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Bürgerinitiative der Gemeinde 18292 Hoppenrade gegen Windräder im „Hoppenrader Becken“

Hoppenrade im August 2018

Betrifft: Mogeleien bei der Ausweisung von Windkraftstandorten

Dieses Schreiben geht an folgenden Verteiler:

- Ministerpräsidentin von MV Manuela Schwesig - Landes-Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung - Landes-Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt - Landes-Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit - folgende Bundestagabgeordnete aus MV: Eckhard Rehberg (CDU); Philipp Amthor (CDU); Dietrich Monstadt (CDU); Karin Strenz (CDU); Peter Stein (CDU); Sonja Steffen (SPD); Frank Junge (SPD); Hagen Reinhold (FDP); Claudia Müller (die Grünen); Dietmar Bartsch (die Linken); Heidrun Bluhm (die Linken); Kerstin Kassner (die Linken); Leif- Erik Holm (AfD); Enrico Komning (AfD); Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) - SPD-Fraktion im Landtag MV - CDU-Fraktion im Landtag MV - AfD-Fraktion im Landtag MV - Fraktion die Linke im Landtag MV - BMV-Fraktion im Landtag MV - Petitionsausschuss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern - Bürgerbeauftragter des Landtages MV Matthias Crone - Landrat des Landkreises - Sebastian Constien - Bürgermeister Güstrow - Arne Schuldt - Bürgermeister – Wolfgang Geistert - Bürgermeisterin Hoppenrade – Birgit Kaspar - Planungsverband Region Rostock - Amt für Raumordnung und Landesplanung Region Rostock - Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg - NABU Mecklenburg-Vorpommern - BUND Geschäftsstelle Rostock

- Tageszeitungen in MV: Schweriner Volkszeitung; Ostseezeitung; Norddeutsche Neueste Nachrichten; Nordkurier; Güstrow Express; Mecklenburger Blitz; Thema-das Güstrow Journal - Rundfunk in MV: NDR; Antenne MV; Ostseewelle - Fernsehen in MV: NDR - Aktionsbündnis Freier Horizont in MV - Bundesinitiative Vernunftkraft e.V. - 52 Bürgerinitiativen in MV: BI ; BI Ein Herz für die Region; BI Freie Ostsee; BI Freie Ostsee Kuehlungsborn; BI Freie Ostsee Warnemuende; BI Freier Horizont Fünfseen; BI gegen den Windpark ; BI Gegen Windkraftanlagen in bei Brusow und Glashagen; BI Gemeinde Löbow; BI Grebbin; BI Groß Woltersdorf; BI Jürgenstorf; BI , Oettelin; BI Land Wind Leben; BI Malchin; BI Malchin-Kummerow; BI Ankershagen/Rumpshagen; BI Nachbarn machen Gegenwind; BI Windkraft Nein, Bitte; BI Negast/Steinhagen/Krummenhagen; BI Neukalen; BI Testorf Steinfort; BI Zirzow (Malliner Bachtal); Freier Horizont Rügen; Bürger gegen Windkraft in Bobitz; Bürgerinitiative e.V.; Bürgerinitiative Gnevkow; Bürgerinitiative Gegenwind Camminer See; Bürgerinitiative Groß Krams für Natur und Umwelt Bürgerinitiative Rohlstorf/Hornstorf; Bürgerinitiative Windflüchter e.V.; Bürgerinitiative Windkraftgegner Ladenthin; Bürgerintiative Region Stäbelow e.V.; Gegen weitere Windkraftanlagen in Gottesgabe; Gegen Windkraft in der Gemeinde Lübow; Gegenwind e.V.; Gegenwind gegen Windkraft in Schlingen; Gegenwind Behrenhoff; Gegenwind gegen Windkraft Strahlendorf; Projektgruppe Neuburg; Gegenwind in der Region Redefin; Wählergemeinschaft Altentreptow; Gemeinsam gegen den Wind Gädebehn; Lebenswertes Penzlin; IG gegen den Bau der Windkraftanlagen Groß Bäbelin und Linstow; Freie Friedländer Wiese; BI Gingst F.E.I.N.; Gemeinsam gegen den Wind Gadebusch; Windkraft Wahnsinn Wittow; BI Bismark; Windkraft-Kraft-BI Groß Schwaß-; BI Hoppenrade

