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Unterwegs im Bleiberger Tal

Von Peter Wiesflecker

Ziel: Marktgemeinde (polit. Bezirk Villach-Land) u. a. mit den Orten Bad Bleiberg, Bleiberg-Nötsch und Bleiberg-Kreuth. Anreise: Bei der Anreise über Villach gibt es zwei Möglichkeiten, das Bleiberger Tal zu erreichen: a) Anreise von Villach (Stadtgrenze) über die B86 („Bleiberger Landesstraße“) über Obere Fellach, Mittewald und Heiligengeist in das Bleiberger Tal, das man mit dem Ort Hüttendorf erreicht. b) Fahrt über A2 durch das Untere Gailtal bis Abfahrt Richtung Hermagor über den sog. Gailtalzubringer bis zur Abzweigung nach Nötsch; durch diesen Ort über die Richtung Bleiberg führende „Bleiberger Landesstraße“ (L35), wobei man hier als ersten Ort des Bleiberger Tales Bleiberg-Kreuth erreicht. Sehenswürdigkeiten: Bad Bleiberg: Katholische Pfarrkirche, Gemeindeamt (ehemaliges Gewer- kenhaus bzw. Direktionsgebäude der BBU), Gewerkenhäuser der Familien Holenia, Perscha und Mühlbacher, Knappenhaus sowie Bartholomäuskapelle, Denkmal zur Erinnerung an das Lawinenunglück 1879, Denkmal für Romuald Holenia; Rundgang durch den Ort. Bleiberg-Nötsch: Evangelische Pfarrkirche, Gewerkenhaus „Theresienhof“ der Familie Jakomini, Antoni-Schacht mit Förderturm, Aufbereitungsanlage, Bergschmiede und Museum; Rundgang durch den Ort. Bleiberg- Kreuth: Katholische Pfarrkirche, Heinrichhütte, Hüttenschafferhaus und Antoni-Grubenhaus, Bürger- und ehemalige Gewerkenhäuser; Rundgang durch den Ort. Schwierigkeitsgrad und Dauer: Einfache Spaziergänge durch die einzelnen Orte, die leicht zu bewältigen sind. Hinweise und Empfehlungen: Die Kirchen sind nicht immer geöffnet. Die im Beitrag angeführten Gebäude, insbesondere die Gewerkenhäuser, befinden sich nahezu ausschließlich in privatem Besitz. Weitere Informationen bietet die Tourismusinformation Bad Bleiberg (Thermenweg 1 9530 Bad Bleiberg; Tel.: +43 4244 31306; E-Mail: [email protected] bzw. die Homepage: www.bad- bleiberg.at). Die Marktgemeinde Bad Bleiberg ist eine der vier Gemeinden im rund 7.250 Hektar großen Naturpark Dobratsch, dem ältesten Naturschutzgebiet Kärntens. Dieser hat vom Bleiberger Tal ausgehend (Bad Bleiberg) den sog. Stollenwanderweg erschlossen, der auf knapp 5 Kilometer bis auf eine Seehöhe von 1.000 m führt und über „verschiedene Themen wie Mineralien, Geschichte des Bergbaus, Thermalwasser und Heilklimastollen informiert“. Der Naturpark Dobratsch bietet auf seiner Homepage eine detaillierte Beschreibung dieses als „leicht“ klassifizierten Wanderweges inkl. Hinweise auf notwendige Ausrüstung und Parkmöglichkeiten. Vgl.: https://www.visitvillach.at/de/stollenwanderweg-bad-bleiberg.html

Die heutige Marktgemeinde Bleiberg wurde 1850 als politische Gemeinde eingerichtet und 1930 zur Marktgemeinde erhoben. Seit 1978 lautet der Gemeindename Bad Bleiberg. Die Marktgemeinde setzt sich aus den beiden Katastralgemeinden Bleiberg und Kreuth zusammen und umfasst die fünf Orte Bad Bleiberg, Hüttendorf, Kadutschen, Bleiberg-Nötsch und Bleiberg-Kreuth. Auch heute noch präsentiert sich das Bleiberger Tal – es wird auch die Bezeichnung Bleiberger Hochtal verwendet – als wirkmächtige Naturkulisse im Schatten des Dobratsch. In der Montangeschichte Kärntens nimmt diese Kleinregion einen besonderen Platz ein. Sie ist nach wie vor ein beeindruckendes Zeugnis einer langen montanistischen Vergangenheit, die für eine breite Öffentlichkeit vor allem mit der 1868 gegründeten Bleiberger Bergwerksunion (BBU) verbunden ist. Damals wurden die bis dahin bestehenden einzelnen montanistischen Betriebe des Tales (sog. „Gewerkschaften“) zu einem Unternehmen vereinigt, dessen zweiter bedeutender Betriebsstandort der Untergailtaler Ort Gailitz (Marktgemeinde Arnoldstein) war. In Verbindung mit ihm war das Bleiberger Tal bis ins späte 20. Jahrhundert einer der bedeutendsten Industriestandorte Kärntens. Die Montan- und Wirtschaftsgeschichte des

Newsletter Nr. 6/2019 © Geschichtsverein für Kärnten Bleiberger Tales hat mehrfach Bearbeitung gefunden, sodass hier in Folge nur auf die Eckdaten hingewiesen wird.

