Aufstand Der Lobbyisten Der Aufstand 1 Mit Erfolg: Der Be Der Erfolg: Mit Lieferkettengesetz: ­ ------Handelsblatt

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Aufstand Der Lobbyisten Der Aufstand 1 Mit Erfolg: Der Be Der Erfolg: Mit Lieferkettengesetz: ­ ------Handelsblatt April 2021 Lieferkettengesetz: Aufstand der Lobbyisten von Armin Paasch und Karolin Seitz 1. EINFÜHRUNG Handelsblatt.2 Ein Aufstand, der sich auch gegen Kanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Alt- Anfang März 2021: Die Bundesregierung be- maier richtet, die den Kompromiss mit beschlos- schließt ihren Entwurf für ein Lieferkettengesetz, sen hatten. Ihre Forderungen betreffen nicht nur auf den sich die Bundesminister Hubertus Heil, einzelne Aspekte, sondern stellen das gesamte Vor- Peter Altmaier und Gerd Müller bereits im Feb- haben in Frage, zu dem sich die Bundesregierung ruar geeinigt hatten. Auf der Pressekonferenz vom bereits im Koalitionsvertrag verpflichtet hatte. 12. Februar ist den Ministern ihre Erleichterung anzumerken. Der Einigung war ein monatelanges Was ist in diesen drei Wochen passiert? Dieser und zähes Ringen vorausgegangen. „Das ist ein Frage geht das vorliegende Briefing auf den Grund. guter Tag“, lobte auch Wirtschaftsminister Alt- Zur Einordnung zeichnet es zunächst nach, an wel- maier den „vernünftigen Kompromiss“. Die gro- chen Stellen der von der Regierung beschlossene ßen Wirtschaftsverbände hatten zuvor alle Kräfte Entwurf gegenüber früheren Plänen bereits abge- mobilisiert, um einen bekannt gewordenen Ent- schwächt wurde und wie zufrieden große Unter- wurf des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) nehmensverbände darauf reagierten (Abschnitt 2). (Februar 2019) sowie die im März 2020 erstellten Kurze Zeit später vollziehen eben jene Verbände je- gemeinsamen Eckpunkte des BMZ und des Bun- doch eine 180-Grad-Wende, wie Abschnitt 3 aus- desarbeitsministeriums (BMAS) für das Sorgfalts- führt. Ihr neues Ziel ist nun, dass auch die letzten pflichtengesetz zu verwässern.1 Mit Erfolg: Der be- wirksamen Elemente aus dem Gesetzentwurf ge- schlossene Regierungsentwurf ist an nahezu allen strichen werden, oder besser: das gesamte Vorhaben entscheidenden Stellen deutlich schwächer als die vollends zu Fall zu bringen. ursprünglichen Entwürfe. Abschnitt 4 arbeitet die Rolle des „Wirtschafts- Ende März 2021: Drei Wochen nach dem Kabinetts- rats der CDU“ heraus, der bereits am 12. Febru- beschluss erklärt der Wirtschaftsflügel der CDU/ ar die Abgeordneten der Union aufgerufen hatte, CSU-Bundestagsfraktion denselben für „nicht das „linksideologische“ Projekt im Bundestag zu zustimmungsfähig“. So nachzulesen in einem ge- stoppen. Der Wirtschaftsrat bildet eine zentra- meinsamen Beschluss der „Arbeitsgruppe Wirt- le Schnittstelle zwischen den großen Wirtschafts- schaft und Energie“ und des Vorstands des „Par- verbänden und der „Arbeitsgruppe Wirtschaft und lamentskreis Mittelstand“ der CDU/CSU-Bundes- Energie“ sowie dem Vorstand des „Parlamentskreis tagsfraktion vom 25. März 2021. „Verbände und Mittelstand“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Unionspolitiker proben den Aufstand“, titelte das 2 Streit um Lieferkettengesetz eskaliert: Verbände und Unionspolitiker proben den Aufstand, Handelsblatt, 25.3.2021: https://www. handelsblatt.com/politik/deutschland/sorgfaltspflichtengesetz­streit­ 