem Deutschland seine Ziele beim müssen wir uns auf ihren Erhalt und ihren Schutz kon- Schutz der biologischen Vielfalt noch erreichen kann; zentrieren . Das ist natürlich kein Schritt zurück, son- denn wenn die bisherige Entwicklung anhielte, würden dern ein Schritt nach vorne . Viele Umwelttechnologien wir unsere Ziele verfehlen . und Innovationen kommen aus unserem Land . Mit dem Haushalt 2016 wollen wir zum Beispiel eine neue Expor- Von Professor Michael Succow, den wir kürzlich als tinitiative starten, um grüne und nachhaltige Infrastruk- einen der „Väter“ des DDR-Nationalparkprogramms eh- turen besser zu verbreiten . Das ist gut für die Einsatzorte ren konnten, stammt der Befund – ich zitiere –: und gut für unsere Wirtschaft . In jedem Fall sind Ökono- „Tag für Tag verliert diese unsere Erde ein Stück ihrer mie und Ökologie – das haben wir längst nachgewiesen – Schönheit, ein Stück ihrer Mannigfaltigkeit . Tag für Tag keine Gegensätze, sondern sie können nur zusammen er- verliert sie aber auch ein Stück ihrer Tragfähigkeit für folgreich sein . uns Menschen .“ Zitat Ende . Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Mit der Naturschutz-Offensive 2020 stemmen wir uns mich bei allen Mitgliedern des Ausschusses und bei den aktiv gegen den weiteren Verlust . Berichterstatterinnen und Berichterstattern bedanken . Der Einzelplan 16 wird seinem Anspruch, zum Wohl al- (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ler Menschen in Deutschland beizutragen, gerecht . NEN]: Das ist falsch! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Herzlichen Dank . Shownummer!) (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Ich habe in diesem Zusammenhang die Abschaffung der Agrarsubventionen in ihrer bisherigen Form gefordert . Vizepräsident Johannes Singhammer: Sie stehen einem erfolgreichen Naturschutz in Deutsch- land und in Europa im Weg . Als Nächster spricht der Kollege Hubertus Zdebel von der Fraktion Die Linke . (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei der LINKEN) Stattdessen sollten wir den Landwirten die Leistungen vergüten, die sie für die Natur, für den Naturschutz und für die Kulturlandschaft erbringen . Hubertus Zdebel (DIE LINKE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie Ministerin Hendricks, Sie haben in einer langen Rede (B) (D) des Abg . Josef Göppel [CDU/CSU] – Oliver zwei Themen meines Erachtens überhaupt nicht erwähnt . Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was Zum einen haben Sie das ganze Thema Fracking-Gesetz- sagt denn der Landwirtschaftsminister dazu? gebung, das aus der öffentlichen Wahrnehmung fast ver- Sie schlagen etwas vor, was in dieser Koaliti- schwunden ist, nicht angesprochen . Es hat mich verwun- on überhaupt keine Mehrheit hat!) dert, dass Sie darauf jetzt überhaupt nicht eingegangen – Werben wird schon helfen . sind . Das zweite Thema, das ich schmerzhaft vermisst habe, ist die Atompolitik . Insbesondere verwundert es (Lachen des Abg . Oliver Krischer [BÜND- mich, dass Sie die Auseinandersetzungen über die soge- NIS 90/DIE GRÜNEN]) nannten Atomrückstellungen, die uns alle sehr stark be- Wir werden das in Europa sowieso frühestens nach 2020 wegen, nicht angesprochen haben . grundlegend ändern können . Jahrzehntelang wurde der Atomstrom als Billigstrom (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- angepriesen . Das war damals schon eine Lüge . Heute NEN]: Ach so!) blickt man auf die wachsenden Atommüllberge und die enormen Risiken für Mensch und Umwelt, die für 1 Mil- Aber wir werden den Anpassungsmechanismus im lion Jahre mit dieser größenwahnsinnigen Technologie Jahr 2016 nutzen, um Finanzmittel von der ersten Säule verbunden sind . Einst nutzte die Atomindustrie die Gru- in die zweite Säule zu verschieben . be Asse im Südosten Niedersachsens als billige Müllkip- pe . Die dort vor Jahrzehnten eingelagerten rund 126 000 (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll rosten des Abg . Josef Göppel [CDU/CSU] – Oliver in der einsturzgefährdeten Anlage vor sich hin . Weil der Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da Salzstock Asse zudem mit Wasser vollzulaufen droht, klatscht bei der Union nur Herr Göppel!) wird seit einigen Jahren versucht, den Atommüll zu ber- Ich bitte schon jetzt alle Kolleginnen und Kollegen dafür gen . Ob das gelingt, weiß im Moment niemand . um Unterstützung . Allein die Asse und die ebenfalls marode Müllkippe (Zuruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/ Morsleben bei Magdeburg kosten die Steuerzahlerin- DIE GRÜNEN]) nen und Steuerzahler nach derzeitiger Schätzung rund 7,5 Milliarden Euro . – Europa wird den Rahmen in der Tat erst nach 2020 grundsätzlich ändern . Das kann ich leider nicht verhin- (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Wer hat dern . wohl Morsleben gebaut?) 13528 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Hubertus Zdebel (A) Dieser Betrag wird derzeit auch für das Atommülllager verteidigt den Gesetzentwurf der Bundesregierung mehr, (C) Schacht Konrad eingeplant, ein Lager, bei dem fraglich als es insbesondere die CDU/CSU gestern getan hat . ist, ob es je in Betrieb gehen wird . Ich war vor einigen Wochen in Salzgitter und habe mich dort mit dem Ober- (Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN – bürgermeister der Stadt, Herrn Klingebiel von der CDU, Zuruf des Abg . Oliver Krischer [BÜND- unterhalten . Er würde sich sicherlich sehr freuen, wenn NIS 90/DIE GRÜNEN]) auch Angehörige der anderen Fraktionen in diesem Hau- Ich hatte den Eindruck, Sie wollen dieses Gesetz dieses se, insbesondere der CDU/CSU-Fraktion, einmal nach Jahr nicht mehr verabschieden, obwohl die Bundesregie- Salzgitter fahren würden, um sich mit ihm darüber zu un- rung ausdrücklich vor den Risiken gewarnt hat, die damit terhalten, was genau mit Schacht Konrad los ist . Hand in Hand gehen . Wir fordern Sie auf, hier endlich einmal klar Stellung zu der Frage zu beziehen, ob das (Beifall bei der LINKEN) wirklich so ist . Wir sind der Meinung: Der Gesetzent- wurf muss noch dieses Jahr verabschiedet werden, um Für den ebenfalls völlig ungeeigneten und verbrann- die Risiken für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ten Standort Gorleben waren einmal rund 7,7 Milliarden zu minimieren . Euro geplant . Bis ein Ersatzstandort gefunden ist, wird man für die Lagerung hochradioaktiver Abfälle sicher (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- bei mindestens 10 Milliarden Euro angekommen sein . neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Die Linke fordert, die schwer konflikt- und mängelbe- Ich sage bewusst „minimieren“; denn die Bundes- lasteten Projekte Schacht Konrad und Gorleben endlich regierung hat immer wieder demonstriert, dass sie den aufzugeben und die Mittel für diese Projekte sowie für Stromkonzernen zum Schaden der Umwelt und der den Salzgitter-Fonds ersatzlos zu streichen . Bürgerinnen und Bürger unter die Arme greift, wenn es eng wird . Wir haben das ja auch gerade im Bereich der (Beifall bei der LINKEN) Braunkohle erlebt. Für klimaschädliche und überflüssige Die Endlagersuche für Atommüll läuft, wie Sie wis- Uraltkraftwerke bekommen die Konzerne auf Kosten der sen, im Moment in der Endlagersuchkommission . Die privaten Stromkunden eine Abwrackprämie in Höhe von Linke fordert eine finanzielle Stärkung des Standortaus- 1,6 Milliarden Euro . Das ist in unseren Augen eine uner- laubte Subvention . wahlverfahrens für die dauerhafte Lagerung des Atom- mülls . Ähnlich kreative Modelle der Kostenverlagerung wer- den wir dann vermutlich im Frühjahr hier zu behandeln 38 Milliarden Euro sollen die Atomkonzerne für Rück- (B) haben, wenn die neue Kommission zur Überprüfung der (D) bau und Lagerung von Atommüll zurückgestellt haben . Finanzierung des Kernenergieausstiegs ihren Bericht Selbst die Gutachter der Bundesregierung warnen aber, vorlegen wird . Dass die Bundesregierung diese Kom- dass keinesfalls sicher ist, dass dieses Geld tatsächlich mission, in der die Linke nicht einmal vertreten ist, ein- zur Verfügung steht . Selbst wenn es zur Verfügung stün- gesetzt hat, spottet jedes Demokratieverständnisses und de, würde es wohl nicht ausreichen . Die Kosten werden ja ist kein Zufall . Mit uns ist eine Verlagerung der Kosten schon heute auf 70 bis 80 Milliarden Euro geschätzt . Die für den Atommüll auf die Bürgerinnen und Bürger nicht Atomkonzerne, die lange Jahre fette Gewinne gemacht zu machen . haben, versuchen mit allen Tricks, sich aus der Kosten- verantwortung für ihre strahlenden Hinterlassenschaften Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit . zu verabschieden. Wir wollen die Schlupflöcher schlie- (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . ßen, mit denen sich die Konzerne durch Abspaltungen Dr . [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- oder Bad-Bank-Ausgliederungen vor der Finanzierung NEN]) der Atommüllkosten drücken wollen .

(Beifall bei der LINKEN) Vizepräsident Johannes Singhammer: Für die CDU/CSU spricht jetzt Kollege Dr .Geor g Deshalb fordern wir, dass noch in diesem Jahr der von Nüßlein . der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Rück- bau- und Entsorgungskostennachhaftungsgesetzes ver- (Beifall bei der CDU/CSU) abschiedet wird . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): (Beifall bei der LINKEN) Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Liebe Danach sieht es aber im Moment nicht aus . Das könnte Kollegen! Sie erwarten jetzt wahrscheinlich, dass ich für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler noch richtig zunächst etwas zu dem sage, was die Bundesumweltmi- teuer werden . nisterin hinsichtlich der Agrarsubventionen angeregt hat . (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Gestern fand im Wirtschaftsausschuss die Anhörung NEN]: Nein!) zum Gesetzentwurf der Bundesregierung statt . Was dort ablief, war schon sehr skurril . Ich hatte die ganze Zeit Frau Ministerin, das ist ein diskutabler Ansatz . Auch wir den Eindruck, die Opposition, also Linke und Grüne, wollen, dass unsere Landwirte für das, was sie im Be- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13529

Dr. Georg Nüßlein (A) reich des Natur- und Umweltschutzes leisten, zusätzlich Es muss uns gelingen, den Menschen wieder die Mög- (C) vergütet werden . lichkeit zu verschaffen, eigenen Wohnraum zu besitzen . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Im Übrigen geht es darum, bezahlbaren Wohnraum zu Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schaffen . Ich weiß, dass der Spagat im Umweltministe- NEN]: Das gibt es jetzt schon! – Steffi Lemke rium da ein großer sein muss, weil man auf der einen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat die Seite die Umweltthemen – Flächenverbrauch, Energie, Ministerin nicht gesagt, dass es um zusätzli- Klimaschutz – im Auge haben muss und auf der anderen che Mittel geht!) Seite natürlich den Anspruch hat, so zu bauen, dass es auch rentabel ist . Das ist eine schwierige Aufgabe . Ich Das ist ein entscheidendes Thema, das wir gemeinsam so glaube aber, wie die Ministerin, dass wir diese Dinge zu- verfolgen werden . Das darf aber nicht zulasten unserer sammenbringen . Landwirtschaft gehen . (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ich will ausdrücklich sagen: Es geht eben nicht nur um NEN]: Zulasten welcher Landwirtschaft?) sozialen Wohnungsbau, aber auch . Dafür hat der Bund das Notwendige getan . Jetzt sind die Länder am Zug . Ich Vielmehr müssen wir den Landwirten die Möglichkeit erwarte und hoffe, dass sie mit dem Geld diesmal nicht geben, sinnvoll und kostenorientiert Lebensmittel zu pro- wieder ihre Haushalte ausgleichen, sondern tatsächlich duzieren, die wir alle benötigen . Wohnraum schaffen . (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der CDU/CSU – Sören Bartol NEN]: Sagen Sie einmal, welche Landwirt- [SPD]: Das werden wir der Bayerischen schaft Sie wollen!) Staatsregierung übermitteln!) – Seien Sie doch ganz friedlich . – Die Bayerische Staatsregierung hat das Ihre getan, Ich komme kurz zu dem, was Herr Zdebel gesagt hat . Herr Kollege Bartol . Sie wissen ganz präzise, dass Sie Ich hätte ja nicht gedacht, Herr Kollege, dass Sie ange- an dieser Stelle gerade die Falschen angreifen . Ich wollte sichts dessen, was die Bundesregierung in dem Bereich es nicht explizit sagen, weil es nicht nur zu Verzückung alles macht, hier versuchen, eine Debatte über Kernener- führt, wenn man als Bayer die Bayern lobt; das ist ja et- gie aufzumachen . Sie sind genau informiert – jedenfalls was Eigenlob . vermute ich das angesichts Ihrer Ausführungen –, welche ( [SPD]: Aber nur etwas!) Kommissionen momentan eingesetzt sind, nämlich so- wohl eine Endlagersuchkommission als auch eine Kom- Aber es ist nicht notwendig, hier auf die Bayern einzu- (B) mission, die Sorge dafür tragen soll, dass die Kosten, die schlagen . Die sind es nicht gewesen, die bisher das Geld (D) für die Endlagerung entstehen, am Ende auch von den für andere Dinge veruntreut haben . Konzernen getragen werden . Darum geht es . Das wird (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – diese Kommission vorbereiten . Die Kommission muss Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- man ernst nehmen, meine Damen und Herren . NEN]: Was? „Veruntreut“? Was soll das denn (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- heißen? Erzählen Sie hier doch nicht so et- ordneten der SPD) was!) Deshalb kann man auch das Ergebnis, das im Übrigen Wenn man schon über die Kosten und die Länder dis- bereits im Februar nächsten Jahres vorliegen wird, wenn kutiert, meine Damen und Herren, schauen Sie sich ein- alles glattläuft, abwarten . mal die Liste der Länder an, die in letzter Zeit die Grun- derwerbsteuer erhöht haben . Ansonsten war diese Debatte bis jetzt sehr stark an dem Thema Wohnungsbau orientiert . Ich halte das für (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- richtig . Das ist ein aktuelles, ein wichtiges Thema, das NEN]: Sie lenken doch ab!) uns alle umtreibt, auch, aber nicht nur angesichts der Die sollen nicht zu uns kommen und sagen, sie möchten, Flüchtlingsthematik . Wir werden an der Wohnungspro- dass der Bund einen Beitrag dazu leistet, dass kosten- blematik relativ schnell erkennen, wo bei der Zuwande- günstig gebaut werden kann . rung die Grenzen des Machbaren sind . Wir werden erle- ben, wo an dieser Stelle die Obergrenze liegt . (Beifall bei der CDU/CSU) Es muss uns gelingen, zusätzlichen Wohnraum zu Sie sollen selber schauen, wo sie die Kosten dramatisch schaffen, nicht nur, wie ich gesagt habe, wegen der erhöht haben, beispielsweise bei der Grunderwerbsteuer . Flüchtlinge, sondern auch deshalb, weil Wohnraum Auch da sind nicht die Bayern und auch nicht die Sach- an sich in diesem Land schon knapp ist . Einen neuen sen gemeint, sondern alle die Länder, die das in dieser Schwung beim Wohnungsneubau wünsche ich mir in der Ausprägung getan haben . Tat . Es geht um eine Belebung des Neubaus, nicht nur Ich habe mich gefreut, dass der Finanzminister heute bei Mietwohnungen – da möchte ich dem Kollegen Rief Morgen in der Debatte über die Möglichkeiten der steu- ausdrücklich recht geben –, sondern es geht auch darum, erlichen Förderung von Wohnungsbau gesprochen und Eigentum zu schaffen . Wir sind da in Deutschland ganz deutlich gemacht hat, dass er im Dialog ist, auch mit den weit hintendran, meine Damen und Herren . Ländern . Auch da sind sie aufgerufen, ihren Beitrag zu (Beifall bei der CDU/CSU) leisten . Ich sage Ihnen ganz offen: Uns geht es nicht da- 13530 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Dr. Georg Nüßlein (A) rum, nur in Brennpunkten etwas zu tun . Ich halte das für Das passt in der Tat auch in das Gesamtkonzept dieser (C) einen falschen Ansatz . Bundesregierung . Schauen Sie sich an, was im Gesund- heitsbereich gemacht wurde . Dort gab es eine große Wir haben in der Tat die Situation – die Ministerin Reform der Pflegeversicherung, bei der der Grundsatz hat sie vorhin beschrieben –, dass sich die Verdichtung „Ambulant vor stationär“ nach ganz vorne gestellt wur- in den Ballungsräumen abspielt, dass wir Schwarmstädte de . Nach diesem Ansatz sollen die Leute möglichst lange und Zuzug bekommen . Das sind ganz schwierige Situa- selbstständig in ihren Wohnungen leben können, auch tionen . Ich glaube, es ist an der Politik, diese Entwick- wenn sie etwas beeinträchtigt sind . Dabei ist natürlich lung durch politische Beschlüsse nicht noch zu verstär- die Frage, wie man eine solche Wohnung altersgerecht ken . Vielmehr sollten wir uns vor Augen halten, dass die umbauen kann, ganz entscheidend . Ich glaube, dies ist ei- Abschreibung in diesem Bereich derzeitig nicht wirklich nes der besten Programme, die wir auf der Seite der KfW kostenadäquat ist . Der Wertverlust eines Gebäudes, das verankert haben . Es ist richtig, lieber Herr Bartol, dass heute viel techniklastiger ist als früher, geht dramatisch wir dieses Programm deutlich, nämlich um 23,5 Millio- schneller vonstatten, als es noch vor 30, 40 Jahren der nen Euro, aufgestockt haben . Fall war . Deshalb muss man die Abschreibungssätze aus meiner Sicht der wirtschaftlichen Realität anpassen und (Beifall bei der CDU/CSU) dabei auch darauf setzen, dass die Investoren am Schluss wissen, wo es Sinn macht, Wohnungen zu bauen . Lassen Sie mich etwas zum Thema Klimaschutz sa- gen, das vor der UN-Klimakonferenz in Paris natürlich (Beifall bei der CDU/CSU) eine entscheidende Rolle spielt: Ich will ganz klar sagen, Ich gehe davon aus, dass das mehrfach angesprochene dass aus Sicht unserer Fraktion der internationale Klima- Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen in seinem schutz entscheidend ist . Die Frage, ob es hier zu einem Abschlussbericht zu ähnlichen Empfehlungen kommen Erfolg oder zu einem Misserfolg kommt, wird internati- wird und es uns gelingen wird, die Baukosten in den onal und nicht national, Frau Höhn, und schon gar nicht Griff zu bekommen . Aber auch hier ist nicht nur der Staat durch Symbolpolitik entschieden . gefordert . Auch die Bauherren und Architekten müssen (Beifall des Abg . Dr . sich einmal gemeinsam Gedanken darüber machen, wie [CDU/CSU]) man ein bisschen preiswerter bauen kann . Es geht hier eben nicht nur um unsere Auflagen. Wir müssen jetzt endlich einmal haltbare, transparente, umsetzbare und wirklich robuste Regeln bekommen, an Ich sage Ihnen auch: Ich habe jetzt verstanden, dass die sich am Schluss alle halten . Das halte ich für ganz wir das Baurecht mit Blick auf die Flüchtlingssituation entscheidend . ändern mussten . Das sind aber Ausnahmeregeln . Ich (B) wäre sehr skeptisch – auch als Umweltpolitiker –, wenn (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (D) wir das zum Generalprinzip erheben würden . NEN]: Lasst mal die anderen machen: Das ist Ihre Politik!) Auch ein qualitativ guter und ein etwas exklusiverer Wohnungsbau schafft am Ende Wohnraum im unteren Ich würde mich freuen, wenn Sie das auch so sagen wür- Bereich, weil die Menschen natürlich umziehen und da- den . durch andere Wohnungen frei werden, wodurch man eine gewisse Öffnung erzielt . Ich glaube, das sollten wir be- Wir, die CDU/CSU-Fraktion, setzen jedenfalls auf die achten, und wir sollten jetzt nicht von dem einen Extrem, Wirksamkeit der Instrumente auf der einen Seite und auf alles zu regeln, was typisch deutsch ist, in das andere Ex- die Kosteneffizienz auf der anderen Seite. Es geht am trem verfallen und sagen: Jetzt wird alles offen, die ener- Schluss nämlich auch darum, zu zeigen, dass sich Klima- getische Sanierung und der Klimaschutz spielen plötz- schutz und Wirtschaft nicht widersprechen müssen, son- lich keine Rolle mehr . – Das würde ich für fatal halten . dern dass beides geht, ökologischer und ökonomischer Erfolg, wenn man es richtig macht und nicht so, wie es (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und die Grünen gerne hätten . der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU – Bärbel Höhn Ich habe es angesprochen: Es geht nicht nur um den [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An der Mietwohnungsbau, sondern auch um das Thema Eigen- Braunkohle festhalten ist ökologischer und tum – Stichwort: Wohnungsbauprämie . Ich bin ganz of- ökonomischer Unsinn!) fen für eine Diskussion darüber, ob die Uraltwerte, die hierfür bei der Einkommensgrenze nach wie vor gelten, Natürlich komme ich jetzt auch auf den Zusammen- noch angemessen sind . hang zwischen den beiden Themen Bauen und Klima – das haben Sie erwartet – und auf die steuerliche Förde- (Beifall des Abg . [Kleinsaara] rung der energetischen Gebäudesanierung zu sprechen . [CDU/CSU]) Das ist ein altes Ziel, das immer wieder hart umkämpft Diese wurden im Jahr 1996, also noch im letzten Jahr- und leider Gottes nie erreicht wurde, was in der Tat am tausend, festgelegt . Auch darüber sollte und wird man Widerstand der Länder liegt . Sie haben nur Reden, aber diskutieren . kein Geld für dieses Thema übrig . Das halte ich für falsch . Das, was wir im Bereich des altersgerechten Bauens gemacht haben, halte ich für einen guten Ansatz . Es ist (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ ganz wichtig, hier zu Umstrukturierungen zu kommen . DIE GRÜNEN]: Bayern!) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13531

Dr. Georg Nüßlein (A) – Ich habe Sie nicht verstanden, aber ich weiß wahr- Vizepräsident Johannes Singhammer: (C) scheinlich, was Sie zugerufen haben, nämlich „Bayern“ . Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Kollegin Steffi Lemke das Wort. Wir haben uns damals dagegen eingesetzt,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): NEN]: Ach!) Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und als ein Tauschgeschäft gemacht werden sollte . Kollegen! Herr Nüßlein, ich freue mich immer, wenn Sie in einer Umweltdebatte reden . Dabei wird nämlich klar, (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass es Ihnen nicht um Umweltpolitik oder gar Klima- NEN]: Aha!) schutz geht, sondern um ein paar billige Schenkelklopfer . Das sei Ihnen gegönnt . Aber das ist nicht unser Ansatz Es wurde nämlich gesagt: Wir fördern die energetische einer seriösen und verantwortlichen Politik . Gebäudesanierung, nehmen dafür aber dem Handwerk beim Handwerksbonus gegen Schwarzarbeit etwas (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) weg .– Diesen hatten wir vorher sinnvollerweise einge- Ich will mit einem Lob an die Bundesministerin an- führt . Er ist präzise berechnet . Hier kann man nichts kür- fangen; das geht relativ schnell . zen . Das ist ein intelligenter Ansatz, über den man nach- denken muss . Das ist ein bisschen komplizierter . (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Oliver Krischer [BÜND- Zum einen ist es gut, dass zum zweiten Mal in Folge NIS 90/DIE GRÜNEN]: 15 Bundesländer und 3 Millionen Euro für die Bekämpfung von Wilderei in die Bundesregierung fanden das gut!) den Umwelthaushalt eingestellt worden sind . Das geht auf eine grüne Initiative bzw . auf einen interfraktionel- Wir sagen: Wir machen die Dinge absetzbar, und zwar len Antrag zurück . Dafür möchte ich mich ausdrücklich in dem Ausmaß, dass es keinen Sinn macht und nichts bedanken . bringt, dem Kunden die Mehrwertsteuer zu schenken und dafür keine Rechnung zu schreiben . Dieser Bonus ist prä- Zum anderen – ich glaube, das ist strategisch wich- zise berechnet . Deshalb kann man dieses Tauschgeschäft tiger – ist es gut, dass die Bundesregierung und die nicht machen . Bundesumweltministerin gegenüber dem Ansinnen der Kommission in Brüssel klare Kante gezeigt haben, die Wir wollen kein solches Tauschgeschäft, sondern wir Naturschutz- und Umweltgesetzgebung in einem so- (B) wollen, dass sich die Länder zu ihrer Verantwortung be- genannten Fitness-Check an Wirtschaftsinteressen an- (D) kennen, nicht nur verbal, sondern auch finanziell. zupassen . Für die klaren Worte Ihrer Kollegin aus dem Umweltministerium am vergangenen Freitag möchte ich (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) mich bedanken . Ich möchte aber gleichzeitig einfordern, Man muss auch einmal etwas auf den Tisch legen, wenn dass Sie diese Linie stringent fortsetzen, weil ich nicht einem das Thema sehr wichtig ist, statt zu sagen, man glaube, dass in dieser Angelegenheit abschließend ent- habe dafür außer guten Worten nichts übrig . Meine Da- schieden ist und die Naturschutzrichtlinien der EU unan- men und Herren, das ist erheblich zu wenig . getastet bleiben sollen . – Das war das Lob . Ich will zu den großen Herausforderungen oder auch (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Krisen kommen: erstens die Klimakrise, zweitens das Anstatt hier so einen Radau zu machen, liebe Damen und Artensterben und drittens das Thema Fluchtursachen . Herren von den Grünen, Wir haben aus ausreichend vielen Studien Belege dafür, dass vier von neun planetaren Grenzen bereits überschrit- (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ten worden sind . Der erste Punkt ist die Klimakrise . In NEN]: Wer macht denn Radau? Sie!) Paris werden wir über das 2-Grad-Ziel verhandeln . wäre es sinnvoll, mit den Vertretern der Länder zu reden, Ich finde es gut, dass es heute Morgen für diese Kli- in denen Sie Regierungsverantwortung tragen – leider maverhandlungen ein sehr positives Zeichen gegeben Gottes sind das ein paar –, und denen mitteilen, hat . Hier wird in die Tat umgesetzt, was Herr Nüßlein nur verbal einfordert: Die Allianz-Versicherung hat er- (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- klärt, dass sie sich aus dem Kohleinvestment zurückzie- NEN]: Der Radauverein!) hen wird . dass sie uns bei der Erreichung unserer Klimaschutzzie- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) le in Schwierigkeiten bringen, wenn sie bei einem der wichtigsten Projekte – ich bleibe dabei: von der Größen- Das ist zwar nicht ganz die reine Lehre, aber immerhin . ordnung her ist die energetische Gebäudesanierung eines Damit geht die Allianz-Versicherung weit über das hi- der wichtigsten Projekte – einfach Nein sagen . Das halte naus, was die Bundesregierung an ökologischem und ich für falsch . ökonomischem Sachverstand an den Tag legt . Die Bun- desregierung schafft es nicht einmal, bei der KfW-Finan- Vielen Dank fürs Zuhören . zierung wenigstens etwas Ähnliches zu beschließen . (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 13532 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Steffi Lemke (A) Ich will mich zunächst auf die zweite große Krise extrem schade . Sie haben jedenfalls unsere volle Unter- (C) konzentrieren, von der ich finde, dass die Naturschutz- stützung, wenn Sie daran noch etwas ändern wollen . ministerin sie wirklich unterbeleuchtet, nämlich das (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Artensterben . Wir wissen auch wiederum aus vielen Studien Ihres Hauses, vom Bundesamt für Naturschutz Das zweite große Thema haben Sie selbst mit der Aus- und vom Umweltbundesamt, dass ein Drittel unserer Ar- sage „Deutschland wird in Zukunft Klimaflüchtlinge auf- ten gefährdet oder bereits ausgestorben ist . Ein Drittel! nehmen müssen“ in die öffentliche Debatte eingespeist . Etwa 30 Prozent der Arten sind weg oder fast weg . Frau Das ist erst einmal richtig . Sie sind aber jetzt schon mit Hendricks, Ihre Antwort auf diese riesengroße Aufgabe der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen – mit ist eine Naturschutzoffensive in Form einer Hochglanz- den jetzt zu uns kommenden Flüchtlingen; das betrifft broschüre . Sie ist zwar auf Ökopapier gedruckt; das ist Kommunen, Länder und den Bund – beschäftigt und gut . Aber es kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass Sie sich gefordert . Wenn Sie nun den nächsten großen Problem- hierhinstellen und sagen: Werbung wird schon helfen .– reigen im Hinblick auf Flüchtlinge eröffnen, erwarten Das ist hanebüchen . wir von Ihnen – das wäre das Allermindeste –, dass Sie jetzt energisch in den sozialen Wohnungsbau investieren . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Auch da bleiben Sie mit den 500 Millionen Euro, die Sie Wir erwarten von Ihnen klare Maßnahmen und nicht in den Haushalt eingestellt haben, weit hinter allen He­ nur ein Versprechen für die Zeit nach Ihrer Amtszeit . Sie rausforderungen bzw . Notwendigkeiten zurück . schlagen für die nächsten Verhandlungen für die Gemein- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) same Agrarpolitik vor, die Agrarsubventionen zu redu- zieren . Das ist lange nach 2020 . Ihre Aufgabe ist es, die Sie wissen das, Frau Hendricks . In Ihrer Rede haben sie Biodiversitätsstrategie, die unter Herrn Gabriel beschlos- an zwei Stellen durchblicken lassen, dass Ihnen absolut sen worden ist, umzusetzen . Das heißt, das Artensterben klar ist, dass das Geld nicht ausreichen wird . Deshalb bis 2020 zu stoppen . Dafür haben Sie noch genau zwei ist zu fragen, warum Sie jetzt, da in den Kommunen die Jahre Zeit, bis die Legislaturperiode zu Ende ist . Dann Probleme auch mit Rechtsextremismus und Ausländer- werden die Karten, wie bekannt, neu gemischt . Mit einer feindlichkeit kumulieren, nicht aufstocken . Das spielt Broschüre werden Sie da definitiv nicht weiterkommen sich nicht hier im Deutschen Bundestag, sondern in den Städten und Gemeinden ab . Wenn Sie denen jetzt nicht Der WDR hat heute Morgen berichtet, dass die ein klares Signal geben, indem Sie sagen „Ihr bekommt EU-Kommission ein neues Vertragsverletzungsverfah- ausreichend Geld für Investitionen in den sozialen Woh- ren wegen Nichtumsetzung der Wasserrahmenrichtlinie nungsbau“, haben Sie eine Mitverantwortung für die Pro- einleiten will, weil viel zu viel Nitratdünger auf unse- bleme auf kommunaler Ebene . (B) re Felder kommt, was dazu führt, dass zu viel Nitrat in (D) unserem Wasser ist . Dadurch wird die Natur vernichtet (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bzw . das Artensterben massiv befördert . Bei der Dün- Ein guter Haushalt muss vorausschauend sein . Mit gegesetzgebung jedoch haben Sie nichts, aber auch gar ihm muss über den Tellerrand hinausgeblickt werden . nichts erreicht . Darum wird die Broschüre schlicht und Er muss gerecht sein . All dies wird auch im Bereich des einfach nicht helfen, sondern nur eine traurige Bilanz Umwelthaushaltes in eklatanter Weise nicht berücksich- hinterlassen . tigt . Sie bleiben die Antworten auf die großen Herausfor- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) derungen – sei es die Klimakrise, das Artensterben oder das Bewältigen der Aufgaben im Zusammenhang mit den Ich komme zum zweiten Punkt beim Naturschutz, Flüchtlingen, die im Moment zu uns kommen – schuldig . zum Abbau umweltschädlicher Subventionen . Wiederum Ihr eigenes Haus, das Umweltbundesamt, beziffert die Dieser Haushalt hat – auch für den Umweltbereich – umweltschädlichen Investitionen in Deutschland auf bis keinen Plan . Das müssen Sie dringend ändern . zu 50 Milliarden Euro . Sie aber haben alle unsere An- Danke schön . träge während der Haushaltsberatungen – in ihnen ging es darum, mit einem ersten Schritt wenigstens einen Teil (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) der Subventionen zu kürzen – schlichtweg abgelehnt, obwohl Sie durch das CBD-Übereinkommen völker- Vizepräsident Johannes Singhammer: rechtlich dazu verpflichtet sind. Dabei geht es nicht nur Als Nächster spricht der Kollege Carsten Träger für um das grüne Parteiprogramm; auch was darin steht, ist die SPD . wichtig und würde ausreichen . Die Bundesregierung hat sich aber völkerrechtlich auch dazu verpflichtet, umwelt- (Beifall bei der SPD) schädliche Subventionen abzubauen . Dazu ist wieder eine Fehlanzeige in Ihren Haushaltsberatungen zu ver- Carsten Träger (SPD): melden . Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kollegen! Natürlich fokussieren sich die Beratungen des Haushalts des Bundesministeriums für Umwelt, Natur- Sie laufen im Bereich „Naturschutz und Stoppen des schutz, Bau und Reaktorsicherheit in diesen Zeiten zu- Artensterbens“ unter der Messlatte hindurch, die Sigmar nächst auf den Baubereich, auf den sozialen Wohnungs- Gabriel aufgelegt hat . Wenn Sie, Frau Hendricks, damit bau . Gleichwohl halte ich es für sehr wichtig, dass wir wirklich aus dem Amt scheiden wollten, fände ich das uns auch um den zweiten Bereich, den Umweltbereich, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13533

Carsten Träger (A) kümmern . Deswegen möchte ich mich auf zwei Themen Die Wilderei gehört zu den einträglichsten Sparten der (C) konzentrieren: auf das Bundesprogramm Biologische organisierten Kriminalität . Sie steht auf einer Stufe mit Vielfalt und – das hat die Frau Kollegin gerade auch Waffen-, Drogen- und Menschenhandel und ist eine Fi- schon angesprochen – auf die Bekämpfung der Wilderei . nanzierungsbasis für Terrororganisationen in Afrika . Es Dafür werden jeweils 3 Millionen Euro ausgegeben . Das geht um sehr, sehr viel Geld . sind Zahlen, die, wie ich zugebe, manchen im Vergleich zu den Summen, über die wir sonst debattieren, gering Wie werden wir die 3 Millionen Euro einsetzen? Ich vorkommen mögen . Das Thema ist aber ganz sicher nicht freue mich sehr, dass es gelungen ist, die Mittel zu ver- von geringer Bedeutung . stetigen . Einerseits ist es notwendig, darauf zu zielen, die Nachfrage in den Nachfragestaaten zu reduzieren, Auch wenn wir Artenschützer in den Schlagzeilen die vor allem in Asien liegen . Andererseits müssen wir nicht ganz oben stehen, darf der Naturschutz nicht zu die Herkunftsländer bei der Entwicklung und Umsetzung kurz kommen . Dafür sorgt unsere Umweltministerin, und von Strategien zur Bekämpfung der Wilderei, aber auch dafür danke ich ihr . des Handels, der in diesem Zusammenhang betrieben wird, unterstützen . Dafür gibt es vor Ort sogenannte nati- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten onale Elfenbein-Aktionspläne, die wir mit diesen Mitteln der CDU/CSU) weiter unterstützen wollen . Es gibt einen Aufwuchs um 20 Prozent für das Bundes- Deutschland ist bei der Bekämpfung der Wilderei in- programm Biologische Vielfalt, und ich unterstütze aus- ternational führend . Ich freue mich, dass wir das mit den drücklich die Ministerin in ihrer Forderung, diese Mittel Haushaltsmitteln, die wir beschließen wollen, versteti- bis zum Jahr 2020 zu verdoppeln . Das ist wichtig, und gen können . Ich danke auch dem Umweltministerium für es ist auch notwendig . Denn der Indikatorenbericht zu sein Engagement an dieser Stelle . dem Programm hat gezeigt, dass es beim Erhalt der Ar- Vielen Dank . tenvielfalt zwar einerseits schöne Erfolge in Deutschland gibt – wir freuen uns zum Beispiel über die Rückkehr des (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Wolfs –; anderseits ist aber die Trendwende noch nicht geschafft . Deswegen müssen wir dringend etwas tun . Vizepräsident Johannes Singhammer: Frau Lemke, ich begrüße ausdrücklich die Natur- Nächster Redner ist der Kollege Christian Hirte für die schutz-Offensive 2020 . Darin sind zehn Handlungsfelder CDU/CSU . definiert und 40 Maßnahmen genannt, und eine zentrale (Beifall bei der CDU/CSU) Botschaft ist – die Frau Ministerin hat es angesprochen – (B) der Umbau der Agrarsubventionen . Das ist der Hebel, bei (D) dem wir ansetzen müssen: öffentliche Mittel für öffentli- Christian Hirte (CDU/CSU): che Leistungen für den Naturschutz . Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kaum ein anderes Thema beherrscht die De- (Beifall bei der SPD – Oliver Krischer batten dieser Tage so sehr wie die aktuelle Flüchtlings- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben krise und die damit im Zusammenhang stehende Politik . doch in den letzten Jahren gerade nicht umge- Kaum ein anderes Thema wird auch außerhalb der Po- baut! Da hätten Sie die Chance gehabt! War- litik so stark und auch kontrovers diskutiert wie dieses, um haben Sie es nicht gemacht?) sei es bei Bürgerversammlungen, sei es am Stammtisch oder im Verein und selbst im Freundeskreis und in der Herr Krischer, sehr geehrte Kolleginnen und Kolle- Familie . gen, in dem Bundesprogramm wird eine Vielzahl wirk- lich guter Projekte gefördert: für den Erhalt der Wildkat- (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ ze, für den Gewässerschutz oder auch für Maßnahmen, DIE GRÜNEN]: Oder in der CDU-Fraktion! – die das Bewusstsein für die Biodiversität stärken . Ich bin Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: stolz darauf, dass wir hier eine Aufstockung erreicht ha- Oder beim CSU-Parteitag!) ben und künftig noch mehr wertvolle Projekte fördern Dabei erlebt die Debattenkultur ein Niveau, das, freund- können . lich formuliert, gelegentlich verbesserungswürdig ist . Liebe Kolleginnen und Kollegen, der zweite Punkt, Die Heftigkeit der Auseinandersetzungen steht natür- über den ich reden möchte, ist der Kampf gegen die Wil- lich auch in unmittelbarem Zusammenhang mit der Grö- derei und den illegalen Wildtierhandel . Die Wilderei auf ße der Herausforderungen und der Schwere der Aufgabe . Elefanten und Nashörner hat in Afrika dramatische Aus- Deswegen komme auch ich heute nicht umhin, den Etat maße erreicht . Ihre Bekämpfung stellt derzeit eine der des BMUB wenigstens ein Stück weit in diesen epocha- größten Herausforderungen für den internationalen Na- len Gesamtzusammenhang mit diesem Thema zu stellen . turschutz dar . Allein 2014 wurden in Afrika 20 000 Ele- fanten illegal abgeschlachtet . Das ist nicht nur ein Tier- Dass die deutsche Politik mit ihren begrenzten Ressour- schutzproblem . cen dabei auf vielen Kontinenten ansetzen muss, zeigt allein der Blick auf die Statistik der Herkunftsländer der (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Asylbewerber in Deutschland . Zur Stärkung und Stabili- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der sierung der Regionen haben wir seit 2012 mehr als 1 Mil- CDU/CSU) liarde Euro zur Verfügung gestellt . Weitere 400 Millio- 13534 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Christian Hirte (A) nen Euro sind allein für 2016 zur Krisenbewältigung und Zur Wahrheit gehört aber auch, dass alle bisher an- (C) -prävention in den Haushalt des Auswärtigen Amtes auf- gekündigten Maßnahmen nicht ausreichen, um den Kli- genommen worden . Frau Höhn, es ist also nicht so, dass mawandel zu stoppen, selbst wenn sie realisiert werden sich der Bund nicht engagieren würde . Im Gegenteil: Wir sollten . Trotzdem entbindet dies kein Land, schon gar sind intensiv engagiert . nicht uns Verantwortungsträger in Deutschland, den Weg Nicht nur die Flucht aus politischen und religiösen in die richtige Richtung einzuschlagen und auch dafür Gründen oder vor Bürgerkriegen ist weltweit ein Grund zu werben . Auch in Deutschland sind die Folgen des für anschwellende Flüchtlingsströme . Vielmehr haben Klimawandels für Mensch und Umwelt spürbar . Leid Naturkatastrophen im vergangenen Jahr über 20 Millio- bringt der Klimawandel aber vor allem jenen Ländern, nen Menschen zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen . in denen ohnehin die Ärmsten der Armen wohnen . Wer So wichtig die Auseinandersetzung mit dem Terror und will es diesen Menschen schon übel nehmen, dass sie ihr den Konfliktherden der Welt ist, so wichtig bleibt auch Schicksal selbst in die Hand nehmen und ihr Glück wo- die Auseinandersetzung mit den Folgen des Klimawan- anders – eventuell auch bei uns in Europa – suchen? Es dels . Paris im Jahre 2015 darf daher nicht allein zum Sy- ist deshalb nicht nur für den globalen Klimaschutz Zeit, nonym für einen barbarischen Akt des Terrors werden, den Klimawandel abzubremsen, sondern liegt auch und sondern Paris muss auch ein klares Bekenntnis der Welt- gerade in unserem eigenen nationalen, durchaus innen- gemeinschaft sein, das 2-Grad-Ziel zu erreichen . politischen Interesse . Deutschland muss sich dabei nicht verstecken, Frau Höhn . Mit dem Zukunftsinvestitions- (Beifall bei der CDU/CSU) programm haben wir die Mittel für die Nationale Kli- Eine Studie von Bloomberg hat gerade festgestellt, maschutzinitiative um 450 Millionen Euro aufgestockt . dass die Entwicklungsländer aktuell mehr Geld für sau- Die Mittel werden überwiegend zur Umsetzung des Ak- bere Energie ausgeben als die reichen entwickelten Län- tionsprogramms Klimaschutz 2020 und zur Erreichung der . der deutschen Klimaschutzziele eingesetzt . Konkret geht es dabei vor allem darum, Kommunen bei Investitionen (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sehr gut! – Bärbel Höhn [BÜND- in Klimaschutzprojekte zu unterstützen . Auch die Förde- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! – Steffi rung von Klimaschutz in Unternehmen, im Mittelstand Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was und im Handwerk wird ausgebaut . ist Ihre Konsequenz daraus?) Der zweite Schwerpunkt sind – mein Kollege Rief hat An der Spitze dieser Entwicklung marschiert zurzeit schon darauf hingewiesen, ebenso der Kollege Nüßlein – China . Auch Indien will sich auf einen ähnlichen Weg Investitionen in die Stadtentwicklung und das Thema (B) begeben . Die Bloomberg-Studie geht davon aus, dass bis „bezahlbares Wohnen“ . Mit rund 300 Millionen Tonnen (D) 2040 die Entwicklungsländer doppelt so viel sauberen Kohlendioxid verursacht der Gebäudesektor rund ein Strom erzeugen wie die reichen OECD-Länder . Das ist Drittel der deutschen Treibhausgasemissionen . Wahr- gut, wenn man die Entwicklungsländer sieht, und zu- scheinlich gibt es hier im Haus sogar einen Konsens, dass gleich erschreckend, wenn man die OECD-Länder sieht . wir die Quote bei der energetischen Gebäudesanierung (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- erhöhen müssen . Einigkeit besteht wahrscheinlich auch NEN]: Machen Sie doch etwas gegen die noch, dass wir dazu zusätzliche Anreize für die Baubran- Braunkohle!) che und die Hauseigentümer benötigen . Ich persönlich meine – auch aufgrund meiner Erfahrung als Anwalt für Nach dieser Studie, Frau Höhn und Frau Lemke, sticht Steuerrecht –, dass steuerliche Anreize die größte Len- allein Deutschland bei den OECD-Ländern – auch in der kungswirkung entfalten . Deswegen bin ich den Vorred- Perspektive 2040 – positiv heraus . nern für den Hinweis dankbar, dass wir über die steuer- (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- liche Förderung der energetischen Sanierung und auch NEN]: Weswegen? Wegen des EEG, das Sie ganz allgemein über die AfA diskutieren müssen . gerade abwürgen!) (Beifall bei der CDU/CSU) Dafür haben wir nicht nur im Bereich der erneuerbaren Energien einiges getan . Vizepräsident Johannes Singhammer: (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das wollen Sie doch gerade beenden!) Herr Kollege Hirte, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kühn? Im Haushalt von Frau Hendricks erhöhen wir 2016 die Investitionen zum Schutz des Klimas und der Biodiver- sität im Rahmen unserer Internationalen Klimaschut- Christian Hirte (CDU/CSU): zinitiative um über 75 Millionen Euro auf dann rund 340 Millionen Euro . Insgesamt wird Deutschland seine Sehr gerne . internationale Klimaschutzfinanzierung – wir haben das (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gerade gehört – bis 2020 verdoppeln . Andere müssen un- NEN]: Bisher war Ihre Rede ganz gut! – Hei- serem Beispiel noch folgen . terkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei der CDU/CSU) und bei der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13535

(A) Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE auf den Weg zu bringen, dann ist diese Frage durchaus (C) GRÜNEN): berechtigterweise an die CDU, an die SPD und an die Herr Kollege Hirte, ich frage Sie jetzt in Ihrer Eigen- Bundesregierung gerichtet, sie ist aber mindestens ge- schaft als Fachanwalt für Steuerrecht: Glauben Sie nicht nauso berechtigt den Bundesländern zu stellen, die natür- auch, dass es für diejenigen, die sich jetzt überlegen, ob lich ihren Anteil an den steuerlichen Ausfällen, die sich sie ihr Gebäude oder ihre Wohnung modernisieren und in der Folge ergeben, mittragen müssen . ob sie investieren sollen – es kann sich auch um eine (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wohnungseigentümergemeinschaft handeln –, unerträg- Wir haben den Antrag doch eingebracht! lich ist, nicht zu wissen, ob eine Steuerförderung kommt Sie haben dem nicht zugestimmt! – Oliver oder ob sie nicht kommt? Jetzt ist die Steuerförderung im Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wa- Januar gescheitert, und die Union treibt in dieser Debat- rum haben Sie ihn abgelehnt?) te die, ich sage einmal, Sau Steuerförderung weiterhin durchs Dorf und verunsichert Investoren in Deutschland . Das heißt, Sie können sich durchaus in den Bundeslän- Sie macht ihnen Hoffnung, dass diese Steuerförderung dern engagieren, in denen Sie Mitverantwortung tragen . noch kommt . (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ich finde das unerträglich, weil Sie damit dazu beitra- NEN]: Es hängt doch nicht an uns! Was reden gen, dass jetzt Investoren sagen: Ich halte mich erst ein- Sie denn da?) mal zurück und warte, bis die Steuerförderung kommt .– So können wir gemeinsam, nämlich die Koalition in Ber- Ich frage Sie ganz ernsthaft: Halten Sie es nicht für lin und die Bundesländer, das auf den Weg bringen . Dazu unverantwortlich, eine solche Politik zu machen? sind Sie herzlich eingeladen . Die zweite Frage, die ich habe, ist: Wann bringen Sie (Beifall bei der CDU/CSU) als Koalitionsfraktion hier einen Antrag auf Steuerförde- rung ein? Dann können wir alle ihm gemeinsam zustim- Ich wünsche unserer Kanzlerin Angela Merkel und men; denn hier gibt es eine breite Mehrheit dafür, das zu Frau Umweltministerin Barbara Hendricks jedenfalls machen . viel Erfolg und Verhandlungsgeschick, um in Paris zu dem Erfolg zu kommen, den wir alle gemeinsam nötiger denn je brauchen . Christian Hirte (CDU/CSU): Herr Kollege Kühn, ich glaube, Sie haben einen Dazu gehört ganz selbstverständlich auch, dass wir Umstand noch nicht ganz zur Kenntnis genommen und den Klimaschutzgedanken ganz konkret mit wirtschaft- vielleicht auch nicht verstanden, nämlich dass wir in der licher Prosperität verbinden. Umwelt- und Effizienztech- (B) Wohnungsbauwirtschaft momentan eine sehr erfolgrei- nologien sind Treiber für wirtschaftliches Wachstum und (D) che Entwicklung haben, unabhängig davon, ob wir mo- für neue Arbeitsplätze . mentan darüber diskutieren, ob eine weitere steuerliche (Beifall bei der CDU/CSU) Förderung kommt . Dabei sind sie nicht nur national wichtige Wachstum- (Dr .Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE streiber, sondern sie sind auch international von enormer GRÜNEN]: Aber es wird doch nicht saniert! Bedeutung . Das globale Marktvolumen solcher Techno- Es wird nicht energetisch saniert! Das ist, wo logien betrug im Jahr 2013 etwa 2,5 Billionen Euro, und wir es bräuchten!) es wird erwartet, dass sich das Marktvolumen bis 2025 Frau Ministerin Hendricks hat in ihrer Rede ausge- auf mehr als 5 Billionen Euro entwickeln wird . Das sind führt, dass wir jährlich etwa 350 000 zusätzliche Woh- Wachstumsraten von durchschnittlich 6 Prozent pro Jahr . nungen benötigen . Das heißt, über den momentan sich Der Weltmarktanteil von Greentech made in gut entwickelnden Wohnungsbau hinaus brauchen wir beträgt derzeit rund 14 Prozent . Um diesen Technologien ein weiteres Programm, um den Wohnungsbau noch stär- zu einem besseren Durchbruch auch in anderen Ländern ker anzureizen . zu verhelfen, hat das Bundesministerium nun eine Ex­ (Dr .Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE port­initiative gestartet und mit 5 Millionen Euro hinter- GRÜNEN]: Das ist doch nicht die Frage!) legt . Zusammen mit der im Einzelplan des Wirtschafts- ressorts laufenden Exportinitiative, die dort mit mehr Deswegen ist es notwendig, dass wir über Maßnahmen als 80 Millionen Euro veranschlagt ist, sind wir gut auf- nicht nur im staatlichen Bereich nachdenken, sondern gestellt, diesen für Deutschland wichtigen Exportmarkt zum Beispiel auch über Maßnahmen zur steuerlichen sinnvoll zu erschließen . Förderung, um den Wohnungsbau noch stärker anzurei- zen . (Beifall bei der CDU/CSU) (Dr .Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE Ich sage das vor allem deswegen, weil man daran GRÜNEN]: Es ging um die energetische Sa- sieht, dass die aktuelle Koalition Wert darauf legt, Öko- nierung! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/ logie und Ökonomie unter einen Hut zu bringen und ge- DIE GRÜNEN]: Wir reden über Gebäudes- meinsam zu entwickeln . Wenn wir mit diesem besonde- anierung!) ren Titel in Höhe von 5 Millionen Euro im Umweltetat dazu beitragen können, Deutschlands Rolle als führende Wenn Sie nachfragen, wie wir dafür Sorge tragen kön- Nation im Bereich der Umwelttechnologien zu stärken, nen, ein solches Programm zur steuerlichen Förderung nutzt dies nicht nur uns im eigenen Land, sondern es trägt 13536 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Christian Hirte (A) auch dazu bei, vor allem anderen Nationen unsere Tech- ein gesamtgesellschaftliches Ziel, und deshalb ist neben (C) nologien stärker als bislang zugänglich zu machen . der Mietpreisbremse auch die Erhöhung des Wohngeldes zum 1 .Januar 2016 ein wichtiges Signal . Wir haben da- Noch ein Wort zum Endlagerbereich: für zusätzlich 200 Millionen Euro im Haushalt zur Ver- Erstens . Wir haben die Ansätze für die Asse und für fügung gestellt . Erfreulich ist: Beide Instrumente wirken . Morsleben geringfügig abgesenkt, weil wir mit den frei- werdenden Mitteln das Bundesprogramm Biologische Auch die Maßnahmen, die wir im zweiten Miet- Vielfalt stärken wollten. Da der Mittelabfluss bei den rechtspaket verhandeln, werden für mehr Gerechtigkeit Projekten jetzt mehr und mehr in Schwung kommt, wäre sorgen . Damit versuchen wir zu verhindern, dass Miete es zu einem Antragsstau etwa Mitte nächsten Jahres ge- arm macht, und wir wollen die Auswirkungen von Woh- kommen . Das wollten wir verhindern . Es stellt sich aber nungsknappheit mildern . Ursache zu hoher Mieten ist für den Haushalt 2017 das Problem, dass wir den Auf- aber am Ende der fehlende Wohnraum . wuchs natürlich finanziell verstetigen wollen. Ich bin Auf die damit verbundenen Fragen gibt dieser Haus- mir ziemlich sicher, dass wir, die Berichterstatter und die halt eine Antwort: bauen . Wir haben es geschafft, dass Leitung des Hauses, zu einer sinnvollen Lösung kommen die Kompensationsmittel für die soziale Wohnraum- werden . förderung verdoppelt werden und dass den Ländern in Zweitens . Wir stehen bei der Frage der Endlagerung 2016 gut 1 Milliarde Euro pro Jahr für den sozialen Woh- gewissermaßen vor einer Richtungsentscheidung, wie nungsbau zur Verfügung stehen . Das ist so wichtig, weil die Endlagerungen künftig organisiert werden sollen . es nicht bei den durch den Bund zur Verfügung gestellten Gemäß EU-Richtlinie 2011/70/Euratom ist Deutschland Mitteln bleibt. Die Länder haben sich verpflichtet, diese verpflichtet, die vorhandene Behördenstruktur zu verän- dem Zweck entsprechend zu verwenden . Es ist natürlich dern . Die Kommission Lagerung hoch radioaktiver Ab- noch Luft nach oben, wenn im letzten Jahr sieben Länder fallstoffe hat hierzu bereits Vorschläge gemacht . Dabei die Kompensationsmittel nicht bzw . nicht vollständig in soll dem internationalen Grundsatz der Trennung von die Wohnraumförderung investiert haben . Trotzdem sind Aufsicht und Betrieb gefolgt werden . Die Neuordnung diese Mittel ungemein wichtig, weil die Länder die vom der Behörden sieht daher neben der Schaffung eines zen- Bund eingesetzten Kompensationsmittel im letzten Jahr tralen Regulators in Form des Bundesamtes für kerntech- auch durch eigene Wohnraumförderung vervierfacht ha- nische Entsorgung auch die Errichtung einer Bundesge- ben . Auch wegen dieser Hebelwirkung ist dies sicherlich sellschaft für kerntechnische Entsorgung vor . einer der größten Erfolge im Baubereich . Wir gehen da- mit weit über den Koalitionsvertrag hinaus . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD) (B) Die Streichung von 30 Stellen haben wir deswegen (D) ausgebracht, weil derzeit noch nicht völlig klar ist, wie Es geht aktuell aber nicht nur darum, den grundsätz- die Organisationsstruktur künftig aussehen soll . Ich sage lichen Bedarf an Wohnungen, sondern insbesondere aber ganz deutlich: Wir werden die Stellenentsperrung auch den zusätzlichen Bedarf, bedingt durch den Zuzug zügig vornehmen, sobald klar ist, wie die künftige Orga- von Flüchtlingen, zu decken . Dabei sollten wir unseren nisation aussieht . Blick auch dahin wenden, wo Leerstand herrscht . Für Vielen Dank für die bisherige konstruktive Zusam- viele Flüchtlingsfamilien dürfte auch das Wohnen auf menarbeit . Ich bin optimistisch, dass sie uns auch in Zu- dem Land eine attraktive Option sein . Wohnraum ist dort kunft voranbringen wird . schneller verfügbar . Schrumpfende Regionen könnten vom Zuzug durch Flüchtlinge profitieren. Damit daraus Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . am Ende eine Win-win-Situation wird, müssen örtliche Wirtschaft und Kommunalpolitik auch kreativ sein und (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- die richtigen Anreize setzen . ordneten der SPD) Die notwendigen Diskussionen darüber müssen noch Vizepräsident Johannes Singhammer: geführt werden . Für uns ging es jetzt zunächst in einem Nächster Redner ist der Kollege Sören Bartol, SPD . ersten Schritt darum, möglichst schnell bauen zu können, was wir auch mit dem Asylverfahrensbeschleunigungs- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten gesetz ermöglicht haben . der CDU/CSU) Doch mit diesem Haushalt sind wir bereits beim zwei- ten Schritt . Es geht nicht nur darum, schnell Wohnungen (SPD): Sören Bartol für Flüchtlinge zu bauen, sondern auch darum, mehr für Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und alle zu bauen . Wir wünschen uns deshalb nicht nur, dass Kollegen! Dieser Haushalt macht zwei Dinge deutlich: Wohnungsgenossenschaften und städtische Wohnungs- Wir setzen den Koalitionsvertrag Schritt für Schritt baugesellschaften über die Bestandssicherung hinaus um . Und: Wir nehmen auch neue Herausforderungen stärker an Neubau denken, sondern auch, dass private an . Unser Motto „Gesagt . Getan . Gerecht “. hat uns in Investoren in den Mietwohnungsbau stärker einsteigen der Stadt- und Wohnungspolitik bei vielen Maßnahmen als bisher . und Entscheidungen geleitet . Die Mietpreisbremse, seit dem 1 . Januar 2015 in Kraft, ist für die Bevölkerung (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten eine Frage der Gerechtigkeit . Bezahlbares Wohnen ist der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13537