Blick ins Bleiberger Tal

Anlässlich der Landesaufnahme durch den sog. Franziszeischen Katasters in den frühen 1830er-Jahren wird die Region als ein eigenes hochgebirgiges Thal, … zwei Meilen westlich von … Villach an einer … in das Gailthal führenden Kommerzialstraße beschrieben. Die klimatischen Verhältnisse galten als vorherrschend rauh und kalt, obwohl die Sonne in langen Sommertagen sich hier stark anlegt. Ungeachtet der relativ günstigen verkehrstechnischen Anbindung nach Villach und ins Untere Gailtal waren die Schwierigkeiten bei der Deckung der Grundversorgung über lange Zeit eine Konstante des Alltages, die sich in Krisenzeiten naturgemäß verschärften. Landwirtschaftliche Nutzflächen waren rar und nur die wenigsten Bewohner verfügten über einen einigermaßen ausreichenden Grundbesitz, der eine Eigenversorgung zuließ. Selbst jene, die einen Hausgarten ihr Eigen nannten, kleine Acker- oder Wiesenstücke besaßen oder in Pacht hatten, deckten daraus nur mit Mühe ihren Bedarf. Die kaiserlichen Landvermesser befanden zu Beginn der 1830er-Jahre zudem, dass die Erzeugnisse des Wiesen-Gartens und jene des Egartenlandes nur von mittelmäßiger Qualität seien. Erwerb von Haus- oder noch so bescheidenem Grundbesitz bedeutete in dieser Gesellschaft einen wesentlichen Schritt zur sozialen und wirtschaftlichen Absicherung. Die Lebenswirklichkeit vieler Familien war bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts prekär. Die Wohnung zur Miete auf Zimmer-Küche gehörte in den 1930er-Jahren für bis zu zehnköpfige Arbeiterfamilien im Bleiberger Tal durchaus zur Realität. Eingeschränkte Heirats- möglichkeiten, die uneheliche Mutterschaft zur Folge hatten, drängten vor allem Frauen an den sozialen und wirtschaftlichen Rand. Unverheiratete oder verwitwete Bergarbeiterinnen, die mit ihren Kindern unter schwierigsten Bedingungen ihr Fortkommen fristeten oder in tristen Wohnverhältnissen lebten, waren Teil des Alltags. Diese wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Lebensverhältnisse waren aber auch Anlass zur Organisation und Selbsthilfe. Dies betraf nicht nur die Politik und den Arbeitsalltag im Berg. 1866 gründeten

Newsletter Nr. 6/2019 © Geschichtsverein für Kärnten die Bleiberger Bergarbeiter den ersten Konsum- und Sparverein „Selbsthilfe“. Die seit den 1870er-Jahren von Seiten der Bleiberger Bergwerksunion getroffenen Maßnahmen, die vorerst zumindest Mindeststandards wie die Beschränkung der Tagesarbeitszeit oder das Verbot der Kinderarbeit garantierten, rundeten dies ab. Die Mitarbeit von Kindern und Frauen hatte im Bleiberger Tal eine lange Tradition und war vor allem eine Notwendigkeit, da die Familien auf den Zuverdienst der einzelnen Familienmitglieder angewiesen waren. Der Beginn der langen Bergbautradition im Bleiberger Tal kann bereits im 13. Jahrhundert angesetzt werden, wenngleich die frühesten schriftlichen Zeugnisse aus dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts stammen. 1333 finden wir die erste urkundliche Erwähnung des Bleyberges in einer Urkunde des Bamberger Bischofs Werntho. Villach, das Villacher Umland, das Untere Gailtal und das Kanaltal waren bis zum Erwerb durch die österreichischen Regentin Maria Theresia im Jahr 1759 Bamberger Gebiet. Das Bergregal, die Gewinnung von und der Handel mit Erz, stand dem jeweiligen Lehensherrn, im konkreten Fall dem Bischof von zu, der es gegen Geldleistungen an Dritte weitergab. Die Vergabe solcher Rechte waren auch eine Möglichkeit, die notorisch leeren Kassen hoher Herren zu füllen, wie 1335, als der Bischof von Bamberg seine Besitzungen in Kärnten, darunter auch goltperk und pleyberk, dem damaligen Landeshauptmann Ulrich von Pfannberg verpfändete. Am Ende des Mittelalters erlebte der Bergbau im Bleiberger Tal seine erste Hochblüte. Zu jenen, die sich hier wirtschaftlich engagierten, zählte auch das Augsburger Handelshaus Fugger. Aus dieser Zeit stammt die erste Bleiberger Bergordnung, deren gültige Fassung 1496 vom Bischof von Bamberg bestätigt wurde. 1550 sollte eine weitere folgen, die ebenfalls der Bischof von Bamberg konfirmierte. Im frühen 16. Jahrhundert dürften rund 1.500 Personen am und im Bleiberg tätig gewesen sein. Ihre Familienangehörigen eingeschlossen dürfte der Bleiberger Berg damals rund 5.000 Personen erhalten haben. Kam es zu Einbrüchen beim Absatz, wie ab der Mitte des 16. Jahrhunderts, so gab es keine Alternativen im Erwerb. Die Folge war, dass die Bergarbeiter gezwungen waren, das Gebiet zu verlassen, um anderswo ein Aus- und Unterkommen zu finden. Mit jeder Abwanderung bzw. einer Anwerbung für eine andere montanistische Destination ging auch Expertenwissen verloren. 1558 widersetzte sich etwa der Kärntner Landeshauptmann den Versuchen der Fugger, Bleiberger Bergleute abzuwerben. Am Ende des ersten Drittels des 19. Jahrhunderts zählte die Talschaft rund 4.300 Einwohner, dreißig Jahre (1861) sogar knapp 5.200 Einwohner. 1880 sank die Zahl erstmals unter die Marke von 4.000. Einen Tiefpunkt erreichte man in den wirtschaftlichen Krisenzeiten der 1920er- und frühen 1930er-Jahre, als der Bergbau (nahezu) zum Erliegen gekommen war, um in den folgenden Jahrzehnten wieder und zum Teil deutlich anzusteigen (1951: 3.771 Einwohner). Das Ende des Bergbaus im Jahr 1993 bedingte seit den 1990er-Jahren eine deutliche Abnahme der Wohnbevölkerung von 3.141 Einwohnern im Jahr 1991 auf 2.242 im Jahr 2019. Die lange montanistische Tradition des Tales fand ihre Entsprechung auch im 1967 verliehenen Gemeindewappen von Bleiberg. Dieses zeigt in gespaltenem Schild, vorn in Blau über schwarzem Fuß einen silbernen Springbrunnen: Aus einer silbernen, durch eine zweiwurzelige silberne Wasserader gespeiste Brunnenschale, deren Oberkante die Teilungslinie bildet, steigt senkrecht ein silberner Wasserstrahl auf, der in der Höhe nach links und dann nach rechts gespalten und wieder rückläufig ist. Hinten in Grün ein goldenes Bleizeichen, dessen Schenkel von einem goldenen Bergmannzeichen überlegt sind. Das Gemeindewappen nimmt damit aber auch auf Bleiberg als Kurort Bezug. 1951 war es bei einem Stollenbau zu einem Wassereinbruch gekommen, der eine Thermalquelle freilegte. 1966/67 wurde das erste Thermalbad errichtet. Die Therme, die Bleibergs Ruf als Kur- und Thermalbadeort begründete, wurde zwar 2014 geschlossen, mit dem Heilklimastollen und einem Angebot an Thermal-, Wellness- und Therapieeinrichtungen hat diese Tradition bis heute ihre Fortsetzung gefunden. Sie ist eines der touristischen Standbeine der Gemeinde.

