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English + Supplement Zeitung des Deutschen Kulturrates

Nr. 05/03 • November - Dezember 2003 www.kulturrat.de 3,00 € • ISSN 1619-4217 • B 58 662

Kulturpolitik in NRW Gemeindefinanzreform GATS Bildungsreform The English Supplement

Die Kürzungspläne des Landes Die Städte und Gemeinden stehen Bundeswirtschaftsminister Clement Wie eine Zusammenarbeit von Focus GATS and Cancún: what NRW bedeuten auch für den Kul- vor dem finanziellen Kollaps. Der eröffnet mit seinem Leitartikel die Schule und außerschulischen Ein- consequences for cultural policy? turbereich massive Einschnitte. Stellvertretende Präsident des Nach-Cancún-Betrachtungen. Max richtungen aussehen könnte be- Assessments by Economic Affairs Minister Vesper erläutert sein Vor- Deutschen Städtetags Herbert Fuchs und Fritz Pleiten fordern schreibt Ministerin Schäfer aus Minister Wolfgang Clement, by gehen. Kulturdezernenten und Schmalstieg stellt die Forderungen Ausnahmeregelungen für die Kul- NRW. Der Präsident der Universität Culture Committee Chairwoman Leiter von Kulturinstitutionen der Städte und Gemeinden an eine tur bei den GATS-Verhandlungen. der Künste benennt die Besonder- , by professio- kommen zu Wort. Der Vorsitzende Gemeindefinanzreform vor. Iris Die Ergebnisse der Verhandlungs- heiten künstlerischer Ausbildung nals and civil society. Also: out- des Kulturrats-NRW stellt sich den Magdowski erinnert an Impulse aus runde in Cancún werden vorge- und leitet Forderungen für die Zu- look on German Foreign Cultural Fragen von puk. der kommunalen Kulturpolitik. stellt. kunft der Kunsthochschulen ab. Policy. Seiten 2 - 5 Seiten 11 - 13 Seiten 1, 16 - 19 Seiten 24 - 26 Pages 7 - 10

Editorial Cancún und die Folgen Feuerwehr Zur Liberalisierung des internationalen Dienstleistungshandels • Von Wolfgang Clement

s brennt an allen Ecken im Kul- gezwungen, gerade bei der ver- Das vorzeitige Ende der WTO-Minis- WTO-Entscheidungsprozess ver- selbereichen wie Finanz- und Trans- Eturland Deutschland. Nordrhein- meintlich freiwilligen Leistung Kul- terkonferenz in Cancún muss uns al- schafft zwar auch kleinen Mitglie- portdienstleistungen, Telekommu- Westfalen, Niedersachsen und Berlin tur zu sparen? Wenn schon kein Geld le zum Nachdenken, aber auch zu ei- dern Gewicht, sie kann aber auch – nikation und Vertrieb. tragen das Feuer über das ganze mehr zu verteilen ist, könnte man in ner erneuten Kraftanstrengung brin- und so war es in Cancún – zu einer Die für das GATS-Übereinkom- Land. Alleine im bevölkerungs- den Kulturministerien jetzt endlich gen. Die vorgesehene Halbzeitbe- umfassenden Blockade führen. men charakteristische Flexibilität reichsten Bundesland Nordrhein- anfangen, die Rahmenbedingungen wertung der im November 2001 in Insofern ist die Zeit für ein Über- ermöglicht diese Zielsetzungen, oh- Westfalen soll in den nächsten zwei für Kunst und Kultur zu verbessern. Doha eingeleiteten umfassenden denken dieser Strukturen gekom- ne dass wir sensible Themenstellun- Jahren bei der institutionellen Kul- Dann wird sich auch deutlich zeigen, WTO-Verhandlungsrunde („Doha De- men. Allerdings darf der Zäsur von gen aufgeben müssten. Das Ende turförderung um 40 Prozent, bei den ob die behauptete herausgehobene velopment Agenda“) ist nicht er- Cancún nicht spontaner Aktionis- April diesen Jahres vorgelegte Ein- kulturellen Projekten gar um 68 Stellung der Kultur auch an den Ka- folgt. Cancún war völlig unerwartet mus folgen, nötig ist Handeln auf gangsangebot der Gemeinschaft Prozent gekürzt werden. Aber wenn binettstischen der Landesregierun- ein wirklicher Rückschlag: Weder der Basis einer gründlichen Analyse. enthält deshalb auch keinerlei An- es überall brennt, was hilft es dann gen sichtbar wird. Die kulturfreund- konnte die Gesamtagenda noch der Unsere erste Aufgabe wird bei allen gebote in den Bereichen Bildungs- noch, laut Feuer zu schreien. Wer soll liche Modifizierung der Haushaltssi- weitere Verhandlungsfahrplan noch Überlegungen sein, jeglichen Be- und Gesundheitswesen und audio- zum Löschen kommen? Der Bund, cherungsgesetze für überschuldete ein Abschlussdatum vereinbart wer- strebungen zu neuem Protektionis- visuelle Dienstleistungen. Damit der im Gegensatz zu den Ländern Kommunen wäre ein erster wichti- den. mus entgegenzuwirken. Eine – von tragen wir den besonderen Gege- seinen Kulturetat voraussichtlich ger Schritt. Folgen sollte eine ge- einigen gewünschte, von anderen benheiten in diesen Sektoren Rech- nicht absenken wird, kann den Flä- meinsame Initiative aller Kulturver- etzt helfen keine Schuldzuwei- befürchtete – Trendwende zu rei- nung. Der Schutz von kultureller chenbrand dieses Ausmaßes nicht antwortlicher in Städten, Ländern Jsungen an diese oder jene Adres- nem Bilateralismus erachten wir Identität und kultureller Vielfalt ist austreten. Zu gering sind die Kultur- und Bund, um eine verpflichtende se. Gewiss ist, dass der Ausgang von ebenfalls nicht als zukunftsweisend. für uns eine selbstverständliche Ver- mittel des Bundes im Vergleich zu Basiskulturförderung durchzuset- Cancún zunächst alle zu Verlierern den Finanzierungslücken in den zen. Die kulturelle Grundversorgung gemacht hat. Das ist aus meiner Ländern. Der Bund kann aber, ge- der Bevölkerung muss endlich ge- Sicht für die Schwächsten unter den meinsam mit den Ländern, durch ei- setzlich sichergestellt werden. Entwicklungsländern am schmerz- ne gerechte Gemeindefinanzierungs- Noch kann jeder anscheinend haftesten. Umso mehr kommt es reform dafür sorgen, dass die wich- vor sich hin wurschteln. Noch kann jetzt darauf an, das Erreichte zu be- Bestrebungen zu neuem tigsten Träger der kulturellen Infra- man sich einreden, dass es im eige- wahren und zu versuchen, die Ar- struktur, die Kommunen, wieder nen Bundesland, in der eigenen beit – darauf aufbauend – möglichst Protektionismus entgegenwirken mehr Luft zum Atmen erhalten. Stadt, in der eigenen Kulturein- erfolgreicher als in Cancún fortzu- Aber die Hauptverantwortlichen richtung nicht so schlimm werden führen. sind und bleiben die Länder. Sie wird. Doch wenn das Feuer erst ein- Wir werden deshalb zunächst selbst haben ihre Verantwortung für mal richtig auflodert und das ganze gemeinsam mit der EU-Kommissi- die Kultur immer deutlich betont, Land erfasst, wird sich die Erkennt- on als unserer WTO-Verhandlungs- Bilaterale oder regionale Abkom- pflichtung, die auch im Gesamtfeld jetzt gilt es, sie beim Wort zu neh- nis durchsetzen, dass in der Zukunft führerin und mit unseren Partner- men können und sollen auch künf- multilateraler Handelsregeln ge- men. Die Argumente einiger Kultur- die Kultur strukturell besser gesi- ländern die Fakten evaluieren, die tig nur ergänzen. Das multilaterale währleistet werden kann und muss. minister, dass nicht nur die Kultur, chert werden muss. Die besten Kul- zum negativen Ausgang von Cancún Regelwerk ist eine wesentliche Vor- So halte ich eine Einbeziehung der sondern alle gesellschaftlichen Be- turpolitiker sind die, die nicht nur beigetragen haben: Etwa das Zweck- aussetzung für eine sachorientierte bestehenden kulturspezifischen reiche gerupft werden, ist richtig, Brände löschen, sondern dafür sor- bündnis neuer Ländergruppierun- und erfolgversprechende Beherr- Subventionen nicht für praktikabel. aber kein Freibrief für Konzeptions- gen, dass gar keine Brände ausbre- gen (G-20-plus), aber auch die schung des Globalisierungsprozes- Ebenso muss die nationale bzw. eu- losigkeit. Warum werden die Kom- chen können. Von solchen Feuer- schwerfälligen WTO-Verfahrensre- ses. Was nun die bereits Anfang 2000 ropäische Handlungs- und Gestal- munen, die einem Haushaltssiche- wehrmännern und -frauen haben geln, die eine transparente und ziel- aufgenommenen Dienstleistungs- tungsfreiheit für kulturspezifische rungskonzept unterstehen, und das wir zur Zeit zu wenige. führende Diskussion komplexer verhandlungen – Artikel XIX des Angelegenheiten erhalten bleiben. sind in Nordrhein-Westfalen schon Themen zwischen 148 WTO-Mit- GATS-Übereinkommens enthält Ich glaube allerdings, dass die flexib- mehr als 45 Prozent aller Städte und Olaf Zimmermann, Geschäftsführer gliedern gewaltig strapazieren. Die diesen „built-in-Verhandlungsauf- le GATS-Struktur diese Zielvorgaben Gemeinden, durch Landesgesetze des Deutschen Kulturrates ■ traditionelle Konsensregelung im trag“ – betrifft, so wurde in Doha das bei sachgerechter Implementierung Abschlussdatum Ende Dezember durchaus ermöglicht. 2004 vereinbart. Zusätzliche Absicherungen so- Dies gilt zwar bei rein formaler wohl im Rahmen der WTO als auch Betrachtung weiter, die faktische durch kulturspezifische Regelungen Einhaltung ist allerdings im Lichte sind jedoch zu begrüßen, um Zweifel Kultur-Mensch der Cancún-Konferenz eher un- und Missverständnisse auszuräu- wahrscheinlich. Die insgesamt – men. Wir haben uns daher ausdrück- nach zäher Startphase – recht gut lich dafür eingesetzt, im Rahmen der vorangegangenen GATS-Verhand- UNESCO eine Konvention zur kultu- lungen können nur in einer Gesamt- rellen Vielfalt zu erarbeiten, in der Hohe Erwartungen werden an die Enquête-Kommission des schau mit den sonstigen WTO-Ver- das Spannungsverhältnis zwischen Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“ gerichtet. In der handlungen gesehen werden. Bis- multilateralen Handelsregeln und Kulturfinanzierung knirscht es. Meldungen von Kürzungen ma- lang haben erst 38 WTO-Mitglieder, den kulturspezifischen Belangen chen aller Orten die Runde. Die Einkommen der Künstlerinnen darunter EU/EU-MS, eigene Ange- besser geklärt werden soll. Die Arbei- und Künstler verharren seit Jahren auf niedrigem Niveau. bote vorgelegt. Diese reichen aber ten hierzu wurden auf der jüngsten Der Vorsitzenden der Enquête-Kommission Gitta Connemann, für die angestrebten zusätzlichen Li- UNESCO-Generalversammlung ein- MdB, wird die Aufgabe zufallen, aus der Vielzahl an Wünschen beralisierungsvereinbarungen noch geleitet. und Herausforderungen diejenigen herauszukristallisieren, die nicht aus. durch den Einsetzungsbeschluss gedeckt sind und bei denen Ein erfolgreicher und zeitnaher Der Verfasser ist Bundesminister für es eine originäre Zuständigkeit des Bundes gibt. Abschluss der GATS-Verhandlungen Wirtschaft und Arbeit ■ Ihr und der gesamten Enquête-Kommission ist viel Erfolg bei hat derweil für die Bundesregierung der Arbeit zu wünschen. einen unverändert hohen Stellen- wert. Wir erhoffen uns hiervon bes- Foto: CDU/CSU Fraktion sere Exportchancen für die deutsche und europäische Dienstleistungs- wirtschaft, insbesondere in Schlüs-

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Strukturen verändern, neue stellt zur Diskussion

Verbündete suchen Wie ein Paukenschlag wirkte die Ankündigung der Landesregierung Nord- rhein-Westfalen, tiefe Einschnitte in der Förderpraxis vorzunehmen. Die Über die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Kultur • Von Michael Vesper Personalkostenzuschüsse bei der Institutionellen Förderung sollen im Jahr 2004 um 20 Prozent der bisherigen Zuschusshöhe gekürzt und im Jahr Es ist keine gute Nachricht, die ich spreche auch keine „Todesurteile“ und umgekehrt hilft gerade unsere 2005 um weitere 20 Prozent der Zuschusshöhe gemindert werden. Pro- zu überbringen habe: Ja, in den öf- aus, wie mir der Geschäftsführer des Institutionelle Förderung faktisch jektförderungen werden in den nächsten beiden Jahren um 68 Prozent der fentlichen Kassen fehlt Geld – mehr Deutschen Kulturrates vorwarf. Mir entscheidend mit, künstlerische bisherigen Fördersummen heruntergefahren. als je zuvor. In Nordrhein-Westfalen – geht es im Gegenteil darum, diese Projekte zu realisieren. Darum aber beileibe nicht nur hier! – geht extrem schwierige Situation wegbre- kann diese Differenzierung nicht iese Finanzplanung, die für alle Förderbereiche in NRW gelten soll, wird es ans Eingemachte, über 4 Milliar- chender Mittel im Dialog mit den Grundlage für Verteilungsent- Dmassive Auswirkungen auf die Kulturförderung in NRW haben. Wie der den Euro müssen in den Jahren 2004 Betroffenen in einer fairen und scheidungen sein. Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 04.10.2003 zu entnehmen war, werden und 2005 eingespart werden. sachgerechten Weise zu lösen. Wie • Das Rasenmäherprinzip geht im die Kürzungen im Kulturbereich Einrichtungen wie die Kultursekretariate in das im Einzelnen geschehen kann, Kulturbereich fehl. Wir müssen die Wuppertal und Gütersloh, die Literaturbüros, das Frauenkulturbüro und wei- ie Gründe für diese dramati- darüber werde ich in den kommen- Kraft haben, Prioritäten zu bilden; tere Einrichtungen treffen, die das Land zusätzlich zur kommunalen Förde- Dsche Finanzkrise des Landes zu den Wochen meine intensiven Ge- das führt, auch wenn es gern ver- rung fördert. erörtern, dafür ist hier nicht der spräche mit den Kulturleuten des gessen wird, notwendig zu Poste- Der Deutsche Kulturrat hat am 04.10.03 in einer Pressemitteilung auf die Platz. Sie ist – leider – Realität, und Landes fortsetzen. Prämissen für rioritäten. Wer den Rasenmäher in geplanten Kürzungen reagiert und seiner Befürchtung Ausdruck verliehen, sie hat Auswirkungen auf alle Berei- diese Gespräche sind unter ande- der Garage lassen will, wird nicht dass die geplanten Kürzungen zu weitreichenden Einschnitten im kulturellen che staatlicher Aktivität – so auch rem: nur einzelne Förderungen besser, Leben in NRW führen. sondern muss andere dann auch Minister Vesper wird im Folgenden seine Position zu den geplanten Kürzun- schlechter behandeln als den fikti- gen vorstellen. Der Vorsitzende des Kulturrates NRW Hans-Georg Bögner gibt ven Durchschnitt. in einem Interview zu den Kürzungen Auskunft. Kulturdezenenten und Kultur- • Es muss darum gehen, die Grund- einrichtungen aus NRW melden sich außerdem zu Wort. strukturen des Kulturlebens in NRW zu erhalten, ohne jedoch Die Redaktion ■ einmal Gewachsenes für sakro- sankt zu erklären. Auch an einge- fahrene Strukturen wird man den Anspruch richten dürfen, ja müs- die von 2005 bis 2007 unter der In- an maximaler Intelligenz und opti- sen, dass sie sich in Zeiten wie die- tendanz von Jürgen Flimm stattfin- maler Prioritätensetzung interes- sen reformieren, also verändern. den wird, eine gut zehnprozentige siert, und darum werde ich mich mit Es gibt übrigens auch das eine oder Kürzung hinnehmen. den Argumenten der „Szene“ einge- andere Positive. So ist es, nach vie- Auch innerhalb der einzelnen hend beschäftigen. Was ich nicht zu- len Jahren vergeblicher Versuche, Förderbereiche wird über Prioritä- lassen werde, ist, dass einzelne Kul- endlich gelungen, die Förderung der ten zu entscheiden sein. Zwei Bei- turdezernenten, denen es in ihrem rund zwanzig kommunalen Theater spiele: Für die Förderung der fünf Verantwortungsbereich nicht an- in das Finanztableau des Gemeinde- Literaturbüros im Lande werde ich ders ergeht als mir, mit dem Finger finanzierungsgesetzes zu übertra- im kommenden Jahr ein Fünftel we- auf das Land zeigen und sich selber gen und damit langfristig abzusi- niger Mittel zur Verfügung haben. exkulpieren. chern; im Jahr 2005 gibt es hier sogar Soll ich sie nun um je zwanzig Pro- Gerade weil der Kulturhaushalt eine deutliche Steigerung. Auch das zent rasieren, was möglicherweise des Landes in vielen Positionen Düsseldorfer Schauspielhaus, das alle fünf gefährdete? Oder ist es kommunale Aktivitäten unterstützt, einzige (halbe) Staatstheater in nicht besser, die Zahl der – regional hängt die Zukunft der nordrhein- NRW, die Kunstsammlung des Lan- ohnehin nach dem Zufallsprinzip westfälischen Kulturlandschaft maß- des und das Museum in Schloss verteilten – Büros um eines zu redu- geblich von der Handlungsfähigkeit Moyland sind gesichert. Damit wird zieren, so dass die verbleibenden der Kommunen ab. Darum ist es klar, dass das Land zu seiner origi- mit der bisherigen Förderhöhe rech- auch eine kulturpolitische Notwen- nären kulturpolitischen Verantwor- nen können? Mir ist der zweite Weg digkeit, die Gemeindefinanzen auf tung steht. Prioritäten will ich dort sympathischer. Oder die Landes- eine gesicherte Grundlage zu stel- setzen, wo sich Kulturpolitik wichti- theater, von denen es in NRW vier len. Ich bin froh, dass die neu gebil- gen gesellschaftspolitischen He- gibt: Ich möchte gern die Landes- dete Enquête-Kommission „Kultur rausforderungen stellt. So hat die theater in Detmold und in Neuss, in Deutschland“ einen Schwerpunkt Einführung des Förderfeldes „Inter- die zugleich am Sitzort als Stadt- auf die kommunale Situation von kulturelle Kulturarbeit“ im letzten theater verankert sind, lediglich um Kunst und Kultur legt. Gasometer in Foto: Gasometer Oberhausen GmbH Jahr viele Projekte unterstützt und einen geringen Betrag kürzen, mit Vielleicht liegt in der derzeitigen angeregt, die ein Zukunftsthema be- dem sie rechnen; das hat allerdings finanziellen Notlage auch eine auf die Kulturförderung. War es mir • Die Unterscheidung in „Institutio- arbeiten. Auch die Begegnung von zwangsläufig zur Folge, dass auf die Chance – die Chance nämlich, ein- in den vergangenen Jahren noch nelle Förderungen“ und „Perso- Kindern und Jugendlichen mit beiden anderen Theater eine stärke- gefahrene Strukturen zu verändern, möglich gewesen, diesen Bereich nalkostenzuschüsse“ auf der einen Kunst und Kultur, die Förderung ih- re Reduzierung zukommt. neue Verbündete für die Kultur zu von Kürzungen weitestgehend zu und Projektförderung auf der an- rer Kreativität ist ein Schwerpunkt, Wer solche Überlegungen als suchen, Spielräume im System zu verschonen, so ist das jetzt nicht deren Seite, für die das Kabinett den ich weiter verfolgen möchte. „dumm“ verwirft oder mit der im aktivieren und die Rolle von Kunst mehr drin. An tiefen Einschnitten unterschiedliche Quoten vorgese- Die freie Szene, die ohnehin über Kulturbereich gelegentlich verbrei- und Kultur gesellschaftlich stärker führt zu meinem großen Bedauern hen hatte (80 beziehungsweise 60 schwindende Mittel verfügt, will ich teten Überheblichkeit den einen zu verankern. Diese Chance sollten kein Weg vorbei. Prozent gegenüber 42 beziehungs- deutlich unterproportional kürzen. oder anderen Einzelaspekt heraus wir nutzen. Das ist schlimm genug. Aber es weise 35 Prozent), ist im Kulturbe- Das Übersetzerkolleg in Straelen, greift (nach dem Motto: Wie kann ist nicht der Weltuntergang. Wir wer- reich lebensfremd: Jede Projekt- ein kulturpolitisches Kleinod, behält man bloß gerade hier kürzen wol- Der Verfasser ist Minister für den keineswegs sämtliche Projekt- förderung unterstützt auch Insti- den ungekürzten Landeszuschuss. len?), möge bitte seinen Alternativ- Städtebau und Wohnen, förderungen auf Null setzen. Ich tutionen und dort Beschäftigte, Dagegen muss die RuhrTriennale II, vorschlag konkret darlegen. Ich bin Kultur und Sport NRW ■ ✄

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politik und kultur 05/03 Seite 2 HKS 47 schwarz AKTUELL politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 3

Massive Einsparungen in Nordrhein-Westfalen Hans-Georg Bögner im Gespräch mit dem Deutschen Kulturrat

ach Bekanntgabe der geplanten dramatisch ist. Es ist im Moment so, kussion ganz offen gegenüber, aber glaubt, mit der Aufgabe der Kultur, trifft, weiterhin grassieren. NKürzungen in NRW rührte sich dass der Finanzminister per Gesetz nicht mit Mitteln der Denunziation. RuhrTriennale könne man die 38 Für viel erschreckender halte ich ei- von Seiten der Kulturverbände Wi- dazu aufgefordert wird, alles auf Es hat vor einiger Zeit einmal den Millionen Euro für den gentlich die gesellschaftliche Ten- derstand. Der Deutsche Kulturrat Null zu stellen, was nicht vertraglich Vorschlag eines Haus der Kultur in Kulturhaushalt sichern. Das muss denz, die dahinter steckt: Dass wir befragte zu den geplanten Kürzun- vereinbart ist. Und jetzt muss man Düsseldorf gegeben. Abgesehen da- ich erst einmal glauben. Künstle- uns nämlich, was Kunst und Kultur gen den Vorsitzenden des Kulturra- schauen, wie Punkt für Punkt disku- von, dass man natürlich auch für so risch hat die RuhrTriennale Tritt ge- angeht, in unserer Gesellschaft in tes NRW, Dr. Hans-Georg Bögner. tiert und argumentiert wird, um For- eine Struktur Geld bräuchte und die fasst. Ich glaube, mit der Entschei- einer flächendeckenden Defen- derungen wieder über die Null hi- sivhaltung befinden. Ganz eigenar- puk: Sehr geehrter Herr Bögner, wie naus zu heben. Minister Vesper tiger Weise singen Ihnen die Kultur- schätzen Sie die finanzielle Situati- macht im Moment eigentlich ein redakteure der öffentlich recht- on im Kulturbereich in Nordrhein- sehr aufwändiges Verfahren, indem lichen Rundfunkanstalten das glei- Westfalen nach den von Minister er mit sehr vielen Kulturverantwort- che Lied. Insofern ist es, glaube ich, Vesper verkündeten massiven Ein- lichen im Land spricht. Jeden Tag wirklich an der Zeit eine breit aufge- sparungen ein? zwei drei verschiedene Termine, um klärte Kampagne zu starten über die Bögner: Es ist immer etwas nach diesen Gesprächen dann Leistungen der Kunst und Kultur in schwierig, eine Einschätzung schon Schwerpunktsetzungen vorzuneh- diesem Lande. dann abzugeben, wenn die Beratun- men. Er hat zwar bestimmte Vorstel- gen noch nicht stattgefunden ha- lungen, dass ist ja auch legitim, aber puk: Das führt uns zu meiner Frage ben. Das, was wir wissen, ist, was er möchte am Ende dieses Prozesses nach der Rolle des NRW Kulturrates der Finanzminister für den Doppel- zu abgestimmten Ergebnissen kom- in dieser Diskussion.Was macht der haushalt 2004/2005 vorgegeben hat: men. Dennoch werden die für den Landeskulturrat in dem Bereich der nämlich in den Personalkostenzu- einen oder anderen schmerzlich aktuellen Sparmaßnahmen, der schüssen und institutionellen För- sein. Kommen wir zu zwei Dingen: Diskussion, von der Sie berichtet derungen im nächsten Jahr 20 Das eine ist, dass wir in dem kleinen haben? Wie kann das, was Sie eben Prozent und im Jahr drauf, also 2005, Kulturhaushalt des Landes Nord- angedeutet haben, nämlich die Fra- weitere 40 Prozent einzusparen. Bei rhein-Westfalen eine sehr starke ge, ob man nicht eine grundsätzli- den projektbezogenen Zuwendun- Theaterlastigkeit haben. Mit fast 40 che Debatte über den Wert der Kul- gen wird es sogar zu noch stärkeren Millionen Euro für die Theater kann tur führt, auch von dem Landeskul- Kürzungen kommen, wobei wir da man von einer sehr starken Theater- turrat mit angesprochen werden. keine verlässliche Zahl haben. Aller lastigkeit sprechen, obwohl wir aus Bögner: Konkret zwei Dinge. Ers- Einschätzung nach wird sich die Studien hören, dass diese Kunst- tens gibt es einen Aktionstag des Förderstruktur des Landes Nord- form mitunter auch Generations- Städtetages NRW in Düsseldorf, bei rhein-Westfalen gravierend durch probleme hat, Zuschauerschwund dem ich als Kulturratsvorsitzender diesen Doppelhaushalt verändern. und so weiter. Hier bedarf es drin- auch sprechen werde zum Thema gend Reformanstrengungen. Die Kultur in Stadt und Land. Ein Tag puk: Jetzt ist es doch so, dass Nord- Zuschüsse an die städtischen Thea- darauf werden wir bei ver.di in Düs- rhein-Westfalen im Vergleich zu ter sind 2003 schon kräftig herunter- seldorf ein erstes Treffen der Kultur- den anderen Bundesländern zu je- gefahren worden und werden 2004 schaffenden in Nordrhein-Westfa- nen gehört, die bisher relativ wenig noch mal gekürzt. Nordrhein-West- len organisieren, um einfach mal Kulturförderung betreiben. Warum falen leistet sich vier Landestheater, den Bestand aufzunehmen, was bei muss eigentlich gerade dieses Land, zwei davon haben mehr oder min- wem angekommen ist, und erste das bisher bei der Kulturförderung der schon eine Stadttheaterfunkti- Möglichkeiten von Aktionen zu be- überaus zurückhaltend ist, jetzt so on. Zwei davon gehen über das Land sprechen. Das Nächste ist, dass wir massive Einsparungen vornehmen und haben daher noch diese alte im November eine Tagung veran- und das so plötzlich? Landestheatertradition. Man spricht stalten, die den lange geforderten Bögner: Plötzlich ist es nicht. Wir mittlerweile von den zwei großen und jetzt endlich in Arbeit befindli- haben auch schon im Haushalt 2003 und von den zwei kleinen. Und die- chen Landeskulturbericht disku- Einsparungen hinnehmen müssen, se zwei Kleinen sollen kräftig gerupft tiert. Das wird auch ein Podium aber es ist richtig, dass in den ver- werden und da haben wir, gemein- sein, über die Haushaltsfragen noch gangenen Jahren der Minister da- sam übrigens mit dem Vorsitzenden zu sprechen. Am 5. Dezember trifft durch, dass er in seinem Haus meh- des Kulturausschusses des Städteta- sich die Landeskulturkonferenz. Ich rere Ressorts versammelt, immer ges NRW, Herrn Grosse-Brockhoff, könnte mir vorstellen, das Minister zugunsten der Kultur umschichten den Vorschlag gemacht, innerhalb Vesper bei diesem Termin etwas konnte. Das ist wohl ans Ende ge- des Theateretats auf das Theatertref- Dr. Georg Bögner Foto: Michael Wiesehöfer mehr Gegenwind spüren wird als es kommen und er muss jetzt stark an fen NRW zu verzichten und die frei- bei den anderen Treffen der Fall war. den Kulturetat. Zu der Struktur werdenden 120.000 Euro lieber den Komplementärmittel, die aus den dung für Jürgen Flimm ist auch ein Nordrhein-Westfalens: Wir hatten in zwei kleinen Landestheatern zur einzelnen Sitzgemeinden der Büros künstlerischer Leiter am Start der a) puk: Was erwartet der NRW Kultur- Nordrhein-Westfalen über 40 Jahre Verfügung zu stellen. Denn in einem kommen dann ja wegfallen, wäre es die Region besser kennt als Gérard rat in dieser Debatte vom Deut- lang nicht so ein starkes Staatsver- Land wie Nordrhein-Westfalen, wo trotzdem ein Denkmodell. Mortier und b) erwiesenermaßen schen Kulturrat ? ständnis, das sich so auf Landesein- man innerhalb einer Stunde zu je- kooperativer auch mit den Künst- Bögner: Ich glaube, dass die Fra- richtungen konzentriert, sondern dem Theater dieses Landes kommt, puk: Jetzt gibt es eine deutliche Ab- lern vor Ort umgehen wird und in- ge, nach dem gesellschaftlichen der Hauptakteur im Bereich der Kul- macht so eine Leistungsshow wie senkung im Bereich der Projektmit- sofern vielleicht das alte Konzept, Konsens, die Frage, welche Leistun- tur sind eigentlich die Kommunen. ein Theatertreffen keinen rechten tel. Ein Projekt, wenn auch eines, das man uns immer versprochen gen Kunst und Kultur für unsere Ge- Was die Sache jetzt verschärft ist, Sinn mehr. Da sagt der Minister, das das dem Minister sehr nahe steht, wurde, nämlich mit den Kräften der sellschaft erbringen, ein wesentli- dass die Kommunen aus dem letz- sei das Lieblingskind der Intendan- ist die RuhrTriennale. Die muss Region zusammenzuarbeiten, ein- cher Aspekt der Zusammenarbeit ten Loch pfeifen und jetzt beides zu- ten. Gut. Man muss sich aber in Zei- nicht so deutlich abspecken, da löst. ist. Wir haben ja gemeinsam mit der sammen, wenn man nicht aufpasst ten der Not von dem einen oder an- spricht man von 10 Prozent bei den Frage der kulturellen Bildung eine und wenn man nicht noch rechtzei- deren Lieblingsprojekt verabschie- normalen Projektmitteln, und im puk: Was glauben Sie, Herr Bögner, ewige Flamme entzündet. Aktuell tig gegensteuert, auf breiter Linie den, zumal das ein Akt der Solidari- Durchschnitt eine Abspeckung von werden die Auswirkungen sein über wurde wirklich wieder Hoffnung ge- zum Kahlschlag führen kann. tät diesen zwei kleinen Theatern ge- 40 Prozent im nächsten Jahr. Wie Nordrhein-Westfalen hinaus? schöpft und gesagt, in dieser Bil- genüber wäre. Jetzt kommen wir zu sehen Sie das? Nordrhein-Westfalen ist ja nicht ir- dungsdebatte nach Pisa kommt puk: Kommen wir noch einmal zu- den Landesbüros. Der Kulturrat Bögner: Ich habe dem Minister gendein Bundesland, sondern ge- auch die Kultur wieder nach vorne, rück, was die Kürzungen konkret NRW hat immer auch eine Struktur- in einem Gespräch die Frage ge- hört zu den großen, zu den starken da gibt es eigentlich sehr schöne An- bedeuten werden. Minister Vesper diskussion angeregt. Was jetzt aller- stellt, ob es nicht alle in einer sol- Bundesländern. Welche Wirkung sätze im Bereich der offenen Ganz- hat angekündigt, die gesamten Pro- dings kolportiert wird, ist, dass man chen Situation leichter haben, die wird dieses doch sehr deutliche tagsschule. Jetzt bricht uns aber das jektmittel erst einmal „auf Null zu diese Landesbüros plötzlich als nahe beim Staat beziehungsweise Sparsignal auf die anderen Bundes- Eigentliche, die Kunst- und Kultur- stellen“ und dann zu schauen, was „Durchreichinstitutionen von Lan- Land sind. Er hat ja Landesbeteili- länder haben? seite weg. Und das heißt wieder neu überhaupt noch möglich ist. Er hat desförderungen“ bezeichnet. Was gungen, die Schauspiel GmbH in Bögner: Ich glaube nicht, dass in kämpfen und wieder neu den Wert weiterhin angekündigt, dass die beim Leser den Eindruck erweckt, Düsseldorf, die Kunstsammlung diesem Wechselspiel der Bundeslän- deutlich machen. Da halte ich ein- verschiedenen Büros, die das Land da entsteht eine neue Bürokratie, NRW, Schloss Moyland etc. von ei- der, in den Konkurrenzen, die die fach den Schulterschluss der Lan- unterhält, zumindest einer sehr in- aber das ist eben nicht der Fall. Und ner Kürzung ausgenommen, weil er auch miteinander ausfechten, ein deskulturräte mit dem Deutschen tensiven Überprüfung unterzogen das ist das Schändliche an der Dis- sagt: da bin ich entweder Mitgesell- solches Beispiel Schule machen Kulturrat für unabdingbar. werden, dass es Synergieeffekte ge- kussion. Dass man die inhaltliche schafter oder vertraglich gebunden. wird. Wobei ich jetzt aus einem kon- ben soll, dass auch sicherlich das ei- Arbeit, die diese Landesbüros ma- Das Gleiche gilt für die RuhrTrien- servativen Bundesland, nämlich aus puk: Vielen Dank, Herr Bögner, für ne oder andere geschlossen wird chen, jetzt plötzlich nicht mehr dis- nale. Das ist nun mal das Renom- Niedersachsen, auch ganz erschre- dieses Gespräch. und, wenn man alles richtig ver- kutiert. Von den Landesbüros gibt es mier- und Vorzeigeprojekt der Lan- ckende Meldungen höre. Die Priori- steht, werden mindestens zwei Lan- nur zwei, die überhaupt Gelder ver- desregierung und da wird man so tätssetzung ist scheinbar nicht par- Das Gespräch mit Dr. Hans-Georg destheater diese Form der Einspa- teilen, nämlich die Landesarbeitsge- schnell nicht von lassen. Zumal er teispezifisch! Die Gefahr ist erstens Bögner,Vorsitzender des Kulturrat - rungen nicht überleben. Was be- meinschaft für Soziokultur in Müns- immer wieder glaubhaft versichert, ein fiskalisches Problem der Haus- NRW, führte Olaf Zimmermann am deutet das konkret für den Kultur- ter und das Büro für freie Kulturar- und ich kann ihm da einfach nur halte, der öffentlichen Haushalte, 9.Oktober 2003 in Berlin ■ standort Nordrhein-Westfalen? beit und freie Theaterarbeit in Dort- glauben, dass diese 38 Millionen Eu- der Länder, der Kommunen, des Bögner: Das waren jetzt so viele mund. Alle anderen: Frauenkultur- ro, die zur Verfügung stehen sollen, Bundes. Das heißt, wenn wir da Fragestellungen, die ich versuchen büro in Krefeld, Tanzbüro in Köln, für die nächste RuhrTriennale nicht nicht Änderungen hinbekommen, will, einzeln zu beantworten. Das ei- die vier Literaturbüros machen Ar- zu 100 Prozent aus dem Landes- die Kommunen wieder besser aus- ne ist das „auf Null stellen“. Es ist ein beit vor Ort, sie arbeiten direkt mit haushalt kommen, sondern zu gro- statten, auch die Länder, dann wird haushaltstechnischer Terminus, der Künstlerinnen und Künstler. Trotz- ßen Teilen aus der EU. Man unter- diese Sparmentalität, die ja auch erst einmal noch nicht unbedingt dem stehen wir einer Strukturdis- liegt einem Trugschluss, wenn man viele andere Bereiche, nicht nur die

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Vieles wird auf der Strecke bleiben Stellungnahmen aus Nordrhein-Westfalen

Der Deutsche Kulturrat hat Kulturde- empfindlich treffen: Bereits im Jahr wickelt werden können. Die Projekt- Beachtung, und so brach eine neue noch literaturfernes Publikum an- zernenten aus Nordrhein-Westfalen, 2003 wurden die Fördermittel für vergabe orientiert sich an Dezentra- Ära der Landeskulturpolitik über sprechen; ein Literaturprogramm betroffene Kulturbüros sowie Lan- Bibliotheken um 40 Prozent auf 1,6 lität, Selbstverwaltung, Strukturaus- NRW herein. Die Rolle des Modera- für die größte „Open-Air-Buchhand- desverbände von Kultureinrichtun- Millionen Euro gekürzt. Dieser Be- gleich, Bürgernähe sowie der Förde- tors und Förderers war plötzlich lung“ Deutschlands, den Düsseldor- gen und Kulturvereinen gebeten, zu trag wurde für das Haushaltsjahr rung regional und überregional be- nicht mehr „zeitgemäß“. Das Kul- fer Bücherbummel, entwickeln; Ver- den geplanten Kürzungen Stellung 2004 nochmals um 70 Prozent ge- deutsamer oder modellartiger Pro- tusministerium nahm die Sache netzungsarbeit leisten; Seminare für zu nehmen: kürzt und 2005 um weitere 30.000 jekte. Die Projektförderung erfolgt selbst in die Hand, denn die Sekreta- Schriftstellerinnen und Schriftsteller Landesmusikrat NRW Euro. Mit diesen Mitteln wurde bis- explizit nicht nur in Ballungsräu- riate und Büros hatten als Dienst- organisieren; und so weiter. her die Einrichtung neuer Bibliothe- men, sondern ist ebenso in eher leister des Landes versagt. Wir wissen also nicht, was davon Wenn die Förderung des Landes Die Triennale wurde erfunden auf der Strecke bleiben wird; viel- „auf Null“ gesetzt würde (ein Szena- und verzückt die Berichterstattung leicht auch wir selbst. rio, für dessen Wahrscheinlichkeit in der internationalen Presse ge- Michael Serrer, Geschäftsführer des allerdings wenig spricht), hätte dies zählt. Damit war der Beweis er- Literaturbüro Düsseldorf verheerende Signalwirkung auch für bracht: Die Künstlerförderung in die Kulturförderung im kommuna- Telgte ist für das Land nicht von Landesgruppe NRW der len Kontext. Wenn das Land das po- Nutzen, denn – sie wird in New York INTHEGA litische Signal geben würde, der Ge- ja gar nicht wahrgenommen!!! meinschaftsverantwortung von Land Jetzt, da die nächste Einspa- Die Nachricht von den geplanten und Kommunen nach Art. 18 der rungswelle das Land und die Kom- Kürzungen im Kulturhaushalt in Landesverfassung nicht mehr nach- munen überflutet, bleiben natürlich Nordrhein-Westfalen kam nicht zukommen und zum Beispiel die nur die sogenannten „Leuchttürme“ ganz überraschend, dennoch ist es Förderung von Orchestern und Mu- verschont, die die Landeskulturpoli- sehr schmerzlich, diese Nachricht sikschulen wegfiele, könnten als Do- tiker in weiser Vorausschau früh ge- schwarz auf weiß bestätigt zu sehen. minoeffekt die Sparzwänge in den nug erbaut haben. Augenblicklich ist noch nicht klar zu Kommunen kurzfristig zum Sterben Liebe Landeskulturpolitiker, überschauen, welche Einrichtungen, dieser Einrichtungen führen. Auslö- nehmt bitte wahr: Das Kultursekre- Projekte und Festivals davon betrof- ser und Verursacher eines solchen tariat NRW Gütersloh, eine Solidar- fen sein werden; eines steht jedoch Effektes wäre die Landesregierung. und Kooperationsgemeinschaft von fest: Diese Entscheidung – wenn sie Auch ein Wegfall der Förderung der rund 60 Städten, bricht bei weiterer denn vollständig umgesetzt wird – künstlerischen Nachwuchsarbeit Kürzung zusammen. Die kulturellen hat fatale Auswirkungen auf alle Kul- wäre zum Beispiel die Folge eines Glanzlichter in den Klein- und Mit- turschaffenden im Lande. „zero-based budgeting“ und würde telstädten würden erlöschen. Das Wenn sich die kommunale Poli- Nordrhein-Westfalen bundesweit täte der Kunst und Kultur im Land tik folgenschwerer Sparargumente Vorreiter werden lassen, um aus gar nicht gut! bedient und Lösungen drängender dem Wettbewerb „Jugend musiziert“ Dagmar Goch,Vorsitzende Finanzprobleme in der Kulturarbeit und weiteren Jugendwettbewerben Kultursekretariat Gütersloh durch weitreichende Privatisierun- auszusteigen. NRW wäre das erste, gen erreichen will, bleibt das Inno- gleichzeitig aber das bevölkerungs- Frauenkulturbüro NRW vative und Kreative unserer Arbeit reichste Land, das künftig ohne Lan- auf der Strecke. Dieses wäre ein wei- desjugendorchester oder JugendJaz- Keine Künstlerin kann allein von terer Schritt auf dem Weg zur Kom- zOrchester auskommen müsste. Subvention oder Förderung leben, merzialisierung von Kunst und Kul- Dies würde angesichts der Tatsa- es sei denn, sie wählt einen künstle- tur. Strukturen, die in dieser Rich- che, dass von diesem Land bisher rischen Lehrberuf. Das Frauenkul- tung zerstört werden, lassen sich beispielhafte Impulse an Nach- turbüro NRW hat Instrumentarien schwerlich wieder aufbauen. wuchsförderung in die gesamte Re- und Projekte entwickelt, die Künst- Herbert Kriems, Geschäftsführer publik ausstrahlten, fast wie ein lerinnen spartenübergreifend zugu- Regionalgruppe NRW INTHEGA Treppenwitz anmuten. In der Laien- te kommen. Der Künstlerinnenpreis musik, dem Musizieren im Ama- NRW und die Stipendien für Bilden- Kulturausschuss des teurbereich, wo sich über 5.000 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, Grabbeplatz Foto: Walter Klein de Künstlerinnen mit Kindern ohne Städtetages NW und des Chöre und Orchester Tag für Tag in Wohnortwechsel sind Maßnahmen, bürgerschaftlichem Engagement ken, Modernisierungsmaßnahmen, ländlichen und unterversorgten Re- die das Augenmerk auf die besonde- Deutschen Bühnenvereins und Ehrenamtlichkeit um den Er- insbesondere der Einsatz neuer gionen vorgesehen. In den größeren re Situation von Künstlerinnen len- – Landesverband Mitte halt des kulturellen Gedächtnisses Technologien, Kooperationsprojek- Städten werden vorwiegend innova- ken. Waren es bislang hauptsächlich unserer Gesellschaft bemühen, wird te und Projekte im Bildungsbereich tive Projekte gefördert, während in traditionelle Erbhöfe, die sich nega- Die Sparvorschläge von Minister Dr. der Wegfall der Förderung und da- gefördert. Die Kürzung kommt ei- den kleineren Städten die kulturelle tiv auf den beruflichen Werdegang Vesper werden viele Kulturinstitutio- mit die fehlende politische Würdi- nem Rückzug des Landes aus der Grundversorgung und die Qualifi- ausgewirkt haben, so ist es heute so, nen in NRW vor die Existenzfrage gung einen großen Motivationsver- Bibliotheksentwicklung gleich. Mit zierung der Veranstaltungsarbeit dass die wenigen Mittel für Kultur stellen: Denn sie müssen jetzt nicht lust verursachen. Aber nicht nur die- diesen Mitteln entfallen Innovation- unterstützt werden. Diese Landes- unwillkürlich zu Ungunsten der nur die 20-68 Prozentigen Kürzun- ser ideelle Schaden, sondern auch simpulse und Modernisierungsan- förderung initiiert häufig die kultu- Künstlerinnen verteilt werden. Das gen der Landesmittel auffangen, son- handfeste Einbrüche im gesamten reize für die Kommunen. Pilotpro- relle Profilbildung vorwiegend klei- potentielle Risiko der Vereinbarkeit dern haben auch noch entsprechen- Qualifizierungs- und Lehrgangssys- jekte werden nicht mehr in Angriff nerer Einrichtungen und erhöht die von Familie und Beruf trifft alle de Einsparungen von Komplemen- tem der Laienmusik sind vorauszu- genommen werden, da das Risiko Chancen, auch von den Kommunen Frauen, so erst recht die Künstlerin- tärmitteln zum Beispiel der Kommu- sehen und der Wegfall der erst für eine einzelne Kommune zu hoch beziehungsweise Kreisen weitere nen. Nach wie vor muss eine Sensi- nen zu gewärtigen. Die durch das jüngst ermöglichten Basisförderung ist. Außerdem bedeutet dies voraus- Mittel einzuwerben (kulturpoliti- bilisierung für dieses Problem hart Land ausgelöste Kettenreaktion wird bei den Chören und Instrumental- sichtlich das Ende des seit 1957 be- schen ,Anstoß’). erarbeitet werden. Diese Fürsprache zum Tod mancher Institution und vereinigungen. Auch im Amateurbe- stehenden Sondersammelgebiets- Wenn die institutionelle Förde- können Künstlerinnen alleine nicht manchen Projektes führen. reich wäre NRW das erste Land, das programms der nordrhein-westfäli- rung wegfallen würde, entfällt sofort führen, Mentorinnen und Lobbyis- Besonders skandalös ist die aus den bundesweiten Wettbewer- schen Großstadtbibliotheken, mit ein Arbeitsplatz und einige Aushilfs- tinnen müssen an ihrer Seite Rede überproportionale Herabsetzung ben ausscheiden würde: zum Chor- dem ein landesweiter Zugriff auf alle beschäftigungen. Im Kern müsste und Antwort stehen. Nordrhein- der Ansätze für die beiden Kultur- wettbewerb und zum Orchester- deutschsprachigen Bücher gewähr- die Informations- und Beratungsar- Westfalen hat die Förderung von sekretariate um 1/3 in 2004 und ein wettbewerb müssten NRW-Teilneh- leistet war. beit für die Zentren der LAG NRW Frauen in Kunst und Kultur maß- weiteres Drittel in 2005. Gerade in mer künftig nach Hessen, Rhein- Monika Rasche und auch für viele andere Einrich- geblich mit in die Wege geleitet. Mit seiner jetzigen Finanzsituation soll- land-Pfalz oder nach Niedersachsen tungen wegfallen. Kürzungen in diesem Bereich würde te das Land die Kooperation mit den fahren. Weiteres Ergebnis wäre, dass LAG Soziokultureller Rainer Bode, der leise Einzug einer geschlechter- Kommunen suchen, um gemeinsam die Landesmusikakademie keinen Vorsitzender der LAG NW gerechten Kultur zunichte gemacht. mit diesen wenigstens noch einen Bildungsauftrag mehr wahrnehmen Zentren NW Ursula Theißen, Leiterin letzten Rest von Landeskulturpolitik könnte, sondern zur reinen Beleg- Kultursekretariat NRW Fraunkulturbüro NRW nach innen und nach außen zu be- stätte verkommen würde. Wenn in Die Landesarbeitsgemeinschaft So- Gütersloh treiben. Denn seine ohnehin tradi- einem solchem (nochmals: nicht zu ziokultureller Zentren Nordrhein- Literaturbüro Düsseldorf tionell marginalen Kulturausgaben erwartenden) Szenario allein die Westfalen (LAG NW) bekommt seit Es gab einmal eine Landeskulturpo- begründet das Land ja stets mit der Förderung des Beethovenhauses 1986 vom Land NRW Projektmittel litik, die hatte ein hehres Ziel: Sie Zur Zeit gibt es täglich neue Mel- Tatsache, dass es im Gegensatz zu aufgrund der Komplementärfinan- und seit 1990 eine institutionelle wollte die Kulturentwicklung im dungen oder Spekulationen über allen anderen Bundesländern ein zierung des Bundes unangetastet Förderung. Die Projektförderung Land NRW fördern, sie qualifizieren das Ausmaß der bevorstehenden Land der Städte sei und Kulturpoli- bliebe, wäre es schön für , aber betrug anfangs 150.000 DM und und in den entlegensten Winkel des Kürzungen, so dass sich heute tik folglich vor allem eine Sache der weniger schön für die lebendige Mu- liegt im Jahr 2003 bei 190.000 Euro. Landes tragen. Um die Städte und (7.10.) nur schwer sagen lässt, wel- Stadt sei. Wenn dem so ist, sollte das sikkultur unsers Landes. Damit wurden in diesem Jahr 62 Gemeinden bei diesem Prozess zu che Todesart die Landesregierung Land aber nicht ausgerechnet bei Matthias Pannes, Geschäftsführer Projekte in 50 Einrichtungen im unterstützen und zu beraten, schuf für die vier Literaturbüros in NRW, der Kooperationsplattform der Städ- des Landesmusikrats NRW ganzen Land NRW gefördert. Die sie Kultursekretariate, Kulturbüros darunter auch das Literaturbüro in te – eben den Kultursekretariaten – Antragsteller selbst organisierten im und die Regionale Kulturförderung. Düsseldorf, vorgesehen hat – das sparen, sondern nach Wegen su- Verband der Bibliotheken großen Maßstab Eigenmittel und Und siehe da: Überall im Lande ge- Aushungern oder die sofortige Hin- chen, wie Städte und Land noch des Landes Nordrhein- Drittmittel, so dass das ganze Kos- wannen Kunst und Kultur an Bedeu- richtung. stärker als bisher „Hand in Hand“ tenvolumen bei cirka 1.000.000 Euro tung, die Städte wetteiferten um kul- Wir wissen also nicht, was wir in arbeiten können. Statt nur 4 von 40 Westfalen liegt. Wenn die Projektmittel wegfal- turellen Glanz, die Kulturwirtschaft Zukunft nicht mehr machen kön- Millionen bei der RuhrTriennale zu len würden, würde vieles an Projekt- boomte, das Kulturland NRW wuchs nen: Autoren mit einem Metropo- streichen würde bereits eine Die Kürzungen im Kulturhaushalt arbeit in den Einrichtungen wegfal- kräftig heran. lenstipendium nach Paris oder Prag des Landes NRW werden die kom- len. Neue Ansätze von Kulturarbeit, Aber ach: die Welt schenkte den schicken; Lesungen in den Museen Weiter auf Seite 5 munalen öffentlichen Bibliotheken von Kunst würden nicht mehr ent- vielen Glanzlichtern nicht genügend des Landes anbieten, die ein oft

politik und kultur 05/03 Seite 4 HKS 47 schwarz AKTUELL politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 5