Sören Bartol (A) Auch dazu haben der Koalitionsausschuss und der Mich stimmt optimistisch, dass wir hier nicht bei null (C) Flüchtlingsgipfel Bund und Ländern einen klaren Auf- anfangen . Insbesondere das Programm „Soziale Stadt“ trag erteilt: Es soll geprüft werden, wie mittels geeigneter setzt seit Jahren mit unterstützender Quartiersarbeit ge- Anreizinstrumente der Neubau von preiswertem Wohn- nau dort an . Deshalb ist es bereits im Haushalt 2014 ge- raum gefördert werden kann . Lieber Kollege Nüßlein, stärkt worden . Hier können Probleme früh erkannt und ich denke, es ist jetzt an der Zeit, dass der Finanzminister Lösungsstrategien entwickelt werden . Wir wissen – auch das nicht nur erklärt, sondern auch einen konkreten Vor- das ist gerade schon erwähnt worden –, dass jeder Euro schlag unterbreitet . in die Städtebauförderung Folgeinvestitionen von bis zu 7 Euro nach sich zieht . Viel wichtiger ist jedoch, dass (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ wir mit diesem Programm nicht nur in Beton investieren, DIE GRÜNEN]: Wann kommt denn der?) sondern in Stadtentwicklung, in aktive Stadtteile – ein Häufig mangelt es auch schlichtweg an Flächen für wesentlicherer Gewinn aus meiner Sicht . den Wohnungsneubau . Hierbei können wir nur bedingt (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten weiterhelfen . Deswegen haben wir die BImA, die unsere der CDU/CSU) Liegenschaften verwaltet, ermächtigt, weitere bundesei- gene Flächen verbilligt abzugeben, wenn auf diesen Flä- Es geht aktuell sowohl darum, schnell zu bauen, damit chen Sozialwohnungen gebaut werden . Wir Fachpoliti- keine akute Wohnungsnot entsteht, als auch darum, nicht ker sind aber – das will ich unumwunden zugeben – mit aus dem Blick zu verlieren, dass wir morgen so leben, der konkreten Ausgestaltung nicht zufrieden . wie wir heute bauen . (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Vielen Dank . BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Der Verkehrswert bzw . die hohen Bodenpreise werden ausgerechnet in den Städten, in denen auch noch Woh- Vizepräsident Johannes Singhammer: nungsknappheit herrscht und in die aktuell noch mehr Abschließender Redner zu diesem Tagesordnungs- Menschen strömen, einfach nicht genug berücksichtigt . punkt ist der Kollege Christian Haase, CDU/CSU . Bei alldem darf eines nicht aus dem Blick geraten: (Beifall bei der CDU/CSU) Wenn wir bauen, dann nicht nur, wie bei der Erstunter- bringung, schnell und für kurze Zeit! Deshalb muss unse- re Devise sein, zwar schnell, aber nicht schlicht zu bauen . Christian Haase (CDU/CSU): Dafür braucht es neue Ideen und Initiativen, beispiels- Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Mi- (B) weise serielles und modulares Bauen . Deshalb werden im nisterin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr (D) Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms 120 Millio- geehrten Damen und Herren! Wir zeigen mit dem vor- nen Euro für Modellvorhaben zum nachhaltigen Wohnen liegenden Haushalt 2016 wieder einmal, dass ein kon- für Studierende und Azubis zur Verfügung gestellt . Mit sequenter Konsolidierungskurs, wie ihn die unions- diesen sogenannten Variowohnungen gerät modulares geführten Bundesregierungen leben, Spielräume für und nachhaltiges Bauen in den Blick . Der Projektaufruf Wachstumsimpulse und Rückstellungen schafft . Das ist auf den Weg gebracht . Nun sind wir gespannt auf in- sehen wir auch beim Etat des Bundesministeriums für novative Ansätze, die sich insbesondere in Gebieten mit Umwelt, Bau, Naturschutz und Reaktorsicherheit, den Wohnungsknappheit kostengünstig umsetzen lassen . wir für 2016 um 5 Prozent erhöhen . Ein weiterer Anreiz für die Schaffung von bedarfs- In meiner Rede während der Haushaltswoche zur gerechtem Wohnraum ist das Programm „Altersgerecht ersten Beratung sprach ich die angespannte Personalsi- Umbauen“ . Mit der Aufstockung auf immerhin 50 Mil- tuation im BMUB an . Im Ministerium und den nachge- lionen Euro tragen wir der Tatsache Rechnung, dass im ordneten Bundesämtern sollten laut Regierungsentwurf Moment die Anträge nur so hereinströmen . Was wollen zwar knapp 100 Stellen verstetigt werden; angesichts der wir damit erreichen? Es geht um Integration, darum, Vielzahl an Aufgaben herrscht dennoch Personalbedarf . dass die, die nur in barrierefreien oder barrierearmen Daher freue ich mich sehr, dass die Stellenzahl bei den Wohnungen in ihrem Lebensumfeld bleiben können, die parlamentarischen Beratungen noch einmal deutlich auf- Chance dazu haben . Es geht darum, dass wir Ausgren- gestockt werden konnte . Ich bedanke mich insbesondere zung entgegenwirken sowie Integration und friedliches bei den Haushaltspolitikern, die sich dafür eingesetzt ha- Zusammenleben ermöglichen . Wir reden hier nicht über ben . irgendein Wirtschaftsgut; wir reden über die Wohnung, (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie wir reden über das Lebensumfeld von Menschen, und wir bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE reden am Ende über Heimat . GRÜNEN) Das bringt mich zu einer weiteren Herausforderung, Es ist wichtig, dass die Bundesbehörden in der Lage vor der wir stehen . Die neugebauten Wohnungen und sind, ihre originären Aufgaben selbst zu erledigen, an- die neuen Wohnsiedlungen werden auch Heimat derer statt auf externe Dienstleister oder befristet Beschäftigte sein, die zu uns kommen, die bei uns Sicherheit, aber angewiesen zu sein, und das haben wir nun ermöglicht . auch Glück suchen . Die, die bereits in diesen Vierteln wohnen, sowie die, die hinzuziehen, müssen ein Um- Auch für neue Aufgaben wurden noch einmal zusätz- feld vorfinden, das das Zusammenleben gelingen lässt. liche Stellen bereitgestellt, etwa zur Bewältigung der 13538 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Christian Haase (A) Flüchtlingskrise . Das ist ein wichtiges Signal, damit das itiative wird für 2016 um 75 Millionen auf 338 Millio- (C) BMUB in der Flüchtlingskrise noch mehr in Erscheinung nen Euro aufgestockt . treten kann . In den letzten Wochen habe ich mit zwei Kollegen in Auch bei der Umsetzung des Nagoya-Protokolls hatte Äthiopien verschiedene Projekte besucht, die von uns ich mich an dieser Stelle dafür eingesetzt, einen etwai- gefördert werden . Dazu gehören Projekte des NABU gen Mehrbedarf an Personal zu prüfen . Immerhin zwei zur Stärkung des nachhaltigen Tourismus und der Akti- zusätzliche Stellen wurden nun realisiert, damit wir die vierung der Ursprungsregionen des Wildkaffees . Dieses Verpflichtungen aus diesem internationalen Abkommen setzt sich für die Erhaltung der letzten Wildkaffeewälder auch erfüllen können . Hier hat die Anhörung im Aus- in Äthiopien, der Heimat des Arabica-Kaffees, ein . Da- schuss Wirkung gezeigt . mit verbinden die Projekte den Klimaschutz mit dem Er- halt der biologischen Vielfalt in einem der artenreichsten (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Länder der Welt . Konkrete Maßnahmen sind die Wieder- der SPD) aufforstung, nachhaltige Waldnutzung und Herstellung Im Programmhaushalt 2016 kommt es im Vergleich von energiesparenden Öfen . Gleichzeitig werden neue zum Vorjahr zu einer deutlichen Steigerung um 6 Pro- Maßnahmen zum Schutz der einzigartigen Artenvielfalt, zent . Investitionen zum Schutz des Klimas und zur Städ- zur Stärkung von partizipativem Gemeindemanagement tebauförderung nehmen bei den Mehrausgaben einen und zur Regionalentwicklung eingeführt . So sollen Ent- wesentlichen Teil ein . Damit wird der Weg der Zukunfts- wicklungsprogramme für Handwerk, Ökotourismus und investitionen, den wir mit dem ersten Nachtragshaus- Regionalprodukte die nachhaltige Nutzung der biologi- halt 2015 eingeschlagen haben, konsequent fortgesetzt . schen Vielfalt der Region fördern . Rund um den Tanasee, im neuen Biosphärenreservat, klappt das – davon konn- Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Bezug auf die Zu- ten wir uns überzeugen – auch praktisch schon ganz gut . kunft nimmt gerade das BMUB eine Schlüsselrolle ein: In diesem Ressort kümmern wir uns um Herausforde- Meine Damen und Herren, wir gehen voran beim rungen, die auch noch unzählige Generationen nach uns Klimaschutz, auch dank vieler deutscher Unternehmen, beschäftigen werden . Die Fragen der Atomendlager und die Pioniere im Bereich der Umwelttechnologien sind . des Klimaschutzes beispielsweise werden wir nicht auf Dieses Potenzial wollen wir nutzen . Im Haushalt 2016 die Schnelle lösen können . Aber mit der Klimakonferenz bringen wir einen neuen Titel zur Exportförderung grü- in Paris und der Umsetzung des Standortauswahlgesetzes ner Technologien mit einem Volumen von 5 Millionen stellen wir in diesen Fragen jetzt entscheidende Weichen Euro aus . Damit wollen wir insbesondere kleine und mit- für die Zukunft . Das ist eine gewaltige Verantwortung, telständische Unternehmen bei der Internationalisierung (B) die wir für die nachfolgenden Generationen tragen . Die- ihrer Angebote unterstützen; denn die weltweite Nach- (D) ser Verantwortung müssen wir uns stellen, und mit dem frage nach Umwelt- und Effizienztechnologien steigt. vorliegenden Haushaltsgesetz werden wir dieser Ver- Kleine Unternehmen haben aber oft Schwierigkeiten, antwortung gerecht . Dafür spreche ich Frau Ministerin im Ausland wahrgenommen zu werden . Mit unserer Ex- Hendricks und dem Haushaltsausschuss meinen Dank portinitiative verbessern wir die Informationsangebote . aus . Wir fördern Investitionen in Vorzeigeprojekte deutscher Unternehmen im Ausland . Mit dem Ausbau des Portals (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) „GreenTech made in Germany“ stärken wir die internati- onale Vernetzung, und nicht zuletzt ist die Durchführung Die erste wegweisende Entscheidung beginnt in der eines Wettbewerbs zu „Smart City“ geplant, dessen Er- nächsten Woche mit dem UN-Klimagipfel in Paris . Trotz gebnisse wir international kommunizieren werden . der schrecklichen Terrorangriffe dürfen wir die Konfe- renz nicht infrage stellen . In diesem Jahr müssen wir ein Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir demonstrieren Protokoll mit verbindlichen Zusagen erreichen . Alles an- mit diesem Haushalt und unserem Antrag zum Klimagip- dere wäre eine große Enttäuschung . fel, dass wir im Bereich Klimaschutz gut aufgestellt sind . Jetzt brauchen wir auch aus Paris ein starkes Signal . Deutschland nimmt beim Klimaschutz eine Vorrei- terrolle ein . In diesem Moment ist es besonders wichtig, (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) dass wir diese Rolle annehmen und auch mit unserem Aber, meine Damen und Herren, wir vergessen auch nationalen Haushalt beim Klimaschutz vorangehen . Das den nationalen Umwelt- und Naturschutz nicht . Ein dra- tun wir auch . Das zeigt sich unter anderem bei den For- matisches Problem ist der Rückgang der Biodiversität in schungsschwerpunkten, die wir im Haushalt 2016 setzen . Deutschland . Die TEEB-Studie zeigt uns, dass dies auch Die Forschungsausgaben im BMUB steigen um 8 Milli- erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen hat . onen auf knapp 100 Millionen Euro . Auch im Bundes- ministerium für Bildung und Forschung werden die Aus- (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gaben für Forschung und Entwicklung auf den Gebieten NEN]: Vor allem in der Landwirtschaft!) der Nachhaltigkeit, des Klimas und der Energie für 2016 deutlich, nämlich um 57 Millionen Euro, angehoben . Wir müssen also unsere Anstrengungen erhöhen, wenn wir unser mittel- und langfristiges Ziel erreichen wollen, Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Klimawandel ist die Biodiversität in Deutschland nicht nur zu erhalten, eine globale Herausforderung . Daher halte ich die Inter- sondern wieder zu erhöhen . Mit dem Bundesprogramm nationalisierung deutscher Klimaschutzprogramme für Biologische Vielfalt steht uns bereits jetzt der richtige den richtigen Ansatz . Die internationale Klimaschutzin- Ansatz zur Verfügung, den wir weiter ausbauen wollen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13539

Christian Haase (A) Das Bundesamt für Naturschutz hat bis Ende 2014 künften zur Verfügung zu stellen . Ich weise aber darauf (C) 95 Projekte bewilligt, die einen besonderen Beitrag zum hin, dass es nötig ist, bei der Nutzungsverpflichtung eine Erhalt unserer Biodiversität leisten . 2015 werden die gewisse Flexibilität zu gewähren . Wir wollen natürlich Mittel in Höhe von 15 Millionen Euro erstmals komplett einen hohen Anteil an Sozialwohnungen . Wir müssen abfließen, und in den folgenden Jahren wird der Bedarf aber auch darauf achten, dass wir dadurch keine neuen weiter wachsen . Wir haben uns daher in den parlamen- Problemviertel schaffen . Bei den Planungen sollten wir tarischen Beratungen erfolgreich für eine Aufstockung die Kommunen deshalb unterstützen . der Mittel um 3 Millionen Euro für das kommende Jahr Und noch ein Punkt liegt mir abschließend am Herzen . eingesetzt, damit zusätzliche Projekte ermöglicht werden Immer wieder lese ich Aussagen von Landesministern, können . der Bund tue zu wenig, er stelle nicht genügend Plätze (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und für die Unterbringung zur Verfügung . der SPD) (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zuletzt möchte ich noch die Liegenschaftspolitik des NEN]: Ja, das stimmt auch!) Bundes, umgesetzt durch die Bundesanstalt für Immo- Und das zum Beispiel auch aus einem Land, das 80 Pro- bilienaufgaben, lobend erwähnen . Wie wir alle wissen, zent seiner Landesplätze bei den Kommunen im Wege stehen die Kommunen bei der Unterbringung von Flücht- der Amtshilfe akquiriert . Meine Damen und Herren, hö- lingen vor riesigen Herausforderungen . Die BImA leistet ren wir endlich mit dem Klein-Klein und den Schuldzu- hier mit den von ihr verwalteten Liegenschaften einen weisungen auf! Solche Aussagen sind ein Schlag in das wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Flüchtlingskri- Gesicht der Ehrenamtlichen und der Kommunen, die oft se und entlastet die Kommunen bei der Standortsuche . am Ende ihrer Möglichkeiten stehen . Gerade die Kommunen sind es ja, die mit vielen ehren- amtlichen Helfern die größte Last tragen . Dafür unseren (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dank! NEN]: Geben Sie Ihre Rede Herrn Seehofer!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Die Herausforderungen der Flüchtlingskrise werden wir sowie der Abg . Dagmar Ziegler [SPD]) nur gemeinsam lösen: Bund, Länder, Kommunen und die gesamte Gesellschaft . Da müssen wir an einem Strang Meine Damen und Herren, bis Anfang des Monats hat ziehen . der Bund den Kommunen bereits 125 000 Unterkunfts- plätze zur Verfügung gestellt . Schönen Dank . Für die Unterbringung von Asylbewerbern und den (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) (B) sozialen Wohnungsbau hat der Bund die guten Konditio- (D) nen in diesem Jahr weiter verbessert . So werden die Lie- Vizepräsident Johannes Singhammer: genschaften für die Flüchtlingsunterbringung nicht nur Damit schließe ich die Aussprache . mietzinsfrei überlassen, sondern auch kostenfrei herge- richtet . Mit dem zweiten Nachtragshaushalt 2015 wurde Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Einzel- der Haushaltsvermerk entsprechend angepasst . Die Her- plan 16 – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, richtungskosten werden nun zum 1 . Januar rückwirkend Bau und Reaktorsicherheit – in der Ausschussfassung . übernommen . Hierzu liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor Zudem wurde in diesem Jahr auch der verbilligte Ver- Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag auf kauf von Grundstücken an Kommunen im Rahmen des Drucksache 18/6765 ab . Wer für diesen Änderungsantrag Erstzugriffs ausgeweitet . Seit Mai ist die Richtlinie der stimmt, den bitte ich um das Handzeichen .– Wer stimmt BImA in Kraft, die den Verkauf von Konversionsliegen- dagegen? – Wer enthält sich? – schaften zum Zwecke des sozialen Wohnungsbaus und der Flüchtlingsunterbringung regelt . Mit dem zweiten (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nachtragshaushalt wurde die verbilligte Abgabe auf alle NEN]: Alles hohle Worte gewesen!) entbehrlichen Grundstücke ausgeweitet . Bisher haben die Kommunen aber von der Option des verbilligten Erwerbs Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt mit den Stim- noch nicht ausreichend Gebrauch gemacht . Die BImA men von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen von berichtet uns, dass bis Ende Oktober erst vier Verkaufs- Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke . fälle vorliegen, davon nur einer zur Unterbringung von Wir kommen jetzt zum Änderungsantrag auf Druck- Flüchtlingen und Asylbewerbern . Daher wollen wir nun sache 18/6766 . Wer für diesen Änderungsantrag stimmt, den Kaufpreisabschlag noch einmal signifikant erhöhen. den bitte ich um das Handzeichen .– Wer stimmt da- gegen? – Wer enthält sich? – Der Änderungsantrag ist Damit reagieren wir auf ein drängendes Problem: damit ebenfalls abgelehnt mit den Stimmen von CDU/ Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum beschäftigt uns CSU und SPD gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die schon seit längerer Zeit und wird durch die hohe Zahl Grünen und der Fraktion Die Linke . an Flüchtlingen weiter verschärft . Günstiges Bauland zu bekommen ist ein Problem, das wir dabei lösen müssen . Wir stimmen nun über den Einzelplan 16 in der Aus- Daher ist es sehr zu begrüßen, dass wir das, was uns di- schussfassung ab . Wer dafür stimmt, den bitte ich um rekt zur Verfügung steht, nämlich Bundesliegenschaften, das Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält zum Bau von Sozialwohnungen und Flüchtlingsunter- sich? – Der Einzelplan 16 ist damit angenommen mit den 13540 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Vizepräsident Johannes Singhammer (A) Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen den Fehlern lernen könnten, die nach dem 11 .September (C) der Fraktionen Die Linke sowie Bündnis 90/Die Grünen . 2001 gemacht worden sind . Die Fehler nach 9/11 waren, den Krieg als Mittel der Außenpolitik und Freiheitsbe- Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt I .6 auf: schränkungen als Mittel der Innenpolitik zu etablieren . a) Einzelplan 06 Wir sagen Ihnen: Wenn wir die richtigen Lehren ziehen, wenn wir Krieg nicht als Antwort auf den Terror sehen Bundesministerium des Innern wollen, dann muss mit beiden Dingen Schluss sein . Dann Drucksachen 18/6106, 18/6124 müssen wir umkehren und zu einer anderen Sicherheits- politik kommen, meine Damen und Herren . b) Einzelplan 21 Bundesbeauftragte für den Datenschutz und (Beifall bei der LINKEN) die Informationsfreiheit Ich sage Ihnen auch, Herr Minister: Wer den Aus- Drucksachen 18/6119, 18/6124 nahmezustand propagiert und für die Beschränkung von Berichterstatter sind die Kollegen Dr .Reinhard Freiheitsrechten eintritt, bringt die Terroristen näher an Brandl, Martin Gerster, Roland Claus sowie die Kolle- ihr Ziel, als diese es alleine schaffen würden . gin Anja Hajduk für den Einzelplan 06 und die Kollegen (Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig! Martin Gerster, Carsten Körber, Roland Claus sowie die Genau!) Kollegin Anja Hajduk für den Einzelplan 21 . Zu dem Einzelplan 06 liegt ein Entschließungsantrag Die Polizei braucht auch keine Hilfspolizisten im oliv- der Fraktion Die Linke vor, über den wir nicht jetzt, son- grünen Dress der Bundeswehr, sondern mehr Personal . dern am Freitag nach der Schlussabstimmung abstimmen werden . (Beifall bei der LINKEN) Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für Mein Kollege Frank Tempel wird Ihnen diese Facette die Aussprache 96 Minuten vorgesehen .– Widerspruch näher erläutern . Nur so viel: Ihre sogenannte Schulden- gibt es keinen . Dann ist das somit beschlossen . bremse ist heute faktisch eine Bremse für die öffentliche Sicherheit vor allem in den Bundesländern geworden . Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red- ner das Wort dem Kollegen Roland Claus für die Frakti- Ich wende mich an den Integrationsminister de on Die Linke . Maizière und weise darauf hin: Die Linke schlägt Ihnen (Beifall bei der LINKEN) ein Zukunftsprogramm vor, das zur gesellschaftlichen (B) Integration von Benachteiligten in Deutschland und zu (D) uns Geflüchteten gleichermaßen beiträgt. Die Linke for- Roland Claus (DIE LINKE): dert bessere Integrationskurse, mehr Geld für einen guten Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Zweck . Wir fordern auch – an anderer Stelle im Etat –, die Bundesinnenminister ist bekanntlich mehreres in einer Integration in Arbeit und Ausbildung zu verbessern . Wir Person . Er ist der Sicherheitsminister, der Integrations- sind der festen Überzeugung: Das geht, aber nur dann, minister – zugegeben mit etlichen Aufsehern –, der Kom- wenn man sich auch darum kümmert, mehr Einnahmen munalminister und auch der Sportminister . Diese Sach- für Bund, Länder und Kommunen zu akquirieren . bereiche will ich behandeln . Dieser Etat ist auf allen Gebieten mit neuen Heraus- (Beifall bei der LINKEN) forderungen konfrontiert . Es hat im Laufe der Haushalts- beratungen im Vergleich zum Regierungsentwurf eine Auch dazu machen wir Ihnen Vorschläge . Vielzahl von Veränderungen gegeben, und ich lege Wert Nun hat bekanntlich das Wort „Obergrenze“ bei CDU darauf, zu sagen, dass die Opposition – zum Beispiel bei und CSU Konjunktur . Eine Obergrenze würde ja prak- der Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei der Bun- tisch bedeuten, dass ein Flüchtling mit einer bestimm- despolizei – dies durchaus mitgetragen hat . ten Registrierungsnummer – nehmen wir die Nummer (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- 600 000 – akzeptiert würde und ein Flüchtling mit der neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Registrierungsnummer 600 001 nicht . Meine Damen und Dr .André Hahn [DIE LINKE]: So sind wir!) Herren, es ist doch einfach absurd, so vorzugehen .

Daraus könnten die Neinsager in den Koalitionsfraktio- (Beifall bei der LINKEN) nen bei den Änderungsanträgen lernen . (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Anja Nun hat das Innenministerium bekanntlich ein eige- Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) nes Bundesamt namens Bundesamt für Migration und Flüchtlinge . Es bekommt mehr Geld, mehr Stellen, mehr Ich wende mich an den Minister für öffentliche Sicher- Technik, auch mit Zustimmung der Opposition . Das Pro- heit . Der früher von der CDU/CSU gern gebrauchte Be- blem dieses Amtes ist doch aber, dass es bislang eher eine griff von der „inneren Sicherheit“ ist von den Realitäten Behörde der staatlich verordneten Zuwanderungsverhin- gründlich außer Kraft gesetzt worden . Wir sagen Ihnen derung gewesen ist . an dieser Stelle: Die Chance, die es nach dem Terror in Paris und anderswo auch gibt, lautet, dass wir endlich aus (Beifall bei der LINKEN) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13541

Roland Claus (A) Wie soll denn da so einfach der Schalter umgelegt wer- Vizepräsidentin : (C) den, meine Damen und Herren? Als nächster Redner hat Dr .Reinhard Brandl von der CDU/CSU-Fraktion das Wort . (Susanne Mittag [SPD]: Man muss damit anfangen, oder?) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich wende mich an den Kommunalminister . Ich bin Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU): mir ganz sicher, Sie werden in Ihrer Rede den Bürger- Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol- meistern, Landräten, Kommunalbediensteten und deren legen! Die diesjährigen Haushaltsberatungen über den ehrenamtlichen Helfern danken . Das macht die Linke Etat des Bundesinnenministers waren keine einfachen auch, und zwar von ganzem Herzen . Wir wissen, was und keine üblichen Beratungen . Als wir im September dort geleistet wird . im Kreis der Berichterstatter zusammensaßen, um über den Entwurf vom Juli zu debattieren, war uns allen klar, (Beifall bei der LINKEN) dass dieser Entwurf bereits überholt war . Aber der Dank reicht natürlich nicht . Wir brauchen in Der starke Anstieg der Flüchtlingszahlen im August der Tat mehr Geld für die Lösung der anstehenden Auf- und in den Folgemonaten hat, auch mit Blick auf den gaben und den Abbau bürokratischer Hürden . Der Bun- Haushalt, alle Prognosen über den Haufen geworfen . Uns desfinanzminister hat einmal geschätzt, dass der Bund ist es gemeinsam in den letzten Wochen der Beratungen etwa 40 Prozent der gesamten Flüchtlingsbetreuungskos- gelungen, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie wir ten übernommen hat . Die Länderminister sagen, es seien mit den gegenwärtigen Herausforderungen umgehen . In nur etwas mehr als 20 Prozent . Dieses Geld ist jetzt zwar den parlamentarischen Beratungen der letzten Wochen bei der allgemeinen Finanzverwaltung eingestellt, gehört haben wir beschlossen, allein den Einzelplan des Bun- aber zur Aufgabe der Flüchtlingsbetreuung, die hier zu desministers des Innern um etwa 1 Milliarde Euro auf- lösen ist . Insofern fordert die Linke in diesen Beratun- zustocken . Er wächst damit auf 7,8 Milliarden Euro an . gen 2 Milliarden Euro mehr für direkte Zuweisungen an Kommunen . Das ist nötig . Auch das geht natürlich nur Herr Minister, Ihren Behörden stehen im nächsten Jahr 5 500 Mitarbeiter zusätzlich zur Bewältigung der Aufga- mit mehr Einnahmen . Aber es geht auch nicht ohne die ben zur Verfügung, davon alleine 3 000 Mitarbeiter für Umsetzung dieser Forderung . das BAMF, plus weitere 1 000 befristet Beschäftigte . Das (Beifall bei der LINKEN) heißt, allein beim BAMF können 4 000 neue Mitarbeiter eingestellt werden . Das Ganze war nur möglich in einem (B) Darauf haben uns gerade Kommunalpolitikerinnen und sehr guten und konstruktiven Miteinander von Minister (D) Kommunalpolitiker bei unserer jüngsten Fraktionsklau- bzw . Ministerium und den Berichterstattern, und das sur sehr anschaulich hingewiesen . in einer zugegebenermaßen schwierigen Zeit . Ich darf mich bedanken bei Martin Gerster, Anja Hajduk und Schließlich will ich mich an den Sportminister wen- bei Dietmar Bartsch, der aufgrund seiner Verdienste im den und darauf verweisen, dass wir Linke im Zukunfts- Haushaltsausschuss jetzt Karriere gemacht hat . programm auch einen Posten für den Breitensport vor- (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – schlagen, für die Sanierung von Sportstätten . Das wäre Dr .Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Sehr gut! – jetzt wichtig . Das würde den Kommunen helfen, Proble- Roland Claus [DIE LINKE]: So haben wir das me zu lösen . Wir könnten doch an die guten Erfahrungen auch gesehen!) anknüpfen, die wir seinerzeit mit der Sportstättensanie- rung im Rahmen des Goldenen Plans Ost gemacht haben . Ich begrüße in unserer Runde Roland Claus und wünsche Jetzt sollten wir diese Erfahrungen bundesweit nutzen . ihm das Gleiche . Ich freue mich auf die gute Zusammen- arbeit . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall der Abg . Dr . Gesine Lötzsch [DIE Erstmals verhandeln wir hier den Etat der Beauftrag- LINKE]) ten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit . Meine Damen und Herren, wir dürfen uns aber kei- Trotz einiger Bedenken meiner Fraktion, beispielsweise ner Illusion hingeben: Mit mehr Geld und mehr Stellen hinsichtlich des Amtssitzes in Bonn, wird meine Fraktion lösen wir das eigentliche Problem nicht, wir können diesem Einzelplan zustimmen . es nur besser verwalten . Das Kernproblem liegt in den Herkunftsregionen . Darauf will ich allerdings nicht nä- (Martin Gerster [SPD]: Immerhin!) her eingehen; vielmehr will ich mich auf die Situation in Deutschland konzentrieren . Meine Damen und Herren, wir brauchen in Deutsch- land wieder mehr Geld und Ideen für die Verbesserung In Deutschland haben wir kein Problem des guten der sozialen und kulturellen Infrastruktur, um eine hu- Willens – weder in der Politik mane Integration der hier Benachteiligten und der zu uns (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Bei der Koa- Geflüchteten zu schaffen. Es wäre jetzt die Gelegenheit lition – na ja!) für die Unionsfraktion, mir zuzurufen: Wir schaffen das . noch in weiten Teilen der Bevölkerung –, in Deutschland (Beifall bei der LINKEN) haben wir vor allem ein Zeitproblem . Wenn wir die Auf- 13542 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Dr. Reinhard Brandl (A) gabe, die vor uns liegt, gut machen wollen, das heißt, den was fanatisierte Islamisten fähig sind . Wir haben als Ko- (C) Menschen, die zu uns kommen, nicht nur ein Dach über alition diese abstrakte Bedrohung während der Beratun- dem Kopf, sondern auch eine Perspektive in unserem gen sehr, sehr ernst genommen . Ich bin froh, dass es uns Land geben wollen, dann brauchen wir mehr Zeit . Wir in den Beratungen gelungen ist, alle Sicherheitsbehörden können nicht jeden Tag 5 000 bis 10 000 neue Flücht- substanziell zu verstärken, vor allem unter dem Aspekt linge aufnehmen und diese Herausforderung bewältigen . Terrorismusabwehr/Terrorismusbekämpfung . (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der SPD) Ob wir die Zuwanderung „begrenzen“ oder ob wir sie „reduzieren“, ist letztlich egal . Wichtig ist, dass die Zahl Allein unter dieser Überschrift erhält das BKA 200 neue der Flüchtlinge weniger wird, und das möglichst schnell . Stellen und die Bundespolizei 350 neue Stellen . Dazu Das ist die größte politische Aufgabe in dieser Zeit . kommen in den nächsten drei Jahren weitere 3 000 Stel- len für die Bundespolizei zur besseren Bewältigung ihrer (Beifall bei der CDU/CSU) Aufgaben, zum Beispiel an der Grenze . Herr Minister, Dazu gehört, dass wir auch in der Verwaltung besser ich habe lange gesucht, in der jüngeren Vergangenheit werden . Hier sind zu nennen: schnellere Asylverfahren, habe ich aber kein Jahr ausfindig machen können, in vor allem der Abbau des großen Bergs an aufgelaufenen dem die Haushalte der Sicherheitsbehörden so stark auf- unbearbeiteten Anträgen, durchgängige Registrierung gewachsen sind . Ich möchte Ihnen von dieser Stelle aus und Kontrolle derer, die zu uns kommen, schnellere ganz herzlich zu diesem Erfolg gratulieren . Abschiebung derer, die keine Perspektive in unserem (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Land haben, und umgehende Integrationsmaßnahmen ordneten der SPD) für diejenigen, die auf absehbare Zeit bei uns bleiben werden . Allein für den Bereich der Integrationsmaß- Meine Damen und Herren, Schutz und Sicherheit nahmen stellen wir in diesem Haushalt im Vergleich zu gehen aber nicht nur von Sicherheitsbehörden oder der 2015 326 Millionen Euro mehr zur Verfügung . Das un- Polizei aus . Schutz und Sicherheit gehen auch von Ret- terstreicht, dass wir die Aufgabe der Integration gerade tungsorganisationen und Katastrophenschutzorganisatio- in der ersten Zeit, wenn die Menschen zu uns kommen, nen aus . Das THW liegt uns besonders am Herzen . Was sehr ernst nehmen . das THW zur Bewältigung dieser Flüchtlingssituation leistet, ist gigantisch . Ich möchte dem THW von dieser (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Stelle aus ganz herzlich für seinen Einsatz danken . ordneten der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der Herr Minister, es war eine strategisch kluge Entschei- (B) LINKEN) (D) dung, Herrn Weise mit der Leitung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu beauftragen . Denn es Es ist absehbar, dass wir das THW in Zukunft noch geht nicht nur darum, die Asylverfahren zu beschleuni- stärker brauchen werden, sowohl im Inland als auch im gen, sondern es geht auch darum, die Bundesagentur für Ausland, zum Beispiel mit Blick auf die Flüchtlings- Arbeit auf das vorzubereiten, was im nächsten Jahr oder lage . Wir haben uns deswegen im Haushaltsausschuss in zwei Jahren auf sie zukommt, nämlich die Menschen, dazu entschieden, das THW auch personell substanziell sobald ihr Asylverfahren bearbeitet ist und sie einen Sta- zu verstärken, damit die Ehrenamtlichen sich auf ihren tus haben, in den Arbeitsmarkt zu integrieren . An dieser Einsatz konzentrieren können und von Routineaufgaben Stelle möchte ich mich bei Herrn Weise dafür bedanken, durch Hauptamtliche entlastet werden . Das THW erhält dass er die Mammutaufgabe, zwei Behörden in der Grö- deswegen im nächsten Jahr 208 neue Stellen plus zu- ßenordnung des BAMF und der BA gleichzeitig zu lei- sätzliche Personal- und Sachmittel, darunter 8 Millionen ten, in dieser schwierigen Zeit übernommen hat . Euro als Selbstbewirtschaftungsmittel der Ortsverbände . Dieses Geld kommt bei jedem Ortsverband an und ist Meine Damen und Herren, beim Haushalt des Bun- Ausdruck einer besonderen Verbundenheit, Ausdruck der desinnenministeriums geht es aber nicht nur um Flücht- Wertschätzung, die wir dem THW und seinem Einsatz linge, sondern vor allem auch um Sicherheit . Auch un- entgegenbringen . ter diesem Aspekt werde ich diese Beratungen nicht so schnell vergessen . Wir haben die Haushaltsberatungen (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) am vorletzten Donnerstag abgeschlossen . Zu den Sicherheits- und Katastrophenschutzbehörden (Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Freitag- gehören auch die Feuerwehren und die anderen Rettungs- früh war es!) organisationen . Auch hier erhöhen wir die Mittel für den Bereich, für den der Bund zuständig ist, um 5 Millionen – Freitagmorgen, 5 Uhr morgens, Frau Vorsitzende, war Euro; die Hauptverantwortung für diese Behörden liegt der Haken dran . ja bei den Kommunen . (Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Fünf vor fünf!) Zuletzt möchte ich noch einen anderen Aspekt anfüh- ren . Es geht um die IT-Sicherheit . Wir haben das Bun- Bis dahin haben wir von einer abstrakt hohen terroristi- desamt für Sicherheit in der Informationstechnik . Um schen Gefahr in Deutschland gesprochen . Zwölf Stunden diese Behörde werden wir in der ganzen Welt beneidet . später war diese Gefahr nicht mehr abstrakt . Die terro- Wir haben diese Behörde, das BSI, im Sommer mit dem ristischen Anschläge in Frankreich haben uns gezeigt, zu IT-Sicherheitsgesetz in seiner Verantwortung gestärkt . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13543

Dr. Reinhard Brandl (A) Mit diesem Haushalt werden wir auch eine personelle richtig . Auch die Stärkung des Bundeskriminalamts mit (C) Stärkung des BSI vornehmen, damit das BSI seinen Auf- zusätzlich 300 Stellen ist in diesem Zusammenhang zu gaben gerecht werden kann . Es erhält ab dem kommen- erwähnen . den Jahr 81 neue Stellen . Ich möchte auch dem scheiden- den Präsidenten Hange für seine lange Zeit und Arbeit Wir weisen aber auch darauf hin, dass eine Diskussion als Vizepräsident und als Präsident des BSI ganz herzlich über die Ausweitung der Befugnisse der Bundeswehr im danken . Innern nicht die richtige Lösung ist . Da scheint es Irrita- tionen in der Union zu geben . (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Die Bewältigung der Flüchtlingskrise und die Wah- sowie bei Abgeordneten der SPD und der rung der äußeren und inneren Sicherheit unseres Landes LINKEN) sind die wesentlichen Fragen und Herausforderungen un- serer Zeit . Es gibt nicht die eine Antwort, aber mit dem Darauf können wir – das sage ich klipp und klar – ver- Haushalt des Bundesinnenministeriums für 2016 geben zichten, da wir das andere richtig anpacken . wir eine wichtige Antwort . Wir als Opposition haben auch hinsichtlich einer Mo- Ich bedanke mich für die gute Zusammenarbeit, für dernisierung im IuK-Bereich zugestimmt . Da hat das die Aufmerksamkeit und bitte Sie alle um Zustimmung . Innenministerium eine Federführung . Das werden wir weiterhin konstruktiv begleiten . Herzlichen Dank . In dem Großteil meiner Rede geht es jetzt um das The- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) ma Integration . Auch in diesem Bereich wurde durchaus einiges angepackt, Herr Brandl . Aber ich muss jetzt auch Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: einmal auf das zu sprechen kommen, wo wir, glaube ich, noch nicht auf dem richtigen Weg sind . Die Stellenauf- Vielen Dank . – Als nächste Rednerin hat Anja Hajduk stockungen beim BAMF sind richtig und nötig . Wir wün- von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort . schen, dass es hoffentlich zügig gelingt, Personal zu fin- den . Auch die Erhöhung der Zahl der Stellen beim THW Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ist richtig . Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Bei den Integrationskursen hat der Innenminister sel- Herren! In der Tat: Die Beratungen über den Haushalt ber einen Bedarf auf Grundlage der Flüchtlingszahlen des Innenministers waren gekennzeichnet von ganz viel errechnet – und diese Prognose wird im Zweifel ja eher Veränderung . Das ist vor dem Hintergrund der Gescheh- getoppt . Da haben Sie selber gesagt: Wir glauben, wir (B) nisse der letzten Wochen nicht verwunderlich . Wir haben (D) brauchen zusätzlich 570 Millionen Euro, aber wir stellen hier Mittelaufstockungen um 15 Prozent . Das ist schon jetzt mal nur zusätzlich 250 Millionen Euro in den Haus- erheblich . halt ein . – Das kann man machen, aber ich sagen Ihnen Wir sprechen hier über den Etat des Innenministers, jetzt einmal, welche Sorge ich habe: Es geht hier nicht und das Thema Sicherheit steht ganz besonders im Zen- nur um die richtigen Zahlen, sondern diese Zahlen legen trum der Aufmerksamkeit, nicht nur bei uns Politikern auch die Grundlage dafür, dass wir den Bedarf richtig und Politikerinnen, sondern auch bei den Bürgerinnen einschätzen . Ich spreche jetzt auch über den Bedarf des und Bürgern . Herr Minister – das möchte ich gerne er- Personals, der Sprachlehrer, der Ausbilderinnen und wähnen –, ich fand es und wir fanden es sehr begrüßens- Ausbilder in den Sprachkursen . Da habe ich die große wert, dass Sie nach den Vorkommnissen in Paris sehr klar Sorge: Wenn wir jetzt anfangen, das wieder ein bisschen kommuniziert haben, dass man diese zu verurteilenden kleinzurechnen, dann können wir bei einem ähnlichen Terroranschläge nicht mit der Herausforderung bezüg- Engpass landen wie dem, den wir schon einmal beim lich der Flüchtlinge vermengen darf . Es war wichtig, das BAMF hatten: zu wenig Personal, zu langsame Verfah- in dieser Klarheit zu sagen . ren bei Registrierung und Erstaufnahme . Wir können es uns nicht leisten, auch bei der Integration in solche Eng- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN pässe zu laufen . und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die Flüchtlinge sind doch Menschen, die selbst Opfer Deswegen: Lassen Sie uns das anders steuern! Es ist von Terror sind und diesem Terror und diesen Situatio- sowieso nicht einfach, dieses Personal zu finden. Aber nen entfliehen. Deswegen brauchen sie unseren Schutz. Sie in der Großen Koalition tragen auch Verantwortung dafür, ob wir das nach unseren Erkenntnissen richtig aus- Vor dem Hintergrund dieser Anschläge und der Bedro- richten oder nur halb ausrichten . Ich hielte Letzteres für hung ist es richtig, dass wir in diesen Wochen darauf ge- einen Fehler . achtet haben und weiterhin darauf achten, unsere Sicher- heitsbehörden zu stärken . Wir haben das – das hat auch Ich möchte dazusagen: Das hat auch einen erhebli- Kollege Claus schon erwähnt – bei den Personalmitteln chen Einfluss darauf, wie schnell Flüchtlinge Zugang und den Sachmitteln aus Überzeugung mitgetragen . Die zu Integrationskursen bekommen . Da bedaure ich sehr, Aufstockung der Bundespolizei um 3 000 Stellen in den dass das BAMF und Sie das integrationspolitische Ver- nächsten drei Jahren ist erheblich. Wir finden das richtig, sprechen, möglichst alle Asylsuchenden, die eine gute und wir finden auch die Aufstockung bei den Sachmitteln Bleibeperspektive haben, in Sprachkurse aufzunehmen, 13544 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Anja Hajduk (A) nicht einhalten . Sie machen nämlich Folgendes: Sie schläge unser Mitgefühl aussprechen und nochmals un- (C) rechnen mit einer Art Trick Flüchtlinge aus Ländern wie sere Solidarität mit unseren französischen Freunden zum Afghanistan heraus . Diese bekommen dann trotz guter Ausdruck bringen . Bleibeperspektive am Ende nicht den Zugang zu einem Sprachkurs . Das ist vollkommen kontraproduktiv . Wir (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der dürfen keine Lücken entstehen lassen . Wir sorgen uns CDU/CSU) darum, dass vielleicht Salafisten oder andere Einfluss Ich will aber gleichzeitig auch davor warnen, völlig auf Flüchtlinge bekommen . Wenn man die Schutzquote falsche Zusammenhänge herzustellen, wie es letzte Wo- bereinigt, stellt man fest: Bei Afghanen und Somaliern che jemand getan hat, der mich angesprochen hat . Der haben wir Schutzquoten von über 70 Prozent . Gerade sie Tenor: Die Anschläge von Paris würden zeigen, dass wir sollen aber keinen Zugang zu Sprachkursen bekommen . in Deutschland allein in diesem Jahr 800 000 Terroristen Das ist doch Unsinn! ins Land gelassen hätten .– In aller Deutlichkeit ist dazu (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu sagen: Das ist eine ganz schlimme und völlig falsche und bei der LINKEN) Schlussfolgerung . Im Gegenteil, die Anschläge zeigen doch gerade, weshalb sich so viele Menschen auf der Das kann man doch nicht machen, und das kann man so Flucht befinden: weil die Brutalität, die Hinterhältigkeit, auch nicht verantworten . Deswegen: Überlegen Sie nicht die Gewalt derart neue Formen und Dimensionen ange- nur quantitativ, sondern auch qualitativ! Ihre Integrati- nommen haben, dass den Betroffenen nur ein Ausweg onspolitik; da müssen wir nachbessern . bleibt, nämlich die Flucht . Wir Grünen schlagen Ihnen ein Maßnahmenpaket mit (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LIN- einem Volumen von 5,2 Milliarden Euro vor – hälftig KEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- für Integrationsmaßnahmen im engeren Sinne, aber auch NEN) für die allgemeine soziale Infrastruktur, die der gesam- ten Gesellschaft, insbesondere im Bereich Bildung und Ich finde, es ist unsere Aufgabe, dies in Deutschland zu Wohnen, zugutekommt . Wir müssen unsere Aufgabe so erklären . Falsche Zusammenhänge müssen wir als Unfug verstehen, dass unsere Leistung darin bestehen wird, aus oder gar rechtsextremistische Propaganda entlarven . Das der Willkommenskultur eine Willkommensinfrastruktur ist unsere Aufgabe – auch als Mitglieder des Deutschen zu bauen und diese herzustellen . Bundestages . Da muss ich Ihnen sagen: Sie von der Großen Koali- (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem tion vermitteln den Eindruck, als wenn Sie keinen klaren BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Ab- (B) Plan haben, manchmal auch kein Herz und nicht genug geordneten der CDU/CSU) (D) Mut . Wir brauchen eine wirklich einheitliche Grundaus- richtung für eine weitsichtige Politik . Liebe Damen und Liebe Kolleginnen und Kollegen, Haushalte sind in Herren von der Union, wir brauchen dafür auch eine ein- Zahlen geronnene Politik . Dieser Ansatz gilt immer, in heitliche Haltung; das erwartet die Gesellschaft . diesem Fall aber in besonderem Ausmaß . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schon für das laufende Jahr haben wir zwei Nach- tragshaushalte beschlossen, um den aktuellen politischen Daran müssen insbesondere Sie von der Union noch hef- Entwicklungen gerecht werden zu können . Die Ergeb- tig arbeiten . nisse des überarbeiteten Regierungsentwurfs und des Danke schön . parlamentarischen Verfahrens für den Haushalt 2016 tragen den aktuellen Entwicklungen, der Dynamik des (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Weltgeschehens, Rechnung: einer Dynamik, die massiv Menschen auf der Suche nach Schutz und einem besse- Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: ren Leben in unser Land geführt hat und auch weiterhin Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Martin Gerster führen wird, einer Dynamik, die jedenfalls in dieser Di- von der SPD-Fraktion das Wort . mension niemand, denke ich, vorhergesehen hat und der wir dennoch insgesamt gewachsen sein müssen und, wie (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ich meine, auch gewachsen sind . der CDU/CSU) Wir stehen zu unserer humanitären Verantwortung . Wir bieten Schutz für die Menschen hier und auch für die (SPD): Martin Gerster Menschen, die meinen, noch zu uns kommen zu müssen . Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir am Freitag vorvergangener Woche die Beratun- Ich bin überzeugt: Wenn wir es jetzt richtig machen, gen und die Abstimmung im Haushaltsausschuss früh- dann gehen wir auch langfristig gestärkt aus dieser Ent- morgens um 5 Uhr beendet hatten, konnte noch niemand wicklung hervor – als ein Land, das eine Kultur der – ich ahnen, was wenige Stunden später in Paris und in den will es so sagen – Weltoffenheit lebt, ein Land, das für darauffolgenden Tagen auch andernorts passierte . Des- starke und freundschaftliche Bande zwischen Kulturen wegen möchte ich als erster Redner meiner Fraktion bei und Religionen steht . Dazu gehört aber auch – das will diesen Haushaltsberatungen zum Geschäftsbereich des ich deutlich sagen –: Wir müssen alles tun, um die fei- Bundesinnenministeriums im Namen meiner Fraktion gen Täter von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte, von allen Opfern und Angehörigen dieser hinterhältigen An- denen wir allein in diesem Jahr schon über 600 zählen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13545