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wenn Politiker der etablierten Parteien unseres Bundeslandes der Meinung sind, es wäre nicht gut, wenn die AfD den nächsten Ministerpräsidenten in Mecklenburg-Vorpommern stellt, dann fragt man sich, warum sie nicht sehen, dass es bei einem politischen „weiter so“, vermutlich genau so kommen wird. Warum spüren unsere Politiker nicht mehr, dass sie bei wichtigen Themen mittlerweile alle möglichen Interessen vertreten, aber nicht die von einem großen Teil ihrer Wählerschaft. Eine aktuelle Wahlprognose vom Juli zeigt, dass es ganz offensichtlich so ist.

Wie viel drastischer wäre diese Wahlprognose wohl, wenn man nur Einwohner befragt hätte, die im Umkreis von mehr als 200 Meter hohen Windkraftanlagen leben und wohnen müssen? Deren Lebensqualität drastisch gesunken ist. Die ihre lieb gewonnenen Landschaften nicht mehr erkennen. Deren über viele Jahre erarbeiteten Häuser und Grundstücke jetzt deutlich an Wert verloren haben und zum Teil sogar unverkäuflich geworden sind. Einwohner und Gemeinden von MV, die als Gipfel der Ungerechtigkeit nicht nur keinerlei Schadenersatz bekommen, sondern mit die höchsten Strompreise in ganz Deutschland.

Warum verstehen Politiker scheinbar nicht, das diese mit der Energiewende verbundenen Ungerechtigkeiten für die Betroffenen nicht hinnehmbar sind und dass unter diesen Rahmenbedingungen jedes Windrad, welches zu dicht an Wohnsiedlungen steht, nicht nur Strom produziert, sondern auch zutiefst enttäuschte Menschen? Warum verstehen sie scheinbar nicht, dass so mit jedem weiteren Windrad auch die Zahl der Nichtwähler und Protestwähler immer weiter steigt? Und zwar nicht nur für eine Wahlperiode, sondern mindestens für die Laufzeit dieser Windräder von 20 Jahren. Bei aktuell drei Prozent Unterschied zwischen SPD und AfD kann man ja schon mit dem Taschenrechner ausrechnen, wie viele Windräder noch nötig sind, damit die AfD an die Spitze vorrückt - selbst wenn man die Flüchtlingspolitik und alle anderen aktuellen Themen mal ganz außen vor lässt.

Und wie viel schlimmer ist der Vertrauensbruch zwischen Landespolitik und Bürgern, wenn bei der Festlegung etlicher Windradstandorte scheinbar gemauschelt und gemogelt wird? Wenn Standorte - die aus objektiver Sicht ungeeignet sind - gegen alle sachlichen Einwendungen einfach passend gemacht werden. Genau das müssen leider sehr viele Einwohner in MV erleben. Natur- und Artenschutzkriterien, für die es leider statt festen gesetzlichen Regelungen nur Richtlinien gibt, werden ständig weiter nach unten korrigiert, um neue Windkraftstandorte zu generieren (siehe Abstandsregelungen zu Horsten und Nestern geschützter Großvogelarten). Die in Deutschland üblichen hohen Sicherheitsstandards scheinen für Windräder nur bedingt zu gelten, sonst wären z.B. die Abstände zu viel befahrenen Straßen deutlich größer. Eine gesetzlich vorgeschriebene und unabhängige, technische Überwachung der Windräder fehlt. Sie obliegt nur den Betreibern selbst. Eine Korrektur oder auch nur Anpassung des eingeschlagenen Weges ist trotz gravierender Probleme (wie z.B. fehlende Stromnetze, fehlende Speichertechnologien, rasant steigende Kosten für stabilisierende Netzeingriffe) nicht zu erkennen. Mögliche gesundheitliche Risiken bei zu geringen Abständen zu Wohngebäuden werden nicht untersucht, sondern einfach in Abrede gestellt.

