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Melsunger

Turngemeinde 1861

Abt.

Jedermannsport

Traditonelle Viertagewanderung 3. – 6.Juni 2013

Ich bin hinauf, hinab gezogen und suchte Glück und such´t es weit! Es hat mein Suchen mich betrogen, und was ich fand, war Einsamkeit.

Theodor Fontane Liebe Wanderfreundinnen, liebe Wanderfreunde, unsere Viertage-Wanderung feiert ein kleines Jubiläum: Sie wird zum 40.Male veranstaltet! Unser Ziel in diesem Jahr ist des Jubiläums würdig, es ist das Kyffhäuser-Gebirge mit seiner reichen geschichtlichen Vergangenheit.

Unsere „Zelte“ schlagen wir in der ehemaligen Kreisstadt auf, nur wenige Kilometer von Bad Frankenhausen und dem Kyffhäuser-Gebirge entfernt. Oben auf dem Weinberg – wo früher Wein angebaut wurde – sind wir für die vier Tage im Hotel-Restaurant Weinberg untergebracht. Von dessen Terrasse haben wir einen herrlichen Blick auf das Gebirge mit der unverwechselbaren Silhouette des mächtigen Kyffhäuser-Denkmals.

Wenn es bei den bis Ende Januar bei mir gemeldeten 19 Personen bleibt, werden wir wieder eine große Gruppe sein. „Neulinge“ sind diesmal nicht dabei.

Unser familienbetriebenes Quartier wirbt mit einer 120-jährigen „Tradition zum Verwöhnen“. Von der Leistung des Restaurants konnten sich Waltraud und ich im vergangenen Jahr schon mal überzeugen. Von den vorhandenen 42 Betten werden wir 19 belegen, so dass wir keine Busgesellschaften „fürchten“ müssen; wir sind eher unter uns. Ich hoffe sowohl mit der Wahl der Wanderregion als auch mit dem Hotel für Euch eine gute Wahl getroffen zu haben.

Was werden wir im Einzelnen auf unseren vier Wanderungen erleben? 1.Tag Die sagenumwobenen Hörselberge waren ein bevorzugtes Wandergebiet schon gegen Ende des 19.Jh. Die schroffen Muschelkalkfelsen auf ihrer Südseite faszinierten die Wanderer, die von Eisenach aus schnell dort waren. Der Bau des Hörselberghauses 1895 belegt das Interesse an dem Berg. Der Bau der Reichsautobahn von Eisenach nach Erfurt in den 1930er Jahren war ein schlimmer Eingriff für die Natur. Jetzt ist die Autobahn wieder verschwunden und ihre Trasse renaturiert und zum Naturschutzgebiet erklärt worden. So wie es früher mal war, kann es nun wieder werden. Wir schauen uns das an!

2.Tag Den Solequellen verdankt Bad Frankenhausen – ähnlich wie Bad Sooden-Allendorf und Bad Salzungen – seine Entstehung und jahrhundertelange Bedeutung. In der ältesten Urkunde aus dem Jahre 998 wird bereits die Gewinnung des begehrten Salzes genannt. Wir wandern durch die Altstadt, dann entlang der , kehren bei der Barbarossa- Höhle um und wandern eine Etage höher durch die Karstlandschaft der Gipsfelsen hinüber zum Schlachtberg des Bauernkrieges. Natur und Geschichte begleiten uns!

3.Tag Heute erleben wir viel Geschichte. Von der ehemaligen Kaiserpfalz Tilleda geht es hinauf zum Kyffhäuser-Denkmal. Ein herrlicher Hangweg bringt uns zur ehemaligen Burg Rothenburg. Von dort geht es hinab in die Ebene und am Fuße des Kyffhäusers zurück nach Tilleda. 2 4.Tag Bei der Viertagewanderung 1992 haben wir schon mal das Josephskreuz auf dem Auerberg besucht, von den damals teilnehmenden 10 Personen werden diesmal nur Waltraud und ich eine „Wiederholung“ erleben. Stolberg war schon zu DDR-Zeiten ein Vorzeigeobjekt wegen seiner schönen Fachwerkhäuser und – politisch bedingt – weil dort der Bauernkriegs-Anführer Thomas Müntzer geboren wurde. Über der Stadt thront das Schloss derer von Stolberg zu Stolberg und oben auf dem Auerberg ließ einer der Fürsten zu Stolberg sich ein außergewöhnliches Kreuz aufstellen. Dort muss man gewesen sein!

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Unser Quartier ist das Hotel-Restaurant Weinberg in Artern. Inhaber: I. & T. Kühne Weinberg 1 06556 Artern Tel. 03466-322132 www.hotel-weinberg.de

Weiter oben hatte ich Euch bereits das Hotel beschrieben. Gebucht habe ich 7 Doppel- und 5 Einzelzimmer zu folgenden Konditionen: € 31,50 für das Doppel- und € 42,-- für das Einzelzimmer pro Person und Nacht. Im Übernachtungspreis enthalten ist das Frühstück. Weil sich die überwiegende Mehrheit für das Abendessen als Halbpension entschieden hat, habe ich dieselbe für den Aufpreis von € 10,-- für alle gebucht.

Die folgenden 19 Personen nehmen an unserer Viertagewanderung teil:

Dörte & Jürgen Hoppe DZ Gerlinde & Horst Scheidemann DZ Gerda & Roland Wex DZ Anna Schormann EZ Waltraud & Horst Diele DZ Ursula Gliesing EZ Sigrid & Josef Hruschka DZ Hannelore Kämpffe EZ Edith Langhorst & Renate Gutheil DZ Bärbel Appell EZ Reinhard Hinz & Udo Jünemann DZ Reinhard Micke EZ

