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Plenarprotokoll 15/35

Deutscher Bundestag

Stenografischer Bericht

35. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Inhalt:

Änderung der Tagesordnung ...... 2857 B Kurt J. Rossmanith CDU/CSU ...... 2868 B Benennung des Abgeordneten Karl-Theodor Klaus Brandner SPD ...... 2870 A Freiherr von und zu Guttenberg als or- dentliches Mitglied und des Abgeordneten Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU ...... 2871 C Rudolf Kraus als stellvertretendes Mitglied Dirk Niebel FDP ...... 0000 A der Parlamentarischen V ersammlung des Europarates ...... 2905 D Klaus Brandner SPD ...... 2873 C Dagmar Wöhrl CDU/CSU ...... 28742 DA

Stellungnahmen der Fraktionen angesichts Fritz Kuhn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 2876 A der aktuellen Ereignisse im Irak Kurt J. Rossmanith CDU/CSU ...... 2877 A Franz Müntefering SPD ...... 2857 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU ...... 2877 A Dr. CDU/CSU ...... 2858 A Hartmut Schauerte CDU/CSU ...... 2879 B Katrin Dagmar Göring-Eckardt Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA 2880 A BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ...... 2858 C Dr. Wolfgang Gerhardt FDP ...... 2859 A 14. Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Tagesordnungspunkt I: (Fortsetzung) (Drucksachen 15/555, 15/572) Zweite Beratung des von der Bundesregie- Joseph Fischer, Bundesminister AA ...... 2883 A, B rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU ...... 2886 A zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2003 Gernot Erler SPD ...... 2889 B (Haushaltsgesetz 2003) Dr. Werner Hoyer FDP ...... 2890 D (Drucksachen 15/150, 15/402) ...... 2859 D Dietmar Nietan SPD ...... 2892 D 18. Einzelplan 09 Matthias Wissmann CDU/CSU ...... 2893 D Bundesministerium für Wirtschaft und Dr. Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE Arbeit GRÜNEN ...... 2895 A (Drucksachen 15/559, 15/572) ...... 2860 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos ...... 2896 C Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU ...... 2860 A Herbert Frankenhauser CDU/CSU ...... 2897 C Volker Kröning SPD ...... 2862 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE Rainer Brüderle FDP ...... 2864 D GRÜNEN ...... 2898 C Anja Hajduk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 2866 D Lothar Mark SPD ...... 2899 A II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

22. Haushaltsgesetz 2003 b) – f) (Drucksachen 15/573 (neu), 15/574) . . . . 2901 C Beschlussempfehlungen des Petitions- Namentliche Abstimmung ...... 2902 A ausschusses Sammelübersichten 14, 22, 23, 24 und 25 zu Petitionen Ergebnis ...... 2902 A (Drucksachen 15/366, 15/582 15/583 15/584 15/585) ...... 2905 B Zusatztagesordnungspunkt 4:

Antrag der Abgeordneten Jür gen Tagesordnungspunkt II: Koppelin, Dr. Günter Rexrodt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Dritte Beratung des von der Bundesregie- Haushaltsentwurf 2003 überarbeitet rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- vorlegen (Drucksache 15/458) ...... 2904 B zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) Tagesordnungspunkt III: (Drucksachen 15/150, 15/402, 15/551 bis 15/571, 15/572, 15/573 (neu), 15/574) . . . 2905 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu Manfred Carstens (Emstek) CDU/CSU . . . . 2906 B dem Protokoll betreffend Schwermetalle Joachim Poß SPD ...... 2907 B vom 24. Juni 1998 im Rahmen des Überein- kommens von 1979 über weiträumige Dr. Wolfgang Gerhardt FDP ...... 2909 C grenzüberschreitende Luftverunreinigung (Drucksache 15/509) ...... 2904 D Anja Hajduk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ...... 2911 A in Verbindung mit Bartholomäus Kalb CDU/CSU ...... 2913 A , Bundesminister BMF ...... 2915 A Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU ...... 2917 C Zusatztagesordnungspunkt 2: Namentliche Abstimmungen ...... 2920 . . . . A, 2923 A Antrag der Abgeordneten Hubertus Heil, 2927 A Klaus Brandner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- Ergebnisse ...... 2920. . . . C, 2922 D ordneten Michaele Hustedt, Ulrike Höfken, 2926 D weiterer Abgeordneter und der Fraktion Erklärung nach § 31 zur Geschäftsordnung des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die Bestimmungen der Post-Universal- Petra Pau fraktionslos ...... 2919 D dienstleistungsverordnung verbraucher- freundlich durchsetzen (Drucksache 15/615) ...... 2904 D Zusatztagesordnungspunkt 3: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Tagesordnungspunkt IV: Bundesregierung: Beteiligung bewaffne- a) Beschlussempfehlung und Bericht des ter deutscher Streitkräfte an dem EU-ge- Ausschusses für V erkehr, Bau- und führten Einsatz auf mazedonischem Ter- Wohnungswesen zu der Unterrichtung ritorium zur weiteren Stabilisierung des durch die Bundesregierung: Stellung- Friedensprozesses und zum Schutz von nahme der Kommission gemäß Beobachtern internationaler Organisati- Art. 251 Absatz 2 Unterabsatz 3 onen im Rahmen der weiter en Imple- Buchstabe c EG-Vertrag zu den Ab- mentierung des politischen Rahmenab- änderungen des Eur opäischen Par- kommens vom 13. August 2001 auf der laments am gemeinsamen Stand- Grundlage des Ersuchens des mazedoni- punkt des Rates zum V orschlag für schen Präsidenten T rajkovski vom eine Richtlinie des Eur opäischen 17. Januar 2003 und der Resolution 1371 Parlaments und des Rates zur Ände- (2001) des Sicherheitsrats der V ereinten rung der Richtlinie 94/25/EG üb er Nationen vom 26. September 2001 die Angleichung der Rechts- un d (Drucksachen 15/696, 15/709, 15/710) . . 2925 B Verwaltungsvorschriften der Mit- Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD ...... 2926 A gliedstaaten über Sportboote KOM (2002) 602 endg.; Ratsdok. 15133/02 Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (Drucksachen 15/392 Nr. 2.25, 15/497) 2905 A CDU/CSU ...... 2929 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 III

Dr. Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE Berichtigung ...... 2935 D GRÜNEN ...... 2930 C

Dr. Rainer Stinner FDP ...... 2931 B Anlage 1 Namentliche Abstimmung ...... 2932 B Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2937 A

Ergebnis ...... 2932 D Anlage 2 Nächste Sitzung ...... 2935 C Amtliche Mitteilungen ...... 2937 B

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(A) (C) Redetext

35. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Beginn: 9.00 Uhr

Präsident Wolfgang Thierse: auch sein, dass die Bemühungen im Rahmen der Völker- gemeinschaft weitergehen müssen, Wege zu finden, wie Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die die Menschheit in Zukunft mit der Frage des Gewalt- Sitzung ist eröffnet. monopols umgeht, und gemeinsam Wege zu finden, um Meine Damen und Herren, heute Nacht hat der Krieg Gewalt vorzubeugen, Gewalt zu verhindern und Kriegen im Irak begonnen. Die Bemühungen, den Konflikt vorzubeugen. friedlich zu lösen und den Diktator zu entwaffnen, haben den Krieg nicht verhindern können. Wir sind uns einig in Die Menschen in Deutschland haben Angst, die Älte- der Sorge über die möglichen, die wahrscheinlichen Op- ren aus eigener Erfahrung und Betroffenheit, die Jünge- fer. Wir hoffen gemeinsam,dass es nicht zum Einsatz ren, weil sie erleben, dass sich in diesen T agen in der von Massenvernichtungswaffen kommt und dass das Welt der Stärkste durchsetzt und nicht das Recht, weil es verbrecherische Regime des Diktators Saddam Hussein eine Erfahrung ist, die für die Menschen gefährlich ist, schnell beendet werden kann. W ir sind uns der V erant- dass es keine Regeln gibt, nach denen in einer solchen (B) wortung auch Deutschlands für eine geordnete, friedli- Situation Frieden gesucht und Krieg verhindert wird. (D) che, demokratische Zukunft im Nahen Osten bewusst. Wir müssen in Deutschland in diesen T agen und Wo- Die Fraktionen des Hauses haben sich darauf geei- chen darauf achten, dass wir mithelfen, mit den Sor gen nigt, angesichts der aktuellen Ereignisse die T agesord- und der Angst, die die Menschen haben, so rational wie nung zu verändern und jetzt mit einer Runde von Stel- möglich umzugehen, und dazu beitragen, dass alle Ent- lungnahmen der Fraktionen zu beginnen. Danach wird wicklungen in Richtung einer antiamerikanischen Hal- das Plenum unterbrochen, um Fraktionssitzungen zu er- tung, einer antiislamischen Haltung und von Dingen, die möglichen. Die Plenardebatte wird dann um 10.15 Uhr im Zusammenhang mit Israel diskutiert werden könnten, fortgesetzt. sowie alle extremen Regungen in unserem Land unter Kontrolle gehalten werden. W ir müssen den Menschen Ich erteile zunächst dem Kollegen Franz Müntefering, helfen, dass sie solchen Tendenzen nicht verfallen. SPD-Fraktion, das Wort. Wir wollen, dass die UNO ihre Funktion behält. W ir Franz Müntefering (SPD): wollen auch in Zukunft in Freundschaft mit dem ameri- kanischen Volk und mit all denen, bei denen wir zurzeit Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und nicht in Übereinstimmung mit dem Handeln ihrer Regie- Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Irak be- rungen sind, leben. W ir wollen in diesen W ochen die ginnt der Krieg. W ir denken an die Menschen vor Ort, Unterschiede, die es in der Beurteilung der jetzigen Situ- die unmittelbar betroffen sind. Wir hoffen, dass die Op- ation gibt – das sind Unterschiede, die es auch hier im fer an Menschenleben und die Zerstörungen so gering Parlament gibt –, nach den Regeln der Demokratie aus- wie möglich bleiben, und wissen doch: Es wird diese tragen. Wir wollen miteinander über das diskutieren, was Opfer geben, viel zu viele. uns eint, und über das, was uns unterscheidet, weil es Die Bemühungen um eine friedliche Lösung hatten auch in einer solch schwierigen Situation aus unserer keinen Erfolg. Trotzdem: Sie waren richtig und sie blei- Sicht darauf ankommt, dass man die Dinge nicht ver- ben richtig. Wo es eine Chance gibt, Krieg zu verhindern, drängt, sondern sie offen anspricht und deshalb eine De- Not und Elend zu verhindern, ist es nötig, diese Chance zu batte führt, die ehrlich und offen ist. suchen, sie zu nutzen und zu versuchen, im Interesse der Wir sind – auch nach den Informationen, die wir von Menschen eine friedliche Lösung durchzusetzen. der Bundesregierung und den zuständigen Stellen be- Das bleibt auch für die Zukunft so. Die Lehre aus kommen haben – sicher , dassim Lande selbst alles Er- dem, was wir in diesen Tagen und Stunden erleben, muss forderliche und erdenklich Mögliche getan wird, damit 2858 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Franz Müntefering (A) die Menschen hier in Sicherheit sind. Dieses Bemühen Danke schön. (C) gilt natürlich auch für die Einrichtungen der Amerikaner, der Briten und anderer Nationen. Wir sind sicher, dass (Beifall bei der CDU/CSU) wir, wenn wir in diesen Tagen und Wochen so of fen, aber auch so fair wie möglich miteinander diese Dinge Präsident Wolfgang Thierse: behandeln, ein gutes Zeichen ins Land geben können für Ich erteile das Wort Kollegin Katrin Göring-Eckardt, die Menschen, die sicher in besonderer W eise auf uns Bündnis 90/Die Grünen. schauen, um zu sehen, wie man seitens der politischen Parteien und seitens des Deutschen Bundestages mit ei- ner solchen Situation umgeht. Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Wir alle hoffen, dass die Opfer in diesem Krieg so ge- ring wie möglich sein werden. Aber wir wissen eben Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! auch: Es wird viele Opfer geben. Ganz besonders an sie Alle Bemühungen, einen Krieg zu verhindern, waren denken wir natürlich in dieser Stunde und an diesem Tag. nicht erfolgreich. Das ist die bittere Erkenntnis der ver- gangenen Nacht. Vielen Dank. Es hat Alternativen zu diesem Krieg gegeben und wir (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ bedauern, dass diese Alternativen nicht erfolgreich ge- DIE GRÜNEN) nutzt worden sind. Wir sind in Gedanken bei den Men- schen im Irak, die Opfer dieses Krieges sein werden, Präsident Wolfgang Thierse: aber auch bei den britischen und amerikanischen Solda- tinnen und Soldaten und ihren Angehörigen. Ich erteile das W ort Kollegin Angela Merkel, CDU/ CSU-Fraktion. Jetzt, nachdem der Krieg begonnen hat, können wir nur hoffen, dass sich unsere schlimmen Befürchtungen nicht bestätigen und dass die Zahl der Opfer möglichst Dr. Angela Merkel (CDU/CSU): gering ausfallen wird. W ir müssen alles dafür tun, dass Herr Präsident! Meine Damen und Herren! W ir alle es nicht zu mehr religiösem Fundamentalismus oder zu sind zutiefst besorgt und betroffen und wir verstehen die Hass auf die westliche Welt kommt. Sorgen und Ängste der Menschen in unserem Lande. Wir Die weltweite Friedensbewegung, aber auch die kla- alle haben gehofft, dass wir diesen Krieg nicht erleben ren und entschiedenen W orte des Papstes haben dazu müssen. CDU und CSU bedauern sehr, dass es nicht ge- beigetragen und einen großen Anteil daran. Dazu gehö- lungen ist, die Entwaffnung des Irak mit friedlichen Mit- (B) ren auch die Bemühungen von Gerhard Schröder(D) , teln zu erreichen. Denn wir dürfen nie vergessen: Krieg ist und vielen anderen Europäern. Für ihr immer eine Niederlage von Diplomatie und Politik. Engagement will ich ihnen hier noch einmal ausdrück- In dieser Stunde sind unsere ersten Gedanken bei dem lich danken. leidgeprüften Volk im Irak. Es ist eine T ragödie für die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betroffenen Menschen, die bereits seit vielen Jahren die und bei der SPD) menschenverachtende Herrschaft und die Kriege Saddam Husseins ertragen müssen, dass sie nun nochmals wegen Viele Menschen in unserem Land haben sich gegen dieses Diktators einen Krieg zu erleiden haben. Wir hof- diesen Krieg engagiert und werden sich auch weiter da- fen deshalb, dass der Krieg mit möglichst wenigen – un- gegen engagieren. Sie sind auf die Straße gegangen. Sie schuldigen – Opfern in möglichst kurzer Zeit zum Ab- haben demonstriert und sie haben gebetet. schluss gebracht wird. In diesen Tagen sind es besonders die Kinder und Ju- Unsere Gedanken sind auch bei den Soldatinnen und gendlichen, die sich Sorgen um die Zukunft machen. Wir Soldaten, die in einen schwierigen und gefährlichen müssen mit ihnen sprechen und ihnen Halt geben. W ir Einsatz gehen. müssen mit ihnen über unsere Werte Frieden, Demokra- tie und Menschenrechte reden und darüber , wie diese CDU und CSU stimmen den von der Bundesregierung Werte durchsetzbar sind, immer zuerst und so lange wie zugesagten Unterstützungsleistungen für die Vereinigten irgend möglich mit friedlichen Mitteln. Staaten von Amerika und zum Schutz der Türkei und Is- raels zu. Mit Blick auf die Zukunft setzen wir alles daran, In den kommenden W ochen brauchen vor allem die dass sich die Kraft und die Handlungsfähigkeit der Euro- Menschen in der Region unsere Hilfe und Unterstützung päischen Union, des transatlantischen Bündnisses und – humanitär, aber auch, was die Flüchtlinge angeht. Unsere der Vereinten Nationen durch Geschlossenheit und Ei- Verantwortung bleibt es, dafür zu sorgen und unseren Bei- nigkeit neu entfalten können. Innerhalb dieser Institutio- trag dazu zu leisten, dass sich friedliche Perspektiven für nen und Gemeinschaften sind wir nicht zuletzt mit den den Nahen Osten eröffnen und offen bleiben. Auch dafür Vereinigten Staaten von Amerika durch gemeinsame bedarf es eines starken Europa wie auch der Zusammen- Werte verbunden. Deshalb stehen wir an ihrer Seite. arbeit zwischen einem starken Europa und den starken USA. Ohne diese Zusammenarbeit wird es nicht gehen. So schwer es im Augenblick vorstellbar sein mag, so sehr hoffen wir doch, dass es nach diesem Krieg zu mehr Unsere Gedanken sind in diesen T agen auch bei der Frieden und Sicherheit in der Region kommen kann. Bevölkerung der USA, die in diesen Stunden Angst und Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2859

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (A) Sorge empfinden wie wir. Die Freundschaft unserer Völ- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (C) ker steht nicht infrage. der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich danke Ihnen. Es bleibt jedoch bei der transatlantischen Bindung, die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik unver- und bei der SPD) zichtbar ist, und bei der Freundschaft mit dem amerika- nischen Volk. Auch dies gehört zu dem, was in dieser Si- Präsident Wolfgang Thierse: tuation gesagt werden muss. Dass jetzt eine gefährliche Situation eingetreten ist, Ich erteile dem Kollegen W olfgang Gerhardt, FDP- liegt auch an den gescheiterten transatlantischen diplo- Fraktion, das Wort. matischen Bemühungen und an der mangelnden europä- ischen Einigung. Wenn wir Konsequenzen aus der jetzt Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP): eingetretenen Lage ziehen wollen, dann müssen unsere gemeinsamen Anstrengungen weiteren Fortschritten in Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor der Europäischen Union, dem Aufbau einer eigenen eu- wenigen Stunden hat ein Krieg begonnen. Unsere Ge- ropäischen Sicherheits- und Verteidigungskapazität, gel- danken sind bei dem irakischen Volk, das jahrelang das ten. Nie mehr darf eine solche Situation eintreten, ohne Terrorregime Saddam Husseins ertragen musste und dass zuallererst eine europäische Einigung versucht jetzt trotz eines Krieges hoffentlich vor weiterem schwe- wird. ren Leiden bewahrt werden kann. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Unsere Sorge gilt aber auch den Soldatinnen und Sol- der CDU/CSU) daten, die sich nun im Einsatz befinden. W ir denken an sie und ihre Familien. Dem Schutz und der Sicherheit Wir wollen deshalb gemeinsame Anstrengungen un- der in dieser Krisenregion stationierten deutschen Bun- ternehmen und auch alle Anstrengungen, die andere un- deswehrsoldaten muss unsere Aufmerksamkeit gelten. ternehmen, unterstützen, die darauf abzielen, die Euro- Sie müssen auch im Vordergrund unserer politischen Be- päische Union zu einer stärkeren Initiative zu machen. mühungen stehen. Wir müssen alles tun, um ihre Sicher- Ich sage in diesen Minuten: Die Vereinten Nationen, heit zu erhöhen. W ir werden nichts unterlassen, um die insbesondere der Sicherheitsrat dieser W eltgemein- Bundeswehrsoldaten zu schützen. Unsere Aufmerksam- schaft, sind und bleiben trotz allem, was jetzt eingetreten keit gilt aber auch den Menschen, die in Deutschland le- (B) ist, der Ort für gemeinsame internationale Konfliktlösun- (D) ben, ihren Ängsten, ihren Sorgen und der Sicherheit, die gen. sie brauchen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Der irakische Diktator Saddam Hussein ist – darüber will ich keine Unklarheit aufkommen lassen – die Ursa- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten che für die nun eingetretene Situation. Saddam Hussein der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNIS- ist nach Überzeugung der Freien Demokraten Täter und SES 90/DIE GRÜNEN) nicht Opfer. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie Präsident Wolfgang Thierse: bei Abgeordneten der SPD) Die Sitzung wird nun bis circa 10.15 Uhr unterbro- chen. Der W iederbeginn der Sitzung wird rechtzeitig Er hat gegen 17 Resolutionen der Vereinten Nationen durch Klingelzeichen angekündigt. verstoßen. Er hat das Völkerrecht vielfach gebrochen. Er hat in der V ergangenheit Giftgas gegen die eigenen (Unterbrechung von 9.18 bis 10.16 Uhr) Landsleute eingesetzt. Er hat sein Land mit großem Ter- ror überzogen. Hätte er rechtzeitig eingelenkt, hätte ein Krieg vermieden werden können. Auch das gehört zu Präsident Wolfgang Thierse: dem, was gesagt werden muss. Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Wir setzen die Haushaltsberatungen – T agesord- nungspunkt I – fort: Wir alle, auch die FDP, haben die Empfindungen des amerikanischen Volkes nach den Anschlägen am Zweite Beratung des von der Bundesregierung 11. September 2001 geteilt. W ir haben verstanden, was eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die unsere amerikanischen Freunde berührt hat. Ein militäri- Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das scher Konflikt aber ohne Beschlussfassung des Sicher- Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) heitsrates der Vereinten Nationen und ohne Ausschöp- fung weiterer Möglichkeiten der Inspektion, wie ihn die – Drucksachen 15/150, 15/402 – amerikanische Regierung begonnen hat, kann trotz der (Erste Beratung 14. Sitzung) geschilderten Umstände nicht die Billigung der FDP fin- den. Ich rufe dazu den Tagesordnungspunkt I. 18 auf: 2860 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Präsident Wolfgang Thierse (A) Einzelplan 09 – Sie können mir Fragen stellen. Ich habe mir für Sie (C) Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit heute Morgen extra Zeit genommen. – Drucksachen 15/559, 15/572 – (Zuruf von der SPD: Nein, nein, dann würden wir deine Redezeit verlängern!) Berichterstattung Abgeordnete Volker Kröning Ich habe mir das noch einmal ein bisschen ange- Kurt J. Rossmanith schaut. Am 18. Mai 1998 wurde im Deutschlandfunk die Hans-Joachim Fuchtel Frage gestellt: Ist es eigentlich mit dem innovativen An- Anja Hajduk spruch einer neuen SPD-geführten Bundesregierung zu Dr. Günter Rexrodt vereinbaren, dass der erste Schritt die Rücknahme jetzt umgesetzter Reformen ist? – Darauf antwortete Clement Zum Einzelplan 09 liegen zwei Änderungsanträge der um 11.05 Uhr im Deutschlandfunk: Ja, selbstverständ- Fraktion der CDU/CSU, vier Änderungsanträge der lich. – Das meine ich, wenn ich sage: konzeptions- und Fraktion der FDP und drei Änderungsanträge der Abge- orientierungslos. ordneten Gesine Lötzsch und Petra Pau vor. Über einen Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU werden In der „Welt“ vom gleichen Tag wurde er wie folgt zi- wir später namentlich abstimmen. tiert: Den W eg des sozialen Kahlschlags werde seine Nach einer interfraktionellen V ereinbarung sind für Partei nicht mitgehen. die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich Vier Jahre hat dieser Superminister als Ministerpräsi- höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. dent den Weg in die wirtschaftliche Abstiegszone beglei- Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen tet. Haben Sie deshalb Verständnis dafür, meine Damen Hans-Joachim Fuchtel das Wort. und Herren, dass wir den Ankündigungen dieses Super- ministers etwas kritisch gegenüberstehen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU) Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU): Konzeptionslosigkeit habe ich gerade nachgewiesen. Nun zur Erfolglosigkeit. Wir erinnern uns noch an einen Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Schnellschuss kurz vor der Bundestagswahl. „Vermitt- Herren! Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will ich lungsagentur und V ermittlungsgutschein“ hieß das zunächst erklären, dass wir die heutige Haushaltsdebatte Thema. Eine Nachfrage beim Arbeitsamt Nagold von angesichts des Krieges natürlich möglichst moderat füh- letzter Woche hat ergeben: In einem Dreivierteljahr wur- (B) ren möchten. Gleichzeitig möchte ich feststellen, dass den ganze acht Vermittlungsgutscheine abgerechnet. – Es (D) die heutige Haushaltslage nichts mit dem Krieg im Irak ist ein Flop erster Klasse, der da stattgefunden hat. zu tun hat. Das gilt auch für die künftige Haushaltslage. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Ich-AG war das nächste Zauberwort. Eine Nachfrage beim Arbeitsamt Nagold von letzter Woche hat ergeben: Das muss man hier festhalten, weil in den letzten W o- Zwei Ich-AGs wurden auf den Weg gebracht. chen ständig Stimmen zu hören waren, die bereits im Vorfeld dieses Krieges darum bemüht waren, alles, was (Volker Kauder [CDU/CSU]: Super!) hier schief gelaufen ist, mit internationalen Geschehnis- sen zu begründen. Meine Damen und Herren, bitte haben Sie V erständ- nis dafür, dass wir mehr Eile anmahnen. Deutschland Vor dem Hintergrund der Rede des Kanzlers am ver- kann es sich nicht erlauben, in diesem Schneckengang gangenen Freitag möchte ich Sie von Rot-Grün fragen: voranzugehen. Wir brauchen mehr Schwung. Wir brau- Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie dabei sind, bereits chen mehr Verwirklichung. Wie unser Kollege Friedrich den dritten für W irtschaft oder Finanzen zuständigen Merz gesagt hat: Wir brauchen nicht 100 Baustellen; wir Superminister zu verschleißen? Der erste ist bekanntlich brauchen endlich Richtfeste auf diesen Baustellen. auf Kosten der Steuerzahler geflohen, der zweite hat sich im Schuldengebirge verirrt und der dritte wird scheitern, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- wenn Sie nicht dazu beitragen, dass in diesem Lande neten der FDP) endlich Wesentliches geschieht. An der Mitarbeit der Als die Partei Konrad Adenauers wissen wir sehr Union fehlt es dabei nicht. wohl, dass man niemanden hindern soll, jeden T ag klü- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- ger zu werden. V on daher wünschen wir uns natürlich neten der FDP) sehr, dass Sie auf das einschwenken, was von der Union und von der FDP konzeptionell vorgedacht wurde. Der Minister Clement hat wenigstens seine Brille ge- wechselt, seit er nicht mehr Ministerpräsident in Nord- Eines ist klar: Die geistige Führerschaft in Fragen der rhein-Westfalen ist. Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik in diesem Land liegt bei CDU/CSU und FDP. (Dr. Uwe Küster [SPD]: Wie flach wollen Sie noch werden? – Weiterer Zuruf von der SPD: (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Reden Sie doch mal zum Thema!) neten der FDP – Dr . Rainer Wend [SPD]: Als Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2861

Hans-Joachim Fuchtel (A) Geisterfahrer vielleicht! – Weitere Zurufe von – irgendwo müssen die 50 Prozent der Stimmen in Nie- (C) der SPD) dersachsen und Hessen ja herkommen, meine Damen und Herren; das müssen Sie als Demokraten einfach ak- – Ihre Zwischenrufe sind so wenig qualifiziert wie Ihre zeptieren –, als Partei der jungen Leute, der jungen Leis- inhaltlichen Aussagen. tungsträger, die noch ihr ganzes Arbeitsleben vor sich (Zuruf von der SPD: Wie Ihre Rede! – Ludwig haben, will die soziale Marktwirtschaft mit der Reform Stiegler [SPD]: Im V ergleich zu Ihrer Rede des Arbeitsrechts so modernisieren, dass sie den Heraus- nobelpreiswürdig!) forderungen der Globalisierung gewachsen ist. Spätestens seit dieser Kanzlerrede, seitdem in allen Die Union hat Konzepte. W ir wollen den Kündi- Kommentaren stand, dass alles das, was in diesem Land gungsschutz und andere Rahmenbedingungen verän- jetzt so mühsam hervor gebracht wird, eigentlich schon dern, und zwar schnell, damit es Arbeit für mehr Men- 1998 als richtig erkannt worden war , sollten Sie ruhig schen gibt. sein und uns nicht weiter beschimpfen. Weisen Sie für Ihre Konzepte im Deutschen Bundes- (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. tag Ihre eigenständige Mehrheit nach. Dann werden wir Dirk Niebel [FDP]) im Bundesrat dafür sorgen, dass solche Konzepte durch- Rot-Grün muss endlich lernen: Die Zeiten, in denen gehen. man einen zweiten Arbeitsmarkt fast grenzenlos finan- (Beifall bei der CDU/CSU) zieren konnte, sind vorbei. Künftig muss jeder seinen Beitrag leisten und Leistungen müssen sich auf die wirk- Das alles hat für den Haushalt zentrale Bedeutung. Des- lich Schwachen konzentrieren. Das werden wir mittra- wegen ist es ein großer Schwerpunkt unserer Politik. gen. Ich möchte als weiteren Punkt noch die Gemein- (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. schaftsaufgabe „Aufbau-Ost“ ansprechen. Wir sehen, Dirk Niebel [FDP]) dass Sie den Osten aus dem Auge verlieren. Wir Haushäl- Der größte Posten im Haushalt des Ministers für Wirt- ter haben hinnehmen müssen, dass Sie hier eine Kürzung schaft und Arbeit ist die Arbeitslosenhilfe mit immerhin von 60 Millionen Euro vollziehen, dass Sie seit 1998 auf 12,3 Milliarden Euro. Wenn der größte Posten im Haus- die Hälfte heruntergekürzt haben. Herr Clement, glauben halt eines Wirtschaftsministers die Arbeitslosenhilfe ist Sie eigentlich, die Aufgabe im Osten sei schon erledigt? – das muss man sich einmal überlegen! –, dann zeigt das, Hier geht es darum, Bildung und Forschung zu fördern. wie verfehlt diese Politik in Deutschland in den letzten Deswegen müssen wir die entsprechenden Aufgaben (B) Jahren gestaltet wurde. möglichst hoch dotieren, damit Impulse entstehen kön- (D) nen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Die CDU/CSU sieht es als zentrale Aufgabe an, die Ich möchte Sie herzlich bitten, dazu nachher in Ihren Beschäftigungsschwelle zu senken. In Deutschland ent- Ausführungen konkret Stellung zu nehmen. Das wird stehen Arbeitsplätze erst ab einem W achstum vonvon dieser Bundesregierung seit Beginn dieser Legisla- 2 Prozent. Das kann so nicht bleiben. In anderen Län- turperiode viel zu wenig getan. Wir leben in einem Land dern entstehen sie bereits bei einem Wirtschaftswachs- der Wiedervereinigung. Deswegen verlangen wir von tum von 0,5 Prozent. Wenn Deutschland wieder ein füh- dieser Bundesregierung, dass das, was unter unserer Re- rendes Wirtschaftsland werden soll, dann muss es gierung begonnen wurde, die Verwirklichung der Einheit gelingen, die Beschäftigungsschwelle auf einen W ertund die Schaffung gleicher Lebensverhältnisse, von unter 1 Prozent Wachstum zu drücken. Erst dann können wir wieder positive Entwicklungen erwarten. (Zuruf von der SPD: Verdoppelung der Ver- schuldung!) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) von der jetzigen Regierung entsprechend fortgesetzt Das bedeutet, dass nichts an einer Deregulierung des wird. Wir verlangen eine richtige Prioritätensetzung. Arbeitsmarktes vorbeiführt. Sie muss kommen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!) neten der FDP) Mithilfe des Bundesrates – alleine hätten Sie das nicht geschafft – wurde bei den geringfügig Beschäftigten und Präsident Wolfgang Thierse: in einigen anderen Sektoren ein erster Schritt getan. Jetzt muss es den Betrieben leichter gemacht werden, Leute Kollege Fuchtel, Sie müssen bitte zum Ende kommen. einzustellen. Die Flucht in die Überstunden ist geradezu Ausdruck einer Überregulierung des Arbeitsmarktes und Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU): muss beseitigt werden. Mein Kollege Rossmanith wird zur Wirtschaftspolitik Die Union als Partei der Arbeitnehmer noch Stellung nehmen. Ich jedenfalls möchte mich, Herr (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der Minister Clement, für die persönliche, sachliche Zusam- SPD) menarbeit bei der Erstellung des Haushalts bedanken. 2862 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Hans-Joachim Fuchtel (A) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Mit der Arbeitsmarktreform hat Minister Clement – das (C) Ludwig Stiegler [SPD]: Die sind so falsch wie sage ich auf den Vorwurf, er sei ein Ankündigungsminis- die Nattern!) ter – ein Beispiel für den fortdauernden Willen zur Haus- haltssanierung und zu einer nachhaltigen Reform der Präsident Wolfgang Thierse: sozialen Sicherungssysteme gegeben. Ich erteile das Wort Kollegen Volker Kröning, SPD- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Fraktion. Auch zu der Auflösung der globalen Minderausgabe in Höhe von 1,3 Milliarden Euro, die im Regierungsent- Volker Kröning (SPD): wurf enthalten war, hat das Ressort einen beachtlichen Anteil, nämlich 52,7 Millionen Euro, beigesteuert. Ich Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und danke dem Ministerium dafür, wie kooperativ und laut- Herren! Der Haushalt des Bundesministers für W irt-los die Beratungen erfolgt sind, ebenso dem Bundes- schaft und Arbeit spiegelt die Schlüsselrolle dieses Res- finanzministerium, das geholfen hat, und auch der Oppo- sorts für Erneuerung und Zusammenhalt unserer Gesell- sition, mit der eine sachliche Beratung möglich war. schaft wider, folgt also der Leitidee der SPD und auch der Überschrift des Jahreswirtschaftsberichts 2003: „Re- Trotz der Minderausgabe, die wir durchsetzen muss- formen gemeinsam voranbringen“, oder, um es im Klar- ten, sind die Prioritäten des Regierungsentwurfes erhal- text zu sagen: Wir müssen unser Land von der Geißel der ten geblieben, nämlich die Aufgaben eines Doppelres- Dauer- und Massenarbeitslosigkeit befreien. In Zeiten sorts für Arbeit und Wirtschaft. Ich bin stolz darauf, dass des Krieges möchte ich es so ausdrücken: W ir müssen die Fusion des bisherigen Ministeriums für W irtschaft den Frieden gewinnen. und Technologie und des Ressortteils Arbeit des ehema- ligen Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung bei- Der Einzelplan 09 hat einAusgabenvolumen von nahe abgeschlossen ist und dass das neue Ministerium in 18,5 Milliarden Euro. Doch zu dem Geschäftsbereich Hochform arbeitet. Es erbringt sogar, ebenso wie das des Ministeriums gehört auch die Bundesanstalt für neue Ministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, Arbeit, die tief greifend umgebaut wird. Mit der von der eine beträchtliche Fusionsrendite, die dem Gesamthaus- Regierungskoalition und der Unionsmehrheit im Bun- halt zugute kommt. desrat eingeleiteten Reform des Arbeitsmarktes soll die Bundesanstalt gegenüber dem Ist-Er gebnis des letzten Was sind nun die Prioritäten des Einzelplans W irt- Jahres von 56,5 Milliarden Euro in diesem Jahr mit schaft und Arbeit? Ich nenne zehn Punkte. 3,4 Milliarden Euro weniger auskommen, das heißt auch Erstens. 12,3 Milliarden Euro müssen 2003 für Arbeits- (B) ohne einen Bundeszuschuss. Ich stelle fest: Keine Frak- losenhilfe ausreichen, 2,5 Milliarden Euro weniger als (D) tion – nur die Kolleginnen von der PDS – hat den Antrag 2002. Wenn wir über diese Zahlen streiten, möchte ich gestellt, einen Bundeszuschuss wieder einzustellen. noch einmal daran erinnern, welche menschlichen Schicksale dahinter stehen und dass die Menschen für die Doch die Entwicklung der Konjunktur und des Ar- Arbeitsmarktreform und mit der Arbeitsmarktreform ins- beitsmarktes stellt die Finanzen der Bundesanstalt für gesamt mitgenommen werden müssen. Arbeit unter äußersten Druck. Wegen der Ungleichzeitig- keit von Einnahmen- und Ausgabenentwicklung fehlen (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ zurzeit rund 1,5 Milliarden Euro. Doch da die Liquidi- DIE GRÜNEN) tätshilfe nach § 364 SGB III von 5 auf 7 Milliarden Euro Zweitens. 2,68 Milliarden Euro fordert noch immer aufgestockt wird, ist die Liquidität der Anstalt auf ab- sehbare Zeit gesichert. Es wird gar nichts nützen – das er- der Strukturwandel im Steinkohlebergbau, der ein Musterbeispiel für „Sicherheit im Wandel“ ist – gegen warte ich von der Debatte –, über Bundeszuschuss und alles Gerede von einem Subventionsabbau nach dem Ra- Liquiditätshilfe zu reden, wenn die Effekte der Arbeits- marktreform und die Impulse aus der Regierungserklä- senmäherprinzip. rung vom 14. März 2003 vielleicht nicht ausreichen, um Nimmt man beides zusammen, sind das rund drei Vier- den Haushalt dieses Jahres durch die Fährnisse der weite- tel des Budgets für Wirtschaft und Arbeit, allerdings mit ren weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Entwick- abnehmender Tendenz. Die weiteren Schwerpunkte zei- lung zu steuern. Wir werden das aber nicht zum Vorwand gen dagegen die Zukunftsorientierung des Ressorts – je- für Nichtstun nehmen, sondern bei der Realisierung der weils verglichen mit den Ist-Ergebnissen des Vorjahres – Entscheidungen, die der Bundeskanzler verkündet hat, und zeigen, was trotz Einsparungen getan werden kann vor allen Dingen auch bei der Umsetzung von Gesetzen, und auch getan werden soll. die wir beschlossen haben und – hoffentlich einmütig – noch beschließen werden, Druck machen. Ich nenne als dritten Pu nkt Forschung, Entwicklung und Innovation im Mittelstand. Von diesem Etat gehen Lassen Sie uns festhalten: Arbeitsmarktreform ist deutliche Verbesserungen für die Indirekte Förderung der praktizierte Hauhalts- und Wirtschaftspolitik. Sie soll Forschungszusammenarbeit und von Unternehmensgrün- nicht nur den Bundeshaushalt entlasten, sondern auch dungen – 152 gegenüber 142 Millionen Euro –, für Inno- die Lohnnebenkosten begrenzen und reduzieren, die die vative Netzwerke – 12,5 gegenüber 7,3 Millionen Euro – Arbeitgeber und Arbeitnehmer mehr als alle Steuern be- einschließlich des Netzwerkmanagements Ost – 6,0 ge- lasten und deshalb das Wachstums- und Beschäftigungs- genüber 1,3 Millionen Euro –, für IT-Anwendungen vor hindernis Nummer eins sind. allem in kleinen und mittleren Unternehmen – 14,7 ge- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2863

Volker Kröning (A) genüber 11,6 Millionen Euro – und für die bewährte bun- Verpflichtungsermächtigungen. Dies ist sicherlich ein (C) desweite Industrielle Gemeinschaftsforschung und -ent- wichtiger Beitrag nicht nur zum ökonomischen, sondern wicklung – 97 gegenüber 90 Millionen Euro – aus,auch zum sozialen Zusammenwachsen Europas. während die Forschungsförderung in den neuen Ländern Sehr interessant ist im Übrigen der Beitrag des Res- mit rund 100 Millionen Euro auf gleicher Höhe wie im sorts zur Entsorgung russischer Atom-U-Boote. In Zei- Vorjahr fortgeführt wird. ten, in denen wir über Proliferation reden, kann dieses Forschung, Entwicklung und Innovation drücken den Thema nicht ernst genug genommen werden. Den Bei- Übergang von alter zu neuer W irtschafts- und Arbeits- trag hat der Bundeskanzler auf dem letzten G-8-Gipfel politik aus und sind Teile der Industrie- und Wissensstra- zugesagt. Für dieses Jahr werden 25 Millionen Euro an tegie, die sich auf europäischer Ebene durchzusetzen be- Barmitteln zur Verfügung gestellt und für die Folgejahre ginnt, sozusagen von der Lissaboner Strategie bis zu dem 275 Millionen Euro als V erpflichtungsermächtigungen. bevorstehenden Brüsseler Gipfel, zu dem die Staats- und Zur Finanzierung des gesamten Betrages erwartet der Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands und des Ver- Haushaltsausschuss noch ein Konzept der Regierung. einigten Königreichs einen wichtigen Anstoß gegeben Sechstens. Große innovations- und mittelstandspoliti- haben. sche Bedeutung haben auch die Energieforschung und Viertens. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Förderung die rationelle, sparsame Energieverwendung in zwei Ti- der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und telgruppen mit insgesamt 164 Millionen Euro. Daneben mittlerer Unternehmen einschließlich der freien Berufe: sind 250 Millionen Euro zur Förderung erneuerbarer 319,4 Millionen Euro gegenüber 248,4 Millionen Euro Energien aus dem W irtschafts- in das Umweltressort im Jahr 2002. Darunter finden sich Zinszuschüsse und Er- umgeschichtet worden. Energie und Umwelt bleiben ein stattungen im Rahmen des Eigenkapitalhilfeprogramms ressortübergreifender Schwerpunkt der Politik dieser zur Förderung selbstständiger Existenzen: 153 Millionen Koalition. Das zeigt sich auch in diesem Ressort. Denn Euro gegenüber 102 Millionen Euro, ferner die Beratung die Außenwirtschaft wird mit neuen 28,5 Millionen Euro von Existenzgründern und bestehenden kleinen und mitt- für den Export erneuerbarer Energien unterstützt. leren Unternehmen sowie die Förderung der Innovations- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ fähigkeit solcher Unternehmen mit zusammen 41 Millio- DIE GRÜNEN) nen Euro – das ist mehr als bisher –, die Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung, das so genannte Meis- Siebtens. Struktur- wie regionalpolitisch von Bedeu- ter-BAföG: 45,4 Millionen Euro gegenüber 35,6 Millio- tung bleiben die Förderung der Luftfahrtforschung nen Euro, die Förderung der überbetrieblichen Bildung im und -technologie sowie die Hilfen für die Werftindus- trie. Sie wachsen von 68 Millionen auf 76 Millionen (B) Handwerk: 42 Millionen Euro gegenüber 41 Millionen (D) Euro sowie überbetrieblicher Fortbildungseinrichtungen Euro bzw. bleiben mit 95 Millionen Euro auf hohem Ni- – ebenfalls schwerpunktmäßig im Handwerk –: 34 Mil- veau erhalten, darunter die Wettbewerbshilfen in Höhe lionen Euro gegenüber 24 Millionen Euro. Übrigens sind von 55,5 Millionen Euro. alle Titel mit hohen Verpflic htungsermächtigungen für die Im Hinblick auf das Auslaufen der Schiffbauhilfen im nächsten Jahre verbunden. nächsten Jahr bleibt die Frage, wie es mittelfristig – auch (Beifall bei der SPD) auf europäischer Ebene – in der maritimen W irtschaft weitergeht. Als Vertreter der Küstenregion begrüße ich Offenbar verfängt auch – das möchte ich gerade zu es, dass der Bundeskanzler in seiner Regierungserklä- diesem Teil der Arbeitspolitik, nämlich der Ausbildungs- rung diesen Punkt gegenüber der EU betont hat. Ich politik sagen – die Anstrengung des Staates. Denn der hoffe, dass in dieser Hinsicht die bevorstehende Appell des Bundeskanzlers an die Wirtschaft, ihre Aus- 3. Maritime Konferenz in Lübeck ein Erfolg wird. Der bildungsverpflichtungen zu erfüllen, scheint nach dem Deutsche Bundestag muss dieses Thema im Auge behal- Treffen von Minister Clement mit den V erbänden inten. München Wirkung zu zeitigen. Dafür ist es auch höchste Zeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Fünftens. Der dritte mittelstandspolitische Schwer- punkt von großer Bedeutung ist die Außenwirtschaft. Achtens. Ein Wort zur Gemeinschaftsaufgabe „Ver- Die Ausgaben wachsen von 89 Millionen Euro in 2002 besserung der r egionalen Wirtschaftsstruktur“: Sie auf 121 Millionen in 2003, darunter die Beteiligung des wird mit 945 Millionen Euro fortgeführt, ebenso das Bundes an Auslandsmessen, die alle Fraktionen einmü- Stilllegungs- und Rekultivierungsprojekt W ismut mit tig von 33,5 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro auf- 236 Millionen Euro. gestockt haben. In diesem Zusammenhang erwähne ich gerne, dass wir den Ansatz zur Förderung der Leistungssteigerung Ein neuer Titel für Beratungshilfen in den GUS- und des Tourismus, wie der Bandwurmbegrif f heißt, von MOE-Staaten ist mit Barmitteln und mit einem Volumen 1,8 Millionen auf 3 Millionen Euro erhöht haben, um an Verpflichtungsermächtigungen von insgesamt den vom Elbehochwasser geschädigten Regionen so 5,5 Millionen Euro ausgestattet worden. Dem entspricht schnell wie möglich zu helfen. ein weiterer neuer T itel zur Förderung des Dialogs mit den Sozialpartnern aus den EU-Beitrittsländern mit (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten 1,5 Millionen Euro in bar und 3,5 Millionen Euro an des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) 2864 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Volker Kröning (A) Doch von Interesse ist auch das Verhältnis der Mittel, einmal –, das Denken zu verändern und die Menschen zu (C) die im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe auf Ost und gewinnen. West entfallen. Dies sind in bar 809 Millionen zu (Beifall bei Abgeordneten der SPD) 135 Millionen Euro, also ein V erhältnis von mehr als 5 : 1. Bei den Verpflichtungsermächtigungen sind es im- Ich begrüße in diesem Zusammenhang, dass sich der merhin 700 Millionen zu 133 Millionen Euro. Man kann Minister in der Aussprache zu der Regierungserklärung also nicht davon sprechen, dass der weitere Aufbau Ost am 14. März auch zu dem Vorschlag so genannter Inno- vernachlässigt wird. Wir halten daran fest: Er muss mit vationszonen geäußert hat. Es geht um Verfahrensverein- einer Stärkung strukturschwacher Regionen im W esten fachungen, nicht um einen Steinbruch an demokratisch verbunden bleiben. Denn Aufbau Ost kann nicht heißen: legitimierten Gesetzen. Es geht um Initiativen der Länder, Abbau West. die auf konkrete, beispielhafte Projekte zielen und für die natürlich in Bundestag und Bundesrat Mehrheiten gefun- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des den werden müssen. Sie sollen aber nicht – dies ist die BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Haltung unserer Fraktion und der Koalition – von einer Zum Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, zu Verfassungsänderung abhängig gemacht werden. dem sie eine namentliche Abstimmung begehrt, sei ge- Ich fasse zusammen: An Ideen und Initiativen man- sagt, dass die ostdeutschen Länder im Vorjahr die Mittel gelt es nicht, auch ist genügend Geld bereitgestellt. Was der Gemeinschaftsaufgabe leider lediglich zu 95 Prozent wir nun brauchen, ist eine Konzentration auf die Umset- genutzt haben. Thüringen und Berlin lagen sogar darun- zung politischer und gesetzgeberischer Entscheidungen. ter. Was wir erwarten, ist gutes Regierungs- und V erwal- Ich möchte neuntens schließl ich nicht vergessen, da- tungshandeln. Dies werden wir vonseiten der Koalitions- rauf hinzuweisen, dass in diesem Budget auch der nach- fraktionen nach Kräften unterstützen. geordnete Bereich des Ministeriums, das Bundesarbeits- Danke schön. gericht, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits- sicherheit, die technischen, außenwirtschaftlichen und (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ wissenschaftlichen Bundesbehörden und die Regulie- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der rungsbehörde für Telekommunikation und Post, mit ei- CDU/CSU – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: ner 3-prozentigen Kürzung seiner Verwaltungsausga- Wir erwarten auch eine gute Regierung!) ben zu einem Ausgleich beigetragen hat. Präsident Wolfgang Thierse: Ich danke diesen Behörden für ihr V erständnis. Im (B) Übrigen muss ich sagen: Wir sind auf dieses Verständnis Ich erteile dem Kollegen Rainer Brüderle, FDP-Frak- (D) angewiesen. Denn es bleibt in diesem Ressort eine glo- tion, das Wort. bale Minderausgabe von 55 Millionen Euro zu erwirt- schaften. Sie ist allerdings von 229 Millionen Euro auf Rainer Brüderle (FDP): diesen Betrag reduziert worden. Dies ist eine stolze Leis- tung, für die ich mich bei den Ministerien, die uns bera- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicherlich ten, und bei den Kollegen Mitberichterstattern bedanke. können diese Haushaltsberatungen nicht in der üblichen Routine durchgeführt werden. Unsere Gedanken und Diese Leistung rechtfertigt übrigens die unter uns ein- Empfindungen sind bei den Menschen in der Golfregion, mütig beschlossene Personalverstärkung beim Bundes- bei den Soldatinnen und Soldaten und bei den Menschen kartellamt, dessen Arbeit maßgeblich zu Mehreinnah- in unserem Land, die Angst und Sor gen haben. Dies zu men im Geschäftsbereich des Ressorts W irtschaft und leugnen oder zu ignorieren wäre falsch. Aber gerade Arbeit beiträgt. weil Fragen der inneren und äußeren Sicherheit einen anderen Stellenwert bekommen haben, ist es wichtig, Zum Schluss möchte ich erwähnen – das war streitig –, das eigene Haus in Ordnung zu bringen und für innere dass die Koalition 15 Millionen Euro für Kommunika- Stabilität sowie Wachstums- und Beschäftigungschancen tion und Evaluation ihrer wirtschafts- und arbeitspoliti- einzutreten und zu kämpfen. Unser außenpolitisches Ge- schen Vorhaben beschlossen hat. Mit Blick auf das wicht, in der Diplomatie und in internationalen Verhand- ebenso ambitionierte wie dringliche Programm der Re- lungen unsere V orstellungen und Empfindungen zum gierung zur Reform des Arbeitsmarktes und des Arbeits- Tragen zu bringen, hängt immer auch von wirtschaftli- rechts über die Offensive für den Mittelstand bis zu den chen Erfolgen, von der wirtschaftlichen Leistungsfähig- Anteilen des Ressorts am Masterplan Bürokratieabbau keit unseres Landes ab. sind diese Mittel für ein ziel- und adressatengenaues Handeln unentbehrlich. W ir als Abgeordnete können (Beifall bei der FDP) diese Arbeit der Vermittlung von oben nach unten jen- Hier gibt es einen inneren Zusammenhang; deshalb sind seits von Fraktionsdif ferenzen nicht allein leisten. Ich diese Fragen so drängend. betone: Es geht dabei nicht um die Öffentlichkeitsarbeit des Ministers, sondern um den Versuch, im Rahmen die- Deutschland befindet sich in der längsten Stagnati- ser Reformen alle Akteure in Politik, Wirtschaft und Ge- onsphase der letzten 50 Jahre. Wir haben rezessive Ten- sellschaft zusammenzuführen. Ich denke zum Beispiel denzen; der Irakkrieg wird dies nicht leichter machen. Es bei der Reform des Handwerksrechts oder auch des Ver- kommen neue Risiken hinzu: Wie wird sich das ameri- gaberechts an die Notwendigkeit – ich betone es noch kanische Haushaltsdefizit auswirken? W ie werden die Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2865

Rainer Brüderle (A) Finanzmärkte reagieren? Wie wird sich der Ölpreis ent- Sie helfen den Gemeinden nicht durch weitere Kre- (C) wickeln? Wie schnell wird man in Europa die Gelegen- dite; denn sie sind schon bis zur Halskrause verschuldet. heit nutzen, die von vielen als lästig empfundenen Stabi- (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Richtig!) litätskriterien aufzuweichen? Wie schnell wird man die Lage zum Vorwand nehmen, sich von den eigenen Haus- Vielmehr brauchen sie Geld. Einnahmen bekommen sie aufgaben zu befreien und den weicheren W eg zu gehen, aber nur, indem Sie Wachstum auslösen und Tempo ma- also lieber die Steuern und Abgaben zu erhöhen, statt die chen, statt die Steuern und Abgaben zu erhöhen. Dies ist, eigenen Dinge in Ordnung zu bringen? wie gesagt, das falsche Signal. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten In einer solchen Situation muss man sich darauf besin- der CDU/CSU) nen, wie in der sozialen Marktwirtschaft Arbeitsplätze entstehen. Sie entstehen nicht durch Demonstrationen, Ich denke in diesem Zusammenhang an die Reaktio- durch Fähnchen, durch Winken, durch Selbstbelobigung, nen dieser Bundesregierung nach dem 1 1. Septembersondern dadurch, dass man Nachfrage auslöst, dass je- 2001, nach den schrecklichen Anschlägen in Manhattan, mand etwas kaufen will bzw .eine Dienstleistung nach- die letztlich Ursache für die weitere Entwicklung gewe- sucht. Um diese Produkte herzustellen oder diese Dienst- sen sind. Damals haben Sie falsch reagiert: Sie haben die leistung zu erbringen, werden andere Frauen und Männer Verunsicherung und die Ängste verstärkt, indem Sie benötigt. So entstehen Arbeitsplätze. Deshalb ist das, was nicht Raum für wirtschaftliche Entwicklung und Dyna- Sie machen, falsch. mik gegeben, sondern Steuern – die T abaksteuer, die Versicherungsteuer, die Ökosteuer – erhöht haben. Das Dabei nehme ich übrigens auch einige aus den Reihen waren die völlig falschen Signale. der Union nicht aus. Ich war heute Mor gen beunruhigt, als ich im Deutschlandfunk hörte, der Ministerpräsident (Beifall bei der FDP) des Saarlandes Müller und de r Ministerpräsident Sach- sen-Anhalts Böhmer reflektierten schon, man könne die Ich habe mir manche hämischen Kommentare aus Ih- Mehrwertsteuer doch erhöhen. W iederholen Sie bitte ren Reihen anhören müssen, als ich damals ein Blitzpro- nicht die Fehler, die nach dem 1 1. September gemacht gramm gefordert habe, wie es die Amerikaner mit erheb- wurden, indem Sie erneut Steuern erhöhen! lichen steuerlichen Entlastungen – mit Steuerschecks als Abschlagszahlungen auf künftige steuerliche Entlas- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten tungen – aufgelegt haben, um so V ertrauen zu halten der CDU/CSU) und neues Vertrauen zu gewinnen, die Verunsicherung in Sie müssen Freiraum geben, Sie müssen Geld zurückge- der Wirtschaft abzubremsen und ein weiteres Abgleiten ben, Nachfragemöglichkeiten schaffen und sie nicht ein- (B) (D) zu verhindern. Wir stehen jetzt vor einer Situation des engen, Sie dürfen sie nicht erneut durch Steuern belas- „double dip“, wie die Fachleute sagen, also vor einem ten. Eine Erhöhung dieser Steuer um zwei Prozentpunkte Abgleiten in die Rezession. Wir haben dies knapp ver- bringt 15 Milliarden Euro. hindern können. W ir haben keine Dynamik; ob wir 0,1 Prozent Wachstum haben oder nicht, ist eigentlich (Ludwig Stiegler [SPD]: Das sagen Sie in die nicht entscheidend, wenn man die Genauigkeit der falsche Richtung!) volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung kennt. Deshalb – Herr Müntefering ist noch nicht freigesprochen. Ich ist es jetzt geradezu Pflicht – in der aktuellen Situation habe die beiden genannt, Müller und Böhmer, sogar doppelte Pflicht –, die W eichen für mehr Wachs- tum zu stellen. (Franz Müntefering [SPD]: Böhmer auch nicht!) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) aber Müntefering gehört eben auch zu denen, die das re- flektieren. Dann sagen Sie doch heute definitiv, dass Sie Die Erwartungen an die Regierungserklärung von eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausschließen. letztem Freitag, die durch lancierte Mitteilungen an die Presse von der Bundesregierung selbst geweckt wurden, (Ludwig Stiegler [SPD]: Das haben wir doch wurden nicht erfüllt. Die Erklärung enthielt auch Maß- hier beschlossen!) nahmen, die sinnvoll sind, etwa die Zusammenlegung – Das glaubt Ihnen keiner .Sie haben auch gesagt, Sie der Arbeitslosen- und der Sozialhilfe. Machen Sie es, würden Steuern senken, und haben es nicht gemacht. Sie machen Sie es richtig! V ieles hat aber gefehlt. Whaben ie Ihr Versprechen nicht eingehalten. Ihnen glaubt Guido Westerwelle sagte, enthielt die Regierungserklä- keiner mehr. rung eine Liste von Maßnahmen, aber kein konsistentes, in sich schlüssiges und von ordnungspolitischen Prinzi- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) pien getragenes Gesamtkonzept. Sie müssen die Grund- Die Tatsache, dass Ihnen keiner mehr glaubt, ist doch ein achsen in der W irtschaftspolitik anders ausrichten, Sie Teil der Verunsicherung der deutschen Volkswirtschaft müssen Kräfte freisetzen und entfesseln, Sie müssen und damit des gesamtes Problems. Also Finger weg von Barrieren wegräumen, damit das W achstumspotenzial weiteren steuerlichen Belastungen! zur Wirkung gebracht wird. Die notwendigen Maßnahmen sind relativ einfach; (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Sie können es beim Sachverständigenrat, aber auch im der CDU/CSU) Hilfeschrei der Bundesbank nachlesen. Herr W elteke, 2866 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Rainer Brüderle (A) Sozialdemokrat und damit unverdächtig, jetzt Helfers- senken. Ein Staatsanteil von 50 Prozent muss fehlleiten. (C) helfer der Opposition zu sein, reklamiert: Wenn Sie nicht Die Verkrustung der Gesellschaft ist per se eine Fehllei- nachhaltig verändern, kommen wir auf einen W achs-tung. Das zu große Abnehmen schafft keine Möglichkei- tumspfad mit einer Ober grenze von 1 Prozent. Dieten. Sie müssen für Klarheit sor gen, weil Sie Vertrauen Schwelle zur Rezession ist also deutlich niedriger ange- brauchen. Eine Marktwirtschaft, die auf Einzelentschei- setzt, verbunden mit hohen Gefahren für die weitere dungen beruht und in die kein Vertrauen gesetzt wird, wirtschaftliche Entwicklung und die gesellschaftliche kann nicht funktionieren. Deshalb müssen Sie umkeh- Stabilität. ren. Sie müssen die Kraft haben, steuerlich zu entlasten. (Beifall bei der FDP) Sie müssen im Haushalt umschichten. Sie dürfen die jet- Sie haben jetzt die Möglichkeit, der Öf fentlichkeit zige Lage nicht zum Vorwand nehmen, wieder massiv in klar zu machen, dass die Verflechtungen der gesell- die Verschuldung einzusteigen. Die Worte des Bundes- schaftlichen Institutionen geändert werden müssen. Es kanzlers, die Maastricht-Kriterien seien nicht statisch zu gibt Situationen – wir befinden uns in einer solchen –, in verstehen, sind doch schon das Menetekel. Das heißt, denen die Regeln von gestern – auch Ihre – nicht mehr Sie wollen doch wieder mehr Schulden machen. gültig sein sollten. Haben Sie die Kraft, über den Teller- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten rand zu blicken! Lassen Sie uns unser Land gemeinsam der CDU/CSU) neu ausrichten, damit wir das Haus wenigstens intern in Ordnung bringen! Dadurch gewinnen wir mehr Gewicht Die Ankündigung, die Gewerbesteuer zu erneuern, und ein höheres Wachstumstempo. Die Lösung aller Pro- bedeutet, dass Sie sie auf die freien Berufe erweitern und bleme ist W achstum, weil dadurch Arbeitsplätze ge- dass Sie den Mittelstand komplett einbeziehen wollen. schaffen werden. Ohne Wachstum wird es nicht gehen. Das ist grottenfalsch. Wenn Sie davon sprechen, Bünd- Die grüne Ideologie, dass Wachstum schlecht sei – die- nisse im Betrieb zu ermöglichen, aber nur mit Zustim- sen Unsinn haben Sie in der V ergangenheit erzählt –, mung der Tarifvertragsparteien, dann ist das eine Totge- müssen Sie – – burt. Geben Sie doch den Betriebsräten, den Mitarbeitern in den Betrieben und den Unternehmensleitungen, den mittelständischen Betrieben die Chance, sich selbst bes- Präsident Wolfgang Thierse: ser aufstellen zu können. W ir sagen: Wenn 75 Prozent Kollege Brüderle, Sie haben Ihre Redezeit und die Ih- der Mitarbeiter andere Regelungen wollen, müssen sie rer ganzen Fraktion schon deutlich überschritten. das Recht dazu haben. Das ist mehr als eine verfassungs- ändernde Mehrheit. Geben Sie ihnen doch das Stück (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Schade!) (B) Freiheit, sich selbst helfen zu können. (D) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Rainer Brüderle (FDP): der CDU/CSU) Herr Präsident, ich möchte den Satz beenden. Bei Ih- Sie haben doch alles verschlimmert. Sie haben überre- rer Fraktion sind Sie manchmal großzügiger. glementiert, den Kündigungsschutz und die Lohnfort- zahlung verschärft. Sie sind genau in die falsche Rich- Präsident Wolfgang Thierse: tung gegangen. Die Aufstellung ist das Problem. V ieles Entschuldigen Sie, Herr Kollege Brüderle, diese Un- von dem, was jetzt draußen geschieht, können wir nicht terstellung weise ich zurück. beeinflussen, aber wir tragen die Verantwortung dafür, dass es sich bei uns stärker als anderswo niederschlägt, weil wir falsch aufgestellt sind. Daraus leitet sich unsere Rainer Brüderle (FDP): nationale Aufgabe ab. In dieser Stunde muss die Kraft Ich danke für die Aufmerksamkeit. bestehen, das Richtige zu tun: die ideologischen Schüt- zengräbern zu verlassen, die Barrieren zu überwinden (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der und die Marktwirtschaft wieder zum T ragen zu bringen. CDU/CSU – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Nehmen Sie Belastungen zurück und schaf fen Sie Frei- Wo der Brüderle Recht hat, hat er Recht!) räume! Warum erlauben Sie keine Experimentierklau- seln, die es Kommunen oder Ländern ermöglichen, Ge- Präsident Wolfgang Thierse: setze zeitlich befristet außer Kraft zu setzen? Dadurch könnte endlich Bürokratie abgebaut werden. Ich erteile das Wort der Kollegin Anja Hajduk, Bünd- nis 90/Die Grünen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Clement, es ist schön, dass wir einen Masterplan Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- und einen Small-Business-Act haben. Die Begrif fe sind ren! Angesichts der aktu ellen Entwicklung im Irak zwar durchaus eindrucksvoll, aber am Schluss zählen werde auch ich meine Rede in dieser Debatte kürzer hal- nur die Ergebnisse. Sie müssen eine Kurskorrektur vor- ten. nehmen, sich an die Erfolgskriterien der sozialen Marktwirtschaft erinnern, die soziale Marktwirtschaft Wir alle wissen, dass die Arbeit des neuen W irt- erneuern und die Staatsquote auf ein erträgliches Maß schafts- und Arbeitsministeriums eine ganz zentrale Be- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2867