Die tatsächlich stattfindende, großflächige Immobilienentwertung im Umfeld der Windkraftanlagen und die Herabwertung des ländlichen Lebensraumes werden in Abrede gestellt. Eine vernünftige Abwägung und Diskussion von Vor- und Nachteilen der Windkraft findet von politischer Seite nicht statt. Gegenargumente werden vom Tisch gewischt, anstatt diese gewissenhaft und verantwortungsvoll zu prüfen. Kritiker werden als Windkraftgegner gebrandmarkt und abgetan. Es kommt einem so vor, als würden für die heilige Kuh der Windkraft alle Hindernisse aus dem Weg geräumt und leider oftmals auch die Vernunft. Die Energiewende ist beschlossen, koste es was es wolle und um jeden Preis - Kollateralschäden eingeschlossen.

Es gibt schon sage und schreibe 52 !!! Bürgerinitiativen in MV, die diverse Missstände bei der Umsetzung der Energiewende anprangern, aber das scheint für die Schweriner Landespolitik noch immer kein Grund zu sein, ihren Kurs zu hinterfragen und zu überdenken.

Da die Windkraft nicht das einzige Thema ist, bei dem zur Zeit über die Köpfe vieler Menschen hinweg regiert wird, wird der größte Kollateralschaden der weiter voranschreitende Vertrauensverlust der Bevölkerung sein und die Zahl der Nichtwähler und der Protestwähler wird weiter zunehmen.

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Die Art und Weise, wie Landespolitik und Behörden versuchen, selbst vollkommen ungeeignete Standorte „passend zu machen“, möchten wir nachfolgend anhand der Windkraftplanungen hier bei uns im Hoppenrader Becken veranschaulichen.

Vor vier Jahren haben wir Anwohner erfahren, dass es Planungen zu einem Windeignungsgebiet zwischen den Ortschaften Hoppenrade und Schwiggerow gibt. Auf der nachfolgenden Karte ist dieses Gebiet rot schraffiert. Die Planungsfläche ist etwa 42 ha groß und ergibt sich aus den vorgeschriebenen 1000 Meter Mindestabständen zu den Ortschaften Hoppenrade, Schwiggerow und Striggow, einem 800 Meter Mindestabstand zu einem Einzelgehöft und der Begrenzung durch ein Waldgebiet nordwestlich.

Laut der derzeitig gültigen Kriterien unseres zuständigen Planungsverbandes muss ein Eignungsgebiet eine Mindestgröße von 35 ha (vor ein paar Jahre waren es noch 70 ha) aufweisen. Genau hier beginnt die Mogelei, denn im Norden überschneidet sich auf 9 ha Fläche dieses Gebiet mit einem gesetzlich geschützten Geotop, welches nicht überbaut werden darf (siehe Karte auf der nächsten Seite). Abzüglich dieser Fläche mit Überbauungsverbot verbleiben lediglich 33 ha und damit müsste wegen Unterschreitung der Mindestgröße die Planung eigentlich schon beendet sein. Eigenartiger Weise aber ist dem nicht so, obwohl schon klar ist, dass auf dieser Teilfläche keine Windräder errichtet werden können. Wir werden im folgenden diese Mogeleien durchnummerieren und beginnen hier also mit Mogelei Nr.1 .

Neben dem geschützten Geotop gibt es weitere Flächen, die aus dieser Planungsfläche herausfallen. In Nord-Südrichtung läuft eine Ferngasleitung durch das Gebiet, zu der Sicherheitsabstände eingehalten werden müssen. Laut Betreiber der Gasleitung beträgt dieser Sicherheitskorridor lediglich etwa 35 Meter zu beiden Seiten, das ist die schwarz gefüllte Fläche auf nachfolgendem Bild. Der Betreiber geht dabei als „worst case“ (schlimmstes Ereignis) von einem abgesprengten Maschinenhaus aus, welches dann mit einer Wurfparabel herunterfällt und in diesem Bereich aufschlagen kann. Hier zeigt sich die unglaubliche Privilegierung der Windkraftanlagen beim Thema Sicherheit und dies ist für uns die Mogelei Nr.2 . Der Fall eines komplett umstürzenden Windrades findet keine Berücksichtigung, obwohl ja nun nachweislich und für jeden im Internet nachvollziehbar schon etliche Windräder in Deutschland umgestürzt sind. Die gestrichelten Linien zeigen einen Sicherheitsabstand von 135 Metern, was in etwa der Höhe der Rotorachse der geplanten Windkraftanlagen entspricht und selbst da könnten die Rotorblätter eines umstürzenden Windrades die Gasleitung immer noch treffen. So oder so ist aber deutlich zu erkennen, dass eine Bebauung der nördlichen Hälfte des Eignungsgebietes schlicht unmöglich ist.