Hinweise zu unserem Wandergebiet

Das Kyffhäuser-Gebirge Es ist zwar größer als das von uns im vergangenen Jahr besuchte Ohmgebirge, dennoch zählt es zu den kleineren in Deutschland, doch es ist wesentlich bekannter. Seine höchste Erhebung ist der Kulpenberg mit 474 m Höhe. Das Mittelgebirge erstrecke sich auf einer Fläche von etwa 70 Quadratkilometern. Am Süd- und Westhang besteht es aus einer unbewaldeten Karstlandschaft wegen der durch den gipshaltigen Untergrund bedingten oberflächlichen Trockenheit. Der besondere Anziehungspunkt ist das auf den Resten der ehemaligen Reichsburg Kyffhausen 1896 zu Ehren Kaiser Wilhelm I erbaute Kyffhäuser-Denkmal mit seiner außergewöhnlichen Aussicht, aber auch die Barbarossa-Höhle. In ihr soll Kaiser Friedrich I Barbarossa samt seinen Getreuen nach einem Kreuzzug ruhen, um eines

3 Tages zu erwachen und das Deutsche Reich zu retten und zu neuer Herrlichkeit zu führen. Diese Sage ignoriert, dass der mächtige Kaiser am 10.Juni 1190 während eines Kreuzzuges beim Baden im Fluss Saleph in Kleinarmenien ertrank, noch bevor er mit seinen Kreuzrittern Jerusalem von den Unchristen befreien konnte.

Anreise zur 1.Tour

Wir treffen uns um 6.45 Uhr auf den unteren Parkplätzen am Bahnhof. Wer mit wem fährt, werde ich in der Vorwoche unserer Viertagewanderung in einer Informations- schrift allen mitteilen. Nach den für Viertagewanderungen üblichen „Formalitäten“ fahren wir um 7 Uhr los. Wir benutzen die B83 über Bebra und weiter nach Hönebach, von dort aus die Autobahn A4. Der folgen wir bis zur Abfahrt Großenlupnitz. Am Kreisel bald nach der Abfahrt nehmen wir den letzten Abzweig und kurz danach geht es nach rechts auf die L2113, der wir durch die Orte Großenlupnitz, Hörselberg und Melborn folgen, um nach Ettenhausen zu gelangen. Dort parken wir am nördlichen Ortsrand. Fahrstrecke: ca. 82 km, Fahrdauer ca. 1:20 Std., Ankunft ca. 8.20 Uhr.

Beschreibung der einzelnen Touren

1.Tour (Montag) Beginn: 8.30 Uhr; Ausgangspunkt ist der Ort Ettenhausen an der Nesse. Strecke: In westlicher Richtung geht es durch das Tal rechts der Nesse [Markierung gelber waagerechter Balken] – Klappmühle – Ort Melborn – durch den Ort in südlicher Richtung – am Waldrand rechts in westlicher Richtung [Markierung gelber waagerechter Balken] – zumeist vor dem Wald immer westwärts bis fast an das Ende des Höhenzuges – steil hinauf zum Kamm (Aussichtspunkt zum Großen Hörselberg) – auf dem Kammweg zum Kleinen Hörselberg (436 m) [9 km] – weiter auf dem Kammweg – Linsengrund (ein Bergsattel) – weiter auf dem Kammweg – nach rechts den Kammweg verlassen zum Jesusbrünnlein – weiter zur Venushöhle – Großer Hörselberg (484 m, Aussicht, Gasthaus) [14 km] – Jacobsweg runter nach Hastrungsfeld [Markierung blaue Muschel des Jacobswegs] – im Ort links in die Feldflur – bald rechts abbiegen nach Ettenhausen zurück. Länge: ca. 18 km Karte: TK 50 W Topografische Wanderkarte Westlicher Thüringer Wald – Mittleres Werratal, 1:50.000. Dauer: ca. 7½ Std. Zurück: ca. 16.00 Uhr

Hinweise Hörselberge Sie haben ihren Namen von dem Hörselfluss auf der Südseite. Der Kleine und der Große Hörselberg bilden einen lang gestreckten, höhlenreichen Muschelkalk- Höhenzug von etwa 7 km Länge.

4 Bis 2010 verlief unmittelbar an der Südflanke des Bergzugs die Autobahn A4. Nach deren Verlegung auf die Nordseite wurde sie zwischen Wutha-Farnrode und Sättelstädt zurückgebaut und ist jetzt in ein Naturschutzgebiet einbezogen.

In den Hörselbergen befinden sich viele Höhlen, die für Sagengeschichten Anlass boten: Die Venushöhle und die Tannhäuser-Höhle sind die bekanntesten. Der Sage nach soll Frau Venus ebenso im Großen Hörselberg wohnen wie der Germanengott Wotan. Auch die germanische Fruchtbarkeitsgöttin Holda herrschte hier, die von den Brüdern Grimm zur Frau Holle umgedeutet und auf den Hohen Meißner verlegt wurde. Richard Wagner wurde 1845 zu seiner Oper „Der Tannhäuser“ von den sagenumwobenen Hörselbergen angeregt. Der erste Akt dieser Oper vollzieht sich im Innern des Hörselbergs. Auf dem Großen Hörselberg entstand 1895 ein Schutz- und Gasthaus für den Wanderer. Es wurde in den 1990er Jahren umfassend saniert.

Zwei Fotos vom Kammweg [Quelle: www.ich-geh-wandern.de entnommen aus „Wanderatlas“, erstellt von Wanderern für Wanderer]

Die Sage vom Jesusbrünnlein Ein Schäfer aus dem Dorfe Kahlenberg hütete bei drückender Sonnenglut auf dem Hörselberg seine Tiere. Die Hitze drohte ihn und seine Herde zu verdursten. Alle Quellen und Brunnen weit und breit waren ausgetrocknet oder versiegt. In seiner großen Not fiel er auf die Knie und flehte den barmherzigen Heiland an, ihm zu helfen.

5 Und siehe da, seine Bitte wurde erhört. Plötzlich rieselte aus dem Fels neben ihm ein frischer und kühler Quell. Er und seine Tiere waren gerettet. Bis heute spendet die Gnadenquelle ihr Wasser und trägt den Namen Jesusbrünnlein.