Fortsetzung von Seite 4 nutzung von Gebäuden des Butz- schen unbezahlbar; Bibliotheken Beispiel das Kreativhaus, das mit institutionalisierten Kultur ohne weilerhofes. werden ihre Sammlungsschwer- seiner Jugendkunstschule aus Mit- diese Landesunterstützung gefähr- Kulturdezernat Köln punkte nicht mehr mit Landesun- teln der Jugendhilfe unterstützt det sind. Millionen mehr reichen, um die Kul- Trotz der katastrophalen Finanz- tursekretariate in den Stand zu setz- Stadt Bonn situation ist es uns bisher gelungen, ten, für das Land zu arbeiten. die städtische Finanzierung zumin- Was die Theaterförderung anbe- Die Stadt konnte ihr (städtisches) dest so zu erhalten, dass gewachse- langt, so begrüße ich ausdrücklich Kulturangebot bisher trotz kontinu- ne Strukturen hier in der Stadt im die Übernahme der Theaterförde- ierlich reduzierter Sachmittel in der freien wie im institutionellen Be- rung ins GFG (Gemeindefinanzie- Substanz aufrecht erhalten. Doch reich erhalten bleiben können. Ein rungsgesetz). Folgerichtig wäre es die Grenze ist hier inzwischen er- Auffangen der möglichen Kürzun- dann nur gewesen, auch die Landes- reicht. gen des Landes durch den städti- theater im GFG zu belassen. Denn Die Zuschüsse an Freie Kultur- schen Haushalt ist vollkommen aus- deren Aufgabe ist es ja gerade, das einrichtungen wurden bisher nicht geschlossen. Die sich abzeichnende ganze Land zu bespielen. Und wo gekürzt. Die Stadt ist jedoch nicht in starke Reduzierung der Landesmit- sie wie in Neuss und Detmold zu- der Lage, wegfallende Landeszu- tel bei den gemeinsamen Kultursek- gleich Stadttheaterfunktionen aus- schüsse zu kompensieren. retariaten kann nicht nur nicht von üben, sollten sie auch diesen gleich- Über die bekannten Kulturein- den Städten aufgefangen werden gestellt sein. richtungen hinaus sind vor allem angesichts der eigenen desolaten Si- Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Festivals (Bonner Sommerkino) tuation, sondern sie hat sicherlich Vorsitzender Kulturausschuss durch Landeskürzungen in ihrer darüber hinaus zur Folge, dass gera- Städtetag NW sowie Deutscher Existenz gefährdet. de die für die Städte bereichernde Bühnenverein – Landesverband Dr. Ludwig Krapf, Kulturdezernent Arbeit dieser Sekretariate im städti- Mitte der Bundesstadt Bonn schen Angebot sehr fehlen werden. Aus kommunaler Sicht kann ich nur Stadt Köln Stadt Mönchengladbach immer wieder darauf hinweisen, dass alle großen Ambitionen des Für den Bereich der Museen erge- Durch den von Kultusminister Ves- Landes, sich auch als Kulturstandort ben sich durch die Kürzungen ver- per (Bündnis 90/Grüne) angekün- zu profilieren, ins Leere gehen wer- mutlich weitere Beschränkungen im digten Paradigmenwechsel der Lan- den, wenn in den Städten und Ge- Bereich der Ausstellungsförderung. deskulturpolitik weg von der institu- meinden kein kontinuierliches, Während die Museen in den 90er- tionellen Förderung hin zur Projekt- breites kulturelles Angebot den Bo- Jahren noch Förderungen in der förderung einiger weniger Leucht- den dafür bereitet. Größenordnung von 50.000 bis turmprojekte wird den Städten die Ich hoffe also auf maßvolle Ent- 100.000 DM jährlich erhielten, war Grundlage für die kommunale kul- Die Titanic vor dem Untergang (Theater Titanick) Foto: Thilo Beu scheidungen der Landespolitik. es zuletzt schon so, dass bestenfalls turelle Grundversorgung entzogen. Isabell Pfeiffer-Poensgen, noch ein Projekt der Kölner Museen Für Mönchengladbach bedeutet terstützung pflegen können, wenn wird, das mit seiner Weiterbildung Kulturdezernentin der Stadt und zwar bis etwa maximal 30.000 dies eine 80-prozentige Kürzung der die entsprechenden Projektmittel auf Landesmittel angewiesen ist, Aachen Euro gefördert wurde. Sollten nun- Bibliotheksförderung, eine 15 pro- weitgehend entfallen. werden vielfach betroffen und kön- mehr weitere Kürzungen gegen Null zentige Kürzung der Zuschüsse für Die Konkurrenz der Städte um nen die gewohnte Qualität ihrer Ar- Stadt Bielefeld erfolgen, stellt dies einmal mehr ei- die Volkshochschule und die Ein- die knappen Fördermittel des Lan- beit nicht mehr anbieten. Das glei- nen deutlichen Nachteil für das Aus- stellung der Schulabschlusslehrgän- des wird zunehmen und die Chance che gilt fürs C.U.B.A., eine Art kultu- Auch die Stadt Bielefeld steht den stellungswesen dar. Ohne Drittmit- ge für benachteiligte Jugendliche zur Profilierung neuer Projekte sinkt relles Technologiezentrum und angekündigten Kürzungen im Kul- telfinanzierungen – eben auch und eine Einstellung der Förderung deutlich. Dach für eine Vielzahl von Trägern. turetat kritisch wie skeptisch gegen- durch das Land – sind Ausstellungen der Musikschule. Die Kürzung der Geplante Profilierungen von be- Ich habe die Erwartung, dass über. Dies umso mehr, als neben kaum oder gar nicht zu finanzieren. Förderung des Kultursekretariates sonders innovativen oder entwick- sich das Vesper-Ministerium in ei- den verbalen Ankündigungen bis In der Vergangenheit war die Wuppertal würde für Mönchenglad- lungsfähigen Kulturprojekten, die nen ernsthaften Dialog mit den zur Stunde keine konkreten über- Stadt-Bibliothek Köln immer wieder bach das Aus für das spartenüber- bislang nicht institutionell gefördert Städten begibt, um trotz der schwie- prüf- und nachvollziehbaren Ent- in der Lage, mit den Projektmitteln greifende Kulturfestival Ensemblia wurden, sind in ihrer Substanz ge- rigen Haushaltssituation den Scha- scheidungen mitgeteilt wurden. des Landes technisch innovative und die Teilnahme an Projekten der fährdet. den für das kulturelle Leben der Um es sehr deutlich zu sagen: Maßnahmen zur Bibliotheksauto- Kinder- und Jugendkultur, wie Das Münsteraner Filmfestival Städte zu minimieren. Sollte es zu den angekündigten Ein- matisierung oder elektronischen In- Traumspiele und Kindertheater des mit seiner internationalen Ausstrah- Helga Boldt, Kulturdezernentin schnitten kommen, wird dies zu er- formationsvermittlung aufzusetzen. Monats bedeuten Die Kürzungen im lung beispielsweise könnte bei einer Stadt Münster heblichen Kürzungen im Kulturbe- Aktuell läuft das Projekt „Leseclub“, Theater- und Orchesterbereich ge- Reduzierung der Projektförderung reich führen. das sich an die ganz jungen Kunden fährden nachhaltig das deutsche auf 40 Prozent nicht mehr weiterge- Stadt Aachen Die Stadt Bielefeld sieht sich je- der Bibliothek richtet und originär Kulturerbe „Stadttheater“! Da fragt führt werden. Das Theater Titanick, denfalls nicht in der Lage, wegbre- Leseförderung betreibt. Ein Wegfall man sich „Was nützen Leuchttürme für Münster wie für NRW ein Werbe- Noch ist es sehr schwierig, den Um- chende Landesmittel aus der eige- der Projektförderung des Landes in einer kulturellen Wüste?“ träger, könnte ohne verlässliche Un- fang der im Landeshaushalt 04/05 nen Tasche gegen zu finanzieren. würde die Stadtbibliothek schmerz- Wolfgang Rombey, Kulturdezernent terstützung des Landes seine inter- geplanten Kürzungen zu kommen- Angesichts dieser Ausgangslage lich treffen, entsprechende Projekte Stadt Mönchengladbach national profilierten Produktionen tieren, da bisher nur grobe Unter- und des angedrohten kulturpoliti- müssten in Zukunft vermutlich un- nicht mehr realisieren. Die freien richtungen über die Presse erfolgt schen Kahlschlags stellt sich sehr terbleiben oder stark gekürzt wer- Stadt Münster Theater, in Münster das Wolfgang- sind. Wir werden in der kommenden wohl die Frage nach Sinn und Zweck den. Borchert-Theater und das Theater Woche im Kulturausschuss des der RuhrTrienale. Im Bereich des Denkmalschut- Die Landeskürzungen treffen in im Pumpenhaus, wären in ihrer nordrhein-westfälischen Städteta- Dieses renommeeträchtige zes sind zwei Projekte bekannt, die Münster zeitlich mit Kürzungen im Substanz gefährdet, wenn die Lan- ges die Verantwortlichen der Lan- Spektakel wird angesichts leerer bei weiteren Kürzungen von Lan- kommunalen Kulturbudget zusam- desmittel in der angekündigten Grö- despolitik zu Gast haben und nach Kassen im Lande NRW noch für vie- desmitteln gegebenenfalls gefährdet men. Daraus ergibt sich eine ßenordnung hausscharf reduziert diesem Treffen am 13. Oktober et- le Diskussionen sorgen. werden können: Die Umnutzung schwierige Situation. Weiterbildung würden. Einrichtungen soziokultu- was mehr wissen. Gleichwohl kann Rainer Ludwig, Kulturdezenent des Parkcafé im Rheinpark zu einem beispielsweise wird deutlich teurer reller Art, die verschiedene Aufga- man schon heute sagen, dass we- Stadt Bielefeld ■ Eismuseum und die geplante Um- und damit für einen Teil der Men- ben zusammenfassen, wie zum sentliche Bereiche der freien wie der neu bei ConBrio Das Standardwerk zur elementaren Musikpädogogik

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politik und kultur 05/03 Seite 5 HKS 47 schwarz PORTRAIT politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 6

Die Sprache des Tanzes Kulturgroschen des Deutschen Kulturrates für William Forsythe

Er hatte genug Angebote aus aller ren. Er entstammt einer Ingenieurs- Welt. Doch William Forsythe ent- und Musikerfamilie. Mit vier Jahren schied sich für den Dresdner Grünen spielte er bereits Geige, Fagott und Hügel, wo ein Europäisches Zentrum Querflöte, mit zehn trat er in Musi- für zeitgenössische Künste entste- cals auf. Nach dem er ersten Tanz- hen soll. Dort wird der Choreografie- unterricht am College in Jacksonvil- star auf Udo Zimmermann treffen, le erhalten hatte, besuchte er die den ehemaligen Intendanten der Joffrey Ballet School in New York. Deutschen Oper Berlin, der an der Fi- Von 1969 an war er Mitglied des Joff- nanzkatastrophe in der Hauptstadt rey Ballet in New York und schon scheiterte und – nach eigenem Be- 1973 engagierte ihn John Cranko als kunden – an seiner Kompromiss- Tänzer für das Stuttgarter Ballett. In sucht. Auch Forsythe machte lange Stuttgart choreografierte Forsythe Zeit Kompromisse und ließ sich und 1976 erstmals für sich und seine ers- sein Ballett – zumindest teilweise - te Frau Eileen Brady das Pas de deux von der Opernbühne ins Bockenhei- „Urlicht“ zum 4. Satz von Gustav mer Theater im Depot „abschieben“. Mahlers 2. Sinfonie. Jährlich kam Doch irgendwann waren ihm die Na- Neues dazu: 1977 das Ballett „Daph- delstiche der Stadtpolitiker (bis zu ne“ (Dvorak) mit Marcia Haydée in 80 Prozent Mittelkürzungen wurden der Titelrolle, 1978 „In endlose Zeit“ ihm angedroht) zuviel: William Forsy- (Ligeti) und dann 1978 beim Festival the verlässt Frankfurt – „geliebt vom von Montepulciano „Folia“ zu Hans Publikum, vergrault von der Politik“, Werner Henzes „Aria de la Folia Es- so stand es am 28. August 2002 in pagnola“. der Frankfurter Rundschau. Nimmt man Filme und sonstige Projekte hinzu, dann zählen die ass Hellerau/Dresden für Willi- Werke von William Forsythe inzwi- Dam Forsythe interessanter ist, schen an die hundert. Fast alle gro- als die internationale Szene, sagt ßen Ensembles haben heute Cho- vieles über ihn aus. Hätte er es ge- reografien von ihm im Repertoire. wollt, dann wäre er heute Direktor Forsythe war dabei in mehreren As- oder wenigstens Chefchoreograf des pekten Vorreiter: Gegen Widerstän- New York City Ballet, oder dem Lon- de führte er das Frankfurter Ballett don Royal Ballet. Doch Forsythe hat mit seiner über zwei Jahrzehnte Schwierigkeiten mit Institutionen, dauernden Arbeit zu Weltruhm. Er vor allem mit in Ehren ergrauten. setzte seine revolutionäre Tanzspra- Die Spitzentänzer etwa an der Pari- che durch, die den Tanz als Kunst- ser Oper nannte er einmal „Maschi- form postulierte, eigenständig ge- nen-Soldaten“, die auf Befehle war- genüber der Musik, gegenüber der Bei der Probenarbeit: William Forsythe und Ensemblemitglied Foto: Dominik Mentzos teten. Ihn interessiert anderes, in al- Handlung und einer überkomme- len seinen Arbeiten wird das Bemü- nen, ehemals höfischen Kunstform. untermauern, die auf seine schöpfe- sche Realität hat Forsythe auch in schimmer ist, dass möglicherweise hen erkennbar, eine neue Sprache Unter seiner Ägide konnte sich das rische Verwandtschaft mit Rudolf Hellerau eingeholt. Die Stadt Frank- Darmstadt für Frankfurt in die Bre- des Tanzes zu entwickeln: „Das Bal- Ballett als eigenständiger Bereich an Laban und Daniel Libeskind ver- furt lässt den Ballettstar fallen: Die sche springt. lett ist für mich Schreiben – auf der einem Dreispartenbetrieb etablie- wies. Mit zahlreichen Tourneen war Stadt werde die mit Dresden geplan- Vielleicht können sich Forsythe Grundlage der Geometrie“ und ren. 1990 wurde Forsythe in Frank- das Ballett Frankfurt einer der wich- te private Ballett-Compagnie um und Company also doch noch wie „Tänzer sprechen tanzend auf der furt künstlerischer Intendant des tigsten Kulturexportgüter der Main- den Choreografen doch nicht mitfi- geplant ab 2005 in Hellerau nieder- Bühne über den Tanz“. Dabei scheu- Balletts und war in dieser Position metropole. nanzieren, wurde Mitte Oktober be- lassen. Dann wären sie da, wo Forsy- te er sich nicht, wie etwa bei „Slee- als erster deutscher Intendant über- Die Stadtväter dankten es ihrem kannt. Aus rechtlichen Bedenken – the und seine Truppe sich am wohl- pers Guts“ (1996) den Tänzern große haupt nur der Stadt Frankfurt ver- Ballettchef nicht, dafür umso mehr die Stadt Frankfurt befürchtet, dass sten fühlen würden: an einem Ort Verantwortung zu übertragen. Der antwortlich und keinem Generalin- die sein Frankfurter Publikum. Und die geplante Privatisierung des für zeitgenössische Künste, wo Ex- Ballett-Intendant hat keine Angst tendanten mehr. Seine Tänzer wur- eine zeitlang schien es, dass ihnen Frankfurter Balletts keinen Bestand perimente nicht misstrauisch be- davor, seine Tänzer zu Ko-Autoren den von Opern-Diensten befreit, Forsythe auch dann noch erhalten haben könnte und im Falle einer äugt werden, sondern Alltag sind. heranzuziehen, die mit ihm gemein- Klassiker wie „Schwanensee“ und bleiben würde, wenn er nach Dres- Klage gegen die Stadt Forderungen sam für bestimmte Choreographien „Giselle“ verschwanden für immer den ginge. Denn der Präsident des in Millionenhöhe auf sie zukommen Der Deutsche Kulturrat zeichnet verantwortlich zeichnen. Forsythes aus dem Repertoire seine Truppe. Kultursenats im sächsischen Kunst- könnten – beschlossen die Parteien William Forsythe im Dezember 2003 Tänzer sollen nicht nur funktionie- Ein weiteres Novum stellte der ministerium, Bernhard Freiherr von des Römer-Bündnisses (CDU, SPD, mit dem Kulturgroschen des Deut- ren, sie sollen eigene Vorstellungen 1988 zwischen Frankfurt und Paris Löffelholz, hatte eine interessante Grüne und FDP) Mitte Oktober, aus schen Kulturrats aus. Der Kultur- entwickeln. Damit bleibt Forsythe ausgehandelte Vertrag dar, der mit Idee der Kofinanzierung ins Spiel dem Vierer-Vertrag zwischen Frank- groschen wird jährlich für besondere sich selbst treu, denn er selbst dach- jährlich fest vereinbarten Gastauf- gebracht: Seit Ende Juni lag eine un- furt (600.000 Euro), Dresden (3,5 Verdienste in der Kunst beziehungs- te schon seit den Anfängen seiner tritten in Paris ab 1990 eine auf eu- terzeichnete Absichtserklärung der Millionen Euro), Hessen (1,3 Millio- weise der Kulturpolitik vergeben. Karriere immer über seine begrenz- ropäischer Ebene einmalige Koope- Partner Hessen, Sachsen, Frankfurt nen Euro) und Sachsen (zwei Millio- te Rolle als Tänzer hinaus. ration ermöglichte. Seine Arbeit ver- und Dresden vor, den Ballettchef nen Euro) auszusteigen. Das Land Andreas Kolb ■ William Forsythe wurde am 30. suchte er seit 1989 mit der viertel- samt Ensemble gemeinsam zu fi- Hessen will aber weiterhin zu seiner Dezember 1949 in New York gebo- jährlichen Zeitschrift „Parallax“ zu nanzieren. Doch die kulturpoliti- Zusage stehen. Ein Hoffnungs-

Die Verbände

Seit vielen Jahren bewährt ist die Kooperation der neuen musikzeitung mit den großen Verbänden des deutschen Musiklebens, deren Mitteilungen wir veröffentlichen: • Deutscher Kulturrat • Deutscher Tonkünstlerverband (DTKV) • erscheint als auflagenstärkste • Verband deutscher Musikschulen (VdM) allgemeine Musikfachzeitschrift • Jeunesses Musicales Deutschland (JMD) Deutschlands im Zeitungsformat • Bundesfachgruppe Musikpädagogik (BFG) • Gesellschaft für Musikpädagogik (GMP/VMP) • ist unabhängig und ergreift Partei • Verband Bayerischer Schulmusiker (VBS) für alle Belange der Musikkultur • VDS-Saar • Deutscher Musikrat • für die neue musikzeitung • Arbeitskreis Musik in der Jugend (AMJ) schreiben namhafte Journalisten, • ver.di Wissenschaftler, Praktiker und Kulturpolitiker. Wir legen Wert auf ein breit gefächertes Team von ConBrio Verlagsgesellschaft Redakteuren und Autoren mit Brunnstr. 23, 93053 Regensburg Postfach 10 02 45, einem über die Musik hinaus- 93002 Regensburg reichenden Horizont. Tel.: 0941/945 93-0, Fax: 0941/945 93-50 E-Mail: [email protected]

politik und kultur 05/03 Seite 6 HKS 47 schwarz ENGLISH SUPPLEMENT politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 7

Cancún and the consequences of GATS The negotiations on liberalising international trade in the service sector • By Wolfgang Clement

The abrupt end of the present WTO be to join both with our partner med by some, feared by others – as ve the same high priority to conclu- independently in this sphere, must round of talks at the Ministerial countries and the EU Commission, embodying the shape of the future, ding the GATS negotiations suc- be preserved. Nonetheless, I am Conference in Cancún must give us leading our WTO negotiations, in since we believe bilateral or regio- cessfully and soon. It is our hope convinced that the flexibility of the all pause for thought – and yet, in jointly evaluating the reasons that nal agreements can and should on- that these will create improved ex- GATS structure does indeed allow the end, strengthen our resolve to played a part in Cancún‘s negative ly be supplementary. In contrast, a port potential for the German and precisely this, if implemented as the continue. Cancún may indeed be result, giving due consideration to, multilateral rule system forms the European service industries, in par- agreement prescribes. seen as a totally unexpected set- for example, not only the role of the essential, basic core of any promi- ticular in such key areas as financi- Additional safeguards, though, back, and one leaving many proce- new G-20-plus group of countries sing, realistic approach to maste- als, transport, telecommunication are to be welcomed, both within the dural issues undecided. Under the but also the unwieldy WTO proce- ring the processes inherent in glo- and sales. WTO frame and as culturally speci- terms of the Doha Development dural rules which place a considera- balisation. The flexibility marking the GATS fic rulings, helping to assuage Agenda set in November 2001 for ble strain on any transparent and The Doha Agenda provided for agreement allows this to be a viable doubts and clarify misunderstan- the overall WTO negotiation round, goal-directed discussions of com- December 2004 as the final date for goal without having to abandon our dings. For this reason, we have ex- Cancún should have marked the in- plex topics between the 148 WTO the negotiations on services, origi- approach on more sensitive issues. pressly called for a convention on terim assessment process, but this members. The traditional consen- nally set up in 2000 in line with the This is why the European Commu- cultural diversity, to be held under has been left incomplete, with no sus procedure in WTO decision- negotiations process and including nity‘s opening offer presented at the the auspices of UNESCO, to gain overall agenda agreed, nor a road- making processes may have the ad- benchmarks mandated by GATS Ar- end of April this year does not detail greater insight into the strained re- map for further negotiations, nor vantage of giving small member ticle XIX. This deadline still stands any points for negotiation in the lationship between multilateral tra- any final deadline. countries an appropriate voice, but formally, although in the light of educational, health or audiovisual de rules and specific cultural con- it can – as we saw in Cancún – also Cancún, it seems doubtful whether services sector, allowing us to do cerns. It is my hope that the work nder such circumstances, the- lead to a general blockade. it can really be achieved; after all, justice to the particularities of these this requires can be initiated at the Ure is no sense in asking how to It seems that the time is ripe to GATS negotiations, which overall – areas. forthcoming session of the UN- apportion the blame; Cancún has review and re-think these structu- after a difficult initial phase – were In our view, safeguarding cultu- ESCO General Conference. left no winners - the outcome is a res. Yet the legacy of Cancún should proceeding well, can only be seen ral identity and cultural diversity is loss to everyone involved. In my not simply be action for action‘s sa- within the total setting of all other clearly a binding obligation, which The author is the German Federal opinion, the weakest developing ke, but an incentive to embark on a WTO negotiations. also needs to be, and must be, gua- Minister for Economics and countries will suffer most and this, detailed and thorough analysis to Only 38 WTO members, inclu- ranteed across the board in multila- Labour ■ in turn, makes it all the more urgent ensure a basis for fruitful action. ding the EU / EU member states, teral trade rules. In this context, I do to secure what has been achieved, Whatever the path to such an have as yet presented offers of their not believe it would be practical to try to build on the work accompli- appraisal may bring, our primary own, but these are not sufficient for include existing culturally specific shed, and do so in a way that gua- goal will be to counter calls for revi- the desired supplementary agree- public subsidies under these rules. rantees the potential for greater talising a protectionist stance. Simi- ments on liberalising the service Similarly, the freedom on the natio- success than in Cancún. larly, it is hard to view moves to- sector. The German Federal Go- nal and European levels to shape For this reason, our first step will wards sheer bilateralism – welco- vernment, however, continues to gi- culturally specific affairs, and act

Cancún and its impact on cultural affairs Nine notes on the WTO-Conference in Mexico • By Max Fuchs

Let us begin with the results of individual freedom, the right to cul- ence gathered in our Cancún coali- is another basic principle the German National Coalition for Cancún: tural self-determination, open-bor- tion. For example, INCD member German Cultural Council is ener- Cultural Diversity, providing a 1. No resolutions were passed on ders to cultural contacts, and on the Joost Smiers, a cultural policy rese- getically supporting – this too national-level forum for exchanging opening up and liberalising the other, obstinate supporters of archer at the Utrecht School of Arts, would fall victim to unconditio- and debating experience, insights, cultural sector (or education and national-level culture, trembling at has just published his book „Arts nal market liberalisation. It is findings, ideas and strategies desi- social affairs). the thought of open markets, too under Pressure“, containing a mass more than obvious how the high gned to promote cultural diversity frightened to allow any honest com- of examples from very different standards still prevalent through- on the national level. 2. The Coalition on Cultural petition for the people‘s hearts and countries, detailing how national out the German cultural sector – Alliances are also crucial in the Diversity – both national and minds (and wallets). The arguments cultural industries have been dest- even if under threat at present – international arena, although here international –made an impressi- presented by the US delegates royed (e.g., the book and film mar- depend on a cultural infrastruc- special efforts are needed to ensure ve appearance, consolidating exi- during the last Session of the UNE- ket in Mexico, or Turkey’s experien- ture relying heavily on public sec- developing countries increasingly sting alliances and extending SCO General Conference from 9-13 ces after abolishing tax breaks and tor funding. But no matter how become involved in these proces- them and, with the Cancún October sounded very similar when opening up of the national markets). much this appears to go without ses. It is not yet possible to say Declaration on Cultural Diversity, replying to the proposal for a saying, there is, in fact, no repu- whether the INCD, as a body alrea- providing a quasi-official basic Convention on Cultural Diversity. What is the difference between a table study into the entirety of dy in existence, may prove to be statement of principles. And for that reason: national and international cultural cultural policy or even any over- best suited to such a task, or But has this neutralised the immi- 3. The debate over liberalising the economy? all, comprehensive concept for whether it will only be one major nent danger? The answer has to be a cultural markets will continue! One central point our Cancún its further development. partner together with other organi- resounding no! On the contrary – it Declaration made, and which con- 7. We need a Convention on sations. was unnerving to note that despite But how should we carry on? stantly recurs in international deba- Cultural Diversity. As regards the WTO, one major all the EU resolutions (no offers to One frequently hears it said that the te on cultural policy‘s role in safegu- Once the Cancún negotiations advance has been made. In contrast liberalise the cultural sector), res- flexibility built into GATS allows all arding cultural diversity, points out round had been broken off, giving to previous practice, NGO‘s were ponsible figures in the German the concerns expressed by the cul- that a national-level cultural eco- us more time to develop our positi- accepted parties in the core nego- Federal Economics Ministry conti- tural sector to be adequately met, nomy can support and evolve cul- on, we were already facing the next tiations. We need to ensure this nue to oppose any exceptional sta- providing the requisite safeguards tural diversity more effectively than hurdle, planning to push for a trend is energetically supported - in tus ruling for culture: GATS, they contained in the GATS rules are international companies. This argu- Convention on Cultural Diversity particular, vouchsafing the demo- say, is flexible enough to meet any applied. After all, the member ment also appears in Joost Smiers‘ during the Session of the UNESCO cratic nature of civil society inclusi- worries the cultural sector may countries can decide for themselves book as one of his core theses, General Conference scheduled for on, which in the meantime is stan- have. which sectors are contained in describing how although ‚local arti- October 2003. Despite stubborn dard, for instance, in the context of It seemed as if, suddenly, there GATS, and how much of each sec- stic life‘ takes on a special role in and determined resistance from the UNESCO, in those policy areas that was a bizarre network of interests tor. And then there is an interim concretely expressing the meaning USA, this resolution was actually previously have had little to do with linking WTO supporters in the phase - and the chance to retract of human life, it is precisely this passed at the Session phase in mid- such forms of cooperation, e.g., ministries and parts of the cultural liberalising offers. And finally, the localisation which is lost in cultural October. international trade policy. Ad- sector economy – to give just one argument usually continues, ope- globalisation driven by economic 8. We need an overall national-level mittedly, educational policy, which example, the American film indu- ning markets has always been a interests, and replaced instead by cultural policy concept. is firmly under state control, also stry is also against any exceptional positive step: open markets repre- ‚delocalisation‘. It is now time to invest greater ener- needs to ensure a certain opening status, or protective mechanisms sent democracy and the right to fre- 5. It will be our task, as the German gies in systematically developing up of processes there. for national cultural markets, for edom of information. Cultural Council, advocating and the framework best reflecting the GATS remains one of the bur- obvious reasons, since these would promoting a national cultural intentions of such a convention, ning issues of our day, and not only prove an obstacle to the free distri- 4. For this reason, we need solid, sector economy and arguing for formulating it in a way most suited in the cultural sector, in the narro- bution of its products. They employ empirically-based points of refe- keeping the public service broad- to national cultural policy promoti- west sense, but in all areas affected a sophisticated argument, invoking rence to support our position, casting system, to give this furt- on. This step itself entails defining, by social and educational services, a person‘s right to decide freely showing on the basis of objective her form. One cannot, for more precisely than ever before, the since they too are sectors where a whether they want to watch examples that the cultural sector instance, automatically assume a very concept of a national cultural significant proportion of cultural American films or home-grown suffers when unprotected mar- national cultural economy inevi- policy. work is actually undertaken. national products. In other words, kets are liberalised, and how this tably has such a positive effect; 9. We have to ensure the Coalition they have brought up one of the big happens. We need examples too, instead, we have to establish the on Cultural Diversity – both The author is President of the guns: individual freedom. On this illustrating how the WTO and conditions and criteria needed to national and international – is German Cultural Council ■ basis, their logic pushes anyone GATS rules, allegedly so open and be fulfilled - a sort of quality stan- reinforced and extended. wanting to safeguard the national flexible, can generate unwanted dards catalogue. The Cancún Declaration on cultural sector into the corner of side-effects and lead to adverse 6. We need an appraisal of public- Cultural Diversity was supported by paternalistic, over-regulative cultu- consequences. sector cultural policy. four organisations. It would seem a ral vigilantes. On the one hand, Here, we can fall back on the experi- The possible use of public subsidies suitable moment, then, to initiate a

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Success and Ambivalence The WTO Ministerial in Cancún seen from the Audio-visual Edge• By Fritz Pleitgen

Cultural and audio-visual services stain the so-called carve-out of the- to produce a mutually acceptable just recently been successful to have 1999 negotiating mandate had then have been a non-issue on the nego- se industries from trade liberalisati- negotiating agenda. audio-visual services excluded from to be reiterated. tiating agenda of the WTO Ministeri- on. While the EC Member States, al- Cancún was a serious set-back the scope of application of those in- Besides, remaining alerted with al Conference in Cancun. Services, ready back in 1999 gave the Com- for the multilateral negotiation pro- vestment agreements. respect to the course of the on- in general, are more or less continu- mission a negotiating mandate re- cess. WTO Members having the ne- It is to be expected that the cur- going negotiating round, the cultu- ously negotiated ever since the Mi- questing that it should refrain from cessary capacities will subsequently rent round cannot be finalised – as ral and audio-visual industries in nisterial in Seattle and WTO Mem- trade policies, hindering the Com- turn to bilateral and regional agree- foreseen – by 1 January 2005. The Europe have to foster all efforts to bers will go on to do so after the fail- munity and its Member States to ments thus de-linking from the more prolonged it will be, however, create an international convention ure of the Cancun conference. Ne- develop and implement policies multilateral approach. Particularly, the greater the efforts requested on cultural diversity. UNESCO has vertheless, the setback of Cancun and accompanying measures in or- as already announced, this will be from the European cultural and au- been asked by its members to come may have negative impacts on the der to sustain and foster cultural di- the case for the United States. Expe- dio-visual industries in order to forward with a draft text in the near audio-visual sector in the European versity, it was up to the cultural and riences so far made with this U.S. convince the trade negotiators of future. This convention is supposed Community and elsewhere. audio-visual industries in Europe, trade policy are not encouraging at their policy objectives. In this re- to defend the legitimacy of policies throughout the so-called request- all. Negotiating bilateral agree- spect, it should not be forgotten and accompanying instruments he agenda of the WTO Members and-offer process following the ments, for example with Singapore, that the WTO Members have agreed aimed at sustaining and fostering Twas dominated by the main Doha Ministerial, to remind the ne- Chile, or currently Australia, the on a „single undertaking“. Either cultural diversity against the rules conflicts between the industrialised gotiators that this meant not to un- U.S. press their counterparts to li- they are able to tie a considerable li- of the international trade regime. nations and the less or least develo- dertake any commitments with re- beralise the audio-visual sector. In beralisation package, or the current The convention ought to become ped countries on market access for spect to liberalising these sectors. In these agreements the U.S. ask for round will end with no result. Fa- the yard stick for any - if at all - libe- their respective goods and services doing so, they were successful. market access and national treat- cing a fundamental set-back for ralisation of cultural and audio- as well as accompanying reductions Against raising pressure from cer- ment of so-called „digital produc- world trade, the probability of tra- visual services. of taxes and tariffs. Also, new items, tain Member States as well as some ts“. Doing so, all online services are de-offs among different negotiating the so-called Singapore issues, were industries in the Community, this unilaterally re-classified, neglecting issues rises enormously, threaten- The author is Director General of hotly debated and contributed to negotiating strategy was supported any cultural relevance, and exposed ing cultural and audio-visual ser- the WDR (Public broadcaster) and dissent and friction. So far, nothing by the majority of the Community’s to liberalisation. Additionally, the vices to become bargaining chips in Vice-President of the EBU new? Well, new is that a significant trade people. U.S. urge for commitments to libe- the international trade roulette. (European Broadcasting Union) ■ number of third world countries Nevertheless, feeling to be on ralise even classical audio-visual Should the end of the current were able to form a strong coalition the safe side after Cancun could services. With the Eastern European negotiating round be significantly thus immunising themselves turn out to be a fallacy. There is no accession countries, the U.S. had delayed, any substance of the final against being divided by the first reason at all to lean back. To the negotiated bilateral investment ag- agreement would need to be dealt world trading nations. This block is contrary, the audio-visual and cul- reements which would have seri- with by a new college of EC com- expected to put well-known pat- tural industries have to remain cau- ously undermined the acquis com- missioners and a new trade com- terns of international trade negotia- tious during the on-going round. munautaire of the European Com- missioner respectively. In this case, tions into questions in the trade First of all, the free marketeers munity by arranging for preferential the consensus on a defensive ap- rounds ahead. will not give up demanding further treatment in the audio-visual sphe- proach in the cultural and audio-vi- The objective of the European liberalisation. Secondly, there are re for U.S. enterprises in the respec- sual sphere currently followed by audio-visual and cultural industries negative repercussions derived from tive markets. Only after lengthy re- Pascal Lamy might need to be re- were clear from the outset: to su- the failure of the Cancun Ministerial negotiations, the Commission has confirmed. At the same time, the

After Cancún - the WTO in crisis? The „Böll Forum“ as an attractive setting for talks and discussions • By Barbara Unmüssig and Ingrid Stiller

From the start, the Ministerial Con- by the implications of the GATS in- national and international net- thened the ‚no‘ on including the which direction it will take, is far ference in Cancún, Mexico was con- ternational agreement on services. works. For this reason, there was no Singapore Issues in the current tra- from clear. After Cancún, the agen- fronting a wide-range of expectati- Meanwhile, other rounds of talks imposing joint opening event, as de round, until it was voiced by da needs to be written afresh, and ons. On the one hand, many develo- saw leading figures from civil socie- had originally been planned, and most developing countries and, in has to include institutional deficits ping countries were hoping this con- ty and international organisations when the agreed international pro- the end, provided the immediate and procedural concerns (e.g., deci- ference could cement a basis to discussing issues around WTO re- test action day came, the vast majo- justification for breaking off nego- sions by consensus or the majority overcoming the North-South divide form, and which specific reforms rity of those representing Mexico‘s tiations altogether. principle) as well as key questions on trade issues as the first step to- might be genuinely feasible. The indígenas and small farmers had al- Even if the conflict of interests on the WTO‘s core remit. In this wards realising the promise of a Boell Dinner Debates then provided ready left. remains unchanged after Cancún, way, the WTO crisis may offer a round of talks specifically on deve- a framework for a more intensive Cancún, though, was witness to the new dynamic in negotiations is chance to institute reforms that, ra- lopment; at the other end of the exchange of views, where the 20-30 more than just the failure to bridge unpredictable. The developing ther than taking trade liberalisation spectrum, some non-governmental guests from the various groups and the gap between civil society and countries are coming to the Geneva as an end in itself, seek to establish organisations and movements had institutions invited could benefit the leading negotiators; it also Negotiations with increased self- social and ecological rules within a already expressed their desire to from the smaller-group format. Alt- found itself unable to constructive- confidence: for the first time since multilateral trading system. The re- see this conference fail as a prelude hough this form of dialogue may ly bridge the North-South divide. In the WTO was founded in 1994, de- cently acquired gains in negotiating to the WTO organisation disintegra- not exercise any direct influence on the end, negotiations at the WTO veloping and threshold countries strength in the WTO, especially by ting totally. official negotiations, it can none- Ministerial Conference were broken have successfully organised them- threshold countries, cannot disgui- theless be rated as a major success off without finding any common selves into a G-20-plus group. With se the existence of significant diffe- ithin this field of tension, the in its own terms. Negotiation dele- ground on the trade issues separa- Brazil, India, China and South Afri- rences in the developing countries‘ WHeinrich Böll Foundation set gates crossed the fixed security zo- ting the North and the South. As a ca as the leading initiators, more interests, particularly, but not ex- itself the task of bringing the repre- nes around their hotels, came into result, the original ambitious sche- than 20 countries from Asia, Latin clusively, in the agricultural sector – sentatives of these radically diffe- the city centre and engaged in di- dule with the present trade round America and Africa have now for- where reciprocal high import tariffs rent positions together and encou- rect discussion, responding to civil concluded by the end of 2004 may med a new power block to represent inhibit a lively regional South-South raging dialogue between them, ini- society criticisms and censure. Un- have to be abandoned entirely. their own interests against those of trade. This similarly places South- tiating the “Böll Forum” in the very fortunately, the opportunities for The conflicts and disagreements the richest industrial countries (G South solidarity firmly on the post- heart of Cancún, a city divided by such exchanges of opinion and ex- haunting Cancún had already sur- 7), and are a force the latter can no Cancún agenda, even if the failure the intense security measures in perience are all too rare. faced in the run-up period. Develo- longer ignore. Of course, the G-20- of Cancún represented, first and fo- force during the conference. This Hardly any bridges were built or ping countries‘ delegates were loo- plus group‘s success will depend on remost, a missed chance to bridge Forum lasted several days, an at- offered, though, in the context of king for genuine commitment from a number of factors, including how outstanding North-South diffe- tractive setting for talks and discus- the official negotiations, which took industrial countries on a range of it is organised internally in future, rences. sions to build bridges between par- place in closed session. Only a issues - above all, on subsidy reduc- and whether it can create a joint liamentary delegates, non-govern- small, select group from civil socie- tions and loosening tariff structures front unifying what may, at times, Barbara Unmüssig, Executive mental organisations, governments ty, with special accreditation, could to free-up market access for agricul- be very different interests. Board of the Heinrich Böll Foun- and socially-concerned move- pass through the strict security con- tural produce; they saw agreement The shape of further negotiati- dation and Ingrid Spiller, Advisor ments. Here, for example, Germa- trols to join in the briefings and here as essential, the basis for their ons will also be affected by the up- on International Affairs and Glo- ny‘s agricultural minister, Renate events offered by the WTO and the own willingness to launch negotia- coming elections in the USA and balisation Programme Künast, took part in a panel discus- national delegations. The remai- tions on investment policy, interna- the EU. At present, it is impossible Coordinator ■ sion alongside representatives of ning NGO delegates collected in tional competition rules, and rules to say whether Robert Zoellick, the the peasants‘ movement Via Cam- Cancún‘s old town, which offered a on the Singapore Issues, including US Trade Representative, or Pascal pesina and the Indian environmen- colourful mix of protests, program- transparency in government procu- Lamy, the EU Trade Commissioner, tal activist Vandana Shiva, while the mes and events. However, diffe- rements. Undoubtedly, it would ha- will still be in office next year, and Senegalese Trade Minister Aïche rences in the run-up to the confe- ve been helpful if the North had in- this leaves a question mark hanging Agne Pouye and Director General of rence had prevented any single fra- dicated their readiness to make over the issue of whether both ma- the German public broadcaster mework for the various activities by such a commitment at the start of jor trading blocks will be pushing WDR Fritz Pleitgen debated how farmers‘ and women‘s groups, the negotiations. Instead, the lack of a for WTO negotiations in future. cultural diversity might be affected unions and alternative media, and clear stance for so long only streng- How the WTO will evolve, and

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Cultural Diversity after Cancún To free cultural issues from the defensive position • By Pascal Rogard

After the failure of the WTO Ministe- terests, the USA, alongside with Eu- for cultural diversity has to make a The American cultural policy re- order to regulate and to control the rial Conference in Cancún, similar to ropean and other wealthy coun- strong point in clearly stating that sembles a fox in a henhouse. The process of globalisation. One aim is Seattle, many NGOs’ delegates tries, were indeed interested in the the autonomy of the cultural sector aim is to gather more and more sha- to create, step by step, an equitable who, along with the employers‘ and WTO since it allows them to push cannot be reduced to its commerci- res of the market in order to balan- world order which respects one agricultural lobbies now carefully through liberalisation. In Cancún, al dimension. Multilateral discussi- ce the constantly rising production another‘s expressive potentials and observe the negotiations on the li- the Group of 21 has come into the ons about cultural diversity are ne- and distribution costs of the Holly- the other, to encourage a genuine beralisation of world trade, were in picture, led by Brasil and including cessary but should take place outsi- wood oligopoly. exchange that is based on the mu- transports of joy. countries like India and China and de the WTO because a machinery The protection of consumer tual appreciation of cultural expres- making negotiations in which eve- that produces liberalisation cannot, freedom comes to a natural end at sions and not on a purely market et, the failure of the WTO and of rything is, in one way or another, in- under any circumstance, be a useful the gates of the internet where the orientated domination of some Ymulti-lateralism is not necessa- tertwined, even more complex even instrument in the acknowledge- pressure for a holy alliance against standardised products. rily good news for the advocates of a if the agricultural question superse- ment of the particularity of cultural piracy is steadily increasing. At the Those personalities from the balanced world order which stands ded the industry and services issu- goods and services. same time, the American industry cultural sector present in Cancún for sustainable development, for es. The professionals and the Ame- would not, in the framework of an have clearly felt that a new breach the protection of the environment Due to the forthcoming US Pre- rican government strongly voice intelligent international co-operati- has to be broken in order to free cul- and, of course, for cultural diversity sidential Elections an adjournment their support for cultural diversity on, have to fear the opening of the tural issues from the defensive posi- even if this failure offers the chance of the discussion until 2005 or even but at the same time fiercely fend debate on the adoption of a legally tion in which they got captured by to muster all those who wish to pro- 2006 becomes a possibility. off any negotiations within UN- binding instrument for cultural di- entirely market orientated discussi- tect the possibilities of national ar- Everybody involved in cultural ESCO that could lead to a legally versity since cultural diversity is un- ons. This ambitious objective can tistic expressions on a larger scale. policy should use this given time to binding instrument that could aim thinkable without strict copyright only be realised by unifying the ef- It is obvious that from now on increase the national decision-ma- at the acknowledgement of the legi- legislation. One could even remark forts of all of those who believe that the USA are going to increase their kers’ sensitivity to the effect that timacy of cultural policy meaning that the existence and the develop- – speaking with Jacques Chirac’s pressure within bilateral agree- they should not be enticed by an every single country’s right to take ment of national creative works po- words – „culture should not bend ments to bring into question a economically favourable temptati- up measures in favour of the pro- sitively support the battle against before trade“. country’s freedom to define its own on to sacrifice the definition of rules tection of its cultural heritage, in fa- piracy since this fight is less pro- cultural policy and to implement of production and distribution of vour of the development of indivi- nounced in countries where nearly The author is Delegate General of adequate measures for the enhan- intellectual creative works to the dual forms of cultural expression, exclusively imported foreign music the ARP (Association of Authors, cement and best possible promoti- free play of market powers. for the promotion of cultural diver- or pictures are being consumed. Directors and Producers), Secretary on of its national creative works. The discussion at UNESCO sity and for the strengthening of The International Convention General of the Producers’ In accordance with their own in- about an international convention cultural co-operation world-wide. on cultural diversity is necessary in Federation ■

The dangers in GATS Culture, education and audio-visiual media can not be treated on a par with economic goods • By Monika Griefahn

I believe that the first time cultural basis for innovation. Economic or but not as an excuse for equality de- would then fall under WTO rules on agreed on are crucial – and it is pre- and educational policy had a voice in social development cannot be fruit- ficits and human rights violations. admissibility and, in the case of cisely here that we should continue a German Bundestag parliamentary ful where it suppresses or minimi- As I see it, some conflicts could another state lodging a complaint to monitor developments carefully! debate on world trade was in July ses specific cultural features. By the have been avoided if global trades about our practices, a WTO expert This is why I am calling for both 2003. On many other occasions, in- way, supporting and promoting regimes were prepared to evaluate panel with three trade experts the protection of cultural diversity cluding the previous WTO rounds education must be included here, their own rules and conventions in would then be convened to decide and the safeguarding of cultural and GATS negotiations, cultural con- since this is indeed the foundation terms of compatibility in the cultu- whether our licensing fees were in goods to be included within the cerns never featured prominently on on which everything else is built. In ral sphere as well on the social and line with international trade law or WTO rules and trade liberalisation the agenda, and were often ignored other words, we ought to ensure environmental fronts. The GATS ne- not. If an infringement of these laws agreements in such a way that it en- altogether. This situation is slowly that the WTO trade regimes are de- gotiations harbour potential for a is identified, and we insist on kee- sures cultural compatibility – and changing, with the burgeoning awa- signed in such a way that they are fit major conflict, surfacing in the de- ping out license fee structures, the this is exactly what is being propo- reness in global trade regimes and for the future and sustainable. We bates over the damage to the educa- claimant can impose trade sancti- sed in a motion put forward by the other institutions that culture, edu- are calling for a fair system, but this tional, cultural and audiovisual me- ons on – in every other governing coalition in Germany. It cation, and audiovisual media stand can only be established in the way dia sectors from moves to liberalise sector! Just imagine what that would obviously be best to keep to loose a great deal if they are only we want when the ecological, soci- trade in services. And I fear that the- would mean in reality. I dread to culture, education and audiovisual viewed as of marginal interest or el- al, economic and cultural aspects se conflicts will remain unresolved think what the implications would media away from the negotiations se treated on par with standard eco- are all treated equally – and this was even though the EU has not inclu- be for the Deutsche Welle, which re- table altogether, but unfortunately nomic goods. precisely the point made by French ded culture, audiovisual media and ceives direct funding from the Ger- this is unrealistic, as the failure of President Jacques Chirac at the Un- education in its initial offer. But I man public coffers! For this reason, the French moves for an exception onetheless, the current WTO tied Nations World Summit on Su- am sceptical whether such a stance we need to ensure that, beyond the culturelle in Uruguay has shown. Nround of talks, centring on de- stainable Development in Johan- will really be viable in future, since, present debate, there is also a UN- But the entire cultural, educational veloping countries, has done little nesburg 2002. We need to acknow- even at the WTO Doha talks, all are- ESCO Convention on safeguarding and audiovisual sectors cannot be to banish the threats to these areas, ledge that Global Public Goods also as are open to negotiation again gi- cultural diversity. I am glad to say allowed to fall completely under the especially since the failure of the include safeguarding cultural diver- ven that the Federal Republic of negotiations have already been ini- umbrella of moves to liberalise ser- Cancún summit seems to have left a sity, media pluralism and cultural Germany‘s signature on the GATS tiated on a draft version – and in vices. The protests accompanying large question mark hanging over goods. And what will happen if the- agreements imposes the obligation this context I should also like to cite all the WTO summits are also direc- the direction to be taken in future. se suggestions are not followed? So- to negotiate horizontally with a ratification of the cultural goods ag- ted at cultural policy – or more pre- But, after all, cultural diversity is al- cieties or particular groups within view to liberalising all sectors – and reement and ratification of the cisely, are against a cultural level- so expressed in the way people deal societies that are dominated econo- this itself might then culminate in a UNIDROIT convention. Here, too, ling. People need their own sense of with each other in their economic mically or subject to trends levelling barter mentality. Yet, the structure gradual progress is being made. A identity and this must also be per- relations. And I see a danger of this cultural diversity develop an aware- of a public education system, for in- Task Force has already been establi- mitted to appear within trade relati- diversity being suppressed or ero- ness of cultural roots that can beco- stance, cannot be allowed to be cal- shed to prepare ratification and im- ons, otherwise the loss in terms of ded if the WTO regime rules and me strongly tinged with nationalist led into question, and we cannot plementation. our cultural assets would be too measures take previous procedures sentiment. Frequently, such a re- permit a situation to arise where However, to be fair, I should great. as their sole point of orientation for turn to cultural roots may take on foreign providers are forcing point out that at present the WTO future development. radical features, as we can observe, through their claims for subsidies. round is negotiating in those sectors The author is Chairperson of the Of course, all measures to sup- for example, in some Islamic coun- What, for example, would it me- where state funding will also be allo- German Parliamentary Committee port and promote development in a tries taking a stand against what an for the German public service wed in the future, and on conditions on Culture and the Media ■ whole range of ways are the right they perceive as a ‚McDonaldisati- broadcaster, the ARD, if the audiovi- governing such admissibility. These ones, but the further evolution of on‘ of their societies or the domi- sual media sector were to be libera- sectors undoubtedly include the cultural diversity – and not its assi- nance of a single cultural stream à lised at some point in future? Our cultural and audiovisual services milation – provides one principal la Britney Spears. Diversity – yes, public service broadcasting fees sector. Nonetheless, the conditions