Martin Gerster (A) mussten, zu ermitteln und mit all unseren rechtsstaatli- arde Euro. Davon profitieren – das ist mir an dieser Stel- (C) chen Mitteln konsequent zur Rechenschaft zu ziehen . le auch wichtig, liebe Kollegin Anja Hajduk – nicht nur diejenigen, die wir so gut und so schnell wie möglich (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeord- in unsere Gesellschaft integrieren wollen, sondern auch neten der CDU/CSU und der Abg . Katrin die Anbieter und die Träger der Kurse . Hier ist mir ein Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Punkt besonders wichtig: Ich denke, wir müssen auch NEN]) darauf achten, Herr Minister de Maizière, dass es für die- Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Einzelplan 06 – se Kurse weiterhin Personal gibt . Wir haben in unseren Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums – Gesprächen dafür gekämpft; denn das war der SPD ein wächst – der Kollege Reinhard Brandl hat es erwähnt – wichtiger Punkt . um mehr als 1 Milliarde Euro an . Wir haben viel Zeit Am Samstag habe ich in der FAZ gelesen, dass ein und Mühe investiert, hier die richtigen Entscheidungen Papier in der Unionsfraktion kursiert, wonach die Pau- auf den Weg zu bringen . Ich möchte mich bei unserem schale auf mindestens 4,40 Euro pro Unterrichtseinheit Hauptberichterstatter Reinhard Brandl, aber auch bei den und Teilnehmer erhöht werden soll, um die gewünschte Kollegen Dietmar Bartsch bzw . Roland Claus und Anja angemessene Vergütung der Lehrkräfte zu gewährleisten . Hajduk, beim Bundesinnenministerium, beim Finanz- Herr Minister de Maizière, wir erwarten schon, dass sich ministerium, bei unseren Fraktionsmitarbeiterinnen und in diesem Bereich etwas tut . Ich meine, Ihren zuletzt ge- -mitarbeitern und bei den Mitarbeiterinnen und Mitar- tätigten Ausführungen entnommen zu haben, dass hier in beitern des Ausschusses ausdrücklich bedanken . Das war der Tat etwas passieren wird . Wir jedenfalls möchten Sie eine riesige Arbeit und eine ganz besonders große Her- ermutigen, dieses Thema anzupacken; denn wir brauchen ausforderung . Deswegen, glaube ich, steht es uns gut an, Leute, die diese Kurse geben können . auch an dieser Stelle einmal Danke zu sagen . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) CDU/CSU sowie der Abg . [DIE LINKE]) Ausgaben für Integration sind kein reiner Ausgabepos- ten, sondern vor allem Investitionen in die Zukunft . Je Allein 900 Millionen Euro haben wir zusätzlich mo- schneller wir es schaffen, Zugewanderte in den Arbeits- bilisiert, um Beschlüsse des Asyl- und Flüchtlingsgipfels markt zu bringen, desto besser für uns alle . Deswegen ha- vom September umzusetzen . Die SPD hat dort durchge- ben wir für Integrationsprojekte zusätzlich 17 Millionen setzt, dass 3 000 zusätzliche Stellen bei der Bundespoli- Euro bereitgestellt und den Migrationsdienst für erwach- zei geschaffen werden – 1 000 davon schon im nächsten sene Zuwanderer nochmals mit zusätzlich 10,5 Millio- (B) Jahr und die gleiche Anzahl jeweils in den Folgejahren . nen Euro ausgestattet . An dieser Stelle möchte ich allen (D) Ich glaube, das war notwendig, um die oft bis über die danken, die sich für Flüchtlinge engagieren und dafür, Belastungsgrenzen hinaus arbeitenden Polizistinnen und dass Integration in unserem Land gut gelingt . Polizisten zu entlasten . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Beifall bei Abgeordneten der SPD) der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜND- Wie schon beim laufenden Hebungspaket, achten wir NISSES 90/DIE GRÜNEN) auch bei den neuen Stellen darauf, dass sie mit attrakti- Integration und Sicherheit waren in den Haushalts- ven Beförderungsoptionen für die Beamtinnen und Be- beratungen Schwerpunkte . Aber wir haben noch an an- amten der verschiedenen Laufbahnen verbunden sind . dere wichtige Bereiche in unserer Gesellschaft gedacht Das ist auch ein Anliegen der Gewerkschaft der Polizei und entsprechende Veränderungen vorgenommen . Ich gewesen, und wir haben das entsprechend verankert . will den Sport erwähnen . Hier gibt es 3 Millionen Euro Hinzu kommen 45 Hebungen im höheren Dienst . Was zusätzlich für die Spitzensportförderung . Der Dopingop- uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten be- fer-Hilfsfonds wird zwei Jahre lang mit jeweils 5 Millio- sonders wichtig ist: Wir tun auch etwas für die Beschäf- nen Euro unterstützt . Wir stärken außerdem die NADA . tigten im einfachen Dienst, indem wir mit zusätzlichen Das Technische Hilfswerk erhält zusätzlich 19 Milli- 1 000 Hebungen von E 3 auf E 5 2016 im unteren Ver- onen Euro als Kompensation für Aufwendungen beim dienstsegment dafür sorgen, dass die Bundespolizei ins- Aufbau von Flüchtlingsunterkünften . Damit aber nicht gesamt als Arbeitgeber noch attraktiver wird . genug: 8 Millionen Euro zusätzlich an Selbstbewirt- schaftungsmitteln erhalten die 80 000 Freiwilligen in den Auch beim Bundesamt für Migration und Flüchtlin- über 600 THW-Ortsverbänden . Ich glaube, das ist richtig ge stocken wir personell gewaltig auf . 300 neue Stellen gut angelegtes Geld und hier auch Anlass, unseren Hilfs- waren im Regierungsentwurf vorgesehen . Wir gehen mit organisationen einmal Dankeschön für das Riesenen- 2 700 Stellen über diesen Ansatz hinaus und erhöhen die gagement zu sagen . Mittel für weitere 1 000 befristet Beschäftigte . Daneben stehen wir zu unserem Ziel, die Asylverfahren zu ver- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie kürzen . Mit zusätzlichen 97 Stellen helfen wir deswegen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE auch dem Bundeskriminalamt, damit die Identifizierung GRÜNEN) von Flüchtlingen schneller geleistet werden kann . Mit 208 zusätzlichen Stellen im Hauptamt für das Die Mittel für Integrationskurse erhöhen wir um THW sollen die Ehrenamtlichen entlastet werden, bei- 250 Millionen Euro auf insgesamt über eine halbe Milli- spielsweise von der lästigen Überprüfung von Gerät- 13546 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Martin Gerster (A) schaften . Ich glaube, auch das ist gut . Wir haben beim Das war ein Bericht, der mich in den letzten Tagen be- (C) BBK zusätzlich 5 Millionen Euro bereitgestellt, damit sonders bewegt hat . die Feuerwehren in den Ländern zusätzliche Fahrzeu- ge anschaffen können . Wir haben noch einmal 6,5 Mil- Ein zweites Dokument, das mich bewegte, war der lionen Euro für die Bereitschaftspolizeien der Länder Brief von Antoine Leiris – viele werden ihn gelesen ha- zur Verfügung gestellt, damit auch dort entsprechende ben –, der bei der Terrorserie in Paris seine Frau verlor . Er Mehrinvestitionen getätigt werden können . hat sich in einem emotionalen Brief an den IS gewandt . Auch daraus will ich zitieren: Wir haben die politischen Stiftungen, die Entschädi- Meinen Hass bekommt ihr nicht . . . Euren Hass mit gungen für ehemalige deutsche Zwangsarbeiter, das Sta- Wut zu beantworten, würde bedeuten, sich der glei- tistische Bundesamt und die Förderung der Minderheiten chen Ignoranz wie der euren hinzugeben . Ihr wollt, auf dem Schirm . Die Bundesbeauftragte für den Daten- dass ich Angst habe, dass ich meinen Mitbürgern schutz und die Informationsfreiheit erhält 21,5 zusätzli- misstraue, dass ich meine Freiheit für Sicherheit op- che Stellen . Ich denke, das kann sich sehen lassen . fere . . . Ich werde so weitermachen wie zuvor . (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Anja Was für starke Worte! Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber noch zu wenig!) (Beifall im ganzen Hause) Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will an Ob ich einen solchen Brief schreiben könnte, weiß ich dieser Stelle hervorheben, dass es in Zeiten von Hass­ nicht . Diese Worte zeigen: Stärke entsteht auch durch uns parolen, in Zeiten, in denen Menschen auf Flüchtlinge selbst . Wir sollten zeigen, dass wir uns die freiheitlichen schimpfen und dies als besonders mutig empfinden, Werte unserer Demokratie nicht nehmen lassen . Der Ter- richtig war, dass wir die Bundeszentrale für politische ror trifft uns alle . Aber der Terror wird nie stärker sein als Bildung mit 15 zusätzlichen Stellen und einem Betrag die Freiheit . von mehr als 10 Millionen Euro ausgestattet haben . Ich (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem glaube, in Zeiten wie diesen ist es wichtig, gegen Parolen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) argumentieren zu können . Dafür stellt die Bundeszent- rale für politische Bildung wichtiges Material bereit . An Wir sind im Angesicht des Terrors aber auch nicht dieser Stelle: Herzlichen Dank für dieses Engagement! leichtsinnig, sondern entschlossen . Wir ziehen dort Kon- sequenzen, wo sie nötig sind – in Deutschland und in Eu- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ropa . Unsere Sicherheitsbehörden gehen allen Hinweisen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) nach . Es gibt keine Garantie gegen Terroranschläge, aber (B) (D) Fazit: Es sind gute Beratungen gewesen . Wir haben unser Land ist wachsam und wehrhaft . Unsere Sicher- im Ausschuss gute Beschlüsse gefasst . Insgesamt, denke heitsbehörden im Bund und in den Ländern sind auf die ich, können wir damit sehr zufrieden sein . terroristische Bedrohung eingestellt . Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit . Nach den Anschlägen von Paris haben wir sofort wei- tere Maßnahmen für die Sicherheit in Deutschland ergrif- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) fen . Das beginnt bei dem engen Austausch mit unseren französischen Partnern, auch was mögliche Bezüge nach Deutschland betrifft . Es gibt eine erhöhte Polizeipräsenz Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: an Flughäfen und Bahnhöfen sowie verstärkte Grenzkon- Vielen Dank . – Als nächster Redner hat der Bundes- trollen . Die islamistischen Gefährder und ihre Sympathi- minister Dr .Thomas de Maizière für die Bundesregie- santen sind „unter Wind“ . Am Freitag haben wir im Kreis rung das Wort . der europäischen Amtskollegen wichtige Beschlüsse ge- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- fasst . Sie betreffen verstärkte Grenzkontrollen an den ordneten der SPD) EU-Außengrenzen, endlich eine Einigung über das euro- päische Fluggastdatenabkommen, über das Jahre verhan- delt wurde, sowie Standards für den Gebrauch und die Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In- Kennzeichnung von Schusswaffen . All das ist gut . nern: Sicherheit in Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit . Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das spüren wir in diesen Tagen . Sicherheit ist auch das Der Einsatzleiter der französischen Polizei berichtete Ergebnis ständiger Wachsamkeit und des Einsatzes der seine ersten Eindrücke vom Tatort im Theater Bataclan – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Sicherheitsbe- ich zitiere –: hörden und der Polizeien von Bund und Ländern – Tag Als das Attentat im Theater Bataclan beendet war, und Nacht . Ihnen allen möchte ich an dieser Stelle ganz gab es einen Moment der Stille . Polizisten und Ret- ausdrücklich danken . tungskräfte schauten durch die Räume, in denen die (Beifall im ganzen Hause) Täter ihre Morde begangen hatten . Dann klingelten Handys . 50, 60 oder 80 Stück . Immer wieder . Es Meine Damen und Herren, wir haben am letzten waren die Telefone der Opfer . Anrufe von Freunden, Dienstag schweren Herzens das Fußballländerspiel Familien und Angehörigen . Anrufe, die niemals be- Deutschland gegen die Niederlande in Hannover abge- antwortet werden . sagt . Es gab sich verdichtende Hinweise auf eine große Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13547

Bundesminister Dr. Thomas de Maizière (A) Gefährdung . Ob diese Hinweise tatsächlich zutrafen, müssen dazu genau hinschauen und prüfen, wer zu uns (C) wissen wir bisher nicht . Aber manchmal muss man eine kommt und warum . Das ist der Grund, warum für mich solche Entscheidung ohne die Gewissheit treffen, ob eine ein geordnetes Verfahren bei der Prüfung der Identität derartige Lage zutrifft . Der Maßstab für eine solche Ent- aller Asylbewerber und Flüchtlinge so wichtig ist . Nur scheidung lautet dann: Wir dürfen nicht voreilig jedem durch eine geordnete Erfassung aller Flüchtlinge können Hinweis glauben, sonst begeben wir uns in die Hände wir feststellen, wer woher zu uns kommt, wer welchen von solchen Hinweisgebern . Aber wenn nach gründlicher Schutzstatus braucht und wie wir die Lasten in unserem Prüfung eine Gefährdung wahrscheinlich sein kann, dann Land gerecht verteilen . haben im Zweifel die Sicherheit und der Schutz von Le- ben und Gesundheit Vorrang . Und das muss der Maßstab Deshalb arbeiten wir auch mit Hochdruck an einem auch für die Zukunft sein . Ankunftsausweis . Nur wer diesen Ausweis am richtigen Ort erhält, bekommt zukünftig Leistungen und ein Asyl- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie verfahren . Das bringt Ordnung ins Verfahren . Das haben bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE wir in der Koalition verabredet . Insgesamt arbeiten wir GRÜNEN) daran, die Zahl der Flüchtlinge zu steuern, zu ordnen und Diese Regierung hat nicht erst seit dem Anschlag von zu reduzieren . Paris Konsequenzen gezogen . Wir haben bereits mit dem Ich freue mich, dass wir mit diesem Haushalt neben Haushaltsentwurf 2016 im Kabinett ein Sicherheitspaket dem Sicherheitspakt auch ein großes Asylpaket bekom- verabredet . Das war nach dem Anschlag im Januar . Der men werden . Das Bundesministerium des Innern und Haushaltsausschuss – die Berichterstatter haben es er- seine betroffenen Geschäftsbereichsbehörden erhalten wähnt – hat noch einmal draufgelegt . Die Sicherheitsbe- im Rahmen dieses Pakets 900 Millionen Euro mehr . Das hörden werden durch diesen Haushalt deutlich gestärkt . BAMF, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Insgesamt – nicht nur für den Kampf gegen den Ter- kann nun – davon war schon die Rede – 4 000 Mitarbei- rorismus – bekommen die Sicherheitsbehörden knapp ter zusätzlich einstellen . 4 000 Stellen zusätzlich . Die Bundespolizei erhält neue, In den letzten Wochen haben wir viel bei der Beschleu- robuste Einheiten, zusätzliche Schutzausrüstung und nigung der Verfahren erreicht . Das erste Asylpaket wur- Einsatzmittel . Die erste Einheit ist Ende dieses Jahres de erarbeitet, beraten, beschlossen und ist in Kraft . Die einsatzbereit . Auch das Bundesamt für Verfassungs- Anzahl der im BAMF getroffenen Entscheidungen ist in schutz wird im Bereich Extremismus- und Terrorismus- den ersten beiden Wochen im November um 60 Prozent bekämpfung erheblich gestärkt . gegenüber September auf durchschnittlich 1 600 pro Tag Mit dem beschlossenen Sicherheitspaket schaffen wir erhöht worden . Und das ist erst der Anfang . (B) (D) eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Bürgerinnen Meine Aufforderung an die Länder ist: Wenn die An- und Bürger in unserem Land sicherer leben können . träge von Asylbewerbern abgelehnt werden – und es wird (Frank Tempel [DIE LINKE]: Scheinbar!) noch sehr viele abgelehnte Asylanträge geben; das wis- sen alle Beteiligten – , dann müssen diese Personen unser – Nicht scheinbar, sondern wir tun alles dafür, dass sie Land auch wirklich verlassen, möglichst freiwillig oder sicherer leben können als zuvor . Eine Garantie gegen An- sonst durch Abschiebung . Mit weiteren 150 Stellen für schläge gibt es nicht . Ich wiederhole das . die Bundespolizei und anderen Maßnahmen werden wir Nun wird – Herr Gerster hat darauf hingewiesen – die Länder bei ihren Rückführungsaufgaben gerne unter- in diesen Tagen oft gefragt, und zwar manchmal arglos stützen . und manchmal arglistig: Kommen mit den Flüchtlingen Das THW erhält über 200 zusätzliche Stellen und auch Terroristen in unser Land? Ich möchte noch einmal Sachmittel für die Ortsverbände . Die großartige Arbeit betonen – Frau Hajduk hat auch darauf hingewiesen –, des Technischen Hilfswerks und der anderen großen was ich in den letzten Tagen und auch schon am Samstag Hilfswerke wie die des Roten Kreuzes bei der Versor- mehrfach gesagt habe: Niemand schlage bitte vorschnell gung von Flüchtlingen wird damit ausdrücklich gewür- einen Bogen von den Ereignissen in Paris zur Flücht- digt . Herzlichen Dank dafür! lingsdebatte . Der Kampf gegen Terror braucht Gemein- samkeit, nicht den sonst üblichen Streit . (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD so- wie des Abg . Roland Claus [DIE LINKE]) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE Nun führen wir in allen Parteien – auch bei den Grü- GRÜNEN) nen; Frau Hajduk hat es zum Schluss ihrer Rede kurz an- gedeutet – eine Debatte über die Frage: Wie viele Flücht- Deutschland nimmt viele, sehr viele Flüchtlinge auf, linge kann und soll Deutschland aufnehmen? die selbst vor der brutalen Gewalt des sogenannten „Is- lamischen Staates“ geflohen sind. Bisher gibt es kei- (Dr . [DIE LINKE]: Wir nen Nachweis für ein systematisches Einschleusen von führen die Debatte nicht!) IS-Kämpfern, getarnt als Flüchtlinge . Aber wir gehen – Manche Kommunalpolitiker bei Ihnen diskutieren das, jedem Hinweis nach und werden das auch in Zukunft tun . ehrlich gesagt, auch . Aber egal .– Und wir stellen die Fra- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stellen uns unse- ge, die eigentlich genauso wichtig ist: Wie setzt man das rer humanitären Verantwortung . Wer in Deutschland be- um, wenn eine bestimmte Größenordnung, auf die man rechtigt Schutz erbittet, der wird Schutz bekommen . Wir sich zuvor verständigt hat, überschritten ist? 13548 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Bundesminister Dr. Thomas de Maizière (A) Ich habe dazu im September vorgeschlagen und wie- dem Boden des Grundgesetzes steht . Patrioten lieben ihr (C) derhole es hier: Europa sollte großzügige, abschließende Land und hassen nicht Fremde . Flüchtlingskontingente aufnehmen und fair in Europa verteilen . Ein solches Kontingent soll dann die Zahl der (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie Flüchtlinge, die in Europa aufgenommen werden, zu- des Abg . [BÜNDNIS 90/DIE gleich begrenzen . Über Einzelheiten muss man reden . GRÜNEN]) Ich freue mich aber, dass dieser Vorschlag nach und nach Der Haushalt meines Ministeriums bzw . meines Ge- parteiübergreifend Zustimmung bekommt . Ich denke, schäftsbereichs wächst in einem Jahr um 1,5 Milliarden wir sollten daran weiterhin gemeinsam arbeiten . Euro . Einen solchen Zuwachs hat es noch nie gegeben . Wir müssen den Blick weiter nach vorne richten und Das entspricht einem Zuwachs des Einzelplans des BMI Antworten auf die Frage geben, was die Aufnahme von um rund ein Viertel . Ich danke den Haushältern sehr für Flüchtlingen langfristig für unsere Gesellschaft bedeutet . diese großartige Hilfe und Unterstützung . Das ist ein Viele werden länger bei uns bleiben . Es ist daher eine der starkes Bekenntnis für die Sicherheit unserer Bürgerin- wichtigsten Aufgaben, den Menschen, die bleiben, eine nen und Bürger, für die Integration und für den gesell- Perspektive zu geben . Perspektiven eröffnen sich über schaftlichen Zusammenhalt in unserem Land . Das wäre die Sprache . Im Haushalt 2016 werden für Integrations- Grund genug, dass alle Fraktionen diesem Haushalt zu- maßnahmen, also für Kurse und andere Maßnahmen, die stimmten . Herr Gerster erwähnt hat, 326 Millionen Euro zusätzlich Vielen Dank . bereitgestellt . Wir werden damit denjenigen mit Bleibe- perspektive schnell eine Teilnahme am gesellschaftlichen (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Leben ermöglichen, mit Sprache, mit Arbeit und mit ge- sellschaftlichem Engagement . Wir erwarten dann aber Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: auch, dass die Betreffenden mitmachen, sich anstrengen, Vielen Dank .– Als nächster Redner hat Frank Tempel Geduld haben, neugierig sind, unsere Gesetze achten und von der Fraktion Die Linke das Wort . unsere Werte anerkennen, ja sie leben . (Beifall bei der LINKEN) Erfolgreiche Integration ist wichtig für dauerhafte Ak- zeptanz und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt . Für mich als Bundesinnenminister ist sie ein Kernanlie- Frank Tempel (DIE LINKE): gen . Wir sind dabei, unsere Integrationsangebote auszu- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen weiten und sie ressortübergreifend besser zu verzahnen . und Herren! Mit Tausenden Geflüchteten, die in Deutsch- Ich werde den Bereich der Integration auch in meinem land Schutz suchen, mit Terroranschlägen in Paris und (B) Haus stärker ausbauen . Was wir an Prävention und Inte­ den Terrorwarnungen im eigenen Land steht momentan (D) gration versäumen, werden wir später viel teurer bezah- besonders die Innenpolitik im Fokus unserer Bevölke- len, und zwar in jeder Weise . rung . Aber wer ist für die Bewältigung dieser Aufgaben tatsächlich zuständig? (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Uwe Kekeritz Niemand von uns registriert Flüchtlinge oder bear- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wohl wahr!) beitet Asylanträge . Der Bundestag ist auch nicht vor Ort, um Flüchtlinge unterzubringen und zu versorgen . Mangelnde Integration legt den Grundstein auch für Ab- Niemand von uns muss sich Flüchtlingen persönlich als lehnung, Hass und Gewalt . Wir schaffen auch mehr Si- Helfer oder Partner zur Verfügung stellen, niemand von cherheit durch Prävention und Integration . uns muss sich Terroristen persönlich entgegenstellen . Für Die momentane Lage löst bei vielen Menschen Sorge, alle diese Aufgaben sollte der Bundesrepublik ein starker ja Ängste aus . Wir müssen über diese Ängste, die vielen öffentlicher Dienst zur Verfügung stehen . Wir, die Legis- Sorgen und Fragen offen diskutieren . Wir dürfen sie aber lative, haben den öffentlichen Dienst mit Gesetzen, Per- nicht verstärken, sondern müssen sie durch Arbeit ent- sonal, Logistik und Finanzen so auszustatten, dass er als kräften . Exekutive ausreichend für diese Aufgaben aufgestellt ist . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Fakt ist: In Bund, Ländern und Kommunen wurden ordneten der SPD) von 1991 bis 2013 2,1 Millionen Stellen abgebaut . Ein- sparungen waren bisher das Maß aller Dinge . Aber eine Das setzt voraus, dass wir die Lage ehrlich und unge- Frage haben Sie offensichtlich vergessen: Was muss der schönt analysieren sowie die Probleme zügig und mit öffentliche Dienst leisten können, und was braucht er, um Nachdruck angehen . auch in Belastungssituationen, wie wir sie jetzt haben, Alle wissen, dass das Zeit braucht . Alle wissen, dass es diese Aufgaben erfüllen zu können? Hier haben Sie bis- nicht die eine Lösung und nicht den einen Schalter gibt, her versagt . den man umlegt . Wir müssen deshalb verhindern, dass (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Rechtsextremisten Sorgen und Ängste der Menschen in- strumentalisieren . Offenbar sind bei einigen – auch über Alle Warnungen über fehlende Stellen, zum Beispiel den engen Kreis der Rechtsextremisten hinaus – offene bei der Polizei, haben Sie in den Wind geschlagen . Die Hetze bis hin zu Aufrufen zu Gewalt gegen Flüchtlinge bewusste Ignoranz zahlen Beamtinnen und Beamte üb- salonfähig geworden . Ich sage: Wer in diesem Land seine rigens momentan mit zahlreichen Überstunden . Vom Freiheit lebt, von dem erwarten wir, dass er oder sie auf 13 .September bis zum 16 . Oktober dieses Jahres ka- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13549

Frank Tempel (A) men allein in der Bundespolizei 500 000 Überstunden fehlende Investitionen in Sozial- und Präventionsstruktu- (C) zustande . Jetzt haben Sie dafür zumindest zusätzliche ren Gräben in einer Gesellschaft vertiefen . Stellen geschaffen . Aber in anderen Bereichen verstehen Wenn ich über Maßnahmen zur präventiven Bekämp- Sie immer noch nicht, dass es 2016 nicht auf die heilige fung von Extremismus und Terror rede, also über Sicher- schwarze Null im Haushalt ankommt, sondern ganz ein- heit, dann meine ich auch die Sicherheit von Flüchtlingen . fach auf die Bewältigung von Aufgaben . Um diese erfül- Wir sehen in unserem Land brennende Flüchtlingsun- len zu können, müssen wir die Hebel da ansetzen, wo sie terkünfte, sehen Angriffe auf Flüchtlinge, Angriffe auf die bestmögliche Wirkung entfalten . Menschen, die sich für Flüchtlinge einsetzen, Angriffe Deswegen Schluss mit dem nutzlosen Gerede von Be- auf Parteibüros . Der Rechtsextremismus in Deutschland lastungsgrenzen und Obergrenzen . Erhöhen Sie stattdes- nimmt immer gefährlichere Formen an . Doch darüber sen die Belastbarkeit der Kommunen . Diese bleiben nach habe ich in der Haushaltsdebatte bisher nichts gehört . wie vor auf einem Großteil ihrer Ausgaben sitzen und Die Gefahr ist groß, dass sich erneut Strukturen wie beim kommen deswegen mit ihren Aufgaben dort, wo direkt NSU entwickeln oder bereits entwickelt haben . Haben Personen betroffen sind, nur schleppend voran . wir das Entsetzen darüber bereits vergessen? Noch ein Punkt: Eine Frage von Menschlichkeit, aber Herr Minister, wenn ein Innenminister seine Mitschuld auch Vernunft ist eine sehr viel stärkere Investition in am Stellenabbau und den heute daraus entstandenen Integration und Bildung für Geflüchtete. Das frühzeitige strukturellen Überlastungen nicht bekennt, sondern sich Gewähren von Sprachkursen ist doch keine Sozialhilfe, lieber zur Ablenkung über maßlose Flüchtlinge öffent- wie man bei Herrn Schäuble zu hören vermeint, sondern lich äußert oder meint, afghanische Asylsuchende mögen eine Investition in Chancen und Zukunft in durchaus bei- doch besser in ihrem eigenen Land bleiben, weil wir be- derseitigem Interesse . reits genug für sie getan hätten, dann gießt er Wasser auf die Mühlen von Rechtspopulisten und Rassisten – egal ob Beim Umgang mit Flüchtlingen in unserem Land sehe er das damit will oder nicht –, die genau solche pauscha- ich einen weiteren Aspekt . Wir senden in die Welt ein len Diffamierungen von flüchtenden Menschen für ihre Signal von Menschlichkeit und Solidarität . Terrorismus Parolen nutzen . Die Terrorgefahr in unserem Land geht wird sich nicht durch die Aufgabe von Freiheitsrechten von rechts aus . Schauen Sie auf die rasant angestiegenen und durch Gegengewalt bekämpfen lassen . Die Spirale Zahlen . BKA und Verfassungsschutz warnen bereits . von Hass und Gewalt muss gebremst, gestoppt und zu- Ich nehme an, zumindest den Sozialdemokraten in der rückgedreht werden . SPD-Fraktion (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) (Dr .Eva Högl [SPD]: Es gibt nur Sozialde- (B) (D) mokraten in der SPD-Fraktion!) Wir müssen über die Ursachen von Terrorismus reden; denn nur wer die Ursachen kennt, sich damit beschäf- – das hoffe ich ja – dürfte diese Union mit ihren For- tigt und da ansetzt, bekämpft damit auch den Terroris- derungen nach Asylgesetzverschärfungen, Obergrenzen mus selbst . Terroristen – das muss man leider auch hier und Transitzonen als Partner zunehmend peinlich wer- im Haus immer wieder wiederholen; ich erinnere an die den . Vielleicht ist es doch an der Zeit, einmal über ande- Pressemitteilungen – kommen nicht mit den Flüchtlin- re Mehrheiten im Land nachzudenken . Mit der Linken gen ins Land. Diese fliehen gerade vor dem Terror. Jeder, wären eine präventive Sicherheitspolitik und damit eine der zu Recht über die Ereignisse in Paris erschrocken ist, andere Sicherheitspolitik in diesem Land möglich . sollte erahnen können, warum diese Menschen aus Syri- (Beifall bei der LINKEN) en, dem Irak oder aus Afghanistan fliehen. Da kann ich dem Kollegen Gerster nur recht geben . Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: Eine ernstzunehmende Gefahr besteht aber durch Vielen Dank . – Als nächste Rednerin hat Dr . Eva Högl Menschen, die sich hier bei uns radikalisieren . Wie von der SPD-Fraktion das Wort . kommt es zu dieser Radikalisierung? Warum reisen junge Menschen aus, gehen in Terrorausbildungscamps (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten und lassen sich dort zu tödlichen Werkzeugen ausbilden? der CDU/CSU) Wir reden mittlerweile in Deutschland von rund 750 zum Teil sehr jungen Menschen . Bis heute haben wir ein- Dr. Eva Högl (SPD): deutig zu wenig in zivile Strukturen investiert, um einer Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und solchen Radikalisierung frühzeitig entgegenzuwirken . Kollegen! Meine Damen und Herren! Am Freitag, dem Die Linke fordert deswegen deutlich mehr Anstrengun- 13 . November, erlebte Paris eine Nacht des Grauens . gen, um einer solchen Radikalisierung rechtzeitig durch Mehrere Attentäter richteten nahezu zeitgleich an meh- soziale Strukturen mit einer klaren Präventionsstrategie reren Orten ein Blutbad an, das 130 Menschen das Leben entgegenzuwirken . Auch hier braucht es den öffentlichen kostete und Hunderte zum Teil schwer verletzte . Viele Dienst und nicht schöne Worte . von ihnen kämpfen noch immer um ihr Leben . Frankreich musste bitter erfahren, dass Maßnahmen Die Opfer der Terroranschläge waren Menschen aus wie die Vorratsdatenspeicherung und Überwachung, wie aller Welt, Menschen, die ihr Leben in Paris ausgelassen sie der Herr Innenminister gerade stark in den Fokus und frei leben wollten . Das Ziel des Terrors war nicht rückt, nicht mehr Sicherheit bringen, sondern dass gerade Paris allein, das waren auch nicht allein die Französin- 13550 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Dr. Eva Högl (A) nen und Franzosen, sondern die Terroranschläge galten Wir haben unsere nach dem 11 .September 2001 einge- (C) uns allen . Sie waren ein Anschlag auf unsere freiheitliche führten Regelungen zur Terrorismusbekämpfung erneut Demokratie . verlängert . Ja, das ist zwar immer umstritten, aber das war eine richtige Entscheidung . Wir arbeiten natürlich Diese Terroranschläge haben uns noch einmal erschre- daran, dass wir den IS und andere Terrorgruppen intensiv ckend vor Augen geführt, dass eine freiheitliche Gesell- bekämpfen . schaft, wie wir sie sind und wie wir sie in Europa haben, verwundbar ist und verwundbar bleibt . Hundertprozenti- Aber liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will an die- ge Sicherheit, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann es ser Stelle auch ganz deutlich sagen: Der Ruf nach wei- in einer rechtsstaatlichen Demokratie niemals geben . Im teren gesetzlichen Verschärfungen ist keine Antwort auf Übrigen gibt es auch keine hundertprozentige Sicherheit den Terrorismus . in Diktaturen oder totalitären Systemen . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Umso wichtiger ist es, dass wir in Europa und in der des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) ganzen Welt zusammenstehen und eine Botschaft an die Terroristinnen und Terroristen senden – das haben Sie, Deswegen habe ich mich auch einigermaßen geärgert, Herr Bundesminister, schon gesagt – : Wir werden unse- als wieder – das hat mittlerweile einen Bart, ist ein alter re Lebensweise nicht ändern, und die Terroristinnen und Hut – die Forderung nach Einsatz der Bundeswehr im Terroristen werden uns nicht besiegen . Landesinnern kam . Ich sage für die SPD-Bundestags- fraktion ganz klar: Für uns ist die bestehende Trennung (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) zwischen Polizei und Bundeswehr eine richtige Tren- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden auf nung, an der wir nichts ändern wollen . das Grauen des Terrors antworten müssen . Es ist ganz (Beifall bei der SPD) wichtig, dass wir dies mit Besonnenheit tun . Sie hatten, Herr de Maizière, am 17 .November mit der Absage des Terroristen müssen bekämpft werden – mit polizeilichen Fußballländerspiels eine schwere Entscheidung zu tref- Mitteln und selbstverständlich auch mit den Mitteln des fen; Sie haben es ja eben schon gesagt . Das war natürlich Verfassungsschutzes –, aber einen Einsatz der Bundes- schmerzhaft für uns alle, besonders für die Fußballfans, wehr lehnen wir entschieden ab . Wir halten die Aufga- und es war auch deshalb schmerzhaft, weil wir den Ter- benteilung, die wir bisher haben, für ausreichend und für roristinnen und Terroristen keinen Platz machen wollen, sinnvoll . sondern weil wir unser Leben weiterleben wollen . Trotz- Was ich auch nicht verstehen kann – das will ich eben- dem sage ich hier ganz deutlich: Es war eine richtige Ent- falls ganz deutlich sagen –, ist der Ruf nach Grenzschlie- scheidung, das Fußballspiel abzusagen, weil offensicht- (B) ßungen und nach weiteren Grenzkontrollen . Das Schlie- (D) lich konkrete Terrorhinweise vorlagen . Da hat der Schutz ßen der Grenzen und weitere Grenzkontrollen, die über der Bürgerinnen und Bürger immer Vorrang . Deswegen das in dieser Situation Notwendige hinausgehen, sind ge- danke ich Ihnen noch einmal für dieses wohlüberlegte rade das Gegenteil von einem Beharren und einem Beste- Vorgehen . hen auf unserer Freiheit, sind vielmehr ein Kniefall vor Ich möchte ausdrücklich sagen, dass die Kritik daran den Terroristinnen und Terroristen und widersprechen meiner Meinung nach überhaupt nicht berechtigt war . Sie dem europäischen Freiheitsgedanken . Deswegen ist auch haben solch schwere Entscheidungen zu treffen . Wir alle das die falsche Antwort, liebe Kolleginnen und Kollegen . müssen, auch wenn es manchmal unbefriedigend ist, ak- (Beifall des Abg . Frank Tempel [DIE LIN- zeptieren, dass Sie, um die Ermittlungen nicht zu behin- KE]) dern und um am Ende eine Entscheidung treffen zu kön- nen, nicht alles sagen können, was Sie wissen . An dieser Ich bin der Auffassung: Weitere Verschärfungen füh- Stelle also ein großes Dankeschön . Genauso müssen die ren nicht zu mehr Sicherheit, sondern schränken die Frei- Entscheidungen getroffen werden . heit über Gebühr ein . Deswegen von hier aus der Appell, die bestehenden Gesetze konsequent anzuwenden und (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) auf diesem Weg den Terrorismus wirksam zu bekämpfen . Die Vorgänge in Hannover haben uns gezeigt, dass Wir müssen die Sicherheitsbehörden ausreichend gut unsere Sicherheitsbehörden eine hervorragende Arbeit ausstatten . Dafür legen wir in diesem Bundeshaushalt die leisten. Ich finde, auch das muss hier gesagt werden: richtigen Grundlagen . Ich bin auch sehr dankbar dafür, dass Anschläge hoffentlich verhindert werden konnten, dass es gelungen ist, bei der Bundespolizei, beim Bun- verhindert werden können und dass wir alle aber auch deskriminalamt, beim Verfassungsschutz und beim BND sehr wachsam sein müssen . Denn die Gefahr des Ter- aufzustocken . Ich will auch ganz deutlich sagen, dass rorismus wird weiter bestehen . Deswegen müssen wir wir den Verfassungsschutz und natürlich auch die Poli- alles dafür tun, unsere Sicherheitsbehörden ausreichend zei, Bundespolizei, Bundeskriminalamt – je nach ihrer gut auszustatten . Es ist unsere Aufgabe als Gesetzgeber, Zuständigkeit –, dass wir die Sicherheitsbehörden jetzt die richtigen Rahmenbedingungen durch entsprechende ganz dringend brauchen . Ich möchte, dass der Verfas- Sicherheitsgesetze, aber auch durch eine ausreichende sungsschutz hinschaut bei den Salafisten, dass der Ver- Ausstattung zu schaffen . fassungsschutz ganz genau hinschaut bei dem, was dort Wir haben schon einiges gegen Terrorismus auf den passiert, was dort geplant wird . Ich möchte im Übrigen, Weg gebracht: Wir haben die Reiseaktivitäten und die liebe Kolleginnen und Kollegen, dass der Verfassungs- Finanzierung terroristischer Taten unter Strafe gestellt . schutz hinschaut bei dem, was am rechten und rechtsext- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13551

Dr. Eva Högl (A) remen Rand vor sich geht, dass er hinschaut, was bei den falls: Der zu beschließende Haushalt stellt hierfür die (C) Pegida-Demonstrationen für Parolen gerufen werden, richtigen Weichen . und auch die AfD in den Blick nimmt . Herzlichen Dank . (Beifall bei der SPD – Volker Beck [Köln] (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da weigert der CDU/CSU) er sich ja! – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht er nicht! – Weitere Zu- rufe) Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: Vielen Dank .– Als nächster Redner hat Volker Beck – Deswegen sage ich ja, dass ich es für sinnvoll halte, in von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort . diese Richtung zu schauen . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir ge- GRÜNEN]: Sie finden uns auf Ihrer Seite!) denken in diesen Tagen und Wochen der Opfer von Ter- Ich bin auch der Auffassung, liebe Kolleginnen und roranschlägen in Paris, Beirut, Mali, Tel Aviv und Jerusa- Kollegen, dass wir die Sicherheitspolitik und die Si- lem . Ich bin Ihnen dankbar, Herr Minister, für Ihre Worte cherheitsbehörden auf der europäischen Ebene stärken der Entschlossenheit im Hinblick darauf, dass wir in die- sollten . Herr Schuster hat diese Woche dazu etwas ge- sen Tagen und Stunden gemeinsam unsere Freiheitsrech- sagt, was ich ausdrücklich unterstütze. Auch ich finde es te verteidigen wollen . Da dürfen wir Demokratinnen und richtig, Europol auszubauen, Europol zu stärken und die Demokraten uns nicht auseinanderdividieren lassen . europäischen Sicherheitsbehörden in die Lage zu verset- (Beifall im ganzen Hause) zen, Terrorismus wirksam zu bekämpfen . Ich sagte es ja schon: Es betrifft uns alle, nicht nur einzelne Länder und Wir haben vielleicht zuweilen einen Streit über die einzelne Städte . Methoden, wie wir unsere Freiheit verteidigen wollen, wie wir die Flüchtlingsaufnahme humanitär gestalten Wir stärken mit diesem Bundeshaushalt – das möchte können . Aber wir sollten hier gerade angesichts der He- ich ebenfalls noch einmal hervorheben – auch den Ge- rausforderungen des Terrorismus klarmachen, dass wir sichtspunkt der Prävention . Es ist ein ganz wichtiger An- die Freiheit verteidigen wollen und dass uns der Schre- satzpunkt, dass wir auf der einen Seite mit Repression cken und das Grauen nicht übermannen . Dass wir hier und mit den Sicherheitsbehörden auf Terrorismus reagie- im Rahmen des demokratischen Diskurses weiter über (B) ren; aber auf der anderen Seite ist es doch auch wichtig, Methoden streiten, das darf in diesen Tagen nicht zurück- (D) dass wir am Anfang, ganz zu Beginn, wenn junge Leute treten . Aber es muss klar sein, dass dies auch Teil der oder auch ältere auf die Idee kommen, sich Rechtsextre- Wahrnehmung unserer Freiheit ist, die wir gemeinsam men oder Salafisten oder anderen anzuschließen, wenn gegen den Terror verteidigen wollen . sie in die Gefahr geraten, Terroristen zu werden, ganz in- (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- tensiv dagegenarbeiten . Deswegen müssen wir – das ma- SES 90/DIE GRÜNEN) chen wir auch – Projekte, Programme, Träger, Initiativen besser ausstatten . Das Programm „Demokratie leben!“ Deshalb haben Sie uns, Herr Minister, auch immer bekommt zusätzlich Geld – das ist genau die richtige an Ihrer Seite – Frau Hajduk hat es schon angesprochen; Entscheidung –, und – das finde ich auch sehr wichtig – die Haushälter haben es unter Beweis gestellt –: Wenn es die Bundeszentrale für politische Bildung wird gestärkt . darum geht, angemessene und erforderliche Maßnahmen Auch diesen Weg müssen wir weitergehen . der inneren Sicherheit zu ergreifen, gerade vor neuen und zunehmenden Herausforderungen, dann werden wir das (Beifall bei der SPD) Notwendige politisch immer mittragen .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein letzter Punkt . Aber ich sage auch: Nach solchen Terroranschlägen Auch das ist schon erwähnt worden, aber ich will es noch erschrecke ich mich immer ein bisschen, wenn ich Stun- einmal bekräftigen: Wer eine Verbindung zwischen Ter- den später schon die ersten Pressemitteilungen von Agen- rorismus, Flüchtlingen, Islam oder in unserem Land le- turen lese, wo Leute genau wissen, welche Maßnahmen benden Muslimen zieht, der handelt verantwortungslos . jetzt unbedingt folgen müssen: Fluggastdaten, Bundes- Wer so argumentiert, stellt Flüchtlinge unter Generalver- wehr im Innern, Burka-Verbot . Die Pressemitteilungen dacht, schürt Ängste und spielt rechten Hetzern in die scheinen schon im Stehsatz zu stehen, bevor irgendetwas Hände . Da sagen wir ganz klar: Nein, passiert ist . Das bringt den Bürgern kein Gefühl der Si- cherheit, wenn wir so unseriös handeln . (Beifall bei der SPD) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten Flüchtlinge sind keine Gefahr für unsere innere Sicher- der SPD) heit . Aber selbstverständlich müssen wir Flüchtlinge rechtzeitig und wirksam registrieren . Wir müssen das Wir müssen uns genau anschauen: Was waren das für Verfahren besser führen . Wir müssen das Verfahren ord- Täter? Was haben die für biografische Hintergründe? nen und brauchen mehr Steuerung . In diese Richtung Was können wir daraus für Präventionsstrategien lernen? wollen wir auch weiter gemeinsam diskutieren . Jeden- Was waren womöglich Sicherheitslücken oder Fehler bei 13552 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Volker Beck (Köln) (A) der Verarbeitung von Informationen, die ja durchaus da Herr Minister, ich bin durchaus bei Ihnen, wenn Sie (C) waren? Wenn wir das sorgfältig tun, können wir für die sagen: Wir wollen gemeinsam Flüchtlingskontingente praktische Sicherheitsarbeit enorm viel lernen und daran aufnehmen .– Wenn das nicht heißt, dass wir gleichzeitig arbeiten, unser Land und das unserer Nachbarn sicherer die Aufnahme der Menschen, die zu uns kommen, be- zu machen . Das gelingt nur durch gemeinsame Arbeit, grenzen, bin ich da einverstanden . Lassen Sie uns das mit aber nicht durch Hallodri-Parolen in den Agenturtickern . Resettlement-Programmen der Vereinten Nationen aus- bauen und legale Zugangswege für die Flüchtlinge schaf- Meine Damen und Herren, wir mussten Sie letztes fen, damit sie sich nicht mehr in Schaluppen setzen, um Jahr bei den Haushaltsberatungen bei den Präventions- das Mittelmeer zu überqueren, und ihr Leben gefährden . projekten gegen Radikalisierung und Terrorismus zum Jagen tragen . Ich bin froh, dass Sie es mittlerweile ein- Zu einer solchen Politik passen aber überhaupt nicht gesehen haben und da mit uns gemeinsam in diesem Diskussionen, wie Sie sie leider angefangen haben, näm- Haushalt weitere Schritte gehen . Natürlich ist Prävention lich zu sagen: Wir wollen die Möglichkeit zum Famili- etwas Nachhaltiges . Das wirkt nicht von heute auf mor- enzuzug für die Flüchtlinge, die da sind, einfach kappen . gen . Aber es ist die Methode, durch die man Sicherheit dauerhaft schafft . In der Zwischenzeit muss man natür- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lich mit Gefahrenabwehr versuchen, das Schlimmste zu sowie bei Abgeordneten der LINKEN) verhindern . Aber wir wissen: In einem demokratischen Das steht zwar nicht in Ihrem Gesetzentwurf, aber in freien Land gibt es keine absolute Sicherheit, und in ei- Interviews haben Sie das so gesagt . Was sagt das denn nem nichtdemokratischen und unfreien Land gibt es ab- den Menschen, die in den Flüchtlingscamps sitzen, deren solute Unsicherheit . Sohn, Mann oder Bruder vielleicht hier in Deutschland, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) in Frankreich oder in einem anderen europäischen Land ist? Sie sagen ihnen: Ihr braucht nicht auf den Famili- Meine Damen und Herren, der Terror und Bürgerkrieg ennachzug warten . Macht euch schon einmal auf, setzt in Syrien haben ja zwei Konsequenzen: Sie bedrohen ei- euch in die Schaluppen! – Das ist ein Schleuserankurbe- nerseits die innere Sicherheit, wie wir in Paris gesehen lungsprogramm . Das dürfen wir aus humanitären Grün- haben, und sie entwurzeln viele Menschen, die Schutz den nicht machen, und das dürfen wir auch nicht machen, suchen vor diesen Terroristen und vor diesem Bürger- weil wir so die Situation auch nicht wirklich in den Griff krieg . Deshalb ist die humanitäre Gestaltung der Flücht- bekommen . lingsaufnahme einerseits eine humanitäre Verpflichtung (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- für uns . Sie ist andererseits eine gesellschaftspolitische SES 90/DIE GRÜNEN) (B) Antwort auf die Ideologie des Islamismus, indem wir (D) sagen: Ja, wir schauen nicht, woher jemand kommt . Lassen Sie die Finger auch von Ihrem Asylpaket! Sie Bei uns finden Menschen Schutz vor Verfolgung. Das haben ja nach dem „Asylverfahrensbeschleunigungsge- macht unsere Humanität aus, und das unterscheidet uns setz“ jetzt kurioserweise ein „Gesetz zur Einführung be- so grundsätzlich von der Menschenverachtung von IS, schleunigter Asylverfahren“ vorgelegt . Lassen Sie auch Da‘isch und anderen islamistischen Projekten . die Finger davon, die Rechtsfristen für Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten zu verkürzen . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: Deshalb sollten wir auch nicht über Obergrenzen re- Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen . den . Bei der Grundrechtswahrnehmung – sowohl beim Recht auf Asyl als auch beim Recht auf Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention geht es im Kern um Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Grund- und Menschenrechte – kann es niemals eine zah- Ein Satz noch dazu, wo auch die Finger vom Asyl- lenmäßige Begrenzung durch Obergrenzen geben . Aber paket gelassen werden sollten . – Bei Integrationskursen wir können natürlich gestalten, wie wir die Flüchtlings- eine Eigenbeteiligung der Flüchtlinge zu verlangen – wir aufnahme bewältigen . Da ist von zentraler Bedeutung, reden da vielleicht über 3 oder 5 Euro im Monat, und da- dass wir diese Aufgabe wieder europäisch-solidarisch für bauen wir eine riesige Bürokratie auf –, ist schikanös . anpacken . Das bringt nichts für die Integration . Solche Sachen kön- Es gehört aber zur Wahrheit auch dazu, zu sagen, dass nen wir uns in diesen Zeiten, wo es um große Aufgaben wir in der Vergangenheit die Profiteure von Dublin waren geht, einfach nicht leisten . und dass wir uns als Deutsche nicht um eine solidarische (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Verteilung der Flüchtlinge, die in Malta, Griechenland, Spanien, Italien und Portugal ankamen, gekümmert ha- ben . Jahrelang war uns das egal . Wir waren ja fein um- Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: zingelt von sicheren Drittstaaten . Das hat nicht mehr Als nächster Redner hat Stephan Mayer von der CDU/ funktioniert . Jetzt gilt es, eine neue Solidarität herzustel- CSU-Fraktion das Wort . len mit einer neuen Verteilung, und das nicht nur wegen unserer Belastungen, sondern weil wir nur gemeinsam in (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Europa mehr leisten können . [SPD]) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13553

(A) Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): maßvolle, aber aus meiner Sicht sehr effektive Verbesse- (C) Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolle- rungen vorgenommen, indem wir beispielsweise die Ter- ginnen! Sehr geehrte Kollegen! Der Haushalt des Bun- rorfinanzierung jetzt verstärkt unter Strafe stellen, indem desinnenministeriums für das kommende Jahr ist klar wir die geplante Ausreise von Dschihadisten in den Krieg und eindeutig im Lichte von zwei großen, vielleicht so- nach Syrien verstärkt unter Strafe stellen . Wir haben das gar epochalen Herausforderungen zu sehen: einerseits Personalausweisgesetz geändert, indem wir analog zum der Flüchtlingskrise, andererseits der Bedrohung durch Passgesetz die Möglichkeit geschaffen haben, ausreise- den islamistischen Terrorismus . willigen Dschihadisten den Personalausweis rechtzeitig zu entziehen, um damit die Ausreise zu verhindern . Das Natürlich ist es vollkommen zynisch, verwerflich und waren aus meiner Sicht sehr maßvolle, sehr verantwor- menschenverachtend, wenn man Flüchtlinge unter Gene- tungsbewusste, aber sehr effektive gesetzliche Änderun- ralverdacht stellt, wenn man eine unmittelbare Kausali- gen, sodass überhaupt kein Grund besteht, jetzt in gesetz- tät zwischen diesen beiden Herausforderungen herstellt . geberischen Aktionismus zu verfallen . Die Flüchtlinge sind nicht Täter, sie sind Opfer . Viele der Flüchtlinge, die zu uns kommen, insbesondere aus dem (Beifall bei der SPD) syrischen Bürgerkrieg, fliehen ja gerade vor den schreck- Aber – das sage ich auch dazu –: Wir müssen mit Si- lichen Gräueltaten des sogenannten „Islamischen Staa- cherheit im Lichte der Erkenntnisse der Ermittlungen tes“ oder des Assad-Regimes . nach den Anschlägen von Paris uns auch ansehen, ob Aber, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kolle- nicht an der einen oder anderen Stelle Verbesserungen er- gen, wenn es sich bewahrheiten sollte, dass zwei der At- forderlich sind . Wichtig ist mir persönlich, dass wir deut- tentäter von Paris zumindest als Flüchtlinge getarnt über lich mehr Stellen bei den Bundessicherheitsbehörden ge- Griechenland nach Europa eingereist sind, dann zeigt uns schaffen haben . Es werden auch im Haushalt 2016 1 000 dies doch, dass die Flüchtlinge zwar nicht Täter sind – zusätzliche Stellen bei der Bundespolizei geschaffen, natürlich nicht –, aber offenbar diese Flüchtlingskrise über 300 Stellen zusätzlich beim Bundeskriminalamt . Es vom sogenannten „Islamischen Staat“ instrumentalisiert gibt – das kann man an dieser Stelle auch offen sagen – wird, um vereinzelt auch Kämpfer des sogenannten „Isla- deutlich mehr Stellen sowohl für das Bundesamt für mischen Staates“ nach Deutschland und nach Europa zu Verfassungsschutz als auch für den Bundesnachrichten- bringen . Das zeigt uns, wie ich glaube, schon ganz deut- dienst . Damit kommen wir den Erfordernissen in dieser lich: Wir müssen unsere EU-Außengrenze noch besser gesteigerten und intensivierten Bedrohungssituation in sichern . Es darf nicht weiter zugestanden werden, dass vollem Umfang nach und werden ihnen gerecht . unkontrolliert und unregistriert Personen nach Europa Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ins- (B) einreisen. Diese vorläufigen Erkenntnisse der schreckli- gesamt erfährt der Haushalt des Bundesinnenministe- (D) chen Attentate von Paris müssen uns hier auch eine ganz riums einen Aufwuchs von 1,5 Milliarden Euro . 5 500 klare Mahnung sein . zusätzliche Stellen werden geschaffen . Das ist ein kla- (Beifall bei der CDU/CSU) res Signal, insbesondere was die zweite große Heraus- forderung anbelangt: die Flüchtlingskrise . Ich sage hier Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die bar- eines ganz offen: Monatliche Zuzugszahlen von derzeit barischen Angriffe und Attentate von Paris haben Frank- 180 000 oder 200 000 oder vielleicht sogar mehr sind auf reich gegolten, aber gemeint war die gesamte westliche Dauer in Deutschland nicht verkraftbar . Welt . Der islamistische Terror hat Westeuropa erreicht . (Beifall bei der CDU/CSU) Das waren Angriffe nicht nur auf Menschen, sondern das waren Angriffe auf unsere westlichen Werte und unsere Deshalb kommt es aus meiner Sicht auf eine Quadriga westliche Lebensweise . Und deshalb gilt, auch eines hier an, auf vier Punkte: klar zu sagen: Wir dürfen uns vom sogenannten „Islami- schen Staat“ nicht in die Knie zwingen lassen . Wir brauchen erstens eine bessere Ordnung und eine bessere Struktur, vor allem auch schnellere Verfahren . Es gibt auch aus meiner Sicht überhaupt keinen Grund Wir sind hier entsprechend tätig geworden . Wir haben zu Panik oder Hysterie . Unsere Sicherheitsbehörden sind innerhalb von nur zwei Jahren die Belegschaft des Bun- gut aufgestellt . Wir haben insbesondere in den letzten desamtes für Migration und Flüchtlinge verdoppelt . Man Monaten sowohl die personelle als auch die finanzielle muss sich dies auch einmal vorstellen . Das Bundesamt Ausstattung der Sicherheitsbehörden auf Bundesebene für Migration und Flüchtlinge ist die mit weitem Abstand deutlich verbessert . Wir haben aber auch gesetzgeberisch am schnellsten wachsende Bundesbehörde . Auch im an der einen oder anderen Stelle die notwendigen Nach- Haushalt 2016 setzen wir ein klares Signal, indem noch besserungen und Intensivierungen vorgenommen . einmal zusätzlich 4 000 Stellen beim BAMF geschaffen werden . Schon heute sind über 1 000 sogenannte Ent- Wir haben, meine sehr verehrten Kolleginnen und scheider im BAMF tätig, um die Verfahren deutlich zu Kollegen, in den letzten Jahren unsere Gesetzgebung im- beschleunigen . Wir sind hier auf einem sehr guten Weg . mer wieder der Bedrohungslage und den Anforderungen Es geht erstens also um eine bessere Struktur und Ord- der Sicherheitsbehörden angepasst . Wenn ich nur daran nung, um eine lückenlose Registrierung und Kontrolle all erinnern darf: Wir haben in den letzten Monaten die Min- derjenigen, die zu uns kommen . destspeicherfristen in Deutschland wieder maßvoll ein- geführt . Wir haben das Terrorismusbekämpfungsgesetz Es geht zweitens um eine schnellere und bessere In- wieder verlängert . Wir haben auch im Strafrecht zwar tegration derer, die langfristig bei uns bleiben werden . 13554 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Stephan Mayer (Altötting) (A) Auch hier haben wir mit dem neuen Haushalt 2016 klare ist das Technische Hilfswerk sehr dankbar; das darf ich (C) Signale gesetzt, indem 250 Millionen Euro zusätzlich für in meiner Funktion als Präsident der THW-Bundesverei- Integrationskurse zur Verfügung stehen, insgesamt über nigung sagen . Es ist darüber hinaus ein klares Signal, das eine halbe Milliarde Euro: 560 Millionen Euro allein für die Koalition hier für die deutliche Stärkung des ehren- Integrationskurse, 45 Millionen Euro für die Migrations- amtlichen Engagements setzt . beratung für Erwachsene und 40 Millionen Euro für In- tegrationsprogramme und für das Programm „Integration (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- durch Sport“ . Wir kommen unserer gesellschaftspoliti- ordneten der SPD) schen Verantwortung in vollem Umfang nach . Wir stärken darüber hinaus auch die Bundesdaten- schutzbeauftragte . Die Bundesdatenschutzbeauftragte ist Es geht drittens um die konsequente Rückführung der- ab dem 1 . Januar kommenden Jahres eine unabhängige jenigen, die kein Bleiberecht in Deutschland haben, die und eigenständige Oberste Bundesbehörde . Es werden abgelehnt sind . Auch hier ist noch mehr zu tun, insbeson- 7,5 zusätzliche Stellen geschaffen und eine halbe Million dere seitens der Länder . Ich sage aber auch ganz deut- Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt . lich: Wir als Bund haben unsere Hausaufgaben dadurch gemacht, dass wir mit dem Asylverfahrensbeschleu- Darüber hinaus – auch das ist ein wichtiges Zeichen, nigungsgesetz deutlich gemacht haben, dass Dinge in das von diesem Haushalt ausgeht – stärken wir den Sport Zukunft nicht mehr gehen, die von manchen Ländern in in Deutschland . Die 15 Millionen Euro, die in diesem der Vergangenheit sehr extensiv angewandt wurden, wie Jahr zusätzlich zur Verfügung stehen, werden im kom- beispielsweise in Niedersachsen: Dort musste der Ab- menden Jahr verstetigt . Wir stellen 10 Millionen Euro schiebetermin zweimal im Vorfeld angekündigt werden . zusätzlich für die Bewerbung Hamburgs für die Olympi- Im Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz ist klar vorge- schen Sommerspiele 2024 zur Verfügung – in der Hoff- sehen, dass in Zukunft Abschiebetermine nicht mehr im nung, dass der Bürgerentscheid am kommenden Sonntag Vorfeld angekündigt werden dürfen . Wir erwarten jetzt positiv ausgehen möge . Wir stellen auch 10 Millionen auch von den Ländern, dass sie die neue Bundesgesetz- Euro für die Entschädigung der DDR-Dopingopfer zur gebung entsprechend umsetzen . Verfügung – ein wichtiges Signal . (Beifall bei der CDU/CSU) Ich komme zum Schluss . Ein letzter Punkt, der mir aber auch besonders am Herzen liegt, betrifft ein Anlie- Der dritte Punkt ist, ganz klar, die Reduzierung der gen, das insbesondere der Bund der Vertriebenen schon Zuzugszahlen . Ich habe die Hoffnung, dass insbesondere lange vorbringt; jetzt wird es endlich umgesetzt . Es wird die Gespräche mit der türkischen Regierung, vor allem eine finanzielle Grundlage geschaffen, um ehemalige mit dem türkischen Präsidenten Erdogan, am kommen- (B) deutsche Zwangsarbeiter zu entschädigen . 50 Millionen (D) den Wochenende dazu führen, dass wir hier wirklich zu Euro stehen hier in den kommenden Jahren zur Verfü- tragfähigen Ergebnissen kommen . Die Hoffnung liegt gung . Dafür sind all diejenigen dankbar, die seit Jahren, ganz klar darauf, dass wir durch eine bessere Verstän- teilweise seit Jahrzehnten, auf eine angemessene Ent- digung insbesondere mit der Türkei – die Türkei ist in schädigung gewartet haben . Aber es geht nicht nur um diesem Zusammenhang ein Schlüsselland – zu einem die finanzielle Entschädigung, sondern auch um das klare effektiveren und konsequenteren Schutz der EU-Au- Signal, das von dieser Haushaltsentscheidung ausgeht . ßengrenzen kommen, damit die Zahl der Zuzüge nach Auch dafür ein herzliches Dankeschön! Europa zurückgeht . Sollte dies nicht gelingen, müssten wir als Nationalstaat mit Sicherheit überlegen, was wir (Beifall bei der CDU/CSU) an unseren Außengrenzen verstärkt tun können, um die Ich glaube, man kann sagen: Wir befinden uns in Flüchtlingszahlen effektiv und schnellstmöglich deutlich schwierigen Zeiten, aber der Haushalt des Bundesinnen- zu reduzieren . ministeriums für 2016 trägt den gestiegenen Anforderun- Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der gen Rechnung . Haushalt des BMI trägt auch in anderweitiger Hinsicht Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit . die klare Handschrift insbesondere der CDU/CSU . Es war uns ein großes Anliegen, das Technische Hilfswerk (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- deutlich zu stärken . Ich bin insbesondere den Haushäl- ordneten der SPD) tern sehr dankbar, dass es gelungen ist, einen Aufwuchs der Mittel für das Technische Hilfswerk um insgesamt Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: 43 Millionen Euro zu erreichen – das sind 208 zusätzli- Vielen Dank .– Als nächster Redner hat Dr . Lars che Stellen . Castellucci von der SPD-Fraktion das Wort . Ich sage einmal ganz konkret, wozu das führt: Es führt (Beifall bei der SPD sowie des Abg . zu einer Entlastung des Ehrenamtes . Die zusätzlichen Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]) Stellen werden nicht in der Stabsstelle in Bonn, sondern in den Regionen, in den 66 Geschäftsstellen, geschaffen; die Zahl der Mitarbeiter wird jeweils von jetzt sieben auf Dr. Lars Castellucci (SPD): neun ausgebaut, vor allem mit technischen Mitarbeitern, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und die in der Lage sind, vor allem Wartungs- und Reparatur- Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein- leistungen für das Ehrenamt zu übernehmen . Das bedeu- mal: Die Große Koalition beweist im Bereich des Innern tet eine ganz konkrete Entlastung des Ehrenamtes . Dafür Handlungsfähigkeit . Es ist eindrucksvoll: Aufwuchs der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13555