Weiterfahrt zum Hotel Abfahrt ca. 16.15 Uhr Wir fahren wieder auf die Autobahn A4, indem wir die Auffahrt Sättelstädt ansteuern. Auf der A4 bleiben wir bis zum Kreuz Erfurt, ab dort auf der A71 in Richtung Halle/Magdeburg/Göttingen bis zur Abfahrt Heldrungen. Weiter auf der B86 nach Artern. Fahrstrecke: ca. 125 km, Fahrdauer ca. 1 ¾ Std., Ankunft ca. 18.00 Uhr.

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Anfahrt nach Bad Frankenhausen

Abfahrt 9.00 Uhr Anreise Von Artern über Ringleben und Esperstedt nach Bad Frankenhausen. Parken Am Ortseingang links gegenüber der Kyffhäuser-Therme Strecke ca. 13 km, Fahrdauer ca. 15 min., Ankunft ca. 9.15 Uhr

2.Tour (Dienstag) Beginn: 9.30 Uhr Strecke: Zum Anger – Thomas Müntzer-Gedenktafel – an der Kleinen Wipper entlang [„Geopfad“, Markierung schräger grüner Balken] bis zur Barbarossa-Höhle (der Weg heißt Barbarossaweg, er ist unsere X8!!!) – Ruine Falkenburg (Aussicht) – Teufelsgrube – Ruheplatz (Schutzhütte) – Eschenlecke – durch die Karstlandschaft – Weiße Küche – zur B85 und diese überqueren – nach dem Anstieg unmarkiert rechts abzweigend zum Tilledaer Tor – Tilledaer Weg in südlicher Richtung – Schlachtenberg – Panorama-Museum (dort Besichtigung) – Hausmannsturm – Treppenanlage am Hotel Residenz zur Oberkirche (schiefster Turm Europas) – Obere Kirchgasse – Poststraße – Kurpark (Quellgrund, Elisabethquelle) – ehem. Schloss – zum Parkplatz zurück. Länge: ca. 17 km Karte: TK 50 W Topografische Wanderkarte Südliches Harzvorland, 1:50.000. Dauer: ca. 6 ½ + 1½ Std. (incl. Besichtigung Panorama-Museum) Zurück: ca. 17.30 Uhr

Hinweise Bad Frankenhausen Erstmals taucht der Name des Ortes in einer Urkunde des Klosters Fulda im 9.Jh. auf. Schon früh – im Jahre 998 – wird in einer Schenkungsurkunde des Kaisers Otto III eine Saline erwähnt. 1219 erhält Frankenhausen das Stadtrecht. In der Nähe – oben auf dem Schlachtberg – fand am 15.Mai 1525 die letzte kriegerische Auseinandersetzung im Bauernkrieg statt. Die aufständigen Bauern unter der Führung von Thomas Müntzer wurden vernichtend geschlagen von den Truppen

6 der kaiserlichen Allianz. Anführer Müntzer wird für kurze Zeit in Frankenhausen inhaftiert (am Anger) und anschließend nach Heldrungen gebracht und dort am 27.Mai unter dem Fallbeil geköpft. 1818 wird in Frankenhausen mit dem Kurbetrieb begonnen.

Kleine Wipper Die Kleine Wipper ist ein 25 km langer künstlich angelegter Wasserlauf. Sie wird beim Wipperdurchbruch bei Göllingen an der „Schere“ von der Wipper abgezweigt und endet im Quellgrund im Kurpark von Bad Frankenhausen. Dabei musste ein 530 m langer Stollen durch den Hanfenberg nach Bendeleben gegraben werden. Dieser Stollen wird „Mönchstunnel“ genannt, weil er schon im frühen 15.Jh. von den Bennediktiner-Mönchen des Klosters Göllingen angelegt wurde, um in Frankenhausen die Mahlmühlen anzutreiben und das dortige Salzwerk zu versorgen. Die Kleine Wipper verliert sich im o.g. Quellgrund und kommt 1 km im Untergrund verlaufend südöstlich wieder zutage und wird ab dort Solegraben genannt.

Panorama-Museum Nach 12 Jahren Arbeit entstand ein Ölgemälde von 14 m Höhe und 123 m Länge mit über 3000 gemalten Figuren unter der Leitung von Professor Werner Tübke. Das Thema ist die „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“.

Hausmannsturm Der aus dem hiesigen Gipssteinen erbaute Turm ist über 1000 Jahre alt und zählte zur früheren Stadtbefestigung. König Otto III schenkte ihn der Stadt, gemäß einer Urkunde aus dem Jahre 998. Der Hausmann beobachtete Stadt und Umfeld bei Gefahr oder Brand und gab entsprechende Signale mit dem Horn.

Schiefe Liebfrauenkirche Sie wurde Ende des 14.Jh. von der reichen Salzpfännerschaft für ihre eigenen Familien gebaut. Wie der Hausmannsturm besteht sie aus Gipssteinen. Ihr Untergrund ist instabil, weil eindringendes Oberflächenwasser den Gips im Boden auswäscht und dadurch nachgebende Hohlungen entstehen. Die Spitze des Turmes ist mit etwa 4 Metern aus dem Lot.

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Anfahrt nach Tilleda

Abfahrt 9.00 Uhr Anreise Von Artern auf der B86 nach Edersleben, ab dort auf der Landesstraße Richtung über Riethnordhausen nach Tilleda. Parken Durch den Ort auf den Parkplatz „Freilichtmuseum Königspfalz“ Tilleda Fahrstrecke ca. 18 km, Fahrdauer ca. 20 min., Ankunft ca. 9.20 Uhr

3.Tour (Mittwoch) Wir besichtigen zunächst das Freiluftmuseum Tilleda von 10-11 Uhr. Beginn: 11.00 Uhr; Ausgangspunkt ist der Parkplatz Freiluftmuseum Tilleda.

