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Experten-Tagung mit Bürgern und Behördenvertretern 14. September 2018 – Stadthalle Kleve Alter Klevisches Arkadien 17. Jahrhundert Von der Schwanenburg zum Papenberg – Sternbusch – Alter Park – Galleien Berg und Tal – Moritzgrab

Klevischer Verein für Kultur und Geschichte e.V. – Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering 4 1 Experten-Tagung mit Bürgern und Behördenvertretern 14. September 2018 – Stadthalle Kleve Alter Tiergarten Klevisches Arkadien 17. Jahrhundert Von der Schwanenburg zum Papenberg Lustgarten – Sternbusch – Alter Park – Galleien Berg und Tal – Moritzgrab

Klevischer Verein für Kultur und Geschichte e.V. – Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering 2 1 Experten-Tagung Seite Inhalt mit interessierten Bürgern 4 Vorwort Ulrich Francken und Behördenvertretern 5 Begrüßung und Moderation Hermann von Ameln zum Thema: 7 Grußwort Joachim Schmidt „Alter Tiergarten: 8 Grußwort Rainer Hoymann Klevisches Arkadien – im Europäischen Vorträge 10 Points de vue, Sichtachsen, Alleen – Die Landschaftsgestaltung des Statthalters Kulturerbejahr 2018“ Johann Moritz von Nassau-Siegen aus stadthistorischer Perspektive – Bert Thissen 27 Gartenkultur als Europareise – Prof. Dr. Stefan Schweizer – Vorgetragen von Prof. Dr. habil. Jens Gebauer – Bericht Werner van Ackeren 29 Die Bedeutung der Klever Parkanlagen in der Geschichte der europäischen Gartenkunst – Dr. Kerstin Walter 34 Entwicklungen im Historischen Park Alter Tiergarten ab 2003 – Gerlinde Semrau-Lensing und Thomas Velten 43 Das Parkpflegewerk „Alter Tiergarten“ – Ein Leitfaden für die zukünftige Entwicklung – Achim Röthig 57 Umgang mit archäologischem Kulturerbe in den Niederlanden Entwicklung der Denkmalpflege vom 19. bis ins 21. Jahrhundert – ir. Luuk J. Keunen 63 Exkursion durch den Alten Tiergarten – Ludger Baumann, Achim Röthig – Landschaftsarchitekt, Gerlinde Semrau-Lensing, Werner van Ackeren, Karl-Dieter Haas und Horst Terfehr – Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering im Klevischen Verein für Kultur und Geschichte e.V.

68 „Danke“! sagt der Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering 70 Autorenverzeichis 71 Buchvorstellung 72 Impressum

2 3 Vorwort Ulrich Francken – Euregio Rhein-Waal dieser Chance nur gratulieren. Eine zeitnahe, Förderung des Projektes durch die Euregio engagierte und authentische Umsetzung Rhein-Waal scheint es gelungen, einen Sehr verehrte Leserinnen und Leser, schap, der Stadt Kleve, der Karl-und-Maria- empfohlener Ratschläge für den Alten Tier- Grundstein für ein solches ambitioniertes liebe Freunde der Gartenkunst, Kisters-Stiftung und des Klevischen Vereins garten böte die Gelegenheit, die Wertschät- Vorhaben gelegt zu haben. Grenz­ als Vorsitzender der Euregio Rhein-Waal sichergestellt. Der Alte Tiergarten mit den zung der Gartenanlagen für alle Bürger und überschreitend in allen Belangen und als Teil ist mir das Engagement des Arbeitskreises Galleien wurde ausgewählt. Für die fachlich Besucher sichtbarer werden zu lassen. Er einer „Oranierroute“ von Den Haag über Kermisdahl-Wetering im Klevischen Verein fundierten Recherchen und Erhebungen zum wäre ein weiterer Anziehungspunkt in Kleve Kleve bis und weiter … für Kultur und Geschichte zu Erhalt und Parkpflegewerk 2015 konnte der Land- für die nieder­ländischen Nachbarn, die Wiederherstellung des historischen Parks schaftsarchitekt Achim Röthig gewonnen wieder von „ihrem südholländischen Arka- Ulrich Francken, „Alter Tiergarten“ als ein wichtiges Anliegen werden. dien schwärmen“ könnten. U.a. mit der Vorsitzender Euregio Rhein-Waal für Kleve und überdies seit vielen Jahren Beim Alten Tiergarten handelt es sich um bekannt. Dass der Antrag auf vorläufige die im 17. Jh. entstandene Gartenkunst des Unterschutzstellung 2008 ein Zeichen setzte, Fürsten Johann Moritz von Nassau-Siegen, Moderation Hermann von Ameln, Honorarkonsul war gut und folgerichtig! der Statthalter der Residenzstadt Kleve war. der Niederlande a.D. – Schirmherr des Alten Tiergartens Die „Europäische Gartenkunst in Kleve“ – Die hier angewandte Landschaftsarchitektur 70 Jahre nach den letzten Kriegsereignissen – im einzigartig gestalteten natürlichen Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schmidt, Ihnen vor dem Imbiss berichten und am – zu erhalten und zeitnah sicher zu stellen, Gelände – ist im deutschen Raum am sehr geehrte Damen und Herren, Nachmittag die einzelnen Gruppen der stärksten geprägt durch niederländische scheint mir der einzig richtige Weg zu sein. ich heiße Sie alle herzlich willkommen zur Exkursion begleiten. Einflüsse und Gestaltungsformen. Damals Anlässlich einer Führung des Arbeitskreises heutigen Tagung Klevisches Arkadien – Alter Die heutige Tagung wäre nicht möglich war es eine Region ohne Grenzen, die durch den ehemaligen Klever Lustgarten, Tiergarten. Ich freue mich mit den Veranstal- geworden ohne die ideelle und materielle Grenzen kamen und trennten erst später. (Garten des Königs) dem heutigen Moritz- tern, dass der heutige Tag eine so gute Unterstützung durch den Landschaftsver- park mit den historischen Abbildungen in Das europäische Kulturerbejahr 2018 Resonanz gefunden hat. Nicht zuletzt auch band Rheinland. Frau Dr. Kerstin Walter wird klassisch-niederländischem Barock, habe verdeutlicht das Zusammenwirken von Zeit dank der schönen Berichterstattung durch zu Ihnen sprechen, sie ist wissenschaftliche ich diese für Kleve und seine in der Außen- und Raum, von Ideen, Plänen, Handwerk, die Medien, hierfür vielen Dank! Nur einige Referentin für die Inventarisation von Gar- wirkung bedeutende Gartenkunst noch Kunst, Lebensart, Erfahrungen und mehr – Anwesende kann ich im Zeit­limit besonders tendenkmälern. Unser Referent Dr. Jan Smit klarer erkennen können. Ein Alleinstellungs- auch und gerade im heutigen euregionalen willkommen heißen. Zunächst begrüße ich musste krankheitsbedingt für heute leider merkmal für Kleve von hohem/bedeutendem Raum. Die Freundschaft des brandenburgi- den stellvertretenden Bürgermeister der absagen. Von hier aus wünschen wir ihm Rang, wie ich meine. schen Kurfürsten Friedrich Wilhelm zu Stadt Kleve, Herrn Joachim Schmidt. Ich gute Besserung. Für ihn übernimmt der In diesem Sinne und im Interesse der Johann Moritz von Nassau, seinem Statt­ danke Ihnen dafür, Herr Schmidt, dass Sie Leiter des Klever Stadtarchivs, Herr drs. Bert Niederrhein-Charta hat die Euregio Rhein- halter, war für Kleve ein Glücksfall! gleich im Anschluss ein Grußwort zu uns Thissen, das Thema Sichtachsen. Beide Waal gerne zugestimmt, die Herausstellung Heute sind die historischen Klever Park- sprechen werden. Ebenfalls anwesend ist Herren arbeiten seit Jahren vertrauensvoll dieser einzigartigen Gartenbaukunst, die anlagen zur Visitenkarte und zum Allein­ Herr Bürgermeister Peter Driessen unserer zusammen. Anschließend verliest Prof. Dr. grenz­überschreitend bekannt und wahr- stellungsmerkmal für Kleve und seine Nachbargemeinde Bedburg-Hau, auf deren Jens Gebauer, Vizepräsident für Forschung nehmbar ist, zu fördern. Kern des Projektes Umgebung geworden. Sie sind ein Gewinn für Boden sich der östliche Teil des Alten Tier- und Entwicklung der Hochschule Rhein- war es, ein Parkpflegewerk zu erstellen und unseren gesamten grenzüberschreitenden gartens erstreckt. Waal, einen Vortrag von Prof. Dr. Stefan zu dokumentieren. Landschafts- und Kulturraum, mit Wirkung Danach wird Herr Rainer Hoymann, frisch Schweizer. 2012 gestartet, wurde die Finanzierung in die Niederlande und in weitere euro­ gewählter Vorsitzender des Klevischen Ver- Nach dem Imbiss wird Herr Landschafts- des Projektes im Rahmen des INTERREG päische Länder. eins, einige Worte an Sie richten. Teil des architekt Achim Röthig das Parkpflegewerk IV-Programms Deutschland-Niederlande Es wäre zu wünschen, dass mit der Erstel- Klevischen Vereins ist der heute einladende „Alter Tiergarten“ vorstellen. Parkpflege- mit Mitteln des Europäischen Fonds für lung und Umsetzung des Parkpflegewerkes Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering unter werk nennt man ein Fachgutachten, welches Regionale Entwicklung und mit Co-Finanzie- die Gartenkunst noch erfahrbarer und erleb- Führung der sehr engagierten Frau Gerlinde die Historie dokumentiert, den über ein rung der Verenigung Nederlands Culturland- barer wird. Der Stadt Kleve kann man zu Semrau-Lensing. Der Arbeitskreis wird gesamtes Jahr beobachteten Ist-Zustand

4 5 beschreibt und Empfehlungen gibt für Pflege, Lösungen: grob vereinfacht Nahrungsmittel­ sehr hohem Maße engagiert, weit über den Gruß an den anwesenden Bürgermeister von Schutz und Weiterentwicklung. Das in 2015 anbau für die lokale Bevölkerung und für den beruflich üblichen Umfang hinaus. Er wurde Weeze, Ulrich Francken, der im Ehrenamt erstellte Parkpflegewerk wurde von Herrn Export. Hierfür und für Ihre Anwesenheit bei seinen Aufgaben kräftig unterstützt von Vorsitzender der Euregio Rhein-Waal ist, mit Röthig am 6. September 2017 im Klever Aus- einen besonderen Applaus! Mitgliedern des Arbeitskreises Kermis- deren Fördermitteln das Parkpflegewerk schuss für Kultur und Stadtgestaltung vorge- Frau Dr. Kerstin Walter ist als ausgebil- dahl-Wetering. Dank an alle Ehrenamtlichen realisiert werden konnte. Herr Francken ist stellt. Der nächste Schritt wäre jetzt eine dete Gärtnerin und Kunsthistorikerin seit des Arbeitskreises Kermisdahl-Wetering im aktuell von König Willem Alexander der Nie- Stellungnahme des Fachbereichs Planen 2005 beim LVR-Amt für Denkmalpflege im Saal. Dank auch an alle übrigen Zuhörer für derlande für sein hohes ehrenamtliches und Bauen der Stadt Kleve zu den im Park- Rheinland beschäftigt. Als wissenschaftliche die vielfäl­tigen von ihnen ausgeübten ehren- Engagement in den Orden der Ritter von pflegewerk aufgeführten Empfehlungen. In Referentin ist sie innerhalb der Abteilung amtlichen Tätigkeiten, die für unser Zusam- Oranje-Nassau aufgenommen worden. Kleve wird seit Jahren im Bereich Planen und Inventarisation für die Erfassung und denk- menleben von sehr großer Wichtigkeit sind. Bauen sehr viel bewegt, überall entstanden malrechtliche Bewertung historischer Grün- und entstehen Neubauten. anlagen zuständig. Für den Alten Tiergarten Der Arbeitskreis ist in Sorge, dass die hat sie das Gutachten verfasst, welches für Grußwort Joachim Schmidt knappe Personaldecke und drängende Bau- die Anerkennung als Denkmal erforderlich vorhaben die Prioritäten zu Lasten des Alten ist. Frau Dr. Walter, wir freuen uns auf Ihren Liebe Frau Semrau-Lensing, lieber Herr Wir würden nicht über die Zahl verkaufsoffe- Tiergartens verschieben. Der Stadtrat kann Vortrag: Die Bedeutung der Klever Park­ Hoymann, meine sehr verehrten Damen und ner Sonntage streiten, sondern Kultur oder erst über die Maßnahmen des Parkpflege- anlagen in der Geschichte der Europäischen Herren, speziell unsere Gartenkunst als wesent­ werks entscheiden, wenn die Stellungnahme Gartenkunst. Das Parkpflegewerk, um das es ich heiße Sie alle in unserer Stadt Kleve lichen Wirtschaftsfaktor begreifen. Wirt- des Fachbereichs vorliegt. Bitte unterstützen heute geht, ist sehr umfangreich (vorgezeigt), herzlich willkommen. Besonders begrüße schaftlicher Gewinn z. B. durch Kulturtouris- Sie uns dabei, dass das Parkpflegewerk bei gut lesbar, aber eher für Fachleute geschrie- ich diejenigen, die weite Wege auf sich mus. der Stadt eine hohe Priorität bekommt und ben. Daraus entwickelt ist diese Broschüre genommen haben, um heute an einem für Nun, meine sehr verehrten Damen und behält. Um Verfall und Fehlentwicklungen Klevisches Arkadien (vorgezeigt), geschrie- die Stadt bedeutenden kulturhistorischen, Herren, träumen darf ich mir wohl erlauben, des Alten Tiergartens und seiner Elemente ben von Herrn Wilhelm Diedenhofen, den ich aber auch zukunftsgewandten Thema mitzu- doch bin ich auch Realist. Und zur realisti- entgegenzutreten, braucht es beschlossene hiermit herzlich begrüße. Die Broschüre arbeiten. schen Einschätzung gehört, dass Politik und Maßnahmen. Mein Gruß auch an Frau Raadts, kann nach dem folgenden Beitrag, von dem Meine Damen und Herren, der alte Tier- Verwaltung unserer Stadt sich des kulturel- die früher bei der Stadt Kleve tätig war und Sie vieles in der Broschüre wiederfinden garten steht bei der Bürgerschaft nicht im len Erbes durchaus bewusst sind. Doch wird heute extra aus Münster zu uns angereist ist, werden, gegen eine geringe Schutzgebühr gleichen Maße im Fokus wie der Forstgarten dieses Thema allzu oft von den Notwendig- weil sie das Thema unverändert interessiert. käuflich erworben werden. Der Arbeitskreis oder das Ensemble rund ums Amphitheater. keiten der Tagespolitik verdrängt. Die Priori- Kermisdahl-Wetering kümmert sich seit Herr Prof. Dr. Stefan Schweizer, wissen- Das ist schade und der kulturhistorischen tätenliste verändert sich immer wieder. Und vielen Jahren um den Alten Tiergarten und schaftlicher Vorstand der Stiftung Schloss Bedeutung sicherlich nicht angemessen. das zum Missfallen derer, die ihre Projekte wird uns jetzt die Entwicklungen ab 2003 vor- und Park Benrath, hätte seinen Vortrag Und ich befürchte, der alte Tiergarten könnte mit Herzblut und nachvollziehbarer Unge- stellen. Gartenkultur als Europareise gerne selbst in in Vergessenheit geraten, wenn es nicht duld verfolgen. Dazu sei nicht zu vergessen, Kleve gehalten, die Termine passten leider Wir kommen jetzt zum Höhepunkt Park- Initiativen wie diese am heutigen Tag gäbe. dass Kultur nicht alles ist. Wobei ich mich nicht zusammen. Umso schöner, dass Sie, pflegewerk „Alter Tiergarten“. Parkpflege- korrigieren muss, denn ohne Kultur ist Prinz Moritz von Nassau-Siegen hat uns verehrter Herr Prof. Dr. Gebauer, Ihre Reise- werke werden normalerweise von der bekanntermaßen alles nichts. ein reiches, aber auch schwieriges Erbe hin- pläne geändert haben um heute bei uns zu öffentlichen Hand in Auftrag gegeben, es ist terlassen. Wie anders wäre es, stünde der Meine Damen und Herren, somit sind wir sein und den Vortrag zu verlesen. Sie sind hier eine Besonderheit, dass der Arbeitskreis Alte Tiergarten in seiner vollendeten Form auf Veranstaltungen wie heute angewiesen, privat im Arbeitskreis aktiv, ich möchte aber Kermisdahl-Wetering im Klevischen Verein und wäre von Generation zu Generation damit neue Denkanstöße und neue Sichtwei- auch Ihre berufliche und wissenschaftliche den Auftrag erteilte mit Fördermitteln der weitergegeben worden. Ich bin mir sicher: sen gegeben werden. Leistung nicht unerwähnt lassen. Zum Euregio Rhein-Waal, übrigens mit finanzieller wir wären ein Anziehungspunkt für Garten- Ich wünsche Ihnen eine hohe Resonanz, Thema Afrika wird fast immer nur über Beteiligung der Stadt Kleve. Herr Achim freunde aus aller Welt. Wir würden weniger die nachhaltig wirken möge. Setzen Sie Probleme geredet, Sie sind äußerst aktiv mit Röthig hat sich für das Parkpflegewerk in darüber diskutieren, was Kultur kosten darf. Impulse. Wenn der große Wurf nicht gelingt,