Newsletter Nr. 6/2019 © Geschichtsverein für Kärnten Abgerundet wird das touristische Angebot im Bleiberger Tal durch die Einbindung der Region in den Naturpark Dobratsch.

In der Vorhalle der Bleiberger Pfarrkirche erinnern Grabdenkmäler und Gedenksteine an bedeutende Bleiberger Gewerkenfamilien.

Ein Rundgang durch die einzelnen Orte des Bleiberger Hochtales gestattet nicht nur Einblicke in die Lebenswelt und die durch den Bergbau bestimmte Natur- und Kulturlandschaft, sondern insbesondere auch auf die wirtschaftlichen Verhältnisse und die soziale Dif- ferenzierung. An der Spitze der sozialen Pyramide standen die großen Gewerken, die nicht (immer) im Tal selbst lebten, sondern hier nur ihre Geschäfte tätigten bzw. diese durch ihre Beauftragten (Verweser oder Hutleute) besorgen ließen. Diese führten vor Ort die Aufsicht und waren für einen geregelten und effizienten Ablauf der Erzgewinnung und -verarbeitung verantwortlich. Der Grubenbesitz der Großgewerken – im 18. Jahrhundert kommt für sie die Bezeichnung Hauptgewerke auf – war nur ein Teil ihrer Unternehmungen. Auch der Handel wurde von ihnen besorgt. Ihre ökonomischen Verbindungen waren weit gespannt. Für die Ebene darunter, Gewerken mittlerer Größe, ist kennzeichnend, dass die Koordination und Aufsicht der Erzgewinnung in ihren Gruben vor Ort durch sie selbst erfolgte, sie jedoch mit den Produkten nicht selbst handelten. In der Gruppe der Kleingewerken fiel diese Differenzierung weg. Sie waren am „Produktionsprozess“, also dem Erzabbau, beteiligt. Ihr Status unterschied sich von jenem der anderen Bergarbeiter nur dadurch, dass sie auch Inhaber jener Gruben waren, in denen sie das Erz abbauten. Auch die Welt der Bergleute, die gegen Entlohnung tätig waren, kannte naturgemäß Differenzierungen. Hier standen die Hauer an der Spitze. Die Arbeit der Hauer wurde von jenen Bergwerksarbeitern abgerundet, die für die „Infrastruktur“ zuständig waren. Ihnen oblag der Transport des Erzes und sonstigen Materials oder die Obsorge über die Entwässerung. Neben den Hauern, die als Lohnarbeiter tätig waren, gab es als eigene Gruppe sog. Lehenhauer. Sie traten als – modern gesprochen – Einzel- oder Subunternehmer auf,

Newsletter Nr. 6/2019 © Geschichtsverein für Kärnten schlossen mit den Gewerken Abbauverträge, besaßen eigenes Arbeitsgerät und stellten ihrerseits Lohnarbeiter ein, die mit ihnen gemeinsam den Abbau besorgten.

Bad Bleiberg

Bad Bleiberg ist bis heute der Zentralort des Tales, wenngleich keineswegs der ein- wohnerstärkste Ort der Gemeinde. Seine historische zentralörtliche Funktion ist nicht zuletzt an einer Reihe von Gebäuden und Kleindenkmälern abzulesen. Katholische Pfarrkirche: Zur Verbesserung der seelsorglichen Betreuung im Bleiberger Hochtal, das ursprünglich zur Pfarre St. Martin bei Villach gehört hatte, wurde Mitte des 16. Jahrhunderts von den Bleiberger Gewerken und Knappen eine dem heiligen Bartholomäus geweihte Kirche errichtet. Den Lebensunterhalt des Seelsorgers leisteten die Gründer aus Bruderschaftsgeldern. Die Mutterpfarre St. Martin musste dem Bleiberger Geistlichen einen Teil der Stolgebühren überlassen, behielt jedoch das Pfarrrecht über die Gläubigen u. a. in Kadutschen und (Bleiberg-)Nötsch. Erst 1663 wurden auch die Bewohner dieses Gebiets dem Pfarrer in Deutsch-Bleiberg, wie der Pfarrname über lange Zeit lautete, unterstellt. Nachdem das Bartholomäuskirchlein durch eine Lawine zerstört worden war, erbauten Gewerken und Knappen die neue, dem heiligen Florian geweihte Kirche.

Blick in das Innere der Bleiberger Pfarrkirche; Kanzel mit barocken Evangelistenfiguren

Der in den frühen 1660er-Jahren errichtete, an der Straße gelegene und von einer Fried- hofsmauer umgebene Sakralbau besitzt eine breite, giebelartige Westfassade und einen mächtigen dreigeschossigen Turm sowie einen Sakristeianbau. An der nördlichen Innenmauer der Pfarrkirche sowie an den Außenmauern (einschließlich der Vorhalle) finden sich eine Reihe von Grab- und Gedenksteinen, die an einige der bedeutendsten Bleiberger Gewer- kenfamilien wie Ebner, Mühlbacher oder Holenia erinnern. Das Langhaus der Kirche mit Spitzbogenfenstern und einem 3½-jochigen Kreuzgratgewölbe öffnet sich hin zum zwei- jochigen Chor mit 3/8-Schluss, ebenfalls mit Spitzbogenfenstern. Die Empore ruht auf vier Holzsäulen. Der Hauptaltar wurde im Zuge einer Restaurierung in den Jahren 1971/72 verändert und den beiden Seitenaltären angepasst. Seinen Figuren stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. In der Mitte findet sich eine Kreuzigungsgruppe mit Maria, Johannes und Magdalena, rechts vom Ensemble ein heiliger Laurentius, links der heilige Bartholomäus. Die ebenfalls zum Figurenprogramm des Hochaltars gehörigen Statuen der heiligen Barbara (links) und des heiligen Florian (rechts) haben jetzt die Funktion von Konsolenfiguren. Der linke Seitenaltar zeigt als Mittelbild die Verkündigungsszene. Links und rechts sind Figuren des heiligen Johannes des Täufers und des heiligen Josef mit Kind zu sehen. Der rechte Seitenaltar zeigt im Zentrum Christus an der Martersäule, links und rechts die Apostelfürsten