Dr. Lars Castellucci (A) Mittel in diesem Haushalt um 1 Milliarde Euro . Das ist im Konzert der Angebote, die auch die Bundesländer un- (C) angesichts der Herausforderungen, vor denen wir stehen, terbreiten, schon so gut funktionieren, das wage ich zu genau das richtige Signal . Hier wird geklotzt und nicht bezweifeln . Es geht also nicht nur darum, Geld bereitzu- gekleckert . Das ist die eine gute Nachricht . stellen, sondern man muss auch genau hinschauen, was mit dem Geld passiert . Besonders freut mich, dass wir das ohne neue Schul- den schaffen . Denn die Diskussion „Steuererhöhungen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten für Flüchtlinge“ ist eine dieser absonderlichen Diskussi- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Anja onen, die manchmal draußen geführt werden . Wir schaf- Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Al- fen es, wie gesagt, ohne neue Schulden . Das ist allerdings lerdings!) nicht uns zu verdanken, sondern das ist der Leistung der Weil wir die Diskussion nicht nur über die Medien Menschen in unserem Land zu verdanken, die das erwirt- führen sollen, sondern auch dort, wo sie hingehört, näm- schaftet haben . lich hier, möchte ich etwas zum Thema Familiennach- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten zug sagen . Wenn wir schon Integration anstreben, weil der CDU/CSU) uns das wichtig ist und weil es entscheidend darauf an- kommt, dann müssen wir Maßnahmen, die der Integrati- Das ist die zweite gute Nachricht . on zuwiderlaufen, unterlassen . Zu sagen: „Ihr seid hier Zu den Verfahren . Wir verdoppeln die Zahl der Mitar- und sollt euch integrieren, aber eure Familien lassen wir beiterinnen und Mitarbeiter beim Bundesamt für Migra- mal in den Kriegsgebieten“, das ist integrationsfeindlich . tion und Flüchtlinge, und auch bei der Bundespolizei Deswegen ist das auch eine falsche Ansage . gibt es mehr Ressourcen . Damit muss es gelingen, das (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie teilweise entstandene Chaos zu beenden . Ich will, dass bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE binnen Jahresfrist registriert wird, und zwar schnell und GRÜNEN) einmal und nicht keinmal oder mehrfach, wie das derzeit der Fall ist . Befremdlich fand ich auch die Äußerungen vom Wochenende, was die unbegleiteten minderjährigen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne- Flüchtlinge angeht . Der Familiennachzug müsse ausge- ten der CDU/CSU und der Abg . Anja Hajduk schlossen werden, weil die Jugendlichen – Zitat – „vor- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) geschickt“ werden . Meine sehr verehrten Damen und Ich will, dass wir binnen Jahresfrist erreichen, dass die Herren, da werden keine Jugendlichen vorgeschickt, Verfahren drei Monate dauern – wie Herr Weise uns das (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: (B) zugesagt hat – und wir hierbei alles einrechnen und nicht Keine Ahnung!) (D) sagen: Es gibt eine Zeit vor dem BAMF und eine Zeit nach dem BAMF . – Außerdem muss es uns innerhalb sondern da legen Eltern und Großeltern, Tanten und On- des nächsten Jahres gelingen, die Zahl der aufgelaufe- kel zusammen, damit wenigstens einer ein besseres Le- nen Verfahren abzubauen . Seit 2008 steigt die Zahl der ben haben kann oder sein Leben sogar sichern kann . Das Verfahren, die nicht abgearbeitet werden, Jahr um Jahr . ist doch die Wahrheit . Das würde jeder von uns in einer Daher ist eine Änderung dringend notwendig; denn so solchen Situation ganz genauso machen . kann es nicht mehr weitergehen . (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Herr Minister, Sie haben gesagt: Wir arbeiten dran . BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Offen gestanden: Wenn ich meinen Mitarbeiterinnen und Wir dürfen beim Thema Sprache aber nicht stehen- Mitarbeitern sage: „Ich brauche etwas“ und diese mir da- bleiben – die Sprache ist die Basis für Integration –, son- rauf antworten: „Wir arbeiten dran“, dann läuten bei mir dern wir müssen auch an diejenigen denken, die schon ein bisschen die Alarmglocken . Wir brauchen jetzt kein in Deutschland sind . Wir müssen uns überlegen: Wie „Wir arbeiten dran“; vielmehr müssen wir die Ergebnisse gestalten wir das Zusammenleben derjenigen, die schon im nächsten Jahr mit aller Ernsthaftigkeit und mit allem da sind, mit denjenigen, die zu uns kommen? Wie kann Nachdruck erreichen wollen . das gut funktionieren? Dazu brauchen wir Plattformen, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Raum für Begegnungen . der CDU/CSU) Ich habe dieser Tage eine Nachricht aus meinem Der wichtigere Punkt ist die Integration oder – weil Wahlkreis erhalten . Dort wird seit vielen Jahren ein das Wort nicht besonders gut ist – das Zusammenleben in durch Spenden finanziertes interkulturelles Café betrie- Deutschland. Die finanziellen Ressourcen für die Integra- ben . Mit dem vorliegenden Haushalt wollen wir Ordnung tionskurse werden verdoppelt; das macht ein Viertel der herstellen . Spätestens mit dem nächsten Haushalt müs- Milliarde aus, die neu in den Haushalt eingestellt wird . sen wir Zusammenleben gestalten . Wir brauchen Struk- Ich will aber auch sagen: Es geht an dieser Stelle nicht turförderung für solche Angebote, wo sich die Menschen nur um Geld, sondern wir müssen auch darauf achten, begegnen und sich kennenlernen können; denn das ist dass das gut umgesetzt wird und dass die Flüchtlinge, die das Beste, um Vorurteile und Ängste abzubauen . zu uns kommen, die Maßnahmen und Angebote erhalten, (Beifall bei der SPD) die sie brauchen . Die einen sind Analphabeten, die Al- phabetisierungskurse brauchen, andere brauchen andere Verehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht alle, die Angebote . Ob da das Management und die Systematik kommen, werden bleiben können, und nicht alle, die 13556 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Dr. Lars Castellucci (A) kommen, werden bleiben wollen – das kann man an die- dann unseren Behörden vertraut, wenn wir nicht alle (C) ser Stelle auch einmal sagen –, aber für beide Gruppen Erkenntnisse zu Markte tragen können, wenn wir – das gilt: Wir haben die Chance, ihnen unsere Werte vorzule- sage ich an die Adresse der Medien – nicht alle zu Markte ben und ein positives Deutschlandbild zu vermitteln . So tragen müssen . Ich bin der Überzeugung, dass Vertrau- gewinnen wir, wenn sich beide Seiten anstrengen, Freun- en das Wichtigste ist, was wir in dieser Lage brauchen, de, Nachbarn und Kollegen in der Welt und bei uns . um dem Terror standzuhalten . Dafür gibt es für mich drei Grundbedingungen: Vielen Dank . Grundbedingung eins: Haushalt und Gesetzeslage (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten müssen in Ordnung sein . Für den Haushalt haben wir der CDU/CSU) dieses Mal viel getan . Herzlichen Dank! Man kann in der Koalition über viele Themen streiten; aber mit euch von Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: der SPD – das muss ich sagen – im Bereich der inneren Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Armin Sicherheit Haushaltspolitik zu machen, das macht mir Schuster von der CDU/CSU-Fraktion das Wort . Spaß . Das gefällt mir . (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU): Deswegen haben wir jetzt auch 1 Milliarde Euro mehr, Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Da- als im Regierungsentwurf vorgesehen war . Herr Gerster, men und Herren! Selten hat ein Haushalt des Innenres- vielen Dank . Wir müssen jetzt nicht in gesetzgeberischen sorts so in die Zeit gepasst wie dieser . Dieser Haushalt Aktionismus verfallen – das ist wichtig; Frau Dr .Högl, ist keine Reaktion auf Paris – damit haben die Haushälter darüber sind wir uns einig, auch wenn es Punkte gibt, bei recht –; darauf dürfen wir stolz sein . denen wir uns nicht einig sind –, weil wir unser Pulver im Trockenen haben; Für die Unions-Innenpolitiker möchte ich sagen: Seit Beginn dieser Legislaturperiode setzen wir uns unter (Dr . Eva Högl [SPD]: Genau!) Führung von Stephan Mayer dafür ein, dass im Bereich der inneren Sicherheit neue und deutliche Akzente gesetzt ich darf das vielleicht so ein bisschen martialisch for- werden . Erstmals erreicht wurde dies im Haushalt 2015, mulieren . Flüchtlingslage, Terrorbekämpfung, Rechts- und jetzt schaffen wir das mit einem richtigen Aufschlag extremismus, Cyberfähigkeit – überall haben wir den im Haushaltsplan 2016 . Dafür brauchten wir keine Ter- Haushalt und die Rechtsvorschriften angepasst . Wir ha- roranschläge; dafür reichte unsere Überzeugung . Ich bin ben Reisen in ISIS-Gebiete längst unter Strafe gestellt, (B) meiner eigenen Mannschaft dafür dankbar, dass wir das wir können Ausreisen verhindern, und wir können Pässe (D) hinbekommen haben, aber natürlich auch den Haushäl- und Personalausweise entziehen . Wir haben uns die Be- tern Dr .Reinhard Brandl und Dr .André Berghegger . kämpfung der Terrorismusfinanzierung zum Ziel gesetzt. Dr . Berghegger ist bei diesen Fragen unser Lotse in der Wir haben die Vorratsdatenspeicherung eingeführt und AG Innen; denn wir kennen nicht alle Untiefen . Wenn die Befristung von Vorschriften nach den Terrorismus- wir zu Ihnen kommen, Herr Brandl, wissen wir schon bekämpfungsgesetzen verlängert . Meine Damen und von Dr . Berghegger, was wir machen müssen . Natürlich Herren, besser kann man nicht beweisen, dass die Innen- danke ich auch dem Bundesinnenministerium, dem gan- politik in diesem Land gut vorbereitet ist . Ich brauche im zen Team der Minister, insbesondere dem südbadischen Moment nicht mehr Gesetze . Finanzminister – den braucht es auch –, und ich danke Zweitens . Das Vertrauen in der Bevölkerung ist dann dem haushaltspolitischen Sprecher, der sehr sicherheits- besonders groß, wenn wir uns an unsere Rechtsvorschrif- affin ist. Herzlichen Dank, Herr Rehberg. ten halten – die sind gut – und sie ohne Wenn und Aber umsetzen . Das erwarten die Menschen gerade in unsiche- (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . ren Zeiten . Deshalb müssen wir Dublin und Schengen Dr . Eva Högl [SPD]) schnellstens reanimieren . Deshalb bin ich dem Bundes- Bundeskriminalamt, Verfassungsschutz, Bundespoli- innenminister für seine vielen klaren Haltungen in den zei, BSI, BAMF und THW mit den richtigen Ressour- vergangenen Wochen sehr dankbar. Das flößt Vertrauen cen auszustatten, ist das eine . In unsicheren Zeiten ist es ein, auch bei der Bevölkerung . Das spürt man . aber auch wichtig, dass die Menschen Vertrauen haben (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . in die Arbeit unserer Behörden . Bezogen auf Hannover Dr . Eva Högl [SPD]) habe ich mich ein bisschen erschreckt, was für eine Wel- le durch die Öffentlichkeit ging, auch durch die sozialen Wer in diesen Tagen allerdings nur auf die Sicherung Netzwerke . Meine Damen und Herren, für und in Han- der Schengen-Außengrenze fokussiert – und das machen nover wurde aus meiner Sicht in der vergangenen Woche ja ganze Heerscharen –, der hat den Schengener Grenz- absolut richtig entschieden . kodex noch nicht verstanden . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Genau rich- der SPD) tig!) Es wäre für alle Bürger, für unsere Sicherheitsexperten Außengrenzensicherung war noch nie das einzige Mit- und für die im islamistischen Milieu hochgefährdeten tel der Wahl . Das haben wir uns Mitte der 90er-Jahre V-Leute ein großer Vorteil, wenn die Öffentlichkeit auch so nicht gedacht . Binnengrenzschleierfahndung, Schen- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13557

Armin Schuster (Weil am Rhein) (A) gener Informationssystem, gemeinsame internationa- Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: (C) le Ermittlungsgruppen, automatisierter Datenabgleich, Kollege Schuster, lassen Sie eine Zwischenfrage von Infoaustausch zu Fingerabdrücken, Kfz-Kennzeichen, Herrn Tempel zu? DNA-Spuren usw . usf .– das alles ist Schengener Grenz- kodex und Prümer Vertrag . Ich bedauere, dass wir in die- sen Tagen sehr wenig Klartext darüber sprechen, dass all Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU): das in Europa schlampigst umgesetzt ist . Von Herrn Tempel? Natürlich . (Dr . Eva Högl [SPD]: Das stimmt!) Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: Die Schleierfahndung ist faktisch ausgestorben . Es Bitte . gibt Fahndungsdateien bei Europol, in die nur fünf Län- der von ganz Schengen-Europa Daten eingeben . Wie wollen wir so Terroranschläge verhindern? Wie wollen Frank Tempel (DIE LINKE): wir präventiv dafür sorgen, dass Europa ein Raum der Herr Schuster, lassen wir einmal ganz kurz unsere Freiheit, des Rechts und der Sicherheit ist? Wenn wir uns unterschiedlichen politischen Positionen, ob eine Schlie- nicht jetzt in den Schengener Binnengrenzräumen um ßung der Grenzen und stationäre Grenzkontrollen richtig Fahndungs- und Ermittlungsdruck kümmern, wann denn sind oder nicht, außen vor . Nehmen wir einmal an, dass dann? das gemeinsam politisch gewollt wäre, was es natürlich nicht ist . Sie haben mit Ihrer Fraktion seit Jahren den (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- permanenten Personalabbau mitgetragen . Genau wie Sie ordneten der SPD) besuche ich regelmäßig Delegiertenkonferenzen bei Ge- Die Attentäter der vergangenen Anschläge haben alle werkschaftsversammlungen der Bundespolizei und auch zusammen eine verwundbare Stelle: ihre grenzüber- Polizeidienststellen, mehrere allein in diesem Jahr . Dort schreitende Reisetätigkeit . Sie alle haben es getan, auf wird von den Kollegen einheitlich gefragt: Wie sollen allen Verkehrswegen, und man hätte sie erkennen kön- wir diesen Forderungen, die von Teilen der Politik kom- nen . Aber dafür braucht man konsequente Grenzüberwa- men, überhaupt nachkommen? chung – auch in Deutschland – im Rahmen einer Schlei- Ich habe gerade gesagt: innerhalb von nur einem Mo- erfahndung oder auch mehr . nat 500 000 Überstunden bei der Polizei . Sie haben von Die Haltung, dass das alleinige Aufgabe der Schen- neuen Stellen gesprochen . Die Leute müssen erst einmal gen-Außengrenzenländer sein soll und nicht unsere, finde ausgebildet werden; sie werden in den nächsten zwei ich völlig unplausibel . Warum sollen die es können und Jahren überhaupt nicht zur Verfügung stehen . Sie legen (B) wir nicht? Ich empfehle jedem, der damit hausieren geht: Ihre Forderungen hier in blumigen Worten dar; aber mit (D) Fahren Sie doch einmal zur Bundespolizei oder zur bay- der Umsetzung ist langfristig überhaupt nicht zu rechnen . erischen Polizei; ich empfehle die Polizeiinspektionen Sie tragen mit die Verantwortung dafür, dass das Perso- Fahndung in Traunstein und in Rosenheim . Die erklären nal, die Infrastruktur und die Logistik für die Erfüllung sehr gerne, wie hochwirksam Binnengrenzfahndung ist . dieser Forderungen überhaupt nicht zur Verfügung ste- Ich erinnere an den Aufgriff des Montenegriners, der ei- hen . Wie möchten Sie das umsetzen? Wann möchten Sie nen ganzen Kofferraum voll schwerster Waffen hatte . Ob das umsetzen? Das sollten Sie hier schon ein bisschen wir aktuell Grenzüberwachung wollen oder nicht, müs- genauer sagen . sen wir politisch entscheiden; aber man sollte bitte nicht behaupten, wir könnten es nicht . Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU): (Zuruf des Abg . Frank Tempel [DIE LINKE]) Erstens . Ich kann mit Ihnen jetzt keinen Grundkurs zum Thema Grenzpolizei machen . Die Bundeszollverwaltung und die Bundespolizei tun das seit Jahrzehnten, egal in welcher Lage die Bundes- (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – republik Deutschland sich befunden hat . Die können das . Frank Tempel [DIE LINKE]: Den sollten Sie Diese öffentlichen Unwerturteile finde ich nicht in Ord- aber nehmen!) nung . Aber es wäre schön, wenn Sie unterscheiden würden zwi- Es gibt einen Zusammenhang – auch das traue ich schen der Forderung, die Grenzen dichtzumachen – das mich zu sagen; ich weiß, das ist heikel – zwischen hat nur ein Teil Deutschlands einmal versucht; ich finde, Flüchtlingslage und Terrorbedrohung . Ein Innenpolitiker das ist eine ziemlich unsinnige Idee, die kein vernünfti- muss so etwas ansprechen, weil wir uns als Fachleute ger Grenzpolizist hat –, und konsequenter polizeilicher bezeichnen . Wir können nicht ausschließen, dass ISIS Grenzüberwachung, dass man also sagt: Wir betreiben mit seiner perfiden Hinterhältigkeit versuchen wird, die Grenzübergangsstellen, weil das aus Sicherheitsgründen Flüchtlingsströme zu nutzen, um in unserer Gesellschaft notwendig ist, und wir überwachen die grüne Grenze .– durch Vorkommnisse zu polarisieren und zu spalten, uns Das bedeutet aber nicht, dass man dort alle Menschen gegeneinander auszuspielen . Deshalb müssen wir zum aufgreift und zurückschickt . So dumm ist kein Grenzpo- Schutz aller, der Flüchtlinge und der Deutschen, genauer lizist und auch kein Politiker. Dafür gäbe es ein flexibles hinschauen, wer auf welchem Weg warum in dieses Land System; da bin ich ganz sicher . möchte. Das flößt Vertrauen ein. (Frank Tempel [DIE LINKE]: 500 000 Über- (Beifall bei der CDU/CSU) stunden im Monat!) 13558 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Armin Schuster (Weil am Rhein) (A) Wenn es heißt, dass wir das nicht leisten könnten, Die Rede ist dann von mutmaßlichen Übergriffen bei Po- (C) muss ich sagen: In einer kleinen Privataudienz könnte ich lizeieinsätzen, davon, dass die Rechte der Bürger mas- Ihnen ganz locker erklären, wie wir es mit 10 000 Zöll- senhaft untergraben werden, etc . etc . Ich bleibe jetzt ganz nern, 42 000 Bundespolizisten und etlichen Landespoli- ruhig; aber ich möchte in diesen angespannten Tagen den zei-Bereitschaftsabteilungen, die nur auf den Marschbe- Appell loswerden: Damit schneiden wir im deutschen fehl warten, binnen weniger Tage hinbekommen würden, Parlament Vertrauen ab . in diesem Land einen solchen Einsatz zu fahren . (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!) ( [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Mit solchen Kommentaren stellt man permanent die NEN]: Na klar, genau! Die sitzen da und war- Leistung derer, die sich Tag für Tag für unseren Schutz ten auf ihren Einsatz, weil sie ja sonst nichts und unsere Freiheit einsetzen, auf den Kopf . zu tun haben, Herr Schuster! Die warten also etwa bei Schalke gegen Bayern auf ihren Ein- (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- satz an der Grenze, ja?) NEN]: Das hat doch gar nicht stattgefunden! – Dr . Eva Högl [SPD]: Das hat keiner gesagt!) Da würde übrigens genauso wenig geschossen – ich Ich finde, auch eine Opposition – mag die Verlockung danke Ihnen sehr für den Zwischenruf – wie bei 1 -Mai-. ­ der Kameras auch noch so groß sein – hat in diesen an- Demos in Berlin, da gäbe es keine S-Draht-Rollen, da gespannten Tagen eine parlamentarische Verantwortung . gäbe es keine Haftanstalten . Das Vermögen, in diesem Land polizeilich sauber zu arbeiten, können Sie seit Jahr- ( [DIE LINKE]: Aha! Keine Kritik zehnten beobachten, egal bei welcher polizeilichen Lage . mehr? Oder was soll das heißen?) Wir würden auch das hinbekommen . Bei der Union gehört Vertrauen in Sicherheitsbehörden Letzter Punkt – das wäre als dritter Punkt sowieso zur Grund-DNA . Wir müssen diesbezüglich nicht be- gekommen; jetzt geht das auf Ihre Zeit –: Ich bin nicht lehrt werden . Wir wissen, was die Frauen und Männer da damit einverstanden, dass diese Sonderlage noch unend- draußen leisten . Wir sind ihnen dankbar . Heute haben wir lich lange andauert . Dass da 1 000 bis 1 500 Bundespoli- hier im Parlament sozusagen einen Doppelpass gespielt: zisten quasi eine Außenstelle des BAMF betreiben, stört Wir bringen einen Haushalt auf den Weg, der diese Leis- mich sehr; denn sie fehlen uns genau bei der Aufgabe, tungen angemessen honoriert . für die Sie gerade plädiert haben . Mir wäre es sehr recht, Ich danke Ihnen . wenn wir die Flüchtlingszahlen so reduzieren, sodass das BAMF seine eigentliche Aufgabe allein und selbststän- (Beifall bei der CDU/CSU) (B) dig erledigen kann und die Bundespolizei zur Wahrneh- (D) mung ihrer originären Aufgabe, nämlich der Grenzfahn- Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: dung, zurückkehrt . Als letzte Rednerin in dieser Debatte hat Susanne Mittag von der SPD-Fraktion das Wort . Das dürfte Ihnen als kleiner Input reichen . Den Rest machen wir dann privat . Vielen Dank . (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU) Susanne Mittag (SPD): Meine Damen und Herren, wir brauchen eine deut- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen liche Reduzierung der Flüchtlingszahlen . Wenn ständig und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum 2 000 Polizisten das BAMF verstärken, ist das ja kein Schluss ist das zwar immer ein bisschen schwierig; aber „Wir schaffen das“ . Das ist nur eine Notlösung . Ich bin ich versuche noch einmal, das Publikum zu fesseln . damit einverstanden, dass die Bundespolizei das jetzt Im Innenausschuss ist das Thema Flüchtlinge vorherr- macht . Aber das ist eine Sonderlage, und Sonderlagen schend und auch ordentlich behandelt worden . Das kann enden irgendwann . Insofern bin ich der SPD dankbar . man gut nachvollziehen, weil dieses Thema auch hier Wenn ich Herrn Steinmeier und Herrn Gabriel richtig fast über die gesamte Zeit in aller Eindringlichkeit ange- verstehe, wollen sie einen Neustart in der Flüchtlingspo- sprochen wurde . Vereinbarungen über ein umfassendes litik . Auch ich glaube, dass das notwendig ist, zumindest Finanzpaket waren dringend notwendig, und das ist ja bei der Frage: Wie viele kommen zu uns? auch gelungen . Im Haushaltsausschuss wurde eine ganze Mein letzter Punkt: zum Thema Vertrauen . In den Bandbreite von Themen angesprochen . Ich möchte mich deutschen Sicherheitsbehörden, bei Polizei und Ver- auf ein Thema im Bereich Inneres konzentrieren, das seit fassungsschutz, arbeiten Zehntausende von Frauen und Jahren leider nachrangig betrachtet wird, nämlich die or- Männern . Seit Monaten, wenn nicht seit Jahren erlebe ich ganisierte Kriminalität . hier, vornehmlich aus den Reihen der Opposition, immer (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!) wieder den Versuch, unsere Sicherheitsbehörden öffent- lich zu diskreditieren . – Da sind wir uns jetzt einig . (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD) (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das geht gar nicht! – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE Die organisierte Kriminalität umfasst nicht nur das, GRÜNEN]: Nein, nein! Das war aber heute was man üblicherweise aus der Vorstellung von Jahres- nicht der Fall!) statistiken kennt oder in Filmen sieht, sondern hat bezo- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13559

Susanne Mittag (A) gen auf den Vermögensschaden und die Bandbreite der diesmal bin ich – das muss ich sagen – sehr zufrieden . (C) Delikte mittlerweile ein erhebliches Ausmaß angenom- Das ist ein guter Einstieg . men, und das steigert sich immer weiter . Dazu gehö- ren – eine kleine Aufzählung – die nicht sehr auffälligen (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Deliktbereiche Umsatzsteuerkarussell, Geldwäsche und Guter Innenminister!) Drogenhandel – das bekommt ja nicht jeder mit –, aber Hinzu kommen noch 97 Stellen für Daktyloskopie, also, auch massive Delikte wie Menschenhandel, Förderung falls das nicht geläufig ist, für das Fingerabdruckverfah- der Prostitution, Kfz-Diebstahl und -verschiebung und ren . Das ist eine echte Verbesserung mit Blick auf die auch – das ist ein bisschen öffentlichkeitsträchtiger – Auswertung von Fingerabdrücken und die Identifizie- Einbrüche in Wohnungen und Straftaten gegen hochalt- rung von Flüchtlingen – aber nicht nur; es gibt auch noch rige Menschen, also gegen Menschen ab 80 Jahren . Zur andere Fingerabdrücke zu erkennen . organisierten Kriminalität gehören aber auch eher neu- artige Taten wie Erpressung im Internet, Datendiebstahl Mit zusätzlichen Stellen für das BKA kann unter an- und -hehlerei . Darunter fallen auch Randbereiche, die derem die „Koordinierungsstelle Organisierte Kriminali- man zuerst gar nicht mit der organisierten Kriminalität tät“ endlich richtig ausgestattet werden und ihre Arbeit in in Verbindung bringt, wie zum Beispiel das Handeln mit vollem Umfang aufgenommen werden, illegalen Kulturgütern nach Raubgrabungen oder Mar- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der kenpiraterie . Der wirtschaftliche Schaden ist beträcht- CDU/CSU) lich und trägt zur Verunsicherung der Menschen bei . Organisierte Kriminalität wird in einigen Bereichen, um um in Zusammenarbeit mit Ländern innerhalb und au- zum Ausgangsthema zurückzukommen, auch zur Ter- ßerhalb der EU, aber auch mit den Bundesländern, der rorismusfinanzierung genutzt. Diese Tatsachen zeigen, Bundespolizei, dem Zoll und weiteren Institutionen die dass wir bei all den wichtigen Themen, die sonst gerade Kriminalität etwas mehr aus dem Dunkelfeld ins Hellfeld diskutiert werden, noch mehr Augenmerk auf die organi- zu heben . sierte Kriminalität legen müssen . (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Um dem Bedürfnis aller nach Sicherheit entsprechen CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: zu können, müssen wir die zuständigen Behörden so aus- Auch richtig! Die Frau ist gut!) statten, dass sie diese Sicherheit leisten können . Auch bei der Bundespolizei wurde die Personalde- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten cke jahrelang dünner und dünner, während die Aufgaben der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: wuchsen – jetzt natürlich besonders im Bereich Flüchtlin- Sehr gut! Weiter so!) ge . Neben den sichernden Aufgaben sind aber auch vie- (B) (D) le Ermittlungsbereiche bei der Bundespolizei, wie zum – Das verwirrt mich jetzt etwas .– Gerade wenn es um die Beispiel Menschenschmuggel, bundesweite Diebstähle Bekämpfung der organisierten Kriminalität ging, hat es in Bahnhofsbereichen oder im Güterverkehr, im Bereich in den zurückliegenden Jahren – jetzt wird es nicht mehr der organisierten Kriminalität anzusiedeln . Daher sind ganz so gut – Sparmaßnahmen oder einen Verzicht auf die auf drei Jahre aufgeteilten 3 000 zusätzlichen Stel- das Aufstocken im Haushalt gegeben . len – sie sind ja schon mehrfach erwähnt worden – ein (Volker Kauder [CDU/CSU]: In Berlin ist das ebenfalls sehr guter Anfang nach jahrelanger Sparerei . dringend notwendig!) Über eine Festlegung im Haushalt freue ich mich ganz Das war im letzten Jahr nicht der Renner . In diesem Jahr besonders – Martin Gerster hat es schon gesagt –, und ist das im Haushalt zum Glück anders . zwar über die zu den Tarifgruppen bei der Bundespoli- zei . Nun ist ein kleiner Aufstieg von der sehr niedrigen (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Tarifgruppe E 3 in die Tarifgruppe E 5 möglich . Es wird Das war nicht immer so; deswegen sind wir heute ganz nämlich leicht vergessen, dass es für die Arbeit nicht nur froh darüber . einigermaßen gut bezahlte Beamte geben muss, sondern auch Tarifangestellte – das sind meistens Frauen –, (Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja, aber in Ber- lin muss man das dringend machen! Frau (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Högl, da sind wir uns einig! – Gegenruf der der CDU/CSU) Abg . Dr .Eva Högl [SPD]: Der Innensenator ohne die der ganze Apparat überhaupt nicht funktioniert . ist aber aus der CDU, lieber Herr Kauder! Der Darauf haben die Tarifmitarbeiter – die Gewerkschaf- Innensenator ist aus Ihrem Klub!) ter haben darauf hingewiesen – Jahre gewartet . Endlich – Können wir jetzt weitermachen? ist der Einstieg geschafft . Das fördert das Engagement, bringt ein bisschen mehr Gerechtigkeit, motiviert die (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volker Nachwuchskräfte und hält erfahrene Kräfte, die sonst Kauder [CDU/CSU]: Nein!) wegen der miesen Bezahlung gehen würden . Ich will nur noch einmal einwerfen: Das BKA erhält (Beifall des Abg . Martin Gerster [SPD]) für seine wichtige Arbeit insgesamt 310 neue Stellen und zusätzliche Mittel für die Ausstattung . Das gehört auch Es ist nur ein kleiner Teilbereich aus dem Ministerium dazu und ist schon einmal sehr gut . Nach den letzten des Innern, aber doch ein großer und wichtiger Bereich Haushaltsverhandlungen war ich ziemlich betrübt; aber für unsere Sicherheit . 13560 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Susanne Mittag (A) Wir haben die Verpflichtung, den Menschen im Rah- Menge bewegen . Ihre erste Rede hier hatte auch mir gut (C) men unserer Möglichkeiten Sicherheit zu gewähren, und gefallen . das setzen wir jetzt um . Ich bin mir sicher: Die Kollegen, (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der die dann endlich über mehr Personal und Material verfü- CDU/CSU) gen, bekommen das schon hin . Sie versprachen mehr Rechte für Frauen, für Lesben und Herzlichen Dank . Schwule, für die Schwachen in der Gesellschaft und den (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Schutz der persönlichen Daten . „Prima“, habe ich ge- der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] dacht . Das klingt fast nach einem linken Regierungspro- [CDU/CSU]: Eine sehr gute Rede!) gramm . (Zuruf von der CDU/CSU: So schlimm wird Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: es schon nicht werden!) Vielen Dank .– Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich Heute will ich einmal fragen: Was ist daraus geworden? schließe die Aussprache . Die CDU/CSU kann sich beruhigt zurücklehnen . Die Wir kommen zu den Abstimmungen, und zwar zu- Halbzeitbilanz der Koalition sieht nämlich leider ernüch- nächst zur Abstimmung über den Einzelplan 06 – Bun- ternd aus . desministerium des Innern – in der Ausschussfassung . (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält Sehr gut sieht sie aus!) sich? – Damit ist der Einzelplan 06 mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenom- Was wurde denn alles versprochen? Beispielsweise men worden . wurde versprochen, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare einzuführen . Daraus ist leider nichts geworden . Wir kommen nun zur Abstimmung über den Einzel- Doch spätestens seit dem erfolgreichen Volksentscheid plan 21 – Bundesbeauftragte für den Datenschutz und im konservativen Irland wäre es höchste Zeit, auch in die Informationsfreiheit –, ebenfalls in der Ausschuss- Deutschland die Ehe für alle endlich einzuführen . fassung . Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Der Einzelplan 21 ist einstimmig (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- angenommen worden . neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt I .7 auf: Sie haben versprochen, den Anteil von Frauen in den Führungsgremien von Wirtschaft und Verwaltung we- a) Einzelplan 07 sentlich – ich betone: wesentlich – zu erhöhen . Heraus- (B) (D) Bundesministerium der Justiz und für Ver- gekommen ist ein klitzekleines Frauenquötchen . Davon braucherschutz profitieren – ich betone: bundesweit – ganze 200 Frauen in Aufsichtsräten . Ja, wie viele Frauen sitzen denn schon Drucksachen 18/6107,18/6124 in Aufsichtsräten? Hinzu kamen noch Verschlechterun- gen im öffentlichen Dienst . Ich sage: Eine wirkungsvolle b) Einzelplan 19 Gleichstellungspolitik sieht wirklich anders aus . Bundesverfassungsgericht (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Drucksachen 18/6124, 18/6125 NIS 90/DIE GRÜNEN) Zum Einzelplan 07 haben die Berichterstattung die Sie versprachen – vom Frauenquötchen zum Miet- Abgeordneten Dr .T obias Lindner, Klaus-Dieter Gröhler, preisbremschen –, eine „wirksame Mietpreisbremse“ Dennis Rohde und Roland Claus . Zum Einzelplan 19 einzuführen . Da wurde zunächst lange herumgedoktert . haben die Berichterstattung die Abgeordneten Carsten Am Ende wurde ein Gesetzentwurf beschlossen, mit dem Körber, Dennis Rohde, Roland Claus und Manuel schon bei der Beschlussfassung viel zu viele Zugeständ- Sarrazin . nisse an die Vermieterlobby gemacht wurden . Zu dem Einzelplan 07 liegt ein Änderungsantrag der (Dr . Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Es sol- Fraktion Die Linke vor . len auch noch ein paar Wohnungen gebaut werden!) Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 96 Minuten vorgesehen . – Ich höre dazu Jetzt bewahrheiten sich – leider, muss ich sagen – die Be- keinen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen . fürchtungen der Opposition, dass diese Mietpreisbremse am Ende fast nirgendwo wirken wird, weil die Grundla- Ich eröffne die Aussprache . Als erste Rednerin hat ge, nämlich ein ordentlicher Mietspiegel, fast nirgendwo Caren Lay von der Fraktion Die Linke das Wort . vorhanden ist . Eine Mietpreisbremse, die wirkt, habe ich mir wirklich anders vorgestellt . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Caren Lay (DIE LINKE): NIS 90/DIE GRÜNEN) Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Das stärkste Stück stellte aber Ihr Versprechen dar, Herren! Herr Maas, bei Ihrem Amtsantritt als neuer Jus- dass es eine Speicherung von Daten ohne konkreten Ver- tiz- und Verbraucherminister wollten Sie noch eine ganze dacht nicht geben wird . Das hat natürlich gerade bei der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13561

Caren Lay (A) Opposition große Erwartungen geweckt . Allerdings ha- am Gesamtvolumen des Bundeshaushalts, wirklich sehr (C) ben Sie wenige Monate später einen Gesetzentwurf zur gering . Es handelt sich um 36 Millionen Euro . Ich nen- sogenannten Vorratsdatenspeicherung vorgelegt . Dazu ne einmal einen Vergleichsmaßstab: Allein für die „Er- wurden Sie zwar gezwungen durch Ihren Parteichef . Ich schließung von Auslandsmarken“, also für die von Steu- frage mich aber: Warum mussten Sie diesen Unsinn am ergeldern finanzierte bezahlte Werbung für Firmen im Ende auch noch verteidigen? Ausland, gibt die Bundesregierung dreimal so viel Geld aus. Ich finde, das steht wirklich in keinem Verhältnis (Dr . [CDU/CSU]: Weil es zum Schutz von 80 Millionen Verbraucherinnen und Ver- kein Unsinn ist!) brauchern in diesem Land . Sie wollten die Schwachen im Recht stärken . Nehmen wir beispielsweise die anhaltende Abzocke von schwa- (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . chen Verbraucherinnen und Verbrauchern bei den Dispo- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) zinsen durch die Banken . Da sollen wir jetzt im Grun- de eine Art Ausweisungspflicht auf den Homepages der Die Verbraucherpolitik fristet auch bei dieser Bundes- Banken beschließen statt einer gesetzlichen Deckelung . regierung unterm Strich leider immer noch ein Schat- So wird das wirklich nichts . tendasein . Es wird wenig überraschen, dass wir als Linke mehr Geld für die Verbraucherpolitik gefordert haben . (Beifall bei der LINKEN) Sie werden natürlich, wie immer, fragen: Woher soll das Geld denn kommen? Da greife ich doch gerne eine For- Auch haben Sie mehr Rechte für Verbraucherin- derung der ehemaligen Verbraucherministerin Ilse ­Aigner nen und Verbraucher versprochen, die diese tatsächlich von der CSU auf . Sie hatte nämlich einmal den klugen durchsetzen können . Rechtsdurchsetzung, das wäre Vorschlag gemacht, man solle doch die Einnahmen aus wirklich gut gewesen . Nehmen wir beispielsweise den Kartellstrafen für die Verbraucherarbeit zur Verfügung VW-Skandal . Die geschädigten Autokäufer müssen jetzt stellen . Kartellstrafen müssen Unternehmen zahlen, selber sehen, wo sie bleiben, das heißt, individuell den wenn ihnen zum Beispiel illegale Preisabsprachen zulas- Rechtsweg beschreiten . Hätten wir die Möglichkeit von ten von Verbraucherinnen und Verbrauchern nachgewie- Gruppenklagen, könnten die Verbraucherverbände für sen werden . Mir ist es wirklich unverständlich, dass das alle Betroffenen klagen . Sie aber haben bis heute nichts Geld, was hier eingenommen wird – eine halbe Milliarde vorgelegt . Im Gegenteil; Die Koalition hat einen Ge- Euro –, komplett in den Wirtschaftshaushalt fließt anstatt setzentwurf der Grünenfraktion abgelehnt . Das stärkste wenigstens teilweise in den Verbraucherhaushalt, damit Stück aber ist, dass die Koalition mit den Stimmen von wir hier nicht jedes Jahr wieder um eine Million mehr der Union und der SPD jetzt schon zum fünften Mal oder weniger streiten müssen . Damit hätten wir eine aus- hintereinander abgelehnt hat, im Verbraucherausschuss reichende Finanzierung der Verbraucherarbeit . (B) überhaupt über dieses Thema zu sprechen . Meine Damen (D) und Herren, dafür fehlt mir wirklich jedes Verständnis . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) Wenn wir nur 20 Prozent dieses Geldes umschichten würden, dann hätten wir 100 Millionen Euro mehr für die Apropos VW: Es gibt schon Themen, bei denen ich Verbraucherarbeit . Das wäre eine Verdreifachung dieses mich manchmal frage, ob wir überhaupt noch einen Ver- Haushaltspostens, und das würde den Verbraucherinnen braucherminister haben . Im Fall VW hat es lange gedau- und Verbrauchern gefallen . ert, bis von ihm etwas zu hören war . Dann kamen vor- sichtige Appelle in Richtung Konzernleitung . Ansonsten Ich komme zu meinem letzten Punkt . Wir stecken im- war in der Debatte von Ihnen wenig zu hören. Ich finde, mer noch in den Nachwehen der Finanzmarktkrise . Des- angesichts von 2,5 Millionen geschädigten Autokäufern wegen fordern wir eine gute Anschubfinanzierung für die ist das keine überzeugende Leistung . bundesweite Finanz- und Schuldnerberatung und einen Finanz-TÜV . Damit wäre das Geld für die Verbrauche- (Beifall bei der LINKEN) rinnen und Verbraucher gut angelegt . Sie schweigen meistens auch zu TTIP und CETA, also den geplanten Freihandelsabkommen zwischen der Euro- (Beifall bei der LINKEN) päischen Union und den USA bzw . Kanada, und verste- Meine Damen und Herren, die Halbzeitbilanz der Ko- cken sich hinter dem breiten Kreuz des Wirtschaftsminis- alition im Bereich der Verbraucherpolitik ist ernüchternd . ters Sigmar Gabriel . Dabei hätten die Verbraucherinnen Ich weiß, Herr Maas: Sie haben einen schwierigen Koa- und Verbraucher – die, wie ich finde, zu Recht fürchten, litionspartner . dass sie jetzt noch mehr von Konzernen über den Tisch gezogen werden – an dieser Stelle wirklich einen starken (Volker Kauder [CDU/CSU]: Komm, komm! Verbraucherminister verdient . Jetzt aber Schluss! – Gegenruf der Abg . Renate (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- meint die CSU, nicht Sie, Herr Kauder!) NEN]) Sie haben einen Parteivorsitzenden, der sich gerne als Das gilt auch für den Haushalt . Das Geld, welches Genosse der Bosse profiliert und Ihnen reingrätscht. So die Bundesregierung für die Verbraucherarbeit ausgibt, ist es zu erklären, dass Sie lieber twittern, als gute Ge- ist, gemessen an anderen Haushalten und gemessen auch setzentwürfe vorzulegen . Aber die Verbraucherinnen und 13562 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Caren Lay (A) Verbraucher haben am Ende des Tages leider wenig da- keine zusätzlichen Einnahmen aus Kartellstrafen vorse- (C) von . hen? Wir wollen, dass, statt das Geld wie bisher komplett für den Wirtschaftshaushalt zu verwenden, 20 Prozent (Beifall bei der LINKEN – Dr .Patrick davon in den Verbraucherhaushalt fließen sollen. Haben Sensburg [CDU/CSU]: Jetzt mal zum Haus- Sie mich da richtig verstanden? halt!) (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: Als nächster Redner hat Dennis Rohde von der Dennis Rohde (SPD): SPD-Fraktion das Wort . Frau Kollegin Lay, ich habe Sie richtig verstanden . (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) (Caren Lay [DIE LINKE]: Dann haben Sie es falsch gesagt!) Dennis Rohde (SPD): Ich frage mich, ob Sie mich richtig verstanden haben . Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor uns liegt der Einzelplan des Bundesmi- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der nisters der Justiz und für Verbraucherschutz . Das konnte CDU/CSU) man bei meiner Vorrednerin in zwei Dritteln der Rede nicht erkennen, weil es in ihrer Rede nicht wirklich um Wenn Sie das Geld aus dem Wirtschaftshaushalt heraus- den Haushalt ging . nehmen wollen, dann müssen Sie auch sagen, an welcher Stelle Sie es einsparen wollen bzw . ob Sie dort den Haus- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) haltsansatz absenken wollen . Als Sie dann die Kurve zum Haushalt genommen ha- (Caren Lay [DIE LINKE]: Ich habe doch ein ben, haben Sie, fand ich, auch noch verblüffend offen Beispiel genannt!) dargelegt, dass Sie die Haushaltssystematik nicht ver- standen haben . Wenn Sie fordern, das Geld aus den Kar- Jeder Euro im Bundeshaushalt kann nur einmal ausgege- tellstrafen für die Verbraucherpolitik einzusetzen, dann ben werden, und das gilt leider auch für die Einnahmen müssen Sie aber auch sagen, wo Sie das Geld an anderer aus Kartellstrafen, liebe Kolleginnen und Kollegen . Stelle wegnehmen wollen . (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – (Caren Lay [DIE LINKE]: Aus dem Wirt- Caren Lay [DIE LINKE]: Aber an der richti- schaftshaushalt! Habe ich doch gesagt!) gen Stelle!) (B) Natürlich ist dieses Geld schon im Bundeshaushalt ver- Wir haben als Koalition in den Haushaltsverhandlun- (D) plant . Das, was Sie wollen, ist: mehr Geld ausgeben und gen drei Schwerpunkte gesetzt . Der erste Schwerpunkt – neue Schulden machen . Das machen wir nicht mit, liebe an ihm kommt man, glaube ich, bei keinem Haushalt Kolleginnen und Kollegen . vorbei – ist der Bereich Flüchtlinge und Terrorismus . Wir wollen das Ministerium als das stärken, was es auch (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) ist, nämlich als Verfassungsministerium, das die Verfas- Der Einzelplan 07 zeichnet sich durch viele kleine – sungsmäßigkeit von Vorhaben zu überprüfen hat . Das ist das ist richtig –, aber durchaus wichtige Punkte aus . Eine in der heutigen Zeit wahrlich keine leichte Aufgabe . Denn Rede zum Einzelplan 07 läuft daher immer Gefahr, sehr dabei müssen Sie, Herr Minister, zwischen Terrorismus- kleinteilig zu sein . Ich möchte mich deshalb auf drei gro- bekämpfung, also dem Schutz von Bürgerinnen und Bür- ße Überschriften beschränken . gern, auf der einen Seite und den Freiheitsrechten, wie dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und Vizepräsidentin : dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, die Ehe Sie das tun, Herr Kollege Rohde, frage ich Sie: nicht minder wichtig sind, auf der anderen Seite abwä- Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Lay? gen . Diese Abwägung haben Sie in Ihrem Hause zu tref- fen . Damit Sie das auch vernünftig tun können, stocken (Dr . Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Es muss wir den Personalhaushalt des Ministeriums auf . Ich glau- eine Verständnisfrage sein!) be, das ist gerade in der heutigen Zeit ganz wichtig . (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dennis Rohde (SPD): NEN]: Hat es denn bisher nicht gereicht?) Herzlich gern . Aus demselben Grund haben wir beim Generalbun- desanwalt und beim Bundesgerichtshof Bedarf gesehen . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Denn wir alle wissen – das geht derzeit immer wieder Bitte schön . durch die Presse –: Gewaltbereite Dschihadisten kom- men zu uns zurück . Sie müssen verfolgt werden . Dafür Caren Lay (DIE LINKE): sind der Generalbundesanwalt und der Bundesgerichts- Vielen herzlichen Dank, Herr Kollege, dass Sie die hof mit seinen Ermittlungsrichterinnen und Ermittlungs- Zwischenfrage zulassen . Ich möchte nicht, dass falsche richtern zuständig . Damit diese Verfahren nicht länger Dinge im Raum stehen bleiben . Deswegen möchte ich dauern als unbedingt notwendig, haben wir in diesem Sie fragen: Haben Sie mich richtig verstanden, dass wir Bereich noch einmal deutlich den Personalhaushalt auf- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13563

Dennis Rohde (A) gestockt, damit verantwortungsvoll mit dieser Aufgabe Das ist ein vernünftiger Paradigmenwechsel . Die Stif- (C) umgegangen werden kann . tung Warentest ist und bleibt eines der wichtigen Instru- mentarien, wenn es für Verbraucherinnen und Verbrau- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten cher darum geht, sich nachhaltig zu informieren . Diese der CDU/CSU) Stärkung geschieht an der richtigen Stelle . Auch beim Verbraucherschutz sehen wir eine ganz be- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) sondere Herausforderung, die sich aus der aktuellen Si- tuation ergibt; denn die Menschen, die zu uns kommen, Wir haben des Weiteren einen sehr guten Forschungs- stammen nicht nur aus fremden Kulturen, sondern auch auftrag im Hinblick auf Schutz vor Überschuldung und aus teilweise ganz fremden Rechtssystemen, die mit unse- Umgang mit Überschuldung erteilt . Man kann dafür na- rem Rechtssystem des Vertragsabschlusses bzw . der Ver- türlich eine bestimmte Summe in den Bundeshaushalt tragsdurchführung nicht einmal ansatzweise vergleichbar einstellen und den Schuldnerberatungsstellen sagen: sind . So weiß ein Teil dieser Menschen nicht, dass ein Macht mal! – Aber die Schuldnerberatungsstellen sind Dauerschuldverhältnis bei einem Handyvertrag, der auf an uns herangetreten und haben uns gebeten, gemeinsam zwei Jahre abgeschlossen ist, tatsächlich zwei Jahre dau- eine Studie in Auftrag zu geben, um herauszufinden, wel- ert und nicht mittendrin gekündigt werden kann . Damit ches die Herausforderungen sind, vor denen überschul- sich hier nicht irgendwelche windigen Geschäftsleute ein dete Menschen stehen, und welche Dinge Menschen in neues Feld erschließen und solche Wissenslücken gezielt Überschuldung treiben . Wir wollen die Ursachen be- ausnutzen, stellen wir dem Justizministerium zusätzliche kämpfen . Für dieses Projekt haben wir das nötige Geld finanzielle Mittel zur Verfügung, um hier Aufklärungs- in den Haushalt eingestellt . Ich verspreche mir sehr viel arbeit zu leisten . Gerade in der heutigen Zeit ist das ein davon und bin sehr gespannt auf die Ergebnisse . wichtiger Beitrag . (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Meine dritte Überschrift betrifft wieder viele kleine Sachen, die in der täglichen Arbeit des Justizministeri- Nun komme ich zu meiner zweiten großen Über- ums anfallen und – teilweise für uns sehr überraschend – schrift, zum Verbraucherschutz . Wahrscheinlich muss finanziell hinterlegt werden müssen. So haben wir vor man als Opposition immer mehr fordern . der Sommerpause das Gesetz zur Verbesserung der (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes NEN]: Sie haben „mehr“ gerufen!) verabschiedet . Innerhalb des Gesetzgebungsverfahrens wurde relativ kurzfristig noch eine Änderung im Bundes- (B) Aber ich finde, dass wir uns konkret anschauen sollten, zentralregistergesetz vorgenommen, die für das Bundes- (D) was in den letzten zwei Jahren, seitdem die SPD wieder amt für Justiz sehr weitreichende Folgen hat . Ich spreche in der Regierung ist, passiert ist . Wir haben den Verbrau- vom sogenannten Ähnlichenservice . Das bedeutet: Wenn cherschutzetat um gut 50 Prozent angehoben . In diesem ich eine Abfrage zu meinem Namen im Bundeszentral- Land wurde – auch das gehört zur Wahrheit – noch nie register vornehme, dann würde nur entsprechend der so viel Geld für den wirtschaftlichen und den finanziellen Schreibweise meines Namens Rohde gesucht werden . Verbraucherschutz ausgegeben; das lassen wir uns nicht Mein Nachname lässt sich aber auch Rhode oder Rode kleinreden . Darauf sind wir als Große Koalition stolz . schreiben . Die anderen beiden Schreibweisen müssten zusätzlich eingegeben werden . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Es gibt sicherlich noch andere Schreib- Wir haben das Geld für ganz unterschiedliche Dinge weisen!) ausgegeben, für Maßnahmen im Ministerium, wie zum Beispiel für die Initiative für die Flüchtlinge, über die – Stimmt, es gibt wahrscheinlich noch mehr Schreibwei- ich gerade gesprochen habe . Wir stärken die Verbrau- sen . – Bei meinem Nachnamen, Frau Kollegin Künast, cherzentrale Bundesverband, indem wir dieses Mal – wir ist es noch relativ leicht . Beim Namen Eckhardt wird es haben bereits im letzten Haushalt die institutionelle För- richtig kompliziert . Er ließe sich mit „ck“, „kk“ oder nur derung angehoben – die Mittel für das Personal deutlich mit „k“, mit „a“ oder „e“, mit oder ohne „h“ und am Ende aufstocken . So kommen die Marktwächter mit einer ver- mit „d“, „dt“ oder „tt“ schreiben . nünftigen personellen und finanziellen Ausstattung über die Runden . Die Marktwächter sind ein gutes Projekt, (Dr .T obias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE das wir als Haushälter vernünftig begleiten müssen . GRÜNEN]: Bitte wiederholen! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch Wir leiten einen Paradigmenwechsel bei der Stiftung einmal, ganz langsam!) Warentest ein, die bisher jedes Jahr eine institutionelle Förderung aus dem Bundeshaushalt bekommt . Wir wol- Wenn Sie all diese Schreibweisen abdecken wollen, dann len diese Stiftung nun unabhängig vom Bundeshaushalt haben Sie mehrere Dutzend Aufgaben zu bewältigen . machen . In den nächsten Jahren wird diese Stiftung eine Dafür braucht man eine vernünftige EDV . massive Aufstockung bekommen, um dann aus den Zins­ erträgen ihren Haushalt selbst bestreiten zu können . (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ich glaube, jetzt sind Sie bei dem zen­ (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!) tralen Problem der Justiz angekommen!) 13564 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Dennis Rohde (A) Diese muss in den nächsten drei Jahren aufgebaut wer- zumindest die Zielsetzung teilen, nämlich dass wir einen (C) den . Das kam für uns überraschend . Wir haben es nun starken, einen funktionsfähigen Rechtsstaat benötigen; aber gemanagt . zweitens liegen uns allen das Wohl, die Rechte und der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher am Her- (Caren Lay [DIE LINKE]: Ein kleiner Schritt zen . für die Koalition, ein großer für die Mensch- heit!) Schauen wir uns die dritte Säule der Gewaltentei- lung an . Die Rechtsprechung ist mit 736 Millionen Euro Das wird insbesondere denjenigen, die das momentan nichts, was sonderlich teuer ist . Im Gegenteil: Sie ist sehr per Hand machen müssen, eine Menge Arbeit ersparen . effizient. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der CDU/CSU) sowie des Abg . Thomas Strobl [Heilbronn] Dann haben wir noch einen zweiten Punkt, der haus- [CDU/CSU]) haltsrelevant ist . Das ist die Umsetzung der Richtlinie Man kann diese Debatte genauso wenig wie die De- zur alternativen Streitbeilegung, die wahrscheinlich in batte über den Innenetat heute nicht führen, ohne die Er- der nächsten Woche in zweiter und dritter Lesung hier eignisse von Paris im Kopf zu haben . Wir haben diese verabschiedet wird . Dabei geht es um die Universal­ Haushaltsberatungen vor den schrecklichen Ereignissen schlichtung . geführt . Ich warne ausdrücklich vor Schnellschüssen und Frau Präsidentin, ich habe noch fünf Sekunden Rede- davor, die Besonnenheit ad acta zu legen . Vor manchen zeit, aber es blinkt schon . Forderungen, die ich gehört habe, beispielsweise nach einer Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung oder nach dem Einsatz der Bundeswehr im Innern oder zur Grenz- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: sicherung, kann ich nur warnen . Legen Sie diese beiseite . Ich wollte nur, dass Sie sich darauf einstellen, dass Sie Sie gehören in das Reich des Absurden . nur noch fünf Sekunden haben . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Die sind jetzt auch um! – Thomas Aber die Bedrohung durch Terrorismus, auch die Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Der Kollege Bedrohung durch deutsche Staatsbürger, die beispiels- nimmt es ganz genau!) weise nach Syrien ausreisen, und die Bedrohung durch Rechtsterrorismus – wir werden morgen einen weiteren Dennis Rohde (SPD): Untersuchungsausschuss konstituieren – ist nichts, was (B) es erst seit den Ereignissen von Paris gibt . Deswegen (D) Wenn die Frau Präsidentin mich schon so nett bittet, ist es richtig und notwendig, dass nicht nur bei der Bun- zum Ende zu kommen, dann möchte ich noch ausführen: despolizei in diesem Jahr Stellen aufgestockt werden, Herr Minister, ich glaube, mit dem vorgelegten Haushalt sondern deswegen haben wir Grüne es auch unterstützt – können und werden Sie vernünftig arbeiten . Wir sollten Herr Kollege Rohde ist darauf eingegangen –, dass beim es gemeinsam anpacken . Wir hatten sehr harmonische Generalbundesanwalt und beim Bundesgerichtshof Stel- Haushaltsverhandlungen, auch mit der Opposition . len ausgeweitet werden, damit die Justiz gut ausgestattet (Volker Kauder [CDU/CSU]: Was?) Ermittlungsverfahren gegen Menschen, die terroristi- scher Handlungen verdächtigt werden, führen kann . Da- Ich denke, das wird auch in den kommenden Redebei- für haben Sie unsere Unterstützung . trägen, Kollege Lindner, deutlich werden . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vielen Dank . Volker Kauder [CDU/CSU]: Auch schön!) (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Um aber etwas Wasser in den Wein zu gießen: Wir müssen natürlich auch, wenn wir über eine gut ausge- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: stattete, attraktive Justiz in Deutschland reden, daran Vielen Dank .– Nächster Redner ist Dr .T obias Lindner, denken, dass bei neuen Anforderungen und einem enger Bündnis 90/Die Grünen . werdenden Arbeitsmarkt Stellen attraktiv bleiben . Da geht es nicht nur um Gehalt, sondern es geht auch um (Dr . Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Jetzt die ganz praktischen Arbeitsbedingungen . Deswegen ist muss man doch harmonisch sein!) es bedauerlich, dass die Große Koalition unserem Vor- schlag in der Bereinigungssitzung, Mittel speziell für Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Teilzeitstellen an den obersten Bundesgerichten für den Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fall bereitzuhalten, dass Richterinnen und Richter Teil- Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Stichwort zeit in Anspruch nehmen wollen, nicht hat folgen kön- „Harmonie“ ist gefallen . Auch wenn ich die Grenzen nen . zwischen Koalition und Opposition in diesem Haus nicht (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) verwischen möchte, so will ich dennoch sagen: Natürlich ist der Einzelplan 07 des Bundeshaushalts ein besonderer Wir reden in diesen Tagen gerne darüber, Fluchtursa- Einzelplan, und zwar aus zweierlei Gründen: Es ist der chen zu bekämpfen und zu beseitigen . Hier, lieber Herr Einzelplan, bei dem wir – ich würde fast sagen: alle – Maas, gibt es in Ihrem Ministerium Ressourcen und Wis- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13565