Thoughts on multilateral cultural policy Growing needs for supra nationale symbols of identity • By Wilfried Grolig

During the last few months there donia). As many as eight heads of ber they met in Florence to discuss role and new responsibilities of mi- International Network on Cultural have been numerous meetings of state from South-Eastern Europe the future of the EU programme nisters of culture in initiating inter- Policy (INCP). cultural ministers in multilateral fo- took part in the Ohrid conference. „Culture2000“. At the end of Octo- cultural dialogue, with due regard ra: in the summer of 2003, UNESCO The EU culture ministers met in Si- ber the culture ministers of the for cultural diversity“. Prior to that, conferences on „the Dialogue racusa in September to discuss the member states of the Council of Eu- they will have an informal meeting among Civilizations“ were held in revision of the „Television without rope will meet in Opatija (Croatia) in the same location with collea- Continued on page 10 New Delhi (India) and Ohrid (Mace- Frontiers“ Directive, and on 1.Octo- to adopt a declaration on „The new gues from all over the world in the

politik und kultur 05/03 Seite 9 HKS 47 schwarz ENGLISH SUPPLEMENT politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 10

Continued from page 9 cial that we actively shape develop- must be part of this identity. The de- global framework conditions for a greater responsibility on the part ments and do not allow ourselves to velopment of a common cultural cultural policy can only be achieved of states and individuals, as well as be steamrollered by them. outlook must, complementary to within a multilateral framework. a convention for the safeguarding of hy has the need for consulta- national, regional and local cultural The key terms here are preservation intangible cultural heritage. At the Wtions among politicians re- European identity policy, highlight, not limit, Europe- of the cultural heritage and cultural same time, work was begun on sponsible for culture increased so The European City of Culture and an diversity. For cultural diversity, dialogue. Cooperation in the fields drafting an international UNESCO much? The political coordination UNESCO world heritage program- together with common values, is of culture and education can create convention on the protection of process within national borders no mes have gained in media attention the best prerequisite for a modern trust, as well as viable and long-las- cultural diversity, which is intended longer provides an adequate re- and topicality. Their success de- and open Europe. The draft Europe- ting ties, both throughout Europe to supplement GATS. sponse to the cultural issues of our monstrates the growing need for su- an constitution sums this up when and world-wide. The momentum of globalization age. Multilateral fora are indispen- pranational symbols of identity at it evokes a „Europe united in diver- The return of the US to UNESCO means that we must work harder sable for the exchange of informati- both the European and global level. sity“. is a clear demonstration of how cru- within multinational fora to deve- on and experiences and, at the sa- The key point for us is that Euro- cial the work done by multilateral lop concepts and instruments, also me time, key dialogue fora in which pean integration is also a cultural Global cultural policy fora is. As a full member which can in cultural policy. Our political re- the international community crea- challenge. Citizens’ sense of belon- In future, cultural relations and contribute its own ideas on cultural sponsibility to actively participate tes the legal framework for globali- ging to the European Union will in- education policy will have to diffe- policy, the US will undoubtedly en- in the work of these fora is also in- zation. The acceleration of these tensify when it ceases to define its- rentiate to a greater degree between hance the debates and discussions creasing. In future, the success of developments forces us to con- elf exclusively via economic sym- an intra-European and an extra- in Paris. The 32nd session of the our cultural relations and education stantly revise our thinking. The EU bols such as the single currency. European approach. The plunde- UNESCO General Conference from policy will not least be measured by refers to this as „lifelong learning“, The greatest challenge facing Euro- ring and destruction of Afghanistan 29September to 17October 2003 how successfully we fill this role. while the term „global learning pean cultural policy is to make Eu- and Iraq’s cultural heritage has ma- showed that. We were able to adopt community“ has become establi- ropean identity something which de us aware of how urgently we a Declaration concerning the Inten- Director-General for Culture and shed within UNESCO. Whether in all citizens can truly experience. Eu- need coordination of cultural poli- tional Destruction of Cultural Heri- Education at the Federal Foreign Europe or across the globe: it is cru- rope’s cultural wealth and diversity cies outside Europe. The creation of tage, which is intended to establish Office ■

The disappearing of foreign cultural policy Three major topics to be handled by german cultural politics • By Kurt-Jürgen Maaß

One hears or reads little about for- one of the cores of German foreign has realised this particular challen- a couple of years ago France mer- mittee for Foreign Cultural Policy - eign cultural policy. Does it still cultural policy and its initiatives lar- ge, and has slowly started to under- ged its Foreign Office and the Mi- as part of the Foreign Affairs Com- exist? Or did it disappear together gely contribute to German Foreign stand that this task is bigger than nistry for Development Aid. The mittee since 1956 – was abolished. with the recent years’ economic Policy. originally anticipated. The additio- culture department of the Foreign Meanwhile it has been realised that cuts and savings into the nirvana of September 11 suddenly brought nal subsidies, granted by the Ger- Office has been renamed Depart- the committee deals with such a the German financial crisis? back the awareness about the man Federal Parliament (Deutscher ment for Culture and Development. large amount of national topics that dwindling dialogue with Muslim Bundestag), will not suffice. The wide meaning of the subject of foreign cultural policy is practically here would be a definite answer countries into the minds of many EU enlargement is the third fac- culture, as applied today, has alrea- non-existent. In lectures and bulle- Tto it, were there not three sub- politicians concerned with foreign tor. The future 25 member-states dy approximated the areas of for- tins the committee’s chairwoman, jects that are of major actuality and affairs. Everybody realised that the have to re-think „culture“. This sub- eign cultural policy and develop- Monika Griefahn, unflaggingly which point towards some fields of existing basis of exchange has beco- ject field (with the exception of the ment policy. An organisational and stresses the importance of this area. foreign cultural policy. These sub- me very narrow, and that over the academia) has, so far, been overloo- structural reshuffle could enhance The Foreign Affairs committee does jects are: years the academic target group has ked within the EU. The new EU the potential of the topic „develop- not feel responsible anymore, and • promoting Germany as an acade- become too tight, even stagnant. member states bring forward alter- ment“ within foreign policy. therefore does not deal with this mic location The „young generation“ as a target native points of view and insist on a A forum for an inner-European subject. After the 1998 and 2002 • intensifying dialogue with coun- group are little or even less attrac- clearly broadened cultural ex- discourse on all these questions is elections, sixty percent of the Ger- tries dominated by Islam ted. It is obvious, that without fun- change within the EU. Culture will badly needed. It could be an inter- man MPs were new to Parliament • the EU expansion and the future damental changes in our own per- play a new role as a new EU foreign nationally anchored and indepen- and have not been confronted by relevance of culture as a topic ception, we will not be able to focus policy develops. Because culture is dent European Cultural Journal, the subject of foreign cultural policy For the last couple of years – and on the same eye-level, and thus, an instrument of foreign policy in which is financed jointly and which since. The urgently needed parlia- this obviously quite successfully – dialogue can not be maintained. nearly all countries – 20 member could be published in as many mentary support – even from the organisations dedicated to acade- This constitutes the main challenge states have their own net of cultural countries as possible. Some strate- Budget Committee – for this im- mic exchange, first of all the DAAD, to German foreign cultural policy. institutes abroad - thus it will natu- gic thoughts and even a target portant part of the German foreign have directly been canvassing for During the period before 1989 the rally become a part of the EU’s for- group analysis exist. In mid-Octo- policy has dwindled and will com- foreign students and scientists. One aim was to present the better Ger- eign policy. Discussions about this ber, on the occasion of the Europe- pletely cease in the foreseeable fu- gets the impression the simple many, delimiting the socialist coun- matter have already begun. The an Conference organised by ifa, the ture. I am alarmed by this develop- question formulated some years tries, via culture. The goal following start was marked by two confe- German Foreign Office and Kon- ment, and I regard it as extraordina- ago: „But we are that good – why 1990 was to actively contribute to rences in Warsaw and Berlin in mid- stanz University, the contents and rily necessary that at the constituti- then come fewer and fewer to us?“ the establishment of constitutional October. The European Foundation the target groups were discussed in on of the next Bundestag a Subcom- so deeply shook the German uni- democracies in Central and Eastern of Art and Heritage will continue depth. mittee Foreign Cultural Policy will versity system that much more im- Europe, and furthermore, granting the talks in Berlin at the end of No- At the moment all these discus- be reinstated – either under the um- pulses for reform were triggered aid for the EU aspirants. Today’s vember. And next year the Europe- sions unfortunately do not have a brella of the Foreign Affairs Com- then by any other means before. In main task lies in the definition of le- an Cultural Foundation, the Goe- great affect on the German Bundes- mittee or the Committee for Culture fact, now we practise a consistent vels and subjects with common in- the-Institut, the Bosch Foundation, tag. In 1998 the Bundestag created and the Media. internationalisation of the German terests towards countries domina- the Bundeskulturstiftung and most the new Committee for Culture and university system, which is most vi- ted by Islam, hence formulating likely the Bertelsmann Foundation the Media. This committee was as- The author is the Secretary General tal in the process of globalisation. In and realising mutual projects. The are going to deepen this subject on signed – also due to a certain fear of the Institut für Auslandsbezie- order to keep up with international present view is fed by prejudge- different levels. that it might not have enough to- hungen, Stuttgart ■ competition the adaptation of the ments, clichées and stereotypes, A discourse on the merger of de- pics to work on – the competences Bachelor-Master-System is urgently supplemented by mistrust and fear. velopment policy und culural poli- for the German foreign cultural po- requested. Academic exchange is The German foreign cultural policy cies has long been overdue. Already licy. At the same time the Subcom-

Cancun Declaration on Cultural Diversity by ARD, German Cultural Council, Heinrich-Böll-Stiftung and International Network for Cultural Deversity

On the occasion of the 5th WTO Mi- lopment; essential tool in any trade nego- production and dissemination, fostering cultural diversity are nisterial Conference in Cancun, • considering that services related tiations; including in digital form neither compromised nor weake- Mexico, September 2003, the un- to culture reflect and transmit • recalling and endorsing the UN- we call upon Members of the World ned as a consequence of the ap- dersigned representatives of civil unique societal values that go far ESCO Declaration on Cultural Di- Trade Organisation plication of international trade society, declare that cultural diver- beyond commercial interests and versity of November 2001 and the • to maintain and promote policies rules; sity is an inalienable element of hu- that relevant trade policy measu- Council of Europe Declaration on which safeguard a viable living • to involve fully cultural experts manity which we support and will res must take full account of those Cultural Diversity of December space for audiovisual and other and all relevant bodies of civil so- promote now and in future. Thus, values; 2000; cultural goods and services on the ciety in a dialogue about any con- we adopt the following Declaration: • taking into consideration that the • mindful of the fact that globalisa- local and national level; templated trade commitments • Recognising that expression of possibility for each individual to tion poses new challenges to the • to study and adopt innovative cul- that affect cultural diversity; culture is one of the fundamental learn about, to access, and to par- preservation and development of tural policies in order to sustain • to support policies assisting least human rights and the basis for a ticipate in his or her own culture cultures in different ways; and promote cultural diversity in developed countries, developing functioning democracy; is the basis for sustaining and pro- • emphasising that cultural diversi- a globalised environment; countries, and the countries in • reaffirming that cultural diversity moting cultural diversity; ty is based on freedom of expres- • to take all necessary steps in on- transition to build sustainable lo- is as necessary for humankind as • bearing in mind cases where trade sion, media pluralism, multilin- going GATS negotiations and in cal environments where indige- biodiversity is for nature, and policy has had negative conse- gualism, more balanced ex- any negotiations that might com- nous cultural expression can flou- that, therefore, policies to safe- quences for cultural policies, and changes between cultures and the mence about investment, compe- rish in all media and in all art guard and promote cultural diver- that, therefore, evaluating possi- possibility for all forms of cultural tition policy or government pro- forms. sity are an essential part of poli- ble impacts of trade policies on expression to have equal access to curement to ensure that cultural cies aimed at sustainable deve- cultural diversity must become an the means of articulation, policies aimed at preserving and

politik und kultur 05/03 Seite 10 HKS 47 schwarz ZUR DISKUSSION GESTELLT politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 11

Schritte in die richtige Richtung stellt zur Diskussion Korrekturen im Gesetzentwurf zur Gemeindewirtschaftssteuer • Von Herbert Schmalstieg

Den Städten und Gemeinden geht es Regierungsentwurf sind in den vor- Verstetigung und Verbesserung der politik und kultur stellt in dieser Rubrik Beiträge zur Diskussion. Es werden so schlecht wie niemals zuvor. Trotz liegenden Koalitionskorrekturen zur gemeindlichen Einnahmen zu sor- bewusst Artikel publiziert, die zum Widerspruch reizen, die kulturpolitische dieses Befundes haben sich Bund Gemeindefinanzreform jedenfalls gen, für eine Entlastung von mehre- Debatte anregen und Diskussionen hervorrufen sollen. Die Beiträge spiegeln und Länder lange Zeit aus ihrer Ver- folgende Punkte zu betrachten: ren Milliarden bei den Sozialausga- als Namensartikel die Meinung der Autorinnen und Autoren wieder. antwortung für eine funktionierende • Die bestehenden ertragsunabhän- ben, wurden den Kommunen unter Die Redaktion erhofft sich mit dieser Rubrik, die kulturpolitische Debatte zu kommunale Selbstverwaltung ge- gigen Elemente der Gewerbesteu- der Überschrift „Gemeindefinanzre- beleben und jenseits abgestimmter Verbandsmeinungen, die immer einen stohlen. Die nun von den Koalitions- er – insbesondere die Hinzurech- form“ Vorschläge präsentiert, die die Kompromiss darstellen müssen, Anstöße zur künftigen Kulturpolitik zu fraktionen durchgesetzten Korrektu- nung der Hälfte der Dauerschuld- Gewerbesteuer weiter demontieren geben. ren sind als deutlicher Fortschritt zinsen zum Gewerbeertrag – blei- und statt der erhofften Entlastungen Widerspruch zu den vorgetragenen Meinungen ist nicht nur erlaubt, sondern gegenüber dem Gesetzentwurf der ben erhalten. Dadurch wird die weitere Belastungen bei der Zusam- ausdrücklich erwünscht. Bundesregierung zur Gemeindewirt- Demontage der Gewerbesteuer zu menlegung von Arbeitslosenhilfe schaftssteuer, als Schritt in die rich- einer rein gewinnabhängigen und Sozialhilfe befürchten lassen. Die Redaktion ■ tige Richtung zu bewerten, weil sie Steuer verhindert. Das ist Wortbruch im klassischen die Struktur der Gewerbesteuer als • Die für Konzerne vorgesehene Sinne. wichtigster städtischer Steuer stabi- Hinzurechnung von Mieten, Zin- Erst auf Drängen der kommuna- lisieren und verbessern: Ihre Demon- sen, Pachten und Leasingraten len Spitzenverbände hatte sich die tage durch die Pläne der Bundesre- zum Gewerbeertrag trägt dazu bei, Bundesregierung im letzten Jahr hatte die Bundesregierung einen eine geringe Gewerbesteuermehr- gierung wird abgewendet. Steuerschlupflöcher für Kapitalge- endlich bereit erklärt, eine Kommis- Gesetzentwurf ins parlamentarische einnahme von per Saldo 900 Millio- sellschaften zu schließen. Genau sion einzusetzen, die Vorschläge für Verfahren gebracht, der die Gewer- nen Euro eingebracht: Ein wahrhaft llerdings gibt es auch Wermuts- das haben die Städte immer gefor- eine Reform der Gemeindefinanzen besteuer durch die Hintertür ab- beeindruckendes Ergebnis ange- Atropfen für die Städte. Das Volu- dert. Der Koalitionsvorschlag erarbeiten sollte. Nach einem Jahr schaffen will. Damit verbunden war sichts der Tatsache, dass die kom- men der jetzt angekündigten kom- nutzt diese Verbreiterung der Be- Arbeit stand fest: Das Zuschlagsmo- nur eines: die weitere Entlastung der munalen Kassenkredite Ende 2002 munalen Entlastung von drei statt messungsgrundlage wie das Kom- dell der Wirtschaft stellt keine Alter- großen Unternehmen, aber eben das Volumen von 11,7 Milliarden Eu- 2,5 Milliarden Euro kommt überwie- munalmodell für Steuersenkun- native zur Gewerbesteuer dar. Die nicht der Kommunen. Der Gesetz- ro überschritten haben – und damit gend dadurch zu Stande, dass den gen für viele kleinere Unterneh- überwiegende Anzahl der Mitglieder entwurf hatte wenig Gemeinsamkei- zehn Mal so hoch liegen wie im Jahr Städten und Gemeinden durch das men. der Kommission hat sich für das ten mit dem Kommunalmodell, 1992. Absenken der Gewerbesteuerumla- • Die Absenkung des Anteils von Kommunalmodell ausgesprochen auch wenn manche Regelungen Die Korrekturen der Koalitions- ge jetzt Geld zurückgegeben wird, Bund und Ländern an der Gewer- und damit für eine verbreiterte und identisch erscheinen. fraktionen am Regierungsentwurf das ihnen zuvor durch die Unter- besteuer, der Gewerbesteuerumla- verstetigte Gewerbesteuer. Das gesamte Maßnahmenbün- sind mehr als Schadensbegrenzung nehmenssteuerreform unberechtigt ge, ist richtig, weil so den Städten Die Beteiligten waren sich mehr- del stand in Zielsetzung und Konse- und Sicherung des Status quo. Im genommen wurde. Deshalb wird mehr von ihren Steuereinnahmen heitlich einig: Zur Verbesserung der quenzen im völligen Gegensatz zu Hinblick auf die Gesamtentlastung über die Höhe des Aufkommens aus bleibt. Die Korrektur der Umlage Einnahmesituation muss die Ge- den kommunalen Vorstellungen. der Kommunen durch die Gemein- der Gewerbesteuer im weiteren Ge- ist eindeutig steuersystematisch werbesteuer modernisiert werden. Dazu gehört insbesondere die Ab- definanzreform in ihren beiden Be- setzgebungsverfahren noch zu re- besser als ein Ersatz von Teilen der Die Forderungen an eine moderni- schaffung der letzten noch beste- standteilen – Gewerbesteuerreform den sein. Gewerbesteuer durch einen höhe- sierte Gewerbesteuer wurden klar henden gewinnunabhängigen Ele- und Zusammenführung von Ar- Und: Relativiert würde die mit ren Umsatzsteueranteil der Kom- formuliert: mente in Form der Dauerschuldzin- beitslosenhilfe und Sozialhilfe – einer Senkung der Gewerbesteuer- munen. • Stärkung und Verstetigung der sen. Werden sie zurzeit noch we- sind die versprochenen Entlastun- umlage verbundene Entlastung der Die Frage bleibt dennoch: Sind kommunalen Einnahmen nigstens zu 50 Prozent auf die Be- gen der Kommunen bei der Sozial- Kommunen durch das angekündig- Regierung und Opposition, Bund • Beteiligung der großen Unterneh- messungsgrundlage angerechnet, so hilfe bislang äußerst ungewiss. te Vorziehen der Steuerreform auf und Länder, in der Lage zu erken- men an der Finanzierung der städ- sollten sie nach dem Willen der Bun- Prognosen, wie viel die Kommunen das Jahr 2004. Für die niedersächsi- nen, welche Konsequenzen marode tischen Infrastruktur desregierung ganz verschwinden. unter dem Strich durch die gesamte sche Landeshauptstadt Hannover Städte und Gemeinden für unsere • Keine Verlagerung der Finanzie- Das hätte der Gewerbesteuer den Gemeindefinanzreform besser ge- zum Beispiel würde das im nächsten Bevölkerung nach sich ziehen? Sind rungslasten von der örtlichen Todesstoß versetzt. Sie wäre sowohl stellt werden, sind deshalb im Mo- Jahr auf ein reines Nullsummenspiel sie bereit, Lösungen zu finden, die Wirtschaft auf die Einwohner vom Aufkommen als auch von der ment zu gewagt. hinauslaufen – Kompensation von den Kommunen in ihrer Finanznot • Beteiligung aller Wirtschaftsein- Substanz soweit geschwächt, dass 24 Millionen Euro „Gewinn“ bei Re- wirklich helfen? Das, was die Regie- heiten an der Finanzierung ihrer ihre weitere Existenz ernsthaft ge- Der Verfasser ist Oberbürgermeister duzierung der Gewerbesteuerumla- rung auf den Weg gebracht hatte, Standortgemeinde fährdet wäre. der Landeshauptstadt Hannover ge durch 24 Millionen „Verlust“ bei war nicht mehr als eine weitere Zu- Trotz der wiederholten Zusage, Diese so genannte Reform hätte und Stellvertretender Präsident des der Einkommenssteuer. mutung für die Städte und Gemein- dass es keine Reform gegen das Vo- nach den Berechnungen des Fi- Deutschen Städtetags ■ Als Fortschritt gegenüber dem den. Statt wie versprochen für eine tum der Kommunen geben werde, nanzministeriums den Kommunen

Stadt aus Glas und Scherben Die urbane Kultur steht auf dem Spiel• Von Iris Magdowski

Dieses Bild von der Zukunft der Millionen Euro mehr erhalten. Aber kontinuierlich gesunken, Bund und Göschel vom Deutschen Institut für sphäre entstandenen soziokulturel- deutschen Stadt zeichnete vor kur- der Kollaps ist noch keineswegs ab- Länder haben die Gemeinden und Urbanistik in den Kulturpolitischen len Zentren aus dem Stadtbild ver- zem Gerhard Matzig in der Süddeut- gewendet. Wie der Bundesrat votie- Gemeindeverbände durch Eingriffe Mitteilungen die Auffassung, dass schwinden, dann haben wir die glei- schen Zeitung und legte den Finger ren wird, steht nach wie vor in den in die kommunalen Steuergrundla- man die Kommunen auf ihre gesetz- che Monotonie wie in vielen ameri- in die Wunde: Bei der Gemeindefi- Sternen. gen immer stärker mit den Folgen lichen Pflichtaufgaben reduzieren, kanischen Städten ohne Zentral- nanzreform gehe es nicht (nur) um Dabei ist die Sorge um die Zu- ihrer Bundes- und Landespolitik be- ihnen die Erfüllung aller freiwilligen funktion und ohne Lebensqualität. Geld, sondern auch um unsere urba- kunft unserer Städte und die Hand- lastet. Der schleichende Prozess der Leistungen per Haushaltsaufsicht Bleibt zu hoffen, dass die Ent- ne Kultur. lungsspielräume auf kommunaler scheider aus allen Parteien sich im Ebene nichts Neues. Der Münchner Herbst der Konsequenzen ihres ie Diskussion um die Gemein- Appell der Hauptversammlung des Handelns bewusst sind und den Ddefinanzreform ist in diesem Deutschen Städtetages von 1971 Kommunen Luft zum Atmen lassen. Sommer wie ein emotionsgeladenes lautete „Rettet unsere Städte jetzt“. Also Schluss mit dem Verschiebe- Gewitter über uns niedergegangen. Damals ging es um die kommunal- bahnhof zwischen EU-Bund-Län- Bislang ohne ein wirkliches Ergeb- politische Programmatik, die zwei Kommunen vor dem Kollaps? dern und Kommunen, wenn es um nis. In unserer medialen Welt dienen Jahre später durch die Erklärung die finanziellen Folgen des gesetzge- Meinungen ohnehin weniger der „Bildung und Kultur als Elemente berischen Handelns geht – frei nach Problemlösung als vielmehr der me- der Stadtentwicklung“ einen vorläu- dem Motto: Wer bestellt, bezahlt dialen Präsenz der Meinungsführer. figen Höhepunkt erfuhr. „Rettet un- auch. Dabei schien zunächst alles klar. Der sere Städte jetzt“ lautete zwei Jahr- Und was den unendlichen Streit Deutsche Städtetag sah die Reform zehnte später, 1994, das Manifest über die Gewerbesteuerreform an- der Gemeindefinanzen auf einem der Oberbürgermeister von acht Aufgabenübertragung von Bund untersagen werde. Überspitzt hät- geht: Wenn es schon im ersten guten Weg und begrüßte die Ent- deutschen Großstädten, das schon und Ländern auf die Kommunen hat ten wir damit folgende Situation: Schritt nicht möglich ist, die Bürger scheidungen der Reformkommissi- ganz andere Töne anschlug. Im Ma- sich fortgesetzt. Die gesetzlich vorgeschriebenen von der Zuschauerbank in eine akti- on als positives Signal für die notlei- nifest selbst und in begleitenden Natürlich ist es für einen Bun- Leistungen der sozialen Sicherung ve Beteiligung und Mitsprache der denden Städte. Bund und Länder Beiträgen wurden unzureichende des- oder Landesgesetzgeber ver- unterscheiden sich in den armen Steuern zu holen – wie es zum müssten in den kommenden Mona- Finanzmittel, immer weiter steigen- führerisch, Wohltaten in Form von und reichen Städten Deutschlands Beispiel die kühnen Entwürfe der ten gemeinsam die Weichen stellen, de Belastungen und bereits aufge- Gesetzen zu verteilen, ohne selbst nur unwesentlich. In finanzschwa- Bertelsmann-Stiftung für eine Bür- um die Gesetzgebungsvorhaben zur tretene Missstände in kommunalen für die Auswirkungen gerade stehen chen Städten ist folglich die gesamte gersteuer vorsehen –, dann sollte Reform der Gewerbesteuer und zur Handlungsfeldern beklagt. Schon zu müssen. Der Kollaps der Kom- Leistungskraft bereits durch die ge- wenigstens die Struktur der Gewer- Zusammenführung von Arbeitslo- damals zeichnete sich der Trend ab, munen scheint demnach vorpro- setzlichen Pflichtaufgaben er- besteuer so erweitert werden, dass senhilfe und Sozialhilfe bis zum durch Bundes- und Landesgesetze grammiert. Er betrifft vor allen Din- schöpft. Angebote der kulturellen die Kommunen endlich einen finan- 1.1.2004 abzuschließen. Bislang ist Lasten auf die Kommune zu über- gen diejenigen Aufgaben, die ein Grundversorgung oder kulturellen ziellen Rückhalt finden. Der Kultur die Diskussion aber noch keines- wälzen. Für die städtische Entwick- zentraler Bestandteil der kommuna- Bildung nehmen dort überpropor- würde es gut tun. wegs abgeschlossen. Zwar hat sich lung gab es nur noch Horrorvisio- len Selbstverwaltung sind, zum tional ab und tendieren gegen Null. die rot-grüne Koalition auf eine Lö- nen. Beispiel die öffentliche Kulturförde- Ein Teufelskreis der Armut! Die Verfasserin ist Bürgermeisterin sung für die geplante Gemeinde- Seitdem hat sich für die Kommu- rung. Und damit sind wir beim Thema: für Kultur der Landeshauptstadt steuerreform geeinigt. Die Kommu- nen so gut wie nichts zum Positiven In seinem provokanten Kom- Stadt aus Glas und Scherben. Wenn Stuttgart ■ nen sollen gegenüber den ursprüng- gewendet. Der Anteil autonom be- mentar vom Ende der kulturellen Bibliotheken, Musikschulen, Thea- lichen Plänen der Regierung 500 stimmbarer Steuereinnahmen ist Grundversorgung vertritt Albrecht ter, Museen, die mit so viel Atmo-

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Kultur und Kommune gehören zusammen Statement bei der außerordentlichen Hauptversammlung des Deutschen Städtetages in Berlin am 24.09.2003 • Von Max Fuchs

Kultur in Deutschland ist wesentlich dären programmatischen Diskussio- Denn es gibt inzwischen emp- OECD so diskutiert: falt geworben und eine entspre- kommunale Kultur. Zumindest gilt nen und Beschlüsse am Anfang der findliche Kürzungen oder gar Strei- Ohne attraktive Städte wird es chende Erklärung, die Cancún- dies bis heute. Dass dies so ist, hat 70-er Jahre, die unter dem Motto chungen auch und gerade im Be- keinen Wirtschaftsstandort Erklärung zur kulturellen Vielfalt, nicht nur eine lange Tradition, son- „Wege zur menschlichen Stadt“ reich der Kultur. Diese müssen drin- Deutschland geben. der Öffentlichkeit vorgestellt. Es dern ist auch äußerst sinnvoll: standen. Insbesondere wurde in die- gend rückgängig gemacht werden! Wir als Deutscher Kulturrat sind geht uns dabei unter anderem auch • Kultur und Kulturpolitik, die funk- sem Kontext der Gedanke ausgear- Kürzungen betreffen inzwischen davon überzeugt, dass Kultur zur um ein klares Bekenntnis zur öffent- tionieren, müssen nah am Men- beitet, dass Bildung und Kultur un- alle kulturellen Felder: Daseinsvorsorge des Menschen ge- lichen Verantwortung für Kultur als schen sein, verzichtbare Elemente und geradezu Sie betreffen Einrichtungen wie hört und bieten daher ausdrücklich Teil der Daseinsvorsorge. Denn nur • eine funktionierende Kommunal- Motoren der Stadtentwicklung sind. Theater, Opernhäuser oder Orches- dem Deutschen Städtetag und den dies wird uns davor schützen, dass politik, eine funktionierende kom- Dies ist heute – gerade ange- ter ebenso wie Stadtbibliotheken, anderen kommunalen Spitzenver- ausschließlich privatwirtschaftlich munale Selbstverwaltung, leistet sichts einer äußerst problematisch soziokulturelle Einrichtungen, Trä- bänden an, bei dem derzeit laufen- arbeitende internationale oder auch genau dies, nämlich nah am Men- verlaufenden PISA-Diskussion – fast ger kultureller Bildung und die vie- den Grünbuchprozess zur Daseins- nationale Unterhaltungskonzerne schen zu sein. wieder neu zu entdecken: len kleinen und großen Kultur- und vorsorge im Rahmen der Europäi- nunmehr die städtische Kulturpoli- Man kann also mit Fug und Recht Bildung und Kultur sind zwei Künstlerinitiativen. schen Union zusammen zu arbei- tik übernehmen. behaupten: Kultur und Kommune Seiten der selben Medaille. Ohne Es ist richtig, wenn der Deutsche ten. Auch in diesem Sinne unter- gehören zusammen. Kommunen kann jedoch dieser Zu- Städtetag über Jahrzehnte Kultur in Wie wichtig eine präzise Bestim- stützt der Deutsche Kulturrat die Dies haben die Kommunen und sammenhang von Bildung und Kul- der Stadt in Verbindung mit Urbani- mung dieses schwierigen Begriffs Kommunen in ihrer Forderung nach dies hat insbesondere der Deutsche tur nicht realisiert werden. tät gebracht hat. Man muss aber ist, konnten wir aktuell rund um die einer ausreichenden Finanzausstat- Städtetag auch immer schon so ge- Daher hat der Deutsche Kultur- feststellen, dass genau diese durch Verhandlung der Welthandelsorga- tung, denn: Kultur soll auch in Zu- sehen. Der Deutsche Städtetag und rat das Vorhaben einer Gemeinde- die Kürzungen im Kulturbereich ge- nisation (WTO) in Cancún erleben kunft wesentlich kommunale Kultur sein Kulturausschuss waren in den Finanzreform seinerzeit nachhaltig fährdet wird. Eine Urbanität in Ge- (siehe hierzu auch die Seiten 16-19 bleiben. letzten Jahrzehnten immer wieder begrüßt – natürlich unter der Vo- fahr bringt dann allerdings auch ge- in dieser Ausgabe von politik und ein Ort kluger kulturpolitischer De- raussetzung, dass sich erhebliche werbliche Ansiedlungen in Gefahr. kultur). Wie Sie vielleicht wissen, ha- Der Verfasser ist Vorsitzender des batten mit außerordentlich großem Verbesserungen für die Kommune Denn auch diese brauchen ein in- ben die ARD und der Deutsche Kul- Deutschen Kulturrates ■ Einfluss auf die gesamte Gesell- und speziell für die kommunale Kul- taktes städtisches Leben. Die wird turrat zusammen mit der Heinrich- schaft. Ich erinnere nur an die legen- tur ergeben. inzwischen auch auf der Ebene der Böll-Stiftung dort für kulturelle Viel-

Kulturfinanzierung: Die doppelte Sackgasse! Eine verfassungsgemäße Ordnung der Kulturfinanzierung ist gefordert • Von Bernd Fesel

Kulturfinanzierung: Ein Wort, das für tiv verstanden würde. Auch das Bun- Die Kulturfreiheit wird in der Litera- hebliches Bundesinteresse aufgrund 2. Wenn staatliche Zuschüsse ge- endlose und erfolglose Debatten desverfassungsgericht verwendet tur in zwei Bereiche geteilt: Während gesamtstaatlicher Bedeutung zwar währt werden, müssten sie unab- steht – im Bund, in den Ländern und diese Begriffe und macht damit das direkte künstlerische Schaffen gerechtfertigt sei, der Bund aber kei- hängig von Wahlperioden eine Fi- in den Kommunen: Dies eint. Doch deutlich, dass über die Freiheit des ohne staatliche Finanzhilfe möglich ne „eigene politische Zielsetzung“ nanzsicherheit und Konstanz bie- damit ist die Einigkeit schon vorbei, künstlerischen Schaffens hinaus sei, bedürfe jedoch die Verbreitung habe, sondern „nur“ das Bundes- ten. Eine funktionsgerechte Kul- denn Kulturfinanzierung ist heute (Heuer, S. 68; Stufentheorie nach von Kultur staatlicher Förderung. So land. Anders, wenn das Interesse turfinanzierung sollte daher auf ständig mit Nachrichten über fehlen- Art. 12 Abs. 1 GG) die Vermittlungs- ist es nur systematisch, dass der des Bundes nicht „disponibel“ sei. drei oder fünf Jahre angelegt sein, de staatliche Zuschüsse, die drohen- und Verbreitungsbereiche der Kultur Staat zwar einen Handlungsauftrag Das Fallbeil für oder gegen eine arhythmisch zu Wahlen. Vor Ab- de Schließung und damit die kultu- geschützt sind. Was nützt die Frei- für die institutionelle Vermittlung Bundesfinanzierung ist anschei- lauf der Finanzierung ist durch relle Verarmung verbunden. Die De- heit zu schreiben, wenn es keine un- hat, aber keine Existenzgarantie für nend das Kriterium des politischen ein zu Beginn der Finanzierung batte um die Kulturfinanzierung in abhängigen Verlage gibt? Der Schutz Künstler oder gar für einzelne Kul- Interesses des Bundes – oder des festgelegtes Gremium von Fach- Deutschland pendelt zwischen heuti- von Kultur und Kulturwirtschaft ist turinstitute gewährleistet. Anderer- Landes. Doch dies ist kein Grund- leuten eine Evaluation durchzu- gem und zukünftigem Auszahlungs- grundgesetzlich verknüpft und ent- seits kann der Staat Leistungen für satz des Flurbereinigungsabkom- führen und über die Fortführung anspruch an den Staat. Dazu gibt es sprechend auch deren Förderinstru- die Pflege und Sicherung der Kunst- mens und es verstößt gegen den der Finanzierung zu entscheiden. anscheinend keine Alternative und mente, die direkte und indirekte freiheit nicht grundsätzlich einstel- Geist der Kunstfreiheits-Garantie Zur Gewährleistung der Unab- so steckt der Kulturstaat Deutsch- Kulturförderung. Zumal gerade letz- len. Kulturförderung und damit Kul- des Grundgesetzes. hängigkeit des Gremiums (Grund- land unversehens in einer doppelten tere, die Stärkung der Eigen(fi- turfinanzierung befinden sich in ei- Damit offenbart die Entflecht- satz „Staatsferne“) dürfen Ange- Sackgasse, nicht nur in einer finanzi- nanz)kraft des Kultursektors durch ner Balance aus grundgesetzlichem ungsdebatte unausgesprochen, dass stellte des öffentlichen Dienstes ellen, sondern vor allen Dingen in ei- steuerliche Bedingungen, dem ver- Handlungsauftrag an den Staat und Maßstäbe fehlen, Kulturförderun- in diesen Gremien keine Mehrheit ner konzeptionellen! fassungsgemäßen Erfordernis des zugleich der grundgesetzlichen Ab- gen einzugrenzen – jenseits politi- der Stimmen auf sich vereinigen in Blick zurück kann helfen, die „Schützens, nicht Stützens“ beson- wehr staatlicher Einflussnahme. scher Eigeninteressen der Parla- können. EEntstehung dieser Sackgassen zu ders genügt. Wie diese Balance nun zwischen mente oder Parteien. Zudem voll- 3. Bei der Mischfinanzierung von verstehen: Das Grundgesetz beab- Wenn also die Kunstfreiheitsga- Bund und Ländern zu finden ist, ist zieht sich diese Debatte außerhalb Kulturinstituten könnte zur Ver- sichtigte nach den Erfahrungen der rantie für Autonomie und Pflege der schon seit bald zwei Jahren Ver- der Parlamente und ohne Beteili- meidung von Interessenskollisio- Weimarer Zeit, Kultur vor allem vor Kunst gleichermaßen steht, wenn handlungssache. Prof. Dr. Nida-Rü- gung der Kommunen, für die die so- nen zwischen den politischen (Fi- dem Zugriff staatlicher Ziele und auch das Bundesverfassungsgericht melin, ehemaliger Staatsminister für eben zitierte Gemeinsame Finanzie- nanzierungs-)Parteien eine ge- Kontrolle zu schützen. Bewusst wur- von einer Staatszielbestimmung Kultur, kam in einem Aufsatz für po- rungskompetenz offensichtlich nicht meinsame Finanzverwaltung ein- de die Kunstfreiheitsgarantie des „Kulturstaat“ spricht – BVerfG E 36, litik und kultur über die Systemati- gilt. Das Verfahren der Debatte ist gerichtet werden. Das Kulturinsti- Grundgesetzes nicht mit einer ma- 321 – und wenn sogar durch die Ver- sierung der Kulturförderung zu dem keine „offene, kommunikative und tut sollte gerade bei Mischfinan- teriellen Unterstützungsverpflich- fassung damit eine Pflicht zur staat- Schluss, dass eine Ko-Finanzierung kooperative Kompetenzwahrneh- zierungen im Außenverhältnis ei- tung durch den Staat ausgestattet. lichen Kulturförderung begründet von Bund und Ländern eine „nicht mung“, wie der Verfassungsrechtler nem Ansprechpartner gegen- Der schützende Staat sollte kein ist (Heuer S. 76), so muss Kunstför- unzulässige Mischverwaltung“ und Prof. Isensee formuliert. Dass der überstehen. Dies zwingt die betei- stützender Staat werden, damit auf derung zugleich und grundsätzlich ein „unbedenkliches Nebeneinan- Bund und die Bundesländer eine ligten Förderer, ihre mit der För- diesem Wege nicht staatliche Ein- staatsfern bleiben, um die Kunstfrei- der der Verwaltungs- und Finanzie- Debatte zur Kulturfinanzierung füh- derung verbundenen Ziele kon- flussmöglichkeiten auf die Kunst heitsgarantie zu erfüllen. „Nur der rungskompetenz verschiedener ren und systematisch die Beteili- fliktfrei gegenüber dem Finanzie- entstehen. neutrale Staat gerät nicht in den Ver- staatlicher Ebenen“ ist. Dies ent- gung der Betroffenen, laut Grundge- rungsnehmer zu kommunizieren. Dass das Grundgesetz Kulturför- dacht, dies Unbehagen politischer spreche der gemeinsamen Aufga- setz der staatsfernen und autono- Die unausgesprochene Koalition derung nicht festschreibt, bedeutet und gesellschaftlicher Kritik domes- benkompetenz (Art. 104a Abs. 1 GG, men Kulturinstitute, nicht vollzie- der politischen Kultur-Nutznießer jedoch nicht, dass das Grundgesetz tizieren zu wollen.“ (Heuer S. 87). Bsp.: siehe Bayreuther Festspiele) hen, legt den Verdacht nahe, dass von Bund, Ländern und Kommu- Kulturförderung nicht zulässt. Im Dieser Grundsatz der vorstaatlichen Dies gilt selbst für die sog. Leucht- der fördernde Staat die Grenze zum nen wäre somit beendet und wür- Gegenteil: Die Abwehrfunktion der Freiheit begründet einen wesentli- turmprojekte der Bundesländer, bei eingreifenden Förderer überschrit- de Kulturinstituten einen neuen Kunstfreiheitsgarantie wäre lebens- chen Unterschied zwischen Kunst- denen dem Bund – lt. Nida-Rümelin ten hat. inhaltlichen Freiraum eröffnen. fern und substanzlos, wenn sie nicht und Wissenschaftsfreiheit und de- – eine grundsätzliche Mit-Finanzie- auch als Erhaltungsaufgabe für „ei- ren Finanzierung: Die Wissen- rungskompetenz zustehe. Entflech- Wie könnte aber eine verfassungs- Es wäre zu überlegen, ob alle Insti- nen sach- und handlungsbezogenen schaftsfreiheit ist von Anfang an auf ten könne man also dort, wo die Be- gemäße Ordnung von Kulturfinan- tute nationaler Bedeutung, die eine Wirkungskreis“ materiell und posi- staatliche Förderung angewiesen. teiligung des Bundes durch ein er- zierung aussehen? Mischfinanzierung erhalten, in ei- nen Finanzierungsfonds, der nach 1. Zunächst müssten Kulturinstitute den unter 2. genannten Prinzipien ein Recht auf die Führung als Ei- selbstverwaltet würde, einzubringen genbetrieb erhalten. Nur so wäre wären. Richtigstellung dem Gebot der Staatsferne genü- ge getan. Es kann nicht angehen, Literatur: Carl-Heinz Heuer: „Die dass Kulturinstitute nur bei politi- Besteuerung der Kunst“ , Köln, 1983. In dem Artikel „Mit der Ich-AG ins erforderlich sei. Dieses ist nicht der Künstler, Publizisten oder Pädago- schem Wohlwollen oder knapper Unternehmertum“ von Anna Fall. Alle selbständigen Tätigkeiten gen können eine Ich-AG gründen Kassenlage in den Eigenbetrieb Der Verfasser ist Inhaber des Büros Schweingel in der letzten Ausgabe können mit dem Existenzgrün- und die entsprechenden Zuschüs- überführt werden. Die Kulturfrei- für Kulturpolitik und Kultur- von politik und kultur ist leider ein dungszuschuss gefördert werden, se in Anspruch nehmen. heitsgarantie ist ein vorstaatliches wirtschaft, Düsseldorf ■ Fehler unterlaufen. Es stand dort sofern der Antragsteller Anspruch Gebot. Dies bedeutet auch, dass zu lesen, dass zur Gründung einer auf Leistungen des Arbeitsamtes Die Redaktion ■ die Überführung in einen Eigen- Ich-AG eine Gewerbeanmeldung hat. Das heißt, auch arbeitslose betrieb unter Beachtung der Fi- nanzierungskonstanz des Staates steht.

politik und kultur 05/03 Seite 12 HKS 47 schwarz ZUR DISKUSSION GESTELLT politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 13

Positionspapier des Deutschen Kulturrates zum Grünbuch der Europäischen Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (KOM 2003 (270) endg.) – vom 25.9.03 Schutz der kulturellen Vielfalt muss im Vordergrund der Überlegungen stehen!