Anja Hajduk (A) deutung für den Erfolg der Regierung und für die Men- Schöler [SPD]: „In den letzten 30 Jahren“ hat (C) schen in unserer Gesellschaft hat. Anfang dieses Jahres sie gesagt!) haben wir damit angefangen, den Haushalt intensiv zu beraten. Zu dieser Zeit wurde der Jahreswirtschaftsbe- – Das tun wir auch. richt vorgelegt, der ganz wesentliche Änderungen in den Im Bereich der Krankenversicherung haben Sie von Prognosen enthielt, die klar machen – darüber haben wir der Opposition sich sogar bescheidenere Ziele gesetzt als oft gestritten –, dass die Entwicklung schwierig und kri- wir. Wir haben uns vorgenommen, die Lohnnebenkosten senhaft ist. Im Jahreswirtschaftsbericht wird ein W achs- in diesem Bereich um 1,5 Prozent zu senken. Mir ist tum von 1 Prozent angenommen; das entspricht einer noch nicht zu Ohren gekommen, dass Sie mehr erreichen Absenkung um eine halbes Prozent. Aktuelle Aussagen wollen. Ich glaube, man sollte realistisch sein. Das sind gehen davon aus, dass diese Quote vielleicht nicht er- wir. Wir wollen auf einen Beitragssatz von unter reicht werden kann. Prognosen sind zurzeit extrem unsi- 13 Prozent kommen. Dafür haben wir Maßnahmen vor- cher. geschlagen. Kollege Fuchtel, ob und wie sich der Irakkrieg aus- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wirken wird, kann keiner richtig einschätzen. T rotzdem sowie bei Abgeordneten der SPD) – da gibt es zwischen uns keine Dif ferenz – haben wir unsere Hausaufgaben zu machen. Wir werden aber nicht Zum Thema Rentenversicherung. Ich bin froh darü- unsere Haushaltszahlen ändern; denn wie die Auswir- ber, dass der Bundeskanzler gesagt hat, dass wir auch in kungen auf unsere W irtschaft sein werden, hängt mit diesem Bereich noch einmal Reformen angehen müssen. dem Verlauf des Krieges, mit den Auswirkungen auf die Die demographische Entwicklung muss stärker berück- amerikanische Wirtschaft und dem Ölpreis zusammen, sichtigt werden. und das ist wirklich unsicher. (Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Wer hat Wir müssen schauen, wo unsere Hauptprobleme lie- das denn abgeschafft? Das wart doch Ihr!) gen. Ein Hauptproblem – darüber gibt es nicht viel Streit – ist die zu hohe Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosigkeit Außerdem müssen wir die ökonomische Situation, näm- zu bekämpfen hat für uns Priorität. Angesichts der Ent- lich die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, integrieren. wicklung, die unsere Gesellschaft in den letzten Jahren Auch das werden wir angehen. Sonst kommen wir mit und Jahrzehnten genommen hat, müssen wir erkennen, der Größenordnung, die wir anstreben, nicht aus. dass wir uns nicht einseitig um Wachstum kümmern und uns nur daran orientieren dürfen. Wir dürfen nicht davon Ich komme nun auf das Kernthema im Bereich W irt- ausgehen, dass wir nur durch mehr W achstum zu mehr schaft und Arbeit zu sprechen, nämlich auf die Absen- (B) (D) Beschäftigung kommen, sondern müssen versuchen, un- kung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung. Da- mittelbar mehr Beschäftigung zu schaf fen. Das setztrum geht es. Dazu haben wir Vorschläge gemacht. Durch dann vielleicht auch Wachstumsimpulse frei. eine Begrenzung des Arbeitslosengeldes haben wir einen Spielraum geschaffen, um auch dort die Lohnnebenkos- (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das eine be- ten zu senken. dingt doch das andere!) (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Wir müssen erkennen, dass bei uns die Schwelle von Kastner) 2 Prozent Wachstum, ab der Beschäftigung entsteht, zu hoch ist. Wir müssen auch mit weniger Wachstum mehr Wenn wir erfolgreich sein wollen, dann ist es wichtig, Beschäftigung erreichen. dass hinsichtlich des Ziels, die Lohnnebenkosten zu sen- ken, Einigkeit besteht. Um dieses Ziel zu erreichen, müs- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sen wir auch etwas bei der Bundesanstalt für Arbeit und bei der SPD) tun. Der erste Schritt muss sein, darauf hinzuwirken, Ich möchte in diesem Zusammenhang auf eine Diffe- dass die Bundesanstalt ohne Zuschuss auskommen renz eingehen, die bei diesem Thema zwischen Ihnen muss. Darum möchte ich Sie bitten. W ir müssen das von der FDP, Herr Brüderle, und uns besteht. Wir wollen Steuer ergreifen, um zu mehr Vermittlung und einer Kos- qualifiziertes Wachstum; das ist keine Frage. Aber wir tenbegrenzung zu kommen. W enn wir darin d’accord müssen uns vorher darüber klar werden, wo wir die Prio- sind, dann müssen wir bereit sein, uns dieses ehrgeizige ritäten setzen und worauf wir unsere Aufmerksamkeit Ziel zu setzen. Wir sind bereit, anzuerkennen, dass es ein lenken. Ich bin davon überzeugt, dass die Belastung des Risiko bleibt, ob wir bei einer noch schlechteren wirt- Faktors Arbeit durch die Lohnnebenkosten viel zu hoch schaftlichen Entwicklung wirklich mit einem Nullzu- ist. Die Entwicklung, die wir in den letzten 30 Jahren bei schuss wirklich auskommen. Aber die Zielsetzung ist den Sozialabgaben im Verhältnis zu den Steuern zu ver- richtig. zeichnen hatten, ist dramatisch. Deswegen muss die Po- Ich möchte Sie von der Opposition um eine Sache bit- litik im Rahmen ihrer Aufgaben, die sie wahrnehmen ten. Ich glaube, hier haben Sie auch eine V erpflichtung. muss, insbesondere auf die Lohnnebenkosten abheben Wir haben deutlich gemacht, dass wir bereit sind, Ar- und dort Änderungen vornehmen. beitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzulegen; dies (Dirk Niebel [FDP]: Das haben wir nicht be- ist für einige mit einer Absenkung verbunden. Dazu ha- stritten! – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: ben wir konkrete Vorschläge gemacht. Diese werden wir Tun Sie das! – Gegenruf des Abg. W alter auch umsetzen. 2868 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Anja Hajduk (A) Wenn wir bereit sind, beim Arbeitslosengeld etwas zu Unsere Grundforderungen, die heute noch einmal dar- (C) ändern, dürfen wir den Blick nicht davor verschließen, gestellt werden müssen, auch wenn sie in weiten T eilen dass es auch in anderen Bereichen Verkrustungen gibt. des Landes bekannt sind, sind klar: Notwendig sind Ich bin davon überzeugt, dass Flexibilität und soziale Si- keine Steuererhöhungen, sondern Steuersenkungen. cherung nicht als Gegensätze aufgefasst werden dürfen. Das unterbindet Dynamik. Dadurch bekommen wir ein (Walter Schöler [SPD]: Machen wir!) starres System. Aber dann darf es nicht sein – hier würde Die Lohnzusatzkosten müssen gesenkt werden; Kollegin ich Sie gerne mit ins Boot nehmen –, dass in bestimmten Hajduk hat bereits darauf hingewiesen. Bereichen Starrheit und Verkrustung zu finden sind. Es hat mich erschreckt, wie Herr Seehofer und der Kollege (Walter Schöler [SPD]: Machen wir!) von der FDP im Bereich des freien V ersandhandels bei Weshalb liegt die Beschäftigungsschwelle denn bei den Apotheken an solchen Strukturen festhalten wollen. 2Prozent Wachstum?

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja eben!) Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit. Frau Kollegin Hajduk, Sie müssen sich mit weiten Teilen Ihres Koalitionspartners auseinander setzen und dürfen Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nicht auf uns blicken. Die Flexibilisierung des Arbeits- Ich komme sofort zum Schluss. – Machen Sie mit, marktes ist eine ganz wesentliche Aufgabe, die wir auch in den Bereichen der Handwerksordnung und der nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern sehr rasch Medikamentenvergabe Verkrustungen aufzubrechen.bewältigen müssen. Wir werden in beide Richtungen denken; denn das brau- (Beifall bei der CDU/CSU) chen wir. Sonst bekommen wir keine Dynamik und keine Entlastung auf dem Arbeitsmarkt. Wir brauchen Ein sehr wichtiger Punkt ist auch der Bürokratieab- mehr Arbeitsplätze. Das ist ein gemeinsames Anliegen. bau. Das gilt für den gesamten mittelständischen Be- Das werden wir vorantreiben. reich. Fragen Sie doch einmal nach; Sie haben ja gerade das Handwerk angesprochen. Ein Handwerksmeister ist (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fast ein Drittel seiner Zeit – wenn nicht noch mehr – da- und bei der SPD) mit beschäftigt, den gesamten bürokratischen W ust, der ihm Tag für Tag auferlegt wird – zusätzliche und neue Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Aktionen, Befragungen und Bewertungen –, abzuarbei- (B) (D) Nächster Redner ist der Kollege Kurt Rossmanith, ten. CDU/CSU-Fraktion. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Jawohl!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Er kann seiner eigentlichen Arbeit und der Requirierung von Aufträgen kaum mehr nachkommen. (CDU/CSU): Kurt J. Rossmanith Es hat keinen Wert, wenn hier gesagt wird: wir müs- Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und sen, wir sollen und wir können. Nein, diese Regierung, Herren Kollegen! Wir haben heute bereits den Kollegen die am 22. September 2002 eine Mehrheit erhalten hat Kröning vernommen. – wenn auch nur mit 6 000 Stimmen –, (Walter Schöler [SPD]: Gute Rede!) (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: So knapp war das? Nur 6 000 Stimmen?) Ich muss sagen: Er hat einige von der Beschlusslage her richtige Ausführungen gemacht. Nur , lieber Kollegeist aufgefordert, Gesetzesvorlagen in dieses Parlament Kröning, Sie haben es gehalten wie der Bundeskanzler einzubringen, damit hier Entscheidungen getroffen wer- vor exakt sechs Tagen: Sie haben sich mit Detailfragen den können. Mit großen W orten und Sonntagsreden ist befasst, die große Linie haben Sie aber schlicht und ein- es schlicht und einfach nicht getan. fach ausgelassen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Ludwig Stiegler [SPD]: Die Intelligenten er- neten der FDP – V olker Kröning [SPD]: Das kennen die große Linie!) ist auch eine Rede von vorgestern!) Die Kernfrage, die bei uns in der Bundesrepublik Im vergangenen Jahr hatten wir einWirtschafts- Deutschland beantwortet werden muss, lautet: W ie kön- wachstum von 0,2 Prozent. Darauf sind Sie sogar noch nen wir es schaffen, dass in diesem Land wieder ein ent- stolz. Wissen Sie, wie hoch das Wirtschaftswachstum im sprechendes Wirtschaftswachstum erreicht wird? vergangenen Jahr gewesen wäre, wenn wir die Weltwirt- schaft – Bundeskanzler Schröder hat in seinen Reden (Volker Kröning [SPD]: Deshalb hatten wir die immer wieder davon gesprochen, dass die Schuld bei der Debatte am letzten Freitag!) Weltwirtschaft und nicht in Deutschland liegt – nicht ge- Genau das ist der Punkt. Diese Frage hat weder Bundes- habt hätten? Das W irtschaftswachstum hätte minus kanzler Schröder vor sechs Tagen noch Kollege Kröning 1,4 Prozent betragen, weil der Export im ver gangenen heute beantwortet. Jahr mit einem Plus von 1,6 Prozent zu Buche geschla- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2869

Kurt J. Rossmanith (A) gen hat. Das heißt, wir hätten im ver gangenen Jahr ein Joachim Fuchtel bedanken, die sich insbesondere beim (C) Wirtschaftsminus und kein Wirtschaftswachstum gehabt. Einzelplan 09 sehr bemüht haben, den einen oder ande- ren Schwerpunkt zu setzen. Ich bin allen Kolleginnen (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sehr genau! und Kollegen dafür dankbar, dass die Mittel für die Aus- Richtig!) landsmessen – dies wurde von allen getragen – gegenü- Das ist doch die Realität. Hören Sie bitte auf, die Verant- ber dem Regierungsentwurf um 1,5 Millionen Euro er- wortung immer auf die Weltwirtschaft zu schieben! Ge- höht werden konnten. ben Sie zu, dass Ihre Wirtschafts- und Arbeitsmarktpoli- (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist gut so!) tik bislang völlig versagt hat! Geben Sie sich endlich einen Ruck und leiten Sie die notwendige Wende ein! Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) neten der FDP) Allein mit dieser Maßnahme werden über 200 mittel- Ich sage es nicht gerne, aber das sind leider die Fak- ständische Unternehmen in die Lage versetzt, sich im ten: Jeden Tag gehen 100 deutsche Unternehmen Pleite. Ausland auf Messen zu präsentieren und damit W irt- (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist für die schaftskraft für Deutschland zu mobilisieren. kein Problem! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Zu den Wettbewerbshilfen für Schiffswerften. Wir 130!) alle bedauern, lieber Kollege Kröning, dass es mit Süd- – Es sind rund 130. Kollege Hinsken, ich bedanke mich korea zu keiner Einigung gekommen ist. Südkorea be- für diese Korrektur. steht trotz vorheriger Zusagen darauf, die eigene Schif f- bauindustrie weiterhin zu unterstützen. Deshalb haben Es tut weh, zu hören, dass zusätzlich täglich wir auch aufgrund der Klammheit der Länderhaushalte 6 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Los der einen entsprechenden Antrag eingebracht. Ich möchte in Arbeitslosigkeit auf sich nehmen müssen. Wer jetzt noch diesem Zusammenhang Schleswig-Holstein erwähnen. nicht begriffen hat, dass es nicht mehr fünf vor zwölf, Die Ministerpräsidentin Heide Simonis, SPD, hat deut- sondern schon längst fünf nach zwölf ist, der sollte seine lich gemacht, dass Schleswig-Holstein seinen Anteil von Sachen packen und erklären: Ich kann nicht mehr weiter- zwei Dritteln an dieser Hilfe nicht mehr erbringen kann. machen; ich trete zurück. – Am besten wäre es, wenn die Daher fordern wir in unserem Antrag die Bundesregie- ganze Regierung zurücktreten würde. Dann hätten wir in rung auf, den Anteil des Bundes an dieser Hilfe auf der Zukunft wieder die Möglichkeit, eine vernünftige 50 Prozent zu erhöhen. Politik zu gestalten. (B) Zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der re- (D) (Beifall bei der CDU/CSU – Ludwig Stiegler gionalen Wirtschaftsstruktur“ möchte ich gerne noch [SPD]: Was für eine Geisteshaltung! Armes ein paar Worte sagen. Lieber Kollege Kröning, Sie müs- Deutschland!) sen doch wissen, warum die Mittel im ver gangenen Jahr Ich weiß, dass es wehtut, wenn man eigene Fehler nicht komplett abfließen konnten. W esentliche Gründe vorgehalten bekommt. Bis heute haben große Teile – ich dafür waren die Kosten für die Fluthilfe und die schwie- nehme nicht alle von der SPD in die V erantwortung –rige wirtschaftliche Lage in den neuen Bundesländern. nicht begriffen, dass sie fa lsch gehandelt haben. Aber Hier wollen wir etwas verändern, damit diese Mittel in was machen Sie? Sie handeln konfus und verwickeln Zukunft besser abfließen können. sich in Widersprüche. Die Bundesregierung hat zu Be- (Beifall bei der CDU/CSU) ginn dieses Jahres die Steuern erhöht und damit die Kon- junktur weiter abgewürgt. Gleichzeitig aber will sie die Ich will noch die Deutsche Zentrale für T ourismus Schulden erhöhen, um die Konjunktur mit einem Inves- nennen, weil sie sich durch die Umstrukturierung als titionsprogramm anzukurbeln. Am ver gangenen Freitag wichtiges Instrument erwiesen hat. Sie wäre es wert ge- im Bundesrat hat diese Bundesregierung auf der Kür- wesen, dass ihr mehr Mittel zugewiesen worden wären. zung der Eigenheimzulage bestanden. Gleichzeitig aber Ich sage das als jemand, der selbst aus einer wunder- hat sie ein Kreditprogramm für die Bauwirtschaft ange- schönen Urlaubsregion, dem Allgäu, kommt. Ich sehe kündigt. aber auch, dass die Tourismuswirtschaft dort in Schwie- rigkeiten geraten ist. Mit der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage hat die Bundesregierung den Kommunen in vier Jahren Ein- (Beifall bei der CDU/CSU) nahmen in Höhe von 10 Milliarden Euro weggenom- men. Jetzt will sie ihnen zinsverbilligte Kredite anbieten. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Den Kommunen steht das Wasser inzwischen nicht mehr bis zum Hals, sondern bis zur Unterlippe. Sie sind nicht Herr Kollege Rossmanith, Ihre Redezeit ist über- mehr in der Lage, einen Kredit aufzunehmen. Sie brau- schritten. chen Barmittel, um überhaupt etwas bewegen zu kön- nen. Die Situation der Kommunen spiegelt sich auch im Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Bundeshaushalt wider. Dies bedauere ich sehr , verehrte Frau Präsidentin. – Ich möchte mich bei den Berichterstattern Volker Die Luft- und Raumfahrt wäre noch ein ganz wichtiges Kröning, Anja Hajduk, Dr . Günter Rexrodt und Hans- Thema gewesen. 2870 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Kurt J. Rossmanith (A) Mein Schlusssatz: Geben Sie sich endlich den Ruck, Die Haushaltsdebatte ist die Stunde der Wahrheit und (C) von dem schon lange gesprochen wird. Klarheit. Deshalb will ich auch kein Blatt vor den Mund nehmen und die ungünstige Wirtschafts- und Arbeits- (Ludwig Stiegler [SPD]: Setzen, sechs!) marktlage nicht bestreiten. Maximal 1 Prozent Wirt- Gehen Sie mit uns gemeinsam an die Reformen in der schaftswachstum ist aus unserer Sicht zu wenig. Die Ar- Wirtschaft und im Arbeitsmarkt heran. beitslosigkeit steigt momentan aus konjunkturellen Gründen, wie wir wissen; strukturelle Gründe kommen (Ludwig Stiegler [SPD]: Geh mit Gott, aber noch hinzu. Wir werden die Probleme nur lösen können, geh!) wenn wir die Strukturreformen zügig auf den W eg brin- Dann werden wir wieder nach vorne kommen. gen und zum Erfolg führen. (Ludwig Stiegler [SPD]: Habe die Ehre! Ser- (Beifall des Abg. Hubertus Heil [SPD] – vus!) Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Ein einsa- mer Klatscher!) Wenn Sie dies nicht wollen, dann soll Ihre Regierung ab- treten. Deutschland ist zwar zum Glück längst nicht so schlecht, wie man es nach dem Miesmacher gerede der Herzlichen Dank. Opposition glauben könnte, wir sind aber auch nicht so (Beifall bei der CDU/CSU) gut, dass wir das Potenzial, das wir tatsächlich haben, voll ausschöpfen. Wir brauchen mehr Innovationen und einen Schub für Strukturreformen, auch wenn die Um- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: bruchphase für viele Beteiligte schwierig sein wird. Das Der nächste Redner ist der Kollege Klaus Brandner , ist die Herausforderung, vor der wir stehen und der wir SPD-Fraktion. uns stellen werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Klaus Brandner (SPD): des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Dabei stehen wir mit unseren Problemen keineswegs Liebe Kollegen! Der Kollege Fuchtel begann seine Rede allein. Die Arbeitslosenquote – laut EU-Statistik beträgt mit den Worten, dass er angesichts des Kriegsausbruchs sie 8,6 Prozent – liegt im europäischen Mittelfeld. Der im Irak eine moderate Rede halten wolle. Anstieg der Arbeitslosigkeit war zuletzt in einigen euro- päischen Ländern noch höher. Das muss deutlich gesagt (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Die Rede werden. Auch in den USA liegt die Arbeitslosenquote (B) (D) war sehr sachlich! – Zuruf von der FDP: W ar bei immerhin 5,7 Prozent. Die Nennung dieser Zahlen es auch!) soll nicht – um es deutlich zu sagen – die Flucht aus der Wir haben aber gesehen, dass er Moderatheit vor ge-Verantwortung vorbereiten, sondern ein Hinweis sein, täuscht und sogleich wieder geholzt hat. Herr Fuchtel, dass wir – ich meine uns alle – keine Patentlösung an der ich sage es ganz of fen: Sie haben in der Tat wieder ein- Hand haben. Die Opposition, die das verspricht, insbe- mal Ihrem Namen alle Ehre gemacht. Sie haben rumge- sondere die CDU/CSU heute wieder, ist bisher nicht in fuchtelt. der Lage gewesen, ein klares Konzept vorzulegen. (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Sie können es (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sie sind besser machen!) doch in der Regierung!) – Ich werde es besser machen, Frau Kollegin. Bisher haben wir nur Wolkiges gehört. Zumindest ist das Konzept, das Sie vorschlagen, unseriös, aus meiner Sicht Sie haben in der Tat von den Problemen, in denen Sie einfallslos und ratlos. als Partei, in diesem Fall auch als vermeintlich christ- lich-soziale und christlich-demokratische Partei stecken, Das gilt auch für das Erscheinungsbild, das Sie nach abgelenkt. der Kanzlerrede am letzten Freitag in der Öf fentlichkeit abgegeben haben. Seehofer greift Stoiber an, um es deut- (Widerspruch bei der CDU/CSU) lich zu sagen. Er sagt, nichts sei in der Rentenpolitik, der Sie haben sich aus meiner Sicht nicht zwischen dem ka- Arbeitsmarktpolitik und der Krankenversicherungspoli- tholischen Papst und dem Präsidenten Bush in der ent- tik abgestimmt. Da ist eine Riesendifferenz in der Öf- scheidenden Frage, vor der wir zurzeit stehen, entschei- fentlichkeit deutlich geworden. Wulff aus Niedersachsen den können. sagt: Stoiber vertritt nicht die CDU. Stoiber war der ge- meinsame Kanzlerkandidat, aber er muss offenbar einen (Ludwig Stiegler [SPD]: Mit dem Papst für anderen Weg gehen. Der saarländische Ministerpräsident den Frieden und mit Bush für den Krieg!) Müller sagt, was Stoiber sage, sei bundesweit nicht über- Auch das ist ein Punkt, meine Damen und Herren, den tragbar. Da frage ich: Gibt es einen bayerischen Sonder- Sie zur Kenntnis nehmen sollten. weg, meine Damen und Herren? Merz will den Gewerk- schaften den Garaus machen und Sie, lieber Kollege (Beifall bei der SPD – Zuruf von der FDP: Sie Laumann, wollen die Rente nach 45 Versicherungsjahren müssen sich auch zwischen Zwickel und ohne Abschlag. Merz dagegen will das Rentenalter auf Schröder entscheiden!) 70 Jahre anheben. Wenn man das tut, werden Ihre V or- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2871

Klaus Brandner (A) schläge vielleicht finanzierbar sein, ansonsten bleiben Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU): (C) sie Luftnummern, um es deutlich zu sagen. Herr Kollege, Sie haben wie in Ihren übelsten Oppo- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten sitionszeiten zu einem Rundum schlag ausgeholt. Ist Ih- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – nen bekannt, dass Sie unsere Mitwirkung spätestens im Ludwig Stiegler [SPD]: Laumann schweigt Bundesrat brauchen? Können Sie sich vor diesem Hin- und leidet! – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: tergrund vielleicht zu einer konzeptionellen und sachli- Sie wollen den Menschen nach 45 Arbeitsjah- chen Zusammenarbeit bereit finden und sich konstruktiv ren die Rente kürzen!) zu dem äußern, was wir in die Debatte eingebracht ha- Die Opposition präsentiert sich wie ein Hühnerhof: ben? Dazu haben Sie bisher nämlich nichts gesagt. Das Viele Hennen gackern, die Hähne gackern noch lauter können wir von Ihnen erwarten. und die Obermutter Merkel hat viel zu tun, sie zusam- (Beifall bei der CDU/CSU) menzuhalten. Eine Alternative sind Sie nicht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Klaus Brandner (SPD): DIE GRÜNEN – Karl-Josef Laumann [CDU/ CSU]: Wir haben wenigsten eine Mutter!) Herr Fuchtel, ich habe sehr wohl vermerkt, dass uns Herr Rossmanith aus Ihrer Fraktion in seiner Rede vor- Wir stellen uns der Verantwortung, wir sitzen nicht al- geworfen hat, wir würden uns nur mit Details befassen les aus. Die Wachstums- und Vertrauenskrise wird durch und nicht an die Kernfragen herangehen. Ich meine, wir unsere Politik überwunden werden müssen. W ir wissen befassen uns mit beidem. Natürlich nehmen wir die auch, dass die schlechte W irtschafts- und Arbeitsmarkt- Kernfragen auf, aber wir müssen uns auch mit den De- lage voll auf den Haushalt durchschlägt. Deshalb will ich tails befassen. Ich hof fe, dass Sie dabei nicht wegtau- deutlich sagen: Wir haben zu beklagen, dass im Haushalt chen. Wirtschaft und Arbeit die Arbeitslosigkeit mit etwa 80 Milliarden Euro Kosten zu Buche schlägt. Dieser (Beifall bei der SPD) Posten ist viel zu hoch. Es muss uns gelingen, aus Ar- beitslosen wieder Steuer- und Beitragszahler zu machen. Herr Fuchtel, bleiben Sie bitte stehen. Dafür brauchen wir eine nachhaltige Strategie (Ludwig Stiegler [SPD]: So lange kann der (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wo ist die?) nicht stehen! – Kurt J. Rossmanith [CDU/ CSU]: Sie haben gesagt: „wegtauchen“!) und dafür brauchen wir auch die Zurückführung der Staatsverschuldung. – Ich hoffe, dass Sie als Fraktion nicht wegtauchen. Ich (B) habe sehr genau beobachtet, dass der Kollege Hinsken (D) Der Haushalt Wirtschaft und Arbeit muss wie alle an- offensiv Beifall gespendet hat, als es um den bürokrati- deren Haushalte auch seinen Beitrag dazu leisten. Des- schen Wust ging. halb sagen wir ganz deutlich und reden es nicht schön: Alle, Arbeitslose und die Täger r der arbeitsmarktpoliti- (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Es war richtig, schen Leistungen, können von Einsparungen nicht aus- dass er da geklatscht hat!) genommen werden. Alle müssen dazu ihren Beitrag leis- ten. Ich hoffe, er hilft offensiv, wenn wir die Handwerksord- nung modernisieren. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Konkret! – Ernst (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Hinsken [CDU/CSU]: Der Beifall war aber DIE GRÜNEN) mager! – Gegenruf des Abg. Hubertus Heil Dann könnten wir dazu kommen, dass die Ich-AGs zu [SPD]: Sie hätten ja mitmachen können!) einer Gründungswelle in unserem Land führen und wir Der Bundeskanzler hat im Übrigen am Freitag in sei- zumindest auf diesem Gebiet keine Hemmschwelle ner Rede die Richtung aufgezeigt. Um harte Einschnitte mehr haben, Wachstum in den Bereichen zu fördern, in kommen wir nicht herum. Sie sind allerdings kein denen wir dringend V eränderungen brauchen. Sie sind Selbstzweck, sondern notwendig, um den Arbeitsmarkt dazu aufgefordert, dieses Problem offensiv mit anzufas- beweglicher zu machen, die Arbeitskosten zu senken sen. und Luft in den öffentlichen Haushalten zu gewinnen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dagmar Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Wöhrl [CDU/CSU]: Dazu sind Sie doch gar Herr Kollege Brandner, gestatten Sie eine Zwischen- nicht gewillt!) frage des Kollegen Fuchtel? Wir werden handeln, wir werden bis zur Osterpause einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Kernelemente zur Klaus Brandner (SPD): Entbürokratisierung, zum Kündigungsschutz, zur Be- zugsdauer des Arbeitslosengeldes und zur Modernisie- Bitte. rung des Handwerksrechts beinhaltet. Dann werden wir (Zuruf von der SPD: Der fuchtelt doch nur sehen, inwiefern Sie – Kollege Fuchtel, Sie haben es ge- wieder rum!) rade eingefordert – wirklich bereit sind, die notwendigen 2872 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Klaus Brandner (A) Veränderungen konstruktiv aufzugreifen. Wir freuen uns – Sie bezeichnen das als sehr gewagt. Ich bin gespannt, (C) darauf. wie Sie den Prozess unterstützen wollen, in dem wir mu- tig darangehen, die Strukturen effizienter zu gestalten. (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Das wer- Was ich heute erlebe, ist, dass gerade Sie von der FDP den wir sehen!) und der CDU/CSU die Finger eher in die W unde legen, Wir sind nicht ideologisch verbohrt, sondern wir wol- indem Sie in Bezug auf die Umstellungen bei den T rä- len mit Ihnen gemeinsam den Weg gehen, aber Sie müs- gern und den Maßnahmen, die nicht immer reibungslos sen ihn dann auch mitgehen. Sie dürfen dann keine verlaufen, der Bundesregierung die Schuld in die Schuhe Klientelpolitik betreiben. schieben. Damit zeigen Sie aber, dass Sie nicht der Mo- tor der Reform sind. V ielmehr picken Sie sich mit der (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Politik, die Sie betreiben, die Rosinen heraus: W enn Sie des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) sich sonnen können, sind Sie dabei; wenn es schwierig wird, tauchen Sie weg. Das lassen wir Ihnen nicht durch- Wir zeigen zurzeit, dass wir mit of fenen Augen und gehen, meine Damen und Herren. Händen an die Arbeit herangehen, um die notwendigen Veränderungen in unserem Land zu organisieren. (Beifall bei der SPD – Ludwig Stiegler [SPD]: So ist das bei denen: Tarnen, täuschen und ver- (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Erst den- pissen! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ken, dann handeln!) stimmt nicht! Das nehmen Sie sofort zurück!) Sie sind gefordert. Wir werden sehen, wie beweglich Sie Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist eine sind. wichtige Aufgabe, der wir eine hohe Priorität beimessen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Die war bei uns Der Kanzler – ich habe es bereits gesagt – hat in sei- nicht so hoch wie bei Ihnen!) ner Rede die Richtung vorgegeben. Die Kommunen wer- Ich muss in diesem Zusammenhang aber auch Kritik an den mit einem Infrastrukturprogramm entlastet. Sie wer- den Arbeitsämtern äußern, die die Fördermaßnahmen den finanzielle Spielräume erhalten, teilweise nicht bewilligt oder zu stark gekürzt haben. Wir wollen nicht zulassen, dass Träger zusammenzubre- (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Neue chen drohen. Die Meldungen, die wir hören, sind nicht Schulden für die Kommunen!) immer befriedigend. Deshalb hat es eine Reihe von Ge- um die notwendigen Investitionen anzugehen. Das ist ein sprächen gegeben, die dazu beitragen sollen, dass die (B) wichtiger Schritt. Durch die Strukturreformen – ich Maßnahmen auch zukünftig in sinnvoller Weise zur Ver- (D) denke dabei an die Zusammenlegung der Arbeitslosen- fügung gestellt werden. hilfe und der Sozialhilfe – wird es zu Effizienzsteigerun- Lassen Sie mich zum S chluss anmerken: Vor allem gen kommen. die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit hat für uns (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Auch das eindeutig Priorität. Sie ist und bleibt ein Markenzeichen macht ihr noch falsch!) dieser Regierung. Fördermaßnahmen dürfen jetzt nicht einfach wegbrechen. Gerade auch benachteiligte Jugend- Das ist arbeitsmarktpolitisch sinnvoll und wird zu einer liche können sich auf die Sozialdemokraten und die Grü- Nettoentlastung der Kommunen führen. Dabei sollten nen in diesem Lande verlassen. Wir als Koalition werden Sie nicht zur V erunsicherung beitragen. Denn all die diese jungen Menschen nicht im Abseits stehen lassen. Maßnahmeträger, die derzeit in den Kommunen tätig sind, um arbeitslose Sozialhilfeempfänger in Arbeit zu (Beifall bei der SPD) vermitteln und sie zu fördern, Die Bundesanstalt für Arbeit – das möchte ich beto- (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Besser als nen – darf nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. das Arbeitsamt!) Sparen heißt nicht, die ar beitsmarktpolitischen Ziele über den Haufen zu werfen. Helfen Sie mit, dass die not- werden wir auch dann brauchen. Es ist deshalb wichtig, wendigen Reformen zügig umgesetzt werden können! ihnen jetzt ein Signal zu geben. Sie können mithelfen, zu verhindern, dass jetzt Strukturen zerbrechen, die an- Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. schließend für eine Arbeitsmarktpolitik, die dem Prinzip (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ des Förderns und Forderns gerecht wird, wiederher ge- DIE GRÜNEN) stellt werden müssten. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Franziska Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen NEN]) Niebel das Wort. Den Bundeshaushalt ohne einen Bundeszuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit zu verabschieden ist eine Dirk Niebel (FDP): ehrgeizige Maßnahme. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege (Dirk Niebel [FDP]: Sehr gewagt!) Brandner, Sie haben eben ausgeführt, die FDP-Fraktion Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2873

Dirk Niebel (A) sei nicht bereit, Strukturveränderungen und Ef fizienz- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: (C) steigerungen bei der Bundesanstalt mitzutragen. Herr Kollege Brandner, Sie können antworten. (Hans-Werner Bertl [SPD]: Recht hat er!) Klaus Brandner (SPD): Das ist falsch. Die FDP-Bundestagsfraktion hat schon lange vor Ihnen – ehe Sie das durch den Bundeskanzler Kollege Niebel, zu der Ef fizienz Ihres Redeschwalls aufgegriffen haben – in diesem Hause Strukturverände- möchte ich nichts sagen. rungen bei der Bundesanstalt für Arbeit beantragt und eine bessere Ef fizienzkontrolle der arbeitsmarktpoliti- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ schen Maßnahmen gefordert. DIE GRÜNEN) Ich möchte Ihnen zur Kenntnis geben, dass ich es sehr Nichtsdestotrotz ist insbesondere aus den Ihnen zuge- begrüße, wenn Sie Aktivitäten der Bundesregierung und neigten Gewerkschaftskreisen das Lamento über die der sie tragenden Fraktionen unterstützen, die darauf ab- Einsparung außerordentlich groß; denn Herr Gerster zielen, die Effizienz der Vermittlungstätigkeit zu verbes- spart 600 Millionen Euro in der Arbeitsförderung ein. sern. Ich möchte das Hohe Haus daran erinnern, dass wir Das ist übrigens im Verwaltungsrat mit den Stimmen der vor zwei Jahren das Job-AQTIV -Gesetz verabschiedet Gewerkschaftsvertreter so beschlossen worden. Der haben, Haushalt der Bundesanstalt beinhaltet immer noch 21,5 Milliarden Euro für aktive Arbeitsmarktpolitik. (Zurufe von der FDP: Ein Flop!) Vor diesem Hintergrund und angesichts der knappen das ein ganz entscheidender Reformschritt im Hinblick Kassen ist es notwendig, dass die Mittel der Beitragszah- auf die Effizienzüberprüfung der arbeitsmarktpolitischen lerinnen und Beitragszahler sinnvoll eingesetzt werden. Instrumente ist, und dass Sie meines Wissens gegen die- Deswegen ist der Vorschlag von Herrn Gerster, nur noch ses Gesetz gestimmt haben. Damals sind die Grundlagen Maßnahmen mit einer Verbleibsquote von 70 Prozent zu dafür gelegt worden, arbeitsmarktpolitische Maßnahmen fördern, effektiv, aber nicht wirklich mutig. Das wäre er durch wissenschaftliche Begleitung zu evaluieren und so nur, wenn er sich auf die Eingliederungsquote beziehen die Effizienzsicherung flächendeckend darzustellen. würde, die 2001 bundesweit 44,2 Prozent betragen hat. Ihre Aktivitäten gegen die Gewerkschaften in die- Dabei handelt es sich um diejenigen, die entgegen der sem Land – das sagt ja einiges über Sie aus – sind ja in- Verbleibsquote nach sechs Monaten nicht nur nicht wie- zwischen hinlänglich bekannt. Ich möchte in diesem Zu- der arbeitslos gemeldet sind, sondern auch eine sozial- sammenhang nur auf Folgendes hinweisen: Ich bekam versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen dieser Tage eine Mitteilung auf den Tisch, in der es unter (D) (B) haben. Zieht man davon die Folgeförderung ab, so wird der Überschrift „Volkswirtschaften funktionieren besser man finden, dass die Eingliederungsquote 2001 nur bei mit einem koordinierten Arbeitsmarkt“ heißt: sage und schreibe 35 Prozent gelegen hat. Das ist keine Erfolgsbilanz, sondern Verschwendung. Wer einer Gewerkschaft angehört, verdient mehr , arbeitet kürzer, wird besser ausgebildet und bleibt Deswegen muss die Selbstverwaltung, die über diese durchschnittlich länger an einem Arbeitsplatz als Mittel mit entscheidet, umgebaut werden. Die FDP-Bun- nicht organisierte Beschäftigte. destagsfraktion hat schon im vergangenen Jahr in diesem Hause beantragt, die drittelparitätische Selbstverwaltung Das ist nicht einer Pressemitteilung der IG Metall oder aus Gewerkschaftsfunktionären, Arbeitgeberfunktionä- des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu entnehmen, ren und denjenigen, die ihre öffentlichen Hände am sondern das ist das Ergebnis einer neuen Weltbankstudie liebsten in die Taschen der Bürger stecken, abzuschaffen über die Bedeutung von Gewerkschaften und Kollektiv- und Leistungsgewährung und Arbeitsmarktpolitik wie- verhandlungen in der Weltwirtschaft. Darin heißt es wei- der zu trennen. Das würde zu einer Redemokratisierung ter: der Arbeitsmarktpolitik führen, weil wir dann hier über Gesamtwirtschaftlich betrachtet führt ein hoher ge- die Verteilung der Mittel und ihre effiziente Verwendung werkschaftlicher Organisationsgrad zu geringen diskutieren könnten. Das hätte allerdings auch zur Folge, Einkommensunterschieden und unter Umständen dass insbesondere die großen Bildungsträger noch mehr zu einer höheren Leistungskraft (in Form von nied- klagen würden. Wir alle wiss en, dass zu diesen neben rigen Arbeitslosen- und Inflationsraten, höherer dem Bildungswerk der W irtschaft unter anderem das Produktivität und schnelleren Ausgleichsmaßnah- BFW des DGB und die DAA zu zählen sind, die heute men nach wirtschaftlichen Erschütterungen). zu Verdi gehört. Verdi wird von dem Grünen Bsirske ge- führt. Das ist der Funktionär – Sie erinnern sich be- Insofern wird deutlich, welchen Beitrag Gewerk- stimmt –, der sich als stellvertretender Aufsichtsratsvor- schaften zur Stabilität und zur sozialen Sicherheit in der sitzender der Lufthansa selbst bestreikt hat. Hinterher Welt und auch in Deutschland leisten. Weiter heißt es in waren es dann wieder die anderen, die daran schuld sind, dieser Studie – lassen Sie mich diesen Punkt noch hinzu- dass es so viele Arbeitslose gibt. fügen –: Vielen Dank. In Ländern mit einem hohen Maß an Koordinierung durch Kollektivverhandlungen ist die Arbeitslosig- (Volker Kröning [SPD]: Offenbar eine Ner- keit häufiger als in anderen niedriger und leichter ab- vensäge! Kein Applaus!) baubar, Einkommensunterschiede sind geringer , 2874 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Klaus Brandner (A) Streiks seltener und kürzer. Insbesondere die Koor- Lieber Herr Minister, ich möchte Ihnen einen guten (C) dinierung zwischen Unternehmern scheint zu einer Rat geben – ich weiß, dass Sie von mir wahrscheinlich niedrigen Arbeitslosenrate beizutragen. Im Gegen- keinen Ratschlag annehmen –: satz dazu sind eine geteilte Gewerkschaftsbewegung (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das weiß ich und eine Vielzahl gewerkschaftlicher Dachverbände nicht!) häufig gleichzeitig mit einer hohen Inflations- und Arbeitslosenrate zu finden. Unterlassen Sie bitte diese permanente Ankündigungs- rhetorik, von der wir hier dauernd berieselt werden, und Insofern sind die Spaltungsaktivitäten und die handeln Sie endlich! Schlechtmacherei, die Sie gegenüber den deutschen Ge- werkschaften betreiben, kontraproduktiv , schaden die- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) sem Land und nützen in der T at nicht der V olkswirt- Es ist klar, dass die Maßnahmen, die Sie hier immer schaft. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen. wieder verkünden, nicht dazu beitragen werden, dass es (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten auf dem Binnenmarkt zu mehr W achstum kommt. Die des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – von Ihnen vor geschlagene Neuregelung des Kündi- Ludwig Stiegler [SPD]: Stumpfsinnige alte gungsschutzes ist eine nebulöse Angelegenheit. Diese Reaktionäre Weimarer Tradition!) Neuregelung bewirkt, dass Abfindungen teurer werden und die – schon jetzt vorhandene – Rechtsunsicherheit in Unternehmen größer wird. Außerdem hat der Kanzler Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: letzten Freitag einen Appell an die Tarifvertragsparteien gerichtet, betriebliche Bündnisse zu schließen. Ein Ap- Nächste Rednerin ist die Kollegin Dagmar Wöhrl, pell reicht aber nicht mehr aus. Das haben wir doch CDU/CSU-Fraktion. schon in der Vergangenheit gesehen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Auch wir wissen: Dieses Gelände ist vermint und die Tarifparteien müssen zusammengebracht werden. W er Dagmar Wöhrl (CDU/CSU): in der momentanen Krisensituation aber den Spielraum für betriebliche Lösungen und die Flexibilisierung des Frau Präsidentin! LiebeKolleginnen! Liebe Kolle- Tarifvertragsrechts ablehnt, der hat die dramatische gen! Lieber Kollege Brandner , mich verwundert, dass Lage, in der sich unsere Wrtschaft i befindet, wirklich Sie das Job-AQTIV-Gesetz als Erfolg verkauft haben; noch nicht erkannt. denn es ist, glaube ich, der größte Flop der von Ihnen je- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (B) (D) mals auf den Weg gebrachten Gesetze. neten der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Es geht doch nicht darum, Arbeitnehmer zu entrech- ten. Es geht darum, für die Zukunft Jobs abzusichern. Vergleichbar mit diesem Flop ist auch der uns vorlie- Deswegen müssen die betrieblichen Bündnisse auch ge- gende Haushaltsentwurf: Er ist unseriös und enthält Risi- setzlich festgeschrieben werden – ein einfacher Appell ken in Milliardenhöhe. Sie gehen beispielsweise noch reicht nicht aus –, und zwar ohne Tarifvorbehalt. immer von einer Arbeitslosenzahl von 4,14 Millionen aus, obwohl die Arbeitslosenzahl schon bei 4,7 Millio- Herr Kollege Brandner, Sie haben vorhin die großen nen liegt. Hinzu kommen laut IAB noch 700 000 Men- Hoffnungen angesprochen, die mit einem Kreditpro- schen in Fort- und W eiterbildungsmaßnahmen sowiegramm für die Kommunen verbunden sind. Dieses Pro- 1,8 Millionen Menschen, die offiziell nicht arbeitslos ge- gramm ist doch wieder nur ein Feigenblatt. Über 70 Pro- meldet sind und die auf eigene Faust einen Job suchen. zent aller Kommunen haben mittlerweile keinen Das ist eine „Reserve“ von insgesamt 2,5 Millionen. ausgeglichenen Haushalt mehr. Man kann also sagen: Nullwahrscheinlichkeit, dass es zu (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie sind pleite! – einem Nullzuschuss zur Bundesanstalt für Arbeit Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Und Sie kommt! bieten ihnen Kredite! Kommunale Kredite sind Wenn man bedenkt, dass schon Ende Februar die sowieso billig! Das ist doch die Wahrheit!) Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit ihre Einnah- Die Gewerbesteuereinnahmen sind weggebrochen und men um 1,5 Milliarden Euro – ich betone: 1,5 Milliarden die Gewerbesteuerumlage hat sich erhöht. Dazu kom- – überstiegen haben und dass am Ende des Jahres mit ei- men die Ökosteuer und die Grundsicherung, die Sie ein- nem Defizit von 8 Milliarden Euro zu rechnen ist – da- geführt haben. All das belastet die Kommunen. Das ha- von gehen jedenfalls die Experten aus; das ist noch mehr ben Sie, die Mitglieder dieser Bundesregierung, zu als letztes Jahr; damals lag das Defizit bei 5,6 Milliarden verantworten. Euro –, dann können Sie uns doch nicht weismachen, dass Sie noch immer daran glauben, mit einem Nullzu- Wir alle hier wissen doch, was wir von Kredit- und schuss auszukommen. Konjunkturprogrammen zu halten haben. Es sind Strohfeuer, also Feuer, die so schnell erlöschen, wie sie (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- aufgeflammt sind. Die Kommunen können aufgrund ih- neten der FDP – V olker Kröning [SPD]: Sie rer Haushaltslage – die meisten sind doch schon jetzt haben gar kein Interesse, das zu ändern!) verschuldet – überhaupt keine Kredite mehr aufnehmen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2875

Dagmar Wöhrl (A) Auch das wissen Sie. Die Kommunen können Kredite Es stellt sich schon die Frage, warum in Deutschland (C) nicht kofinanzieren. Außerdem würden sie für die Auf- die Zahl der Unternehmensgründungen seit 1997 auf nahme von Krediten keine Genehmigung von der kom- die Hälfte zurückgegangen ist. Im Zeitraum von Januar munalen Aufsicht bekommen. bis November 1997 gab es noch 66 000 Unternehmens- gründungen. Im gleichen Zeitraum des letzten Jahres gab Führen Sie lieber die Gewerbesteuerumlage zurück es nur noch knapp 33 000 Unternehmensgründungen. und tätigen Sie mehr Investitionen zum Wohle der Kom- Wenn man davon ausgeht, dass jede erfolgreiche Neu- munen! Dadurch würde man in diesem Bereich viel gründung drei bis vier Arbeitsplätze schaf ft, dann mehr bewirken als durch den Weg, den Sie mittlerweile kommt man zu dem Er gebnis:Es fehlen uns allein da- eingeschlagen haben. durch über 100 000 Arbeitsplätze. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Man muss sich auch fragen: W arum ist das Grün- Volker Kröning [SPD]: Sagen Sie doch mal dungsklima bei uns nicht gerade sonnig? Weil die Belas- was Originelles!) tungen, die auf die jungen Menschen zukommen, wenn Liebe Kollegen von der Regierung, ich gestehe ein: sie sich selbstständig gemacht haben, abschrecken und Sie haben hier auch einige richtige Schritte angekündigt. weil das Vertrauen der Menschen in die Gestaltungskraft Doch es geht nicht darum, hier einzelne T reffer zu lan- der Regierung, also darauf, dass sich etwas ändert, sehr , den. Man könnte sagen: Auch ein blindes Huhn findet sehr niedrig ist. Auch deswegen ist es notwendig, dass einmal ein Korn. Unser eigent liches Drama ist, dass Sie die Sozialbeiträge gesenkt werden. Sicherlich müssen immer wieder isolierte Einzelmaßnahmen und hektische Sozialbeiträge und Steuern sein, aber es ist auch notwen- Notoperationen verkünden, aber keine durchdachte The- dig, dass trotz der Abgabenbelastung Freiräume bleiben, rapie anbieten, die zu irgendeinem Erfolg führen könnte. Freiräume dafür, dass ein Familienvater mit seiner Fami- lie noch in Urlaub fahren kann und dass ein Unterneh- (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Flickschuste- mer auch zukünftig noch Gewinn machen kann. rei!) Wir müssen es auch schaf fen, von unserem Gängel- Es gelingt Ihnen nicht, ein Gesamtbild zu schaf fen. staat wegzukommen. Denken Sie nur daran, was der Sie haben in den letzten Jahren schon oft bewiesen, dass Kanzler am Freitag letzter Woche wieder angedroht hat! Sie keine Visionen haben. Er hat wieder von der Ausbildungsplatzabgabe gespro- Ich unterstelle uns allen hier, dass wir Werte bewah- chen. Das ist eine neue bürokratische Gängelung. ren wollen. Somit ist es wichtig, die Strukturreformen in (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Nur Büro- Angriff zu nehmen. Ich glaube, die Menschen haben kratie! Etwas anderes fällt diesem Kanzler noch nie so viel Bereitschaft wie momentan gezeigt, Re- (B) nicht ein!) (D) formen zu akzeptieren, auch wenn sie von ihnen selbst betroffen sind. Die Menschen sind aber verunsichert; sie Sicherlich ist die Lehrstellensituation katastrophal – das sehen keine Zukunftsperspektiven mehr . Somit sind sie wissen wir alle in diesem Saal –, aber eine Ausbildungs- nicht bereit, zu investieren und zu konsumieren. platzabgabe ist der falsche W eg. Wir wissen doch, dass sich die Unternehmen dann freikaufen würden. Sie ist (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Leider wahr!) kein Rezept für mehr Lehrstellen. Eines muss klar sein: Ein Staat kann nur dann dauer- haft sozial sein, wenn seine Wirtschaft wächst. Wer war (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) denn im letzten Jahr unser W achstumsträger? Das war Das ist eine Idee, die inzwischen wirklich an Alters- – es wurde schon vorhin angesprochen – der Export. schwäche leidet und auch einen planwirtschaftlichen Ge- Wir wissen, dass es in diesem Jahr beim Export bei wei- burtsfehler hat. Ich hof fe,dass Sie das ir gendwann er- tem nicht so rosig sein wird und dass wir den T itel „Ex- kennen. portvizeweltmeister“ für die Zukunft nicht in Erbpacht haben. Sie müssen auch fragen: Warum bilden die Unterneh- men, die kleinen und mittleren Betriebe, weniger aus? Ein Unternehmer kann nur dann ein sozialer Arbeit- geber sein, wenn er profitabel arbeitet und nicht am (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Weil so viele Rande des Ruins balanciert. Auch das müssen wir in Zu- Pleite gegangen sind!) kunft noch klar aussprechen dürfen. Der Grund dafür ist doch nicht die mangelnde Begeiste- (Beifall bei der CDU/CSU) rung für die Ausbildung. Ein Mittelständler weiß, dass er für die Zukunft Nachwuchs braucht. Der Grund ist die Deswegen müssen wir auch wieder der W ertschaf-finanzielle Schwäche. Jede Ausbildung ist mit Kosten fung Vorrang geben und von der Umverteilungspolitik, verbunden. Dank Ihrer Politik, meine Damen und Herren die Sie auf den Weg gebracht haben, wegkommen. von Rot-Grün, leben sehr viele kleine und mittlere Be- Wir haben in unserem Land immens viele kreative triebe inzwischen von der Substanz. Menschen. An vielen tausend zentralen Stellen – ob das (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Hört! Hört!) die Dönerbude an der Ecke oder ein großer Hightech- konzern ist – muss es wieder lukrativ sein, mit Engage- Fast ein Drittel macht keinen Gewinn mehr und über die ment zu produzieren, Arbeitsplätze zu schaffen und neue Hälfte der Mittelständler mit einem Umsatz von unter Produkte zu entwickeln. 5 Millionen Euro hat kein Eigenkapital. Man muss den 2876 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Dagmar Wöhrl (A) Würgegriff lockern und darf nicht dauernd die Steuer- (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- (C) peitsche schwingen. SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD) Das deutet auf ein Gesamtkonzept hin, das etwas bewir- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: ken kann. Frau Kollegin Wöhrl, ich muss auch Sie an die Rede- Dann kommt mit dem Kollegen Koch aus Hessen, der zeit erinnern. Kanzlerkandidat werden will, die Politik ins Spiel. Über- schrift: „Gerhard Schröder hat seine letzte Chance ver- (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Schade!) passt“.