Dr. Tobias Lindner (A) sen, die leider aus meiner Sicht viel zu wenig genutzt einer zaghaften Verbraucherschutzpolitik kommt . Sie (C) werden . Ich rede über den Bereich der Rechtsstaatsförde- konnten sich diesen Vorschlägen nicht anschließen . Jetzt rung . Wir haben mit der Deutschen Stiftung für interna- kommen Sie bitte nicht mit dem Argument der Finan- tionale rechtliche Zusammenarbeit ein gutes Instrument . zierbarkeit . An anderer Stelle, in anderen Etats haben wir Wir haben gerade als Bundesrepublik Deutschland, der Einsparmaßnahmen vorgenommen . Ich denke nicht, dass es vor 25 Jahren gelungen ist, die DDR in einen moder- man, wenn es um eine halbe Million Euro, um 1 Milli- nen und effizienten Rechtsstaat zu transformieren, eine on Euro oder um 2 Millionen geht, herumkritteln sollte, Menge an Erfahrungswissen, das wir weitergeben kön- wenn man richtigerweise 10 Millionen Euro für die Stif- nen . tung Warentest zur Verfügung stellt . Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir darüber (Volker Kauder [CDU/CSU]: Nur kein Neid! reden, Rechtsstaatlichkeit in Krisenstaaten zu festigen Das ist richtig!) und auszubauen, dann geht es eben nicht nur um das Ge- waltmonopol des Staates, sondern auch um eine moder- Ich danke Ihnen . ne, um eine gute Rechtsordnung . Hier könnten wir viel (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mehr tun . Wir Grüne haben in den Haushaltsberatungen sowie bei Abgeordneten der LINKEN) beantragt, diese Mittel weiter aufzustocken . Auch hier ist es schade, dass sich die Große Koalition nicht hat dazu durchringen können, unseren Vorschlägen zu folgen . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Vielen Dank .– Als Nächstes hat der Kollege (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Klaus-Dieter Gröhler, CDU/CSU-Fraktion, das Wort . Schade!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Es gibt aber noch einen weiteren Begriff, der an Ihrem ordneten der SPD) Türschild steht, Herr Maas – ich greife das auf, weil der Kollege Rohde hier seine Buchstabierkenntnisse vorge- führt hat; es geht ja nicht nur um Justiz, sondern auch Klaus-Dieter Gröhler (CDU/CSU): um Verbraucherschutz –: Ich habe den Eindruck, dass Sie Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und den Begriff „Verbraucherschutz“, auch wenn die Mittel Herren! Herr Bundesminister, was ist uns der Rechtsstaat für diesen Bereich angewachsen sind, was ich durchaus wert? Was ist uns die Durchsetzung des Rechts wert? anerkenne, immer noch nicht richtig buchstabieren kön- Diese Fragen, die wir uns gerade in diesen aufgeregten nen . Ich will Ihnen das an einem Beispiel erläutern: Zeiten immer öfter stellen, sind zumindest aus Sicht ei- nes Haushälters für diesen Einzelplan relativ leicht zu Sie bauen das Instrument Marktwächter aus . Das ist (B) beantworten: In 2016 ist uns das auf jeden Fall mehr als (D) richtig; das ist gut . Dennoch sage ich: Die Mittel dafür in 2015 wert, und in 2015 war es uns bereits mehr wert wachsen viel zu langsam an . Es dauert viel zu lange, bis als in 2014 . dieses Instrument voll einsatzfähig ist . Wir sollten auch darüber nachdenken, Marktwächter institutionell zu för- Lassen Sie mich das an ein paar Beispielen darstel- dern und sie nicht nur über eine Projektförderung zu fi- len . Der Kollege Dennis Rohde ist schon zu Recht auf nanzieren . Das schafft nämlich keine Planungssicherheit . die zusätzlichen Stellen für den Generalbundesanwalt und auf die zusätzlichen Ermittlungsrichter beim Bun- Wenn wir jetzt die verbleibenden Mittel betrachten, desgerichtshof in Karlsruhe eingegangen . Mit dieser die für andere Verbraucherschutzthemen zur Verfügung Maßnahme werden wir dafür sorgen, dass wir gegen die stehen, dann stellen wir fest: Sie sind nicht mehr gewor- Bedrohung durch den islamistischen Terror effektiv und den, und das trotz neuer Herausforderungen im Verbrau- rechtssicher vorgehen können . Dieser Stellenaufwuchs cherschutzbereich . Ich rede in diesem Zusammenhang bei der Bundesjustiz erfolgt parallel zur Verstärkung der von nachhaltigem Konsum . Ich rede von sogenannten Sicherheitsbehörden, über die ja gerade bei der Beratung Gesundheits-Apps, etwa von einer Uhr am Handgelenk, des Einzelplans des Innenministeriums gesprochen wor- die Gesundheitsdaten misst . Es braucht natürlich eine den ist . Beides gehört aus meiner Sicht zusammen, und Regulierung, wer Zugriff auf diese Daten hat und was beides dient der Sicherheit unseres Landes und unserer mit diesen Daten geschieht . Ich rede von neuen Wirt- Bevölkerung . schaftsmodellen, von sogenannten Prosumern, also von einer Mischung aus Produzenten und Konsumenten, die Die rechtsstaatliche Verfolgung von deutschen Teil- beispielsweise im Internet Dienstleistungen und Waren nehmern an Terror- oder Gewalthandlungen, sei es im anbieten . Es gibt ganz viele neue Herausforderungen im Nahen Osten oder in anderen Regionen, wird nicht an Bereich der Verbraucherschutzpolitik . Diesen Heraus- einer zu geringen personellen Ausstattung beim Bundes- forderungen kann dieser Haushalt nicht gerecht werden, anwalt oder beim BGH scheitern . Ich sage auch mit Blick wenn ein Großteil der Mittel in den Bereich Marktwäch- auf künftige Entwicklungen: Wenn der Generalbundes- ter fließt. anwalt oder der Bundesgerichtshof durch die zunehmen- (Beifall der Abg . Katja Keul [BÜNDNIS 90/ de Zahl an Verfahren mit terroristischem Hintergrund in DIE GRÜNEN]) den kommenden Jahren nachweisbar überlastet ist, dann wird sich die CDU/CSU-Fraktion aktiv für eine zusätzli- Wir haben Ihnen in den Haushaltsberatungen eine che Ausstattung einsetzen . Das ist es uns wert; denn jeder Menge Vorschläge unterbreitet, was man anders machen Terrorist und jeder Unterstützer oder Sympathisant von kann, wie man wirklich zu einer mutigen und nicht zu Terrororganisationen soll wissen, dass wir alles dafür tun 13566 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Klaus-Dieter Gröhler (A) werden, dass er nach einem rechtsstaatlichen Verfahren Fluchtursachenbekämpfung, dem wir uns in Zukunft (C) einer gerechten Strafe zugeführt wird . vielleicht sogar intensiver widmen sollten . Ich spreche vom Zuschuss an die Deutsche Stiftung für internationale (Beifall bei der CDU/CSU) rechtliche Zusammenarbeit, kurz: IRZ . Durch zusätzli- Durch den Bundeshaushalt 2016 wird aber auch die che Mittel wächst in 2016 der Beitrag aus dem Justizetat Zahl der Zivilrichter beim Bundesgerichtshof erhöht, weil auf fast 5,5 Millionen Euro auf . die Verfahrenszahlen angestiegen sind . Als Haushaltsge- Mit dem Transfer von juristischem Know-how unter- setzgeber, meine ich, haben wir die Pflicht, die Rechts- stützt die IRZ zahlreiche Länder, unter anderem in Süd- gewährung für die Bürgerinnen und Bürger so auszuge- und Osteuropa sowie in Nordafrika . So berät die IRZ stalten, dass in angemessener Zeit eine letztin­ ­stanzliche die Ukraine bei der Bekämpfung der Korruption . Ges- Entscheidung ergeht . Diesem Auftrag kommen wir somit tern Abend traf ich den Bürgermeister von Kiew, Vitali nach . Wenn wir zu Recht so stolz auf unser Grundgesetz Klitschko, in meinem Wahlkreis . Er bestätigte mir ganz sind, dann müssen wir auch alles dafür tun, dass die Ver- deutlich: Die Bekämpfung von Korruption ist für die fassung eingehalten wird . Konkret bedeutet das, dass der Ukraine eine Frage der Erhöhung der Lebensqualität der Rechtsweg für den Bürger funktionieren muss und dass Menschen, aber auch der zukünftigen wirtschaftlichen seine Rechtsmittel durch die Verfahrensdauer nicht ins Entwicklung . Er bestätigte mir ausdrücklich: Jede Hilfe Leere laufen dürfen . Deutschlands bei der Bekämpfung der Korruption in der An dieser Stelle will ich auch einmal einen Appell Ukraine ist für dieses Land wichtig . – Insofern, glaube an die Bundesländer richten . Die staatliche Garantie der ich, ist dieses Geld sowohl aus unserer Sicht als auch aus Rechtsgewährung benötigt auch in den Instanzen, für die ukrainischer Sicht gut angelegt . der Bund nicht zuständig ist, eine vernünftige personelle Aber auch zahlreiche andere Maßnahmen der IRZ und sächliche Ausstattung . Ich sage das auch mit Blick sind die richtigen Antworten auf wichtige Herausforde- auf die Zunahme der Zahl von Verwaltungsgerichtsver- rungen . Das geht von der Unterstützung des jordanischen fahren im Zusammenhang mit der Ablehnung von Asyl- Verfassungsgerichts und der marokkanischen Strafjustiz anträgen . Die Aufenthaltsbeendigung für Menschen, die über die Beratung Tunesiens bei der Bildung eines Ver- keinen Asyl- oder Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen fassungsgerichts und der Reform des Verwaltungs- und können, darf nicht an der personellen Unterbesetzung der Strafvollzugsrechts bis hin zur Hilfe für die juristische Gerichte scheitern . Wenn wir uns als Bund vorgenom- Fakultät der Universität Pristina im Kosovo oder bei men haben, die Verfahren zu entschlacken, effektiv zu der Durchführung der Konferenz über rechtliche Mög- machen und zu beschleunigen, dann habe ich an die Län- lichkeiten der Verringerung der Kinderarmut in Mostar der die Erwartungshaltung, dass auch sie ihren Beitrag in Bosnien-Herzegowina . Alles das sind Aktivitäten, die zur Verwaltungsgerichtsbarkeit leisten . (B) die IRZ entfaltet und finanziert hat. Teilweise mit ganz (D) (Beifall bei der CDU/CSU) wenigen Tausend Euro hat sie viel erreichen können . Sie hat Bausteine geschaffen, um die Rechtsstaatlichkeit in Wir werden uns in diesem Land, meine Damen und anderen Ländern zu entwickeln und zu festigen . Ich glau- Herren, nicht hinstellen und zu den Mitbürgerinnen und be, wir tun gut daran – insofern, Herr Lindner, sind wir Mitbürgern sagen können: Liebe Leute, Zehntausende, gar nicht so furchtbar weit auseinander –, wenn wir die die sich noch im Land befinden und eigentlich kein Auf- IRZ auch 2017 weiter fördern und in 2017 den Beitrag enthaltsrecht bekommen haben, sind hier, weil unsere vielleicht noch einmal erhöhen . Gerichte überlastet sind .– Diese Blöße werden wir uns nicht geben dürfen . Wir werden genauso wenig sagen Aber auch an der Stelle will ich einen Appell an die können, dass wir nicht in der Lage sind, Abschiebungen Bundesländer richten . Die IRZ hat uns das letzte Mal durchzuführen, weil die personellen Kapazitäten nicht sehr deutlich gesagt, sie könne diesen Wissenstransfer ausreichen . Zum Rechtsstaat, meine Damen und Herren, nur durchführen, wenn sie neben dem Geld auch das ju- gehört auch Gerechtigkeit, und die gebietet, jene, die ein ristische Fachpersonal hat . Das juristische Fachpersonal Recht haben, gegenüber denen, die kein Recht haben, muss freigestellt werden, insbesondere von den Bundes- anders zu behandeln . Insofern müssen wir ganz klar un- ländern . Insofern geht eine entsprechende herzliche Auf- terscheiden . forderung von mir hier an die Bundesländer . Diese juris- tische Entwicklungshilfe kann nur funktionieren, wenn (Beifall bei der CDU/CSU) auch das Personal zur Verfügung steht . Hier hakt es, und Zum Thema Flüchtlingssituation passt auch das dem muss abgeholfen werden . Thema Bekämpfung der Fluchtursachen . Der Kolle- Neben der Bewältigung der Flüchtlingskrise gibt ge Dr .Lindner hat schon ein ganz klein wenig darauf es aber andere Herausforderungen, die wir im Haus- hingewiesen . Ich will das noch ein bisschen verstärkter halt 2016 meistern müssen . Ich freue mich, dass es erneut tun, weil ich glaube, dass dieses Instrument im Haushalt gelungen ist, das Deutsche Patent- und Markenamt per- durchaus schon und besser, als er es dargestellt hat, zur sonell zu verstärken . Damit stärken wir den Wirtschafts- Anwendung kommt . standort Deutschland, weil Erfinder und Entwickler nun Jeder Euro, den wir ausgeben, um Fluchtursachen zu schnelleren Schutz für das Ergebnis ihrer Arbeit erhalten bekämpfen, erspart es Menschen, überhaupt erst auf die können . Beim Patentamt ist es nämlich wie bei den Ge- Flucht zu gehen, und erspart uns viele weitere Ausgaben richten: Der Staat hat das Monopol, und er muss seinen für die Unterbringung in unserem Land . Im Einzelplan Bürgerinnen und Bürgern effektiv zu ihrem Recht ver- des Justizministers findet sich ein derartiges Mittel der helfen, ohne dass sie Jahre auf eine Entscheidung warten Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13567

Klaus-Dieter Gröhler (A) müssen . Diesen Anspruch haben die Menschen; ob er er- mit Daten von Verbrauchern umgeht, nicht richtig dar- (C) füllt wird, hängt davon ab, ob die Menschen den Staat, stellt . Wir haben den Ansatz bei diesem Titel im Zuge der in dem sie leben, für effektiv und leistungsfähig halten . Haushaltsberatungen um 50 Prozent angehoben . Das ist Dabei spielt es eine Rolle, ob sie jahrelang auf eine Ent- vielleicht zu so später Stunde, irgendwann um zwei Uhr scheidung warten müssen oder erkennen können, dass es im Haushaltsausschuss am Kollegen vorbeigegangen . in wichtigen Dingen vorangeht und ein Ergebnis erzielt wird . (Dr .T obias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich war wach!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der SPD) Wir versetzen das Ministerium damit in die Lage, Gutachten in Auftrag zu geben, um zu schauen, wie die Lassen Sie mich aber zur anderen großen Säule des Verwendung und Weitergabe von Nutzerdaten oder der Einzelplans 07 kommen; denn das Ministerium heißt ja digitalen Überwachung von Versicherungsnehmern ge- nun seit zwei Jahren „der Justiz und für Verbraucher- staltet werden muss . schutz“ . Immerhin 17 Millionen Euro sind im Etat 2016 für Verbraucherinformationen eingeplant, 11 Millionen (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Euro als Zuschuss an die Verbraucherzentrale Bundes- NEN]: Jetzt sind wir bei den Marktwächtern!) verband, was der Opposition immer noch nicht genug ist – aber okay . Wir haben auch ein Gutachten für das Ministerium auf den Weg gebracht, um die Frage der zivilrechtlichen In diesem Zusammenhang will ich Ihren Blick auf die Haftung für Schäden selbstfahrender Autos zu klären . Ich Stiftung Warentest, die vielleicht bekannteste deutsche glaube, das sind wichtige juristische Fragen . Sie mögen Stiftung, lenken . Sie bekommt im nächsten Jahr auf Initi- zwar jetzt vielleicht noch ein Stück weit in weiterer Fer- ative der Unionsfraktion und ganz besonders, weil unser ne sein . Aber mit diesen Forschungsvorhaben sorgen wir Fraktionsvorsitzender gesagt hat: „Nehmt euch mal die- dafür, dass auf die aktuellen Herausforderungen vernünf- ses Themas an“, tige juristische Antworten gegeben werden . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Erlauben Sie mir, in der letzten Minute noch – etwas einen Zuschuss von 10 Millionen Euro für das Stiftungs- abschweifend vom Einzelplan – einen lokalpatriotischen vermögen und von weiteren 90 Millionen Euro in den Dank . Es gibt ja nicht so viele Berliner im Haushalts- kommenden Haushaltsjahren – und das neben dem ei- ausschuss . Deshalb übernehme ich einmal den Part . Ich gentlichen Bundeszuschuss . Mit dieser Maßnahme wol- will mich ganz herzlich bedanken, dass an das Land Ber- len wir die hervorragende Arbeit der Stiftung Warentest, lin durch den Bundeshaushalt 2016 wieder viele, viele (B) die ja quasi die Mutter allen Verbraucherschutzes in Millionen fließen, einerseits für die Sanierung und Neu- (D) Deutschland ist, stärken, und wir wollen sie vom jährli- aufstellung des Neptunbrunnens, chen Bundeszuschuss unabhängiger machen . (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 1962 hat der damalige Bundeskanzler Konrad NEN]: Für den Flughafen!) ­Adenauer die Gründung der Stiftung Warentest gegen- über dem Bundestag angekündigt . Vor fast 51 Jahren andererseits für die Schaffung einer Besucherterrasse auf ist sie aus der Taufe gehoben worden . Anfangs war ihre dem Stadtschloss . Arbeit nicht von Erfolg gekrönt, aber inzwischen ist sie (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ein nicht mehr wegzudenkender Partner und Berater des NEN]: Ich dachte, das Stadtschloss sollte sich Verbrauchers und ein kritischer Kontrolleur des Handels selber finanzieren!) und der Produzenten . 5 500 Testreihen für 94 000 Pro- dukte und 2 500 Dienstleistungen hat Stiftung Warentest Daneben werden in den kommenden Jahren auch in den letzten 50 Jahren durchgeführt und veröffentlicht 200 Millionen Euro für die Stiftung Schlösser und Gär- und den mündigen Konsumenten damit wichtige Ent- ten bereitgestellt . scheidungshilfen geliefert . Liebe Frau Kollegin Künast, Sie stammen doch auch (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!) aus Berlin . Diese Arbeit zu verstetigen und die Unabhängigkeit (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Stiftung zu gewährleisten, ist Ziel der Erhöhung des NEN]: Ja!) Stiftungskapitals, damit sie auch in den kommenden Jahrzehnten erfolgreich weiter für uns alle testen kann . Ich denke, wir Berliner sollten dem Bund vielleicht auch Gern möchte ich an der Stelle – der Kollege Lindner einmal ein ganz klein wenig dankbar dafür sein, hat es vielleicht übersehen – noch auf den Titel „For- (Beifall bei der CDU/CSU) schung/Untersuchungen“ eingehen . (Dr .T obias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE dass er im 25 .Jahr der Bundeshauptstadtrolle Berlins GRÜNEN]: Oh! Ich hatte nur sechs Minuten!) seine Verantwortung an der Stelle wahrnimmt . Da sage ich ein herzliches Dankeschön an die beiden Hamburger Das ist zwar jetzt durchaus kleinteilig . Aber Herr Jungs Rüdiger Krause und Johannes Kahrs . Sie haben Lindner hatte doch vorhin hier kritisiert, dass das Bun- Berlin an der Stelle nicht vergessen, und das finde ich desministerium zum Beispiel die Frage, wie man denn sehr gut . 13568 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Klaus-Dieter Gröhler (A) Ich finde, dieser Bundeshaushalt, insbesondere der nichts anders als auch eine Maßnahme für Verbrauche- (C) Einzelplan des Bundesministeriums der Justiz, ist so gut, rinnen und Verbraucher . dass auch die Opposition dem gleich zustimmen kann . Und wir haben, wie schon erwähnt – Herr Kauder, ich Herzlichen Dank . bitte Sie, da vielleicht die Kollegen aus der Opposition noch einmal ins Bild zu setzen –, für die Stiftung Waren- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- test 10 Millionen Euro im Haushalt vorgesehen und noch ordneten der SPD) einmal 90 Millionen im Rahmen einer Verpflichtungser- mächtigung, Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vielen Dank . – Für die Bundesregierung erhält jetzt NEN]: Die haben doch immer Geld gekriegt! Bundesminister Heiko Maas das Wort . Absurd!) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten um das Stiftungskapital zu erhöhen der CDU/CSU) (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!) Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver- und damit dafür zu sorgen, dass die Arbeit in der Stiftung braucherschutz: Warentest auch in Zukunft, und zwar sehr eigenständig, Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten fortgeführt werden kann . Damen und Herren! Ich will gleich zum Verbraucher- schutz kommen und möchte Sie an einen Artikel erinnern, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der am Sonntag in der Frankfurter Allgemeinen Sonn- der CDU/CSU) tagszeitung stand . Er war überschrieben mit den Worten Wir haben also, liebe Frau Künast, nicht nur viel ge- „Verschenkte Millionen“, und der Untertitel lautete: Der tan, sondern wir haben auch die Strukturen im Verbrau- Verbraucherschutz in Deutschland bekommt immer mehr cherschutz weiterentwickelt . Geld .– Das, was ich jetzt hier zum Verbraucherschutz gehört habe, lässt vor diesem Hintergrund wirklich nur Im Übrigen wird auch dem wirtschaftlichen Verbrau- auf eine sehr eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit de- cherschutz – der Hinweis sei erlaubt – in diesem Haus- rer schließen, die das hier so gesagt haben . halt mehr Geld zur Verfügung gestellt, und zwar inflati- onsbereinigt mehr, als er unter Rot-Grün je bekommen Deshalb will ich noch einmal – zumindest in aller hat . Ich glaube, da wird doch durchaus deutlich, wie ernst Kürze – in Erinnerung rufen, was im Verbraucherschutz wir den Verbraucherschutz nehmen . (B) sowohl in den letzten Haushalten als auch in diesem (D) Haushalt auf den Weg gebracht worden ist . (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: An wem lag das denn? – Gegenruf des Es gibt in Deutschland nicht mehr nur einen Sach- Abg . Volker Kauder [CDU/CSU]: An Rot! – verständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaft- Weiterer Gegenruf der Abg . Renate Künast lichen Entwicklung . Es gibt mittlerweile auch einen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie Sachverständigenrat für Verbraucherfragen . Der Finanz- recht!) marktwächter und der Marktwächter Digitale Welt haben nicht nur ihre Arbeit aufgenommen, sondern sie arbeiten Meine Damen und Herren, zur Rechtspolitik . Da kom- und funktionieren hervorragend . Das wird die Architek- me ich nicht umhin, auch noch einmal auf die Ereignisse tur des Verbraucherschutzes in diesen beiden Bereichen zurückzukommen, die eben auch im Innenressort schon ganz wesentlich verändern . eine große Rolle gespielt haben: Die furchtbaren Terror­ anschläge in Paris – in den letzten Tagen und Wochen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten allerdings nicht nur in Paris, sondern auch an vielen der CDU/CSU) anderen Stellen unserer Welt – haben uns nicht nur er- Wir haben nicht nur das Kleinanlegerschutzgesetz als schüttert, sondern sie bewegen auch die Rechtspolitik . Reaktion auf die Prokon-Pleite gemacht, sondern wir ha- Ich kann Ihnen sagen: Justiz und Sicherheitsbehörden ben es auch geschafft, den Verbraucherschutz als Aufga- arbeiten derzeit – und nicht erst aktuell – eng zusammen be und Ziel bei der BaFin hereinzuschreiben . Auch das mit dem Ziel, Anschläge zu verhindern, Verdächtige zu ist eine strukturelle Veränderung . Wir wissen, dass bei fassen . Dies gilt national, aber dies gilt auch international den Finanzdienstleistungen der Verbraucherschutz in den vor allen Dingen zurzeit mit den Partnern in Frankreich kommenden Jahren immer wichtiger werden wird . und mittlerweile auch in Belgien . Allein der Generalbun- desanwalt führt im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg Wir wollen – das steht unmittelbar bevor, wie ich hof- in Syrien bereits 120 Ermittlungsverfahren gegen fast fe – ein Verbandsklagerecht bei Datenschutzverstößen 200 Beschuldigte, die sogenannten Dschihadisten – Ten- einführen, damit auch da die Rechtsdurchsetzung ver- denz stark steigend . bessert wird . Meine Damen und Herren, wir wissen gerade in sol- (Beifall bei der SPD) chen Situationen, dass Freiheit und Sicherheit kein Ge- gensatz sind, sondern zwei Seiten einer Medaille . Nur Wir haben die Mietpreisbremse eingeführt und das wer sicher ist, kann auch frei und selbstbestimmt leben . Bestellerprinzip im Maklerrecht . Das war zwar schon früher im Justizministerium ressortiert, aber ist doch (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13569

Bundesminister Heiko Maas (A) Und deshalb, meine Damen und Herren, will ich aufgrund Paris und in Beirut –, und sie töten Muslime genauso, wie (C) der Diskussionen, die es gibt, und mit Blick auf den Ter- sie Christen und Juden töten . ror in Paris und an anderen Orten dieser Welt ganz klar sagen: Ja, wir müssen einen kühlen Kopf bewahren, aber Diese Attentäter sind keine Soldaten, schon gar keine wir müssen dort, wo es notwendig ist, überlegt handeln . Gotteskrieger, sondern sie sind nichts anderes als Mör- Es gibt Dinge, die wir tun sollten, und es gibt Dinge, die der . wir nicht tun sollten . (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem Das hat zunächst einmal etwas damit zu tun, wie wir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Ab- auf das reagieren, was dort geschehen ist . Ich bin sehr geordneten der LINKEN) froh darüber, dass auch in der öffentlichen Debatte sehr Gegen Kriminelle führen wir keinen Krieg, sondern wir verantwortlich mit der Diskussion umgegangen wird . bekämpfen das Verbrechen . Es geht darum, die Werte, die diese Gesellschaft zusam- menhalten, auch zu bewahren, sich nicht zu Hass und zu Ja, auch ich bin der Auffassung, dass man mit Rufen Angst verleiten zu lassen . Das heißt dann auch – das will nach dem Einsatz der Bundeswehr im Innern vorsichtig ich an dieser Stelle noch einmal in aller Deutlichkeit sa- sein sollte . Das Bundesverfassungsgericht hat 2012 klar gen – für unsere Gesellschaft und für das Zusammenle- entschieden, dies würde Ereignisse von katastrophischem ben in unserer Gesellschaft: Wir dürfen jetzt auf keinen Ausmaß und die völlige Überforderung von Polizei und Fall alle Muslime unter Generalverdacht stellen . In un- Sicherheitsbehörden voraussetzen. Ich finde, wir soll- serer Hilfe für Flüchtlinge aus Syrien werden wir nicht ten mit solchen Diskussionen im Moment gerade nicht nachlassen – in dem Bewusstsein, dass diese Menschen solche Signale geben, dass Ereignisse katastrophischen auch Opfer sind. Sie fliehen vor dem gleichen Terror, der Ausmaßes bevorstehen oder unsere Sicherheitsbehörden in Paris gemordet hat . Auch das muss in dieser Diskussi- überfordert sind . Das sind sie nicht . Wir sorgen mit die- on immer wieder deutlich gemacht werden . sem Haushalt dafür, dass sie das auch in Zukunft nicht sein werden . (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der LINKEN) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] Meine Damen und Herren, Hass und Hetze finden [CDU/CSU]: Und die Bundeswehr hilft jetzt in diesem Zusammenhang in Deutschland in vielfacher schon viel!) Hinsicht statt, in der Vergangenheit immer stärker auch in den sozialen Medien . Deshalb haben wir uns vor ei- Wir haben in den vergangenen Monaten rechtlich vieles nigen Wochen zur Aufgabe gemacht, hier zu deutlichen auf den Weg gebracht, was eigentlich nur konsequent (B) Verbesserungen zu kommen . Wie Sie wissen, arbeiten angewandt werden muss . Wir sind in der internationalen (D) wir mit Twitter, Facebook und Google in einer Taskforce Staatengemeinschaft eines der ersten Länder gewesen, zusammen . Deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass die die UN-Resolution zu den Foreign Fighters umge- Face­book heute bekannt gegeben hat, dass es in der Pra- setzt hat . Wir haben die Ausreise für Leute unter Strafe xis seiner Plattform etwas verändern will . In Zusammen- gestellt, die sich von hier aus in Gebiete begeben wollen, arbeit mit dem Verein Freiwillige Selbstkontrolle Mul- in denen Terrorcamps sind, oder die sich an Kampfhand- timedia-Diensteanbieter hat der Konzern heute bekannt lungen des sogenannten „Islamischen Staates“ beteili- gegeben, dass Posts, die die Androhung von physischer gen wollen. Ich finde, das ist sehr verantwortlich; denn Gewalt enthalten, künftig grundsätzlich als glaubhafte es gab auch im politischen Raum Stimmen, die sagten: Drohung eingeschätzt werden und deshalb alle von Face­ Lasst sie doch ziehen, dann sind sie weg . – Nein, das book aus dem Netz entfernt werden . Eigentlich ist das können wir nicht zulassen; denn wir wissen, dass ein eine Selbstverständlichkeit . nicht unerheblicher Teil zurückkommt und dann noch stärker radikalisiert ist, als es schon vorher der Fall war . (Beifall der Abg . Dr . Eva Högl [SPD]) Erst dann werden die Dschihadisten zu einer konkreten Trotzdem bin in froh, dass der Druck, den wir alle ge- Gefahr . Deshalb haben wir das Strafrecht an der Stelle macht haben, jetzt wirkt und sich Facebook endlich zu bereits geändert . dieser überfälligen Maßnahme entschlossen hat . (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Wir haben einen eigenen Straftatbestand der Terroris- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der musfinanzierung eingeführt. Denn in den unterschied- CDU/CSU und der LINKEN) lichsten Behörden ist eine wichtige Aufgabe bei der Es gilt, auch weiterhin keine Angst zu haben und die Bekämpfung des Terrorismus in der Vergangenheit nicht Werte in einer freien Gesellschaft so zu leben, wie wir nur bei uns etwas zu kurz gekommen, nämlich die Fi- es in der Vergangenheit gemacht haben: im ganz alltäg- nanzquellen trockenzulegen, die es ermöglichen, bei uns lichen Leben, in Restaurants, in Konzerten und in Fuß- Anschläge zu begehen . Auch das haben wir getan . ballstadien . Wir dürfen auch nicht der Rhetorik der Ter- Auch das will ich gar nicht verschweigen, sondern in roristen auf den Leim gehen . Lasst sie doch vom Krieg aller Deutlichkeit sagen: Ja, wir haben auch das Gesetz reden, vom Kampf der Kulturen und der Religionen . Wir zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchst- wissen es besser . Es gibt keinen Krieg zwischen dem speicherfrist für Verkehrsdaten beschlossen . Christentum und dem Islam, keinen Krieg zwischen Ok- zident und Orient . Die Terroristen morden überall – in (Beifall bei der CDU/CSU) 13570 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Bundesminister Heiko Maas (A) Wir alle wissen, dass dieses Gesetz kein Allheilmittel ist Verbraucherschutz . Die Linke ist damit nicht einverstan- (C) und nicht jeden Anschlag verhindern kann . Aber wir ha- den . ben in Frankreich auch gesehen, dass es mit den Mitteln, die dort zur Verfügung stehen, möglich ist, Personen, die Ich bin der Meinung, wir sollten darüber hinaus auch sogenannte Resonanzstraftaten begehen könnten, sehr darüber sprechen, welche Sprache unser Recht hat . Denn schnell aufzuspüren, viele Menschen verstehen schon aufgrund dieser Sprache gar nicht, was eigentlich ihr Recht ist, und kommen da- (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: So mit nicht zu ihrem Recht . ist das!) Wir sollten darüber sprechen, was diese Bundesrepu- sie festzusetzen und damit möglicherweise einen An- blik dafür tut, dass sich Menschen ermutigt fühlen, von schlag zu verhindern . Ich sage Ihnen auch in aller Of- ihrem Recht Gebrauch zu machen . Auch da passiert viel fenheit: Ich bin froh, dass wir diesen Beschluss schon zu wenig . Wir haben Verfahren, die Menschen offen- gefasst haben; denn ich finde es allemal besser, über ein sichtlich davon abhalten, einen Rechtsstreit zu führen, so kritisches Thema nicht unter dem unmittelbaren Ein- um zu ihrem Recht zu kommen . Ich kann Sie alle nur ein- druck eines Anschlages zu diskutieren . Ich bin mir nicht laden, in meine Sprechstunden zu kommen . Dort würden sicher, was dann in diesem Gesetz gestanden hätte . Sie Schicksale im Zusammenhang mit der Rechtspolitik kennenlernen, bei denen es einem kalt über den Rücken (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der läuft . CDU/CSU) Wir sollten auch darüber sprechen, was die Bundesre- Auch deshalb war es gut, dass wir das sehr sachlich und publik Deutschland tun müsste, damit in der Geschichte rational besprochen und beschlossen haben . begangenes Unrecht aufgearbeitet wird und Menschen, Insofern sind wir, meine Damen und Herren, sowohl die von diesem Unrecht betroffen waren oder sind, end- auf der rechtlichen Ebene als auch, was die Ausstattung lich zu ihrem Recht kommen . unserer Behörden angeht, gut für das aufgestellt, was uns (Beifall bei der LINKEN) noch lange beschäftigen wird und uns dort noch bevor- steht . Auch beim Generalbundesanwalt haben wir auf- Um es vorwegzunehmen: Auch bei der Aufarbeitung grund der erhöhten Anzahl der Verfahren mit diesem und und Beseitigung von Unrecht und von Menschenrechts- dem letzten Haushalt dafür gesorgt, dass Mittel für fast verletzungen tut die Große Koalition, tut diese Bundes- 20 Prozent mehr Personal in Karlsruhe zur Verfügung regierung eindeutig zu wenig . Damit ist meine Fraktion gestellt werden . Ich glaube, dass dieser Haushalt allen absolut nicht einverstanden . Anforderungen, denen wir im Moment ausgesetzt sind, (Beifall bei der LINKEN) (B) in vollem Umfang gerecht wird . (D) Ich will das am Beispiel der Bundesstiftung Magnus Schönen Dank . Hirschfeld deutlich machen . Ich habe bereits in den Aus- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) schusssitzungen darauf hingewiesen: Diese Stiftung ba- siert auf einem historischen Erbe, das Deutschland und insbesondere seine Hauptstadt Berlin einmal groß ge- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: macht hat, nämlich auf der Tätigkeit, der Forschung und Vielen Dank . – Für die Linke spricht jetzt Harald den Arbeiten des Berliner Arztes und Sexualforschers Petzold . Magnus Hirschfeld, der 1918 eine Stiftung mit seinem (Beifall bei der LINKEN) Namen und 1919 das weltweit erste wissenschaftliche Zentrum für Sexualforschung errichtet hat und dessen Werk, dessen Forschungsergebnisse und dessen Leben Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE): von den Nazis zerstört worden sind . Sie zertrümmerten Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen 1933 nicht nur sein Institut, sondern sie verbrannten auch und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher auf seine Bücher und versuchten, sein Lebenswerk auszulö- den Tribünen! Wenn wir über den Haushalt des Bundes- schen . ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz für das Jahr 2016 reden, dann reden wir selbstverständlich Sie verschärften 1933 den unsäglichen Strafrechtspa- über viele Zahlen, über Einnahmen, über Ausgaben, über ragrafen 175, der männliche Homosexualität unter Strafe Verpflichtungsermächtigungen – das ist eine Art Bürg- stellte, und verhafteten, kerkerten ein und ermordeten schaft für Ausgaben, die in der Zukunft anfallen –, über Tausende von schwulen Männern, an die vor allen Din- Kredite, über Neuverschuldung oder keine Neuverschul- gen Lesben und Schwule in unserem Land alljährlich dung sowie über Zinsen . Ich bin der Meinung, wir sollten erinnern . Leider fand das Leid der Homosexuellen auch in einem solchen Moment viel mehr darüber sprechen, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kein Ende . Die was die Bundesrepublik Deutschland alles tut, damit junge Bundesrepublik setzte diesen Paragrafen unverän- Menschen zu ihrem Recht kommen . dert fort, und auch in der DDR wurde er – zwar in abge- milderter Form, aber immerhin – fortgesetzt und gesamt- (Beifall bei der LINKEN) deutsch erst 1994 außer Kraft gesetzt . Meine Kollegin Caren Lay hat hier für den Bereich des Dem Unrecht, das auf dem Paragrafen 175 basierte, Verbraucherschutzes schon einiges gesagt . Ich kann ihr widmet sich die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, die nur zustimmen: Die Große Koalition tut zu wenig für im Jahr 2011 neu gegründet worden ist . Deren Arbeit Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13571

Harald Petzold (Havelland) (A) besteht nicht nur in der Aufarbeitung des Unrechts und Menschlichkeit stehen . Dass wir in Deutschland noch (C) in der Wiedergutmachung, sondern auch darin, dass Ho- keinen solchen Anschlag beklagen mussten, ist auf die mophobie aus unserer Gesellschaft verbannt wird . Ich erstklassige Arbeit unserer Sicherheitsbehörden zurück- könnte eine Liste von Projekten nennen, aber ich will zuführen . Aber wir haben natürlich auch verdammt viel exemplarisch das Projekt „Fußball für Vielfalt“ nennen, Glück gehabt . Auf das Glück allein dürfen wir es aber mit dem die Stiftung maßgeblich versucht, das Klima in nicht ankommen lassen . unserem Land zu verändern und Homophobie zu besei- tigen . Die Dschihadisten, der IS, die selbsternannten Gottes­ krieger sollten sich nicht täuschen . Wir sind ein libera- Ich kann dem Bundesjustizminister nur zustimmen, les Land, wir sind ein tolerantes Land, aber wer sich mit wenn er in seinem Grußwort für den Tätigkeitsbe- unserem freiheitlichen Staat anlegt, dem sagen wir klar: richt 2014 der Bundesstiftung schreibt: Wenn ihr uns bekämpft, dann werden wir uns wehren, Die Bundesstiftung trägt mit ihrer engagierten und dann treten wir euch mit aller Härte und mit aller Schärfe vielfältigen Bildungs- und Forschungsarbeit ent- entgegen; wir sind eine wehrhafte Demokratie . scheidend dazu bei, an die Diskriminierung von (Beifall bei der CDU/CSU) Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, trans- und intergeschlechtlichen Menschen in der Vergan- Wir haben in dieser Legislaturperiode schon viel er- genheit zu erinnern und aktuelle Benachteiligungen reicht . Ich wiederhole das, was der Bundesjustizminister zu bekämpfen . soeben gesagt hat: Wir haben schon vor den Attentaten von Paris das beschlossen, was für die Sicherheit unserer Aber was um alles in der Welt, Herr Justizminister, Bürgerinnen und Bürger wichtig ist . Wir haben bereits hält Sie dann davon ab, sich wenigstens Überlegungen zu den Versuch der Ausreise in Kampfgebiete mit terroris- öffnen, dass die Arbeit dieser Stiftung auf eine verlässli- tischer Absicht unter Strafe gestellt . Damit haben wir chere finanzielle Basis gestellt wird? schon sehr früh die Möglichkeit, Ausreisen in Kriegsge- (Beifall bei der LINKEN) biete zu unterbinden . Aktuell werden im Übrigen viele Ermittlungsverfahren wegen genau solcher Straftaten Wer die Arbeit einer solchen Stiftung von den schwan- geführt . kenden Erträgen des Finanzmarktes abhängig macht, dem kann ich nur sagen: Ihm fehlt der politische Wil- Außerdem haben wir einen eigenen Straftatbestand le, die Arbeit der Stiftung auf eine verlässliche Basis zu der Terrorismusfinanzierung eingeführt und den Anwen- stellen . Damit wird sich die Linke nicht einverstanden dungsbereich erweitert . Wir müssen den Terrorgruppen, erklären . Wir fordern erneut die institutionelle Förderung so gut es geht, den Geldhahn zudrehen, ihnen den finan- (B) der Stiftung . ziellen Nährboden entziehen . Nicht zuletzt haben wir (D) auch die Vorratsdatenspeicherung wieder eingeführt . Die Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit . Ermittler bei unseren Sicherheitsbehörden brauchen ge- (Beifall bei der LINKEN) eignete Instrumente, um die Täter zu fassen und gegen Terror vorzugehen . Damit haben wir einiges auf den Weg gebracht . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Vielen Dank .– Nächster Redner ist Thomas Strobl, Wahr ist aber leider auch: Einen Terroranschlag kann CDU/CSU-Fraktion . man auch dadurch nicht gänzlich ausschließen . Gleich- wohl sollten wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, die uns (Beifall bei der CDU/CSU) das Strafrecht bietet, wenn es darum geht, gegen terroris- tische Vereinigungen vorzugehen, und – ich sage es an Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU): dieser Stelle noch einmal – wenn es darum geht, ihnen Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! den geistigen Nährboden zu entziehen . In meinen Augen Heute kommen wir zur Halbzeit dieser Legislatur zusam- sind wir es auch den Opfern schuldig, unsere Instrumente men . Wir können auf die Zwischenbilanz der Rechts- und zur Bekämpfung von Terror immer wieder zu überprüfen Verbraucherschutzpolitik stolz sein; denn hinter viele und, wenn es sein muss, neu zu justieren – nicht ohne Projekte, die im Koalitionsvertrag vereinbart wurden, Maß und nicht ohne Plan, aber gewissenhaft, gründlich, können wir inzwischen ein Häkchen machen . mit Verantwortung . Jetzt kommt es darauf an, die Marschroute für die (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: zweite Hälfte der Legislaturperiode festzuzurren . Und Ah!) es ist schon wahr: Diese Überlegungen stehen bei uns allen ganz unter dem Eindruck der schrecklichen Ereig- – Schön, dass Sie alle auch zu dieser etwas fortgerückten nisse von Paris . Auch nach zehn Tagen sitzt der Schock Stunde noch wach und aufmerksam sind . noch tief; denn wie schon bei Anschlägen, die es zuvor Für mich gilt: Terrorwerbung ist kein Grundrecht . Wer gegeben hat, wissen wir – das ist klar in unser Bewusst- für Terrorvereinigungen wie die Terrormiliz „Islamischer sein eingedrungen –: Das ist kein Anschlag gegen Paris Staat“ Sympathie äußert und für sie wirbt, der muss be- oder gegen Frankreich, sondern das ist ein Anschlag ge- straft werden können . gen die Art, wie wir leben, gegen unseren freiheitlichen Rechtsstaat, gegen unsere Werte und gegen alle Men- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- schen, die für Demokratie, für Menschenwürde und für ordneten der SPD) 13572 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Thomas Strobl (Heilbronn) (A) Um potenzielle neue Anhänger gerade auch in unserem rung zu verhindern und Menschen zu schützen . Experten (C) Land anzusprechen, sind Terrororganisationen zuneh- sagen uns: Gerade in der Haft entstehen häufig salafis- mend auch auf den Plattformen Twitter, Facebook und tische Netzwerke, die später genutzt werden . Manche Instagram unterwegs . Dies gilt im Übrigen nicht nur für Bundesländer wie etwa Hessen und Bayern haben das islamistische Terrorgruppen, sondern in starkem Maße frühzeitig erkannt und ein Konzept entwickelt, wie sie auch für rechtsextreme Gruppen, die auch über das Inter- damit umgehen . net Werbung für ihre kruden Positionen machen . Aus meiner Sicht – darum möchte ich uns alle bit- ( [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ten – sollten wir einen Antiterrorpakt oder eine Allianz NEN]: Eine ganz neue Erkenntnis!) gegen den Terror auch im Präventions- und Deradikali- Die Terrorwerbung ist der geistige Nährboden für sierungsbereich bilden . Herr Bundesminister Maas, lie- terroristische Gewalt. Insbesondere onlineaffine junge be Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns in diesem Männer werden so direkt und in einer wirklich furchterre- Bereich beispielsweise eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe genden Art und Weise angesprochen . Sympathiewerbung einsetzen . Lassen Sie uns gemeinsam mit den Ländern für terroristische – islamistische wie rechtsextremisti- den außerordentlichen Herausforderungen des extremis- sche – Vereinigungen ist nichts anderes als Werbung für tischen Islamismus in unseren Gefängnissen tatkräftig Terror und Gewalt . Deswegen reicht es, jedenfalls nach und schnell begegnen . Wir brauchen auch hier dringend meiner Auffassung, nicht aus, auf Vereins- oder Betäti- eine bessere Vernetzung, ein gesamtheitliches Konzept gungsverbote nach dem Vereinsgesetz durch den jeweili- und einen Austausch von gewonnenen Informationen gen Innenminister zu warten . Es ist unzweifelhaft richtig, zwischen Bund und Ländern, etwa Informationen aus dass das vom Innenminister im September 2014 gegen den beiden genannten Ländern, die hier seit einiger Zeit die Terrormiliz „Islamischer Staat“ ausgesprochene ver- über Erfahrungen verfügen . Ein erster richtiger Schritt einsrechtliche Betätigungsverbot eine Grundlage bietet – ist hierbei sicherlich die Einrichtung einer neuen An- das war eine völlig richtige Entscheidung des Innenmi- ti-Salafismus-Koordinierungsstelle im Hause von Frau nisters –; die Werbung für eine solche Organisation ist ­Schwesig . jedoch mit unserer Werteordnung so absolut unvereinbar, dass sie auch aus sich heraus strafbar sein sollte, auch Einen Aspekt möchte ich noch anbringen, nämlich ein ohne ein vereinsrechtliches Verbot . Es darf doch keinen Lob für unsere Polizei, für unsere Dienste und für alle, Unterschied machen, ob man für den „Islamischen Staat“ die gerade in diesen Zeiten an vorderster Front für die Werbung macht – das ist strafbar – oder für al-Qaida; Sicherheit und die Freiheit in Deutschland stehen . Wir in das ist nicht strafbar, weil es hier kein Betätigungsver- der Großen Koalition sind es unseren Polizistinnen und bot gibt . Wer unseren freiheitlichen Staat bekämpft, dem Polizisten schuldig, dass wir ihren Einsatz honorieren (B) müssen wir so früh wie möglich wehrhaft entgegentre- und ihnen zeigen: Wir stehen hinter euch . Wir wissen, (D) ten . Dazu gehört, dass Werbung für terroristische Verei- was ihr gerade in dieser Zeit jeden Tag leistet . Wir dan- nigungen unter Strafe gestellt wird . Denn damit können ken euch herzlich für eure Arbeit, die ihr tagein und tag- wir früh ansetzen und auch dem geistigen Nährboden, aus macht . der täglich rasend schnell über das Internet verbreitet wird, die Grundlage entziehen . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU) Im Koalitionsvertrag haben wir im Übrigen noch ste- Einen Bereich dürfen wir hierbei ebenfalls keinesfalls hen, dass wir den Schutz von Polizistinnen und Polizis- aus den Augen verlieren: Je mehr Islamisten wir verhaf- ten sowie anderen Einsatzkräften verbessern wollen . ten können, umso größer wird die Herausforderung in un- seren Haftanstalten . Klar ist: Wir dürfen diese Menschen (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht einfach nur einsperren und sich selbst überlassen . NEN]: Wie lange steht das noch drin?) Damit bleiben sie eine Gefahr für sich selbst und für viele andere . Zudem besteht die Gefahr, dass sie Mithäftlinge Niemals war das nötiger als jetzt, sowohl was die Aus- in ihre kruden Gedankenwelten mit hineinziehen . bildung und Ausrüstung als auch was den strafrechtli- Radikalisierungsprozessen müssen wir dort entgegen- chen Schutz angeht . Wir sollten das zwingend auf unsere wirken, wo sie entstehen . Dies ist in den Haftanstalten in To-do-Liste für die zweite Hälfte der Legislaturperiode starkem Maße der Fall . Hier sind natürlich die Bundes- schreiben und schnell weiter an diesem Thema arbeiten . länder in erhöhtem Maße gefragt . Es liegt seit längerem auf der Hand, dass hier sehr große Probleme auf uns zu- (Beifall des Abg . Klaus-Dieter Gröhler rollen . Denn irgendwann werden die Extremisten wieder [CDU/CSU]) aus den Gefängnissen entlassen . Möglicherweise sind Noch ein Gedanke zum Abschluss . Nach Paris und zu- sie dann noch mehr radikalisiert, möglicherweise ist es letzt auch Mali bin ich noch verärgerter darüber, welch ihnen gelungen, andere, die vorher gar nicht radikal wa- absurde Diskussionen, die jeden Bezug zur Realität ren, zu radikalisieren . Das ist natürlich eine gefährliche verloren haben, in unserem Land in letzter Zeit geführt Entwicklung . werden . Unsere Freiheit ist in allererster Linie durch den Deshalb brauchen wir ein umfassendes Konzept so- Terror bedroht und durch nichts anderes . Bedenken der wohl für Prävention als auch gerade für die Arbeit mit Opposition gegen die Vorratsdatenspeicherung und ihre radikalen Islamisten in der Haft, um weitere Radikalisie- Kritik an der Arbeit der Geheimdienste sind mir über Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13573

Thomas Strobl (Heilbronn) (A) weite Strecken gerade in dieser Zeit gänzlich unverständ- te Kritik am Innenministerium; vielleicht ist das auch aus (C) lich . der Aufgabe heraus so gewachsen . Aber das Justizminis- terium muss sagen, wo die roten Linien gezogen werden (Beifall bei der CDU/CSU) und welche Grenzen es gibt, die auch in Zeiten großer Wer so argumentiert, hat den Schutz der Bürgerinnen und Not nicht zu überschreiten sind . Bürger aus den Augen verloren . Ich jedenfalls möchte, (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: dass jede Bürgerin und jeder Bürger auch in diesem Jahr Wir überschreiten gar keine Grenzen!) ohne Angst auf einen Weihnachtsmarkt gehen kann . Da- für müssen wir unsere Sicherheitsbehörden tatsächlich Ich hätte mir das schon bei der Vorratsdatenspeiche- und rechtlich so ausstatten, dass sie uns schützen können . rung gewünscht, meine Damen und Herren . Ich würde mir das auch nach dem Safe-Harbor-Urteil des Europäi- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: schen Gerichtshofs wünschen . Denn ich frage mich, mit was für einem Mandat Herr Juncker und Frau Jurová ei- Herr Kollege Strobl, Sie denken an die Zeit, ja? gentlich nach Washington reisen, was sie da eigentlich (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wie verhandeln – außer den Leitsätzen der Gerichtsent- NEN]: Ich rede gleich auch 15 Minuten!) scheidung . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU): sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Das ist keine Scharfmacherei, sondern eine Selbstver- Wenn Sie in die Entscheidung zur Vorratsdatenspei- ständlichkeit in einem freiheitlichen Land . cherung als Begründung gegenüber Brüssel schreiben, Abschließend: Wir werden die Sicherheit unserer Bür- man dürfe das alles nur hier speichern, weil es überall gerinnen und Bürger so gut, wie es nur irgendwie mög- sonst nicht sicher sei, dann müssten Sie bei den Safe-Har- lich ist, konsequent schützen und verteidigen . Die Frei- bor-Verhandlungen jetzt aber auch sagen: „Es wird alles heit wird den Terror am Ende des Tages besiegen . nur hier gespeichert und nicht woanders“, wenn Sie sich nicht selber unglaubwürdig machen wollen . Schönen Dank fürs Zuhören . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- sowie bei Abgeordneten der LINKEN) ordneten der SPD) Wir brauchen schon eine Leitlinie, und wir brauchen ein Vizepräsidentin Ulla Schmidt: solches liberales Justizministerium . (B) Vielen Dank . – Nächste Rednerin ist Renate Künast, Ich hoffe, dass Sie bei der Frage: „Wird in Zukunft (D) Bündnis 90/Die Grünen . zielgerichtet gehandelt, oder schaffen wir einfach einen immer größer werdenden europäischen Datenpool und Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): tauschen international aus?“, stark bleiben und ein libe- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe rales Justizministerium auflegen. Das gilt auch bei der Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich will am Anfang auf Frage des Einsatzes der Bundeswehr im Innern; dazu ha- das eingehen, worüber auch Herr Strobl gerade geredet ben Sie, Herr Maas, sich gerade schon geäußert . Es geht hat . Heute ist ja der erste Plenartag nach den Anschlägen also um feste Grenzlinien des rechtsstaatlich Möglichen . in Paris und nach der Verhängung des Ausnahmezustan- Das sage ich auch an Herrn Strobl . Herr Strobl, wir des dort und in Belgien . Weil ich hier gar nicht die brei- brauchen nicht einfach mehr vom Alten und vom Glei- te Palette der Maßnahmen durchdiskutieren kann – das chen . Die ganze Situation im Hinblick auf den Terroris- ist vorhin schon in der Debatte über den Haushalt des mus hat sich verändert, Herr Strobl . Die haben ein Kali- Innenministeriums geschehen –, will ich mit einer Bit- fat ausgerufen . Es gibt keine hierarchischen Strukturen, te an Herrn Maas, den Bundesjustizminister, beginnen: sondern die schlagen zu, wo sie mögen . An dieser Stelle Begeben Sie sich in die Rolle, den sicherheitspolitischen brauchen wir eine gute Analyse, statt einfach zu sagen: Falken in der Bundesregierung Kontra zu geben! Mehr vom Alten, mehr von den alten Ideen! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Ei, Wir brauchen eine Analyse, wie die Begehungsweisen ei, ei!) sind, welche sinnvolle Antwort wir darauf geben kön- nen und welche Antwort auch mit Blick auf Polizei und Es ist in Deutschland schon lange eine gute Tradition, Staatsanwaltschaft Sinn macht . dass das Justizministerium die sicherheitspolitischen – oder vermeintlich sicherheitspolitischen – Wünsche der (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Innenpolitiker rechtsstaatlich einhegt . Jetzt sind wir einmal gespannt!) Ich möchte nicht, dass wir gemäß der alten Idee von (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sie Carl Schmitt quasi sagen: „Souverän ist, wer über den werden keine Gegensätze aufbauen, wo es bei Ausnahmezustand entscheidet .“ Damit hat er die Weima- uns keine Gegensätze gibt!) rer Republik damals ja quasi in den Nationalsozialismus Ja, Herr Strobl, ich bin schon der Meinung, dass ein Bun- hineinargumentiert . Nein, ich will nicht, dass wir uns im- desjustizministerium dazu da ist . Das ist gar keine direk- mer weiter in einen Ausnahmezustand begeben, sondern 13574 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Renate Künast (A) dass wir rational analysieren, effiziente Maßnahmen er- Lassen Sie mich zum Schluss einen Gedanken zu VW (C) greifen und – das ist hier schon einmal gesagt worden – sagen: Die Vorgänge bei VW nehmen langsam putzige wirklich gezielt für Integration und Prävention sorgen . Formen an .