I. Präambel Ebene stehen etwa die Zukunft des schaftlichen und nicht-wirtschaftli- sonsten kein so breites kulturelles cherstellen. Das kulturelle Leben in Deutschland öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder chen Dienstleistungen im Kulturbe- Angebot vorgehalten werden kann. Die Definition dessen, was mit- wird von dem öffentlich geförderten der Filmförderung regelmäßig mit reich erschwert eine klare Abgren- Der Bedeutung des öffentlich-rechtli- gliedstaatlich unter Grundversor- Kultursektor, der Kulturwirtschaft Blick auf das europäische Wettbe- zung der Sektoren und deren jeweili- chen Rundfunks ist im Protokoll über gung verstanden wird, unterliegt und dem privaten Engagement ge- werbsrecht und die Wahrung der Bin- ge Behandlung. Die Entwicklung der den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dem Subsidiaritätsprinzip und sollte tragen. Ein großer Teil des kulturel- nenmarktregeln zur Diskussion. Im öffentlichen Finanzen hat in den ver- in den Mitgliedstaaten (Amsterdamer daher nicht auf der europäischen len und kreativen Schaffens besteht Rahmen der GATS-Verhandlungen gangenen Jahren in vielen Fällen dazu Protokoll) Rechnung getragen wor- Ebene festgelegt werden. Innerhalb aus Dienstleistungen. Sie stellen kann die angestrebte Liberalisierung geführt, dass Kultureinrichtungen da- den. Die hier verankerten Prinzipien Deutschlands muss daher darüber somit die kulturelle Vielfalt in sich auf die Finanzierung kultureller zu angehalten wurden, privatwirt- können als exemplarisch für den kul- debattiert und der Mut gefunden Deutschland sicher. Dienstleistungen auswirken, wenn schaftliche Rechtsformen anzuneh- turellen Bereich angesehen werden. werden, Verantwortungen und Kom- Daher begrüßt der Deutsche Kul- sie nicht als hoheitliche Maßnahme men und wirtschaftlich tätig zu wer- Zentrales Anliegen des kulturellen petenzen zu benennen und so zur turrat, der Spitzenverband der Bun- von den horizontalen Bestimmungen den. Erlöse aus diesen wirtschaftli- Sektors in Deutschland (und in Euro- nötigen Transparenz beizutragen. deskulturverbände, dass die Euro- ausgenommen werden. chen Aktivitäten dienen jedoch fast pa) ist es, der öffentlichen Hand wei- Dabei müssen historische, lokale, päische Kommission mit der Vorla- Dabei geraten insbesondere sol- ausschließlich dazu, den laufenden terhin die Möglichkeit der Förderung regionale, geographische, sozio-öko- ge eines Grünbuchs zu Dienstleis- che Einrichtungen, die nicht mehr ein- Betrieb und die Erbringung der eigent- für solche kulturellen Dienstleistun- nomische und demographische Be- tungen von allgemeinem Interesse deutig als Dienstleistungen ohne wirt- lichen kulturellen Dienstleistung si- gen einzuräumen, die sie politisch zur sonderheiten berücksichtigt wer- einen umfassenden Konsultations- schaftliches Interesse und ohne Aus- cherzustellen. Daher muss nach dem Wahrung der kulturellen Vielfalt für den. prozess über das mögliche weitere wirkungen auf den Handel einzuord- Subsidiaritätsprinzip entschieden notwendig erachtet. Dazu ist es nötig, Unter freier allgemeiner Zugäng- gesetzgeberische Verfahren einge- nen sind, unter Druck. Beispielhaft werden können, welche Dienste kei- einen Kriterienkatalog aufzustellen, lichkeit ist insbesondere die Mög- leitet hat. Die Zivilgesellschaft er- dafür stehen etwa Museen, die in die ne Handelsverzerrung auslösenden der eine „hochwertige Dienstleis- lichkeit zu verstehen, breiten Bevöl- hält damit die Möglichkeit, ihre Posi- private Rechtsform einer Stiftung kulturellen Dienstleistungen darstel- tung“ beschreibt und damit eine öf- kerungsgruppen die Inanspruchnah- tion zu diesem sie unmittelbar be- oder gemeinnützigen GmbH überführt len, bei denen die Anwendung des eu- fentliche Förderung begründen kann. me dieser Dienstleistung zu ermög- treffenden gesellschaftlichen Prob- wurden. ropäischen Wettbewerbsrechts eine Ein wesentliches Kriterium zur Be- lichen. Eventuelle Gebühren und lemfeld darzustellen. Die Wahrung der kulturellen Viel- nicht verhältnismäßige Maßnahme urteilung einer hochwertigen Dienst- Eintrittsgelder müssen dementspre- Diese Debatte umfasst den Be- falt ist nicht nur ein wesentlicher Be- darstellen würde. Eine „de-minimis“- leistung in diesem Sinne ist das öf- chend sozial verträglich gestaltet reich der kulturellen Dienstleistun- standteil der Verfassungen der Bun- Ausnahme könnte daher angebracht fentliche Interesse. In Deutschland werden. Durch verstärktes Engage- gen in vielerlei Hinsicht sowohl zwi- desländer, sondern auch als Ziel der sein. ist die Verpflichtung der Förderung ment im Bereich der kulturellen Bil- schen als auch innerhalb aller betei- Europäischen Union in Artikel 3 des Eine Besonderheit in Deutschland von Wissenschaft, Kunst und Kultur dung soll die Basis für Partizipation ligten Ebenen. Auf der kommunalen Verfassungsvertrags verankert. Im ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk. in den Länderverfassungen festge- / Teilhabe an diesem Gut verbreitert Ebene sind Kultureinrichtungen wie Sinne der sowohl in Deutschland als Dessen Finanzierung durch Rundfunk- schrieben und somit als öffentliches werden. Hier sind besonders die Bibliotheken, Musikschulen, Muse- auch in Europa geforderten Kulturver- gebühren stellt Unabhängigkeit und Interesse sanktioniert. Einrichtungen selbst gefordert. en oder Theater aktuell von Spar- träglichkeit aller Politikbereiche muss Staatsferne sicher und bildet so ei- Kultureinrichtungen sowie Einrich- Ein Ordnungsrahmen auf der eu- maßnahmen betroffen. Auch wenn auch die Diskussion um Dienstleis- nen wesentlichen Faktor zur Siche- tungen der kulturellen Bildung, die zu ropäischen Ebene müsste diese sie nicht als kommunale Pflichtauf- tungen von allgemeinem Interesse in rung des Meinungspluralismus. Die den hochwertigen Dienstleistungen Elemente der Bürgernähe und der gabe verankert sind, sind sie zur diesem Lichte geführt werden. öffentlich-rechtlichen Rundfunkan- zählen, müssen folgende qualitative Qualität auf jeden Fall berücksichti- kulturellen Dienstleistung im eigent- stalten in Deutschland sind außer- Merkmale erfüllen. Sie müssen eine gen. lichen Sinn zu zählen Auf der regio- II. Zum Grünbuch dem wichtige Kulturanbieter in der 1. Grundversorgung sowie nalen (Landes-) oder nationalen Die Überschneidungen zwischen wirt- Fläche, in Gegenden, in denen an- 2. freie allgemeine Zugänglichkeit si-

Auserlesene Vergnügungen und wilde Zerstreuung Anmerkungen zur aktuellen Gebührendebatte • Von Ernst Elitz

Wer über Qualität und Quote spricht, chen Rundfunkanstalten (KEF) auf weder Berichterstattung. Umso derholung des ewig Gleichen im men. 9,3 Millionen Fernsehzu- muss „Maddog, die Morgenlatte“, der Seite der Qualität? In jeder der wichtiger ist, dass im dualen System Musik- und Serienangebot muss er schauer sehen kulturelle Informati- „Dörti-Dani“ oder „Lukas, Mister öffentlichen Erregungsrunden, in der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Möglichkeit haben, seine Quali- onssendungen wie „Kulturreport“, Waschbrettbauch“ kennen, denn sie denen über die Rundfunkgebühr durch eine angemessene Gebühren- tätsangebote zu sichern. Denn wo- „Kulturweltspiegel“, „Aspekte“ und sorgen als Moderatoren-Stars in den debattiert wird, erntet die Politik mit finanzierung in die Lage versetzt für, wenn nicht für Qualitätsproduk- anspruchsvolle Dokumentationen. Frühprogrammen des kommerziellen Bemerkungen über den Qualitäts- wird, mit einer Programmoffensive te, erhält der öffentlich-rechtliche Der Kulturbedarf des Publikums Radios für stattliche Einschaltquo- verfall in den Medien beifälliges die zunehmenden Mängel des kon- Rundfunk seine Gebühr. Die Eigen- lässt sich eben nicht allein an den ten. Das Erfolgsrezept dieser akusti- Klatschen. So fordert die Medienpo- junkturabhängigen kommerziellen produktion von Musikwerken, die mäßigen Marktanteilen von 3sat schen Mehrfachtäter: Mit Zoten und litik einerseits Qualität, aber sie fei- Systems auszugleichen. noch nicht marktgängig sind, litera- und arte messen, sondern vor allem flauen Witzen verlegen sie die Ge- ert andererseits die Ansiedlung von Die menschliche Natur, so erläu- rische Lesungen, traditionelle und an der Nutzung der vielfältigen Kul- schmacksgrenzen ständig nach un- Dauerwerbekanälen für Goldkett- tert uns deren intimer Kenner, moderne Formen des Hörspiels und turangebote, die das Erste, das ZDF ten und begeistern damit ihr Publi- chen, Heizdecken und Rohrreiniger Friedrich Schiller, dürste nicht nur eine umfängliche Kulturberichter- und die dritten Programme bieten. kum. Bei den 323 Radioprogram- als medienwirtschaftliche Großtat. nach auserlesenen Vergnügungen, stattung prägen die hohe Zahl der Und die Kultur- und Informations- men, die überall in Deutschland an- Bei der Zuweisung von Frequenzen sondern der Mensch stürze sich Eigenproduktionen, die der Quali- interessierten erwarten von den Me- geboten werden, sind die öffentlich- für Radioprogramme, terrestrische auch gern „zügellos in wilde Zer- tätsrundfunk bieten muss, wenn er dien nicht nur Maßstäbe in künst- rechtlichen längst in der Minderheit. Ausstrahlungskapazitäten fürs Fern- streuungen, die seinen Hinfall be- sich aus dem Einerlei der affirmati- lerischer Qualität, sondern Orien- Die Mehrheit bilden kommerzielle sehen und bei der Platzierung auf schleunigen und die Ruhe der Ge- ven Geschmacksverirrungen abhe- tierung und Service angesichts der Hörfunkanbieter, die mit jeweils 400 Kabelplätzen werden nicht etwa ar- sellschaft zerstören. Bacchantische ben will. vielfältigen Angebote auf dem musi- bis 600 Titeln, nur unterbrochen von te, Phoenix, 3sat und Deutschland- Freuden, verderbliches Spiel, tau- Aber auch die KEF-Debatte ist kalischen und literarischen Markt. den Maddogs der Radiowelt, ein Radio bevorzugt, sondern häufig ge- send Rasereien, die der Müßiggang geprägt von populistischen Argu- Siebzig Prozent der literarisch inte- eher gleichförmiges Angebot mit au- nug jene Angebote, über die man ausheckt, sind unvermeidlich, wenn menten. Belobigt wird, wer kosten- ressierten Bürger sagen, dass sie tomatisch abgespielten CDs des mu- sich sonst gern mokiert. Qualitäts- der Gesetzgeber diesen Hang des günstig CDs abspielt, mit Pop-Tape- sich durch Radio und TV schneller sikalischen Mainstreams bieten. minderung scheint systemimma- Volkes nicht zu lenken weiß“. Die ten möglichst viele Hörer erreicht, über das literarische Angebot infor- nent. staatlichen Lenker haben den Quali- wer möglichst viel wiederholt und mieren können. Die Rundfunkge- ber gemessen an der Zahl der Das novellierte Hamburger Me- tätsauftrag für Information und Kul- möglichst wenig selbst produziert. bühr ist eben nicht nur ein Finanzie- ANutzer ist der öffentlich-rechtli- diengesetz gestattet dem Privatfunk tur in Rundfunkgesetzen und Staats- Hohe Eigenproduktionsquoten er- rungs-, sie ist zugleich ein Qualitäts- che Rundfunk noch immer erfolg- die bislang noch immer kritisierte verträgen nachdrücklich formuliert. wecken den Verdacht unbedachten sicherungsinstrument. Sie dient reicher als die kommerzielle Kon- „Entwortung“, die den Verzicht auf Exemplarisch steht im Staatsvertrag Geldausgebens. Nichts dagegen, dem Erhalt und der Entwicklung kurrenz. Er erreicht täglich 54 Pro- die letzten Residuen von Nachrich- für den nationalen Hörfunk dass kostengünstig Quote gemacht qualitativer Standards auf allen Ebe- zent der Hörerschaft, während das tensendungen legitimiert. Hatte bis- Deutschlandradio: „Die Programme wird. Auch Kultur bewegt sich nicht nen der Gesellschaft. Das muss Weg- Massenaufgebot der Privaten ledig- lang jedes Privatradio der Hanse- haben ihren Schwerpunkt in den im ökonomiefreien Raum. Aber marke für jede Gebührendiskussion lich auf 46 Prozent kommt. Beacht- stadt noch die Auflage, während je- Bereichen Information und Kultur“ auch der zweite Satz muss gelten: sein. lich ist die Zahl der so genannten ge- der Programmstunde wenigstens und die „kulturelle Vielfalt Deutsch- „Die Rundfunkanstalten bekommen hobenen Programme. Neben den sechs Minuten Wortbeiträge zu sen- lands ist angemessen im Programm die Gebühr, damit sie auch und ge- Der Verfasser ist Intendant des nationalen Marktführern Deutsch- den, so darf sich jetzt der Musik- darzustellen“. Das Bundesverfas- rade Qualitätsprodukte mit dem da- DeutschlandRadio Köln/Berlin ■ landfunk (Information) und und Reklameteppich auch über die- sungsgericht hat die Existenz kom- für nötigen Aufwand produzieren DeutschlandRadio Berlin (Kultur) se Strecken legen. Was anderswo aus merzieller elektronischer Medien an können“. Dazu bedarf es eines ex- bieten alle Landesrundfunkanstal- Kostengründen klammheimlich aus die Voraussetzung gebunden, dass tensiven Programmverständnisses. ten ein oder zwei Programme dieses den kommerziellen Programmen auch der öffentlich-rechtliche Das Kulturinteresse der Bürger Genres an. Sie verstehen sich als Ga- verschwunden ist, wird in Hamburg Rundfunk eine Bestands- und Ent- wird gern unterschätzt. 4,4 Millio- ranten der Qualität. formal korrekt wegreguliert. Die im wicklungsgarantie hat. Das heißt in nen Deutsche hören täglich öffent- Stehen die Politiker und die Artikel 5 des Grundgesetzes garan- der Konsequenz: Nicht Einschrän- lich-rechtliches Qualitäts-Radio, 32 Kommission zur Ermittlung des Fi- tierte „Freiheit der Berichterstat- kung, sondern angesichts der Ent- Prozent davon den nationale Hör- nanzbedarfs der öffentlich-rechtli- tung“ wird so zur Befreiung von jed- wortung und der penetranten Wie- funk mit seinen beiden Program-

politik und kultur 05/03 Seite 13 HKS 47 schwarz ZUR DISKUSSION GESTELLT politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 14

Warum Oper, warum Stiftung? Die Besonderheiten der Berliner Kulturpolitik • Von Thomas Flierl

Berliner Kulturpolitik wird von Rah- menbedingungen geprägt, die eben- so außergewöhnlich wie exempla- risch sind.

as Außergewöhnliche ent- Dspringt der besonderen Rolle Berlins –historisch wie aktuell. Ber- lin verfügt über ein kulturelles Erbe, das ganz wesentlich seiner histori- schen Hauptstadtfunktion geschul- det ist. Und es wird ergänzt um eine breite kulturelle Infrastruktur, die ihre Wurzeln in der jahrzehntelan- gen Teilung der Stadt hat. Hinzu kommen kulturpolitische Aufgaben, die sich aus der aktuellen Haupt- stadtfunktion ergeben. Zusammen Berliner Traditionshaus: die „Komische Oper“ in einer puk-Fotomontage Foto: Komische Oper bilden sie einen wichtigen, mit öf- fentlichen Mitteln geförderten Be- überall vorbei – zumindest so lange, und Interessen. haushalt gespart werden muss – ren eher verschämt gefordert – ist reich der Berliner Kulturlandschaft, wie die steuerfinanzierte Kulturför- Da ist zu allererst das Interesse wenngleich weniger als in anderen nicht nur ökonomisch und kultur- deren Vielfalt und Reichtum jedoch derung nicht durch ein System di- des Landes – und des Bundes – am Ressorts. Der Löwenanteil entfällt politisch unsinnig. Eine Verknap- weit darüber hinaus geht. rekter Subventionierung ergänzt Erhalt und an der Profilierung der dabei auf die Opern. Berlin wird für pung des Angebots kann auch im In- Zum Außergewöhnlichen der wird, das Kunst und Kultur unmit- Berliner Opern. Die Alternativen zur seine drei Opern im Jahre 2009 33,2 teresse der Kunstform Oper keine Berliner Kulturpolitik gehört aber telbar an der durch sie evozierten Stiftung hießen Fusion, also die Ab- Millionen Euro weniger ausgeben. Alternative zur Belebung der Nach- auch, dass das Land angesichts sei- Wertschöpfung beteiligt. Der Ver- wicklung eines Ensembles, oder die Durch die gezielte und konditionier- frage sein. ner katastrophalen Haushaltslage weis auf die Umwegrentabilität kul- Schließung eines Hauses. Angesichts te Hilfe des Bundes können wir die- Schließlich spricht für die Stif- mit den finanziellen Verpflichtun- tureller Subventionen geht in den der außergewöhnlichen Finanzlage se Sparlast im Kulturhaushalt um tung als Holding der künstlerisch gen, die sich aus diesem kulturellen Verteilungskämpfen um öffentliche Berlins sind diese Optionen alles an- 16,4 Millionen Euro vermindern, so und wirtschaftlich unabhängigen Reichtum ergeben, überfordert ist. Haushalte für gewöhnlich ins Leere. dere als theoretisch. Vor dem Hinter- dass der Etat für die Stiftung Oper in Opern-GmbHs, dass ein solches Mo- In Teilen hat die katastrophale Fi- Kulturpolitik ist daher gezwun- grund der hier exemplarisch ge- Berlin bis 2009 nicht um 33,2 dell – im Gegensatz zu einer klassi- nanzsituation Berlins ihre Ursachen gen, nach Wegen zu suchen, kultu- nannten Rahmenbedingungen, kä- Millionen Euro, sondern um 16,8 schen Privatisierung, mit der in Ber- in dieser Überforderung des Landes relle Substanz und künstlerische In- men Schließung oder Fusion jedoch Millionen Euro sinkt. lin schlechte Erfahrungen gemacht durch einigungsbedingte Lasten novationen mit weniger öffentli- einem kulturpolitischen Damm- Das ist immer noch eine enorme wurden (Stichwort: Metropolthea- und ein historisches Erbe, dessen di- chen Mittel zu erhalten und zu för- bruch gleich. Den zu verhindern und Summe, die durch moderne Struk- ter) – auch für die Beschäftigten an- rekte (Ost-Berlin) und indirekte dern. Das aber ist ohne eine grund- statt dessen die drei Opernhäuser so turen und geringeren Personalauf- nehmbar ist. Es braucht das Dach ei- (West-Berlin) Subventionierung aus legende Reform der kulturellen In- zu modernisieren, dass sie auch mit wand allein nicht zu bewältigen sein ner öffentlich-rechtlichen Stiftung, den Haushalten der beiden deut- stitutionen selbst nicht machbar. reduzierten öffentlichen Mitteln ein wird. Die Opernreform kann letzt- um mit den Beschäftigtenvertretun- schen Teilstaaten nach der Vereini- Vor genau diesem Hintergrund spie- für Berliner und Berlin-Besucher at- lich nur gelingen, wenn sich auch gen arbeits- und tarifrechtliche Ver- gung fast ersatzlos wegfiel. len sich die Auseinandersetzungen traktives Opernangebot bereit hal- die Einnahmesituation der drei änderungen vereinbaren zu können, Sieht man einmal von diesen Be- um die von mir auf den Weg ge- ten, bildet den Kern der strategi- Häuser verbessert, sprich: wenn ein von der alle Beteiligten wissen, dass sonderheiten ab, spiegelt sich in der brachte Reform der Berliner Opern- schen Allianz mit dem Bund in die- attraktives und koordiniertes Ange- sie für die Zukunftssicherung der außergewöhnlichen Berliner Situati- landschaft ab. ser Frage. Deshalb beteiligt sich der bot – unterstützt durch ein gemein- Opern- und Bühnenlandschaft un- on eine Krise der bundesdeutschen Mit dem Modell von drei künst- Bund an den Gründungskosten der sames Dachmarketing – mehr zah- erlässlich sind. Kulturförderung, die angesichts lerisch und wirtschaftlich eigen- Stiftung und entlastet den Berliner lendes Publikum zieht. Und das nicht nur in Berlin. knapper öffentlicher Kassen in allen ständigen Opernhäusern (und ei- Kulturhaushalt durch die Übernah- Auch dafür bietet eine Stiftung Ländern und Kommunen exempla- nem selbständigen Ballett), die un- me von Einrichtungen wie zum die besseren Rahmenbedingungen. Der Verfasser ist Senator für Wis- rischen Charakter besitzt. Die Zeiten ter dem gemeinsamen Dach einer Beispiel die Akademie der Künste Ein mit öffentlichen Mitteln subven- senschaft, Forschung und Kultur wachsender Kulturhaushalte, in de- Stiftung als gemeinnützige GmbHs um – netto – 16,4 Euro. tionierter Verdrängungswettbewerb Berlin ■ nen Neues durch Aufwuchs des Be- in eine kooperative Konkurrenz tre- Die Finanzlage des Landes ist je- zwischen den drei Opernhäusern – stehenden entstehen konnte, sind ten, verbinden sich mehrere Ziele doch so prekär, dass auch im Kultur- wie von manchen offen und ande-

Kulturmetropole Berlin? Perspektiven für eine gebeutelte Hauptstadt • Von Christian Höppner

London, Paris, New York sind ohne nach Aufbruch, Orientierung und quelle für das Gutachterunwesen mein bildenden Schulen bis zu 80 moniker mit ihrem Engagement Zweifel Kulturmetropolen – und Ber- Neuausrichtung. Diese Auf- und verkommen. Prozent ausfällt für musikalische Bildung beispiel- lin? Umbrüche sind die Chance für eine Dabei sind diese Potentiale die • die wenigen Jugendkunstschulen haft gezeigt, wie selbstverständlich ehemals verkrustete und zu wesent- Vitalisierungsquelle für ein Konglo- am Rande ihrer Existenzmöglich- künstlerische Spitzenleistungen s ist kein Geheimnis mehr, dass lichen Teilen auch verkarstete Land- merat aus lauter kleinen und großen keit arbeiten und gesellschaftliches Engage- Esich Berlin seit dem Mauerfall schaft zweier Lebenswelten. Sie ver- Teilen – dem Land Berlin. Zehlen- • die Berliner Symphoniker, die als ment für die Hörer von morgen mehr und mehr in seiner herrlichen mitteln Bewegung in einer Gemen- dorf und Marzahn, Köpenick und eine der ersten Berliner Kulturein- und übermorgen sein können. Al- Widersprüchlichkeit zeigt und da- gelage aus Klagemauer, Zukunftsop- Mitte, Rudow und Friedrichshain richtungen die Notwendigkeit mu- len Initiativen fehlt allerdings eine mit neben den hauptstadtbedingten timismus, Haushaltsnotstand und liegen jeweils Welten auseinander sikalischer Bildung in konkrete adäquate Vernetzung im Interesse Zuzügen jene Freigeister anzieht, einer „Weiter so“-Mentalität. Wo Po- und dennoch in einem Land Berlin. Schulprojekte umsetzten, zum eines abgestimmten Angebots. die dieses Fluidum wie die Luft zum litik zu oft nach dem Prinzip des Be- Diese Zweistufigkeit von Bezirks- wiederholten Male von der Ab- • die geplante Opernstiftung des Atmen brauchen. Wenn der Begriff amtenmikados praktiziert wird (wer und Landesebene befördert eine im- wicklung bedroht sind Kultursenators Thomas Flierl, Provinz eine Zustands- und keine sich zuerst bewegt, hat verloren), mer noch beispiellose kulturelle In- • die kirchenmusikalischen Angebote wenn es denn mit Unterstützung Landschaftsbeschreibung ist, dann gibt es ein erstaunliches Nebenein- frastruktur, die Bedürfnisse und Po- überproportional gekürzt wurden von Kulturstaatsministerin Chris- gibt es in Berlin dieses Faszinosum ander unterschiedlicher Entwick- tentiale vor Ort sichtbar werden • der rbb eine Programmreform sei- tina Weiss gelingt, wesentliche Pa- aus dem unmittelbaren Mit-, Ne- lungsgeschwindigkeiten. Vom Dorn- lässt. Die Arbeit der bezirklichen ner Kulturwelle plant, die die Quo- rameter einer erfolgreichen Stif- ben- und Gegeneinander von Pro- röschenschlaf etablierter Einrich- Musikschulen, Volkshochschulen, te zum Programmdirektor erhebt tung, wie Staatsferne, künstleri- vinz und Weltstadt. Die Diskrepanz tungen über mutige Selbsthäu- Kunstämter, Heimatmuseen, Biblio- und durch kleinteilige Sendefens- sche und wirtschaftliche Autono- zwischen Anspruch und Wirklich- tungsprozesse bis hin zu den läh- theken und freien Initiativen erge- ter der Häppchenkultur huldigt. mie der einzelnen GmbHs ohne keit ist in beiden Richtungen täglich menden Anpassungsversuchen nack- ben ein reichhaltiges Patchwork kul- Diese Liste der verschenkten Chan- Querfinanzierung und Planungssi- erfahrbar: mehr Inhalt, als die Ver- ter Existenzangst sind auf jeder Ebe- tureller Ausdrucksformen. Zusam- cen ließe sich für alle Bereiche der cherheit von mindestens fünf Jah- packung erahnen lässt und umge- ne – Kiez wie Leuchtturm – alle Ent- men mit den Bildungs- und Kultur- kulturellen Bildung und des kultu- ren festzuklopfen. kehrt. wicklungsgeschwindigkeiten vorzu- einrichtungen auf Landesebene ver- rellen Lebens fortsetzen. Den Reichtum anderer Kulturen er- Die Retortenarchitektur des finden. fügt Berlin über Potentiale, um die Wenn wir unseren Kindern nicht fahren zu können ist in einer Stadt Potsdamer Platzes, die urbanes Le- Potentiale sichtbar werden zu uns manche Kulturmetropole be- die Chancen auf eine umfassende wie Berlin, in der sich über 190 Na- ben nur vorgaukelt und dennoch er- lassen und Rahmenbedingungen zu neiden würde, wenn wir denn diese ganzheitliche Bildung und kulturelle tionalitäten wieder finden, eine gro- staunlich gut angenommen wird schaffen, damit diese Potentiale ihre Potentiale befördern würden, an- Selbsterfahrung eröffnen, die wir ße Chance für den interkulturellen (nicht nur von den Touristen), auch Wirksamkeit entfalten können, ist statt sie permanent zu beschneiden. weitgehend noch gehabt haben, Dialog und damit auch für die im- wenn sie an der Schnittstelle von eine der vornehmsten Aufgaben der Knapp 10.000 Schülerinnen und möchte ich mir nicht ausmalen, wer mer wieder neue Frage der eigenen Ost nach West wohl nie eine sinnlich Politik. Stattdessen wird die Rasen- Schüler auf den Wartelisten der be- uns wie in 10, 20 oder 30 Jahren re- Positionsbestimmung. erfahrbare Beziehung zum Scha- mäherphilosophie zu einer beson- zirklichen Musikschulen sind 10.000 gieren wird. London, Paris, New York sind oh- rounschen Ensemble aufbauen ders kreativen Form von Politik er- verschenkte Chancen für eine le- Auf der anderen Seite gibt es eine ne Zweifel Kulturmetropolen – und kann, die offensichtliche Dispropor- hoben, wo sie doch nur die Unfähig- bendige Metropole von morgen und Reihe von ermutigenden Beispielen, Berlin? Berlin ist auf dem Weg zu ei- tion des „großen“ Kanzleramtes keit zur Prioritätensetzung aufzeigt. übermorgen. wie zum Beispiel: ner Kulturmetropole. zum „kleinen“ Reichstag, zwei, für Die Reglementierungswut treibt im- Genauso wie die Tatsache, dass • die Angebote einer Reihe von Ber- sich genommen, unglaublich faszi- mer abstrusere Blüten, und das Pro- • in den Kindertagesstätten fast liner Kultureinrichtungen für Kin- Der Verfasser ist Präsident des nierende Gesamtkunstwerke, mar- jekt „Verwaltungsreform“ ist zu ei- nicht mehr gesungen wird der und Jugendliche. So haben Landesmusikrates Berlin ■ kieren stellvertretend die Sehnsucht ner unerschöpflichen Verdienst- • der Musikunterricht in den allge- zum Beispiel die Berliner Philhar-

politik und kultur 05/03 Seite 14 HKS 47 schwarz GATS politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 16

Cancún und die Folgen für die Kultur Neun Anmerkungen zu den WTO-Verhandlungen in Mexiko • Von Max Fuchs

Zunächst sind als Resultate von genannten Buch von Joost Smiers, gen sinnvollerweise in einer solchen Cancún festzuhalten: der zum einen darauf hinweist, dass Konvention formuliert werden soll- 1. Zur Öffnung und Liberalisierung es insbesondere das „local artistic li- ten, damit sie hilfreich für die natio- von Kultur (und Bildung und So- fe“ ist, das die Sinnhaftigkeit des nale Kulturpolitik sind. Zu diesem zialem) wurden keine Beschlüsse menschlichen Lebens konkret ver- Zweck müsste jedoch präziser als gefasst. handelt, dass aber die ökonomisch bisher gewusst werden, was das 2. Die Koalition für kulturelle Vielfalt vorangetriebene kulturelle Globali- überhaupt ist: eine nationale Kultur- – national und international – ist sierung zu einer „delocalization“ politik. wirkungsvoll in Erscheinung ge- führt. 9. Wir sollten die Koalitionen zur treten, hat sich gefestigt und aus- 5. Man wird, gerade als Deutscher kulturellen Vielfalt – national und geweitet und hat mit der Cancún- Kulturrat, der sich für eine natio- international – stärken und weiter Erklärung zur kulturellen Vielfalt nale Kulturwirtschaft und für den ausbauen. ein quasi offizielles Grunddoku- Erhalt des öffentlich-rechtlichen Die Cancún-Erklärung zur kulturel- ment. Rundfunks einsetzt, dies präzisie- len Vielfalt wurde von vier Organisa- Ist damit die Gefahr gebannt? Nein! ren müssen. Denn es ist nicht da- tionen getragen. Auf nationaler Ebe- Es war vielmehr erschreckend, dass von auszugehen, dass eine natio- ne bietet es sich nunmehr an, eine aller Beschlusslage der EU zum nale Kulturwirtschaft in jedem „National Coalition for Cultural Di- Trotz (keine Liberalisierungsange- Fall diese positiven Wirkungen versity“ zu gründen, die ein Forum bote im Kulturbereich) verantwortli- hat. Man wird vielmehr einige Be- für die Sammlung und Diskussion che Mitarbeiter im Wirtschaftsmi- dingungen und Kriterien formu- von Erkenntnissen, Befunden, Kon- nisterium nach wie vor keine Aus- lieren müssen, quasi Qualitäts- zeptionen und Strategien zur Förde- nahmeregelung für Kultur wollen: standards, die zu erfüllen sind. rung kultureller Vielfalt auf nationa- GATS sei flexibel genug, um alle Be- 6. Wir brauchen eine Evaluation öf- ler Ebene sein könnte. denken aus dem Kulturbereich zu fentlicher Kulturpolitik. Auch international sind Bünd- zerstreuen. Ein weiterer Baustein, für dessen Er- nisse zu schmieden, wobei insbe- Man hatte plötzlich eine eigen- halt sich der Deutsche Kulturrat ve- sondere Entwicklungsländer stärker artige Seilschaft zwischen WTO-An- Max Fuchs, Präsident des Deutschen Kulturrates Foto: Heinrich-Böll-Stiftung hement einsetzt und dessen Fortbe- als bisher zu beteiligen sind. Ob das hängern in den Ministerien auf der stand bei einer unbegrenzten schon existierende INCD das geeig- einen Seite und Teilen der Kultur- es um eine Konvention zur kulturel- gen, dass das WTO- und GATS- Marktliberalisierung fortfiele, ist die nete Auffangbecken für eine solche wirtschaft auf der anderen Seite. len Vielfalt ging. Daher: Reglement, das angeblich so offen Möglichkeit öffentlicher Zuwendun- Initiative ist oder nur ein wichtiger Denn auch – um ein Beispiel zu nen- 3. Die Diskussion um die Liberali- und flexibel ist, absolut unerfreu- gen im Kulturbereich. So ist es mit Partner neben anderen, müsste ge- nen – die amerikanische Filmwirt- sierung der Kulturmärkte wird liche Nebenwirkungen und Fol- den Händen zu greifen, wie sehr die prüft werden. schaft hat aus einsichtigen Gründen weitergehen. gen haben kann. Existenz einer kulturellen Infra- Im Hinblick auf die WTO wurde kein Interesse an Ausnahmerege- Was ist zu tun? Wir können dabei auf Erfahrungen struktur in Deutschland, die – auch ein wichtiger Fortschritt dadurch er- lungen, an Schutzmechanismen für Häufig zu hören ist die Behauptung, unserer Cancún-Koalition zurück- wenn zur Zeit heftig bedroht – im- zielt, dass NGO‘s – anders als früher nationale Kulturmärkte, eben weil die Regeln von GATS seien so flexi- greifen. So ist kürzlich von dem mer noch einen hohen Standard – akzeptierte Partner im Kernkreis diese den freien Verkauf ihrer Pro- bel, dass alle Befürchtungen aus INCD-Mitglied Joost Smiers, einem hat, von der Existenz einer öffentli- der Verhandlungen waren. Dieser dukte behinderten. Die Argumenta- dem Kulturbereich durch entspre- Kulturpolitik-Forscher an der Ut- chen Förderung abhängt. So sehr Weg ist offensiv fortzusetzen. Insbe- tion ist dabei recht clever: Die Men- chende Vorkehrungen abgewendet recht School of Arts, das Buch „Arts man im Grunde um diese Tatsache sondere ist die demokratische Qua- schen könnten ja selbst entschei- werden könnten, für die das GATS- under Pressure“ erschienen, das ei- weiß: Von einer seriösen Evaluation lität einer Einbeziehung der Zivilge- den, ob sie entweder Hollywood-Fil- Regelwerk die Möglichkeit vorsieht. ne Fülle von Beispielen aus sehr un- oder gar einer konzeptionell ge- sellschaft – inzwischen Standard et- me oder nationale Film-Produktio- Schließlich könnten die Mitglieds- terschiedlichen Ländern vorstellt, stützten Entwicklung von Kulturpo- wa im UNESCO-Kontext – auch in nen anschauten. Ein starkes Ge- länder auch selbst entscheiden, wel- wie nationale Kulturindustrien zer- litik kann aufs Ganze gesehen nicht solchen Politikfeldern zu belegen, schütz wird also aufgefahren: Die in- che Bereiche mit welcher Reichwei- stört wurden (zum Beispiel Zerstö- die Rede sein. die bislang wenig Erfahrung mit sol- dividuelle Entscheidungsfreiheit, so te in GATS einzubeziehen sind. Und rung der Buch- und Filmmärkte in 7. Wir brauchen eine Konvention chen Kooperationsformen haben, dass die Schützer von nationaler schließlich gäbe es Karenzzeiten so- Mexiko oder der Türkei nach Aufge- zur kulturellen Vielfalt. etwa die internationale Handelspo- Kulturproduktion sich plötzlich in wie die Möglichkeit der Rücknahme ben von Steuervergünstigungen Nachdem der Verlauf der Cancún- litik. Allerdings ist auch die Bil- der Ecke einer paternalistischen Be- von Liberalisierungs-Angeboten. beziehungsweise nach der Öffnung Verhandlungen uns eine Atempause dungspolitik so fest in der Hand des vormundung der Menschen sahen. Fortgeführt wird diese Argumentati- der nationalen Märkte). gewährt hat, stand als nächste Auf- Staates, dass auch hier einiges an Hier die individuelle Freiheit, das on mit der Behauptung, dass es kei- Was ist der Unterschied zwischen gabe an, im Rahmen der General- Öffnung noch zu leisten ist. Recht auf kulturelle Selbstbestim- ne schlechten Erfahrungen mit der einer nationalen und der interna- versammlung der UNESCO im Ok- GATS bleibt weiterhin aktuell, mung, auf weltläufige Kulturkontak- Öffnung von Märkten gebe. Im Ge- tionalen Kulturwirtschaft? tober 2003 zu einer Konvention zur und dies nicht nur im Kulturbereich te, dort die verbohrten Nationalis- genteil: Offene Märkte seien Kenn- Eine zentrale Argumentation in un- kulturellen Vielfalt zu kommen. Die- i.e.S., sondern auch dort, wo von so- ten, die ängstlich die ausländische zeichen von Demokratie und dem serer Cancún-Erklärung (siehe Seite ser Beschluss wurde gegen den er- zialen und Bildungsdienstleistun- Konkurrenz und daher einen ehrli- Recht auf Informationsfreiheit. 19) und in der internationalen kul- bitterten Widerstand der USA in der gen die Rede ist. Denn auch hier fin- chen Wettbewerb um die Herzen 4. Wir brauchen daher eine gute, turpolitischen Diskussion um kultu- Sitzungsphase Mitte Oktober inzwi- det Kulturarbeit in erheblichem und Köpfe (und Geldbeutel) der empirisch gesättigte Argumenta- relle Vielfalt läuft darauf hinaus, schen gefasst. Umfange statt. Menschen scheuen. So ähnlich ar- tionshilfe, die an überprüfbaren dass eine nationale Kulturwirtschaft 8. Wir brauchen eine nationale Kon- gumentierten daher auch die US- Beispielen zeigt, dass und wie ei- für die Erhaltung und Entwicklung zeption Kulturpolitik. Der Verfasser ist Vorsitzender des Delegierten bei der letzten General- ne ungeschützte Marktöffnung von kultureller Vielfalt günstiger ist Nunmehr ist es sinnvoll, verstärkt Deutschen Kulturrates ■ versammlung der UNESCO vom 9.- zur Kulturzerstörung führt. Wir als internationale Konzerne. Dies ist und systematisch darüber nachzu- 13.Oktober diesen Jahres in Paris, als brauchen auch Beispiele, die zei- auch eine der Kernthesen in dem denken, welche Rahmenbedingun-

Erfolg und Ambivalenz Resümee der WTO-Ministerkonferenz in Cancún aus der audiovisuellen Warte • Von Fritz Pleitgen

Kulturelle und audiovisuelle Dienst- zu Dissens und Scheitern beigetra- Deshalb forderten die audiovisuel- gativen Auswirkungen zu bedenken, Marktzugang und Inländerbehand- leistungen waren eigentlich ein gen. So weit also nichts Neues? len Industrien in Europa die Ge- die das Scheitern in Cancún bedin- lung für so genannte „digitale Pro- Nicht-Thema auf der Tagesordnung Doch, denn neu ist, dass sich eine meinschaft vor Cancún auch erneut gen könnte. dukte“. Dabei werden alle Online- der WTO-Ministerkonferenz in Can- beachtliche Anzahl von Drittwelt- dazu auf, die bestehenden Ausnah- Das Versagen der WTO-Mitglie- Dienste einseitig ohne jegliche Be- cún. Über Dienstleistungen wird staaten zu einer starken Koalition men aufrecht zu erhalten und kei- der, in Cancún eine für alle Seiten rücksichtigung ihrer möglichen kul- ohnehin seit der Ministerkonferenz zusammengeschlossen hat, um sich nerlei Liberalisierungszugeständ- akzeptable Verhandlungsagenda zu turellen Bedeutung umklassifiziert in Seattle mehr oder weniger konti- so der Strategie des „divide et impe- nisse in ihrem Sektor einzugehen. vereinbaren, ist als ernsthafter und zur Liberalisierung freigegeben. nuierlich verhandelt und die WTO- ra“ der Industrienationen zu erweh- Sie waren damit erfolgreich. Diese Rückschlag für den multilateralen Außerdem drängen die USA sogar Mitglieder werden damit auch nach ren. Es kann erwartet werden, dass Verhandlungsstrategie wurde auch Verhandlungsprozess zu bewerten. auf Verpflichtungen zur Liberalisie- dem Fehlschlag von Cancún fortfah- dieser Block die wohlbekannten angesichts wachsendem Drucks ei- WTO-Mitglieder, die die entspre- rung klassischer audiovisueller ren. Dennoch kann der Rückschlag Muster internationaler Handelspoli- niger Mitgliedstaaten und Industrie- chenden Kapazitäten dazu haben, Dienstleistungen. Mit den neuen von Cancún negative Auswirkungen tik auch künftig unterminieren wird. zweige im audiovisuellen Sektor von werden sich nun mehr auf bilaterale EU-Mitgliedstaaten Mittel- und Ost- für den audiovisuellen Sektor in der Das Ziel der audiovisuellen und den Verhandlungsführern der Ge- und regionale Vereinbarungen kon- europas hatten die USA bilaterale Europäischen Union und anderswo kulturellen Industrien war von An- meinschaft unterstützt. zentrieren und sich somit vom mul- Investitionsabkommen abgeschlos- haben. fang an klar: die faktische Heraus- Gleichwohl könnte das Gefühl, tilateralen Prozess abkoppeln. Das sen, die den Acquis Communautaire nahme dieser Industrien aus der nach Cancún auf der sicheren Seite wird, wie es bereits angekündigt der Europäischen Union ernsthaft ie Agenda der WTO-Mitglieder Handelsliberalisierung aufrecht zu zu stehen, trügerisch sein. Es gibt wurde, insbesondere für die USA der verletzt hätten, da sie im audiovisu- Dwurde durch die Hauptkonflik- erhalten. Die EU-Mitgliedstaaten keinen Anlass, sich zurückzulehnen. Fall sein. Bisherige Erfahrungen mit ellen Bereich eine bevorzugte Be- te zwischen Industrie- und Entwick- hatten schon 1999 der Kommission Im Gegenteil, die audiovisuellen dieser US-Handelspolitik sind nicht handlung von amerikanischen Un- lungs- beziehungsweise Schwellen- ein Verhandlungsmandat erteilt, das und Kulturindustrien müssen wäh- gerade ermutigend. Bei der Ver- ternehmen auf den osteuropäischen ländern dominiert, bei denen es um sie auffordert, in ihrer Handelspoli- rend der laufenden Handelsrunde handlung bilateraler Abkommen Märkten vorsahen. Die Kommission Marktzugang für ihre jeweiligen Gü- tik alles zu unterlassen, was die Fä- weiterhin sehr wachsam bleiben. zum Beispiel mit Singapur, Chile hat erst kürzlich nach langwierigen ter und Dienstleistungen und be- higkeit der Mitgliedstaaten und der Denn zum einen werden die Ho- oder derzeit mit Australien fordern Verhandlungen erfolgreich den Aus- gleitende Zoll- und Steuerreduktio- Gemeinschaft behindert, Politiken hepriester des ungehinderten die USA mit Nachdruck die Öffnung schluss der audiovisuellen Dienst- nen ging. Auch neue Fragen wie die und Maßnahmen zum Erhalt und Marktliberalismus ihre Forderung der audiovisuellen Märkte ihrer Ver- so genannten Singapur-Themen, zur Förderung der kulturellen Viel- nach schrankenlosem Handel nicht handlungspartner. Im Rahmen die- Weiter auf Seite 17 wurden heftig debattiert und haben falt zu konzipieren und umzusetzen. aufgeben. Zum anderen sind die ne- ser Abkommen drängen die USA auf

politik und kultur 05/03 Seite 16 HKS 47 schwarz GATS politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 17

Fortsetzung von Seite 16 mobilisieren. Es darf in diesem Zu- elle Dienstleistungen zu Spielmasse sar Pascal Lamy besteht, erneut zu einhergehenden Maßnahmen, die sammenhang nicht vergessen wer- im internationalen Handelsroulette bestätigen. Auch müsste das Ver- dem Schutz und der Förderung der den, dass die WTO-Mitglieder sich werden könnten. handlungsmandat von 1999 sicher- kulturellen Vielfalt dienen, gegen- Erfolg und Ambivalenz auf ein „single undertaking“ geeinigt Sollte sich das Ende der aktuel- lich bekräftigt werden. über den Regeln des internationalen haben. Entweder schaffen sie es, ein len Verhandlungsrunde erheblich Neben steter Wachsamkeit mit Handelsregime zu verteidigen und leistungen aus dem Anwendungsbe- von allen Seiten akzeptiertes Libera- hinausziehen, würde jeder Verhand- Blick auf die derzeitige Verhand- zu legitimieren. Die Konvention reich dieser Investitionsabkommen lisierungspaket zu schnüren oder lungsabschluss von einem neuen lungsrunde müssen die Kultur- und sollte der Maßstab schlechthin für erreichen können. die aktuelle Runde endet ohne Re- Kollegium der Europäischen Kom- audiovisuellen Industrien in Europa jede Art der Liberalisierung, wenn es Es steht zu erwarten, dass die ak- sultat. Mit Blick auf einen grund- mission und somit einem neuen alle verfügbaren Kräfte zugunsten die überhaupt geben soll, kultureller tuelle Welthandelsrunde nicht wie sätzlichen Rückschlag für den Welt- Handelskommissar verantwortet der Schaffung einer internationalen und audiovisueller Dienstleistungen vorgesehen bis zum 1. Januar 2005 handel, sollte man sich nicht auf Re- werden müssen. In diesem Fall Konvention zur Kulturellen Vielfalt werden. abgeschlossen werden kann. Je län- sultate einigen können, steigt die müsste es den audiovisuellen In- mobilisieren. Die UNESCO ist soe- ger sie jedoch dauert, desto mehr Wahrscheinlichkeit von Tauschhän- dustrien in Europa darum gehen, ben von ihren Mitgliedstaaten auf- Der Verfasser ist Intendant des werden sich die europäischen Kul- deln, sog. Trade-Offs, zwischen den den Konsens in Bezug auf eine de- gefordert worden, eine solche Kon- Westdeutschen Rundfunks und tur- und audiovisuellen Industrien verschiedenen Handelssektoren. fensive Position im kulturellen und vention auf den Weg zu bringen. Die Stellvertretender Vorsitzender bemühen müssen, für ihre handels- Damit erhöht sich natürlich die Ge- audiovisuellen Bereich, wie er mit Konvention hat zum Zweck, die der ARD ■ politischen Ziele Unterstützung zu fahr, dass kulturelle und audiovisu- dem amtierenden Handelskommis- Rechtmäßigkeit von Politiken und

Nach dem Abbruch der Verhandlungen in Cancún Bietet die Krise der WTO eine Chance für Reformen? • Von Barbara Unmüssig und Ingrid Spiller

An die Ministerkonferenz in Can- auf die offiziellen Verhandlungen Netzwerke eine Klammer gesetzt dem öffentlichen Beschaffungswe- ander organisieren und ihre zum cún/Mexiko waren unterschiedliche genommen werden kann, so ist sie werden konnte. So gab es keine sen (Singapur-Themen) aufzuneh- Teil unterschiedlichen Interessen Erwartungen geknüpft worden. Das doch als großer Erfolg zu bewerten. machtvolle gemeinsame Auftaktver- men. Ein Zeichen des Nordens unter einen Hut bringen. Spektrum reichte von der Hoffnung Die Teilnehmer und Teilnehmerin- anstaltung, wie ursprünglich ge- gleich zu Verhandlungsbeginn wäre Der weitere Verhandlungsverlauf insbesondere vieler Entwicklungs- nen aus den Verhandlungsdelega- plant, und auch am Tag der interna- hier sicherlich hilfreich gewesen. Da wird auch durch die Tatsache beein- länder, dass dort die Grundlagen für tionen fanden den Weg aus der ab- tionalen Protestaktionen waren die dieses zu lange ausblieb, bildete das flusst, dass in den USA und in der einen Ausgleich zwischen Nord und gesperrten Hotelzone in die Stadt meisten mexikanischen Indígenas Nein einer Mehrheit der Entwick- EU nächstes Jahr gewählt wird. Ob Süd in Handelsfragen gelegt und da- und stellten sich in der direkten Dis- und Bauern schon wieder abgereist. lungsländer zur Aufnahme der Sin- danach der amerikanische Handels- mit dem Versprechen auf eine Ent- beauftragte Robert Zoellick und der wicklungsrunde näher gekommen EU-Handelskommissar Pascal La- werden würde, bis zum Wunsch eini- my, noch im Amt sein werden, ist ger Nichtregierungsorganisationen mehr als ungewiss. Damit ist unklar, und Bewegungen, dass die Konfe- mit welcher politischen Schlagkraft renz scheitern und die WTO schließ- die beiden großen Handelsmächte lich zerbrechen würde. die WTO-Verhandlungen künftig führen werden. n diesem Spannungsfeld hatte es In welche Richtung sich die WTO Isich die Heinrich-Böll-Stiftung zur künftig entwickeln wird, ist unklar. Aufgabe gemacht, die Vertreter und Institutionelle Defizite und proze- Vertreterinnen der unterschiedli- durale Fragen (zum Beispiel Kon- chen Positionen miteinander ins sens- oder Mehrheitsprinzip) müs- Gespräch zu bringen. Die Stiftung sen nach dem Scheitern von Cancún hatte ein mehrtägiges „Böll-Forum“ ebenso auf die Tagesordnung ge- in der Stadtmitte von Cancún einge- setzt werden wie grundsätzliche richtet, das in einer aufgrund von Si- Fragen nach dem inhaltlichen Man- cherheitsmaßnahmen geteilten dat. Die Krise der WTO bietet so viel- Stadt Brückenschlag und attraktiver leicht eine Chance für Reformen, die Diskussionsort zugleich war für Ver- die Handelsliberalisierung nicht als treter und Vertreterinnen aus Parla- Selbstzweck definiert, sondern nach menten, Nichtregierungsorganisa- sozialen und ökologischen Regeln tionen, Regierungen und sozialen Für eine Woche Domizil der WTO: Ferienparadies Cancún Foto: Archiv innerhalb eines multilateralen Han- Bewegungen. Hier saß zum Beispiel delssystems sucht. Die neu gewon- die deutsche Landwirtschaftsminis- kussion den Argumenten und der Doch nicht nur der Brücken- gapur-Themen in die laufende Han- nene Verhandlungsmacht vor allem terin Renate Künast mit Vertretern Kritik der Zivilgesellschaft. Diese schlag zwischen Zivilgesellschaft delsrunde schließlich den unmittel- der Schwellenländer innerhalb der der Bauernbewegung Via Campesi- Gelegenheiten, Austausch zu er- und Verhandlungsführern, sondern baren Anlass für den Abbruch der WTO darf allerdings nicht darüber na und der indischen Umweltakti- möglichen, sind viel zu selten. auch der zwischen Nord und Süd Verhandlungen. hinweg täuschen, dass es gerade vistin Vandana Shiva auf dem Podi- Im offiziellen Verhandlungsge- scheiterte in Cancún. Das WTO-Mi- Auch wenn die Interessenskon- auch zwischen den Entwicklungs- um, und der senegalesische Han- schehen fand dieser Brückenschlag nistertreffen musste schließlich er- flikte nach Cancún die gleichen sind ländern nicht nur im Agrarbereich delsminister Aïche Agne Pouye dis- kaum statt. Die Verhandlungen fan- gebnislos abgebrochen werden – die wie davor, ist die neue Verhand- erhebliche Interessenunterschiede kutierte mit dem WDR-Intendanten den hinter verschlossenen Türen Grundlagen für einen Ausgleich zwi- lungsdynamik ungewiss. Die Ent- gibt – so verhindern gegenseitig ho- Fritz Pleitgen über die Auswirkun- statt, und nur ein kleiner, ausgewähl- schen Nord und Süd in Handelsfra- wicklungsländer gehen mit mehr he Einfuhrzölle einen aktiven regio- gen des Internationalen Dienstleis- ter Teil der Zivilgesellschaft hatte gen wurden nicht geschaffen. Damit Selbstbewusstsein in die Genfer Ver- nalen Süd-Süd-Handel. Deshalb ge- tungsabkommens GATS auf die kul- über besondere Akkreditierungen dürfte auch der ehrgeizige Zeitplan, handlungen. Erstmals seit Grün- hört Süd-Süd-Solidarität ebenfalls turelle Vielfalt. Prominente Vertreter überhaupt die Möglichkeit, in der die laufende Handelsrunde bis Ende dung der WTO (1994) haben sich auf die Post-Cancún-Agenda, auch und Vertreterinnen aus Zivilgesell- abgesperrten Sicherheitszone an den 2004 abzuschließen, nicht mehr rea- nämlich Entwicklungs- und Schwel- wenn in Cancún zuallererst die schaft und internationalen Organi- Briefings und Veranstaltungen teilzu- listisch sein. lenländer erfolgreich in der Gruppe Chance für einen Nord-Süd-Aus- sationen diskutierten auch die Frage nehmen, die die WTO und die natio- Die Konfliktlage war schon im G-20-plus organisiert. Unter Füh- gleich verpasst wurde. der Möglichkeiten und Grenzen ei- nalen Delegationen anboten. Die üb- Vorfeld der Ministerkonferenz deut- rung von Brasilien, Indien, China ner Reform der WTO. Mit den Boell rigen NRO-Vertreter sammelten sich lich geworden: Die Entwicklungs- und Südafrika bilden die mehr als 20 Barbara Unmüssig ist Vorstand der Dinner Debates, an denen nur 20-30 in der Altstadt von Cancún, wo eine länder erwarteten ernstzunehmen- Länder aus Asien, Lateinamerika Heinrich-Böll-Stiftung und Ingrid Gäste aus den unterschiedlichen In- bunte Mischung aus Veranstaltun- de Zusagen der Industrieländer vor und Afrika jetzt einen neuen Macht- Spiller Referentin für Internationa- stitutionen und Gruppen teilneh- gen und Manifestationen stattfand. allem zum Subventionsabbau und block gegenüber der Gruppe der le Politik und Koordinatorin des men konnten, wurde dieser Mei- Differenzen im Vorfeld hatten jedoch zum Marktzugang für Agrargüter als reichsten Industriestaaten (G 7), den Globalisierungsprogramms bei der nungsaustausch in einem kleineren verhindert, dass um die zahlreichen Voraussetzung für ihre Bereitschaft, diese nicht mehr ignorieren können. Heinrich-Böll-Stiftung ■ Format noch intensiviert. Aktivitäten der Bauern, Frauen, Ge- Verhandlungen für ein Investitions- Wie erfolgreich diese neue Gruppe Wenn auch durch diese Form werkschaften, Alternativen Medien, abkommen sowie für neue Regeln sein wird, hängt unter anderem da- des Dialogs kein direkter Einfluss nationalen und internationalen im internationalen Wettbewerb und von ab, wie sie sich künftig unterein-