Newsletter Nr. 6/2019 © Geschichtsverein für Kärnten Petrus und Paulus. Beide Altäre stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Knapp ein Vierteljahrhundert jünger ist die Kanzel mit den aus dem Beginn des 18. Jahrhunderts stammenden Sitzfiguren der vier Evangelisten. Der Schalldeckel der Kanzel zeigt drei weibliche Figuren als Symbole für Glaube, Hoffnung und Liebe. Zur Ausstattung der Kirche gehören auch noch ein heiliger Johannes Nepomuk und eine thronende Maria als Konsolenfiguren sowie die Orgel aus der Zeit um 1860. 1550 hatten die Bleiberger Knappen zu Ehren des heiligen Bartholomäus ein kleines Gotteshaus erbaut. An diesen 1648 von einer Lawine zerstörten Sakralbau erinnert im Ortskern die sog. Bartholomäuskapelle, eine im 18. Jahrhundert errichtete barocke Nischen- kapelle mit einem nach Süden offenen Rundbogen. Die Kapelle ist mit – inzwischen erneuerten – Wandmalereien geschmückt; an der Ostseite der heilige Bartholomäus, südlich die Gottesmutter mit Kind, nördlich die heilige Barbara. An ein weiteres Lawinenunglück, das das Tal heimsuchte, erinnert das als Obelisk ausgeführte Lawinendenkmal. 1879 hatte eine Lawine, die bis ins Ortszentrum gelangte, 39 Todesopfer gefordert. Ihre Namen sind auf dem 1882 errichteten Gedenkstein angeführt.

Eine von Jakob Wald 1894 geschaffene Büste erinnert an Romuald Holenia (1817–1893), den bedeutendsten Vertreter dieser Bleiberger Gewer- kenfamilie. Bei der Fusion der Bleiberger Gewer- kschaften kam Romuald Holenia eine besondere Rolle zu. Die Bemühungen, die einzelnen Betriebe zu einem Unternehmen zusammenzuführen, nah- men mehrere Jahre in Anspruch und beschränkten sich nicht allein auf die Standorte im Bleiberger Tal. Nach der Gründung der Bleiberger Berg- werksunion (1868) stand Holenia vorerst ge- meinsam mit Paul Mühlbacher, dem bisherigen Eigentümer einer weiteren bedeutenden Haupt- gewerkschaft, an der Spitze der BBU, ehe er schließlich 1870 der erste Präsident der Union wurde. Als solcher sollte er 1890 in den Ruhestand treten. Zwei seiner Söhne – Dr. Josef Holenia und Günther Holenia – gehörten nach ihm dem Verwaltungsrat der BBU an. Günther Holenia (1863–1919) rückte nach dem Ersten Weltkrieg für wenige Monate als Präsident an die Spitze der Gedenkbüste für Romuald Holenia Union.

Die Familie, deren Namen durch den Schriftsteller Alexander Lernet-Holenia, in der österreichischen Literaturgeschichte nachhaltig verortet ist, war 1767 mit dem kaiserlichen Montanbeamten Franz Holenia ins Bleiberger Tal gekommen. Seine Heirat mit Maria Anna Franziska Kilzer, der reichen Erbin einer bedeutenden Bleiberger Familie, machten ihn zum einflussreichen Hauptgewerken. An die Familie erinnert das Holenia- oder auch sog. Baron-Haus, der Sitz der Familie im Tal. Das wuchtige Holenia-Haus

Newsletter Nr. 6/2019 © Geschichtsverein für Kärnten und ausgedehnte Gebäude entspricht dem Typus des spätbarocken-frühklassizistischen Gewerken- und Herrenhauses. Das Gebäude ging nach Romualds Tod an seine älteste Tochter Lorenza Freifrau von Dreihann über und wurde 1917 verkauft. Ihr Bruder Romuald II. war Besitzer von Schloss Wasserleonburg im Gailtal am südlichen Fuße des Dobratsch. Sein Neffe Alexander Lernet-Holenia pflegte mit Blick auf die Familiengeschichte diesseits und jenseits des Dobratsch von diesem Berg mitunter als Familienberg zu sprechen. Das repräsentative Gebäude in unmittelbarer Nähe des Holenia-Hauses, das heute das Gemeindeamt beherbergt und zuvor als Direktionsgebäude der BBU gedient hatte, geht – wie auch an seiner repräsentativen äußeren Gestaltung mit Plattendekor und Zopfstilornamentik unschwer abzulesen – ebenfalls auf eine Gewerkenfamilie zurück. Das Gebäude stand im Besitz der Familie Wodley. Dieses ursprünglich aus Krain stammende Geschlecht war erst sehr spät in den Kreis der Bleiberger Gewerken getreten. Fußgefasst hatte die Familie in Kärnten mit dem Juristen und Bergrechtsexperten Bartholomäus Wodley (1759–1841), der seit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert auch als Gewerke, u. a. im Raum Hermagor, tätig war. Der heute als Gasthof genutzte Ansitz Lerchenhof in Untermöschach bei Hermagor geht auf diese Familie zurück. Der Montanbesitz in Bleiberg war der Familie als Erbe nach einem Zweig der alten Bleiberger Gewerkenfamilie Ebner zugekommen. Die „Wodleysche Bergwerksgesellschaft“ beteiligte sich allerdings nicht an der Gründung der BBU. Es sollte mehrere Jahrzehnte dauern, bis die BBU diesen Montanbesitz, nachdem er in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, von den Erben der Familie Wodley erwerben konnte.