7 Strecke: Vom Freiluftmuseum Tilleda auf dem Kaiserweg durch das Wolwedatal in den Kyffhäuser (Markierung blauer waagerechter Balken, später grünes Dreieck) – Im Langen Tal – rechts steil hinauf auf schönem Pfad und oben rechts zum Parkplatz des Kyffhäuser-Denkmals – Ruine der Unterburg – Kyffhäuser-Denkmal (Eintritt ist kostenpflichtig) [8 km] Besichtigung und Aufstieg zur Aussichtsplattform (fraglich wegen Renovierungsarbeiten) – zum Gasthaus und dort rechts auf den Hangweg zur Ruine der Rothenburg [13 km] – steil abwärts in Richtung Kelbra – ein Stück vor dem Wald im spitzen Winkel in Richtung Tilleda – stets vor dem Wald (Markierung grüner Punkt) – Parkplatz Freiluftmuseum Tilleda. Länge: ca. 20 km Karte: TK 50 W Topografische Wanderkarte Südliches Harzvorland, 1:50.000. Dauer: ca. 7 + 1 Std. für Besichtigungen. Zurück: ca. 19.00 Uhr

Hinweise Ehemalige Kaiserpfalz Tilleda Die Kaiserpfalz – urkundlich seit 972 – war ein Hochzeitsgeschenk von Kaiser Otto II für seine Braut Theophanu aus Byzanz. Sie wurde bei einer kleinen Siedlung aus dem 7./8.Jh. auf dem Pfingstberg im 10.Jh. erbaut. Die Fundamente wurden freigelegt, einige ehemalige Gebäudeteile rekonstruiert.

Kyffhäuser-Denkmal Das Kyffhäuser-Denkmal wurde in der typischen „Kaiser-Wilhelminischen“ Bauphase, als überall in Deutschland nach der Gründung des Zweiten Deutschen Reiches 1871 geprotzt wurde, zu Ehren Kaiser Wilhelm I in der Zeit von 1890-96 erbaut. Das Denkmal steht auf den Resten der mittleren Burg, der ehemaligen Reichsburg Kyffhausen (erbaut 1122-1190). Der Turm (Aussicht) ist 81 m hoch, der Burgbrunnen ist mit 176 m der tiefste Europas.

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Anfahrt nach Stolberg

Bevor wir unser Hotel verlassen, verabschieden wir uns traditionell mit einem Lied von unseren Gastgebern. Abfahrt 9.15 Uhr. Anreise Von Artern auf B86 zur Autobahn A38, Auffahrt Sangerhausen-Süd, Abfahrt Berga (Nr. 13). Nach Berga bis zur ersten Kreuzung, dort rechts auf der L236 über Uftrungen und Rottleberode nach Stolberg (im Südharz). Parken Am Ortseingang rechts vor dem Freizeitbad „Thyragrotte“. Fahrstrecke ca. 50 km, Fahrdauer ca. 45 min., Ankunft ca. 9.45 Uhr

8 4.Tour (Donnerstag) Beginn: 10.00 Uhr; Ausgangspunkt ist der o.g. Parkplatz. Strecke: Ab Freizeitbad in östlicher Richtung auf den Kammweg (Markierung gelber waagerechter Balken) – entlang des Kammweges über den Georgenberg – Kreuzung mit dem Schwendaer Stadtweg (Schutzhütte) – weiter auf dem Kammweg und zur Hälfte um den Auerberg herum bis kurz vor die kleine Ortschaft Auerberg – steil hinauf auf den Auerberg (580 m) – zur Josephshöhe (Josephskreuz, Aussicht, kleine Gaststätte) [9 km] – entlang des „Weg der Lieder“ – Schindelbruch – Abstieg nach Stolberg, zunächst auf dem Straßberger Stadtweg – Kreuzung Sieben Wege – durch das Zechental (alte Poststraße) – Stolberg [13 km] – hinauf zum Schloss derer von Stolberg zu Stolberg (Aussicht) – durch die fachwerkbunte Innenstadt (Rathaus nur mit Außentreppe) und zurück zum Parkplatz vor der Thyragrotte. Länge: ca. 16 km Karte: TK 50 W Topografische Wanderkarte Südliches Harzvorland, 1:50.000. Dauer: ca. 7 Std. Zurück: ca. 17.00 Uhr

Hinweise Stolberg – Thomas Müntzerstadt Stolberg – die „Perle des Südharzes“ genannt – ist ein Kurort, er liegt eingeklemmt in drei tief eingeschnittene zusammenlaufende Täler. Hier wurde Thomas Müntzer, der Anführer im thüringischen Bauernkrieg geboren. Viele alte Fachwerkhäuser (Traufenhäuser) stammen aus dem 17./18.Jh. Im Schloss oberhalb der kleinen Stadt residierten die Grafen von Stolberg zu Stolberg.

Josephskreuz Kein Geringerer als der große Baumeister Schinkel hat das mächtige eiserne Kreuz entworfen. Es ist mit einer Höhe von 38 Metern das größte Doppelkreuz der Welt. Der Stolberger Graf Joseph ließ es 1833 erbauen.

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N o t i z e n

9 Viertage-Wanderung im Unteren Eichsfeld und Ohmgebirge 21.- 24.Mai 2012

Noch nie nahmen an einer Viertage-Wanderung so viele teil, wie in diesem Jahr: 22 Personen, 10 Frauen und 12 Männer, davon 6 sogenannte „Neulinge“. Mit 6 Autos geht es um 7 Uhr in Melsungen vom neuen umgebauten Parkplatz am Bahnhof los. Als wir eine Stunde später gleich hinter der Grenze nach Thüringen Hohengandern erreichen, schließen sich Gerlinde und Horst Scheidemann aus Kassel mit ihrem Auto uns an. Kurz hinter Hohengandern, auf der schmalen Straße nach Niedergandern, Thüringen wieder verlassend und somit auch die ehemalige deutsch-deutsche Grenze passierend, halten wir bei der Hottenroder Kirche an. Als diese Kirche gebaut wurde, gab es noch den Ort Hottenrode. Er wurde aber um 1400 wüst. Die Kirche diente außer den Hottenrodern auch denen von Niedergandern und Besenhausen. Diese Praxis wurde auch nach dem Wüstwerden von Hottenrode beibehalten. Nun muss man wissen, dass die Kirche im heutigen Niedersachsen steht, zur damaligen Zeit also im Herzogtum Braunschweig. Wie die Landgrafschaft Hessen zur Zeit Philipp des Großmütigen war im Zuge der Reformation auch das Herzogtum Braunschweig der Lehre Luthers beigetreten, wie auch die meisten adligen und einfachen Menschen im Eichsfeld.