Dagmar Wöhrl (CDU/CSU): (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Da hat er Recht!) Neue Arbeitsplätze entstehen nicht durch Regelungs- Das heißt, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Sach- wut, sondern nur durch Wirtschaftswachstum. Wir müs- verstand spricht von einem positiven Gesamtkonzept, sen die W ahrheit sagen: Gefordert sind mehr Arbeit, (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: „Positives mehr Leistung, mehr Eigenverantwortung. Für den Auf- Gesamtkonzept“ hat keiner gesagt!) schwung muss sich jeder aufschwingen, auch Sie von der Regierung. durch das etwas bewegt werden kann, während es von dort, wo die Ideologie, wo Machtpolitik und Parteipoli- Vielen Dank. tik der Union vorherrschen, heißt: Alles Mist, alles nichts gewesen! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: sowie bei Abgeordneten der SPD) Nächster Redner ist der Kollege Fritz Kuhn, Bündnis90/ Deswegen sage ich Ihnen klipp und klar: W enn Sie Die Grünen. sich einmal das Gesamtkonzept ansehen (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Verheerend!) Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – hören Sie zu! –, erkennen Sie eine stimmige Gesamt- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und botschaft in Bezug auf die Frage, wie neue Investitionen Kollegen! Wenn man sich die Zahl der Arbeitslosen im in Deutschland entstehen können: Erstens. W ir senken Land anschaut und wenn man die Risiken, die durch den die Sozialbeiträge durch einschneidende Reformen, die (B) Krieg im Irak dazukommen mögen, bedenkt, dann ist weh tun. (D) jetzt eines ganz klar: Es ist die Stunde, in der alle zusam- (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Ab in die men versuchen müssen, die Reformen, die in Deutsch- Sozialhilfe! Das ist Ihr Konzept!) land anstehen, auch umzusetzen. Es hat überhaupt kei- nen Sinn, wenn die einen ein paar V orschläge machen Dadurch werden mehr Investitionen in Arbeit ermög- und die anderen sie niedermachen, wenn man das takti- licht. Das haben Sie doch selber immer gesagt! Sie ha- sche Spiel fortsetzt nach dem Muster: Wenn man gegen ben jetzt ein taktisches Problem, weil plötzlich Dinge die Vorschläge der Regierung redet, wird es der Opposi- umgesetzt werden, die auch kluge Leute von Ihnen in tion schon irgendwie nützen. der Vergangenheit gefordert haben. Ich glaube, dass die Situation zu ernst ist, um dieses (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Ihr Bezug Ritual, das von einigen begonnen worden ist, fortzuset- zur Arbeitswelt ist, dass Sie gar keine Ahnung zen. mehr haben!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Nun müssen Sie springen, Herr Laumann, wie Sie es sowie bei Abgeordneten der SPD – Kurt J. auch beim Hartz-Konzept getan haben; dort ist es Ihnen Rossmanith [CDU/CSU]: Bringen Sie doch ja gut gelungen. Vorschläge in das Parlament ein!) Zweiter Punkt. Wir machen eine verlässliche Steuer- politik, die die Steuersätze senkt. Wir haben mit einem Wenn Sie einmal – das gilt auch für den Kollegen aus Eingangssteuersatz von 25,9 Prozent begonnen, der das dem Allgäu, aus Kaufbeuren – in das „Handelsblatt“ von Ergebnis Ihrer Politik war. 2005 werden wir bei 15 Pro- gestern schauen, dann können Sie sehr genau feststellen, zent sein. was eigentlich los ist. Lothar Späth wird dort zitiert mit den Worten: „Im Grunde hat der Kanzler etwas ganz Vernünftiges getan“. Lothar Späth war übrigens Ihr Kan- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: didat für das Ministerium Wirtschaft und Arbeit. Herr Kollege Kuhn – – (Dirk Niebel [FDP]: Unserer nicht!) Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann haben wir den Konjunkturindikator vom ZEW Mannheim. Dort heißt es: „Kanzler-Rede hellt die Stim- Lassen Sie mich diesen Gedanken noch beenden, mung auf“. So lauten die positiven Äußerungen aus vie- Frau Präsidentin. – Beim Spitzensteuersatz haben wir len Bereichen der Wirtschaft. mit 53 Prozent begonnen; im Jahr 2005 werden wir bei Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2877

Fritz Kuhn (A) 42 Prozent sein. Auch dies ist eine Bedingung für Inves- Dann kommt die neue Arbeitsmarktpolitik. Im Rah- (C) titionen der Unternehmen in Arbeit und die der Leute in men des Hartz-Konzeptes haben wir schon einiges zu- den Konsum. sammen machen können. Jetzt kommt es darauf an, dass wir das Arbeitslosengeld II und die SGB-III-Reform ver- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nünftig umsetzen. Da habe ich eine Bitte an den Bundes- und bei der SPD) wirtschaftsminister. Ich glaube, dass es gegenwärtig eine Dagegen können Sie nichts haben. Das müssen Sie mit- ganze Reihe von sinnvollen Beschäftigungsinitiativen tragen. durch Kommunen und freie T räger gibt, die fortgesetzt werden müssen. Es wäre falsch, sie jetzt zu beerdigen. Man muss jetzt dort einsteigen. Nicht alle Menschen in Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Deutschland werden über PSAs und über die Jobcenter Gestatten Sie nun eine Zwischenfrage des Kollegen direkt in Leiharbeit vermittelt werden können. Rossmanith? Es gibt Menschen, die da große Schwierigkeiten haben, die aber bisher erfolgreich in solchen Projekten gearbei- Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): tet haben. Ich will klar für meine Fraktion sagen: Dies muss fortgesetzt werden. In der ganzen Neukonstruktion Ja, bitte. des Arbeitslosengelds II kommt es darauf an, dass wir (Uwe Göllner [SPD]: Koch sagt die Wahrheit!) Wege und Mittel finden, diese Menschen weiter zu be- schäftigen – nicht weil wir einen extensiven, riesigen zweiten Arbeitsmarkt wollen, sondern weil es Menschen Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): gibt, die die Brücke in den ersten Arbeitsmarkt nicht so Herr Kollege Kuhn, ich möchte Sie nur fragen, wann schnell finden. Deswegen stehen wir dafür , dass diese wir mit den von Ihnen jetzt angekündigten Maßnahmen Menschen geschützt werden. Ich bin optimistisch, dass in Form eines Gesetzentwurfes der Bundesregierung und es uns gelingt, Wege dafür zu finden. der sie tragenden Fraktionen in diesem Hause rechnen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN können. und bei der SPD)

Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich möchte zum Schluss einen Appell – der mir sehr ernst ist – an alle Seiten des Hauses richten: Bei dem Ge- Das ist doch sowohl vom Wirtschaftsminister als auch samtpaket, das wir jetzt umsetzen müssen und das für vom Kanzler angekündigt worden. W ir werden dieseviele Menschen schmerzhaft ist, muss das Spiel der ge- (B) Vorschläge bis zum Sommer umsetzen. Dann wird da- genseitigen Schuldzuweisungen – ihr seid schuld, weil (D) rüber diskutiert. Dabei kommt es auf Sie an. sich die Gewerkschaften nicht bewegen, und anders- herum – aufhören. Es ist doch klar, dass Maßnahmen wie (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sie sind die die Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes Regierung!) – da haben Sie ja selber Probleme, Merkel und Stoiber Es ist ganz klar gemacht worden, dass Sie den Maßnah- sind da unterschiedlicher Auffassung – für sich genom- men, die wir für Investition en in Arbeit brauchen, im men schmerzhaft sind und wehtun. Aber weil es ein Ge- Bundestag zustimmen müssen. Ich finde, jetzt ist wirk- samtkonzept gibt, das die Solidarität der Beschäftigten lich Schluss mit lustig, jetzt muss gehandelt werden. mit den 4,7 Millionen Arbeitslosen möglich macht – – (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sehr gut!) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Eine Opposition, die den Standort weiter mobbt, hat überhaupt keinen Sinn. Packen Sie das Thema an und Herr Kollege Kuhn, schauen Sie bitte einmal auf die sorgen Sie mit dafür, dass die Arbeitslosigkeit abgebaut Uhr. werden kann! Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ja, gut. Ich bin gerade bei meinen Schlussbemerkun- gen. Sie haben mich jetzt wirklich abgestoppt; das ist Ih- Der dritte Punkt ist die Haushaltskonsolidierung. Es nen gut gelungen. ist doch völlig klar, dass wir, was den strukturellen T eil der Defizite angeht, an der Haushaltskonsolidierung fest- Deswegen können wir verlangen, dass alle an diesem halten. Von den 3,7 Prozent Neuverschuldung im Jahr Gesamtkonzept partizipieren. Das heißt für Ihre Seite: Es 2002 haben 2,9 Prozent strukturelle Ursachen. Deswe- geht nicht, dass man fröhlich und zünftig mit der Ärzte- gen brauchen wir Reformen bei den Strukturen. Der Rest und Pharmalobby gegen die Gewerkschaften arbeitet. hat konjunkturelle Ursachen. Deswegen müssen wir na- (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Jetzt türlich auch konjunkturell reagieren, um die Krise nicht reicht’s aber!) zu verschleppen. Das ist die Konzeption unseres Pakets und daran werden wir festhalten. So kann man kein Gesamtkonzept durchsetzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ich fordere uns alle auf, die Arbeitslosen in den Vor- sowie bei Abgeordneten der SPD) dergrund zu rücken und das vorgeschlagene Gesamtpaket 2878 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Fritz Kuhn (A) umzusetzen. Das hilft und schaf ft neue Arbeitsplätze in Das würde uns keine Mark kosten und würde auch nie- (C) Deutschland. mandem wehtun, wäre aber ein Zeichen. Ich danke Ihnen. Wir müssen die Ausbildungsbetriebe und die Ausbil- dungsberechtigungen erweitern; wir müssen es aber mit (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sinn und Verstand machen. und bei der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Wir müssen dafür sor gen,dass wir den Berufsschul- Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Karl- unterricht, Herr Bundesminister, auf die wichtigen Fä- Josef Laumann, CDU/CSU-Fraktion. cher konzentrieren, die man braucht, um den Facharbei- (Beifall bei der CDU/CSU) terbrief oder Gesellenbrief zu bestehen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Karl-Josef Laumann (CDU/CSU): Das heißt, wir sollten den Unterricht an der Berufsschule Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau auf Fachkunde, Fachrechnen und Fachzeichnen konzen- Präsidentin! Man kann die heutige Debatte über den trieren und Fächer wie Sport und Religion herausnehmen. Haushalt Arbeit und Wirtschaft so zusammenfassen: Der So können wir außerdem die betrieblichen Ausbildungs- Haushalt ist genauso katastrophal wie die Arbeitsmarkt- zeiten steigern. Der Lehrling ist nicht wie zu meiner Zeit zahlen in Deutschland. 14, sondern heute in der Regel 18 Jahre alt. Keinem Stu- denten an der Uni schreiben wir einen Zwangssportunter- (Beifall bei der CDU/CSU) richt vor, wohl aber den Lehrlingen, obwohl sie heute fast Ich wette mit Ihnen, Herr Bundesminister , um eine gute gleichaltrig sind. Kiste Rolinck-Bier aus dem Münsterland, dass Sie den (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit dieses Jahr nicht ohne Bundeszuschuss durchhalten, was bedeutet, dass Ich glaube, wir müssen mit den beiden T arifvertrags- Sie an einer ganz entscheidenden Stelle einen unsoliden parteien vernünftig über Ausbildungsvergütungen Haushalt haben. sprechen; denn das hat auch etwas mit Lehrstellen zu tun. Die IG Metall in Nordrhein-Westfalen, die im Tarif- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) vertrag die Übernahme für mindestens ein Jahr nach der Als Sie Minister wurden, hatten wir in diesem Land Lehre durchgesetzt hatte, hat jetzt gesagt: Macht betrieb- 4 Millionen Arbeitslose. Heute, da wir diese Debatte liche Bündnisse für Ausbildung! Dann können wir von (B) führen, haben wir 4,7 Millionen Arbeitslose. der Übernahmegarantie absehen; Hauptsache, es gibt (D) mehr Lehrstellen. – So die IG Metall Nordrhein-Westfa- (Ludwig Stiegler [SPD]: Den Rekord halten len. Die Bereitschaft für betriebliche Bündnisse für Aus- immer noch Sie!) bildung ist also vorhanden. W ir sollten sie nutzen und Das macht deutlich, was passiert ist. W ir hatten im No- über weitere Fragen miteinander sprechen. vember 2002 470 000 jugendliche Arbeitslose; heute (Beifall bei der CDU/CSU) reden wir über 580 000. Herr Bundesminister, es wird wohl Ihr Geheimnis (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Hört! Hört!) bleiben, warum Sie in dieser Situation die Geringverdie- Wir haben eine dramatische Situation bei den Lehrstel- nergrenze von 325 Euro unbedingt auf 400 Euro erhöhen len. Das Vermittlungsjahr t is jetzt schon längst abge- mussten. Damit sind wir jetzt in der Situation – bei einer schlossen und die Zahlen liegen uns vor: Im letzten Jahr Grenze von 325 Euro spielte es keine Rolle, weil die haben in Deutschland von 71 1 000 Menschen, die sich Lehrlingsvergütungen alle darüber lagen; jetzt haben wir bei den Arbeitsämtern um eine Lehrstelle beworben ha- aber gerade in den neuen Ländern den Fall, dass sie in ben, nur 342 000 eine Lehrstelle im normalen dualen diesem Korridor liegen –, dass die Kosten für einen Aus- Ausbildungssystem bekommen – das heißt, nur 48 Pro- bildungsplatz beispielsweise eines Bäckerlehrlings in zent. Allein 30 000 Menschen sind in überbetrieblichen Dresden monatlich um 70 Euro höher liegen. Ich möchte Maßnahmen beschäftigt. 135 000 Menschen nehmen ir- einmal wissen, wer aus der politischen Führung diese gendwelche schulischen Angebote wahr – oft auch junge Vorschrift aus Ihrem Hause unterschrieben hat. Jeden- Leute, die den theoretischen Unterricht eigentlich schon falls ist diese Vorschrift zurzeit, um es ganz deutlich zu längst satt haben. sagen, ziemlich gaga. Deswegen, finde ich, sollten wir ganz schnell ein paar (Beifall bei der CDU/CSU) Zeichen für mehr Ausbildung in Deutschland beschlie- Am letzten Freitag hat der Bundeskanzler Vorschläge ßen, die uns im Übrigen alle kein Geld kosten. W as hin- gemacht. Ich möchte Sie wirklich bitten, dass wir über dert uns eigentlich, zu sagen: Wir nehmen die Lehrlinge ein paar Vorschläge und deren Auswirkungen reden. Ich aus der Berechnung von allen Schwellen, die es im Be- bin auch namens meiner Fraktion sehr gerne bereit, da- triebsverfassungsgesetz und in anderen Gesetzen gibt, für zu sorgen, dass die Einsparvolumen, die durch be- heraus, weil sie in einem Ausbildungsverhältnis und stimmte Vorschläge erzielt werden sollen, auch wirklich nicht in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt sind? erreicht werden. Aber wir müssen darüber reden, dass (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Sie es sich bei der Änderung der Struktur des Arbeits- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2879

Karl-Josef Laumann (A) losengeldes zu einfach machen. Es kann nicht sein, dass Karl-Josef Laumann (CDU/CSU): (C) derjenige, der mit 14 Jahren angefangen hat, zu arbeiten, Ich glaube schon, dass die Debatte über die Höhe der und der mit 54 Jahren arbeitslos wird – er hat also Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnnebenkosten 40 Jahre lang eingezahlt –, nur zwölf Monate Anspruch in Deutschland um eine Debatte über die Höhe der Ener- auf Arbeitslosengeld hat, genauso lange wie der 24-Jäh- giepreise ergänzt werden muss. Denn die Ener giepreise rige, der 24 Monate eingezahlt hat. haben auch mit der Schaf fung von Arbeit zu tun. W enn Dabei wissen wir doch genau, dass wir für diesen in Deutschland aufgrund der Ökosteuern der Betrieb ei- Menschen keinen Arbeitsplatz haben. Wir drücken ihn in ner Aluminiumhütte bzw. einer Chlorfabrik nicht mehr die Sozialhilfe. Daneben haben Sie noch vor einem hal- möglich ist, weil dort die Stromkosten 36 bis 40 Prozent ben Jahr beschlossen, dass er nur 13 000 Euro Vermögen der Produktionskosten ausmachen, dann ist es viel wich- in der Arbeitslosenhilfe behalten darf. Ich sage Ihnen: tiger, auf diesem Gebiet Maßnahmen zu er greifen, als Wenn Sie diese Regelung nicht ändern und wir hier nicht bei den Lohnnebenkosten. Wir müssen uns entscheiden, zu einer anderen Struktur des Arbeitslosengeldes kom- ob wir in Deutschland solche energieintensiven Bereiche men, wenn Sie nicht bereit sind, eher am Anfang des Be- überhaupt noch haben wollen oder nicht. rufslebens zu kürzen, wo das Problem Sozialhilfe nicht Herr Kollege Schauerte, da es so ist, dass Einsparun- auftritt, und wenn Sie dieses Ding gegen die Älteren gen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro, die sich seit 1998 durchziehen, dann verspreche ich Ihnen: Ich jage Sie durch die Liberalisierung der Strommärkte er geben ha- durch Ihre Wahlkreise und von Podiumsdiskussion zu ben, mittlerweile durch staatliche Belastungen in Höhe Podiumsdiskussion; von rund 10 Milliarden Euro, die im Rahmen der Erhö- (Beifall bei der CDU/CSU) hung der Ökosteuer, des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und der Kräfte-Wärme-Koppelung angefallen sind, mehr denn das, was Sie vorhaben, ist nicht nur unsozial, son- als aufgebraucht worden sind, sollte sich die Koalition dern schlicht und ergreifend unanständig. fragen, wie weit sie es mit der Bezuschussung bestimm- ter Energiearten über den Strompreis treiben will. Ich (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- kann Ihnen nur sagen: Die Mehrbelastungen bei Hei- neten der FDP) zung, Auto und Strom machen für einen privaten Haus- Ich sage noch einmal: Ich bin bereit, darüber zu reden, halt 400 Euro pro Jahr aus. Dieses Geld steht für den pri- wie wir das Einsparvolumen erreichen können. Aber vaten Konsum nicht mehr zur Verfügung. man kann es auch durch eine andere Struktur schaf fen. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Hört! Hört!) Es so platt zu machen, wie Sie es am Freitag vorgeschla- gen haben, geht nicht. Das hat mit Versicherung und Bei- Deswegen besteht nach meiner Meinung in Deutschland (B) (D) tragsbezogenheit nichts mehr zu tun. Dieser V orschlag ein Zusammenhang zwischen dem Umfang der Beschäf- ist unmoralisch. tigung und der Höhe der Energiekosten. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Zum Schluss möchte ich noch auf den Kollegen Brandner eingehen. Der Kollege Brandner hat heute Herr Kollege Laumann, gestatten Sie eine Zwischen- Morgen in dieser Debatte gesagt, wir hätten uns gegen frage Ihres Kollegen Schauerte? den Papst und für den amerikanischen Präsidenten ent- schieden. Dem Kollegen Brandner möchte ich eines sa- Karl-Josef Laumann (CDU/CSU): gen: Das Verhältnis, das der einzelne Mensch in Deutsch- land zum Papst hat, ist sehr persönlich, sehr religiös. Sie Ja, gerne. sollten solche Vergleiche unterlassen. (Ludwig Stiegler [SPD]: Sie sollten das dem (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!) Stoiber sagen!) Denn auch wir sagen nicht: Sie haben sich beim Schutz – Das regeln wir unter uns. des ungeborenen Lebens bewusst gegen den Papst ent- schieden. Eine solch platte Debatte führen wir nicht. Hartmut Schauerte (CDU/CSU): (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Herr Kollege Laumann, angesichts der dramatischen neten der FDP) Arbeitslosigkeit möchte ich eine Frage stellen, die mir Wie nicht feststeht, über welchen W eg wir den Schutz wichtig ist und die leider viel zu wenig diskutiert wird. ungeborener Kinder erreichen, genauso wenig steht fest, Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den rapide über welchen Weg man auf dieser Erde für Frieden, Frei- steigenden Energiepreisen, die ein wichtiger Standort- heit und Menschenwürde sorgen kann. Deswegen sollten faktor sind, und der Zunahme der Arbeitslosigkeit in die- Sie, Herr Kollege Brandner, mit solchen V ergleichen sem Land? Oder haben diese beiden Dinge nichts mit- sehr vorsichtig sein. einander zu tun? (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Volker Kröning [SPD]: Wodurch steigen denn neten der FDP – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: die Energiepreise?) Gute Rede!) 2880 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

(A) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (C) GRÜNEN – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Nächster Redner ist der Bundesminister für W irt- Wer war denn unfair?) schaft und Arbeit, Wolfgang Clement. Die dritte Bemerkung: Der Haushalt des Wirtschafts- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten und Arbeitsministeriums umfasst 18,5 Milliarden Euro; des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) davon sind 12,3 Milliarden Euro für die Arbeitslosen- hilfe reserviert. Dies zeigt wie auch andere Daten, dass wir uns in einer überaus schwierigen Arbeitsmarktsitua- Wolfgang Clement, Bundesminister für W irtschaft und Arbeit: tion befinden und alle Kräfte darauf konzentrieren müs- sen, die Arbeitsmarktlage zu verbessern. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Die vierte Bemerkung: Der Bundeskanzler hat am Herren! An diesem sehr schwierigen Tag und angesichts 14. März die Leitlinie der Bundesregierung und die kon- einer ungewöhnlichen Haushaltsdebatte möchte ich in- kreten Vorhaben dargestellt. Wir haben dies unter dem nerhalb von neun Minuten einige Bemerkungen zu dem Stichwort in ganz konkreten Reform- machen, was die W irtschafts- und Haushaltspolitik an- schritten diskutiert; angesichts der Bedingungen, unter geht. Dies kann natürlich nur in Stichworten erfolgen. denen wir heute diese Debatte führen, muss dies nicht Erstens. Ihnen geht es wahrscheinlich so wie mir: Ich wiederholt werden. Daher weise ich nur darauf hin, wo- werde in diesen Tagen oft gefragt, was dieser Krieg für rum es geht: Wenn wir über eine Verbesserung der Situa- die Weltwirtschaft und damit für die deutsche Wirtschaft tion am Arbeitsmarkt sprechen, dann sprechen wir vor bedeutet. Meine Antwort darauf ist, dass zurzeit wahr- allen Dingen darüber, dass wir mehr öffentliche und pri- scheinlich unser aller Gedanken vor allem bei den Men- vate Investitionen brauchen, dass die Investitionsfähig- schen in der Region, in der diese kriegerische Auseinan- keit der Städte und Gemeinden wiederhergestellt werden dersetzung stattfindet, sind. Ansonsten kann ich nur auf muss und dass die private Investitionskraft gesteigert das hinweisen, was bereits im Jahreswirtschaftsbericht werden muss. dargestellt worden ist. Da lautet es: Die wirtschaftlichen In diesem Zusammenhang – darüber muss man sich Folgen eines Krieges sind – wie auch andere Folgen, die im Klaren sein – reden wir über Steuern, Abgaben und wichtiger, schwieriger und belastender sind – unkalku- Tarifpolitik. Auf allen drei Feldern brauchen wir T en- lierbar. Wichtig ist, dass die Staaten, die Volkswirtschaf- denzen nach unten und nicht nach oben. Deshalb sind ten auf alle Eventualitäten vorbereitet sind. Deshalb ist es Beiträge zu Steuererhöhungsdiskussionen, wie sie bei- mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Internationale spielsweise Herr Kollege Müller aus dem Saarland jetzt (B) Energie-Agentur sowohl weltweit als auch im Hinblick geliefert hat, in der gegenwärtigen Situation Gift. (D) auf uns sagt – auch ich kann das feststellen –, dass bei- spielsweise die Ölversorgung gesichert ist und keinerlei (Rainer Brüderle [FDP]: Sehr richtig!) Anlass zu Unruhe besteht. Die Lage in unserem Land ist unsicher genug; da sind solche Beiträge alles andere als hilfreich. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Natürlich müssen die Verantwortlichen darauf vorbe- DIE GRÜNEN) reitet sein, dass eine solche kriegerische Entwicklung tiefer gehende Wirkungen auf die Weltwirtschaft haben Der Bundeskanzler hat deutlich gemacht, worum es und die Abschwächungstendenzen, die es zurzeit in der geht; ich wiederhole es anhand von drei Stichworten. Weltwirtschaft gibt, insgesamt verstärken kann. Es ist Erstens. Wir müssen die allgemeinen Rahmenbedin- mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass im europäischen gungen für Investitionen verbessern. Dies bedeutet Stabilitätspakt für diesen Fall, für solche außergewöhnli- weitere Steuersenkungen und ein Festhalten an den chen Situationen, Reaktionsmöglichkeiten vor gesehen nächsten Steuerreformrunden in den Jahren 2004 und sind. Es kommt darauf an, diese Reaktionsmöglichkei- 2005. Dies betrif ft auchdie so genannten Lohnneben- ten, insbesondere in Europa und im Rahmen der G-8-Staa- kosten, die wir mit den Reformen im Renten-, Gesund- ten, im Rahmen des Stabilitätspaktes so koordiniert wie heits- und nicht zuletzt im Arbeitsmarktbereich ebenfalls möglich zu nutzen. W ir sollten uns vor Augen führen, absenken werden. Hinsichtlich des Arbeitsmarktes ver- dass solche Reaktionsmöglichkeiten selbstverständlich weise ich auf die Zusammenlegung von Arbeitslosen- möglich sind, ohne dass deshalb das V ertrauen in den hilfe und Sozialhilfe. Fast alle dazu notwendigen Gesetz- Stabilitätspakt und damit in die europäische Währungs- entwürfe werden Sie vor der Sommerpause vor gelegt politik gefährdet würde. bekommen. Wir werden Sie bitten, sie so rechtzeitig zu beraten, dass sie am 1. Januar 2004 in Kraft treten kön- Die zweite Bemerkung: Ich bedanke mich sehr herz- nen. Frau Kollegin Wöhrl, das hat nichts mit Ankündi- lich bei den Berichterstattern zum Haushalt, bei Kollegin gungen zu tun, sondern mit parlamentarischem Handeln. Hajduk sowie den Kollegen Kröning, Rossmanith, Aber zu jedem Handeln gehört, dass man darüber zu- Fuchtel und Rexrodt. Die Beratung, die wir geführt ha- mindest ein Wort austauschen darf. Das tun wir hiermit. ben, habe ich als gelegentlich hart, aber fair empfunden. Daher frage ich mich, warum wir nicht die Fähigkeit Insbesondere am Arbeitsmarkt stehen wir vor der aufbringen, diese Fairness auch in einer solchen Debatte, tiefst greifenden Veränderung, die in der Geschichte der zumal an einem so schwierigen Tag, zu dokumentieren. Bundesregierung auf diesem Feld jemals vor genommen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2881

Bundesminister Wolfgang Clement (A) worden ist. In der Arbeitsmarktpolitik – das sage ich allen anderen, die sich daran beteiligen können – dazu (C) jetzt schlagwortartig – werden wir damit ernst machen möchte ich auffordern und darum möchte ich Sie bitten –, müssen, dass es nicht unsere Aufgabe ist, Arbeitslosig- das Nötige tun, damit wir die drohende Misere am Aus- keit zu finanzieren, sondern dass es darum geht, die Ver- bildungsmarkt in diesem Jahr verhindern können. mittlung in Arbeit zu fördern. Dazu werden wir Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer fördern und fordern (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten müssen. des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Zweitens. Wir müssen Kräfte freisetzen, Spielräume Trotz der Probleme, die der Haushalt bereitet, müssen eröffnen und den Zutritt zum Arbeitsmarkt so leicht wir – auch das geht sowohl an die Adresse der W irt- wie möglich machen. Das betrifft die Reformen, die der schaft wie an unsere eigene Adresse und an die Adresse Bundeskanzler angekündigt hat: Reformen des Arbeits- aller Verantwortlichen in den Ländern – alles tun, um rechtes und beim Kündigungsschutz. Das betrifft die Re- mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung zu form des Handwerksrechtes, Herr Kollege Hinsken, und mobilisieren. Wir brauchen hier eine wesentlich größere das betrifft Reformen im berufsständischen Bereich, wo Anstrengung, wenn wir das Ziel erreichen wollen, wir uns fragen müssen, welche Regulierungen in Deutschland bzw. Europa wieder zur innovativ stärksten Deutschland abgebaut werden können. Das betrif ft auch Wachstumsregion der Welt zu machen. den Bürokratieabbau und reicht von der Arbeitsstätten- Meine Damen und Herren, ich weise noch auf zwei verordnung bis hin zu den Verpflichtungen, Statistiken andere Probleme hin. Erstens geht es mir um Probleme, zu liefern. Dies alles sind Kosten und Arbeitsbelastun- die wir zurzeit mit der Finanzierung des Mittelstandes, gen für die Unternehmen, die wir überwinden müssen, der kleinen und mittleren Unternehmen haben, und zwar soweit es irgend geht. sowohl wegen der konjunkturellen Lage als auch wegen (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ der strukturellen Veränderungen der deutschen Kredit- DIE GRÜNEN) wirtschaft. Wenn soeben eine Umfrage des „Handels- blattes“ ergeben hat, dass jeder vierte Manager sagt, er Drittens. Einen Bereich, der am wichtigsten ist, aber habe kein Kreditangebot seiner Bank bekommen, und am wenigsten erwähnt wird, überschreibe ich mit „Stär- wenn 72 Prozent der Manager in Deutschland sagen, ken stärken und dadurch die Zukunft sichern“. Dies be- dies behindere einen wirtschaftlichen Aufschwung, dann trifft Bildung und Ausbildung und bedeutet Investitio- sind die Signale klar. Meine Bitte an die Banken lautet, nen in Forschung und Entwicklung. ihre Aufgabe besser wahrzunehmen, den Mittelstand ausreichend mit Krediten zu versor gen und ihm Eigen- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ kapital zur Verfügung zu stellen. (B) DIE GRÜNEN) (D) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Ich setze darauf, Herr Kollege Laumann, dass die Refor- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) men, die seit PISA unabweisbar und für jeden unüber- sehbar notwendig sind, in den Ländern, die beispiels- Auch hinsichtlich einer Kooperation in diesen Sektoren weise für die Berufsschulen V erantwortung tragen, auf muss alles getan werden, um hier besser zu werden. Mit den Weg gebracht werden. der neuen öf fentlich-rechtlichen Mittelstandsbank wer- Ich bitte von hier aus – dies ist heute mein wichtigstes den wir alles tun, um die Banken dabei zu unterstützen; Anliegen – alle Unternehmer, alle Vorstände, alle Mana- die Verbriefungsaktion – eine ganz ungewöhnliche Ak- ger, alle Gewerkschafter, alle Tarifpartner, alle Betriebs- tion – für die Kredite der Hausbanken ist ein Signal da- räte, alle Personalräte, die Wissenschaftler und die in der für. Verwaltung Tätigen, die dafür V erantwortung tragen: Zweitens wollen wir uns um die innovativen jungen Tun Sie mehr für die Ausbildung in Deutschland! Technologieunternehmen kümmern, die im Zuge der (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Entwicklung um die New Economy in Bedrängnis gera- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der ten sind. Die Beteiligungskapitalzufuhr ist fast versiegt. CDU/CSU und der FDP) Wir werden deshalb versuchen, ein positives Signal für eine Trendumkehr zu setzen. Mit innovativen Produkten, Wir dürfen nicht zulassen, dass der gegenwärtige T rend Verfahren und Dienstleistungen entstehen neue Arbeits- des Abbaus von Ausbildungsplätzen anhält. Wir müssen plätze. Deshalb ist die Arbeit meines Hauses schwer- unser Ziel erreichen, dass jeder junge Mann und jede punktmäßig auf die Unterstützung des innovativen Mit- junge Frau in Deutschland, die eine berufliche Ausbil- telstandes, auf die Verbreiterung von Informations- und dung wahrnehmen wollen und können, dazu auch einen Kommunikationstechnologien sowie auf die Bereiche Ausbildungsplatz erhalten. Lassen Sie uns für dieses Ziel der Energie- und der Luftfahrtforschung gerichtet. W ir zusammenarbeiten! haben dazu im Haushalt rund 1 Milliarde Euro vorgese- hen, allein für kleine und mittlere Unternehmen circa Ich bin sehr froh darüber, da ss das Signal, das der Bun- eine halbe Milliarde Euro, davon – weil Sie sich auf Ost- deskanzler gegeben hat, of fensichtlich verstanden wor- deutschland bezogen haben, Herr Kollege – etwa die den ist. In München konnte ich Gespräche mit den vier Hälfte für die ostdeutschen Unternehmen. großen Wirtschaftsverbänden Deutschlands führen. Sie werden eine, wie dies heutzutage heißt, Task Force ein- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten richten und gemeinsam mit der Bundesregierung sowie des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) 2882 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Bundesminister Wolfgang Clement (A) Wir haben eine ganze Menge weiterer Punkte ange- anträge vor, über die wir zuerst abstimmen. Ich weise (C) packt, zum Beispiel das Ladenschlussgesetz und das Ge- darauf hin, dass das V erlangen der Fraktion der CDU/ setz gegen den unlauteren Wttbewerb. e Hier leiten wir CSU auf namentliche Abstimmung über einen ihrer Än- Reformschritte ein; Sonderaktionen des Handels zum derungsanträge zurückgezogen wurde. Beispiel werden in größerem Rahmen erlaubt sein. Der Bundeskanzler, der französische Präsident und der briti- Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf sche Premierminister werden eine neue industriepoliti- Drucksache 15/648: Wer stimmt dafür? – W er stimmt sche Initiative auf europäischer Ebene einleiten, die dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist nichts anderes zum Ziel hat, als die W ettbewerbsfähig- mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der keit der europäischen Unternehmen zu sichern, die CDU/CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden frak- Märkte zu öffnen, neue bürokratische Auflagen für die tionslosen Mitglieder abgelehnt. Industrie zu verhindern und eine bessere V ermarktung Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf von Forschungsergebnissen zu erzielen. Drucksache 15/649: Wer stimmt dafür? – W er stimmt Frau Präsidentin, ich bitte um V ergebung, dass ich dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist meine Redezeit schon überschritten habe; ich komme mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der zum Schluss meiner Ausführungen. Meine Damen und CDU/CSU bei Zustimmung der beiden fraktionslosen Herren, wir haben uns viel vor genommen. Jetzt kommt Mitglieder abgelehnt. es darauf an, diese Maßnahmen nicht kaputtzureden, sondern sie auch tatsächlich umzusetzen. Das ist meine Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Druck- dringende Bitte an uns. Die Lage am Arbeitsmarkt und sache 15/690: Wer stimmt dafür? – W er stimmt dage- die Notwendigkeit der konsequenten Modernisierung gen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den unserer sozialen Marktwirtschaft verpflichten uns alle Stimmen der Koalition und der beiden fraktionslosen dazu. Es geht um nicht weniger als um die Sicherung der Mitglieder gegen die Stimmen der CDU/CSU und FDP wirtschaftlichen und sozialen Zukunft Deutschlands, um abgelehnt. die Sicherung des Wohlstandes für alle, um soziale Ge- Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Druck- rechtigkeit und Chancengleichheit, um unser Modell ei- sache 15/691: Wer stimmt dafür? – W er stimmt dage- ner modernen und sozialen Gesellschaft. gen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Seit der Regierungserklärung des Bundeskanzlers Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/ habe ich eine Reihe von Gesprächen mit V ertretern der CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslo- führenden Wirtschaftsverbände, mit Gewerkschaftern in sen Mitglieder abgelehnt. München, Düsseldorf und vielen Regionen der Bundes- (B) Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Druck- (D) republik geführt. Diese Gespräche haben mich sehr er- sache 15/692: Wer stimmt dafür? – W er stimmt dage- mutigt. Alle haben noch Wünsche und Kritik geäußert, gen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den aber ich habe den Eindruck, dass die Bereitschaft zu ei- Stimmen der Koalition und der beiden fraktionslosen ner großen Kraftanstrengung in Deutschland, dazu, alles Mitglieder gegen die Stimmen der CDU/CSU und der Sonstige zurückzustellen und sich auf das zu konzentrie- FDP abgelehnt. ren, was jetzt zu entscheiden ist, besteht. Was diese vor- tragen, unterscheidet sich in Wahrheit nicht sehr von Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Druck- dem, was die Bundesregierung vor gelegt hat. Sie be- sache 15/693: Wer stimmt dafür? – W er stimmt dage- schäftigen sich nicht bei jedem Problem mit der Frage, gen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den wie ich dem Nächsten ein Bein stelle. V ielmehr wird Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/ sich mit der Frage beschäftigt: W ie kommen wir zum CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslo- Ziel, die Modernisierung der modernen Marktwirtschaft sen Mitglieder abgelehnt. in der Bundesrepublik Deutschland voranzubringen? Änderungsantrag der Abgeordneten Dr . Gesine Ich bin davon überzeugt, dass wir erfolgreich sein Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/663: Wer werden. Ich bin auch davon überzeugt – das habe ich stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – schon gesagt –, dass sich niemand von Ihnen den jetzt Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD, fälligen Entscheidungen entziehen kann. Wir sollten es Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU und FDP gegen die anpacken. Stimmen der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Änderungsantrag der Abgeordneten Dr . Gesine (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/664: Wer DIE GRÜNEN) stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit demselben Er gebnis wie der vorhergehende Antrag abgelehnt. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Ich schließe die Aussprache. Änderungsantrag der Abgeordneten Dr . Gesine Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/665: Wer Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel- stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – plan 09, Bundesministerium für W irtschaft und Arbeit, Der Änderungsantrag ist mit demselben Er gebnis wie in der Ausschussfassung. Es liegen mehrere Änderungs- die beiden vorhergegangenen Anträge abgelehnt. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2883

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel- Wenn man sich die Situation im Irak anschaut, dann (C) plan 09 in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? – wird man feststellen: Saddam Hussein ist ein furchtba- Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Einzel- rer Diktator. Er hat zweimal seine Nachbarn überfallen. plan 09 ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Er verfügte über Massenvernichtungswaffen und es Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP so- gab den begründeten V erdacht, dass er auch weiterhin wie der beiden fraktionslosen Mitglieder Dr . GesineMassenvernichtungswaffen habe. Aus all diesen Grün- Lötzsch und Petra Pau angenommen. den hat man gegenüber dem Irak seit dem ersten Golf- krieg eine Containment-Politik aufrechterhalten, hat Ich rufe nun Punkt I. 14 auf: Flugverbotszonen eingerichtet und ein scharfes Embargo Einzelplan 05 verhängt, Letzteres auch mit fatalen Konsequenzen für Auswärtiges Amt weite Teile der Bevölkerung. – Drucksachen 15/555, 15/572 – Man hat in der ganzen Zeit aber keine Appeasement- Politik gegenüber dem Irak gemacht. Dennoch hat man Berichterstattung: sich im Sicherheitsrat entschieden, eine neue Resolution Abgeordnete Antje Hermenau zu formulieren. Die Resolution 1441 hat dazu geführt, Lothar Mark dass die Inspektoren wieder ins Land kamen. Die In- Herbert Frankenhauser spektoren haben bei ihrer Arbeit Fortschritte gemacht. Jürgen Koppelin Der Irak hat nur zögerlich kooperiert, am Anfang mehr Es liegen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ schlecht als recht. Dennoch ist es mit dem Instrument CSU und zwei Änderungsanträge der Fraktion der FDP der Inspektionen gelungen, das Risiko zu minimieren. vor. Kann man eine zögerliche Kooperation allen Ernstes als Kriegsgrund anführen, wenn gleichzeitig die Kontrolle Nach einer interfraktionellen V ereinbarung sind für verstärkt und das Risiko reduziert wurde? Wir meinen: die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich eindeutig Nein. höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ich eröffne die Aussprache. Diejenigen Kolleginnen und bei der SPD) und Kollegen, die an dieser Debatte nicht teilnehmen Es hat sich gezeigt, dass das Mittel der Inspektionen wollen, bitte ich, umgehend den Saal zu verlassen. Das wirkt. Es wird aber immer gesagt, es wirke nur in V er- Wort hat der Bundesminister des Auswärtigen, Joseph bindung mit einer militärischen Drohkulisse. Am heuti- Fischer. gen Tag müssen wir das allerdings hinterfragen. W er in (B) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den letzten T agen amerikanische Zeitungen wie die(D) und bei der SPD) „Washington Post“, die „New York Times“ oder das „Wall Street Journal“ gelesen hat, für den ist es klar und Joseph Fischer, Bundesminister des Auswärtigen: eindeutig, dass es sich um einen militärischen Aufbau gehandelt hat, der mehr ist als Drohkulisse und eine ent- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich sprechende Wirkung hatte. denke, es geht mir so wie den anderen Kollegen: Es fällt mir schwer, am heutigen T ag eine sicherlich wichtige, In diesem Zusammenhang wird auch die Begrenztheit aber dennoch übliche Haushaltsdebatte zu einem Einzel- der Vorwürfe deutlich, die gestern die Oppositionsführe- plan zu führen. Angesichts des Beginns der ersten Mili- rin, Frau Merkel, gegenüber dem Bundeskanzler und die täraktionen gilt das, was Kofi Annan gestern bei der Sit- Bundesregierung erhoben hat. Solche Vorwürfe gegen- zung des Sicherheitsrats de r Vereinten Nationen gesagt über der Bundesregierung zu erheben halte ich für hat, nämlich dass dies ein trauriger Tag ist. Ich möchte schlichtweg abwegig. hinzufügen: Für mich und die Bundesregierung ist dies (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine bittere Nachricht; denn Krieg ist die schlechteste al- und bei der SPD) ler Lösungen. Es hat eine friedliche Alternative zu dieser Entschei- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dung zum Krieg gegeben. Das wurde gerade am gestri- und bei der SPD sowie der Abg. Dr . Gesine gen Tag wieder klar. Hans Blix hatte eine Entscheidung Lötzsch [fraktionslos] und der Abg. Petra Pau bezogen auf die al-Samud-Raketen getrof fen. Diese Ra- [fraktionslos]) keten waren Teil des entsprechend der Sicherheitsratsre- solution vorgelegten Berichts. Die Inspektoren haben ge- Krieg darf immer nur letztes Mittel sein. Diese Bun- arbeitet und eine Reichweitenüberschreitung festgestellt. desregierung hat sowohl im Kosovo wie auch in Afgha- Nach Feststellung dieser Reichweitenüberschreitung war nistan keine Alternative hierzu gesehen und hat, so klar, dass die Raketen abgerüstet, zerstört werden muss- schwer es ihr gefallen ist, zu diesem letzten Mittel ge- ten. Hans Blix hat den Beginn der Zerstörung auf den griffen. Bevor man aber zu diesem letzten Mittel greifen 1. März terminiert und das Prozedere festgelegt. kann, bedarf es immer der Klärung, welches Risiko be- steht und ob tatsächlich alle friedlichen Mittel ausge- Ich bin mir sicher: Hätte sich Saddam Hussein damals schöpft sind. Das sind vor allen Dingen die Gründe, wa- ablehnend verhalten, wären wir schon wesentlich früher rum die Bundesregierung diesen Krieg ablehnt und sich in eine Militäraktion geraten. Als die Inspektionen posi- nicht daran beteiligen wird. tiv zu wirken begannen – bis heute sind über 70 dieser 2884 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Bundesminister Joseph Fischer (A) Raketen zerstört worden –, hieß es plötzlich, dass das ir- dacht stehen oder bei denen man schon begründete Hin- (C) relevant sei. Gestern hat jedoch Hans Blix auf genau die- weise hat, dass sie Massenvernichtungswaf fen haben, ser Grundlage seinen konkreten Arbeitsbericht vor ge- gegründet wird? Müssen wir nicht vielmehr darauf set- legt. zen – das ist die Auf fassung der Mehrheit im Sicher- heitsrat –, dass die Strukturen und Instrumente, die wir Warum sage ich Ihnen das alles? Ich tue das, weil ich jetzt entwickelt haben und die an die Vereinten Nationen der festen persönlichen und politischen Überzeugung angebunden sind, uns mehr Sicherheit geben? Ein wirk- bin, dass wir die Chance gehabt haben, den Irak friedlich sames Nichtverbreitungsregime soll die neuen Gefah- umfassend abzurüsten und die Gefahr , die aufgrundren und Risiken tatsächlich bekämpfen, Grundlagen da- möglicher Massenvernichtungswaffen von dort ausge- für sollen aber nicht die individuellen Entscheidungen gangen ist, zu beseitigen. einer einzelnen Macht, sondern die zu entwickelnden ge- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN meinsamen Regeln kollektiver Sicherheit und entspre- und bei der SPD) chende Instrumente sein. Das ist die Position der Bun- desregierung. Man muss hier ebenfalls klar sagen – das habe ich schon mehrfach getan –: Wir hätten damit allerdings nicht die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Beseitigung Saddam Husseins von der Macht erreicht. und bei der SPD) Dies war aber auch niemals Gegenstand der Sicherheits- Unsere tiefe Sor ge gilt demSchicksal der Men- ratsresolution und der Politik, die der Sicherheitsrat ver- schen. Wir alle hof fen – ich möchte ausdrücklich die treten hat. eingesetzten Soldaten einbeziehen –, dass die Kampf- Ich komme zu dem entscheidenden Punkt: Warum ist handlungen möglichst schnell beendet werden und vor es nicht gelungen, die Kluft im Sicherheitsrat zu über- allen Dingen die Zivilbevölkerung, die in den vergange- winden? Ich verstehe die begrenzte innenpolitische Sicht nen Jahrzehnten unter diesem Diktator , aber auch unter und das innenpolitische Kalkül nicht, mit der hier der anderen Bedingungen genug zu leiden hatte, geschützt Bundesregierung Vorwürfe wegen einer zu frühen Fest- wird. Auf keinen Fall – das betone ich nochmals – darf legung und Ähnlichem gemacht werden. Mit den objek- es zu einem Einsatz von Massenvernichtungswaffen tiven Fakten hat dies nichts zu tun. kommen und auf keinen Fall darf es zu einem Angrif f auf Israel kommen. Ich hof fe, darin sind wir uns völlig (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einig. und bei der SPD) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wir haben es im Sicherheitsrat gestern wieder erlebt: An und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der (B) den Mehrheitsverhältnissen im Sicherheitsrat hat sich CDU/CSU und der FDP) (D) auch nach monatelanger De batte und sehr schwierigen Situationen für einzelne Mitglieder tatsächlich nichts ge- Anders als in früheren Zeiten war es für die Bundesre- ändert. Die Mehrheitsverhältnisse sind so geblieben, wie gierung eine Selbstverständlichkeit, dass wir auf An- sie zu Anfang waren. Die eindeutige Mehrheit im Si- frage Patriot-Raketen nach Israel geliefert haben. cherheitsrat ist genauso wie die Bundesregierung, die für Es muss alles getan werden – das hat gestern ein be- die Bundesrepublik Deutschland im Sicherheitsrat ver- eindruckender Beitrag von Kofi Annan zum Ende der Si- treten ist, der Meinung, dass es ein Fehler ist, zu militäri- cherheitsratssitzung klar gemacht –, um eine humani- schen Mitteln zu greifen, weil sich die friedlichen Mittel täre Katastrophe zu verhindern. noch nicht erschöpft haben. Auch das hat der gestrige Tag klar gemacht. Man muss doch endlich einmal zur (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kenntnis nehmen, dass die eindeutige Mehrheit im Si- und bei der SPD) cherheitsrat dagegen ist. Die Vereinten Nationen haben auf diesem Gebiet in Das hat nichts damit zu tun, dass sich ir gendjemand den vergangenen Jahren Großes geleistet. Über zu früh festgelegt hat, er isoliert werden soll oder Ähnli- 2 Millionen Menschen waren und sind direkt von den ches mehr. Es sind teilweise engste Partner – so wie Nahrungsmittellieferungen der Vereinten Nationen ab- wir – der Vereinigten Staaten von Amerika, etwa Me- hängig. Gerade die Schwächsten – Kranke, Alte, Behin- xiko und Chile. Es sind keine Länder, an deren Bezie- derte und Kinder – sind auf diese Lieferungen angewie- hungen zu den V ereinigten Staaten auch nur ein Jota sen. Deshalb kommt es ganz entscheidend darauf an, Zweifel bestehen kann, wie dies bei den Europäern eben- dass wir hier unser Engagement verstärken. Ich möchte falls nicht der Fall ist. Man muss doch feststellen, dass mich schon jetzt für die Zusage aus den Fraktionen recht dies gravierende Argumente sind. herzlich bedanken, dass diese Verstärkung Realität wird; denn wir müssen alles tun, um eine humanitäre Katastro- Ich trage das hier deshalb nochmals vor , weil ichphe zu verhindern. glaube, dass das über den Tag hinaus von großer Bedeu- tung ist. Ich will Ihnen auch sagen, warum: Selbst wenn Entscheidend aber ist, dass der Sicherheitsrat und die ich nicht das negativste Bedrohungsszenario zugrunde VN die zentralen Instanzen bleiben. Gleiches gilt für die lege, wird das nicht die letzte Problemlage dieser Art auf Verhandlungen über eine politische Lösung und die Wie- dieser Welt sein. Das wissen Sie so gut wie wir . Heißt derherstellung des Friedens in der Region. Das ist von das in der Konsequenz, dass die neue Weltordnung auf entscheidender Bedeutung, wenn wir tatsächlich ein Abrüstungskriege gegenüber Diktatoren, die in dem Ver- Ende der Bedrohungen erreichen wollen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2885

Bundesminister Joseph Fischer (A) Ein kurzer Rückblick. Ich habe nach den Ereignissen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (C) vom 11. September bei meinen Besuchen in W ashing- und bei der SPD) ton am 18. und 19. September versucht, eine Diskussion über mögliche Defizite zu führen. Der eine oder andere Denn wenn Europa für einen erweiterten Sicher- Kollege von Ihnen weiß das; denn wir haben unter vier heitsbegriff steht, wenn Europa für Multilateralismus oder manchmal unter sechs Augen mit V ertretern dersteht, für eine kooperative neue Weltordnung, dann muss Opposition darüber gesprochen. Ich kenne also Ihre Be- Europa auch in der ganzen Breite die Möglichkeiten und den politischen Willen, die Institutionen und die Fähig- denken und Sorgen. Wenn es nach dem 1 1. September keiten haben, um dieses zu leisten. Das wird ganz ent- ein Defizit gegeben hat, dann ist die entscheidende Frage scheidend von unserem Land als dem größten Mitglied- nicht, ob sich die W elt angesichts der neuen Bedrohun- staat der Europäischen Union mitgestaltet werden. gen verändern muss, sondern wie sie sich verändern muss. Diese strategische Diskussion muss über den T ag hi- naus geführt werden und sie muss dann zu Entscheidun- Die strategische Debatte im transatlantischen Raum gen führen. Gerade am heutigen T ag werden die Staats- hat eben nicht stattgefunden. Das ist meines Erachtens und Regierungschefs, wenn sie zusammentreten, dieses das entscheidende Problem. Darüber werden wir uns nicht vergessen dürfen. auch nicht mit historischen Reminiszenzen – dabei wende ich mich an die größere Oppositionsfraktion – Ich sage nochmals: Für mich ist das eine bittere Nach- hinwegretten können. W ir müssen begreifen, dass wir richt, weil eine friedliche Alternative praktisch vorhan- mit unserer strategischen Orientierung nicht alles hin- den war. nehmen müssen. Mir geht es nicht um Polemik. Aber (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Unglaub- man muss doch sehen, dass es in nahezu allen Demokra- lich!) tien außerhalb der USA massive Widerstände der Be- völkerung gegen den Krieg gibt. Das gilt für die engsten – Was ist daran unglaublich? lateinamerikanischen Verbündeten ebenso wie die engs- ten europäischen Verbündeten. (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Eine friedli- che Alternative sei praktisch vorhanden gewe- Diese Widerstände reflektieren genau dieses Diskus- sen! – Gegenruf von der SPD: Schämen Sie sionsdefizit. Wie soll eine neue Weltordnung gestaltet sich doch einmal!) werden? Soll sie kooperativ sein? Soll sie auf multilate- – Ich habe gerade ausführlich dargestellt, dass die Mehr- raler Grundlage aufgebaut werden? Oder ist es eine uni- heit im Sicherheitsrat das so gesehen hat. laterale Weltordnung, die substanzielle Unterschiede (B) entlang der Machtverteilung macht? Über diese Fragen (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Und was ha- (D) müssen vor allen Dingen die Europäer diskutieren, und ben die erreicht?) zwar nicht in Konfrontation mit den USA, sondern es geht darum, unsere eigenen Fähigkeiten zu entwickeln. – Entschuldigung, diesen Zwischenruf verstehe ich jetzt wirklich nicht. Ihr Zwischenruf behauptet ja, dass eine Ich finde es überhaupt nicht schlimm, dass die Euro- friedliche Abrüstungsperspektive nicht bestanden hätte päer erkennen, dass sie in dieser Frage noch nicht einig und das, was Blix und al-Baradei uns vor gelegt haben – sind. Die Europäische Union ist an Krisen und neuen –, ja, was soll es gewesen sein? Herausforderungen immer gewachsen. Ich füge aus- (Dietmar Nietan [SPD]: Dann muss er es auch drücklich hinzu: Ich verstehe nur zu gut die andere Sicht so sagen!) vieler Osteuropäer, vor allen Dingen die unserer polni- schen Freunde. Angesichts der Erfahrung mit vier polni- Blix hat gesagt: Nicht W ochen, nicht Jahre fehlen uns, schen Teilungen, mit Russland und auch mit uns ist es was wir brauchen, sind Monate. Diese Chance hat be- selbstverständlich, dass sie eine andere Sichtweise ha- standen. Wenn Sie das Gegenteil behaupten wollen, ben. Gerade wir Deutsche wissen aus unserer eigenen dann sollten Sie es hier tun. Erfahrung mit dem Zusammen wachsen nach der deut- schen Einheit, welche Schwierigkeiten bestehen, welche (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Geduld und welche Sensibilität im Aufeinanderzugehen und bei der SPD) notwendig sind. Nein, es ist ein bitterer T ag. Unsere Sor ge gilt den Menschen. Wir wünschen uns und hof fen, dass dieser Diese größere Union wird eine zerklüftetere Union Krieg möglichst schnell zu Ende geht. Unsere tiefe werden. Bis sich die 50-jährige T eilung Europas über- Sorge gilt der Abwendung einer humanitären Katastro- winden lässt, wird sehr viel Erfahrung notwendig sein. phe. Im Rahmen und unter der Leitung der VN wollen Eine neue Generation wird entstehen müssen. Das setzt wir das Unsere dazu beitragen, dass es dazu nicht aber auch voraus, dass wir gleichzeitig stabile, diese grö- kommt. ßere und schwierigere Union integrierende Institutionen schaffen. Das ist die Voraussetzung. Damit stehen wir als Darüber hinaus wollen wir eine multilaterale Weltord- Europäer natürlich vor einer größeren, auch globalen nung, wir wollen starke Vereinten Nationen. Ich halte die Verantwortung. Das ist auch eine der Konsequenzen der These, der Sicherheitsrat sei geschwächt worden, Erfahrungen der letzten Monate. Dieser Verantwortung schlicht für falsch. Starke V ereinte Nationen setzen vo- müssen wir gerecht werden. raus, dass die Europäer zusammenfinden und das Ihre 2886 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Bundesminister Joseph Fischer (A) dazu beitragen, dass eine multilaterale Weltordnung auf wichtig ist, dann muss man sich mit der Frage beschäfti- (C) kooperativer Sicherheitsgrundlage Wirklichkeit wird. gen, wie viel Vertrauen in den vergangenen Monaten im transatlantischen Verhältnis zerstört worden ist. (Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Es gibt einen berühmten Briefwechsel aus den 30er - Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Jahren zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud. In Der nächste Redner ist der Kollege Dr . Wolfgangdiesem Briefwechsel hat Freud darauf hingewiesen, dass Schäuble, CDU/CSU-Fraktion. das Verhältnis zwischen Staaten wie das zwischen Perso- nen ist. Sie können noch so viel miteinander reden, (Beifall bei der CDU/CSU) manchmal hilft es nicht. Oft ist es sogar so, dass sie umso mehr Vertrauen zerstören, je mehr sie miteinander Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU): reden. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Weil dies so ist, auch im Verhältnis zwischen Staaten, Herren! Es ist wirklich ein trauriger Tag. Der Beginn ei- sage ich: Es wird ganz wichtig sein, beschädigtes V er- nes Krieges ist immer auch ein Scheitern von Politik trauen im atlantischen V erhältnis wieder herzustellen. und Diplomatie. Deswegen haben wir uns heute zwi- Das Vertrauen beginnt damit, dass man sich gegenseitig schen den Fraktionen vorgenommen, dass wir dies in der besser versteht. In dieser Debatte hat ein Teil der Euro- Art, wie wir die Debatte führen, auch in der Tonart, zum päer und Amerikaner fast aneinander vorbeigeredet. Ausdruck bringen wollen. Deswegen will ich gleich hin- zufügen: Der Bundeskanzler hat gestern gesagt, wir soll- Die Amerikaner haben eine andere Einstellung zu der ten nicht in erster Linie über völkerrechtliche Fragen, bei Frage, was Krieg bedeutet. Sie haben nie die Opfer in denen man unterschiedlicher Meinung sein kann, strei- der Zivilbevölkerung so erlebt wie die Europäer . Die ten, es sei eine politische Frage. Dem stimme ich zu. Vereinigten Staaten von Amerika leben seit ihrer Grün- Deswegen will ich noch nicht einmal über die Auf fas- dung in dem festen Glauben, dass man bei genügend sung streiten, die der Bundeskanzler gestern zu der Entschlossenheit und Einsatz – das ist etwas Großartiges Frage einer Bundestagsbefassung bezüglich des Einsat- bei den Amerikanern – Proble me auch lösen kann. Die zes deutscher Soldaten bei den ABC-Abwehreinheiten in Europäer sind durch Erfahrungen skeptischer geworden. Kuwait und den AWACS-Systemen über der Türkei ver- Heute steht in einer der großen Tageszeitungen, dass treten hat. Darüber will ich keine verfassungsrechtliche die deutsche politische Kultur bezüglich des Friedens viel Debatte führen. damit zu tun hat, dass uns durch die Amerikaner 50 Jahre (B) (D) Ich will aber hinzufügen, dass es dazu unterschiedli- lang der Schutz der äußeren Sicherheit abgenommen che verfassungsrechtliche Auffassungen gibt. Deswegen worden ist. Auch das hat etwas mit unserer politischen habe ich eine Bitte an die Bundesregierung: W ir dürfen Kultur zu tun. die eingesetzten S oldaten im Interesse von Rechtsklar- Wenn wir mehr V ertrauen herstellen wollen, sollten heit und wegen unserer Fürsor gepflicht für sie nicht in wir einander besser verstehen. Das ist ganz wichtig. Ich einer rechtlichen Grauzone belassen. Ich bitte Sie daher, glaube, wir haben die Amerikaner nicht ausreichend ver- eine Bundestagsbefassung zu ermöglichen. standen. Es mag wohl sein, dass auch die Amerikaner (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) uns nicht in allem richtig verstanden haben. W enn wir aber wirklich lernen wollen, müssen wir auf beiden Sei- Ich sage Ihnen die Zusti mmung der CDU/CSU-Bundes- ten voneinander lernen. tagsfraktion zu. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wenn etwas gescheitert ist, kann man vielleicht in ei- ner nicht konfrontativen Debatte versuchen, aus dem Wir dürfen einen weiteren Aspekt nicht unterdrücken, Scheitern Lehren zu ziehen. Es ist ganz sicher geschei- wir müssen ihn vielmehr aussprechen, damit nicht der tert, im Weltsicherheitsrat zu einer einheitlichen Position Eindruck entsteht, der Streit bestünde in erster Linie zwi- zu kommen. Eine einheitliche, gemeinsame Position des schen den verschiedenen Mitgliedern des W eltsicher- Weltsicherheitsrates wäre die Voraussetzung dafür gewe- heitsrates: Bei der Resolution 1441 war sich der Weltsi- sen, maximalen Druck auf Saddam Hussein auszuüben. cherheitsrat noch einig, dass von dem verbrecherischen Das ist nicht gelungen. Regime Saddam Husseins eine Gefahr für den W eltfrie- den ausgeht. Wir dürfen auch in der Sorge um die Opfer Wenn sich verschiedene Seiten nicht einigen können, des Krieges in dieser Debatte nicht ver gessen, dass be- ist es meistens so, dass der Streit darüber, wer welche reits mehr als 1 Million Menschen Opfer des verbreche- Schuld daran hat, nicht weiterbringt. Im Zweifel ist es rischen Regimes Saddam Husseins geworden sind. W er so, dass beide Seiten, die sich nicht einigen konnten, ihre dies nicht sagt, der verschiebt die Achse ein wenig; das Beiträge zu einem solchen Streit geleistet haben. V iel- gehört dazu. leicht ist die Stunde gut, darüber nachzudenken, was von beiden Seiten hätte getan werden können. (Beifall bei der CDU/CSU) Wir brauchen eine stärkere Kooperation, wenn wir Der deutsche Außenminister, Herr Fischer, hat immer eine multipolare W eltordnung aufbauen wollen. W enn wieder gesagt: Die Frage von Krieg und Frieden liegt das transatlantische Verhältnis dazu alternativlos letzten Endes allein in den Händen von Saddam Hussein. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2887