Kulturelle Vielfalt nach Cancún Kulturelle Fragen aus der Defensive herausholen • Von Pascal Rogard

Das Scheitern der WTO-Ministerkon- nachhaltige Entwicklung, für Um- kommen diesen Freiraum eines ten. Die in Cancún in Erscheinung oder sogar 2006 wahrscheinlich. ferenz in Cancún hat, wie schon in weltschutz und natürlich auch für Staates, seine Kulturpolitik frei zu getretene Gruppe der 21, die von Diese zusätzliche Frist ist eine Seattle, viele Vertreter von NGOs, kulturelle Vielfalt steht, nicht unbe- definieren und die adäquaten Maß- Brasilien angeführt auch Indien und Gelegenheit für alle kulturpoliti- die jetzt mit den Arbeitgeber- und dingt eine gute Nachricht. Dies gilt nahmen zur Förderung nationaler China umfasst, macht eine Verhand- schen Akteure, die Sensibilisierung Agrarlobbies äußerst aufmerksam auch, wenn das Scheitern die Chan- Werke und deren größtmögliche lung komplexer, in der alles irgend- der nationalen Entscheidungsträger die Verhandlung zur Liberalisierung ce bietet, in größerem Stile diejeni- Verbreitung umzusetzen, in Frage zu wie miteinander verwoben ist, dahingehend zu erhöhen, dass sie des Welthandels verfolgen, in einen gen zusammenzubringen, die die stellen. selbst wenn die Agrarfrage die in- nicht in die oft wirtschaftlich günsti- Freudentaumel versetzt. Möglichkeiten eines nationalen Die USA interessierten sich in dustriellen Belange und die Proble- ge Versuchung kommen mögen, die künstlerischen Ausdrucks schützen der Tat für die WTO insoweit, als sie matik der Dienstleistungen hintan- Aufgabe der Bestimmung von Pro- nd doch ist das Scheitern der wollen. an der Seite der Europäer und der gestellt hat. duktions- und Vertriebsregeln für UWTO und des Multilateralis- Es ist klar, dass von nun an die anderen reichen Länder eine Libera- Angesichts der Präsidentschafts- mus für die Verfechter einer ausge- USA ihren Druck erhöhen werden, lisierung des Welthandels gemäß wahl in den USA ist eine Verschie- Weiter auf Seite 18 wogeneren Weltordnung, die für um im Rahmen von bilateralen Ab- ihren Interessen durchsetzen konn- bung der Diskussionen bis 2005

politik und kultur 05/03 Seite 17 HKS 47 schwarz GATS politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 18

Fortsetzung von Seite 17 zur Anerkennung der Besonderheit mit dem Ziel, immer mehr Marktan- Kampf gegen die Piraterie positiv Kultursektor klar gefühlt, dass eine kultureller Güter und Dienstleistun- teile zu erobern, um die Produkti- unterstützt, da dieser Kampf in den neue Bresche geschlagen werden gen darstellen. ons- und Vertriebskosten, die im Ländern schwächer ist, wo fast aus- muss, um kulturelle Fragen aus der Kulturelle Vielfalt nach Die Berufsverbände und die Oligopol Hollywoods immer weiter schließlich von auswärts importier- Defensive herauszuholen, in die sie Cancún amerikanische Regierung tun laut steigen, auszugleichen. te Musik oder Bilder konsumiert durch die rein marktbezogenen Dis- ihre Unterstützung für die kulturelle Dieser Schutz der Konsumen- werden. kussionen gefangen geraten sind. Werke des geistigen Eigentums dem Vielfalt kund, wehren sich aber tenfreiheit hört natürlich an der Das Übereinkommen zur kultu- Zur Verwirklichung dieses ehrgeizi- freien Spiel der Marktkräfte zu über- gleichzeitig heftig gegen jede Ver- Pforte des Internet auf, wo der rellen Vielfalt stellt eine Notwendig- gen Ziels muss man jetzt die Bemü- lassen. handlung eines rechtlich bindenden Druck nach einer heiligen Allianz keit dar, die Globalisierung zu regeln hungen all jener vereinigen, die, auf Die Diskussion bei der UNESCO Instruments bei der UNESCO, das gegen die Piraterie immer stärker und zu beherrschen. Es geht darum, die Formel von Jacques Chirac ge- um eine internationale Konvention die Anerkennung der Legitimität wird. Gleichzeitig bräuchte im Rah- Schritt für Schritt eine gerechtere bracht, glauben, dass „Kultur nicht zur kulturellen Vielfalt muss dieses von Kulturpolitik zum Ziel hätte, das men einer intelligenten internatio- Weltordnung aufzubauen, die die vor dem Handel verbeugen soll“. starke Signal setzen, dass man sich heißt das Recht jedes Staates aner- nalen Kooperation die amerikani- Ausdrucksmöglichkeiten der einen der Autonomie des Kulturbereichs, kennen will, Maßnahmen zuguns- sche Industrie die Eröffnung der De- und der anderen respektiert und die Der Verfasser ist Geschäftsführer den man nicht auf seine kommerzi- ten des Schutzes des kulturellen Er- batte zur Annahme eines rechtlich echten Austausch fördert, der auf der ARP (Vereinigung der Autoren, elle Dimension reduzieren kann, be- bes, zugunsten der Entwicklung kul- verbindlichen Instruments zur kul- gegenseitiger Anerkennung kultu- Regisseure und Produzenten) und wusst ist. Multilaterale Diskussio- tureller Ausdrucksformen, zur För- turellen Vielfalt nicht zu fürchten, da rellen Ausdrucks und nicht auf der Generalsekretär des Produzenten- nen über kulturelle Vielfalt sind nö- derung der kulturellen Vielfalt und kulturelle Vielfalt ohne strenge Re- rein marktorientierten Dominie- verbandes Frankreich ■ tig, aber außerhalb des Rahmens der zur Stärkung der weltweiten kultu- geln zum Schutz der Urheberrechte rung einiger standardisierter Pro- WTO, denn eine Maschine, die Libe- rellen Zusammenarbeit zu ergreifen. nicht denkbar ist. Man könnte sogar dukte beruht. ralisierung produziert, kann auf kei- Die amerikanische Kulturpolitik anführen, dass die Existenz und die In Cancún haben die dort anwe- nen Fall ein brauchbares Instrument gleicht dem Fuchs im Gänsestall, Entwicklung nationaler Werke den senden Persönlichkeiten aus dem

Kulturelle Vielfalt und Markt Die Gefahren des GATS • Von Monika Griefahn

Ich glaube, es war erste Mal – im Ju- cher Hinsicht fördern, aber die Wei- rung oder Einheitskultur à la Britney für die ARD bedeuten, wenn der Be- auch in Zukunft zulässig sein sollen li 2003 –, dass in einer Bundestags- terentwicklung der kulturellen Viel- Spears wehren. Vielfalt ja, aber nicht reich der audiovisuellen Medien und zu welchen Bedingungen sie debatte zum Welthandel die Kultur- falt – und nicht die Assimilierung – als Entschuldigung für Menschen- vielleicht doch irgendwann liberali- zulässig sind. Die Kultur und die au- und Bildungspolitik eine Stimme hat- ist eine Grundlage für Innovation. rechtsverletzungen und fehlende siert würde? Die Zulässigkeit unse- diovisuellen Medien gehören sicher- te. In den bisherigen Runden der Denn jede wirtschaftliche oder so- Gleichberechtigung. rer Rundfunkgebühren würden lich dazu. Es kommt aber auf die Be- WTO, in den GATS-Verhandlungen ziale Entwicklung trägt nicht, wenn Ich glaube, dass einige Konflikte dann von WTO-Regeln bestimmt dingungen an. Hier müssen wir wei- und bei vielen anderen Gelegenhei- sie kulturelle Eigenheiten überdeckt verhindert werden könnten, wenn und ein Expertenpanel der WTO aus ter wachsam sein! ten ist die Kultur immer hinten he- oder unterdrückt. Förderung von sich das globale Handelsregime da- drei Handelsexperten würde, wenn Ich fordere deshalb dazu auf, runtergefallen beziehungsweise gar Bildung gehört übrigens genauso rauf einstellt, dass seine Regeln auf sich ein anderer Staat über uns be- den Schutz der kulturellen Vielfalt nicht beachtet worden. Das ändert dazu, ja ist sogar Voraussetzung für ihre Kulturverträglichkeit neben der schwert, darüber befinden, ob unse- und den Schutz von Kulturgütern in sich langsam. Auch im globalen Han- alles andere. Wir sollten also dafür Sozial- und Umweltverträglichkeit re Gebühren dem internationalen das Regelwerk der WTO einzubauen delsregime und in anderen Institutio- sorgen, dass das Handelsregime der geprüft werden. Die GATS-Verhand- Handelsrecht entsprechen oder beziehungsweise Handelsliberali- nen macht sich langsam das Be- WTO zukunftsfähig und nachhaltig lungen haben ein großes Konflikt- nicht. Wird ein Verstoß festgestellt sierung so zu gestalten, dass sie kul- wusstsein breit, dass die Kultur, die gestaltet wird. Nur wenn ökologi- potenzial, sichtbar in den Debatten und wir bestehen aber auf unseren turverträglich ist. So sieht es auch Bildung und die audiovisuellen Medi- sche, soziale, ökonomische und kul- über die Schädlichkeit des liberali- Gebühren, so kann der Beschwerde- ein Antrag der Regierungskoalition en doch viel zu verlieren haben könn- turelle Gesichtspunkte gleichbe- sierten Dienstleistungshandels mit führer gegen uns Handelssanktio- vor. Das Beste wäre, Kultur, Bildung ten, wenn sie immer nur als Rand- rechtigt behandelt werden, kann ein Bildung, Kultur und audiovisuellen nen, und zwar in jedem Bereich, ver- und audiovisuelle Medien über- thema behandelt werden oder als faires System entstehen, wie wir es Medien. Und ich fürchte, diese Kon- hängen! Das muss man sich mal leb- haupt aus der Verhandlungsmasse normales Wirtschaftsgut. wollen. Das hat Präsident Chirac be- flikte sind noch nicht ausgeräumt, haft vor Augen halten. Was mit der rauszunehmen, aber das ist leider reits beim Weltgipfel für Umwelt auch wenn die EU zunächst keine Deutschen Welle passieren würde, unrealistisch. Auch die Franzosen ennoch sind die Gefahren in und Entwicklung in Johannesburg Verhandlungsangebote im Bereich die ja direkt vom Staat finanziert, al- sind in Uruguay mit ihrer „exception Dder aktuellen WTO-Runde, die 2002 deutlich gemacht. Wir müssen der Kultur, der audiovisuellen Medi- so subventioniert wird, wage ich mir culturelle“ damit gescheitert. Jeden- sich ja mit den Entwicklungsländern den Schutz der kulturellen Vielfalt, en und der Bildung macht. Für die gar nicht auszumalen! Deshalb falls darf der gesamte Bereich der befasst, längst nicht ausgeräumt, der medialen Vielfalt sowie den Zukunft bin ich da skeptisch, denn brauchen wir auch über die jetzige Kultur, der audiovisuellen Medien zumal nach dem Scheitern des Tref- Schutz von Kulturgütern als globale schon in der Doha-Runde der WTO Debatte hinaus eine UNESCO-Kon- und der Bildung nicht völlig der Li- fens in Cancún mehr denn je in Fra- öffentliche Güter anerkennen. Was steht alles wieder zur Disposition, vention zum Schutz der kulturellen beralisierung anheim fallen. Die ge zu stehen scheint, in welche passiert, wenn dies nicht beachtet weil sich die Bundesrepublik Vielfalt. Ich bin froh, dass die Ver- Proteste, die alle WTO-Treffen be- Richtung es gehen kann. Drückt sich wird? Gesellschaften beziehungs- Deutschland mit der Unterzeich- handlungen für einen Entwurf be- gleiten, sind auch kulturelle Protes- die kulturelle Vielfalt doch auch weise bestimmte Gruppen inner- nung des GATS-Vertrages verpflich- gonnen haben. Auch die Ratifizie- te; genauer gesagt: gegen die kultu- durch die Art und Weise aus, wie halb von Gesellschaften, die wirt- tet hat, horizontal über alle Bereiche rung des Kulturgüterschutzabkom- relle Gleichmachung. Die Menschen Menschen miteinander in wirt- schaftlich dominiert oder Nivellie- zu verhandeln mit dem Ziel einer Li- mens sowie die Ratifizierung von brauchen ihre Identität und das schaftliche Beziehungen treten. Und rungstendenzen unterworfen wer- beralisierung. Das kann auch zur UNIDROIT gehören in diesen Kom- muss sich auch beim Handel zeigen. ich sehe die Gefahr, dass diese Viel- den, entwickeln eine kulturelle Basarmentalität führen. Aber es darf plex. Auch da kommen wir langsam Die Substanzverluste wären zu groß. falt unterdrückt oder nivelliert wird, Rückbesinnung, die auch nationa- zum Beispiel die Struktur eines öf- voran; es existiert bereits eine „Task wenn sich die Maßnahmen und Re- listisch werden kann. Allzu oft fentlichen Bildungssystems nicht in Force“, die die Ratifizierung und Die Verfasserin ist Vorsitzende des geln des WTO-Regimes einzig und nimmt diese Rückbesinnung aber Frage gestellt werden, es darf nicht Umsetzung vorbereitet. Ausschusses für Kultur und Medien allein an den bisherigen Vorgehens- auch radikale Züge an; wir können dazu führen, dass Subventionsan- Allerdings, das muss ich fairer- des Deutschen Bundestags ■ weisen orientieren. dies zum Beispiel in einigen islami- sprüche ausländischer Anbieter er- weise sagen, werden gegenwärtig in Natürlich sind alle Maßnahmen schen Ländern beobachten, die sich zwungen werden können. der WTO diejenigen Bereiche ver- richtig, die die Entwicklung in jegli- gegen vermeintliche McDonaldisie- Und was würde es beispielsweise handelt, in denen Subventionen

Der Deutsche Kulturrat in Cancún Ein Erfahrungsbericht von Barbara Gessler

Mit Unterstützung des Auswärtigen rikas, bestätigten den Sinn des ge- permanent auch nach innen suchen Amts konnte eine kleine Delegation meinsamen Appells. und tritt bisher nach außen gemein- des Deutschen Kulturrats zu den Dass die Konferenz so abrupt sam für einen Schutz des kulturellen WTO-Verhandlungen nach Mexiko scheitern würde, hatte anfangs wohl Bereichs ein. Der organisierte Dialog fahren. Ziel war es, gemeinsam mit niemand vermutet, auch wenn mit und unter der Zivilgesellschaft, den Partnern ARD, Heinrich-Böll-Stif- gleich zu Beginn der Ton stieg. Dass so hat sich in Cancún gezeigt, ist im tung und International Network for schließlich gar nicht mehr das um- Angesicht von Straßensperrungen Cultural Diversity (INCD) die Prota- strittene Agrarkapitel den Ausschlag vielleicht ein wenig mühsamer, aber gonisten des Welthandels dafür zu für das Konferenzende gab, sondern notwendig und sollte gerade mit sensibilisieren, welche Konsequen- Themen wie Investitionssicherheit Blick auf die nun vermutlich ver- zen Liberalisierung für die Kultur in oder Wettbewerbsstandards, zeugt stärkt angegangenen bilateralen An- jedem einzelnen Land und in jeder von der Wichtigkeit solcher Rah- strengungen zur Liberalisierung Region haben kann. menbedingungen, um die es ja in konsequent vorangetrieben werden. diesem Sinne auch bei GATS in Be- Dass das Scheitern der Konfe- ie zu diesem Zweck erarbeitete zug auf kulturelle Dienstleistungen renz nicht das Ende der Verhandlun- D„Erklärung zur kulturellen Viel- geht. Die Balance zwischen Aus- gen bedeutet und dass man genau falt“ (Seite 19) macht dies deutlich: Der Deutsche Kulturrat in Cancun (v.l.: Barbara Unmüssig, Fritz Pleitgen, Garry Nil tausch, Durchlässigkeit und Koope- darüber froh sein sollte, wurde nicht Wo Kultur als Grundlage der Demo- und Barbara Gessler) Foto: Heinrich-Böll-Stiftung ration einerseits und der Entwick- von allen NGOs vor Ort so gesehen. kratie und elementarer Bestandteil lungsmöglichkeit eigenstaatlicher Daher wird der Prozess nun wohl ein nachhaltiger Entwicklung verstan- merzahl, aber auch bei einer Anzahl tig die Gefahren ungehemmter Glo- Kulturpolitik gemäß den eigenen wenig länger dauern, vielleicht mit den wird, muss sie geschützt wer- informeller Gelegenheiten und Ge- balisierung aufs Schönste verdeut- Prioritäten andererseits ist ange- neuen Playern auf der Verhand- den. Die Allianz der Kulturschaffen- sprächen auf. lichte. Die während und neben den sichts der Übermacht ökonomi- lungsebene, aber dafür auch mögli- den trat in Cancún gemeinsam auf Die Location in Mexiko: ein aus- offiziellen Anlässen vernommenen scher Überlegungen nicht nur im cherweise unter den aufmerksame- dem öffentlichen Böll-Forum, dem schließlich auf Touristen ausgerich- Erfahrungsberichte aus anderen Rahmen der WTO schwer zu finden. ren und kritischeren Augen der Öf- Abendessen mit begrenzter Teilneh- tetes Karibikparadies, das gleichzei- Ländern, namentlich etwa Südame- Die Europäische Union muss sie fentlichkeit.

politik und kultur 05/03 Seite 18 HKS 47 schwarz GATS / INTERNATIONALES politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 19

Erklärung von Cancún zur Kulturellen Vielfalt der ARD, des Deutschen Kulturrates, der Heinrich-Böll-Stiftung und des International Network for Cultural Deversity

Aus Anlass der 5. Ministerkonferenz cher Bestandteil einer Politik der tiken auf kulturelle Vielfalt ein we- allen Formen des kulturellen Aus- unternehmen, damit Kulturpoliti- der WTO im September 2003 in nachhaltigen Entwicklung ist; sentliches Instrument jeder Ver- drucks und den Mitteln ihrer Artiku- ken zum Schutz und zur Förderung Cancún, Mexiko, erklären die unter- • in der Erwägung, dass kulturelle handlung im Handelsbereich sein lation, Produktion und Verbreitung, kultureller Vielfalt als Folge inter- zeichnenden Repräsentanten der Zi- Dienstleistungen einzigartige ge- muss; auch in digitaler Form, voraussetzt, nationaler Handelsregelungen we- vilgesellschaft, dass kulturelle Viel- sellschaftliche Werte wiederspie- • unter Berufung auf und in Bestäti- der gefährdet noch geschwächt falt einen unabdingbaren Bestand- geln und vermitteln, die weit über gung der UNESCO Erklärung zur kul- rufen wir die Mitglieder der Welthan- werden; teil der Menschheit darstellt, den kommerzielle Interessen hinausge- turellen Vielfalt vom November delsorganisation dazu auf, • Kulturexperten und alle relevan- wir jetzt und in der Zukunft unter- hen und dass entsprechende han- 2001 sowie der Erklärung des Euro- • Politiken, die geeignete Existenzbe- ten Organisationen der Zivilgesell- stützen und fördern werden. Wir delspolitische Maßnahmen diese parats zur kulturellen Vielfalt vom dingungen für audiovisuelle und an- schaft vollständig in einen Dialog nehmen daher folgende Erklärung Werte voll berücksichtigen müssen; Dezember 2000; dere kulturelle Güter und Dienstleis- über mögliche Handelsverpflich- an: • unter Berücksichtigung, dass die • unter Berücksichtigung, dass die tungen auf nationaler und lokaler tungen, die die kulturelle Vielfalt • In Anerkennung, dass kultureller Möglichkeit des Einzelnen, sich Globalisierung auf unterschiedliche Ebene sichern sollen, zu erhalten betreffen, einzubeziehen; Ausdruck ein elementares Men- über die eigene Kultur zu bilden, zu Weise neue Herausforderungen und zu stärken; • solche Politiken zu fördern, die die schenrecht und die Grundlage für ihr Zugang zu finden und an ihr teil- stellt, wie Kulturen bewahrt und • innovative Kulturpolitiken zu entwi- am wenigsten entwickelten Län- eine funktionierende Demokratie zuhaben, die Grundlage für den entwickelt werden können; ckeln und umzusetzen, damit kultu- der, die Entwicklungsländer sowie ist; Schutz und die Förderung kulturel- • unter Betonung, dass kulturelle relle Vielfalt in einem globalisierten die Schwellenländer dabei unter- • als Bestätigung, dass kulturelle ler Vielfalt darstellt; Vielfalt auf der Freiheit der Mei- Umfeld bewahrt und gefördert wird; stützen, vor Ort nachhaltige Ent- Vielfalt ebenso notwendig für die • in Erwägung von Fällen, in denen nungsäußerung, Medienpluralis- • alle notwendigen Schritte in den wicklungsbedingungen zu schaf- Menschheit ist wie biologische Handelspolitik negative Auswirkun- mus und Sprachenvielfalt und ei- laufenden GATS-Verhandlungen und fen, damit sich einheimische kul- Vielfalt für die Natur, und dass da- gen auf Kulturpolitik gehabt hat und nem ausgewogeneren Austausch allen künftigen Verhandlungen über turelle Ausdrucksformen in allen her eine Politik, die kulturelle Viel- dass daher die Evaluierung mögli- zwischen Kulturen beruht; und dass Investitionen, Wettbewerbspolitik Medien und allen Künsten entfal- falt sichert und fördert, wesentli- cher Auswirkungen von Handelspoli- sie einen ebenbürtigen Zugang zu oder öffentliche Auftragsvergabe zu ten können.

Gedanken zur multilateralen Kulturpolitik Dynamik der Globalisierung als Herausforderung • Von Wilfried Grolig

In diesen Monaten häufen sich die tur verantwortlichen Politiker zu er- Identifikationssymbolen auf euro- Globale Kulturpolitik zum 17. Oktober 2003 hat das ge- Treffen von Kulturministern auf klären? Der politische Abstim- päischer und globaler Ebene. zeigt. Zur Verabschiedung gelangten multilateralen Foren: Im Sommer mungsprozess innerhalb der natio- Im Mittelpunkt steht für uns da- Auswärtige Kultur- und Bildungspo- eine Erklärung zur absichtlichen 2003 fanden in New Delhi (Indien) nalen Grenzen reicht nicht mehr bei, dass die europäische Integrati- litik wird in Zukunft stärker differen- Zerstörung von Kulturgütern, die ei- und Ohrid (Mazedonien) UNESCO- aus, um den kulturpolitischen Frage- on auch eine kulturelle Herausfor- zieren müssen zwischen einem in- ne stärkere Verantwortung von Staa- Konferenzen zum Thema „Dialog stellungen unserer Zeit angemessen derung darstellt. Das Zugehörig- nereuropäischen und einem außer- ten und Personen begründen soll, der Kulturen“ statt. In Ohrid waren zu begegnen. Multilaterale Foren keitsgefühl der Bürger zur europäi- europäischen Ansatz. Wie dringend sowie ein Übereinkommen zum sogar acht Staatschefs Südosteuro- sind unentbehrliche Informations- schen Union wird sich vertiefen, wir auch außerhalb Europas der kul- Schutz des immateriellen Kulturer- pas beteiligt. Die EU-Kulturminister und Erfahrungsbörsen und zugleich wenn es sich nicht mehr ausschließ- turpolitischen Abstimmung bedür- bes. Zugleich erfolgte der Start- trafen sich im September in Syrakus, wichtige Dialogforen, in denen die lich über wirtschaftliche Symbole fen, ist uns spätestens seit der Plün- schuss zur Erarbeitung eines inter- um über die Richtlinienanpassung Staatengemeinschaft rechtliche Rah- wie eine gemeinsame Währung defi- derung und Zerstörung des afghani- nationalen UNESCO-Übereinkom- von „Fernsehen ohne Grenzen“ zu menbedingungen der Globalisie- niert. Die größte Herausforderung schen und irakischen Kulturerbes mens zum Schutz der kulturellen sprechen, und am 1. Oktober kamen rung festlegt. Die Beschleunigung der europäischen Kulturpolitik be- bewusst. Die Schaffung globaler Vielfalt. Dieses soll GATS komple- sie in Florenz zusammen, um die dieser Entwicklungen bringt es mit steht darin, dass die europäische Rahmenbedingungen der Kulturpo- mentär ergänzen. Zukunft des EU-Förderprogramms sich, dass wir stets zum Um- und Identität für alle Bürger wirklich er- litik ist ein Anliegen, das sich nur in Die Dynamik der Globalisierung „Kultur 2000“ zu beraten. Ende Ok- Neudenken gezwungen sind. Die EU fahrbar wird. Teil dieser Identität multilateralen Rahmen bewältigen fordert uns, wesentlich intensiver tober werden die Kulturminister der stellt dies unter die Überschrift „Le- müssen der kulturelle Reichtum und lässt. Stichworte sind Erhalt des Kul- innerhalb der multilateralen Foren Mitgliedsstaaten des Europarats in benslanges Lernen“. In der UNESCO die Vielfalt Europas sein. Die Ent- turerbes und Kulturdialog. Kultur- auch in der Kulturpolitik Konzepte Opatija (Kroatien) eine Erklärung hat sich der Begriff der „globalen wicklung gemeinsamer kulturpoliti- und Bildungszusammenarbeit kön- und Instrumente zu entwickeln. zur „künftigen Rolle und Verant- Lerngemeinschaft“ eingebürgert. Ob scher Perspektiven muss ergänzend nen europa- und weltweit Vertrauen Auch unsere politische Verantwor- wortlichkeit der Kulturminister im in Europa oder weltweit: Es ist ent- zur nationalen, regionalen und und belastbare, langfristige Verbin- tung einer aktiven Mitgestaltung der interkulturellen Dialog und der Kon- scheidend, dass wir die Entwicklun- kommunalen Kulturpolitik die euro- dungen schaffen. Arbeit dieser Foren nimmt zu. Der fliktprävention unter Berücksichti- gen aktiv mitgestalten und uns nicht päische Vielfalt zur Geltung bringen, Die Rückkehr der USA in die UN- Erfolg unserer Auswärtigen Kultur- gung der kulturellen Vielfalt“ verab- von ihnen überrollen lassen. sie darf sie nicht beschränken. Denn ESCO ist ein klares Votum für die und Bildungspolitik wird in Zukunft schieden. Zuvor werden sie sich am kulturelle Verschiedenheit zusam- Unverzichtbarkeit der Arbeit der auch daran gemessen, wie erfolg- selben Ort mit Kollegen aus der gan- Europäische Identität men mit gemeinsamen Wertvorstel- multilateralen Foren. Das Vollmit- reich wir diese Rolle ausfüllen. zen Welt informell im Netzwerk na- Die Programme EU-Kulturhaupt- lungen ist die beste Voraussetzung glied USA, das seine eigenen kultur- tionaler Kulturminister (Internatio- stadt und UNESCO-Welterbe haben für ein modernes und offenes Euro- politischen Vorstellungen einbringt, Der Verfasser ist Leiter der Kultur- nal Network on Cultural Policy an medialer Aufmerksamkeit und an pa. Der europäische Verfassungsent- wird die Debatten und Auseinander- und Bildungsabteilung im Auswär- INCP) zusammensetzen. Aktualität gewonnen. Ihr Erfolg wurf bringt das auf den Punkt, wenn setzungen in Paris zweifellos berei- tigen Amt ■ Wie ist der erheblich gestiegene zeugt von dem wachsenden Bedürf- er ein „in Vielfalt geeintes Europa“ chern. Die 32. UNESCO-General- Konsultationsbedarf der für die Kul- nis nach länderübergreifenden beschwört. konferenz vom 29. September bis

Auf der Suche nach der Auswärtigen Kulturpolitik Zu drei zentralen Fragen der Außenkulturpolitik • Von Kurt-Jürgen Maaß

Man hört und liest wenig von der vor einigen Jahren gestellte simple tauschbasis äußerst schmal ist, der Interesses zu definieren und dies in Kultur eine neue Rolle spielen. Auswärtigen Kulturpolitik. Gibt es Frage: „Wir sind doch so gut – wa- betroffene Personenkreis viel zu eng konkrete und wiederum gemeinsa- Da in fast allen Ländern Kultur sie noch? Oder ist sie mit den Ein- rum kommen immer weniger zu und seit Jahren stagnierend. Die me Projekte umzusetzen. Vorurteile, ein Instrument der Außenpolitik ist sparungen und Kürzungen der letz- uns?“ das deutsche Hochschulsys- Zielgruppe „Junge Generation“ wird Klischees und Stereotypen bestim- (20 EU-Staaten haben ein eigenes ten Jahre im Orkus der deutschen Fi- tem zutiefst aufgerüttelt und mehr zu wenig oder fast gar nicht erreicht. men das gegenseitige Bild, hinzu System von Kulturinstituten im Aus- nanzkrise verschwunden? Reformimpulse gegeben hat als vie- Es wird auch immer klarer, dass wir kommen Misstrauen und Furcht. land), wird sie es geradezu zwangs- les andere. Tatsächlich verwirkli- ohne grundlegende Veränderungen Die deutsche Auswärtige Kulturpoli- läufig auch in einer EU-eigenen Au- Die Antwort wäre eindeutig, gäbe es chen wir zur Zeit eine konsequente in unseren eigenen Perzeptionen tik hat sich dieser Herausforderung ßenpolitik sein. Die Diskussionen nicht drei Themen, die von großer Internationalisierung des deutschen die gleiche Augenhöhe, ohne die der gestellt und beginnt langsam zu ver- hierüber haben bereits intensiv ein- Aktualität sind und die den Blick auf Hochschulsystems, die im Gefolge Dialog nicht mehr laufen wird, nicht stehen, dass die Aufgabe viel größer gesetzt. Zwei Konferenzen in War- einige Bereiche der Außenkulturpo- der Globalisierung lebenswichtig ist. erreichen werden. Für die deutsche als ursprünglich gedacht ist und die schau und Berlin haben Mitte Okto- litik richten. Diese Themen sind: Die Veränderung der Hochschulaus- Auswärtige Kulturpolitik liegt darin zusätzlichen Mittel, die der Bundes- ber den Anfang gemacht, die Euro- • die Werbung für den Hochschul- bildung in Richtung Bachelor-Mas- eine besonders große Herausforde- tag hierfür bewilligt hat, nicht aus- pean Foundation of Art and Herita- standort Deutschland. ter-System ist dringend erforderlich, rung. In der Phase bis 1989 war ihr reichen werden. ge wird das Thema gemeinsam mit • die Intensivierung des Dialogs mit um im internationalen Wettbewerb Ziel, das bessere Deutschland über Eng damit zusammen hängt der der Kulturpolitischen Gesellschaft islamisch geprägten Ländern. den Anschluss zu behalten. Der aka- die Kultur darzustellen und sich ge- dritte Entwicklungsstrang, die EU- Ende November in Berlin fortsetzen, • die Erweiterung der Europäischen demische Austausch als eine der genüber den sozialistischen Län- Erweiterung. Die künftig 25 EU- und im nächsten Jahr wollen die Eu- Union und die künftige Bedeutung „Urzellen“ der deutschen Auswärti- dern abzugrenzen. Nach 1990 war Staaten müssen „Kultur“ völlig neu ropäische Kulturstiftung, das Goe- des Themas Kultur. gen Kulturpolitik leistet mit diesen das Ziel, in Mittel- und Osteuropa denken, das Thema hat bisher (vom the-Institut, die Bosch Stiftung, die Schon seit mehreren Jahren – und Initiativen einen wichtigen Beitrag aktive Beiträge zum Aufbau demo- Bereich Bildung und Wissenschaft Bundeskulturstiftung und wahr- offensichtlich erfolgreich – bemü- zur Außenpolitik. kratischer und rechtsstaatlicher Sys- abgesehen) in der EU keine Rolle ge- scheinlich auch die Bertelsmann hen sich Organisationen des akade- Der defizitäre Dialog mit isla- teme und zur Vorbereitung der spielt. Die neuen EU-Länder brin- Stiftung das Thema auf verschiede- mischen Austausches und der For- misch geprägten Ländern ist nach Transformationsländer auf den EU- gen andere Sichtweisen ein und nen Ebenen vertiefen. schungsförderung, allen voran der dem 11. September 2001 schlagartig Beitritt zu leisten. Heute besteht ei- dringen auf einen deutlich erweiter- DAAD, gezielt um ausländische Stu- in das Bewusstsein der Außenpoliti- ne Hauptaufgabe darin, gegenüber ten EU-internen Kulturaustausch. In denten und Wissenschaftler zu wer- ker gerückt. Allen ist bewusst gewor- den islamisch geprägten Ländern dem Maße, wie eine europäische Weiter auf Seite 20 ben. Man hat den Eindruck, dass die den, dass die bestehende Aus- Ebenen und Themen gemeinsamen Außenpolitik entsteht, wird auch die

politik und kultur 05/03 Seite 19 HKS 47 schwarz INTERNATIONALES / EUROPA politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 20

Fortsetzung von Seite 19 litik sowieso schon immer näher zu- Amt und Universität Konstanz Mitte rausgestellt, dass der Ausschuss für schen Außenpolitik im Bundestag sammengerückt. Eine organisatori- Oktober in Berlin wurden Inhalte Kultur und Medien so viele nationa- bis hinein in den Haushaltsaus- sche und strukturelle Zusammen- und Zielgruppen einer solchen Zeit- le Themen hat, dass die Auswärtige schuss wird immer geringer und in Auf der Suche nach der führung würde auch die Schlagkraft schrift intensiv andiskutiert. Kulturpolitik praktisch nicht mehr absehbarer Zeit nicht mehr vorhan- Auswärtigen Kulturpolitik des Themas „Entwicklung“ in der Betrüblich ist, dass alle diese vorkommt, obwohl die Vorsitzende den sein. Mich alamiert diese Ent- Außenpolitik erhöhen. Diskussionen im Augenblick weitge- Monika Griefahn nicht müde wird, wicklung. Ich halte es für dringend Überfällig ist dabei auch, einen Dis- Dringend erforderlich wäre au- hend am Deutschen Bundestag vor- auf die Wichtigkeit des Themas in erforderlich, spätestens bei der Kon- kurs über die Frage des Zusammen- ßerdem, ein Forum für den innereu- beilaufen. Der Bundestag hat 1998 Vorträgen und Meinungsäußerun- stituierung des nächsten Bundesta- gehens von Entwicklung und Kultur ropäischen Diskurs über alle diese den Ausschuss für Kultur und Medi- gen immer wieder hinzuweisen. Der ges wieder einen Unterausschuss in Gang zu bringen. Frankreich hat Fragen zu schaffen. Dies könnte ei- en neu geschaffen und ihm seiner- Auswärtige Ausschuss fühlt sich Auswärtige Kulturpolitik einzuset- Außenministerium und Entwick- ne europäische Kulturzeitschrift zeit – auch aus einer gewissen nicht mehr zuständig und behan- zen – beim Auswärtigen Ausschuss lungshilfeministerium bereits vor sein, die international angesiedelt Furcht heraus, der Ausschuss habe delt das Thema ebenfalls nicht. 60 oder beim Ausschuss Kultur und Jahren zusammengelegt und die und unabhängig sein müsste, den- nicht genügend Themen für seine Prozent der Abgeordneten des Bun- Medien. Kulturabteilung des Außenministe- noch gemeinsam finanziert und in Arbeit – die Zuständigkeit für die destages nach den Wahlen 1998 und riums in Abteilung für Kultur und einer möglichst großen Zahl von Auswärtige Kulturpolitik übertragen 2002 sind neu und werden mit dem Der Verfasser ist Generalsekretär Entwicklung umbenannt. Bei dem Ländern verbreitet. Hierfür gibt es und den seit 1956 bestehenden Un- Thema „Auswärtige Kulturpolitik“ des Instituts für Auslands- heute praktizierten weiten Kulturbe- bereits Denkmodelle und sogar eine terausschuss Auswärtige Kulturpoli- nicht mehr konfrontiert. Die so beziehungen, Stuttgart ■ griff sind die Themen der Außenkul- Zielgruppenanalyse. Bei der Euro- tik des Auswärtigen Ausschusses dringend erforderliche Unterstüt- turpolitik und der Entwicklungspo- pa-Konferenz von ifa, Auswärtigem aufgelöst. Inzwischen hat sich he- zung dieses wichtigen Teils der deut-

Wichtiger Herbst für die Kultur in Europa Kulturelle Vielfalt ist Thema bei den Institutionen, aber auch Daseinsvorsorge und Verwertungsgesellschaften • Von Barbara Gessler

Aspekte wie Austausch und Dialog te. Hier prallen durchaus gegensätz- zu stärken. liche nationale Vorstellungen aufei- nander, die darin gipfelten, dass der Verwertungsgesellschaften auf dem ursprüngliche Berichtsentwurf des Prüfstand Wirtschaftsausschusses neu vorge- Auch sonst beschäftigt sich das Par- legt wurde. Dabei dreht es sich je- lament diesen Herbst mit Themen, doch hauptsächlich um die bereits die den Kultursektor direkt betref- bestehenden sektoriellen Richtlini- fen. So widmet sich etwa ein Initia- en über Energie-, Verkehrs- oder tivbericht der Frage, inwieweit ein Kommunikationsnetze, für die ur- Gemeinschaftsrahmen für Verwer- sprünglich eine europäische Rah- tungsgesellschaften geschaffen wer- menrichtlinie gefordert werden soll- den solle. Hierin wird, unter ande- te. Unumstritten scheint jedoch die rem auch erweiterungsbedingt, ein Notwendigkeit, kulturelle Dienst- Handlungsbedarf für die kollektive leistungen als besondere anzuer- Wahrnehmung von Rechten festge- kennen, die nicht eins zu eins dem stellt. Wichtig ist das Thema insbe- Binnenmarkt und Wettbewerb aus- sondere mit Blick auf die in unserem gesetzt werden dürften. kulturpolitischen Kontext häufig Die Stellungnahmen aus den an- umstrittene Anwendung der Bin- deren Ausschüssen wie etwa der Be- nenmarkts- und Wettbewerbsge- richt Flautre (Grüne-F)aus dem So- setzgebung. Der Bericht konzidiert, zialausschuss verweisen auf beson- dass trotz ihrer monopolartigen dere Merkmale, die ein gemein- Stellung die Verwertungesellschaf- schaftlicher Rechtsrahmen für ten keine Wettbewerbsverzerrung Dienste von allgemeinem Interesse auslösen, dass jedoch vielmehr die aufweisen und für den die Kriterien vertikale Medienkonzentration zur Bewertung entwickelt werden Kulturelle Vielfalt in Brüssel… derung des Austauschs von Gütern renz ausgesprochen hatte, sich mit Schwierigkeiten beim Zugang oder müssten. Er trifft sich hier zum gro- Rechtzeitig vor der Befassung der und Dienstleistungen anstreben. Es dem Thema zu befassen, deutlich bei der Verbreitung von urheber- ssen Teil mit den Forderungen des UNESCO-Generalversammlung mit soll ein Expertenforum eingerichtet geworden. Daraufhin wurde noch rechtlich geschützten Werken oder Deutschen Kulturrats, der ebenfalls einem neuen Instrument zum werden, das die Rahmenbedingun- einmal verdeutlicht, dass verschie- auch der Wahrnehmung der Rechte Qualität, gleichberechtigten Zugang Schutz der kulturellen Vielfalt hat gen ausarbeiten soll. Wichtig ist der dene Organisationen sich mit den- an ihnen bereite. Hinsichtlich der und angemessene Tarife als Merk- auch die Europäische Kommission Kommission die Stärkung der Koo- selben Objekten, hier also kulturel- konkreten Tätigkeit und Organisati- male für diese Dienste vorschlägt. ihre Mitteilung hierzu vorgelegt. peration, wobei sie insbesondere len Gütern und Dienstleistungen on von Verwertungsgesellschaften Weiterhin sieht der Bericht Kriterien Grundsätzlich begrüßt sie die Er- auch Wert auf den Bereich der Bil- beschäftigen, dass aber, wie etwa im fordert die Berichterstatterin (Mer- wie etwa Universalität,, Neutralität, stellung eines Übereinkommens, dung in diesem Kontext legt, der erst Falle des Handels bei der WTO, kul- cedes Echerer, Grüne-A) eine stärke- Sicherheit und soziale Gerechtigkeit wünscht sich jedoch im Sinne einer ein Wissen über die Identität der turelle Überlegungen selten im Vor- re Vereinfachung und Reformen so- vor. Auf die besondere Rolle des öf- kohärenten europäischen Herange- Partner vermitteln könne. Sie dergrund stehen. Es wurde betont, wie bessere Kooperation zwischen fentlich-rechtlichen Rundfunks geht hensweise eine aktive Einbindung wünscht sich eine Unterstützung für das Ziel eines neuen Instruments Ländern und Sparten. Verwertungs- auch der Flautre-Bericht ein und und ein konkretes Mandat, um für die Entwicklung der Kulturpolitik müsse sein, internationale Koopera- gesellschaften funktionierten bes- fordert die Berücksichtigung der be- die Gemeinschaft und ihre Mitglied- und kultureller Instrumente auf re- tion so zu gestalten, dass es Kultu- ser, wenn sie intern demokratisch sonderen Organisationsmerkmale staaten sprechen zu können. Bislang gionaler, nationaler und internatio- relle Vielfalt fördere, ohne die Zirku- seien, die Einbeziehung aller Mit- wie auch bei kultureller Vereinigun- war offensichtlich bei der UNESCO naler Ebene. Es solle eine Anlaufstel- lation der Güter und Dienstleistun- gliedergruppen und Kontrolle ins- gen. Über die Einstufung solcher wenig von einer europäischen He- le geschaffen werden, in der man gen zu behindern. Dem besonderen besondere in den Führungsgremien Dienste müssen weiter nachgedacht rangehensweise in dieser Angele- sich austauschen könne, gleichzeitig Interesse jedes einzelnen Staates, sowie allgemein mehr Transparenz werden, da ihre rein Unterschei- genheit zu spüren, im Gegenteil: die sollten die Beteiligten betreut und insbesondere aber der Entwick- würden dazu beitragen. Die Kom- dung nach „mit oder ohne Erwerbs- Mitgliedstaaten scheinen einer ge- unterstützt werden bei der Entwick- lungsländer muss Rechnung getra- mission solle dafür sorgen tragen, zweck“ nicht zielführend sein kön- meinschaftlichen Politik eher skep- lung einer entsprechenden Kultur- gen werden, als es weiterhin mög- dass die verschiedenen Kontroll- ne.Die Berichterstatterin sieht auch tisch gegenüber zu stehen. Nimmt politik. Als institutioneller Rahmen lich bleiben muss, der dualen Natur und Schlichtungsmechanismen für im Bereich des Aussenhandels die man jedoch die Europäischen Ver- ist eine Beobachtungsstelle ange- der Kultur als identitätsstiftendem Streitfälle EU-weit kompatibel sei- Vorrangigkeit der Bedürfnisse der träge und insbesondere auch den dacht, die einen jährlichen Bericht und wirtschaftlichem Gut auch zu- en. Konkret fordert der Bericht ein Bevölkerung,die die EU sich bei Ver- Verfassungsentwurf beim Wort, erstellen könne. künftig gerecht werden zu können. Ende der Bevorzung nationaler Re- handlungen im Rahmen der WTO müsste im Sinne einer europäischen Es wird hervorgehoben, dass das pertoires gegenüber „non-qualified anerkennen müsse. Politik der nachhaltigen Entwick- vorgesehene Instrument nicht mit … und im Europäischen Parlament recordings“ und das Auslaufen von Dass sich die Europäische Union lung auch der Schutz der kulturellen dem internationalen Rechtsrahmen Auch im Europäischen Parlament so genannten B-Verträgen, die im überhaupt um solche Themen der Vielfalt berücksichtigt werden, min- wie etwa in bezug auf den Handel liegt ein Bericht (Berichterstatterin: Rahmen von Gegenseitigkeitsver- Daseinsvorsorge kümmert oder destens jedoch in den Politikberei- (sprich: WTO und GATS) in Konflikt Christa Prets, PSE-A) zur Abstim- einbarungen vorsehen, dass Geld im kümmern soll, geht einigen schlicht chen, in denen die Union entspre- stehen oder diesen Rahmen beein- mung vor, der die Spannbreite des Land der Lizenzierung und Nutzung zu weit: in ihrem Papier über Kom- chende Kompetenzen besitzt. Dass flussen solle. Themas umreisst. EU-intern fordert bleibe und dort auch wieder in den petenzabgrenzungen warnt die Bay- eine gemeinsame Vorgehensweise der Bericht ein klareres Verhältnis Verteilungstopf gelange. Der euro- rische Staatskanzlei vor einer Aus- auf der internationalen Ebene … in Paris… des Wettbewerbsrechts zu kulturel- päische Weg, der die Gestaltung des höhlung der nationalen Souveräni- schlagkräftig sein kann, zeigt zu- Die von der Generalkonferenz ange- len Sachverhalten. Man habe sich Urheberrechts gemeinschaftsweit tät. Auch Graf Lambsdorff, FDP, kri- mindest das starke gemeinsame nommene Entschliessung der UN- eine klarere Aussage zugunsten der kennzeichnet, solle weitergegangen tisiert in einem kürzlich in der Auftreten der Europäer im Rahmen ESCO sieht in der Tat vor, dass es Kultur und der Förderung der Krea- werden. Sicher wird die Diskussion „Welt“ veröffentlichten Artikel das des Kyoto-Prozesses. Wenn die Be- Konsultationen mit den anderen re- tivität als Prioritäten europäischer des im September vorgelegten Be- Tätigwerden der europäischen Ebe- mühungen der nationalen und eu- levanten Institutionen geben soll Politik gewünscht. Der Bericht be- richtsentwurfs in diesem Jahr noch ne auf diesem Gebiet. ropäischen Ebene komplementär (WTO, WIPO und UNCTAD). grüsst die Haltung der Kommission, für einiges Aufsehen sorgen! sind, können sie umso deutlicher Wie genau das Verhältnis zwi- im Rahmen von GATS keine Ange- Die Verfasserin ist Referentin beim vertreten werden. schen einem neuen Instrument und bote für kulturelle Dienstleistungen Daseinsvorsorge in der parlamen- Deutschen Kulturrat ■ Inhaltlich soll nach Auffassung dem bestehenden internationalen zu machen und möchte dies auch tarischen Diskussion der Kommission das Instrument die Referenzrahmen ausgestaltet wer- bis zum Ende der Verhandlungen Auch die vom Deutschen Kulturrat kulturelle Vielfalt fördern, den Dia- den wird, werden die kommenden beibehalten sehen. In seiner jetzt aktiv thematisierte Daseinsvor- log zwischen den Kulturen unter- zwei Jahre zeigen. Dass dies ein Schlussfolgerung präzisiert der Be- sorge ist in der europäischen Debat- stützen und den Ausbau der inter- Knackpunkt ist, war bereits während richtsentwurf, dass Globalisierung te um die Dienstleistungen von all- nationalen Zusammenarbeit im der Sitzung des Exekutivrats, der die nicht per se nur negative Folgen ha- gemeinem wirtschaftlichen Interes- Kulturbereich mit dem Ziel der För- Empfehlung an die Generalkonfe- be, sondern es gelte, ihre positiven se Gegenstand erhitzter Wortgefech-

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Neue Perspektiven für eine europäische Kulturpolitik Ende des Dilemmas der Einstimmigkeit • Von Olaf Schwencke