Und selbst ohne Geotop und ohne Gasleitung wäre eine Bebauung nördlich der Landstraße so gut wie unmöglich, weil ein Großteil dieser Flächen mit einer Grundbucheintragung belegt ist, die eine Nutzung für Windkraftanlagen und auch deren Zuwegung untersagt.

Da die Interessenten, die bei uns Windräder errichten wollen mittlerweile wohl auch erkannt haben, dass es in der nördlichen Hälfte des Planungsgebietes unmöglich ist, gibt es nun seit etwa einem Jahr eine Voranfrage eines Herstellers von Windkraftanlagen aus Rostock, um auf der Südhälfte drei Prototypen-Windräder (im Sprachgebrauch des Gesetzgebers Pilotwindanlagen) zu errichten. Das sind Windkraftanlagen, die Innovationen und Weiterentwicklungen aufweisen müssen und an denen dann im realen Betrieb Messungen und Erprobungen vorgenommen werden. Diese Prototypen haben aus Sicht der Betreiber mindestens zwei gravierende Vorteile. Sie können mit Hilfe von Ausnahmegenehmigungen auch außerhalb ausgewiesener Eignungsgebiete errichtet werden und der Betreiber ist von den derzeitig für Windkraftanlagen vorgeschriebenen Ausschreibungen befreit. Er muss sich also nicht gemeinsam mit anderen Mitbewerbern um einen Standort bemühen, sondern kann direkt eine Ausnahmegenehmigung und Baugenehmigung beantragen.

Ob und in wie weit diese Pilotwindanlagen auch noch bei der Einspeise- vergütung des produzierten Stromes Vorteile haben, ist uns nicht bekannt. Da bei uns aus genannten und noch folgenden Gründen die Ausweisung eines Eignungsgebietes eher unwahrscheinlich ist, geht man nun also den Weg über eine mögliche Ausnahmegenehmigung. Das nennen wir Mogelei Nr.3 .

Bleiben wir noch beim Thema Sicherheit. Wo etwas herunterfallen kann, was Menschen verletzen oder sogar töten könnte, darf sich aus Gründen der Sicherheit niemand aufhalten. Bei kalten und feuchten Wetterlagen kann es an den Rotorblättern zu Vereisungen kommen und wenn sich diese lösen zum sogenannten „Eiswurf“. Um Gefährdungen diesbezüglich auszuschließen, schalten sich Windkraftanlagen bei derartigen Wetterlagen automatisch ab und dürfen erst nach Sichtprüfung durch Bedienpersonal vor Ort wieder eingeschaltet werden. Wie sicher aber ist diese Sichtprüfung? Und was, wenn die automatische Abschaltung wegen eines technischen Defektes versagt? Die Rotorblätter unserer modernen, großen Windkraftanlagen erreichen an den Rotorblattspitzen Geschwindigkeiten bis etwa 350 km/h. Ein Eisbrocken, der sich in 200 Metern Höhe mit 350 km/h auf die Reise begibt, fliegt rein rechnerisch gute 600 Meter weit. (zum Nachrechnen: Wurfweite waagerechter Wurf = Anfangsgeschwindigkeit mal die Wurzel aus 2x der Anfangshöhe durch die Erdbeschleunigung)