Dr. Wolfgang Schäuble (A) Sie sollten das auch heute und mor gen wieder sagen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (C) Saddam Hussein trägt die V erantwortung dafür und neten der FDP – Hubertus Heil [SPD]: Das hat Saddam Hussein ist die Gefahr für den Weltfrieden. Es ist kein Mensch gesagt, Herr Kollege! – Zuruf traurig, dass es nicht gelungen ist – das ist auch unser Ziel von der SPD: Das ist eine Unterstellung!) gewesen –, ihn mit friedlichen Mitteln zu entwaffnen. Da- mit sind wir gescheitert. Aber die Verantwortung liegt in – Letzte Woche war der polnische Außenminister hier. aller erster Linie bei Saddam Hussein. Unsere osteuropäischen Nachbarn verstehen die europäi- sche Einigung eben nicht nur als W irtschaftsgemein- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- schaft, sondern zuerst und vor allem als Sicherheitsver- neten der FDP – Hans Büttner [Ingolstadt] bund. Wenn sie vor die Alternative Europa oder [SPD]: Bush und Cheney haben auch eine Ver- atlantische Gemeinschaft gestellt werden, werden sie sich antwortung!) für die atlantische Gemeinschaft entscheiden. Deshalb darf man diese Alternative nicht aufbauen. – Ich würde sehr dafür werben, Herr Kollege Büttner – da- mit wir heute nicht streiten müssen –, darüber nachzuden- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- ken, ob es klug ist, den amerikanischen Präsidenten Bush neten der FDP) und den verbrecherischen irakischen Diktator Saddam Nach dem Ersten W eltkrieg gab es schon einmal Hussein auf eine Stufe zu stellen. Bemühungen, Europa zu einigen. Das ist nicht neu. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Coudenhove-Calergi ist in diesem Zusammenhang ein neten der FDP – Zuruf von der SPD: Das tut berühmter Name. Stresemann und Briand haben es auch doch niemand!) versucht. Es ist nicht gelungen, nicht zuletzt deshalb, weil sich die Amerikaner nach dem Ersten W eltkrieg zu – Wenn Sie das nicht so meinen, sollten Sie mit solchen schnell aus Europa zurückgezogen haben. Zwischenrufen aufhören. Deswegen sage ich: Ich rate, das nicht zu tun. (Dr. Werner Hoyer [FDP]: So ist es!) Nach dem Zweiten Weltkrieg sind sie auf dem euro- Wenn wir uns im atlantischen Verhältnis gegenseitig päischen Kontinent geblieben und die europäische Eini- besser verstehen wollen, muss sich jeder darum bemü- gung ist eine große Erfolgsgeschichte geworden. Sie ist hen, Missverständnisse zu vermeiden. Dafür werbe ich. aber in der untrennbaren Verbindung mit der atlantischen Ich will eine Bemerkung zu der Frage machen: W as Partnerschaft zu dieser Erfolgsgeschichte geworden. Zur können wir in der Zukunft besser machen, damit wir aus Westintegration gehörte sowohl die europäische Eini- (B) der mangelnden Einigkeit ein wenig lernen und sich so gung als auch die atlantische Partnerschaft. Das muss (D) etwas nicht wiederholt? Es mag sein, dass amerikanische auch in Zukunft so bleiben; sonst können wir Europa Regierungen und Präsidenten Entscheidungen tref fen, nicht einigen. Wir können nicht einmal die Grenzen des die man nicht für richtig hält – ich glaube, dass man über Eisernen Vorhangs überwinden. Das gilt es aus den Er- die jetzt getroffene Entscheidung sehr wohl unterschied- fahrungen dieser Tage und Wochen festzuhalten. licher Meinung sein kann –, aber das ändert nichts daran, Europa ist nicht gegen Amerika, sondern Europa ist dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine der ver- gespalten. Das ist die Realität unter den europäischen lässlichsten und größten Demokratien in der Geschichte Regierungen. Das kann man an folgendem Beispiel se- und der verlässlichste und stärkste Partner sind, dass wir hen: Die osteuropäischen Länder, die künftig Mitglied in unserem eigenen Interesse auch in Zukunft alternativ- der EU sein werden – einer der größten T riumphe der los auf die enge, unverbrüchliche und von Vertrauen ge- Nachkriegspolitik ist ja, dass wir den Eisernen Vorhang tragene Partnerschaft mit Amerika angewiesen sind und in Europa überwinden können; jetzt haben wir die dass wir den Amerikanern unendlich viel verdanken. Chance, ganz Europa zu einigen –, waren über die Art (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- und Weise schockiert, wie mit ihnen und über sie geredet neten der FDP) wurde. Das war ganz gewiss kein guter Beitrag zur Eini- gung Europas; das will ich sagen. Wenn wir im atlantischen V erhältnis mehr Kooperation (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) erreichen wollen, muss das Vertrauen wieder hergestellt werden. Noch eine Bemerkung: Die deutsch-französische Zusammenarbeit bzw. Freundschaft ist für den europäi- Wir müssen uns als Europäer fragen, was schief ge- schen Einigungsprozess nun wirklich unverzichtbar. Wir laufen ist. Auch bei der Beantwortung dieser Frage bin von der CDU/CSU haben Kerneuropa – zusammen mit ich sehr zurückhaltend, möchte aber auf eine Erfahrung Karl Lamers habe ich für diesen Begrif f eine Art Copy- hinweisen, die in diesen Wochen und Monaten aufs right; ich weiß, dass wir alle ab und zu versucht sind, un- Neue gemacht worden ist – sodass man es hätte wissen sere Eitelkeit zu befriedigen – niemals als einen Kern können – und die es festzuhalten gilt. Herr Bundesau- verstanden, der spaltet, sondern es als ein Element be- ßenminister, wer die europäische Einigung als Alterna- griffen, das den Einigungsprozess voranbringt. So und tive zur atlantischen Partnerschaft oder als Gegenge- nur so darf die deutsch-französische Zusammenarbeit wicht zu den Vereinigten Staaten von Amerika versteht, verstanden werden. wird Europa nicht einen, sondern spalten. Das ist der Grundfehler dieser Politik. (Unruhe bei der SPD) 2888 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Dr. Wolfgang Schäuble (A) Mit allem Respekt: Mein Wahlkreis endet – ich sage das Welt eine stabilere Struktur gewinnt. Es geht um multila- (C) nur, damit Sie wissen, wer hier redet – an der Stadt- terale Führung und nicht um Unilateralismus. Unilatera- grenze von Straßbur g. Deswegen ist mir die deutsch- lismus wäre im Übrigen am Ende die größte Bedrohung französische Zusammenarbeit ein Herzensanliegen. für die Führungsmacht. Deswegen wäre Unilateralismus Aber die deutsch-französische Zusammenarbeit muss auch nicht im amerikanischen Interesse. Davon bin ich dem europäischen Einigungsprozess dienen. tief überzeugt. Frankreich hat in der Nachkriegsgeschichte aufgrund (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sehr richtig!) eigener geschichtlicher Erfahrungen und V oraussetzun- gen immer eine gewisse eigenständige Rolle gespielt. Frau Kollegin Sager, ich möchte auf das, was gestern Das war für Europa erträglich, weil Deutschland darauf vielleicht ein Missverständnis war, zurückkommen. Was bedacht war, die besondere Rolle und Bedeutung Frank- ist das Problem der neuen Bedrohung in der W elt des reichs mit dem atlantischen Engagement zu verbinden. 21. Jahrhunderts? Ich glaube, den alten Satz von Clause- Deswegen haben wir immer darauf geachtet, dass wir witz, dass der Krieg die Fortsetzung der Politik mit an- nicht vor die Alternative Paris oder London gestellt wur- deren Mitteln sei, können wir Europäer und wir Deut- den oder zwischen Paris und W ashington wählen zusche nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts so nicht müssen; denn dann würde die deutsch-französische Zu- einfach hinnehmen und zum Bestandteil unserer Politik sammenarbeit der europäischen Einigung nicht nutzen, machen. sondern schaden. Die deutsch-französische Zusammen- (Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Dieser Satz war arbeit darf außerdem nicht als Möglichkeit verstanden aber auch anders gemeint!) werden, die kleineren Staaten in Europa zu bevormun- den. – Ja, Moment! Lassen Sie uns einen Moment überlegen! (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- In der Nachkriegszeit, in der bipolaren Ordnung des neten der FDP) Ost-West-Gegensatzes haben wir – mit großen Schwie- rigkeiten, mit vielen Risiken, aber am Ende nicht erfolg- Nun zu dem, was der Bundeskanzler gestern ange- los – die Fähigkeit hoch entwickelt, militärische Gewalt sprochen hat: Nicht die Tatsache, dass sich die französi- so einzusetzen, dass die bloße Drohung ihrer Anwen- sche und die deutsche Regierung auf gemeinsame V or- dung ausgereicht hat, das Ziel zu erreichen, militärische schläge verständigt haben, sondern die Art und W eise, Gewalt nicht anwenden zu müssen. Das hat – trotz vieler wie sie präsentiert wurden, hat die Einigung im Europäi- Sorgen und viel Emotionalisierung – am Ende funktio- schen Konvent nicht vorangebracht und hat Widerstand niert. hervorgerufen. Denn die anderen Länder haben gesagt: (B) Wir wollen nicht von Frankreich und Deutschland domi- (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer) (D) niert werden, sondern mitreden. Deswegen muss man Ich habe gesagt: Man muss die Fragen doch angehen; vorsichtig sein. Die deutsch-französische Zusammenar- die Antworten darauf müssen ja noch nicht richtig sein. beit, die für die Einigung Europas notwendig ist – ohne Darüber muss man reden. Aber man darf die Suche nach sie kommt in Europa nichts voran –, muss immer so aus- Antworten nicht verweigern. Von Ländern mit nicht vor- gestaltet werden, dass sich durch sie andere nicht abge- handener oder zerfallender staatlicher Ordnung geht stoßen oder bevormundet fühlen. Sie muss ein Motor für plötzlich eine neue Bedrohung für alle anderen Teile der die Einigung Europas sein. Dagegen ist in den letzten Welt aus. Damit verbunden ist das Problem von interna- Monaten verstoßen worden. Die Balance muss wieder tionalem Terrorismus, asymmetrischer Kriegsführung hergestellt werden. usw. Wie kann in einer solchen W elt mit militärischer (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Gewalt so umgegangen werden, dass die Androhung ih- neten der FDP) res Einsatzes ausreicht? Die von der gegenseitigen Dro- hung, sich zu vernichten, ausgehende Abschreckung al- Ein großes Europa – eine richtig verstandene deutsch- lein funktioniert nicht. Diesbezüglich stimme ich der französische Zusammenarbeit kann zu seinem Zustande- Analyse der Amerikaner zu. kommen gute Dienste leisten – muss einen Beitrag zu ei- ner starken transatlantischen Partnerschaft leisten. In der internationalen Ordnung ist es wie im Staat: Deswegen sollten wir uns, bevor wir ein Übermaß an Am Ende braucht das Recht immer die Macht zu seiner amerikanischem Potenzial kritisieren oder über die Ein- Durchsetzung; Recht ohne die Fähigkeit zur Durchset- grenzung der amerikanischen Hegemonie fabulieren, mit zung schafft keine Ordnung, schaf ft keinen Frieden, der Frage beschäftigen, welchen Beitrag wir Europäer zu schafft keine Gerechtigkeit, schafft keine Stabilität. einem ausbalancierten transatlantischen Verhältnis leis- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- ten können. Wir müssen also vor der eigenen Tür kehren neten der FDP) und müssen Europa politisch, wirtschaftlich und militä- risch stärker, einiger und handlungsfähiger machen. Das Auch deswegen sage ich: V on all den vielen Übeln, dient der atlantischen Partnerschaft. Nur so geht es. zwischen denen am Schluss zu wählen war, wäre das de- mütigende Scheitern der Vereinigten Staaten von Ame- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) rika für den Frieden in der Zukunft und für die Stabilität Wenn wir in der von mir beschriebenen Weise vorge- in der Welt möglicherweise ein noch größeres Risiko ge- hen, dann werden wir eine bessere Chance haben, die at- wesen als der Krieg, den wir jetzt erleben – selbst wenn lantische Partnerschaft auch dafür einzusetzen, dass die dieser Krieg auch mir ohne einen neuen Beschluss des Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2889

Dr. Wolfgang Schäuble (A) Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ein großes Risiko heimliche, unberechenbare neue Gefahr des globalen(C) zu sein scheint. Terrorismus ist. Jetzt hat die Durchsetzung dieses Krie- ges alles das, was da zusammen war , auseinander ge- Wenn wir eine auf Vertrauen gegründete multipolare sprengt. Mit anderen Worten: Genau das Gegenteil des- Weltordnung schaffen wollen, Herr Außenminister , sen, was eigentlich notwendig ist, ist jetzt eingetreten. dann brauchen wir die richtige Kombination aus Füh- rung der Amerikaner – wir verdanken der amerikani- Deswegen muss uns doch klar sein, dass wir eine prio- schen Führungsmacht viel; die Welt wäre weniger stabil ritäre Aufgabe haben: Wir müssen jetzt eine Umkehr or- und weniger friedlich, wenn wir die amerikanische Füh- ganisieren. Das ist das Gebot der Stunde. Dazu passen rungsmacht nicht hätten – und stärkerer Kooperation. keine Schuldzuweisungen, schon gar nicht diese unge- Dazu müssen die Europäer einen größeren Beitrag leis- heuerlichen von gestern, mit denen ausgerechnet diejeni- ten. Dazu brauchen wir mehr Vertrauen in den atlanti- gen, die bis zur letzten Minute versucht haben, den Frie- schen Beziehungen. den zu erhalten, und für ihn gekämpft haben, für das Scheitern verantwortlich gemacht werden. Das weisen (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) wir von dieser Stelle aus noch einmal in aller Schärfe zu- An diesem Tag drohen den unschuldigen Menschen rück. im Irak viele Opfer. Sie drohen ihnen, weil ein Diktator (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ nicht anders von seinem verbrecherischen Tun abzubrin- DIE GRÜNEN – Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: gen ist, obwohl ihn der W eltsicherheitsrat dazu in den Und was habt ihr alles gesagt? – Gegenruf des vergangenen zwölf Jahren mit einer Resolution nach der Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: anderen aufgefordert hat. Auch dieser Hinweis gehört Bitte Zurückhaltung! Infam war das!) dazu. Umkehr ist in der Tat notwendig. Wenn wir unserer V erantwortung an einem solchen Tag gerecht werden wollen, dann sollten wir die richtigen Jetzt werden Legenden gestrickt. Diese Legenden sind Lehren ziehen, damit wir es beim nächsten Mal wieder gefährlich, zum Beispiel die Legende über das Scheitern schaffen, dafür zu sorgen, dass verbrecherische Diktato- oder über die Unfähigkeit der Vereinten Nationen. Präsi- ren durch die Einigkeit der Europäer , der atlantischen dent Bush hat in seiner Rede am 17. März wörtlich ge- Partner, der zivilisierten Welt davon abgebracht werden, sagt: Der UN-Sicherheitsrat ist seinen V erpflichtungen ihr verbrecherisches T un fortzusetzen. Das muss die nicht nachgekommen. – Er hat der W eltöffentlichkeit Lehre an diesem Tag sein. noch einmal weismachen wollen, dass es einen Unter- schied gibt: auf der einen Seite Handlungsfähigkeit und Herzlichen Dank. Entschlossenheit bei den Vereinigten Staaten, auf der an- (B) (D) (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Bei- deren Seite Untätigkeit, Un fähigkeit zum Handeln bei fall bei Abgeordneten der FDP) den Vereinten Nationen. – Das ist eine Legende, die wir zurückweisen. Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gernot Erler. DIE GRÜNEN) Tatsache ist: Die V ereinten Nationen haben ihre Gernot Erler (SPD): Pflicht wahrgenommen. Es war die Pflicht, bis zur letz- ten Minute zu versuchen, eine Entwaf fnung des Irak Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ohne Krieg zu erreichen. W ir dankenKofi Annan und Ein Krieg hat begonnen und wir sind uns of fenbar einig den Chefinspekteuren Blix und al-Baradei und ihren darüber, dass er schon großen Schaden angerichtet hat, Leuten für ihren mutigen und zielstrebigen Einsatz in bevor er überhaupt richtig begonnen hat. Herr Kollege diesem Zusammenhang. Schäuble, auch wenn Sie heute Ihre Schuldzuweisungen in ruhigerem Ton und in einer anderen Weise vorgetra- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ gen haben als Ihre Parteivorsitzende gestern in diesem DIE GRÜNEN) Haus, können wir diesen Schuldzuweisungen nicht zu- Joschka Fischer, der Außenminister, hat mit Recht ge- stimmen. sagt: Wer auch nur die Dokumente der letzten T age und (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ jetzt den 83 Seiten langen Bericht von Blix noch einmal DIE GRÜNEN) liest, weiß: Es hat diese Chance wirklich gegeben. Die unaufhaltsame Vorbereitung dieses Krieges war Ich will etwas Grundsätzliches sagen. Es ist falsch, es, die wichtige internationale und globale Familien aus- dass Entschlossenheit zum Handeln erst anfängt, wenn einander gerissen hat: die Familie der Vereinten Natio- man das Gewehr anlegt. nen, die transatlantische Familie, die wachsende Familie (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ der Europäischen Union. Diese Risse gehen tief. Da wer- DIE GRÜNEN) den auch zwischen Freunden und Partnern Hassworte gewechselt und das ist die eigentliche T ragödie; dennDie Helden dieser fragilen W elt sind nicht die Kriegs- wir sind doch nach dem 11. September nicht ohne Grund herren, sondern die, die mit Geduld und auch mit politi- zusammengerückt – in dem Bewusstsein, dass nur dieses scher Durchsetzungskraft Wege aus der Gefahr aufzei- Zusammenrücken eine adäquate Antwort auf die un- gen und auch gehen. T atsache ist, dass die UN die 2890 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Gernot Erler (A) Chance, diesen Weg zu Ende und bis zum Erfolg zu ge- Selbstverteidigung in ein Erstschlagsrecht gegen andere (C) hen, einfach nicht bekommen haben. Sichtbar wird das Länder umgedeutet wird und damit nicht nur für den Fall zum Beispiel an den Al-Samud-Raketen. W as für eineiner unmittelbaren Bedrohung, sondern auch im Fall ei- Wahnsinn! 70 von 120 sind zerstört. Jetzt wird der Pro- ner potenziellen Bedrohung gilt. zess abgebrochen – vielleicht mit der Folge, dass die Es ist unser Recht und unsere Pflicht, eine Umkehr restlichen 50 mit zerstörerischer Kraft in einem Krieg von der Entwicklung zu einer Weltordnung, in der wir eingesetzt werden. W arum konnte diese Alternative nicht leben wollen, zu versuchen, wenn die internatio- nicht verfolgt werden? nale Gemeinschaft hier wieder gefordert wird. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Es handelt sich um etwas ganz anderes als um die Un- fähigkeit der Vereinten Nationen. Als die amerikanische Wir werden Hilfe leisten, um eine humanitäre Kata- Diplomatie den Versuch unternahm, den Sicherheitsrat strophe abzuwenden, auch indem wir die Entscheidung von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen, stand treffen, die Mittel für humanitär e Hilfe im Bundes- es 11 : 4 dagegen. Als die amerikanische Diplomatie den haushalt von 40 Millionen Euro auf 80 Millionen Euro Versuch aufgab, den Sicherheitsrat von der Notwendig- zu erhöhen. keit des Krieges zu überzeugen, stand es immer noch (Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Ach?) 11 : 4 dagegen. Das ist keine Krise der Vereinten Natio- nen; das ist eine Krise von Ar gumenten und Überzeu- Wir rechnen da mit Ihrer Mithilfe. W ir werden das ent- gungskraft und nichts anderes. weder im Einzelplan 60 oder durch eine Entscheidung im April dieses Jahres durchsetzen, auf jeden Fall durch Ich muss sagen: Ich habe großen Respekt – und eine Erwirtschaftung aus dem Gesamthaushalt. Ich bin möchte ihn vor diesem Haus zum Ausdruck bringen – Ihnen dankbar, dass Sie selber mit einem Antrag, der an- vor dem Verhalten dersechs Länder Mexiko, Chile, dere Größenordnungen enthält, hier eine Initiative ergrif- Pakistan, Angola, Kamerun und Guinea, die größtem fen haben. Druck widerstanden haben, die ein Beispiel gegeben ha- ben, die sich nicht verbogen haben und die etwas gege- Wir sind zu dieser Hilfe und zu neuer Kooperation be- ben haben, wovon wir in der künftigen Politik noch zeh- reit. Aber im gleichen Atemzug sage ich auch: Es gilt, ren können. Respekt für diese Haltung! dass wir uns jeder Arbeitsteilung verweigern werden, die dieser von mir eben beschriebenen Doktrin einer Ord- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ nung, in der es um Erstschlag geht, in irgendeiner Weise DIE GRÜNEN) (B) zur Durchsetzung verhilft. (D) Ich habe auch das Bedürfnis, dem Außenminister (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ meinen Respekt dafür auszudrücken, wie er mit Bot- DIE GRÜNEN) schafter Pleuger und seinem T eamin den letzten W o- chen im Rahmen der Vereinten Nationen gearbeitet hat. Das darf nicht die Folge unserer Hilfe und Kooperations- Er hat eine klare Linie vertreten, diese aber immer in ei- bereitschaft sein. nem Ton vorgetragen, der die wichtige Arbeit an einer Deswegen sage ich heute in dieser Situation: Wir set- Umkehr möglich macht. zen das Ziel der Umkehr, die wir über den Dialog, auch Die nächste Gelegenheit für die Vereinten Nationen den transatlantischen Dialog, organisieren müssen, mit wird kommen, meine Damen und Herren. Der amerika- aller Entschlossenheit auf die Tagesordnung. Wir tun das nische Präsident hat schon angedeutet, dass er die V er- gegen die Gefühle von Beklemmung und von Hilflosig- einten Nationen braucht. Er braucht sie, um eine huma- keit, die wir alle heute empfinden und die sich in den nitäre Katastrophe im Irak abzuwenden. Es gibt keine Stunden ausbreiten, in denen statt der Menschen die andere Organisation als die Vereinten Nationen, die über Waffen sprechen. ein Netzwerk zur Verteilung von Lebensmitteln und Me- Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. dizin in dieser Region verfügt. 60 Prozent der irakischen Bevölkerung waren schon in den letzten Jahren von die- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ sem Netzwerk abhängig. DIE GRÜNEN) Aber das bedeutet, es besteht die Möglichkeit und die Wahrscheinlichkeit, dass die Weltgemeinschaft wieder in Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: das politische Geschehen einbezogen wird. Wenn das der Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Werner Hoyer. Fall ist, dann hat diese Weltge meinschaft auch das Recht, die Frage nach der Umkehr zu stellen, die Frage zu stel- Dr. Werner Hoyer (FDP): len, ob es der richtige Weg ist, womöglich zu versuchen, eine ganze Region nach den eigenen V orstellungen um- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! zuorganisieren, und ob dieser Krieg in W irklichkeit die Meine Damen und Herren! Heute ist weiß Gott ein trau- Umsetzung, die Implementierung jener nationalen Si- riger Tag. Es ist Krieg. Eines Tages werden die Historiker cherheitsstrategie ist, die am 17. September letzten Jah- die Geschichte dieses Irakkrieges aufzuarbeiten versu- res vom amerikanischen Präsidenten genehmigt worden chen, werden versuchen, herauszufinden, was Ursachen ist und die bedeutet, dass das internationale Recht auf und was Konsequenzen waren. Sie werden sich verwun- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2891

Dr. Werner Hoyer (A) dert die Augen reiben, weil kaum nachzuvollziehen sein ralschäden, wie man sie so schön nennt, sind schon jetzt (C) wird, warum dieser Krieg tatsächlich oder vermeintlich sichtbar. Deutschlands Außenpolitik hat sich in den letz- unausweichlich geworden war , warum so viele Men- ten Jahrzehnten ausgerechnet auf diese drei Institutionen schenleben aufs Spiel gesetzt und geopfert worden sind, gestützt. Wir sind in der V ergangenheit sehr gut damit warum der Fortschritt von Jahrzehnten in den internatio- gefahren. Eben deshalb sollte uns klar sein, dass Schä- nalen Beziehungen – insbesondere was die Systeme ko- den an UNO, NATO und EU Schäden an deutschen Inte- operativer Sicherheit, mit den Vereinten Nationen an der ressen sind. Spitze, angeht – zurückgeworfen worden ist, warum sich die Völkergemeinschaft – insbesondere die V ereinten (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Nationen, Abteilung W eltsicherheitsrat und dort vor Die Historiker werden sich auch wundern, wie diese allem die ständigen fünf Mitglieder – so hat auseinander Kommunikationsunfähigkeit zustande kommen konn- dividieren lassen, warum das Gleiche leider auch für te. Sie liegt nicht nur daran, dass es offensichtlich man- NATO und Europäische Union gilt und warum wir auch chem in der amerikanischen Administration schwer fällt, so unehrlich miteinander umgehen. zuzuhören und gerade auf ein kritisches Ar gument von Ich bin davon überzeugt, dass die Möglichkeiten der Freunden und Partnern zu reagieren, sich damit auseinan- nicht militärischen Konfliktlösungen noch nicht voll der zu setzen. Es wird für die Menschen eines Tages auch ausgeschöpft waren. Umgekehrt sage ich: W ir müssen völlig unbegreiflich sein, wie es in Zeiten modernster doch zugestehen, dass die Fortschritte, die durch die In- Kommunikationstechnologien, ständiger Reisediploma- spekteure erzielt worden sind, nie möglich gewesen wä- tie und ständiger persönlicher Begegnungen möglich ist, ren ohne die militärische Drohkulisse, die aufgebaut dass die Führer der wichtigsten Nationen dieser W elt – worden ist. Diese beiden Dinge gehören doch zusam- Amerika und Deutschland zählen dazu – in kritischster men. Situation nicht in direktem Kontakt miteinander stehen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) der CDU/CSU) Sicherlich sind auf beiden Seiten Fehler gemacht wor- Meine Damen und Herren, es liegt ein Hauch von den. Man kann sich über die amerikanische Seite auch 1914 in der Luft. Nachträglich wird jeder sagen: Das hat kräftig beschweren. Aber was erwarten wir denn von ei- ja keiner so gewollt, das waren einfach die Umstände. nem amerikanischen P räsidenten, der gewissermaßen Ich denke aber, so einfach können wir es uns nicht ma- schon präventiv zu einem verantwortungslosen Abenteu- chen. Ich höre nie auf, daran zu glauben, dass Fehler rer abgestempelt wird und dessen Methoden von der doch noch vermieden werden können. Ich fürchte aber , deutschen Justizministerin mit den Methoden Hitlers (B) jetzt müssen wir uns darauf konzentrieren, das verglichen werden? Ich denke, auf beiden Seiten des At- (D) Schlimmste zu verhüten und Schadensbegrenzung zu be- lantiks, insbesondere auch bei uns, ist einiges an Auf- treiben; denn die Schäden werden beträchtlich sein. Man räumarbeit zu leisten. kann nur hoffen, dass sich die Zahl der Opfer unter der Meine Damen und Herren, ich habe das Gefühl, die Zivilbevölkerung wie unter den Soldaten in Grenzen deutsche Außenpolitik ist an drei Stellen dejustiert. Ei- hält. Es wird aber auch Schäden weit darüber hinaus ge- nige Punkte dazu hat Herr Schäuble schon aufgegriffen – ben. da kann ich es kurz machen. Bereits gestern ist klargestellt worden, dass wir Freien Ich möchte folgenden Punkt voranstellen. Ich glaube, Demokraten diesen amerikanischen Alleingang ohne dass es in den letzten Jahren ein gewisses Faszinosum neues Mandat nicht billigen können. Aber jetzt läuft der war, zu glauben, klassische Machtpolitik spielen zu Krieg. Daher ist es wünschenswert und in unserem Inte- können. Man hat geradezu das Leuchten in den Augen resse, dass das Ziel, diesen widerwärtigen V erbrechereiniger Beteiligter gesehen, als es darum ging, die Zehn Saddam Hussein zu entwaffnen, schnell und unter In- im Weltsicherheitsrat aufzumischen kaufnahme nicht zu vieler Opfer erreicht werden kann. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist Ich fürchte, unsere amerikanischen Freunde haben ei- doch Unsinn, Herr Hoyer! Quatsch!) nen Fehler gemacht. Sie sind und sie bleiben aber unsere Freunde. und Koalitionen gegen denjenigen zu bilden, der of fen- bar zum Krieg entschlossen ist. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zu- stimmung des Abgeordneten Johannes Pflug (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So ein [SPD]) Blödsinn! – Weiterer Zuruf von der SPD: Un- fug!) Freunde, bei denen man das Gefühl hat, sie haben viel- leicht einen Fehler gemacht, bedürfen der freundschaftli- Man hat es sogar geschaf ftund fand es wahrscheinlich chen Zuwendung ganz besonders. Deswegen ist es wich- auch noch toll, ausgerechnet Colin Powell vor den Ka- tig, dass wir schon jetzt damit beginnen, das, was im meras der Weltöffentlichkeit geradezu vorzuführen, transatlantischen Verhältnis kaputt gegangen ist, schnells- tens und so gut es geht zu reparieren. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] Drei Verlierer – neben den Toten und Verwundeten – [SPD]: Er hat sich doch selber vorgeführt! Was stehen schon fest: UNO, NATO und EU. Die Kollate- soll denn der Unsinn? Noch eine Legende!) 2892 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Dr. Werner Hoyer (A) also ausgerechnet denjenigen, der noch am ehesten ein Ich muss mich aufgrund meiner zu Ende gehenden (C) offenes Ohr für die Europäer und für die Deutschen ge- Redezeit auf den letzten Punkt beschränken. Die FDP- habt hat und der ein guter Freund Deutschlands ist. Bundestagsfraktion wird in Sachen AWACS einen Ent- schließungsantrag einbringen. 1994 hat das Bundesver- Ich halte die Rückkehr zum integrativen Kurs der fassungsgericht unmissverständlich festgelegt, dass deutschen Außenpolitik für unverzichtbar . Das gilt mit selbst ein Einsatz deutscher Streitkräfte im Bündnisfall Blick auf alle drei Organe: EU, NATO und UNO. der vorhergehenden konstitutiven Zustimmung des Par- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten laments zu dem konkreten Einsatz bedarf. der CDU/CSU) Die Bundesregierung verstößt nach Auf fassung der Alles andere ist Selbstüberschätzung. FDP-Fraktion im Falle der Beteiligung an dem NA TO- AWACS-Einsatz mit Bundeswehrsoldaten hier gegen. In (Dr. Elke Leonhard [SPD]: Ihre Rede auch!) diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, Ich glaube, diese Überheblichkeit werden wir noch teuer dass die Türkei bei der NA TO am 10. Februar gemäß bezahlen müssen. Art. 4 des NATO-Vertrages um Unterstützung nachge- sucht hat, unter anderem auch durch den Einsatz von Die zweite fundamentale Fehleinschätzung besteht AWACS-Flugzeugen über türkischem Hoheitsgebiet. darin – Herr Schäuble hat ausführlich darauf hingewie- Die NATO hat dieser Forderung am 19. Februar Folge ge- sen –, dass man geglaubt hat, man könne die Entschei- leistet. Die Besatzungen der vier eingesetzten A WACS- dung zwischen transatlantischer Einbindung und europäi- Flugzeuge bestehen zu etwa einem Drittel aus Bundes- scher Integration, also zwischen Washington und Paris, wehrsoldaten. Nach Auffassung der FDP-Fraktion kann auf den Punkt bringen. Dabei war es gerade der Impera- es sich bei einem Antrag gemäß Art. 4 des NATO-Ver- tiv deutscher Außenpolitik, sich nie in eine Situation zu trages niemals um einen Routinevorgang handeln. manövrieren, in der man diese Wahlentscheidung treffen musste. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!) Darüber hinaus ist festzustellen, dass sich gerade Nachdem diese alte Regel über Bord geworfen ist, sind AWACS-Soldaten nicht künstlich blind machen können. wir in der Situation, dass der Bundeskanzler mit seiner Wenn sie über türkischem Hoheitsgebiet fliegen, entde- gesamten Außenpolitik auf eine Karte gesetzt hat, näm- cken sie notgedrungen einfliegende oder sich nähernde lich auf den französischen Staatspräsidenten. Luftfahrzeuge. Deswegen fordern wir die Bundesregie- (Gernot Erler [SPD]: Mehrheit der Welt!) rung auf, ihrer V erpflichtung durch das Grundgesetz (B) nachzukommen und die Zust immung des Deutschen(D) Frankreich hat aber eine ganz andere Agenda. Es hat Bundestages für die Beteiligung deutscher Soldaten bei sich als führende Kontinentalmacht in Europa zurückge- dem Einsatz über der Türkei unverzüglich zu beantra- meldet. Frankreich wird diese Position zu wahren wis- gen. sen, wenn sich die Dinge verändert haben. Nicht überra- schend hat UN-Botschafter Lévitte gestern schon einmal Ich sage ausdrücklich dazu: W ir stellen diese Forde- Rückfallpositionen aufgebaut: Wenn Saddam Hussein rung nicht, um die Soldaten aus diesen Flugzeugen her- im Krieg auf Massenvernichtungswaffen gegen die Ame- auszuholen, sondern um sie in diesen Flugzeugen mit rikaner zurückgreifen sollte, würde Frankreich seine Po- der notwendigen Rechtssicherheit auszustatten. sition überdenken und möglicherweise die USA in die- sem Krieg sogar doch noch militärisch unterstützen. Herzlichen Dank. Machen wir das in diesem Fall eigentlich auch? (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Drittens begeht die Bundesregierung einen Fehler , der CDU/CSU) wenn sie meint, mit der weiß Gott überfälligen Annähe- rung Berlins an Paris käme automatisch wieder Schwung Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: in die Europapolitik. Um es in die Sprache der Mathe- matik zu übersetzen: Der französisch-deutsche Akkord Das Wort hat der Abgeordnete Dietmar Nietan. ist in der Europapolitik notwendige Bedingung für jeden Fortschritt, aber keine hinreichende Bedingung. Dietmar Nietan (SPD): (Beifall bei der FDP) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur hinreichenden Bedingung gehört immer der Dialog Wir erleben heute den Beginn eines Krieges, den nicht mit den anderen, insbesondere auch der Dialog mit den nur die Mehrheit der Staaten im Sicherheitsrat der V er- kleineren Ländern. Die Tatsache, dass der Brief der acht einten Nationen ablehnt. Wr i erleben einen Krieg – das europäischen Länder geschrieben worden ist – und nicht sollten auch die Kolleginnen und Kollegen von der sein Inhalt, den ich unterschreiben kann – ist eine Kata- CDU/CSU-Fraktion zur Kenntnis nehmen –, den die strophe. Dass es so weit gekommen ist, ist auch eine Re- überwiegende Mehrheit der Menschen in unserem Land aktion auf das, was Deutschland und Frankreich gemein- und in allen anderen Ländern in Europa ablehnt. sam angezettelt haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2893

Dietmar Nietan (A) Natürlich wünschen wir uns ein möglichst schnelles 1. Mai des nächsten Jahres zehn weitere Mitgliedsländer (C) Ende dieses Krieges. Natürlich ist es richtig, dass es fatal in die Europäische Union aufnehmen. wäre, sich in die Ecke zu stellen und zu sagen: Nun sol- len diejenigen, die diesen Krieg begonnen haben, die Für uns alle als Demokraten ist es faszinierend, festzu- Suppe auslöffeln. Wir alle werden uns der V erantwor- stellen, dass ein Konvent eingerichtet wurde, in dem tung stellen müssen; denn das Weltgeschehen geht wei- Parlamentarierinnen und Parlamentarier der nationalen ter. Es wäre nicht richtig, mit verschränkten Armen auf Parlamente und Regierungsvertreter konstruktiv an einer diejenigen zu schauen, die den Krieg begonnen haben. gemeinsamen europäischen Verfassung arbeiten. Das ist ein Modell, das wir als Europäer stärker als bisher in die Wenn wir aber den transatlantischen Dialog verstär- Welt tragen sollten. Das ist eine Alternative zur Kriegslo- ken wollen und mehr voneinander lernen wollen – so gik. Wenn wir das wollen, dann sollten wir als gleich- wie es Kollege Schäuble angesprochen hat – dann kann berechtigte Partner agieren. Ihre Äußerungen, Herr das nur funktionieren, wenn sich Europäer und Amerika- Schäuble, waren in diesem Zusammenhang nicht hilfreich. ner auf gleicher Augenhöhe treffen und nicht der Satz (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten gilt: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Ich glaube, da des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) ist etwas aus der Balance geraten. Wir sollten als Lehre aus dem, was passiert ist, mitneh- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten men, dass wir alle dafür kämpfen müssen, Europa zu stär- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) ken – dies nicht im Gegensatz zu den USA; das möchte Wir brauchen ein starkes und einiges Europa. Herr ich ausdrücklich betonen –, um Europa in die Lage zu Kollege Schäuble, es ist für mich sehr interessant, zu se- versetzen, die amerikanischen Freundinnen und Freunde hen, dass Sie – aber nicht nur Sie – zu denen gehört ha- von unseren Ideen zu überzeugen und mit ihnen dafür zu ben, die immer wieder darauf hingewiesen haben – Sie kämpfen, dass wir eine friedliche, multipolare Welt, eine haben das quasi vor sich hergetragen –, wie schlecht der Welt der Kooperation und der Zusammenarbeit hinbe- deutsch-französische Motor laufe, und festgestellt ha- kommen. In diesem Sinne sollten wir keine Legenden bil- ben, dass der Gipfel in Nizza kein Erfolg gewesen sei, den, sondern das, was jetzt zu tun ist, gemeinsam und in weil Deutschland und Frankreich nicht zusammenge- Geschlossenheit angehen. Dazu fordere ich Sie, meine kommen seien, Damen und Herren von der Opposition, auf. (Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Sie haben von dem, Vielen Dank. was Schäuble gesagt hat, nichts verstanden!) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ und nun auf einmal der Meinung sind, dass das Funktio- DIE GRÜNEN) (B) nieren des deutsch-französischen Motors andere bevor- (D) munde – so hat man hören müssen – und die Balance Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: auseinander bringe. Sie haben davon gesprochen – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –, dass die Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Matthias deutsch-französische Zusammenarbeit dem europäi- Wissmann. schen Interesse dienen muss. Ich schließe daraus, dass Sie davon ausgehen, dass das im Moment nicht der Fall Matthias Wissmann (CDU/CSU): ist. Das ist starker Tobak; das muss ich Ihnen ehrlich sa- gen. Wie Sie mit dem deutsch-französischen V erhältnis Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! An ei- umgehen, stellt eine Beliebigkeit dar , die diesem V er-nem Tag wie dem heutigen, an dem ein Krieg begonnen hältnis nicht gerecht wird und ihm eher schadet. hat, gibt es Punkte, über die wir streiten, aber sicherlich auch Punkte, in Bezug auf die wir übereinstimmend füh- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten len und denken. Wir fühlen mit Menschen, die Sorge um des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) ihr Leben haben, wir fühlen mit Soldaten, die ihren Kopf hinhalten, wir fühlen mit Menschen in den Nachbarlän- Ich weiß nicht, ob Sie das gesagt haben, um verblümt dern des Irak, die unter den wirtschaftlichen Folgen ei- Kritik an Ihrem konservativen Kollegen Chirac zu üben. nes Krieges leiden. Dass die Art und W eise, wie er die Beitrittskandidaten behandelt hat, nicht die richtige ist, dürfen Sie gerne sa- An einem Punkt müssen wir auch gemeinsam han- gen. deln; ich greife einen vom Kollegen Erler angesproche- nen Aspekt ausdrücklich auf. Ich freue mich, Herr Kol- Ich weiß auch nicht, ob diese Äußerung dazu dient, lege Erler, dass Sie die Initiative zur Stärkung des das zu erreichen, was wir wirklich brauchen: eine V er- Budgets für humanitäre Hilfe aufnehmen wollen, die stärkung des transatlantischen Dialogs auf gleicher Au- Kollegen unserer Fraktion bereits im Auswärtigen Aus- genhöhe. Ich glaube, dass dieser Dialog sehr wichtig ist. schuss eingebracht haben. Ich bin sicher, dass wir Sie da- Denn wir Europäerinnen und Europäer haben etwas an- bei unterstützen werden, da wir viel humanitäre Hilfe für zubieten: das europäische Modell, das der Logik des die Region – nicht nur für den Irak, sondern auch für die Krieges entgegensteht. Die Erfolgsstory der Europäi- Nachbarländer – brauchen werden. Hier müssen wir bei schen Union beruht nicht auf Drohung und Aggression. allem, was uns trennt, gemeinsam handeln. Sie beruht auf Integration, darauf, andere Staaten in die Europäische Union einzuladen, was wir in einem gro- (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜND- ßen, beispiellosen Akt erleben werden, wenn wir am NIS 90/DIE GRÜNEN) 2894 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Matthias Wissmann (A) Meine Damen und Herren, klar ist auch – dies ist tiefe Krise als Chance nutzen. Wir stehen mitten im Pro- (C) heute von mehreren Rednern zum Ausdruck gebracht zess der Erweiterung und der Vertiefung der Europäi- worden –, dass der Beginn eines Krieges ein Versagen schen Union. Mir gefällt es zum Beispiel gar nicht, dass der Politik offenbart: ein Versagen von internationaler gegenwärtig schon wieder über die Frage diskutiert wird, Politik und internationalen Institutionen, von europäi- ob der Konvent verschoben werden solle. Wenn Europa scher Politik, aber auch von deutscher Politik, auch von jemals dringend eine V erfassung brauchte, die zu einer deutscher Außenpolitik. Eine Zeitung, die nicht im V er- gemeinsamen Institution für Außenpolitik führt, dann dacht steht, der Außenpolitik der Regierung besonders gerade jetzt. Wir sollten die Vertiefung der Europäischen kritisch gegenüberzustehen, der „Tagesspiegel“ in Ber- Union nicht verschieben, sondern sie voranbringen. lin, schrieb gestern: (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Die selbst ernannte Achse des Guten, die deutsch- französische Achse, hat aber keinen ernsthaften Mehrheitsentscheidungen im europäischen Ministerrat, Versuch unternommen, eine für die USA einigungs- einen europäischen Außenminister und einen vom Parla- fähige Position zu benennen, also sich zum Beispiel ment gewählten Kommissionspräsidenten – wann, wenn auf ein realistisches Ultimatum festzulegen, bis zu nicht heute, brauchen wir eine V ertiefung der Europäi- dem der Irak abzurüsten hätte. schen Union? Diese eine Stimme zeigt wie viele andere Stimmen, dass Meine Damen und Herren, in Bezug auf die V ertie- wir uns die Frage stellen müssen, ob der deutsche Bun- fung der Europäischen Union in einem Moment, in dem deskanzler und der deutsche Außenminister wirklich alle die Erweiterung um zehn Mitgliedstaaten im Gange ist, Kraft eingesetzt haben, um Europa zu einigen und mit hat Kollege Schäuble vorhin zu Recht darauf hingewie- dem gemeinsamen Gewicht Europas einen gemeinsamen sen, dass wir dieses größere Europa der 25 Staaten nur Weg auch mit den Amerikanern zu finden. zusammenhalten werden, wenn wir gleichzeitig alles für die transatlantische Partnerschaft tun und verstehen, dass (Dr. Elke Leonhard [SPD]: Das ist doch ein Litauen, Estland, Lettland, Polen, Ungarn, die Slowakei Prozess!) und viele andere von denen, die zu uns kommen, die Si- cherheitskomponente als ein wesentliches Motiv für ihre In den ver gangenen Jahrzehnten war es für jeden Hinwendung zum Westen betrachten und sich nie auf deutschen Bundeskanzler, für sozialdemokratische wie eine Politik einlassen werden, die europäische Einigung für christlich-demokratische, und für jeden Außenminis- und transatlantische Partnerschaft gegeneinander aus- ter selbstverständlich, immer wieder die Mitte zwischen spielt. der großen Amerikaskepsis, die häufig in Frankreich zu (B) beobachten war, und der manchmal überbetonten Ameri- (Zuruf von der SPD: Das will auch keiner!) (D) kanähe mancher britischer Premierminister zu finden. Weil wir die Mitte zwischen europäischer Einigung und Deswegen haben uns die Worte des französischen transatlantischer Partnerschaft gefunden haben, haben Präsidenten an die Beitrittsstaaten nach dem Brief der sozialdemokratische und christlich-demokratische Kanz- Acht nicht gefallen und deswegen empfinde ich es als ler Europa dazu gebracht, sich auf eine Position zu ver- vollkommen unverständlich, dass gestern der Sprecher ständigen, um dann eine gemeinsame Position auch mit der Sozialdemokraten im Auswärtigen Ausschuss des den Amerikanern zu finden. Europäischen Parlaments den Beitritt Polens zur Euro- päischen Union mit der Begründung ablehnte, vonseiten Dies geschah diesmal nicht. Das Wort vom deutschen Polens sei der Brief der Acht unterzeichnet worden. Es Sonderweg stand am Anfang. Es stammt nicht von Ih- kann keine Europäische Union, keine Union von nen, Herr Fischer; Sie haben selbst darunter gelitten, wie 25 Staaten nach dem Motto geben, dass die einen am Sie es im „Guardian“ zum Ausdruck gebracht haben. Katzentisch sitzen und die anderen die Herren im Hause Aber es ist leider zu einem Signum dieser Bundesregie- sind. rung geworden. Dies ist keine gute Perspektive. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) neten der FDP) Jetzt stehen wir vor einem Scherbenhaufen der euro- Wenn wir die kleinen Länder nicht respektieren, dann päischen Außen- und Sicherheitspolitik. schaffen wir die Einigung Europas nicht; dann bringen (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: V or einem wir den Prozess der Vertiefung nicht an ein gutes Ziel. Scherbenhaufen der amerikanischen Außen- Gestern hat der Direktor der V ereinigung zu Förde- politik!) rung und Studium der Internationalen Sicherheit, Curt Ich will fair sein und sage daher , dass dies keineswegs Gasteyger, in einem Beitrag für die „Frankfurter Allge- nur dieser deutschen Bundesregierung anzulasten ist. meine Zeitung“ gefordert, die Zusammensetzung des Kein europäischer Regierungschef oder Außenminister UN-Sicherheitsrates neu zu ordnen, da auch die Ord- hat sich Lorbeeren verdient, als es um eine gemeinsame nung der W elt heute eine andere sei als zur Zeit der europäische Position zum Irak ging. Gründung der UNO im Jahre 1945. Ich weiß, dass man in einer solchen Krise lange brauchen wird, bis man das Die Außenpolitik der Europäischen Union befindet Ziel eines europäischen Sitzes im Sicherheitsrat oder zu- sich in einer tiefen Krise. Jetzt kommt es darauf an, dass mindest eines weiteren Sitzes im Sicherheitsrat mit Veto- alle politischen Kräfte in Deutschland und Europa diese recht für Europa erreicht. Aber ich glaube, dass wir uns Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2895

Matthias Wissmann (A) in der gegenwärtigen tiefen Krise jener Institutionen, auf struktiver und partnerschaftlicher Haltung im Sicher- (C) die unsere Sicherheit aufbaut, Gedanken machen müs- heitsrat! Das ist der V ersuch, die deutsche Politik im sen, wie die Strukturen von morgen aussehen sollen. Sinne der CDU-Politik – die das Ultimatum befürwortet hat –, also auf der Seite der Kriegsbefürworter zu defi- Wenn die letzten Monate eines erwiesen haben, dann nieren. Das machen wir nicht mit, auch wenn Sie das dies, dass die Zersplitterung Europas keinen Sinn macht, hier noch so nachdenklich formulieren. dass wir eine kraftvolle europäische Außenpolitik brau- chen, dass wir einen Sitz im Sicherheitsrat für Europa, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht aber für einzelne weitere Länder, anstreben sollten und bei der SPD) und dass wir aus den Fehlern lernen müssen, Um es deutlich zu sagen: Ich halte niemanden von der (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Union für einen Kriegshetzer . Ich halte solche Begrif fe die diese Regierung gemacht hat – das gebe ich gerne für völlig unangebracht. Sie aber haben einen ganz fun- zu –, aber die auch Sie gemacht haben. Herr Fischer, Sie damentalen Irrtum begangen: Die UN-Resolution 1441 haben das professioneller und mit moderateren Tönen hat zwei eigentlich unvereinbare Positionen miteinander als andere gemacht, in Einklang gebracht, nämlich die Position der USA, die schon vor einem Jahr planten, einen Krieg zu führen, (Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Stimmt!) weil sie Saddam Hussein für schuldig am internationalen aber Sie sind leider diesen sehr einseitigen W eg mitge- Terrorismus hielten – der Nachweis dafür wurde übri- gangen. Ich hoffe, auch Sie lernen aus Ihren Fehlern. gens nie angetreten –, und die Position der Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft – unter anderem (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Frankreich und Deutschland –, die gegen einen Krieg war. Beide Positionen wurden in der Resolution 1441 Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: zusammengefasst. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ludger Volmer. Es wurde eine Agenda entwickelt, wie über die UNO- Inspektoren im Irak ein Abrüstungsprozess in Gang ge- Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): setzt werden kann. Die Agenda zur Resolution 1441 be- zog sich also auf die Abrüstung durch UNO-Inspektoren Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und und sie war mit einer Drohung als Ultima Ratio bewehrt. Herren! Herr Schäuble hat seine Rede in dieser Debatte mit leisen Tönen und dem scheinbar nachdenklichen Aber warum genau ist diese Agenda nun gescheitert, Satz begonnen, wir müssten nun zu Kriegsbeginn über obwohl – wie der Außenminister zuvor eindrucksvoll (B) Gemeinsamkeiten und über Fehler nachdenken. Wäh- dargestellt hat – Blix und al-Baradei hervorragende Ar- (D) rend er scheinbar von Versöhnung und konstruktiver Zu- beit geleistet haben, obwohl diese Mission erfolgs- und sammenarbeit redet, lässt er gleichzeitig über dpa die hoffnungsträchtig war? – Sie ist gescheitert, weil die Meldung verteilen, die Regierung habe die Grundlage Macht, die zurzeit die stärkste auf dem Globus ist, eine gemeinsamer Außenpolitik aufgegeben. andere Agenda verfolgt hat. Das ist der eigentliche Grund für ihr Scheitern. Die USA haben sich auf die (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE Agenda Abrüstung durch Inspektoren von Anfang an GRÜNEN]: Guck an! – Zurufe von der SPD: nicht ernsthaft eingelassen, weil sie die Agenda „regime Hört! Hört!) change“ im Sinn hatten. Das führte zum Scheitern der Was ist das nun, die Suche nach konstruktiven gemein- Mission. samen Lösungen oder eine Kampfansage? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Was haben und bei der SPD) Sie denn im Frühstücksfernsehen erzählt?) Diese Agenda „regime change“, die nicht durch die Herr Schäuble, Sie können hier noch so leise und zu- Resolution 1441 gedeckt ist, haben Sie faktisch mit un- rückhaltend reden, aber Sie haben heute im Prinzip nicht terstützt, indem Ihre Sprecher zum Beispiel im Auswär- viel anderes gesagt als Ihre Fraktionschefin gestern, die tigen Ausschuss, aber auch bei allen möglichen öf fent- Sie heute offensichtlich aus dem Verkehr gezogen haben. lichen Stellungnahmen immer wieder gesagt haben, die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mission der UNO-Inspektoren sei letztlich negativ zu und bei der SPD – W olfgang Zöller [CDU/ bewerten. Sie haben die Erfolge, die dort zu verzeichnen CSU]: So etwas Dummes! – V olker Kauder waren, klein- und weggeredet. Sie haben sich immer auf [CDU/CSU]: Jetzt wissen wir , warum Sie die militärische Option konzentriert, die darin enthalten nicht mehr in der Regierung sind!) ist. So haben Sie dazu beigetragen, die Perspektive auf eine militärische Lösung zu verengen, die eigentlich ei- Herr Schäuble, Sie haben gesagt, der Krieg sei einge- ner ganz anderen Agenda diente, und sich von der Mög- treten, weil es im Weltsicherheitsrat an Einigkeit ge- lichkeit einer friedlichen Lösung dieses Konflikts zu ent- mangelt habe. Danach haben Sie den Maßstab für Einig- fernen. Sie waren Helfershelfer einer Agenda, die nicht keit festgelegt. Sie haben gesagt, es fehlte an maximalem durch die Resolution 1441 abgedeckt ist. Druck. Das heißt, Sie wollen, dass Einigkeit auf der Ba- sis maximalen Drucks, also auf der Basis der US-Politik (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hergestellt wird. Aber das ist doch keine Definition kon- und bei der SPD) 2896 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Dr. Ludger Volmer (A) Ich finde es im Prinzip richtig, vorwärts gerichtet im (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (C) Sinne der Schadensbegrenzung zu diskutieren. Die Bun- und bei der SPD) desregierung macht das jetzt auf dem Wege der humani- tären Hilfe. Es muss auch über eine Stärkung Europas Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: nachgedacht werden. Herr Schäuble, auch da haben Sie wieder Dinge insinuiert, die so nicht stehen gelassen Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Dr . Gesine werden können. Sicherlich arbeitet die Bundesregierung Lötzsch. an der Stärkung Europas, aber nicht, um einen Kern zu bekommen, der andere spaltet. Sie arbeitet auch nicht an Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos): einem gegen Amerika gerichteten Europa, wie Sie uns mit Ihrer sanften Stimme einzureiben versuchen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind in der zivilisatorischen Entwicklung um ein Jahrhundert Die GASP, die Gemeinsame Außen- und Sicherheits- zurückgeworfen worden. Es gilt wieder das Faustrecht politik, ist nicht gegen Amerika gerichtet. Sie steht Ame- und nicht das Völkerrecht. Dieser Krieg ist ein terroristi- rika vielmehr in einer W eise gegenüber, wie sich zwei scher Akt, der durch nichts zu rechtfertigen ist. Er ist Widerlager gegenüberstehen. Bei der transatlantischen durch nichts legitimiert. Wr e diesen Krieg unterstützt, Brücke, die wir bauen wollen, gibt es auf der einen Seite macht sich strafbar und schuldig. das Widerlager USA – das ist schon heute gut konstruiert – und auf der anderen Seite das W iderlager Europa, das (Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos]) noch eine etwas bessere Konstruktion und ein etwas bes- Heute Morgen haben die Fraktionsvorsitzenden nichts seres Fundament braucht. Daran arbeiten wir. Wir arbei- sagende Erklärungen zum Beginn des Krieges abgege- ten am Widerlager Europa, um die transatlantische Brü- ben. Eine Wortmeldung der PDS wurde nicht akzeptiert. cke fertig zu stellen. Das sehen wir als einen schweren Verstoß gegen die Ge- schäftsordnung an. Offensichtlich hatte man Angst, mit (Günther Friedrich Nolting [FDP]: O Mann! – unangenehmen Wahrheiten konfrontiert zu werden. Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: An dieser Stelle war Beifall vorgesehen!) Wir führen die Debatte zur deutschen Außenpolitik wenige Stunden nachdem der angekündigte Angrif fs- Ich komme nun auf das Verhältnis der Vereinigten krieg der US-Regierung auf den Irak begonnen hat. Ich Staaten zur UNO zu sprechen. Wir wollen – das hat der spreche ausdrücklich von der US -Regierung, weil es Außenminister gerade deutlich gemacht – in einer multi- Millionen Menschen in den USA gibt, die diese Politik polaren Welt leben, in einer Welt der regionalen Integra- der Bush-Administration nicht mittragen. Auch in den (B) tion, in der die verschiedenen Regionen und Staaten in USA gibt es eine starke Friedensbewegung. Amerikaner (D) einem multilateralen System zusammenarbeiten. Basis demonstrieren sogar in Berlin jeden T ag gegen den hierfür ist die Anerkennung der UNO, die W ahrung des Krieg. Völkerrechts und die gegenseitige Achtung. Die Mehrheit der Bevölkerung der Bundesrepublik Eine solche Vision der Weltinnenpolitik kann aller- lehnt diesen Krieg entschieden ab. Erst am letzten Sonn- dings nur dann Wirklichkeit werden, wenn die Vereinig- abend haben wieder Hunderttausende Berlinerinnen und ten Staaten mitmachen. Wenn wir für eine Stärkung der Berliner ihren Friedenswillen zum Ausdruck gebracht, UNO eintreten, dann ist das nicht gegen die V ereinigten indem sie sich an einer Lichterkette, die quer durch die Staaten gerichtet; denn wir wissen, dass es eine multila- Stadt ging, beteiligt haben. Ich finde, es sollte auch die terale Politik und eine Integration auf Basis der UNO nur einstimmige Meinung der Mitglieder des Bundestages geben kann, wenn die V ereinigten Staaten konstruktiv sein – sie müssen diese auch öf fentlich kundtun und mitarbeiten. nicht nur hinter vorgehaltener Hand auf den Gängen sa- gen –, dass dieser Krieg gegen das Völkerrecht verstößt Eine starke UNO, die sich daran beteiligt, die Pro- und verbrecherisch ist. bleme in dieser Welt zu lösen, ist meiner Meinung nach aber auch im Sinn der USA. Denn nach dem Ende des (Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos]) Kalten Krieges steht die Neuordnung der W elt auf der Er wird Tausenden Menschen das Leben kosten, Millio- Tagesordnung. Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir nen Menschen die Gesundheit ruinieren und die Ärmsten Multilateralismus oder wollen wir diese Aufgabe einer der Armen um ihr Hab und Gut bringen. Supermacht und ihren Getreuen überlassen? W enn man sich in Gedanken einmal auf den zweiten Standpunkt Wenn die CDU/CSU hier im Hause immer wieder die stellt, erkennt man unweigerlich die Grenzen dieses An- Behauptung aufstellt, die Bundesregierung habe mit ih- satzes: Keine noch so starke Supermacht wird es schaf- rer frühen Festlegung auf ein Nein zum Irakkrieg zum fen, in der Zukunft alle Probleme auf diesem Globus zu Ausbruch dieses Krieges beigetragen, dann ist das mehr lösen. Dafür brauchen wir die multilaterale Gemein- als absurd. schaft. Und weil wir diese brauchen, müssen wir sie und (Gernot Erler [SPD]: Richtig!) ihre Mitgliedstaaten ernst nehmen, dürfen deren Loyali- tät nicht überstrapazieren und müssen den Dialog zwi- Es ist nicht meine Aufgabe, die Bundesregierung zu ver- schen den Kulturen und die Völkerverständigung pfle- teidigen, aber mit dieser Behauptung beleidigen Sie, gen. Das ist die Vision grüner Politik. meine Damen und Herren von der CDU/CSU, alle dieje- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2897

