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3 Brücken Der Kammquerung Im Zuge Der A71: Schwarzbachtalbrücke Mit Externer Vorspannung – Talbrücke Wilde Gera / Bogenbrücke Mit Einteiligem Verbundquerschnitt

3 Brücken Der Kammquerung Im Zuge Der A71: Schwarzbachtalbrücke Mit Externer Vorspannung – Talbrücke Wilde Gera / Bogenbrücke Mit Einteiligem Verbundquerschnitt

3 Brücken der Kammquerung im Zuge der A71: Schwarzbachtalbrücke mit externer Vorspannung – Talbrücke Wilde / Bogenbrücke mit einteiligem Verbundquerschnitt

BDir. Dipl.-Ing. Gundolf Denzer DEGES Berlin

3.1 Gesamtprojekt Kammquerung

Der Neubau der Autobahn A71/A73 ist eines der sieben Fernstraßenprojekte im Rahmen der 1991 von der Bundesregierung beschlossenen „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“. Das Verkehrsprojekt Nr. 16 realisiert eine Nord-Süd-Verbindung von der thüringischen Landeshauptstadt über eine Gabelung bei Suhl zu den fränkischen Zentren Schweinfurt/Würzburg bzw. Coburg/Bamberg (Bild 3.1). Die Querung des Thüringer Waldes ist eine der ingenieurtechnisch anspruchsvollsten Aufgaben bei der Verwirklichung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit - Straße insgesamt. Aufgrund der Topographie

44 ERFURT Bebra Bindersleben

Eisenach Gotha 4 Eischleben Heringen

Bad Liebenstein 71 Schwarzbachtalbrücke Gräfenroda Traßdorf Oberhof Bücheloh Thüringen Talbrücke Geraberg Zella-Mehlis Schwarza Suhl AD Suhl

Rohr AS Suhl-S Meiningen 73 Schleu- AS Schleusingen Bibra Thema singen 532: 34,0 km 531: 62,3 km

Berkach AS Eisfeld 521: 33,5 km Mellrichstadt Hildburghausen Eisfeld 71 Behrungen Herbartswind Rottenbach

Coburg Münner- Kleinwenkheim Ebersdorf b.C. stadt Stadtlauringen 73 Maßbach Ermershausen Lichtenfels 7 Ebern Pfersdorf Bayern Schweinfurt 70 Legende Unter Verkehr Im Bau Planung Bayern

Bild 3.1: Übersichtsplan A 71/A 72

63 des Mittelgebirges ergeben sich außergewöhnliche Tunnel- und Brückenbauwerke. Im Kernbereich des Thüringer Waldes, einem Landschaftsschutzgebiet, muß der Kamm des Mittelge- birges auf einer Länge von 20 km mit Höhendifferenzen zwischen 600 bis 800 m gequert werden (Bild 3.3). Den Forderungen des Natur- und Landschaftsschutzes wurde in diesem Abschnitt bei der Linienführung in besonderer Weise Rechnung getragen mit der Konsequenz, daß die Kammquerung überwiegend unter Tage erfolgt, und zwar in 4 Tunnelbauwerken mit einer Gesamtlänge von rd. 12,6 km Länge, wobei der Rennsteigtunnel mit 7,9 km Länge der längste Straßentunnel Deutschlands sein wird. Neben den Tunnelbauwerken entstehen hier die Talbrücken:

Schwarzbachtal (352 m) Wilde Gera (552 m) Steinatal (340 m).

Über die Schwarzbachtalbrücke, eine Spannbetonbrücke mit externer Vorspannung, und über die Tal- brücke Wilde Gera, eine Stahlverbundbrücke mit einteiligem Querschnitt auf einem 252 m weit ge- spannten Stahlbetonbogen, wird im folgenden berichtet.