In die Gewerkenzeit der Frühen Neuzeit führt ein zweigeschossiges, in seiner inneren Struktur mit Gewölbeformen des 16. Jahrhunderts erhaltenes Gebäude (Gewerkenhaus Perscha bzw. Wastl) zurück. Zum familiären Umfeld der Perscha zählte im 19. Jahrhundert die Familie Sorgo, auf die jenes Gebäude zurückgeht, das von 1878 bis 1972 als Volksschule diente. Architektonische Besonderheit im Haus ist jener Raum, dessen Decke Kappen auf Traversen, gestützt von Gusseisensäulen, bilden. Das Gebäude selbst befand sich nach der Familie Sorgo im Besitz der Gewerkenfamilie Mühlbacher. Deren Stammhaus wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts vom Gewerken Franz Kilzer errichtet und kam 1805 durch Heirat an die Familie Mühlbacher, in deren Besitz es bis 1949 verblieb. Das an seiner Frontseite drei- und an den Seiten- fronten zweigeschossige Gebäude besitzt aufwendige Fensterumrahmungen, ein mit Metallbeschlägen reich

Detail aus der Eingangstür des ehemaligen gestaltetes Eingangstor und schmiedeeiserne klassi- Gewerkenhauses Mühlbacher zistische Fenstergitter. Unter seinen Hausherren kam Paul Mühlbacher (1838–1920) für die Montan- und Wirtschaftsgeschichte des Bleiberger Tales besondere Bedeutung zu. Gemeinsam mit Romuald Holenia war der damals noch junge Paul Mühlbacher einer der Wegbereiter der Fusion der einzelnen Hauptgewerkschaften zur BBU. Die Familie blieb auch nach Paul Mühlbacher, der u. a. von 1890 bis 1918 Präsident des Verwaltungsrates war, dem Bleiberger Montanwesen verbunden und dies nicht nur allein durch ihre Beteiligung an der BBU. Pauls Sohn Emil Mühlbacher war seit November 1919 kaufmännischer Direktor der Union, wurde 1921 Verwaltungsrat und war von 1929 bis 1933 Zentraldirektor der Bleiberger Bergwerksunion.

Newsletter Nr. 6/2019 © Geschichtsverein für Kärnten Abschließend seien von den Ge- bäuden im Zentralort noch ei- nige erwähnt, deren Funktio- nalität keine private war. Das ehemalige Bergamtshaus war von 1800 bis 1868 Sitz der k. k. Bergverwaltung. Aus einem äl- teren Gebäude, dem Pferdestall des Mühlbacherʼschen Gewer- kenhauses, entstand zwischen 1938 und 1940 ein Gemein- schaftshaus, damals als Gefolg- schaftshaus der BBU bezeich- net, seit 1945 als Knappen- haus. Die Fresken im Vestibül stammen von Suitbert Lobis- Das Herrenhaus der Familie Wodley war später das ser. Direktionsgebäude der BBU und beherbergt heute das Gemeindeamt.

Das Ende der Bleiberger Bergwerksunion beendete zwar eine wirtschaftliche Kontinuität seit dem Mittelalter, die montanistische Tradition ist für das Tal und die Region weiterhin prägend und identitätsstiftend. Dies würdigte auch die Aufnahme der Bleiberger Knappenkultur ins „Nationale Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes“ der UNESCO am 10. März 2010, die zugleich auch den Bemühungen um eine Nachnutzung des 1993 geschlossenen Bergbaues Respekt zollte, wie dem Schaubergwerk Terra Mystica – Die Wunderwelt im Berg bzw. Terra Montana – Die Welt der Bergleute. (Beschreibung bzw. Kontaktdaten: TMB-Terra Mystica Betriebsges.m.b.H.&Co KG, Antoniweg 11, 9530 Bleiberg-Nötsch; Tel.: +43 4244 22 55 bzw. E-Mail: [email protected]. Weitere Informationen auf www.terra- mystica.at)

Bleiberg-Nötsch

Seit das Toleranzpatent (1781) Kaiser Josephs II. die Ausübung des evangelischen Glaubens gestattet hatte, war Bleiberg auch evangelischer Pfarrort. Der Beginn evangelischen Lebens war höchst bescheiden und von manchen Schwierigkeiten begleitet. Doch immerhin war es den – wie es in der Sprache der Zeit hieß – akatholischen Einwohnern, also den Mitgliedern der evangelischen Kirchengemeinde, bald gelungen, ein eigenes Bethhaus, Pastorat und Schulhaus zu errichten. Der Pastor von Bleiberg war im Übrigen nicht nur für das Hochtal zuständig, sondern auch für seine evangelischen Glaubensbrüder im Unteren Gailtal und im Villacher Umland, deren mangelnde Zahlungsmoral in der Frühzeit in der Bleiberger Kirchenkasse manchen Abgang und manche Unordnung und damit in der Kirchengemeinde manche Verstimmung verursachen sollte. Die strukturellen Anfänge der evangelischen Gemeinde, die 1786 bereits 700 Mitglieder aus 139 Familien zählte, waren bescheiden. Der Pastor besaß vier Zimmer im ersten Stock des Pfarrhauses. Im Parterre waren das Schulzimmer und eine Kammer für den Lehrer untergebracht, der die Küche des Pastors mitbenützen musste. Der Lehrer erhielt kein fixes Gehalt, sondern pro Schulkind und Woche vier Kreuzer bzw. – für den Fall, dass ein Schüler Holz mitbrachte – drei Kreuzer. Im Sommer arbeitete der Lehrer als Bergmann. Auch der Bleiberger Pastor der Frühzeit klagte über die Kosten, die ihm sein abgeschiedener Standort und die Ausdehnung seiner Pfarre verursachen würden. Zwar war sein jährliches Einkommen

Newsletter Nr. 6/2019 © Geschichtsverein für Kärnten höher als das seiner Kollegen, doch er gab an, dass er fast ein Viertel davon für Brennholz und die Fahrten zu Kranken und Amtsgeschäften aufwenden müsse. Evangelische Kirche: Bereits 1783 hatte man in Bleiberg-Nötsch das Bethaus errichtet, das später zur evangelischen Kirche ausgebaut wurde. Vorerst waren weder Turm noch Glocken erlaubt. Seit 1856 besitzt die Kirche vier Glocken, die heute zu den ältesten Gussstahlglocken der Welt gehören. 1857/58 wurde der dreigeschossige Turmbau ausgeführt. In diesen wurde die Vorhalle integriert. Langhaus und Chor mit Rundbogenfenster sind außen durch Lisenen und ein Rundbogenfries gegliedert. Das Langhaus ist ein vierachsiger Saal, der sich zum sechseckigen Chorraum öffnet. Die große Empore mit vorschwingender Mitte ruht auf zwei Holzsäulen. Die Inneneinrichtung stammt zum Teil aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert, so die Kanzel und das Taufbecken. Das Blatt des barockisierenden Altares zeigt einen Auf- erstandenen, ein 1850 geschaffenes Gemälde des Grazer Malers Carl Vogl. Zum Inventar des Gotteshauses gehört auch ein 1881 entstandenes Porträt Josephs II.