Also sollte ja eigentlich jede Windkraftanlage in Deutschland so weit von befahrenen Straßen entfernt sein, dass es durch Wurfgeschosse der Windräder nicht zu Unfällen kommen kann. Wie dicht Windräder tatsächlich an unseren Straßen stehen, kann jeder selbst überprüfen. Neben Eisbrocken können sich auch angeschraubte Bauteile von den Rotorblättern lösen. Und Rotorblätter können natürlich auch ganz oder teilweise zerbrechen und dann zu sehr großen Wurfgeschossen werden. Auf nachfolgendem Bild haben wir die Restfläche des Planungsgebietes unter Beachtung eines 600 Meter Sicherheitsabstandes zur Landstraße rot eingefärbt. Diese Restfläche ist so klein, dass sie nur für ein einziges Windrad genügt. Da man aber vor hat, mehr als einen Prototypen zu errichten, ist klar dass man hier in Punkto Sicherheit ein Auge zudrücken will – Mogelei Nr.4 .

Wenn man auch noch einen Sicherheitsbereich für die südlich gelegene Zufahrtsstraße des Einzelgehöftes ergänzen würde, wäre der Bau von Windkraftanlagen unter dem Aspekt der Sicherheit schlichtweg unmöglich.

Betrachten wir das Thema Gesundheit. Politik, Behörden und Betreiber sind der Überzeugung, dass bei den geltenden Mindestabständen von 1000 Meter zu Wohngebäuden keine Gesundheitsgefahren bestehen. Nun gibt es aber diverse wissenschaftliche Studien im Ausland, die solche Gefährdungen doch nahe legen. Außerdem gibt es eine steigende Zahl von Anwohnern, die in der Nähe von Windkraftanlagen unter gesundheitlichen Beschwerden leiden und die deutsche Ärztevereinigung AEFIS (Ärzte für Immissionsschutz) warnt seit Jahren vor den gesundheitlichen Risiken die von den Windrädern ausgehen. Das Thema Gesundheitsgefährdungen ist ganz offensichtlich noch nicht abschließend und eindeutig geklärt. In Dänemark wurde vor kurzem eine groß angelegt Studie zu diesem Thema abgeschlossen. Deren Ergebnisse werden nun erwartet und bringen dann hoffentlich mehr Klarheit. Eines sollte aber für verantwortungsvolle Politiker und Planungsbehörden eine Selbstverständlichkeit sein: wenigstens die Prototypen, deren genaue Emissionen noch gar nicht bekannt sind, sollten zur Sicherheit der Menschen einen deutlich größeren Abstand zu Wohngebäuden haben und nicht - wie in unserem Falle - mit absolutem Mindestabstand zwischen drei Ortschaften gequetscht werden – verantwortungslose Mogelei Nr.5 .

Thema fehlende Abwägung der Immobilienentwertung Es gibt in Deutschland den gesetzlichen Grundsatz, dass niemand ein Recht darauf hat, dass sich in seiner Umgebung nichts verändert. Das kann auch gar nicht anders sein, denn sonst könnte keine Straße, keine Bahnlinie, kein Kraftwerk und auch keine Windkraftanlage gebaut werden. Trotzdem aber sollte man doch von verantwortungsvollen Planungsbehörden erwarten, dass sie dabei Wertverluste von bestehenden Häusern und Grundstücken wenigstens mit in ihre Überlegungen einbeziehen und versuchen, diese möglichst gering zu halten. Es macht schließlich einen großen Unterschied, ob ich mit 30 Windkraftanlagen eine Ortschaft entwerte - oder wie in unserem Falle - mit 3 Windkraftanlagen ganze drei Ortschaften!!! Solche Überlegungen zur Schadensbegrenzung spielen aber bei der Ausweisung von Windradstandorten schlichtweg überhaupt keine Rolle. Schlimmer noch, es wird von unserer Landespolitik und den Behörden sogar geleugnet, dass überhaupt eine spürbare Entwertung der Immobilien stattfindet. Diese unglaubliche Behauptung würde bestens zu einem Donald Trump passen. Sie ist vollkommen realitätsfremd und zeigt, wie unglaubwürdig unsere Politiker und Behörden beim Thema Windkraft agieren. Die Tatsache, dass die großflächige Entwertung von Häusern und Grundstücken nicht berücksichtigt und sogar geleugnet wird, ist für uns Mogelei Nr.6, auch wenn für diesen Sachverhalt der Begriff Mogelei viel zu harmlos ist. Es gibt schon einen makaberen Begriff für Regionen in MV, die mit Windkraftanlagen regelrecht zugepflastert sind – „Entleerungsräume“. Dieser Begriff bringt die Zukunft der betroffenen Gemeinden auf den Punkt. Wie passt das zu dem allseits bekannten Slogan „Mecklenburg-Vorpommern, ein Land zum Leben“ ???