Dr. Gesine Lötzsch (A) nigen, die sich mit vielfältigen Aktionen dem drohenden Herbert Frankenhauser (CDU/CSU): (C) Krieg entgegengestellt haben. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen (Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos]) und Kollegen! Nach der bisherigen Debatte an diesem Tag ist es zu diesem Zeitpunkt außerordentlich schwie- Ihre Logik, die darin besteht, dass diejenigen, die sich ei- rig, deutlich zu machen, dass wir uns eigentlich in einer nem Krieg entgegenstellen, für ihn verantwortlich ge- Haushaltsdebatte befinden. Da eine gute Politik ohne die macht werden, ist einfach absurd. nötige Finanzausstattung nur sehr schwer möglich ist – das Meine Damen und Herren von der rot-grünen Bun- hat selbst der Herr Bundesaußenminister schon festgestellt –, desregierung, warum betonen Sie bei jeder Gelegenheit, ( [CDU/CSU]: Planstellen!) dass Sie Ihre Bündnisverpflichtung gegenüber den USA einhalten wollen? Ich denke, es gibt keine Bündnisver- versuche ich aber doch, hier einige Anmerkungen zum pflichtung, einen Angriffskrieg zu unterstützen. Ganz Haushalt zu machen, der so, wie er wohl beschlossen im Gegenteil: Unser Grundgesetz stellt die Vorbereitung wird, bereits obsolet geworden ist, weil die Rahmenbe- und Unterstützung eines Angrif fskrieges unter Strafe. dingungen nicht mehr stimmen. Die Gewährung von Überflugrechten für US-Bomber , die Beteiligung von deutschen Soldaten an AWACS-Ein- (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. sätzen und der Einsatz der Fuchs-Panzer in Kuwait ver- Dr. Werner Hoyer [FDP] – Dr . Klaus Rose stoßen damit gegen die Verfassung unseres Landes. [CDU/CSU]: Wegen Wahrheit und Klarheit!) (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hinzu kommt – darauf habe ich leider schon des Öfte- Ich glaube, Sie haben nicht zugehört!) ren vergeblich hingewiesen –, dass der Haushaltsplan des Auswärtigen Amtes einen grundsätzlichen Struktur- Die Bundesregierung kann sich auch nicht auf NATO- fehler enthält. Verpflichtungen berufen. Die NA TO ist ein V erteidi- gungsbündnis und kein Angriffsbündnis. Durch das Sta- (Michael Glos [CDU/CSU]: Ja, so ist es!) tut der NATO – genauer gesagt: durch das Zusatzabkom- Außerdem wird zwar eine Menge von Vorhaben verkün- men zum NATO-Truppenstatut von 1994 – lässt sich das det und beschlossen; man macht sich aber erst anschlie- Handeln der Bundesregierung nicht legitimieren. W enn ßend Gedanken darüber, wo das eigentlich etatisiert wer- Sie diesen Angriffskrieg unterstützen, begehen Sie einen den soll. Verfassungsbruch. Der Außenminister hat jetzt eine militärische Aufrüs- Wir als PDS fordern Sie auf: tung innerhalb der Europäischen Union gefordert. Ich (B) (D) Erstens. Untersagen Sie den Überflug von US-Mili- befürchte, dass, wenn es denn dazu käme, auch dies tärmaschinen über das T erritorium der Bundesrepublik noch zulasten dieses Haushaltes ginge. Als weiteres Bei- Deutschland! spiel, das ich inhaltlich-politisch gar nicht kritisieren möchte, ist das G-8-Programm, der deutsche Beitrag (Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos]) zur Beseitigung ehemaliger sowjetischer Massenver- nichtungswaffen, Zweitens. Ziehen Sie die Bundeswehrsoldaten ab, die an Bord von AWACS-Flugzeugen an der Zielplanung für (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ja!) Angriffe auf den Irak beteiligt sind! im Umfang von immerhin 150 Millionen Euro zu nen- Drittens. Holen Sie die ABC-Spürpanzer aus Kuwait nen. Man versucht stückweise, in diesem Haushalt eine zurück! Finanzierungsmöglichkeit zu finden. Wir fordern die sofortige Einberufung des UN-Si- Ich möchte noch einmal auf das Strukturproblem ein- cherheitsrats; denn nur er kann laut UN-Charta feststel- gehen. Die Ausgaben im Einzelplan 05 – Auswärtiges len, ob eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder Amt – betragen etwa 2,2 Milliarden Euro. Die so ge- eine Angriffshandlung vorliegt. nannten Pflichtbeiträge – beispielhaft nenne ich die Beiträge für die V ereintenNationen, die Europäische Meine Damen und Herren, in der Debatte ist mir auf- Union und den Europarat – in einer Größenordnung von gefallen, dass über die Zeit vor dem Krieg und über die 600 Millionen Euro sind festgeschrieben und kurzfristig Zeit nach dem Krieg geredet wurde. Niemand hat sich nicht veränderbar. aber dazu geäußert, was jetzt getan werden muss, um den Krieg zu beenden. W ir erwarten von der Bundesre- Das sind knapp 27 Prozent der Ausgaben. Kurzfristig gierung, dass sie jetzt alles tut, um einen aktiven Beitrag ebenfalls nicht veränderbar sind die Personalkosten in zur sofortigen Beendigung dieses Krieges zu leisten. einer Größenordnung von etwa 660 Millionen Euro. Das heißt, dass etwa 57 Prozent des Haushaltes zumindest (Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – kurzfristig gar nicht veränderbar sind. Gernot Erler [SPD]: Machen wir!) Der Gesamtanteil des Einzelplanes 05 am Haushalt Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: liegt knapp unter 1 Prozent. Bei den zurückliegenden Sparrunden in 2002 und 2003 ist es dem Außenminister Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herbertnicht gelungen, den Finanzminister davon abzubringen, Frankenhauser. die Mittel im Einzelplan 05 mit einer Quote von über 2898 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Herbert Frankenhauser (A) 3 Prozent zu kürzen. Das ist nicht auf Kante, sondern un- Ich möchte einen weiteren Punkt herausgreifen. Die (C) ter Kante genäht. auswärtige Bildungs- und Kulturpolitik ist nicht nur aus bildungs- und kulturpolitischer Sicht, sondern auch (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- aus friedens- und außenpolitischer Sicht von großer Be- neten der FDP) deutung. Ich nenne beispielhaft unsere Auslandsschulen Wenn wir diese so genannten unveränderlichen Beträge – der Kollege Hoyer hat sie einmal als Juwel bezeichnet – herausrechnen würden, hätten wir bei über 12,6 Millio- und unsere Stipendienprogramme für ausländische S tudie- nen Euro mehr zur Verfügung. rende, weil nur durch solche Maßnahmen die Friedens- bemühungen auf einem hohen Niveau fortgesetzt wer- (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Man muss für sei- den. Wir unterstützen gern alles, was zur V erstetigung, nen Etat kämpfen!) aber vor allem zur weiteren Intensivierung unserer aus- Immerhin ist es den Berichterstattern der Koalition – das wärtigen Kultur- und Bildungspolitik beiträgt. will ich anerkennen – gelungen, dass auf weitere globale Wir begrüßen auch die guten Fortschritte der Fusion Minderausgaben verzichtet wurde. des Goethe-Institutes mit Inter Nationes. Wir hoffen und wünschen, dass die vielen, mannigfaltigen Tätigkeiten, Wie sehr uns dieses strukturelle Problem berührt, Aufgaben und Leistungen auch der Mitarbeiter dazu bei- zeigt sich darin, dass gemeinsame, interfraktionelle Be- tragen werden, dass wir solche Auseinandersetzungen, schlüsse aus dem Auswärtigen Ausschuss oder dem wie sie heute begonnen haben, in Zukunft vermeiden Ausschuss für humanitäre Hilfe und Menschenrechte im können. Haushaltsausschuss nicht berücksichtigt und umgesetzt werden konnten. Vielen Dank. (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Was?) (Beifall bei der CDU/CSU) Ich denke beispielsweise an unseren Antrag, in dem wir in Erwartung der fürchterlichen Entwicklung, wie wir sie Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: heute nun leider verzeichnen müssen, eine Erhöhung der Das Wort zu einer Kurzintervention erhält jetzt die Mittel für humanitäre Hilfsmaßnahmen umKollegin Antje Hermenau. 13 Millionen Euro forderten. Für diese Erhöhung liegen einstimmige Beschlüsse der Fachausschüsse vor; aber im Haushaltsausschuss konnte dafür leider keine Mehr- Antje Hermenau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): heit gefunden werden. Wir haben uns nun in Anbetracht Der von mir sehr geschätzte Kollege Frankenhauser (B) des ausgebrochenen Konfliktes bereit erklärt, diesen An- hat vorgetragen, dass es noch eine laufende Diskussion (D) satz von 53 auf 80 Millionen Euro zu erhöhen. Das wäre darüber gibt, ob man für die humanitäre Hilfe vorsor g- dringend notwendig. Leider ist hierüber keine Einigung lich mehr Geld einstellen könnte. Dem Vernehmen nach zustande gekommen, sodass wir auf der Abstimmung gibt es in der Sache keine unterschiedlichen Auffassun- über unseren Antrag bestehen. gen. Wir wollen das alle machen. Ich komme zur Etatisierung des Minenbeseitigungs- Im Moment kann man keine genauen Abschätzungen programms und seine Entwicklung in den letzten Jah- treffen. Erste Beratungen heute im Sicherheitskabinett ren. Die Grünen hatten einst Mittel in der Größenord- haben gezeigt, dass man von einem zweistelligen Millio- nung von 100 Millionen Euro gefordert. Gelandet sind nenbetrag ausgeht. Ich nehme an, dass das zwei- bis wir bei 13 Millionen Euro. Zur V ollfinanzierung derdreimal so viel ist, wie die Union ursprünglich vor ge- Ausstattungshilfe sind ebenfalls keine ausreichenden schlagen hat. Ich rege an, dass die Union nicht darauf be- Mittel vorhanden. steht, über ihren Antrag abstimmen zu lassen. W enn doch, dann werden wir ihn ablehnen müssen. Wir von der Opposition haben die positive Entwick- lung dieses Haushaltes durchaus konstruktiv und aufge- Zurzeit stehen mehr als 130 Millionen Euro sowohl schlossen begleitet und waren zu entsprechenden Ände- im Einzelplan 05 – Auswärtiges Amt – als auch im rungen immer bereit. Hier gilt mein Dank den Einzelplan 23 – dem Bundesministerium für wirtschaft- Mitberichterstattern für eine sehr kollegiale Zusammen- liche Zusammenarbeit – zur Verfügung, die als Flücht- arbeit, aber auch dem Auswärtigen Amt. W ir unterstüt- lings-, Not- und Soforthilfe eingesetzt werden können. zen zum Beispiel die Vereinigung der Stellenpläne sowie Es besteht also kein akuter Geldmangel, sondern wir ha- die Reforminitiative für den Auswärtigen Dienst und ben Vorräte angelegt. halten eine ausreichende Personaldecke für dringend ge- boten. Wir sind froh, dass für Frau Roth, die die mensch- Die Fragen, die noch auftauchen werden, zum Bei- liche Kälte ihrer eigenen Partei erfahren musste, nun im spiel eine im Zusammenhang mit konkreten Krisensitua- Auswärtigen Amt eine wärmere, menschlichere Umge- tion und einem Flüchtlingsproblem im Irak, sollten in bung gefunden werden konnte. geordnetem Verfahren geregelt werden. Das ist kurzfris- tig, innerhalb weniger Stunden, nicht zu leisten. Deswe- (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der gen wird sich in 14 Tagen der Haushaltsausschuss mit CDU/CSU und der FDP) dieser Problematik beschäftigen. Wir freuen uns sehr auf ihren ersten Bericht zur Lage der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Menschenrechte, insbesondere zu Tschetschenien. und bei der SPD) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2899

(A) Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: hat, wird dies bestätigen können. So sagte er in seiner (C) Erklärung, in der er das 48-stündige Ultimatum stellte, Eine Antwort wird nicht gewünscht. dass der UN-Sicherheitsrat seiner V erantwortung nicht Dann hat jetzt der Kollege Lothar Mark das Wort. gerecht geworden sei und die USA deswegen ihrem Ge- rechtigkeitssinn folgen müssten. (Michael Glos [CDU/CSU]: Was soll man darauf antworten?) Ich hatte ursprünglich vor gesehen, mit zwei Zitaten von Cicero über den Haushalt zu beginnen. Ich lasse das, – Ich habe nur auf ein Recht hingewiesen, nicht auf eine obwohl sie genau gepasst hätten. Die Zeit läuft mir aller- Pflicht. dings davon.

Lothar Mark (SPD): Ich möchte unter anderem darauf hinweisen, dass auf- grund des kollektiven V ergessenssyndroms der CDU/ Frau Präsidentin! LiebeKolleginnen! Liebe Kolle- CSU immer wieder geleugnet wird, dass wir uns in einer gen! Herr Kollege Frankenhauser hat mit Recht darauf Schulden- und Zinssituation befinden, die entscheidend hingewiesen, dass wir Haushaltsberatungen haben, dass dafür verantwortlich ist, dass wir in vielen Bereichen in es aber unabdingbar war, sich mit der Außenpolitik und unserem Haushalt nicht alles umsetzen können, was wir der aktuellen S ituation zubeschäftigen. Wenn man die umsetzen möchten. Hinzu kommt, dass bis 1998 nicht Debatte hier verfolgt hat, dann fällt es einem sehr gespart wurde und heute die V erantwortung dafür nicht schwer, nun direkt zu den Zahlen und den Entwicklun- anerkannt wird. CDU/CSU und FDP haben während der gen überzugehen. Aber es sind viele Punkte angespro- Haushaltsberatungen über den Einzelplan des Auswärti- chen worden, die einfach nicht unwidersprochen stehen gen Amtes im Haushaltsausschuss massive Erhöhungs- bleiben können. anträge gestellt, die zeigen, dass die Problematik nach Herr Dr. Hoyer hat unter anderem den Hinweis gege- wie vor nicht verinnerlicht wurde. ben, der immer wieder kommt, es seien zwar Fortschritte Es ist schon auf unseren Umgang mit den globalen durch die Inspektoren erzielt worden, diese seien aber Minderausgaben im Auswärtigen Amt eingegangen nur durch den militärischen Druck möglich gewesen. worden. Ich möchte das nicht wiederholen, sondern da- Das ist richtig. Aber müssen es 300 000 Mann sein, die rauf hinweisen, dass wir in den nächsten Debatten sehr den Druck ausüben, sodass im Grunde genommen keine wohl darüber sprechen müssen, welchen Stellenwert das Umkehrmöglichkeit mehr besteht? Diese Frage ist nicht Auswärtige Amt für uns hat; denn es wird zum Beispiel beantwortet worden; sie ist aber sehr wichtig. vonseiten der FDP immer wieder versucht, Zwietracht Zum anderen muss darauf hingewiesen werden – das zwischen Entwicklungsministerium und Auswärtigem (D) (B) haben einige getan –, dass der amerikanische Präsident Amt zu säen. Wir bekennen uns ganz klar zu ihrer Aufga- seinen Forderungskatalog gegenüber Saddam Hussein benteilung und sind mit den Leistungen der beiden Minis- permanent verändert hat. Je nachdem wie die Situation terien, der Ministerin und des Ministers sehr zufrieden. und das Empfinden in der Weltöffentlichkeit oder im Si- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ cherheitsrat waren, wurden die Ziele umformuliert, um DIE GRÜNEN) dann die Möglichkeit zu haben, den Kriegswunsch umzu- setzen. Wir müssen aber auch darauf aufmerksam machen, dass wir in einigen Bereichen des Auswärtigen Amtes Wenn Sie, Herr Dr . Hoyer, sagen, dass die deutsche verstärkte Anstrengungen unternehmen müssen, da exis- Außenpolitik nicht integrativ genug sei, dann muss dem tenzielle Fragestellungen für die Zukunft Deutschlands widersprochen werden, weil dazu genügend Willige vor- anliegen. Wir müssen uns verstärkt um das Auslands- handen sein müssen, die dies wirklich wollen. Einer al- schulwesen, den Stipendienfonds, die auswärtige Kultur- lein kann das nicht bewältigen. Ich denke, dass unser politik, Messen und Außenhandelskammern, aber auch Außenminister und unser Bundeskanzler in diesem Be- um die ganz normale diplomatische Vertretung vor Ort reich unendlich viel Ehrenwertes und Aufopferungsvol- kümmern. les geleistet haben. Ich denke aber auch an humanitäre Hilfe, Krisenprä- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ vention und Demokratie- und Ausstattungshilfe. Nach DIE GRÜNEN) meinem Dafürhalten sind das rentierliche Investitionen. Ich kann also nicht feststellen, dass die deutsche Au- Ich möchte hierzu die UN-Hochkommissarin für Men- ßenpolitik in ir gendeiner Weise versagt habe, wederschenrechte, Mary Robinson, zitieren: nach innen, von der Bundesregierung her gesehen, noch Die Menschenrechtsverletzungen von heute sind nach außen in Richtung internationale Einrichtungen. die Kriege von morgen. (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Jetzt haben Sie aber Ihr (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des koalitionspolitisches Fleißkärtchen abgehakt!) BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich möchte Michael Bothe, den Vorsitzenden der Deut- Es wäre angebracht, auch ei nige strategische Überle- schen Gesellschaft für Völkerrecht, erwähnen. Er sagte, gungen zum Haushalt des Auswärtigen Amtes anzustel- dass die Bush-Administration derzeit offensichtlich eine len. Das kann ich hier jetzt nicht mehr tun. hegemoniale Weltordnung anstrebe. Wer die Diskussio- nen und die Äußerungen des US-Präsidenten verfolgt (Michael Glos [CDU/CSU]: Ein Glück!) 2900 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Lothar Mark (A) Ich werde aber versuchen, die Diskussion darüber im Entwicklung nicht ausreichen werden und dass wir (C) Haushaltsausschuss anzustoßen. erwägen, sie in der nächsten Sitzungswoche um 40 Millionen Euro zu erhöhen, um die humanitäre Hilfe, Ich stimme den Ausführungen bezüglich des Auswär- die jetzt sehr wahrscheinlich in einem größeren Ausmaß tigen Amtes und der Vertretung des Bundes im Ausland notwendig wird, zu gewährleisten. von Herrn Frankenhauser zu. Gleichzeitig möchte ich darauf hinweisen, dass wir im Bezug auf die Struktur Für die humanitäre Minenräumung sind eigentlich verstärkt darüber nachdenken müssen, dass ein Zu- wesentlich mehr Mittel notwendig, weil in vielen Regio- schussempfänger nur einem Ministerium zugeordnet nen der Welt ein sehr großer Bedarf besteht. Aber wir werden sollte, sodass und wir nicht gezwungen sind, in müssen uns auch in diesen Bereichen nach den Möglich- mehreren Haushalten nachzuschauen. Ich denke, dass keiten unseres Haushalts richten. Ich denke, dass wir uns die Flexibilisierung und die Budgetierung die Effizienz als drittgrößter Geldgeber in diesem Sektor international im Haushalt des Auswärtigen Amtes weiter steigern durchaus sehen lassen können. werden. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Krista Angesichts der neuen Herausforderungen, denen sich Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Deutschland nach dem Ende des Kalten Krieges und vor dem Hintergrund des zunehmenden Staatenzerfalls in- Die Demokratisierungs- und Ausstattungshilfe ist nerhalb und außerhalb Europas gegenübersah, hat die bereits angesprochen worden. W ir haben sie um Bundesregierung im Jahr 2000 ein Gesamtkonzept zur 2,5 Millionen Euro erhöht, damit auch dem Kofi-Annan- zivilen Krisenprävention, Konfliktlösung und Frie- Friedenszentrum in Ghana die notwendigen Mittel zur denskonsolidierung erstellt und dieses den Vereinten Na- Verfügung gestellt werden können. tionen zur Kenntnis gegeben. Auch die sowjetischen Massenvernichtungswaf fen Wir sind fest in den Vereinten Nationen verankert, re- sind schon genannt worden. Ich meine, dass wir im Hin- spektieren und erkennen aus voller Überzeugung die blick auf ihre Beseitigung ebenfalls einen sehr wichtigen Vorgaben und Ergebnisse an, die dort erzielt werden. internationalen Beitrag leisten. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Die Deutsche Welle hat beim Aufbau in Afghanistan des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) eine besondere Aufgabe übernommen und leistet eine ausgezeichnete Arbeit. Aus diesem Grund trägt Deutschland einen wesentlichen Teil – fast ein Zehntel – zum Gesamthaushalt der V er- (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des einten Nationen bei. Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP]) (B) (D) Wir sind nicht nur in diesem Sektor engagiert, son- Wir werden die Programmarbeit der Deutschen W elle dern auch im Europarat, bei der OSZE und – das betone für Afghanistan mit weiteren 1,2 Millionen Euro si- ich ausdrücklich – beim Internationalen Strafgerichts- chern. hof mit seiner generalpräventiven Wirkung. Deutschland trägt auch von dessen Haushalt fast 20 Prozent. Im Na- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) men meiner Fraktion gratuliere ich sehr herzlich Hans- Wir sind auch sehr erfreut darüber, dass die Deutsche Peter Kaul, der vor wenigen Tagen als deutscher Richter Welle in Zukunft verstärkt mit dem Goethe-Institut vereidigt wurde. Inter Nationes kooperieren wird. Der Internationale Strafgerichtshof beruht auf dem Römischen Statut von 1998, das inzwischen von (Beifall bei der SPD sowie des Abg. 87 Vertragsparteien voll anerkannt und ratifiziert wurde. Dr. Werner Hoyer [FDP]) Wir wünschen uns, dass auch die Vereinigten Staaten ih- In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinwei- ren Boykott und W iderstand gegen den Internationalen sen, dass wir mit dem deutsch-französischen Kulturinsti- Strafgerichtshof aufgeben und ihn voll anerkennen. tut in Moskau neue Wege einschlagen, die in der Koope- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ration zwischen GIIN und dem spanischen Instituto des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Cervantes sowie dem British Council fortgeführt wer- den. Damit wird die europäische Kulturarbeit auf inter- Denn dies könnte für die internationale Wertegemein- nationaler Ebene verstärkt. schaft einen riesigen Sprung nach vorne bedeuten. (Beifall bei der SPD) Für den Stabilitätspakt für Südosteuropa und Af- ghanistan haben wir in unserer Regierungszeit sehr viel Die Fusionsrendite beim Goethe-Institut Inter getan. Wir haben die entsprechenden Mittel zur V erfü- Nationes wurde schon angesprochen. Ich will nicht wei- gung gestellt und damit einen deutlichen Beitrag zur Fi- ter darauf eingehen; aber es ist sicherlich notwendig, nanzierung des Antiterrorpakets geleistet. Diese Mittel Planungssicherheit für die Zukunft zu erreichen, um sind in die humanitäre Hilfe, das Minenräumen und in auch die Bereitschaft zu einem kulturpolitischen Dialog die Krisenprävention geflossen. zu intensivieren und verstärkt vor Ort agieren zu können, wo es erforderlich ist. Es ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die für humanitäre Hilfe in den Haushalt eingestellten Mit- Notwendig ist auch das Programm „Dialog mit dem tel in Höhe von 40 Millionen Euro nach der derzeitigen Islam“. Dieses Programm wird insbesondere vom Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2901

Lothar Mark (A) Goethe-Institut Inter Nationes, vom DAAD und von ver- Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der (C) schiedenen nicht staatlichen Organisationen vermittelt. FDP auf Drucksache 15/695? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stim- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von Im Kampf gegen den T error gelte es, Misstrauen, V or- CDU/CSU und FDP abgelehnt worden. urteile und Feindseligkeiten abzubauen, Schwarz-W eiß- Wer stimmt für den Einzelplan 05 in der Ausschuss- Malerei zu vermeiden und deutlich zu machen, dass es fassung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der nicht um einen Kampf der Kulturen gehe, so Gunter Einzelplan 05 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktio- Mulack, Islambeauftragter des Auswärtigen Amtes, kürz- nen gegen die Stimmen der gesamten Opposition ange- lich gegenüber dem Ausschuss für Kultur und Medien. nommen worden. Ich möchte ferner darauf hinweisen, dass die Bedeu- Ich rufe den Tagesordnungspunkt I. 22 auf: tung der Auslandsschulen von uns anerkannt und zuneh- men wird. Deswegen haben wir den entsprechenden An- Haushaltsgesetz 2003 satz um 5 Millionen Euro erhöht. – Drucksachen 15/573 (neu), 15/574 – (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Berichterstattung: Bei den Stipendien und beim Wissenschaftleraus- Abgeordnete Dietrich Austermann tausch müssen wir in nächster Zeit aber noch einiges tun. Steffen Kampeter Wir haben auch noch in anderen Bereichen geringfügige Walter Schöler Veränderungen erreicht, die ich aber im Einzelnen nicht Antje Hermenau mehr aufzählen möchte. Ich bin jedenfalls davon über- Dr. Günter Rexrodt zeugt – das haben die Diskussionen gezeigt –, dass das Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wir kommen Auswärtige Amt sehr aufgeschlossen ist und erkennt, in deshalb gleich zur Abstimmung. Zunächst lasse ich über welchen Bereichen noch Hilfe notwendig ist. die Änderungsanträge abstimmen. Abschließend ein herzliches Dankeschön an die Be- Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion richterstatter. Während der Beratungen im Haushaltsaus- der CDU/CSU auf Drucksache 15/619. Die Fraktion der schuss und bei den Berichterstattergesprächen herrschten CDU/CSU verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte ein sehr gutes Klima und große Offenheit. Dem Auswär- die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehe- tigen Amt möchte ich eine vorzügliche kooperative und nen Plätze einzunehmen. – Sind die Plätze an den Urnen konstruktive Zusammenarbeit bescheinigen. Dem Bun- besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung. (B) deskanzler und dem Außenminister sage ich Danke für (D) ihren unermüdlichen und unerschütterlichen Einsatz für Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine den Frieden und für Deutschlands Ansehen in der Welt. Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerin- Vielen Dank. nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später be- DIE GRÜNEN) kannt gegeben. Wir setzen die Abstimmungen fort. Ich bitte die Kol- Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: leginnen und Kollegen, ihre Plätze einzunehmen, damit ich Übersicht habe. Ich schließe damit die Aussprache. Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel- SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache plan 05 – Auswärtiges Amt – in der Ausschussfassung. 15/616? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Hierzu liegen drei Änderungsanträge vor, über die wir Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfrak- zuerst abstimmen. Ich möchte außerdem bekannt geben tionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen. – damit keine Verwirrung entsteht –, dass erst in der drit- ten Lesung über den Entschließungsantrag der FDP auf Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der Drucksache 15/711 namentlich abgestimmt werden CDU/CSU auf Drucksache 15/620? – Wer stimmt dage- wird. gen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen Wir stimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der Opposition abgelehnt worden. der CDU/CSU auf Drucksache 15/667 ab. W er stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Wer stimmt für den Änderungsantrag der Abgeordne- Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitions- ten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache fraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP 15/666? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der bei Enthaltung zweier Abgeordneter abgelehnt worden. Änderungsantrag ist mit den Stimmen des ganzen Hau- ses gegen die Stimmen de r beiden Abgeordneten Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der Lötzsch und Pau abgelehnt worden. FDP auf Drucksache 15/694? – W er stimmt dagegen? – Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stim- Abstimmung muss ich die Sitzung unterbrechen. men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt worden. (Unterbrechung von 14.22 bis 14.25 Uhr) 2902 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

(A) Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Abstimmung bekannt. Abgegebene Stimmen 578. Mit (C) Ja haben gestimmt 279, mit Nein haben gestimmt 299. Die Sitzung ist wieder eröffnet. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt worden. Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen

Endgültiges Ergebnis Dr. Hans Georg Faust Siegfried Kauder (Bad Franz Obermeier Abgegebene Stimmen: 578; Enak Ferlemann Dürrheim) Melanie Oßwald davon Ingrid Fischbach Volker Kauder Eduard Oswald Hartwig Fischer (Göttingen) Gerlinde Kaupa Rita Pawelski ja: 279 Dirk Fischer (Hamburg) Eckart von Klaeden Ulrich Petzold nein: 299 Axel E. Fischer (Karlsruhe- Jürgen Klimke Dr. Joachim Pfeiffer Land) Julia Klöckner Sibylle Pfeiffer Ja Dr. Maria Flachsbarth Kristina Köhler Dr. Friedbert Pflüger Klaus-Peter Flosbach Norbert Königshofen Beatrix Philipp CDU/CSU Herbert Frankenhauser Manfred Kolbe Ronald Pofalla Dr. Hans-Peter Friedrich Hartmut Koschyk Ruprecht Polenz Ulrich Adam (Hof) Rudolf Kraus Daniela Raab Ilse Aigner Erich G. Fritz Michael Kretschmer Thomas Rachel Jochen-Konrad Fromme Günther Krichbaum Hans Raidel Dietrich Austermann Hans-Joachim Fuchtel Günter Krings Dr. Peter Ramsauer Norbert Barthle Dr. Jürgen Gehb Dr. Martina Krogmann Peter Rauen Dr. Wolf Bauer Norbert Geis Dr. Hermann Kues Christa Reichard (Dresden) Günter Baumann Roland Gewalt Werner Kuhn (Zingst) Katherina Reiche Ernst-Reinhard Beck Eberhard Gienger Dr. Karl A. Lamers Hans-Peter Repnik (Reutlingen) Georg Girisch (Heidelberg) Klaus Riegert Veronika Bellmann Michael Glos Dr. Norbert Lammert Dr. Heinz Riesenhuber Dr. Christoph Bergner Ralf Göbel Barbara Lanzinger Hannelore Roedel Otto Bernhardt Dr. Reinhard Göhner Karl-Josef Laumann Dr. Norbert Röttgen Dr. Rolf Bietmann Tanja Gönner Vera Lengsfeld Franz-Xaver Romer Clemens Binninger Josef Göppel Werner Lensing Heinrich-Wilhelm Ronsöhr (B) Renate Blank Dr. Wolfgang Götzer Peter Letzgus Dr. Klaus Rose (D) Peter Bleser Ute Granold Ursula Lietz Kurt J. Rossmanith Antje Blumenthal Kurt-Dieter Grill Walter Link (Diepholz) Dr. Christian Ruck Dr. Maria Böhmer Reinhard Grindel Eduard Lintner Volker Rühe Wolfgang Börnsen Hermann Gröhe Dr. Klaus W. Lippold Albert Rupprecht (Weiden) (Bönstrup) Michael Grosse-Brömer (Offenbach) Peter Rzepka Dr. Wolfgang Bötsch Markus Grübel Patricia Lips Anita Schäfer (Saalstadt) Jochen Borchert Manfred Grund Dr. Michael Luther Dr. Wolfgang Schäuble Wolfgang Bosbach Karl-Theodor Freiherr von Dorothee Mantel Hartmut Schauerte Klaus Brähmig und zu Guttenberg Erwin Marschewski Andreas Scheuer Dr. Ralf Brauksiepe Olav Gutting (Recklinghausen) Norbert Schindler Helge Braun Holger-Heinrich Haibach Stephan Mayer (Altötting) Georg Schirmbeck Monika Brüning Gerda Hasselfeldt Conny Mayer (Baiersbronn) Bernd Schmidbauer Georg Brunnhuber Klaus-Jürgen Hedrich Dr. Martin Mayer Christian Schmidt (Fürth) Hartmut Büttner Helmut Heiderich (Siegertsbrunn) Andreas Schmidt (Mülheim) (Schönebeck) Ursula Heinen Wolfgang Meckelburg Dr. Andreas Schockenhoff Verena Butalikakis Siegfried Helias Dr. Michael Meister Dr. Ole Schröder Cajus Caesar Uda Carmen Freia Heller Friedrich Merz Bernhard Schulte-Drüggelte Manfred Carstens (Emstek) Michael Hennrich Laurenz Meyer (Hamm) Uwe Schummer Peter H. Carstensen Jürgen Herrmann Doris Meyer (Tapfheim) Wilhelm Josef Sebastian (Nordstrand) Bernd Heynemann Maria Michalk Horst Seehofer Gitta Connemann Ernst Hinsken Hans Michelbach Kurt Segner Leo Dautzenberg Robert Hochbaum Klaus Minkel Matthias Sehling Hubert Deittert Joachim Hörster Marlene Mortler Marion Seib Albert Deß Klaus Hofbauer Stefan Müller (Erlangen) Heinz Seiffert Alexander Dobrindt Martin Hohmann Bernward Müller (Gera) Bernd Siebert Thomas Dörflinger Hubert Hüppe Dr. Gerd Müller Thomas Silberhorn Marie-Luise Dött Susanne Jaffke Hildegard Müller Johannes Singhammer Vera Dominke Dr. Peter Jahr Bernd Neumann (Bremen) Jens Spahn Maria Eichhorn Dr. Egon Jüttner Henry Nitzsche Erika Steinbach Rainer Eppelmann Bartholomäus Kalb Michaela Noll Christian von Stetten Anke Eymer (Lübeck) Steffen Kampeter Claudia Nolte Gero Storjohann Georg Fahrenschon Irmgard Karwatzki Günter Nooke Andreas Storm Ilse Falk Bernhard Kaster Dr. Georg Nüßlein Max Straubinger Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2903

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) Matthäus Strebl Dr. Guido Westerwelle Achim Großmann Lothar Mark (C) Thomas Strobl (Heilbronn) Dr. Claudia Winterstein Wolfgang Grotthaus Caren Marks Michael Stübgen Karl-Hermann Haack Christoph Matschie Antje Tillmann Hilde Mattheis Nein (Extertal) Edeltraut Töpfer Hans-Joachim Hacker Markus Meckel Dr. Hans-Peter Uhl SPD Bettina Hagedorn Ulrike Mehl Arnold Vaatz Klaus Hagemann Petra-Evelyne Merkel Volkmar Uwe Vogel Dr. Lale Akgün Alfred Hartenbach Ulrike Merten Angelika Volquartz Gerd Andres Michael Hartmann Angelika Mertens Andrea Astrid Voßhoff Ingrid Arndt-Brauer (Wackernheim) Ursula Mogg Gerhard Wächter Rainer Arnold Hubertus Heil Michael Müller (Düsseldorf) Marko Wanderwitz Hermann Bachmaier Reinhold Hemker Christian Müller (Zittau) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Bätzing Rolf Hempelmann Franz Müntefering Gerald Weiß (Groß-Gerau) Ernst Bahr (Neuruppin) Dr. Barbara Hendricks Dr. Rolf Mützenich Ingo Wellenreuther Doris Barnett Gustav Herzog Gesine Multhaupt Annette Widmann-Mauz Dr. Hans-Peter Bartels Petra Heß Volker Neumann (Bramsche) Klaus-Peter Willsch Eckhardt Barthel (Berlin) Monika Heubaum Dietmar Nietan Willy Wimmer (Neuss) Klaus Barthel (Starnberg) Gabriele Hiller-Ohm Dr. Erika Ober Matthias Wissmann Sören Bartol Stephan Hilsberg Holger Ortel Werner Wittlich Uwe Karl Beckmeyer Gerd Höfer Heinrich Paula Dagmar Wöhrl Klaus Uwe Benneter Jelena Hoffmann (Chemnitz) Johannes Pflug Elke Wülfing Dr. Axel Berg Walter Hoffmann Joachim Poß Wolfgang Zeitlmann Ute Berg (Darmstadt) Dr. Wilhelm Priesmeier Wolfgang Zöller Hans-Werner Bertl Iris Hoffmann (Wismar) Florian Pronold Petra Bierwirth Frank Hofmann (Volkach) Dr. Sascha Raabe FDP Rudolf Bindig Eike Hovermann Karin Rehbock-Zureich Daniel Bahr (Münster) Lothar Binding (Heidelberg) Klaas Hübner Gerold Reichenbach Rainer Brüderle Kurt Bodewig Christel Humme Dr. Carola Reimann Ernst Burgbacher Gerd Friedrich Bollmann Lothar Ibrügger Christel Riemann- Helga Daub Klaus Brandner Brunhilde Irber Hanewinckel Jörg van Essen Willi Brase Renate Jäger Otto Fricke Bernhard Brinkmann Jann-Peter Janssen Reinhold Robbe Horst Friedrich (Bayreuth) (Hildesheim) Klaus-Werner Jonas René Röspel Rainer Funke Hans-Günter Bruckmann Johannes Kahrs Dr. Ernst Dieter Rossmann Dr. Wolfgang Gerhardt Marco Bülow Ulrich Kasparick Karin Roth (Esslingen) (B) Hans-Michael Goldmann Dr. Michael Bürsch Dr. h.c. Susanne Kastner Michael Roth (Heringen) (D) Joachim Günther (Plauen) Hans Büttner (Ingolstadt) Ulrich Kelber Gerhard Rübenkönig Dr. Karlheinz Guttmacher Hans-Peter Kemper Ortwin Runde Dr. Christel Happach-Kasan Ulla Burchardt Klaus Kirschner Marlene Rupprecht Christoph Hartmann Hans Martin Bury Hans-Ulrich Klose (Tuchenbach) (Homburg) Marion Caspers-Merk Astrid Klug Thomas Sauer Klaus Haupt Dr. Herta Däubler-Gmelin Dr. Heinz Köhler Anton Schaaf Ulrich Heinrich Dr. Peter Danckert Fritz Rudolf Körper Gudrun Schaich-Walch Birgit Homburger Karl Diller Walter Kolbow Dr. Werner Hoyer Martin Dörmann Karin Kortmann Bernd Scheelen Dr. Heinrich L. Kolb Peter Dreßen Rolf Kramer Siegfried Scheffler Gudrun Kopp Sebastian Edathy Anette Kramme Horst Schild Jürgen Koppelin Siegmund Ehrmann Ernst Kranz Sibylle Laurischk Hans Eichel Nicolette Kressl Horst Schmidbauer Harald Leibrecht Marga Elser Volker Kröning (Nürnberg) Ina Lenke Gernot Erler Angelika Krüger-Leißner (Aachen) Sabine Leutheusser- Petra Ernstberger Dr. Hans-Ulrich Krüger Dagmar Schmidt (Meschede) Schnarrenberger Karin Evers-Meyer Horst Kubatschka Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Markus Löning Annette Faße Ernst Küchler Heinz Schmitt (Landau) Dirk Niebel Elke Ferner Helga Kühn-Mengel Carsten Schneider Günther Friedrich Nolting Gabriele Fograscher Dr. Uwe Küster Walter Schöler Hans-Joachim Otto Rainer Fornahl Ute Kumpf Karsten Schönfeld (Frankfurt) Gabriele Frechen Christine Lambrecht Fritz Schösser Detlef Parr Dagmar Freitag Christian Lange (Backnang) Olaf Scholz Cornelia Pieper Lilo Friedrich (Mettmann) Christine Lehder Wilfried Schreck Gisela Piltz Iris Gleicke Waltraud Lehn Ottmar Schreiner Dr. Andreas Pinkwart Günter Gloser Dr. Elke Leonhard Gerhard Schröder Dr. Günter Rexrodt Uwe Göllner Eckhart Lewering Gisela Schröter Marita Sehn Renate Gradistanac Gabriele Lösekrug-Möller Brigitte Schulte (Hameln) Dr. Hermann Otto Solms Angelika Graf (Rosenheim) Götz-Peter Lohmann Reinhard Schultz Dr. Rainer Stinner Dieter Grasedieck Erika Lotz (Everswinkel) Carl-Ludwig Thiele Monika Griefahn Dr. Christine Lucyga Swen Schulz (Spandau) Dr. Dieter Thomae Kerstin Griese Dirk Manzewski Dr. Angelica Schwall-Düren Jürgen Türk Gabriele Groneberg Tobias Marhold Dr. Martin Schwanholz 2904 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) Rolf Schwanitz Matthias Weisheit Volker Beck (Köln) Kerstin Müller (Köln) (C) Erika Simm Gunter Weißgerber Cornelia Behm Winfried Nachtwei Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Gert Weisskirchen Birgitt Bender Christa Nickels Dr. Cornelie Sonntag- (Wiesloch) Matthias Berninger Friedrich Ostendorff Wolgast Dr. Ernst Ulrich von Grietje Bettin Simone Probst Weizsäcker Wolfgang Spanier Alexander Bonde Claudia Roth (Augsburg) Jochen Welt Dr. Margrit Spielmann Ekin Deligöz Krista Sager Jörg-Otto Spiller Dr. Rainer Wend Dr. Thea Dückert Christine Scheel Dr. Ditmar Staffelt Lydia Westrich Jutta Dümpe-Krüger Dr. Margrit Wetzel Irmingard Schewe-Gerigk Ludwig Stiegler Franziska Eichstädt-Bohlig Rolf Stöckel Andrea Wicklein Rezzo Schlauch Jürgen Wieczorek (Böhlen) Dr. Uschi Eid Albert Schmidt (Ingolstadt) Christoph Strässer Hans-Josef Fell Rita Streb-Hesse Heidemarie Wieczorek-Zeul Petra Selg Joseph Fischer (Frankfurt) Dr. Peter Struck Dr. Dieter Wiefelspütz Ursula Sowa Katrin Dagmar Göring- Joachim Stünker Brigitte Wimmer (Karlsruhe) Rainder Steenblock Eckardt Jörg Tauss Engelbert Wistuba Silke Stokar von Neuforn Anja Hajduk Jella Teuchner Barbara Wittig Hans-Christian Ströbele Dr. Gerald Thalheim Dr. Wolfgang Wodarg Winfried Hermann Jürgen Trittin Wolfgang Thierse Verena Wohlleben Antje Hermenau Marianne Tritz Waltraud Wolff Peter Hettlich Franz Thönnes Hubert Ulrich (Wolmirstedt) Ulrike Höfken Hans-Jürgen Uhl Dr. Antje Vogel-Sperl Heidi Wright Thilo Hoppe Rüdiger Veit Dr. Antje Vollmer Uta Zapf Michaele Hustedt Jörg Vogelsänger Dr. Ludger Volmer Manfred Helmut Zöllmer Renate Künast Ute Vogt (Pforzheim) Josef Philip Winkler Dr. Christoph Zöpel Fritz Kuhn Dr. Marlies Volkmer Margareta Wolf (Frankfurt) Hans Georg Wagner Undine Kurth (Quedlinburg) BÜNDNIS 90/DIE Hedi Wegener Markus Kurth GRÜNEN Fraktionslose Abgeordnete Andreas Weigel Dr. Reinhard Loske Reinhard Weis (Stendal) Kerstin Andreae Anna Lührmann Dr. Gesine Lötzsch Petra Weis Marieluise Beck (Bremen) Jerzy Montag Petra Pau

(B) Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Ver- (D) sammlung des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU Rauber, Helmut CDU/CSU

Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in Wer stimmt für diesen Antrag? – W er stimmt dage- der Ausschussfassung mit der angenommenen Änderung gen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen zustimmen wollen, um das Handzeichen. – W er stimmt der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der gesam- dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit ten Opposition abgelehnt worden. in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitions- fraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenom- Ich rufe Tagesordnungspunkt III sowie Zusatzpunkt 2 men worden. auf: Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord- III Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- nung um den Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro- „Haushaltsentwurf 2003 überarbeitet vorlegen“ zu er- tokoll betreffend Schwermetalle vom 24. Juni weitern und jetzt als Zusatzpunkt 4 ohne Aussprache 1998 im Rahmen des Über einkommens von aufzurufen. – Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. 1979 über weiträumige gr enzüberschreitende Dann ist so beschlossen. Luftverunreinigung Ich rufe Zusatzpunkt 4 auf: – Drucksache 15/509 – Beratung des Antrags der Abgeordneten Jür gen Überweisungsvorschlag: Koppelin, Dr. Günter Rexrodt, Otto Fricke, wei- Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP ZP 2 Beratung der Abgeordneten Hubertus Heil, Klaus Haushaltsentwurf 2003 überarbeitet vorlegen Brandner, Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordne- – Drucksache 15/458 – ten Michaele Hustedt, Ulrike Höfken, Friedrich Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2905

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Frak- onsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition abge- (C) tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN lehnt worden. Die Bestimmungen der Post-Universald ienst- Wer stimmt für Sammelübersicht 14? – W er stimmt leistungsverordnung rbraucherfreundlich ve dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 14 ist mit durchsetzen den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim- men der Opposition angenommen worden. – Drucksache 15/615 – Überweisungsvorschlag: Tagesordnungspunkt IV c: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f) Innenausschuss Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- Rechtsausschuss ausschusses (2. Ausschuss) Finanzausschuss Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Sammelübersicht 22 zu Petitionen Landwirtschaft – Drucksache 15/582 – Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach- Wer stimmt dafür? – Gibt es Gegenstimmen? – Ent- ten Verfahren ohne Debatte. haltungen? – Sammelübersicht 22 ist einstimmig ange- Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an nommen worden. die in der T agesordnung fgeführten au Ausschüsse zu Tagesordnungspunkt IV d: überweisen. Sind Sie einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- ausschusses (2. Ausschuss) Ich rufe nun T agesordnungspunkt IV a bis f auf. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu Sammelübersicht 23 zu Petitionen denen keine Aussprache vorgesehen ist. – Drucksache 15/583 – Tagesordnungspunkt IV a: Wer stimmt dafür? – Gibt es Gegenstimmen? – Ent- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- haltungen? – Sammelübersicht 23 ist ebenfalls einstim- richts des Ausschusses für V erkehr, Bau- undmig angenommen worden. Wohnungswesen (14. Ausschuss) zu der Unter- Tagesordnungspunkt IV e: richtung durch die Bundesregierung Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- Stellungnahme der Kommission gemäß ausschusses (2. Ausschuss) (B) Art. 251 Abs. 2 Unterabs. 3 Buchstabe c EG- (D) Vertrag zu den Abänderungen des Eur opäi- Sammelübersicht 24 zu Petitionen schen Parlaments am gemeinsamen Stand- – Drucksache 15/584 – punkt des Rates zum Vorschlag für eine Richt- linie des Eur opäischen Parlaments und des Wer ist dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Rates zur Änderung der Richtlinie 94/25/EG Sammelübersicht 24 ist ebenfalls einstimmig angenom- über die Angleichung der Rechts- und Verwal- men worden. tungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Tagessordnungspunkt IV f: Sportboote KOM (2002) 602 endg.; Ratsdok. 15133/02 Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- ausschusses (2. Ausschuss) – Drucksachen 15/392 Nr. 2.25, 15/497 – Sammelübersicht 25 zu Petitionen Berichterstattung: Abgeordneter Siegried Scheffler – Drucksache 15/585 – Der Ausschuss empfiehlt, eine Entschließung anzu- Wer stimmt dafür? – Gibt es Gegenstimmen? – Ent- nehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – haltungen? – Auch Sammelübersicht 25 ist einstimmig Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh- angenommen worden. lung ist einstimmig angenommen worden. Da vom 31. März bis zum 4. April die nächste Tagung Tagesordnungspunkt IV b: der Parlamentarischen Versammlung des Europarats stattfindet, soll auf Wunsch der Fraktion der CDU/CSU Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- bei zwei ihrer Mitglieder noch heute ein T ausch vorge- ausschusses (2. Ausschuss) nommen werden. Der Kollege Karl-Theodor von und Sammelübersicht 14 zu Petitionen zu Guttenberg, der bisher stellvertretendes Mitglied war, soll ordentliches Mitglied werden. Der Kollege – Drucksache 15/366 – Rudolf Kraus, bisher ordentliches Mitglied, soll nun- mehr stellvertretendes Mitglied werden. Sind Sie damit Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Damit CDU/CSU auf Drucksache 15/647 vor, über den wir zu- sind die Kollegen wie vorgeschlagen auch gewählt. erst abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag Herzlichen Glückwunsch! der CDU/CSU? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koaliti- Ich rufe Punkt II der Tagesordnung auf: 2906 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) Dritte Beratung kann man heute nicht sagen. Es gibt den Spruch: Man (C) soll den Tag nicht vor dem Abend loben. So möchte ich des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- als Vorsitzender des Ausschusses auch nicht schon im wurfs eines Gesetzes über die Feststellung des März den Haushalt 2003 in Stücke zerreißen. Es ist aber Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 zumindest davon auszugehen, dass gewisse Annahmen (Haushaltsgesetz 2003) nicht so einzuhalten sein werden, wie sie unterstellt wer- – Drucksachen 15/150, 15/402, 15/551 bis den. Dazu kann ich vielleicht gleich noch ein paar Sätze 15/571, 15/572, 15/573 (neu), 15/574 – sagen. Berichterstattung: Ich möchte aber auf keinen Fall etwas vergessen, was Abgeordnete Dietrich Austermann nach meiner Meinung zu den Beratungen des Haushalts Steffen Kampeter gehört; denn wenn dem Bundestag solch ein Haushalt Walter Schöler heute und in der ganzen W oche zur Beratung vor gelegt Antje Hermenau wird, dann steckt dahinter ein ganzes Stück Arbeit. Die Dr. Günter Rexrodt leistete in diesem Fall der Haushaltsausschuss, aber nicht er allein. So habe ich als Vorsitzender des Haushaltsaus- Interfraktionell ist vereinbart, heute in die dritte Bera- schusses Veranlassung, mich im Namen aller – so denke tung einzutreten, obwohl am Dienstag und heute Ände- ich – ganz herzlich bei den Mitstreitern des Bundesfi- rungen in zweiter Beratung angenommen worden sind. nanzministeriums und des Bundesrechnungshofes zu be- Sind Sie mit diesem Vorgehen einverstanden? – Das ist danken: Herzlichen Dank dafür! der Fall. Dann ist mit der erforderlichen Mehrheit des Hauses auch so beschlossen. (Beifall im ganzen Hause) Über den Gesetzentwurf sowie über einen Entschlie- Wenn Sie jetzt auf die Bundesratsbank schauen, dann ßungsantrag der Fraktion der CDU/CSU und einen Ent- stellen Sie fest, dass dort die Mitarbeiterinnen und Mitar- schließungsantrag der Fraktion der FDP werden wir beiter des Sekretariats des Haushaltsausschusses sitzen, nach der Aussprache namentlich abstimmen; dabei geht die uns um die Uhr, oft bis spät in die Nacht, beigestan- es auch um den berühmten „grünen Antrag“. Zu einer den und zugearbeitet haben. Sie haben großes Lob ver- Reihe weiterer Entschließungsanträge erfolgt einfache dient. Herzlichen Dank! Abstimmung. (Beifall im ganzen Hause) Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Ich möchte mich auch bei den Fachausschüssen be- Aussprache eine Stunde vorgesehen, wobei die FDP acht danken, die mitberatend tätig waren. Sie haben uns viele (B) Minuten erhalten soll. – Ich höre dazu keinen W ider-Vorschläge gemacht und Anträge gestellt. Einige konn- (D) spruch. Dann ist auch so beschlossen. ten übernommen werden. Aber es liegt in der Natur der Ich eröffne die Aussprache und erteile das W ort dem Sache, dass dies nicht bei allen Anträgen möglich war . Abgeordneten Manfred Carstens, CDU/CSU-Fraktion. Auch dafür herzlichen Dank! (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Insbesondere möchte ich mich bei allen Damen und neten der FDP) Herren Abgeordneten bedanken, die dem Haushaltsaus- schuss angehören. Es herrschte eine tolle Atmosphäre. Die Koalition hat sich bemüht, angemessen kollegial zu (Emstek) (CDU/CSU): Manfred Carstens sein. Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und (Heiterkeit) Kollegen! Es geht jetzt in der Abschlussrunde noch ein- mal um den Bundeshaushalt 2003. Dieser Haushalt wird Die Opposition war imstande, zur Klimaverbesserung in einer wirtschaftlich schwierigen Lage – wir befinden beizutragen. Mein V orschlag an alle Mitglieder des uns wohl in einer Stagnation – und in einer immer Haushaltsausschusses ist, dass wir unsere Arbeit in Zu- schwieriger werdenden internationalen Lage beraten. Es kunft in diesem Geiste fortsetzen. ist schade, dass wohl niemand hier im Saal den Mut hat zu sagen, dass es sich bei dem Bundeshaushalt 2003 um (Beifall im ganzen Hause) einen Haushalt handelt, der als gelungen in die Ge- Letztendlich ist aber das Ergebnis zu bewerten und zu schichte eingehen wird. gewichten, das uns in dem Entwurf, der heute verab- (Zuruf von der SPD: Ah! – Jörg Tauss [SPD]: schiedet wird, vorgelegt worden ist. Herr Minister Eichel Da haben wir auf Sie gewartet!) wird gleich noch das Wort nehmen. Der Haushalt 2002 kann als misslungen beschrieben (Jürgen Koppelin [FDP]: Muss aber nicht!) werden. Im letzten Jahr wurden zwei wichtige Bedingungen nicht (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. eingehalten. Ob wir die V orschrift Art. in 115 des Carl-Ludwig Thiele [FDP]) Grundgesetzes diesmal erfüllen, kann niemand mit Si- cherheit sagen. Aber ausgeschlossen ist es nicht. Die Art. 115 des Grundgesetzes konnte nicht eingehalten Maastricht-Kriterien sind ähnlich zu bewerten. Man werden, die Maastricht-Kriterien ebenfalls nicht. W iehat einiges unternommen, um diese Ziele zu erreichen, der Haushalt 2003 letztlich abschließend zu bewerten ist, aber ich meine, nicht genug, auch nicht mit den Maßnah- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2907

