<<

Tumorzentrum Tumorzentrum -Nürnberg

Erlangen-Nürnberg „Darmkrebs: Betroffene helfen Angehörigen“

Eine Aktion der interdisziplinären Projektgruppe ‚Kolorektale Karzinome‘ des Tumorzentrums Erlangen-Nürnberg zur Verbesserung der Früherkennung von Darmkrebs in Mittelfranken

Dr. Sabrina Petsch S. Schick, PD Dr. B. Eibl-Eibesfeldt, A. Meyer, Dr. J. Schenk, Prof. Dr. W. Hohenberger

[email protected] www.tumorzentrum.uk-erlangen.de

Bayreuth 30.03.2011 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Aufgaben eines Tumorzentrums

F Interdisziplinäre Vernetzung aller Versorgungsebenen und – strukturen, u.a. in Projektgruppen F Wissensverbreitung durch Fortbildungs- veranstaltungen für Ärzte und Bevölkerung F Krebsberatung

F Transparenz der Behandlung und der Behandlungsergebnisse durch ein Klinisches Krebsregister => Vergleich der Ergebnisse in der Region, national und international

=> Qualitätssicherung 30.03.2011 Darmkrebs = die häufigste Krebserkrankung in Deutschland

229.200 Männer/Jahr Neuerkrankungsfälle 197.600 Frauen/Jahr (geschätzt) 60.120 57.970 Prostata 26,2% 29,3% Brustdrüse 36.300 32.440 Darm 15,8% 16,4% Darm 32.500 14.600 Lunge 14,2% 7,4% Lunge 19.360 11.140 Harnblase 8,4% 5,6% Gebärmutterkörper 10.620 9.670 Magen 4,6% 4,9% Eierstöcke 10.050 8.470 Niere 4,4% 4,3% Malignes Melanom der Haut 7.930 8.090 Mundhöhle und Rachen 3,5 4,1 Harnblase 7.360 7.230 Malignes Melanom der Haut 3,2 3,7 Magen 6.410 6.980 Non-Hodgkin-Lymphome 2,8 3,5 Bauchspeicheldrüse 6.380 6.440 Bauchspeicheldrüse 2,8 3,3 Niere

Quelle: Krebs in Deutschland 2005 – 2006, Häufigkeiten und Trends, 7. Ausgabe, Berlin, 2010 Herausgeber: Robert Koch Institut, Berlin und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V., Lübeck Keßberg, Mazurek, Petsch - Stand 03/2010 Darmkrebs in Deutschland

• Jedes Jahr sterben 27.000 Menschen daran

• Darmkrebs lässt sich meist zu fast 100% verhindern oder heilen, wenn er frühzeitig genug entdeckt wird

• In 90% aller Fälle entsteht Darmkrebs aus vorerst gutartigen Darmpolypen (Adenomen) ADENOMADENOM --KARZINOMKARZINOM --SEQUENZSEQUENZ

Adenom Adenom Fortgeschrittener (noch gutartig oder schon mit Darmkrebs bösartigem Anteil?)

G. Nusko, Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Erlangen Kostenlose Krebsfrüherkennung und Vorsorgeuntersuchungen Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Vorsorgekoloskopie – Akzeptanz und Ergebnisse

2,3 Mio Untersuchungen (2003 – 2006)

11% der berechtigten Männer 13% der berechtigten Frauen

30% Polypen: hyperplast. Polypen 10% Adenome 20% schwere Dysplasie/Cis 0,5% Kolon- oder Rektumkarzinom 1%

(Quelle: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung)

Bayreuth 30.03.2011 Erhöhtes Darmkrebs-Risiko bei erstgradig Verwandten

• Erstgradig Verwandte von Darmkrebs-Betroffenen haben ein 2-4fach erhöhtes Risiko an Darmkrebs zu erkranken (Brenner et al, American Journal of Gastroenterology 103 Sept. 2008)

• Die erste Koloskopie sollte 10 Jahre vor dem Erkrankungsalter des Angehörigen erfolgen

• Diese Fakten sind in der Öffentlichkeit nicht ausreichend bekannt

=> Aktion wurde gestartet, um diese Risikopopulation gezielt aufzuklären Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg „Darmkrebs: Betroffene helfen Angehörigen“ Die interdisziplinären Projektgruppe ‚Kolorektale Karzinome‘ des Tumorzentrums Erlangen-Nürnberg startete die Aktion in Zusammenarbeit mit der ILCO-Gruppe Erlangen im Darmkrebsmonat März 2008