Nachfolgebau (18.Jh.) der mittelalterlichen Wüstungskirche

In der Hottenroder Kirche wurde somit die neue Lehre Luthers gepredigt. Durch eine radikale Gegenreform mithilfe der Jesuiten schafften es die Mainzer Erzbischöfe, die meisten Eichsfelder wieder zum alten Glauben zurückzuführen. Evangelische Gottesdienste waren fortan bei Strafe verboten. Weil in der Hottenroder Kirche jedoch weiterhin evangelisch gepredigt wurde, besuchten die evangelisch gebliebenen Eichsfelder, die Grenze überschreitend, verbotenerweise diese Gottesdienste. Das führte dazu, dass der Kurmainzer Amtmann 1575 die Hottenroder Kirche besetzen ließ und keine evangelischen Gottesdienste mehr duldete. Die Braunschweiger eroberten die auf ihrem Territorium liegende Kirche zurück. So ging es noch einige Male hin und her. Letztlich blieb es bis heute bei den evangelischen Gottesdiensten. Noch heute dient der Platz um die Kirche als Friedhof für das Rittergut Besenhausen (der Ort Besenhausen wurde wie Hottenrode wüst) und Niedergandern. Und an Himmelfahrt finden Wallfahrten nach hier statt.

10 Die Kirche ist ein Symbol der hier stattgefundenen Glaubenskriege.

Auf dem Friedhof erinnert eine Grabplatte an die Herren von Hanstein, die auf dem nahen Rittergut Besenhausen zwischen 1541 und 1896 die Erbherren waren. Die Hottenroder Kirche war ihre Patronatskirche.

Nur noch wenige Kilometer sind es bis nach Reiffenhausen, wo wir am Parkplatz vor dem Campingplatz zur ersten Tour aufbrechen. Wir steigen hinauf zum Heidkopf, unter dem die neue Autobahn vom Dreieck Drammetal nach Halle/ durchfährt. Oben am Waldrand öffnet sich der Ausblick auf Kaufunger Wald mit Bilstein, den Meißner und den Höhenzug Dün, der dem Leinetal gegenüber liegt.

Doch unsere Aufmerksamkeit gilt der gleich-förmigen Kegelgestalt des Rustebergs, dem „Wächter des Eichsfelds“. Von dort oben aus verwalteten die kurmain- zischen Statthalter Jahrhunderte lang bis 1522 das Eichsfeld, bevor sie das wohnlichere Heiligenstadt als ihren Wohnsitz wählten. Auf diesen Berg wollen wir hinauf!

Doch zunächst geht es zur Wallfahrtskapelle St. Maria Magdalena, vor der wir einen pas- senden Rastplatz zum Früh- stücken finden. Roland trägt uns dort eine lustige Geschichte von einer Wald-Capelle vor, die mit einem WC verwechselt wurde.

11 Die Kapelle wurde nach einem Gelübde des Pfarrers von Kirchgandern, Werner Backhaus, 1852 errichtet, weil Kirch- gandern von einer Cholera-Epidemie in 1850 vollständig verschont geblieben war. Zudem entstand von dem Ort nach hier oben ein Stationsweg. Die Kapelle weihte man der Maria Magdalena. Wegen der direkten Grenznähe wurden während der DDR-Diktatur Kapelle und Stationsweg abgerissen, die Trümmer in der Gegend verstreut. Nach der Wende wurde 1991 die Kapelle neu errichtet und fünf Jahre später auch der Stationsweg. Wir gehen ein Stück den Stationsweg entlang, um aber bald vor dem Wald mit Blick auf den Rusteberg wieder unseren Hauptweg zu erreichen. Von dem ehemaligen Todesstreifen hat die Natur längst Besitz ergriffen, er lässt sich kaum noch erkennen. Der Weg bringt uns bergab in den thüringischen Ort Rustenfelde, vorbei an einer alten Sommerlinde, die man 1735 pflanzte, als hier der nebenstehende Bildstock eingeweiht wurde. Der Ort, der wegen seiner Nähe zur Grenze im Sperrbezirk lag, lässt sich kaum noch von Orten im Westen unterscheiden. Er hat sich geradezu herausgeputzt, wie uns scheint.

Wir steigen durch kniehohes Gras dem auf- ragenden Rusteberg zu, begleitet von Aus- sichtspunkten in die weite Landschaft.

Auf dem knapp 400 m hohen Gipfel ist von der ursprünglichen Bebauung nur noch eine dem Verfall preisgegebene Kapelle geblieben. Die Steine von der ehemals befestigten Burg fanden auf halber Höhe des Berges beim Bau eines mainzischen Amts- hauses (Mitte 17.Jh.) bzw. beim Häuserbau des Dorfes Marth Ver- wendung.

12

Wir müssen nach einer Rast mit Blick auf Marth zurück nach Rustenfelde und steigen von dort durch eine Mulde in Richtung Rohrberg hinauf, um dort wieder den ehemaligen Grenzstreifen zu erreichen. Unsere Frauen vorneweg. Sie treten uns durch das hüfthohe Gras einen Weg. Über zahlreiche Stufen erreichen wir steil ansteigend die alte Grenze. Der Kolonnenweg wurde zurückgebaut und der landwirtschaftlichen Nutzung geopfert.

Es ist sehr warm, und so gönnen wir uns eine weitere Rast auf dicken Buchenstämmen am Wegesrand. Um wieder den rhythmischen Wanderschritt zu finden, stimmt Roland einige Wanderlieder an. Und siehe, wir kommen viel leichter voran damit. Im schattigen Wald am Schierenberg streben wir ständig bergab auf bequemem Weg unserem Ausgangspunkt zu. Am Campingplatz bei Reiffenhausen hat der Wirt der bescheidenen Gastwirtschaft mit unserem Durst ein Einsehen. „Eigentlich habe ich heute geschlossen und wollte Gras mähen, doch Euch zu bedienen macht weniger Arbeit“, so sein ehrlicher Kommentar.