Manfred Carstens (Emstek) (A) men, über die, ausgehend von der Regierungserklärung auch Großbritannien sind heute in einen Krieg eingetre- (C) des Bundeskanzlers, in der vorigen und in dieser Woche ten, einen Krieg mit unkalkulierbaren und unübersehba- diskutiert wurde. ren Folgen, auch ökonomischen und sozialen Folgen. Wir sehen das mit äußerstem Bedauern; unsere Rednerin- Mir steht ein Bild vor Augen, das unsere Situation nen und Redner haben das gestern und heute deutlich ge- durchaus passend beschreibt: Einem Hausbesitzer läuft macht. der Keller mit W asser voll.Was jetzt auf den W eg ge- bracht wurde, ist sozusagen bestenfalls das Leerschöpfen Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der heute begon- des Kellers mit einigen Eimern. nene Krieg Reaktionen auslösen oder verstärken wird, (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig!) die weit über den Irak hinausgehen. Es ist dabei auch für die heutige Debatte von großer Bedeutung, dass der Irak Aber wichtiger ist es, das Loch zu stopfen, damit nicht und die angrenzenden Länder wegen ihres Ölreichtums noch mehr Wasser in den Keller läuft. Dazu gehört ein zu den ökonomisch relevantesten Regionen der Erde ge- größeres Maßnahmenpaket. Es muss mehr gemacht wer- hören. den, als wir bislang auf den Weg gebracht haben. Seitens der Regierung und auch seitens der Opposition muss si- All dies bedeutet, dass ein bundesrepublikanisches cherlich noch zugelegt werden. Parlament selten unter größerer Unsicherheit und Un- gewissheit über die weitere Entwicklung einen Bundes- Wir haben eine Chance auf Einigung im Vermitt- haushalt aufstellen musste. Allenfalls Anfang der 90er - lungsausschuss, der heute Abend noch tagt. Ich will für Jahre, zu Beginn des Einigungsprozesses, hat es eine unser Land hof fen, dass dortgute Lösungen erarbeitet vergleichbare Unsicherheit und Ungewissheit gegeben; werden. Hans Eichel hat am Dienstag darauf hingewiesen. Weder (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Hans Eichel noch ich noch andere Redner aus der Koali- DIE GRÜNEN) tion leugnen, dass es in den letzten Wochen eine Reihe von Analysten und W irtschaftsforschern gegeben hat, Denn es besteht jetzt die Gefahr , dass die Zahl der Ar- die für dieses Jahr im Gegensatz zu uns von einem gerin- beitslosen auf 5 Millionen steigen könnte, wenn es noch geren realen Wirtschaftswachstum als 1 Prozent ausge- ein Jahr so weiter laufen würde. Das wäre angesichts der hen. Aber auch für all diese Experten gilt, dass ihre Pro- Herausforderungen, die man sich ver gegenwärtigengnosen extrem ungewiss sind. Dies bringen diese muss, und angesichts der internationalen Schwierigkei- Experten auch deutlich zum Ausdruck. ten, die sicherlich noch zunehmen werden, eine Katastro- phe. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, es bei die- (B) Daher ist mein Wunsch und meine Hoffnung, dass wir sem 1 Prozent zu belassen, um klarzustellen, dass wir im (D) es gemeinsam anpacken und dass wir die Maßnahmen Gegensatz zum Beispiel zur Opposition nicht mit benennen, die notwendig sind. Die Regierung muss all Schwarzmalerei, sondern mit Zuversicht an die weitere das vorlegen, was zum W ohle unseres Landes und zum wirtschaftliche Entwicklung herangehen. Wohle unseres ganzen Volkes notwendig ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Herzlichen Dank. BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Zweckoptimismus!) (Beifall im ganzen Hause) Selbstverständlich ist aber dieses 1 Prozent angesichts Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: der bestehenden großen weltwirtschaftlichen Risiken in starkem Maße eine politische Zielmarke. Gleichzeitig ist Das Wort hat jetzt der Kollege Joachim Poß. es ein Anspruch an unsere Politik, den wir im Laufe des Jahres durch richtige Entscheidungen und entschlosse- Joachim Poß (SPD): nes Handeln erfüllen werden. Eben deshalb werden wir unsere Reformanstrengungen vertiefen und intensivie- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu- ren, und zwar nicht nur punktuell, sondern, wie es der nächst möchte auch ich dem Ausschussvorsitzenden, Kanzler in seiner Regierungserklärung am 14. März Manfred Carstens, für seine souveräne Art, den Aus- 2003 ausgeführt hat, in einer Reihe von Bereichen. schuss zu leiten, herzlich danken. (Beifall im ganzen Hause) Ähnlich ist der Zusammenhang bei unserer Festle- gung, in diesem Jahr in den Bundeshaushalt keinen Zu- Ihm gebührt sicherlich ein hohes Verdienst an dem ver- schuss an die Bundesanstalt für Arbeit einzustellen. besserten Klima in diesem Ausschuss. Das kann ich hier Auch hiermit haben wir uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. deutlich sagen. Auch dafür herzlichen Dank. Angesichts der bedrückenden Lage auf dem Arbeits- markt ist es unsere Verantwortung, die Struktur und Ar- (Beifall im ganzen Hause) beitsweise der Bundesanstalt für Arbeit sowie das Instru- Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundeshaushalt, mentarium der Arbeitsmarktpolitik schnell und in einer den wir heute hier beschließen werden, ist in besonderer Weise umzugestalten, dass für die Arbeitslosen und für Weise zu bewerten, weil er in einer ganz besonderen Si- die von Arbeitslosigkeit Bedrohten eine reale und tragfä- tuation und unter besonderen Umständen aufgestellt hige Perspektive aufgebaut wird. Dabei ist ein besonde- wird. Die Vereinigten Staaten von Amerika und leider res Augenmerk auf die verschärften Problemlagen in 2908 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Joachim Poß (A) strukturschwachen Regionen nicht nur in Ostdeutsch- die erste Verantwortung für die Kommunen bei den Län- (C) land, sondern auch im Westen zu legen. dern liegt. Die bereits begonnene Reform der Arbeitsmarktpo- (Beifall der Abg. Elke Ferner [SPD]) litik ist so umfassend und innovativ , dass es erst im Laufe der nächsten Monate möglich sein wird, sicher zu In den letzten Monaten hat man gelegentlich den Ein- erkennen, ob die der Bundesanstalt zugestandene Fi- druck gewinnen können, dass nur auf Berlin gezeigt nanzdecke alles Notwendige abdecken kann. wird. Die erste V erantwortung dafür, unterschiedliche Verhältnisse insbesondere in den Flächenländern auszu- (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Also sind Sie gleichen, liegt bei den Bundesländern, meine Damen auch nicht davon überzeugt, dass das reicht!) und Herren. – Das ist eine realistische Beschreibung der Situation, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ lieber Kollege. Wir sollten die Situation realistisch be- DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: schreiben, so, wie sie ist, und sollten keine Schönfärbe- Noch regiert ihr Nordrhein-W estfalen! Nicht rei und keine Schwarzmalerei – das ist die Aufforderung vergessen!) an Ihre Adresse – betreiben. – Dies gilt für Nordrhein-Westfalen, für Bayern und für Diese Woche zeigt in aller Deutlichkeit: Die CDU/ andere Flächenländer. CSU als größte Oppositionspartei hier im Bundestag und als Mehrheitspartei im Bundesrat steht endgültig am Die Basis bei der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs Scheideweg. werden die Entlastung der Kommunen durch die Zusam- menführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie die (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Modernisierung der Gewerbesteuer sein, wie es der Kollege Carstens hat es zum Ausdruck gebracht: Es be- Kanzler letzten Freitag in seiner Regierungserklärung ginnt am heutigen Abend. Mit dem heutigen Kriegsbe- dargelegt hat und wie es von den kommunalen Spitzen- ginn und nach dem gestrigen Auftritt von Frau Merkel verbänden einhellig begrüßt worden ist. Damit ist das hier im Deutschen Bundestag werden in der Union end- Modell der W irtschaftsverbände BDI und VCI vom gültig die bisher verdeckten Strategie- und Richtungs- Tisch, das die Lasten der Finanzierung der kommunalen auseinandersetzungen ausbrechen. Haushalte einseitig auf die Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer verlagert hätte. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Kümmern Sie sich um Ihren Kram!) Da eine Lösung bis zum Beginn des nächsten Jahres nötig ist, ist es jetzt end lich Zeit für eine konkrete und Das, was wir seit einer Wche o zwischen Frau Merkel, (B) eindeutige Positionierung seitens der CDU/CSU. (D) Herrn Seehofer und Herrn Stoiber beobachten, wird nur der Anfang sein. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Was hat denn der Krieg mit dem Kündigungsschutz zu tun?) Die Union ist nämlich auch in dieser Frage nicht aufge- stellt; sie hat es nur geschickt verstanden, dass das bisher Im Gegensatz zur sozialen Kahlschlagpolitik der Neoli- nicht so transparent wurde. Sie hat kein konkretes Kon- beralen in den Reihen der Opposition zept. Die Interessenlinien gehen quer durch CDU und (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Endlich ist CSU. Die SPD-Bundestagsfraktion steht dagegen in die- der alte Poß wieder da!) ser Frage an der Seite der kommunalen Familie und der kommunalen Spitzenverbände. werden wir Sozialdemokraten bei den notwendigen Ver- änderungen für Arbeitslose Regelungen finden, die es (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ eben nicht selbstverständli ch machen, dass Menschen, DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: die ihre Arbeit verlieren, innerhalb kurzer Zeit in eine Bis zur Beerdigung steht ihr an deren Seite!) Unterstützung auf Sozialhilfeniveau durchgereicht wer- Für die Zeit bis zur umfassenden Reform haben wir den. für die Städte und Gemeinden ein ganzes Maßnahmen- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) bündel vorgesehen, das ihre Finanzkraft bereits kurzfris- tig verbessern wird, sofern die Union mitmacht. Dies ist Die Eingrenzung von Transferleistungen für Ar- die Voraussetzung; das muss man im Lande wissen. W ir beitslose setzt nach unserem Verständnis zudem voraus, können bereits in diesem Jahr unmittelbare Hilfe leisten, dass gleichlaufend für genau diese Arbeitslosen verbes- wenn die Union im Bundesrat mitspielt. serte Beschäftigungsperspektiven erarbeitet werden. (Beifall bei der SPD – Dietrich Austermann Eine der drängendsten Aufgaben in der Finanzpolitik [CDU/CSU]: Erst Schaden anrichten und dann ist die Verbesserung der Kommunalfinanzen; dies hat andere um Hilfe bitten!) gestern schon insbesondere in der Rede von Herrn Müntefering eine große Rolle gespielt. Hier werden Re- – Wären wir Ihren Vorschlägen gefolgt, gierung und Regierungsfraktionen bis zum Sommer ei- (Zuruf von der SPD: Um Gottes willen!) nen Gesetzentwurf erarbeiten, der die Finanzsituation der Gemeinden und ihre Investitionskraft nachhaltig ver- den Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer auf bessern wird. Dabei sollte nicht ver gessen werden, dass 35 Prozent zu senken und die Staatsquote herunterzufah- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2909

Joachim Poß (A) ren, dann wären alle Kommunen in der Bundesrepublik Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP): (C) Deutschland pleite. Das wäre die Konsequenz Ihrer Vor- schläge gewesen, meine Damen und Herren von der Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! CDU/CSU. Als vorhin der V orsitzendedes Haushaltsausschusses, Kollege Carstens, so schön gesprochen hat, habe ich (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ meinen Kollegen Koppelin gefragt, ob ich nicht auch in DIE GRÜNEN) diesem Ausschuss mitarbeiten dürfe. Neben dem Verzicht auf eine finanzielle Beteiligung (Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der der Kommunen am Flutopfersolidaritätsfonds und dem CDU/CSU) kommunalen Investitionsprogramm gehören dazu die Einnahmen der Kommunen aus der vor gesehenen Ab- Dort muss wohl eine freudige Stimmungslage herrschen, gabe auf rückkehrendes Steuerfluchtkapital und aus dem die der Verbesserung der atmosphärischen Beziehungen Steuervergünstigungsabbaugesetz. dient. Als ich jetzt Herrn Kollegen Poß zuhörte, habe ich von meinem Wunsch sofort wieder Abstand genommen. Den Unionsvertretern im Vermittlungsausschuss und im Bundesrat muss klar sein: Wenn sie auch im Vermitt- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – lungsverfahren das Steuervergünstigungsabbaugesetz Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Der ist nicht scheitern lassen – man könnte dieses Gesetz auch Gesetz im Haushaltsausschuss! Gott sei Dank!) für mehr Steuer gerechtigkeit in diesem Lande nennen; Wir diskutieren heute den Haushalt in einer ganz be- diesen Aspekt werden wir noch deutlicher beleuchten –, stimmten politischen Situation, die all unsere Gedanken wird dies nicht nur zur Konsequenz haben, dass im Bun- und Beiträge bestimmt. Es fällt schwer, in einer solchen deshaushalt Geld fehlen wird, sondern auch bedeuten, Situation konzentrierte, auf den Punkt gebrachte, rein fi- dass die Kommunen allein bis 2006 auf fast 7 Milliarden nanztechnisch ausgerichtete Haushaltsberatungen durch- Euro und die Länder im selben Zeitraum gar auf fast zuführen. 17 Milliarden Euro verzichten müssen. Das ist Ihre Ver- antwortung, meine Damen und Herren von der CDU/ Wichtig ist, bei diesem Haushalt und den ihn beglei- CSU! tenden politischen Diskussionen Folgendes anzumerken: Ein Stück der außenpolitischen Bedeutung der Bundes- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ republik Deutschland, ein gutes Stück ihres Gewichts in DIE GRÜNEN) internationalen Beziehungen lag nicht nur darin begrün- Ohne dieses Geld werden weder die Kommunen noch det, dass die Bundesrepublik Deutschland erklärt hat, sie die Länder ihre Arbeit für die Bür gerinnen und Bürger wolle in internationalen Or ganisationen mitarbeiten, (B) tun können. dass wir streitfrei erklärt haben, für uns seien die Verein- (D) ten Nationen der Ort der Entscheidungen, dass wir ge- Wenn Sie sich nicht bewegen, ist dieses Geld weg. sagt haben, das transatlantische Bündnis könne nie zur Auf andere Art und W eise werden diese Mittel nämlich Disposition gestellt werden oder dass wir erklärt haben, nicht bereitgestellt werden. Einen Plan B gibt es nicht wir wollten die europäische Einigung. Das ist zwar alles und wird es auch nicht geben. Schon gar nicht wird es richtig, aber der entscheidende Grund des internationa- als Ersatz eine Mehrwertsteuererhöhung geben, auch len Gewichts unseres Landes bestand in seiner volks- wenn dies von den CDU-Ministerpräsidenten Müller wirtschaftlichen Stärke, in der Bewunderung in weiten und Böhmer in dieser W oche erneut gefordert worden Teilen der Welt, welche Leistungsfähigkeit dieses Land ist. Bewegung und Kooperation oder leer bleibende entwickelt, welche Prosperität seine Volkswirtschaft hat Kassen – das ist präzise die Alternative für die Union und welche Dynamik das Land entfalten kann. beim Gesetz für mehr Steuergerechtigkeit. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Meine Damen und Herren von der Opposition, die in der Finanzpolitik zu tref fenden Entscheidungen rücken Dies gehört in die heutige Debatte, weil wir in der unaufhörlich immer näher. Damit rückt für Sie auch der großen Gefahr stehen, erneut um unsere internationale Zeitpunkt näher, endlich Farbe zu bekennen. Ich bin ge- Position ringen zu müssen; denn aufgrund handwerkli- spannt, ob die andere große Volkspartei, die Union, sich cher Fehler in außenpolitischen Fragen und falscher po- tatsächlich ihrer gesamtstaatlichen V erantwortung stel- litischer Entscheidungen hat die Bundesrepublik len wird, die sie so gern für sich reklamiert und die sie Deutschland unverkennbar immens an wirtschaftlichem leider in den Fragen, über die wir gestern und heute ge- Gewicht verloren. redet haben, oft genug nicht wahr genommen hat, wenn (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) es darauf ankam. Meine Damen und Herren, Sie sind im Interesse des gesamten Gemeinwesens am Zuge! Wenn wir diese Fehler beheben wollen – ich bin kein Haushälter, der wie viele der Kolleginnen und Kollegen (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ aus allen Fraktionen bereits jahrelang im Haushaltsaus- DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: schuss gearbeitet hat –, muss aber ein Haushalt vorgelegt Sozialismus ist das, sonst nichts!) werden, dessen Daten zumindest den Anschein der Rich- tigkeit erwecken. Das ist erste und grundlegende Voraus- Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: setzung für einen Haushalt. Das Wort hat jetzt Herr Kollege Wolfgang Gerhardt. (Beifall bei Abgeordneten der FDP) 2910 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Dr. Wolfgang Gerhardt (A) Nun steht hier keine böse Opposition, die die Daten Frage geben, wie Sie diesen Wachstumsmarkt so neu (C) bestreitet. Der Finanzminister müsste die Haushaltsrisi- ordnen wollen, dass er wettbewerbsfähig wird und Dy- ken ja selbst referieren. Ich setze Ihnen einen Preis aus, namik auslöst. Damit haben Sie in einem Kernbereich Herr Kollege Tauss: Wenn Sie mir einen Sachverständi- der Solidarität kein modernes, zeitgemäßes sozialdemo- gen nennen, der die Wachstumsprognose der Bundesre- kratisches Konzept. gierung noch teilt, schicke ich Ihnen einen Kasten tro- ckenen Rheingauer Riesling in Ihr Haus. (Jörg Tauss [SPD]: Das ist nicht Ihr Thema! – Gegenruf des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP]: (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Oh doch!) Es gibt keinen solchen Sachverständigen mehr. Die – Herr T auss, viele schreiben, Sie stünden vor einem Haushaltsrisiken haben Größenordnungen erreicht, die zweiten Godesberg. Das wollen wir einmal abwarten. man sich praktisch gar nicht vorstellen kann. W enn der Sie werden nicht darum herumkommen, weil die Realität Haushalt schon in einem solchen Zustand ist, muss man Sie dazu zwingt. sich fragen: Gibt es denn auf anderen Feldern Anstren- gungen, um Wachstumsdynamik zu stärken? (Franz Müntefering [SPD]: Die FDP ist ein Haus der Geschichte!) (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!) Sie geben in den Kernbereichen keine klare Antwort. Sie unternehmen keine An strengungen auf dem Feld Wir alle sind vor die Frage gestellt, ob Schwerpunkt un- der Steuerpolitik. Nennen Sie das Steuervergünsti- serer Politik bezüglich der sozialen Sicherungssysteme gungsabbaugesetz, wie Sie wollen. Der T itel verheißt der alte Kampf über die Verteilung der Kosten für die so- anderes, aber in den Portemonnaies der Menschen wirkt ziale Begleitung von Arbeitslosigkeit sein soll oder ob es wie eine Steuererhöhung. Das ist das Kontraproduk- wir die Courage und den Mut haben, Maßnahmen zu er- tivste, was man in dieser Situation unternehmen kann. greifen, um die größte soziale Sicherheit wieder zu erhal- Damit ist auch kein Trost für die kommunalen Finanzen ten, und zwar durch die Stärkung der Wachstumskräfte verbunden. und somit durch die Schaf fung von Arbeitsplätzen. Da- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) rauf kommt es an. Die politischen Begleitmaßnahmen, die bisher in den Haushaltsberatungen vor getragen wor- Blenden Sie die Regierungserklärung des Bundes- den sind, reichen nicht aus. kanzlers in diese Schlussdebatte noch einmal ein: Er hat eine Kette von Maßnahmen benannt, denen wir zustim- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten men können, soweit sie Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe der CDU/CSU) und Arbeitslosengeld betreffen. Er hat aber ebenso eine (B) Ich sage das deshalb, weil es auch einem Oppositions- (D) Kette von Maßnahmen genannt, die Sie schon einkalku- politiker nicht gleichgültig ist, welche Zukunftschan- liert haben, die aber nach dem, was man in den Parla- cen ein Land hat, in dem andere regieren. Wir haben ein mentsdebatten wahrnehmen konnte, noch nicht einmal massives Interesse daran, dass die Bundesrepublik mit Sicherheit in den Reihen der Koalitionsfraktionen Deutschland, eine der chancenreichsten Volkswirtschaf- ungeteilte Zustimmung finden. Die Gesetzentwürfe lie- ten dieser Welt, wieder auf die Füße kommt. W ir haben gen uns überhaupt noch nicht vor. aber, insbesondere angesichts der weltpolitischen Situa- Wir könnten in Kernpunkten eine Beschäftigungsdy- tion, allergrößte Zweifel, ob Deutschland mit den Haus- namik entfalten. Einer der zentralen Punkte ist dabei die haltsdaten, die selbst vom Finanzminister in Zweifel ge- Öffnung von T arifverträgen; dort gibt es überhaupt zogen werden müssen, und mit der Mentalität bei den keine Bewegung. politischen Entscheidungsprozessen – es dauert quälend lange, bis man in der Koalition die W irklichkeit zur Die Erklärung des Kommissionsvorsitzenden Rürup, Kenntnis nimmt – wirklich wieder reaktiviert werden dass eine zweite Rentenreform notwendig sei, erinnert kann. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die kriti- mich daran, dass meine Fraktion dies schon im Zusam- schen Auseinandersetzungen hier so stattfinden, als menhang mit der ersten Rentenreform von Herrn Riester wolle man Deutschland schlechtreden, wie es in den vorgetragen hat. Rürup bestätigt uns in allen Punkten: Mehrheitsfraktionen heißt. Die Lebenserwartung ist zu gering angesetzt, alle Anga- ben über Arbeitslosigkeit sind eher geschönt als realis- Uns geht es um eine bessere Politik für Deutschland. tisch betrachtet. Nun stehen wir wieder vor dieser Auf- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) gabe. Wer dies will, kann dem Haushalt nicht zustimmen. Wer (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) dies will, muss sich schon jetzt darauf einstellen, dass Der Bundeskanzler hat das nicht in ausreichendem Maße wir sobald wie möglich über Nachtragshaushalte reden angesprochen. müssen. Wer dies will, muss wissen: Es darf kein T ag mehr vergehen, ohne dass auch unangenehme politische Zum zweiten großen Sicherungssystem, der Gesund- Entscheidungen getroffen werden. heitspolitik, ist bis heute keine einzige konkrete Aus- sage der Bundesregierung vernehmbar. Sie sind zu einer Wenn Sie das bei Ihren V orlagen berücksichtigen, Diskussion darüber eigentlich gar nicht in der Lage. Sie werden wir sie gern im Haushaltsausschuss beraten. Wir können lediglich außerhalb dieses Saales runde T ische sind auch bereit, Konzepten zuzustimmen, die wir seit einrichten. Aber Sie können hier keine Antwort auf die einem Jahrzehnt vorschlagen. Sparen Sie sich den Aus- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2911

Dr. Wolfgang Gerhardt (A) druck Neoliberalismus! W enn die Bundesrepubliklich Reformen umsetzen und dürfen keine neuen Schul- (C) Deutschland wieder auf die Beine kommen soll, werden den machen. Sie das beschließen müssen, was wir seit einem Jahr- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zehnt vorschlagen. sowie bei Abgeordneten der SPD) Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Sie dagegen kritisieren selbst vor dem Hinter grund (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) der schwierigen Rahmenbedingungen, dass wir dem Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit einen Deckel Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: auflegen. Das kann ich nicht nachvollziehen; denn das bedeutet, dass Sie Reformdruck wegnehmen. So kom- Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anja Hajduk. men wir bei den Aufgaben, die im Bereich des Arbeits- marktes anstehen, nicht weiter. Deshalb können wir Ihre Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vorschläge nicht annehmen. Gleichwohl muss ich zuge- ben, dass wir mit dem ehr geizigen Ziel, der Bundesan- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! stalt keine Zuschüsse mehr zu gewähren, ein gewisses Herr Gerhardt, leider büxen Sie bei einer entscheidenden Risiko eingehen. Frage aus. Wenn Sie die Zeitungen lesen – das tun Sie; da bin ich (Jürgen Koppelin [FDP]: Im Haushaltsaus- mir sicher –, dann können Sie in den Kommentaren le- schuss!) sen, es sei wichtig, bei der seit langer Zeit unveränderten – Bezüglich des Haushaltsausschusses muss man zur Anstalt von politischer Seite her Reformdruck zu er- Richtigstellung sagen: Sie können getrost kommen, Herr zeugen. Das unterstützt uns darin, dass es richtig war , Gerhardt; denn Herr Poß ist kein Mitglied dieses Aus- dass wir uns dieses ehr geizige Ziel gesetzt haben und schusses. Aber wenn Herr Poß Mitglied wäre, wäre das dass wir es auch beibehalten. Sie dagegen empfehlen uns auch interessant. eine Erhöhung der konsumtiven Ausgaben, was Sie sonst immer geißeln. (Heiterkeit bei der FDP) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Es ist unstreitig, dass dieser Haushalt nicht nur in einer und bei der SPD) ganz schwierigen Zeit, sondern auch an einem ganz trau- rigen Tag abschließend beraten wird. In den letzten T a- Ich finde es nicht richtig – auch das muss ich hier an- gen habe ich vonseiten der Opposition den Vorwurf ge- sprechen –, dass Sie sich in ein Loch fallen lassen und hört, er sei auf Sand gebaut und er sei gar nicht nur auf pessimistische Prognosen hören. Das kann man (B) verlässlich. Ich möchte Sie fragen: Was ist eigentlich der auch so auffassen, dass Sie hierin Schutz suchen. Wichti- (D) Kern Ihres Vorwurfs? Zugegebenermaßen besteht auf- ger ist, auch in einer Krise die Chance zur Veränderung grund der äußeren Rahmenbedingungen eine besondere zu nutzen. Dazu gehört Mut. Ich hätte es besser gefun- Prognoseunsicherheit. den, Sie hätten uns mit mutigen Vorschlägen überrollt, anstatt uns nur davor zu warnen, die Verwirklichung von (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Die Pro- ehrgeizigen Zielen anzugehen. gnose ist sicher!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Es gibt hinsichtlich der Voraussagen, welches Wachstum und bei der SPD) wir erwarten können, eine gewisse Marge. Manche ge- hen von einem W achstum von 0,4 Prozent aus, andere Es ist sicherlich unstreitig, dass Deutschland kein Land von einem Wachstum in Höhe von 0,9 Prozent. Wir ha- ist, dem man nachsagen kann, wir seien bei unseren Re- ben 1 Prozent angesetzt. Diese Zahl kann man natürlich formen flott vorangekommen. Im Gegenteil: Man sagt kritisieren, aber dass Prognosen zugrunde gelegt werden, uns, wir müssten bei unseren Reformen schneller und dürfte unstreitig sein. besser werden. (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert) Herr Austermann, ich habe mich gewundert und mit einem gewissen Befremden zur Kenntnis genommen, Ich muss Sie fragen, wie Ihr Vorwurf genau lautet. welche ausführliche Wunschliste Sie am Dienstag zu Be- Wir können es uns doch nicht aussuchen, in welcher Zeit ginn unserer abschließenden Beratungen vorgetragen ha- wir leben. Da wir in einer so unsicheren Zeit leben, müs- ben. Sie sind doch sonst jemand, der für eine Konsolidie- sen wir überlegen, welche Konsequenzen sich für uns er- rung des Haushalts eintritt und dafür argumentiert, doch geben. nun haben auch Sie einen ganzen Strauß an Investitions- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wünschen vorgetragen, die Sie gerne in den Bereichen und bei der SPD – Dietrich Austermann Verkehr, Städtebau sowie Bildung und Forschung erfüllt [CDU/CSU]: Risiken werden nicht einkalku- sähen. liert! Das ist der Vorwurf!) Gegen solche Investitionen haben wir im Kern nichts – Ich will auf Ihren Zuruf eingehen. Ich frage mich, was einzuwenden. Aber wenn ich die Vielzahl Ihrer Investiti- Sie damit meinen, Risiken würden nicht einkalkuliert. onswünsche sehe – darüber hinaus nenne ich den Wenn ich mir überlege, welche Konsequenzen wir in ei- Wunsch, die Gelder für das Nationale Raumfahrtpro- ner so unsicheren Zeit hinsichtlich des Haushaltes ziehen gramm, die Werften und die diversen Gemeinschaftsauf- müssen, fällt mir nur eine Antwort ein: Wir müssen end- gaben zu erhöhen –, dann muss ich feststellen, dass Sie 2912 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Anja Hajduk (A) keine soliden Finanzierungsvorschläge haben. Das passt sollte keine falschen Prognosen abgeben und trotzdem (C) also nicht zusammen. Es muss eine Beschränkung her . handlungsfähig bleiben. Wenn Sie seriöse Finanzierungsvorschläge gemacht hät- ten, würde ich das anerkennen. Da Sie solche nicht vor- Trotz der Gefahr, dass wir in der zweiten Hälfte des legen konnten, kann ich nicht verstehen, dass Sie für Jahres vielleicht kein W achstum und keinen Aufbruch eine solche Ausweitung plädieren. erreichen können – das möchte ich deutlich sagen –, werden wir jetzt Ausgaben- und Aufgabenr eformen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angehen; eine mangelnde Reformbereitschaft wird nicht sowie bei Abgeordneten der SPD) hingenommen. Schwierige wirtschaftliche Umstände werden nicht als Ausrede zugelassen. Ich möchte auf ein anderes Thema eingehen, das mir sehr wichtig ist, nämlich auf den europäischen Stabili- (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sollen wir tätspakt. Ich muss zugeben, dass mir die öf fentliche das glauben?) Debatte hierzu nicht gefällt und dass ich die Kommen- tare hierzu kritisch sehe. Ich bin froh darüber , dass Herr Ich sage das auch vor dem Hintergrund des europäischen Clement heute Morgen deutlich gemacht hat, dass dieser Stabilitätspakts, weil ich davon überzeugt bin, dass wir Pakt nicht infrage gestellt wird und dass die Regeln mit Blick auf unsere konsumtiven Ausgaben mehr Diszi- auch weiterhin gelten werden. Innerhalb des Paktes gibt plin in Deutschland brauchen, um mehr Freiräume für es durchaus Spielräume – das ist unstreitig –, um auf die wirklichen Zukunftsaufgaben zu erhalten. spezifische Situationen wie zum Beispiel den Krieg, (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig! – dessen ökonomische Folgen nicht absehbar sind, reagie- Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Da hat sie ren zu können. Ich möchte der Regierung ganz deutlich Recht!) sagen: Ich halte die Regeln des europäischen Stabilitäts- paktes für sinnvoll. Wir müssen für den Bereich Bildung und Forschung und – ich glaube, das ist uns heute sehr deutlich gewor- (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr gut!) den – für internationale Aufgaben Freiräume erstreiten. Dafür müssen wir alle diese Disziplin einhalten. Das gilt Ich hoffe, dass in dem Rahmen der Gespräche auf euro- auch für die Regierungskoalition und nicht nur für die päischer Ebene die deutsche Regierung ihren Beitrag Opposition. dazu leisten wird, dass diese Regeln auch weiterhin ernst genommen werden. Ich glaube, nicht ohne Grund hat die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN deutsche Regierung damals unter Herrn W aigel diesen sowie bei Abgeordneten der SPD und der Pakt mitformuliert. CDU/CSU) (B) (D) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ich komme zum Schluss: Auf unserer Agenda stehen sowie bei Abgeordneten der SPD) große Veränderungen. Wir haben ein ganz konkretes po- litisches Zeitfenster, innerhalb dessen wir mit unseren Das habe ich auch deswegen ausgeführt, weil gerne Reformen gemeinsam vorankommen wollen. Es ist klar, der Vorwurf gemacht wird, man müsse die wirtschafts- dass wir in vielen Bereichen gemeinsam voranschreiten politischen Notwendigkeiten sehen. Dessen bin ich mir und auch Sie überzeugen müssen. Ich sage das nicht, bewusst. Ich bin überzeugt, dass Finanzpolitik und Wirt- weil ich denke, dass Reformen zum W ohle unserer rot- schaftspolitik sinnvoll ineinander greifen müssen. Ich grünen Regierung sind. Ich glaube, wir brauchen diese möchte darauf verweisen – die griechische Präsident- Reformen zum Wohle der Menschen in unserem Land, schaft legt das in ihrem Papier zum W ochenende dar –, und zwar besonders derer, die Arbeit suchen. dass eine prozyklische Finanzpolitik vermieden werden muss. Das ist in der wirtschaftsschwachen Situation, in Ich möchte noch einmal deutlich sagen, dass auch die der wir uns befinden, sicherlich richtig. Deshalb wollen Opposition hier Verantwortung zu tragen hat. Deswegen wir die automatischen Stabilisatoren wirken lassen. habe ich vorhin darauf verwiesen, dass Sie nicht e iner- seits sagen können, dass wir manches richtig machen (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Erklären – die Richtung ist also nicht falsch –, und andererseits Sie die bitte!) – das sage ich als Grüne – manche Bereiche quasi unter Ich denke, wenn das Wstum ach bei uns auf unter Naturschutz stellen können. 1 Prozent fällt, wird die EU von uns nicht verlangen, die (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Seit wann automatischen Stabilisatoren nicht wirken zu lassen. sind Sie gegen Naturschutz?) Aufgrund dieser EU-Regelung besteht also nicht die Ge- fahr, in eine prozyklische Finanzpolitik zu verfallen. Es macht keinen Sinn, sich im Gesundheitsbereich – ich Deswegen stelle ich mich ausdrücklich hinter diesen denke an bestimmte Lobbyisten der Apotheker – und im Pakt. Mittelstand – ich denke an V eränderungen in der Hand- werksordnung – stur zu stellen. Sie müssen mithelfen, Es könnte passieren – das muss ganz klar sein –, dass hier Verkrustungen aufzubrechen. Daran werden wir Ihre wir mit unserem Haushalt am Ende nicht so dastehen, Reformbereitschaft messen. wie wir es heute geplant haben; das hat Herr Eichel schon gesagt. Ich finde es ehrlich und richtig, zuzuge- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und ben, dass in unsicheren Zeiten Unsicherheiten bestehen. bei der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie Das bedeutet nicht fehlende politische Qualität. Man sind gegen Naturschutz!) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2913

Anja Hajduk (A) Ich sagte schon, dass zu einer wachstumsfördernden sich die Regierung anders geäußert hätte, objektiv nicht (C) Wirtschaftspolitik eine gute Finanzpolitik gehört. Nur leisten. wenn wir Ausgabendisziplin walten lassen, werden wir (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) in der Lage sein, die Zukunftsaufgaben zu meistern. In einer Zeit, in der eine starke ökonomische V erunsiche- An die Kanzlerrede letzte Woche sind viele Erwartun- rung herrscht, muss die Politik Führung beweisen. Dies gen geknüpft worden; diese sind aber wohl nicht erfüllt werden wir tun. W ir wären froh, wenn die Opposition worden. Es war wohl mehr eine Ruckel-Zuckel-Rede. unseren Weg mitgehen würde. Hierdurch könnte sie Ver- Zwar sind einzelne Maßnahmen angekündigt worden. antwortung zeigen. Das wäre zum W ohle der gesamten Aber warum sollten die Menschen und die gesellschaftli- Entwicklung in unserem Land und das ist notwendig. chen Gruppen bis hin zu den Gewerkschaften bereit sein, Veränderungen mitzutragen, wenn ihnen nicht erklärt Vielen Dank. wird, warum diese Veränderungen notwendig sind? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: und bei der SPD) Das können wir ja machen!) Sie hätten erstens sagen kö nnen, dass wir uns in ei- Vizepräsident Dr. Norbert Lammert: nem internationalen Wettbewerb – Stichwort Globalisie- Ich erteile das W ort dem Kollegen Bartholomäusrung – befinden, der so stark ist wie nie zuvor. Es gibt Kalb, CDU/CSU-Fraktion. heute praktisch keine Grenzen mehr für Kapital, W aren, Dienstleistungen und damit auch für Arbeit. Sie hätten (Beifall bei der CDU/CSU) zweitens erwähnen können, dass sich eine dramatische Veränderung im Altersaufbau unserer Bevölkerung Bartholomäus Kalb (CDU/CSU): vollzieht. In 20 Jahren wird mehr als ein Drittel unserer gesamten Bevölkerung älter als 60 Jahre sein. In w eni- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und gen Jahren wird der Anteil der unter 20-Jährigen von Herren! Wir sind heute nicht so zum Streiten aufgelegt, 21 auf 17 Prozent zurückgehen. Viele sprechen in die- wie es vielleicht üblich und notwendig wäre. Aber ich sem Zusammenhang von einer besonderen Herausforde- muss Ihnen widersprechen, Herr Müntefering. Sie haben rung für unsere Sozialsysteme. Das ist richtig. Aber das gestern in einer Kurzintervention ausgeführt, dass Sozial- ist nicht nur eine Aufgabe für unsere Sozialsysteme, son- demokraten nie einem Krieg zugestimmt haben. Das ist dern eine riesige Herausforderung für unsere V olkswirt- objektiv falsch. Ich erinnere an den Kosovo-Krieg, an schaft und deren Leistungsfähigkeit und damit auch für dem Deutschland beteiligt war. die Sicherung des Wohlstands in der Zukunft. (B) (D) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU) Wir alle haben ihn gemeinsam mitzuverantworten. Diese Entwicklungen lassen sich an auch an den Aktien- märkten ablesen. Es kommt doch nicht von ungefähr , Außerdem haben Sie gestern wieder versucht, der dass der deutsche Aktienmarkt sehr viel stärker gefal- Union den Stempel der Kriegswilligen aufzudrücken. len ist als alle anderen Aktienmärkte in Europa und auf Auch das ist nicht hinnehmbar. Uns ging es im Interesse der Welt. Die genannten Schwierigkeiten gibt es natür- eines Erfolges der diplomatischen Bemühungen immer lich auch anderswo. Aber nirgendwo ist eine solche Ent- darum, ein höchstmögliches Maß an Geschlossenheit in- wicklung eingetreten. nerhalb der UNO, der NA TO und der Europäischen Union herzustellen. Wir müssen den Menschen deutlich machen, dass der Staat und die öffentlichen Hände nur über das Geld ver- (Beifall bei der CDU/CSU) fügen, das sie vorher dem Bürger über Steuern, Abga- Nach diesem bitteren Krieg müssen sich alle gemeinsam ben, Beiträge und Gebühren aus der Tasche gezogen ha- darum bemühen, die entstandenen tiefen Gräben in der ben. NATO, der UNO und der Europäischen Union wieder (Hans Eichel, Bundesminister: Eben!) zuzuschütten, sodass wieder gemeinsam gearbeitet wer- den kann. Dabei geht es vor allen Dingen um Vertrauen. Nie gab es einen so großen Verlust an Vertrauen und Glaubwürdig- Der Bundeskanzler hat immer gesagt, es werde keine keit wie zuzeiten von Gerhard Schröder und Hans irgendwie geartete Beteiligung Deutschlands am Irak- Eichel. konflikt geben. In W irklichkeit leistet Deutschland um- (Beifall bei der CDU/CSU – Kurt J. Rossmanith fangreiche Unterstützung. Wir kritisieren das nicht. Aber [CDU/CSU]: Leider wahr!) Tatsache ist: Wir haben mehr Aufgaben und Verantwor- tung in Afghanistan übernommen. W ir haben die Über- Wie sollen denn die W irtschaft und die Menschen wachung der amerikanischen Einrichtungen und Kaser- Vertrauen haben können, wenn ein Finanzminister wider nen in Deutschland übernommen und verstärkt. W ir besseres Wissen bis zum September des ver gangenen haben ABC-Spürpanzer in Kuwait stehen. AWACS-Ma- Jahres behauptet, der Haushalt sei zwar auf Kante ge- schinen werden von Deutschen geflogen. Zudem gewäh- näht, aber man werde die Eckwerte einhalten? Ebenso ren wir den USA Überflugrechte. – So viel zur Wahrheit. wurde mit dem Hartz-Konzept ein ganzes Feuerwerk Mehr könnte Deutschland, selbst wenn es wollte und an Maßnahmen versprochen: Die Zahl der Arbeitslosen 2914 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Bartholomäus Kalb (A) sollte auf 3,5 Millionen gesenkt oder sogar halbiert wer- standen hat und Deutschlands Wirtschaft zu einem Sa- (C) den. Der Zug fährt heute aber mit 4,7 Millionen Arbeits- nierungsfall werden ließ. Hätte Hans Eichel, so Theo losen genau in die entgegengesetzte Richtung. Waigel, 1997 im Bundesrat an der Seite von Gerhard Schröder das Petersberger Steuermodell nicht blockiert, Ein paar Monate später präsentiert derselbe Finanzmi- stünde Deutschland heute im W ettbewerb besser da. nister einen Nachtragshaushalt, für den er die Störung Falsch sei auch die Rücknahme der neuen Rentenformel des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts feststellen und der Abbau der Selbstbeteiligungselemente in der lassen muss. Anstelle von 21,1 Milliarden Euro muss er Gesundheitsreform. Dem ist nichts hinzuzufügen. am Jahresende 32,7 Milliarden Euro – also 50 Prozent mehr – Nettokreditaufnahme verbuchen. Die Einhaltung (Beifall bei der CDU/CSU) der Maastricht-Kriterien ist besonders wichtig, aber leider Gottes seit der Kanzlerrede in weite Ferne gerückt. Sie kündigen jetzt ein milliardenschweres kommuna- les Kreditprogramm an. Die Kommunen brauchen aber Die konjunkturelle Erholung ist nicht in Sicht. Das in der jetzigen Situation kein Kreditprogramm, sondern IfW geht mittlerweile statt des erwarteten W achstums eine Verbesserung ihrer Einnahmen. Deshalb fordern wir von 1 Prozent nur noch von einer Zunahme um mit Nachdruck die Absenkung der Gewerbesteuer- 0,4 Prozent aus. Die Hälfte des W irtschaftswachstums umlage. wird dabei durch den Außenbeitrag geleistet. Bundes- kanzler Schröder hat sich, um auf den Maastricht-V er- (Walter Schöler [SPD] Fehler!) trag zurückzukommen, in seiner Rede am ver gangenen Man kann den Gemeinden nicht vorher das Geld weg- Freitag vom Stabilitätspakt praktisch verabschiedet, nehmen und ihnen anschließend Kredite anbieten. wenn er sagte, dass dieser Pakt nicht statisch interpretiert werden dürfe. Er sagte weiter, dass er Raum für Reaktio- (Beifall bei der CDU/CSU) nen auf unvorhergesehene Ereignisse und Phasen wirt- schaftlicher Schwäche lassen müsse. In Deutschland und Der Bundeskanzler hat in Aussicht gestellt, den Gemein- Europa seien wir in einer solchen Phase und diese Pha- den die Einzahlungen in den Fluthilfefonds zurückzuge- sen dürften nicht durch eine prozyklische Politik ausge- ben. Ich habe das seit W ochen gefordert. Wir begrüßen glichen werden. diese Absicht und fordern Sie daher auf, unserem Ent- schließungsantrag auf Drucksache 15/640 anschließend Abweichend von seinem Manuskript fügte er dann zuzustimmen. hinzu: Zum Abschluss darf ich namens der Haushaltsgruppe Wir werden diese Möglichkeiten zusammen mit un- der CDU/CSU-Fraktion, insbesondere im Namen des (B) seren Partnern offensiv nutzen. Kollegen Austermann, dem Vorsitzenden des Haushalts- (D) ausschusses Manfred Carstens für seine ausgezeichnete Die schlechte wirtschaftliche Lage wird dabei durch Ihre Führung und Sitzungsleitung danken, aber auch den Mit- ständigen Diskussionen über Steuer- und Abgabenerhö- arbeiterinnen und Mitarbeitern des Haushaltsausschus- hungen verschärft. Gabriel hat Recht, wenn er in der ses, mit denen wir teilweise schon seit vielen Jahren sehr „Passauer Neuen Presse“ vom 10. März 2003 zitiertgut zusammenarbeiten und die uns immer bestens unter- wird: stützen. Man kann nicht in Zeiten der Krise die Ener gien Ich danke auch den Kolleginnen und Kollegen insge- teurer machen, die Eigenheimzulage streichen und samt für die gute Zusammenarbeit, vor allen Dingen den 48 einzelne Steuererhöhungen bereithalten, die die Sprechern, allen voran dem Sprecher der Regierungs- wirtschaftliche Verunsicherung wachsen lassen. koalition, Kollegen W alter Schöler, Kollegin Antje Schröder hat selbst am 26. Juli gesagt:Steuererhöhun- Hermenau und dem Kollegen Jürgen Koppelin. Sie wer- gen sind in der jetzigen konjunkturellen Situation öko- den verstehen, dass ich als CSU-Mann auch unserem nomisch unsinnig und deswegen ziehen wir sie nicht in CDU/CSU-Sprecher Dietrich Austermann ganz herzlich Betracht. für seine Führung danke. (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Hört! (Beifall bei der CDU/CSU) Hört!) Ich möchte auch nicht die für den Haushalt zuständi- Dann kam das größte Steuererhöhungsprogramm in der gen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundesfinanz- Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. ministerium und in den Fachressorts ver gessen. Die Zu- arbeit und das Klima waren gute Voraussetzungen dafür, (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei auch strittige Fragen kultiviert zu beraten und einer Ent- der SPD) scheidung zuzuführen, auch wenn wir im Er gebnis na- Es ist bei Steuern und Abgaben ein Ausmaß erreicht türlich zu höchst unterschiedlichen Auf fassungen ge- worden, bei dem viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommen sind. nicht mehr mitmachen können und nicht mehr mitma- Ich danke Ihnen. chen wollen. Das haben die Wähler in Hessen, in Nie- dersachsen und Schleswig-Holstein zum Ausdruck ge- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bracht. Theo Waigel hat Recht, wenn er schreibt: Heute bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE rächt sich, dass Rot-Grün den Ernst der Lage nicht ver- GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2915

(A) Vizepräsident Dr. Norbert Lammert: Wenn Sie fragen, wie es mit der europäischen Eini- (C) gung und mit der Entwicklung Mittel- und Osteuropas Das Wort hat der Bundesfinanzminister Hans Eichel. und mit Russland aussieht, muss ich sagen: Es gibt kein Land, das in solch intensivem Maße die europäische Ei- Hans Eichel, Bundesminister der Finanzen: nigung, und zwar im W esten wie im Osten, finanziert Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und wie Deutschland. Ich denke, das ist eine angemessene Herren! Da es of fensichtlich der Nachmittag der Dank- Antwort auf die Rolle, die wir früher in Europa gespielt sagungen ist, will auch ich meinen Beitrag leisten. Ich haben. Das können wir mit Selbstbewusstsein sagen und sage ausdrücklich herzlichen Dank an den V orsitzenden das sollten wir auch tun. und alle Mitglieder des Haushaltsausschusses für die un- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ beschadet allen Streits sehr konstruktive und im Umgang DIE GRÜNEN) freundliche Art der Zusammenarbeit. Man ist dort ja nicht in der Öffentlichkeit; es macht keinen Sinn, sich im Ich stimme denjenigen nicht zu, die sagen, Deutsch- Ausschuss so zu traktieren, wie wir es leider gelegentlich land habe an wirtschaftspolitischem Gewicht in der in der Öffentlichkeit tun. Da kann jeder vor seiner eige- Welt verloren; denn das Gegenteil ist richtig. Wir haben nen Tür kehren. – im Januar ist es wieder deutlich geworden – einen Zuwachs beim Export von 6,7 Prozent. Wir sind die Ich möchte auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbei- drittgrößte Wirtschaftsnation der Erde und im Export Vize- tern des Sekretariats Dank sagen und bitte den Vorsitzen- weltmeister. Wenn Sie denExport der großen W irt- den, meinen Dank weiterzugeben. Ich freue mich, dass schaftsnationen pro Kopf umrechnen, werden Sie sehen: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesfinanz- Wir Deutschen sind Weltmeister im Export – und das mit ministeriums, die übrigens länger als jeder Minister im wachsendem Anteil. Hause sind – das ist bekannt –, ebenfalls von allen Seiten des Hauses Anerkennung für ihre Arbeit finden. Das Man kann wirklich nicht sagen – das wäre eine völlig freut mich als derzeitiger Chef dieses Hauses und ich falsche Diagnose und man würde dann völlig falsche werde den Dank und die Anerkennung selbstverständ- Konsequenzen ziehen –, dass die deutsche Wirtschaft am lich weitergeben. Abgrund steht. Das Gegenteil ist der Fall. Die deutsche Wirtschaft ist hoch wettbewerbsfähig und hat in den letz- (Beifall bei Abgeordneten der SPD, des ten zehn Jahren – ich sage ausdrücklich: in den letzten BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der zehn Jahren – an W ettbewerbsfähigkeit außerordentlich CDU/CSU) hinzugewonnen. Das ist die Wahrheit zu Beginn des Jah- res 2003. Wir befinden uns in der Tat in einer besonderen Situa- (B) (D) tion. Diese wischt die unterschiedlichen Konzepte der (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Parteien nicht beiseite, aber ich denke, sie bringt uns des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) dazu, ein wenig anders mit ihnen umzugehen. Ich will als Finanzminister ein paar Betrachtungen über unsere Das Problem, vor dem wir stehen, ist eine ausgespro- internationale Situation anstellen; denn – das will ich chene Schwäche bei der Binnenkonjunktur. Wir müssen festhalten, das hat tiefe historische Ursachen – Deutsch- jedoch genauer hinschauen. Ich habe am Montag ein Ge- land ist in Bezug auf die Verwendung seiner Finanzmit- spräch mit dem Chef eines großen, weltweit tätigen ame- tel international außerordentlich stark engagiert, und rikanischen Unternehmens geführt, der das sehr klar ana- zwar in allen zivilen Bereichen, weniger in den militäri- lysiert hat. Deutschland hat im Zusammenhang mit der schen. Das hat Gründe, die jeder nachvollziehen kann. Wiedervereinigung enorme Verpflichtungen – ich sage Bei den Japanern ist das übrigens nicht sehr viel anders. jetzt nicht: Lasten – auf sich genommen. Auch das müs- Die Gründe für dieses Verhalten reichen bis zum Zwei- sen wir in die Analyse mit einbeziehen. Es geht mir ten Weltkrieg und zu seinen Folgen zurück. nicht, weil das immer wieder aufkommt, um einen Blick zurück im Zorn – das hilft uns auch nicht weiter –, son- Deutschland steht bezüglich seiner Beiträge zu allen dern darum, dass wir gemeinsam die richtige Zustands- internationalen Organisationen mustergültig da. W enn analyse erstellen. sich alle so verhielten, hätten die internationalen Organi- sationen ein anderes Gewicht; denn an der Zahlungsmo- Wir haben in den 90er -Jahren den Anteil der Staats- ral der Mitglieder lässt sich einiges darüber ablesen, wel- schuld am Bruttoinlandsprodukt um 20 Prozent gestei- che Bedeutung man den internationalen Or ganisationen gert. Wir haben enorme Lasten den sozialen Sicherungs- zumisst. systemen aufgebürdet. Dieses Problem zu lösen stellt eine Generationenaufgabe dar. Darin liegen die großen (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Vorbelastungen. In diesem Hause wurde das übrigens DIE GRÜNEN) deutlich, als wir über den Solidarpakt II entschieden ha- ben, der bis 2020 gilt und bis dahin die Infrastruktur- Deutschland steht weltweit bei der Entwicklungshilfe lücke schließen soll, die zwischen den ostdeutschen und an dritter Stelle. Man kann natürlich sagen: Das reicht den westdeutschen Ländern besteht. Wir schultern inso- nicht; wir sind vom 0,7-Prozent-Ziel noch sehr weit ent- fern eine Aufgabe, die kein anderes Land in diesem Um- fernt. – Aber andere Länder , die ökonomisch stärker fang hat. sind, sind noch weiter davon entfernt. Unter den Großen dieser Erde haben wir jedenfalls unseren angemessenen Da ich heute Abend wieder mit den europäischen Platz. Kollegen zusammenkomme, lassen Sie mich in diesem 2916 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Bundesminister Hans Eichel (A) Zusammenhang noch eines anmerken: Bei allen Sor gen, Ereignissen des 1 1. September die Schuld daran gege- (C) die uns die Arbeitslosigkeit bereitet: Sie ist in Deutsch- ben. land niedriger als in Frankreich und Italien, in Ländern also, die eine solche Aufgabe nicht zu schultern haben. Auch ohne den Irakkrieg stehen wir vor einer Reihe Das ändert zwar nichts an unsere Lage, aber wir müssen großer Aufgaben, die wir bewältigen müssen. Die Struk- uns einordnen, um feststellen zu können, was wir tat- turreformen, die der Bundeskanzler am Freitag benannt sächlich geleistet haben und wo wir stehen. hat, müssen durchgeführt werden. Sie werden eher noch dringlicher, weil die Herausforderungen größer gewor- Zwar liegen in der T at große Herausforderungen vor den sind. uns, aber wir dürfen sie nicht im Geist der Mutlosigkeit angehen. Das haben wir auch nicht nötig, weil wir schon Deswegen muss auch die Haushalts- und Finanzpoli- so viel geleistet haben und über eine Ausgangsbasis ver- tik in konsequenten Bahnen verlaufen. Ob dann auch die fügen, von der aus wir unsere Aufgaben wahrnehmen Wirtschaft läuft, ist eine andere Frage. Deswegen versi- können. chere ich der Kollegin Hajduk, dass es zwischen uns – das gilt auch für die Regierung – darin keine Meinungsunter- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ schiede gibt. DIE GRÜNEN) Aber eines haben manche nicht erkannt. Lassen Sie Der Haushalt 2003 ist außerordentlich anspruchsvoll. mich in diesem Zusammenhang die einzige kritische Be- Es trifft zwar zu, dass man nicht garantieren kann, ob er merkung heute machen. Ich finde es in Ordnung, wenn am Ende so abgeschlossen werden kann. Das kann man die Opposition erklärt, dass man in jedem Fall zum Sta- übrigens nie, aber die Unsicherheiten sind dieses Jahr bilitäts- und Wachstumspakt stehe. Wenn Sie auch Ihre größer als sonst während der letzten zehn Jahre. Das ist Wahlprogramme im Hinblick darauf aufgestellt hätten, aber nicht nur negativ zu beurteilen, wie die Wirt- ob sie zum Stabilitäts- und Wachstumspakt und zur schaftsdaten – wenn man die derzeit bestehenden gro- Finanzplanung passen, dann wären Sie heute glaubwür- ßen geopolitischen Probleme außer Acht lässt – gerade diger. Das musste ich sagen, weil ich es ein bisschen leid im Frühjahr dieses Jahres zeigen: Der Ifo-Geschäfts-bin. klimaindex ist zum zweiten Mal in Folge stark angestie- gen. Das gilt auch für den Index des ZEW, der im dritten (Beifall bei der SPD) Jahr in Folge angestiegen ist. Faktoren wie Auftragsein- Der Stabilitätspakt – mein Eindruck ist, dass wir im gang und Produktion weisen nach oben. Das heißt, wir Augenblick in Europa weiter sind als in diesem Hause haben guten Grund, etwas optimistischer in die Zukunft – ist kein mechanistisches Gebilde – als solches würde zu sehen. Aber es bestehen in der Tat große Unsicherhei- (B) er scheitern –, sondern ein ökonomisches. Dabei spielt (D) ten, die ich am Dienstag auch benannt habe. natürlich genau das, was Sie, Herr Kalb, zu Recht ange- Im wöchentlichen W echsel ändern sich die Stim- sprochen haben, eine Rolle, nämlich dass unsere Gesell- mungslage und die Daten. Auf der Basis dieser wöchent- schaft immer älter wird. Nur , verehrter Herr Kalb, ich lichen Veränderungen kann man keine Planung auf- muss eine kritische Bemerkung machen: Daran, dass bauen. Deshalb bleibt es da bei, dass wir unsere Daten Deutschland eine alternde Gesellschaft geworden ist – das mit dem Jahreswirtschaftsbericht sowie der Mai- und der betrifft jetzt vor allen Dingen Westdeutschland –, waren November-Steuerschätzung aufstellen. Dabei erkennen Sie nicht ganz unbeteiligt; denn in Ihrer 16-jährigen Re- wir ebenfalls, ob wir Korrekturen vornehmen müssen, gierungszeit ist zu wenig für die Familien und für die die dann auch erfolgen. Chancengleichheit der Frauen getan worden. Andere Länder waren in diesem Punkt besser. So sind die Skan- Gerade angesichts der bestehenden großen Unsicher- dinavier und die Franzosen von diesem Problem nicht in heiten empfehle ich, keine voreiligen V eränderungen gleichem Maße betroffen wie wir. Hier müssen wir et- herbeizuführen. Denn niemand weiß wirklich, was der was nachholen. Strukturreformen sind also dringend not- Krieg im Irak bedeutet. Wir haben den IWF und die Eu- wendig. ropäische Kommission gebeten, das zu untersuchen. Auch sie können, ausgehend von Annahmen über die (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Dauer des Krieges, die Höhe des Ölpreises und mögliche DIE GRÜNEN) Versorgungsengpässe, nur ein entsprechendes Szenario Wir brauchen alles, was hilft, um mehr Wachstum und entwerfen. Was aber wirklich geschehen wird, weiß nie- Beschäftigung zu erzielen. Nur in einem Punkt bleibt die mand. Deshalb rate ich dringend zur Ruhe. rot-grüne Koalition, insbesondere die Sozialdemokraten, Ich betone ausdrücklich: Die Tatsache, dass ein Krieg hart: Es wird zwar viele Zumutungen geben. Aber es ausgebrochen ist, ist kein V orwand dafür, unabhängig darf nicht alles einseitig bei den Arbeitslosen und den davon bestehende Probleme auf dieses Ereignis zu be- Arbeitnehmern abgeladen werden. Zukunftssicherheit ziehen. brauchen nicht nur Betriebe, sondern auch die Men- schen. Das sollten wir bitte nie vergessen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Kurt J. Rossmanith [CDU/ Auch vor dem 1 1. September 2001 gab es eine Reihe CSU]: Dann legen Sie doch den Gesetzent- von wirtschaftlichen Problemen. V iele haben dann den wurf vor! Sie machen doch das Gesetz!) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2917

