Editorial Cancún Und Die Folgen Kultur-Mensch

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Editorial Cancún Und Die Folgen Kultur-Mensch English + Supplement Zeitung des Deutschen Kulturrates Nr. 05/03 • November - Dezember 2003 www.kulturrat.de 3,00 € • ISSN 1619-4217 • B 58 662 Kulturpolitik in NRW Gemeindefinanzreform GATS Bildungsreform The English Supplement Die Kürzungspläne des Landes Die Städte und Gemeinden stehen Bundeswirtschaftsminister Clement Wie eine Zusammenarbeit von Focus GATS and Cancún: what NRW bedeuten auch für den Kul- vor dem finanziellen Kollaps. Der eröffnet mit seinem Leitartikel die Schule und außerschulischen Ein- consequences for cultural policy? turbereich massive Einschnitte. Stellvertretende Präsident des Nach-Cancún-Betrachtungen. Max richtungen aussehen könnte be- Assessments by Economic Affairs Minister Vesper erläutert sein Vor- Deutschen Städtetags Herbert Fuchs und Fritz Pleiten fordern schreibt Ministerin Schäfer aus Minister Wolfgang Clement, by gehen. Kulturdezernenten und Schmalstieg stellt die Forderungen Ausnahmeregelungen für die Kul- NRW. Der Präsident der Universität Culture Committee Chairwoman Leiter von Kulturinstitutionen der Städte und Gemeinden an eine tur bei den GATS-Verhandlungen. der Künste benennt die Besonder- Monika Griefahn, by professio- kommen zu Wort. Der Vorsitzende Gemeindefinanzreform vor. Iris Die Ergebnisse der Verhandlungs- heiten künstlerischer Ausbildung nals and civil society. Also: out- des Kulturrats-NRW stellt sich den Magdowski erinnert an Impulse aus runde in Cancún werden vorge- und leitet Forderungen für die Zu- look on German Foreign Cultural Fragen von puk. der kommunalen Kulturpolitik. stellt. kunft der Kunsthochschulen ab. Policy. Seiten 2 - 5 Seiten 11 - 13 Seiten 1, 16 - 19 Seiten 24 - 26 Pages 7 - 10 Editorial Cancún und die Folgen Feuerwehr Zur Liberalisierung des internationalen Dienstleistungshandels • Von Wolfgang Clement s brennt an allen Ecken im Kul- gezwungen, gerade bei der ver- Das vorzeitige Ende der WTO-Minis- WTO-Entscheidungsprozess ver- selbereichen wie Finanz- und Trans- Eturland Deutschland. Nordrhein- meintlich freiwilligen Leistung Kul- terkonferenz in Cancún muss uns al- schafft zwar auch kleinen Mitglie- portdienstleistungen, Telekommu- Westfalen, Niedersachsen und Berlin tur zu sparen? Wenn schon kein Geld le zum Nachdenken, aber auch zu ei- dern Gewicht, sie kann aber auch – nikation und Vertrieb. tragen das Feuer über das ganze mehr zu verteilen ist, könnte man in ner erneuten Kraftanstrengung brin- und so war es in Cancún – zu einer Die für das GATS-Übereinkom- Land. Alleine im bevölkerungs- den Kulturministerien jetzt endlich gen. Die vorgesehene Halbzeitbe- umfassenden Blockade führen. men charakteristische Flexibilität reichsten Bundesland Nordrhein- anfangen, die Rahmenbedingungen wertung der im November 2001 in Insofern ist die Zeit für ein Über- ermöglicht diese Zielsetzungen, oh- Westfalen soll in den nächsten zwei für Kunst und Kultur zu verbessern. Doha eingeleiteten umfassenden denken dieser Strukturen gekom- ne dass wir sensible Themenstellun- Jahren bei der institutionellen Kul- Dann wird sich auch deutlich zeigen, WTO-Verhandlungsrunde („Doha De- men. Allerdings darf der Zäsur von gen aufgeben müssten. Das Ende turförderung um 40 Prozent, bei den ob die behauptete herausgehobene velopment Agenda“) ist nicht er- Cancún nicht spontaner Aktionis- April diesen Jahres vorgelegte Ein- kulturellen Projekten gar um 68 Stellung der Kultur auch an den Ka- folgt. Cancún war völlig unerwartet mus folgen, nötig ist Handeln auf gangsangebot der Gemeinschaft Prozent gekürzt werden. Aber wenn binettstischen der Landesregierun- ein wirklicher Rückschlag: Weder der Basis einer gründlichen Analyse. enthält deshalb auch keinerlei An- es überall brennt, was hilft es dann gen sichtbar wird. Die kulturfreund- konnte die Gesamtagenda noch der Unsere erste Aufgabe wird bei allen gebote in den Bereichen Bildungs- noch, laut Feuer zu schreien. Wer soll liche Modifizierung der Haushaltssi- weitere Verhandlungsfahrplan noch Überlegungen sein, jeglichen Be- und Gesundheitswesen und audio- zum Löschen kommen? Der Bund, cherungsgesetze für überschuldete ein Abschlussdatum vereinbart wer- strebungen zu neuem Protektionis- visuelle Dienstleistungen. Damit der im Gegensatz zu den Ländern Kommunen wäre ein erster wichti- den. mus entgegenzuwirken. Eine – von tragen wir den besonderen Gege- seinen Kulturetat voraussichtlich ger Schritt. Folgen sollte eine ge- einigen gewünschte, von anderen benheiten in diesen Sektoren Rech- nicht absenken wird, kann den Flä- meinsame Initiative aller Kulturver- etzt helfen keine Schuldzuwei- befürchtete – Trendwende zu rei- nung. Der Schutz von kultureller chenbrand dieses Ausmaßes nicht antwortlicher in Städten, Ländern Jsungen an diese oder jene Adres- nem Bilateralismus erachten wir