3.2 Schwarzbachtalbrücke

Das Bauwerk überquert den Schwarzbach und einen Wirtschaftsweg in einer Höhe von rund 65 m. Unmittelbar an das westliche Widerlager schließt das Westportal des Tunnels Alte Burg an und nur ca. 200 m hinter dem Westwiderlager beginnt bereits die Talbrücke Wilde Gera (Bild 3.2). Da am Tun- nel der Achsabstand zwischen den Fahrbahnen 25 m, an der Talbrücke über die Wilde Gera jedoch nur 11 m beträgt, wurden die Fahrbahnachsen im Bereich der Schwarzbachtalbrücke in einem variablen Abstand von ca. 16 m bis 23 m trassiert, so daß die Überbauten nicht parallel sind. Im Brückenbereich ist die Streckenachse der Autobahn mit dem Klotoidenparameter A = 2021,715 und dem Radius R = 5.200 m trassiert, wobei die Fahrbahnachsen im Bereich der Brücke konstante Radi- en von 4.240 m bzw. 4.40 m haben. Die Gradienten der beiden Fahrbahnachsen der Autobahn liegen im Bauwerksbereich in einem konstanten Längsgefälle von ca. 2,56%. Das Quergefälle beträgt 2,5%. Damit können die Überbauten eingeschoben werden (Bild 3.4).

3.2.1 Gründung

Die Pfeiler und Widerlager sind auf Felsgestein flachgegründet. Aufgrund der steilen Geländegeome- trie wurden die Baugruben der Pfeiler und Widerlagerfundamente mit Felsnägeln und Spritzbeton gesi- chert. In der Achse 20 des südlichen Überbaus war für die planmäßige Fertigung der Fundamentsohle zusätzlich eine Auffüllung des Felshorizontes mit Ortbeton erforderlich.

3.2.2 Widerlager

Die Widerlager wurden als begehbare Kastenwiderlager rechtwinklig zur Fahrbahnachse errichtet. Im Gegensatz zur Ostseite wurden die Widerlager auf der Westseite der Brücke aufgrund der Hanggeome- trie versetzt zueinander gebaut. Sie sind mit einer Winkelstützwand miteinander verbunden.

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Bild 3.2: Längsschnitt Schwarzbachtalbrücke Bild 3.3: Längsschnitt Kammquerung A 71

65 Bild 3.4: Schwarzbachtalbrücke (Draufsicht, 2 Spuren)

3.2.3 Pfeiler

Die bis zu 65 m hohen Pfeiler setzen sich aus jeweils zwei Einzelstützen zusammen, die über Querriegel miteinander verbunden sind. Durch die Auflösung der Pfeiler auf das technisch erforderliche Minimum wirkt das gesamte Bauwerk außerordentlich schlank und durchlässig (Bild 3.5). Die Querriegel sind insbesondere im Sockelbereich eine statische Notwendigkeit. Indem sie in der Höhe harmonisch abgestuft sind, übernehmen sie gleichzeitig eine gestalterische Funktion und tragen mit zur Gesamtästhetik des Bauwerks bei. Jeder Überbau ruht auf sechs bzw. sieben solcher Pfeilerpaare. Über seine Höhe verjüngt sich jeder Pfeiler mit einem außenseitigen Anzug von 70:1, der die Pfeiler optisch noch schlanker macht. Beim Verschieben des Überbaus wurden die Pfeiler abgespannt, d. h. die maßgebende Bemessung der Pfeiler ist für den Endzustand.

3.2.4 Überbauten

Aufgrund der besonderen Lage des Bauwerks sind die beiden Überbauten unterschiedlich lang: 352 m auf der Nordseite (Richtungsfahrbahn Schweinfurt) und 322 m auf der Südseite (Richtungsfahrbahn Er- furt). Die Überbauten der Richtungsfahrbahnen werden als in Längsrichtung beschränkt vorgespannte, einzellige, durchlaufende Hohlkastenquerschnitte mit Kragarmen ausgeführt. Die Breite zwischen den Geländern beträgt je 13,50 m. Die Bauhöhe des Überbaus beträgt 3,25 m. Die Überbauten sind statisch als Durchlaufträger über jeweils 8 Felder mit einer max. Feldlänge von 47 m (Überbau Nord) bzw. 45 m (Überbau Süd) konzipiert (Bild 3.6 und fig:denzer09).