Thema Landschaftsschutz Das bei uns geplante Eignungsgebiet liegt, wie auf dem nachfolgenden Bild zu erkennen, in einem schmalen Korridor zwischen einem Naturschutzgebiet und einem Landschaftsschutzgebiet. In der Fortschreibung des Raumentwicklungsprogrammes der Region Rostock kann man auf Seite 150 zu diesem Planungsgebiet lesen: „Restriktionskriterien: Abstandszone um Raum mit sehr hoher Schutzwürdigkeit des Landschaftsbildes“

Wenn man diesen Standort im Hoppenrader Becken direkt zwischen zwei Schutzgebieten nun doch für geeignet hält und das sogar für besonders große Prototypen, dann ist das für uns ganz klar Mogelei Nr.7 .

Thema Naturschutz Das Hoppenrader Becken ist ein Zugvogelrastplatz von sogenannter mittlerer Bedeutung. Jedes Jahr im Frühjahr und Herbst rasten hier in großer Zahl Kibitze, Singschwäne, Wildgänse, Kraniche und andere Vogelarten exakt auf den Flächen, wo die Windräder stehen sollen. Wäre es ein Zugvogelrastplatz von sogenannter großer Bedeutung, dann wäre es hier strikt verboten, Windräder zu errichten. Bei einem Zugvogelrastplatz von mittlerer Bedeutung muss im Einzelfall geprüft werden, ob man eine Ausnahme zulassen kann. Wir befürchten, dass man auch in diesem Punkt sprichwörtlich alle Hühneraugen zudrücken will und dass die Zugvögel den Windrädern weichen sollen. Wenn ja, dann wären wir schon bei Mogelei Nr.8 .

Kommen wir zum Thema Artenschutz. Noch vor wenigen Jahren wäre eine Windkraftplanung hier nicht denkbar gewesen, denn in unserer Gegend brüten überall Kraniche. Deren Schutzzonen wären ein Ausschlusskriterium für das Planungsgebiet gewesen.

Heute ist das anders. Der Kranich hat sich sehr gut vermehrt und verbreitet und so hat man in MV seinen Schutzstatus bezüglich der Windräder komplett aufgehoben. Das kann man durchaus nachvollziehen, denn die Kraniche sind in ihrem Bestand wohl derzeit nicht mehr wirklich gefährdet. Im Jahr 2015 haben wir im angrenzenden Wald den Horst eines Baumfalken festgestellt und gemeldet. Im 1000 Meter Umkreis um diesen Horst war seinerzeit die Errichtung von Windrädern untersagt, was etwa das halbe Planungsgebiet betroffen hätte. Mittlerweile hat man die Verbotszone um Baumfalkenhorste von 1000 auf 350 Meter verringert – Mogelei Nr.9 .

Zum besseren Verständnis noch ein paar Erläuterungen zu diesen Schutzzonen. Für Schutzzonen um Horste und Nester von geschützten Großvogelarten gibt es keine gesetzlichen Festlegungen sondern nur eine Artenschutzrichtlinie, das so genannte Helgoländer Papier von 2007. In diesem Helgoländer Papier sind für jede Vogelart jeweils eine absolute Schutzzone, der sogenannte Ausschlussbereich und eine noch weiter reichende Zone, der sogenannte Prüfbereich festgelegt. Innerhalb der Ausschlusszone ist die Errichtung von Windkraftanlagen absolut nicht gestattet und im Bereich der Prüfzone muss im Einzelfall geprüft werden, wie die Gefährdungslage ist und ob Ausnahmen zulässig sind. Im Jahre 2015 wurde dieses Helgoländer Papier überarbeitet und etliche Schutzbereiche wurden verringert. Der Rotmilan bildet dabei eine Ausnahme. Für ihn wurde der Ausschlussbereich vergrößert und nur der Prüfbereich verringert. Ein Auszug dieser Abstandsregelungen( für Vogelarten die hier bei uns vorkommen) zeigt die Korrekturen und die teilweise noch weiter gehenden Reduzierungen bei der derzeitigen Windkraftplanung im Landkreis Rostock.