Ich glaube, niemand von uns hat schon die richtige (Dr .V olker Ullrich [CDU/CSU]: „Putzige“ ist Lösung dafür, wie es geht . Was ist eigentlich die richtige der falsche Ausdruck!) Antwort für junge Frauen und Männer, die in der Puber- Wir haben einen Bundesverkehrsminister, der eine Kom- tät ihre Bezugsgruppe suchen, damit sie nicht nach Syri- mission gebildet hat und in einer Art vorkonstitutioneller en gehen, sondern hierbleiben? Niemand hat das richtige Anmutung nicht einmal sagt, wer darin ist . Das ist kurios . Werkzeug komplett in der Hand, aber wir alle haben die Daneben gibt es täglich – auch heute wieder – neue Mel- Aufgabe und die Verantwortung gegenüber diesem Land, dungen . Ich wünsche mir einen Bundesminister für Ver- an dieser Stelle weiter nachzudenken, etwas zu entwi- braucherschutz, der jetzt, nach zwei Monaten, wirklich ckeln und sie nicht alleinzulassen . die Stimme erhebt und nicht nur sagt, dass alle gleich- behandelt werden . Nein, es muss klar sein, dass VW alle (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kundinnen und Kunden so stellt, dass sie keinerlei finan- sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und zielle Nachteile erleiden . des Abg . Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]) Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Herr Maas, ich wünsche mir aber nicht nur das, son- Frau Kollegin Künast . dern ich wünsche mir auch, dass wir uns hier nicht nur erzählen, wie viel Kleingedrucktes geschrieben wurde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): und wie viele Gesetze gemacht worden sind . Das sage Renate Künast ich auch zu Herrn Rohde mit „h“, wo immer das „h“ auch Mein letzter Satz .– Ein vollständiger Ausgleich der stehen mag, Herr Kollege . Es geht nämlich nicht nur um Finanzen muss her . Sie müssen dabei an alle Kunden die Anzahl der Gesetze, sondern auch um die Fragen: denken, das heißt, nicht nur an die Kunden in den Ver- Was steht im Gesetz? Sind diese Gesetze praktikabel? tragswerkstätten, sondern auch an die Kunden in den freien Werkstätten . Bei uns mehren sich zum Beispiel die Manches Gesetz ist hier nachgebessert worden . Beim Fragen von denen, die verschiedene Autotypen – darun- Kleinanlegerschutz und anderen Dingen war der Otto ter auch VWs – verkaufen . Normalverbraucher mit seinen Anlagemöglichkeiten (B) zum Beispiel ein bisschen an den Rand gedrängt worden . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (D) Gleichwohl sage ich: Die BaFin hat ein Verbraucherman- Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss . dat; andere Behörden bräuchten das auch, und ich sehe, dass hier jetzt mehr Geld ausgegeben wurde . Das ist schön, muss sich aber von Jahr zu Jahr weiterentwickeln . Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Viel von diesem Geld ist jedoch in die Öffentlichkeitsar- Ja . – Diese lassen Sie alleine . beit und nicht in Gutachten investiert worden . Also: Zur Stärkung des Marktteilnehmers Verbraucher Ich will aber auch sagen, dass es Gesetze gibt, bei ist noch viel zu tun . Der Erfolg misst sich nicht an der denen wir noch nicht wissen, ob sie wirken . Ich denke Anzahl der Gesetze, sondern daran, ob sich Ihre Gesetze zum Beispiel an die sogenannte Mietpreisbremse . Ich und ihr engagierter Einsatz im Alltag beweisen . habe erhebliche Zweifel, ob sie wirklich funktioniert und ob die erlassenen Rechtsverordnungen der gerichtlichen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Überprüfung standhalten und mit höherrangigem Recht vereinbar sind – schauen Sie sich das einmal an –, weil die Daten nicht erhoben worden sind, Herr Rohde . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie wirk- Ich wünsche mir ein richtiges Engagement für die lich darum, Ihre Redezeiten einzuhalten und dass jetzt Verbraucherinnen und Verbraucher – bei TTIP, Herr Mi- nicht bei jedem der „letzte Satz“ mindestens zwei Seiten nister, und zum Beispiel auch im Bereich Textilien . Im lang ist . Bereich Textilien geht es nicht nur um Entwicklungshilfe und um freiwillige Regeln, sondern es müsste wirklich (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- europaweit für alle Verbraucher klar sein, wie diese Pro- NEN]: Ich habe frei geredet!) dukte hergestellt worden sind . Eines Tages müssen wir zu Transparenzrichtlinien auf europäischer Ebene kom- Wir sind ohnehin schon weit über unsere vereinbarte Re- men, damit wir wissen, ob zum Beispiel die ILO-Kernar- dezeit hinaus . beitsnormen eingehalten wurden . Zu diesen Herausfor- Frau Elvira Drobinski-Weiß für die SPD-Fraktion, bit- derungen sehe ich noch gar keine Vorlage . te schön . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten und bei der LINKEN) der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13575

(A) Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Stellen für zwei Jahre befristet eingerichtet werden, glau- (C) Frau Präsidentin, das wird immer bei denen gesagt, be ich doch, dass das ein sehr guter Start ist . die von ihrer Redezeit ohnehin schon etwas streichen Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, woran sieht müssen . – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kol- man, dass ein Sozialdemokrat Verbraucherminister ist? leginnen und Kollegen! Wir, die SPD, sind 2013 in den An diesem Haushalt! Wahlkampf gezogen, um die Verbraucherpolitik als ei- nen wesentlichen Baustein in einer gerechten und solida- Vielen Dank . rischen Gesellschaftspolitik zu stärken . (Beifall bei der SPD) In den Koalitionsverhandlungen hat sich die SPD dann auch mit sehr wichtigen Forderungen durchgesetzt, Vizepräsidentin Ulla Schmidt: nämlich zum Beispiel mit dem Ausbau der Verbraucher- Vielen Dank, Frau Kollegin . Das war jetzt vorbildlich . forschung, der Einsetzung eines Sachverständigenrates (Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei und dem Ausbau der Verbraucherzentralen durch Markt- Abgeordneten der CDU/CSU) wächter für die Bereiche Finanzen und digitale Welt . Dieser Haushalt zeigt, so finde ich, wie wichtig uns die Nächste Rednerin ist Elisabeth Winkelmeier-Becker, Verbraucherpolitik ist . CDU/CSU-Fraktion . (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU) Bereits im Entwurf zum Haushalt 2016 waren für (CDU/CSU): diesen Bereich im Einzelplan 07 35,8 Millionen Euro Elisabeth Winkelmeier-Becker angesetzt . Seitdem Heiko Maas Verbraucherminister ist, Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol- haben wir den Bereich Verbraucherpolitik im Bundes- legen! Es ist allgemein bekannt, dass unser Haushalt der haushalt eindrucksvoll ausgebaut. Ich finde, da kann so kleinste im gesamten Haushalt ist und den höchsten De- mancher in der Opposition neidisch werden . ckungsgrad aufweist . Wir haben gehört, dass er um etwa 8 Prozent gewachsen ist . All das sind zunächst einmal (Beifall bei der SPD – Renate Künast [BÜND- sehr gute Ausgangsdaten . Ansonsten gibt es nicht so rich- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Nachdem Sie erst tig viel Dynamik in diesem Haushalt . schlecht verhandelt haben!) Die 10 Millionen Euro on top für die Stiftung Waren- Wir schaffen mit diesem Haushalt die Voraussetzung, da- test fallen auf . Dass die Stiftung unter dem besonderen mit viele gute Ideen und Projekte umgesetzt werden . Sie Schutz unseres Fraktionsvorsitzenden steht, haben wir (B) wollen Beispiele? Die Beispiele sind von Herrn Minister gehört . Ich freue mich, dass wir im Bereich Verbraucher- (D) Maas wie auch von den Kollegen schon mehrfach ge- schutz auf unseren Vorschlag hin wichtige Gutachten nannt worden . Ich spreche von den Marktwächtern, aber durchgesetzt haben und finanzieren können: eine rechts- auch von dem Sachverständigenrat . vergleichende Studie zum Kaufrecht in Europa, eine Stu- die zum Datenschutz im Bereich Produktsicherheit, ein Starke und unabhängige Verbraucherorganisationen – Gutachten zur Haftungsverantwortung bei Fahrassistenz- auch das ist schon angesprochen worden – sind ein wich- systemen und ein weiteres zur Bedeutung der persönli- tiges Ziel unserer Verbraucherpolitik . Nachdem wir im chen Daten im Zusammenhang mit Versicherungsrecht; vergangenen Jahr die Vertretung der deutschen Verbrau- wirklich Themen, die für die Zukunft des Verbraucher- cherinteressen in Brüssel dauerhaft eingerichtet haben, schutzes eine Rolle spielen . Damit wird der rechtliche wird jetzt auch der Verbraucherzentrale Bundesverband Aspekt im Verbraucherschutz wieder zurück ins Minis- in diesem Jahr mit rund 15 neuen Stellen ausgestattet . terium gebracht . Das war der Grund, weshalb wir das Das ist seit seiner Gründung der größte Stellenausbau Thema Verbraucherschutz ins Justizministerium geholt beim vzbv . Diese Stellen sind dringend erforderlich . So haben: Wir wollten vor allem diese Themen wieder be- kann beispielsweise ein eigenständiges Team Energie sonders in den Blick nehmen und zur Grundlage einer eingerichtet und die Rechtsdurchsetzung – auch davon guten Verbraucherpolitik machen . war schon die Rede – bei zweifelhaften Abmahnungen und Klagen gegen unseriöse Anbieter verstärkt werden . In der Rechtspolitik gibt es ansonsten wenig Spekta- Die Stiftung Warentest erhält von uns zusätzliches Stif- kuläres, vom Etat für Öffentlichkeitsarbeit einmal abge- tungskapital: 10 Millionen Euro 2016, weitere Millionen sehen, der sich gegenüber dem ursprünglichen Ansatz bei in den Folgejahren; auch das haben Sie schon mehrfach Amtsübernahme verfünffacht hat . gehört . (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist doch komisch! So was kritisie- Mir ist sehr wichtig – das hatte ich bereits bei der ers- ren Sie doch sonst immer!) ten Lesung zu unserem Haushalt betont –, dass in Zeiten starker Zuwanderung neue Projekte und Ideen vonnöten Daraus dürfen aber heute keine Rückschlüsse auf die sind, um den Start für Flüchtlinge, für Zugewanderte in Bedeutung der Rechtspolitik gezogen werden . Vielmehr den deutschen Alltag zu erleichtern . Die Entscheidung, haben wir einen anderen Politikansatz . Für uns geht es 500 000 Euro für Verbraucherinformationen für Flücht- eben nicht darum, Geld zu verteilen, sondern darum, linge zusätzlich zur Verfügung zu stellen und darüber hi- gute Gesetze zu machen bzw . gute Regeln auf den Weg naus die Stellenausstattung beim BMJV zu verbessern, zu bringen und dann für die Durchsetzung die passenden halte ich für sehr gut . Auch wenn diese fünf zusätzlichen Verfahren bereitzustellen . 13576 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Elisabeth Winkelmeier-Becker (A) Die Haushaltsdebatte – die Kollegen haben es auch Thema Vorratsdatenspeicherung unter Dach und Fach (C) gemacht – bietet eine gute Gelegenheit, einmal über den haben und es jetzt nicht unter dem Eindruck der akuten Tellerrand der Tagespolitik hinauszuschauen . Wenn wir Anschläge diskutieren müssen . den Blick auf die Rechtspolitik richten, dann ist aus mei- Auch ist es wichtig, dass wir im Strafrecht bereits we- ner Sicht der Befund, dass wir sehr gute Gesetze und Re- sentliche Dinge durchgeführt haben . Wir haben die Ter- geln haben, aber häufig noch an den letzten zwei bis drei rorismusfinanzierung und die Ausreise in Ausbildungs- Prozent arbeiten, um die Dinge zu optimieren . Zugleich camps unter Strafe gestellt . Damit sind wir schon ganz ist aber zu beobachten, dass Akzeptanz und Durchset- gut gerüstet . Eine sinnvolle Ergänzung, die tatsächlich zung des Rechts häufig zu wünschen übrig lassen. Das noch fehlt, ist die Strafbarkeit der Sympathiewerbung für können Sie auf allen Ebenen erkennen, angefangen beim Terroristen . Hier sollten wir jede Form der Sympathie- Völkerrecht . Sowohl in der Ukraine als auch im Nahen werbung unter Strafe stellen . Das würde auch das Vorge- Osten ist da einiges in Unordnung geraten . Das Recht hen gegen die Hassprediger erleichtern . Man müsste dann wird nicht mehr automatisch eingehalten . Das geht bis nicht mehr immer den Straftatbestand der Volksverhet- hin zur Ebene der Europäischen Union, wo sich vie- zung – das ist eine deutlich höhere Hürde – nachweisen, le Länder nicht mehr an Verträge und Vereinbarungen sondern es würde dann reichen, wenn im Gesamtkontext halten und Solidarität als Einbahnstraße betrachten . Es einer Rede oder einer Schrift eine Sympathiewerbung zu sind dazu auch einige Beispiele im nationalen Recht zu erkennen ist . Ich weiß wirklich nicht, warum wir hier die nennen: wenn Abgasteste nicht mehr ordentlich durch- Falschen schützen . Das müssen wir mit dem Strafrecht geführt werden oder aus gutem Grund geheim gehaltene angehen und entsprechende Sanktionen vorschreiben . Beratungsunterlagen über den Haushalt veröffentlicht werden . Wir müssen an der Akzeptanz, aber auch an der (Beifall bei der CDU/CSU) Durchsetzung des Rechts durch den Staat arbeiten . Ich möchte ein Thema ansprechen, an dem im Moment Es wurde schon auf das Bezug genommen, was wir keiner vorbeikommt, und dies nicht nur deshalb, weil wir derzeit in Paris und Brüssel erleben . Wir sehen ganz im Bereich Verbraucherschutz 500 000 Euro für diese klar: Der Terrorismus zielt auf unser aller Freiheit . Das Zielgruppe vorgesehen haben . Es geht um die Menschen, ist nicht nur ein Thema der Innenpolitik, sondern dabei die als Flüchtlinge aus anderen Ländern zu uns kommen handelt es sich auch um einen Angriff auf Grundwerte und häufig ganz andere Erfahrungen mit ihrem Staat, und Grundrechte bzw . auf unseren Rechtsstaat und unser ihrem Gesellschaftssystem und ihrem Rechtssystem ge- Leben . Dem muss mit Mitteln des Rechtsstaates begeg- macht haben . Ich erlebe eine sehr große Bereitschaft, net werden . Menschen in Not zu helfen und ihnen die Integration zu ermöglichen . Ich habe in der letzten Wahlkreiswoche ei- (B) Sicherheit und Freiheit, die manchmal in einen Ge- nige ermutigende Beispiele erlebt . Es gibt auch viele, die (D) gensatz gebracht oder als Zielkonflikt betrachtet werden, die Chancen sehen, die darin für unser Land liegen . sind tatsächlich keine Gegensätze, sondern bedingen sich gegenseitig . Wo keine Sicherheit gegeben ist, hat man Trotzdem kommt auch immer wieder die Sorge zur nämlich nichts von der Freiheit, weil man sie nicht aus- Sprache, wie unser Rechtsstaat mit seinen Grundrechten üben kann . Selbst derjenige, der um sich keine Angst hat, und Gesetzen damit umgehen und sich dabei behaupten hat aber Angst um die Menschen, für die er Verantwor- kann . Diese Sorge steht bei unseren Bürgern noch mehr tung trägt und für die er sorgen muss . im Vordergrund als die Frage nach dem Geld . Letzteres wird nur ganz selten thematisiert . Das zeigt uns noch einmal ganz deutlich, von wem die Bedrohung ausgeht und wer für den Schutz verantwort- Ich bin mir sicher, dass es für viele Flüchtlinge über- lich ist und für ihn sorgt . Auch zeigt es noch einmal, mit haupt kein Thema ist: Sie möchten sich an die Gesetze welcher Zielrichtung der Staat Ermittlungen auch im Be- des Gastlandes halten und tun das auch sehr gern, weil reich der Internetkommunikation führen muss . Da geht das ein Teil der Integration ist . Bei all denen, die mit an- es um Terrorismus und schwere Kriminalität und nicht deren Vorstellungen kommen, müssen wir aber ganz klar um ein paar Netzaktivisten, die alles immer auf sich be- darauf bestehen, dass sie sich an unser Recht halten und ziehen und denken, sie seien das Ziel und das Maß der unser Rechtssystem akzeptieren . Sonst kann eine Inte­ Dinge . Nein, da müssen wir jetzt einmal ganz tapfer sein: gration nicht gelingen . Es geht um etwas wirklich Ernstes, um etwas, das uns (Beifall bei der CDU/CSU) wirklich bedroht, und nicht um irgendwelche Quisqui- lien . Das beginnt bei dem sogenannten Urgrundrecht der Religionsfreiheit, wie Georg Jellinek es einst nannte, und (Beifall bei der CDU/CSU) gilt auch für andere Freiheitsrechte und vor allem für das Gleichheitsgrundrecht, der Gleichbehandlung von Mann Es ist der Staat, der die Legitimation und auch die und Frau . Daraus ergeben sich auch für die Rechtspolitik Aufgabe hat, seine Bürger zu schützen . Er muss dafür etliche Aufgaben . eben auch das Personal und die Ausstattung sowie die passenden Befugnisse haben . Er muss sich dabei sicher Wir müssen uns zum Beispiel fragen: Wie können wir im Rahmen der Gesetze bewegen und auch effektiv kon- es verhindern, dass Parallelgesellschaften entstehen, in trolliert werden; er muss aber auch in die Lage versetzt denen eigenes Recht zur Anwendung kommt, das kein werden, das zu tun, was seine Aufgabe ist . Der Staat Recht in unserem Sinne ist? Wie gehen wir damit um? muss mit dem Gewaltmonopol des Staates agieren und Wie schaffen wir es, dass gleiche Maßstäbe und unsere seine Bürger schützen . Deshalb bin ich froh, dass wir das Vorstellungen und Werte gelten? Wie gehen wir damit Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13577

Elisabeth Winkelmeier-Becker (A) um, wenn wir Burkas im Straßenbild sehen oder wenn Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): (C) es dadurch zu einer offenen Missachtung von Frauen Bei den Syndikusanwälten sind wir mit einer Recht- kommt, dass man sich weigert, einer Frau die Hand zu sprechung konfrontiert, die keine Akzeptanz gefunden geben? Ich denke, das dürfen wir uns nicht gefallen las- hat . Aber gerade durch die Arbeit der Syndikusanwälte sen . werden die Akzeptanz des Rechts und seine Durchset- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- zung gestärkt . Hier hakt es noch an einer Stelle . Wir wol- ordneten der SPD) len dafür sorgen – das ist ganz klar unsere Position –, dass die ursprüngliche Syndikusarbeit wie bisher nicht Zur Durchsetzung des Rechts gehört für mich auch, einer Haftungs- und einer Versicherungspflicht unter- dass es bei der Entscheidung über ein Bleiberecht auch liegt . darauf ankommen kann, ob man das Verfahren nach Kräften unterstützt oder ob man schon mit falschen Pa- (Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast pieren kommt und als Erstes die Behörden und Gerichte [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Man belügt, mit denen man es hier zu tun hat . kann sich doch nicht nur die schöne Rente aussuchen!) Die Akzeptanz des Rechts setzt Durchsetzungsstär- ke des Staates voraus . In diesem Sinne, auf dieser Linie Soweit aus dem Kreis der Betroffenen gesagt wird, dass werden wir uns noch einmal die StPO in einigen Punk- das sein müsse, ist klar – wenn man das hinterfragt –, ten genauer anschauen . Wir wollen sie praxistauglicher dass es um einen Wettbewerbsvorteil geht und nicht um machen . Es kann nicht angehen, dass zum Beispiel für ungedeckte Haftungsrisiken . Da werden unrichtige Ar- das Verfahren in Hamburg zu dem Piratenüberfall auf ein gumente vorgeschoben . Wir werden an dieser Stelle am Schiff am Horn von Afrika 106 Verhandlungstage ge- Ende eine gute Lösung bekommen . braucht werden und 4,5 Millionen Euro für die Kosten aufgewendet werden müssen, während ein vergleichba- (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rer Fall in einem französischen Gericht in einer dreiwö- NEN]: Rosinenpicken, das geht nicht!) chigen Hauptverhandlung abgeschlossen werden kann . Es ist nicht akzeptabel, wenn Täter aus der U-Haft Vizepräsidentin Ulla Schmidt: entlassen werden müssen und Verjährung eintritt, weil Jetzt kommen Sie aber bitte zum Schluss . Sonst geht die Gerichte nicht rechtzeitig dazu kommen, sich um die es zulasten des Kollegen Frieser . Fälle zu kümmern, obwohl wir in Deutschland weltweit die höchste Richterdichte haben . Das ist keine Frage von (B) zu wenig Personal, sondern das sind selbstgemachte Pro- Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): (D) bleme im Verfahren . Das müssen wir angehen, mit dem Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit . klaren Ziel, den Aufwand zu verringern und zu praktika- bleren Ergebnissen zu kommen . (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU) Wir müssen die Gewinnabschöpfung verbessern . Aus- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: reden und Vermögensverschiebungen dürfen nicht mehr Nächster Redner ist Metin Hakverdi, SPD-Fraktion . dazu führen, dass Täter in den Genuss ihres schlimmen Tuns kommen und das Geld behalten können . Auch das (Beifall bei der SPD) werden wir in Kürze angehen . Dem Anliegen der Justiz und damit der Durchsetzung Metin Hakverdi (SPD): des Rechts dienen auch fünf weitere Bundesrichterstellen Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Lieber Kollege beim Bundesgerichtshof entsprechend der Wunschliste Strobl, gleich zu Ihnen, und zwar durchaus freundschaft- der BGH-Präsidentin . Zwar wäre aus meiner Sicht die lich und kollegial . Wir wissen, dass ein Ort der Radikali- Ausgestaltung einer der zusätzlichen Stellen als Vorsit- sierung die Gefängnisse sind . Wir müssen sicherlich noch zendenstelle und die Einrichtung eines neuen Senats rat- mehr tun, um straffällig gewordene junge Menschen zu- sam gewesen; denn nur mit zusätzlichen Beisitzern wird rückzugewinnen . Wir lassen aber die Länder dabei nicht der Arbeitsstau auf der Vorsitzendenebene nicht weniger . allein; Ihr Punkt ist absolut richtig . Noch in dieser Woche Aber das war nicht gewünscht, und dann gilt eben der wird es ein Treffen zwischen den Fachleuten innerhalb Grundsatz „ne ultra petita“ . Damit sollte die Zusatzbelas- des Justizministeriums geben . Mir war es wert, das Ihnen tung durch die Nichtzulassungsbeschwerden aufzuarbei- noch mit auf den Weg zu geben . Sie haben vollkommen ten sein . Weitere Entlastungen durch Einschränkungen recht, dass wir das nicht allein dem Ländervollzug über- des Rechtsschutzes sind da nicht mehr angezeigt . lassen dürfen . Ich möchte unter der Überschrift „Akzeptanz des Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Rechts“ noch ganz kurz auf einen weiteren Punkt ein- Kollegen! Die zweite und dritte Lesung bietet traditio- gehen . nell eine gute Gelegenheit, den Menschen zu danken, die an diesem Haushaltsentwurf mitgearbeitet haben . Eini- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: ge sind heute schon genannt worden . Ich schließe mich Aber wirklich kurz, Frau Kollegin Winkelmeier-Becker . diesen Danksagungen an . Gestatten Sie es mir an dieser 13578 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Metin Hakverdi (A) Stelle, mich noch einmal besonders bei Dennis Rohde zu mus muss deshalb lauten: mehr Rechtsstaat . Genau das (C) bedanken . Vielen Dank, Dennis! tun wir, wenn wir unsere Gerichte und Ermittlungsappa- rate stärken . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Die Debatte über den Justizhaushalt ist aber auch eine gute Gelegenheit, um Anliegen hinsichtlich bevorstehen- Der Einzelplan 07, der Haushalt des Justizministeri- der Gesetzesvorhaben anzusprechen . Mein persönliches ums, stellt, gemessen an der Gesamtsumme aller Bun- Anliegen ist das Thema „Gleicher Lohn für gleiche Ar- desministerien, den kleinsten Einzeletat dar . Von den beit“ . Es geht um die Forderung, dass bei gleicher Ar- insgesamt 316 Milliarden Euro entfällt weniger als beit kein Lohnunterschied zwischen Leiharbeitern und 1 Milliarde Euro auf diese Position . Das macht die Auf- Stammbelegschaft gemacht werden darf . Wir werden gaben, die mit diesem Etat erledigt werden, nicht weni- uns dieser Aufgabe stellen müssen . Es ist unmöglich, ger wichtig . Auch in einem solch kleinen Etat kann man den Menschen in diesem Land zu erklären, warum der durchaus Schwerpunkte setzen . Ein Schwerpunkt ist der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ nicht gel- Verbraucherschutz . Zur Halbzeit dieser Legislaturperio- ten soll . de lassen Sie mich feststellen: Mit Heiko Maas haben wir endlich einen Minister, der die Rechte der Verbrauche- (Beifall bei der SPD) rinnen und Verbraucher tatsächlich stärken will . Vielen Dank, Herr Minister! Wir werden hier gesetzlich handeln müssen, um Ge- rechtigkeit herzustellen . Die Bundesvereinigung der (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Deutschen Arbeitgeberverbände wettert nun gegen die- der CDU/CSU) se Absicht. Es finde ein Angriff auf die Tarifautonomie Die Mittel für den Verbraucherschutz steigen auf statt . Liebe BDA, warum sind Sie gegen dieses Prinzip? 35 Millionen Euro . Seit 2014 bedeutet das einen Anstieg Warum sind Sie mit uns Sozialdemokraten nicht einer von über 40 Prozent . Knapp die Hälfte der Mittel soll Meinung, dass dieser Zustand ungerecht ist und deshalb in die Information der Verbraucherinnen und Verbrau- abgeschafft gehört? cher fließen. Die Komplexität der Rechtsverhältnisse, Liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir uns mit denen es die Menschen heute zu tun haben, hat deut- nichts vor: Der Verweis auf die Tarifautonomie wird von lich zugenommen . Ich bin überzeugt, dass der Staat in der BDA vorgeschoben, um an dieser ungerechten Pra- der Pflicht ist, die Verbraucherinnen und Verbraucher auf xis festzuhalten . All denen, die den Wirtschaftsstandort dem Markt zu schützen . Wir haben mit den Marktwäch- Deutschland gefährdet sehen, sage ich: Unser Land ist tern für Digitales und Finanzen ein wichtiges und richti- zur wirtschaftlichen Prosperität nicht durch Leiharbeit ges Instrument geschaffen . Das Informieren der Verbrau- gelangt . (B) cherinnen und Verbraucher ist ebenfalls sehr wichtig . (D) Für diesen Bereich Geld auszugeben, ist gut angelegtes (Beifall bei der SPD) Geld . Der Ausbau des Verbraucherschutzes muss aber Das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gilt weitergehen . Die Ausweitung des Anwendungsbereichs derzeit ebenfalls nicht zwischen den Geschlechtern . Wa- des Unterlassungsklagegesetzes stellt aus meiner Sicht rum Frauen bei gleicher Arbeit und Leistung weniger als einen wichtigen Baustein dar . Deshalb will ich meinen ihre männlichen Kollegen verdienen, ist nicht erklärbar . Appell an die Kolleginnen und Kollegen von der Union Offensichtlich ist der Arbeitsmarkt nicht in der Lage, die- hier erneuern: Bitte geben Sie sich einen Ruck, damit wir se Ungerechtigkeit aus eigener Kraft zu beseitigen . Auch in diesem Punkt endlich zu einem Gesetz kommen .– Ein diese Ungerechtigkeit gehört abgeschafft . weiteres wichtiges Gesetzesvorhaben stellt aus meiner Sicht die Musterfeststellungsklage dar . Vielen Dank . (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der SPD) NEN]: Oh ja, schön!) Wir haben über diese bereits gesprochen . Wir freuen uns Vizepräsidentin Ulla Schmidt: auf den Entwurf des Ministeriums . Vielen Dank .– Letzter Redner zu diesem Geschäfts- bereich ist der Kollege Michael Frieser, CDU/CSU-Frak- (Beifall bei der SPD) tion . Der zweite Schwerpunkt, der in diesem Etat gesetzt (Beifall bei der CDU/CSU) wird, betrifft aus meiner Sicht die Stärkung des Rechts- staates . Unsere höchsten Gerichte werden personell ge- stärkt . Am Bundesgerichtshof werden Stellen für zwei Michael Frieser (CDU/CSU): Ermittlungsrichter bzw . -richterinnen geschaffen . Ferner Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! findet weiterer Personalaufwuchs bei der Bundesanwalt- Die Debatte über einen Haushalt nach zwei Jahren ist schaft statt . Wir stärken unsere Justizorgane für eine immer eine Zwischenbilanz; Kollege Strobl hat darauf wirksame Bekämpfung der Gefahren, die vom islamisti- hingewiesen . Jetzt haben wir aber die Grenzen dieser schen Terrorismus und von Rechtsradikalen ausgehen . Es Zwischenbilanz über die Rechtspolitik schon sehr weit ist der Rechtsstaat, der auch in Zukunft eine ausgewoge- ausgedehnt . Der letzte Beitrag, Herr Kollege, war schon ne Balance zwischen Freiheit und Sicherheit garantieren sehr weit vom Justizhaushalt entfernt . Aber auch das ge- muss . Unsere Antwort auf die gewachsene Bedrohung hört dazu; denn das zeigt die Tragkraft und die Auswir- durch Rechtsradikale und durch islamistischen Terroris- kungen, die von der Rechtspolitik ausgehen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13579

Michael Frieser (A) Wenn es schon sonst keiner in diesem Haus tut, dann menleben der Völker zu stören, denjenigen, der einen (C) machen wir es eben: Wir loben die Koalition dafür, was Angriffskrieg mit vorbereitet, mit Strafe zu bedrohen . sie alles von ihrem Koalitionsvertrag abgearbeitet hat . Da hinken wir ein gutes Stück hinterher . Genau in diese Das kann sich – so möchte ich die Debatte abschließen – Kerbe schlägt die Aussage: Wenn wir das friedliche Zu- wirklich sehen lassen . Der Koalitionsvertrag ist ein inte- sammenleben auf dieser Welt als wichtig erachten, dann ressantes Programm . Wir sind weit über das hinausge- müssen wir die, die dies von diesem Land aus gefährden, gangen, was sich manche Vorgängerregierungen auf ihr mit Strafe bedrohen . Panier geschrieben haben, und haben unser Programm Thema Asylverfahren – da will ich schon ein Lob los- trotzdem geschafft . Ich glaube, das kann sich wirklich werden –: Natürlich unterliegt dies eigentlich der Kom- sehen lassen . petenz des Innenressorts . Natürlich tun die Innenpolitiker (Beifall bei der CDU/CSU) alles, um in dieser Frage voranzukommen . Aber gerade die Rechtspolitik mit der Kreativität der Juristen ist auf- Es wird Sie nicht wundern, dass auch ich mit dem gefordert, da Beihilfe zu leisten und tatsächlich deutlich Thema Terror anfangen muss . Wir haben es oftmals ge- zu machen, an welchen Stellen wir agieren müssen . hört: Wir haben unsere Hausaufgaben zumindest zum Teil erledigt . Wenn es um die Reisetätigkeit von Gefähr- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) dern geht, wenn es um die Frage der Höchstspeicherfris- Das haben wir auch wirklich weidlich getan . Glaubwür- ten geht, dann darf man allerdings auch darauf hinwei- digkeit bei den Bürgern gewinnen wir nur dann, wenn sen, dass sich die Tauglichkeit unserer Instrumente beim wir deutlich machen, dass die Rechtspolitik geeignet ist, Kampf gegen den Terror erst noch erweisen muss . Wir einen entscheidenden Beitrag zu leisten, wenn es um die werden daran gemessen werden, ob sich diese einschnei- Frage der Asylverfahrensvereinfachung und der Asylver- denden Maßnahmen, die sich der Rechtsstaat nach lan- fahrensbeschleunigung geht . gen Diskussionen regelrecht herauspresst, letztlich so ab- schleifen, dass sie ihren eigentlichen Zweck nicht mehr Der Stellenaufwuchs im Justizministerium ist dazu erreichen können . geeignet . Es reicht nicht, die Anzahl der Stellen im BAMF zu erhöhen . Wir haben es schon gehört: Es geht Wir haben beim Thema der Terrorismusfinanzierung um die Richterstellen . Das Ganze geht hinunter bis in ein gutes Stück unserer Vorhaben erledigt . Wir hören die Kommunen, wo die Anzahl der Stellen dieser He­ allerdings, dass im Augenblick erst um die 5 000 Euro rausforderung angepasst werden muss . Deswegen muss tatsächlich eingefroren worden sind . Auch hier geht es man deutlich sagen: Es ist gut und wichtig, dass in der also darum, dass wir bei der Frage der Vermögensab- Rechtspolitik findige, kreative Juristen am Werk sind, die schöpfung im Zusammenhang mit der Terrorismusfinan- hier ihren Beitrag leisten können . (B) zierung ein gutes Stück weiterkommen . (D) Ich will noch zwei Themen kurz und sachlich anspre- Ja, als medienaffine Politiker haben wir gelernt, dass chen, bei denen sich der ursprüngliche und der jetzt vor- man bestimmte Aussagen mindestens fünfmal machen liegende Haushaltsentwurf etwas unterscheiden . muss, damit sie überhaupt draußen ankommen . Deshalb sage ich: Sympathiewerbung ist und bleibt ein Dauer- Ganz wichtig ist uns das Thema Onlineverträge, gera- brenner . de im Lichte – ich fasse es etwas zusammen – der Fort- schreibung des europäischen Kaufrechtes . Ich wiederho- (Beifall bei der CDU/CSU) le: Das ist ein ganz entscheidender Punkt . Wir wissen, Wir haben uns ein bisschen um das Thema herumgemo- dass wir beim Umgang mit digitalem Nachlass, beim gelt . Jetzt kann ich als Bayer – ich bin zwar ein Franke, Weiterkauf von Software wirklich einiges aufholen müs- aber ein Bayer – mit Stolz sagen: Das Netzwerk gegen sen . Wir wissen, dass unser im BGB und im AGB-Recht Salafismus, das ein Zusammenschluss vieler verschiede- verankertes Regelwerk gerade in diesen Angelegenheiten ner Ressorts in Bayern ist, zeigt, dass es ganz wichtig ist, nicht unbedingt passgenau ist . Wer eine CD-Sammlung bei der Frage der Werbung und der Öffentlichkeitsarbeit weitergibt oder vererbt, hat keine Probleme . Aber beim anzufangen . Wir müssen deutlich machen: Wer Werbung Weiterverkauf oder bei der Weitergabe von Mediatheken für eine solche Art von Krieg und für Terror macht, der wird es ganz besonders schwierig . Das passt nicht ganz muss den Rechtsstaat spüren . zusammen . Da sind wir sicherlich aufgerufen, noch et- was zu ändern . (Beifall bei der CDU/CSU) Ähnliches gilt beim Urheberrecht . Da geht es nicht Ganz ehrlich, da ist mir keine Koalition zu fies. Wenn nur um die Umsetzung der jetzigen Richtlinie, sondern Anonymus tatsächlich der Meinung ist, diese Seiten auch darum, die Kreativität nicht zu ersticken, den Erfin- lahmlegen zu können: Her damit; dann zeigt einmal, dergeist nicht abzutöten, ihn nicht der Marktmacht preis- was ihr könnt . Vielleicht funktioniert das tatsächlich . zugeben und dennoch den Bedürfnissen der Informati- Dadurch sollen ungewöhnliche Maßnahmen nicht außen onsgesellschaft zu genügen . An der Bewältigung dieser vor gelassen werden können . Herausforderung arbeiten wir schon Jahre . Die Rechts- politik muss beweisen, dass sie in der Lage ist, dem auch Ich sage auch: Wir in diesem Haus haben einen rechts- Folge zu leisten . staatlichen Auftrag zu erfüllen . Artikel 26 des Grundge- setzes gibt uns den Auftrag – brandaktuell, obwohl aus Insofern kann ich guten Gewissens sagen: Ja, die Ar- den Gründungstagen dieser Republik stammend –, den- beit dieser Koalition kann sich zur Halbzeit dieser Le- jenigen, der etwas unternimmt, das friedliche Zusam- gislaturperiode sehen lassen . Der Haushalt des Justiz- 13580 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Michael Frieser (A) ministeriums, Herr Minister, und aller anderen Ressorts nen Widerspruch . Dann ist so beschlossen, und das Wort (C) versetzt nicht nur in die Lage, eine leistungsfähige Jus- hat jetzt der Kollege Roland Claus, Fraktion Die Linke . tiz zu haben, sondern auch dazu, eine lösungsorientierte Rechtspolitik zu betreiben . Daher wäre es angebracht, (Beifall bei der LINKEN) dass nicht nur die Koalition, sondern auch andere in die- sem Haus diesem Haushalt zustimmen . Aber ich gebe Roland Claus (DIE LINKE): mich nicht der irrigen Annahme hin, dass das Abstim- mungsverhalten durch diese Debatte wesentlich geändert Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bildung wird . Zumindest die Koalition kann sehr stolz sein, und und Forschung sind für das Parlament von zentralem In- sie kann durchaus sagen, dass dieser Justizhaushalt auf teresse; hier wird schließlich über Zukunftsthemen ent- jeden Fall in der Lage ist, für die nächsten beiden Jahre schieden, und deshalb haben wir bei der Beratung dieses eine tragfähige Grundlage zu schaffen . Etats im Haushaltsausschuss und in anderen Ausschüs- sen die Einzelposten besonders gründlich überprüft . Die- Vielen Dank . se Methode werden wir auch nach Beschlussfassung über den Etat fortsetzen . Das will ich hier schon mal kundtun, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- weil die Ministerin sich von uns zuweilen überkontrol- neten der SPD – Thomas Strobl [Heilbronn] liert fühlt; aber das ist nun mal unsere Aufgabe . [CDU/CSU]: Ein schöner Abschluss!) (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – René Röspel [SPD]: So ein Anfang ist immer Vielen Dank . – Damit sind wir am Ende der Ausspra- gut für eine Rede!) che . Frau Bundesministerin Wanka wird nachher gewiss Wir kommen nun zur Abstimmung über den Einzel- verkünden, wie viel mehr Geld sie zur Verfügung hat . plan 07 – Bundesministerium der Justiz und für Verbrau- Ich glaube, da sagt sie nichts Falsches . Ich muss Sie aber cherschutz – in der Ausschussfassung . daran erinnern, Frau Ministerin, dass Sie die Kritik des Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die Bundesrechnungshofs wegen mangelnder Erfolgskont- Linke vor, über den wir zuerst abstimmen . Wer stimmt rolle in Ihrem Etat nicht schlicht und einfach aussitzen für den Änderungsantrag auf Drucksache 18/6767? – können . Wir haben dazu in der ersten Lesung eine Reihe Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Ände- von Beispielen vorgetragen . Ich will die gar nicht wie- rungsantrag ist mit den Stimmen der CDU/CSU-Fraktion derholen; dafür ist die Liste der Kritik auch viel zu lang . Nur ein Beispiel aus dem Bericht des Rechnungshofs will (B) und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion (D) Die Linke bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die ich bringen . Dort heißt es: Nahezu grotesk erscheint die Grünen abgelehnt . Tatsache, dass das Ministerium Erfolgskontrollen bei der Projektförderung daran scheitern lässt, dass deren Ziele Wir stimmen nun über den Einzelplan 07 in der Aus- nicht ausreichend definiert werden. – Das heißt, es gibt schussfassung ab . Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage- Zuwendungen ohne Kriterien . Etwas vereinfacht heißt gen? – Wer enthält sich? – Der Einzelplan 07 ist mit den es im Volksmund: Man bildet sich eine Philosophie nach Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Art: Die Karte ist richtig, nur die Gegend ist falsch .– der Opposition angenommen . So geht es aber nicht, meine Damen und Herren . Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Einzel- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- plan 19 – Bundesverfassungsgericht – in der Ausschuss- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) fassung . Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Einzelplan 19 ist einstimmig Wir werden dieser Kritik des Hofes und der Kritik aus angenommen . der Opposition weiter nachgehen, und wir werden auch nicht müde werden, hier eine ganze Reihe von Verände- Ich rufe dann den Tagesordnungspunkt I .8 auf: rungsvorschlägen einzubringen; dazu kommen wir dann Einzelplan 30 noch im Einzelnen . Bundesministerium für Bildung und For- Nun hat das Bundesministerium sich kreativerweise schung ein eigenes Gutachten zur Evaluierung der Hightech-Stra- tegie bestellt . Es wurde von einer Expertenkommission Drucksachen 18/6124, 18/6125 Forschung und Innovation erstellt, die als Abkürzung den Die Berichterstattung zu diesem Geschäftsbereich ha- schönen Namen EFI trägt . Man höre und staune: Diese ben die Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Anette Expertenkommission bescheinigt dem Bundesministeri- Hübinger, Roland Claus und Ekin Deligöz . um gute Arbeit . Zu dem Einzelplan 30 liegt ein Entschließungsantrag Daran haben namhafte Professoren mitgewirkt, deren der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, über den wir Kompetenz ich überhaupt nicht in Zweifel ziehen will . am Freitag nach der Schlussabstimmung abstimmen . Nur das eine ist verwunderlich: Bis auf zwei Kolleginnen und Kollegen aus Zürich handelt es sich um Professo- Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für res von Zuwendungsempfängern des Ministeriums – von die Aussprache 96 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei- Zuwendungsempfängern! Das macht uns dann schon Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13581

Roland Claus (A) stutzig, Frau Ministerin . Das lassen wir so auch nicht schaftszeitvertragsänderungsgesetzes würde dieses Pro- (C) durchgehen . blem jetzt gelöst . Mit diesem Gesetz, so wie es jetzt ist, wird das Problem zwar beschrieben, aber gelöst wird lei- (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Ekin der nichts . Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Zunehmend müssen wir im Haushaltsausschuss, auch neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – wenn es um die Verflechtung von mehreren Einzelplä- [CDU/CSU]: Wären Sie nen geht, recht dubiose Praktiken der Förderung durch mal zur Anhörung gekommen, dann wüssten verschiedene Bundesministerien feststellen . Es gibt zum Sie es besser!) Teil auch Projekte mit hohen militärischen Anteilen, die aus mehreren Häusern gefördert werden . – Ich habe im Moment keinen Mangel an Anhörungen; das kann ich Ihnen versprechen, und wir kommen auch Ein Beispiel: TanDEM-X soll ein dreidimensionales mit den Themen hinterher . Satelliten-Beobachtungssystem werden, das von einem namhaften Flugzeugbauer und dem Deutschen Zentrum (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Aber bei für Luft- und Raumfahrt entwickelt wurde . So weit plau- der Anhörung zu diesem Gesetz waren Sie sibel . Das Kuriose aber ist nun: Das Bundesministerium nicht und sagen hier etwas, was nicht stimmt!) der Verteidigung kauft von dem Flugzeugbauer und dem Zentrum ein Produkt, das zuvor vom Bundeswirtschafts- Der Bildungszustand der Nation ist insgesamt unbe- ministerium und vom Bildungs- und Forschungsministe- friedigend . Das hat mit dem Kooperationsverbot von rium subventioniert wurde . Ja – muss man fragen –, geht Bund und Ländern in der Bildung zu tun . Wir haben es das noch? Das kann doch so nicht hingenommen werden . mit einer chronischen Unterfinanzierung der Schulbil- dung in den Ländern zu tun . Auch das müssten wir än- (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Ekin dern . Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Nehmen Sie unseren Vorschlag an, eine Vermögen- Die Linke hat in die Haushaltsberatungen unter ande- steuer einzuführen . Das ist eine Steuer, die im Wesent- rem einen Vorschlag zur Unterstützung von Fachhoch- lichen den Bundesländern zugutekommt . Dann könnten schulen – ich sage einmal – in förderbedürftigen Regi- wir wieder eine vernünftige Schulbildung machen . Das onen eingebracht; das klingt ein bisschen netter als „in wäre in dieser Republik nötig . strukturschwachen Regionen“ . Die Fachhochschulen bekommen natürlich von dem großen Kuchen dieses Mi- (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Ekin nisteriums recht viel ab . Aber wir haben festgestellt, auch Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) (B) vergleichsweise kleine Hochschulen können in solchen (D) strukturschwachen Regionen als Impulsgeber enorm Vizepräsidentin Ulla Schmidt: wichtige Aufgaben lösen . Vielen Dank .– Nächste Rednerin ist Anette Hübinger, CDU/CSU-Fraktion . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Ich nehme nur einmal zwei Standorte . Das ist die Hochschule in Mittweida in Sachsen, und das ist die Hochschule in Köthen in Sachsen-Anhalt . Nun wissen Anette Hübinger (CDU/CSU): wir, dass deren Grundfinanzierung bekanntlich Sache Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und der Länder ist. Aber Anschubfinanzierung im Sinne von Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In wichtigen Zukunftsinvestitionen wäre ein interessanter politisch schwierigen und die Gesellschaft sehr fordern- Weg . Wir werden Ihnen dazu in Kürze einen Antrag vor- den Zeiten ist es uns wieder gelungen, einen Haushalt legen . ohne Neuverschuldung aufzustellen . Gelungen ist uns das insbesondere, weil wir aus dem Haushaltsjahr 2015 Nach wie vor nicht gelöst ist das Problem der befris- gut 6 Milliarden Euro in das Jahr 2016 übertragen kön- teten Arbeitsverträge von Akademikerinnen und Akade- nen, wodurch uns die Möglichkeit eingeräumt ist, den mikern . Wir halten das nach wie vor für einen Skandal . gebotenen Aufgaben Rechnung zu tragen . (Beifall bei der LINKEN) Seit der Aufstellung des Haushaltsentwurfs sind fast Es ist im Verlauf der Beratungen heute schon gefeiert sechs Monate vergangen . In diesen Monaten – bis heu- worden, dass die Zahl der geschlossenen Arbeitsverträge te – haben sehr viele Menschen bei uns Zuflucht vor noch nie so hoch war . Aber, meine Damen und Herren, Terror und Gewalt in ihren Ländern gesucht . Diesen und was hilft es einem 40-jährigen Forscher, wenn er in fünf anderen Herausforderungen Rechnung tragend, haben Jahren vier solcher Arbeitsverträge hat? Das ist doch wir den Haushalt 2016 im Haushaltsverfahren angepasst keine vernünftige Politik, um Zukunftsfähigkeit sicher- und – wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist – die zustellen . Priorität für Bildung und Forschung weiter gestärkt . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Nun wurde auf diesen Vorwurf in der ersten Beratung Dem Ministerium für Bildung und Forschung räu- des Haushalts hier vonseiten der Koalition reagiert . Mir men wir die notwendigen Handlungsoptionen ein, den wurde vorgeworfen, ich hätte quasi den Schuss nicht neuen bildungspolitischen Aufgaben gegenüber den jun- gehört . Mit dem wunderbaren Konstrukt des Wissen- gen Menschen, die zu uns kommen, gerecht zu werden, 13582 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Anette Hübinger (A) ohne dabei eine solide Gegenfinanzierung aus dem Auge Damit tragen wir dem politischen Willen der Koalition (C) zu verlieren . In der Bereinigungssitzung hat der Haus- Rechnung, beim Meister-BAföG den Basisunterhalts- haltsausschuss den vorgelegten Regierungsentwurf des beitrag, den Maßnahmebeitrag und den sogenannten Er- Einzelplans 30 mit einer Rekordsumme von 16,4 Mil- folgsbonus zu erhöhen, und entlasten damit zukünftige liarden Euro nochmals um rund 500 Millionen bei den Meister finanziell erheblich. Das ist ein klares Signal da- Programmmitteln erhöht . für, dass uns die für Deutschland so wichtigen typischen Handwerksberufe sehr am Herzen liegen und wir Karrie- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- rewege fördern wollen . ordneten der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Das ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Weichen- ordneten der SPD) stellung für zukünftige Generationen in einem Deutsch- land, das sich vor gesellschaftlichen Herausforderungen Aber auch bei der akademischen Ausbildung haben und Veränderungen in einer globalisierten Welt nicht ver- wir im Haushaltsverfahren nachgesteuert . Ein wichtiges stecken kann und auch nicht verstecken will . Zeichen setzen wir durch die Anhebung des Titels für die Begabtenförderungswerke um 4,5 Millionen Euro . Für die Finanzierung von Bildungsmaßnahmen für Mit dieser Anhebung werden diese in die Lage versetzt, Flüchtlinge verwendet das Ministerium für Bildung und ihre Promotionsstipendien auf das finanzielle Niveau der Forschung zum einen Ausgabereste, zum anderen wer- Stipendien von außeruniversitären Einrichtungen anzu- den Mittel in Höhe von 27 Millionen Euro umgeschichtet heben . Wir wertschätzen damit die engagierte Arbeit der und zusätzlich 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt . Begabtenförderungswerke wie auch das gesellschaft- liche Engagement der hervorragenden Stipendiatinnen Das Ministerium knüpft neben Sprachkursen in der und Stipendiaten, das Voraussetzung zur Erlangung eines Projektausgestaltung an Bewährtes wie zum Beispiel Po- Stipendiums ist . tenzialanalyse, Lernbegleiter, Bildungsketten, das Pro- gramm „Kultur macht stark“ an und macht all das jungen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Flüchtlingen zugänglich . ordneten der SPD) Des Weiteren wird ein Schwerpunkt auf die berufli- Mit der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeits- che Bildung von Flüchtlingen im Alter zwischen 18 und welt, aber auch im Privatbereich kommen in rasantem 25 Jahre gelegt . In Kooperation mit den überbetriebli- Tempo immer neue Möglichkeiten, aber auch Risiken chen Bildungsstätten und den Handwerkskammern soll auf uns zu . Hier hat das Ministerium für Bildung und ein Zugang zur Ausbildung geschaffen werden . Forschung wichtige Steuerungsfunktionen übernommen, deren Umsetzung wir unter anderem mit neuen Perso- (B) Die akademische Ausbildung wird in Zusammenar- nalstellen stützen . Zudem werden der Fraunhofer-Gesell- (D) beit mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst schaft für die Ausbildung von IT-Sicherheitsexperten an gestärkt . Wir stärken zum Beispiel die Studienberatung Fachhochschulen 6 Millionen Euro zusätzlich zur Verfü- und bauen die zur Verfügung stehenden Plätze in den gung gestellt . Studienkollegs weiter aus . Deutschlands Erfolge und wirtschaftliches Fortkom- Wir würden aber unseren Aufgaben nicht gerecht, men sind eng verbunden mit exzellenter Forschung und wenn wir den Bildungs- und Forschungshaushalt nur deren Vernetzung weltweit . Diese Netzwerke müssen an den gesellschaftlich wichtigen Aufgaben der Bildung früh geknüpft und gepflegt werden. Ein Garant hierfür und Ausbildung von Flüchtlingen ausrichten würden . sind der Deutsche Akademische Austauschdienst und die Vielmehr ist es erforderlich, dass wir die neuen und die von-Humboldt-Stiftungen . Daher stellen wir ihnen für bereits vorhandenen Angebote im Bereich Bildung, die diese wichtigen Aufgaben zusätzliche Mittel zur Verfü- sich an alle jungen Menschen in Deutschland richten, gung und stärken darüber hinaus im Bereich des europäi- miteinander verzahnen, um so zu einer besseren Integra- schen Forschungsraums mit weiteren 2,5 Millionen Euro tion beizutragen . die Stellung Deutschlands . (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Swen Schulz [Spandau] [SPD]) Daher fördern wir in der frühkindlichen Bildung im Die Innovationsförderung in den neuen Ländern er- MINT-Bereich die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ fährt einen Aufwuchs von 10 Millionen Euro . Diesen mit weiteren 550 000 Euro und heben bei der Alphabeti- Aufwuchs verknüpfen wir mit einer Weiterentwicklung sierung den Titelansatz noch einmal um 3 Millionen Euro und Durchführung von Pilotmaßnahmen im Bereich an . „Unternehmen Region“ zu einem deutschlandweiten (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Innovationskonzept Strukturwandel. Somit profitieren strukturschwache Regionen in ganz Deutschland – das Ein klarer Schwerpunkt dieses Haushaltes ist die Stär- sage ich als Saarländerin: auch das Saarland – künftig kung der dualen Berufsausbildung . Das spiegelt sich in von den bereits gewonnenen Erkenntnissen in den neuen der Förderung der beruflichen Aufstiegsförderung, die Bundesländern und zugleich von dem neuen Innovati- wir um 14 Millionen Euro anheben, wider . onsförderungskonzept . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . ordneten der SPD) René Röspel [SPD]) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13583

Anette Hübinger (A) Besonders freut mich, dass die Maßnahmen im Be- Frau Ministerin, ich will Ihnen in meiner Rede einige (C) reich der Gesundheitsforschung mit besonderem Augen- Beispiele nennen, wo ich in Ihrem Etat Handlungsbedarf merk auf Produktentwicklungspartnerschaften, die der sehe, wo das sehr deutlich wird und wo ich am Ende et- Bekämpfung von vernachlässigten armutsassoziierten was enttäuscht bin . Krankheiten dienen, gestärkt wurden . Erstes Thema: Flüchtlinge . Menschen kommen mo- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) mentan nach Deutschland, sie fliehen vor Krieg und Ter- ror. Sie finden den Weg zu uns, und sie werden bleiben. Die Ausschreibung für eine zweite Förderrunde wurde Ja, es ist eine große Herausforderung, sie zu integrieren . im Oktober eröffnet mit einer Verdoppelung der Mittel Bildung bildet hier eine absolute Schlüsselfunktion . auf circa 50 Millionen Euro über die gesamte Förderpe- Anhand von guten Bildungs-, Fortbildungs- und Quali- riode . Zum anderen wurden die thematischen Einschrän- fizierungsstrukturen wird es sich entscheiden, ob diese kungen der ersten Förderperiode aufgehoben . Deutsch- Menschen einen Job finden, ob sie einen Platz in der Ge- land geht hier einen weiteren Schritt nach vorne in der sellschaft finden, ob sie ihre Existenz sichern können, ob Übernahme seiner Verantwortung für die weltweite Ge- sie eine Perspektive haben, ob ihre Kinder auf der Stre- sundheit . cke bleiben oder eine Chance bekommen . Bildung ist der Schlüssel . Trotz der umfassenden Aufgabenfelder, die im Bil- dungs- und Forschungshaushalt gebündelt sind, und trotz (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Priorität für Bildung und Forschung leistet dieser sowie bei Abgeordneten der SPD) Bereich seinen finanziellen Beitrag zur Bewältigung der Mit Verlaub, eine Lese-App für Kinder und für Eh- derzeitigen großen gesellschaftlichen Herausforderun- renamtliche mag eine gute Sache sein . Aber sie ersetzt gen . Die globale Minderausgabe wurde um 50 Millionen keine Lehrerin, keinen Lehrer, keinen Sozialpädagogen, Euro erhöht . Das heißt, im Haushaltsjahr muss dieser keinen Erzieher . Betrag erwirtschaftet werden . Unserer Meinung nach ist das bei einer Gesamtsumme von 16,4 Milliarden Euro (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verkraftbar, zumal die globale Minderausgabe im kom- und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten menden Haushalt fast 200 Millionen Euro unter der die- der SPD) ses Jahres liegt . Das ist zu wenig . Alles in allem gehen wir im Bereich Bildung und Ich hätte gern gesehen, dass Sie für eine Bildungsof- Forschung gut aufgestellt in das neue Jahr . Daran haben fensive in diesem Land kämpfen . Das fordern wir von Ih- viele mitgewirkt . Ich bedanke mich bei Ministerin Wan- nen: zehn Jahre lang Investitionen von 1 Milliarde Euro (B) ka, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministe- jährlich in die Schulen, in die Kindergärten, in die Aus- (D) riums, des Ausschusses und unserer Arbeitsgruppen, bei bildung von Erzieherinnen und Sozialpädagogen . Diese meinen Kollegen und Kolleginnen Mitberichterstatter Investitionen hätten dazu beigetragen, die Integration für die gute Zusammenarbeit und natürlich besonders bei und das Erlernen der Sprache voranzubringen . Das wäre unserem Hauptberichterstatter Swen Schulz für die gute eine echte Investition in die Menschen . Koordination unserer Arbeit . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Herzlichen Dank für das Zuhören . Ich halte es in diesem Zusammenhang für falsch, dass (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Sie ausgerechnet beim Hochschulpakt 13 Millionen Euro kürzen . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Nein, das Vielen Dank .– Für Bündnis 90/Die Grünen spricht machen wir nicht! Das sind Ausgabenreste! – jetzt Ekin Deligöz . [CDU/CSU]: Sie haben den Haushalt nicht verstanden!)

Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir fordern hier 370 Millionen Euro mehr . Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass es in diesem Land mehr Stu- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! dierende geben wird . Es reicht auch nicht, lieber Swen, Frau Ministerin, dem Dank an die Berichterstatter schlie- wenn du sagst: „Das sind Ausgabenreste!“ Die Univer- ße ich mich natürlich an . Es war tatsächlich ein sehr gu- sitäten brauchen diese Mittel, weil die Zahl der Studie- tes und intensives Zusammenarbeiten . renden steigt . Wir sollten das Geld im System lassen und Der Etat für Bildung und Forschung steigt . Aber auch nicht aus dem System herausnehmen . die Anforderungen an diesen Etat steigen . Mein Kollege (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Roland Claus hat es bereits gesagt: Die Ausgaben in die- Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Ekin, das ist sem Ressort sind für die Aufgaben auf dem Weg in die nicht korrekt!) Zukunft . Deshalb haben sie auch diese Bedeutung . Umso wichtiger ist es auch, dass das Geld an der richtigen Stel- Es ist gut – und da freuen wir uns, dass Sie auf unseren le eingesetzt wird . Vorschlag eingegangen sind –, dass Sie die Mittel für den Studenten- und Wissenschaftleraustausch beim DAAD (Beifall der Abg . Anja Hajduk [BÜND- und bei der Alexander-von-Humboldt-Stiftung erhöhen . NIS 90/DIE GRÜNEN]) Ich nenne auch die Zahl: Es werden 7 Millionen Euro 13584 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Ekin Deligöz (A) mehr sein . Das dient der Völkerverständigung . Davon Unser Auftrag sollte sein, eine führende Rolle in der Kli- (C) brauchen wir mehr . Wenn es um die Förderung dieser maforschung zu übernehmen, guten Instrumente geht, werden Sie immer unsere Unter- (Anette Hübinger [CDU/CSU]: Tun wir stützung haben; darauf können Sie bauen . doch!) Kommen wir zu einem anderen Thema: Chancenge- in Europa und weltweit . Dafür müssen wir etwas über- rechtigkeit in Wissenschaft und Forschung . Es gibt mehr zeugender investieren . Abiturientinnen, es gibt mehr Studentinnen, es gibt mehr Absolventinnen; aber bis zur Spitze von Forschung und Frau Ministerin, die Zusammenfassung des Haushalts Wissenschaft wird die Zahl der Frauen immer geringer . 2016 lautet: kein Herz, keinen Plan, keinen Mut . Es ist eben nicht so, dass es mehr Frauen an der Spitze (Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Nun ist aber gibt, und deshalb fordern wir, dass die Förderlinie „Frau- gut!) en an die Spitze“ fortgesetzt wird . Nehmen Sie die Herausforderungen ernst; denn Ihr The- Das stark nachgefragte Professorinnenprogramm mengebiet ist zu wichtig, um es so nachlässig zu behan- muss ausgeweitet werden . Die Warteliste ist lang; aber deln . was fehlt, ist die Zuversicht . Das, was Sie zum Bereich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN MINT sagen, das, was Sie dort unternehmen, ist zwar sowie der Abg . Dr . Gesine Lötzsch [DIE LIN- gut und richtig; aber die MINT-Förderung ist nicht die KE]) einzige Antwort auf die Herausforderung der Frauenför- derung . Wir brauchen mehr Frauenförderung auch mit Vizepräsidentin : Blick auf die Spitze unserer Universitäten und unserer Wissenschaft . Vielen Dank, Frau Kollegin Deligöz .– Schönen gu- ten Abend Ihnen allen, auch den fünf Gästen auf der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Tribüne! – Der nächste Redner ist Swen Schulz für die sowie der Abg . Cornelia Möhring [DIE LIN- SPD-Fraktion . KE]) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Nächstes Thema: Rückbau der nuklearen Forschungs- anlagen . Auch im Jahr 2016 werden mehr als 328 Mil- lionen Euro als Forschungsmittel deklariert, aber dazu Swen Schulz (Spandau) (SPD): genutzt, die Beseitigung von Altlasten bei den For- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (B) schungsanlagen zu finanzieren. Diese Kosten werden Meine sehr verehrten Damen und Herren – gewisserma- (D) steigen; sie werden explodieren . Weil wir das voraus- ßen einzeln angesprochen – auf der Tribüne! Liebe Ekin sehen, fordern wir Grüne: Diese Mittel müssen raus aus Deligöz, dass aus der Sicht der Opposition einiges zu kri- Ihrem Etat . Im Moment ist die Arbeitsaufteilung so: Sie tisieren ist, kann ich natürlich nachvollziehen . finanzieren, aber die Verantwortung liegt beim BMF. Wir (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- müssen die Verantwortung und die Gestaltung bündeln, NEN]: Du kritisierst doch selber!) damit das Geld verantwortlich eingesetzt und nicht ver- schwendet wird . Das sage übrigens nicht nur ich; das sagt Aber eine Nummer kleiner hätte es auch getan . Das wäre der Bundesrechnungshof . Sie sollten sich daran halten . auch ein Stück weit glaubwürdiger gewesen; Das ist nämlich in Ihrem ureigenen Interesse . (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Die Wahrheit tut manchmal weh!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) denn dieser Regierungsentwurf für den Haushalt 2016 ist Zumindest sollten Sie im Sinne der Haushaltsklarheit tatsächlich gut gelungen . und -wahrheit dem Haushaltsausschuss einmal im Jahr (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) einen Bericht vorlegen . Sie würden am meisten davon profitieren, wenn Sie die Übersicht darüber bewahrten. Wir haben das in der ersten Lesung hier im Bundestag ge- bührend betont, und darum bestätigen wir auch den größ- Nächstes Thema: Investitionen in die Klimafor- ten Teil des Entwurfes . Denken Sie nur an das steigende schung . Wir stehen vor der UN-Klimakonferenz in Paris . BAföG, den Hochschulpakt 2020 für mehr Studienplät- Da gibt es auch Erwartungen an Deutschland . Und was ze, den Qualitätspakt Lehre, den Pakt für Forschung und machen Sie? Sie kürzen die Mittel im Bereich der Klima- Innovation, die Exzellenzinitiative für Forschung an den forschung um 20 Millionen Euro . Ich weiß, warum Sie Hochschulen, die Projektförderung usw . usf . die Mittel kürzen; ich weiß auch, wo Sie sie kürzen . Aber Wir haben uns vorgenommen, einige Themen genauer ich sage Ihnen: Schiffe sind nicht das Einzige, mit dem anzuschauen . Das haben wir in den parlamentarischen wir uns im Bereich der Klimaforschung beschäftigen . Beratungen auch gemacht, und nach intensiven Gesprä- Die Bandbreite ist da sehr groß . Politisch verstehe ich chen, auch mit der Bundesregierung, haben wir uns auf dieses Signal, ehrlich gesagt, nicht . Ich halte es absolut einige wichtige Änderungen geeinigt . für einen Fehler . Um es in Zahlen zusammenzufassen: Wir steigern (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) den Haushalt für Bildung und Forschung noch einmal Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13585

Swen Schulz (Spandau) (A) um über 16 Millionen Euro – bis 2018 werden es sogar Euro mehr sein . Das ist ein starkes Bekenntnis zur beruf- (C) über 100 Millionen Euro sein –, wir mobilisieren rund lichen Bildung . 55 Millionen an Ausgaberesten aus EU-Programmen – (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten bis 2018 sind es dann etwa 130 Millionen Euro –, und der CDU/CSU) wir verteilen rund 90 Millionen Euro neu und setzen da- mit Akzente in der Bildungs- und Forschungspolitik für Drittes Thema: Akademische Bildung . Natürlich ha- Deutschland . ben wir uns auch darum gekümmert . Der Deutsche Aka- demische Austauschdienst und die Alexander-von-Hum- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten boldt-Stiftung erhalten 7 Millionen Euro mehr, als im der CDU/CSU) Regierungsentwurf vorgesehen . Nun ist das für einen Haushälter wie mich immer so (Beifall der Abg . Dr . [SPD] eine Sache; denn über die fachliche Expertise verfügt und Dr .Claudia Lücking-Michel [CDU/CSU]) schließlich in erster Linie der Ausschuss für Bildung und Forschung . Wir haben ein klares Zeichen für die Begabtenförde- rung gesetzt . Die Förderwerke erhalten 4,5 Millionen (Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der Euro zusätzlich für die Erhöhung der Promotionsförde- SPD sowie des Abg . Albert Rupprecht [CDU/ rung . Ab 2017, wenn wieder volle Jahreswirkung erzielt CSU] – Dr .Ernst Dieter Rossmann [SPD]: wird, sind das dann sogar 13 Millionen Euro mehr . Das Sehr gute Haltung!) ist ein großer Fortschritt für die Unterstützung des wis- senschaftlichen Nachwuchses . Wir im Haushaltsausschuss verstehen uns als Dienstleis- ter (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Viertes Thema: Wissenschaft . Wir haben den Titel „In- Swen Schulz lernt! Super! – René Röspel novationsförderung in den neuen Ländern“ um 10 Milli- [SPD]: Bravo!) onen Euro gestärkt . und erfüllen nach Kräften die Wünsche des Fachaus- (Dr . [SPD]: Richtig!) schusses, manchmal sogar seine geheimen Wünsche, die Wir wollen ganz bewusst schauen, was wir aus diesem er gar nicht ausformuliert hat . im Osten erfolgreichen Programm in strukturschwache Gebiete in Westdeutschland transferieren können . Das ist (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und ein guter und wichtiger Ansatz . (B) der CDU/CSU) (D) Wir haben einen Schwerpunkt bei den Geistes- und Was also haben wir im Haushaltsausschuss im Einzel- Sozialwissenschaften gelegt mit ebenfalls 10 Millio- nen beschlossen und legen es hier dem Deutschen Bun- nen Euro mehr . Die zusätzlichen Mittel sehen wir vor destag in Gänze vor? für die Migrations- und Integrationsforschung, für die sogenannten kleinen Fächer, für die Friedens- und Kon- Erstes Thema: Alphabetisierung . Wir wissen um die fliktforschung fehlende Grundbildung von vielen Menschen in Deutsch- land, ganz und gar nicht nur bei Migranten . Die Alpha- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) betisierung ist ein Schwerpunkt dieser Koalition . Wir haben darum 3 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung und für die Digitalisierung .– Ich wusste, wen das freuen gestellt, weil Lesen, Schreiben und Rechnen Grundvo­ wird . – Uns sind die Geistes- und Sozialwissenschaften raussetzungen für Teilhabe in der Gesellschaft sind und wichtig . Wir wissen zwar, dass die Ingenieurs- und Na- wir die Menschen unterstützen und stärken wollen . turwissenschaften von großer Bedeutung sind; (Michaela Noll [CDU/CSU]: Von sehr gro- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ßer! Davon haben wir zu wenig!) der CDU/CSU) aber es ist eben auch klar, dass wir die gesellschaftlichen Zweites Thema: Berufliche Bildung. Die ist uns ge- Probleme nur lösen können, wenn wir die Menschen und nauso wichtig wie die akademische Bildung . Darum die Gesellschaft in den Blick nehmen . Technologie allei- wollen wir im nächsten Jahr nicht nur das BAföG für ne genügt nicht . Schüler und Studierende anheben, sondern auch das Meister-BAföG . (Beifall bei der SPD – Michaela Noll [CDU/ CSU]: Aber dringend notwendig ist sie trotz- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne- dem!) ten der CDU/CSU – Albert Rupprecht [CDU/ CSU]: Das war ein guter Vorschlag meiner Wir geben den Geistes- und Sozialwissenschaften einen Fraktion!) ordentlichen Schub . Ich glaube, das ist eine wirklich gute Nachricht für die Wissenschaftslandschaft insgesamt . In dem Regierungsentwurf wurden dafür bereits 11 Mil- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) lionen Euro zusätzlich vorgesehen, aber wir legen noch einmal weitere 14 Millionen Euro drauf . In voller Jahres- Wir haben noch einige weitere Veränderungen vor- wirkung ab 2017 werden es dann insgesamt 70 Millionen genommen, auf die ich aus Zeitgründen hier nicht näher 13586 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Swen Schulz (Spandau) (A) eingehen kann; die Kollegin Hübinger hat schon einiges auch nicht zulasten Studierender, Ekin; ich erkläre dir (C) dazu gesagt . das gerne im Nachgang noch einmal .

Ich möchte auf mein fünftes Thema zu sprechen kom- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Ekin men: Maßnahmen für Geflüchtete. Darüber haben wir Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, selbstverständlich schon in der ersten Lesung hier im Swen! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE Deutschen Bundestag gesprochen, und auch in den parla- GRÜNEN]: Das nennt man oberlehrerhaft!) mentarischen Haushaltsberatungen haben wir uns inten- siv damit befasst . Im Ergebnis stellen wir über 100 Milli- – Es war nachgerade unfair und unredlich, wie du das onen Euro für die Bildung von Geflüchteten bereit. Dabei hier dargestellt hast; als ob wir Studienplätze kürzen handelt es sich um einen ganzen Strauß von Maßnahmen: würden . Das ist nicht der Fall . Alphabetisierung, kulturelle Bildung, berufliche Bil- dung, Übergang in den Beruf, bessere Koordination der (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Bildungsangebote, Qualifizierung von Lernbegleitern, Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: studentische Maßnahmen, Feststellung der Studierfähig- Wann bist du denn zum Oberlehrer mutiert? keit, Studienkollegs und anderes mehr . Bislang warst du ja sympathisch!) Nun wird immer wieder gesagt, dass so viel für die Kritik sollte sachlich vorgetragen werden, auch von der Geflüchteten gemacht werde und so wenig für - diejeni Opposition . – Drittens haben wir die globale Minder- gen, die bereits hier sind . ausgabe maßvoll erhöht . Sie liegt immer noch mehr als (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 170 Millionen Euro unter dem Ansatz von 2015 . Viertens NEN]: Das sagt nur die CSU!) haben wir über 16 Millionen Euro draufgepackt .

Das ist nicht der Fall . Denn erstens unternehmen wir zwar Abschließend will ich nicht verhehlen, dass in dieser erhebliche Anstrengungen für Geflüchtete; gemessen an Koalition unterschiedliche Ideen vertreten werden . den Gesamtausgaben ist der Anteil aber eher gering, und auch bei den vorgenommenen Änderungen des Haus- (René Röspel [SPD]: Das ist auch gut so!) haltsentwurfs hatten wir nicht nur Geflüchtete, sondern die ganze Breite der Bildung und Forschung im Blick, Wir sind eben unterschiedliche Parteien mit unterschied- von der Alphabetisierung bis zur Innovationsförderung; lichen Vorstellungen, und das ist ja auch gut so . ich habe das schon ausgeführt . Zweitens ist es doch ge- rade Aufgabe der Bildungspolitik, allen Menschen, die (Dr . Daniela De Ridder [SPD]: Und das soll (B) hier sind, gute Angebote zu machen . Denn was wäre die auch so bleiben!) (D) Alternative? Den Geflüchteten zu sagen: „Ihr bekommt keine Bildung“? Was wäre die Folge? Die Geflüchteten Wir von der SPD haben noch sehr viel weitreichendere müssten länger von der Gemeinschaft finanziert werden, Pläne, die wir gerne im Rahmen einer nationalen Bil- könnten keinen eigenen Beitrag leisten . Die Kinder und dungsallianz realisieren würden . Wir wollen die Aufhe- ihre Eltern würden abgehängt, anstatt befähigt, sich hier bung des Kooperationsverbotes und ein neues Ganztags- einzubringen .– Nein, das ist für uns keine Option . Die- schulprogramm mit erheblich mehr Schulsozialarbeit, jenigen, die hier in Deutschland ankommen, müssen und um nur einige Stichworte zu nennen . sollen ein gutes Bildungs- und Integrationsangebot be- kommen – in ihrem Interesse und in unser aller Interesse . (Beifall bei der SPD – Dr . Karamba Diaby [SPD]: Das wollen wir! – Özcan Mutlu (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das reicht der CDU/CSU) vorne und hinten nicht!) Wir müssen ehrlicherweise dazusagen: Ob das, was wir in den Haushaltsplan geschrieben haben, ausreicht, Aber in einer Koalition geht es gerade in den Haushalts- werden wir im Laufe des Jahres 2016 sehen . beratungen immer nur so weit, wie es gemeinsam geht . Im gegebenen Rahmen haben wir einen guten Haushalt (René Röspel [SPD]: Sehr wahr!) zur Abstimmung vorgelegt .

Gegebenenfalls müssen wir nachsteuern; aber dazu sind Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte wir in der Lage und auch bereit . mich zum Abschluss als Hauptberichterstatter ganz herz- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) lich bedanken bei meinen Mitberichterstattern, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums und Bei allen Änderungen haben wir den Haushalt insge- der gesamten Bundesregierung, bei den vielen Mitarbei- samt im Gleichgewicht gehalten, indem wir erstens Mit- terinnen und Mitarbeitern der Abgeordneten, des Bun- tel, die nicht benötigt werden, klug umgeschichtet haben . destages und der Fraktionen . Es war eine sehr intensive, Das betrifft das Forschungsschiff „Polarstern“, Ekin; sehr interessante und am Ende sehr erfolgreiche Haus- denn mindestens 20 Millionen Euro der im Regierungs- haltsberatung . entwurf vorgesehenen Mittel können nicht abgerufen werden . Zweitens nutzen wir Ausgabereste aus EU-Mit- Herzlichen Dank . teln und von der Programmpauschale des Hochschulpak- tes . Das geht nicht zulasten geplanter Maßnahmen und (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13587

(A) Vizepräsidentin Claudia Roth: Raten Sie einmal, wie viele Zweijährige in Deutschland (C) Vielen Dank, Swen Schulz .– Nächste Rednerin in der in Kindereinrichtungen gehen! Es sind 59 Prozent . Debatte: Ministerin Dr .Johanna Wanka für die Bundes- (René Röspel [SPD]: Die Widerstände waren regierung . ja auch groß vor zehn Jahren!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Diese Dinge haben sich in den letzten Jahren grundle- ordneten der SPD) gend verändert . Natürlich betrifft das auch die Bildungsausgaben . Jetzt Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung werden Sie vielleicht morgen in der Zeitung lesen, dass und Forschung: die Bildungsausgaben in Deutschland unter dem OECD- Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Schnitt liegen . Das bezieht sich aber nur auf die Gesamt- Herren! Wir hatten heute früh eine Pressekonferenz zu menge, nicht auf die Ausgaben pro Schüler, pro Kitakind, dem Thema, das jedes Jahr einmal kommt: der OECD-Be- pro Person im Tertiärbereich, in der Berufsschule oder an richt „Bildung auf einen Blick“ . Ich kann mich genau er- der Hochschule . Immer wenn es um die Personen geht, innern, was uns 2005 – damals war ich KMK-Präsidentin also wie viel wir für ein Kind in der vierten Klasse aus- und Frau Bulmahn war Bundesbildungsministerin, und geben, wie viel wir für einen Studenten ausgeben, liegen ich weiß noch, wie wir beide da saßen – ins Stamm- wir konsequent über dem OECD-Durchschnitt . Wir sind buch geschrieben wurde und was wir uns damals an zum da wesentlich besser, zum Teil erheblich besser . Die Zah- Teil auch wirklich berechtigter Kritik anhören mussten . len für die Kinder im Elementarbereich liegen bei uns Das war ein großer Unterschied zu dem, was heute im pro Kind im Schnitt bei 9 400 Euro, Dollar; ist ja egal . OECD-Bericht steht . Im aktuellen OECD-Bericht hat un- (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ser Land wirklich hervorragende Ergebnisse . Es ist nicht NEN]: Das ist nicht egal! Das ist ein kleiner einfach, diese Standards zu halten . Unterschied!) Ich will nur zwei, drei Dinge nennen . Zum einen bele- – Das ist eigentlich nicht egal, aber hier geht es ja um die gen wir im Tertiärbereich, also bei den höheren Qualifi- Vergleichszahlen .– Das sind 2 300 Dollar mehr als in kationen, einen Spitzenplatz . Dabei geht es nicht nur um allen anderen Ländern; die Größenordnungen sind also Studierende, sondern auch um Meister, Erzieherinnen erheblich . etc . Beim Bereich Ingenieure, MINT haben wir jahrelang (Beifall bei der CDU/CSU) geklagt . Jetzt kommt bei uns ein Drittel aller Absolven- ten im Hochschulbereich aus einem entsprechenden Stu- Wenn wir uns das anschauen, dann sehen wir, dass das (B) diengang . Wie ist es im OECD-Durchschnitt? Da sind es natürlich Dinge sind, die Länder, Bund und Kommunen (D) 23 Prozent . Bei uns sind es also etwa 10 Prozent mehr . betreffen: Schulbildung, Kitabildung . Aber wenn man Das betrifft nicht nur die Absolventen . Auch wenn man sich die Ausgaben anschaut, dann sieht man, dass es die sich die Anfängerquoten anschaut, sieht man, dass wir Milliarden sind, die der Bund in den letzten Jahren zu- dort deutlich über dem OECD-Durchschnitt liegen . Im sätzlich in das System als frisches Geld hineingegeben OECD-Durchschnitt fängt jeder Vierte in solch einem hat, die den Unterschied bewirken . Fach an, bei uns sind es fast 40 Prozent . Das heißt, wir sind stabil und haben in den letzten Jahren etwas erreicht, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- was für die Zukunft Deutschlands, für Industrie 4 0. und ordneten der SPD) anderes außerordentlich wichtig ist . Frau Deligöz, Sie sagen: Für zehn Jahre 1 Milliarde Euro pro Jahr, dann kann man endlich etwas machen .– (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Wir haben in dieser Großen Koalition beschlossen, auf ordneten der SPD) unbeschränkte Zeit jedes Jahr 1,2 Milliarden Euro in die Ich glaube, man muss hier gar nicht ausführen, wie Bundesländer zu geben . Das Geld muss nur eingesetzt es um die Jugendarbeitslosigkeit steht . Wir sehen, wie werden . das in Ländern mit einem hohen Akademikeranteil ist, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- in denen alle studieren wollen, zum Beispiel in Spanien . neten der SPD – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/ Die Zahlen kennen Sie . Sie wissen auch, wie es bei uns DIE GRÜNEN]: Wofür soll es denn noch alles ist . Das heißt, das, was wir jahrelang nicht nur gepredigt, eingesetzt werden?) sondern auch getan haben – duale Ausbildung und aka- demische Ausbildung –, trägt jetzt Früchte und wird auch Ich habe bei der Einbringung des Haushalts im Sep- im Vergleich mit Ländern wie Japan und allen anderen tember die Summen genannt . Jetzt sind wir bei 16,4 Mil- anerkannt und akzeptiert . liarden Euro . Ich habe erklärt, was mir als zentrales The- ma wichtig ist: Chancen für alle, Bildungsgerechtigkeit . Ein Punkt, dessen Entwicklung ich selbst vor sie- Dies habe ich anhand verschiedener Themen ausgeführt . ben oder acht Jahren nicht geglaubt hätte, betrifft die Das will ich heute nicht wiederholen; man kann es ja frühkindliche Bildung . Wir wussten schon im letzten nachlesen . Nur zu einem Thema: Bezüglich der Mittel Jahr, dass bei uns wesentlich mehr Drei- und Vierjäh- für Alphabetisierung, Herr Schulz, bin ich froh . Denn rige in Kindereinrichtungen gehen als in den anderen Anfang dieses Jahrtausends gab es Jahre, in denen die OECD-Staaten . Jetzt ist dies erstmals für die Zweijähri- Mittel für Alphabetisierung weniger als 100 000 Euro in gen erhoben worden . Die sind ja wirklich noch sehr klein . einem ganzen Jahr betrugen . Jetzt stellen wir über zehn 13588 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Bundesministerin Dr. Johanna Wanka (A) Jahre 180 Millionen Euro zur Verfügung und 3 Millionen sofort aufgegriffen und im Haushalt eindeutige Prioritä- (C) Euro mehr im nächsten Jahr . Auch das ist okay . ten gesetzt . (Abg . Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) NEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage) Ich möchte jetzt nicht alle Aspekte im Zusammen- Was wir aber brauchen, ist, dass andere mitziehen, hang mit Bildungsgerechtigkeit im Einzelnen deklinie- dass die Länder mitziehen und nicht nur der Bund hier ren . Dazu gehören zum Beispiel BAföG, Anerkennungs- 180 Millionen Euro investiert . gesetz, Deutschlandstipendium und Begabtenförderung . (Beifall bei der CDU/CSU) Manches davon wurde schon angesprochen . Zum Hochschulpakt . Frau Deligöz, Sie sprachen die Vizepräsidentin Claudia Roth: 13 Millionen Euro an . Sie wissen es aber besser . In den Frau Dr .W anka, erlauben Sie eine Zwischenfrage Hochschulpakt fließen jetzt 370 Millionen Euro mehr. oder ‑bemerkung? Auch die genannten 13 Millionen Euro stehen zur Verfü- gung . Wie viel Geld haben Sie denn in Ihrer Regierungs- zeit für mehr Studienplätze ausgegeben? 0 Euro! Und Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung dann gehen Sie so mit Millionen um! und Forschung: Nein, ich würde gern erst einmal meine Rede zu Ende (Beifall bei der CDU/CSU – Ekin Deligöz halten . [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das lag an der SPD! Es ist übrigens schon verdammt lange her, dass wir regiert haben! – Özcan Vizepräsidentin Claudia Roth: Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Alles klar, gut . müssen Sie der SPD sagen!)

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung Ich möchte heute etwas zur Forschungsförderung sa- und Forschung: gen – das Thema Bildungsgerechtigkeit hatten wir schon; Was wir brauchen, ist ein verbesserter Übergang von jetzt geht es also um die Forschungsförderung –: Es gibt der Schule in den Beruf, auch wenn die OECD heute die EFI, Herr Claus . Das ist die Expertenkommission mitgeteilt hat, dass er in Deutschland bereits exzellent Forschung und Innovation . Dieser Bundestag hat be- ist . Wir haben eine individuelle und eine präventive schlossen, dass es eine solche Kommission geben und Bildungsberatung, weil wir noch längst nicht zufrieden diese jährlich begutachten soll: Wie ist die Situation in Deutschland insgesamt? (B) sind . Das haben wir – so viel zum Thema Gerechtigkeit – (D) auch gegenüber den Bundesländern als Grund angege- (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ben, warum wir dafür Geld zur Verfügung stellen . Wir NEN]: Wer war damals Ministerin? – Gegen- wollen nämlich, dass Bildungsberatung auch an Gymna- ruf des Abg . René Röspel [SPD]: Das war sien erfolgt . Die ersten Verträge – mit Hessen und mit übrigens unter der rot-grünen Koalition! – Ge- Hamburg – sind fertig; sie liegen bereits auf dem Tisch . genruf der Abg . Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/ Alle anderen Länder reden darüber . Das ist ein wichti- DIE GRÜNEN]: Die Kritik ging aber auch an ger Schritt, der uns in Deutschland bei der Lösung des euch, Leute!) Matching-Problems langfristig enorm helfen wird . Schwerpunkt war in diesem Jahr die Hightech-Strategie . (Beifall bei der CDU/CSU) Natürlich werden viele Punkte evaluiert, nicht nur Diese Maßnahme wird auch den jungen Flüchtlingen von der EFI . Im Bereich der Landwirtschaft kann man zugutekommen . Sie können diese etablierten Instrumen- vielleicht sagen: Es geht um die und die Hektarerträge .– te nutzen . Wenn sie in die Schule gehen, erhalten sie ganz Evaluation im Forschungsbereich heißt aber, dass man automatisch eine Bildungsberatung . Wir wollen mit den eben nicht vorher sagt: Ihr müsst das und das herausbe- 20 Millionen Euro – ich bin sehr dankbar, dass sie drauf- kommen . – Wenn wir hier keine Freiheit zulassen, dann gelegt werden, und zwar den Plafond erhöhend – im Rah- sind wir die Allerletzten . Wenn wir in einem bestimmten men eines Programms zielgenau mehrere Maßnahmen Themenbereich Forschungsförderung betreiben, dann ergreifen, die dazu führen sollen, dass junge Flüchtlinge dürfen wir das Ergebnis nicht vorwegnehmen . Wir müs- wirklich eine Chance in Deutschland haben . sen die Ziele nennen, also sagen, was wir wollen, und Es geht uns aber nicht nur um die jungen Flüchtlinge, wir müssen einkalkulieren, dass es auch einmal einen sondern auch um schwer vermittelbare Jugendliche, die Misserfolg geben kann; das ist völlig klar . Ich glaube, es bereits hier leben . Außerdem wollen wir die Wirtschaft, gibt kein Ressort, das so viele Evaluationen durch Dritte, vor allen Dingen die kleinen und kleinsten Betriebe, die durch internationale Wissenschaftler durchführen lässt, in den letzten Jahren nie die Chance hatten, Lehrlinge zu wie das in unserem Bereich der Fall ist . Auch der Bun- bekommen, entlasten . Das, glaube ich, ist wegweisend desrechnungshof sieht das zum Teil so . dafür, wie man sinnvoll vorgeht . Es geht nicht nur darum, (Beifall bei der CDU/CSU) zu sagen: Wir brauchen die oder die Summen .– Aller- dings sind die Summen, die wir für den Flüchtlingsbe- Zur Klimaforschung . Wir kürzen in diesem Bereich reich ausgeben – Herr Schulz hat das dankenswerterwei- 0 Euro, also überhaupt nicht . Beim Schiff „Polarstern“ se gesagt –, wirklich beachtlich . Dieses Thema haben wir verzögert sich die Planung; das betrifft die 20 Millionen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13589

Bundesministerin Dr. Johanna Wanka (A) Euro im Investitionsteil . Ich will jetzt nicht wieder auf Möglichkeit haben, das, was sie sich vorstellen, an vor- (C) Ihrer Regierungszeit herumhacken . handenen Testplätzen zu testen . (Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Machen Sie Deswegen haben wir ein neues Programm gestartet . doch ruhig!) Wir geben dem Mittelständler Geld, und er kann ent- scheiden, wo er seine Innovation testen lassen will – bei Aber ich glaube, im Hinblick auf den Klimaschutz bzw . einer Forschungsinstitution, bei einem Fraunhofer-Insti- für das, was wir im Pazifik und andernorts erforschen, ist tut, bei Siemens, Bosch oder woanders –, um Innovatio- es ganz zentral, die Forschungsflotte zu erneuern. nen in der Breite anzuregen und die Schwellenangst zu (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nehmen . Das muss uns in Deutschland gelingen . NEN]: Ja, ja! Wenn Hunde bellen!) Ich glaube, Industrie 4 0,. also „Ergebnisse auf den Kein Wort wird über die Kopernikus-Projekte verlo- Hallenboden bringen“, „Arbeitswelt von morgen“ usw ,. ren . Diese Initiative ist auf zehn Jahre angelegt . Es geht das sind Zukunftsthemen . Das ist das, was unser Land dabei um Energieforschung in vier großen Themenbe- braucht, was unser Land ausmacht . reichen, mit klarer Prioritätensetzung und mit einem (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Volumen von Hunderten von Millionen Euro . Das ist ordneten der SPD) natürlich auch Klimaforschung . Sie können Erneuerbare hoch- und runterdeklinieren . Aber keiner weiß, wie ein Ein letzter Punkt aus dem breiten Förderstrauß, den Energienetz in Deutschland aussehen kann, wenn 80 Pro- wir in diesem Ministerium verantworten, ist das Förder- zent der Energie aus Erneuerbaren kommen . Dafür brau- konzept Medizininformatik . Auf der einen Seite haben chen wir Forschung, und wir haben sie angestoßen . Das wir riesige Datenmengen in der Krankenversorgung, auf ist perspektivisch ganz entscheidend, und dafür wollen der anderen Seite gibt es Forschungsprojekte . Die Daten wir auch einmal gelobt werden . kommen aber nicht zusammen . Dieses Förderkonzept Medizininformatik, das erst einmal mit 100 Millionen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Euro ausgestattet wurde, orientiert sich sehr stark an den ordneten der SPD) Unikliniken, die aber andere mit ins Boot nehmen . Hier Letzte Woche fand der IT-Gipfel statt . Zentrales Thema sind Versorgung und Forschung ja sozusagen in einer war natürlich die Cybersicherheit, also die Sicherheit im Hand . Durch dieses Konzept besteht die Möglichkeit, Netz, die Sicherheit vor Angriffen . Die drei Kompetenz- wirklich wichtige Erkenntnisse für die einzelnen Patien- zentren zur IT-Sicherheitsforschung in Darmstadt, Saar- ten zu gewinnen . brücken und Karlsruhe, die vom Bund initiiert wurden, Der nächste Schritt wäre dann natürlich, dass man sind gerade international evaluiert worden, Frau Deligöz . (B) es, wenn es funktioniert – eine Voraussetzung dafür ist (D) Sie sind im EU-Bereich, also international, ausgezeich- die Vergleichbarkeit der einzelnen Datensysteme –, auf net worden und so gut, dass wir sagen konnten: Das wird das gesamte Bundesgebiet ausweitet . Das ist nicht mit in den nächsten Jahren fortgesetzt .– Die in den Haushalt 100 Millionen Euro zu bewältigen und dann auch keine dafür eingestellte Summe wird nicht nur verdoppelt . Fast Aufgabe, die dieses Ressort alleine zu bewältigen hat, 40 Millionen Euro stellen wir jetzt für diesen Bereich zur sondern hier müssen die Krankenversorger und andere Verfügung . Danach können wir entscheiden, ob wir ge- mitziehen . mäß Artikel 91 b des Grundgesetzes handeln oder anders vorgehen und das langfristig machen . Ich habe es selten erlebt, dass Forscher mit einem Konzept sehr zufrieden sind – sie haben immer noch Die Software zum Beispiel, die in Darmstadt entwi- Wünsche –, aber hier wurde unisono von allen, die ich ckelt wird, bietet Lösungen, die auf der ganzen Welt von im Medizin- und im Hightechbereich kenne – und ich Interesse sind . Ich denke zum Beispiel an die Beseitigung kenne eine Menge –, gesagt: Das ist ein Programm, das von Trojanern oder anderen Viren auf Smartphones . Hier punktgenau gebraucht wird . Die Idee dazu wurde gera- gibt es handfeste Lösungen, die sofort zur Verfügung ste- de auch auf Drängen unserer Fraktion geboren, und die hen . Entwicklung dieses Konzepts war auch die Leistung der Ich komme zu Industrie 4 0. . Ich glaube, dass unser Mitarbeiter meines Hauses . Ressort hier der Treiber ist . Ich glaube, wir können aufgrund all dieser Punkte sa- (Beifall bei der CDU/CSU) gen, dass es uns nicht nur mit den Haushalten der letzten Jahre, sondern auch mit diesem Haushalt gelungen ist, Wir konzentrieren uns dabei keinesfalls nur auf die tech- im Bereich Bildung und Forschung Zeichen zu setzen . nologische Forschung . Diese gibt es aber natürlich . Ich Damit haben wir ein Fundament für das gesellschaftli- denke zum Beispiel an die Interaktion von Mensch und che und soziale Miteinander in diesem Land und auch für Maschine . Dieses und andere Themen werden bearbeitet, sozialen Wohlstand gelegt, sodass wir auch in der Lage aber es muss auch um Maßnahmen gehen, die sehr stark sind, Flüchtlinge gut aufzunehmen und zu versorgen . Mit am Mittelstand orientiert sind . dem Haushalt des BMBF geben wir für diesen Aufgaben- Das Wirtschaftsministerium hat jetzt fünf Mittel- bereich ehrliche und sehr tragfähige Antworten . stand-4 0-Kompetenzzentren. gestartet . Wir möchten, Danke schön . dass die Mittelständler, wenn sie eine Idee haben und sich trauen, diese auch umzusetzen, keine Investitionen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- in ihre eigene Firma realisieren müssen, sondern die ordneten der SPD) 13590 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

(A) Vizepräsidentin Claudia Roth: Die Hochschulen ersetzen festangestellte Dozenten (C) Vielen Dank, Dr .W anka .– Nächster Redner in der durch Lehrbeauftragte, die nur 500 Euro pro Lehrveran- Debatte: Ralph Lenkert für die Linke . staltung im Semester erhalten . (Beifall bei der LINKEN) (Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Unglaub- lich!) Ralph Lenkert (DIE LINKE): Ein Lehrbeauftragter, der sechs Veranstaltungen inklu- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kollegin- sive Vor- und Nachbereitung schafft, ist echt spitze und nen und Kollegen! Die positiven Mittelsteigerungen im bekommt dafür 3 000 Euro – im Halbjahr . Haushalt des Ministeriums für Bildung und Forschung wurden bereits umfassend gewürdigt . Mehr Geld für (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Darum Bildung, Hochschulen und Forschung ist auch zwingend soll sich Ramelow kümmern!) notwendig . Das ist Hartz-IV-Niveau . Diese Zustände sind menschen- Wir kennen doch die Realität in Deutschland: Schul- gemacht und kein Naturgesetz . Also nehmen Sie die zu- gebäude sind so mies wie die Kommunalhaushalte, sätzlich eingestellten Mittel in Höhe von 1,7 Milliarden Hochschulen sind überfüllt, und deren Ausstattung hängt Euro für den Hochschulpakt in die Hand: für zusätzliche von Drittmitteln oder dem Glück bei Exzellenzinitiativen Dauerstellen in Lehre und Forschung, für bessere materi- ab . elle Ausstattung und für eine bessere Grundfinanzierung an den Hochschulen . (Stephan Albani [CDU/CSU]: Oder von der Landesregierung!) (Beifall bei der LINKEN) Junge Wissenschaftler und Forscher müssen sich wegen Zu erfolgreichen Abschlüssen braucht es auch eine der mangelhaften Grundfinanzierung unserer Hochschu- materielle Mindestabsicherung für Auszubildende und len Studierende . Gerade für Kinder aus einkommensschwa- chen Familien bestehen in diesem Bereich riesige Hür- (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Die Län- den . Viele Abiturientinnen und Abiturienten verzichten der sind zuständig!) wegen des akuten Geldbedarfs ihrer Familien auf ein und aufgrund der fehlenden Stellen in Stellenplänen dem Studium oder können die Zusatzkosten einfach nicht Befristungswahnsinn nach Wissenschaftszeitvertragsge- aufbringen . Ein Fünftel der Studienabbrüche beruht auf setz unterwerfen . Problemen mit der Finanzierung . Ohne Ausbildung, ohne (B) Studium sieht die Zukunft junger Menschen schlecht aus . (D) Im Grundgesetz werden vergleichbare Lebensverhält- nisse in der gesamten Republik gefordert, auch in der Die entscheidenden Rohstoffe unseres Landes sind Bildung . Wissen und Bildung . So wie man im Bergbau in beste Anlagen investiert, so müssen wir in beste Bildung in- (Beifall bei der LINKEN) vestieren . Aber die Ausstattung der Schulen, Hochschulen und For- (Beifall bei der LINKEN – schungseinrichtungen hängt an Landeshaushalten [CDU/CSU]: Das tun wir doch!) (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Richtig! Das ist festgelegt, Herr Lenkert!) Gehen wir es an und investieren weitere 5,4 Milliarden Euro in unsere Jugend, in ein echtes BAföG-Programm oder an der Finanzkraft der Kommunen . Was kann ein und in ein Sonderprogramm Ausbildung . Natürlich Student für seine Herkunft, was kann ein Kind für seinen braucht es dafür Mehreinnahmen beim Bund . Höhere Wohnort? Nichts . Aber an Herkunft und Wohnort hän- Spitzensteuersätze, Wiedereinführung der Vermögen- gen die Bildungschancen und hängt die Zukunft eines steuer, Kindes . Ihre Exzellenzinitiativen verschärfen die Unter- schiede zwischen armen und reichen Bundesländern . Das (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Reichen- ist grundgesetzwidrig . steuer!) (Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der Einführung der Finanztransaktionsteuer und eine höhe- CDU/CSU: Oh!) re Körperschaftsteuer auf Helmut-Kohl-Niveau schaffen die finanziellen Spielräume. Freilich ist in diesem Haushalt für die Hochschulen mehr Geld vorgesehen . Reicht jedoch Ihr Ansatz aus? (Beifall bei der LINKEN) Leider nein . Die Studentenzahlen wachsen schneller als die Mittel für die Hochschulen . Die Mittel je Student sin- Übrigens finden sich auch in Ihrem Haushaltsentwurf ken mit diesem Haushalt erneut . Das ist falsch . Potenziale zur Umschichtung . (Beifall der Abg . [DIE LIN- (Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Aller- KE]) dings!) Das Verhältnis von Professorinnen und Professoren zu 48 Millionen Euro planen Sie für das Deutschlandstipen- Studentinnen und Studenten sackt in den Keller . dium ein . Fast ein Viertel des Geldes geht für die Bü- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13591

Ralph Lenkert (A) rokratie drauf . Lassen Sie das Deutschlandstipendium sowohl bei der ersten wie bei der zweiten Lesung spricht . (C) auslaufen, und stecken Sie das Geld lieber in das BAföG! Ich lasse Sie heute einfach einmal links liegen (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) SPD und der CDU/CSU – Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Ich habe bei der ersten Lesung nicht Oder warum zahlen Sie 73 Millionen Euro für die Er- geredet! Da war ich krank!) forschung der Auswirkungen der umstrittenen Fra- cking-Technologie? Fracking ist politisch tot und ein und wende mich dem zu, was wir in der Großen Koali- Irrweg für die Umwelt . tion zusammen erarbeitet haben und was nicht nur eine Vorgeschichte im Ministerium, sondern auch im Haus- (Beifall der Abg . Nicole Gohlke [DIE LIN- haltsausschuss hat . KE]) Ich danke dem Ministerium und den Mitgliedern des Lenken Sie das Geld zur Unterstützung der Hochschulen Haushaltsausschusses, dass sie diesen Haushalt noch in strukturschwachen Regionen um . so verfeinert bzw . weiter optimiert haben . Wir haben ja (Beifall bei der LINKEN) als Koalitionsfraktionen einen ersten Aufschlag im Par- lament gemacht . Mit dem haben wir uns nicht umsonst Im Haushalt 2016 stecken erneut Risiken für Bildung der beruflichen Bildung und der Gleichwertigkeit von und Forschung . Im Bildungsetat sind über 250 Millio- beruflicher und akademischer Bildung gewidmet. Wenn nen Euro als globale Minderausgabe vorgesehen . Diese das ernst gemeint war, müsste es eigentlich durch jedes Millionen haben also einen Sperrvermerk . Bei den Sper- Haushaltsjahr hindurch tragen . rungen der letzten Jahre waren die Klimaforschung, die Ich will dieses Ziel noch einmal in folgenden Zusam- Projektverbundforschung von Fachhochschulen mit For- menhang stellen: Natürlich entspricht es unserer Gesamt- schungseinrichtungen und die Ausbildung besonders hart philosophie, wenn sowohl die Unterstützung der High betroffen . Wiederholen Sie diesen Fehler nicht! Potentials im akademischen Bereich im Rahmen des (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Promotionsstipendiums als auch die Unterstützung der High Potentials im beruflichen Bereich im Rahmen des Wer im Bildungs- und Forschungshaushalt spart, ist wie Meister-BAföG verstärkt werden . ein Bauer, der minderwertiges Saatgut einsetzt . Er freut sich über das eingesparte Geld bis zur Ernte, die dann (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) mager ausfällt . Diese Gleichgewichtigkeit macht immer eine Erzäh- lung aus, nämlich die Erzählung, dass wir auch weiter- (B) Lassen Sie uns mehr für die Bildung investieren, wie (D) es die rot-rot-grüne Landesregierung in Thüringen macht, denken müssen und wir uns fragen müssen, was denn daraus folgt, wenn wir hervorragende Promovierende (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – haben, die sich ohne materielle Sorgen noch mehr auf Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Da ist den Gegenstand von Wissenschaft konzentrieren können . nichts! Da wird nichts mehr investiert!) Damit münden wir in ein Zehn-Jahres-Programm ein, das dem wissenschaftlichen Nachwuchs gewidmet ist – mit welche für Thüringer Schulen, Berufsschulen und Hoch- all den Wirkungen, die sich dann hoffentlich auch noch schulen 2016 190 Millionen Euro mehr einsetzt als die im Hinblick auf eine Qualifizierung an den Hochschulen unionsgeführte Vorgängerregierung 2014 . ergeben werden . Denn, Frau Ministerin, auch wenn uns (Beifall bei der LINKEN – Dr .Gesine Lötzsch die OECD bestätigt hat, dass manches gut ist: Die Ver- [DIE LINKE]: Das ist eine gute Sache!) ringerung der Abbruchquoten an den Hochschulen ist na- türlich eine gemeinsame Aufgabe . Sie sollten zumindest Von der Wichtigkeit von Bildung und Forschung wur- nicht so hoch bleiben . Es sollte da eine Angleichung an de hier genug geredet . Handeln Sie endlich! Geben Sie das Niveau der Abschlussquoten in der beruflichen Bil- zusätzliche Milliarden Euro für Bildung und Forschung! dung geben . Dann bekommt die Koalition sogar unsere Zustimmung . Ich will, dass wir unsere Anstrengungen fortsetzen . (Beifall bei der LINKEN – René Röspel Deshalb fördern wir die Aufstiegsfortbildung für die [SPD]: Das möchte ich ja mal erleben! Ab wie 170 000 Betroffenen, die sich jetzt darin befinden. Lei- viel Milliarden gilt das denn?) der sind das in der Mehrzahl keine Handwerksmeister, sondern Techniker und Fachwirte . Wenn wir aber auch Vizepräsidentin Claudia Roth: noch in höherem Maße die Handwerksmeister gewinnen Vielen Dank, Kollege Lenkert .– Nächster Redner ist könnten, würden wir auch dort eine zukunftsweisende Dr . Ernst Dieter Rossmann für die SPD . Linie aufzeigen; denn es ist absehbar, dass 200 000 Be- triebsnachfolger im handwerklichen Mittelstand gesucht (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten werden. Ohne eine qualifizierte Ausbildung verlieren wir der CDU/CUS) dort das Potenzial, aus dem dann wieder Lehrstellen – ich denke dabei an die duale Ausbildung sowie auch an die Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Qualifizierung im beruflichen Bereich – mit erwachsen können . Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lenkert, es ist manchmal nicht so gut, wenn man (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) 13592 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Dr. Ernst Dieter Rossmann (A) Die Erzählung soll also sein, dass in geschickter Weise an ckeln . Auch dies nimmt das Ministerium mit auf, indem (C) wichtigen strategischen Punkten so angesetzt wird, dass dort ehrenamtliche Helfer, Lernbegleiter und andere ge- es eine nachhaltige Wirkung gibt . fördert werden sollen . Um auf ein zweites Thema einzugehen: Wir brauchen Macht es eine Bildungsrepublik nicht erst aus, dass diese nachhaltige Wirkung auch, wenn wir verstärkt die große Chance – das ist eine Chance und keine Bedro- es ein Engagement gibt, und zwar nicht nur, weil man hung – nutzen wollen, diejenigen, die zu uns geflohen selbst ein Elternteil ist oder weil man dafür bezahlt wird, sind – Kinder und Jugendliche sowie junge Erwach- sondern weil man die Bildung als Zentrum einer demo- sene –, über unser Bildungssystem als gute deutsche kratisch-integrativen Kultur begreift und sich deshalb Staatsbürger in die Gesellschaft und in die Wirtschaft zu dafür engagiert? Eine Bildungsrepublik setzt auch eh- integrieren . Dieses setzt aber auch entsprechende Bil- renamtliches Engagement voraus, und die Chance in der dungsinvestitionen voraus . Flüchtlingsintegration besteht jetzt darin, dass es dann auch ausstrahlt und dass es bleibt . Das auch haushalte- Auch dazu kann wiederum gesagt werden, dass es hier eine Gleichgewichtigkeit geben muss . Schauen Sie risch mit unterstützt zu haben, ist genauso gut wie die auf die Veränderungen, die es im Haushalt gibt . Sie se- Tatsache, dass es sich im Gesamthaushalt und in der ge- hen dann, dass im Bereich der beruflichen Bildung von samten Politik dieser Bundesregierung abzeichnet, dass Potenzialanalysen bis KAUSA rund 20 Millionen Euro Bildungsfragen nicht allein an das Bildungsressort dele- draufgepackt wurden . Bei der akademischen Bildung giert werden . sieht es genauso aus . Es wurden an der Stelle auch wich- tige strategische Entscheidungen mit vorbereitet . Wenn es um das wichtige Element der Sprachförde- rung geht, dann finden Sie Maßnahmen im Familien- Frau Deligöz, ich muss jetzt auf Ihre Ausführungen ministerium, durch die denjenigen, die das Sprachni- noch einmal eingehen . Man kann ja viel kritisieren . Aber veau C1 erreichen wollen, eine entsprechende Förderung es ist doch gut, dass jetzt 13 Millionen Euro von den 2,5 Milliarden Euro, die für den Hochschulpakt vorge- zuteilwird. Sie finden das im Sozialministerium, in dem sehen sind, umgeschichtet worden sind; denn die DFG 180 Millionen Euro für berufsbezogene Sprachförderung konnte nicht genügend Projekte an den Hochschulen bereitgestellt worden sind. Sie finden das beim Innenmi- platzieren, sodass dort die zweite Säule des Hochschul- nisterium, wo der Ansatz verdoppelt worden ist, um über paktes, die Forschungspauschale, nicht gegriffen hat . In- die Integrationskurse Sprachinklusion betreiben zu kön- sofern ist es doch erst einmal gut, wenn Haushälter das nen. Und Sie finden das auch im Bildungsministerium. merken . Und zum Zweiten ist es gut, wenn das übrig ge- (B) bliebene Geld in ganz präzise funktionierende Projekte Damit ist die Sprachförderung eine Querschnittsauf- (D) übertragen wird . Natürlich war dies das Beste, was ge- gabe bzw . die Aufgabe des gesamten Kabinetts und der macht werden konnte . Mit dem Geld in gleicher Höhe, gesamten Regierung . Wer will das schelten? Es ist doch ungefähr 15 Millionen Euro, wurde ein Projekt beim wunderbar, dass dies langsam und schrittweise begriffen DAAD – ich nenne das Stichwort „Humboldt“ – entspre- wird und dass sich auch weitere Perspektiven abzeich- chend verstärkt . Was haben Sie da eigentlich zu kritisie- nen . Wir wissen nämlich, dass wir bei diesem Bildungs- ren? Das ist doch wunderbar . und Integrationsprogramm des Jahres 2016 nicht stehen (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) bleiben können . Die Ministerin hat es schon angedeutet . Wir werden zusätzlich etwas in Bezug auf berufliche Bil- Es ist doch wunderbar, dass diese 13 Millionen Euro aus dung und auf Schulbegleitung tun müssen . Wenn es um den 2,5 Milliarden Euro für den Hochschulpakt zielge- die beiden Lernorte Schule und Ausbildungsbetrieb geht, richtet eingesetzt wurden . sollte es neben dem Bildungsassistenten vielleicht auch Ich könnte noch etwas anderes anführen . Auch die Einstiegsassistenten oder Integrationsassistenten geben . Frau Ministerin hat schon an anderer Stelle mit angespro- Wir werben jedenfalls darum . chen, dass es eine großartige Bewegung an den Hoch- schulen ist, wenn sich Studierende für Studenten, die zu Letzen Endes soll es um das gute Ergebnis gehen . Ob uns geflohen sind, einsetzen. Auch das findet sich in den das unter dem Stichwort „Aufhebung des Kooperations- Haushaltsanträgen wieder . Es sind 4 Millionen Euro für verbotes“, „Nationale Bildungsallianz“ oder „Gemein- Refugee-Unterstützung an den Hochschulen vorgesehen . schaftsaufgabe Bildung“ läuft oder als Fachprogramm, Ich meine, dass wir eine Integrationserzählung brau- wie es jetzt von der CDU/CSU und ihrer Arbeitsgruppe chen . Wir brauchen eine Integrationserzählung, die be- vorgelegt worden ist, kann am Ende wichtig sein, aber es sagt: Wenn wir wirklich eine Bildungsrepublik sind, gibt ist nicht die entscheidende aktuelle Frage . Die entschei- es jetzt auch die Chance, das aktive Engagement vieler dende aktuelle Frage ist, ob wir im Haushalt 2017 und Bürger in der Bildungsförderung im Hinblick auf die Zu- 2018 eine nachhaltige Fortsetzung des Integrationsauf- wendung für Zugewanderte ehrenamtlich aufzunehmen, bruchs finden, die durch diesen Haushalt vorgezeichnet (Beifall bei Abgeordneten der SPD) ist . Darum werben wir . indem Bildung nicht an Profis delegiert wird, sondern in- Danke schön . dem sich diese Bürger selber bemühen und sich zu in der Bildungsintegration engagierten Persönlichkeiten entwi- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13593

(A) Vizepräsidentin Claudia Roth: schaue ich in die Reihen der SPD – muss thematisiert (C) Vielen Dank, Dr .Rossmann .– Der nächste Redner ist werden . Özcan Mutlu für Bündnis 90/Die Grünen . Zusätzliche finanzielle Mittel für die Bildung, um das (Uwe Schummer [CDU/CSU]: Mal gucken, nötige pädagogische Personal und die Schulplätze bereit- ob er uns lobt!) stellen zu können, müssen jetzt oberste Priorität haben . Mehr Sprachbildung, mehr psychologische Unterstüt- zung, mehr Inklusion und mehr Chancengleichheit, da- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Özcan Mutlu rauf kommt es an, auch wenn einige in den Reihen der Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Union nun sagen, das sei Blabla . Für uns ist das kein Herren! Kollege Rossmann, Bildungsrepublik schön und Blabla . gut, aber so etwas muss sich auch in einem Haushalt des Bundes abbilden . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Unser Bildungssystem ist im OECD-Vergleich unter- finanziert und steht bei der Bildungsgerechtigkeit trotz Wenn man sich Ihren Haushaltsentwurf anschaut, dann Verbesserungen – diese will ich gar nicht verhehlen – wird sehr schnell klar, dass Sie selbst hinter den von weltweit ganz unten . Wir sind weiterhin Weltmeister in Ihnen formulierten bildungspolitischen Ansprüchen zu- Bildungsungerechtigkeit . Auch das ist ein Ergebnis der rückbleiben . heute vorgestellten Studie „Bildung auf einen Blick“ . Wenn man sich vor Augen führt, vor welchen Heraus- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – forderungen unsere Bildungseinrichtungen stehen und Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Zu welchem welche Aufgaben sich dadurch ergeben, dass mehr als Haushalt reden Sie? Zu einem Rekordhaus- 500 000 geflüchtete Kinder und Jugendliche im schul- halt? Total das Thema verfehlt!) pflichtigen und ausbildungsnahen Alter in Deutschland angekommen sind, dann ist Ihr Haushalt nicht mehr als Sehr geehrte Frau Wanka, Sie sind vielleicht mit Mit- ein Tropfen auf den heißen Stein . telmaß zufrieden . Wir als Grüne sind es jedenfalls nicht . Unser Land als eines der reichsten Länder der Welt muss (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) auch Spitzenreiter bei den Investitionen in Bildung sein . An dieser Stelle möchte ich mit Ihrer Erlaubnis, Frau (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Präsidentin, unseren Bundespräsidenten zur Bildung der Geflüchteten zitieren: Zum Schluss . Kein Herz, kein Plan und kein Mut, so kann man Ihren Haushaltsentwurf in der Tat zusammen- (B) Die Aufgabe und die Verpflichtung, Chancenge- fassen . Das reicht uns nicht . (D) rechtigkeit in unserem Land sicherzustellen, werden uns schon deshalb dauerhaft begleiten, weil wir als (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Einwanderungsgesellschaft noch mehr … gefordert Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Das war die sein werden . schlechteste Rede, die Sie je gehalten haben!) Ich bin nicht immer einer Meinung mit Herrn Gauck .