Mit unseren Autos machen wir beim Gut Besenhausen halt, um uns den gut erhaltenen Sitz der Besenhäuser Linie der Herren von Hanstein anzuschauen. Sie

13 verließen ihre Burg Hanstein 1522 und wurden hier auf dem ihnen 1307 überlassenen Lehen sesshaft. 1836 erbauten sie die erste Zuckerfabrik in der damaligen Preußenprovinz Sachsen, um ihre Zuckerrüben zu verarbeiten. Noch heute bewohnen nach dem Aussterben der männlichen Linie der Hansteiner im Jahre 1896 deren nachfolgenden Familienmitglieder, inzwischen in der 28.Generation. Auf 150 ha Ackerland werden weiterhin landwirtschaftliche Produkte, außer Zuckerrüben vor allem Raps und Getreide, angebaut.

Das Wirtschaftsgebäude von 1743 mit dem Uhrturm und der mächtigen Hoflinde (links), Rückansicht der Hofgebäude mit der vorbeifließenden Leine (rechts)

Wir begehen den weitläufigen Wirtschaftshof, überqueren die Leine, gehen an ihr ein Stück entlang, um bei der ehemaligen Getreidemühle des Guts wieder zurückzukehren. Das gesamte Anwesen strahlt eine wohltuende Ruhe aus und versetzt uns in eine längst entschwundene Zeit. Doch diese Oase drohte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört zu werden, als aufgrund des Potsdamer Abkommens der Siegermächte die Demarkationslinie mitten durch das Gut gezogen wurde: Der größte Teil der Gebäude lag nun auf russischer, die Ländereien auf britischer Seite. Durch zähe Verhandlungen konnte der damalige Gutsherr Freiherr Friedrich Wilhelm von Wintzingerode den russischen Kommandanten zu einer Grenzkorrektur überreden, allerdings um den Preis einer drei Tage andauernden Plünderung. Vieh, Möbel und alles, was beweglich war, ging verloren. An der Straße unweit vom Gut Besenhausen, unmittelbar an der innerdeutschen Grenze auf westlicher Seite, ist ein Gebäude erhalten geblieben, das für 2,5 Millionen Flüchtlinge und Aussiedler aus Osteuropa zum „Tor der Freiheit“ wurde. Von hier aus kamen sie in das Grenzübergangslager Friedland.

Unsere Autos bringen uns auf der neuen Autobahn nach Leinefelde-Worbis. Weil um Worbis herum eine Umgehungsstraße gerade im Bau ist, aber die Abfahrt nach 14 Wintzingerode, wohin wir wollen, noch fehlt, fahren wir, die entsprechenden Hinweise übersehend, kopflos in der Gegend umher. Doch schließlich erreichen wir unser Ziel, das Waldhotel Katharinenquell in Wintzingerode, in ruhiger Lage oberhalb des Ortes. Dort werden wir von Herrn Brehmer erwartet. Gegen 19.30 Uhr treffen wir uns vor dem Restaurant zum Abendessen im Freien.

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Am nächsten Morgen ist Frühstücken um 7.45 Uhr angesagt. Unsere heutige Tour geht vom Hotel aus in das Ohmgebirge über die Burg Bodenstein und auf den sagen- umwobenen Sonnenstein. Also stehen für heute einige Anstiege auf dem Programm.

Der Fahrweg zur Burg ist recht steil und steinig, liegt aber im Schatten. Nach einer halben Stunde stehen wir vor der beeindruckenden Burganlage und gelangen über eine Zugbrücke in deren inneren Hof. Von dieser Burg aus herrschten ab 1337 die edelfreien Herren von Wintzingerode zunächst in einer Ganerbengemeinschaft und ab 1448 allein. Zuvor war ihr Stammsitz das Dorf Wintzingerode am Fuße des Berges. Der bekannteste – wohl auch berüchtigtste – des Freiherren- Geschlechts, Barthold XI, mit unserem Landgrafen Philipp dem Großmütigen befreundet, führte in seiner Herrschaft die Reformation ein und bekämpfte den Absolutismus der weltlichen und geistlichen Fürsten. Weil er dadurch dem Mainzer Kurfürsten und Erzbischof zu un- bequem wurde, machte man ihm einen Scheinprozess, verurteilte ihn zum Tode und ließ ihn 1575 in Mainz öffentlich enthaupten. Durch Umbauten entstand das heutige Schloss, das die Familie von Wintzingerode bis nach 1945 bewohnte, als sie durch das DDR- Regime enteignet wurde. Die protestantische Gräfin Gisela von Wintzingerode konnte wenigstens das Anwesen an die Evangelische Kirche von Sachsen und somit für kirchliche und diakonische Zwecken retten. Das ist so bis heute geblieben. 15 Wir müssen uns regelrecht losreißen vom romantischen Zauber dieser herrlichen Burg und folgen dem breiten Weg am Rande des Bornbergs entlang zum Rastplatz an der alten Wehnder Straße. Hier werden wir am Nachmittag wieder vorbeikommen, wenn wir die „Steile Trift“ hinter uns gebracht haben. Auf dem allmählich in Richtung Holungen abfallenden Weg passieren wir das ehemalige Forsthaus Seegel.

Beim Einmarsch in das Berg- arbeiterdorf Holungen grüßt uns der aufragende Sonnenstein linker Hand und eine mächtige rote Schutthalde rechter Hand.

Der Anstieg zum unbewaldeten 484 m hohen Sonnenstein kostet uns einigen Schweiß, doch oben beim mächtigen Kreuz sorgt ein frischer Wind für Kühlung. Vor der Mittagsrast, bestaunen wir die Aussicht auf Duderstadt, den Harz und den roten Holunger Berg.