Ob in Berlin, Warschau oder Wien sich zu den Optimisten oder den Deutsche Kulturrat Wahlprüfsteine „Europäische Union am Wende- den Deutschen – keineswegs na- und Brüssel: Nun sind überall die De- Pessimisten zählt, sondern wer sich entwickeln, die allen für das EP im punkt“ (in politik und kultur 04/03, mentlich dem Vertreter des Deut- batten unter den Kulturschaffenden wirklich die Arbeit des genaueren Juni 2004 kandidierenden Parteien September/Oktober 2003) den Ge- schen Bundesrates – dafür das Ver- und den Kulturpolitikern im Gange, Textstudiums zugemutet hat – und vorgelegt werden sollen. Es kommt staltungsauftrag der Union für die dienst, sondern primär den Franzo- die den Stellenwert von Kultur im wer nur die üblichen „Anti-Brüssel“- nun entscheidend darauf an, dass 25 Staaten hervor, der durch „Kultur sen, die für dieses Ziel zusammen EU-Verfassungsentwurf zu analysie- Sprechblasen weiter verbreitet. Ein sich „nachhaltige Entwicklung“ als und die kulturelle Vielfalt“ gegeben mit den Österreichern initiativ wur- ren versuchen. Und das ist gut so! positives Zeichen setzte die Panel- EU-Verfassungsziel (Präambel) ver- ist: „Daraus ergibt sich ... ein pro- den und dann einen Konvents-Kon- Langsam geraten die, die der Runde in der Talk-Lounge „Was bindet mit dem Gebot der „Kultur- duktiver Spannungsbogen, der zum sens erreichen konnten. schlichten Meinung sind, dass man bringt die EU der Kunst?“ am 1. Ok- verträglichkeit“ von künftigen EU- Dialog, zum gegenseitigen Kennen- Wertet man alle Artikel – die – unter dem Motto: „Wir sind das tober mit dem europapolitisch ein- Maßnahmen zur Wahrung der „Viel- lernen und zur Bildung gemeinsa- Grundrechte-Charta wurde be- Volk“ (erste Worte der Präambel der heitlichen Resümee: „Das Glas ist falt der Kulturen, Religionen und mer Perspektiven einlädt.“ Doch das kanntlich vollständig als Teil II in- amerikanischen Verfassung von mehr als halb voll!“ Darin lag die rea- Sprachen.“ Der kulturelle Traum Eu- Denken in diesem fruchtbaren korporiert – sowie die Präambel- 1787) – Entscheidendes auf ein listische Einschätzung des Entwurfs. ropas nach einer bunten Vielfalt sei- „Spannungsbogen“ verkürzt er be- Formulierungen, die den Kultur- Blatt Papier hätte bringen können, Man kann durchaus von einem ner Kulturen als Wertorientierung in dauerlicherweise, beziehungsweise und Wertebereich betreffen, im Kon- was nicht gelang, in die Defensive. Durchbruch für eine „europäische der Zivilgesellschaft Europas wird es irritiert ihn, indem er behauptet, text aller anderen Bestimmungen, Dazu zählt nun auch die bayrische Kulturpolitik“ sprechen: Sie kann sich nicht ohne Mühen erfüllen. „dass Beschlüsse im sensiblen Kul- so kann man zurecht von neuen Staatskanzlei, die dreißig Politikfel- nun offensiv gestaltet werden, was Ob alle Konventsmitglieder ihre turbereich auch künftig einstimmig Chancen für eine europäische Kul- der ausgemacht hatte, in denen na- allerdings entscheidend von der Aufgaben sowohl national – und in gefasst werden.“ Das stimmt in die- turpolitik sprechen: Wird diese Ver- tionale Kompetenzen eingeschränkt Kreativität der Akteure, den Kultur- Deutschland auch: föderal – als ser Formulierung nicht! Im Gegen- fassung angenommen – und daran oder gar aufgehoben werden. Wobei schaffenden und -politikern in den auch europäisch angemessen erfüllt teil: der eigentliche Sprung nach sollte nach der Römischen Konfe- diese Münchner Auflistung nicht be- Regionen, den neuen und alten haben, werden sie in Zukunft vor vorn, die Chance der Gestaltung ei- renz der Staats- und Regierungs- rücksichtigt, dass hinfort europapo- Mitgliedsländern sowie im EU-Ge- der kritischen Öffentlichkeit zu ver- ner europäischen Kulturpolitik ist chefs im Oktober 2003 kein Zweifel litisch und -juristisch deutlich diffe- samtverbund abhängt! Für die Mög- antworten haben; das gilt nament- erst dadurch gelungen, dass die bis- bestehen –, so hat die Union den renziert wird zwischen alleiniger EU- lichkeiten der Gestaltung einer EU- lich für die Abgeordneten des Bun- herige „Einstimmigkeit“ (Amsterda- Schritt von der Wirtschaftsgemein- Kompetenz, geteilter und „koordinie- Gesamtpolitik kommt künftig dem destages, den Außenminister als Ex- mer Vertrag, Artikel 151,5) aufgeho- schaft zur Wertegemeinschaft voll- render“ (darin darf – und das betrifft Europäischen Parlament, dessen ponent der Bundesregierung sowie ben wurde! Der Schlusssatz dieses zogen und ist damit in der Welt, wie sehr zurecht das kulturelle Spekt- Kompetenzen durch den Verfas- den Baden-Württembergischen Mi- Artikels – „Der Rat beschließt ... ein- es recht pathetisch in der Verfassung rum – keine Harmonisierung stattfin- sungsentwurf entscheidend gestärkt nisterpräsidenten Erwin Teufel für stimmig“ – ist erfreulicherweise er- heißt, zum Träger der Zivilisation den!); die dreißig Politikbereiche lie- wurden, eine Schlüsselrolle zu – mö- den Bundesrat im Verfassungskon- satzlos gestrichen worden. und des Humanismus geworden. gen quer dazu! ge es seine Chancen nutzen! vent; letzterer hat nach eigenem Be- Wenn sich Teufels Formulierung Um dafür konkrete Vorbereitun- kunden wesentlich dazu beigetra- des „sensiblen Kulturbereichs“ aller- Der Verfasser ist Präsident der Deut- em ArtForum Berlin kommt das gen zu treffen, werden die Deutsche gen, dass Kultur und kulturelle Viel- dings auf kulturelle und audiovisu- schen Vereinigung der Europäischen DVerdienst zu, auch diese Fragen Vereinigung der Europäischen Kul- falt im EU-Verfassungsentwurf an- elle Dienstleistungen im Außenhan- Kulturstiftung (ECF) für kulturelle thematisiert zu haben. Da stellt sich turstiftung (ECF) für kulturelle Zu- gemessen berücksichtigt wurden. delsbereich bezogen haben sollten, Zusammenarbeit in Europa ■ dann schnell nicht nur heraus, wer sammenarbeit in Europa und der Zurecht hebt er in seinem Artikel hat er Recht. Doch gebührt nicht

Lernen vom Nachbarn beim Nachbarn Wie unterscheidet sich die niederländische Kulturpolitik von der deutschen? Wie ist der Kulturbereich in anderen EU-Ländern organisiert? Wie wird aus dem Grund, dass sich der Staat Kultur finanziert? Welche Fragen beschäftigen die Kulturverbände dort? nicht in den Inhalt der Kunst ein- Solche und andere Fragen haben wir Vertretern der Kultureinrichtungen mischt und deshalb auch keine Ver- und Kulturattachés in Berlin gestellt. Eine kleine Serie. antwortung trägt. Ich weiß, dass die Den Anfang machen die Niederlande. Kunstwelt in Deutschland das manchmal anders sieht, aber mir als Niederländer fällt auf, wie sehr sich die Politik in Deutschland ernsthaft gewährleisten unter anderem indem Wettbewerb mit anderen Kulturein- und inhaltlich mit Kunst engagiert man von Zeit zu Zeit bestehende In- richtungen im Rahmen eines vorge- und umgekehrt die Kunst auch mit stitutionen gegen neue tauscht. Da- gebenen Gesamtbudgets stattfindet. der Politik. Der deutsche Kunstbe- rin sind wir so erfolgreich, dass es Ich sage sehr nachdrücklich, dass reich ist mehr als in den Niederlan- schon wieder Stimmen in den Nie- dieses System neuen Einrichtungen den auch eine politische Arena und derlanden gibt, die verlangen, man völlig offen steht. Das heißt, dass für die deutsche Politik ist die Kunst solle sich etwas mehr um die erwie- auch wenn man nicht allzu schlecht auch ein wichtiger Faktor. Es gibt sene Qualität bestehender Einrich- abgeschnitten zu haben glaubt, Stimmen in der deutschen Kunst- tungen kümmern statt sich ständig kann man keine oder weniger Un- welt, die den typisch niederländi- auf die Suche nach dem Neuen zu terstützung bekommen, weil ande- schen Abstand zwischen Kunst und begeben. re, möglicherweise auch eine Anzahl Politik vorbildlich finden. Ihnen vielversprechender Newcomer, sich möchte ich auch die andere Seite Wie funktioniert das System in der besser geschlagen zu haben schei- der Medaille zeigen. Wo Kunst kein Praxis? nen. Die Erfahrung lehrt, dass fast Zukünftiger Chefdirigent der Nederlandse Opera: Ingo Metzmacher Foto: C. Oswald Teil politischer Machtbildung ist, in- Wenn Sie heute mit dem Direktor ir- zweimal so viel Geld angefordert haltlich keine Rolle spielt in der po- gendeiner niederländischen kultu- wird als verfügbar ist. Es gibt also George Lawson ist seit drei Jahren derlanden. In den Niederlanden litischen Debatte, lauert natürlich rellen Einrichtung sprechen wür- immer Konkurrenz. Botschaftsrat für Kultur bei der Nie- kennen wir zum Beispiel keine auch im mer die Gefahr der politi- den, würde Ihnen auffallen, dass er Man sich daher vorstellen, dass derländischen Botschaft in Berlin. staatlichen Einrichtungen in der schen Gleichgültigkeit. mit seinem Kopf eigentlich woan- die niederländischen Kultureinrich- Er kommt aus dem Niederländischen Kunst. Selbst das Rjiksmuseum und Ein anderer auffallender Unter- ders ist. Alle niederländischen Kul- tungen nun mit sich selbst beschäf- Kulturministerium, in dem er intern das Concertgebouworkest sind un- schied in der politischen Kultur zwi- tureinrichtungen, die nach dem tigt sind. Das ist immer die Zeit, in stark in Entwicklung und Aufbau des abhängige Stiftungen mit einer eige- schen beiden Ländern ist die Art 1. Januar 2005 öffentliche Förderung der sie sich selbst die Frage stellen, niederländischen kulturpolitischen nen Führung, in der die öffentliche und Weise, wie „Veränderung“ ange- haben möchten, müssen vor dem ob sie stark genug sind, um dem Systems involviert war. Seine diplo- Hand nichts zu sagen hat. Steuerlich sehen wird. Wir Niederländer sind 1. Dezember dieses Jahres ein vier- Schwert des Damokles zu entkom- matische Tätigkeit füllt er im Rah- und juristisch gesehen sind sie in ständig damit beschäftigt, unser jähriges Gesamtprogramm vorle- men. Das führt übrigens oft zu men der Zusammenarbeit des Kultur- derselben Position wie irgendeine Land zu beackern, neue Lösungen gen, das für ihren Fortbestand in der selbst gewählten internen Sanierun- ministeriums mit dem Außenministe- eine kleine Kindertheatervereini- für echte oder vermeintliche Proble- Periode 2005 bis 2009 entscheidend gen oder anderen strategischen Ein- rium auf dem Gebiet der Internationa- gung, die öffentliche Gelder be- me auszudenken. Das viel größere sein wird. In den Niederlanden wird griffen, wenn die Selbsteinschät- len Kulturangelegenheiten aus. kommt. Die meisten großen Kultur- Deutschland, so habe ich gemerkt, öffentliche Unterstützung nicht von zung nicht positiv ausfällt. Das letz- einrichtungen in Deutschland sind kalkuliert viel mehr nach dem Prin- Jahr zu Jahr, sondern für vier Jahre te Mal sind 38 von den 284 existie- ulturpolitik steht nicht im luft- oft Teil der öffentlichen Hand und, zip „It is not broken, don‘t fix it“ festgelegt und 2004 läuft diese För- renden Kultureinrichtungen aufge- Kleeren Raum sondern ist Teil der so sehr sie natürlich eine große Frei- oder: was gut ist und sich bewährt derperiode aus. In diesem Zeitraum geben worden und 21 haben eine politischen Kultur eines Landes. Die heit auf dem künstlerischen Gebiet hat, muss vor allem so bleiben. Das von vier Jahren steht die Unterstüt- Reduzierung ihrer Förderung erfah- politische Kultur in den Niederlan- haben, sind sie doch in der alltägli- hat, denke ich, teils mit Deutsch- zung juristisch fest und man kann ren. Dem steht gegenüber, dass den unterscheidet sich in einigen chen Praxis durch zahllose bürokra- lands viel größerem historischen Be- unter bestimmten Bedingungen so- nicht weniger als 168 Einrichtungen Punkten von der in Deutschland, ich tische und steuerliche Fesseln an die wusstsein zu tun, das dazu führt, gar Geld von einem Jahr in das an- zum ersten Mal eine vierjährige Un- warne aber davor, dass, was gut für öffentliche Hand und Politik gebun- dass das Heute immer mit der Ver- dere Jahr herüberholen, wenn das terstützung bekommen haben und die Niederlande ist, nicht automa- den. So sind artistische Ernennun- gangenheit gemessen wird, wäh- besser passt. Kurz, man hat eine von den bestehenden Einrichtun- tisch auch gut für Deutschland sein gen in Deutschland oft einer politi- rend man sich in den Niederlanden vollständige Planungssicherheit für gen nicht weniger als 137 eine höhe- muss. schen Debatte unterworfen und es immer an der Zukunft orientiert. diesen Zeitraum. Das ist die gute re Förderung rausholten. Daraus Das beginnt schon mit dem Ver- ist auch ganz normal, dass sich Das niederländische kulturpoliti- Nachricht. Die schlechte ist, dass die können Sie ableiten, dass das Sys- hältnis zwischen Obrigkeit und deutsche Politiker inhaltlich über sche System beruht als Teil der nie- Förderung keine Selbstverständlich- tem keine Formalität ist, sondern für Kunst. So sehr in beiden Ländern die die Leistungen bestimmter Einrich- derländischen politischen Kultur keit ist, sondern nahezu vollständig jeden tatsächlich das Nötigste auf Freiheit der Kunst im Vordergrund tungen, für die sie sich auch poli- denn auch viel mehr als das deut- von der inhaltlichen Beurteilung der dem Spiel steht. steht, ist in Deutschland der Ab- tisch verantwortlich fühlen, auslas- sche auf Veränderung. Auf dem zurückliegenden Leistungen sowie stand zwischen Politik und Kunst in sen. Das alles ist in den Niederlan- Wunsch nach Flexibilität, Dynamik der Planungen für die Zukunft ab- Weiter auf Seite 22 der Praxis viel kleiner als in den Nie- den viel weniger üblich, schon allein und Durchlässigkeit in der Kunst zu hängt, und dass diese Beurteilung in

politik und kultur 05/03 Seite 21 HKS 47 schwarz EUROPA politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 22

Fortsetzung von Seite 21 haben. Sie arbeiten mit denselben Eigeninteressen haben, müssen sie wicklungen vollzogen. Die wichtigs- und von Vouchers an alle Schüler, Zeiträumen von vier Jahren, da alle das melden. So dürfen sie selbstver- te ist die Tatsache, dass die Kultur die sie an der Museums- und Thea- Regierungsebenen in den Nieder- ständlich an den Gesprächen über wieder in das Unterrichtsministeri- terkasse abrechnen. Anders als frü- Lernen vom Nachbarn landen sich untereinander abge- diese Einrichtung nicht teilnehmen. um zurückkam, nachdem es lange her können Kultureinrichtungen mit sprochen haben, ihre Entscheidun- Ich habe gemerkt, dass man in Zeit beim sogenannten Ministerium einem guten Angebot für Jüngere In vier Jahren kann viel passieren. gen miteinander abzustimmen. Und Deutschland eine solche Art der Vor- für Gemeinwohl angesiedelt war. Al- einfach Geld verdienen und umge- Gibt es noch andere Fördermög- das geschieht auch so in der Praxis. gehensweise nicht für vorstellbar so wurde schnell ein Projekt Kultur kehrt lernen Jugendliche, dass Kul- lichkeiten während dieser Zeit? hält. Man kann sich hier offenbar und Schule gestartet, das als Ziel tur auch Geld kostet. Das führt zu ei- Ja, die gibt es auch. In praktisch al- Diese künstlerischen Evaluierun- nicht vorstellen, dass eine solches hat, die Welt der Kultur mit der Welt ner völlig anderen Wertschätzung len Kunstdisziplinen gibt es so ge- gen heißen also Tod oder Leben für Gremium unabhängig genug gefun- des Unterrichts auf eine sehr prakti- als wenn es gratis ist. Das Nette an nannte Kulturfonds, die Projekte eine Kultureinrichtung. Wer hat ge- den wird und seine Autorität hoch sche Weise strukturell miteinander den Vouchers ist außerdem, dass und individuelle Künstler unterstüt- nug Autorität und ausreichend genug ist, dass sein Rat akzeptiert zu verbinden. Das Ideal ist, dass je- man gut sehen kann, wohin die zen. Diese Fonds, davon gibt es ins- Fachkompetenz, diesen furchtba- wird. Das sind Fragen, die von Zeit des Kind während seiner gesamten meisten Jugendlichen gehen. Die gesamt elf, geben 20 bis 25 Prozent ren Job zu machen? zu Zeit aber auch in den Niederlan- schulischen Laufbahn, also von der gehen alle zum Film, hat jeder ge- des Kulturbudgets des nationalen Keine Angst; es gibt ein Organ, den hoch kommen. Umso mehr im- Grundschule bis und einschließlich dacht. Das scheint aber nicht so zu öffentlichen Dienstes aus. Meist das Rat für die Kultur heißt. Es ist ein mer dann, wenn die Ratschläge ver- der gesamten weiterführenden Aus- sein. Die meisten Bons gehen heute geht es um Projektförderung oder gesetzliches Organ, in dem turnus- öffentlicht werden, entsteht eine bildung mit hochwertigen profes- ans Theater. Auf die eine oder ande- Stipendien, aber einige Fonds dür- gemäß 14 Mitglieder sitzen, die auf enorme Debatte über die Qualität sionellen kulturellen Aktivitäten in re Art und Weise haben die Theater- fen auch längerfristige wie etwa eine Vorschlag einer unabhängigen Kom- der Vorschläge und dann gibt es Berührung kommt. Nicht als Anreiz macher Spaß daran gefunden, Vor- zweijährige Förderung vergeben. mission vom Staatssekretär für Kul- auch immer wieder Stimmen, den sondern strukturell. Nicht freiwillig stellungen zu machen, die auch für Daneben haben wir natürlich auch tur benannt werden. Die eigentliche Rat für die Kultur vollständig aufzu- sondern als Teil des Schulpflichtpro- Jüngere attraktiv sind. Und dann noch die Gemeinden und Provinzen Beurteilung wird übrigens von den lösen. Aber schlussendlich weiß nie- gramms. So gibt es nun ein Pflicht- geht es oft auch noch um Gesell- in den Niederlanden. Sie geben zu- Mitgliedern der so genannten Fach- mand eine bessere Lösung. Eine Si- prüfungsfach, das in der gesamten schaften, die, künstlerisch gesehen, sammen mehr für die Kunst aus als ausschüsse vorgenommen, die vom tuation, in der die Politik vollständig weiterführenden Ausbildung Pflicht zu den interessantesten Gruppen in die nationale Ebene. Von allen in Rat für die Kultur selbst benannt das Sagen hätte, wünscht sich nie- ist, indem die Schüler 6 bis 10 Aktivi- den Niederlanden gehören. In der den Niederlanden für die Kultur ver- werden. Es geht um etwa 60 Aus- mand. Es würde auch nicht zum täten besuchen müssen und darü- Zwischenzeit hat die Regierung trotz fügbaren Mitteln gibt der Staat 40 schussmitglieder, die die Arbeit der Prinzip der „Obrigkeit auf Abstand“ ber in einem besonderen Dossier aller Sparmassnahmen die Möglich- Prozent, die Gemeinden auch 40 Kultureinrichtungen intensiv verfol- passen. nachdenken müssen. Die Kulturwelt keit gesehen, schnell ein bisschen Prozent und die Provinzen 20 gen und die tatsächlich Aufführun- wird ihrerseits auf verschiedenste extra Geld für Kultur in der Schule Prozent. Ich muss aber dazu sagen, gen, Konzerte, Ausstellungen etc. Wie ist der Zustand in der kulturel- Weise dazu stimuliert, dem Besuch zu reservieren und das nun beson- dass ein großer Teil der Gemeinden besuchen. Zum großen Teil sind das len Bildung? dieser neuen Kulturkonsumenten ders für die Grundschule. und praktisch alle Provinzen ihre Menschen, die selbst in der Kunst In den vergangenen 6 Jahren haben Rechnung zu tragen. Eines der inte- Kulturfördersysteme inzwischen tätig sind. Wenn sie an einer Einrich- sich in den Niederlanden im Bereich ressanten Instrumente dabei ist die Die Fragen an George Lawson for- auch auf das nationale abgestimmt tung, die um Zuschüsse gebeten hat, kulturelle Bildung spektakuläre Ent- Verteilung einer Reduktionskarte mulierte Barbara Gessler ■

Ausschreibungen und Aufrufe Aus der laufenden Arbeit des Cultural Contact Point • Von Sabine Bornemann

In dieser Ausgabe gibt es eine kurze liegend ist, dass sich damit erste greifen. Welche Auswirkung dies auf sendeschluss) • EUROPA NOSTRA Fonds für Res- Übersicht der derzeit offenen euro- Weichenstellungen für eine EU-Kul- die derzeit in Deutschland für das • Diskussion und Reflexion über taurierungen – Aufruf für 2004 of- päischen Ausschreibungen und Auf- turförderpolitik nach 2006 abzeich- Jahr 2010 laufenden Vorbereitungen Europa:Vereinigungen und Ver- fen bis zum 15.12.2003. Maximal rufe, die für den Kulturbereich von In- nen. Dem Thema Öffentlichkeits- und Bewerbungen haben würde, bände von europäischem Interes- 20.000 Euro werden bei nachge- teresse sind. Für weitergehende In- wirksamkeit („visibility“) und den sind allerdings noch nicht absehbar. se - Unterstützung von Projekten wiesener Kofinanzierung in glei- formation sei auf das Internetange- bisherigen „Leuchtturmprojekten“ Unter dem Titel „Towards a New im Jahr 2004 (vormals A-3024) Of- cher Höhe im Jahr 2004 vergeben bot des Cultural Contact Point ver- von KULTUR 2000/Aktion 3 ist im Cultural Framework Programme of fen bis 14.11.2003. Im Jahr 2004 für die Restaurierung eines Prunk- wiesen: www.kulturrat.de/ccp – dort Bericht der Arbeitsgruppe ein weite- the European Union“, Report of the steht für die Aktionen und Projek- kamins von vor 1914, die sich einer unter „aktuell“ beziehungsweise rer längerer Passus gewidmet. Diese Working Group (Tuula Arkio, Ber- te der Vereinigungen und Verbän- bewohnten Villa beziehungsweise „Förderprogramme“. müssten im Kontext eines sich er- nard Faivre d’Arcier, Ondrej Hrab, de von europäischem Interesse ein Residenz in Privatbesitz befindet. weiternden Europa generell über- Robert Palmer, Gottfried Wagner, Gesamtbetrag in Höhe von ei den Pilotprojekten 2003, de- dacht werden. Darum plädiert die Raymond Weber - Brussels, 8 June 1.300.000 Euro zur Verfügung. Die Verfasserin ist Referentin im Bren Antragsfristen Ende Oktober Arbeitsgruppe dafür, in einem straf- 2003) ist der komplette Bericht he- • Diskussion über Europa: Unter- Cultural Contact Point, Projekt des endeten, schlagen sich bereits eini- fen Zeitschema unter anderem das runter zu laden von der Internetsei- stützung der von Nichtregie- Deutschen Kulturrates in Zusam- ge Vorschläge der Arbeitsgruppe zur Konzept der Europäischen Kultur- te des CCP – „aktuell“. rungsorganisationen im Jahr menarbeit mit der Kultur- Zukunft des Europäischen Kultur- hauptstadt neu zu überdenken. 2004 durchgeführten Projekte zur politischen Gesellschaft ■ förderprogramms nieder, über die in Nach Vorschlag der Arbeitsgruppe Derzeit offene Ausschreibungen Debatte über europäische The- der letzten Ausgabe von politik und könne ein neues Konzept für die und Aufrufe für Kulturprojekte ver- men (vormals B3-305) Offen bis kultur kurz berichtet wurde. Nahe- Kulturhauptstadt bereits in 2009 schiedener Disziplinen (nach Ein- 14.11.2003

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Veränderungen bei der Vergabe finanzieller Mittel Zur Einbeziehung von Personalkosten öffentlicher Verwaltungen in das Gesamtbudget von KULTUR 2000-Projekten • Von Christina Detscher

Seit Beginn dieses Jahres sind die stehen. Ob aus diesem Grund mit seiner bisherigen Tätigkeit freistellt. schreibung streng vom bisherigen Steuerklasse 6 fallen, was für den Ar- neuen Finanzregeln der Europäi- dem Angestellten ein neuer Vertrag Dieses muss allerdings im Rahmen Arbeitsverhältnis zu trennen. beitnehmer ja eine höhere monatli- schen Kommission in Kraft getreten. geschlossen werden muss, oder ob des einschlägigen Tarifvertrags (in Zum einen muss eine Freistel- che Lohnsteuerabgabe bedeuten Sie haben zu umfangreichen Verän- er doch kraft des Direktionsrechts der Regel der BAT) zulässig sein. lung zu einem bestimmten Prozent- würde, die gegebenenfalls erst am derungen bei der Vergabe finanzieller des Dienstherrn im Rahmen seines Die Freistellung kann als Ände- satz oder eine Beurlaubung von der Jahresende ausgeglichen würde. Mittel geführt, deren Konsequenzen bisherigen Arbeitsvertrages dort ar- rung des Arbeitsvertrages ebenso bisherigen Tätigkeit mit allen damit potenzielle Antragsteller, aber auch beiten kann, konnte trotz mehrfa- wie der Honorarvertrag selbst nur verbundenen oben aufgeführten Wie die Anforderung der Aus- die zuständigen Beamten in der Eu- cher Nachfragen nicht abschließend mit Zustimmung des Arbeitnehmers Problemen erfolgen. schreibung, dass eine getrennte Be- ropäischen Kommission vor erhebli- geklärt werden. Der Wortlaut der Re- und nicht kraft dienstlicher Weisung Des weiteren muss ein neuer zahlung der beiden Arbeitsfelder er- che Herausforderungen stellt. Die gelung legt letzteres nahe. erfolgen. Dienstvertrag mit dem Arbeitneh- folgen muss, zu erfüllen ist, konnte diesjährige Ausschreibung des Pro- Es empfiehlt sich, als Sicherheit mer geschlossen werden. Das bein- noch nicht abschließend geklärt gramms KULTUR 2000 ist davon Eindeutig war die Aussage hin- für den Arbeitnehmer im Rahmen haltete im öffentlichen Dienst wie werden. Dem Text der Ausschrei- nicht si stark betroffen wie andere gegen zur Frage, ob der Angestellte der Freistellungsvereinbarung deut- z.B. die vorherige Aufstellung eines bung zufolge könnte schon eine ge- Förderprogramme. Eine Veränderung dabei zu 100 Prozent abgeordnet lich darauf hinzuweisen, dass die Stellenplans, die Ausschreibung in- trennte Aufstellung der beiden Pos- findet sich jedoch in Anhang D, ers- werden muss, oder ob auch eine Freistellung nur auf die Dauer des klusive öffentlicher Bekanntma- ten „Gehalt für bisheriges Dienstver- ter Spiegelstrich (Seite 31) der dies- Teilabordnung möglich ist. Offenbar Projekts befristet ist und anschlie- chung, die Auswahl (des ohnehin für hältnis“ und „Gehalt für Projekttä- jährigen Ausschreibung von KULTUR kann auch eine Teilabordnung erfol- ßend das Arbeitsverhältnis in seiner die Stelle vorgesehenen Mitarbei- tigkeit“ auf ein und derselben Ge- 2000, die derzeit viele Kulturakteure gen, obwohl dabei die Gefahr be- ursprünglichen Form weitergeführt ters), ggf. die Beteiligung des Perso- haltsabrechnung genügen, ähnlich aus öffentlichen Verwaltungen be- steht, dass damit der alte, miss- wird. nalrats et cetera. Zudem sollte auch wie bei der Ausweisung von Über- schäftigt. Im zweiten Satz heißt es brauchsanfällige Zustand nur unwe- Sicherlich wird von vielen Ver- dieser Vertrag wieder unter der Be- stundenentgelt. Sicherer ist es je- dort: sentlich gemildert wird. waltungen hier der Einwand ge- dingung der tatsächlichen Förde- doch, zwei getrennte Gehaltsab- rung des Projekts durch die EU ste- rechnungen zu versenden, was u.U. ehälter und Kosten für Ange- hen. die Konsequenz hätte, dass ein und Gstellte des Öffentlichen Diens- Dieser Weg ist zweifellos sehr derselbe Mitarbeiter mit zwei ver- tes sind nicht förderfähig, es sei kompliziert und bedarf einer lang- schiedenen Personalnummern ge- denn, die Angestellten würden wierigen Vorbereitung. Gleichwohl führt werden müsste. nachweislich zu einer Nichtregie- Die Auswirkungen der neuen sollte er nicht ohne weiteres verwor- rungsorganisation abgeordnet oder fen werden, denn der Dienstvertrag Die neue Regelung erfordert für sie führen auf andere Weise Arbeiten Finanzregeln der Europäischen hat den Vorteil für den Arbeitgeber, Kulturakteure aus dem öffentlichen außerhalb ihrer regulären Aufgaben dass der Mitarbeiter wesentlich stär- Bereich gründliche Vorüberlegun- durch und werden dafür bezahlt. Kommission ker weisungsgebunden ist und seine gen und präzise Planung hinsicht- Schon bisher war es eine unsi- Arbeitszeit durch den Arbeitgeber lich des Einsatzes von Personalkos- chere Sache, Personalkosten im bestimmt und eingeteilt werden ten. Aus diesem Grund empfiehlt es Rahmen von Projekten geltend zu kann. Für den Arbeitnehmer liegt sich, frühzeitig mit der Projektpla- machen, wenn die jeweils am Pro- der Vorteil darin, dass er sozialversi- nung zu beginnen und alle vorgese- jekt beteiligten Personen nicht aus- cherungs- und steuerrechtlich die henen Mitarbeiter von Anfang an schließlich für das Projekt tätig wa- 2. Arbeiten außerhalb der macht werden, dass die Personalka- größere Kontinuität und Sicherheit die Vorbereitungen einzubeziehen. ren. Der (unveränderte) erste Satz regulären Aufgaben pazität eine solche Freistellung hat. Zwei Dienstverträge, die ein Ar- dieses Abschnitts sieht vor, dass nicht zulässt. Diesem Einwand muss beitnehmer beim selben Arbeitge- Die Verfasserin ist Referentin im „Personalkosten, die ausschließlich Komplizierter wird es bei der jedoch entgegen gehalten werden, ber schließt, werden sozialversiche- Cultural Contact Point, Projekt des im Zusammenhang mit der Durch- Frage, wie Angestellte im Rahmen dass die Personalkapazität die glei- rungsrechtlich und steuerlich wie Deutschen Kulturrates in führung des Projekts entstehen, (...) von Projekten „Arbeiten außerhalb che sein würde, wenn der Mitarbei- ein einziger behandelt. Insofern Zusammenarbeit mit der nur dann förderfähig [sind], wenn ihrer regulären Aufgaben durchfüh- ter ohne Freistellung im Rahmen würde der „zweite“ Arbeitsvertrag Kulturpolitischen Gesellschaft ■ der jeweilige Mitorganisator den ren“ können. seines bisherigen Arbeitsvertrages zum Beispiel auch nicht unter die prozentualen Anteil der (...) erfor- zu einem bestimmten Prozentsatz derlichen Arbeitszeit und damit den a) Tätigkeit auf Honorarvertragsba- für das Projekt tätig sein würde. prozentualen Anteil der Personal- sis in der Freizeit Auch in diesem Fall könnte er zu kosten, die den Projektkosten zuge- Noch relativ einfach gestaltet eben diesem Prozentsatz nicht sei- rechnet werden müssen, eindeutig sich das, wenn die Arbeitsverträge ner bisherigen Tätigkeit nachgehen. bestimmen und nachweisen kann.“ und die bisherige Arbeit unberührt Da die Freistellung unter ent- Da die Kulturakteure auch über bleiben und die Angestellten zusätz- sprechender Verminderung des bis- das Jahr 2004 hinaus mit der neuen lich in ihrer Freizeit auf Basis von herigen Entgelts erfolgen wird, ist Regelung werden leben müssen, sol- Honorarverträgen zur Selbstver- darauf zu achten, dass das Honorar len hier Möglichkeiten aufgezeigt steuerung für das Projekt tätig wer- so ausfällt, dass der Mitarbeiter die werden, wie entsprechende Perso- den. Im Rahmen dieser Konstellati- Möglichkeit hat, selbst die ihm nalkosten im öffentlichen Dienst on besteht die Gewissheit für die durch die unbezahlte Freistellung dennoch geltend gemacht werden EU, dass der Mitarbeiter tatsächlich entgehenden Sozialversicherungs- könnten. Diese Vorschläge erheben ausschließlich für das Projekt tätig beiträge zu leisten. keinen Anspruch auf Vollständigkeit wird, da der Dienstherr schon aus Zu beachten ist ferner, dass die oder jeweils lückenlose Ausarbei- steuerlicher und sozialversiche- Freistellung ebenso wie der Hono- tung aller damit verbundenen Prob- rungsrechtlicher Sicht streng darauf rarvertrag bereits bei der Antragstel- leme. Sie sollen nur dazu anregen, achten muss, dass das Dienstver- lung vorgelegt werden muss, also zu über die Möglichkeiten des Einsat- hältnis vom Arbeitsverhältnis im einem Zeitpunkt, indem die Förde- zes von Personalkosten nachzuden- Rahmen der freien Mitarbeiterschaft rung durch die EU noch gar nicht ken, bevor angedachte Projekte für scharf getrennt wird. Hält nämlich fest steht. Beides – sowohl Freistel- das Jahr 2005 aufgrund dieser neuen die freie Mitarbeiterschaft der zu er- lung, als auch Honorarvertrag – Regelung verworfen werden. wartenden Überprüfung durch die muss also unter der Bedingung er- deutschen Behörden nicht stand, so folgen, dass das Projekt auch tat- 1. Abordnung zu einer hat der Arbeitgeber die entspre- sächlich durchgeführt wird, was Nichtregierungs- chenden Beiträge nachzuzahlen, wiederum von der Bewilligung der was einen enormen Kostenfaktor Fördermittel durch die EU abhängig organisation darstellt. gemacht werden kann. Andernfalls Die Nachteile dieser Gestaltung entstünde die unangenehme Situa- Zunächst besteht die Möglichkeit sind dreie: Zum einen kann der tion, dass der Arbeitnehmer freige- der Abordnung des Angestellten zu Dienstherr den Mitarbeiter nicht stellt wurde, ohne für das Projekt tä- einer Nichtregierungsorganisation. einfach zur Projektarbeit „bestimm- tig werden zu können. Wenn es sich bei der das Projekt ten“, sondern ist darauf angewiesen, durchführenden Organisation um dass ein Mitarbeiter sich zu dieser c) Honorarverträge bei unbezahl- eine Nichtregierungsorganisation zusätzlichen Tätigkeit bereit findet. tem Urlaub handelt, also zum Beispiel einen Zweitens unterliegt der freie Mitar- Die selben Überlegungen wie zur Verein oder eine GmbH, auch wenn beiter nur sehr eingeschränkt Wei- Freistellung gelten, wenn der Mitar- diese in öffentlicher Trägerschaft sungen, weshalb bei der Ausgestal- beiter für die Dauer des Projekts un- stehen, so kann der Angestellte dort- tung der entsprechenden Verträge bezahlt beurlaubt wird. Aus Sicht hin unproblematisch abgeordnet sehr genau darauf geachtet werden der Kommission hat diese Lösung werden und seine bei dieser Nicht- muss, was der Mitarbeiter tatsäch- den Vorteil, dass der Mitarbeiter regierungsorganisation im Rahmen lich als „Werk“ zu erbringen hat. vollzeitig nur für das Projekt tätig ist des Projekts entstehenden Personal- Und schließlich ist der Umfang die- und die als Personalkosten geltend kosten können abgerechnet werden. ser Tätigkeit natürlich einge- gemachten Beträge damit garantiert Denkbar ist z.B. auch eine Verla- schränkt, da sie ja zusätzlich zum nur in das Projekt fließen. gerung nur des Projektmanage- normalen Arbeitsverhältnis erfolgt. ments auf eine (ggf. zu gründende) d) Dienstverträge Nichtregierungsorganisation, wobei b) Honorarverträge mit teilweiser Den größten verwaltungstechni- Antragsteller weiter die Verwal- Freistellung von der regulären Tä- schen Aufwand bereitet es, den Mit- tungsbehörde bleibt. tigkeit arbeiter im Rahmen eines Dienst- Allerdings ist der Begriff der „Ab- Letzterem Problem kann begegnet verhältnisses für das Projekt tätig ordnung“ nicht im Sinne einer werden, indem man den Angestell- werden zu lassen, denn dieses ist dienstrechtlichen Weisung zu ver- ten in entsprechendem Umfang von nach der Regelung der neuen Aus-

politik und kultur 05/03 Seite 23 HKS 47 schwarz BILDUNGSREFORM politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 24

Auf die Partner kommt es an Die offene Ganztagsgrundschule bietet mehr als nur Unterricht • Von Ute Schäfer

Das deutsche Bildungssystem ist in bringen. Wir wollen mit der offenen die Schlagzeilen geraten. Nicht erst Ganztagsgrundschule daher einen seit PISA, seither aber sind für jeder- neuen Weg gehen, um unseren Kin- mann die Defizite offensichtlich. Im dern Musik, Kunst und Kultur über Zentrum kritischer Betrachtung und den Unterricht hinaus, aber unter Analyse stehen, je nach Standpunkt, dem Dach der Schule nahe zu brin- mal die Politik, mal die Lehrer, mal gen. die Schüler und mal die Eltern. Unser Ziel ist ehrgeizig. Wir wol- len bis zum Jahr 2007 für rund ein anche Kritik mag überzogen Viertel der Grundschüler in NRW ei- Msein. Dennoch ist das Gefühl nen solchen Platz anbieten können. richtig, im deutschen Schulsystem Dieses Ziel werden wir nur erreichen müsse sich grundlegend etwas än- können, wenn wir das Nebeneinan- dern, wenn es Anschluss an die in- der unterschiedlicher Angebote be- ternationale Spitze finden soll. Des- enden, wenn wir Schule und Ju- halb werden nun Fragen wie die gendhilfe zusammenführen. Dazu nach den Schulstrukturen, nach ei- gehört auch, dass wir die rund ner wirksameren Qualitätsentwick- 30.000 Hortplätze, die es derzeit in lung und -sicherung oder nach ei- NRW gibt, schrittweise in Plätze der nem anderen Schulklima debattiert. offenen Ganztagsgrundschule über- Das ist gut so, denn die Antworten führen. auf unsere Probleme müssen vielfäl- Für jedes Kind in der offenen tig sein. Ganztagsgrundschule gibt es einen Wo liegen die Hauptprobleme Personalkostenzuschuss von zusätz- des deutschen Bildungssystems? Es lich 60 Prozent – also über das hi- sind aus meiner Sicht vor allem zwei naus, was sein Schulbesuch an jähr- Punkte: lichen Kosten verursacht. Traditio- • Deutschland hat am Ende der Lokaltermin Schule: Ministerin Schäfer auf Visite Foto: Ministerium für Schule, Jugend und Kinder, Nordrhein-Westfalen nelle Ganztagsgrundschulen arbei- Pflichtschulzeit einen deutlich zu ten nur mit Zuschüssen von 20 Pro- hohen Anteil von Jugendlichen, zent. die nur ein geringes Kompetenzni- wort auf PISA. Wer diesen Eindruck pen. Neben Lehrerinnen und Leh- naus spielerisch zu vermitteln. Zum Offene Ganztagsschulen bieten veau erreichen. zu erwecken versucht, liegt falsch, rern eben auch für Erzieherinnen Vorteil für ihre persönliche Entwick- mehr Zeit, um eine neue Lehr- und • Die Förderung von Zuwanderer- denn dann muss er sich den süffi- und Erzieher, für Künstler, für Sport- lung – und mit positiven Auswirkun- Lernkultur zu entwickeln, weil sie kindern sowie die Förderung von santen Hinweis gefallen lassen, dass übungsleiter, für Musik- oder Muse- gen auf ihre Schulleistungen, wie mehr Zeit für Kinder bieten. Weil sie Kindern aus unteren sozialen unsere Schulen nicht besser werden, umspädagogen. Die Städte und Ge- uns Studien mehrfach bestätigt ha- vielen Kindern mehr Anregungen Schichten gelingt in Deutschland wenn wir die Probleme der Halb- meinden sollen hier den für sie bes- ben. geben, als diese in ihrem häusli- schlechter als in anderen ver- tagsschule auf den ganzen Tag aus- ten Weg suchen, Partner für ihre Schule und Kultur sind untrenn- chen, familiären oder sozialen Um- gleichbaren Ländern. dehnen. Schulen zu finden. Wir wollen eine bar miteinander verbunden. In den feld erhalten. Weil sie helfen kön- Unsere Antworten auf diese Schwie- Die 235 offenen Ganztagsgrund- Grundschule, die auch zu einem Le- Schulen gibt es ein oftmals reichhal- nen, die Vereinsamung vieler Kinder rigkeiten sind vielfältig: Von der frü- schulen, die in NRW in diesem bensraum für Kinder wird, in der tiges kulturelles Leben mit Theater, zu stoppen. Und sie entlasten viele heren, intensiveren Förderung be- Schuljahr an den Start gegangen Unterricht, Hausaufgabenhilfe, Musik, Tanz, Orchester oder Chören. berufstätige Eltern, so dass diese reits im Kindergarten über vorschu- sind, bieten deshalb eben keine blo- Sport, Spiel, Musizieren und Freizeit In der offenen Ganztagsgrundschule sich nach ihrem Arbeitstag ent- lische Sprachkurse, andere didakti- ße Verlängerung von Unterricht. Ge- zusammen gehören. werden die kulturellen Angebote spannter ihren Kindern widmen sche Methoden bis hin zur Entwick- rade dies wäre nämlich der sichere „Offene“ Ganztagsgrundschulen aber einen noch größeren Raum können. Hier liegt ein nicht zu un- lung von Kernlehrplänen und zur Weg in den Misserfolg. Kein Land, brauchen also Partner. Wir haben einnehmen. Und sie werden mehr terschätzender Nebeneffekt der of- Definition von Bildungsstandards das zu den PISA-Gewinnern zählt, Vereinbarungen mit dem Landes- Kinder erreichen als bisher, auch fenen Ganztagsgrundschule, bei und deren flächendeckende Über- kennt eine Ganztagsschule, in der sportbund, dem Landesmusikrat und gerade diejenigen, die von zu dem sich Familien-, Sozial- und Bil- prüfung. von morgens bis abends nach Stun- und dem Landesverband der Musik- Hause aus keine Gelegenheit haben, dungspolitik die Hand reichen. Auch die Ganztagsschule wird dentafeln unterrichtet wird und Bil- schulen in NRW geschlossen. Und Musik, Kultur und Kunst zu begeg- seit PISA in breiter Öffentlichkeit dung sich auf schulisches Lernen wir rufen andere Organisationen nen. Die Verfasserin ist Ministerin für diskutiert. Sie ist ein wichtiges In- beschränkt. und Träger auf mitzumachen. Die Nicht alle Eltern haben die Mög- Schule, Jugend und Kinder in Nord- strument, um die Vereinbarkeit von Wir wollen bewusst eine Schule, offene Ganztagsgrundschule bietet lichkeit, ihre Kinder nachmittags zur rhein-Westfalen ■ Familie und Beruf zu verbessern. die mehr bietet als Unterricht und die Chance, Kindern kulturelle Viel- Musikschule oder in die Jugend- Aber sie ist nicht die zentrale Ant- die offen ist für andere Berufsgrup- falt über den reinen Unterricht hi- kunstschule zu schicken oder gar zu

Pop und Politik auf „SchoolTour“ Musikprojektwochen an Schulen als Herausforderung an die Kreativität • Von Oliver Schulten

Viele Wege führen zum besseren Mu- Engagements in Verbindung mit In- Musikwirtschaft und Bundesregie- ner Woche unter Anleitung von Mu- daher leicht erkennbarer Herkunft) sikunterricht, aber nur ein Weg führt stitutionen, die der Bundesregie- rung für besseren Musikunterricht an sikern Texten, Komponieren, Sin- sitzen plötzlich begeistert am Schlag- zu schnellen Ergebnissen und ra- rung direkt unterstehen. Überall deutschen Schulen hat bereits drei gen, Aufnehmen und Aufführen zeug und der oberste Schulrabauke scher Besserung. An diesem, dem wirken hierzulande die Kräfte der Bundesländer erreicht, in Schleswig- probten, danach gehts mit eigenem geht zum Direktor ins Büro, nimmt direkten Weg in die Schulen, führt Bewahrer und Bedenkenträger, von Holstein und Mecklenburg-Vorpom- SchoolSampler nach Hause. die Gitarre, singt und spielt dem völ- im Zeichen der schiefen Bildungsrui- Berlin bis in die letzte Provinz, doch mern konnten Schüler völlig neue Er- Sind Instrumente und Kenntnis- lig perplexen Direx einen frisch ge- ne von PISA kein Weg vorbei. Die direkt daneben gibt es ebenso über- fahrungen mit ihrer Kreativität ma- se vorhanden, was im Haupt- und lernten Song vor. All das findet statt. Deutsche Phono-Akademie bewegt all Menschen, die die Notwendigkeit chen, Sachsen ist die nächste kom- Grundschulbereich inzwischen eher Deshalb wollen wir die SchoolTour sich seit cirka vier Jahren kontinuier- selbstbewussten Handelns erken- mende Landesstation – im kommen- die Ausnahme ist, werden diese in mit weiteren Partnern (die auch lich im völlig verwahrlosten Bereich nen und auf attraktive Angebote den Jahr will man mit dem Partner das unkonventionelle Musizieren in- dringend gesucht werden!) in die- der musikalischen Bildung. Jede warten, um sich mit ihnen aus dem rock’n’popmuseum aus Gronau dann tegriert. Ernannt werden jeweilige sem Sinne weiter entwickeln, aus- Schule ist anders, aber bislang ha- Dornröschenschlaf herausbewegen auch nach Nordrhein-Westfalen. Musikminister und deren Stellvertre- dehnen und am Ende möglichst vie- ben wir in jeder Schule mit unseren zu können. Auf dem Stundenplan steht der ter, Schüleraktivisten, die ein pop- le von uns gesteuerte und instruier- Programmen helfen und begeistern Konkret: Im Rahmen der „School- DJ, der über Dancefloor, Migration kulturelles Netzwerk an den deut- te Teams durch alle Bundesländer können. Die SchoolTour konnte Er- Tour“ werden an mehreren Schulen und Rassismus referiert, am Ende schen Schulen mitbegründen sollen. schicken, um an Aufbau und Umbau fahrungen bündeln und aus dem rein in ganz Deutschland Musikprojekt- stehen vor allem junge Mädchen an Hohe Ansprüche, kleine Schritte, der der Schulen mitzuwirken. musikalischen Ansatz der vielen wochen durchgeführt, Projektleiter den Turntables und „legen auf“, was Weg geht weiter. Erstaunlich positiv Dabei gilt: Wir kommen als Part- Workshops und Vorträge einen pop- ist der Hamburger Autor und Musik- oft genug ein Privileg der jungen sind die Reaktionen von Schülern, ner, nicht als Besserwisser, wir wol- kulturellen Stundenplan fertigen, der journalist Jürgen Stark. Er hat für die Männer ist. Veranstalter bringen von Eltern und Lehrern. Ein Musikpäda- len anregen und brachliegende nun bundesweit Maßstäbe setzt. SchoolTour ein Team von Experten Festivals ihre „To do“-Listen mit, ein goge aus dem hohen Norden brachte Chancen und Optionen aufzeigen. zusammengestellt, welches sich pra- spannender Einblick in die profes- unsere Erfahrungen auf den Punkt: In jedem Menschen stecken Musik as Kulturinstitut der Musikwirt- xisnah dieser Herausforderung stellt. sionelle Organisation von Massen- „Was dieses Projekt leistet, ist eigent- und Kreativität, ein jeder hat ein Dschaft hat hierfür die Bundes- Jugendliche werden dabei unter veranstaltungen. Es gibt Pop-Histo- lich wesentlich mehr, als man erwar- Recht auf musische Praxis, der Nut- zentrale für politische Bildung (bpb) anderem mit Musikproduktionen ry und das Urheberrecht wird erläu- ten kann. Hier steht Persönlichkeits- zen hieraus für den Schulbetrieb ist gewinnen können – ein bislang lei- und deren gesellschaftspolitischen tert, letzteres geboten von der GE- bildung auf dem Stundenplan, hier schon seit langem in diversen Studi- der wenig beachtetes Novum. Denn Hintergründen vertraut gemacht. MA, die Einblicke in ihre Abrech- findet Integration der schwierigen en nachzulesen. Die SchoolTour tritt die viel gescholtene Politik ist durch- „Wir wollen an die Alltagserfahrun- nungs- und Kostenerhebungspraxis und problematischen Schüler auf ei- den Beweis an: Der Wert der Kreati- aus zu bewegen und in seriös abge- gen von Schülerinnen und Schülern gewährt. Die Schüler lernen mode- nem Level statt, was wirklich jeden vität ist jederzeit erlebbar und nicht stimmten Projektebenen dann ver- anknüpfen. Ein didaktischer Mix aus rieren, dokumentieren (mit Video- beeindrucken muss.“ die Jugend ist das Problem, sondern lässlicher Partner, der, vertreten künstlerischer Praxis und Theorie soll kamera oder SchoolMagazin), sie Und so gibt es auf der School- eine falsche Umgebung, die diese durch eine Vielzahl unterschiedli- zu Diskussionen über kulturelle, öko- betreiben eine Event AG und planen Tour die blinde Sängerin, das bis da- hohen kulturellen Werte offenbar cher Mitarbeiter in den Landes- und nomische und gesellschaftliche Hin- Ablauf und Durchführung des „et- hin keinem Pädagogen bekannte vergessen hat. Bundesebenen, ebenfalls eigentlich tergründe von Musikproduktionen was anderen Schulfestes“. Dort ste- herausragende Grafik & Design-Ta- Veränderung wünscht. Hier kom- führen“, meint hierzu Bernd Hübin- hen abschließend vier bis fünf lent einer behinderten Schülerin, Der Verfasser ist Geschäftsführer men wir auf den Kern eines privaten ger von der bpb. Das Angebot von „Acts“ auf der Bühne, die in nur ei- junge Mädchen mit Kopftuch (und der Deutsche Phono-Akademie ■

politik und kultur 05/03 Seite 24 HKS 47 schwarz BILDUNGSREFORM politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 25