6 7 machen Sie die kleinen Schritte, die – das Bleiben Sie bitte der alten Herzogstadt, aber Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen! Doch es bleibt noch viel zu tun und es geht gebe ich zu – mühsam sein können. Mühsam auch dem modernen Kleve gewogen. Was man nicht nützt, ist eine schwere Last. nur gemeinsam. Gemeinsam mit der Stadt vor allem für die Protagonisten, deren bisheri­ Vor gut 150 Jahren gründeten Bürger der Kleve, dem Forst, der Gemeinde Bed - gen Erfolge gerne auch größere Anerkennung Joachim Schmidt, stellvertretender Stadt eine Organisation, aus dem der heutige burg-Hau, dem Kreis Kleve. Gemeinsam mit verdient hätten. Ich wünsche gutes Gelingen. Bürgermeister der Stadt Kleve Klevische Verein für Kultur und Geschichte / den Klever Bürgern. Seit September 2015 Freunde der Schwanenburg e. V. entstanden liegt nunmehr das Parkpflegewerk „Alter ist. Sie taten dies aus Liebe zur Heimat und Tiergarten / Galleien Kleve“ von Achim Röthig Grußwort Rainer Hoymann aus Verantwortung für die nachfolgenden vor. Zusammen mit dem Parkpflegewerk Generationen. Auch heute noch fühlen wir „Neuer Tiergarten Kleve / Kernbereich“ von Vor 400 Jahren begann der 30-jährige In Kleve erzählt man sich, wie entrüstet uns diesen Aufgaben verpflichtet und wir Elke Lorenz von Dezember 2016 haben wir Krieg. Auch der Freiheitskampf der Nieder- der alte Fürst Johann Moritz von Nassau war, liegen damit voll im Trend! einen Handlungsrahmen, der weite Teile der historischen Gartenanlagen unserer Stadt lande spielt sich phasenweise auf dem Gebiet als ihm einst die folgende, von einer gewöhn- Unser Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering, erfasst. Nach Eröffnung der Hochschule des Herzogtums Kleve-Jülich-Berg ab und lichen Gesinnung zeugende Inschrift an der der sich unter der Führung von Frau Gerlinde erlebte unsere Stadt einen Bauboom sonder- tobte von 1559 bis 1648 – über 80 Jahre lang! Gartentür eines gewissen Lamers zu Gesicht Semrau-Lensing seit fast 15 Jahren um die gleichen. Jetzt gilt es das kulturelle und Der Jülich-Klevische Erbfolgestreit zog sich kam: „Als de boom is groot, so is de pooter historischen Gartenanlagen mit Schwer- gärtnerische Erbe dieser Stadt wach zu von 1609 bis 1666 hin. Nach den Kriegen ist dood.“ (Ist der Baum groß, ist der Pflanzer punkt „Alter Park / Galleien“ kümmert, hat küssen! Das Motto muss lauten: „Bouwen, das Klever Land eine der meist verwüsteten tot.) Johann Moritz soll den Mann zu sich vieles erreicht: Wege freigelegt und neue grawen, planten laet uw niet verdrieten, soo Gegenden Deutschland. gebeten haben, um ihn persönlich von der geschaffen, den Kermisdahl entschlammt, sult gy en die naar uw komen het genieten.“ Verkehrtheit dieses Spruches zu überzeu- Denkmäler wachgeküsst, Beschilderungen Drei Generationen kannten Ich wünsche uns einen lehrreichen Tag, so gen, so dass dieser die Worte änderte in: angebracht, Aussichten frei gelegt – ein nur Elend und Not! dass wir mit neuer Kraft die vielen Aufgaben „Bouwen, grawen, planten laet uw niet ver- Parkpflegewerk für den Alten Park erstellt … anpacken können, die noch vor uns liegen. 1647 beginnt die Statthalterschaft von drieten, soo sult gy en die naar uw komen het Die Bürger und Gäste, viele davon aus den Johann Moritz von Nassau in Kleve und er genieten.“ (Bauen, graben, pflanzen, lasst‘s benachbarten Niederlanden, genießen und Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! verwandelt das verwüstete Kleve in eine Euch nicht verdriessen, denn die nach Euch nutzen den wiedergewonnenen Erholungs- Rainer Hoymann, Gartenstadt von europäischer Bedeutung. kommen, werden‘s noch genießen.) raum. Vorsitzender des Klevischen Vereins Gab es damals nichts Wichtigeres zu tun? Wieder leben wir in einer Übergangszeit: Gärten statt Ackerland? Denkmäler statt Klimawandel, Zuwanderung, Demografische Wiederaufbau zerstörter Gebäude? Doch die Entwicklung, Digitalisierung, Währungs- Maßnahmen wirkten wie eine gute Medizin. krise, Nationalismus – es gibt angesichts Mit der Verwandlung der Landschaft keimte dieser Brüche eine neue Sehnsucht nach bei den Menschen die Hoffnung auf ein „Heimat“, nach Beständigkeit und Unver- besseres, friedvolles, sorgenfreies Leben. wechselbarkeit. Schönheit als Medizin. Leben bedrohendes Kriegsgerät als Baumaterial für Kunstwerke. Was macht unsere Stadt unverwechsel­ ­ bar; macht unsere Stadt zur „Heimat“? Ein Geniestreich sondergleichen! Es ist die Schwanenburg und es ist die Natürlich stieß dieses Wirken auf Unver- schöne, grüne Lage Kleves auf einem Hügel ständnis, so wie es heute nur wenigen Zeit- mitten in der Niederung. WikiTravel schreibt: genossen vergönnt ist, in den ersten kleinen „Die Parkanlagen im Stadtgebiet stellen eine Schritten eines Projekts den Weg und das sehenswerte Attraktion dar.“ Es ist das Erbe Ziel zu erkennen. Eine kleine Anekdote ver- von Johann Moritz von Nassau, das es zu deutlicht dies: erhalten gilt. Was du ererbt von deinen

8 9 Points de vue, Sichtachsen, Alleen – Die Landschafts­gestaltung des Statthalters Johann Moritz von Nassau-Siegen in Kleve aus stadthistorischer Perspektive

Bert Thissen heit ein vorzügliches Bild von der Genese, der Struktur, der Ausdehnung und der äuße- 1. Einleitung ren Gestalt sowie auch des Sinngehalts Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604 dieser Anlagen.1 Das soll hier nicht resümiert – 1679), der ab 1647 bis zu seinem Tode kur- werden. Vielmehr möchte ich versuchen, die brandenburgischer Statthalter in Kleve war, Bedeutung der Anlagen dieses Statthalters hat das hiesige Stadtbild bekanntlich nach- aus stadthistorischer Perspektive zu betrach­ haltig geprägt. Das landesherrliche Schloss, ten. Dabei geht es nicht so sehr um die Frage das sich bis dahin als ein Ensemble von Ele- nach deren Bedeutung für die ästhetische menten aus Mittelalter (der eigentlichen Qualität des Stadtbildes oder um die ihrer Schwanenburg) und Renaissance präsen- wirtschaftlichen Bedeutung, sondern viel- tierte, erhielt während seiner Statthalter- mehr um eine Bestimmung ihres Verhältnis- schaft sein barockes Antlitz. Mag man hierbei ses zu der Stadt als öffentlich-rechtlichem noch fragen, inwieweit Johann Moritz per- Gebilde und dessen räumlichem Gefüge. Das sönlich der Initiator und Regisseur gewesen soll konkretisiert werden anhand der zu ist, so gilt dies nicht für den Stadtpalast, den diesen Anlagen gehörenden Alleen, Sicht­ er für sich an markanter Stelle über dem achsen und points de vue. Abb. 1. Johann Heinrich Merner, Karte der klevischen Feldmark, 1760, nach einer Vorlage von Franz von Senhem, Juni 1650. Kermisdahl errichten ließ: den im Zweiten Stadtarchiv Kleve Weltkrieg mitsamt des dazugehörigen Prinz- 2. Der Klever Stadtraum vor der Johann Moritz. Man findet zwar an einigen Moritz-Parks zerstörten Prinzenhof. Auch Statthalterschaft von Johann Moritz Stellen Spuren dieser Maßnahmen, dabei die Anlage der Nassauerstraße, die vom Im Stadtarchiv Kleve liegt eine Karte der handelt es sich aber wohl um Nachträge, die Kleinen Markt am Prinzenhof vorbei zum Stadt Kleve und ihrer Umgebung vor, die im entweder vom Kopisten im 18. Jahrhundert Nassauer Tor führte und diesen Palast Jahr 1760 im Auftrag des städtischen Magis- hinzugefügt worden sind oder die er bereits sowohl mit dem Zentrum der Stadt als auch trats von Johann Heinrich Merner gezeichnet als Aktualisierungen in seiner Vorlage vorge- mit deren südlichen Vorfeld verband, war worden ist [Abb. 1]. Es handelt sich um eine funden hat. weitestgehend sein persönliches Projekt. Kopie einer älteren, verlorenen Karte des Darüber hinaus umgab dieser Statthalter, Landmessers Frans von Senhem, die im Juni Es lassen sich im kartierten Gebiet ver- der als Graf nach Kleve gekommen war und 1650 erstellt worden war. Eine lithographi- schiedene konzentrische Kreise unterschei- 1652 in den Fürstenstand erhoben wurde, die sche Reproduktion ist 1879 der Stadtge- den. Im Kern sieht man die ummauerte Stadt Stadt mit großen Parkanlagen: den Alten schichte von Robert Scholten beigefügt [Abb. 2]. Klar erkennbar sind hier u.a. die Tiergarten im Südosten und den Neuen Tier- worden.2 Die Karte, die Südorientierung hat Burg, die Stiftskirche und das Minoritenklos- garten im Nordwesten. Diese Anlagen sind (d.h.: der Norden ist unten), bietet eine Dar- ter sowie die Stadtmauer mit den Stadttoren. bereits mehrfach untersucht und beschrie- stellung der Grenzen sowohl der Klever Feld- Jenseits des Kermisdahls sind einige Gärten ben worden. Ich verweise an dieser Stelle auf mark als auch des landesherrlichen Amtes angedeutet, darunter der kurz vor 1550 von Abb. 2. Die ummauerte Stadt Kleve und ihre Stadtfreiheit in Herzog Wilhelm angelegte quadratische die vielen größeren und kleineren Veröffentli- Kleve im Bereich der Stadt. Dabei zeigt sie der Karte von Senhem bzw. Merner. Ausschnitt aus Abb. 1 3 chungen von Wilhelm Diedenhofen zu diesem noch den Zustand Kleves vor Anfang der „Nije Garten“, der später Neuer Wall hieß. Themenkomplex. Sie bieten in ihrer Gesamt- landschaftsgestalterischen Maßnahmen von Vor dem Hagschen Tor befindet sich ein

10 11 Teich, der „Hagsche Poel“, und etwas weiter Das hier umrissene Gebiet, einschließlich Gebiet, das die Karte zeigt, von Amtmännern seiner eigenen Forstverwaltung diesem Amt auswärts, im Bereich der Linde, eine Häu- des Opschlags am Spoykanal und einer Zone des Landesherrn verwaltet. an, nördlich (jenseits des Kermisdahls und sergruppe, die in der Legende als „Der Stadt mit Gemüsegärten vor der westlichen und Ein weiterer Kreis betrifft die Feldmark Spoykanals) befand sich das landesherrliche 9 Cleve suburbium“, also als Vorstadt von südlichen Stadtmauer, bildete damals die [Abb. 3]. Diese umfasste ein Gebiet, das sich Amt Kleverhamm. Kleve, bezeichnet wird. Hierzu zählt das sogenannte Stadtfreiheit von Kleve. In vom Kermisdahl bis zu einem markanten Die Karte von Senhem zeigt also ein Gebiet Melatenhaus, das Johann Moritz später seinem historischen Kern war dieses Gebiet Baum auf der Triftstraße, „Den Dicke Muen- mit einer ziemlich feingliedrigen und kom- 4 abreißen lassen sollte. In Richtung Kermis- durch die Stadtrechtsverleihung im Jahr nick“ (Dicker Mönch), und von dort in Rich- plexen Verwaltungsstruktur. Weiter kann dahl liegt ein „Wyegert“ (Weingarten). Dieser 1242 aus dem ländlichen Raum eximiert und tung Materborn und Stadtberg erstreckte. man feststellen, dass die Karte kaum erah- lässt sich bereits ab dem 14. Jahrhundert als der direkten Verwaltung des Magistrats Die vorstädtische Burgsiedlung Kleve hatte nen lässt, dass es sich bei Kleve um eine 5 Besitzung des Landesherrn nachweisen. unterstellt worden. Ansonsten wurde das einen eher ländlichen Charakter gehabt und landesherrliche Residenz handelte. nach 1242 spielte die Landwirtschaft auch in Lediglich die Burg mit der Stiftskirche, der der Stadt noch lange Zeit eine bedeutende „Wyegert“ und der „Nije Garden“ sind als Rolle. Viele Bürger verfügten über Ackerland Spuren dieser Residenz-Qualität im Karten- vor den Stadttoren und bis in das 17. Jahr- bild zu bezeichnen. hundert hinein gab es in der Stadt so viele Kühe, dass diese beim Weidegang in mehre- 3. Die Maßnahmen zur Landschafts­ ren Herden gehütet werden mussten.6 Die gestaltung von Johann Moritz Klever Feldmark war das intensiv genutzte Die Nachträge in der Kopie der Karte aus eigene ländliche Umfeld der Stadt. Dieses ist dem 18. Jahrhundert bieten bereits einen im Hochmittelalter von Kleve aus gerodet ersten Eindruck davon, wie Johann Moritz worden. Abgesehen von Ackerland befanden mit seinen Maßnahmen in diese Situation sich hier auch Straßen, die als Triftwege für hineingewirkt hat [Abb. 4]. Wenn wir uns den das Vieh in Richtung Reichswald genutzt Bereich des Alten Parks genauer anschauen, wurden und die selbst als Gemeindebesitz sehen wir, dass hier im Bereich der Galleien der Stadt galten, wie die heutige Hoffmann- die alte Siedlung Nedenooj mit einigen Höfen bzw. Materborner Allee und natürlich die vermerkt ist. Dazu schrieb der vormalige Triftstraße, die ihren Namen von der Viehtrift, Klever Stadtarchivar Dr. Friedrich Gorissen die hier betrieben wurde, herleitet.7 1954: „Man muss den Architekten des Mau- Die Klever Feldmark grenzte im Süden an rits v. Nassau böse sein, daß sie keine Karte einen Gerichtsbezirk, der Hau, Reesputt und hinterlassen haben, die uns zeigen würde, Materborn umfasste. Diese Ortschaften wie die Nedenooj ausgesehen hat vor der waren als eigene Rodungssiedlungen im großen Umgestaltung des Freudentales um 10 Kirchspiel Kleve entstanden und gehörten das Jahr 1650.“ Auch unsere Karte bietet ebenso wie die Klever Feldmark zum landes- herrlichen Amt Kleve. Dazu zählten ferner Donsbrüggen und (auf der Karte kaum sicht- bar) Rindern. Außerdem war der Klever Stadtberg, den die Stadt 1370 vom Grafen Adolf (1368-1391) geschenkt bekommen hatte und der ihr sozusagen privatrechtlich 8 gehörte, ein Bestandteil des Amtes Kleve. Abb. 4. Der Bereich des Alten Parks in der Karte von Senhem Abb. 3. Die Stadt Kleve und ihr Umfeld, mit der klevischen Feldmark und die gemeinsamen Besitzungen und Rechte der Bürger. Südlich schloss sich der Reichswald mit bzw. Merner. Ausschnitt aus Abb. 1 Friedrich Gorissen, Städteatlas Kleve, Kleve 1952, S. 58

12 13 keine genaue Darstellung der alten Situation. Wohl ist hier als Aktualisierung die Ergän- zung „jetzo Domainen“, die sich auf die Galleien bezieht, hinzugefügt worden. Jenseits der Wetering liest man den Namen „Freudenberg“. Das war der ansonsten erst- mals im Jahr 1651 erwähnte neue Name des Ruisbergs, den Johann Moritz mitsamt dem Abb. 5. Der Bereich des Neuen Tiergartens in der Karte von darauf befindlichen Hof kürzlich erworben Senhem bzw. Merner. Ausschnitt aus Abb. 1 hatte. Auf ein weiteres, damit zusammen- von Gent“ sichtbar und weiter in Richtung hängendes Projekt von Johann Moritz ver- Donsbrüggen Besitz des Klosters Gnaden­ weist die Angabe: „olim Spielenbergh, jetzo thal, das übrigens bereits 1603 von den Meijerhoff“.11 Augustiner Chorherren verlassen worden Es ist übrigens bemerkenswert, dass in war. In diesem Bereich liest man als Aktuali- dieser Karte auf der Südseite der Stadt öst- sierungen „anjetzo Thiergarten“ und „anjetzo 13 lich des Hagschen Tors ein zweites Feldtor in zum Kgl. Thiergarten gehörig“. Form einer breiten doppeltürmigen Anlage Aus all dem ergibt sich zweierlei. Auf der mit Spitzdächern dargestellt ist. An dieser Ebene des öffentlichen Rechts hat Johann Stelle stand 1650, als Frans von Senhem die Moritz sich über alte Grenzen hinweggesetzt Abb. 6. Die Stadt Kleve und die Parkanlagen in ihrem Umfeld. Karte von Michael Buyx, 1829. Niederrheinisches Museum für Karte zeichnete, noch ein mittelalterlicher und Maßnahmen ergriffen, die den Rahmen Volkskunde, Kevelaer Stadtturm, der Buerensturm, der im Herbst der Stadt bzw. Stadtfreiheit sprengten. Er zeichnen sich hier die Dimensionen ab. Ich der Bürgergemeinde und waren vorwiegend 1651 einstürzen sollte. Bald darauf wurde wirkte bis in die Feldmark und in das sons- nenne als Eckpunkte zum einen den Stern- landwirtschaftlich geprägt. Die Schaffung hier das Nassauer Tor errichtet. Möglicher- tige landesherrliche Amt Kleve hinein und busch mit Freudenberg und den Anlagen in der Residenzlandschaft stand einer Trans- weise benutzte man dazu verbliebene Teile nahm im Bereich des Alten Parks ein Projekt Berg und Tal im Südosten und zum anderen formation solcher alten Verbindungen gleich, des Vorgängerbaus, denn auf den vorhande- in Angriff, das sogar über die Amtsgrenze den Neuen Tiergarten mit Tiergartenwald, wie sich gerade auch anhand der Sichtach- nen Abbildungen, deren älteste den Zustand hinweg bis in das Amt Kleverhamm hinein- Wasserburg und Schloss Gnadenthal, für das sen, Alleen und points de vue zeigen lässt. im Winter 1653/54 zeigt, sieht man einen ragte. Gleichzeitig lässt sich feststellen, dass Johann Moritz zumindest Pläne hatte, im Einzelturm, durch den das eigentliche Tor Johann Moritz bei seinen Projekten auf der Nordosten. Der Charakter Kleves als fürstli- 4. Sichtachsen, Alleen und hindurchführte. Diesem Turmbau ähnelt das Ebene des Privatrechts mit einer Vielzahl an che Residenz zeigt sich hier im Kartenbild points de vue in der Karte dargestellte Tor in keiner Weise. Besitzern konfrontiert wurde. Wir wissen, sehr nachdrücklich und in einem Bereich, Point de vue bedeutet im Französischen: Da wir kein weiteres Stadttor in diesem dass er deren Besitzungen manchmal recht- der weit über die Stadtgrenzen hinausreicht. Punkt, von dem aus man schaut, also Aus- Bereich kennen, muss man wohl schließen, mäßig durch Kauf oder Tausch erworben hat, Johann Moritz hat also zu Kleve eine neue sichtpunkt.17 In der architektonischen Fach- dass die Karte eine nachträglich eingefügte aber dass er auch andere Methoden nicht räumliche Struktur geschaffen. Diese kann sprache ist ein point de vue dagegen ein 14 und nicht realistische Darstellung des Nas- scheute. man als Residenzlandschaft bezeichnen.16 Blickpunkt, auf dem man schaut, ein Blick- 12 sauer Tors bietet. Wenn wir jetzt zum Vergleich die Karte der Funktional gehörte diese zur Stadt, die ihr fang in einer Straßen- oder Gartenachse.18 Schauen wir uns jetzt den Bereich des Stadt Kleve und ihrer Parkanlagen des Herzstück bildete, aber viele Elemente dieser Points de vue in diesem Sinne hat Friedrich Neuen Tiergartens an [Abb. 5]. Hier ist die Geometers Michael Buyx von 1829 heranzie- Struktur lagen außerhalb der Stadtgrenzen. Gorissen bereits für das Mittelalter ausge- alte Landschaft mit den bisherigen Besitzern hen, bekommen wir einen Eindruck vom Im Bereich der Feldmark und darüber hinaus macht, zum Beispiel Kirchtürme, die als dargestellt worden. Im Bereich des Amphi­ Gesamtumfang der Maßnahmen zur Land- hatte es zuvor auch bereits Stadt-Land-Ver- Orientierungspunkt für Rodungen dienten.19 theaters sieht man neben dem Waayenberg schaftsgestaltung von Johann Moritz15 [Abb. bindungen gegeben, aber diese basierten Man darf auch den vorhin erwähnten Baum den „Spring“ als kleinen Strom. Es ist auch 6]. Zwar kann man nicht alle dort sichtbaren vielfach auf Privatbesitz von Bürgern oder „Dicker Muennick“, der als Orientierungs- noch der „Gentzhoff“ mit Besitz der „Junfer Anlagen ihm zuschreiben, aber immerhin auf Kommunalbesitz und gemeinsame Rechte punkt für die Bestimmung der Südgrenze der