66 Bild 3.5: Schwarzbachtalbrücke (Pfeiler)

Die Herstellung der beiden Überbauten erfolgte vom westlichen Widerlager aus beginnend im Takt- schiebeverfahren, wobei gleichzeitig 2 Taktschiebeanlagen eingesetzt wurden. Die Überbauten werden in Mischbauweise mit einem Vorspanngrad extern / Gesamtvorspannung von ungefähr 30% vorge- spannt. Die externen Spannglieder werden nach Endverschub der Überbauten eingebaut. Sie sind in Feldmitte und Stützachse umgelenkt und haben eine Länge von etwa 200 m. Je Stegseite ist der Einbau von zwei zusätzlichen externen Spanngliedern möglich (Bild 3.8).

3.2.5 Lagerung

Die Lagerung des Überbaus erfolgt je Achse auf den im Grundriß 1,5 x 2,5 m großen Pfeilerköpfen. Im Bereich der Widerlagerachsen wird der Überbau auf Verformungsgleitlagern, im Bereich der Pfeiler- achsen auf Elastomerlagern gelagert. Durch eine Abstufung der Elastomerdicken wird eine annähernd gleichmäßige Lastverteilung auf die einzelnen Pfeilerachsen realisiert (elastische Lagerung).

Bauausführung: IG Müller mbH Wetzlar Ausführungsplanung: Kinkel + Partner, Neuisenburg Prüfingenieur: Prof. Eibel + Partner, Dresden Bauüberwachung: Prof. Bechert + Partner, Schleiz-Gräfenwarth Kosten: 21 Mio.DM = Kosten von 2.300,00 DM/m2 Bauzeit: Ende 97 bis Frühjahr 2000.

67 Bild 3.6: Schwarzbachtalbrücke Überbauquerschnitt

68 Bild 3.7: Schwarzbachtalbrücke (mit Kran)

Bild 3.8: Überbau-Innenansicht (Computersimulation)

69 Bild 3.9: Verwaltungsentwurf Wilde Gera

3.3 Talbrücke Wilde Gera

Das tief eingekerbte Tal der Wilden Gera, das in 110 m Höhe überbrückt werden muß, erfordert im Talbereich eine Mindeststützweite von 114 m, die sich aus den Zwangspunkten Bahn, „Wilde Gera“ und Straße sowie der Forderung, das Tal von Pfeilereinbauten freizuhalten, ergibt.

3.3.1 Verwaltungsentwurf als Balkenbrücke

Daraus entwickelte sich als Vorzugsvariante eine parallelgurtige Balkenbrücke im Talfeld mit linear veränderlichen Steghöhen in den Randfeldern. Die Stützweiten betragen 90 m - 108 m - 114 m - 102 m - 78 m - 60 m. Die Gesamtlänge der Brücke beträgt somit 552 m (Bild 3.9). Variantenuntersuchungen mit zweiteiligen Überbauten ergaben aufgrund der Höhe von 110 m über Tal gestalterisch unbefriedigende Lösungen. Seit Anfang der 80er Jahre ist festgelegt, daß bei - mit Ausnahme von reinen Stahlbrücken zweibah- nigen Straßen grundsätzlich zwei getrennte Überbauten vorzusehen sind, um bei größeren Instandset- zungsarbeiten eine Fahrbahn sperren und den Verkehr auf die Gegenfahrbahn leiten zu können. Bei hohen Brücken ergeben sich neben den Kosten der daraus resultierenden doppelten Unterbauten vor allem die erwähnten gestalterischen Nachteile. Ein reiner Stahlüberbau mit einteiligem Querschnitt wurde aufgrund der exponierten Lage ausgeschlossen. Beim Entwurf der Wilden Gera wurde die Mög- lichkeit der Erneuerung einer Richtungsfahrbahn unter Aufrechterhaltung des Verkehrs bei einem ein- teiligen Stahlverbundüberbau untersucht. Das Ergebnis war ein einteiliger zweizelliger Stahlverbundquerschnitt mit Schrägstreben unter den aus- kragenden Fahrbahnplatten. Der Querschnitt ist so konzipiert, daß das >Verschleißteil Betonfahrbahn- platte< abschnittsweise (ca. 15 m) erneuert werden kann, wobei der Verkehr auf der Gegenfahrbahn läuft. Nachdem die grundsätzliche Machbarkeit bestätigt werden konnte, wurde ein zweizelliger Stahlhohl- kasten mit auskragender Fahrbahnplatte, die durch Schrägstreben unterstützt ist, dem weiteren Entwurf zugrunde gelegt. Im Stützenbereich war ein Doppelverbundquerschnitt vorgesehen. Alle Pfeiler waren als Stahlbeton- hohlpfeiler vorgesehen. Um den Aufwand der Pfeilergründung zwischen der Wilden Gera und dem