Neue Dimensionen in der Kunst Möglichkeiten und Grenzen der künstlerischen Lehre • Von Lothar Romain

Die Zukunft der Künstlerausbildung mierung in Creditpoints, die das ist keine Frage von morgen, sondern Fundament eines europäischen Stu- eine der Gegenwart. Gegenwart und diensystems sein können, kann Zukunft verknüpfen sich untrennbar nicht nahtlos und buchstabengetreu miteinander, seitdem die Moderne die auf die künstlerische Ausbildung klassische Akademie mit ihrem Norm- gleich welcher Provenienz über- und Wertegebäude gesprengt hat. nommen werden. Gerade wo die Entwürfe einer neuen Künstlerausbil- Differenz gefragt ist, können Credit- dung, wie der des Bauhauses, waren points nicht die individuelle Auf- bei aller Zukunftsvision vor allem nahmeprüfung ersetzen. Der Wech- praktizierte Gegenwart. Künstleri- sel von einem zu einem anderen sche Ausbildung lässt sich nur künstlerischen Lehrer ist von beiden schwer in Modellformen gießen, nicht Seiten ein Glaubensbekenntnis der nur weil das, was in der Kunst lehr- künstlerischen Unterscheidung und und lernbar ist, heftig umstritten keine Sammelaktion im Sinne eines bleibt, sondern vor allem weil die patchworks. Deshalb steht die Kunst selbst immer wieder zur Dispo- Grundeinheit der künstlerischen sition gestellt werden muss, wenn sie Klasse, die mit Varianten die Bau- nicht in einen neuen akademischen steine der künstlerischen Akademi- Stillstand zurückfallen will. Die künst- en und Hochschulen bisher in lerischen Hochschulen und Akademi- Deutschland und Österreich bilden, en sind in ihrer besten Form Laborato- dem angelsächsischen Kurssystem rien, die unentwegt Fragen an Stelle prinzipiell entgegen. von Ergebnissen produzieren – Kunst- Deshalb haben die deutschen werke oder Kunststrategien als Sedi- künstlerischen Hochschulen – von mente, nicht als Kathedralen. Der Bo- der bildenden Kunst über die Musik den der Kunstgeschichte ist ein Universität der Künste, Hauptgebäude Foto: Matthias Heyde bis hin zum Theater – eine Modula- mächtiger, aber kein sicherer Zu- risierung der reinen künstlerischen fluchtsort, auf dem sich Gebäude für bisherigen künstlerischen Gattun- Doch die Ausbildung der künst- gen Themas von Kunst als Strategie. Ausbildung abgelehnt. In ihrer ge- die Ewigkeit bauen ließen. gen – das materiale, formfixierte lerischen Persönlichkeit umfasst Je mehr in allen Bereichen unseres meinsamen Erklärung heißt es: „Die Bild der Malerei im Wettstreit mit mehr als den Ausgleich zwischen Lebens, auch in der Wissenschaft, künstlerische Lehre ist an den deut- irgendwo wird heftiger um dem zeitbasierten, virtuellen der Selbstbespiegelung und Berufstüch- das Bild an Bedeutung gewinnt, um- schen künstlerischen Hochschulen Nkünstlerische Lehre und ihre neuen Medien. In dieser Konkurrenz tigkeit. Es geht vielmehr um das so mehr sind künstlerische und ge- vom Studienbeginn an auf die Per- Möglichkeiten beziehungsweise wird das erstere nicht notwendiger- Selbstverständnis des in der Gesell- stalterische Kompetenzen gefragt. son und die individuelle Entwick- Grenzen gestritten als in den dafür weise in sich erschöpfender Rheto- schaft agierenden Künstlers, um Die sich entwickelnde Medienge- lung ihrer praktischen und künstle- zuständigen Institutionen – und das rik seinem Ende entgegen arbeiten, sein Rollenverständnis ebenso wie sellschaft stellt für sie existenzielle rischen Fähigkeiten gerichtet. Dem- weniger um Modelle denn um während das letztere neue Dimen- um sein Bewusstsein, Teil dieser Ge- Fragen auch und zurecht an die entsprechend findet sie in Deutsch- künstlerische Positionen, die sich sionen erschließt, sondern die je- sellschaft zu sein: ein Dienstleister Kunsthochschulen und erwartet zu- land als Einzelunterricht oder in auch in der künstlerischen Ausbil- weiligen Bildbereiche ihre eigenen mehr als ein Apologet, nicht Guru, recht, dass wir uns darauf mit allen Klassen statt. Diese Form kann dung niederschlagen und somit de- Qualitäten, aber auch Möglichkei- sondern im besten Sinne Seismo- unseren Mitteln einlassen. Das ist durch begleitende Kurse in den Ne- ren Richtungen beeinflussen. Die ten und Grenzen ergebnisoffen aus- graph. Der einprägsame und wohl eine große Herausforderung, die benfächern ergänzt, nicht aber im immer wieder einmal heftig auf- loten. Wahrscheinlich wird im Wett- auch faszinierende Satz: „Kunst ist entgegen häufigen Befürchtungen Hauptfach durch ein Kurssystem er- brandenden Diskussionen um den streit mit der Virtualität der Malerei Kunst, und alles andere ist alles an- nicht zu einer weiteren Spaltung in setzt werden.Daraus ergibt sich fol- angeblichen Tod der Malerei mögen und Bildhauerei zukünftig eine völ- dere“ hat zwar das notwendige mo- freie und angewandte Bereiche füh- gerichtig: Die künstlerische Ausbil- dieses verdeutlichen. Würde die lig neue Bedeutung zukommen, was nomane Element des Künstleri- ren wird, sondern nur in einer engen dung ist weder modularisierbar künstlerische Ausbildung dem je- Dauer, Materialität und Gegen- schen bestärkt, aber auch zu man- Symbiose von beiden angenommen noch international standardisierbar. weiligen Zeitgeist der Kunsttheorie ständlichkeit betrifft. cher ideologischer Verwerfung ge- werden kann. Das gilt nicht für die den vielfältigen folgen und zum Beispiel die Beru- In solchen Spannungsfeldern führt, zur Selbstreferentialität alle- Allerdings bedeutet das keines- künstlerischen Studiengängen zuge- fungspolitik entsprechend ausrich- wird über Gegenwart und Zukunft mal und zur zunehmenden Blind- falls ein neues hohes Lied der blo- ordneten wissenschaftlichen Be- ten, hätte sie mehr Sackgassen denn der künstlerischen Ausbildung ent- heit gegenüber den liquiden Gren- ßen Grenzüberschreitung. Im Ge- gleitfächer.“ Öffnungen aufzuweisen. Das gilt schieden. Allerdings ist das kein äs- zen zwischen den so genannten frei- genteil: Die liquiden Grenzen for- Die Zukunft der künstlerischen insgesamt auch für den seit dem thetischer Streit im Elfenbeinturm. en und angewandten Künsten. Das dern in einer völlig neuen Weise, als Ausbildung in Europa liegt nach wie letzten Jahrzehnt leidenschaftlich Hier entscheiden sich gegenwärtige gilt insbesondere im Bereich der es die der Gattungen vorgegeben vor nicht in der Normierung, son- geführten Grundsatzstreit zwischen und zukünftige künstlerische Posi- neuen Medien, wo der Bildschirm haben, dazu heraus, die Möglichkei- dern in der Vielfalt der Unterschie- den klassischen Kunstgattungen tionen, mehr noch: künstlerische mehr und mehr die Multimedialität ten und Qualitäten des Künstleri- de. Das bedeutet keine Verweige- und den neuen Medien. Zweifellos Haltungen, die mitbestimmen über in eine Monomedialität auflöst – au- schen gegenüber dem Ästhetischen rung von Internationalität, sondern hat sich durch den virtuellen Be- die Verankerung von Kunst in Ge- diovisuelle Aspekte der Informatik neu auszuloten. Nur so ist Interdis- den Willen, die Herausforderung der reich das Operationsfeld der Kunst sellschaft. Es kann und darf nicht mit künstlerischen synthetisiert. ziplinarität zu buchstabieren und Differenz fruchtbar für die künstleri- noch einmal entscheidend erwei- nur darum gehen, die angehenden Gerade die rasante Entwicklung nur so ist sie im Kontext der Ausbil- sche Ausbildung anzunehmen und tert, hat eine neue Dimension hinzu Künstlerinnen und Künstler ästhe- in den Bereichen der digitalen Ge- dung fruchtbar. Noch immer geht es die hohe Qualität unserer künstleri- gewonnen. Viele Apologeten des tisch und funktional als „Ich-AGs“ fit staltung und Kommunikation haben um die Gemeinsamkeit der Diffe- schen Ausbildung auf dem Hinter- neuen Medienzeitalters leiten da- zu machen für den Kunstmarkt und aber für die Kunsthochschulen völ- renz. Und hier konkurrieren in der grund des soeben Gesagten weiter raus ab, dass damit das Ende des ihren persönlichen Überlebens- lig neue Möglichkeiten und Aufga- Tat unterschiedliche Ausbildungs- zu entwickeln, anstatt sie europä- bisherigen Kunstschaffens eingeläu- kampf, wenn wir auch gerade in Be- ben erschlossen, die nur sie auf- modelle miteinander – nicht erst isch zu standardisieren und ihr da- tet sei – als gäbe es in der Kunst ei- zug auf diesen letzteren Aspekt noch grund ihrer uralten Kompetenz für seit Bologna, wohl aber befördert mit die notwendige, gesellschaftlich nen Fortschritt, der im Vorwärtsge- auf Dauer unverantwortbare Ausbil- das Visuelle und vor allem wegen ih- durch Bologna. Was für die wissen- notwendige Luft zu freiem Atmen zu hen das Bisherige ablöse und erledi- dungsdefizite haben. Der Streit um res fortwährenden Laborierens mit schaftliche Ausbildung in Europa ei- rauben. ge. Tatsächlich aber bedeutet jedes das Reinheitsgebot der Kunst darf dem Visuellen, mit dem Bild wahr- nen qualitativen Sprung bedeutet, neue Arbeitsfeld zugleich eine exis- die Berufsbedingungen des klassi- nehmen können. Dieses ist ja längst nämlich die Vergleichbarkeit der Der Verfasser ist Präsident der tenzielle Herausforderung an die schen Künstlers nicht ausblenden. schon ein Element des vielschichti- Studien, ihre qualitative Grundnor- Universität der Künste Berlin ■

Resolution des Deutschen Kulturrats – Berlin, den 25.09.2003 Nicht an der Nachwuchsförderung sparen! Deutscher Kulturrat fordert, die musisch-künstlerischen Wettbewerbe zu erhalten

Der Deutsche Kulturrat, der Spitzen- • Bundeswettbewerb Schüler kompo- Alle Wettbewerbe finden in Verbin- rung erfahren. Die vom Bundesminis- Wir fordern die Bundesministe- verband der Bundeskulturverbände, nieren – Treffen junger Komponis- dung mit kompetenten Kulturinstitu- terium für Bildung und Forschung ge- rin für Bildung und Forschung, Edel- hat mit großer Sorge den Haushalts- ten, tionen statt, die durch ihr Know-how, förderten musisch-künstlerischen gard Bulmahn, und die verantwortli- planungen für die Jahres 2004 bis • Bundeswettbewerb zur Förderung ehrenamtliches Engagements und Wettbewerbe bekennen sich zur För- chen Politikerinnen und Politiker im 2006 entnommen, dass die durch des Schauspielnachwuchses, Sachleistungen zum Gelingen der derung dieses kreativen Potenzials Deutschen Bundestag auf, sich für das Bundesministerium für Bildung • Schüler machen Filme und Videos Wettbewerbe und damit der Förde- von Jugendlichen und jungen Studie- den Erhalt der musisch-künstleri- und Forschung geförderten Wettbe- (Schülerfilmfestival), rung von Begabungen beitragen. Die renden. Sie sind ein gelungenes Bei- schen Wettbewerbe einzusetzen. werbe gekürzt werden sollen. Von • Schüler machen Lieder – Treffen Wettbewerbe sind oftmals auf Bun- spiel effektiver Zusammenarbeit von Auch in finanzpolitischen schwieri- diesen Kürzungen wären auch die Junge Musik-Szene, desebene das einzige Instrumentari- Schule und außerschulischen Einrich- gen Zeiten darf die Investition in be- musisch-künstlerischen Wettbewer- • Schüler machen Theater – Theater- um zur Förderung dieser Begabun- tungen sowie des Zusammenwirkens sondere Begabungen und kulturelle be betroffen. treffen der Jugend, gen. von Bund und Ländern. Durch eine Bildung nicht vernachlässigt wer- Das Bundesministerium für Bil- • Schüler schreiben – Treffen junger Eines der wichtigsten Ergebnisse Kürzung oder gar den Wegfall der För- den. dung und Forschung fördert zur Zeit Autoren. der PISA-Studie war, dass neben den derung durch das Bundesministerium folgende Wettbewerbe: Die Wettbewerbe richten sich an leistungsschwachen Schülerinnen für Bildung und Forschung stünde der • Bundeswettbewerb Kunststuden- künstlerisch begabte Jugendliche und Schülern auch die leistungsstar- Fortbestand der Wettbewerb auf dem ten stellen aus, beziehungsweise junge Studierende. ken in Deutschland zu wenig Förde- Spiel.

politik und kultur 05/03 Seite 25 HKS 47 schwarz BILDUNGSREFORM politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 26

Kommentar Ganztagsgrundschule Light? • Von Olaf Zimmermann

Mitte Juli wurde die Rahmenverein- Schüler und ihre Eltern bringen sein. Besonders begabte Schüler Pflichtschulbereich an staatlichen desregierung bislang nicht zu er- barung über die Zusammenarbeit an wird. müssen die Chance erhalten, sich Schulen grundsätzlich kostenfrei. kennen gegeben, dass sie bereit ist, offenen Ganztagsgrundschulen des Zu den erschreckendsten Be- in den verschiedensten Künsten be- Es geht bei der offenen Ganz- auch das „nichtpädagogische“ Per- Landesmusikrates Nordrhein-West- funden der PISA-Studie zählt für weisen zu können. Nicht l‘art pour tagsschule in NRW um die Organi- sonal, also Unterrichtende, die kei- falen (NRW) und des Landesverban- mich die vollständig unzureichende l‘art, sondern leistungsbezogener sation einer höherwertigen Betreu- ne Lehrbefugnis durch das erste des der Musikschulen NRW mit den Förderung besonders starker und Unterricht, wie in den mathema- ungseinrichtung für möglichst viele oder zweite Staatsexamen erlangt nordrhein-westfälischen Ministerien besonders schwacher Schüler an tisch-naturwissenschaftlichen Fä- Kinder. Und hier ist man auf die haben, zu finanzieren. Wer wird die für Schule, Jugend und Kinder und deutschen Schulen. Und wer ein chern üblich, muss auch in den mu- Unterstützung besonders der au- Musiklehrer, Orchestermusiker, Di- für Städtebau und Wohnen, Kultur starker und wer ein schwacher sisch-kulturellen Fächern angebo- ßerschulischen Bildungsträger an- rigenten und Chorleiter bezahlen? und Sport geschlossen. Die beiden Schüler wird, hängt auch noch un- ten werden. gewiesen. Besonders die Musik- Dass ein kontinuierliches Nachmit- Verbände haben mit ihrer Unter- mittelbar mit der Einkommenssi- Doch will das nordrhein-westfä- schulen und die Musik- und Sport- tagsangebot hauptsächlich auf eh- schrift unter die Rahmenvereinba- tuation und der Bildung der Eltern lische Ministerium für Schule, Ju- vereine vor Ort sollen am Nachmit- renamtlichem Engagement fußt, ist rung die Chance, die sich durch die zusammen. Dieses Ergebnis der gend und Kinder eine solche Ganz- tag „ein außerunterrichtliches Mu- nur schwer vorstellbar. flächendeckende Einführung der PISA-Untersuchung nach dreißig tagsschule? Das Modell des Bil- sik- und Sportangebot für mög- Bislang macht das Konzept der Ganztagsgrundschule in Deutsch- Jahren Westdeutscher Schulreform dungsministeriums heißt „Offene lichst alle Kinder sicherstellen, die offene Ganztagsgrundschule in land als Reaktion auf das schlechte ist ein unglaubliches Armutszeug- Ganztagsschule“ und soll eine „an- einen Platz in der offenen Ganz- NRW den Eindruck einer „Ganz- Abschneiden deutscher Schüler bei nis der Bildungspolitik. Alles, was dere“ Schule sein. Anders weil zu- tagsgrundschule haben“. Eine gro- tagsgrundschule-Light“. Die Musik- PISA bietet, am Schopf gepackt. diese Bildungskatastrophe einzu- mindest am Nachmittag nicht mehr ße, eine wichtige Aufgabe, aber wer verbände, die mit dem nordrhein- dämmen vermag, ist sinnvoll. Die hauptsächlich Lehrer die Schüler übernimmt die Kosten für eine re- westfälischen Bildungs- und Kul- ahrelang ging es immer nur um Ganztagsschule wird die Möglich- unterrichten, sondern die unter- gelmäßige, professionelle Betreu- turministerium die Rahmenverein- JAbbau von Musikunterricht in- keit bieten, die starken und die schiedlichsten gesellschaftlichen ung am Nachmittag? Und wer ga- barung abgeschlossen haben, ha- und außerhalb der Schule, jetzt schwachen Schüler deutlich besser Gruppen, aus dem Sozialbereich, rantiert, dass der außerunterrichtli- ben die Verantwortung darauf zu braucht die Politik bei der Umset- als bislang zu fordern, da mehr Zeit dem Sport und der Kultur, Verant- che Musikunterricht nicht der Vor- achten, dass die musisch-kulturelle zung ihrer ehrgeizigen Ganztags- zur individuellen Betreuung vor- wortung übernehmen. In vier Jah- wand ist, um zum Beispiel das Re- Bildung gestärkt wird. Diese Verant- schulpläne gerade die Bereiche der handen sein wird. Auch die Eltern, ren sollen schon 200.000 Kinder, gelfach Musik einzustellen? Gerade wortung bezieht sich meiner An- Gesellschaft, die bislang eher als in unserer gesellschaftlichen Reali- das heißt ein Viertel aller Grund- die einseitige Ausrichtung der PISA- sicht nach nicht nur auf den Musik- Kostenfaktor denn als gesellschaft- tät überwiegend die Mütter, werden schüler in NRW, in die offene Ganz- Studie auf die „harten“ Unterrichts- unterricht, sondern umfasst die ge- liches Produktivkapital gesehen durch ein flächendeckes Ganztags- tagsgrundschule gehen. Und ob- fächer Mathematik, Deutsch und samten Künste. wurden. Neben den Laienmusikver- schulangebot in der Zukunft ihre ei- wohl die offene Ganztagsgrund- Naturwissenschaften führt zu einer Diese neue Verantwortung ist bänden und den Musikschulen, gene berufliche Situation verbes- schule also in wenigen Jahren zu ei- Verdrängung der vermeintlich „wei- aber keine Last, sondern die Chan- sind das besonders die Sportver- sern können, vorausgesetzt die nem wichtigen Zweig der Regel- chen“ Fächer wie Kunst und Sport ce für die Verbände, die Bildungs- bände, die Kirchen und die fast an längst versprochene Entspannung schule werden soll, soll sie nicht wie aus dem Unterrichtskanon. landschaft der Zukunft unmittelbar jeder Schule arbeitenden Elternin- am Arbeitsmarkt kommt wirklich. eine normale Schule behandelt Nach Einschätzung der Landes- mit zu gestalten. Ohne sie wird die itiativen. Sie sollen jetzt richten, Außerdem bietet die Ganztagsschu- werden. Das beginnt schon damit, regierung NRW werden durch die Landesregierung NRW ihr Ganz- was die Halbtagsgrundschule bis- le die Möglichkeit, die musisch-kul- dass die Eltern für den Besuch ihrer Auflösung von cirka 30.000 Hort- tagsgrundschulprojekt nicht reali- lang nicht geschafft hat. turellen Fächer, die nicht nur in der Kinder in der offenen Ganztags- plätzen für Grundschulkinder Mit- sieren können. Ob die Ganztags- Einige Ergebnisse der PISA-Stu- PISA-Studie aus dem Blickfeld gera- grundschule Schulgeld bezahlen tel für das Ganztagsschulprogramm grundschule ein Gewinn für den die, gerade die, welche die Grund- ten sind, wieder deutlicher im Un- sollen. Bis zu 1.200 Euro plus Ne- frei. Diese freiwerdenden Mittel ste- Musik- und Kunstunterricht in schule betreffen, wurden zwar terricht zu verankern. Dabei geht es benkosten wie Verpflegung und Un- hen jedoch nach Aussage des Deut- NRW wird, oder ob nur ein Light- durch die IGLU-Studie relativiert, nicht nur um den Musikunterricht, terrichtsmaterial müssen die Eltern schen Städtetages in keinem sinn- Programm zur Betreuung von Kin- trotzdem steht für mich außer Fra- sondern auch um Bildende Kunst, pro Jahr bezahlen. Der Nachmit- vollen Verhältnis zu den zu erwar- dern am Nachmittag mit Musik üb- ge, dass die flächendeckende Ein- Darstellende Kunst, Literatur und tagsunterricht wird als eine Art frei- tenden Kosten, die durch die Ganz- rigbleibt, liegt also auch an ihnen. führung der Ganztagsschule, nicht auch um Architektur. Jedes Kind willige Betreuungsleistung des tagsgrundschule mit 200.000 Kin- nur für die Grundschule, erhebliche muss in seiner Schulzeit mit allen Staates gesehen. Schule kann es ja dern schon ab dem Jahr 2007 ent- Vorteile für die Schülerinnen und Künsten in Berührung gekommen nicht sein, die ist ja bekanntlich im stehen werden. Auch hat die Lan-

Bildung und Wissen: Brücke zwischen den Generationen Geschichte und Perspektiven des ersten deutschsprachigen Satellitenprogramms 3sat • Von Engelbert Sauter

Es geschah am 1. Dezember 2002 – Als zum 1. Dezember 1993 die Netzwerkes werden. Nicht zuletzt und alle daraus resultierenden Be- In diesem Schwerpunkt sollen zent- ohne großes Brimborium und Tralala: ARD dem 3sat-Konsortium beitrat, dadurch nehme 3sat auch die Funk- lastungen für unsere Sozialsysteme rale Fragen aufgerufen und Antwor- 3sat war volljährig geworden. wurde damit die Partnerschaft zum tion eines Kulturbotschafters von und den gesellschaftlichen Zusam- ten gesucht werden: Worauf basiert Zusammenspiel aller öffentlich- Deutschland, Österreich und der menhalt erschweren den Dialog die Gesellschaft des 21. Jahrhun- ie Volljährigkeit war allerdings rechtlicher Sender im deutschspra- Schweiz in den Partnerländern und zwischen den Generationen. Gerade derts, wohin geht sie, was hält sie im Dein Anlass, über eigenes Profil chigen Raum komplettiert – keines- für Europa wahr. aber dieser Dialog ist Voraussetzung Innersten noch zusammen? und über den speziellen öffentlich- wegs eine Selbstverständlichkeit, Und abschließend halten die vier für die Bewältigung der genannten In einer Medienlandschaft, die rechtlichen Auftrag nachzudenken, denn jeder der Partner musste Ego- Partner fest, dass 3sat als Gemein- Probleme und die Gestaltung einer sich – auch im Hinblick auf die Ent- den eigenen Anspruch des „anders ismen und Eigeninteresse zurück- schaftsprogramm von ZDF, ORF, humanen Gesellschaft. wicklung durch die Digitalisierung – fernsehen“ zu hinterfragen und ge- stellen. Dieser Verzicht wurde aber SRG und ARD einen besonderen 3sat will mit seinem Programm- immer stärker spezialisiert und fac- gebenenfalls neu zu definieren und ermöglicht durch das gemeinsame Stellenwert besitze, denn es sei angebot einen Beitrag zur Dialogfä- ettiert, ist unter dem Vermarktungs- zu positionieren. Bekenntnis zum „kulturellen „ - als Programm mit kulturellem higkeit der Gesellschaft leisten, mit druck zu befürchten, dass die Zu- Diese Positionsbestimmung ist Schwerpunkt“ des gemeinsamen Schwerpunkt unverzichtbar für das Information, Aufklärung und Bil- schaueransprache immer ober- ohne Blick auf die Geschichte von Programms. öffentlich-rechtliche dung. Dabei ist Bildung zu unter- flächlicher und marketing-orientier- 3sat nicht möglich, denn ein ent- Der „kulturelle Schwerpunkt“ Gesamtangebot und scheiden von reinem Faktenwissen: ter wird. scheidender Teil der Positionierung war für 3sat von Anfang an Orientie- - als „Bündnis für Kultur“ unver- Bildung heißt verstehen, analysie- Hier hat 3sat als werbefreies öf- ist in der Geschichte und der Ent- rung für die inhaltliche Ausrichtung zichtbar für den deutschen Sprach- ren, Lösungswege aufzeigen, Tradi- fentlich-rechtliches Qualitätsfernse- wicklung von 3sat angelegt. des Programms. Im 3sat-Manifest raum und Europa.“ tionen vermitteln und bewahren hen die Chance und die Aufgabe, Am 1. Dezember 1984 ging 3sat vom 1. Dezember 1989 heißt es: Was heißt das nun für ein Fern- und damit zur Identitätsstiftung bei- noch stärker integrierend und ver- als erstes deutschsprachiges Satelli- „3sat ist ein eigenständiges Pro- sehprogramm in einer Gesellschaft, tragen. mittelnd zu wirken. Dazu gehört, tenprogramm auf Sendung. Es be- gramm, das sich über nationale die zunehmend geprägt ist von der Wenn also das Fernsehen zum mit allen Mitteln des Fernsehens gann damals in der Partnerschaft Grenzen hinweg an ein anspruchs- Verfolgung von Gruppen- und Ein- Beispiel die Älteren über Zukunfts- Neugier und Interesse für Kultur mit dem österreichischen Fernse- volleres Fernsehpublikum im deut- zelinteressen, in der Integrationsele- themen informiert und Orientie- und Wissen zu wecken. hen ORF und dem Schweizer Fern- schen Sprachraum und darüber hi- mente seltener geworden sind und rungshilfen gibt, dann rüstet es die- Mit der Reihe „Kultur-TÜV“ im sehen SRG. Schon damals machte naus wendet. Es will den Hauptpro- in der jetzt ganz offensichtlich die se Generation für den gesellschaftli- Magazin „Kulturzeit“, in der die kul- 3sat die Leistungsfähigkeit und Qua- grammen keine Konkurrenz ma- Kraft für einen integrativen Akt fehlt, chen Dialog mit den Jüngeren aus. turelle Relevanz von Gemeinwesen lität des öffentlich-rechtlichen Fern- chen, sondern sie ergänzen und ihr um diese individuellen Interessen Umgekehrt weckt man mit Zu- untersucht wurde, hat 3sat ein Bei- sehens zum Maßstab des eigenen Angebot um Aspekte bereichern, die und Ansprüche solidarisch und ziel- kunftsfragen und Lebensperspekti- spiel aufgezeigt. Programmangebotes. Wirklich neu in den mehrheitsfähigen Program- orientiert zusammenzuführen? ven zunehmend auch das Interesse Auf diesem Wege kann 3sat aber war, dass die Programmphilo- men zu kurz kommen. ... 3sat ist ein Die Integrationsverpflichtung des von jungen Leuten. durch Seriosität und Verlässlichkeit sophie nicht mehr national, son- Programm für interessierte und en- öffentlich-rechtlichen Rundfunksys- Der Slogan von 3sat lautet seit seiner Angebote, verbunden mit Fri- dern sprachraumorientiert war. Bei gagierte Zuschauer. ... 3sat will ein tems wird daher jetzt aktuell zu dem Jahren „anders fernsehen“. Wenn sche und Lebendigkeit seines „out- der Unterzeichnung des 3sat-Vertra- anspruchsvolles, aber kein elitäres bestimmenden Element der Pro- man diesen Begriff mit Inhalten füllt fits“, zu dem werden, was es sein ges am 13. Juli 1984 formulierte der Programm sein.“ grammphilosophie eines Program- und als Programmauftrag für die könnte : damalige ZDF-Intendant Dieter Fast 10 Jahre später konstatier- mes mit kulturellem Schwerpunkt. Vermittlung von Kultur, Bildung und Eine offene Plattform für Kultur Stolte: „Unter veränderten Bedin- ten ZDF, ORF, SRG und ARD in einer In einer Zeit gesellschaftlicher Wissen interpretiert, dann be- und Wissen, Wissenschaft und Bil- gungen des Gesamtprogrammange- gemeinsamen Erklärung am 24. Ap- Umbrüche und Neustrukturierun- schreibt es das, was 3sat mit seinem dung im deutschsprachigen Raum botes bedarf es neuer Wege, um die- ril 1998, 3sat reflektiere mit seinem gen suchen junge und alte Men- Programm will. und eine Brücke zwischen den Ge- se kulturelle und humane Leistung Programm das aktuelle Kulturge- schen gleichermaßen nach Orien- Auf diesem Weg schreitet 3sat nerationen: „anders fernsehen“ (des öffentlich-rechtlichen Fernse- schehen, sei selbst Teil des kulturel- tierung. Die demographische Ent- zielbewusst weiter, wenn es jetzt – eben. hens) auch künftig zur Geltung zu len Lebens und könne mit seinem wicklung ist für die Medien eine gro- anlässlich des 200. Todestages von bringen. An diesem Ziel orientiert Engagement auch zum Mitträger ei- ße Herausforderung. Das Szenario Immanuel Kant für 2004 einen Phi- Der Verfasser ist Koordinator sich das Konzept von 3sat.“ nes gesellschaftlich-kulturellen einer wachsenden Überalterung losophie-Schwerpunkt vorbereitet. von 3sat ■

politik und kultur 05/03 Seite 26 HKS 47 schwarz WERT DER KREATIVITÄT politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 27

Als Kultursenator würde ich gern Flurschaden anrichten Ein Gespräch mit dem Berliner Galeristen Matthias Arndt, das von der Kreativität bruchlos zur Kulturpolitik führte

die Pflichten des Galeristen? unter auch, wie sich das Programm französische Kunst ist, die wollen diesen Job vielleicht drei, vier Mona- MA: Was mir an meinem Beruf der Galerie weiter entwickelt. Namen und Positionen hören. Das te gemacht, um so viel Flurschaden gefällt, ist diese enorme Vielfalt an Es gibt gewisse kunstfreundliche Werk und der Künstler setzen sich anzurichten, dass dann genügend künstlerischen Positionen und Cha- liebliche Malerei, die sich sehr gut durch die Kraft und Prägnanz der Manövriervermögen vorhanden ist, rakteren, mit denen ich zu tun habe. verkauft, die ich aber nicht ausstel- Aussage durch. Im Moment ist vor um überhaupt mal wieder budget- Ich habe das Privileg, mehrere len kann und will, da sie zwar markt- allem in zwei Ländern die Produkti- technisch kreative Entscheidungen künstlerische Positionen zu vertre- tauglich ist und durchaus ästheti- on besonders groß, nämlich in Ame- treffen zu können. Natürlich hat ten und mich mit diesen beschäfti- sche Qualitäten hat, aber der Arbeit rika und Deutschland. Das hat wohl mich keiner gefragt, und das ist viel- gen zu können. Das ist für mich ein von zum Beispiel Thomas Hirsch- etwas mit deren Vergangenheit zu leicht auch gut für Berlin (lacht). geistiger Reichtum. Ich bin nicht auf horn oder Sophie Calle, die sich tun und damit, wie die Länder sich Es ist Anfang Oktober, die Zeit des ein Werk oder eine Persönlichkeit durch ein soziales Engagement aus- zu der Welt positionieren. Amerika: puk: Sie haben gerade Herrn Schus- „Art Forum Berlin“, als ich Matthias festgelegt. Das ist aber auch eine zeichnen, entgegen laufen und das einerseits im Austausch mit allem, ter, den Generaldirektor der Berli- Arndt in der Teeküche seiner Galerie Herausforderung: Von mir ist Auf- Programm verwässern. Die Künstler andererseits hat es eine dominante ner Staatlichen Museen, hart kriti- treffe. Anders als mancher Kollege, merksamkeit gefordert und, mich erwarten, dass eine Galerie ein Pro- Position. Deutschland: sehr zwei- siert. Was werfen Sie ihm vor? der London vorgezogen hat, ist Arndt ständig umzustellen. gramm hat, dass sie weiß, was sie felnd, sehr kritisch, sich immer wie- MA: Es gibt in Berlin eine ganz auf der Messe wie selbstverständ- Sie müssen als Vermittler bereit tut. Der Galerist ist kein Kunsthänd- der neu definieren müssend, Kaiser- kreative zeitgenössische Kunstsze- lich präsent. In Anzug, Pumashirt sein, fast alle Wünsche der Künstler ler. Er verkauft zwar Kunst und muss reich, Faschismus, Teilung, Wieder- ne, die weltweit gesehen auf MoMA- und –turnschuhen empfängt er mich zu erfüllen. Das sind formale und fi- davon leben, aber er darf leider vereinigung. Das spiegelt sich in die- Niveau (Museum of Modern Art in der Teeküche, die in ihrem Retro- nanzielle Dinge, aber auch unter- nicht immer das verkaufen, was sich sem kritischen und wachen Geist New York, d. Red.) ist. In Sachen zeit- stil jedem Berliner Club Ehre ma- schiedliche Ansprachen: Der eine gut verkaufen ließe, sondern er der Künstler und deshalb spielt genössischer Kunst guckt Amerika, chen würde. Hier ist er zu spüren, möchte geschrieben bekommen, muss das zeigen, woran er glaubt, deutsche Malerei eine unglaublich guckt die ganze Welt auf Berlin. Die der Hauch des jungen, wilden und der andere angerufen, der dritte be- was in seinen Augen die größte äs- große Rolle. Im Moment entsteht in- Berliner Museen dagegen wollen coolen Berlins, der die zeitgenössi- sucht werden. Einer möchte in Ruhe thetische, soziale oder politische teressanterweise auch in Polen viele jetzt die Sammlung des MoMA nach sche Szene seit den Neunzigerjahren gelassen werden, ein anderer Brisanz hat. spannende Malerei. Vielleicht liegt Berlin holen und hier zeigen. Von prägt. braucht Motivation usw. Das sind das daran, dass die politische Befrei- der Berliner Szene wird das als ein große menschliche Ansprüche, de- puk: Nach welchen Kriterien wäh- ung auch in der Kunst eine große Akt der Ignoranz gegenüber dem puk: Sie sind ausgebildeter Bank- nen ich zu begegnen versuche. Von len Sie einen Künstler zur Zusam- Wirkung hat. hier vorhandenen Potenzial an kaufmann. Warum investieren Sie den Künstlern geht alles aus. Die menarbeit aus? Künstlern und Kunstvermittlern, al- in Künstler, anstatt Investment- Qualität der Galerie ist nur so gut MA: Wie komme ich zu den puk: Mir fällt auf, dass Sie häufig so den Galeristen, wahrgenommen. fonds aufzulegen oder Aktienpake- wie die Qualität der Werke, die sie Künstlern? Ich suche sie. Ich sehe sie politische Gründe für die Entste- Es wird gleichzeitig nichts dafür ge- te zu schnüren? tan, dass die Werke, die hier in dieser Matthias Arndt: Ich habe schon Stadt entstehen, in die Berliner früh erkannt, dass mich der Handel Sammlung kommen, dass eine re- und die Vermittlung interessieren, präsentative und dichte Sammlung aber nicht mit einer so abstrakten dieser Berliner Positionen aufgebaut Größe wie Geld, sondern mit Werten wird. Vor Jahren noch haben deren anderer Art. Es stellte sich intuitiv Werke 5.000-6.000 DM gekostet, sehr schnell heraus, dass das die jetzt liegen die bei 150.000-200.000 Kunst ist, und da gibt es nicht so vie- Dollar. Die Finanzdebatte des feh- le Möglichkeiten: Sie können selber lenden Geldes – das können wir Künstler und Produzent werden, das nicht mehr hören, man hätte das hatte ich auch eine Zeitlang vor. früh fürn Appel und ‘n Ei kaufen Aber ich habe dann gemerkt, dass können. Die Chance, eine eigene der Künstler ein großes Maß an Ein- stringente Sammlung aufzubauen, samkeit aushalten muss. Der Künst- wird vertan. Gleichzeitig werden ler ist mit seinen Entscheidungen al- diese großen Schätze der Vergan- lein, die falsche Entscheidung kann genheit nach Berlin geholt. Dadurch ein Bild, einen Film oder ein Foto wird aus meiner Sicht das Berliner zerstören. Er ist seine einzige gestal- Defizit noch deutlicher: Im Grunde terische und ästhetische Instanz. holen sie sich den Glanz von aus- Weil ich das nicht auf mich nehmen wärts hierher und zeigen so, was ih- wollte, und weil ich wusste, dass ich nen selbst fehlt. Zudem ist der Deal gut reden kann, beschloss ich, Ver- nicht gut verhandelt: 8, vielleicht so- mittler zu werden, Galerist. gar 12 Millionen Euro zuzusagen oh- Was mir an der Kunst wichtig ist: ne Gegenleistung, dass zum Beispiel Kunst kann nicht die Welt verän- Berlin seine Sammlung anschlie- dern. Wenn wir mit den kritischen ßend auch in New York zeigen darf! Augen des Künstlers die Welt be- Die Kuratoren kommen ja nicht trachten, dann bekommen wir noch mal mehr in die Galerie, die recht- keine Antworten, aber wir können fertigen sich: ‚Wir haben doch kein vielleicht mit den Weltdingen besser Geld.‘ Dabei geht‘s nicht immer nur umgehen. Einer von den Künstlern, In der Galerie Arndt & Partner, Berlin: Installation „Doppelgarage“ (2002) von Thomas Hirschhorn Foto: Jörg von Bruchhausen um Geld! Wir freuen uns doch auch die ich froh bin vertreten zu dürfen, schon über Interesse an unserer Ar- ist Thomas Hirschhorn. Seine Arbei- ausstellt. Deshalb müssen die auf dem Markt, das heißt auf Kunst- hung von Kunst anführen. Ist das beit, beziehungsweise der Arbeit der ten enthalten pure Energie. Da geht Künstler, die ich vertrete, die Pro- märkten und Messen, bei Kollegen, Zufall? Künstler, freuen uns schon über je- es um Engagement, der Künstler duktionsbedingungen vorfinden, mit denen ich ähnliche Sensibilitä- MA: Kulturpolitik ist ohne mei- des qualifizierte inhaltliche Ge- sagt: Ich mache Kunst, weil ich mit die sie in ihrer Arbeit motivieren ten teile. Die Entscheidung kann nen Willen zu meinem Hobby ge- spräch! Museumsdirektoren aus an- dem Zustand der Welt nicht einver- und unterstützen. Das ist bei uns strategischer Natur sein, aber auch worden. Politik ist in Berlin an allen deren Städten machen das doch standen bin. Er weiß, er kann die räumlich der Fall, wir haben – für praktische und nicht zuletzt finanzi- Orten präsent, nicht weil hier der auch. Im Autohaus muss man ja Welt nicht ändern, aber er versucht Berliner Verhältnisse, wo wir einen elle Gründe haben. Solch eine mu- Bundeskanzler sitzt, sondern weil auch nicht gleich ein Auto kaufen, es. In dieser Geste liegt ein ganz gro- begrenzten Markt für zeitgenössi- seale Ausstellung, wie wir sie ma- im Kulturbereich so viel im Argen nachdem man es betreten hat. Mit ßer Wert. sche Kunst haben – sehr große re- chen, kostet sehr viel Geld, zwischen liegt und die Strukturen so sehr aus- den Berliner Museen findet kaum Deshalb arbeite ich sehr gern präsentative Räume, was ein großer 30.000 und 40.000 Euro Erstellungs- einander klaffen: Wir haben einer- inhaltlicher Austausch statt. mit Kreativen, wenngleich diese Ar- Aufwand ist. Außerdem haben wir kosten. Es kann also gelegentlich seits eine extrem konservative, zent- Das MoMA wird die Millionen an beit kaufmännisch und vom Mana- mit sieben Mitarbeitern auch die sein, dass man sich für eine weniger ral gelenkte Museumslandschaft, Leihgebühren, die es erhält, (hof- gement her sehr komplex ist und am personelle Infrastruktur geschaffen. produktionsintensive Position ent- der mit Peter-Klaus Schuster je- fentlich) zum guten Teil dazu ver- Ende auch noch ziemlich Nerven scheidet. Auch Trends spielen eine mand vorsteht, der das Potenzial wenden, Kunst zu kaufen, und es aufreibend, weil man ja immer mit puk: Wie sehr identifizieren Sie sich Rolle, auch wenn ich nicht automa- dessen, was hier zeitgenössisch pas- kann sein, dass dieses Projekt dann sehr sensiblen Menschen zu tun hat, mit den Künstlern, die Sie vertre- tisch einem Trend folge. Im Moment siert, überhaupt nicht einschätzen indirekt doch noch Sinn macht, weil die leicht aufzuregen sind. Kauf- ten? Gibt es den einen ‚Lieblings- zum Beispiel entsteht sehr viel her- kann, und gleichzeitig einen der vi- das MoMA vielleicht auf einer Messe männisch war das doch ein großes künstler‘, an dem man auch mal ge- vorragende Malerei, das muss man talsten Produktions- und Vermitt- in Basel oder Miami bei einer Berli- Risiko und in den letzten 10 Jahren gen ökonomische Vernunft festhält, in seinem Programm widerspiegeln. lungsstandorte in Europa. Ich glau- ner Galerie noch eine Arbeit von ei- ein aufregender, aber auch sehr stei- weil man an ihn glaubt? Trotzdem bleibt die Auswahl immer be, dass wir an den hiesigen Struktu- nem Berliner Künstler kaufen wird. niger Weg. MA: Einen Lieblingskünstler darf intuitiv. ren mitwirken müssen, damit wir Wenn jemand eine falsche Ent- es nicht geben, das wäre unfair ge- unsere Arbeit erfolgreicher tun kön- scheidung trifft, dann ist das nichts Arndt wird von seiner Assistentin ge- genüber den anderen. Alle Künstler, puk: Ihre Galeriekünstler stammen nen, obwohl das nicht mein Job ist, Schlimmes, denn der Mensch kann rufen: Kundschaft! Er entschuldigt deren Werke ich ausstelle, muss ich aus unterschiedlichen Kulturkrei- den Museen und Institutionen Vor- sich irren, wenn jemand aber bera- die Unterbrechung: „Das Art Forum für herausragend halten. Für mich sen. Ist Kreativität universell oder schläge zu machen. Andere Galeris- tungsresistent ist, dann macht er ei- ist der Zeitpunkt im Jahr, zu dem wir bedeutet das, dass deren Werk eine haben Sie nationale oder kontinen- ten bleiben da untätig und küm- nen schlechten Job. aus der Galerie heraus besonders gut große Brisanz und Kraft hat. Alle tale Ausprägungen von Kreativität mern sich um ihr Geschäft, die ste- verkaufen können, denn nur jetzt Künstler, mit denen ich arbeite, er- festgestellt? hen jetzt am Galerieeingang und be- Mit Matthias Arndt sprach sind die auswärtigen Sammler in der füllen dieses Kriterium. Manche Po- MA: Die Franzosen betonen im- grüßen die amerikanischen Samm- Jens Leberl ■ Stadt.“ Ausländische Besucher zäh- sitionen jedoch sind in ihrer Spra- mer die Eigenart französischer ler, die hier durchlaufen. Das muss len zu seinen besten Kunden, erzählt che und dem verwendeten Material Kunst. Das hat große Vorteile in ih- ich auch tun und mache ich auch. Arndt. und in ihrer Entwicklung funda- rem Land, aber es nutzt ihnen für Aber ich fühle mich verantwortlich mental und sehr bedeutend auch für das Ausland gar nichts. Amerikaner für diesen Standort. Ich wäre nicht puk: Welches sind die Früchte und die Galerie. Diese bestimmen mit- interessiert nicht, wie bedeutend die gerne Kultursenator, aber ich hätte

politik und kultur 05/03 Seite 27 HKS 47 schwarz WERT DER KREATIVITÄT politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 28