1 Vgl. Armin Paasch und Karolin Seitz: Wirtschaftslobby: Mit Falsch­ um­lieferkettengesetz­eskaliert­verbaende­und­unionspolitiker­proben­ meldungen gegen das Lieferkettengesetz, Briefing der Initiative Liefer­ den­aufstand/27042874.html?share=twitter&ticket=ST­2479709­ kettengesetz, Oktober 2020. eCNd5U5DyyNTqz2OpDyE­ap5 BRIEFING 2 Briefing April 2021 Lieferkettengesetz: Aufstand der Lobbyisten Beide Gruppierungen – Arbeitsgruppe und Parla- ten. Dies wird zunächst im Anwendungsbereich mentskreis – übernehmen kurz darauf nahezu iden- deutlich. Die UNLP verlangen uneingeschränkt tisch die Positionen der großen Wirtschaftsverbän- von allen Unternehmen, ihre menschenrechtlichen de und veröffentlichen ihren Beschluss zeitgleich Sorg faltspflichten in angemessener Weise umzuset- mit einem offenen Brief von 28 Wirtschaftsverbän- zen. den gegen das Lieferkettengesetz. » Der im Februar 2019 an die Öffentlichkeit ge- In der abschließenden Einordnung (Abschnitt 5) sickerte Entwurf des BMZ für ein Wertschöp- zeigt sich: Die Abgeordneten der „Arbeitsgruppe fungskettengesetz sah sowohl menschenrechtli- Wirtschaft und Energie“ sowie des „Parlaments- che als auch umweltbezogene Sorgfaltspflichten kreis Mittelstand“ betreiben mit ihrem Vorstoß für Unternehmen mit über 250 Beschäftigten eine klare Klientelpolitik, die private Gewinninte- und mehr als 40 Millionen Euro Jahresumsatz ressen über Menschenrechte und die Umwelt stellt. vor. Sie kommt nicht von ungefähr, denn zwischen dem Wirtschaftsflügel einerseits und dem Wirtschaftsrat » Die Eckpunkte des BMAS und BMZ von März und den Wirtschaftsverbänden andererseits gibt es 2020 sahen einen Anwendungsbereich für Un- personelle Überschneidungen auch an entscheiden- ternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden den Stellen. vor. All dies geschieht im Angesicht von nicht abrei- » Der Regierungskompromiss sieht vor, dass das ßenden Lobbyskandalen rund um die Unionspar- Gesetz ab Januar 2023 erstmal nur für Unter- teien: von den Masken-Deals über die angeblichen nehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden gel- Schmiergeldzahlungen autoritärer Regime an Ab- ten soll, ab 2024 für Unternehmen mit mehr als geordnete bis hin zu den Verstrickungen von Ab- 1.000 Beschäftigten. Eigenständige umweltbe- geordneten in den Wirecard-Skandal. zogene Sorgfaltspflichten sind nur in Bezug auf Quecksilber und persistente organische Schad- stoffe und damit nur einen Bruchteil der mögli- 2. VOM VORSCHLAG DES chen Umweltgefahren vorgesehen. ENTWICKLUNGS MINISTERIUMS ZUM REGIERUNGSKOMPROMISS: Auch die Reichweite und der Umfang der zu eta- EINE CHRONIK DER VERWÄSSERUNG blierenden Sorgfaltspflicht verkürzte sich drastisch: Im Februar 2019 geriet ein erster Entwurf des BMZ » Der BMZ-Entwurf von 2019 und die Eckpunk- für ein damals noch „Wertschöpfungskettengesetz“ te von 2020 sahen vor, dass Unternehmen für benanntes Vorhaben an die Öffentlichkeit.3 Im Juni die gesamte Wertschöpfungskette, also nicht 2020 wurden Eckpunkte für ein „Sorgfaltspflich- nur die Produktion, sondern auch die Verwer- tengesetz“ bekannt, auf die sich BMAS und BMZ tung und Entsorgung ihrer Produkte in die bereits im März 2020 geeinigt hatten, die offiziell Pflicht genommen werden. aber nicht veröffentlicht wurden.4 Im März 2021 schließlich einigte sich die Bundesregierung