Foto v. links: Dr. med. J. Schenk, niedergelassener Gastroenterologe, Erlangen Dr. med Sabrina Petsch, Leiterin der Geschäftsstelle des Tumorzentrums PD Dr. med. B. Eibl-Eibesfeldt, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie, Kliniken Dr. Erler, Nürnberg Prof. Dr. med. W. Hohenberger, Sprecher der Projektgruppe, Direktor der Chirurg. Universitätsklinik Erlangen

Bayreuth 30.03.2011 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Mittelfranken (Bayern)

Bayreuth 30.03.2011 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Aktion – Ablauf

Rund 4000 lebende Patienten angeschrieben - ED 1998 - 2008 - Behandlung in einer Klinik in Mittelfranken und LK - Dokumentation im KKR des Tumorzentrums

Rückantworten werden dokumentiert in einer ACCESS-Datenbank

Auswertungen Zwischenergebnisse und im Rahmen einer Doktorarbeit

Der Förderverein des Tumorzentrums unterstützt die Aktion mit 15.000 Euro

Bayreuth 30.03.2011 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Aktion - Inhalt der Aussendung

Persönliches Anschreiben unter dem Briefkopf der behandelnden Klinik mit Information über erhöhtes Risiko der Angehörigen und Empfehlung einer Früherkennungskoloskopie ab dem 55. Geburtstag oder 10 Jahre vor Erkrankungsalter des Angehörigen, Ansprechpartner und Telefonnr. für Rückfragen

Rückantwortformular + Freiumschlag (Gebühr zahlt Empfänger)

2 Informationsblätter für Angehörige

2 Blaue Dokumentationsbogen ‚Koloskopie bei Risikopatienten‘

Bayreuth 30.03.2011 Aussendung – Persönliches Anschreiben Aussendung – Information für Angehörige + Dokubogen Aussendung - Rückantwortformular Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Aktion - Werbung

Onkologische Fortbildungsveranstaltung des Tumorzentrums am 1.3.2008: - Versand eines Informationsblattes zusammen mit der Einladung an alle tätigen Ärzte in Mittelfranken - Vorstellung der Aktion auf der Veranstaltung

Zusendung der Patientenanschreiben und Informationsmaterialien an alle koloskopierenden Ärzte in Mittelfranken

Pressekampagne, Zeitungsartikel in örtlicher Presse, z.B. Tageszeitungen, Klinikumszeitschrift des Uniklinikums, Newsletter des Tumorzentrums

Unterstützung durch Deutsche ILCO und Felix-Burda-Stiftung

Bayreuth 30.03.2011 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Aktion – Reaktionen 1

Rücklauf sehr gut - Viele interessierte Nachfragen telefonisch und per mail - Sogar Antworten von Betreuern dementer Patienten und Hinterbliebenen - Zunehmend Koloskopie-Dokumentationsbogen von immer mehr Praxen

Reaktionen überwiegend sehr positiv - Anforderung weiterer Informationsblätter, auch für Freunde und Kollegen - Witwe eines zwischenzeitlich Verstorbenen unterstützt Aktion - Vater, der zu seiner Tochter keinen Kontakt mehr hat, entbindet uns von der Schweigepflicht und bittet um die Zusendung der Unterlagen direkt an die Tochter - ‚Ich habe keine Angehörigen, unterstütze aber voll die Aktion‘ - ‚hervorragende Idee‘

Bayreuth 30.03.2011 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Aktion – Reaktionen 2 Patienten in Mittelfranken sind gut informiert: nicht selten sind bereits alle Angehörigen koloskopiert

Häufige Fragen: ‚Meine Kinder sind entsprechend Ihren Informationen noch zu jung für eine Koloskopie – was sollen sie tun?‘ Antwort: Auf jeden Fall ihren Hausarzt/Internisten über die Erkrankung in der Familie informieren!