14 15 Feldmark Kleve diente, als point de vue das volle Nutzungsrecht an diesem Besitz, ab. Die primäre Bedeutung von Allee ist wohl betrachten.20 Sowohl für die points de vue als Unterpfand für eine Schuld von 50.000 Gehweg. In der berühmten französischen wie für die Sichtachsen gilt, dass man sie in Reichstalern wegen Kostbarkeiten, die er ‚Encyclopédie‘ von Diderot und d‘Alembert manchen Fällen bereits in der Landschaft dem Kurfürsten geliefert hatte. Die Güter findet man unter ‚Allée‘ lediglich die Angabe: vorfand, sei es als naturgegebene Objekte, sollten dem Kurfürsten aber wohl zur Verfü- term d‘architecture, d.h. architektonischer wie z.B. auffällige Bäume oder Felsen, sei es gung stehen, wenn er in Kleve residierte. Begriff.25 Daneben gibt es dort aber einen von Menschenhand geschaffen, wie z.B. die Vierzehn Jahre später, 1666, galt die Schuld viel ausführlicheren Artikel ‚Allées de jardin‘ bereits genannten Kirchtürme. Man konnte des Kurfürsten als beglichen und damit (Alleen in Gartenanlagen). Hier werden zahl- aber auch selbst neue schaffen. Bei Johann erlosch im Prinzip das Nutzungsrecht von reiche Varianten beschrieben: die einfache

Moritz lassen sich verschiedene Varianten Abb. 7. Die Columna von Johann Moritz von Nassau-Siegen Johann Moritz. Bald zeigte sich jedoch, dass Allee mit zwei und die doppelte mit vier feststellen. Im Falle der Nassauer Allee auf dem aufgeworfenen Hügel Kiek-in-de-Pot. Ausschnitt aus der Unterhalt des Neuen Tiergartens, den Baumreihen, grüne, zugedeckte und offene diente der Dachreiter der Klever Stiftskirche dem Einblattdruck Ducatus Clivensis mit Stadtansichten von Johann Moritz auf eigene Kosten angelegt Alleen, hoch- und tiefgelegene Alleen, Alleen Henrick Feltmann, 1660-1663. Stadtmuseum, Köln als point de vue, in anderen Fällen orientier- und dann 1662 dem Kurfürsten geschenkt in Hanglage, die perspektivische Allee und ten Anlagen sich an Hügelspitzen. Diese Anblicken, für seinen Herrn in Besitz.21 Erbli- hatte, die kurfürstliche Amtskasse überfor- die Wasserallee. wurden mehrfach künstlich erhöht, wie z.B. cken stand hier also fast Beherrschen gleich. derte. Deshalb wurde am 26. August 1667 ein Wichtig ist hier die generelle Verbindung die Spitze des Sternbergs. Am bemerkens- Zweifellos hat dieser Gedanke auch bei den Vertrag geschlossen, mit dem Johann Moritz von Allee und Garten. Denn dem Garten wertesten sind die neu geschaffenen points Sichtachsen von Johann Moritz eine Rolle sich zur Pflege dieser Anlage verpflichtete. wurde bereits im Mittelalter vielfach eine de vue, wie etwa das Trophäendenkmal gespielt, zumal dieser zumindest im Falle Dafür erhielt er das Nutzungsrecht sowohl große symbolische oder allegorische Bedeu- Cupido am Ende der Nassauer Allee oder die der Columna, die er auf dem künstlich aufge- des Neuen Tiergartens wie des Alten Parks tung beigemessen. Von seiner Grundbedeu- 23 Mars-Statue am Amphitheater. worfenen Hügel ‚Kiek in de Pot‘ errichten (Freudenberg und Freudenthal) . Man sieht: tung her war es ein umzäunter, eingefriede- Es stellt sich die Frage, was Johann Moritz ließ, einen point de vue installierte, der u.a. eine sehr wechselvolle und nicht ganz ein- ter Ort.26 Von daher galt er auch als sicherer mit seinen Sichtachsen und points de vue wegen des Monogramms JM an sich schon deutige Geschichte, wobei Johann Moritz Ort, Ort des Friedens. Außerdem lautet ein 22 bezweckte. Natürlich spielten hier ein erhoff- als Herrschaftszeichen zu betrachten war faktisch die meiste Zeit über die Güter verfü- Kernsatz im eben zitierten Artikel der ‚Ency- ter Überraschungseffekt und ästhetischer [Abb. 7]. Insofern die points de vue nicht gen konnte. Insofern er zumindest das Nut- clopédie‘ (übersetzt): „Die Alleen eines Gar- Genuss eine Rolle. Aber es ist noch ein wei- wirklich im eigenen Herrschaftsbereich zungsrecht hatte, konnte er wohl auch seine tens sind wie die Straßen einer Stadt; es sind terer Aspekt zu beachten. Ich bringe zur lagen, ordneten sie diesen zumindest geo- eigenen Herrschaftszeichen einsetzen. Die gerade und parallele Wege, eingesäumt von Erläuterung eine Begebenheit aus dem graphisch ein. Position des Statthalters glich dann der des Bäumen, von Sträuchern, von Rasen usw. Anfangsjahr des klevischen Erbfolgestreits Doch spätestens an dieser Stelle muss Lehnsmanns in einem feudalen Verhältnis, (…).“27 Unausgesprochen werden hier die (1609) in Erinnerung. Damals ergriff Stephan gefragt werden, um wessen Anlagen es sich der die Lehnsgüter mit seinem eigenen wohlgeordneten Alleen eines Gartens und von Hertefeld zum Kolk als Bevollmächtigter hier handelte: Gehörten sie dem Statthalter Wappen versehen durfte. Johann Moritz ist die Straßen einer Stadt gemeinsam den offe- des Kurfürsten von Brandenburg, Johann oder dessen Herrn, dem Kurfürsten Fried- hier auch nicht als einfacher Privatmann zu nen und auch nicht geraden Landstraßen Sigismund, Besitz des Klever Landes. Nach- rich Wilhelm von Brandenburg (1640-1688)? betrachten: Er war ein Fürst, der sich als gegenübergestellt. Somit kann man feststel- dem er am 4. April u.a. durch Anschlagen des Wie komplex die Beantwortung dieser Frage solcher präsentierte. len: Die Anlage von Alleen verschaffte der brandenburgischen Wappens an einigen ist, möchte ich am Beispiel des Alten Parks Wenden wir uns den Alleen zu. Der Landschaft den Charakter eines wohlgeord- Toren symbolisch Besitz von der Klever Burg zeigen. In diesem Bereich hat Johann Moritz Kunst-Brockhaus definiert sie als: „2 oder neten und friedlichen Gartens. und von der Stadt Kleve ergriffen hatte, ritt er bereits 1650 den späteren Freudenberg mit mehr parallel verlaufende Baumreihen an mit Notar und Zeugen zum Kermisdahl, dem Meyerhof und weiteren Besitz erwor- Straßen und Wegen“24. Das ist eine oft über- 5. Kleve und Den Haag zeigte von einer hohen Stelle über dem Hang ben. Im darauffolgenden Jahr bot er diesen nommene, aber eigentlich nicht wirklich Diese Einsicht lässt sich durch einen Ver- auf die Städte Griethausen und Kalkar, auf Komplex dem Kurfürsten zum Kauf an und zutreffende und auf jeden Fall auch sehr gleich von Kleve mit Den Haag vertiefen. Die die Burg Monterberg und auf das sonstige der akzeptierte dieses Angebot am 5. Okto- verkürzte Definition. Das Wort Allee ist offen- beiden Städte verband viel. Den Haag war von dort aus sichtbare Klever Land und nahm ber 1651. Knapp ein Jahr später, am 21. Sep- sichtlich französischer Herkunft. Es leitet eine alte landesherrliche Residenz, wie es visu et aspectu, d.h. durch Sehen und tember 1652, erhielt Johann Moritz jedoch sich vom französischen Wort aller = gehen Kleve: Im Spätmittelalter hatten dort die

16 17 Grafen von Holland residiert und in der manchmal fast wie seine Exil-Residenz: Zwei ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts war Den Töchter von Friedrich Heinrich begingen hier Haag die Residenz des niederländischen ihre Hochzeit und sein Enkel, der künftige Statthalters.28 Dieser war in der jungen Statthalter Wilhelm III. (1672-1702), war hier Republik, die aus dem niederländischen Auf- gelegentlich bei seinem Onkel, dem Großen stand gegen den König von Spanien hervor- Kurfürsten, zu Gast.29 Auch dessen klevi- gegangen war, zwar formell ein Diener der scher Statthalter Johann Moritz von Nas- Generalstaaten, aber in der Praxis erwarben sau-Siegen war mit dem Haus Oranien-Nas- die Prinzen Moritz (Statthalter von 1585 bis sau verwandt und Prinz Moritz von 1625) und vor allem Friedrich Heinrich (1625- Oranien-Nassau war sein Taufpate gewesen. 1647) von Oranien-Nassau einen quasi-mon- Die Karriere von Johann Moritz hatte in Den archischen Status. Kurfürst Friedrich Wil- Haag angefangen und er hatte hier ab 1633 helm von Brandenburg, der damals zwar ein eigenes, sehr prominentes Domizil bauen noch nicht formell anerkannte, aber wohl lassen: das heutige Museum Mauritshuis faktische klevische Landesherr, heirate 1646 [Abb. 8]. Bekanntlich hat Johann Moritz im Louise Henriette, Tochter des niederländi- Oktober 1647, zu Anfang seiner Zeit als kle- schen Statthalters Friedrich Heinrich und ve-märkischer Statthalter, den Klever Bür- nachdem das Haus Oranien-Nassau ab 1650 germeister Dr. Johan Nieß bei einer ersten in der Republik­ vorübergehend in das politi- Unterredung auf dem Schloss auf das Bei- sche Abseits geraten war, diente Kleve spiel der Alleen in Den Haag hingewiesen, Abb. 9. Das Voorhout in Den Haag. Stich von Cornelis Elandts, 1668. Collectie Haags Gemeentearchief

das sich im Bereich des Klever Stadtbergs Johann Moritz kannte das Voorhout zwei- nachahmen ließe.30 Er muss dabei konkret fellos sehr gut. Möglicherweise gilt das auch das sogenannte Voorhout in Den Haag vor für die Lobgedichte der Haager Dichter Augen gehabt haben. Im Mittelalter war Constantijn Huygens, seines dortigen Nach- dieses Voorhout ein Ausläufer eines Waldes barn, und Jacob van der Does auf diese Allee. bei der damaligen holländischen landes- Auf jeden Fall erwähnt Christoffel de Vries herrlichen Residenz gewesen. Margarete von sie in seinem Büchlein ‚Den Cleefschen Lust- Kleve, Ehefrau von Albrecht von Bayern und hoff‘, das er 1698 beim Klever Drucker Tobias Gräfin von Holland († 1411), hatte den Domi- Silberling drucken ließ, bei der Beschreibung nikanern 1403 hier den Bau eines Klosters der Nassauer Allee.32 Huygens, der bislang ermöglicht und seitdem war das Gebiet all- nur lateinische Gedichte verfasst hatte, wid- mählich dichter bewohnt worden. Unter dem mete 1621 sein erstes Gedicht in niederlän- damaligen Landesherrn Kaiser Karl V. hatte discher Sprache dem Voorhout: ‚Batava-­ man hier 1539 Baumreihen angepflanzt, Tempe, dat is ‚t Voorhout‘. Dieses war ein eher wodurch eine Allee entstanden war, deren konventionelles Lobgedicht, dass das Voor- Schönheit bereits von Lodovico Guicciardini hout mit dem altgriechischen idyllischen Tal (1521-1589) gelobt wurde. Im frühen 17. Tempe verglich. Trotz seiner großen Länge Jahrhundert besaß das Voorhout städtischen enthielt es wenig konkrete Bezüge zu der Charakter und an der Allee standen viele Haager Allee, sondern verband vielmehr die vornehme Häuser31 [Abb. 9]. Zyklen der Jahreszeiten und der Tageszeiten in poetischer Weise mit den Lebensphasen des Menschen, insbesondere der Frau.33 Abb. 8. Plan von Den Haag im 17. Jahrhundert. Bert Thissen

18 19 Für uns ist ein viel kürzeres lateinisches dert in Form des Neustoizismus stark aufge- sche Stimme hatten (die ‚Generaliteitslan- Gedicht von Huygens interessanter.34 Dieses lebt und hatte sowohl die Ethik wie das Staats- den‘, global genommen die heutigen verfasste er 1631 anlässlich der Anpflanzung denken und die Heeresreformen der Nassauer Provinzen Drenthe und Noord-Brabant sowie von weiteren Linden entlang des Voorhout geprägt.35 Allerdings ist im Gedicht die Rede Teile von Limburg), sowie einen Gürtel von auf Anordnung des Statthalters Friedrich von der Stoa des Kuckucks (στόα cuculli) und Festungen, der von der Nordseeküste in der Heinrich. das gibt dem Ganzen eine ironische Wende. Provinz Zeeland bis zur Wattenküste in der Denn der Kuckuck war nicht irgendein Vogel, Provinz Groningen reichte40 [Abb. 10]. Die auf In Anteriorem Hagae Sylvam principis der in den Linden hauste, sondern er galt als klevischem Hoheitsgebiet angelegte Festung nuper jussu frequentiori tilia consita. Symbol des Betrugs. Im früheren Lobgedicht Schenkenschanz war ein Bestandteil dieses Hagae delicium, cantatae frondis amictu, von Huygens war er der Vogel, der auf Ehebe- Gürtels, dem im Übrigen weitere niederlän- Saepe poetarum laurea, semper amor, trug pochte.36 Das Voorhout, das in diesem dische Festungen entlang Maas und Rhein Nobilis, et non hac deliri, στόα cuculli, früheren Gedicht u.a. als „Joffrou-rack“, d.h. vorgelagert waren. Hierzu zählten die Fes- Rara diu prisco sylua decore steti; Jungfernallee, bezeichnet wurde, war also tungen mit niederländischen Garnisonen in nicht nur ein Ort der philosophischen Besin- rechtsrheinischen Städten wie Emmerich, Et placui simplex Batauis: si digna videri nung, sondern auch – oder vielmehr – ein Rees und Wesel und auch die linksrheinische Nassauijs vellem, ter triplicanda fui. Schauplatz vieler Flirts und Liebesabenteuer. Festung zu Büderich. Hinc, spatijs multo nuper quicunque Mit der Nassauer Allee in Kleve verhielt es Es ist offensichtlich, dass das Herzogtum repletis, Abb. 10. Grenzfestungen der Republik. Bert Thissen sich übrigens wohl nicht völlig anders, denn Kleve als Pufferstaat innerhalb dieses nie- Spissior aestiuos arceo tota canes. dies war nach einer Angabe aus dem Jahre Bei den Alleen und Gartenanlagen in Den derländischen Sicherheitssystems diente. Quid non Auriaco metuant victore Brabanti, 1731 der Ort wo „het Kleefse juffrouwschap Haag und Kleve zeigte sich fürstliche Macht Dadurch wurde man hier aber auch gewis- Gloria cui Syluae non satis una fuit? uyt wandelen gaat“.37 jedoch nicht nur im Sinne von Gestaltungs- sermaßen vom mächtigen Nachbarn geschützt Constantijn Huygens, 9. April 1631 Die beiden letzten Zeilen des lateinischen kraft und Durchsetzungsvermögen, sondern und nicht zuletzt deswegen glaubten die Gedichts von Huygens zum Voorhout stellen auch als effektive Schutzherrschaft. Die klevischen Landstände weitgehend auf Das Voorhout präsentiert sich in diesem einen Bezug zur damaligen Zeitgeschichte beiden Residenzen kannten keine moderne eigene moderne Festungen verzichten zu Gedicht als ehemaliger Wald (sylva), der als dar. Es wird rhetorisch gefragt, wieso die Süd- Befestigung. Den Haag war im Mittelalter als können. Dem Großen Kurfürsten vergönnten solcher lange Zeit gestanden und den alten niederländer (Brabanti) sich nicht vor einem Dorf zur landesherrlichen Residenz gewor- sie lediglich die Anlage einer einzigen Lan- Nordniederländern (Batavi) genügt hatte. Um siegreichen Oranier (Auriaco … victore) fürch- den und hatte im Laufe der Zeit baulich teil- desfestung in Kalkar ab 1656. Die dortige den Nassauern würdig zu sein, musste die teten, dem ein einziger ‚Waldsieg‘ (Gloria weise einen städtischen Charakter gewon- Zitadelle ist jedoch nie in Betrieb genommen 41 Anlage aber beträchtlich erweitert werden Sylvae … una) nicht genügte. Hier wird daran nen, aber der Ort hatte niemals den und 1674 wieder geschleift worden. (ter triplicanda). Und jetzt, da viele Löcher erinnert, dass der niederländische Statthalter Rechtsstatus einer Stadt erhalten. Formell Die Stadt Kleve hatte im Gegensatz zu Den geschlossen waren, bot sie in verdichteter Friedrich Heinrich 1629 nach langer Belage- galt er als Landgemeinde und als solche ver- Haag mittelalterliche Stadtmauern und Form vollkommenen Schutz vor der Sommer- rung die Stadt Herzogenbusch (Sylvae ducis) fügte er nicht über eine Stadtmauer. Bestre- wurde außerdem seit der Zeit Herzog Adolfs hitze (spissior aestivos arceo tota canes, wohl eingenommen hatte. Diese Eroberung galt als bungen zu einer Befestigung im ausgehen- († 1448) von Landwehren geschützt. Beide Anspielung auf die Hundstage). Das Voorhout wichtiger Sieg der Republik im Achtzigjähri- den 16. und frühen 17. Jahrhundert hatten verloren jedoch ab dem 17. Jahrhundert wird hier außer als Haager Kleinod (Hagae gen Krieg gegen Spanien und hat viel zum lediglich zu der Anlage von Wassergräben weitgehend ihre militärische Bedeutung. Der delicium) u.a. auch als edle Stoa (Nobilis … Ruhm Friedrich Heinrichs als ‚Stededwinger‘ geführt.39 Ansonsten vertraute man für die Große Kurfürst drängte im Sommer 1651 στόα) bezeichnet, womit die Linden entlang (Bezwinger von Städten) beigetragen. Das Sicherheit der niederländischen Residenz noch auf eine Instandsetzung der Mauern. der Allee implizit mit griechischen Säulen Gleichnis ist klar: In beiden Fällen, bei der zunehmend auf das großräumige Verteidi- Diese wiesen damals u.a. beim früheren verglichen werden. Man wird aber auch an die Umgestaltung des Voorhout wie bei der gungssystem der Republik. Dieses umfasste Haus von Johann Wier am Kermisdahl, beim Stoa im antiken Athen als Geburtsort der stoi- Eroberung von Herzogenbusch, hatte der Ora- eine militärische Pufferzone von Gebieten im Bollwerk Netelenhorst und beim Ravensturm 38 schen Philosophie erinnert. Diese Philosophie nier einen Wald (sylva) bezwungen. In beiden Süden und Osten, die der Autorität der Gene- Schwächen auf, die repariert werden sollten. war in den Niederlanden ab dem 16. Jahrhun- Fällen hatte er als Fürst Macht demonstriert. ralstaaten unterstanden, aber keine politi- Außerdem hatten Privatpersonen an ver-