Bundesminister Hans Eichel (A) – Zu diesem Punkt sage ich Ihnen Folgendes: Die Fi- Ich hoffe, dass es unbeschadet des Streits über unter- (C) nanzpolitik, insbesondere die Haushaltspolitik, muss den schiedliche parteipolitische Konzepte – sie sollen ja Weg nicht nur für weitere Einsparungen und für den nicht hintangestellt werden – und der Tatsache, dass wir Schuldenabbau – diesen sind wir gegangen –, sondern uns angesichts der unterschiedlichen Mehrheitsverhält- auch für weitere Steuersenkungen in den Jahren 2004 nisse in Bundestag und Bundesrat zusammenraufen und 2005 freimachen. Wir müssen deshalb auch die Sub- müssen, eine gemeinsame Verantwortung gibt und dass ventionen abbauen. Verehrter Herr Kollege, es ist zwar wir gerade unter dem Eindruck der jetzigen Situation offenkundig leicht – das ze igen mir die Reaktionen in den Willen aufbringen werden, vernünftige Kompro- diesem Land –, den Arbeitslosenhilfeempfängern Geld misse im Interesse des Landes zu erzielen. wegzunehmen. Wenn es aber – ich sage das ganz zuge- spitzt – an die Dienstwagenbesitzer geht, geht gar nichts Ich danke. mehr. Das ist unter verteilungspolitischen Gesichtspunk- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ ten nicht in Ordnung. DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vizepräsident Dr. Norbert Lammert: Übrigens, wissen Sie, dass es der Kollege Waigel war, Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege der die Dienstwagensteuer eingeführt hat? Als er das da- Jochen-Konrad Fromme, CDU/CSU-Fraktion. mals getan hat, ist nichts weiter passiert, außer dass es in (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) den Amtsstuben höherer Beamter – das habe ich als Mi- nisterpräsident selber erlebt – eine ziemliche Aufregung gegeben hat. W enn man das Ganze aber ökonomisch Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): sauber betrachtet, dann stellt man fest: W enn man Ar- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und beitslosenhilfeempfängern Geld wegnimmt – das tun Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus Zeitgrün- wir, weil es nicht zu vermeiden ist –, dann ist das ökono- den und wegen der besonderen Situation will ich mich misch betrachtet kein anderer Vorgang, als wenn man ei- dem Dank anschließen. nem Steuerpflichtigen mit einem höheren Einkommen eine etwas höhere Steuerlast auferlegt. Es sind nur unter- Herr Eichel und Frau Hajduk, ich finde es unredlich schiedliche Personengruppen. von Ihnen, über unsere Forderungen zu sprechen, ohne dabei unsere Einsparvorschläge zu berücksichtigen. Da- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ mit erwecken Sie den Eindruck von Unseriosität; dabei DIE GRÜNEN) sind Sie selbst unseriös. Wir haben entsprechende Ein- (B) (D) Wir müssen aber aufpassen, dass die Zumutungen – das sparvorschläge gemacht; deswegen war unser V orgehen gilt vor allem für die rechte Seite dieses Hauses – ge- in Ordnung. recht verteilt werden. Es darf nicht sein, dass diejenigen, (Beifall bei der CDU/CSU – W alter Schöler die große Besitzstände haben und unanständig hohe Ab- [SPD]: Das waren doch keine seriösen Ein- findungen kassieren, anderen, die weit weniger haben, sparvorschläge!) predigen, den Gürtel enger zu schnallen. So können wir die Zukunft nicht gewinnen. Der Finanzminister hat eine Grundregel, die für jeden Kassenwart und für jeden Kämmerer gilt, verletzt: Ein- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ nahmen sind vorsichtig zu schätzen und Ausgaben sind DIE GRÜNEN) großzügig anzusetzen, damit man keinen Schiffbruch er- leidet. Sie gehen genau umgekehrt vor: Die Einnahmen Ich glaube nicht, dass Sie das anders sehen. werden zu hoch und die Ausgaben zu niedrig angesetzt. Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Es stimmt zwar, Die Risiken berücksichtigen Sie gar nicht. Wundern Sie dass es unterschiedliche Mehrheiten in Bundestag und sich nicht, wenn Ihre Rechnung am Ende nicht aufgeht! Bundesrat gibt und dass die Opposition keine Konzepte (Beifall bei der CDU/CSU) – das ist Sache der Regierung – im Bundestag vorlegen muss. Aber im Bundesrat, in dem die Vertreter der Lan- Die Risiken gibt es nicht erst seit gestern. Das zu be- desregierungen sitzen, haben Sie die gleiche Verantwor- haupten ist doch eine neue Ausrede. Seit Ende letzten tung. Die Länder sind finanzpolitisch autonom und müs- Jahres wissen wir von den Experten, dass die W achs- sen ebenfalls ihren Beitrag leisten. Die Länder und die tumsraten anders als erwartet ausfallen und dass es Risi- Kommunen – das haben sich die Länder ausbedungen – ken gibt. Sie sagen: Man muss sich für ir gendetwas ent- sind schließlich zu 55 Prozent beteiligt, wenn es darum scheiden, wenn man die Risiken bewertet. – Um eine geht, das für 2004 zulässige Defizit nicht zu überschrei- solche Entscheidung zu tref fen, gibt es doch Gremien, ten. Damit haben sie auch 55 Prozent der Verantwortung Sachverständigengutachten und Ähnliches. Es ist falsch, dafür, dass wir unsere V erpflichtungen im Rahmen des wie Sie den Finger in den W ind zu halten, um dann zu Europäischen Stabilitäts- und Wachstumpaktes einhal- dem Ergebnis zu kommen, das Sie gerade brauchen. Wir ten. Das wird heute Abend das erste Mal sichtbar wer- lassen es nicht zu, dass Sie den Krieg als Ausrede benut- den. zen. Mit dem Krieg sind zusätzliche Risiken verbunden. Die anderen Risiken haben Sie auch nicht berücksichtigt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) 2918 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Jochen-Konrad Fromme (A) Herr Eichel, Sie sind ein schlechter Kassenwart. Mit Eines sage ich Ihnen schon jetzt: Bei gewinnunabhän- (C) der Umstellung auf das Halbeinkünfteverfahren haben gigen Elementen werden wir nicht mitmachen, weil das Sie die Auszahlung der Körperschaftsteuerguthaben ordnungspolitisch der falsche W eg ist. Wir können bei mutwillig losgetreten. Wir haben Sie davor gewarnt. Die den Betrieben, denen keine Gewinne ins Haus stehen, Unternehmen haben Ihnen aus guten Gründen sozusagen über Steuern doch nicht noch Liquidität abziehen. Damit einen zinslosen Kredit von 36 Milliarden Euro gegeben. würden sie in ihren wirtschaftlichen Aktivitäten noch Das heißt, Sie haben jedes Jahr 2 bis 3 Milliarden Euro mehr behindert. Das ist schlicht und einfach der falsche für die Bezahlung von Zinsen gespart. Jetzt müssen Sie Weg. die entsprechenden Guthaben auszahlen, weil Sie eine (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- falsche Politik gemacht haben, und Sie wundern sich, neten der FDP) dass das möglich ist. Den Kassenwart eines Vereins, der so etwas machen würde, würde man zum Teufel jagen. Auch hier handeln Sie wied er nach dem alten Strick- muster: Kommission einsetzen, wenn es populär ist, und (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und irgendwann, bevor überhaupt die Kommission zu einem der FDP) Ende gekommen ist, sagt der Kanzler: Wir machen das Sie haben von den Kommunen gesprochen. Die so! Kommunen liegen auch uns am Herzen. Aber was haben (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Der Sie denn gemacht? Sie haben alle Risiken, alle Aufgaben Stiegler!) – Herr Schröder hat es in Niedersachsen vorexerziert – den Kommunen zugeschoben und möglichst viel Geld Andere wollen es dann anders machen. Daraufhin strei- aus dem Finanzausgleich herausgeholt. Sie haben wie ten Sie sich und es kommt nichts dabei heraus. niemand sonst einen Raubzug durch die kommunalen Erst einmal müssen die Zahlen auf dem T isch liegen. Kassen gemacht und wundern sich jetzt über das Er geb- Sie machen die Gemeindefinanzreform in einem Blind- nis. Das ist doch der Punkt. flug. Das kann es doch wohl nicht sein! Man muss die (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Auswirkungen sehen. Erst dann kann man entscheiden. neten der FDP) Die besondere Situation Deutschlands hängt damit Zuletzt haben Sie behauptet, die Kommunen ver- zusammen, dass wir etwas anders gemacht haben als an- schuldeten sich zu hoch, deswegen kämen wir mit Brüs- dere Länder. Warum sind die Franzosen, die Engländer , sel in Schwierigkeiten und daher sollten doch die Kom- die Griechen und die Italiener mit den Ereignissen besser munen die Strafe zahlen. Das ist doch wohl der Gipfel fertig geworden? Auch sie haben die Auswirkungen des der Unseriosität! 11. September, der amerikanischen Wirtschaftsschwäche (B) (D) und der Umstellung auf den Euro zu tragen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Herr Eichel hat eben gesagt: Der Export boomt. – Das Herr Poß hat die Gemeindefinanzreform hier als kann durch Ihre Außenpolitik übrigens sehr gefährdet Wundertüte dargestellt und so getan, als wenn durch werden. – Es liegt also an der Binnenschwäche. Die diese Reform alle Probleme gelöst würden. Wenn das so Binnenschwäche haben Sie selbst verursacht. Wenn Sie ist, dann frage ich mich, warum Sie mit dieser Reform den Menschen über Ökosteuer , Tabaksteuer, Versiche- vier Jahre gewartet haben; schließlich haben Sie Ihre rungsteuer, Benzinsteuer und Stromsteuer das Geld weg- Versprechungen schon vor vier Jahren gemacht. Außer- nehmen, dann dürfen Sie sich doch nicht wundern, dass dem haben Sie den Eindruck erweckt, dass durch diese die Menschen kein Geld mehr zum Ausgeben haben. Reform Finanzprobleme gelöst werden, obwohl Sie gleichzeitig gesagt haben: Zusätzliches Geld von Bund (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- und Ländern gibt es nicht. Da Sie den Kommunen keine neten der FDP) Aufgaben nehmen, bedeutet das, dass Sie die Steuern Wenn die Menschen kein Geld mehr zum Ausgeben ha- und damit die Staatsquote erhöhen wollen. Das ist genau ben, dann kaufen sie nichts. Wenn sie nichts kaufen, gibt der falsche Weg. es keine Arbeit, weil nichts produziert werden muss. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dann gibt es weniger Steuereinnahmen und mehr Sozial- hilfeausgaben. Das ist die Spirale, die Sie in Gang ge- Diesen Weg gehen wir nicht mit. setzt haben und die Sie ständig weiter beschleunigen, Sie fordern uns auf, unsere Konzepte auf den Tisch zu statt endlich für eine Richtungsumkehr in der W irt- legen. Gestern haben Sie, auch Herr Müntefering, ge- schaftspolitik zu sorgen. sagt: Wir sorgen für die Modernisierung der Gewerbe- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) steuer. Das heißt, Sie folgen dem Vorschlag des Städte- tages oder dem des Landes Nordrhein-Westfalen. In der Sie sagen den Kommunen: Ihr kriegt die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ habe ich ebenfalls 850 Millionen Euro aus dem Fluthilfefonds erlassen. gestern gelesen, dass Herr Clement der Wirtschaft genau (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Gerade das Gegenteil versprochen hat, nämlich das BDI-Modell. haben sie es abgelehnt!) Ich kann Ihnen nur sagen: Machen Sie erst einmal mit der Kakophonie in Ihrem eigenen Laden Schluss und Im Haushaltsausschuss ist gesagt worden: W ir wollen machen Sie Vorschläge! Wenn das geschehen ist, dann das nicht im Haushalt etatisieren. – Das kann doch nur werden wir, die Opposition, Stellung nehmen. zwei Gründe haben: Entweder wollen Sie bei den Inves- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2919

Jochen-Konrad Fromme (A) titionen türken – das zählt ja als Investition – oder Sie Gibt es noch anwesende Mitglieder des Bundestages, (C) wollen es den Kommunen in W ahrheit nicht geben.die ihre Stimmkarte nicht haben abgeben können? – Das Haushaltsrechtlich können Sie es gar nicht; denn es kann ist offensichtlich nicht der Fall. Dann schließe ich die Ab- keine außerplanmäßige Ausgabe mehr sein. W ir haben stimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftfüh- es erörtert. Sie haben es abgelehnt. Das ist Ihre Art von rer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Er gebnis der Politik! Abstimmung werden wir später bekannt geben.1) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen nun zur Abstimmung über die Entschließungsanträge. Ich Sie suggerieren den Menschen und der EU, dass Sie rufe zunächst den Entschließungsantrag der Fraktion der einen Sparhaushalt beschließen, machen aber genau das CDU/CSU auf Drucksache 15/640 auf. Hierzu verlangt Gegenteil. Sie verlagern in andere Kassen. Sie formulie- die Fraktion der CDU/CSU namentliche Abstimmung. ren oben eine große Überschrift „Wir sparen“ oder „Wir Ich darf die Schriftführerinnen und Schriftführer bitten, erfüllen die Maastricht-Kriterien“ und im Kleingedruck- ihre Plätze einzunehmen. ten schreiben Sie: Das geht aber nur, wenn, wenn, wenn. – Dabei wissen Sie ganz genau, dass dieser Fall gar nicht Ich habe den Eindruck, dass wir an allen Plätzen wie- eintritt. Sie vertrauen darauf, dass die Menschen das der die Voraussetzungen füreinen zügigen Beginn der Kleingedruckte nicht lesen, und so ist es ja wahrschein- Abstimmung geschaffen haben. Ich eröf fne damit die lich auch. zweite namentliche Abstimmung. Ich nenne das: tarnen, täuschen, verschleiern. Man Haben alle anwesenden Mitglieder des Bundestages kann dafür auch andere Worte finden, die im Strafgesetz- Gelegenheit gehabt, ihre Stimmkarten abzugeben? – Es buch stehen. meldet sich niemand, der eine solche Gelegenheit nicht gehabt hätte. Daher schließe ich die zweite namentliche (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Auch Das ist Ihre Art, Politik zu machen! hier werden wir das Ergebnis der Abstimmung später be- Die Menschen haben es begrif fen; denn sonst hätten kannt geben.2) Sie die Ergebnisse von Schleswig-Holstein, Niedersach- Wir kommen nun zum Antrag der FDP auf sen und Hessen nicht kassieren müssen. Drucksache 15/711. Auch zu diesem Antrag ist eine na- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) mentliche Abstimmung beantragt. Zu einer Erklärung nach § 31 unserer Geschäftsord- (B) Sie haben davon gesprochen, wir hätten die Spenden. (D) Aber Sie haben die Quittung! nung zu ihrem Abstimmungsverhalten hat die Abgeord- nete Pau um das W ort gebeten. Es wäre vielleicht ganz (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) schön, wenn die zwar nicht ungemütliche, aber der Zweckbestimmung nicht ganz entsprechende Belage- Wenn es in Deutschland wieder aufwärts gehen soll, rung des Pultes aufgegeben würde, damit die Frau Kolle- dann müssen wir zu einer redlichen Haushaltspolitik zu- gin Pau Gelegenheit hat, ihre Erklärung vorzutragen. Ich rückkommen und wir müssen das Klima verbessern. bitte darum, auch das unmittelbare Umfeld des Redner- Wenn Sie nach V orschlägen fragen, dann antworte ich pultes ein bisschen freizuhalten. Ihnen: Ein Vorschlag kostet überhaupt nichts, nämlich: Rücktritt der Regierung. Das wäre das beste Konjunktur- Bitte schön, Frau Pau, Sie haben das Wort. programm. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Petra Pau (fraktionslos): neten der FDP) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Abgeordnete Gesine Lötzsch und ich werden den Antrag Vizepräsident Dr. Norbert Lammert: der FDP ablehnen, Ich schließe die Aussprache. (Zurufe: Oh!) Wir kommen zur Schlussabstimmung über das Haus- obwohl wir der Auffassung sind: Solange AWACS-Flug- haltsgesetz 2003; das sind die Drucksachen 15/150, zeuge mit deutscher Besatzung in der Krisenregion un- 15/402, 15/551 bis 15/571, 15/572, 15/573 (neu), 15/574 terwegs sind und solange Bundeswehrsoldaten in der und 15/704. Die Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/ Kriegsregion präsent sind, wird die Bundesrepublik in- Die Grünen verlangen namentliche Abstimmung. Ich direkt an einem völkerrechtswidrigen Angrif fskrieg be- bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorge- teiligt. sehenen Plätze einzunehmen. – Sind die Plätze an den Wir hätten mit Ja gestimmt, wenn Sie die Befassung Abstimmungsurnen besetzt? – Das scheint so zu sein. des Bundestages entsprechend dem Verfassungsgerichts- Dann eröffne ich die Abstimmung. urteil und der Gesetzeslage beantragt hätten. Wir müssen Ich weise darauf hin, dass nach dieser namentlichen Abstimmung zwei weitere namentliche Abstimmungen 1) Ergebnis Seite 2920 C anstehen. 2) Ergebnis Seite 2922 D 2920 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) aber mit Nein stimmen, da wir nur in einer These Ihres Vizepräsident Dr. Norbert Lammert: (C) Antrages mit Ihnen übereinstimmen. Wir meinen auch, dass sich der Bundestag mit diesem Bevor ich die dritte namentliche Abstimmung eröffne, Thema befassen muss. Sie wollen mitsprechen und – wie gebe ich Ihnen das von den Schriftführerinnen und ich Ihrem Antrag entnehme – zustimmen. W ir wollenSchriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen mitsprechen und dieses ablehnen. Deshalb müssen wir Schlussabstimmung zum Gesetzentwurf der Bundesre- Ihren Antrag ebenfalls ablehnen. gierung über den Bundeshaushalt für das Haushaltsjahr Danke schön. 2003 bekannt. Abgegebene Stimmen 583. Mit Ja haben gestimmt 301, mit Nein haben gestimmt 282 Mitglieder (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch des Bundestages. Enthaltungen gab es keine. Damit ist [fraktionslos]) der Gesetzentwurf angenommen.

Endgültiges Ergebnis Sebastian Edathy Lothar Ibrügger Michael Müller (Düsseldorf) Abgegebene Stimmen: 583; Siegmund Ehrmann Brunhilde Irber Christian Müller (Zittau) davon Hans Eichel Renate Jäger Franz Müntefering Marga Elser Jann-Peter Janssen Dr. Rolf Mützenich ja: 301 Gernot Erler Klaus-Werner Jonas Gesine Multhaupt nein: 282 Petra Ernstberger Johannes Kahrs Volker Neumann (Bramsche) Karin Evers-Meyer Ulrich Kasparick Dietmar Nietan Ja Annette Faße Dr. h.c. Susanne Kastner Dr. Erika Ober Elke Ferner Ulrich Kelber Holger Ortel SPD Gabriele Fograscher Hans-Peter Kemper Heinrich Paula Rainer Fornahl Klaus Kirschner Johannes Pflug Dr. Lale Akgün Gabriele Frechen Hans-Ulrich Klose Joachim Poß Gerd Andres Dagmar Freitag Astrid Klug Dr. Wilhelm Priesmeier Ingrid Arndt-Brauer Lilo Friedrich (Mettmann) Dr. Heinz Köhler Florian Pronold Rainer Arnold Iris Gleicke Fritz Rudolf Körper Dr. Sascha Raabe Hermann Bachmaier Günter Gloser Walter Kolbow Karin Rehbock-Zureich Sabine Bätzing Uwe Göllner Karin Kortmann Gerold Reichenbach (B) Ernst Bahr (Neuruppin) Renate Gradistanac Rolf Kramer Dr. Carola Reimann (D) Doris Barnett Angelika Graf (Rosenheim) Anette Kramme Christel Riemann- Dr. Hans-Peter Bartels Dieter Grasedieck Ernst Kranz Hanewinckel Eckhardt Barthel (Berlin) Monika Griefahn Nicolette Kressl Walter Riester Klaus Barthel (Starnberg) Kerstin Griese Volker Kröning Reinhold Robbe Sören Bartol Gabriele Groneberg Angelika Krüger-Leißner René Röspel Uwe Beckmeyer Achim Großmann Dr. Hans-Ulrich Krüger Dr. Ernst Dieter Rossmann Klaus Uwe Benneter Wolfgang Grotthaus Horst Kubatschka Karin Roth (Esslingen) Dr. Axel Berg Karl-Hermann Haack Ernst Küchler Michael Roth (Heringen) Ute Berg (Extertal) Helga Kühn-Mengel Gerhard Rübenkönig Hans-Werner Bertl Hans-Joachim Hacker Dr. Uwe Küster Ortwin Runde Petra Bierwirth Bettina Hagedorn Ute Kumpf Marlene Rupprecht Rudolf Bindig Klaus Hagemann Christine Lambrecht (Tuchenbach) Lothar Binding (Heidelberg) Alfred Hartenbach Christian Lange (Backnang) Thomas Sauer Kurt Bodewig Michael Hartmann Christine Lehder Anton Schaaf Gerd Friedrich Bollmann (Wackernheim) Waltraud Lehn Axel Schäfer () Klaus Brandner Hubertus Heil Dr. Elke Leonhard Gudrun Schaich-Walch Willi Brase Reinhold Hemker Eckhart Lewering Rudolf Scharping Bernhard Brinkmann Rolf Hempelmann Gabriele Lösekrug-Möller Bernd Scheelen (Hildesheim) Dr. Barbara Hendricks Götz-Peter Lohmann Dr. Hans-Günter Bruckmann Gustav Herzog Erika Lotz Siegfried Scheffler Marco Bülow Petra Heß Dr. Christine Lucyga Horst Schild Dr. Michael Bürsch Monika Heubaum Dirk Manzewski Otto Schily Hans Büttner (Ingolstadt) Gabriele Hiller-Ohm Tobias Marhold Horst Schmidbauer Edelgard Bulmahn Stephan Hilsberg Lothar Mark (Nürnberg) Ulla Burchardt Gerd Höfer Caren Marks Ulla Schmidt (Aachen) Hans Martin Bury Jelena Hoffmann (Chemnitz) Christoph Matschie Dagmar Schmidt (Meschede) Marion Caspers-Merk Walter Hoffmann Hilde Mattheis Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Dr. Herta Däubler-Gmelin (Darmstadt) Markus Meckel Heinz Schmitt (Landau) Dr. Peter Wilhelm Danckert Iris Hoffmann (Wismar) Ulrike Mehl Carsten Schneider Karl Diller Frank Hofmann (Volkach) Petra-Evelyne Merkel Walter Schöler Martin Dörmann Eike Hovermann Ulrike Merten Karsten Schönfeld Peter Dreßen Klaas Hübner Angelika Mertens Fritz Schösser Detlef Dzembritzki Christel Humme Ursula Mogg Olaf Scholz Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2921

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) Wilfried Schreck BÜNDNIS 90/DIE Dr. Wolf Bauer Josef Göppel (C) Ottmar Schreiner GRÜNEN Günter Baumann Dr. Wolfgang Götzer Ernst-Reinhard Beck Ute Granold Gerhard Schröder Kerstin Andreae (Reutlingen) Kurt-Dieter Grill Gisela Schröter Marieluise Beck (Bremen) Veronika Bellmann Reinhard Grindel Brigitte Schulte (Hameln) Volker Beck (Köln) Dr. Christoph Bergner Hermann Gröhe Reinhard Schultz Cornelia Behm Otto Bernhardt Michael Grosse-Brömer (Everswinkel) Birgitt Bender Dr. Rolf Bietmann Markus Grübel Swen Schulz (Spandau) Matthias Berninger Clemens Binninger Dr. Angelica Schwall-Düren Grietje Bettin Manfred Grund Renate Blank Dr. Martin Schwanholz Alexander Bonde Karl-Theodor Freiherr von Peter Bleser und zu Guttenberg Rolf Schwanitz Ekin Deligöz Antje Blumenthal Olav Gutting Erika Simm Dr. Thea Dückert Dr. Maria Böhmer Holger-Heinrich Haibach Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Jutta Dümpe-Krüger Franziska Eichstädt-Bohlig Wolfgang Börnsen Gerda Hasselfeldt Dr. Cornelie Sonntag- (Bönstrup) Klaus-Jürgen Hedrich Wolgast Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Dr. Wolfgang Bötsch Helmut Heiderich Dr. Margrit Spielmann Jochen Borchert Ursula Heinen Jörg-Otto Spiller Joseph Fischer (Frankfurt) Katrin-Dagmar Göring- Wolfgang Bosbach Siegfried Helias Dr. Ditmar Staffelt Klaus Brähmig Uda Carmen Freia Heller Ludwig Stiegler Eckardt Anja Hajduk Dr. Ralf Brauksiepe Michael Hennrich Rolf Stöckel Winfried Hermann Helge Braun Jürgen Herrmann Christoph Strässer Antje Hermenau Monika Brüning Bernd Heynemann Rita Streb-Hesse Peter Hettlich Georg Brunnhuber Ernst Hinsken Dr. Peter Struck Ulrike Höfken Hartmut Büttner Robert Hochbaum Joachim Stünker Thilo Hoppe (Schönebeck) Joachim Hörster Jörg Tauss Michaele Hustedt Verena Butalikakis Klaus Hofbauer Jella Teuchner Renate Künast Cajus Caesar Martin Hohmann Dr. Gerald Thalheim Fritz Kuhn Manfred Carstens (Emstek) Hubert Hüppe Wolfgang Thierse Undine Kurth (Quedlinburg) Peter H. Carstensen Susanne Jaffke Franz Thönnes Markus Kurth (Nordstrand) Dr. Peter Jahr Hans-Jürgen Uhl Dr. Reinhard Loske Gitta Connemann Dr. Egon Jüttner Leo Dautzenberg Rüdiger Veit Anna Lührmann Bartholomäus Kalb Hubert Deittert Steffen Kampeter Jörg Vogelsänger Jerzy Montag Albert Deß Irmgard Karwatzki Ute Vogt (Pforzheim) Kerstin Müller (Köln) Alexander Dobrindt Bernhard Kaster (B) Dr. Marlies Volkmer Winfried Nachtwei (D) Christa Nickels Thomas Dörflinger Siegfried Kauder (Bad Hans Georg Wagner Marie-Luise Dött Dürrheim) Hedi Wegener Friedrich Ostendorff Simone Probst Vera Dominke Volker Kauder Andreas Weigel Claudia Roth (Augsburg) Maria Eichhorn Gerlinde Kaupa Reinhard Weis (Stendal) Krista Sager Rainer Eppelmann Eckart von Klaeden Petra Weis Christine Scheel Anke Eymer (Lübeck) Jürgen Klimke Matthias Weisheit Irmingard Schewe-Gerigk Georg Fahrenschon Julia Klöckner Gunter Weißgerber Rezzo Schlauch Ilse Falk Kristina Köhler Gert Weisskirchen Albert Schmidt (Ingolstadt) Dr. Hans Georg Faust Norbert Königshofen (Wiesloch) Werner Schulz (Leipzig) Enak Ferlemann Manfred Kolbe Dr. Ernst Ulrich von Petra Selg Ingrid Fischbach Hartmut Koschyk Weizsäcker Ursula Sowa Hartwig Fischer (Göttingen) Rudolf Kraus Jochen Welt Rainder Steenblock Dirk Fischer (Hamburg) Michael Kretschmer Dr. Rainer Wend Silke Stokar von Neuforn Axel E. Fischer (Karlsruhe- Günther Krichbaum Lydia Westrich Hans-Christian Ströbele Land) Günter Krings Inge Wettig-Danielmeier Jürgen Trittin Dr. Maria Flachsbarth Dr. Martina Krogmann Dr. Margrit Wetzel Marianne Tritz Klaus-Peter Flosbach Dr. Hermann Kues Andrea Wicklein Hubert Ulrich Herbert Frankenhauser Werner Kuhn (Zingst) Jürgen Wieczorek (Böhlen) Dr. Antje Vogel-Sperl Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Karl A. Lamers (Hof) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Antje Vollmer (Heidelberg) Erich G. Fritz Dr. Norbert Lammert Dr. Dieter Wiefelspütz Dr. Ludger Volmer Jochen-Konrad Fromme Barbara Lanzinger Brigitte Wimmer (Karlsruhe) Josef Philip Winkler Margareta Wolf (Frankfurt) Dr. Michael Fuchs Karl-Josef Laumann Engelbert Wistuba Hans-Joachim Fuchtel Vera Lengsfeld Barbara Wittig Dr. Jürgen Gehb Werner Lensing Dr. Wolfgang Wodarg Nein Norbert Geis Peter Letzgus Verena Wohlleben Roland Gewalt Ursula Lietz CDU/CSU Waltraud Wolff Eberhard Gienger Walter Link (Diepholz) (Wolmirstedt) Ulrich Adam Georg Girisch Eduard Lintner Heidi Wright Ilse Aigner Michael Glos Dr. Klaus W. Lippold Uta Zapf Peter Altmaier Ralf Göbel (Offenbach) Manfred Helmut Zöllmer Dietrich Austermann Dr. Reinhard Göhner Patricia Lips Dr. Christoph Zöpel Norbert Barthle Tanja Gönner Dr. Michael Luther 2922 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) Dorothee Mantel Dr. Peter Ramsauer Erika Steinbach Hans-Michael Goldmann (C) Erwin Marschewski Peter Rauen Christian von Stetten Joachim Günther (Plauen) (Recklinghausen) Christa Reichard (Dresden) Gero Storjohann Dr. Karlheinz Guttmacher Stephan Mayer (Altötting) Katherina Reiche Andreas Storm Dr. Christel Happach-Kasan Conny Mayer (Baiersbronn) Hans-Peter Repnik Max Straubinger Christoph Hartmann Dr. Martin Mayer Klaus Riegert Matthäus Strebl (Homburg) (Siegertsbrunn) Dr. Heinz Riesenhuber Thomas Strobl (Heilbronn) Klaus Haupt Wolfgang Meckelburg Hannelore Roedel Michael Stübgen Ulrich Heinrich Dr. Michael Meister Dr. Norbert Röttgen Antje Tillmann Birgit Homburger Friedrich Merz Franz-Xaver Romer Edeltraut Töpfer Dr. Werner Hoyer Laurenz Meyer (Hamm) Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Heinrich L. Kolb Doris Meyer (Tapfheim) Dr. Klaus Rose Arnold Vaatz Gudrun Kopp Maria Michalk Kurt J. Rossmanith Volkmar Uwe Vogel Jürgen Koppelin Hans Michelbach Dr. Christian Ruck Angelika Volquartz Sibylle Laurischk Klaus Minkel Volker Rühe Andrea Astrid Voßhoff Harald Leibrecht Marlene Mortler Albert Rupprecht (Weiden) Gerhard Wächter Ina Lenke Stefan Müller (Erlangen) Peter Rzepka Marko Wanderwitz Sabine Leutheusser- Bernward Müller (Gera) Anita Schäfer (Saalstadt) Peter Weiß (Emmendingen) Schnarrenberger Dr. Gerd Müller Dr. Wolfgang Schäuble Gerald Weiß (Groß-Gerau) Markus Löning Hildegard Müller Hartmut Schauerte Ingo Wellenreuther Dirk Niebel Bernd Neumann (Bremen) Andreas Scheuer Annette Widmann-Mauz Günther Friedrich Nolting Henry Nitzsche Norbert Schindler Klaus-Peter Willsch Hans-Joachim Otto Michaela Noll Georg Schirmbeck Willy Wimmer (Neuss) (Frankfurt) Claudia Nolte Bernd Schmidbauer Matthias Wissmann Detlef Parr Günter Nooke Christian Schmidt (Fürth) Werner Wittlich Cornelia Pieper Dr. Georg Nüßlein Andreas Schmidt (Mülheim) Dagmar Wöhrl Gisela Piltz Franz Obermeier Dr. Andreas Schockenhoff Elke Wülfing Dr. Andreas Pinkwart Melanie Oßwald Dr. Ole Schröder Wolfgang Zeitlmann Dr. Günter Rexrodt Eduard Oswald Bernhard Schulte-Drüggelte Wolfgang Zöller Marita Sehn Rita Pawelski Uwe Schummer Dr. Hermann Otto Solms Ulrich Petzold Wilhelm Josef Sebastian FDP Dr. Rainer Stinner Carl-Ludwig Thiele Dr. Joachim Pfeiffer Horst Seehofer Daniel Bahr (Münster) Dr. Dieter Thomae Sibylle Pfeiffer Kurt Segner Rainer Brüderle Jürgen Türk Dr. Friedbert Pflüger Matthias Sehling Ernst Burgbacher Dr. Guido Westerwelle Beatrix Philipp Marion Seib Helga Daub (B) Dr. Claudia Winterstein (D) Ronald Pofalla Heinz Seiffert Jörg van Essen Ruprecht Polenz Bernd Siebert Otto Fricke Fraktionslose Abgeordnete Daniela Raab Thomas Silberhorn Horst Friedrich (Bayreuth) Thomas Rachel Johannes Singhammer Rainer Funke Dr. Gesine Lötzsch Hans Raidel Jens Spahn Dr. Wolfgang Gerhardt Petra Pau

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen V er- sammlungen des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU Rauber, Helmut CDU/CSU

Wir kommen zur dritten namentlichen Abstimmung. Ich kann inzwischen das von den Schriftführerinnen Sind alle Urnen besetzt? – Das scheint der Fall zu sein. Dann und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentli- eröffne ich hiermit die dritte namentliche Abstimmung. chen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kalb, Dr . Ramsauer, Dr. Meister, weite- Gibt es ein anwesendes Mitglied des Bundestages, rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU zur das seine Stimmkarte noch nicht abgegeben hat? – Das dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes scheint nicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die Ab- 2003 bekannt geben. Abgegebene Stimmen 578. Mit Ja stimmung. haben gestimmt 279, mit Nein haben gestimmt 299. Der Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit Entschließungsantrag ist damit abgelehnt. der Auszählung zu beginnen. Das Er gebnis dieser na- mentlichen Abstimmung gebe ich später bekannt.1)

1) Ergebnis Seite 2926 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2923

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) Endgültiges Ergebnis Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Karl A. Lamers Dr. Christian Ruck (C) Abgegebene Stimmen: 578; (Hof) (Heidelberg) Volker Rühe davon Erich G. Fritz Dr. Norbert Lammert Albert Rupprecht (Weiden) Jochen-Konrad Fromme Barbara Lanzinger Peter Rzepka ja: 279 Dr. Michael Fuchs Karl-Josef Laumann Anita Schäfer (Saalstadt) nein: 299 Hans-Joachim Fuchtel Vera Lengsfeld Dr. Wolfgang Schäuble Dr. Jürgen Gehb Werner Lensing Hartmut Schauerte Ja Norbert Geis Peter Letzgus Andreas Scheuer Roland Gewalt Ursula Lietz Norbert Schindler CDU/CSU Georg Girisch Walter Link (Diepholz) Georg Schirmbeck Eduard Lintner Bernd Schmidbauer Ulrich Adam Michael Glos Dr. Klaus W. Lippold Christian Schmidt (Fürth) Ilse Aigner Ralf Göbel (Offenbach) Andreas Schmidt (Mülheim) Peter Altmaier Dr. Reinhard Göhner Patricia Lips Dr. Andreas Schockenhoff Dietrich Austermann Tanja Gönner Dr. Michael Luther Dr. Ole Schröder Norbert Barthle Josef Göppel Dorothee Mantel Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Wolf Bauer Dr. Wolfgang Götzer Uwe Schummer Günter Baumann Ute Granold Erwin Marschewski (Recklinghausen) Wilhelm Josef Sebastian Ernst-Reinhard Beck Kurt-Dieter Grill Horst Seehofer (Reutlingen) Reinhard Grindel Stephan Mayer (Altötting) Kurt Segner Veronika Bellmann Hermann Gröhe Conny Mayer (Baiersbronn) Matthias Sehling Dr. Christoph Bergner Michael Grosse-Brömer Dr. Martin Mayer Marion Seib Otto Bernhardt Markus Grübel (Siegertsbrunn) Heinz Seiffert Dr. Rolf Bietmann Manfred Grund Wolfgang Meckelburg Bernd Siebert Clemens Binninger Karl-Theodor Freiherr von Dr. Michael Meister Thomas Silberhorn Renate Blank und zu Guttenberg Friedrich Merz Johannes Singhammer Peter Bleser Olav Gutting Laurenz Meyer (Hamm) Jens Spahn Antje Blumenthal Holger Haibach Doris Meyer (Tapfheim) Erika Steinbach Dr. Maria Böhmer Maria Michalk Gerda Hasselfeldt Christian von Stetten Jochen Borchert Hans Michelbach Klaus-Jürgen Hedrich Gero Storjohann Wolfgang Börnsen Klaus Minkel Helmut Heiderich Andreas Storm (Bönstrup) Marlene Mortler Ursula Heinen Max Straubinger Dr. Wolfgang Bötsch Stefan Müller (Erlangen) Siegfried Helias Matthäus Strebl Wolfgang Bosbach Bernward Müller (Gera) Uda Carmen Freia Heller Thomas Strobl (Heilbronn) Klaus Brähmig Dr. Gerd Müller Michael Hennrich Michael Stübgen Dr. Ralf Brauksiepe Hildegard Müller (B) Jürgen Herrmann Antje Tillmann (D) Helge Braun Bernd Neumann (Bremen) Bernd Heynemann Edeltraut Töpfer Monika Brüning Henry Nitzsche Ernst Hinsken Dr. Hans-Peter Uhl Georg Brunnhuber Michaela Noll Robert Hochbaum Arnold Vaatz Hartmut Büttner Claudia Nolte Joachim Hörster Volkmar Uwe Vogel (Schönebeck) Günter Nooke Klaus Hofbauer Angelika Volquartz Verena Butalikakis Dr. Georg Nüßlein Martin Hohmann Andrea Astrid Voßhoff Cajus Caesar Franz Obermeier Hubert Hüppe Gerhard Wächter Manfred Carstens (Emstek) Melanie Oßwald Susanne Jaffke Marko Wanderwitz Peter H. Carstensen Eduard Oswald Dr. Peter Jahr Peter Weiß (Emmendingen) (Nordstrand) Rita Pawelski Dr. Egon Jüttner Gerald Weiß (Groß-Gerau) Gitta Connemann Ulrich Petzold Bartholomäus Kalb Ingo Wellenreuther Leo Dautzenberg Dr. Joachim Pfeiffer Steffen Kampeter Annette Widmann-Mauz Hubert Deittert Sibylle Pfeiffer Klaus-Peter Willsch Albert Deß Irmgard Karwatzki Dr. Friedbert Pflüger Willy Wimmer (Neuss) Alexander Dobrindt Bernhard Kaster Beatrix Philipp Matthias Wissmann Thomas Dörflinger Siegfried Kauder (Bad Ronald Pofalla Werner Wittlich Marie-Luise Dött Dürrheim) Ruprecht Polenz Dagmar Wöhrl Vera Dominke Volker Kauder Daniela Raab Elke Wülfing Maria Eichhorn Gerlinde Kaupa Thomas Rachel Wolfgang Zeitlmann Rainer Eppelmann Eckart von Klaeden Hans Raidel Wolfgang Zöller Anke Eymer (Lübeck) Jürgen Klimke Dr. Peter Ramsauer Georg Fahrenschon Julia Klöckner Peter Rauen FDP Ilse Falk Kristina Köhler Christa Reichard (Dresden) Dr. Hans Georg Faust Norbert Königshofen Katherina Reiche Daniel Bahr (Münster) Enak Ferlemann Manfred Kolbe Hans-Peter Repnik Rainer Brüderle Ingrid Fischbach Hartmut Koschyk Klaus Riegert Ernst Burgbacher Hartwig Fischer (Göttingen) Rudolf Kraus Dr. Heinz Riesenhuber Helga Daub Dirk Fischer (Hamburg) Michael Kretschmer Hannelore Roedel Jörg van Essen Axel E. Fischer (Karlsruhe- Günther Krichbaum Dr. Norbert Röttgen Otto Fricke Land) Günter Krings Franz-Xaver Romer Horst Friedrich (Bayreuth) Dr. Maria Flachsbarth Dr. Martina Krogmann Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Rainer Funke Klaus-Peter Flosbach Dr. Hermann Kues Dr. Klaus Rose Dr. Wolfgang Gerhardt Herbert Frankenhauser Werner Kuhn (Zingst) Kurt J. Rossmanith Hans-Michael Goldmann 2924 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) Joachim Günther (Plauen) Marco Bülow Ulrich Kasparick Dr. Ernst Dieter Rossmann (C) Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Michael Bürsch Dr. h.c. Susanne Kastner Karin Roth (Esslingen) Dr. Christel Happach-Kasan Edelgard Bulmahn Ulrich Kelber Michael Roth (Heringen) Christoph Hartmann Ulla Burchardt Hans-Peter Kemper Gerhard Rübenkönig (Homburg) Hans Martin Bury Klaus Kirschner Ortwin Runde Klaus Haupt Marion Caspers-Merk Hans-Ulrich Klose Marlene Rupprecht Ulrich Heinrich Dr. Herta Däubler-Gmelin Astrid Klug (Tuchenbach) Birgit Homburger Dr. Peter Danckert Dr. Heinz Köhler Thomas Sauer Dr. Werner Hoyer Karl Diller Fritz Rudolf Körper Anton Schaaf Dr. Heinrich L. Kolb Martin Dörmann Walter Kolbow Axel Schäfer (Bochum) Gudrun Kopp Peter Dreßen Karin Kortmann Gudrun Schaich-Walch Jürgen Koppelin Sebastian Edathy Rolf Kramer Rudolf Scharping Sibylle Laurischk Siegmund Ehrmann Anette Kramme Bernd Scheelen Harald Leibrecht Hans Eichel Ernst Kranz Dr. Hermann Scheer Ina Lenke Marga Elser Nicolette Kressl Siegfried Scheffler Sabine Leutheusser- Gernot Erler Volker Kröning Horst Schild Schnarrenberger Petra Ernstberger Angelika Krüger-Leißner Otto Schily Markus Löning Karin Evers-Meyer Dr. Hans-Ulrich Krüger Horst Schmidbauer Dirk Niebel Annette Faße Horst Kubatschka (Nürnberg) Günther Friedrich Nolting Elke Ferner Ernst Küchler Ulla Schmidt (Aachen) Hans-Joachim Otto Gabriele Fograscher Helga Kühn-Mengel Dagmar Schmidt (Meschede) (Frankfurt) Rainer Fornahl Dr. Uwe Küster Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Detlef Parr Gabriele Frechen Ute Kumpf Heinz Schmitt (Landau) Cornelia Pieper Dagmar Freitag Christine Lambrecht Carsten Schneider Gisela Piltz Lilo Friedrich (Mettmann) Christian Lange (Backnang) Walter Schöler Dr. Andreas Pinkwart Iris Gleicke Christine Lehder Karsten Schönfeld Dr. Günter Rexrodt Günter Gloser Waltraud Lehn Fritz Schösser Marita Sehn Uwe Göllner Dr. Elke Leonhard Olaf Scholz Dr. Hermann Otto Solms Renate Gradistanac Eckhart Lewering Wilfried Schreck Dr. Rainer Stinner Angelika Graf (Rosenheim) Gabriele Lösekrug-Möller Ottmar Schreiner Carl-Ludwig Thiele Dieter Grasedieck Götz-Peter Lohmann Gerhard Schröder Dr. Dieter Thomae Monika Griefahn Erika Lotz Gisela Schröter Jürgen Türk Kerstin Griese Dr. Christine Lucyga Brigitte Schulte (Hameln) Dr. Guido Westerwelle Gabriele Groneberg Dirk Manzewski Reinhard Schultz Dr. Claudia Winterstein Achim Großmann Tobias Marhold (Everswinkel) (B) Dr. Gersine Lötzsch Swen Schulz (Spandau) (D) Wolfgang Grotthaus Lothar Mark Petra Pau Dr. Angelica Schwall-Düren Karl-Hermann Haack Caren Marks Dr. Martin Schwanholz (Extertal) Christoph Matschie Rolf Schwanitz Nein Hans-Joachim Hacker Hilde Mattheis Erika Simm Bettina Hagedorn Markus Meckel Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD Klaus Hagemann Ulrike Mehl Dr. Cornelie Sonntag- Dr. Lale Akgün Alfred Hartenbach Petra-Evelyne Merkel Wolgast Gerd Andres Michael Hartmann Ulrike Merten Dr. Margrit Spielmann Ingrid Arndt-Brauer (Wackernheim) Angelika Mertens Jörg-Otto Spiller Rainer Arnold Hubertus Heil Ursula Mogg Dr. Ditmar Staffelt Hermann Bachmaier Reinhold Hemker Michael Müller (Düsseldorf) Ludwig Stiegler Sabine Bätzing Rolf Hempelmann Christian Müller (Zittau) Rolf Stöckel Ernst Bahr (Neuruppin) Dr. Barbara Hendricks Franz Müntefering Christoph Strässer Doris Barnett Gustav Herzog Dr. Rolf Mützenich Rita Streb-Hesse Dr. Hans-Peter Bartels Petra Heß Gesine Multhaupt Dr. Peter Struck Eckhardt Barthel (Berlin) Monika Heubaum Volker Neumann (Bramsche) Joachim Stünker Klaus Barthel (Starnberg) Gabriele Hiller-Ohm Dietmar Nietan Jörg Tauss Sören Bartol Stephan Hilsberg Dr. Erika Ober Jella Teuchner Uwe Beckmeyer Gerd Höfer Holger Ortel Dr. Gerald Thalheim Klaus Uwe Benneter Jelena Hoffmann (Chemnitz) Heinrich Paula Wolfgang Thierse Dr. Axel Berg Walter Hoffmann Johannes Pflug Franz Thönnes Ute Berg (Darmstadt) Joachim Poß Hans-Jürgen Uhl Hans-Werner Bertl Iris Hoffmann (Wismar) Dr. Wilhelm Priesmeier Rüdiger Veit Petra Bierwirth Frank Hofmann (Volkach) Florian Pronold Jörg Vogelsänger Rudolf Bindig Eike Hovermann Dr. Sascha Raabe Ute Vogt (Pforzheim) Lothar Binding (Heidelberg) Klaas Hübner Karin Rehbock-Zureich Dr. Marlies Volkmer Kurt Bodewig Christel Humme Gerold Reichenbach Hans Georg Wagner Gerd Friedrich Bollmann Lothar Ibrügger Dr. Carola Reimann Hedi Wegener Klaus Brandner Brunhilde Irber Christel Riemann- Andreas Weigel Willi Brase Renate Jäger Hanewinckel Reinhard Weis (Stendal) Bernhard Brinkmann Jann-Peter Janssen Walter Riester Petra Weis (Hildesheim) Klaus-Werner Jonas Reinhold Robbe Matthias Weisheit Hans-Günter Bruckmann Johannes Kahrs René Röspel Gunter Weißgerber Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2925

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) Gert Weisskirchen Manfred Helmut Zöllmer Anja Hajduk Irmingard Schewe-Gerigk (C) (Wiesloch) Dr. Christoph Zöpel Winfried Hermann Rezzo Schlauch Dr. Ernst Ulrich von Antje Hermenau Albert Schmidt (Ingolstadt) Weizsäcker BÜNDNIS 90/DIE Peter Hettlich Werner Schulz (Berlin) Jochen Welt GRÜNEN Ulrike Höfken Petra Selg Dr. Rainer Wend Kerstin Andreae Thilo Hoppe Ursula Sowa Lydia Westrich Marieluise Beck (Bremen) Michaele Hustedt Rainder Steenblock Inge Wettig-Danielmeier Volker Beck (Köln) Renate Künast Silke Stokar von Neuforn Dr. Margrit Wetzel Cornelia Behm Fritz Kuhn Hans-Christian Ströbele Andrea Wicklein Birgitt Bender Undine Kurth (Quedlinburg) Jürgen Trittin Jürgen Wieczorek (Böhlen) Matthias Berninger Markus Kurth Marianne Tritz Heidemarie Wieczorek-Zeul Grietje Bettin Dr. Reinhard Loske Hubert Ulrich Dr. Dieter Wiefelspütz Alexander Bonde Anna Lührmann Dr. Antje Vogel-Sperl Brigitte Wimmer (Karlsruhe) Ekin Deligöz Jerzy Montag Dr. Antje Vollmer Engelbert Wistuba Dr. Thea Dückert Kerstin Müller (Köln) Dr. Ludger Volmer Barbara Wittig Winfried Nachtwei Jutta Dümpe-Krüger Josef Philip Winkler Dr. Wolfgang Wodarg Christa Nickels Franziska Eichstädt-Bohlig Margareta Wolf (Frankfurt) Verena Wohlleben Dr. Uschi Eid Friedrich Ostendorff Waltraud Wolff Simone Probst Hans-Josef Fell Fraktionslose Abgeordnete (Wolmirstedt) Joseph Fischer (Frankfurt) Claudia Roth (Augsburg) Heidi Wright Katrin Dagmar Göring- Krista Sager Dr. Gesine Lötzsch Uta Zapf Eckardt Christine Scheel Petra Pau

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU Rauber, Helmut CDU/CSU

(B) (D) Wir setzen die Abstimmungen fort. Ich rufe nun den Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf an dem EU-geführten Einsatz auf mazedoni- Drucksache 15/635 auf. W er stimmt für diesen Ent- schem Territorium zur weiteren Stabilisierung schließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – W er ent- des Friedensprozesses und zum Schutz von Be- hält sich? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. obachtern internationaler Organisationen im Rahmen der weiter en Implementierung des Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktion der politischen Rahmenabkommens vom 13. Au- CDU/CSU auf Drucksache 15/639 auf. Wer stimmt für gust 2001 auf der Grundlage des Ersuchens diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – des mazedonischen Präsidenten T rajkovski Enthaltungen? – Auch dieser Antrag ist abgelehnt. vom 17. Januar 2003 und der Resolution 1371 Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Natio- Drucksache 15/671. Wer stimmt für diesen Entschlie- nen vom 26. September 2001 ßungsantrag? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Ent- – Drucksachen 15/696, 15/709 – schließungsantrag ist mit gleicher Mehrheit abgelehnt. Berichterstattung: Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktion der Abgeordnete Volker Rühe FDP auf Drucksache 15/676 auf. Wer stimmt für diesen Gert Weisskirchen (Wiesloch) Entschließungsantrag? – W er stimmt dagegen? – W er Dr. Friedbert Pflüger enthält sich? – Der Entschließungsantrag ist ebenfalls Dr. Ludger Volmer abgelehnt. Dr. Werner Hoyer Das noch nicht vorliegende Er gebnis der letzten na- – Bericht des Haushaltsausschusses (8. Aus- mentlichen Abstimmung werde ich später bekannt geben. schuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung Ich schlage vor, dass wir in der Tagesordnung fortfah- – Drucksache 15/710 – ren, und rufe deshalb den Zusatzpunkt 3 unserer Tages- ordnung auf: Berichterstattung: Abgeordnete Antje Hermenau – Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Lothar Mark richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus- Herbert Frankenhauser schuss) zu dem Antrag der Bundesregierung: Jürgen Koppelin 2926 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) Interfraktionell ist vereinbart worden, dass von der (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (C) Frist für den Beginn der Beratung abgewichen werden DIE GRÜNEN) soll. Sind Sie damit einverstanden? – Ich stelle keinen Widerspruch fest. Dann haben wir das so beschlossen. Die Außenministerin von Mazedonien, Ilinka Mi treva, hat mir zu dieser Debatte gerade ein T elegramm ge- Ich weise darauf hin, dass wir über die Beschlussemp- schickt, in dem sie schreibt: Eine Zustimmung zum An- fehlung des Auswärtigen Ausschusses zu diesem Tages- trag der Bundesregierung bedeutete, dass die Präsenz der ordnungspunkt später namentlich abstimmen werden. EU-Kräfte ein neues Kapitel ankündigt, indem die Euro- päische Union ein Mandat der NA TO übernehme und Interfraktionell ist für die Aussprache eine Fünfminu- endlich dafür sorge, dass ESVP, über das viel debattiert tenrunde vereinbart worden. – Auch dazu gibt es of fen- wurde, endlich auch die militärische Kraft entwickelt, sichtlich keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. die erforderlich ist, damit wir in Europa unsere eigenen Probleme selbstständig lösen können. Dies zeigt, dass in Als ersten Redner erteile ich dem Kollegen Gert Mazedonien erwartet und gewünscht, ja, sogar verlangt Weisskirchen für die SPD-Fraktion das Wort. wird, dass wir heute diesen Beschluss fassen. Ich wiederhole: W as wirheute gemeinsam verab- (Wiesloch) (SPD): Gert Weisskirchen schieden, ist das richtige Modell. Ich bin froh darüber , Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! dass das gesamte Haus diesen Beschluss fassen wird. Welch ein Gegensatz: Vorhin haben wir darüber debat- Wir haben dabei gelernt – dies war in den beiden Koali- tiert, dass heute der erste T ag eines, wie wir fürchten, tionsfraktionen durchaus schwierig –, dass wir auch be- durchaus schrecklichen Krieges ist. Militärische Gewalt reit sein müssen, militärische Gewalt einzusetzen. Ent- durchbricht jetzt im Irak ein politisches Handeln, mit scheidend dabei ist aber , Herr Gerhardt, dass die dem versucht wurde, ein T errorregime mit friedlichen militärische Gewalt als ein Faktor der Stabilisierung Mitteln abzurüsten. Jetzt debattieren wir darüber, wie es von zivilen Prozessen eingesetzt wird, nicht aber , um gelungen ist und weiterhin gelingen wird, dass politi- zivile Prozesse zu durchbrechen, wie es gegenwärtig im sches Handeln militärisches Handeln durchbricht und Irak geschieht. zugleich dafür sorgt, dass zivile Lösungswege in einem (Beifall bei der SPD – Manfred Grund [CDU/ Land beschritten werden, das am Rande eines Bür ger- CSU]: Abenteuerlich!) krieges oder fast schon mitten in einem Bür gerkrieg stand. Welch ein großer Gegensatz! Das ist genau die Al- Hieran zeigt sich deutlich, um welches Modell es uns ternative, vor der wir stehen: auf der einen Seite die mili- geht. (B) tärische Option und auf der anderen Seite die zivile Op- (Manfred Grund [CDU/CSU]: Abenteuerliche (D) tion. Letztere wollen wir heute beschließen. Ein Argumentation!) besseres, klareres und überzeugenderes Beispiel dafür , wie wir Europäer unsere Probleme lösen, kann man Es ist ein Qualitätssprung, die von der NA TO beschlos- heute gar nicht finden. sene Operation Allied Harmony jetzt von der Europä- ischen Union fortzusetzen. Die Bundesregierung hat seit (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ dem Gipfel in Köln dafür gesorgt, dass diese Chance er- DIE GRÜNEN) öffnet worden ist. Ich bin froh darüber , dass wir diese Auch hier muss man noch einmal deutlich sagen, dass Chance – die Europäische Union macht mit diesem Be- wir dazu selbstverständlich auch die USA brauchen. Wir schluss einen Qualitätssprung – jetzt auch nutzen . brauchen sie, damit in Südosteuropa die Probleme wirk- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten lich gelöst werden. Wir wollen, dass die USA eine kon- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) struktive Leistung in diesen Prozess einbringen. Am An- fang waren es die USA, die den Europäern, die Vizepräsident Dr. Norbert Lammert: zerstritten und durcheinander gewesen sind, gesagt ha- ben, dass auch militärische Gewalt eingesetzt werden Bevor ich dem nächsten Redner das W ort gebe, gebe müsse. Wir haben uns dem im Kosovo und anderswo an- ich das von den Schriftführerinnen und Schriftführern geschlossen. Aber wir haben auch erkennen können, ermittelte Ergebnis der dritten namentlichen Abstim- dass nur dann, wenn multilateral zusammengearbeitet mung bekannt. Sie bezog sich auf den Entschließungs- wird, wenn also die USA dazu bereit sind, ihre starke antrag der Abgeordneten Dr . Westerwelle, Brüderle, Machtposition einzubringen, wenn die Europäische Homburger und weiterer Abgeordneter sowie der Frak- Union dazu bereit ist, ihre Kraft in den zivilen Aufbau zu tion der FDP zur dritten Beratung des Haus- stecken, und wenn die UNO dazu bereit ist, die Feder- haltsgesetzes 2003. Abgegebene Stimmen 583. Mit Ja führung zu übernehmen, ein Modell entsteht, das künftig haben gestimmt 274, mit Nein haben gestimmt besser geeignet ist, die Probleme zu lösen, als das M o- 303 Mitglieder des Bundestages, Enthaltungen 6. Der dell, das wir heute im Irak erleben. Entschließungsantrag ist damit abgelehnt. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2927