Steil geht es dann vom Sonnenstein, der den heidnischen Germanen vom Stamme der Sachsen für ihren Götterkult diente, hinab in die „Eichsfelder Pforte“, durch die 16 schon im Mittelalter die Händler mit ihren mit Waren beladenen Wagen entlang zogen. Nebenan hat man dem großen Eichsfelder Heimatdichter Pfarrer Hermann Iseke zu seinem 100.Geburtstag einen Gedenkstein aufgestellt. Der weitere Wegeverlauf ist etwas unwirsch, auch fehlt jegliche Markierung. Deshalb sind wir froh nach einem Stück des Weges auf der Landstraße und einer kaum als Weg zu bezeichnenden Passage im Unterholz, einen beschilderten Weg in Richtung Burg Bodenstein gefunden zu haben. Der lässt uns entlang am nordseitigen Abhang des Ohmgebirges allerdings viele Höhenmeter verlieren, die wir anschließend beim Aufstieg durch die „Steile Trift“ mühsam wieder zurückgewinnen müssen. Dieser schmale mit Stufen versehene steile Gebirgspfad diente von 1945 bis 1960 als Schmuggler- pfad zwischen Ost und West.

Wir sind froh, als alle wohl- behalten oben angekommen sind. Hier ist erst einmal eine Verschnaufpause vonnöten.

Der Rest des Weges nach Wintzingerode hinab durch den Düstergrund ist nun nur noch ein Spaziergang. Zudem lässt uns die Vorfreude auf den Abend vor unserem Hotel einen Schritt schneller gehen.

17

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Mit unseren Autos fahren wir zur Nesselröder Warte. Hier befand sich bis 1640 eine Schutzwarte von Duderstadt, danach ein Forsthaus für den „Knickförster", heute hat sich ein Campingplatz angesiedelt. Unsere heutige Tour soll uns mit dem „Duderstädter Knick“ bekannt machen und mit dem Ort Böseckendorf, der 1961 mit der größten Massenflucht aus der DDR für Schlagzeilen sorgte. Und unsere sechs „Neulinge“ sollen heute getauft werden.

Während der Autofahrt nach hierher hatte es kurz geregnet, doch als wir unsere Autos verlassen, scheint schon wieder die Sonne. Desto fröhlicher trin- trinken wir unseren morgendlichen Sekt und singen unser Auftaktlied.

Am Rande des „Köllschen Holz“ vorbeikommend, erfreut uns ein Lama, das uns aus einem Weideschlag heraus gemeinsam mit einer Herde Ziegen erstaunt aber ausge- sprochen freundlich entgegenschaut.

18 Auf der Höhe des Roten Uferbergs beginnt dann eine „Irrwanderung“ der besonderen Art. Wir erreichen zwar den gesuchten „Duderstädter Knick“, eine zum Schutze der Landbevölkerung um Duderstadt herum angelegte Landwehr, nicht aber den richtigen Weg. Erst nach einigem Suchen und einem Umweg von etwa 2 Kilometern Länge sind wir wieder auf der geplanten Route. Man möge es mir verzeihen, dass ich nicht rechtzeitig meinen Kompass zur Unterstützung eingesetzt habe. Dementsprechend verspätet fassen wir deshalb Frühstücks- und Mittagspause zusammen, sobald wir in dem kleinen Ort Etzenborn am Dorfanger einen geeigneten schattigen Platz finden. Roland muss wohl geahnt haben, dass es für die Taufe diesmal an Wasser fehlen würde, denn er hatte stattdessen genügend Sekt im Rucksack mitgeschleppt. Den verwendet er für den Weiheakt. Nach der Art einer Massentaufe stellen sich die sechs Täuflinge der Reihe nach auf, Roland spricht die Taufformel, benetzt das Kopfhaar eines jeden Einzelnen mit der schäumenden Flüssigkeit, gibt jedem einen Beinamen und nimmt sie in unsere kameradschaftliche Ge- meinschaft der „Jedermänner“ auf. Nun gehören die „Neuen“ zu uns. Es sind: (v.l.n.r.) Dieter, Udo, Hannelore, Gerlinde, Horst und Reinhard

19 Weiter geht es nach der erholsamen Pause den Mühlberg hinauf zur früheren Zonengrenze und ab dort weiter auf dem Kolonnenweg. Den Todesstreifen haben schnell wachsende Bäume für sich in Anspruch genommen.

Wir verlassen die alte Grenze am Pfaffenberg und gelangen ab- wärts, zuletzt auf einer Kreis- straße, nach Böseckendorf. Am 2.Oktober 1961 flohen aus diesem Ort 53 Personen aus 16 Familien gemeinsam während der Nacht in den 700 Meter entfernten Westen nach Nesselröden, bevor die Grenze „dicht“ gemacht wurde. Ein Ereignis, das im Westen für Schlagzeilen sorgte und auf die schlimme Situation der DDR- Bevölkerung in dem bald danach abgeriegelten Sperrbezirk auf- merksam machte.

Wir gehen diese 700 Meter zur Grenze, die heute ihren Schrecken verloren hat und nur noch zwei friedlich gesonnene deutsche Bundesländer – Thüringen und Niederachsen – begrenzt. Der deutsch-amerikanische Künstler Roger Bischoff hat direkt am Grenzübergang ein symbolisches Kunstwerk geschaffen: Die beiden zueinander geneigten Steinsäulen stellen zwei Menschen dar, die zueinander wollen, wie einst die aus Böseckendorf und Nesselröden, wie eigentlich alle Menschen hüben und drüben. Der dreieckige Stein dazwischen, dessen Sockel tief in die Erde hineinreicht, also begraben liegt, symbolisiert, wie auch die Vorurteile der Menschen be- graben werden sollten.

Auf dem schattigen Platz generieren wir unsere Kräfte für den Rückweg zur Nesselröder Warte. Denn die liegt, wie es sich für eine solche Warte gehört, auf 20 einer Anhöhe. Das heißt für uns, dass wir noch einen Anstieg vor uns haben. Wir benutzen für diesen Anstieg den Dutenborn- grund, aber auch hier ist es ein Zufall, den richtigen Weg zu finden.

Am letzten Abend vor unserem Hotel erleben wir wieder schöne Stunden in lustiger Runde. Einige Lieder gehören auch dazu. Diesmal wird es später als an den Tagen zuvor.

* * *

Das letzte Frühstück im Hotel wird noch einmal richtig genossen. Zwar steht uns noch die vierte Tour bevor, dennoch spürt jeder mit dem Abschied von diesem Hotel, in dem wir uns wohl und umsorgt gefühlt haben, dass die vier Tage zu Ende gehen. Wir nehmen wieder Abschied mit einem Gruppenbild und mit einem Lied.