20 21 durch den Umfang der neuen fürstlichen Kirchtürme der Umgebung und den Elten- Besitzungen, aus denen später königlich berg. Meist sind es hohe Beamte der klevi- preußischer Fiskalbesitz werden sollte, schen Regierung, die auf diese Weise das erheblich reduziert. Damit gingen Änderun- Werk des Prinzen auf ihren Landgütern wei- gen in der Landnutzung und ein anderes terführen.“45 Über fürstliche Gäste und sons- ‚Erleben’ der Landschaft einher: Das bislang tige Besucher wird das Beispiel auch in vorwiegend landwirtschaftlich genutzte andere Regionen verbreitet. Ich denke hier- Gebiet wurde teilweise zum Erholungsraum bei z.B. an den Rand der Veluwe mit seinen und zu einer ‚Vorzeige-Landschaft‘, die als vielen Adelssitzen, das ‚Geldrische Arka- solche viel bewusster wahrgenommen wurde dien‘.46 als bisher. Mit ihrer neuen Ordnung und in In Kleve wurden die Anlagen von Johann ihrer fast demonstrativen Wehrlosigkeit Moritz, die nach seinem Tode Fiskalbesitz diente diese Landschaft nunmehr als Symbol wurden, vom Nachfolger des Großen Kur- 44 guter Herrschaft. fürsten beträchtlich erweitert. Es handelt sich hier um Kurfürst Friedrich III., der, bevor 6. Die spätere Zeit er 1688 die Nachfolge seines Vaters antrat, Die Anlagen von Johann Moritz haben, wie bereits der Nachfolger von Johann Moritz als eingangs bereits betont wurde, Kleve nach- Statthalter in Kleve gewesen war. Bekannt- haltig geprägt. Ein Thema, das noch der sys- lich sollte er ab 1701 bis 1713 als König in tematischen Erforschung harrt, sind die Preußen regieren. Nachahmungen durch Privatpersonen. Abb. 11. Das Herzogtum Kleve mit der Herrschaft Ravenstein, Karte von Johan Blaeu, 1643. Die befestigten klevischen Städte Er gestaltete 1692 die alte, breite und mit niederländischen Garnisonen am Rhein sind farblich hervorgehoben. Stadtarchiv Kleve Gorissen schreibt dazu im Städteatlas Kleve: unregelmäßige Straße nach Materborn zu „Die Dorffluren von Materborn und Hau einer Allee um und verband mit ihr zwei neue schiedenen Stellen Türen in sie eingebaut. Haag und die Parks und Alleen von Johann werden mit einem Netz von Alleen über- Alleen, die über „den Rücken des Clevischen Diese sollten zugemauert werden. Jedoch Moritz in Kleve, die die Stadt fast nahtlos mit spannt, welche immer wieder die bedeuten- Bergs“ führende Schlossallee, die heute Bra- stürzte, wie wir bereits gesehen haben, ihrer Umgebung verbanden, überhaupt in den Landschaftsmarken zu Points-de-vue banterstraße heißt, und die Königsallee, die wenige Monate später der Buerensturm ein dieser Form existieren konnten, denn Fes- haben, den Schwanenturm, den Mühlenberg, vom Klever Berg in Richtung Bresserberg und dieser wurde von einem neuen Stadttor, tungsanlagen hätten Stadt und Land eindeu- die Hagsche Linde, den Kleverberg, auch die dem Nassauer Tor, ersetzt. Damit setzte tig getrennt. Gleichzeitig konnten die nicht und danach hinunter zur Materborner Allee endgültig die Entfestigung der Stadt ein.42 befestigten Residenzen auch als Zeichen der verläuft. Insgesamt entstand so eine ‚Ringal- Kleve und die weiteren klevischen Städte fürstlichen Macht gelten: Das Land wurde lee‘. Daneben sind die Lindenallee und eine verloren in dieser Zeit ihre militärische vom Fürsten so gut gesichert, dass für die Allee, die teilweise dem Verlauf der heutigen Bedeutung zu Gunsten des Staates. Dazu Residenz keine besonderen Schutzmaßnah- Nimweger Straße folgte, sowie die Xantener 47 passt, dass der preußische König ihnen 1713 men erforderlich waren. Gewissermaßen Allee zu nennen. die Akzisen entzog, denn diese Verbrauchs- kündigte sich hier – frei nach Thomas Mann Die Alleen und sonstigen Anlagen von steuern waren im Mittelalter als städtische – die ‚machtgeschützte Innerlichkeit‘ im Johann Moritz zogen bereits früh fremde Einkommensquellen zur Finanzierung der modernen Obrigkeitsstaat an.43 Besucher an. Der preußische Ortskommis- Stadtmauern eingeführt worden. Die Transformation der Stadt-Land-Ver- sar Samuel Schmettach erwähnt z.B. in Die beiden nicht befestigten Residenz- bindungen durch die Anlage der Gärten von einem Bericht aus dem Jahre 1722 die „weit städte Den Haag und Kleve stellten sozusa- Johann Moritz mit ihren Alleen, Sichtachsen und breit berühmten Alleen“ aus der Zeit des Statthalters Johann Moritz und merkt an, gen das weiche Herz ihres jeweiligen Landes und points de vue war also grundlegend. Die Abb. 12. Die großen Parks und Alleen in Kleve und dar. Das war einerseits eine Voraussetzung Anteile des Privatbesitzes und des Kommu- Umgebung,­ 1730. Friedrich Gorissen, Städteatlas Kleve, dass die dadurch geschaffene „vortreffliche dafür, dass Anlagen wie das Voorhout in Den nalbesitzes im Umfeld der Stadt wurden Kleve 1952, S. 69 Situation“ der Stadt „viele Fremde zur curi-

22 23 eusen Besichtigung hiehin locket“. Diese tung trotz Schutzgebot aus 1822 mit Abhol- Anlagen dann Anwälte finden, die auf ihre Belagerung von Schenkenschanz, „die Kuhe merentheils auß dem Lande gestolen“ worden seien. Ab 1648 gab es nur noch würden die Alleen sowie auch „das im Thier- zungen anfing. Verhandlungen ab 1913 führ- Bedeutung hinweisen, nicht so sehr als einen einzigen Burmeister für die gesamte Stadt (Stadtarchiv garten künstlich angelegte, aber noch nicht ten zur Übernahme von Amphitheater, Denkmal für die Person des Fürsten Johann Kleve, Bestand A, Inv.nr. 1298). ganz vollenzogene Amphitheatrum“ mit den Forstgarten,­ Umfeld des Schützenhauses, Moritz von Nassau-Siegen, sondern vielmehr 7Vgl. Friedrich Gorissen (Bearb.), Kleve (= Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, LI. Niederrhei- dortigen Kaskaden und Fontänen sowie ihre Moritzkanal, Obelisk und Aussichtsturm als verpflichtendes Erbe einer großen Stadt- nischer Städteatlas, I. Reihe. Klevische Städte, 1. Heft), Kleve Quellen, „die mehr aus der Natur als durch durch die Stadt ab 1916.51 geschichte. 1952 [= Städteatlas Kleve], S. 28-30, 58-63; Gorissen, Kunst des Orts sind“, in Augenschein nehmen Historische Topographie, S. 130-141, 214-226. Die Erweiterung des Stadtgebiets im Jahr 1Eine Auswahl der einschlägigen Veröffentlichungen von 8Edition der Schenkungsurkunde: Klaus Flink (Bearb.), 48 und bewundern. Der ab 1742 einsetzende 1898 hatte finanzielle Gründe: Teile der Wilhelm (A.) Diedenhofen: Die Klever Gärten des Johann Klevische Städteprivilegien (= Klever Archiv 8), Kleve 1989, Kurbetrieb hat dann zweifellos stark von der Nachbargemeinden, die mittlerweile städte- Moritz, in: Soweit der Erdkreis reicht. Johann Moritz von S. 260-261 Nr. 32. Kulisse, die sich hier bot, profitiert. Nassau-Siegen 1604-1679, Red. Guido de Werd, Kleve 1979, 9Vgl. Gorissen, Städteatlas Kleve, S. 4-7. baulich zu Kleve gehörten, sollten künftig S. 165-188; Klevische Gartenlust. Gartenkunst und 10Ders., Kellen. Siedlung und Gemeinde in ihrer geschichtli- Die Alleen und Parkanlagen blieben lang auch die städtischen Steuern zahlen. Eine Badebauten in Kleve, Kleve 1994, insbes. S. 1-67; Mars und chen Entwicklung, [Kellen] 1954, S. 52. Fiskalbesitz. Im früheren 19. Jahrhundert indirekte Folge dieser Erweiterung ist aber Minerva. Betrachtungen zur Gartenkunst des Johann Moritz 11Für Angaben zu den einzelnen hier genannten Projekten in Kleve, in: Irmgard Hantsche (Hrsg.), Johann Moritz von von Johann Moritz sei generell auf die Literatur in war eine Tiergartenkommission, die der gewesen, dass Gartenanlagen und Alleen, Nassau-Siegen (1604-1679) als Vermittler. Politik und Kultur Anmerkung 1 verwiesen. Regierungsaufsicht unterstand, für die meis- die bislang im Besitz des Fiskus waren, jetzt am Niederrhein im 17. Jahrhundert (= Studien zur Geschichte 12Vgl. zum Buerensturm: Gorissen, Historische Topographie, ten Alleen zuständig.49 Später wurde diese Kommunalbesitz wurden. Die Stadt über- und Kultur Nordwesteuropas, Bd. 13), Münster u.a. 2005, S. 159; Gorissen, Städteatlas Kleve, S. 46-47. Der Einsturz S. 155-171; Gärten und Parks in Kleve (= Rheinische wird im städtischen Ratsprotokoll vom 6. November 1651 Zuständigkeit auf die staatliche Oberförsterei nahm sie nicht zuletzt deshalb, weil sie sich Kunststätten, Heft 202), 4. Auflage Köln 2008; Klevisches erwähnt (Stadtarchiv Kleve, Altarchiv der Stadt, Sign. A 233, Kleve übertragen. davon eine bessere Pflege dieser Anlagen Arkadien. Alter Tiergarten. Von der Schwanenburg zum Bl. 98 Rückseite). Abbildungen des Nassauer Tors: Friedrich versprach. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Papenberg. Lustgarten – Sternbusch – Alter Park – Galleien Gorissen, Conspectus Cliviae. Die klevische Residenz in der Nach der Stadterweiterung von 1898 – Berg und Tal – Moritzgrab. Beschreibung – Geschichte – Kunst des 17. Jahrhunderts, Kleve 1964, Abb. 57-58 erwarb die Stadt u.a. 1905 die Alleen, die bis alten, fürstlichen Anlagen mittlerweile städ- Pflege, [Kleve] 2018; Als Kleve Gartenstadt wurde, in: (Zeichnung von Hendrick Feldmann, 1653/64, bzw. Ausschnitt dahin der Forstverwaltung unterstanden tische Funktionen erfüllten, als Grünanla- Klevischer Verein für Kultur und Geschichte / Freunde der daraus), 59 (Zeichnung von Jan van Call, um 1685); auch gen, die sowohl bedeutend für die eigene Schwanenburg e.V. (Hg.), Kleve. Schlaglichter der abgebildet in: Diedenhofen, Klevisches Arkadien (wie Anm. 1), hatten, nämlich „die Nassauer-Allee von der Stadtgeschichte, Red. Andreas Gebbink, Wiltrud Schnütgen S. 16-17. Besitzung Belle Vue an bis zum Eisernen Bevölkerung wie für den Fremdenverkehr und Bert Thissen, Kleve 2018, S. 65-68. 13Wie Anm. 11. Mann, die Lindenallee von ihrer Einmündung waren, und im Falle der Alleen auch als städ- 2Stadtarchiv Kleve, Kartensammlung, Signatur KS-C-348; 14Er griff z.B. bei der Anlage des Neuen Tiergartens auf tische Verkehrswege. Robert Scholten, Die Stadt Cleve. Beiträge zur Geschichte Grundstücke der Frau von Gendt, des Herrn Tengnagel von in die Nassauer Allee an bis in die Nähe des derselben meist aus archivalischen Quellen, Cleve 1879 Zelm und der Stadt Kleve zu. Eine vertragliche Regelung der Aussichtsturms und bis zur Waldstraße und (unveränd. Nachdruck: Kleve 1975), Karte ‚Abriss der Stadt Besitzverhältnisse sollte erst später vom Kurfürsten die Königsallee von der Materborner Allee an 7. Schluss Cleve etc. (…)‘ im Quellenanhang. ausverhandelt werden, vgl. Klaus Flink (Bearb.), Kleve im 3Hierzu: Wilhelm Diedenhofen, Weinberg und Maulbeerplan- 17. Jahrhundert, Tle. 2-3 (= Kleve Archiv, Bde. 1-2), Kleve bis zum Aussichtsturm“. Dabei wurde der Der Schutz der überaus bedeutenden his- tage. Historische Gärten an der Klever Burg, in: Die Burg auf 1979-1980, hier Tl. 2, Nr. 89 und Tl. 3, Nr. 14. Schutz durch eine im Grundbuch eingetra- torischen Anlagen ist tatsächlich eine stän- dem Berge. Beiträge zur Geschichte der Klever Schwanen- 15Vgl. hierzu auch die nach Angaben von Wilhelm Diedenho- gene Bestimmung geregelt: „Die Stadt darf burg, hrsg.v. Klevischen Heimat- und Verkehrsverein e.V., fen von Irmgard Hantsche entworfene und von Harald Krähe dige Sorge und wird dies voraussichtlich Red. Wiltrud Schnütgen und Bert Thissen, Kleve 2000, gezeichnete Karte: Diedenhofen, Mars und Minerva (wie Anm. die (…) Alleen ihrem jetzigen Zwecke durch auch in Zukunft bleiben. Das ist zum einen in S. 49-67, hier 49-51. 1), Abb. 1 auf S. 156 (auch abgedruckt in: Diedenhofen, Abholzung ohne vorherige Genehmigung des der Tatsache begründet, dass wir es hier 4Vgl. zu diesem Melatenhaus: Friedrich Gorissen, Historische Gärten und Parks in Kleve). Regierungs-Präsidenten nicht entziehen, Topographie der Stadt Kleve von den Anfängen bis zum 16So bereits: Bert Thissen, Der Statthalter und die Residenz letztendlich mit der lebenden Natur zu tun Beginn der brandenburgischen Zeit, Kleve 1992 [nach einer – Johann Moritz von Nassau-Siegen und die Stadt Kleve, in: soweit nicht etwa einzelne Teile infolge der haben. Aber daneben führen die großen Vorlage aus 1939-1942], S. 183-184. Hantsche, Johann Moritz (wie Anm. 1), S. 107-129, hier 126. gemäß dem neuen Bebauungsplan notwen- Dimensionen der Anlagen und ihre große 5Vgl. Diedenhofen, Weinberg und Maulbeerplantage, S. 49. 17Vgl. zum Beispiel: Langenscheidts Handwörterbuch Franzö- digen Durchquerung durch Querstraßen 6Um die des 15. Jahrhunderts gab es zwei städtische sisch, Teil 1. Französisch-Deutsch, Berlin u.a. 2001, Dichte dazu, dass es in einer Stadt, die auch „buermeyster“, die jeweils eine „herdschap“, d.h. eine S. 543. beseitigt werden müssen oder die Wegnahme anderen Bedürfnissen gerecht werden muss, Nachbarschaft mit eigener gemeinschaftlicher Herde, 18So: Hans Koepf und Günther Binding, Bildwörterbuch der abständiger Bäume und deren Ersetzung immer wieder zu Interessenskonflikten vorstanden und u.a. die Hirten beaufsichtigten, eine im Architektur, 4. Aufl., Stuttgart 2005, S. 369. durch neue in Frage kommt.“50 oberen Teil der Stadt („baven“), die andere weiter nach unten, 19Friedrich Gorissen, Die Düffel: Zur Geschichte einer kommt. Ich brauche hier nur stichwortartig vgl. Klaus Flink (Bearb.), Das Stadtrecht von Cleve (= Klever Kulturlandschaft, in: Numaga. Tijdschrift gewijd aan heden In diesen Jahren erwarb die Stadt auch auf Wohnungsbau, Verkehr und Energiever- Archiv 11), Kleve 1991, S. 299, 304-305. Das städtische en verleden van Nijmegen en omgeving 23 (1975), S. 97-166, den Moritzpark und ab 1910 schaltete sie sorgung hinzuweisen. Der Griff nach den ‚Chur- und Bürgerbuch‘ nennt für die Zeit um 1620 jeweils hier 132-134. zwei Burmeister für die beiden Bezirke „oben“ bzw. 20Friedrich Gorissen beschreibt den Dicken Mönnich als sich immer mehr bei der Instandhaltung des historischen Anlagen erscheint dann oft als Hagsches Quartier und „am Markt“. Ab 1636 wurden einige „Mark-„ oder „Rainbaum“ an der Stelle, wo sich heute Neuen Tiergartens ein, da die Forstverwal- die leichte Lösung. Es ist wichtig, dass diese Zeit lang keine Burmeister bestellt, weil damals, zur Zeit der Triftstraße und Grenzallee kreuzen. Er markierte die