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) Endgültiges Ergebnis Dr. Hans-Peter Friedrich Karl-Josef Laumann Hartmut Schauerte (C) Abgegebene Stimmen: 583; (Hof) Vera Lengsfeld Andreas Scheuer davon Erich G. Fritz Werner Lensing Norbert Schindler Jochen-Konrad Fromme Peter Letzgus Georg Schirmbeck ja: 274 Dr. Michael Fuchs Ursula Lietz Bernd Schmidbauer nein: 303 Hans-Joachim Fuchtel Walter Link (Diepholz) Christian Schmidt (Fürth) enthalten: 6 Dr. Jürgen Gehb Eduard Lintner Andreas Schmidt (Mülheim) Norbert Geis Dr. Klaus W. Lippold Dr. Andreas Schockenhoff Ja Roland Gewalt (Offenbach) Dr. Ole Schröder Eberhard Gienger Patricia Lips Bernhard Schulte-Drüggelte CDU/CSU Georg Girisch Dr. Michael Luther Uwe Schummer Michael Glos Dorothee Mantel Wilhelm Josef Sebastian Ulrich Adam Ralf Göbel Erwin Marschewski Horst Seehofer Ilse Aigner Dr. Reinhard Göhner (Recklinghausen) Kurt Segner Peter Altmaier Tanja Gönner Stephan Mayer (Altötting) Matthias Sehling Dietrich Austermann Josef Göppel Conny Mayer (Baiersbronn) Marion Seib Norbert Barthle Dr. Wolfgang Götzer Dr. Martin Mayer Heinz Seiffert Dr. Wolf Bauer Ute Granold (Siegertsbrunn) Bernd Siebert Günter Baumann Kurt-Dieter Grill Wolfgang Meckelburg Thomas Silberhorn Ernst-Reinhard Beck Reinhard Grindel Dr. Michael Meister Johannes Singhammer (Reutlingen) Hermann Gröhe Friedrich Merz Jens Spahn Veronika Bellmann Michael Grosse-Brömer Laurenz Meyer (Hamm) Erika Steinbach Dr. Christoph Bergner Markus Grübel Doris Meyer (Tapfheim) Christian von Stetten Otto Bernhardt Manfred Grund Maria Michalk Gero Storjohann Dr. Rolf Bietmann Olav Gutting Hans Michelbach Andreas Storm Clemens Binninger Holger Haibach Klaus Minkel Max Straubinger Renate Blank Gerda Hasselfeldt Marlene Mortler Matthäus Strebl Peter Bleser Helmut Heiderich Stefan Müller (Erlangen) Thomas Strobl (Heilbronn) Antje Blumenthal Ursula Heinen Bernward Müller (Gera) Michael Stübgen Dr. Maria Böhmer Dr. Gerd Müller Antje Tillmann Wolfgang Börnsen Siegfried Helias Uda Carmen Freia Heller Hildegard Müller Edeltraut Töpfer (Bönstrup) Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Wolfgang Bötsch Michael Hennrich Bernd Neumann (Bremen) Jürgen Herrmann Henry Nitzsche Arnold Vaatz Jochen Borchert Volkmar Uwe Vogel Wolfgang Bosbach Bernd Heynemann Michaela Noll Ernst Hinsken Claudia Nolte Angelika Volquartz (B) Klaus Brähmig Andrea Astrid Voßhoff (D) Dr. Ralf Brauksiepe Robert Hochbaum Günter Nooke Joachim Hörster Dr. Georg Nüßlein Gerhard Wächter Helge Braun Marko Wanderwitz Monika Brüning Klaus Hofbauer Franz Obermeier Martin Hohmann Melanie Oßwald Peter Weiß (Emmendingen) Georg Brunnhuber Gerald Weiß (Groß-Gerau) Hartmut Büttner Hubert Hüppe Eduard Oswald Susanne Jaffke Rita Pawelski Ingo Wellenreuther (Schönebeck) Annette Widmann-Mauz Verena Butalikakis Dr. Peter Jahr Ulrich Petzold Bartholomäus Kalb Dr. Joachim Pfeiffer Klaus-Peter Willsch Cajus Caesar Willy Wimmer (Neuss) Peter H. Carstensen Steffen Kampeter Sibylle Pfeiffer Irmgard Karwatzki Dr. Friedbert Pflüger Matthias Wissmann (Nordstrand) Werner Wittlich Gitta Connemann Bernhard Kaster Beatrix Philipp Siegfried Kauder (Bad Ronald Pofalla Dagmar Wöhrl Leo Dautzenberg Elke Wülfing Hubert Deittert Dürrheim) Daniela Raab Wolfgang Zeitlmann Albert Deß Volker Kauder Thomas Rachel Wolfgang Zöller Alexander Dobrindt Gerlinde Kaupa Hans Raidel Thomas Dörflinger Eckart von Klaeden Dr. Peter Ramsauer FDP Marie-Luise Dött Jürgen Klimke Peter Rauen Vera Dominke Julia Klöckner Christa Reichard (Dresden) Daniel Bahr (Münster) Maria Eichhorn Kristina Köhler Katherina Reiche Rainer Brüderle Rainer Eppelmann Norbert Königshofen Hans-Peter Repnik Ernst Burgbacher Anke Eymer (Lübeck) Manfred Kolbe Klaus Riegert Helga Daub Georg Fahrenschon Hartmut Koschyk Dr. Heinz Riesenhuber Jörg van Essen Ilse Falk Rudolf Kraus Hannelore Roedel Otto Fricke Dr. Hans Georg Faust Michael Kretschmer Dr. Norbert Röttgen Horst Friedrich (Bayreuth) Enak Ferlemann Günther Krichbaum Franz-Xaver Romer Rainer Funke Ingrid Fischbach Günter Krings Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Wolfgang Gerhardt Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Martina Krogmann Dr. Klaus Rose Hans-Michael Goldmann Dirk Fischer (Hamburg) Dr. Hermann Kues Kurt J. Rossmanith Joachim Günther (Plauen) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Werner Kuhn (Zingst) Dr. Christian Ruck Dr. Karlheinz Guttmacher Land) Dr. Karl A. Lamers Albert Rupprecht (Weiden) Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Maria Flachsbarth (Heidelberg) Peter Rzepka Christoph Hartmann Klaus-Peter Flosbach Dr. Norbert Lammert Anita Schäfer (Saalstadt) (Homburg) Herbert Frankenhauser Barbara Lanzinger Dr. Wolfgang Schäuble Klaus Haupt 2928 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) Ulrich Heinrich Dr. Peter Danckert Astrid Klug Marlene Rupprecht (C) Birgit Homburger Karl Diller Dr. Heinz Köhler (Tuchenbach) Dr. Werner Hoyer Martin Dörmann Fritz Rudolf Körper Thomas Sauer Dr. Heinrich L. Kolb Peter Dreßen Walter Kolbow Anton Schaaf Gudrun Kopp Detlef Dzembritzki Karin Kortmann Axel Schäfer (Bochum) Jürgen Koppelin Sebastian Edathy Rolf Kramer Gudrun Schaich-Walch Sibylle Laurischk Siegmund Ehrmann Anette Kramme Rudolf Scharping Harald Leibrecht Hans Eichel Ernst Kranz Bernd Scheelen Ina Lenke Marga Elser Nicolette Kressl Dr. Hermann Scheer Sabine Leutheusser- Gernot Erler Volker Kröning Siegfried Scheffler Schnarrenberger Petra Ernstberger Angelika Krüger-Leißner Horst Schild Markus Löning Karin Evers-Meyer Dr. Hans-Ulrich Krüger Otto Schily Dirk Niebel Annette Faße Horst Kubatschka Horst Schmidbauer Günther Friedrich Nolting Elke Ferner Ernst Küchler (Nürnberg) Hans-Joachim Otto Gabriele Fograscher Helga Kühn-Mengel Ulla Schmidt (Aachen) (Frankfurt) Rainer Fornahl Dr. Uwe Küster Dagmar Schmidt (Meschede) Detlef Parr Gabriele Frechen Ute Kumpf Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Cornelia Pieper Dagmar Freitag Christine Lambrecht Heinz Schmitt (Landau) Gisela Piltz Carsten Schneider Lilo Friedrich (Mettmann) Christian Lange (Backnang) Dr. Andreas Pinkwart Walter Schöler Iris Gleicke Christine Lehder Dr. Günter Rexrodt Karsten Schönfeld Günter Gloser Waltraud Lehn Marita Sehn Fritz Schösser Uwe Göllner Dr. Elke Leonhard Dr. Hermann Otto Solms Olaf Scholz Renate Gradistanac Eckhart Lewering Dr. Rainer Stinner Wilfried Schreck Angelika Graf (Rosenheim) Gabriele Lösekrug-Möller Carl-Ludwig Thiele Dieter Grasedieck Ottmar Schreiner Dr. Dieter Thomae Götz-Peter Lohmann Gerhard Schröder Monika Griefahn Erika Lotz Jürgen Türk Kerstin Griese Gisela Schröter Dr. Guido Westerwelle Dr. Christine Lucyga Brigitte Schulte (Hameln) Gabriele Groneberg Dirk Manzewski Dr. Claudia Winterstein Achim Großmann Reinhard Schultz Tobias Marhold (Everswinkel) Wolfgang Grotthaus Lothar Mark Karl-Hermann Haack Swen Schulz (Spandau) Nein Caren Marks (Extertal) Dr. Angelica Schwall-Düren Christoph Matschie Hans-Joachim Hacker Dr. Martin Schwanholz SPD Hilde Mattheis Bettina Hagedorn Rolf Schwanitz Markus Meckel Erika Simm Dr. Lale Akgün Klaus Hagemann (B) Ulrike Mehl Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (D) Gerd Andres Alfred Hartenbach Ingrid Arndt-Brauer Petra-Evelyne Merkel Dr. Cornelie Sonntag- Michael Hartmann Rainer Arnold Wolgast (Wackernheim) Ulrike Merten Hermann Bachmaier Dr. Margrit Spielmann Hubertus Heil Angelika Mertens Sabine Bätzing Jörg-Otto Spiller Reinhold Hemker Ursula Mogg Ernst Bahr (Neuruppin) Dr. Ditmar Staffelt Rolf Hempelmann Michael Müller (Düsseldorf) Doris Barnett Ludwig Stiegler Dr. Barbara Hendricks Christian Müller (Zittau) Dr. Hans-Peter Bartels Franz Müntefering Rolf Stöckel Eckhardt Barthel (Berlin) Gustav Herzog Christoph Strässer Petra Heß Dr. Rolf Mützenich Klaus Barthel (Starnberg) Gesine Multhaupt Rita Streb-Hesse Sören Bartol Monika Heubaum Dr. Peter Struck Gabriele Hiller-Ohm Volker Neumann (Bramsche) Uwe Beckmeyer Dietmar Nietan Joachim Stünker Klaus Uwe Benneter Stephan Hilsberg Jörg Tauss Gerd Höfer Dr. Erika Ober Dr. Axel Berg Holger Ortel Jella Teuchner Jelena Hoffmann (Chemnitz) Dr. Gerald Thalheim Ute Berg Heinrich Paula Hans-Werner Bertl Walter Hoffmann Wolfgang Thierse Johannes Pflug Petra Bierwirth (Darmstadt) Franz Thönnes Joachim Poß Rudolf Bindig Iris Hoffmann (Wismar) Hans-Jürgen Uhl Dr. Wilhelm Priesmeier Lothar Binding (Heidelberg) Frank Hofmann (Volkach) Rüdiger Veit Kurt Bodewig Eike Hovermann Florian Pronold Jörg Vogelsänger Gerd Friedrich Bollmann Klaas Hübner Dr. Sascha Raabe Ute Vogt (Pforzheim) Klaus Brandner Christel Humme Karin Rehbock-Zureich Dr. Marlies Volkmer Willi Brase Lothar Ibrügger Gerold Reichenbach Hans Georg Wagner Bernhard Brinkmann Brunhilde Irber Dr. Carola Reimann Hedi Wegener (Hildesheim) Renate Jäger Christel Riemann- Andreas Weigel Hans-Günter Bruckmann Jann-Peter Janssen Hanewinckel Reinhard Weis (Stendal) Marco Bülow Klaus-Werner Jonas Walter Riester Petra Weis Dr. Michael Bürsch Johannes Kahrs Reinhold Robbe Matthias Weisheit Hans Büttner (Ingolstadt) Ulrich Kasparick René Röspel Gunter Weißgerber Edelgard Bulmahn Dr. h.c. Susanne Kastner Dr. Ernst Dieter Rossmann Gert Weisskirchen Ulla Burchardt Ulrich Kelber Karin Roth (Esslingen) (Wiesloch) Hans Martin Bury Hans-Peter Kemper Michael Roth (Heringen) Dr. Ernst Ulrich von Marion Caspers-Merk Klaus Kirschner Gerhard Rübenkönig Weizsäcker Dr. Herta Däubler-Gmelin Hans-Ulrich Klose Ortwin Runde Jochen Welt Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2929

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) Dr. Rainer Wend Volker Beck (Köln) Undine Kurth (Quedlinburg) Hubert Ulrich (C) Lydia Westrich Cornelia Behm Markus Kurth Dr. Antje Vogel-Sperl Inge Wettig-Danielmeier Birgitt Bender Dr. Reinhard Loske Dr. Antje Vollmer Dr. Margrit Wetzel Matthias Berninger Anna Lührmann Dr. Ludger Volmer Andrea Wicklein Grietje Bettin Jerzy Montag Josef Philip Winkler Jürgen Wieczorek (Böhlen) Alexander Bonde Kerstin Müller (Köln) Margareta Wolf (Frankfurt) Heidemarie Wieczorek-Zeul Ekin Deligöz Winfried Nachtwei Dr. Dieter Wiefelspütz Dr. Thea Dückert Christa Nickels Fraktionslose Abgeordnete Brigitte Wimmer (Karlsruhe) Jutta Dümpe-Krüger Friedrich Ostendorff Engelbert Wistuba Franziska Eichstädt-Bohlig Simone Probst Dr. Gesine Lötzsch Barbara Wittig Dr. Uschi Eid Claudia Roth (Augsburg) Petra Pau Dr. Wolfgang Wodarg Hans-Josef Fell Krista Sager Verena Wohlleben Joseph Fischer (Frankfurt) Christine Scheel Waltraud Wolff Katrin Dagmar Göring- Irmingard Schewe-Gerigk Enthalten (Wolmirstedt) Eckardt Rezzo Schlauch Heidi Wright Anja Hajduk Albert Schmidt (Ingolstadt) CDU/CSU Uta Zapf Winfried Hermann Werner Schulz (Berlin) Manfred Helmut Zöllmer Antje Hermenau Petra Selg Manfred Carstens (Emstek) Dr. Christoph Zöpel Peter Hettlich Ursula Sowa Karl-Theodor Freiherr von Ulrike Höfken Rainder Steenblock und zu Guttenberg BÜNDNIS 90/DIE Thilo Hoppe Silke Stokar von Neuforn Klaus-Jürgen Hedrich GRÜNEN Michaele Hustedt Hans-Christian Ströbele Dr. Egon Jüttner Kerstin Andreae Renate Künast Jürgen Trittin Ruprecht Polenz Marieluise Beck (Bremen) Fritz Kuhn Marianne Tritz Volker Rühe

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU Rauber, Helmut CDU/CSU (B) (D)

Wir setzen die Debatte fort. Nächster Redner ist der folgen, die sich tatsächlich eingestellt haben. Es steht Kollege Freiherr von und zu Guttenber g, CDU/CSU-aber auch und gerade für diese klare Zukunftsperspek- Fraktion. tive. Für den Blick zurück und für die Gegenwart zeich- nen unter anderem unsere Soldaten verantwortlich. Man Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg kann ihnen an dieser Stelle nicht genug für ihre Arbeit (CDU/CSU): und für ihren Einsatz danken. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜND- Herren! Herr Kollege Weisskirchen, ich verstehe ja, dass NIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP) man der abreisewütigen Kollegenschar mit scharfem Nun beabsichtigt die Europäische Union, eine NATO- Tonfall entgegentreten muss, damit sie zumindest zu- Mission zu übernehmen, die meines Erachtens wirklich hört. Insgesamt ist es aber doch ein erfreulicher Um- ein bedeutender Baustein in einer stets erneuerungsbe- stand, dass wir in den T agen, die wir gerade erleben dürftigen außen- und sicherheitspolitischen Architektur müssen, einen außen- und sicherheitspolitischen The- ist, vor der wir stehen. Die Europäische Union demonst- menkomplex behandeln, der uns grundsätzlich Einigkeit riert hierbei endlich Entschlossenheit, diese V erantwor- abverlangt, sodass wir endlich einmal grundsätzlich und tung zu übernehmen. in vernünftigem T onfall debattieren können. Dieses Thema hier verlangt nicht den Blick zurück im Zorn – Worum geht es? Es geht um nicht mehr und nicht we- wie wir es in den letzten T agen erlebten und auch heute niger als um die Handlungsfähigkeit der Europä- noch im Laufe der Debatte erleben mussten –, sondern ischen Union in einem bestimmten, allerdings wesentli- vermag Perspektiven für Europa und für das gesamte chen Bereich und an einem sehr neuralgischen Punkt. außen- und sicherheitspolitische Gefüge aufzuweisen. Dies erfordert nicht nur Entschlossenheit, sondern auch Geschlossenheit. Die ver gangenen Monate haben ge- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- zeigt, dass wir für diese Geschlossenheit nicht genug neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN kämpfen können. Zudem darf man heute höchstens leise und der FDP) die Frage stellen, ob etwaige Achsenbildungen wirklich Das Stichwort Mazedonien steht zum einen für diesen förderlich sind, um die Geschlossenheit, der wir in die- Blick zurück im positiven Sinne, für ein Bündel von Er- sem Rahmen bedürfen, entsprechend voranzutreiben. 2930 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (A) Letztlich bedeutet die Übernahme dieses Mandats, Ich war nun etwas laut. Aber wir gehen heute einen (C) dem meine Fraktion ausdrücklich zustimmt, einen Bei- leisen europäischen Schritt. Jeder Schritt, der zukünftig trag zur Stärkung internationaler Organisationen in ihrer ebenso leise an den Verlockungen gewisser Marktplätze, weiten Palette, eine Vertiefung der europäischen Integra- etwa des Goslarer Marktplatzes, vorbeiführt, tion, selbstverständlich einen Beitrag zur Konfliktprä- vention, aber eben auch einen Beitrag zu der Fähigkeit, (Joseph Fischer, Bundesminister: Das war eine Krisen notfalls auch mit eigenen militärischen Mitteln zu Halle!) bewältigen. Dafür ist es allerhöchste Zeit. Von daher ist ist vielleicht nicht so medienwirksam und gelegentlich dies ein richtiger und vernünftiger Ansatz. langweilig, aber ein richtiger diplomatischer Fortschritt. Das aktuelle Mandat erscheint hierbei leicht zu erfül- Danke sehr. len. Es handelt sich um eine vergleichsweise geringe Zahl von Soldaten, maximal 70 aus Deutschland. Dies (Beifall bei der CDU/CSU sowie ist allerdings eine Folge der verbesserten Sicherheits- bei Abgeordneten der FDP) lage, vor der wir stehen, und rechtfertigt grundsätzlich in diesem einen Fall ein unbefristetes Mandat, so wie es in Vizepräsident Dr. Norbert Lammert: Ihrem Antrag steht. Daraus sollten aber keine Analogien Ich erteile das W ort dem Abgeordneten Ludger für etwaige Folgemandate gezogen werden; wir spre- Volmer, Bündnis 90/Die Grünen. chen über Bosnien, über SFOR, für die dies ebenfalls schon im Gespräch ist. Das ist eine andere Dimension. Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege von Guttenber g,ich fand die ersten vier Hier sprechen wir über 12 000 Soldaten. Das bedarf ei- Minuten Ihrer Rede so gut, dass ich Ihnen fürchterlich nes anderen Ansatzes. gerne meine Redezeit abgetreten hätte. Ich hätte das alles unterschreiben können, wenn Sie nicht diesen falschen Meine sehr verehrten Damen und Herren, sollte sich die Satz mit Goslar in den Mund genommen hätten. Lage in Mazedonien allerdings wieder zuspitzen – Mazedo- nien ist und bleibt ein Land, dem diese Sicherheit nie inne- In einem Punkt haben Sie – genauso wie Kollege wohnte; wir müssen uns dessen bewusst sein –, halten wir Weisskirchen – völlig Recht: Der Mazedonieneinsatz ist eine erneute Befassung des Bundestages für erforderlich ein friedenserhaltender Einsatz par excellence. Er ist und geboten. mittlerweile das Modell dafür, wie man durch Einigkeit (B) unter den europäischen Partnern und einen kombinierten (D) Worum geht es noch? Es geht außerdem darum, die und rechtzeitigen Einsatz gezielter und durchdachter po- transatlantische Partnerschaft wiederum zu bestätigen litischer Strategie und einer Sicherheitskomponente den und zu stärken. Auch dazu ist diese EU-Mission ein Bei- drohenden Ausbruch eines Bür gerkrieges verhindern trag. kann. Weil dies so ist, sollten wir diesen Ansatz weiter- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) führen. Wir sollten das Mandat verlängern. Dem wird unsere Fraktion selbstverständlich zustimmen. Das mag zunächst fern klingen. Aber wenn wir Europäer nicht mit diesen Fähigkeiten zu überzeugen wissen, er- Erinnern wir uns, unter welchen Umständen das Man- reichen wir bei den V ereinigten Staaten nicht das Aus- dat zum ersten Mal ausgesprochen wurde! Damals stan- maß an Interesse, das einer Festigung und Stärkung der den zwei bis an die Zähne bewaf fnete, zum Bürgerkrieg transatlantischen Partnerschaft dienen könnte. So festigt bereite Parteien in Mazedonien gegeneinander: auf der dieser Einsatz auch bestehende Bündnisse, etwa die einen Seite der ethnisch mazedonische Staat, auf der an- NATO. deren Seite die ethnisch kosovarische Minderheit. Die kosovarische Seite wollte nicht das Gewaltmonopol Die NATO dürfen wir in diesem Kontext nicht aus Mazedoniens anerkennen; die Mehrheitsseite wollte den Augen verlieren. Es sollte in unserem fundamenta- nicht die Minderheitenrechte anerkennen. Die Ausein- len Interesse liegen, die NATO nicht zu schwächen und andersetzung stand Spitz auf Knopf. nicht schlecht zu reden. Die NA TO bleibt im europäi- schen und im nationalen Interesse ein Fundament unse- In letzter Minute gelang es der internationalen Staa- rer Außen- und Sicherheitspolitik. tengemeinschaft unter Führung der Europäischen Union, einen Durchbruch – das Abkommen von Ohrid – zu ver- (Beifall bei der CDU/CSU) mitteln und einen Mechanismus zu entwickeln, der zur Deeskalation beitrug. Dies war ein Erfolgsmodell. Das kann man gar nicht deutlich genug betonen. Vizepräsident Dr. Norbert Lammert: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Kollege, denken Sie an die Redezeit. und bei der SPD)

Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg Bereits bei der letzten V erlängerung des Mandates (CDU/CSU): war in der Diskussion gewesen, die Europäische Union mit der Leitung des Einsatzes zu beauftragen. Damals Jawohl, Herr Präsident. waren die institutionellen V oraussetzungen noch nicht Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2931

Dr. Ludger Volmer (A) geschaffen, weil es die entsprechenden Absprachen zwi- (Beifall bei der FDP) (C) schen der NATO und der Europäischen Union noch nicht gab. Aus dieser Erfahrung müssen wir alle lernen. Die FDP stimmt der Übernahme der Mazedonien- Nicht zuletzt aufgrund der Bemühungen dieser Bun- Mission durch die EU aus voller Überzeugung zu. Die- desregierung haben wir die „Berlin plus“-Verabredungen ses Mandat haben wir auch zu Beginn der Diskussion im treffen können. Auf dieser Basis war es möglich, dass Dezember letzten Jahres gefordert. Wir haben allerdings die Europäische Union auf die Assets der NATO zurück- – das ist schon erwähnt worden – ein gewisses Problem greifen konnte und sich so in die Lage versetzt hat, sol- mit der noch unklaren Zeitdauer dieser Mission. Wir le- che Missionen politisch und militärisch anzuleiten. Das gen allergrößten Wert darauf – auch das ist schon gesagt ist zum einen ein Fortschritt bei den Möglichkeiten, die worden; das haben wir im Auswärtigen Ausschuss zu sich im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Ver- Protokoll gegeben –, dass dieses Parlament, der Deut- teidigungspolitik eröffnen, und zum anderen ein sehr gu- sche Bundestag, bei V eränderungen der Situation sich tes Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen der euro- wiederum mit diesem Mandat befassen muss. päischen Ebene, der NA TO und unserem wichtigsten Bündnispartner in der NATO, den Vereinigten Staaten. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD) Meine Damen und Herren, dass wir heute aus vollem Herzen zustimmen, hat drei Gründe. Erstens. W ir alle Fast möchte man sagen: Es waren gute alte Zeiten, als wissen: Die Situation in Mazedonien und auf dem Bal- wir im Westen in allen Fragen bezüglich des Mazedonien- kan insgesamt ist alles andere als stabil. Für den Aufbau konflikts, bei denen es in davor liegenden Phasen der einer funktionierenden Zivilgesellschaft in Mazedo- Balkankonflikte Differenzen gegeben hatte, an einem nien, in der Recht und Gesetz die Sicherheit der Bür ger Strang zogen. Dies soll für uns aber auch ein Ansporn garantieren, bedarf es der Absicherung durch eine inter- sein, zu diesen guten alten Zeiten zurückzufinden und nationale Schutztruppe. Wir kommen mit diesem Man- rechtzeitig, nämlich dann, wenn Konflikte neu auftreten, dat dem ausdrücklichen Wunsch der mazedonischen Re- die notwendigen Konsultationsprozesse in Gang zu set- gierung nach. zen, und zwar erst innerhalb Europas und dann mit unse- ren Partnern in den Vereinigten Staaten. In Zusammenar- Wir dürfen uns aber nicht darüber hinwegtäuschen: beit mit den Vereinten Nationen müssen wir dann alles Es handelt sich auch bei diesem Einsatz um einen militä- tun, damit in den Konflikten, die eskalationsträchtig rischen Einsatz mit entsprechenden Gefahren. W ir sind sind, die Schwelle zur Gewalt nicht überschritten wird. unseren Soldaten sehr dankbar, dass sie dieses Risiko für (B) uns wie auch für die W eltgemeinschaft eingehen und(D) Dass in Konflikten nicht die Schwelle zur Gewalt dass sie seit Jahren in Mazedonien eine hervorragende überschritten wird, das ist, wie ich finde, die wichtigste Arbeit leisten. Aufgabe von Krisenprävention und ziviler Konfliktbear- beitung. Sie haben dafür gerade die entsprechenden Mit- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten tel im Haushalt bereitgestellt. Es ist nach wie vor die Prio- der CDU/CSU) rität der Außenpolitik von Rot-Grün und dieser Zweitens. Nicht nur in Mazedonien bedarf es, wie wir Bundesregierung, dafür zu sor gen, dass dieser Weg ge- am heutigen T ag feststellen müssen, einerStabilisie- wählt wird. Vor diesem Hinter grund stimmen wir der rung. Der Einsatz hat auch für die EU und alle Europäer Verlängerung des Mandates selbstverständlich zu. eine große Bedeutung und wichtige Funktion. Es ist in Danke. den vergangenen Wochen leider nicht gelungen – wir haben das lange diskutiert; ich will das jetzt nicht vertiefen –, eine (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemeinsame europäische Position in einer grundsätzlichen und bei der SPD) Frage von Krieg und Frieden zu finden. Das hat – wir be- klagen das alle gemeinsam – die EU weit zurückgewor- Vizepräsident Dr. Norbert Lammert: fen. Ihre außen- und sicherheitspolitische Handlungsfä- higkeit ist nahezu zerstört. Deshalb ist es hier und heute Letzter Redner in der Aussprache ist der Kollege für uns gemeinsam wichtig, die gemeinsame europäische Dr. Stinner, FDP-Fraktion. Handlungsfähigkeit durch diesen Einsatz in Mazedonien wieder herzustellen. (FDP): Dr. Rainer Stinner (Beifall bei der FDP) Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Wir brauchen diese gemeinsame europäische Politik Herren! Wir führen heute, am T ag des Beginns eines dringend; das wissen wir alle. Der Einsatz in Mazedo- Krieges, den wir alle so gerne verhindert hätten, eine De- nien ist ein Baustein für eine solche Politik. batte über die V erlängerung eines erfolgreichen, eines Frieden sichernden Einsatzes der Bundeswehr . Dies ist, Drittens. Dieser Einsatz ist auch deshalb so wichtig, gerade am heutigen T ag, ein Zeichen der Hof fnung,weil in den letzten Monaten und Jahren eine strategische wenn auch nur ein kleines. Kriege können verhindert Arbeitsteilung diskutiert worden ist, die uns Europäern werden, wenn sich die Weltgemeinschaft einig ist. Diese nicht recht sein kann. Nach dieser Arbeitsteilung über- Erfahrung sollten wir nicht vergessen. nehmen die USA den militärischen T eil von Konfliktlö- 2932 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Dr. Rainer Stinner (A) sungen und die Europäer räumen anschließend auf und trag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaf fneter(C) zahlen. Das kann auf Dauer nicht gehen. deutscher Streitkräfte an dem EU-geführten Einsatz auf mazedonischem Territorium. Der Ausschuss empfiehlt, (Beifall bei der FDP und der SPD) den Antrag auf Drucksache 15/696 anzunehmen. Dazu Auch deshalb ist es wichtig, dass wir innerhalb einer ge- wurde eine namentliche Abstimmung verlangt. meinsamen europäischen Schutztruppe mit der Bundes- wehr eine entsprechende militärische Präsenz zeigen. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Bis die Abstim- Eines muss aber besonders klar sein: Ohne den Ein- mungsfähigkeit an allen Abstimmungsurnen sicher ge- satz unserer amerikanischen Freunde und V erbündeten stellt ist, nutze ich die Gelegenheit, förmlich darauf hin- könnten wir diese Debatte heute nicht führen. Ohne ihr zuweisen, dass nach einer Vreinbarung e im Ältestenrat großes und nachhaltiges Engagement auf dem Balkan die Präsenzpflicht für den für mor gen vorgesehenen Sit- wären wir alle gemeinsam dort nicht so weit, wie wir zungstag aufgehoben ist. heute sind. Sind alle Abstimmungsurnen besetzt? – Das scheint (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Fall zu sein. Ich eröffne die Abstimmung. des Abg. Markus Meckel [SPD]) Ohne die Amerikaner wäre ein Diktator dort nicht besei- Ist ein Mitglied des Bundestages anwesend, das seine tigt worden. Europa – das beklagen wir – hätte weder die Stimmkarte noch nicht abgeben konnte? – Of fenkundig Entschlossenheit noch die Mittel gehabt, das zu errei- haben nun alle Mitglieder des Hauses Gelegenheit ge- chen. habt, ihre Abstimmungskarten abzugeben. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Ich freue mich darüber, dass wir gemeinsam der Mei- Bis zum Vorliegen des Ergebnisses dieser letzten na- nung sind, dass wir dieses Mandat durchführen und da- mentlichen Abstimmung im Rahmen der heutigen T a- mit einen Beitrag zur Stabilisierung Mazedoniens leisten gesordnung unterbreche ich die Sitzung. sollten. Es geht darum, Europa stark und handlungsfähig zu machen und das europäische Gewicht in der internati- (Unterbrechung von 16.33 bis 16.39 Uhr) onalen Politik zu stärken. Diese Ziele verfolgen wir . Deshalb richten wir diese Botschaft an unsere Soldaten Vizepräsident Dr. Norbert Lammert: und an die Menschen in Mazedonien. Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. (B) Stimmen wir gemeinsam für das neue EU-Mandat! (D) Ich bedanke mich. Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift- führern ermittelte Er gebnis der namentlichen Abstim- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie mung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der des Abg. Markus Meckel [SPD]) Bundesregierung zur Beteiligung bewaf fneter deutscher Streitkräfte an dem EU-geführten Einsatz auf mazedoni- Vizepräsident Dr. Norbert Lammert: schem Territorium bekannt. Es handelt sich hierbei um die Drucksachen 15/696 und 15/709. Abgegebene Stim- Ich schließe die Aussprache. men 579. Mit Ja haben gestimmt 575, mit Nein haben Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss- gestimmt 2, Enthaltungen 2. Damit diese Beschlussemp- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- fehlung mit einer großen Mehrheit angenommen.

Endgültiges Ergebnis Ernst Bahr (Neuruppin) Willi Brase Sebastian Edathy Abgegebene Stimmen: 579; Doris Barnett Bernhard Brinkmann Siegmund Ehrmann davon Dr. Hans-Peter Bartels (Hildesheim) Hans Eichel ja: 575 Eckhardt Barthel (Berlin) Hans-Günter Bruckmann Marga Elser Klaus Barthel (Starnberg) Marco Bülow Gernot Erler nein: 2 Sören Bartol Dr. Michael Bürsch Petra Ernstberger enthalten: 2 Uwe Beckmeyer Hans Büttner (Ingolstadt) Karin Evers-Meyer Klaus Uwe Benneter Edelgard Bulmahn Annette Faße Ja Dr. Axel Berg Ulla Burchardt Elke Ferner Ute Berg Hans Martin Bury Gabriele Fograscher SPD Hans-Werner Bertl Marion Caspers-Merk Rainer Fornahl Dr. Lale Akgün Petra Bierwirth Dr. Herta Däubler-Gmelin Gabriele Frechen Gerd Andres Rudolf Bindig Dr. Peter Danckert Dagmar Freitag Ingrid Arndt-Brauer Lothar Binding (Heidelberg) Karl Diller Lilo Friedrich (Mettmann) Rainer Arnold Kurt Bodewig Martin Dörmann Iris Gleicke Hermann Bachmaier Gerd Friedrich Bollmann Peter Dreßen Günter Gloser Sabine Bätzing Klaus Brandner Detlef Dzembritzki Uwe Göllner Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2933

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) Renate Gradistanac Eckhart Lewering Wilfried Schreck Peter Altmaier (C) Angelika Graf (Rosenheim) Gabriele Lösekrug-Möller Ottmar Schreiner Dietrich Austermann Dieter Grasedieck Götz-Peter Lohmann Gerhard Schröder Norbert Barthle Monika Griefahn Erika Lotz Gisela Schröter Günter Baumann Kerstin Griese Dr. Christine Lucyga Brigitte Schulte (Hameln) Ernst-Reinhard Beck Gabriele Groneberg Dirk Manzewski Reinhard Schultz (Reutlingen) Achim Großmann Tobias Marhold (Everswinkel) Veronika Maria Bellmann Wolfgang Grotthaus Lothar Mark Swen Schulz (Spandau) Dr. Christoph Georg Bergner Karl-Hermann Haack Caren Marks Dr. Angelica Schwall-Düren Otto Bernhardt (Extertal) Christoph Matschie Dr. Martin Schwanholz Dr. Rolf Bietmann Hans-Joachim Hacker Hilde Mattheis Rolf Schwanitz Clemens Binninger Bettina Hagedorn Markus Meckel Erika Simm Renate Blank Klaus Hagemann Ulrike Mehl Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Peter Bleser Alfred Hartenbach Petra-Evelyne Merkel Dr. Cornelie Sonntag- Antje Blumenthal Michael Hartmann Ulrike Merten Wolgast Dr. Maria Böhmer (Wackernheim) Angelika Mertens Dr. Margrit Spielmann Wolfgang Börnsen Hubertus Heil Ursula Mogg Jörg-Otto Spiller (Bönstrup) Reinhold Hemker Michael Müller (Düsseldorf) Dr. Ditmar Staffelt Dr. Wolfgang Bötsch Rolf Hempelmann Christian Müller (Zittau) Ludwig Stiegler Jochen Borchert Dr. Barbara Hendricks Franz Müntefering Rolf Stöckel Wolfgang Bosbach Gustav Herzog Dr. Rolf Mützenich Christoph Strässer Klaus Brähmig Petra Heß Gesine Multhaupt Rita Streb-Hesse Dr. Ralf Brauksiepe Monika Heubaum Volker Neumann (Bramsche) Dr. Peter Struck Helge Braun Gabriele Hiller-Ohm Dietmar Nietan Jörg Tauss Monika Brüning Stephan Hilsberg Dr. Erika Ober Jella Teuchner Georg Brunnhuber Gerd Höfer Holger Ortel Dr. Gerald Thalheim Hartmut Büttner Jelena Hoffmann (Chemnitz) Heinrich Paula Wolfgang Thierse (Schönebeck) Walter Hoffmann Johannes Pflug Franz Thönnes Verena Butalikakis (Darmstadt) Joachim Poß Hans-Jürgen Uhl Cajus Caesar Iris Hoffmann (Wismar) Dr. Wilhelm Priesmeier Rüdiger Veit Peter H. Carstensen Frank Hofmann (Volkach) Florian Pronold Jörg Vogelsänger (Nordstrand) Eike Hovermann Dr. Sascha Raabe Ute Vogt (Pforzheim) Gitta Connemann Klaas Hübner Karin Rehbock-Zureich Dr. Marlies Volkmer Leo Dautzenberg Christel Humme Gerold Reichenbach Hans Georg Wagner Hubert Deittert Hedi Wegener (B) Lothar Ibrügger Dr. Carola Reimann Albert Deß (D) Brunhilde Irber Christel Riemann- Andreas Weigel Alexander Dobrindt Renate Jäger Hanewinckel Reinhard Weis (Stendal) Thomas Dörflinger Jann-Peter Janssen Walter Riester Petra Weis Marie-Luise Dött Klaus-Werner Jonas Reinhold Robbe Matthias Weisheit Vera Dominke Johannes Kahrs René Röspel Gunter Weißgerber Maria Eichhorn Ulrich Kasparick Dr. Ernst Dieter Rossmann Gert Weisskirchen Rainer Eppelmann Dr. h.c. Susanne Kastner Karin Roth (Esslingen) (Wiesloch) Anke Eymer (Lübeck) Ulrich Kelber Michael Roth (Heringen) Dr. Ernst Ulrich von Georg Fahrenschon Hans-Peter Kemper Gerhard Rübenkönig Weizsäcker Ilse Falk Klaus Kirschner Ortwin Runde Jochen Welt Dr. Hans Georg Faust Hans-Ulrich Klose Marlene Rupprecht Dr. Rainer Wend Enak Ferlemann Astrid Klug (Tuchenbach) Lydia Westrich Ingrid Fischbach Dr. Heinz Köhler Thomas Sauer Inge Wettig-Danielmeier Hartwig Fischer (Göttingen) Fritz Rudolf Körper Anton Schaaf Dr. Margrit Wetzel Dirk Fischer (Hamburg) Walter Kolbow Axel Schäfer (Bochum) Andrea Wicklein Axel E. Fischer (Karlsruhe- Karin Kortmann Gudrun Schaich-Walch Jürgen Wieczorek (Böhlen) Land) Rolf Kramer Rudolf Scharping Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Maria Flachsbarth Anette Kramme Bernd Scheelen Dr. Dieter Wiefelspütz Klaus-Peter Flosbach Ernst Kranz Dr. Hermann Scheer Brigitte Wimmer (Karlsruhe) Herbert Frankenhauser Nicolette Kressl Siegfried Scheffler Engelbert Wistuba Dr. Hans-Peter Friedrich Volker Kröning Horst Schild Barbara Wittig (Hof) Angelika Krüger-Leißner Otto Schily Dr. Wolfgang Wodarg Erich G. Fritz Dr. Hans-Ulrich Krüger Horst Schmidbauer Verena Wohlleben Jochen-Konrad Fromme Horst Kubatschka (Nürnberg) Waltraud Wolff Dr. Michael Fuchs Ernst Küchler Ulla Schmidt (Aachen) (Wolmirstedt) Hans-Joachim Fuchtel Helga Kühn-Mengel Dagmar Schmidt (Meschede) Heidi Wright Dr. Jürgen Gehb Dr. Uwe Küster Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Uta Zapf Norbert Geis Manfred Helmut Zöllmer Ute Kumpf Heinz Schmitt (Landau) Roland Gewalt Dr. Christoph Zöpel Christine Lambrecht Carsten Schneider Eberhard Gienger Christian Lange (Backnang) Walter Schöler Georg Girisch CDU/CSU Christine Lehder Karsten Schönfeld Michael Glos Waltraud Lehn Fritz Schösser Ulrich Adam Ralf Göbel Dr. Elke Leonhard Olaf Scholz Ilse Aigner Dr. Reinhard Göhner 2934 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) Tanja Gönner Dr. Michael Luther Bernhard Schulte-Drüggelte Renate Künast (C) Josef Göppel Dorothee Mantel Uwe Schummer Fritz Kuhn Dr. Wolfgang Götzer Erwin Marschewski Wilhelm Josef Sebastian Undine Kurth (Quedlinburg) Ute Granold (Recklinghausen) Horst Seehofer Markus Kurth Kurt-Dieter Grill Stephan Mayer (Altötting) Kurt Segner Dr. Reinhard Loske Reinhard Grindel Conny Mayer (Baiersbronn) Matthias Sehling Anna Lührmann Hermann Gröhe Dr. Martin Mayer Marion Seib Kerstin Müller (Köln) Michael Grosse-Brömer (Siegertsbrunn) Heinz Seiffert Winfried Nachtwei Markus Grübel Wolfgang Meckelburg Bernd Siebert Christa Nickels Manfred Grund Dr. Michael Meister Thomas Silberhorn Friedrich Ostendorff Karl-Theodor Freiherrr von Friedrich Merz Johannes Singhammer Simone Probst und zu Guttenberg Laurenz Meyer (Hamm) Jens Spahn Claudia Roth (Augsburg) Olav Gutting Doris Meyer (Tapfheim) Erika Steinbach Krista Sager Holger-Heinrich Haibach Maria Michalk Christian von Stetten Christine Scheel Gerda Hasselfeldt Hans Michelbach Gero Storjohann Irmingard Schewe-Gerigk Klaus-Jürgen Hedrich Klaus Minkel Andreas Storm Rezzo Schlauch Helmut Heiderich Marlene Mortler Max Straubinger Albert Schmidt (Ingolstadt) Ursula Heinen Stefan Müller (Erlangen) Matthäus Strebl Werner Schulz (Berlin) Siegfried Helias Bernward Müller (Gera) Thomas Strobl (Heilbronn) Petra Selg Uda Carmen Freia Heller Dr. Gerd Müller Michael Stübgen Ursula Sowa Michael Hennrich Hildegard Müller Antje Tillmann Rainder Steenblock Jürgen Herrmann Bernd Neumann (Bremen) Edeltraut Töpfer Silke Stokar von Neuforn Dr. Hans-Peter Uhl Bernd Heynemann Henry Nitzsche Hans-Christian Ströbele Arnold Vaatz Ernst Hinsken Michaela Noll Jürgen Trittin Volkmar Uwe Vogel Robert Hochbaum Claudia Nolte Marianne Tritz Angelika Volquartz Joachim Hörster Günter Nooke Hubert Ulrich Andrea Astrid Voßhoff Klaus Hofbauer Dr. Georg Nüßlein Dr. Antje Vogel-Sperl Martin Hohmann Franz Obermeier Gerhard Wächter Marko Wanderwitz Dr. Antje Vollmer Hubert Hüppe Melanie Oßwald Dr. Ludger Volmer Susanne Jaffke Eduard Oswald Peter Weiß (Emmendingen) Gerald Weiß (Groß-Gerau) Josef Philip Winkler Dr. Dieter Peter Jahr Rita Pawelski Margareta Wolf (Frankfurt) Dr. Egon Jüttner Ulrich Petzold Ingo Wellenreuther Bartholomäus Kalb Dr. Joachim Pfeiffer Annette Widmann-Mauz Steffen Kampeter Sibylle Pfeiffer Klaus-Peter Willsch Matthias Wissmann FDP (B) Irmgard Karwatzki Dr. Friedbert Pflüger (D) Bernhard Nikolaus Kaster Beatrix Philipp Werner Wittlich Daniel Bahr (Münster) Siegfried Kauder (Bad Ronald Pofalla Dagmar Wöhrl Rainer Brüderle Dürrheim) Ruprecht Polenz Elke Wülfing Ernst Burgbacher Volker Kauder Daniela Raab Wolfgang Zeitlmann Helga Daub Gerlinde Kaupa Thomas Rachel Wolfgang Zöller Jörg van Essen Eckart von Klaeden Hans Raidel Otto Fricke Jürgen Klimke Dr. Peter Ramsauer Horst Friedrich (Bayreuth) BÜNDNIS 90/DIE Julia Klöckner Peter Rauen Rainer Funke GRÜNEN Kristina Köhler Christa Reichard (Dresden) Dr. Wolfgang Gerhardt Norbert Königshofen Katherina Reiche Kerstin Andreae Hans-Michael Goldmann Manfred Kolbe Hans-Peter Repnik Marieluise Beck (Bremen) Joachim Günther (Plauen) Hartmut Koschyk Klaus Riegert Volker Beck (Köln) Dr. Karlheinz Guttmacher Rudolf Kraus Dr. Heinz Riesenhuber Cornelia Behm Dr. Christel Happach-Kasan Michael Kretschmer Hannelore Roedel Birgitt Bender Christoph Georg Hartmann Günther Krichbaum Dr. Norbert Röttgen Matthias Berninger (Homburg) Günter Krings Franz-Xaver Romer Grietje Bettin Klaus Haupt Dr. Martina Krogmann Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Alexander Bonde Ulrich Heinrich Dr. Hermann Kues Dr. Klaus Rose Ekin Deligöz Birgit Homburger Werner Kuhn (Zingst) Kurt J. Rossmanith Dr. Thea Dückert Dr. Werner Hoyer Dr. Karl A. Lamers Dr. Christian Ruck Jutta Dümpe-Krüger Dr. Heinrich L. Kolb (Heidelberg) Volker Rühe Franziska Eichstädt-Bohlig Gudrun Kopp Dr. Norbert Lammert Albert Rupprecht (Weiden) Dr. Uschi Eid Jürgen Koppelin Barbara Lanzinger Peter Rzepka Hans-Josef Fell Sibylle Laurischk Karl-Josef Laumann Anita Schäfer (Saalstadt) Joseph Fischer (Frankfurt) Harald Leibrecht Vera Lengsfeld Dr. Wolfgang Schäuble Katrin Dagmar Göring- Ina Lenke Werner Lensing Andreas Scheuer Eckardt Sabine Leutheusser- Peter Letzgus Norbert Schindler Anja Hajduk Schnarrenberger Ursula Lietz Georg Schirmbeck Winfried Hermann Markus Löning Walter Link (Diepholz) Bernd Schmidbauer Antje Hermenau Dirk Niebel Eduard Lintner Christian Schmidt (Fürth) Peter Hettlich Günther Friedrich Nolting Dr. Klaus W. Lippold Andreas Schmidt (Mülheim) Ulrike Höfken Hans-Joachim Otto (Offenbach) Dr. Andreas Schockenhoff Thilo Hoppe (Frankfurt) Patricia Lips Dr. Ole Schröder Michaele Hustedt Detlef Parr Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2935

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert (A) Cornelia Pieper Dr. Rainer Stinner Nein Enthalten (C) Gisela Piltz Carl-Ludwig Thiele Dr. Andreas Pinkwart Dr. Dieter Thomae Fraktionslose Abgeordnete CDU/CSU Dr. Günter Rexrodt Jürgen Türk Marita Sehn Dr. Guido Westerwelle Dr. Gesine Lötzsch Dr. Wolf Bauer Dr. Hermann Otto Solms Dr. Claudia Winterstein Petra Pau Manfred Carstens (Emstek)

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU Rauber, Helmut CDU/CSU

(Beifall bei der SPD und der Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes- CDU/CSU) tages auf Mittwoch, den 2. April 2003, 13 Uhr, ein. Wir sind damit am Schluss der heutigen T agesord- Die Sitzung ist geschlossen. nung. (Schluss: 16.40 Uhr)

Berichtigung 31. Sitzung, Seite 2442 (D), zweiter Absatz, letzter Satz ist wie folgt zu lesen: „Die vereinfachte Gewinn- ermittlung, bei der pauschal die Hälfte der Betriebsein- (B) nahmen als Kosten abgezogen werden kann, ist selbst- (D) verständlich eine große Erleichterung. Das geht natürlich auch mit der Umsatzsteuerrege- lung, die im geltenden Recht eine Nichterhebung der Umsatzsteuer bei einem Umsatz von bis zu 16 620 Euro vorsieht, einher. Kollege Michelbach, daher kommt auch die Grenze.“ Seite 2443 (A), zweiter Absatz, vierter Satz ist wie folgt zu lesen: „Eine richtige Bürokratieentlastung gibt es natürlich nur, wenn die Umsatzsteuer gar nicht erho- ben und die Einkommensbesteuerung sehr vereinfacht wird.“

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003 2937

(A) Anlagen zum Stenografischen Bericht (C) Anlage 1

Liste der entschuldigten Abgeordneten Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung

entschuldigt bis – Unterrichtung durch die Bundesregierung Abgeordnete(r) einschließlich Bericht über die Erfahrungen mit dem V erfahren ge- mäß Artikel 1 §§ 5 bis 7 des Gesetzes zur Neur egelung des Schutzes von Verfassungsorganen des Bundes Adam, Ulrich CDU/CSU 20.03.2003 – Drucksachen 15/117, 15/264 Nr. 2 – Dr. Eberl, Christian FDP 20.03.2003 Innenausschuss Flach, Ulrike FDP 20.03.2003 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 20.03.2003 Dritter Bericht der Bundesr egierung über den Stand Götz, Peter CDU/CSU 20.03.2003 der Rechtssicherheit für deutsche Unternehmen im Zu- sammenhang mit der Stiftung „Erinnerung, V erant- Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 20.03.2003 wortung und Zukunft“ – Drucksachen 15/131, 15/264 Nr. 3 – Hartnagel, Anke SPD 20.03.2003 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Hintze, Peter CDU/CSU 20.03.2003 Dritter Bericht der Bundesr egierung über den Stand der Auszahlung und die Zusammenarbeit der Stiftung Homburger, Birgit FDP 20.03.2003 „Erinnerung, Verantwortungen und Zukunft“ mit den Partnerorganisationen Lengsfeld, Vera CDU/CSU 20.03.2003 – Drucksachen 15/283, 15/389 Nr. 1.2 – Otto (Godern), Eberhard FDP 20.03.2003 Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 20.03.2003 Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Rauber, Helmut CDU/CSU 20.03.2003* – Unterrichtung durch die Bundesregierung Vierzehntes Hauptgutachten der Monopolkommission Schmidt (Eisleben), SPD 20.03.2003 2000/2001 (B) Silvia – Drucksachen 14/9903, 14/9904 (Anlagenband) – (D) Dr. Stadler, Max FDP 20.03.2003 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Violka, Simone SPD 20.03.2003 Reaktorsicherheit

Wettig-Danielmeier, SPD 20.03.2003 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Inge Bericht der Bundesr egierung über die erzielten Fort- Zylajew, Willi CDU/CSU 20.03.2003 schritte im Bereich des Bodenschutzes – Drucksachen 14/9566, 15/345 Nr. 71 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben

* für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- Anlage 2 tung abgesehen hat. Amtliche Mitteilungen Innenausschuss Der Bundesrat hat in seiner 786. Sitzung am 14. März Drucksache 15/339 Nr. 1.4 2003 beschlossen, dem nachstehenden Gesetz gemäß Drucksache 15/392 Nr. 2.20 Artikel 105 Absatz 3 Grundgesetz zuzustimmen: Drucksache 15/392 Nr. 2.27 Drucksache 15/457 Nr. 2.8 – Gesetz zu dem V ertrag vom 26. Juli 2001 zwi- schen der Bundesr epublik Deutschland und der Finanzausschuss Tschechischen Republik über den Bau einer Drucksache 15/345 Nr. 35 Grenzbrücke an der gemeinsamen Staatsgr enze Drucksache 15/345 Nr. 36 in Anbindung an die Bundesstraße B 20 und Drucksache 15/345 Nr. 37 Staatsstraße I/26 Drucksache 15/345 Nr. 38 Drucksache 15/392 Nr. 2.6 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben Drucksache 15/392 Nr. 2.16 mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 Drucksache 15/392 Nr. 2.32 Drucksache 15/392 Nr. 2.33 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den Drucksache 15/392 Nr. 2.34 nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 15/392 Nr. 2.42 2938 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

(A) Drucksache 15/392 Nr. 2.43 Drucksache 15/392 Nr. 2.48 (C) Drucksache 15/392 Nr. 2.44 Drucksache 15/392 Nr. 2.51 Drucksache 15/392 Nr. 2.46 Drucksache 15/392 Nr. 2.56 Drucksache 15/392 Nr. 2.57 Drucksache 15/392 Nr. 2.58 Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Drucksache 15/392 Nr. 2.62 Drucksache 15/103 Nr. 1.6 Drucksache 15/392 Nr. 2.63 Drucksache 15/173 Nr. 2.75 Drucksache 15/457 Nr. 2.16 Drucksache 15/339 Nr. 2.10 Drucksache 15/339 Nr. 2.20 Drucksache 15/339 Nr. 2.27 Ausschuss für Gesundheit und soziale Sicherung Drucksache 15/339 Nr. 2.34 Drucksache 15/268 Nr. 2.29 Drucksache 15/339 Nr. 2.40 Drucksache 15/339 Nr. 2.16 Drucksache 15/339 Nr. 2.41 Drucksache 15/503 Nr. 1.1 Drucksache 15/392 Nr. 2.11 Drucksache 15/392 Nr. 2.14 Drucksache 15/392 Nr. 2.15 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Drucksache 15/392 Nr. 2.22 Reaktorsicherheit Drucksache 15/392 Nr. 2.23 Drucksache 15/173 Nr. 1.2 Drucksache 15/392 Nr. 2.24 Drucksache 15/339 Nr. 1.6 Drucksache 15/392 Nr. 2.28 Drucksache 15/339 Nr. 1.7 Drucksache 15/392 Nr. 2.30 Drucksache 15/339 Nr. 2.23 Drucksache 15/392 Nr. 2.39 Drucksache 15/339 Nr. 2.24 Drucksache 15/392 Nr. 2.52 Drucksache 15/457 Nr. 2.7 Drucksache 15/392 Nr. 2.53 Drucksache 15/392 Nr. 2.54 Drucksache 15/392 Nr. 2.60 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Drucksache 15/173 Nr. 1.1 Landwirtschaft Drucksache 15/173 Nr. 1.11 Drucksache 15/173 Nr. 1.13 Drucksache 15/103 Nr. 1.12 Drucksache 15/173 Nr. 2.58 Drucksache 15/268 Nr. 2.7 Drucksache 15/173 Nr. 2.69 Drucksache 15/339 Nr. 1.3 Drucksache 15/339 Nr. 2.2 Drucksache 15/339 Nr. 2.15 Drucksache 15/339 Nr. 2.3 Drucksache 15/339 Nr. 2.18 Drucksache 15/345 Nr. 77 Drucksache 15/339 Nr. 2.28 Drucksache 15/392 Nr. 2.40 Drucksache 15/339 Nr. 2.36 (B) Drucksache 15/392 Nr. 1.4 (D) Drucksache 15/392 Nr. 1.5 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Drucksache 15/392 Nr. 1.6 Union Drucksache 15/392 Nr. 2.7 Drucksache 15/392 Nr. 2.8 Drucksache 15/457 Nr. 2.22 Drucksache 15/392 Nr. 2.26 Drucksache 15/392 Nr. 2.35 Drucksache 15/392 Nr. 2.36 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 15/392 Nr. 2.37 Drucksache 15/339 Nr. 1.2 Drucksache 15/392 Nr. 2.38 Drucksache 15/339 Nr. 2.32

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