‚Meine Kinder wohnen im Ausland/außerhalb von Bayern etc.‘ Antwort: Wohnort ist egal, wichtig ist die Information der Kinder

Nur vereinzelt Rückantworten mit Kreuz bei ‚Ich möchte diese Aktion nicht unterstützen‘ – nie Angabe von Gründen

1x persönliche Rückmeldung: ‚Brief ist sehr gut, nicht zu verbessern, aber ich möchte nicht an meine Erkrankung erinnert werden‘ Bayreuth 30.03.2011 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Ergebnisse

Bayreuth 30.03.2011 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Anschreiben nach Kreisen (n=4134)

Forchheim 208 Erlangen-Höchstadt 459

Erlangen, Stadt 447 Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim 176 Nürnberger Land Fürth, Stadt 225 340

Fürth 306 Nürnberg, Stadt 1304 Mittelfranken , Stadt , Stadt 89 26

Ansbach 237 125

Weißenburg-Gunzenhausen 192

Bayreuth 30.03.2011 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Verteilung der Antworten (n=1162)

Forchheim 33% Erlangen-Höchstadt 33%

Erlangen, Stadt 38% Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim 28% Nürnberger Land Fürth, Stadt 28% 27%

Fürth 28% Nürnberg, Stadt 30% Mittelfranken Schwabach, Stadt Ansbach, Stadt 36% 41%

Ansbach Roth 34% 37%

Weißenburg-Gunzenhausen 34%

20% 30% 40% 50% Bayreuth 30.03.2011 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Unterstützung der Aktion (n=1162)

Nein 4% Keine Angehörigen oder Angehörige Antwort selbst - zu jung nicht möglich - verstorben 2% - kein Kontakt 21 47 - nehmen nicht teil Ja 31% 29% 339 357

398

Angehörige bereits untersucht 34%

Bayreuth 30.03.2011 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Rückantworten nach UICC-Stadium (n=1162)

40,0% 37,7% 33,4% 35,0% 31,4% 29,4% 30,0% 25,0%

20,0% 15,0% 10,0% 5,0%

0,0% UICC I UICC II UICC III UICC IV Bayreuth 30.03.2011 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Rückantworten nach Alter (n=1162)

34,9% 35,0% 33,9% 32,1%

30,0% 28,0% 28,0% 25,0% 25,0%

20,0%

15,0%

10,0%

5,0%

0,0% <39 40-49 50-59 60-69 70-79 >=80 Bayreuth 30.03.2011 Altersgruppe in Jahren Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Anteil Rückantworten nach Zeit seit Diagnose (n=1162)

40,0% 35,0% 30,0% 35,5% 35,7% 33,3% 31,4% 30,9% 31,0%

25,0% 30,8% 30,8% 30,0% 29,1% 20,0% 28,3% 15,0% 10,0% 5,0% 0,0%

1 -2 -3 -4 -5 -6 -7 -8 -9 0 0 < 1 2 3 4 5 6 7 8 -1 1 9 > Bayreuth 30.03.2011 Jahre seit Diagnosestellung Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Rücklauf: 161 Dokumentationsbogen aus 97 Praxen (90% aufgrund der Anschreiben, 10% Pressekampagne)

Ergebnis der Koloskopie (n=161): Polypen 14%

22 Adenome 105 18 11%

16

o.B. Sonstiges 65% 10%

Bayreuth 30.03.2011 Tumorzentrum Tumorzentrum Erlangen-Nürnberg

Erlangen-Nürnberg Zusammenfassung

• Ca. 4.000 CRC-Patienten aus Mittelfranken wurden angeschrieben, über das bis zu 4-fach erhöhte Risiko ihrer direkten Angehörigen informiert und gebeten, diese zur Früherkennungskoloskopie zu motivieren • Die Aktion wurde sehr positiv aufgenommen von den Patientinnen und Patienten, deren Angehörigen, koloskopierenden und niedergelassen Ärztinnen/ Ärzten und in der Bevölkerung; Informationsmaterial wird kontinuierlich angefordert • Ca. 1/3 der Angeschriebenen antworteten unabhängig von Wohnort, Alter bei Diagnosestellung, zeitlichen Abstand dazu, UICC-Stadium und anderen Faktoren – insgesamt nur 4% wollten die Aktion nicht untertützen • Das primäre Ziel, die Patienten über das erhöhte Risiko ihrer Angehörigen zu informieren wurde erreicht • Ob das Ziel erreicht wird, die Anzahl der Früherkennungskoloskopien in der Region zu erhöhen und anteilig mehr frühe Tumoren zu erkennen, ist erst in den nächsten Jahren sicher beurteilbar Bayreuth 30.03.2011