24 25 Südgrenze der Feldmark im Bereich zwischen dem Flack am S. 228-229; das Gedicht ist auf den 9. April 1631 datiert. Deutschlands Elend verschuldet hat“, bezeichnet. 1691-1693). oberen Ende des Kermisdahls und einem Brandpfahl bei 35Vgl. zum Neustoizismus allgemein: Catherine Newmark, 44Vgl. Kasulok, Gartenarchitektur [wie Anm. 26], Sp. 147, nach 48Stifts- und Pfarrarchiv Xanten, H 52: Historische Berichten Materborn (Stadtarchiv Kleve, Nachlass Dr. Friedrich Artikel ‚Neustoizismus‘, in: Jaeger, Enzyklopädie der Neuzeit, der die Gartenkunst, die sich als Begriff erst im 18. vom Zustande der Städte des Hertzogthums Cleve West- und Gorissen, Inv.nr. 326; es handelt sich hier um ein angeblich Bd. 9, Stuttgart 2009, Sp. 149-152; zum Staatsdenken der Jahrhundert durchsetzte, damals als „Allegorie der guten Ost-Seite Rheins, verfertiget in Anno 1722, S. 10-12. verschollenes Kapitel aus Gorissens Dissertationsarbeit, vgl. Neustoiker: Gerhard Oestreich, Antiker Geist und moderner Herrschaft“ galt. 49Vgl. Friedrich Gorissen, Geschichte der Stadt Kleve, von der Gorissen, Historische Topographie, S. 10). Staat bei Justus Lipsius (1547-1606). Der Neustoizismus als 45Gorissen, Städteatlas, S. 72. Residenz zur Bürgerstadt, von der Aufklärung bis zur 21Philipp Graf zu Eulenburg-Hertefeld, Erinnerungen an ein politische Bewegung (=Schriftenreihe der Historischen 46Vgl. Elyze Storms-Smeets (Red.), Gelders Arcadia. Atlas van Inflation, Kleve 1977, S. 83. Clevesches Rittergeschlecht. Historische Studie, o.O. 1899, Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaf- een buitenplaatsenlandschap, Utrecht 2011. 50Bericht über die Verwaltung und den Stand der Gemein- S. 17-18. ten, Bd. 38), Göttingen 1989, vgl. dazu aber auch: Martin van 47Vgl. Gorissen, Städteatlas, S. 73; wichtige Informationen zu deangelegenheiten der Stadt Cleve für die Zeit vom 1. April 22Hierzu ausführlich: Wilhelm Diedenhofen, Trophaeum Geldern, Holland und das Preußentum. Justus Lipsius diesen späteren Anlagen enthält eine Akte im Geheimen 1902 bis 1. April 1910, Cleve 1910, S. 166. Mauritii. Die Waffensäule auf dem Freudenberg, in: Kalender zwischen niederländischem Aufstand und Branden- Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin: Rep. 34 Nr. 51Bericht [wie vorige Anmerkung] für die Zeit vom 1. April für das Klever Land auf das Jahr 1971, Kleve 1970, S. 77-84; burg-Preußischem Absolutismus, in: Lademacher, Onder den 39, 2.3. („Anlegung einer Allee auf dem Clevischen Berge und 1901 bis zum 31. März 1926, Cleve [1927], S. 306-312. vgl. u.a. Diedenhofen, Klever Gärten (wie Anm. 1), S. 167-169 Oranjeboom, Textband, S. 203-212; zum Neustoizismus bei nach Materborn, dafür geleistete Entschädigungen,“ und Diedenhofen, Klevisches Arkadien, S. 20-21. den Nassauern: M.E.H.N. Mout, The youth of Johan Maurits 23Vgl. Thissen, Statthalter, S. 126-128. and aristocratic culture in the early seventeenth century, in: 24Der Brockhaus Kunst: Künstler, Epochen, Sachbegriffe, E. van den Boogaert (Hg.), Johan Maurits van Nassau-Siegen Mannheim 2006. 1604-1679. A Humanist Prince in Europe and Brasil. Essays 25[Denis] Diderot und [Jean-Baptiste le Rond] d’Alembert on the occasion of the tercentenary of his death, The Hague Gartenkultur als Europareise (Hgg.). Encyclopédie ou dictionnaire raisonné des sciences, 1979, S. 13-38, hier S. 16, 31, 34. des arts et des métiers, Bd. 1, Paris 1751, S. 278. 36Huygens-Karsemeijer, Voorhout, S. 11, Zeilen 293-296 (am Vortrag von Prof. Dr. Stefan Schweizer, Garten auf, der seine Zukunft prägte. In 26Vgl. N.H. Ott, Artikel ‚Garten‘, in: Lexikon des Mittelalters, Ende einer Auflistung von Vögeln im Voorhout): „Hier de Direktor „Museum für Gartenkunst“, und Kurzform stellte Prof. Gebauer eine Verbin- Bd. 4, München 2003 [= Taschenbuchausgabe], Sp. Koeckoek aen het stuyten [d.h.: angeben]/ Over yemands 1121-1222; s. auch: Harald Bischoff, Artikel ‚Garten‘, in: ongeval [nämlich, dass er betrogen wird]”. Der Ruf des wissenschaftlicher Vorstand „Stiftung dung Kleve-Berlin her, eine seit langem Friedrich Jaeger (Hg.), Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 4, Kuckucks als Betrüger erklärt auch den Zwischensatz im Schloss und Park Schloss Benrath. Ein Vor- bestehende kulturhistorische Brücke, maß- Stuttgart 2006, Sp. 142-146, sowie Michaela Kalusok, Artikel lateinischen Gedicht: Nobilis, et non hac deliri, cuculli. trag, der zum Neujahrsempfang „Stiftung geblich geprägt durch den klevischen Statt- ‚Gartenarchitektur‘, in: ebda., Sp. 147-157. 37Stadtarchiv Kleve, Hs. 30 [Beschreibung des Herzogtums 27Diderot – d’Alembert, Encyclopédie, I, S. 278-279. Kleve von Andries Schoemaker], Bl. 39. Schloss und Park Schloss Benrath“, anläss- halter Johann Moritz von Nassau-Siegen. 28Vgl. Den Haag. Geschiedenis van de stad, Bd. 1. Vroegste 38In diesem Sinne auch ein weiteres, zweizeiliges Gedicht von lich des Europäischen Kulturerbejahres Der Kulturtransfer, Den Haag-Kleve-Berlin, tijd tot 1574, Red. J.G. Smit, Zwolle 2004, S. 54-56, 88-123, Huygens vom 15. April 1631 auf das Voorhout: Me quoque 2018, gehalten wurde. Sieben bis acht Monate wird in einer Empfehlung des Statthalters 151-156, 272-293; Den Haag. Geschiedenis van de stad, Bd. 2. Nassouii ducunt in saecla ligones. / Perpetui, quando non De tijd van de Republiek, Red. Th. Wijsenbeek und E. van ero, sylva Ducis? (Worp, De gedichten van Constantijn später, 14. September 2018: Der Vortrag Johann-Moritz an Friedrich Wilhelm, Kur- Blankenstein, Zwolle 2005, S. 20-21, 25-26 und passim. Huygens, S. 229). „Gartenkultur als Europareise“ von Prof. fürst von Brandenburg-Preußen, sichtbar 29Vgl. zum Beziehungsgeflecht insgesamt: Simon Groenveld, 39Vgl. Smit, Den Haag, I, S. 63-65, 68-70, 127; Wijsenbeek – Dr. Stefan Schweizer wurde auf der Tagung mit einer Planungsempfehlung für : Beiderseits der Grenze. Das Familiengeflecht bis zum Ende van Blankenstein, Den Haag, II, S. 31-32; Steven van der ersten oranisch-nassauischen Dynastie, 1702, in: Horst Schuppen, Historische Atlas van Den Haag, Amsterdam 2006, „Klevisches Arkadien – Alter Tiergarten im „Die ganze Landschaft muss ein Paradies Lademacher (Hg.), Onder den Oranjeboom. Textband. S. 16-17. europäischen Kultur­erbe 2018“ in der Stadt- werden.“ Dynastie in der Republik. Das Haus Oranien-Nassau als 40Vgl. J.P.C.M. van Hoof, Met een vijand als bondgenoot. De halle Kleve durch Prof. Dr. Jens Gebauer, Vermittler niederländischer Kultur in deutschen Territorien rol van het water bij de verdediging van het Nederlandse Diese Empfehlung hatte der Statthalter im 17. und 18. Jahrhundert, München 1999, S. 139-156. grondgebied tegen een aanval over land: in. Bijdragen en Hochschule Rhein-Waal, ungekürzt vorgele- des großen Kurfürsten, Prinz Johann Moritz 30Vgl. dazu den Bericht über diese Unterredung im Mededelingen betreffende de Geschiedenis der Nederlanden sen, dies mit Einverständnis Prof. Dr. Stefan von Nassau-Siegen, auch in Kleve in einem städtischen Ratsprotokoll vom 22. Oktober 1647 (Stadtarchiv 103 (1988), S. 622-651. Schweizers. In der Folge werden Ausschnitte Kleve, Altarchiv der Stadt Kleve, Inv.nr. A 232, Blatt 108). 41Vgl. Thissen, Statthalter [wie Anm. 16], S. 114-115; zur kunstvoll gestalteten Lustgarten auf den 31Vgl. Smit, Den Haag, I, S. 67 mit der Abbildung auf S. 68; Zitadelle in Kalkar: Margret Wensky (Bearb.), Kalkar (= des Vortrags zitiert, welche durch Anmer- Höhen der Endmoräne als Ergänzung zu dem Wijsenbeek – van Blankenstein, Den Haag, II, ebda. Bd. 2, Rheinischer Städteatlas, Lieferung XIV, Nr. 76), Köln / Weimar kungen Verknüpfungen zu den Klever Park- von dem niederländischen Architekten Pieter S. 39-40; Het Lange Voorhout. Monumenten, Mensen en / Wien 2001, Textheft, S. 4-5. anlagen von europäischem Rang herstellen. Macht, Red. Thera Wijsenbeek-Olthuis, Zwolle und Den Haag 42Gorissen, Städteatlas Kleve, S. 45-48; zu den Ereignissen in Post geplanten „Prinzenhof“ umgesetzt. Der 1998 (wo aber der gartenhistorische Aspekt zu kurz kommt). 1651: Stadtarchiv Kleve, Altarchiv der Stadt, Sign. A 233, Bl. Prof. Dr. Jens Gebauer stellte zunächst Architekt Pieter Post hatte für den Prinzen 32Christoffel de Vries, Den Cleefschen Lusthoff (…), Cleve 66, 68, 98. seine Person und seine Beziehung zu Kleve und späteren Fürsten Johann Moritz von 1698, S. 23. 43Thomas Mann, Leiden und Größe Richard Wagners [1933], in: 33Moderne Edition: Constantijn Huygens, Voorhout, Kostelick Ders.,Essays, hrsg.v. Hermann Kurzke, Bd. 3. Musik und vor. Viele Klever Gäste kannten ihn bereits, Nassau-Siegen zuvor das „Mauritshuis“ in Mal en Oogentroost, hg. v. J. Karsemeijer, Zutphen 1966, Philosophie, Frankfurt am Main 1978, S. 108; vgl. dazu die jedoch sahen sie Professor Gebauer erstmalig Den Haag geplant. In Kleve ist der Prinzenhof S. 1-30; Kommentar: Jacob Smit, Driemaal Huygens. Einleitung in ebda., Bd. 2. Politik, Frankfurt am Main 1977, S. 9. ohne seinen stadtbekannten „Panama-Hut“, und Lustgarten heute nicht mehr erlebbar. Vergelijkende karakteristieken van Constantijn Huygens’ Eine ‚resignierte, machtgeschützte Innerlichkeit‘ kennzeichnet Batava Tempe, ’t Costelick Mal en De Uytlandighe Herder, für Mann die (angeblich) unpolitische Haltung eines Großteils häufig gesehen an Samstagen auf dem Klever Jedoch das Wissen um die Kulturlandschaft Assen 1966, S. 22-80. des deutschen Bürgertums im späteren 19. und frühen 20. Markt an der Linde. In Berlin geboren, wuchs des Johann Moritz und den mitwirkenden 34Edition: J.A. Worp, De gedichten van Constantijn Huygens Jahrhundert, wobei er allerdings die Vorstellung, „man könne Jens Gebauer in einem Haus mit großem Architekten und Künstlern, hat der Arbeits- naar zijn handschrift uitgegeven, Tl. 2, Groningen 1893, ein unpolitischer Kulturmensch sein“, als „Wahn, der

26 27 kreis Kermisdahl-Wetering durch Informati- Als General-Gouverneur der Besitzungen die Verpflichtung, dies gesamtgesellschaft- Die vorgestellte, breit gefächerte Entwick- onsstelen vor Ort in Bild und Schrift doku- der Niederländischen Westindien-Kompanie lich täglich zu verteidigen, viel weniger gegen- lung der europäischen Gartenkultur vom 17. mentiert. in Brasilien hatte Johann Moritz bereits Orte über der Politik als gegenüber der Ignoranz.“ bis in das 19. Jahrhundert wird hier nur in Professor Gebauer ist die kulturhistori- gegründet wie die „Festung Moritzschloss“ „Europäische Gartengeschichte ist ein Ausschnitten wiedergegeben, um die euro- sche Verbindung Kleve-Berlin wohlbekannt, sowie „Moritzstadt“, dem heutigen Recife. Zeugnis einer Vielzahl an Verknüpfungen,“ päische Dimension der Klever Gärten zu mit seinen Studenten unternimmt er häufig Brasilianische Indianer, welche nur die Zitat Prof. Dr. Stefan Schweizer, Vortrag reflektieren. „Qua patet orbis“. Exkursionen durch die Birnbaum-Alleen der gewachsene Natur kannten, staunten über „Gartenkultur als Europareise“. Werner van Ackeren, Bericht Galleienlandschaft „Alter Tiergarten“ und Baumpflanzungen in gegliederte Alleen. Die verweist auf die Informationstafeln. von Johann Moritz veranlasste naturhistori- sche und ethnographische Sammlung verän- In Folge wurde der Vortrag von Prof. Dr. derte durch ihre Verbreitung an den europäi- Stefan Schweizer „Gartenkultur als Europa- schen Fürstenhöfen die Gestaltung der Die Bedeutung der Klever Parkanlagen reise“ durch Prof. Dr. Jens Gebauer ungekürzt Park- und Landschaftsanlagen. vorgelesen. Im Rahmen der europäischen in der Geschichte der europäischen Gartenkunst Gartenreise führen Ausschnitte des Vortrags Im weiteren Verlauf des Vortrags führt Dr. Kerstin Walter des Denkmalschutzgesetzes (1980), die his- als Brücke zu den Klever Gartenanlagen des Prof. Dr. Schweizer in die Gärten von Königen torische Bedeutung der Klever Gartenanla- 17. Jahrhunderts: „Lange vor der Globalisie- und Fürsten als Zeugnis einer Vielzahl an gen untersucht. Die Bearbeiter waren Dieter rung war die europäische Gartenkunst eine Verknüpfungen: „Die Gärten der Könige und Hennebo von der Universität Hannover und internationale Angelegenheit: Modelle, Fürsten, des Adels sowie des Handelsbür- Alfred Hoffmann, Staatliche Schlösser und Ideen, Pflanzen und Gärtner waren Teil eines gertums waren seit dem Beginn der Frühen Gärten in Hessen. Sie kamen in ihrem beson- kontinuierlichen Austauschs über Länder- Neuzeit erste Einfallstore für orientalische ders frühen gartendenkmalfachlichen Gut- grenzen hinweg. Zudem erwies sich die Gar- und fernöstliche botanische Preziosen und achten zusammenfassend zu folgendem tenkunst Europas früh als globalisiert und Produkte aller Art. Bereits die Medici repli- Ergebnis: integrierte bereits im 17. Jahrhundert Gar- zierten in ihren Gärten aus Südamerika tenvorstellungen aus Arabien und China, importierte Masken. Dass die aus dem mitt- Die historischen Parkanlagen von Kleve „Der unschätzbare Wert der Klever Anla- Pflanzen aus Asien und Amerika. Der Vortrag leren Orient importierte Tulpe ausgerechnet gehören zu den herausragenden Schöpfun- gen für die Unverwechselbarkeit der Örtlich- geht den internationalen Verflechtungen in den Niederlanden so leidenschaftlich gen in der Geschichte der europäischen Gar- keit wie des ganzen Landschaftsraumes, für nach.“ Genau hier trifft Prof. Schweizer auf angebaut wurde, verdankt sie den frühkapi- tenkunst. Ihren Kern bilden zwei großflächige die Erlebbarkeit geschichtlicher und garten- den Wahlspruch des jungen Johann Moritz talistischen Strukturen der Ostindischen Anlagen des 17. Jahrhunderts: der Neue künstlerisch-landschaftsgestalterischer von Nassau-Siegen: „Qua patet orbis“ (Soweit Handelsgesellschaft.“ Tiergarten an der Tiergartenstraße und der Zusam­menhänge, ihr Wert also vor allem der Erdkreis reicht). Um die Modernisierung Charakteristisch der Wunsch: „Buchstäb- Alte Tiergarten östlich der Nassauerallee mit auch für das Bild, die Selbstdarstellung des und Erweiterung der Brandenburg-preußi- lich die ganze bekannte Welt im Garten abzu- einem südöstlichen Teil, der sich auf dem Gemeinwesens und das Leben seiner Bürger, schen Residenz Kleve bemüht, schuf Johann bilden.“ Prof. Dr. Schweizer führt weiter aus, Gebiet der heutigen Gemeinde Bedburg-Hau rechtfertigen ohne Zweifel den Einsatz der Moritz in der hügeligen, waldreichen Umge- dass hier sehr früh eine globale Vorstellung befindet. Ihre besonderen Gestaltungsquali- für ihre Erhaltung und Wiederherstellung 2 bung ein System von Alleen, Kanälen und der Welt verwirklicht wurde: „Auf diese Weise täten und ihr historischer Stellenwert wurden erforderlichen Mittel und Bemühungen.“ Sichtachsen auf Kirchtürme und Herrensitze entstand eine spezifische europäische von der Fachwelt längst erkannt, was die Auf der Grundlage des 1980 erlassenen über Stadt- Fluss und Ländergrenzen hinweg,­ Gartenkunst, deren Wert höher zu veran- große Zahl der Veröffentlichungen verdeut- Denkmalschutzgesetzes von Nordrhein-West- unverwechselbar, beispielgebend. schlagen war als die Gesamtheit der natio- licht.1 Und auch die Denkmalbehörden haben falen (NRW) wurde 1988 der Neue Tiergarten nalen Traditionen. Dass es zur Bewahrung sich frühzeitig diesen Gartenkunstwerken als Bestandteil des Denkmalbereichs Tier- unserer Identität der Pflege und der Erhal- des Barockzeitalters gewidmet. Im Auftrag gartenstraße / Kavarinerstraße geschützt. tung dieser Werke bedarf, muss in diesem des Landeskonservators Rheinland, dem Nach einer denkmalrechtlichen Überprüfung Kreis nicht betont werden, doch haben wir heutigen LVR-Amt für Denkmalpflege im durch das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, wurde 1976, also schon vor Erlass Rheinland3 konnte dieser Neue Tiergarten