Theresienhof und Evangelische Kirche

Durch Einheirat in die Familie Holenia kam die aus der Steiermark stammende Familie Jakomini in das Bleiberger Tal und trat in den Kreis der Hauptgewerken ein. Für die Familie Holenia bedeutete Heirat von Franz Ritter von Jakomini mit Therese Holenia eine Schwächung des Besitzstandes, da dadurch seine Beteiligung an der Gewerkschaft schlagend wurde. Zudem war Jakomini für seinen Schwager Franz Anton Holenia ein schwieriger und zeitweise auch kostspieliger Partner. Sitz von Jakomini und seiner Frau war der im klassizistischen Stil errichtete repräsentative Theresienhof. Am nahen Hermsberg (Markt- gemeinde Nötsch), einem Hochplateau an den südlichen Ausläufern des Dobratsch, errichtete sich der auch in seiner privaten Welt umtriebige Franz von Jakomini ein Landhaus, das später als bäuerliches Anwesen adaptiert bis vor wenigen Jahrzehnten Bestand hatte. Der Zusammenschluss der Bleiberger Hauptgewerken zur BBU bedingte auch eine Modernisierung der Anlagen. Bereits 1869 wurde der Rudolfschacht, eine 25 Meter hohe Förderanlage, errichtet, die 1911 erweitert wurde. Das Gebäude mit Maschinenhaus,

Newsletter Nr. 6/2019 © Geschichtsverein für Kärnten Fördergerüst und seiner technischen Ausstattung ist erhalten. In unmittelbarer Nähe wurde zwischen 1905 und 1912 eine Aufbereitungsanlage errichtet, die später eine neue Funktion bekam und zwischen 1938 und 1940 als Mannschaftsbad – sog. Bad Rudolf – adaptiert und mit einer neuen Fassade versehen wurde. Zeitgleich mit der ersten Aufbereitungsanlage wurden zwischen 1905 und 1911 beim Antonischacht ein Förderturm, eine Auf- bereitungsanlage und Werkstätten errichtet, die bis in die 1960er-Jahre Bestand hatten. 1966 und 1967 erfolgten Umbauten des Werkstättengebäudes, der Bergschmiede und des Maschinenhauses, 1969 bis 1971 der Aufbereitungsanlage. Das gesamte Objekt wurde 1993/94 stillgelegt. In der Aufbereitungsanlage ist heute als museales Objekt der letzte erhaltene BBU-Rundofen aufgestellt.

Bleiberg-Kreuth

Katholische Kirche: Das älteste Gotteshaus im Tal ist jenes in Kreuth, dessen Patrozinium – Kaiser Heinrich II. und Kaiserin Kunigunde, die Gründer des Bistums Bamberg – deutlich darauf verweist, dass das Hochtal bis 1759 Bamberger Gebiet war. Die Kirchenstiftung in Kreuth ist den Gewerken und Knappen zu verdanken, die als consocii et communitas minerarum in Pleiberch sub plebe s. Georgii 1498 vom Vikar des Patriarchen von das Recht erhalten hatten, in der von ihnen erbauten und ausgestatteten Kapelle prope mineras [= bei den Stollen/Minen] durch einen von ihnen erhaltenen Kaplan, Messen lesen zu lassen. Die Pfarrrechte – auch diese lagen bei St. Martin – sollten dadurch nicht berührt werden. Da die Urkunde, die Kapelle jedoch als im Gebiet der Pfarre St. Georgen (im Gailtal) liegend bezeichnet hatte, die zum Kloster Arnoldstein gehörte, beanspruchte das Kloster diese. Der Streit zwischen St. Martin und Arnoldstein schwelte lange, mitunter auch ange- feuert durch die Bleiberger Knappen, die der Zugehörigkeit zu St. Georgen den Vorzug gegeben hätten. Als ersten Kompromiss sagte man den Gewerken und Knappen zu, einen Kaplan als Messleser bestellen zu dürfen, den jedoch der Pfarrer von St. Martin bestätigen musste und der ohne Erlaubnis des Pfarrers auch keine Sakramente spenden durfte. Der Streit ging über mehrere Jahrzehnte, ohne dass Gewerken, Knappen und Kloster eine Zuordnung zu St. Georgen erreichen konnten. Im 17. Jahrhundert bestellte Bamberg jeweils einen Geist- lichen, der als Benefiziant gegen ein jährliches Gehalt die Messe las. In der Folge dürfte die Kreuther Kirche bis zur Eigenständigkeit eine Filialkirche des Bleiberger Gotteshauses gewesen sein. Im Zuge der kirchlichen Reformen Josephs II. wurde es zur Lokalkaplanei (1787) mit eigenem Jurisdiktionssprengel erhoben und schließlich zur eigeständigen Pfarre. Die Kirche liegt erhöht über dem Ort und ist ein mittelgroßer Bau mit einem massiven, zweigeschossigen Turm im nördlichen Chorwinkel. In einer Grundstruktur geht die Anlage auf die zweite Hälfte des 14. oder das frühe 15. Jahrhundert zurück. Chor und Langhaus besitzen Spitzbogenfenster. Das Kirchenportal im Westen besitzt eine neugotische Fassung mit Spitzbogenschluss und Kreuzblume. Das Langhaus ist dreijochig mit Netzrippengewölbe und einem Tonnengewölbe im Teil des Emporenjoches. Die Empore schließt mit acht Holzsäulen ab. An das Langhaus schließt sich – getrennt durch einen eingezogenen Triumph- bogen mit weit herabgezogener Spitzbogenöffnung – der zweijochige Chor mit Netzrippengewölbe und 3/8-Schluss an. Die Ausstattung des Sakralraumes ist überwiegend neugotisch, so der 1896 in der Werkstatt des Treffner Vergolders und Kirchenrestaurators Johann Zernatto 1896 geschaffene Hoch- altar, mit der Mittelfigur Kaiser Heinrichs II. im Harnisch, rechts die Statue seiner Gemahlin Kunigunde und links die heilige Magdalena. Ebenfalls von Zernatto stammen vier kniende Engel, die als Konsolenfiguren im Chor angebracht sind.