Identität und kultureller Vielfalt ist austreten. Zu gering sind die Kultur- und Bund, um eine verpflichtende se. Gewiss ist, dass der Ausgang von ebenfalls nicht als zukunftsweisend. für uns eine selbstverständliche Ver- mittel des Bundes im Vergleich zu Basiskulturförderung durchzuset- Cancún zunächst alle zu Verlierern den Finanzierungslücken in den zen. Die kulturelle Grundversorgung gemacht hat. Das ist aus meiner Ländern. Der Bund kann aber, ge- der Bevölkerung muss endlich ge- Sicht für die Schwächsten unter den meinsam mit den Ländern, durch ei- setzlich sichergestellt werden. Entwicklungsländern am schmerz- ne gerechte Gemeindefinanzierungs- Noch kann jeder anscheinend haftesten. Umso mehr kommt es reform dafür sorgen, dass die wich- vor sich hin wurschteln. Noch kann jetzt darauf an, das Erreichte zu be- Bestrebungen zu neuem tigsten Träger der kulturellen Infra- man sich einreden, dass es im eige- wahren und zu versuchen, die Ar- struktur, die Kommunen, wieder nen Bundesland, in der eigenen beit – darauf aufbauend – möglichst Protektionismus entgegenwirken mehr Luft zum Atmen erhalten. Stadt, in der eigenen Kulturein- erfolgreicher als in Cancún fortzu- Aber die Hauptverantwortlichen richtung nicht so schlimm werden führen. sind und bleiben die Länder. Sie wird. Doch wenn das Feuer erst ein- Wir werden deshalb zunächst selbst haben ihre Verantwortung für mal richtig auflodert und das ganze gemeinsam mit der EU-Kommissi- die Kultur immer deutlich betont, Land erfasst, wird sich die Erkennt- on als unserer WTO-Verhandlungs- Bilaterale oder regionale Abkom- pflichtung, die auch im Gesamtfeld jetzt gilt es, sie beim Wort zu neh- nis durchsetzen, dass in der Zukunft führerin und mit unseren Partner- men können und sollen auch künf- multilateraler Handelsregeln ge- men. Die Argumente einiger Kultur- die Kultur strukturell besser gesi- ländern die Fakten evaluieren, die tig nur ergänzen. Das multilaterale währleistet werden kann und muss. minister, dass nicht nur die Kultur, chert werden muss. Die besten Kul- zum negativen Ausgang von Cancún Regelwerk ist eine wesentliche Vor- So halte ich eine Einbeziehung der sondern alle gesellschaftlichen Be- turpolitiker sind die, die nicht nur beigetragen haben: Etwa das Zweck- aussetzung für eine sachorientierte bestehenden kulturspezifischen reiche gerupft werden, ist richtig, Brände löschen, sondern dafür sor- bündnis neuer Ländergruppierun- und erfolgversprechende Beherr- Subventionen nicht für praktikabel. aber kein Freibrief für Konzeptions- gen, dass gar keine Brände ausbre- gen (G-20-plus), aber auch die schung des Globalisierungsprozes- Ebenso muss die nationale bzw. eu- losigkeit. Warum werden die Kom- chen können. Von solchen Feuer- schwerfälligen WTO-Verfahrensre- ses. Was nun die bereits Anfang 2000 ropäische Handlungs- und Gestal- munen, die einem Haushaltssiche- wehrmännern und -frauen haben geln, die eine transparente und ziel- aufgenommenen Dienstleistungs- tungsfreiheit für kulturspezifische rungskonzept unterstehen, und das wir zur Zeit zu wenige. führende Diskussion komplexer verhandlungen – Artikel XIX des Angelegenheiten erhalten bleiben. sind in Nordrhein-Westfalen schon Themen zwischen 148 WTO-Mit- GATS-Übereinkommens enthält Ich glaube allerdings, dass die flexib- mehr als 45 Prozent aller Städte und Olaf Zimmermann, Geschäftsführer gliedern gewaltig strapazieren. Die diesen „built-in-Verhandlungsauf- le GATS-Struktur diese Zielvorgaben Gemeinden, durch Landesgesetze des Deutschen Kulturrates ■ traditionelle Konsensregelung im trag“ – betrifft, so wurde in Doha das bei sachgerechter Implementierung Abschlussdatum Ende Dezember durchaus ermöglicht. 2004 vereinbart. Zusätzliche Absicherungen so- Dies gilt zwar bei rein formaler wohl im Rahmen der WTO als auch Betrachtung weiter, die faktische durch kulturspezifische Regelungen Einhaltung ist allerdings im Lichte sind jedoch zu begrüßen, um Zweifel Kultur-Mensch der Cancún-Konferenz eher un- und Missverständnisse auszuräu- wahrscheinlich. Die insgesamt – men. Wir haben uns daher ausdrück- Gitta Connemann nach zäher Startphase – recht gut lich dafür eingesetzt, im Rahmen der vorangegangenen GATS-Verhand- UNESCO eine Konvention zur kultu- lungen können nur in einer Gesamt- rellen Vielfalt zu erarbeiten, in der Hohe Erwartungen werden an die Enquête-Kommission des schau mit den sonstigen WTO-Ver- das Spannungsverhältnis zwischen Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“ gerichtet. In der handlungen gesehen werden. Bis- multilateralen Handelsregeln und Kulturfinanzierung knirscht es. Meldungen von Kürzungen ma- lang haben erst 38 WTO-Mitglieder, den kulturspezifischen Belangen chen aller Orten die Runde. Die Einkommen der Künstlerinnen darunter EU/EU-MS, eigene Ange- besser geklärt werden soll. Die Arbei- und Künstler verharren seit Jahren
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