28 29 dann 2014 als ein Baudenkmal in die Denk- dortige hölzerne Sarkophag hatte als bild- östlich der Kreuzung Nassauerstraße / malliste eingetragen werden. hauerisches Holzmodel gedient für die Her- Lindenallee am Rand des heutigen „Prinz- Im Unterschied dazu wurde der Alte Tier- stellung des im Alten Tiergarten aufgestell- Moritz-Parks“. Dadurch sind die ursprüng- garten in dieser frühen Anwendungsphase ten gusseisernen Sarkophags, geschaffen lich intendierten Sichtbezüge derzeit nicht des Denkmalschutzgesetzes NRW in den vom Gießer Hermann Pithan aus Marienborn erlebbar. 6 1980er und 1990er Jahren nicht in seiner (Siegen). Die Eintragung des Alten Tiergartens in Gesamtanlage großflächig geschützt. Statt- Die Grabanlage unter freiem Himmel im seiner Gesamtanlage als ein großflächiges dessen wurde damals von den Unteren Alten Tiergarten befindet sich in unmittel­ Baudenkmal mit zahlreichen Elementen und Denkmalbehörden der Stadt Kleve und der barer Nähe der Uedemer Straße auf dem Strukturen ist weiterhin ein wichtiges Desi- Cupido-Säule, Nassauerallee, Kleve5 Gemeinde Bedburg-Hau jeweils ein histo- heutigen Gebiet der Gemeinde Bedburg-Hau. derat. Im Januar 2017 hat das LVR-Amt für risch bedeutendes Element in die Denkmal- An ihr führt die westliche Alleeachse des Das Cupido genannte Trophäenmal war Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR) als liste eingetragen. Von der weiträumigen Drei­strahls vorbei, der am Aussichtsplatz auf ursprünglich als zentraler Bestandteil einer zuständiges Landesdenkmalamt ein denk- Gesamtanlage Alter Tiergarten sind daher der Kuppe des Papenbergs beginnt und aus Platzgestaltung mittig auf der Nassauerallee malrechtliches Gutachten zum Alten Tier- bislang lediglich die Grabanlage des Prinzen etwa 200 Jahre alten Buchen gebildet wird. aufgestellt. Die dortige Errichtung lässt sich garten vorgelegt, das die heutigen juristi- sogar exakt datieren: Sie fand am 14. März Johann Moritz von Nassau-Siegen an der Seit Überführung der sterblichen Über- schen Anforderungen erfüllt. 16548 statt. Der Name bezieht sich auf eine Uedemer Straße in Bedburg-Hau und die reste in die Fürstengruft nach Siegen dient Zugleich hat das LVR-ADR bei der Bezirks- Cupido-Figur, die auf einem säulenartigen Cupido-Säule an der Nassauerallee in Kleve die Grabanlage im Alten Tiergarten als ein regierung Düsseldorf, die für das Unter- Sockel steht, der aus Kriegsrelikten – soge- rechtskräftig geschützt. Gedenkort für den Fürsten und mahnt als schutzstellungsverfahren verantwortlich ist, nannten Trophäen – zusammengefügt ist. Die Memento mori an die Sterblichkeit der Men- den Antrag auf Eintragung in die Denkmal- Mündung einer senkrecht aufgerichteten schen im ewigen Kreislauf der Natur von liste gemäß § 3 Denkmalschutzgesetz Nord- Feldschlange aus Eisenguss trägt eine Kano- Werden und Vergehen. Der hohe Seltenheits- rhein-Westfalen gestellt. Mit diesem aktuel- nenkugel, auf der die Cupido-Figur zu balan- wert besteht sowohl in der Zweckbestim- len gartendenkmalfachlichen Gutachten wird cieren scheint. Um die Feldschlange herum mung als Grabstätte wie auch in der beson- belegt, dass der Alte Tiergarten die Kriterien sind vier Mörser unterschiedlich tief jeweils deren Gestaltung der gesamten Grabanlage des Denkmalschutzgesetzes Nordrhein-West- mit der Öffnung nach unten im Boden ver- als Einheit aus Sarkophag und Exedra, einge- falen (DSchG NRW) für ein Baudenkmal senkt. Die ursprüngliche Cupido-Figur, wahr- bettet in den Waldpark und in der ursprüng- erfüllt: Es handelt sich bei dem Objekt „Alter scheinlich aus einem Kinder-Harnisch gebil- lichen räumlichen Nähe zu einer Kapelle und Tiergarten einschließlich Grabanlage des det, ging bereits in der zweiten Hälfte des 17. einer Einsiedelei des Fürsten Johann Moritz. Johann Moritz von Nassau-Siegen“ um ein Jahrhunderts verloren. Bei der heutigen Grabanlage des Prinzen Johann Moritz Baudenkmal gemäß § 2 Absatz 1 und 2 Nach heutigem Kenntnisstand gibt es in Cupido-Figur, einem nackten Jüngling mit von Nassau-Siegen, Uedemer Straße, DSchG NRW. Dieses Denkmal ist bedeutend der Geschichte der europäischen Garten- Pfeil und Bogen, handelt es sich um ein Werk Bedburg-Hau4 für die Geschichte des Menschen und für kunst kein früheres Beispiel einer als Park­ des Bildhauers Dieter von Levetzow, Haus 7 Städte und Siedlungen. Seine Erhaltung und Innerhalb des Alten Tiergartens reali- element realisierten Grabanlage. Erst im Klarenbeck in Nütterden, von 1972/73. Diese Nutzung liegen aus künstlerischen, wissen- sierte Johann Moritz von Nassau-Siegen Zeitalter der Aufklärung und im Zuge der Bronzeplastik ist als moderne Interpretation schaftlichen sowie städtebaulichen Gründen zuletzt seine eigene, 1678 vollendete Grab- Entstehung des Landschaftsgartens Anfang der ursprünglichen Figur zu bewerten und im öffentlichen Interesse.“9 anlage. Im dortigen Sarkophag und in Aus- des 18. Jahrhunderts wurden verstärkt Bei- trägt zur Denkmalbedeutung bei, weil sie als richtung auf eine Exedra mit einer Antiken- setzungen in Parks vorgenommen. Häufiger jüngerer Bestandteil dieses Trophäenmals sammlung wurde er 1680 beigesetzt. Wenige noch wurden damals jedoch Trauermonu- mit ihrer an der Historie orientierten inhaltli- Denkmalfachliche Würdigung Monate später, im Herbst desselben Jahres, mente und fiktive Grabmale als Parkmotive chen Dimension wichtige Funktionen als Der Alte Tiergarten stellt ein besonders fand dann allerdings die Überführung seiner inszeniert, ohne dass dort jemals eine Bedeutungsträger und Blickfang erfüllt. Im frühes Beispiel für die Gestaltung eines Gar- sterblichen Überreste nach Siegen in die Bestattung vorgesehen gewesen wäre. Zuge einer veränderten Verkehrsführung ist tenkunstwerkes im Sinne einer arkadischen ebenfalls durch Johann Moritz geschaffene dieses Trophäenmal im Frühjahr 1973 an Ideallandschaft dar. Nur selten finden sich in Fürstengruft im Unteren Schloss statt. Der seinen derzeitigen Standort versetzt worden: der europäischen Gartenkunstgeschichte

30 31 derartig großflächige Werke, basierend auf von Kleve avancierten also zu optisch integ- mit seinen fruchtbaren Böden. Die dortige Alleen, Sichtschneisen, Gräben, Wegachsen rierten Elementen der Parkgestaltung und Anpflanzung von Obstbäumen vermochte u.a., die als geometrische Ordnungsgefüge bieten seither in dieser gartenkünstlerischen folglich die Ernährung der Bevölkerung zu räumliche, funktionale, optische und inhaltli- Inszenierung zugleich Motive für verschie- verbessern. In Reihenstellung, als Wege che Bezüge zwischen teils weit entfernten dene Gattungen der Bildenden Kunst. begleitende Alleen, sorgten sie außerdem für Elementen herstellen. Dieses gartenkünstlerisch gestaltete einen gewissen Wind- und Sonnenschutz. Im Unterschied zu den überwiegend Bezugssystem verkörpert anschaulich das Der Stellenwert der von Johann Moritz von später entstandenen Schlossgärten des Weltbild des Parkschöpfers Johann Moritz von Nassau-Siegen geschaffenen Alleenachsen Barockzeitalters ist das gartenkünstlerische Nassau-Siegen im 17. Jahrhundert. Dessen in der Geschichte der Gartenkunst ist beson- Achsensystem des Alten Tiergartens jedoch Parkgestaltung ist gerade nicht durch die hie- ders hoch, weil sie zu den frühesten Beispie- nicht auf ein einzelnes bauliches Zentrum rarchische Ausrichtung auf das Zentrum len von Alleen in der Kulturlandschaft ausgerichtet, wie beispielsweise der Barock- autoritärer Macht geprägt – wie es beim fran- Deutschlands zählen. Der Typus des von garten in Versailles auf das Schloss von zösischen Barockgarten der Fall ist –, sondern Bäumen gesäumten Weges, den wir heute König Ludwig XIV. In Kleve kreuzen sich die durch ein ordnendes Bezugssystem, das auf als Allee bezeichnen, wurde Mitte des 15. Ausblick linearen Elemente des Galleien-Parks, also mehreren tragenden Elementen sowohl der Jahrhunderts zur Zeit der Renaissance in Mit der Eintragung des Alten Tiergartens die Alleeachsen und Gräben, tatsächlich weltlichen als auch der kirchlichen Macht Italien entwickelt, um Sichtachsen in Villen- in die Denkmalliste von Nordrhein-Westfalen nahezu rechtwinkelig und stellen somit basiert. Wie schon beim Alten Tiergarten gärten zu gestalten. Es lässt sich nicht exakt soll die gesellschaftliche Verpflichtung Sichtbezüge sowohl zur Klever Stadtsil- stellte Johann Moritz dann auch bei dem bestimmen, wann die ersten Alleen in der rechtlich festgeschrieben werden, dieses houette in nordwestlicher Richtung her wie etwas später begonnenen Neuen Tiergarten Kulturlandschaft angelegt wurden. In Italien gartenkünstlerische Erbe für kommende auch in nordöstlicher Richtung zum Pano- im Nordwesten von Kleve gartenkünstlerische und Frankreich geschah dies ab der zweiten Generationen zu bewahren. Die dafür erfor- rama der Rheinebene mit weit entfernten Bezüge zur Klever Schwanenburg wie auch zu Hälfte des 16. Jahrhunderts.10 In Holland derlichen nächsten Schritte hat Landschafts- Landmarken, beispielsweise den Kirchen von Kirchen und Schlössern als weit entfernten waren im 16. Jahrhundert insbesondere architekt Achim Röthig, Haan, gartendenk- Emmerich. Landmarken her. Obstbaum-Alleen entlang von Kanälen und malfachlich fundiert ermittelt und 2015 mit Straßen in der Landschaft angelegt worden, Mit den beiden Tiergärten, die eine neue dem „Parkpflegewerk Alter Tiergarten / wahrscheinlich um Obst und Holz als Erträge Form der Landesverschönerung durch Gar- Galleien Kleve“ vorgelegt. Der Landschafts- zu liefern. Dieses Vorbild griff Kurfürst tenkunst darstellen, ist der besondere Gestal- verband Rheinland hat dieses Entwicklungs- August I. von Sachsen auf und ließ um 1580 tungswille von Johann Moritz von Nassau-Sie- konzept angeregt, fachlich begleitet und die nach Dresden führenden Straßen mit gen bis heute anschaulich überliefert. Als finanziell gefördert. Für die mit höchstem Obstbäumen bepflanzen.11 brandenburgischer Statthalter verfügte er Einsatz verbundene Auftragsvergabe gebührt durch die Unterstützung von Kurfürst Fried- Für die ab 1647 in Kleve angelegten Alleen dem Klevischen Verein für Kultur und rich Wilhelm von Brandenburg über die nöti- gab es jedoch direkte Vorläufer in Den Haag, Geschichte / Freunde der Schwanenburg e.V. gen administrativen und finanziellen Möglich- die Johann Moritz dem Bürgermeister von allergrößter Dank. keiten. Über den ästhetischen Aspekt der Kleve und dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm Dr. Kerstin Walter / Silvia M. Wolf (Fotos) Der intendierte und gestaltete Blick von Landesverschönerung hinaus wurden zugleich von Brandenburg zur Nachahmung emp- Aus­sichtshügeln sowie entlang von die Kultivierung des Landes und die Steige- fahl.12 Der Große Kurfürst veranlasste etwa LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Sichtschneisen und Wegachsen auf die Stadt- rung der Erträge angestrebt. Das gilt zum zeitgleich zu den Arbeiten in Kleve im Jahr Abtei Brauweiler, Pulheim silhouette von Kleve, vor allem zur Schwa- einen für den Tiergarten als Jagdrevier durch 1647 die Anlage der zum Berliner Stadt- 1 Literaturauswahl in chronologischer Reihenfolge: Hans nenburg, zum Prinzenhof (nicht erhalten) und die Anlage von Wegachsen und Sternplätzen. schloss führenden Allee „“. Peter Hilger: Kreis Kleve 4 (= Die Denkmäler des Rheinlan- des, Bd. 6), Düsseldorf 1967. – Hans Peter Hilger: Zum zur Stiftskirche, wurde seit dem 17. Jahrhun- Das ist zum anderen auch im Galleien-Park- An den ersten Alleen von Potsdam soll Grabmal des Fürsten Johann Moritz von Nassau-Siegen in dert auch von Künstlern in zahlreichen Dar- bereich erkennbar, denn die Anlage von Ent- Johann Moritz von Nassau-Siegen 1668 „Berg und Tal“ bei Kleve, in: Munuscula Discipulorum. stellungen wie Zeichnungen, Graphiken und wässerungsgräben ermöglichte eine intensi- sogar persönlich mitgewirkt haben.13 Kunsthistorische Studien Hans Kauffmann zum 70. Geburtstag 1966, hrsg. v. Tilmann Buddensieg und Matthias Gemälden festgehalten. Diese Wahrzeichen vere Nutzung des Überschwemmungsgebietes Winner, Berlin 1968, S. 117ff. – Wilhelm Diedenhofen:

32 33 „Begräbnis und Epitaphium“. Das Grabmal zu Bergental bei 6 Alfred Lück: Johann Moritz Fürst zu Nassau-Siegen als lichen Schloss. Prinzenhof und Lustgarten Kleve, in: Kalender für das Klever Land 1979, S. 10ff. – Soweit Landesherr in seinem eigenen Territorium, in: Soweit der der Erdkreis reicht. Johann Moritz von Nassau-Siegen. Erdkreis reicht. Kleve 1979, S. 71–80. als Krönung des Alten Tiergartens entstan- 1604–1679, Ausst.-Kat. Städtisches Museum Haus Koekkoek 7 Sascha Winter: Im ewigen Kreislauf der Natur. Begräbnisse den in Folge. Als kurfürstlicher Statthalter Kleve, hrsg. von der Stadt Kleve, Kleve 1979. – Hans Peter des Adels in Gärten des späten 17. und 18. Jahrhunderts, in: umgab Johann Moritz von Nassau-Siegen die Hilger: Bergendael. Eremitage und Grabmal des Fürsten Adel und Umwelt. Horizonte adeliger Existenz in der Frühen Johann Moritz von Nassau-Siegen, in: An den Wassern zu Neuzeit, hrsg. von Heike Düselder, Olga Weckenbrock, Stadt und ihre Umgebung mit einem frühen Cleve, Studien und Beiträge zur Garten- und Badegeschichte Siegrid Westphal, Köln / Weimar / Wien 2008, S. 105–130. und herausragenden Beispiel von Landes- Kleves, Ausst.-Kat. Städtisches Museum Haus Koekkoek, 8 Wilhelm Diedenhofen: Die Klever Gärten des Johann Moritz, verschönerung. hrsg. von den Freunden des Städtischen Museums Haus in: Soweit der Erdkreis reicht. Kleve 1979, S. 166. Koekkoek e.V., Kleve 1994, S. 23–40. – Wilfried Hansmann / 9 Gutachten zum Denkmalwert des Alten Tiergartens Diese abwechslungsreiche Landschafts- Kerstin Walter: DuMont Geschichte der Gartenkunst. Von der einschließlich Grabanlage des Johann Moritz von und Parkarchitektur lockte viele Besucher Renaissance bis zum Landschaftsgarten, Köln 2006, S. 89–95. Nassau-Siegen, Kleve / Bedburg-Hau, 09.01.2017, Dr. Kerstin – Wilhelm Diedenhofen: Gärten und Parks in Kleve (= Walter, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Pulheim. nach Kleve. Die weitläufigen Parkanlagen in Abb. 1. Parkführung entlang des Kermisdahls 2005 Rheinische Kunststätten 202), hrsg. v. Rheinischen Verein für 10 Clemens Alexander Wimmer: Alleen – Begriffsbestim- der Ebene und auf den Höhen bereicherten/ – Foto Thomas Velten Denkmalpflege und Landschaftsschutz, 4. völlig neu bearb. mung, Entwicklung, Typen, Baumarten, in: Ingo Lehmann / ermöglichten später die Gründung von „Bad Auflage, Köln 2008. Michael Rohde: Alleen in Deutschland. Bedeutung, Pflege, Alte Tiergarten als Teil des Gesamtkunst- 2 Alfred Hoffmann / Dieter Hennebo: Historische und aktuelle Entwicklung, Leipzig 2006, S. 14–23. Cleve“ und verhalfen der Stadt im 19. Jh. zu Bedeutung der klevischen Gartenanlagen des Fürsten Johann 11 Axel Klausmeier: Vom Nutzen und der Funktionsvielfalt der großer Ausstrahlung und Attraktivität. werkes der Klever Parkanlagen vor der Moritz von Nassau-Siegen, Gutachten im Auftrage des Alleen, in: Ingo Lehmann / Michael Rohde: Alleen in Schokoladenseite der Stadt seit Jahrzehnten Niederländische Planer, Künstler und Landeskonservators Rheinland, hrsg. von der Stadt Kleve mit Deutschland. Bedeutung, Pflege, Entwicklung, Leipzig 2006, so stiefmütterlich behandelt? einem Bild- und Kartenteil von Wilhelm Diedenhofen, Kleve S. 58–63. Handwerker schufen für die Residenz Kleve 1977, S. 35. 12 Wilhelm A. Diedenhofen: Klevische Gartenlust. Garten- eine großartige Barockarchitektur mit Das hat uns beschäftigt, dem wollten wir 3 Gutachten zum Denkmalwert des Neuen Tiergartens, Kleve, kunst und Badebauten in Kleve, hrsg. von den Freunden des auf den Grund gehen. 19.04.2010, Dr. Kerstin Walter, LVR-Amt für Denkmalpflege Städtischen Museums Haus Koekkoek Kleve e.V., Kleve 1994, Außenwirkung. Der neu angelegte Lustgar- im Rheinland, Pulheim. S. 4. ten durfte schon damals von Bürgern und Wir erkannten, dass die Spuren des ehe- 4 Denkmalliste NRW, Gemeinde Bedburg-Hau, lfd. Nr. 4, 13 Clemens Alexander Wimmer: Alleen – Begriffsbestim- Besuchern begangen werden – ein Novum – mals kurfürstlichen Alten Tiergartens den Grabanlage des Prinzen Johann Moritz von Nassau-Siegen, mung, Entwicklung, Typen, Baumarten, in: Ingo Lehmann / Uedemer Straße, Tag der Eintragung: 28.08.1985. Michael Rohde: Alleen in Deutschland. Bedeutung, Pflege, und war die Krönung des Alten Tiergartens. gleichen Stellenwert haben wie der Neue 5 Denkmalliste NRW, Stadt Kleve, lfd. Nr. A/113/04/92, Entwicklung. Leipzig 2006, S. 15. Mit viel Umsicht und Übersicht schuf der Tiergarten. Die Begriffe „Gartendenkmal- Cupido-Säule, Nassauerallee, Tag der Eintragung: pflege“, „Denkmalgutachten“ und „Park­ 01.04.1992. 1652 zum Fürsten erhobene Johann Moritz eine unverwechselbare, einzigartig gestal- pflegewerk“ erwiesen sich als ganz eigenes tete Landschaft – sein Klevisches Arkadien. Arbeitsfeld, das sich nicht immer leicht ver- ständlich erschloss. Zu den Sachgebieten Warum engagiert sich der AK? des Landschaftsverbandes im Rheinland – Entwicklung im Historischen Park Alter Tiergarten ab 2003 Durch Aufstände, Kriege, Nichtbeachtung, Amt für Denkmalpflege nahmen wir schon bald Kontakt auf. Bürger und beteiligte Gerlinde Semrau-Lensing weiteren Überlegungen erweiterte sich das mangelnde Pflege u.v.m. war das Garten­ Behörden sollten von Beginn in unsere Arbeit Thomas Velten Arbeitsgebiet auf die Wiederherstellung der paradies des Fürsten vor der Stadtkulisse für das Gemeinwohl einbezogen werden. historischen Klever Parkanlagen. Kurz nach 2003 fast verloren. Die Begehrlichkeit von Wann und wodurch kam es seiner Gründung hat sich der Arbeitskreis Behörden, Unternehmen und Privaten an den Die Klever Gartenanlagen zeichnen Kleve zur Gründung des Arbeitskreises Kermisdahl-Wetering dem Klevischen Verein großräumigen Parkflächen blieben nicht und seine Umgebung aus. Sie sind ein Allein- Kermisdahl-Wetering? für Kultur und Geschichte e.V. angeschlos- ohne Wirkung. Es ergaben sich Flächenver- stellungsmerkmal. Deshalb ist Kleve bekannt Ein 2003 spontan gestellter Bürgerantrag sen. luste, Fehlnutzung, Verunstaltungen. und oftmals besucht worden. Kaum eine brachte für den Alten Tiergarten, die ehema- Jeder, der die historischen Parkflächen Stadt ist so vielfältig im 16. bis 19. Jh. in lige Residenzlandschaft vor der Schwanen- Welches Kulturerbe gilt es zurück­ betritt, spürt, hier war einmal sehr viel mehr Kupferstichen, Bild, Wort, Schrift und Karten burg Kleve, „einen Stein ins Rollen.“ Anlass zuholen – was zeichnet Kleve aus? Bedeutsames als das, was jetzt noch sicht- dokumentiert. war die Wiederherstellung der Wegeverbin- Im 17. Jh. erhielt Kleve den Status einer bar ist! Der Neue Tiergarten mit Amphithea- Wir wollten nicht tatenlos zusehen, wenn dung von der Klever Burg bis zum Moritzgrab brandenburgischen Residenzstadt nach ter und Forstgarten ist in gutem pflegeri- historisches Kulturgut verkommt oder fehl- am Papenberg und gemeindeübergreifend Berlin-Potsdam und Königsberg. Die Klever schen Zustand, überregional bekannt und genutzt wird – bewusst oder unbewusst. bis zum Schloss Moyland. Im Laufe der Burg baute Johann Moritz um zum kurfürst- europaweit ausgezeichnet. Warum wird der Darum war unser Engagement notwendig,