Aber hierin stimme ich ihm ausdrücklich zu . Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Herr Kollege Mutlu . – Nächster Redner Ihr Haushaltsentwurf wird weder diesem Anspruch in der Debatte: Stephan Albani für die CDU/CSU-Frak- noch den Herausforderungen der Bildung im 21 .Jahr - tion . hundert gerecht . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ordneten der SPD) sowie des Abg . Ralph Lenkert [DIE LINKE]) Denn neben der dringenden Aufgabe, unsere Bildungsin- Stephan Albani (CDU/CSU): stitutionen fit für die Einwanderungsgesellschaft zu ma- Herzlichen Dank, Frau Präsidentin .– Liebe Kollegin- chen, müssen digitale Bildung, Inklusion und Schulso- nen und Kollegen! Es gibt noch genau fünf Besucher auf zialarbeit weiter vorankommen . Hier darf sich der Bund der Zuschauertribüne und vielleicht den einen oder ande- keinen schlanken Fuß erlauben . ren Zuhörer zu Hause . (Dr . Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: Das tun Henry Ford sagte einmal: „Die Wettbewerbsfähigkeit wir doch nicht, Herr Kollege!) eines Landes beginnt nicht in der Fabrikhalle oder im Forschungslabor . Sie beginnt im Klassenzimmer .“ – Das tun Sie . – Auch für den Bund muss Aufstieg durch Bildung und damit soziale Gerechtigkeit eine zentrale (Beifall des Abg . René Röspel [SPD]) Aufgabe sein . Für diese Aussage gibt es viele Belege . Die Wissenschaft Wir dürfen unsere Bildungseinrichtungen bei den würde die Aussage Fords insofern als eine gültige Hypo- zahlreichen wichtigen Herausforderungen nicht im Stich these anerkennen . Deshalb ist es wirtschaftlich sinnvoll lassen . Aber das tun Sie . Deshalb sagen wir als Grüne: und politisch allemal klug, dass wir die Investitionen in Wir brauchen viel mehr Investitionen in die Bildung . Vor die Bildungs- und Forschungslandschaft Deutschlands allem bedarf es einer stärkeren Kooperation zwischen für 2016 auf ein neues Rekordniveau heben . Seit Beginn Bund und Ländern . Auch das Kooperationsverbot – hier unserer Regierungsverantwortung erhöhten wir diese 13594 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Stephan Albani (A) von 7,6 Milliarden Euro im Jahr 2005 auf nunmehr rund Hier danke ich ganz besonders dem Kollegen Röspel, (C) 16,4 Milliarden Euro im Jahr 2016 . Das ist aus meiner dass wir das gut zusammen auf den Weg gebracht haben, Sicht alles andere als Mittelmaß . auch mit der Unterstützung von Anette Hübinger . Da die Ministerin eben in meine Richtung gezeigt hat, als sie (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- vom Drängen der Fachpolitiker sprach, möchte ich mich ordneten der SPD) explizit an dieser Stelle dafür bedanken, dass diesem Auch die Wissenschaft, vertreten durch das Deutsche Drängen auch nachgegeben wurde . Institut für Wirtschaftsforschung, DIW, bestätigt dies . Seit 2007 ist in Deutschland eine deutliche Steigerung (Beifall des Abg . René Röspel [SPD]) der Forschungsaktivitäten festzustellen . Dies hält bis Die Forschung ist insgesamt auf einem guten Weg, heute an . Anders als früher beteiligt sich heute der Bund und es gibt bereits vielversprechende Kandidaten für zu- deutlich stärker an den Forschungsinvestitionen . Dies be- künftige Impfstoffe und Heilmittel . So stieg die Zahl der zeichnet das DIW als den Politikwechsel, der wesentlich aussichtsreichen Medikamente von 350 in 2012 auf 500 dazu beigetragen hat, dass es Deutschland heute so gut in 2015 . Auf diesen Lorbeeren darf man sich aber nicht geht . ausruhen . Auch darf man den begonnenen Kampf gegen (Albert Rupprecht [CDU/CSU]: So ist es, die vernachlässigten Krankheiten nicht eindimensional Herr Mutlu!) sehen . Primär geht es um die Verbesserung des Lebens in den ärmsten Regionen dieser Welt . Wir wollen den Men- In diesem Sinne habe ich mit meinen Kolleginnen und schen in ihrer Heimat eine gute Gesundheitsversorgung Kollegen aus dem Ressort auch für das kommende Haus- ermöglichen und ihnen damit auch eine Perspektive in haltsjahr für einen weiteren Mittelaufwuchs gekämpft, ihrem eigenen Land bieten . Entsprechend ein gutes Le- und zwar mit Erfolg . Der Haushaltsausschuss beschloss ben zu fördern, das ist unser Ziel . in der vergangenen Sitzungswoche einen Etat, der die Regierungsvorlage nochmals um 50 Millionen Euro (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und übersteigt . Damit investieren wir weiter in Wirtschafts- der SPD) wachstum, Forschungs- und Entwicklungsleistung und Davon profitiert aber auch die Gesundheit der Men- damit auch in den kontinuierlichen Aufschwung auf dem schen hierzulande maßgeblich . In der globalisierten Welt Arbeitsmarkt . kehren einige längst überwunden geglaubte Krankheiten Um hier im Plenum noch einmal deutlich zu machen, zurück und können aufgrund fehlender diagnostischer wo die Akzente gesetzt werden, nenne ich unter anderem Mittel und Ausbildung nicht sofort erkannt werden . Zu- die zusätzlichen 20 Millionen Euro für Innovationen und nehmend entwickeln die Erreger von Infektionskrank- (B) Strukturentwicklungen in der beruflichen Bildung sowie heiten Resistenzen gegen einen oder mehrere Antibio- (D) die Verbesserungen beim Meister-BAföG mit 14 Millio- tikawirkstoffe . Resistenzen heißt an dieser Stelle, dass nen Euro . Das zeigt, dass ein Schwerpunkt auf der beruf- wir die Patienten auch hier vor Ort nicht mehr adäquat lichen Bildung liegt . behandeln können . Hiergegen müssen wir uns mit klar angelegter Forschung in den Gesundheitsbereichen – (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- dort wird eine Viertelmilliarde Euro investiert – für die ordneten der SPD) Zukunft wappnen . Des Weiteren haben die Förderung einer Initiative zur (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Ausbildung von IT-Sicherheitsexperten am Fraunho- fer-Institut und die Zuschüsse an deutsche Begabtenför- Ich betone daher bei jeder Gelegenheit, dass wir end- derwerke einen Zuwachs um 6 Millionen bzw . 4,5 Milli- lich verstehen müssen, dass die Ansteckungsgefahr nicht onen Euro erfahren . an Landesgrenzen endet . Die Weltgesundheit ist unser Was mich besonders freut, sind die zusätzlichen Mittel gemeinsames Gut . Wenn sie sich verschlechtert, betrifft für die Bekämpfung der vernachlässigten Krankheiten . dies jeden von uns – hier und überall . Daher ist es uns ein besonderes Anliegen, die Gesundheitsforschung (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) in Deutschland weiter zu unterstützen und zu fördern; denn – Zitat –: Dafür haben wir uns im vergangenen Sommer starkge- macht . Ich möchte vor dem Hintergrund der Ereignisse Was nützet mir der Erde Geld? Kein kranker Mensch in den letzten Wochen und Monaten hierauf noch einmal genießt die Welt! besonders eingehen . Unser Ansatz in der Bekämpfung der vernachlässigten und armutsassoziierten Krankheiten So hat schon Goethe pointiert gesagt . Dieser Erkennt- ist die Förderung der zugehörigen Gesundheitsforschung nis trug auch der G-7-Gipfel der Gesundheits- und For- mit besonderem Augenmerk auf die Produktentwick- schungsminister Rechnung . Wir haben nun die Aufgabe, lungspartnerschaften, auf Englisch: PDPs . Nach dem die entsprechenden Beschlüsse voranzutreiben, in Pro- Auslaufen der ersten Förderrunde in diesem Jahr wird es gramme umzusetzen und konkrete Aktionspläne zu ver- nun eine zweite Förderrunde für die PDPs in den kom- einbaren . menden fünf Jahren geben, in denen der Mitteleinsatz auf nunmehr insgesamt 50 Millionen Euro verdoppelt wird . Unsere Politik kann und muss also wichtige Impulse setzen . Wir können das, wie wir es mit der Schwerpunkt- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- setzung in diesem Haushalt erneut gezeigt haben . Wir ordneten der SPD) brauchen in Deutschland Wissenschaft und Forschung Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13595

Stephan Albani (A) auf höchstem Niveau . Das ist wichtig, was die Spitze an- Vizepräsidentin Claudia Roth: (C) geht, aber auch, was die Wirkung in der Breite angeht . Vielen Dank, Herr Kollege .– Nächste Rednerin: Genau deshalb haben wir gemeinsam mit der Bun- Beate Walter-Rosenheimer für Bündnis 90/Die Grünen . desregierung die Gesundheitsforschung nicht nur in den zurückliegenden Jahren weiter gestärkt . Dies ist nicht Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/DIE zuletzt ein wichtiges Signal für unsere Gesundheitswirt- GRÜNEN): schaft, die zusammen mit dem Gesundheitssystem in Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin- Deutschland einen erheblichen Wirtschaftsfaktor aus- nen und Kollegen! Liebe Gäste und Zuhörerinnen und macht . Mehr als 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes Zuhörer! Es gibt im aktuellen Haushalt der Bundesregie- werden dort erwirtschaftet . Für diese notwendigen Inno- rung so viele Versäumnisse, dass meine knappe Redezeit vationen in der Gesundheitswirtschaft haben die Akteure nicht ausreicht, sie alle namentlich zu nennen . Deshalb aus Wissenschaft und Wirtschaft bereits intensive An- möchte ich mich auf einen sehr aktuellen und wichtigen strengungen unternommen . Seite an Seite mit der öffent- Aspekt in der Flüchtlingspolitik beschränken . Er steht lichen Hand können sie die Zukunftsfähigkeit unseres exemplarisch dafür, dass in dieser Regierungskoalition Systems sichern . Selbstdarstellung manchmal offenbar mehr zählt als po- In Anbetracht dieser Herausforderungen haben wir litischer Gestaltungswille . den Auftrag, weiterhin konsequent einen integrierten Wir alle wissen, dass der Zugang zu Bildung der zen- Politikansatz zu verfolgen . Hier gibt es aus meiner Sicht trale Schlüssel zur Teilhabe von Flüchtlingen ist . Ich bin noch einiges zu tun; denn die Innovationen brauchen mir sogar ziemlich sicher, dass Sie mir alle zustimmen, durchschnittlich 14 Jahre, bis sie beim Patienten ankom- dass gerade die berufliche Bildung dabei ganz entschei- men . Hier muss Forschung noch deutlich mehr leisten . dend ist . Deshalb war ich sehr überrascht, als Sie, Frau Wir müssen in der Lage sein, dieses zu beschleunigen . Ministerin, vor einigen Wochen stolz Ihren neuesten Stellen Sie sich einen Patienten vor, der in einem Coup zum Nachtragshaushalt verkündeten: 130 Millio- Wissenschaftsmagazin liest, dass wir im Bereich der nen Euro möchten Sie für die Ausbildung und Bildung Forschung Mittel und Methoden, Medikamente und von jungen Flüchtlingen in den nächsten Jahren inves- Therapien gegen seine Erkrankung entwickelt haben . Er tieren . Das ist angesichts von Hunderttausenden jungen schöpft Hoffnung und muss dann erfahren, dass es nun Flüchtlingen, die allein dieses Jahr zu uns kommen, doch noch 10 bis 20 Jahre dauert, bis er von dieser Entwick- irgendwie ein schlechter Scherz . lung profitiert. Das muss sich ändern. Quer durch die Republik sind sich Bildungsexpertin- (B) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) nen und Bildungsexperten, Politikerinnen und Politiker, (D) Gewerkschafter und Arbeitgeber einig, dass der so drin- Unsere Investitionen in die Gesundheit der Menschen gend notwendige Ausbau von Sprachkursen, die Aufsto- müssen schneller Früchte tragen . Wir investieren in me- ckung von Lehrkräften und zusätzliche sozialpädago- dizinische Forschung und brauchen einen schnelleren gische und psychologische Betreuung viele Milliarden Transfer zum Nutzen der Patienten . Euro kosten werden . Entweder irrt die ganze Republik, Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, mit der Be- oder aber diese Republik hat eine Bildungsministerin, reitstellung weiterer Gelder wollen wir im kommenden die – verzeihen Sie bitte – in ihrem Elfenbeinturm tat- Jahr die Digitalisierung und den damit verbundenen di- sächlich glaubt, mit ein paar Millionen sei schon ein Bil- gitalen Wandel fördern . Auch dies ist ein wichtiger Im- dungsstaat zu machen . puls, nicht nur für die großen Unternehmen und einzelne (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Branchen, sondern gerade für den Mittelstand und annä- Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ hernd jeden Sektor unserer Volkswirtschaft . Wie wir mit CSU) der Digitalisierung unserer Gesellschaft umgehen, wird über die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutsch- Nein, jeder Euro, den wir heute in die Chancen von lands – hiermit begann ich – in der Zukunft wesentlich jungen Menschen investieren, ist eine gute Investition in entscheiden . die Zukunft . Ich fordere Sie deshalb auf: Lassen Sie uns nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen, Stich- Mit dem erneuten Aufwuchs der Mittel für Bildung wort „Gastarbeiter“ . Integration durch Bildung kann es und Forschung in Deutschland haben wir deutlich ge- nicht zum Nulltarif geben . Haben Sie den Mut, eine echte macht, dass wir mit unserer Politik diese Zukunftsfragen Bildungsoffensive für Flüchtlinge zu starten . anpacken . 16,4 Milliarden Euro – dies ist alles andere als Mittelmaß, Herr Mutlu –, investiert in Bildung, in Wer von Bildung und Integration spricht, der muss Forschung, in die Köpfe der Menschen, in die Ideen von auch mit Mut und Verstand über notwendige Investiti- morgen, das ermöglicht Zukunftschancen pur . Diesen onen in Milliardenhöhe sprechen . Trauen Sie sich doch Weg beschreiten wir, und diesen Weg werden wir auch einfach, das zu sagen . Das gilt übrigens auch für die konsequent weitergehen . Große Koalition . Ein Blick auf Ihren Änderungsantrag Herzlichen Dank . zum Titel „Innovationen und Strukturentwicklungen in der beruflichen Bildung“ zeigt leider, dass Innovation (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – nicht Ihre Stärke ist . Mit zusätzlich 20 Millionen Euro Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: sollen die Potenzialanalysen und die Beratungsstellen Gucken Sie sich die Studie einmal genau an!) für Flüchtlinge ausgebaut werden . Das ist wichtig, ja . 13596 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Beate Walter-Rosenheimer (A) Aber glauben Sie ernsthaft, dass das ausreicht, um junge lifizierungsmaßnahmen zur Integration von Geflüchteten (C) Flüchtlinge auf ihre berufliche Zukunft vorzubereiten? finanziell ab. Insgesamt fast 130 Millionen Euro – wir haben es schon gehört – werden hier bereitgestellt . (Dr . Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Nein, da wird auch noch mehr kommen müssen!) Mit rund 100 Millionen Euro wollen wir die Grund- bildung und die kulturelle Bildung unterstützen . Die Dass Innovation für Sie ein Fremdwort ist, zeigt mobilen Endgeräte wie Smartphones, die die meisten schließlich auch die fehlende Ausbildungsgarantie, auf Flüchtlinge besitzen, bieten hierbei die große Chance, die wir immer noch vergeblich warten . Stattdessen pum- viele Anwender zu erreichen . Dazu müssen aber Lern- pen Sie lieber Jahr für Jahr über 4 Milliarden Euro in begleiterinnen und Lernbegleiter ausgebildet werden, die einen ineffizienten Übergangsdschungel, aus dem kaum vor Ort unterstützen . Das sind hoch sinnvolle Investitio- ein junger Mensch mit anerkanntem Berufsabschluss he- nen, wie ich meine . rausgeht. Haben Sie doch den Mut, die berufliche Bil- dung in Deutschland vom Kopf auf die Füße zu stellen . Bei dem Vorhaben, eine neue Deutsch-Lern-App zu Das hilft allen, vor allem auch den jungen Flüchtlingen, entwickeln, bin ich mir da nicht ganz so sicher . Nach mei- die hier eine Perspektive haben wollen . Sie brauchen Ta- ner Information gibt es bereits eine ganze Anzahl solcher ten und nicht nur warme Worte . Angebote, seien es die Deutschkurse des Goethe-Insti- tuts oder anderer Anbieter, seien es die YouTube-Videos, Danke schön . mit denen Professor Jürgen Handke von der Universität (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Marburg Menschen mit Arabisch als Erstsprache beim Lernen der deutschen Aussprache unterstützt . Solche Vizepräsidentin Claudia Roth: Angebote sind mit viel linguistischem und didaktischem Sachverstand und Fachwissen entwickelt worden . Des- Vielen Dank, Kollegin Walter-Rosenheimer .– Die halb müssen wir das Rad nicht neu erfinden. nächste Rednerin ist Saskia Esken für die SPD . Weitere 27 Millionen Euro investieren wir in die Ein- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten gliederung von Geflüchteten ins akademische Bildungs- der CDU/CSU) system; denn nicht wenige von ihnen bringen die Befähi- gung zum Studium prinzipiell mit . Wir investieren in die Saskia Esken (SPD): Feststellung der Studierfähigkeit, aber natürlich auch in Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! die Vermittlung von Sprachkenntnissen und in zusätzli- Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Bildung“, so che Vorbereitungskurse . sagte schon Aristoteles, „ist der beste Reiseproviant für Damit unser Bildungssystem jungen Flüchtlingen und die Reise zum hohen Alter “. Dieser Bundeshaushalt für (B) anderen bildungsbenachteiligten jungen Menschen, also (D) Bildung und Forschung erhält wichtige Signale dafür, allen, die besondere Förderung brauchen, besser gerecht dass wir die Menschen in diesem Land mit einem gut werden kann, hat die SPD-Fraktion den Vorschlag einer gepackten Rucksack in die Zukunft schicken wollen . Es nationalen Bildungsallianz ausgearbeitet . Dieser Vor- ist uns wieder gelungen, mehr in Bildung und Forschung, schlag enthält ganz konkrete Ziele und Maßnahmen, die mehr in die Köpfe der Menschen und damit auch mehr in unser Bildungssystem für die vor ihm liegenden Aufga- die Zukunft unseres Landes zu investieren . Wir knüpfen ben stark machen . Wir machen darin aber auch eines ganz damit nahtlos an eine Politik an, die die SPD in Regie- deutlich: Wenn der Bund in der anstehenden Dekade der rungszeiten immer vorangetrieben hat . Ich will sehr ger- Integration das Bildungssystem erfolgreich unterstützen ne dem SPD-Haushälter für Bildung und Forschung, dem soll, dann muss das sogenannte Kooperationsverbot auf- Kollegen Swen Schulz, sozusagen stellvertretend für alle gehoben werden . anderen Haushälter und für weitere Beteiligte meinen herzlichen Dank aussprechen . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE (Beifall bei der SPD) GRÜNEN) Mit welchen Bildern beschäftigen wir uns derzeit, mei- Neben der Dekade der Integration, die auch eine Deka- ne sehr verehrten Damen und Herren? Es sind Bilder von de für mehr Bildungsgerechtigkeit sein muss, meine sehr Flüchtlingen, die auf der Flucht vor Verfolgung, Krieg verehrten Damen und Herren, steht eine weitere große und Terror am Ende einer gefährlichen Odyssee bei uns politische Gestaltungsaufgabe auf der Agenda, und das ankommen . Die Ankunft dieser Menschen in Deutsch- ist die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft . land lässt auch die Bildungspolitik nicht unberührt . Wir Vergangene Woche hat Wirtschaftsminister Gabriel bei alle wissen, dass die Integration der Menschen, die mit der Eröffnung des Nationalen IT-Gipfels den Vorschlag fremder Muttersprache und aus einer anderen Kultur zu von Ministerin Wanka aufgegriffen, die digitale Bildung uns kommen, in unsere Gesellschaft eine große Aufgabe zum Leitthema des IT-Gipfels 2016 zu machen . Ich freue ist; aber wir machen das schon . mich sehr über die Unterstützung dieses wichtigen The- Wie überall müssen wir jetzt auch im Bildungsbe- mas . Sowohl der Koalitionsvertrag als auch die Digitale reich Wege finden, um die Integration zu unterstützen, Agenda der Bundesregierung formulieren das Vorhaben, und zwar am besten ohne viel Bürokratie und ohne es zu gemeinsam mit den Bundesländern und anderen Akteu- kompliziert zu machen . Ohne Geld aber – da sind wir uns ren des Bildungssystems eine gemeinsame Strategie „Di- sicher einig – geht es nicht . Der aktuelle Haushalt sichert gitales Lernen“ zu entwickeln und umzusetzen .– So weit deshalb als einen ersten Schritt die Bildungs- und Qua- ein Zitat . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13597

Saskia Esken (A) Die Bundestagsfraktionen von SPD und Union ha- lands, für die Investitionen in unser Land, und das trotz (C) ben dieses Vorhaben, wie Sie alle wissen, durch einen aktueller Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise . gemeinsamen Antrag nochmals bestärkt und konkre- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) tisiert . Das Parlament hat dies am 2 .Juli dieses Jahres auch so beschlossen . Deshalb freue ich mich, wie der Was bisher noch nicht gesagt wurde: Wir machen dies Wirtschaftsminister es formuliert hat, darauf, wenn im möglich auch ohne neue Schulden . IT-Gipfel-Jahr, das nun begonnen hat, bei diesem Vor- haben konkrete Fortschritte erreicht werden, die wir im Nie zuvor ist so viel Geld in Bildung und Forschung Herbst 2016 beim nächsten Nationalen IT-Gipfel vorstel- investiert worden . Das Geld wird nicht nur ausgegeben, len können . sondern eben auch klug in Zukunftsthemen investiert, wie es von der OECD – die Frau Ministerin hat es ange- Im Zusammenhang mit dem genannten Beschluss des sprochen – oder auch vom EFI-Gutachten bestätigt wird . Bundestags hatte meine Fraktion die Forderung formu- Es ist ja heute die Verantwortung der Länder ange- liert, die Mittel für die digitale Bildung im Bundeshaus- sprochen worden . Das ist richtig . Ich wollte das Thema halt auf 60 Millionen Euro aufzustocken . Es ist sehr, sehr Flüchtlinge eigentlich nicht ansprechen, aber ich möchte bedauerlich, dass es uns für das kommende Haushalts- das jetzt doch kurz tun, weil auch hier ein Blick auf Bay- jahr nicht gelungen ist, diese Forderung durchzusetzen . ern, auf mein Heimatbundesland, helfen kann . Deutschland hat immer gut daran getan, in die Köpfe (Zuruf von der CDU/CSU: Das hilft fast im- der Menschen zu investieren . Wie wir aus verschiedenen mer!) Studien leider erfahren müssen, sind deutsche Schülerin- nen und Schüler bei digitalen Kompetenzen im interna- Wir schaffen über 1 000 neue Lehrerstellen, gerade was tionalen Vergleich eher unteres Mittelfeld . Ich halte es den Bereich Flüchtlinge angeht . deshalb geradezu für fahrlässig, bei der digitalen Trans- (Beifall bei der CDU/CSU – René Röspel formation von Wirtschaft und Gesellschaft womöglich [SPD]: Rund 3 000 in NRW! Wir sind mit den Anschluss zu verpassen, indem wir die Bildung ver- Bayern solidarisch!) nachlässigen . Das muss man auch einmal erwähnen, vor allem, nach- Natürlich ist es mit Investitionen auf Bundesebene dem Thüringen angesprochen wurde . Wenn ich richtig nicht getan . Auch die Länder müssen ihre Hausaufgaben informiert bin, gibt es dort 500 neue Lehrerstellen; das erledigen . Gerade bei einer so wichtigen Zukunftsauf- ist richtig . Aber 800 Lehrer gehen in Pension . Das macht gabe braucht es aber eine gemeinsame Strategie . Bund, nach meiner Rechnung dann ein Minus . Das muss man Länder und Kommunen, aber auch die weiteren Akteu- auch festhalten dürfen . (B) re müssen die digitale Bildung deshalb als gemeinsame (D) Aufgabe anerkennen und die Strategie „Digitales Ler- (Abg . Ralph Lenkert [DIE LINKE] meldet nen“ jetzt endlich gemeinsam angehen . sich zu einer Zwischenfrage)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Vizepräsidentin Claudia Roth: Kollegen, eine der wichtigsten Aufgaben der Politik Herr Kollege, erlauben Sie eine spontane Rückfrage? besteht darin, auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren, wie wir es ja beim vorliegenden Haushalt mit der Flücht- lingsthematik gemacht haben . Besonders im Hinblick auf Dr. Wolfgang Stefinger (CDU/CSU): die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche ist Nein . es auch im Bereich der digitalen Bildung unser Auftrag, (René Röspel [SPD]: Uns interessiert die Fra- auf neue Herausforderungen die richtigen politischen ge, wie viele jetzt in Bayern in Pension ge- Antworten zu geben . hen!) Ich danke Ihnen . Ich darf bitte in meiner Rede fortfahren und möchte (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) den Blick jetzt vor allem auf unseren Koalitionsvertrag richten; denn ich möchte festhalten, dass wir Wort hal- ten und alle Vorhaben des Koalitionsvertrags Schritt für Vizepräsidentin Claudia Roth: Schritt umsetzen. Die berufliche Bildung ist schon an- Vielen Dank, Frau Kollegin Esken .– Nächster Red- gesprochen worden; das Meister-BAföG ist bereits an- ner: Dr. Wolfgang Stefinger für die CDU/CSU-Fraktion. gesprochen worden . Wir wollen weiterhin die Ausbil- dungsordnungen modernisieren und eventuell, wenn es (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) notwendig ist, auch neue Ausbildungsberufe schaffen . Reduzieren wollen wir im Übrigen die Zahl der Schul- Dr. Wolfgang Stefinger (CDU/CSU): abgänger ohne Abschluss durch Förderung und intensive Berufsorientierung und -beratung . Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon wieder ein Rekordhaushalt im Bereich Wir halten Wort bei der Exzellenzinitiative . Bis 2017 Bildung und Forschung: 16,4 Milliarden Euro, ein Auf- trägt der Bund rund 2 Milliarden Euro der insgesamt wuchs von 1,1 Milliarden Euro gegenüber dem laufen- 2,7 Milliarden Euro . Wir halten Wort bei den Aufwüch- den Jahr. Das ist ein, wie ich finde, wichtiges Signal der sen für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen . Koalition, ein wichtiges Signal für die Zukunft Deutsch- Die Zuwendungen steigen im Jahr 2016 um 3 Prozent . 13598 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

Dr. Wolfgang Stefinger (A) Ich darf daran erinnern, dass diesen Aufwuchs der Bund dustrie 4 0. ist und dass Deutschland weiterhin der Fa­ (C) alleine schultert . brikausrüster der Welt bleibt . Das heißt, Chancen nutzen, Herausforderungen angehen und den Prozess beschleu- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- nigen . Ich bin sehr dankbar – ich habe das in der letzten ordneten der SPD) Sitzungswoche schon gesagt –, dass sich die Plattform Das ist wiederum eine Entlastung der Länder um Industrie 4 0. so dynamisch entwickelt, seitdem auch das 1,2 Milliarden Euro . Wir halten Wort und fördern wei- Bildungs- und Forschungsministerium mit an Bord ist . ter konsequent die Grundlagenforschung und schaffen Dafür vielen Dank an Sie, Frau Ministerin, und an Ihr finanzielle Planungssicherheit bei den Forschungsein- Haus . richtungen . (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Die Forschungsorganisationen verpflichten sich im René Röspel [SPD]) Übrigen, dafür dann forschungspolitische Ziele umzuset- zen, unter anderem die Nachwuchsförderung, den Trans- Wir investieren aber auch im Bereich Weiterbildung . fer, die Gleichstellung und den Ausbau von Vernetzung Das Thema Digitalisierung bringt natürlich auch Verän- und Kooperationen, was dann im Monitoringbericht dar- derungen mit sich . Mancher Arbeitsplatz, manche Tä- gelegt und überprüft wird . tigkeitsbeschreibung werden sich verändern . Das Pro- gramm „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Digitali- und Arbeit von morgen“ wird bis 2020 mit 1 Milliarde sierung ist schon angesprochen worden . Wir hatten in der Euro gefördert . Hier stehen vor allem die Erforschung letzten Sitzungswoche einen Antrag zum Thema Indus- von technischen Entwicklungen in der Arbeitsorganisa- trie 4 .0 . Wir wissen alle: Die Digitalisierung unserer Pro- tion und in Arbeitsprozessen, die Forschung zur Kompe- duktion, unseres Wirtschaftens ist ein bedeutendes Zu- tenzentwicklung sowie zu Bedingungen für eine gute Be- kunftsprojekt . Das ist eine Gemeinschaftsaufgabe, eine schäftigungsentwicklung und Arbeitsqualität sowie die Aufgabe von Wirtschaft, Wissenschaft, Staat und Gesell- Gesundheit am Arbeitsplatz im Fokus . Wir stärken mit schaft . Die Digitalisierung wird die kommenden Jahre diesem Haushalt auch die überbetrieblichen Bildungs- noch mehr prägen . Wir wollen diese Entwicklung aktiv stätten sowie den Bereich Weiterbildung und lebenslan- mitgestalten, weil sie von herausragender Bedeutung ist . ges Lernen . Ein wichtiger Baustein hierfür ist die Datensicherheit . Meine sehr geehrten Damen und Herren, es bleibt Wir haben im Frühjahr 2015 das Forschungsrahmen- festzuhalten: Im Bildungs- und Forschungsbereich wird programm zur IT-Sicherheit mit zahlreichen Förderakti- kräftig investiert – im frühkindlichen Bereich, wenn ich vitäten im Bereich der Sicherheitsforschung beschlossen, an das Haus der kleinen Forscher denke, über die Studi- (B) ein Programm, das mit 180 Millionen Euro aus dem Etat en- und Berufsförderung, die Qualitätsoffensive Lehrer- (D) des Bundesbildungs- und -forschungsministeriums ge- bildung, die Förderung im Bereich „Mensch-Technik-In- fördert wird . teraktion“, die Spitzencluster, die Sensorik bis hin zum Fraunhofer leitet das Projekt zum Industrial Data Gesundheitsbereich, dem Hochschulpakt und dem Pakt Space . Ziel ist, einen branchenübergreifenden, sicheren, für Forschung und Innovation, um nur einige zu nen- vernetzten Datenraum zu schaffen . Gerade diese Ini- nen . Das alles ist gut, das ist richtig und für die Zukunft tiative, meine sehr geehrten Damen und Herren, findet unseres Landes entscheidend . Von daher sage ich einen international große Beachtung . Wir sind eben hier nicht herzlichen Dank allen Haushältern, meinen Kollegen im das Schlusslicht, sondern wir sind ganz vorne mit dabei . Ausschuss, auf die die Haushälter gehört haben, Wir wollen Standards setzen . Deswegen sind in diesem (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Dank zu- Haushalt auch 5 Millionen Euro für diesen Bereich vor- rück!) gesehen . aber auch Ihnen, liebe Frau Ministerin, Ihren Staatsse- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- kretären und Ihrem ganzen Haus . Auf weiterhin gute Zu- ordneten der SPD) sammenarbeit! Außerdem investieren wir 6 Millionen Euro bei Fraunhofer für die Ausbildung zum Fachexperten für Vielen Dank . IT-Sicherheit; denn Deutschland steht aufgrund seiner (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Innovations- und Wirtschaftskraft, deren Grundlage wie- derum auch im Bildungs- und Forschungsbereich liegt, bei Cyberkriminellen weit oben auf der Liste, und hier Vizepräsidentin Claudia Roth: entstehen jährlich Schäden in Milliardenhöhe . Deswegen Vielen Dank, Dr. Stefinger. – Das Wort zu einer Kurz- ist Forschung auf dem Gebiet der IT- und Datensicher- intervention hat der Kollege Ralph Lenkert . heit wichtig, aber eben auch die Ausbildung von Anwen- (Uwe Schummer [CDU/CSU]: Jetzt mal et- dungsexperten. Beides findet sich jetzt in diesem Haus- was Neues! – Michaela Noll [CDU/CSU]: halt . Dafür vielen Dank! Aber kurz!) (Beifall bei der CDU/CSU) Wir alle wollen die Wettbewerbsfähigkeit, unsere Ralph Lenkert (DIE LINKE): Innovationskraft und unseren Wohlstand sichern . Wir Herr Kollege Stefinger, so ist das mit Zahlen, die man wollen, dass Deutschland Leitanbieter im Bereich In- nicht vollständig kennt . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13599

Ralph Lenkert (A) Nach 24 Jahren CDU-geführter Landesregierung ist dazwischen eine sitzungsfreie Woche hat, ist ein Praxis- (C) unser Lehrkörper in Thüringen hoffnungslos überaltert . oder Realitätscheck angebracht . Dann kann man sehen, Im Gegensatz zu Bayern sind die Lehrer oftmals nicht was die Menschen im Wahlkreis von dem wahrnehmen, pensioniert . Und aus dem aktiven Dienst scheiden we- was wir im Bereich Bildung und Forschung machen . Ich niger als 500 Lehrerinnen und Lehrer jährlich aus . Der habe fünf Beispiele aus der letzten Woche mitgenom- Rest ist schon unter der unionsgeführten Regierung in men, die unseren Zustand aufzeigen . den Ruhestand getreten, und die Union hatte während ih- rer Regierungszeit keinen Ersatz vorgesehen . Das heißt, Das erste Beispiel . Ich war am Sonntag beim Tag der hätten wir die Pläne der Union fortgesetzt, dann hätten offenen Tür des Max-Planck-Institutes für molekulare wir jetzt nicht diese 500 zusätzlichen Stellen . Zu diesen Physiologie in Dortmund . Keine Angst, es ist nicht mein Stellen hinzu kommt eine Vertretungsreserve . Das heißt, Wahlkreis, und es ist auch der falsche Fußballverein . wir korrigieren jetzt die Fehler, die von den Regierungen (Heiterkeit bei der SPD) davor gemacht wurden . Um Ihnen das mit Zahlen zu be- legen: Im Haushalt der letzten unionsgeführten Landes- Ich kenne das Institut seit Mitte der 90er-Jahre . Damals regierung standen für allgemeinbildende und berufliche herrschte verhaltener Optimismus; es gab gute Chemiker Schulen 1,46 Milliarden Euro im Jahr zur Verfügung . und Physiker – sie hatten interessanterweise damals kei- ne Chance auf dem Arbeitsmarkt . Die wissenschaftliche (Uwe Schummer [CDU/CSU]: Sind wir im Reputation, das Engagement waren eher verhalten . Am Landtag, oder wie?) Sonntag war es ganz anders: neues Gebäude, 500 Mitar- Im nächsten Jahr wird die rot-rot-grüne Thüringer Lan- beiter, man platzt aus den Nähten . Ich habe viele junge desregierung 1,57 Milliarden Euro ausgeben . Das sind engagierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ge- fast 10 Prozent mehr . troffen, die begeistert Forschung machen, Topforschung; der neueste ERC Grant ist gerade eingeworben . Es ist (Beifall des Abg . Dr . Ernst Dieter Rossmann eine ganz andere Stimmung als noch vor 20 Jahren . Ich [SPD]) finde, man wird auch in Jena und vielen anderen Univer- sitäten und Hochschulen des Landes feststellen, dass sich Das sind höhere Steigerungsraten als im Bundeshaushalt . vieles getan hat . Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen . Das ist Politik für Bildung und Zukunft . (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Vielen Dank . Ich will auch deutlich sagen: nicht erst seit 2005 . Es war gar nicht so einfach; denn es war eine rot-grüne Ko- (Beifall bei der LINKEN – Dr . Karamba alition, die unter Bundesministerin Bulmahn den Pakt Diaby [SPD]: Ich dachte, das war spontan! So (B) für Forschung und Innovation auf den Weg gebracht (D) spontan kann das aber nicht gewesen sein! – hat . Seitdem gibt es verlässlich mehr für außeruniversi- Gegenruf des Abg . Ralph Lenkert [DIE LIN- täre Forschungseinrichtungen; manchmal 3, manchmal KE]: Das war auch die Interpretation der Prä- 5 Prozent . Genau das war es, was sie gebraucht haben . sidentin!) Alle Fraktionen, jedenfalls bis zu dieser Stelle, von rechts aus gesehen, haben in den letzten Jahren ihren Beitrag Vizepräsidentin Claudia Roth: geleistet . Wir alle können ein bisschen stolz darauf sein, Herr Stefinger, wenn Sie mögen. dass Deutschland im wissenschaftlichen Bereich recht gut dasteht . Dr. Wolfgang Stefinger (CDU/CSU): (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Herr Kollege, ich danke für den Hinweis, habe aber Ihrer Antwort nicht entnehmen können, was speziell für Zweites Beispiel . Ähnlich war es im Bereich der den Bereich Flüchtlinge vorgesehen ist . Fachhochschulen . Als wir uns 1998/99 den ersten Haus- halt angesehen haben, handelte es sich um 10 Millionen D-Mark für die Fachhochschulen . Im Ministerium hatte Vizepräsidentin Claudia Roth: man den Eindruck: Das ist ein Bereich, der sich totlaufen Letzter Redner in der Debatte ist René Röspel für die wird und für den sich keiner interessiert . Das war müh- SPD-Fraktion . same Arbeit . Auch da haben alle in den letzten Jahren mitgewirkt, dass wir mittlerweile einen Etatansatz von (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) 48 Millionen Euro für die Forschung an Fachhochschu- len haben . Das ist ganz wichtig und ein Motivations- René Röspel (SPD): schub . Damit können wir Verlässlichkeit hineinbringen . Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen Auch hier haben viele ihren Anteil beigetragen . und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Mach‘ es kurz und schmerzlos!) Letzte Woche hatte ich einen Termin zum Wissen- schaftszeitvertragsgesetz mit Fachhochschulen und Es ist schon merkwürdig, wie sauber bei Regierung und Universitäten . Dabei handelt es sich eigentlich um ei- Opposition zwischen Kritik und Lob getrennt wird . Ich nen Arbeitsrechtsvertrag . Es ist ein richtiger Schritt in finde, manchmal gehört auch ein bisschen Selbstkritik die richtige Richtung . Aber am Ende kamen wir zu dem zum Lob dazu . Wenn man vier Sitzungswochen und grundsätzlichen Problem, dass die Hochschulen in die- 13600 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015

René Röspel (A) sem Land immer noch zu schlecht grundfinanziert sind ausdrücklich sagen: Die Mittel in Höhe von 89 Millionen (C) und dass der Mittelbau wegbricht . Euro in den Etats von 2015 und 2016 können ausgebaut werden; da müssen wir besser werden .– Das war aber (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ein Punkt, bei dem man gut zeigen konnte: Die Politik des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ralph ist nicht hintendran, sondern hat das Thema auf dem Lenkert [DIE LINKE]: Das sagen wir doch!) Schirm . Wir müssen nämlich wissen, wie wir zukünftig Das kann nur eine gemeinsame Aufgabe über den Hoch- arbeiten werden und was wir anbieten können . schulpakt und über 2020 hinaus sein . Die BAföG-Mit- tel – das sind die Mittel für den Eurofighter 1990; wer Das fünfte Beispiel war mir eigentlich das liebste . Vie- sich daran erinnert . Das Geld haben wir verbraucht; das le von Ihnen waren wahrscheinlich auch am Internationa- ist schon längst ausgegeben . len Tag der Kinderrechte in der letzten Woche an Schulen unterwegs . Ich war in einer dritten und vierten Klasse der (Zuruf des Abg . Albert Rupprecht [CDU/ Grundschule Pestalozzi in Gevelsberg und einer siebten CSU]) Klasse des Ricarda-Huch-Gymnasiums in . Dort – Stellen Sie eine Zwischenfrage, Herr Rupprecht . Da- bin ich auf tolle Kinder gestoßen, die von ihren Lehrern rauf würde ich gerne antworten . Aber so viel Zeit habe gut vorbereitet waren und ganz viele Fragen hatten . Als ich jetzt nicht . ich sie gefragt habe: „Was meint ihr, was für euch wich- tige Rechte sind?“, haben sie geantwortet: Nicht geschla- (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen zu werden, keinen Krieg zu erleben, mit den Eltern NEN]: Das traut er sich doch gar nicht!) zusammen zu sein . – Das fand ich spannend . Ich finde, es bleibt eine gemeinsame Aufgabe. Wir Es gab ganz viele spannende Fragen der Kinder . Eine können die Hochschulen nicht alleinelassen, die Länder Frage war, was wir denn machen, um Fluchtursachen und Kommunen auch nicht . zu bekämpfen . Da konnte ich sagen, dass wir im For- Drittes Beispiel . Ich habe mir im Wahlkreis das Pro- schungsbereich ein Programm haben, mit dem wir be- jekt „JUGEND STÄRKEN im Quartier“ angesehen, kämpfen, dass Krankheiten in der Dritten Welt ganze das drei Städte zusammen mit der Arbeiterwohlfahrt Länder lahmlegen, so wie es bei Ebola der Fall war . Ich machen . Hier geht es darum, jugendliche Schulabsen- konnte also ein positives Beispiel dafür nennen, was wir ten, also Schulverweigerer, sozusagen von der Straße zu hier tun . Da müssen wir aber noch zulegen . holen und dahin zu führen, dass sie wieder zur Schule Die zweite Frage: Wie kann man eigentlich Konflikte gehen, und darum, sie dafür zu begeistern . Dieses Pro- und Krisen verhindern, und was kann man tun, wenn sie jekt wird übrigens vom Umweltministerium und vom ausgebrochen sind? Da konnte ich darauf verweisen – (B) Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (D) danke an die Haushälter –, dass wir mehr Geld für Frie- gefördert, nicht vom Bildungsministerium . Ich habe die dens- und Konfliktforschung ausgeben, Engagierten gefragt: Was braucht ihr, und was seht ihr als zentralen Punkt, um zu verhindern, dass Jugendliche (Beifall bei Abgeordneten der SPD) in die Situation kommen, in der sie nicht mehr zur Schule gehen wollen und keinen Bock mehr haben? Da haben weil es ganz wichtig ist, zu wissen, wie Kriege entstehen sie gesagt: Macht Schulsozialarbeit! und wie man sie möglicherweise verhindern oder wieder eindämmen kann . (Beifall bei der SPD – Dr . Karamba Diaby [SPD]: Ja, genau! Das brauchen wir!) Ein letzter Punkt, der mich sehr beeindruckt hat – Vä- Ihr vom Bund habt mal ein Programm zur Schulsozial- ter und Mütter kennen das –: die Angst der Kinder, von arbeit gemacht . Am besten ist es, damit in den Grund- ihren Eltern getrennt zu sein . Diese Angst habe ich sehr schulen anzufangen . Warum macht das der Bund nicht häufig wahrgenommen; die Kinder meinten das ganz mehr? Es gibt doch ein Bundesbildungsministerium .– ernst . Auf eine entsprechende Frage hin habe ich gesagt: Da musste ich erklären, dass das Ministerium in der Ich halte es für unmenschlich, wenn man Kinder von ih- Regel mit beruflicher Bildung befasst ist, auch wenn es ren Eltern trennt .– Jetzt hat die CSU, liebe Kollegen, am manchmal Pressemitteilungen zu Lesestart und anderen Samstag die Forderung beschlossen, den Familiennach- Bildungsmaßnahmen veröffentlicht, und dass es schwie- zug größtmöglich einzuschränken . Da bin ich gespannt, rig war, in den Koalitionsverhandlungen einen entspre- was Sie eigentlich diesen Kindern antworten würden . chenden Beschluss mit dem Koalitionspartner hinzube- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ kommen . Da müssen wir selbstkritisch sein und an uns DIE GRÜNEN) selber appellieren: Wir müssen in diesem Bereich aktiv werden, wenn wir nicht wollen, dass wir Kinder und Ju- gendliche verlieren, die wir dann nur über Programme Vizepräsidentin Claudia Roth: einfangen können, die schwierig aufzustellen sind, weil Vielen Dank, Herr Kollege Röspel .– Sie haben am sie von zwei Ministerien finanziert werden müssen. Anfang gesagt, dass der BVB der falsche Verein ist . Als Das vierte Beispiel . Die Bundesagentur für Arbeit in Fußballfan bin ich jetzt natürlich interessiert, zu wissen, Hagen hat einen Arbeitnehmertag durchgeführt, Stich- was denn der richtige Verein ist . wort: Arbeit 4 0. . Da habe ich mich sehr gefreut, sagen (René Röspel [SPD]: Schalke!) zu können: Wir haben schon im Koalitionsvertrag fest- gehalten, dass wir Arbeitsforschung betreiben .– Ich will – Kein Kommentar . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13601

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Ich schließe die Aussprache . Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesord- (C) nung . Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel- plan 30 – Bundesministerium für Bildung und For- Ich berufe die nächste Sitzung für morgen, Mittwoch, schung – in der Ausschussfassung . Wer stimmt da- den 25 . November, 9 Uhr, ein . für? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Die Sitzung ist geschlossen . Ich wünsche Ihnen noch Einzelplan 30 ist mit den Stimmen von CDU/CSU und einen schönen Abend . SPD bei Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der Linken angenommen . (Schluss: 19 .23 Uhr)

(B) (D)

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 138 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 24 . November 2015 13603

(A) Anlage zum Stenografischen Bericht (C)

Liste der entschuldigten Abgeordneten

entschuldigt bis entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Abgeordnete(r) einschließlich

Albsteiger, Katrin CDU/CSU 24 .11 .2015 Lagosky, Uwe CDU/CSU 24 .11 .2015

Binder, Karin DIE LINKE 24 .11 .2015 Launert, Dr . Silke CDU/CSU 24 .11 .2015

Dörner, Katja BÜNDNIS 90/ 24 .11 .2015 Neu, Dr . Alexander S . DIE LINKE 24 .11 .2015 DIE GRÜNEN Nissen, Ulli SPD 24 .11 .2015 Ernstberger, Petra SPD 24 .11 .2015 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ 24 .11 .2015 Gundelach, Dr . Herlind CDU/CSU 24 .11 .2015 DIE GRÜNEN

Gysi, Dr . Gregor DIE LINKE 24 .11 .2015 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ 24 .11 .2015 DIE GRÜNEN Hartmann, Sebastian SPD 24 .11 .2015 Schick, Dr . Gerhard BÜNDNIS 90/ 24 .11 .2015 Heiderich, Helmut CDU/CSU 24 .11 .2015 DIE GRÜNEN

Jung, Andreas CDU/CSU 24 .11 .2015 Schnieder, Patrick CDU/CSU 24 .11 .2015

Kekeritz, Uwe BÜNDNIS 90/ 24 .11 .2015 Strässer, Christoph SPD 24 .11 .2015 DIE GRÜNEN (B) Westphal, Bernd SPD 24 .11 .2015 (D) Kindler, Sven-Christian BÜNDNIS 90/ 24 .11 .2015 DIE GRÜNEN Wicklein, Andrea SPD 24 .11 .2015

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