Newsletter Nr. 6/2019 © Geschichtsverein für Kärnten Der linke und rechte Seitenaltar sind ebenfalls neugotisch. Die Mittelfigur des linken Altars zeigt einen – mit Alois Gapp 1869 bezeichneten – heiligen Josef mit Kind. Die beiden Seitenfiguren (hl. Bartholomäus und hl. Barbara) stammen aus dem 17. Jahrhundert und dürften wohl zur barocken Ausstattung des Gotteshauses gehört haben. Ebenfalls aus der Werkstatt von Gapp stammen die Figuren des rechten Seitenaltars, mit der Got- tesmutter als Mittelfigur, begleitet von den Apos- telfürsten Petrus (links) und Paulus (rechts). Tauf- stein, Tabernakelkreuz und Leuchter sowie zwei Konsolenfiguren im Langhaus (hl. Florian und Herz- Jesu-Statue) wurden gegen Ende des 19. Jahr- hunderts angeschafft. Die Orgel aus dem Jahr 1872 ist ein Werk des Untergailtaler Orgelbauers Josef Grafenauer. Zum ursprünglichen Figuren-programm der Anlage gehörten auch zwei barocke Nischen- figuren am Eingangsportal des Friedhofes – hll. Heinrich und Kunigunde – aus dem ausgehenden 17. Jahrhunderts, die jedoch heute aus Schutzgründen Neugotischer Hochaltar der Pfarrkirche nicht mehr vor Ort sind. Kreuth

Auch ein Rundgang durch Bleiberg-Kreuth macht naturgemäß die montanistische Tradition des Bleiberger Tales besonders deutlich, die sich jedoch auch in diesem Teil der Gemeinde nicht nur in Industriebauten und ehemaligen Amtsgebäuden widerspiegelt, sondern auch in Wohngebäuden. Manche der heute unter Denkmalschutz stehenden Baulichkeiten eröffnen zudem Blicke auf den Wechsel von Funktionalität und Nutzung. An die kaiserliche Montanverwaltung erinnern das Hüttenschafferhaus und das Antoni- Grubenhaus: Beide Gebäude bilden ein zusammengehöriges Ensemble und wurden – zeitversetzt, jedoch zeitnahe – an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert errichtet. Das um 1800 errichtete Hüttenschafferhaus diente dem k. k. Bergamt als Verwaltungsgebäude. In ihm amtierten Vertreter des k. k. Ärars. Der Staat war nicht nur die übergeordnete Bergbehörde, sondern auch Unternehmer im Bleiberger Tal. Besondere Bedeutung hatte dabei der Erwerb von Grubenanteilen der Bleiberger Hauptgewerken Perscha. 1784 hatte der Gewerke Matthias Perscha (1708–1788) den österreichischen Adel mit dem Prädikat „Antonienberg“ erhalten. Das Prädikat nahm auf eine der wertvollsten Bleiberger Gruben mit dem Namen „Anton“ Bezug, an der Perscha beteiligt gewesen war und die er dem Staat verkauft hatte. Seine Nachkommen beurteilten den Verkauf der Grube an das Ärar im Übrigen weniger günstig. An die Familie Perscha – den Adelserwerber und seinen gleichnamigen Sohn – erinnern heute am Antoni-Grubenhaus zwei Wappengrabsteine, die sich ursprünglich an der Außenmauer der Bleiberger Pfarrkirche befunden haben und im Zuge der Gestaltung des Platzes hierher übertragen wurden. Das Gebäude selbst war von der Familie Perscha errichtet worden und mit Verkauf der Grube in staatlichen Besitz übergegangen. Heute erschließt das Gebäude die Perscha-Zeche. Diese ist zu einem Ort vielfältiger Begegnung geworden, der kulturellen Veranstaltungen ein besonderes Flair gibt. So etwa 2017 als das Bleiberger Knappenspiel erstmals nach zwei Jahrzehnten und in neuer Inszenierung wieder zu sehen war und beim Publikum begeisterten Widerhall fand. Dieses Stück verbindet einen besonderen Abschnitt der österreichischen Geschichte der Barockzeit mit der Geschichte des Bleiberger Tales. Die historischen Quellen, die den Hintergrund des

Newsletter Nr. 6/2019 © Geschichtsverein für Kärnten Ereignisses, von dem das Stück erzählt, ausleuchten könnten, fehlen allerdings weitestgehend. Festgemacht wird dieses an jener blaugelben Knappenfahne, die der lokalen Überlieferung nach den Bleiberger Knappen von Prinz Eugen von Savoyen nach der Schlacht von Belgrad (1717), mit der Festung und Stadt von den habsburgischen Truppen eingenommen werden konnten, gewidmet worden war. Der Prinz hatte dabei, so die Überlieferung, die Kenntnisse der Bergleute des Bleiberger Hochtales im Stollen- und Grubenbau als Mineure und Sappeure gezielt eingesetzt. Ihre Kenntnisse waren auch deshalb gefragt, da beim Stollenbau bereits Schießpulver eingesetzt wurde.