34 35 um die Schönheit der Stadtsilhouette zu »» Weiterführung des Wanderweges »» Sicherstellung der Finanzierung und erhalten. Zum Beispiel konnten wir das Vor- gemeindenübergreifend bis zum der Projektierung eines Parkpflegewer- haben, Industrie, Handwerk und Gewerbe an Schloss Moyland („Voltaire-Weg“), kes „Alter Tiergarten“ zum Erhalt der Kalkarer Straße im Park anzusiedeln, europäischer Gartenkunst, »» Ergänzung historischer Allee-Struktu- verhindern. Auch die Ehrenbürger der Stadt ren durch Obstbaum-Pflanzungen in »» Bemühungen um die Wiederherstellung und zahlreiche Bürger wirkten 2008 mit uns den Galleien, der Landmarke Spitzberg mit der daran mit. Es folgte der Antrag auf vorläufige Nachbar-Gemeinde Bedburg-Hau und Unterschutzstellung durch den LVR. »» Wiederherstellung von Wegestrukturen dem Forst, Abb. 2. Ehrenbürger Karl Kisters packt mit an. – Foto der Landmarke Papenberg, Heute sind alle froh, dass ein Einsehen Gerlinde Lensing »» Besucherleitsystem mit Wegemarkie- erreicht werden konnte. »» Freischnitt der Sichtachse vom Papen- Findlinge aus der Stauchmoräne und rungen und Hinweisschildern, berg auf die Schwanenburg; Vermes- Was hat der Arbeitskreis unternom- Kiesgruben der Region wurden beschriftet sung, Heckenpflanzung sowie Aufstel- »» Ausbau eines Parkplatzes an der Hauer men, um Ziele zu erreichen? und dienen im Alten Tiergarten sowie ent- lang des Voltaire-Weges nach Schloss Moy- lung von Parkbänken, Landstraße, Es war uns wichtig, Bürger, Vereine und land der Orientierung. Zwei Brücken wurden Verwaltungen, Kindergärten, Schulen und »» Verbindung von Parkarealen durch Bau »» Veranstaltungen, Ausstellungen, über Kermisdahl und Wetering gebaut und Jugendgruppen, Behördenvertreter vor Ort, und Aufstellung der „Luisenbrücke“ Vorträge, Präsentationen, Infoblätter, verbinden einzelne Parkbereiche. Histori- grenzüberschreitend und überregional für über den Kermisdahl und des „Brück- Presseartikel, sierte Gitter und Geländer sicherten die den Erhalt europäischer Gartenkunst in chen am Flak“ über die Wetering, Uferwege und verschönerten den Park. »» Pflegeaktionen der Parkareale mit der Kleve zu begeistern. Den damaligen Hono- Durch Ausstellungen, geführte Wanderun- »» Entschlammung von Kermisdahl und Karl-Kisters-Realschule und Paten- rarkonsul der Niederlande, Herrn Hermann gen von hiesigen Heimatvereinen und über- Wetering – gemeindenübergreifend, schaften beteiligter Heimatvereine von Ameln, gewannen wir als Schirmherrn. regionalen Verbänden, auch am jährlichen Ein Glücksfall für Euregionales Kulturerbe »» Kopfweidenpflege in der Galleien-Land- »» Aufbau eines Netzwerkes Niederlande- Denkmaltag, Konzerte und Kunst längs der und die Erweiterung der Verbindungen zu schaft zum Erhalt der kulturhistori- Deutschland mit Internetseite Wanderwege, Schulprojekttage und zahlrei- den Niederlanden. scher Strukturen, che andere Veranstaltungen erreichte der Resümee Der Arbeitskreis hat sich zu jedem Pro- »» Besucherinformationen, beschriftete Arbeitskreis eine auch überregionale Sensi- Im Juni 2010 wurde der Arbeitskreis durch jektvorhaben sachkundig gemacht, Maßnah- Findlinge und Wegehinweise zur bilisierung für die Bedeutung und Schönheit die NRW-Stiftung wegen des überdurch- men aufgelistet, gemeinsame Beratungen Orientierung von der Klever Schwanen- der historischen Parkanlagen. schnittlichen ehrenamtlichen Engagements mit beteiligten Fachbehörden erwirkt. Ist- burg bis Schloss Moyland, mit dem „WegWeiser“ als Ehrenpreis ausge- und Sollzustand wurden durch historische Hier eine kurze unvollständige »» Wiederherstellung von Bankplätzen, zeichnet. Dokumente, Ortstermine, Fachgespräche Aufzählung unserer Aktivitäten: schmiedeeisernen Geländern nach und Förderaussichten ausgelotet. Schwie- Das Parkpflegewerk Alter Tiergarten- »» Entfernung der seit Jahrzehnten im M.F.Weyhe am Uferweg, Schmuckkugeln rige und einfache Aufgaben, zeitaufwändige Galleien Kleve konnten wir 2015 offiziell Kermisdahl liegenden Fallbäume durch an Kaskaden u.a. Verschönerungen, und kurzfristige, standen und stehen immer übergeben – zeitlich zum Denkmalgutachten das Pionierbatallion der Moritz-von- wieder zur Beratung an. »» Wiederherstellung der Landmarke Kiek des Landschaftsverbandes Rheinland. Nassau-Kaserne Emmerich, Mit viel Energie, Rückgrat und guten Ideen in de Pot mit umgebenden Sichtachsen Mit der Verleihung des „Rheinlandtalers“ haben wir stets versucht, an den Erfolg des »» Renovierung des Kermisdahl- und Promenadenwegen, überraschte der Landschaftsverband Rhein- Uferweges, land 2016 den Arbeitskreis Kermisdahl- gemeinsamen Engagements zu glauben. »» Aufstellung einer Conche in Erinnerung Wetering. Wir freuen uns, dass wir sowohl Durch die schon bald viel genutzten neuen »» Planung und Anlage eines Wander­ an den Laubensitz des Fürsten vor dem zur kulturellen als auch zur landschafts­ gemeinden- und kreisübergreifenden Wan- weges längs der Via Romana von der Freudenberg“, gestaltenden Aufwertung unserer heutigen derwege längs der Via Romana kam viel in Klever Schwanenburg bis zum Grabmal »» Bemühungen um den Erhalt des Kreisstadt beitragen konnten. Es handelt Bewegung: Besucherleitsysteme und Info­ des Fürsten Johann Moritz von Prinz-Moritz-Grabmals in Berg und Dal, sich dabei um viele Aufgaben, die von fach- tafeln mit Bild und Text folgten. Nassau-Siegen („Prinz-Moritz-Weg“),

36 37 und sachkundigen, ehrenamtlich tätigen Ist–Zustand Alter Tiergarten 2003

Bürgern den hiesigen Behörden in 15 Jahren abgenommen worden sind. Ein Mehrwert für die Region! Unser gemeinsames Engagement hat sich gelohnt – arbeiten wir weiterhin gemein- sam an der Wertsteigerung für unsere Stadt Abb. 3. Auszeichnung des Arbeitskreises durch die und Region. Wer hat schon ehemals kur- NRW-Stiftung 2010 – Foto NRW-Stiftung fürstliche Parkanlagen von europäischem Rang vor der heimatlichen Haustür?

Fallbäume im Flussbett – Foto Franz Hermsen Verfallener Viehunterstand im Landschaftschutzgebiet – Foto Im folgenden die gekürzte Fassung des PowerPoint-Votrages: Alfred Blenkers Planungsziele, Abstimmungen mit Behörden

Befahrung mit Behördenvertretern auf dem Kermisdahl 2005 Beratung mit Stadt, Kreis, Forst und Denkmalbehörde 2004 – Foto Gerlinde Lensing – Foto Alfred Blenkers

Infoveranstaltungen Ausstellungen Exkursionen

Karl-Kisters-Schulprojekttag Erkundung der Gewässer – Veranstaltungen am Moritzgrab – Foto Thomas Velten Foto Mike Browne

38 39 Prinz-Moritz-Weg – Voltaire-Weg Brücken, Geländer, Verschönerung der Parkausstattung Wiederherstellung und Ergänzung der Wegeverbindungen

Aufbau „Brückchen am Flak“ – Wetering 2007 – Foto Bruno Bürgerstiftung Geländer und Kugelschmuck – Foto Bruno Meesters Meesters Herstellung des Wanderweges über die 1. Birnenallee 2006 Voltaire-Weg: Wegeverbindung bis Schloss Moyland – Foto – Foto Gerlinde Lensing Bernd Hegert Besucherleitsystem, Ausschilderung und Infosysteme Entfernen der Totbäume aus dem Kermisdahl

Aufstellung von Infotafeln am Prinz-Moritz-Weg 2008 – Foto Findlinge als Wegweiser, Unikate aus der Region – Foto Bruno Meesters Bruno Meesters Totbäume im Kermisdahl – Foto Franz Hermsen Pioniere der Moritz-von-Nassau-Kaserne Emmerich 2005 – 2006 – Foto Franz Hermsen Aussichtspunkte, Landmarken Entschlammung des Kermisdahls

Aussichtshügel „Kiek in de Pot“ nach Wiederherstellung 2013 Blickachse von „Kiek in de Pot“ – Foto Bruno Meesters – Foto Thomas Velten Entschlammung des Kermisdahls 2010 – Foto Gerlinde Schlamm wird in Spülfeld gepumpt– Foto Gerlinde Lensing Lensing

40 41 Pflegemaßnahmenim Alten Tiergarten, Beispiele Das Parkpflegewerk „Alter Tiergarten“

Achim Röthig schläge für eine „denkmalgerechte“ zukünf- tige Entwicklung des Alten Tiergartens zu 1 Vorbemerkungen präsentieren und zu erläutern, wobei ich Wegen der begrenzten Zeit für die Präsenta- mich hier schwerpunktmäßig auf die Bereiche tion möchte ich auf vertiefende Ausführungen „Alter Lustgarten“ sowie „Bergendal“ zu den nachfolgenden Themenfeldern verzich- beschrän­ken werde. ten bzw. sie weitestgehend ausklammern:

»» Die Kapitel zur Bestandsanalyse des 2 Übergeodnete gartenhistorische Parkpflegewerks. Bedeutung der Anlage

AK-Maßnahme – Kopfweidenpflege in den Galleien 2009 – Reinigung verschmierter Infotafeln im Moritzpark 2010 – Foto Foto Bruno Meesters Mike Bowne »» detaillierte Darlegung der historischen 2.1 Allgemeine Einschätzung Entwicklung, weil diese in hervorragen- Mit den klevischen Gartenanlagen als bei- Publikationen der Weise bereits dokumentiert ist. spielgebende Landschafts- und Gartenarchi- Selbstverständlich sind die Daten zur tektur des 17. Jahrhunderts werden weitge- Wilhelm Diedenhofen historischen Entwicklung als Grundlage hend die beeindruckenden Anlagen des in das vorliegende Parkpflegewerk Neuen Tiergartens in Verbindung gebracht. Klevisches Arkadien eingeflossen. Alter Tiergarten Leider werden der Alte Park mit dem Stern- Von der Schwanenburg zum Papenberg Lustgarten – Sternbusch – Alter Park – Galleien Hauptanliegen des heutigen Vortrags soll busch – im Südosten der Stadt auf der eis- Berg und Tal – Moritzgrab primär sein, die wesentlichen Ergebnisse zur zeitlichen Terrasse angelegt – sowie die

Beschreibung – Geschichte – Pflege gartendenkmalpflegerischen Einschätzung nördlich vorgelagerte Ebene der „Galleien“ der Anlage sowie die erarbeiteten Vor- hinsichtlich ihrer Bedeutung für das von

Parkpflegewerk von Landschaftsarchitekt Achim Röthig 2015 Infobroschüre „Klevisches Arkadien“ 2018

Beispiele für Öffentlichkeitsarbeit

Papenberg Schwanenburg 9 1 10

2 11

Galleien Grabmal Stiftskirche 8 12

Spitzberg Maßnahmen Freudental 7 20 Klevischer Verein 19 Übersichtskarte für Kultur und Geschichte e.V. – Arbeitskreis Kermisdahl-WeteringWetering 3 6 6

Luisenbrücke 18 Alter Tiergarten 4 Kermisdahl 5

Ziele des Haus Freudenberg Parkpflegewerkes 3 13 1 Schwanenburg Sicht­ bezug zu den Galleien wieder herstellen Kiek in de Pot 16 2 Galleien Vervollständi­ 16 Kiek in de Pot gung der historischen Wiederherstellung der Alleen, Sicherung der 17 Sichtbezüge Richtung Flächen als Grünland/ Schwanenburg, Weideland Papenberg und ehem. Standort Cupido – 3 Kermisdahlhang 7 Parkplatz 14 SternbuschSternbusch Sicherung des Hanges Uedemer Straße Landmarke betonen durch Pflegemaßnahmen Anlage eines 11 Fasanengarten durch ein Kunstobjekt der Vegetation Parkplatzes für PKW 15 Laubengang und Tor­ 17 Ehem. Standort Cupido 4 Pappelwäldchen und Busse anlage restaurieren Wiederherstellung der Entnahme Pappelforst, 8 Grabmal des Fürsten 12 Spitzberg Wiederher­ Sichtbezüge Flächenumwandlung in Johann Moritz stellung der Landmarke 18 Aussichtspunkt ehem. Weideland Austausch der verwitter­ und Sichtbezüge Hotel Maywald im 5 Conche ten römischen Repliken 13 Freudenberg Weitere Moritzpark Aussicht in (ehemaliger Sitz auf 9 Weiher unterhalb Bebauung stoppen die Niederung freihalten dem Freudenberg) des Papenberges 14 Sternbusch-Urplatz 19 Aussichtspunkt ehem. Optimierung der Blick­ Wiederherstellung des Wiederherstellung des Lustgarten im Moritz- verbindungen Schwanen­ ehem. Weihers mit zentralen Achsensystems park Aussicht in die burg und Galleien Fontäne Übergeordnetes Entwicklungsziel ist die Empfehlungen des Parkpflegewerkes mit Pflanzung einer Linde Niederung freihalten 6 Fußgängerbrücke über 10 Papenberg Wieder her stellung, kon tinuierliche Pflege und Alter Tiergarten / Galleien Kleve 15 Nassauer Allee 20 Prinz-Moritzpark die Uedemer Straße Sichtbezüge zum Spitz­ Sicherung der Sicht bezüge zwischen den im September 2015 Aufbau der z.Z. fehlenden Wiederherstellung der Wegeverbindung zwischen berg und nach Kiek in de Landmarken Schwanenburg, Cupido, Kiek in de Pot, Ludger Baumann nach Landschaftsarchitekt Baumreihe an der Ost­ Grundstrukturen ent­ Sternbusch und Galleien Pot wieder freistellen Papenberg, Spitzberg und Hochelten. BDLA Achim Röthig kante der Nassauer Allee sprechend Zustand 1950

Ausstellung „400 Jahre Prinz Moritz“ – mit Honorarkonsul Flyer mit Übersichtskarte: Maßnahmenkatalog Alter Park von Ameln 2004 – Foto Mike Bowne nach Parkpflegewerk Röthig

Abb. 1. Gesamtplan des Geometers M. Buyx von den Klever Gartenanlagen, 1829

42 43 Fürst Johann Moritz von Nassau-Siegen Neben dem Gutachten von Alfred Hoff- 3.1 Grundsätzliche Aussagen (1604 – 1679) geschaffene Gesamtkunstwerk mann / Dieter Hennebo aus dem Jahr 1976 Das als Ausgangspunkt seiner Visionen in der Öffentlichkeit völlig zu Unrecht unter- sind vor allem die veröffentlichten Arbeiten zur Gestaltung einer arkadischen Landschaft bewertet. Trotz intensiver Bemühungen durch von Wilhelm Diedenhofen sowie die Arbeiten von Johann Moritz im 17. Jh. vorgefundene, den Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering ist es der Wuppertaler Landschaftsarchitekten naturräumliche Szenario einer riesigen bisher noch nicht gelungen, der Bedeutung Rose und Gustav Wörner für das Verständnis Naturbühne – gebildet durch einen Höhen- der Anlage entsprechend eine Unterschutz- des von Johann Moritz geschaffenen Gesamt- zug der eiszeitlichen Terrasse und der nörd- stellung als Gartendenkmal zu erreichen. kunstwerkes von unschätzbarer Bedeutung. lich vorgelagerten Ebene der „Galleien“ – ist Will man der Bedeutung des Gesamtwer- Nicht zuletzt ermöglichte die persönliche auf vielen historischen Stadtansichten doku- kes von Johann Moritz gerecht werden, ist es Präsenz von Herrn Diedenhofen als Mitglied mentiert und im Wesentlichen noch heute Abb. 6. Maßnahmenplan Gesamtanlage, unmaßstäbliche völlig abwegig, die beiden Parkteile vonein- des Arbeitskreises Kermisdahl-Wetering erhalten Verkleinerung ander getrennt und isoliert zu betrachten. dem Verfasser Zugang zu vielen, bis dahin Dieser grundsätzliche Erhalt ihrer „Scho- Nachfolgend werde ich näher auf das eher unklaren Detailaspekten bei der Beur- koladenseite“ ist für die Stadt Kleve durchaus übergeordnete Thema der Sicht- und Blick- 2.2 Quellenlage teilung der Anlage. als Glückfall zu werten. beziehungen sowie auf die Schwerpunktbe- reiche „Alter Lustgarten“ und „Bergendal“ Daraus ergibt sich eigentlich zwangsläu- 3 Gartendenkmalpflegerische eingehen. Einschätzung und Entwicklungsziele fig die Verpflichtung für die Entscheidungs- träger im politischen Raum, mit dieser ein- 3.2 Sicht- und Blickbeziehungen maligen, stadthistorisch so bedeutenden Ausgangssituation entsprechend sensibel 3.2.1 Ausgangssituation / Bestand umzugehen. Die beiden nächsten Abbildungen zeigen den Gesamtplan zum Entwicklungskonzept des Parkpflegewerks sowie den daraus abgeleiteten Maßnahmenplan mit einer text- lichen Kurzbeschreibung für die 19 Schwer- punktbereiche.