70 Bild 3.10: Sonderentwurf Wilde Gera

Bahndamm, der 50° geneigt und 17 m hoch ist, zu minimieren, sollte die Wilde Gera verlegt werden, wobei vorher eine Deponie mit Rückständen aus der Glasherstellung entsorgt werden mußte. In der Ausschreibung wurden folgende Bedingungen für Nebenangebote festgelegt: Hauptgestaltungsmerkmale

• Für die Überbaukonstruktion ist nur ein einteiliger Querschnitt zugelassen.

• Die Stahlverbundbauweise ist zwingend vorgeschrieben, damit der Ausbau der Fahrbahnplatte einer Fahrbahnseite auf einer Länge von 15 m unter Verkehr möglich ist.

• Die Stützweite im mittleren Feld ist einzuhalten.

Bemessung des Überbaues

• Die Stahlkonstruktion ist so zu bemessen, daß sie das komplette Eigengewicht (incl. Betonlasten) ohne Verbund tragen kann.

3.3.2 Ausschreibungsergebnis

Sondervorschlag Den Wettbewerb hat ein Sondervorschlag gewonnen mit einer Bogenlösung von 252 m Spannweite und einem Angebotspreis von rd. 46 Mio. DM. Der günstigste VE lag bei 47 Mio. DM (Bild 3.10). Im Rahmen der Variantenstudien wurde seinerzeit eine Bogenlösung untersucht, die jedoch aufgrund der Kosten und der schiefwinkligen Kreuzung des Tales, die versetzte Bögen erfordert hätte, nicht weiter verfolgt wurde. Allerdings ging man zu diesem Zeitpunkt noch von einem zweiteiligen Überbau aus. Das Ingenieurbüro Köhler + Seitz hat gemeinsam mit der Baufirma Hörnig den Sondervorschlag als Bo- genbrücke erarbeitet. Durch den einteiligen Überbau war eine wirtschaftliche Bogenvariante möglich. Der Sondervorschlag ergab gegenüber dem Verwaltungsentwurf einen Kostenvorteil von 1 Million DM.

71 Bild 3.11: Montage Kasten Wilde Gera

Deshalb wurde aus wirtschaftlichen Gründen, aber auch aufgrund der besonderen ästhetischen Gestal- tung der Sondervorschlag Bogenbrücke vom Bauherrn ausgewählt und mit einem pauschalen Preis an die Baufirma Hörnig Weimar vergeben. Da bei der Bogenlösung eine Verlegung der Wilden Gera nicht mehr erforderlich wird, ergaben sich weitere Ersparnisse von rd. 4 Millionen DM. Diese Leistungen waren nicht Bestandteil der Ausschreibung. Über die Planung und den Bau des Bogens wird Herr Dr. Wölfel berichten.