Nun zu unseren schützenswerten Adlervorkommen: Wir haben einen Seeadlerhorst in 1900 Metern Entfernung und einen weiteren Seeadlerhorst in 2900 Meter Entfernung zum Planungsgebiet. Laut Helgoländer Papier beträgt der Ausschlussbereich für Seeadler 3000 Meter, womit das Planungsgebiet vom Tisch wäre. Die Planungsbehörden in Rostock haben diesen Abstand auf 2000 Meter reduziert. Beide Horste liegen aber trotzdem deutlich im 6000 Meter Prüfbereich und die Adler jagen auch nachweislich im Bereich des Zugvogelrastplatzes und überfliegen diesen auch auf ihren Streifzügen. Sollten die Planungsbehörden trotzdem keine Gefährdung für unsere Seeadler erkennen, so wäre das ganz klar die Mogelei Nr.10 .

Nördlich des geplanten Gebietes haben wir drei Fischadlerhorste auf Stromleitungsmasten in 1100 bis 1500 Metern Entfernung. Diese drei Fischadlerhorste entsprechen etwa 10 Prozent des Fischadlerbestandes im Landkreis Rostock. Auf ihren Streifzügen zum südlich gelegenen Krakower See würden sie den Windpark überfliegen. Fischadler sind außerdem sehr empfindlich gegen Störungen aller Art und da sie vollkommen freie Sicht auf die Windräder hätten, steht zu befürchten, dass sie vertrieben werden würden. Sollte man das in Kauf nehmen so wäre es Mogelei Nr.11 .

Ein großes „Problem“ für die Windkraftbranche in MV ist der Rotmilan. Ein Großteil des europäischen Vorkommens dieser Greifvögel hat ihre Horste ausgerechnet in MV und in Brandenburg. Und wegen des großen Vorkommens in MV wurde der 1500 Meter Ausschlussbereich bei den Planungsbehörden verringert auf 1000 Meter. Wenn es darum geht, mehr Windkraftstandorte zu generieren, dann ist das nachvollziehbar. Man darf aber nicht vergessen, dass man damit nicht nur den Rotmilanbestand in MV gefährdet, sondern einen Großteil des europäischen Bestandes. Die Mogeleien beim hier sehr häufig vorkommenden Rotmilan betreffen aber nicht nur den Ausschlussbereich sondern auch den Prüfbereich. Hier begründet man die Ausnahmen mit so genannten „Ausweichflächen“. Das sind in der Regel Wiesenflächen. Dazu muss man wissen, dass Rotmilane und andere Greifer bevorzugt auf Wiesen jagen. Das ist ganz einfach so, weil sie im Rapsfeld, im Maisfeld oder im Getreidefeld ihre Beute nicht sehen und auch nicht greifen können. Windkraftbetreiber und Planungsbehörden versuchen mit diesen „Ausweichflächen“ - vereinfacht gesagt - zu beweisen, dass die