21 Unsere Autos bringen uns zum Grenzland-Museum Eichsfeld bei Teistungen. Die letzte Tour ist dem Grünen Band am ehemaligen Todesstreifen gewidmet, entlang jeweils einer Runde um den Lindenberg und den Pferdeberg. In Nähe des Museums wurde 1973 im Rahmen des sogenannten „Kleinen Grenzverkehrs“ die Grenzübergangsstelle Worbis-Duderstadt eingerichtet, deren Gebäude für die Grenzabfertigung auf der östlichen Seite in das Museum integriert

sind. Wir überqueren die B247 in der aufwendigen Überführung aus Stahl und Glas und gelangen auf das Gelände des früheren Nonnenklosters Teistungerburg, dessen Gebäude bis auf den Rinderstahl schon Mitte der 70er Jahre wegen der direkten Nähe zur Grenze abgetragen wurden. Heute befinden sich auf dem Areal ein Hotel und ein Schwimmbad. Hinter dem Ort Teistungen streben wir in offener Landschaft dem Lindenberg in Richtung Wehnde zu. Der kühle Wind von vorn ist uns sehr willkommen.

Vor Wehnde queren wir am Hang hinüber zum Kutschenberg, auf dem sich das Mahnmal „West- Östliches Tor“ befindet. Zwei große Eichenstämme, die am Boden mit einer Edelstahl- schwelle miteinander verbunden sind, sollen eine dauerhafte Freundschaft zwischen Ost und West symbolisieren. Der ehe- malige russische Präsident Michail Gorbatschow, dem wir die Wiedervereinigung Deutsch- lands zu verdanken haben, hatte

22 das Denkmal vor 10 Jahren hier eingeweiht. Wir nehmen den Platz für über eine Stunde für uns in Anspruch, um zu ruhen und zu rasten. Weiter geht es dann auf dem Kolonnenweg, den wir kurz vor der Landstraße nach links verlassen, um bald den Bundespräsidentenweg zu erreichen. Alt- Bundespräsident Karl Carstens kam auf seiner Wanderung von der Ostsee nach Garmisch-Partenkirchen in den frühen 80er Jahren auch hier nahe der Zonengrenze vorbei. Wir gehen direkt auf Duderstadt zu, deren Türme und rote Dächer der Fachwerkhäuser uns grüßen. Doch wir biegen nach links zum Waldrand ansteigend ab, um erneut den Kolonnenweg und auf diesem zum Grenzmuseum zurückzukehren. Doch zuvor finden wir am Waldrand eine schattige Schutzhütte mit Blick auf Duderstadt, bei der wir kurz verweilen.

Dann sind wir zurück an der B247, wo sich vor der Wiedervereinigung die Grenzübergangsstelle Worbis-Duderstadt befand und jetzt das Grenzland-Museum Eichsfeld. Gleich hinter der B247 beginnen wir mit der Runde um den Pferdeberg, überbrücken das kleine Flüsschen Hahle und benutzen den Wirtschaftsweg, um nach einem kräftigen Anstieg beim Pferdebergturm die herrliche Aussicht bis zum Brocken und auf Duderstadt sowie einen großen Teil unserer Wandertouren der letzten Tage zu genießen. Die wenig dahinterliegende Gaststätte entpuppt sich leider nicht als die, bei der ich für 15.30 Uhr unsere Gruppe zum Kaffeetrinken angemeldet hatte. Ich nahm nämlich an, das Ferienparadies am Pferdeberg würde sich hier befinden. Die Nachfrage bei der Wirtin ergibt jedoch, dass nichts bestellt sei und das Ferienparadies 10 Minuten entfernt liege. Zu meinem Entsetzen geht es nun ständig bergab, wollte ich doch in entgegengesetzter Richtung den Pferdeberg umrunden. Daraus wird nun nichts. Zu all dem Ärger, den ich mir mache, reichen die vorhergesagten 10 Minuten keineswegs aus, auch ist es schwierig, den Ort unserer Suche zu finden. Endlich sind wir da und nehmen den schattigen Platz vor dem Restaurant für uns in Anspruch.

23 Mit Blick auf das nahe Duderstadt lässt es sich hier gut rasten bei einem heißen Kaffee und einem Stück Torte. So schön ist Wandern!

Ich ändere dann meinen Plan für den weiteren Weg, indem wir nach Gerblingerode absteigen und den Talweg an der Hahle entlang zurück zum Grenzland-Museum benutzen. Wir überqueren ein weiteres Mal die Hahle und kommen an einem Mahnmal vorbei, das eine sym- bolische Öffnung in dem aus Streckmetall bestehenden Sperr- zaun darstellt, die mit Stachel- draht versehen aber einen Durch- schlupf unmöglich macht.

Am Grenzland-Museum, wo unsere Autos auf uns warten, endet unsere Viertagewanderung.

Mein persönliches Fazit: Wir wissen nun, wo das Ohmgebirge liegt und was es damit auf sich hat. Wir wurden an drei Tagen mit der gottlob überstandenen deutschen Teilung konfrontiert, wenn wir an der ehemaligen Grenze mit ihrem unüber- windbaren Todesstreifen unterwegs waren. Wir trafen einige Mahnmale, die auf die Trennung und die damit verbundenen Schicksale erinnern sollen, aber auch vor einer Wiederholung solcher Verbrechen mahnen. Wir haben mit dem Unteren Eichs- feld ein schönes Stückchen Deutschland näher kennengelernt, mit einem kleinen Einblick in seine regionale vom mainzischen Erzbistum geprägten Geschichte. Und wir sind etwa 75 km gewandert, immer im Sonnen- schein und mit Freude im Herzen. Unsere Gemeinschaft der Vier- tagewanderer ist mit den „Neu- lingen“ um sechs Personen angewachsen. Ich freue mich jetzt schon auf unsere 40.Jubiläums- Wanderung im nächsten Jahr in das Gebiet des Kyffhäuser- gebirges.

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