3.3.3 Überbau

Der Brückenüberbau ist ein Verbundquerschnitt, nicht 2-, sondern 1-zellig, bestehend aus einem tra- pezförmigen Stahltrog und seitlichen Stahllängsträgern, die durch Schrägstreben unterstützt sind. Die Schrägstreben werden durch Zugbänder gehalten, die in der Fahrbahnplatte einbetoniert sind und über Stahlbolzendübel verbunden werden. Die Betonfahrbahnplatte für beide Richtungsfahrbahnen hat zwi- schen den Geländern eine Breite von 26,5 m. Die Konstruktionshöhe ergibt sich aus der Neigung der Schrägstreben mit 3,74 m. Der Überbau ruht je Lagerachse auf zwei Verformungslagern. Die Festhaltung in Längsrichtung wird am Bogenscheitel an der Achse 6 angeordnet. Es handelt sich hierbei um zwei Verformungslager mit Festhaltungen und definiertem Lagerspiel. Auf Grund der großen Lagerwege erhalten die anderen Ach- sen Verformungsgleitlager mit Gleitteil. Je ein Lager aller Achsen wird quer festgehalten, mit Ausnah- me Achse 13. Hier wurde aus statischen Gründen auf eine Querfesthaltung verzichtet, da der kurze und damit steife Pfeiler der Achse 13 einen großen Teil der Horizontalkräfte anziehen würde. Die Überbausegmente werden vom Werk Stahlbau Plauen mit Sondertransportern zur Baustelle gefah- ren. Infolge enger Ortsdurchfahrten mit eingeschränkten Höhen auf dem Streckenabschnitt im Thürin- ger Wald, müssen die Montageeinheiten relativ klein gewählt werden. Die maximal mögliche Trans- portlänge beträgt 24 m. Die Stahlkonstruktion wird in Brückenachse geteilt, so daß ca. 5,30 m breite, 3,35 m hohe und 21 m lange Brückenhälften entstehen. Die außenliegende Fachwerkkonstruktion wird separat zur Baustelle transportiert (Bild 3.11). Durch diese Randbedingung seitens des Transports ergibt sich eine Aufteilung des Stahlüberbaus Ge- samtlänge von 552 m in 26 Schüsse. Jeder einzelne Schuß setzt sich aus je 2 halben Brückenkästen und

72 Bild 3.12: Schrägstreben mit Längsträger Wilde Gera der beidseitigen Fachwerkkonstruktion zusammen. Diese bestehen aus den Schrägstreben, dem oben liegenden Zugband und dem Randlängsträger (Bild 3.6).

Der Zusammenbau der einzelnen Montageteile erfolgt hinter dem Widerlager West. Um zu dieser Vor- montagefläche zu gelangen, müssen die Schwerlastfahrzeuge auf dem Schlussstück mit den bis zu 45 t schweren Teilen Abschnitte mit bis zu 22% Steigung überwinden. Dies ist nur durch den Einsatz von einer zweiten Zugmaschine möglich.

Auf der 80 m langen Montagefläche - dem sogenannten Taktkeller - werden jeweils drei Schüsse vor- montiert bzw. vorgerichtet und vollständig miteinander verschweißt. Im Bereich der Montagestöße wird unmittelbar nach den Schweißarbeiten der werkseitig aufgebrachte Korrosionsschutz ergänzt bzw. aus- gebessert. Der letzte Deckanstrich erfolgt nach dem Betonieren der Fahrbahnplatte.

Nach der Fertigstellung eines Verschubtaktes von 3 x 21 m = 63 m wird die Stahlkonstruktion mittels ca. 2 m langen Verschublagern über die Pfeiler hinweg eingeschoben (Bild 3.13). Um die Reibung der Verschiebezustände gering zu halten, wird die Gleitpaarung PTFE und Edelstahl mit sehr geringer Rauhtiefe verwendet.

Zum Ausgleich der Durchbiegung der Überbauspitze von ca. 42,5 cm beim Erreichen der Pfeiler wer- den spezielle Hubeinrichtungen mit Hydraulikzylindern auf den Pfeilern eingesetzt. Da die Überbau- konstruktion talwärts mit einem Gefälle von ca. 2,5% gleitet, werden die Hangabtriebskräfte durch Rückhalteeinrichtungen kontrolliert abgeleitet. Nach Abschluß des Verschubvorganges wird die Stahl- konstruktion festgelegt, d. h. gegen Verschieben gesichert.

Insgesamt sind neun Verschiebetakte erforderlich, die sich im Rhythmus von 2 bis 3 Wochen wieder- holen, um den 552 m langen Stahltrog einzuschieben. Nachdem der Überbau die planmäßige Lage und Höhe erreicht hat, werden die Brückenlager eingebaut.