Urheberrecht in der Informationsgesellschaft Bestandsaufnahme und Überlegungen zum weiteren Regelungsbedarf • Von

das geistige Eigentum drohen, die es kassettenabgabe auch heute noch deshalb nicht einfach sein. Aber wir organisiert werden, die von Herrn zu regeln gilt. Sie als Angehörige der beibehalten werden sollen. Diese müssen zu angemessenen Lösun- Dr. Hucko geleitet wird. In diese Ar- Urheberrechtsfamilie wissen, wie Lösungen waren 1965 und 1985 gen kommen. Dabei wird der Ge- beitsgruppe werde ich Repräsentan- relativ jung das geistige Eigentums- wirklich genial, aber heute werden setzgeber künftig in einigen Berei- ten der beteiligten Verbände, einige recht ist – im Vergleich mit dem Ei- sie – wie vieles Überkommene – in- chen nur die urheberrechtlichen Wissenschaftler und Praktiker beru- gentum an körperlichen Gegenstän- frage gestellt. Die Gerätehersteller Rahmenbedingungen bestimmen fen. Ich bitte schon jetzt um Ver- den. Noch zu Goethes Zeiten gab es weisen nämlich darauf hin, dass es können. Angesichts der sich weiter- ständnis dafür, dass die Größe der in Deutschland keinen Schutz vor inzwischen technische Möglichkei- hin rasant entwickelnden Technik Arbeitsgruppe nicht über 20 Mitglie- dem willkürlichen Nachdruck litera- ten gibt, Inhalte zu schützen und werden Details von den Betroffenen der hinaus gehen soll, damit sie ar- rischer Werke. Es war ein langer, be- kontrolliert abrufen zu lassen. Des- und ihren Verbänden in Vereinba- beitsfähig bleibt.Die Arbeitsgruppe Das Institut für Urheber- und Medien- schwerlicher Weg zur gesetzlichen halb müsse man von der kollektiven rungen geregelt werden müssen. Zweiter Korb soll recht in München eröffnete am 16. Verfestigung des Urheberrechts. Wir Wahrnehmung der Rechte zur indi- Unter Umständen würde auch dabei - Sachkunde bündeln, kulturelle, September 2003 die Diskussion um müssen auf der Hut sein, dass dieses viduellen Verwertung übergehen. eine Fortsetzung der Mediation hel- ökonomische und technische Sach- den so genannten Korb 2. puk doku- Recht der Kreativen mit den Mög- Das Stichwort ist Digital Rights Ma- fen, die das Bundesministerium der verhalte klären und aufbereiten, mentiert die Rede von Bundesjustiz- lichkeiten moderner Informations- nagement (DRM).Es ist wirklich zu Justiz im vorigen Jahr versucht hat. - Vorschläge und Forderungen von ministerin Zypries. technik nicht wieder zerrinnt. bedauern, dass die EU bislang ange- Hätten die Beteiligten damals alle Interessenverbänden sammeln, dis- Karl Valentin hat einmal gesagt: Deshalb war es wichtig, Urheber, die sichts der unterschiedlichen Vergü- zugestimmt, wären wir schon heute kutieren und abwägen, „Kunst ist schön, macht aber viel Ar- ihr Eigentum durch Kopiersperren tungssysteme vor der Aufgabe kapi- ein Stück weiter. - um eine Annäherung der kontro- beit“. Und genau dasselbe kann ich schützen, vor der Umgehung dieser tuliert hat, hier für eine Harmonisie- Eine weitere strittig gebliebene Fra- versen Standpunkte ringen und für das Urheberrecht sagen: Urhe- Sperren zu bewahren, soweit dies rung zu sorgen. Daraus entsteht für ge: Soll die Privatkopie auch bei Ko- Kompromisse suchen, berrecht ist schön, macht aber viel gesetzlich möglich ist. Notwendig unser nationales Urheberrecht ein piersperren durchsetzbar gemacht - und Transparenz und eine fort- Arbeit. Jedenfalls uns im Bundesmi- war zudem die Klarstellung, dass die schwieriger Zielkonflikt: werden. Hier gerät das geistige Ei- währende Anhörung der beteiligten nisterium der Justiz. Kaum haben Privatkopie auch digital zulässig ist. • Wir wollen dem Urheber eine gentum in Konflikt mit Interessen Kreise gewährleisten.Die Arbeits- wir die eine Novelle ins Gesetzblatt Daraus folgt aber, dass für diese digi- möglichst angemessene Vergü- der Verbraucherschützer und der In- gruppe soll in etwa monatlichen Sit- gebracht – schon wartet die nächste, tale Kopie – in Gestalt der Abgabe tung sichern. formationsfreiheit. Aber auch die zungen relativ schnell zu Ergebnis- der so genannte Zweite Korb. auf Kopiergeräte – bezahlt werden • Wir wollen aber nicht, dass durch Frage der Sozialpflichtigkeit des Ei- sen kommen. Zu Spezialthemen Die heutige Auftaktveranstaltung muss, was bisher zum Teil bestritten Sonderwege der deutsche Markt gentums stellt sich, nimmt man wird es Unterarbeitsgruppen geben, zum Zweiten Korb soll diese viele wurde. Für die analoge Privatkopie für die betroffenen Geräte und Le- zum Beispiel Gruppen von Behin- die der Hauptarbeitsgruppe zuar- Arbeit auf mehrere Schultern vertei- galt die Maxime: erträgermedien unzumutbar be- derten in den Blick. Ich kann darauf beiten. Die Mitarbeit in den Unter- len. Im Urheberrecht hat es wie in • Was wir schützen können, schüt- lastet wird. heute noch keine Antwort geben. Ihr arbeitsgruppen setzt nicht die Mit- anderen Bereichen des Wirtschafts- zen wir. Wo zum Beispiel ein Drucker nur guter Rat wird mir deshalb sehr hilf- gliedschaft in der Hauptarbeits- rechts keinen Sinn, wenn wir uns in • Wo wir nicht schützen können, noch 50 Euro und weniger kostet, reich sein. gruppe voraus. Auf diese Weise kann Berlin vor ein leeres Blatt Papier set- kassieren wir. kann man ihn vernünftigerweise Neben diesen schwierigsten Fragen weiterer Sachverstand zu ganz spe- zen und Regelungen aufschreiben. Es gibt keinen vernünftigen Grund, nicht mit 5 Euro für die Urheber be- gibt es eine Reihe anderer, die sich ziellen Themen nutzbar gemacht Weil die Materie so kompliziert ist das für die digitale Kopie anders zu lasten. Denn sonst bestellen die Ver- wohl leichter lösen lassen: werden. Die konstituierende Sitzung und so vielfältige Kenntnisse erfor- sehen. Sie wissen: Der Vermittlungs- braucher ihn demnächst in Län- - Die Archivproblematik der Arbeitsgruppe Zweiter Korb ist dert, wollen wir möglichst viel Sach- ausschuss hat die Zulässigkeit der dern, wo es diese Abgabe nicht gibt – In den Archiven – insbesondere der für Mitte Oktober vorgesehen. Die verstand zusammenführen. Nur so Privatkopie verboten, wenn die Vor- diese Verbraucherflexibilität ist auch Rundfunkanstalten – lagern alte Beratungen in der Arbeitsgruppe können wir zu richtigen und mög- lage offensichtlich rechtswidrig her- eine Folge der neuen Technik. Die Schätze, die für die digitale Verwen- sollten bis Ostern 2004 vorläufig ab- lichst breit akzeptierten Lösungen gestellt wurde. Ich glaube, damit Verwertungsgesellschaften sollten dung praktisch nicht nutzbar sind. geschlossen sein. Auf der Grundlage kommen. Wenn alle, die hier ver- wird die Praxis zurecht kommen.Für sich recht bald auf solche ökonomi- Dank der Vorarbeiten der Arbeits- der Ergebnisse wird das Bundesmi- sammelt sind, mitwirken, bin ich die Wissenschaft ist das schon schen Grundtatsachen einstellen. gruppe im Erich-Pommer-Institut nisterium der Justiz den Referenten- zuversichtlich, dass sich der Zweite schwieriger. Sie wird darüber viel Auf der anderen Seite wird die For- sind hier schon Lösungen in Sicht. entwurf für den Zweiten Korb noch Korb ebenso wird sehen lassen kön- nachdenken und schreiben können. derung nach einem sofortigen Aus- - Auch das Problem des elektroni- vor der Sommerpause 2004 vorle- nen wie der Erste. Vielleicht wird dann klar, was der stieg aus der Geräteabgabe im Zwei- schen Pressespiegels scheint sich gen.Das ist ein ehrgeiziger Zeitplan. Ich bin Ihnen, lieber Herr Professor Gesetzgeber sich dabei gedacht hat ten Korb noch nicht erfüllbar sein. durch die einschlägige Entschei- Aber ohne Ehrgeiz erreicht man Becker, und Herrn Professor Reh- – oder sich dabei hätte denken müs- Ein solcher Systemwechsel braucht dung des BGH und durch die Ver- nichts. Und nebenbei bemerkt: Das binder sehr dankbar, dass das Insti- sen. Zeit und einen längeren Vorlauf. handlungen der VG-Wort mit den Konzept des Zweiten Korbs hat die tut für Urheber- und Medienrecht Meine Damen und Herren, beim Und einen Rest an Gerätevergütun- Zeitungsverlegern lösen zu lassen. Arbeit am Ersten Korb wesentlich dieses Symposium organisiert hat. Blick nach vorn – in den Zweiten gen wird es auch dann noch geben Ich will es bei dieser unvollständi- beschleunigt. Zur Not müssen wir Nicht nur, dass sie uns so ein Stück Korb – sehen wir eine große Zahl müssen, wenn die DRM-Systeme gen Vorschau belassen. Wichtig ist noch einen Dritten Korb flechten, Arbeit abgenommen haben; es do- von Fragen, die auf Antwort warten. flächendeckend arbeiten. Denn mir aber noch ein Hinweis darauf, um den Zweiten Korb schneller ans kumentiert auch unseren Willen, die In der Einladung zum heutigen nicht alles wird sich schützen lassen, wie wir die Arbeit am Zweiten Korb Ziel zu bringen. interessierten Kreise in die Neuge- Symposium klingen sie schon an. zum Beispiel das, was ungeschützt organisieren wollen: wie schon ge- Ihnen allen nochmals vielen Dank staltung mit einzubinden. Unser Fragebogen hat sie noch nä- bereits auf dem Markt ist. Und man sagt: kein leeres Blatt Papier, son- für Ihr Kommen und für Ihre Mitwir- Gestatten Sie mir zunächst einen her aufgelistet. Der - für sehr viele - wird wohl auch nicht jedermann dern kooperative Gesetzgebung, wie kung an dem Auftakt zum Zweiten Blick zurück in den Ersten Korb. Wir wichtigste Punkt ist dabei die Vergü- zwingen können, entweder seine In- ich es einmal nennen möchte. Die Korb. Es gibt viel zu tun. Also packen haben das Recht des Urhebers jetzt tung. Am weitesten geht die Frage, halte zu verschlüsseln oder auf sein Kooperation mit den beteiligten wir’s an! auch auf die Verwertung im Internet ob das im Jahre 1965 gefundene Eigentum zu verzichten. Schwierige Kreisen soll sich nicht auf den heuti- ausgedehnt. Diese Klarstellung war Konzept der Legalisierung der Pri- Fragen. Und das waren nur Aus- gen Tag beschränken. Sie soll unmit- Die Verfasserin ist vor allem deshalb wichtig, weil von vatkopie um den Preis der Geräteab- schnitte aus der Vergütungsproble- telbar nach diesem Symposium in Bundesministerin der Justiz ■ diesem neuen Medium Gefahren für gabe und die 1985 eingeführte Leer- matik. Die Diskussionen werden einer „Arbeitsgruppe Zweiter Korb“

Erfolgreiche Künstlerinnen Eine Rezension • Von Karin Junker

Alle reden von Gerechtigkeit, vom trieb“ erzählt, werden 20 erfolgrei- nem Festival auftreten, sagen sie, sondere Benachteiligung der Frau denkliche aus, bevor sie ihre Profes- möglichen Ende der Verteilungsge- che Künstlerinnen der Sparten Lite- spricht doch auch niemand von ei- beklagen. stellt in sion fanden. In der formalen Ausbil- rechtigkeit im Allgemeinen und der ratur, Bildende Kunst, Tanz und Mu- nem Männerfestival. Stimmt, muss seinem Vorwort zu Recht die Frage, dung erfuhren viele „zu wenig Raum Generationengerechtigkeit im Be- sik portraitiert und in Beziehung zur man auch nicht, es sind Männerfes- wo sich die Vertreterinnen der jün- für kreative Prozesse“, zu den déja- sonderen. Nur von Geschlechterge- generellen und speziellen Situation tivals; man muss es nicht hervorhe- geren Generation in der sogenann- vu-Begegnungen mit richtungsprä- rechtigkeit ist kaum die Rede. Un- von Frauen im Kulturbetrieb ge- ben, weil es für normal gehalten ten Gender-Debatte heute verorten. genden Vorbildern kam es eher nach verändert aktuell, wenn auch nicht setzt. Die Künstlerinnen präsentie- wird. Dass ein Festival ausschließ- Insider/innen wissen: die Frauen- dem Studium, das ihnen, immerhin, im Mainstream liegend, was man ren sich jeweils als eine Art leis- lich von Frauen bestritten wird, oh- förderung ist, zumindest theore- das nötige handwerkliche Rüstzeug aber auch als besonders verdienst- tungsstarke, kulturell tätige Ich-AG. ne als spezielles Frauenfestival in- tisch, zum Gender-Mainstreaming- mitgab. Bemerkenswert, dass fast voll ansehen könnte, legt das Kultur- Herkunft und Geschlecht als Ent- szeniert zu sein, wird hingegen eher Prinzip mutiert. Höchste Zeit also, die Hälfte der Befragten selbst Leh- forum der Sozialdemokratie im Ver- wicklungsfaktoren werden weitge- nicht für „normal“ gehalten. Denn in diesem Sinn die Frauenförderung rende oder Professorinnen gewor- bund mit der Philip Morris Kunstför- hend bestritten, aber es wird schnell der Kunst- und Kulturbetrieb ist, wie in Kunst und Kultur weiter zu entwi- den sind, was ihnen materielle Si- derung in der Reihe „Kultur in der klar: Auch sie waren oder sind Profi- Susanne Binas und ihre Mitautorin- ckeln. Denn der Gender Gap ist bei cherheit bietet. Diskussion“ eine Studie über „Er- teurinnen der Frauen-Kunst-Bewe- nen in der Studie belegen, nach wie allen erfreulichen Fortschritten Man erfährt wenig über das Pri- folgreiche Künstlerinnen“ vor, die gung, die in den 1970er und 1980er vor Männer dominiert. Allerdings noch lange nicht überwunden. Er- vatleben der Protagonistinnen, und den Zusammenhängen zwischen Jahren tatsächlich vieles in Bewe- von Sparte zu Sparte sehr unter- folgreiche Frauen sollten selbstbe- Voyeurtum soll ja auch nicht be- künstlerischem Erfolg und Ge- gung gebracht hat. Sie rief einen schiedlich, am deutlichsten in der wusst genug sein, zu dieser Erkennt- dient werden. Aber inwieweit das schlecht im gesellschaftlichen und Boom von Frauenfestivals, Frauen- Musik. nis zu stehen. private Umfeld künstlerische Entfal- gesellschaftspolitischen Kontext kulturtagen, Frauenpreisen etc. her- Nachdenkenswert für alle, die Das flüssig zu lesende 270-Sei- tung zulässt, kanalisiert oder behin- nachspürt. Schon der Titel macht vor, die den Teilnehmerinnen die Frauenförderung in Kunst und Kul- ten-Werk ist eine gelungene Mi- dert, wäre doch von Interesse. Die dankenswerter weise klar, dass es Chance gaben, öffentlich wahrge- tur noch nicht für überflüssig hal- schung von gesellschaftspolitischen Frage „Kunst und Kinder“ ist aller- sich nicht um ein Werk des Jammer- nommen zu werden, einen Markt- ten, ist das Unbehagen der Erfolgs- Daten und Analysen sowie Inter- dings gestellt worden, denn Frau feminismus handelt. Also, alles pa- wert zu erzielen, eben erfolgreich zu Frauen über lamoryante Darstel- views über Werdegang und Lebens- und Mutterschaft ist immer eine As- letti? Leider nicht. sein. Dazu bekennen sie sich un- lungsformen. Sie wollen ihrer Krea- situation der Künstlerinnen. Schon soziation von weiblicher Ge- gern. Frauenförderung wird von ih- tivität ein Forum geben und über ihr als junge Mädchen waren sie von n der Studie, die vom „Arbeiten nen eher als Stigmatisierung emp- künstlerisches Anliegen sprechen, kreativem Drang getrieben, als jun- Weiter auf Seite 29 Izwischen Eigensinn und Kulturbe- funden. Wenn nur Männer bei ei- aber nicht die allgemeine und be- ge Frauen probierten sie alles er-

politik und kultur 05/03 Seite 28 HKS 47 schwarz AUS DEM BUNDESTAG politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 29

Fortsetzung von Seite 28 Konflikt. Ich fühle mich oft hin und Druck sind Männer nur ganz selten politische Vorgaben und Mittelbin- eren verlaufen noch immer nicht her gerissen.“ Und eine andere stellt ausgesetzt. Deshalb wäre es span- dungen, ermöglicht. Am Ende ist zu unabhängig vom Geschlecht“. Weil fest: „Heute lebe und arbeite ich fast nend zu erfahren, wie sich das fami- prüfen, wie sich die bereits erfolgten das so ist, die Autorinnen haben es schlechtsidentität, vordergründig so, als würde ich täglich ins Büro ge- liäre Umfeld von Künstlerinnen und und die im Buch noch nicht erfass- belegt, ist es keineswegs unmodern, oder unterschwellig. „Die Zeit, die hen.“ Von den Vätern der Kinder ist Künstlern im Vergleich darstellt. ten drastischen Mittelkürzungen auf den Diskurs darüber in kulturnahen das Theaterleben in Anspruch nicht die Rede. Auch hätte man gern gewußt, ob die Erfolgsaussichten von Künstle- Milieus, unter den Kulturschaffen- nimmt, ist absolut vereinnahmend“, Spätestens an dieser Stelle fragt Männer das Kriterium „Erfolg“, ähn- rinnen auswirken. Eine engagierte den und in der Kulturpolitik fortzu- sagt eine der Frauen, und eine ande- sich nicht nur eine in der Wolle ge- lich bescheiden wie die Künstlerin- Frauenpolitik hat in einer Zeit des setzen. re „Es dürfte auf Kosten der Kinder färbte Feministin, wie die Antworten nen in dem Buch definieren würden, gelockerten autoritär-patriarchali- Susanne Binas: Erfolgreiche gehen. Ich bin jede Sekunde froh, von Männern / Vätern ausgefallen ohne schmälern zu wollen, was die schen Klimas nicht nur den zwanzig Künstlerinnen, Klartext Verlag, Es- keine Kinder zu haben.“ Diejenigen, wären. Der Verdacht liegt nahe, dass Frauen erreicht haben. dargestellten Frauen zum Erfolg ver- sen 2003, 270 Seiten, 15,90Euro, die Kinder haben, meist alleinerzie- für Künstler-Väter die Situation nicht Natürlich haben die portraitier- holfen, und es stellt sich die Frage, ISBN 3898611892 hend, beschreiben, welchen Auf- anders ist als für andere Väter: dass ten Frauen Erfolg, weil sie gut sind. ob sich in einer Zeit des in vieler wand es bedeutet eine Künstlerin- es für sie nämlich kein Vereinbar- Und weil sie gut sind, profitieren sie Hinsicht spürbaren Roll-Backs die Die Verfasserin ist Mitglied des nen-Karriere mit Kindererziehung keitsproblem gibt, da sie in der Regel auch stark von der öffentlichen Kul- tradierten Macht- und Entschei- Europäischen Parlaments und Vor- zu verbinden bei hohen Mobilitäts- eine Frau an ihrer Seite haben, die turförderung, die in den Kunst- und dungsstrukturen wieder mehr sitzende der Arbeitsgemeinschaft anforderungen, sporadischen Ar- für Familienarbeit steht. Frauen ver- Kulturinstitutionen den Löwenan- durchsetzen auf Kosten der Chan- Sozialdemokratischer Frauen ■ beitszeiten, Abendvorstellungen, zichten auf Kinder, weil sie sich den teil der Finanzierung ausmacht, cengleichheit. Fazit der Lektüre Tourneen usw. „Künstlerisch hat es ständigen Spagat zwischen Kind und auch in der Freien Szene einen be- könnte der einleitende Satz von die Arbeit ganz stark beeinflusst“, Kunst nicht zutrauen, auch einem deutenden Anteil hat und somit Siegfried Hanke von der Philip Mor- sagt eine der Mütter, „aber es ist ein Kind nicht zumuten wollen. Diesem auch Chancengleichheit, etwa durch ris GmbH sein: „Künstlerische Karri-

Bundestagsdrucksachen

m Folgenden wird auf Bundes- schuss und den Ausschuss der wurfs eines Gesetzes zur Ände- Itagsdrucksachen mit kulturpoliti- Regionen über Hemmnisse für rung des Grundgesetzes (Kom- scher Relevanz hingewiesen. Be- den breiten Zugang zu neuen munale Finanzreform) rücksichtigt werden Kleine und Gro- Diensten und Anwendungen der (Drucksache 15/1247) ße Anfragen, Anträge, Entschlie- Informationsgesellschaft durch b) Antrag der Abgeordneten Gerda ßungsanträge, Beschlussvorlagen, offene Plattformen beim digita- Hasselfeldt, Peter Götz, weiterer Schriftliche Fragen, Mündliche Fra- len Fernsehen und beim Mobil- Abgeordneter und der Fraktion gen sowie Bundestagsprotokolle. Al- funk der dritten Generation der CDU/CSU: Finanzkraft der le Drucksachen können unter fol- KOM (2003) 410 endg.; Ratsdok. Kommunen stärken – kommuna- gender Adresse aus dem Internet 11496/03 le Selbstverwaltung sichern heruntergeladen werden: (Drucksache 15/1217) http://dip/bundestag.de/parfors/ Kulturfinanzierung c) Antrag der Fraktionen der SPD parfors.htm. und des BÜNDNISSES 90/DIE Drucksache 15/1470 (06.08.2003) GRÜNEN: Berücksichtigt werden Drucksachen Gesetzentwurf des Bundesrates Eckpunkte für eine umfassende zu folgenden Themen: Entwurf eines Soforthilfegesetzes Gemeindefinanzreform für die Gemeinden (SofortHIG) Fotonachweis: Deutscher Bundestag (Drucksache 15/1321) • Auswärtige Kulturpolitik, (siehe hierzu Seiten 11-12) (siehe hierzu Seiten 11-12) • Bürgerschaftliches Engagement, (SPD); Thomas d) Antrag der Abgeordneten der • Erinnern und Gedenken, Drucksache 15/1505 (02.09.2003) Rachel (CDU/CSU); Grietje Bettin Fraktion der FDP: Internationale Plenarprotokoll 15/58 (09.09.2003) • Europa, Antwort der Bundesregierung auf (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN); Ma- Rechtssicherheit und transpa- 4851 B – 4902 A • Informationsgesellschaft, die Kleine Anfrage der Abgeordne- rion Seib (CDU/CSU); Jörg Tauss rente Regeln für den Dienstleis- Zusatztagesordnungspunkt 1: • Internationale Abkommen mit ten der Fraktion der FDP (SPD); (FDP); Dr. tungshandel – GATS-Verhand- Erste Beratung des vom Bundesrat kultureller Relevanz, -Drucksache 15/1478- Maria Böhmer (CDU/CSU); Klaus- lungen voranbringen eingebrachten Entwurfs eines So- • Kulturelle Bildung, Geplante Einstellung der Sonder- Peter Willsch (CDU/CSU) (Drucksache 15/1010) forthilfegesetzes für die Gemeinden • Kulturfinanzierung, programme des Bundes „Kultur in in Verbindung mit (SofortHiG) • Kulturförderung nach § 96 Bun- den neuen Ländern“ und „Dach Plenarprotokoll 15/63 (25.09.2003) Zusatztagesordnungspunkt 4: (Drucksache 15/1470) desvertriebenengesetz, und Fach“ ab 2004 5284 B – 5303 D; 5344 A – 5360 C Antrag der Abgeordneten der Frakti- Redner: (Bundesminis- • Kulturpolitik allgemein, Tagesordnungspunkt 2: on der CDU/CSU: WTO-Doha-Run- ter BMF); (CDU/ • Kulturwirtschaft Kulturpolitik allgemein Abgabe einer Erklärung durch die de zum Erfolg führen – Vorausset- CSU); Christine Scheel (BÜNDNIS • Künstlersozialversicherungs- Bundesregierung zu den Ergebnis- zungen schaffen für eine erfolgrei- 90/DIE GRÜNEN); Joachim Poß gesetz, Drucksache 15/1538 (09.09.2003) sen der Europäischen Bildungsmi- che WTO-Ministerkonferenz in (SPD); Hartmut Schauerte (CDU/ • Medien, Kleine Anfrage der Abgeordneten nisterkonferenz am 18./19. Septem- Cancun/Mexico CSU); Dr. Günter Rexrodt (FDP); • Steuerrecht mit kultureller der Fraktion der FDP ber 2003 in Berlin (Drucksachen 15/1323) Antje Hermenau (BÜNDNIS 90/DIE Relevanz, Hauptstadtkulturfonds Redner: Edelgard Buhlmahn (Bun- in Verbindung mit GRÜNEN); • Stiftungsrecht, desministerin BMBF); Katherina Zusatztagesordnungspunkt 5: (CDU/CSU); Walter Schöler (SPD); • Urheberrecht. Drucksache 15/1550 (17.09.2003) Reiche (CDU/CSU), Ute Berg (SPD); Antrag der Abgeordneten der Frakti- Bartholomäus Kalb (CDU/CSU); Dr. Unterrichtung durch die Bundesre- Ulrike Flach (FDP); Jörg Tauss (SPD); on der FDP: Mehr Wohlstand für al- (FDP); Anja Europa gierung Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE le durch mutige Marktöffnung Hajduk (BÜNDNIS 90/Die GRÜ- Jahresbericht der Bundesregierung GRÜNEN); Marion Seib (CDU/CSU); (Drucksache 15/1333) NEN), (CDU/ Drucksache 15/1547 (12.09.2003) zum Stand der Deutschen Einheit Dr. Gesina Lötzsch (fraktionslos); Redner: Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk CSU); Horst Schild (SPD); Dr. Mi- Unterrichtung über die gemäß § 93 2003 Dr. (SPD); (SPD); Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU); chael Meister (CDU/CSU); Jörg-Otto der Geschäftsordnung an die Aus- (S. 84-87: Kunst, Kultur und Sport) Dr. (CDU/CSU); Jörg Tauss (SPD); Michaele Hustedt Spiller (SPD); Gerhard Rübenkönig schüsse überwiesenen Vorlagen Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN); Gu- (SPD) (siehe hierzu Seiten 11-12) 1. Überweisung von Unterrichtun- Kulturwirtschaft GRÜNEN) drun Kopp (FDP); Dr. gen durch das Europäische Par- (SPD); Erich G. Fritz (CDU/CSU); Thema Kulturpolitik lament gemäß § 93 Abs. 1 GO Drucksache 15/1506 (02.09.2003) Thema Internationales Monika Griefahn (SPD); Thomas Ra- 1.14 Entschließung des Euro- Gesetzentwurf der Bundesregierung Abkommen mit chel (CDU/CSU) (siehe hierzu Plenarprotokoll 15/56 (03.07.2003) päischen Parlaments zur Vorbe- Entwurf eines Vierten Gesetzes zur kultureller Relevanz Seiten 16-19) 4694 B – 4702 B reitung der Fünften WTO-Minis- Änderung des Filmförderungsge- Tagesordnungspunkt 8: terkonferenz (Cancún, Mexiko, setzes (siehe hierzu Seite 30) Plenarprotokoll 15/56 (03.07.2003) Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten der Frakti- 10. bis 14. September 2003) 4702 D – 4722 C Antrag der Fraktionen der SPD, der on der CDU/CSU: Umsetzung des (EuB-EP 1015) Drucksache 15/1554 (18.09.2003) CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ Bundestagsbeschlusses zur Wieder- 2. Überweisung von EU-Vorlagen Antwort der Bundesregierung Tagesordnungspunkt 11: DIE GRÜNEN und der FDP: Einset- errichtung des Berliner Stadt- gemäß § 93 Abs. 1 GO Auf die Große Anfrage der Abgeord- a) Antrag der Abgeordneten der zung einer Enquete-Kommission schlosses 2.18 Vorschlag für einen Be- neten der Fraktion der CDU/CSU Fraktion der SPD sowie der Abge- „Kultur in Deutschland“ (Drucksache 15/1094) schluss des Europäischen Parla- - Drucksache 15/1034- ordneten der Fraktion des BÜND- (Drucksache 15/1308) Redner: Günter Nooke (CDU/CSU); ments und des Rates über ein Ak- Verbesserung der Rahmenbedin- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Siche- Redner: Eckhardt Barthel (Berlin) Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos); Dr. tionsprogramm der Gemein- gungen für den deutschen Film rung eines fairen und nachhalti- (SPD); Gitta Connemann (CDU/CSU); Christina Weiss (Staatsministerin schaft zur Unterstützung europa- (siehe hierzu Seite 30) gen Handels durch eine umfas- Ursula Sowa (BÜNDNIS 90/DIE BK); Dr. Günter Rexrodt (FDP); Dr. weit tätiger kultureller Einrich- sende entwicklungsorientierte GRÜNEN); Helga Daub (FDP); Mat- (BÜNDNIS 90/DIE tungen Bundestagsdebatten Welthandelsrunde thias Sehling (CDU/CSU); Sieg- GRÜNEN); KOM (2003) 275 endg.; Ratsdok. (Drucksache 15/1317) mund Ehrmann (SPD); Günter Noo- (CDU/CSU); Eckhardt Barthel (Ber- 10304/03 b) Antrag der Abgeordneten der ke (CDU/CSU) (siehe Seite 30) lin) (SPD); (fraktionslos) 2.24 Vorschlag für eine Richtli- Thema Bildung Fraktion der CDU/CSU: Für ein nie des Europäischen Parlaments höheres Liberalisierungsniveau Thema Thema Medien und des Rates über die Maßnah- Plenarprotokoll 15/60 (11.09.2003) beim Welthandel mit Dienstleis- Kulturfinanzierung men und Verfahren zum Schutz 5140 C – 5162 D tungen – GATS-Verhandlungen Plenarprotokoll 15/63 (25.09.2003) der Rechte an geistigem Eigen- Haushaltsdebatte Einzelplan 30 zügig voranbringen Plenarprotokoll 15/57 (04.07.2003) 5396 B – 5409 D; 5433 D tum Bundesministerium für Bildung und (Drucksache 15/1095) 4765 B – 4765 D Tagesordnungspunkt 8: KOM (2003) 46 endg.; Ratsdok. Forschung c) Antrag der Abgeordneten der Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von der Bundes- 6777/03 Redner: (Bun- Fraktion der CDU/CSU: Quali- a) Erste Beratung des von den Abge- regierung eingebrachten Entwurfs 2.95 Mitteilung der Kommissi- desministerin BMBF); Dr. Maria tätssicherung im Bildungswesen ordneten Dr. , eines Vierten Gesetzes zur Ände- on an das Europäische Parla- Böhmer (CDU/CSU); Ute Berg (SPD); und kulturelle Vielfalt bei GATS- Dr. Hermann Otto Solms, weite- ment, den Rat, den Europäischen Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ Verhandlungen garantieren ren Abgeordneten und der Frakti- Weiter auf Seite 30 Wirtschafts- und Sozialaus- DIE GRÜNEN); Ulrike Flach (FDP); (Drucksache 15/1095) on der FDP eingebrachten Ent-

politik und kultur 05/03 Seite 29 HKS 47 schwarz AUS DEM BUNDESTAG politik und kultur • Nov. - Dez. 2003 • Seite 30

Fortsetzung von Seite 29 fahn (SPD); (Augsburg) Filmförderungsgesetzes (Tagesord- 4648 D (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN); nungspunkt 8) Zusatztagesordnungspunkt 8: Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) Beschlussempfehlung des Vermitt- rung des Filmförderungsgesetzes (FDP); Gisela Schröter (SPD) (siehe hierzu Seite 30) lungsausschusses zu dem Gesetz zur (Drucksache 15/1506) Anlage 3 Regelung des Urheberrechts in der Redner: Dr. Christina Weiss (Staats- Zu Protokoll gegebene Rede zur Be- Thema Urheberrecht Informationsgesellschaft ministerin BK); ratung über den Entwurf eines Vier- (Drucksachen 15/38, 15/837, (Bremen) (CDU/CSU); Moniak Grie- ten Gesetzes zur Änderung des Plenarprotokoll 15/56 (03.07.2003) 15/1066, 15/1353) ■

Der deutsche Film im Bundestag Das finden Sie in den aktuellen Ausgaben Große Anfrage und Anhörung im Bundestag • Von Barbara Gessler der weiteren ConBrio- Seit dem 7. September liegt die Ant- besserung der Wettbewerbsfähigkeit so gibt es zwar Applaus vonseiten Auf eine Frage nach Möglichkeiten Zeitschriften: wort der Bundesregierung auf die des deutschen Standorts geprüft. In Bernd Neumann (CDU) für die ver- einer europäischen Verleihförde- Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zur ihrer Antwort listet die Bundesregie- sprochene, aber in der Ausgestal- rung von Claudia Roth (Grüne) wur- Verbesserung der Rahmenbedingun- rung die Paragraphen des Urheber- tung noch nicht endgültig festge- de mit Anerkennung für die durch gen für den deutschen Film vor. Da- vertragsrechts auf, mit denen sie auf zurrte, Erhöhung der Mittel vonsei- das MEDIA Plus Programm der Eu- rin legt sie dar, dass der in der Bran- die Bedürfnisse der Filmwirtschaft ten des Fernsehens für die Filmför- ropäsichen Union geantwortet, das che als koproduktionshinderlich eingegangen sei. derung, aber es wurden auch Irrita- die Vielfalt der europäischen Pro- empfundene so genannte Mediener- Dabei haben im wesentlichen tionen deutlich insbesondere be- duktion im Gegensatz zum amerika- lass derzeit von einer Arbeitsgruppe auch die Aspekte Ausgleich von In- züglich der unterschiedlichen Ver- nischen Major-Mainstream begüns- • Dossier: Die Klangwerkstatt im Finanzministerium überarbeitet teressen, Handlungsfreiheit und antwortung privater und öffentlich- tige. Hans-Joachim Otto (FDP) frag- • Feature: Utopie und Drama: würde. Praktikabilität für beide Seiten eine rechtlicher Anstalten oder mit Blick te nach der Möglichkeit einer stär- Hector Berlioz zum 200. Rolle gespielt. Eine weitere Reform auf die Frage der Mittelbindung. Die keren Berücksichtigung des Verhält- Geburtstag ie Bundesregierung stimmt mit umstrittener Regelungen könnte Filmtheaterbranche sieht sich un- nisses von Produktionskosten und Dder Analyse überein, dass die im erst auf dem Hintergrund von prak- gleich schlechter behandelt und Erfolg eines Films. Nach Auskunft Rahmen von Medienfonds zumeist tischen Erfahrungen mit dem refor- gleichzeitig aufgrund der anhalten- der Filmförderanstalt FFA spielte für den Standort Deutschland verlo- mierten Urhebervertragsrecht erfol- den Krise in der Unmöglichkeit, ih- diese Relation bereits jetzt eine Rol- renen Mittel ein überaus teures Är- gen. Den Kampf gegen Piraterie rerseits ihren Anteil durch höhere le in der Praxis. gernis seien. Dass in US-amerikani- sieht die Bundesregierung mit den Eintrittspreise zu finanzieren. Weite- Wenig Übereinstimmung gab es sche Produktionen investiert würde, im „ersten Korb“ der Urheberrechts- re wesentliche Fragen (so etwa von auch in der Diskussion um die Fra- habe jedoch auch mit der finanziel- reform konsequent angegangen. Gisela Schröter, SPD) betrafen die ge, ob eine vertiefte Absprache zwi- len Attraktität ihrer Vermarktung Auch auf das zwischen Film- und Qualität der Kriterien, die als Basis schen Bund und Ländern über be- • Music of ECM: das Spiel- und des erhofften Kapitgewinns zu Fernsehsektor heftig umstrittene für Förderung anerkannt werden stimmte, beide betreffende, Themen boden Festival Dornbirn tun. In Babelsberg produzierte Filme Thema Rechterückfallsfristen geht sollen, wie etwa die Festivalliste gesetzlich festgelegt werden müsste. • Porträt: Nichts für Sessel- wie „Enemy at the gates“ oder „Der die Antwort der Bundesregierung ein. oder das Prädikat der Filmbewer- Eine solche Angelegenheit betreffe hocker – das Couch- Pianist“ brächten jedoch teilweise In ihrem Vorschlag einer Reduzierung tungsstelle (Günter Nooke, CDU). etwa die Außenvertretung des deut- Ensemble auch Geld an den Standort Deutsch- dieser Frist von sieben auf fünf Jahre Während sich kaum jemand mit schen Films, für deren Verbesserung land zurück. Darüber hinaus würden sieht sie die Erfüllung einer langjähri- einer Erhöhung der Referenzschwel- die Bundesregierung Anfang Okto- derzeit Möglichkeiten einer freiwilli- gen Forderung vonseiten der Film- lenwerte anfreunden konnte, wurde ber ein Konzept vorgelegt hat. Die gen Selbstvereinbarung mit dem produzenten. Diese sei, ebenso wie auf die Frage von Eckhard Barthel Notwendigkeit einer Mittelerhö- Verband Deutscher Medienfonds ge- die Stärkung der Referenzfilmförde- (SPD) auch die Warnung vor einer hung ist anerkannt, einige potente prüft, um einen Teil der Investitio- rung und die Möglichkeit zur Über- Giesskannenförderung deutlich ver- Partner verweigern jedoch offenbar nen für Deutschland zu sichern. nahme von Bürgschaften im Rahmen nommen. Die Forderung nach stär- die finanzielle Gefolgschaft. Es gibt Obwohl Forderungen nach der FFG-Novelle geeignet, deren Ei- kerer Beteiligung der Kreativen in also noch einiges zu tun, damit Lohnkostenzuschüssen und ande- genkapitalbasis zu erhöhen. den existierenden und den geplan- rechtzeitig vor 2004 das reformierte • Chordirigentenforum des ren, außersteuerlichen Anreizen Während der Anhörung im Kul- ten Gremien steht nach wie vor im Filmfördergesetz in Kraft treten dem allgemeinen Bestreben der turausschuss am 15. Oktober spielte Raum. Ob, wie vorgesehen, die Ein- kann. Bleibt zu hoffen, dass nicht Bayerischen Rundfunks Bundesregierung nach Abbau von das Thema ebenfalls eine grosse richtung eines Filmrats sinnvoll wä- noch neue Hindernisse auftreten. • Ein Überblick: die Triennale Subventionen entgegenstünden, Rolle. Die dort vertretenen Fernseh- re, scheint angesichts der schwa- 2003 würde derzeit einige Anregungen anstalten sahen in dieser verkürzten chen Resonanz nicht nur während Die Verfasserin ist Referentin des aus der Branche zugunsten der Ver- Rückfallfrist eine Bestrafung. Eben- dieser Anhörung immer fraglicher. Deutschen Kulturrats ■

Aus den Gremien des Deutschen Kulturrats • Praxis: Notensoftware „capella“ kurz vorgestellt Der Fachausschuss Europa/Interna- standsaufnahme zur Untersuchun- onsgesellschaft. Im Ausschuss wur- des Bürgerschaftlichen Engagement • Erneuerer: Georg Trexler tionales des Deutschen Kulturrates gen und verfügbarer Literatur zur so- den die Schwerpunkte einer Positio- beschlossen. zum 100. Geburtstag beriet am 03.September 03 unter der zialen Sicherung von in Kulturberu- nierung des Deutschen Kulturrates Leitung des Ausschussvorsitzenden fen Tätigen. Einer der Schwerpunkte besprochen. Im Fachausschuss Steuern des Rolf Zitzlsperger die Stellungnahme wird die Frage der Alterssicherung Deutschen Kulturrates wurde am des Deutschen Kulturrates zur Da- von Künstlerinnen und Künstlern Der Sprecherrat des Deutschen Kul- 29.September 03 unter der Leitung seinsvorsorge (siehe Seite 13). Weiter sein, die jetzt das Rentenalter errei- turrates hielt seine erste Sitzung des Ausschussvorsitzenden Bernd befasste sich der Ausschuss mit den chen und nur geringe Rentenan- nach der Sommerpause am 25.Sep- Fesel eingehend das Thema Um- Wahlen 2004 zum Europäischen Par- wartschaften erworben haben. tember 03 ab. Neben einer allgemei- satzsteuerpflicht von Verbänden er- • Crash Test Dummies – Mmm lament. Erste Bausteine für Wahlprüf- nen kulturpolitischen Diskussion örtert. Weiter befasste sich der Aus- Mmm Mmm Mmm... steine zur Wahl zum Europäischen Der Fachausschuss Urheberrecht wurden die Stellungnahmen zur Da- schuss mit der Frage der Besteue- Parlament wurden besprochen. befasste sich am 23.September 03 seinsvorsorge (siehe hierzu Seite ...) rung ausländischer Künstler. • Frank Popp Ensemble: Von unter der Leitung des Ausschussvor- sowie zur Reduzierung des Zuschus- der Werbung entdeckt, vom Die adhoc-Arbeitsgruppe soziale Si- sitzenden Prof. Dr. Ferdinand Meli- ses der Wettbewerbe (siehe hierzu Gabriele Schulz ■ Kommerz gebrandmarkt? cherung traf sich am 04.September char mit der Umsetzung von Korb II Seite ...) verabschiedet. Weiter wur- 03. Im Mittelpunkt stand eine Be- zum Urheberrecht in der Informati- de eine Stellungnahme zur Stärkung

Enquête-Kommission Kultur in Deutschland konstitutiert

Die erste Sitzung der Enquête-Kommission „Kultur in Deutschland“ fand am 13.10.2003 im Paul- punktthemen dabei sind: Öffentliche und private Förderung von Kunst und Kultur (Strukturwan- Löbe-Haus in Berlin statt. Erst wenige Tage zuvor stand fest, wer von den Fraktionen als Sachver- del), Wirtschaftliche und soziale Lage der Künstlerinnen und Künstler, Kulturlandschaft Deutsch- ständige berufen wurden. Die Kommission soll eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situa- land-Kultur als Standortfaktor. Informationen über die Enquête-Kommission sind im Internet un- tion von Kunst und Kultur in Deutschland leisten und politische Handlungsempfehlungen zur ter www.bundestag.de/enquete-kultur zu finden. Verbesserung der ordnungs- und förderpolitischen Rahmenbedingungen erarbeiten. Schwer-

Ordentliche Mitglieder: Stellvertretende Mitglieder: Sachverständige: des Kulturkreises der deutschen- • Wagner, Dr. Nike, Intendantin der Ehrmann, Siegmund (SPD) Barthel, Eckhardt (SPD) • Binas, Dr. Susanne, Beisitzerin der Wirtschaft im Bundesverband der Kunstfest Weimar GmbH Krüger-Leißner, Angelika (SPD) Bürsch, Dr. Michael (SPD) Kulturpolitischen Gesellschaft Deutschen Industrie BDI • Zehetmair, Dr. h.c. Johannes B. Kubatschka, Horst (SPD) Kumpf, Ute (SPD) • Boldt, Helga, Beigeordnete der • Scheytt, Dr. Oliver, Präsident der (Hans), Staatsminister a.D. Lucyga, Dr. Christine (SPD) Merkel, Petra-Evelyn (SPD) Stadt Münster, Dezernat für Schu- Kulturpolitischen Gesellschaft • Zimmermann, Olaf, Geschäftsfüh- Westrich, Lydia (SPD) Weis, Petra (SPD) le, Kultur und Sport • Schneider, Prof. Dr. Wolfgang, Di- rer des Deutschen Kulturrats Connemann, Gitta (CDU/CSU) Bergner, Dr. Christoph, Minister- • Harms, Dr. Gerd, Minister a.D. rektor des Instituts für Kulturpolitik Nooke, Günter (CDU/CSU) präsident a.D. (CDU/CSU) • Kunze, Heinz Rudolf, Musiker und der Universität Hildesheim Sehling, Matthias (CDU/CSU) Dött, Marie Luise (CDU/CSU) Songschreiber • Sternberg, Prof. Dr. Thomas, Direk- Freiherr von Stetten, Christian Köhler, Kristina (CDU/CSU) • Freiherr Loeffelholz von Colberg, tor der Katholischen Akademie des (CDU/CSU) Mantel, Dorothee (CDU/CSU) Dr. Bernhard, Vorstandsmitglied Bistums Münster Ursula Sowa (Bündnis 90/Die Grü- Vollmer, Dr. Antje, Bundestagsvize- nen) präsidentin (Bündnis 90/Die Grünen) Hans-Joachim Otto (FDP) Daub, Helga (FDP)

politik und kultur 05/03 Seite 30 HKS 47 schwarz DAS LETZTE politik und kultur • Sept. - Okt. 2003 • Seite 32

Zeichnung: Dieko Müller

Kurz-Schluss Impressum Atem-Los

Es ist eine Frage der Priorität, viel- Solche Masche findet Rückhalt im leicht schlicht der Reihenfolge: Wie ratlosen Factory-Outlet der offiziel- Zeitung des Deutschen Kulturrats eine gewaltige Eiserne Lunge schei- len Kulturpolitik. Eine Kultur-Staats- nen die Ströme des internationalen ministerin, die ihre Kern-Aufgaben Geldmarktes unsere Kultur am Le- mit „Moderieren, Repräsentieren ben zu erhalten. Eingepfercht in ka- und Missionieren“ festlötet, statt Deutscher Kulturrat pitale Druckkammern schnieft und Kultur als Grundsubstanz eines hu- Bundesgeschäftsstelle schnauft sie schier bewegungsunfä- manen gesellschaftlichen Lebens Chausseestraße 103 hig vor sich hin. Schwankungen in selbstverständlich vorauszusetzen 10115 Berlin der Intensität des Vitalerhaltungs- und ihrer Wirksamkeit beständig Tel: 030/24 72 80 14 systems werden mit angstbesetztem den Boden zu bereiten, hat sich Fax: 030/24 72 12 45 Klagen registriert, den Blick starr auf längst eingereiht in die modische Internet: www.kulturrat.de Dax, Eurostocks oder Krüger-Rand Riege der quantitätsgesteuerten E-Mail: [email protected] gerichtet. Großplakat-Gestalter. (Es ist eben Theo Geißler, Herausgeber der „neuen Kein Tag vergeht derzeit, ohne dass eine Frage der Priorität, vielleicht musikzeitung“ und „Jazzzeitung“ sowie Herausgeber in Gemeinden, auf Landes- oder schlicht der Reihenfolge). Da kom- Mitherausgeber der puk, Moderator der Olaf Zimmermann und Theo Geißler Bundes-Ebene Kultureinrichtungen men aktuell folgende beispielhafte Radiomagazine „taktlos“ (BR/nmz) und materiell in Frage gestellt werden Original-Töne zustande: „Der radi- „contrapunkt“ (BR/MDR) Redaktion oder, weil freiwillige Leistungen, mit kale Umbau unserer Kulturgesell- Foto: Barbara Haack Olaf Zimmermann (verantwortlich), Gabriele Schulz, Andreas leichter Hand weggewischt ver- schaft verlangt auch von Musikern Kolb, Jens Leberl schwinden: Als ehedem moralische den Abschied von einer weltfrem- Kampfmittel im heiligen kalten den Verwöhnlandschaft. Privilegien Mitten in diesem lebensfeindlichen Internet Krieg haben sie ihre athletisch-kon- und geldwerte Vorteile müssen ab- Szenario versucht eine Pflanze Wur- Robert Spandl kurrierende Funktion, im quantita- gebaut werden, soll die Orchester- zeln zu schlagen, deren Existenz tiv gesteuerten Alltagsgeschäft ihren landschaft eine Zukunft haben. Dies nicht nur bei Erbsenzählern im Verlag spekulativen Reiz verloren. Vor al- wird derzeit bewusst ignoriert.“ Haushaltsausschuss des Bundesta- ConBrio Verlagsgesellschaft mbH lem, wenn sie sich beharrlich mit Man wäre naiv, wenn man nicht zu- ges das gesammelte Kommentar- Brunnstraße 23, 93053 Regensburg dem sperrigen, anstrengenden Be- geben würde, dass zu bedenkende Spektrum zwischen Spott und Kritik E-Mail: [email protected] griff „Kultur“ verklammern, wenn sie Formen fraglicher Privilegienausnut- abrief: Die Enquete-Kommission sich nicht einfügen in unsere Life- zung unter Künstlern vorkommen. „Kultur in Deutschland“. Den Vor- Layout style-Landschaften, unsere Pop-De- Die Ministerin aber schüttet das Kind sitz hat die CDU-Abgeordnete Gitta Suppmann & Richter, Regensburg signer-Politik, in den wohlfeilen Rei- mit dem Bade aus. (Mit gleicher Ar- Connemann übernommen. Sie zekatalog der Event-Verkäufer. gumentation könnte sie Schülern an- kommt aus Ostfriesland und steht Druck Zu letzteren zählen neuerdings bei- drohen, dass bei fortgesetzter laten- für ein Kulturverständnis, das nicht Der Neue Tag Druck- und Verlagshaus GmbH, Weiden spielsweise die Programmgestalter ter oder offener Faulheit die Schulen mit der linken Hirnhäfte in der Ex- der meisten öffentlich-rechtlichen geschlossen werden.) Christina Weiss cel-Tabelle, mit der rechten im elitä- Erscheinungsweise Kulturwellen. Deren „Milch-Medien- droht populistisch beifallsheischend, ren Walhall intellektueller Kunstbe- 6 Ausgaben im Jahr rechnung“ haben wir in der vorletz- wo Ermutigung zu verantwortungs- trachtung verhaftet ist. Familie, Hei- ten PuK an dieser Stelle ausgiebig vollem Handeln angebracht wäre. matverein, Kreismusikschule – in Preis/Abonnement zerlegt. Mittlerweile gelingt es den Viele Kulturschaffende üben ihr Tun diesem – scheinbar – überschauba- 3,00 Euro, im Abonnement 18,00 Euro im Jahr Machern mühelos, ihre in flotte Ge- auf höchstem Niveau unter schweren ren Umfeld lokalisiert sie die Brut- schmeidigkeit verpackte Bevormun- persönlichen Einschränkungen am kästen kulturellen Wirkens. Eine Ei- puk ist in Bahnhofsbuchhandlungen sowie an Flughäfen erhältlich. dung der Hörer als eine Art „Kunden- Rande der Sozialhilfe-Grenze aus. serne Lunge ist nicht in Sicht. Das ist dienst“ zu verkaufen. In Media- Diese Menschen sind von solchen eine Frage der Priorität, vielleicht Markt-Manier: Wir liefern Euch, was Äußerungen am heftigsten betroffen. schlicht der Reihenfolge – und gibt Diese und die vorherigen Ausgaben von politik und kultur kön- Ihr vermutlich mehrheitlich wollt. Nachdenken über Kultur, das wäre ja Grund für guten Mut. Vielleicht ge- nen als pdf-Datei aus dem Internet geladen werden unter: Der Computer ersetzt den Redak- wohl die Aufgabe von Ministerin lingt dieser Kommission ja, was der http://www.puk-online.net teur, der Moderator den Autor. Dafür Weiss, sollte differenzierter gesche- offiziellen Kulturpolitik offensicht- brauchen wir natürlich ein bisschen hen, nicht als Feldhaubitze im Etat- lich verstellt ist: Ein vom kapitalen mehr Geld, weil Show aufwendiger verteilungskampf Verbal-Schrapp- Druck befreiter Blick auf die eigent- Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos überneh- ist als gedankenschwerer Inhalt. Die nelle verballernd. Denn zu solchem liche Grundsubstanz unseres Zu- men wir keine Haftung. Alle veröffentlichten Beiträge sind urhe- Fönwellen heißen dann „Figaro“ Stil fügt sich dann die Berufung eines sammenlebens. berrechtlich geschützt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge oder „Bolero“ und bringen als tages- abgewählten Landes-Ministerpräsi- geben nicht unbedingt die Meinung des Deutschen Kulturrates begleitende Geräuschtapete ein we- denten zum Pop-Beauftragten der Theo Geißler ■ e.V. wieder. nig Farbe in die Gummizellen des ef- Mehrheitspartei wie das Piercing zur fektivitätsprogrammierten Alltags. Tätowierung.

politik und kultur 04/03 Seite 32 HKS 47 schwarz