Der niederösterreichische Heimat- dichter Karl Leopold Schubert setzte diese Geschichte Ende der 1950er- Jahre in eine szenische Erzählung um, die nicht nur die erfolgreiche Teilnahme der Bleiberger Knappen an Feldzug und Schlacht zum Inhalt hatte, sondern das Ereignis – in dichterischer Freiheit – mit der Entstehung des berühmten Liedes „Prinz Eugen, der edle Ritter“ verband. Als dessen Schöpfer wird im Stück der „Bleiberger Knappen- Wachtmeister Peter Mühlbacher“ Glasfenster im Gasthof „Zum Mohren“ (Bad Bleiberg) eingeführt. Damit holte Schubert ei- nen der wirkmächtigen Namen der Bleiberger Montangeschichte in das Licht der Bühne, nämlich den der späteren Gewerkenfamilie Mühlbacher, in deren Stammbaum sich tatsächlich ein Peter Mühlbacher findet. Dieser soll – der familiären Überlieferung nach, die Hans Mühlbacher in seiner 1956 erschienen Familiengeschichte zu verdanken ist – als Mineur vor Belgrad gestanden haben. Der Uraufführung des Stückes bei der Barbara-Feier 1959 durch eine „bergmännische Laienspielgruppe“ folgten zahlreiche weitere Aufführungen, über lange Zeit sogar jährlich. Allein im ersten Vierteljahrhundert kam man auf 51 Auftritte, die in Summe 20.000 Personen gesehen haben. Den passenden Rahmen bot und bietet die Perscha- Zeche im Bleiberger Berg. Damit verbinden sich Handlung, Aufführungsort, Akteure und Geschichte in besonderer Weise. Mit Hüttenschaffer- und dem Antonigrubenhaus und der nahen, südlich der Bleiberger Landesstraße am Nötschbach gelegenen sog. Heinrich-Hütte und dem sog. Heinrich- Pochwerk besitzt Bleiberg-Kreuth das letzte geschlossene Montanensemble. Das Pochwerk dient heute Wohnzwecken. Die Heinrich-Hütte ist das letzte erhaltene Schmelzhaus im Tal. Sie wurde sukzessive zwischen 1780 und 1820 errichtet, dann baulich erweitert und 1902 geschlossen. Den langgestreckten, zweigeschossigen, klassizistischen Bau mit Satteldach und Querdach zum Giebel des siebenachsigen Mittelrisalits kennzeichnet die einfache Fas- sadengestaltung. Die Torgewände sind in rotem Sandstein ausgeführt. Ein Gewerkenhaus – mitunter auch als Khevenhüller-Jagdschloss bezeichnet – erinnert an die Geschäftsfelder dieses aus dem Villacher Stadtpatriziat in den landsässigen Adel und schließlich in den habsburgischen Hofadel aufgestiegenen Geschlechts. Es wurde in der Mitte des 16. Jahrhunderts von der Familie erbaut und diente später als Gewerkenhaus. Ein weiteres Gewerkenhaus, das – trotz Adaptierungen des 19. und 20. Jahrhunderts – den Bauzustand des 16. Jahrhunderts widerspiegelt, ist das drei- und an seiner Nordseite, bedingt durch die Hanglage zweigeschossige sog. Gelautz-Haus: Seine Fassade weist Putzstrukturen des 16. Jahrhunderts auf. Im Westen befinden sich ersten Obergeschoss abgefaste Renaissancefenster mit Steckgitter. Newsletter Nr. 6/2019 © Geschichtsverein für Kärnten

Autor und Herausgeber danken Ursula Rausch-Schneditz (Hermsberg) sehr herzlich für die Erlaubnis, von ihr angefertigte Fotografien aus dem Bleiberger Tal zur Illustration dieses Beitrages verwenden zu dürfen.

Quellen und Literatur (in Auswahl):

Kärntner Landesarchiv: Franziszeischer Kataster der Steuergemeinden Bleiberg und Kreuth; Allgemeine Urkundenreihe; Genealogische Sammlung Zenegg; Vereinskataster. Steiermärkisches Landesarchiv: Kleine Landschaftliche Wappenmatrik; Allgemeine Urkundenreihe; Statistische Reihenwerke und Ortsrepertorien, Genealogische Handbücher und die Matriken der katholischen Pfarren Bleiberg und Kreuth.

DEHIO-HANDBUCH KÄRNTEN (Wien ³2001). Axel HUBER, Zwei Wappengrabsteine der Gewerken Perscha in Bad Bleiberg. In: I 198 (2008), 377– 382. Hans MÜHLBACHER, Geschichte einer Bleiberger Gewerkenfamilie ( 1956). Gerhard NIEDERMAYR, Bleiberg in Kärnten/Österreich. Bergbau – Geologie – Mineralien (Haltern 1985). Franz REISCHER, Die Toleranzgemeinden Kärntens nach einem Visitationsbericht vom Jahre 1786 (Klagenfurt 1965). Maria STUPNIK/Josef ZAWORKA, Bad Bleiberg einst und jetzt (Villach 1985). TERRA MYSTICA Betriebsgesellschaft (Hg.), Führer durch die Terra Mystica (Klagenfurt 2000). Hermann WIESSNER, Geschichte des Kärntner Bergbaus, 3 Bde. (Klagenfurt 1950–1953). Peter WIESFLECKER, „Ein eigenes hochgebirgiges Thal ...“ Eine Annäherung an einen Kultur- und Lebensraum. In: Annelies WERNITZNIG (Hg.), Heinz MÜLLER/Peter WIESFLECKER, Ållerhånd. Lieder aus dem Bleiberger Hochtal. Lieder gesammelt von Heinz Müller. Historische Beiträge von Peter Wiesflecker (Klagenfurt/Celovec– Ljubljana/Laibach–Wien/Dunaj 2018), 11–20. Peter WIESFLECKER, „Ein Adel für sich ...“. Ein Blick auf die Gewerkenfamilien im Bleiberger Tal. In: Ållerhånd, 23–29 Peter WIESFLECKER, Leben im Berg – Leben vom Berg. Montanistischer Alltag im Bleiberger Tal. In: Ållerhånd, 31–37. Peter WIESFLECKER, Bergmännisches Brauchtum, Gesang und Musikpflege im Bleiberger Tal. In: Ållerhånd, 39–47. Peter WIESFLECKER, „…doch kein ganz ordinärer Holzhändler …“ Eine familiengeschichtliche Spurensuche zu Alexander Lernet-Holenia diesseits und jenseits des Dobratsch. In: Neues aus Alt-Villach (zur Drucklegung eingerichtet, erscheint im Dezember 2019). Gert WULZ (Hg.), 100 Jahre Männergesangsverein Morgensonne Kreuth 1913–2013 (Bleiberg-Kreuth 2013) Hans WULZ, Der letzte Hunt. Geschichten über das Bergmannsleben, Natur und Heimat (Klagenfurt 2009). Stephan WULZ, Die Entwicklung des Bleiberger Bergbaues. Ein geschichtlicher und technischer Rückblick (Bad Bleiberg 2005). Thomas ZELOTH, Zwischen Staat und Markt. Geschichte der Bleiberger Bergwerksunion und ihrer Vorläuferbetriebe (Klagenfurt 2004).

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