Rotmilane, die ihre Horste links vom Windpark haben, nur auf den Wiesen links vom Windpark jagen. Und genauso dass die rechts lebenden Rotmilane nur auf den Wiesen rechts vom Windpark jagen. Somit wäre angeblich das Risiko durch die Windräder nicht so hoch und durchaus hinnehmbar. Man kann nur hoffen, dass die Greifvögel über diese Flugverbotszonen auch informiert werden und dass sie vor der Bestellung und nach der Ernte auch wirklich die Ackerflächen mit den Windrädern meiden. Die Verfahrensweise mit den „Ausweichflächen“ zeigt ganz deutlich, wie sehr die Begründungen für Ausnahmen zu Gunsten der Windkraft an den Haaren herbeigezogen sind. In unserem Falle verteilen sich die drei Rotmilanhorste rings um die Planungsfläche und wir haben auch Wiesen rund herum. Desweiteren befindet sich eine Hühnerfarm westlich in Hoppenrade und eine Hühnerfarm südlich in Striggow, die ebenfalls bevorzugte Jagdgebiete unserer Rotmilane, Adler und anderer Greifer sind. Sollten die Betreiber und die Planungsbehörden trotzdem versuchen zu „beweisen“, dass die Rotmilane das Planungsgebiet nur selten überfliegen und dass man deshalb wieder mal eine Ausnahme machen kann, dann wäre das ganz klar die große Mogelei Nr.12 .

Neben den Seeadlern, Fischadlern und Rotmilanen gibt es hier bei uns weitere Horste und Nester geschützter Großvogelarten im Prüfbereich. Wir haben insgesamt 12 solcher Horste und Nester gefunden und an die Planungsbehörden in Rostock gemeldet. Alle von uns gemeldeten Horste und Nester wurden im Rahmen einer vom Planungsverband beauftragten „Erhebung der Vorkommen windkraftsensibler Großvögel im Rahmen der Fortschreibung des Raumentwicklungs- programmes für die Region Rostock“ überprüft und bestätigt. Und nicht nur das, sondern in diesem Gutachten wurden sogar noch weitere relevante Horste und Nester gefunden. Sollte man auch bei diesen anderen Horsten und Nestern hier bei uns „Beweise“ dafür finden, dass die betreffenden Vögel die Flugverbotszonen um die Windräder kennen und einhalten, so sehen wir darin die Mogelei Nr.13 .

Es ist doch ganz offensichtlich etwas faul, wenn man beim Zugvogelrastplatz prüft und bei mehr als 12 relevanten Horsten prüft und wenn dann 13 oder noch mehr Prüfungen alle eines ergeben – ja, passt schon.

In der abschließenden Karte haben wir die von uns gefundenen und mit GPS vermessenen Horste mit ihrer Entfernung zum Planungsgebiet aufgelistet.

Diese Karte zeigt jetzt ganz klar und bildlich die Vielzahl der Konflikte und die vollkommene Unsinnigkeit, an diesem Standort Windräder errichten zu wollen.

Trotz allem gibt es nach wie vor Bestrebungen, diesen Standort „passend zu machen“.

Wir werden diese Ungerechtigkeiten und Mogeleien nicht hinnehmen, sondern in die Öffentlichkeit tragen und schlussendlich auch vor Gericht.

Wir haben im Herbst 2017 eine Protestaktion gestartet, die wir fortsetzen werden und es gibt auch einen ganz eindeutigen Gemeindebeschluss gegen die geplanten Windräder im Hoppenrader Becken. Dieser Beschluss ist den Planungsbehörden bekannt und er fließt - nach offiziellem Sprachgebrauch - auch in deren Abwägung mit ein. Aber mal ganz ehrlich - ein echtes und wahres Gewicht hat der Wille unserer Gemeinde dabei nicht im Geringsten – Mogelei Nr.14 .

Es gibt gegenwärtig an auffällig vielen Standorten im Landkreis Rostock Bestrebungen, um Prototypen-Windräder über Ausnahmegenehmigungen zu errichten und um somit zusätzliche Windkraftstandorte außerhalb von Eignungsgebieten zu erschließen.

Dabei wird mancherorts, wie wir dargestellt haben, einfach alles aus dem Weg geräumt was objektiv dagegen spricht und was nicht passen will, wird passend gemacht.

Das Resultat ist ein weiter voranschreitender Vertrauensbruch mit der Bevölkerung. Die Entwicklung der Wahlprognosen zeigt, dass man sich den eigentlich nicht mehr leisten kann.

So kann und darf es in einer Demokratie nicht weiter gehen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulf Markgraf Angelika Schindler-Scholz Sprecher der Bürgerinitiative Sprecherin der Bürgerinitiative

Haus 9a Lindenweg 18 18292 Schwiggerow 18292 Hoppenrade