auf » Der Gesetzentwurf der Regierung von 2021 einen Gesetzentwurf für ein Sorgfaltspflichtenge- nimmt die Unternehmen zunächst nur für setz.5 ihre direkten Zulieferbetriebe in die Pflicht. In Bezug auf mittelbare Zulieferer, also die tiefe- Vergleicht man die drei Dokumente, so wird re Lieferkette, wo typischerweise das Gros der schnell deutlich: Von Jahr zu Jahr entfernen sie sich schwerwiegenden Menschenrechtsverletzun- weiter von den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft gen auftritt, sind Unternehmen nur anlassbe- und Menschenrechte (UNLP), die eigentlich die zogen verpflichtet: Selbst eine Risikoanalyse Grundlage für ein Lieferkettengesetz bilden soll- müssen sie erst durchführen, wenn sie Kenntnis von einer möglichen Verletzung bei mittelbaren Zulieferern erlangen. Dann ist es für die Risi- 3 https://media.business­humanrights.org/media/documents/files/ koanalyse aber in der Regel zu spät. Diese Ein- documents/SorgfaltGesetzentwurf_0.pdf 4 https://die­korrespondenten.de/fileadmin/user_upload/die­ schränkung widerspricht somit dem präventiven korrespondenten.de/Lieferkettengesetz­Eckpunkte­10.3.20.pdf Ansatz der UNLP. 5 https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Gesetze/Regierungsentwuerfe/reg­sorgfaltspflichtengesetz. pdf;jsessionid=747EA18529DC0437CEDC1E92E59BD7B5.delivery1­ Und schließlich verschwand die zivilrechtliche replication?__blob=publicationFile&v=2 Haftungsregel im Laufe der Jahre völlig: 3 Briefing April 2021 Lieferkettengesetz: Aufstand der Lobbyisten » Der BMZ-Entwurf sah eine zivilrechtliche ministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Haftung vor: Wenn Unternehmen ihre Pflich- diese Auskünfte bisher immer erteilt hatte, lehn- ten missachten und dadurch Menschenrechte te es eine jüngere Anfrage vom 8. Dezember 2020 verletzt werden, sollten Betroffene nach deut- mit zwei Begründungen ab. Zum einen liege dem schem Recht und vor deutschen Gerichten auf BMWi eine Liste der Treffen mit Unternehmen Schadensersatz klagen können. Dies war auch in und Unternehmensverbänden nicht vor. Zudem den gemeinsamen Eckpunkten von BMAS und würden „bei einer Veröffentlichung der beantrag- BMZ vom März 2020 vorgesehen. ten Informationen die Beratungen der Behörden beeinträchtigt“. » Die zivilrechtliche Haftungsregel wurde im Regierungsentwurf hingegen auf Druck von Diese Begründung ist aus Sicht der Initiative Lie- Wirtschaftsminister Altmaier und Kanzlerin ferkettengesetz nicht nur widersinnig, sondern Merkel gestrichen.6 auch rechtswidrig, zumal die Beratungen der Be- hörden mit dem Kabinettsbeschluss vom 3. März Kein Wunder, dass Wirtschaftsminister Altmaier 2021 abgeschlossen wurden. Schließlich wurde sich am 12. Februar mit dem Verhandlungsergebnis nicht nach innerbehördlicher Kommunikation ge- zufrieden zeigte, „weil es uns gelungen ist, die Inte- fragt, sondern nach dem Austausch mit externen ressen des Menschenrechtsschutzes so voranzubrin- Dritten. Bemerkenswert ist, dass das BMWi nach gen, dass die berechtigten Interessen der Wirtschaft den jüngsten Debatten über Lobbyismus, Korrup- dadurch nicht geschmälert und beeinträchtigt wor- tion und das Lobbyregister jetzt offenbar mit Blick den sind.“ 7 Diese umfassende Berücksichtigung auf das Liefer kettengesetz sogar jene Auskünfte wirtschaftlicher
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