73 Bild 3.13: Verschublager Wilde Gera

3.3.4 Fahrbahnplatte

Die Besonderheiten des Brückenquerschnitts der Talbrücke Wilde Gera setzen sich konsequent in der Fahrbahnplatte fort. Der einteilige Querschnitt für beide Richtungsbahnen bedingt eine Stahlbetonplatte von ca. 27 m Breite, die in Querrichtung fugenlos hergestellt wird. Als Material ist ein Beton der Festig- keitsklasse B 45 vorgesehen; die Platte wird sowohl in Brückenlängs- als auch in Brückenquerrichtung schlaff bewehrt. In der Oberfläche folgt die Betonplatte dem Fahrbahnquerschnitt, d. h. es wird ein dachförmiges Gefälle von 2,5% Neigung nach beiden Seiten ausgebildet. Die Dicke der Fahrbahnplatte wird der Beanspru- chung angepaßt, so daß Plattendicken zwischen 20 cm am Kragarmende, 28 cm als Regeldicke und 45 cm über den Stegen des Hohlkastenträgers erforderlich werden. Die Fahrbahnplatte übernimmt in dreifacher Hinsicht statische Funktionen: Primär ist sie Bestandteil des Haupttragwerks in Brückenlängsrichtung. Zusätzlich erhält die Fahrbahnplatte Beanspruchungen in Brückenquerrichtung, die aus Eigengewichts- und Verkehrslasten resultieren. Da die Fahrbahnplatte außerdem noch mit dem Stahlquerzugband und den Stahlrandträger verbunden ist, wirkt sie auch hier über Verbund anteilig an der Kraftübertragung mit und erhöht die Querrahmen- steifigkeit. Aufgrund dieser Multifunktion erhält die Fahrbahnplatte infolge sich überlagernder Last- fallkombinationen einen entsprechend hohen Bewehrungsgrad. Die Kraftübertragung Stahl-Beton erfolgt über Kopfbolzendübel. Um das abschnittsweise Auswechseln der Fahrbahnplatte zu ermöglichen, müssen die späteren Schnittfugen bei der Konstruktion schon jetzt festgelegt werden, um die Kräfte um- bzw. einleiten zu können. Nach Einschub des Stahltroges und Umsetzung des Überbaus auf seine endgültige Lager wird die Fahrbahnplatte „in situ“ hergestellt. Hierzu werden zwei Schalungseinheiten an den beiden Widerlagern aufgebaut, die zeitlich versetzt starten, so daß sie etwa in Bogenmitte zusammentreffen. Hierfür wird

74 eine Lage der Bogenabspannung wieder aktiviert, um der ungleichmäßigen Beanspruchung des Bogens entgegenzuwirken. In Brückenlängsrichtung wird die Fahrbahnplatte in insgesamt 27 Betonierabschnitte unterteilt, deren maximale Länge 21 m, also 1/2 Feldlänge beträgt. Die Betonierabschnitte werden so gegen die Feld- länge verschoben, daß die Arbeitsfugen nicht in Zonen maximaler Beanspruchung der Fahrbahnplatte fallen. Der Bogen wurde im November 1999 geschlossen. Zur Zeit werden die Pfeiler auf dem Bogen ergänzt, so daß im März der Stahlüberbau weiter eingeschoben werden kann. Nach Fertigstellung der Fahrbahnplatte im Herbst diesen Jahres kann der Überbau für Baustellentrans- porte befahren werden. Hier müssen die Ausbruchsmassen aus dem Rennsteigtunnel in die nördlichen Trassenbereiche transportiert werden. Die Talbrücke Wilde Gera ist im Endzustand eine äußerst robustes Bauwerk aus einem Stahlbetonbogen und einem steifen Stahlverbundüberbau mit einer Schlankheit <11. Inzwischen sind bei DEGES fünf weitere Stahlverbundbrücken mit einteiligem Querschnitt im Bau. Bei entsprechender Höhe über Tal (ab etwa 70 m) sind einteilige Stahlverbundquerschnitte nicht teurer als zweiteilige Spannbetonbrücken.

3.4 Am Bau Beteiligte

Bauausführung: Adam Hörnig GmbH & Co., Weimar Unterbauten: Brückenbau Plauen, Dreieich, Überbau Ausführungsplanung und Verfassung Sonderentwurf: Köhler + Seitz, Nürnberg Tragwerksplanung Überbau: Schmidt, Stumpf, Frühauf + Partner, München Prüfingenieur: Dr. Ing. Hensel, Bochum (=), Prof. Dr. Ing. Hanswille, Bochum Bauüberwachung / Bauoberleitung: Prof. Bechert + Partner, Schleiz-Gräfenwarth

75 Bild 3.14: Verschub Wilde Gera

Bild 3.15: Talbrücke Wilde Gera (Computersimulation)

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