Abb. 3 . Digitales Geländemodell des Bearbeitungsgebiets. (TIM-online) Abb. 7. Übersichtsplan zu den Klever Gartenanlagen nach

W. Diedenhofen – Entwurf I. Hantsche, Kartographie H. Krähe Das grandiose Gesamtkunstwerk der Klever Gartenanlagen ist untrennbar mit den parkinternen, aber auch den weit in die Abb. 2. Deckblatt des Gutachtens von A. Hoffmann und D. Hennebo aus dem Jahr 1976 (Q3) umgebende Landschaft ausstrahlenden Sicht- und Blickbezügen verknüpft. Die Klever Gartenanlagen gehören auf- grund der zahlreich vorliegenden, fundierten Während dieses Thema für den Bereich wissenschaftlichen Untersuchungen sicher des Neuen Tiergartens mit Beginn der gar- tendenkmalpflegerischen Aufarbeitung ab zu den am besten erforschten und dokumen- Abb. 5. Entwicklungskonzept Gesamtplan, unmaßstäbliche tierten Anlagen in Europa. Verkleinerung etwa 1970 als zentraler Punkt bei allen pla- nerischen Überlegungen und Umsetzungs- Abb. 4. Aktuelles Luftbild des Bearbeitungsgebiets. (TIM-online) maßnahmen immer präsent war, wurde in

44 45 der Folgezeit dieser Aspekt im Bereich des 3.3 Anlagengenetische Karte hierfür vor allem der Bereich des Stern- Alten Parks / Galleien kaum noch beachtet. buschs genannt. Als Erklärung mag dienen, dass trotz der Ohne die durch den Arbeitskreis Kermis- eindeutigen Aussagen im Gutachten von dahl-Wetering mittlerweile wieder „freige- Hoffmann/Hennebo aus dem Jahr 1976 zur legten“ historischen Landmarken und deren Bedeutung der Klever Gartenanlagen als Sichtbezüge (z.B. Kiek in de Pot, Papenberg) Gesamtkunstwerk, in den nachfolgenden wären diese Ankerpunkte innerhalb der Jahren durch die intensiven Arbeiten im Gesamtanlage wohl ebenfalls kaum noch zu Bereich des Neuen Tiergartens der Alte Park erkennen. völlig zu Unrecht aus dem Fokus gerückt ist. Abb. 8. Historische Ansicht vom Burgberg Allerdings zeigt die anlagengenetische

Da gerade die Erhaltung von Sichtachsen Abb. 12 . Anlagengenetische Karte auf Grundlage des Planes Karte auch sehr deutlich die nicht mehr und Blickbeziehungen extrem von der konti- von M. Buyx, 1829 umkehrbaren Flächenverluste, überwiegend nuierlichen Pflege der seitlich anschließen- Erläuterung zur anlagengenetischen Karte: durch Baumaßnahmen nach dem 2. Welt- den vegetabilen Parkstrukturen abhängig ist, krieg verursacht. waren bis noch vor wenigen Jahren nahezu »» Erhaltene historische Grundstrukturen alle wichtigen Blickbeziehungen nicht mehr aus dem 17. Jh. (grüne Farbtöne) 3.4 Entwicklungsziele Sichtachsen / Blickbeziehungen erlebbar. »» verlorene historische Grundstrukturen (Die Sichten nach Norden in die Galleien aus dem 17. Jh. (rote Farbtöne) von „Kiek in de pot“ und „Papenberg“ sind »» Flächenverluste gegenüber Parkanlage mittlerweile durch das Engagement des Abb. 9 . Historische Ansicht vom Burgberg des 17. Jhs. (rot schraffierte Flächen) Arbeitskreises wieder geöffnet.) Die von Johann Moritz bewusst insze- »» Flächenumwandlung gegenüber nierte parkräumliche Verbindung zwischen Parkanlage des 17. Jhs. (grün schraf- der oberen Kante des Kermisdahlhanges und fierte Flächen) der Niederung der Galleien ist z.Zt. nur noch Als Haupt-Grundlage bzw. zeitliche bruchstückhaft nachzuvollziehen. Bezugsebene für die nachfolgend abgebil- Für das Wahrzeichen der Stadt Kleve – dete anlagengenetische Karte dient die

sogenannte Buyx-Karte, die auf einer Katas- Abb. 13. Wichtige Blickachsen und Sichtbezüge den Burgberg mit der Schwanenburg – wird Abb. 10. Blick vom Burgberg in Richtung Galleien, 2017 teraufnahme aus dem Jahr 1828 basiert. beispielhaft die Problematik einer zumindest Das System an Sichtachsen und Blickbe- nicht kontinuierlich durchgeführten Pflege Im Abgleich mit der heutigen Situation ziehungen innerhalb des Parks und nach der Gehölzbestände im Hangbereich beson- wird deutlich, dass viele Gestaltungsstruktu- außen in die umgebende Landschaft ist ders evident. ren aus dem 17. Jh. heute noch vorhanden unverzichtbarer Bestandteil des komplexen Nach aktueller Einschätzung ist durchaus sind (grüne Farbtöne). Raumprogramms der Klever Gartenanlagen. zu befürchten, dass die seit Jahrhunderten Der Grund für die Tatsache, dass in der Entsprechend ist die Wiederherstellung freie Sicht auf das Klever Wahrzeichen unan- Örtlichkeit heute die ursprünglichen Zusam- dieser übergeordneten parkräumlichen gemessen durch eine höher werdende menhänge der parkräumlichen Konzeption Strukturen sowohl für den Erlebniswert der „grüne Wand“ beeinträchtigt und gestört nur noch schlecht bzw. gar nicht mehr zu Klever Gärten als auch als Beitrag zum bes- wird. Abb. 11. Blick auf den Burgberg, 2017 erkennen sind, liegt häufig nur am Ver- seren Verständnis für ihre überregionale schwinden bzw. Verwässern der Strukturen Bedeutung als Gartenkunstwerk von emi- durch mangelnde oder unterlassene Pflege nenter Bedeutung.

der vegetabilen Strukturen. Als Beispiel sei

46 47 Dabei kommt es in erster Linie auf die de Hooghe sowie noch im 20. Jh. vorhandene Instandsetzung oder Wiederherstellung der Relikte hinsichtlich seiner Realisierung Grundstrukturen an, die ein Wiederentde- unbestritten. cken der komplexen historischen Raumbe- züge für den Parkbesucher ermöglichen. Weiterführende Maßnahmen wie das Anlegen von Wegeverbindungen oder das ergänzende Pflanzen von Baumreihen und

Alleen sind im Einzelfall im Zuge von weiter- Abb. 18. Buyx-Plan von 1829 mit Darstellung des führenden Planungsschritten abzuklären. landschaftlich überformten Lustgartens

Abb. 16 . Lustgarten um 1685, 2 Ansichten der 3.5 Entwicklungsziele Schwerpunktbe- Radierungsfolge von Romeyn de Hooghe reiche Der ehemals grandiose Blick vom Lust- garten des 17. Jhs. in die Galleien ist mittler- 3.5.1 Lustgarten Ausgangslage Abb. 17. Rekonstruktionsversuch zum Lustgarten weile durch den Gehölzbewuchs auf dem von F. Gorissen, 1952 Kermisdahlhang nahezu nicht mehr vor- Der 1952 von Friedrich Gorissen auf handen. Grundlage der vorliegenden wissenschaftli- Auch im weiteren Verlauf nach Süden ist chen Erkenntnisse gemachte Versuch einer nur von einer kleinen Aussichtsbastion im Rekonstruktion dürfte mit ziemlicher Sicher- Prinz-Moritz-Park die Blickverbindung mitt- heit die ausgeführte Anlage im Wesentlichen Abb. 19. Lustgarten um 1907 mit Kastanienreihe an der Hangkante zum Kermisdahl lerweile zumindest als schmales „Fenster“ richtig wiedergeben. wiederhergestellt worden. Der Lustgarten gehörte sicher zu den am Eine gewisse Problematik beim zukünfti- aufwändigsten gestalteten und ausgestatte- gen Umgang mit dem Hangbewuchs liegt ten Bereichen der Klever Gartenanlagen im

Abb. 14. Prinzenhof, Burg und Unterstadt vom Lustgarten allerdings in der Tatsache begründet, dass 17. Jh. aus. Romeyn de Hooghe, um 1685 / 95 durch die bauliche Entwicklung im Bereich Vom alten Lustgarten sind noch die Flä- der Galleien ein generelles Absetzen des chenbegrenzungen und partiell raumstruk- Gehölzbestandes – also ein Freistellen ent- turierende Wegeachsen in der Örtlichkeit sprechend der historischen Situation – nicht nachvollziehbar. Ansonsten erlebte die unbedingt zu einem befriedigenden Gesamt­ Anlage eine landschaftliche Überformung im Abb. 20. Prinz-Moritz-Park nach seiner Wiederherstellung eindruck führen würde. 19. Jh., die aber zumindest den parkräumli- um 1950 Die Flächen des ehemaligen Lustgartens chen Bezug zu den Galleien respektierte. Grundsätzlich ist festzustellen, dass im präsentieren sich heute – zwar in gutem Durch Wechsel der Eigentümer sind wohl in Gegensatz zum Neuen Tiergarten Überfor- Pflegezustand – eher als austauschbare dieser Phase auch mehrere Veränderungen mungen im landschaftlichen Stil im Bereich innerstädtische Grünflächen und lassen an der Anlage vorgenommen worden. der alten Anlage keine große Rolle gespielt kaum noch die historische und gartenkünst- haben. So wirkt auch die Umgestaltung des Abb. 15. Der große Stern, gesehen von der Nassauer Allee. lerische Bedeutung dieses Ortes vermuten. Lustgartens im Gesamtgefüge der Anlage Romeyn de Hooghe, um 1685-1695 eher als Fremdkörper und geht – soweit in Der Garten des 17. Jhs. ist in der Literatur ausführlich beschrieben und durch mehrere den vorliegenden Plandokumenten erkenn- Ansichten einer Radierungsfolge von Romeyn bar – nicht auf die von Johann Moritz konzi- pierten „großen Zusammenhänge“ ein.

48 49 Eine weitere Überformung fand Anfang des 20. Jhs. im Sinne einer für die damalige Zeit typischen Rückbesinnung auf formale Strukturen statt. Belegt ist dies nicht durch Lagepläne, aber durch entsprechendes Bild- material. Die Neugestaltung dieser Zeit nimmt deutlich erkennbar die alten Grundstruktu- ren der Anlage aus dem 17. Jh. wieder auf und steht zumindest durch den Umgang mit den Raumstrukturen und städtebaulichen Bezügen den Intentionen von Johann Moritz sehr viel näher als die Vorgängeranlage des 19. Jhs., von der allerdings Teile des markan- ten Baumbestandes erhalten und in die Abb. 21. Luftbild vom Prinz-Moritz-Park um 1956 Anlage integriert wurden. Abb. 22. Prinz Moritzpark um 1969 Abb. 23. Prinz-Moritz-Park. 2002, deutlich erkennbar der im Die weiteren Luftbildaufnahmen aus den nördlichen Abschnitt eingefügte Spielbereich und der enorme Nachdem der Lustgarten 1903/04 in den Jahren 1969 und 2002 zeigen schon die fatale 3.5.2 Lustgarten Entwicklung Zuwachs des Gehölzbestands am Kermisdahlhang Besitz der Stadt Kleve überging, wurde er in Entwicklung zum „Einheitsgrün“, bei dem Die Wiederherstellung des ehemaligen Allein diese Tatsache ist unter garten- Zusammenhang mit der Neugestaltung als fast sämtliche Bezüge zum historischen Lustgartens aus dem 17. Jh. ist auf Grund- künstlerischen Aspekten bemerkenswert, öffentliche Anlage offiziell zum „Prinz-Mo- Gesamtkomplex der Klever Gartenanlagen lage des aktuellen Wissensstands – auch in weil eine solche Vorgehensweise in der Auf- ritz-Park“ umgewidmet. aufgegeben wurden. vereinfachter Form – nicht sinnvoll, da er bruchsstimmung der Nachkriegszeit durch- Aus dieser Zeit (ca.1935) stammt auch die Aus gartendenkmalpflegerischer Sicht ist mindestens zweimal (im 19. Jh. und im 20. aus nicht üblich war. rampenartige Wegeverbindung der Anlage der aktuelle Zustand des Prinz-Moritz-Parks Jh.) bewusst überformt wurde. Allerdings wurde die Anlage in der Folge- zu den sogenannten Bleichen. Nach den ver- in seinem nördlichen Abschnitt (ehem. Lust- Allerdings nimmt die Überformung des zeit hinsichtlich ihrer gartenhistorischen heerenden Zerstörungen im 2. Weltkrieg mit garten) vor dem Hintergrund seiner garten- 20. Jhs. – wie schon erwähnt – deutlich Bedeutung kaum noch respektiert und ist schweren Bombenangriffen in den Jahren künstlerischen und stadtgeschichtlichen wieder die formalen Strukturen des 17. Jhs. mittlerweile zu einer eher belanglosen, aus- 1944 und 1945 wurde der Prinz-Moritz-Park Bedeutung völlig unangemessen und bedarf auf und steht der ursprünglichen Anlage – tauschbaren öffentlichen Grünfläche umge- um etwa 1950 entsprechend der Anlage aus dringend einer grundsätzlichen, denkmalge- zwar nicht hinsichtlich ihrer gartenkünstleri- staltet worden. Einzig der alte Baumbestand dem Beginn des 20. Jhs. vorbildlich wieder- rechten Überarbeitung. scher Qualität und Intensität der Ausstattung und die – allerdings nur noch für ein geübtes hergestellt. – so doch in ihrer parkräumlichen Konzep- Auge erkennbaren – Reste der Wegestruktu- Das nachfolgende Luftbild von 1956 zeigt tion sehr viel näher als die Überformungen ren erinnern noch an die historische Parkan- deutlich die formale Grundstruktur mit der des 19. Jhs. im landschaftlichen Stil. lage. terrassenförmigen Öffnung der Anlage zum Zudem ist nachgewiesen, dass nach den Als Entwicklungsziel sieht das Parkpfle- Kermisdahl. schweren Kriegszerstörungen 1944/45 die gewerk im Ergebnis die Instandsetzung der formale Anlage des 20. Jhs. nahezu identisch Anlage entsprechend ihres Zustandes von ca. wiederhergestellt wurde. 1950 (letztendlich auch des Zustandes um etwa 1910) vor. Veränderungen wurden nach dem Krieg im Wesentlichen wohl nur im Bereich der Hangkante zum Kermisdahl vorgenommen, die aber im Abgleich mit historischen Fotos

50 51 aus den 1930er Jahren das Gesamtkonzept parkräumlichen Strukturen gut denkbar. Wetering zu erkennen sind – auch für das am der Anlage nur unwesentlich verändert Nach Norden wird vorgeschlagen, eine Fuße des Papenbergs gelegene kreisrunde haben. abschirmende Gehölzkulisse zur Straße Wasserbecken („Spiegelbecken“) zu. Prinzenhof aufzubauen. Die alte Anlage des Lustgartens kann auch bei der vorgeschlagenen Wiederher- stellung räumlich durchaus noch nachvollzo- gen werden und sollte durch ergänzende Informationsträger und örtliche Markierun- gen dem interessierten Besucher als eine der bedeutendsten Anlagen der klevischen Gartenkunst des 17. Jhs. näher gebracht werden. Der vorhandene Altbaumbestand ist Abb. 26 . Digitales Geländemodell vom Papenberg mit Umfeld, nördlich der Wetering sind im unteren Bilddrittel deutlich die Abb. 24. Ausschnitt Entwicklungskonzept aus dem unter Berücksichtigung von verkehrssiche- Strukturen der sternförmig vom ehemaligen Wasserbecken Parkpflegewerk rungstechnischen Aspekten möglichst lange ausstrahlenden Wassergräben zu erkennen. TIM-online

Von hoher Bedeutung ist auch das Her- zu halten. stellen zumindest von Sichtfenstern zum Die axiale Verbindung zwischen Papen- Kermisdahl, um den seit dem 17. Jh. bis in 3.5.3 Bereich Bergendal Ausgangslage berg und Spitzberg ist nördlich der Uedemer die frühen Nachkriegsjahre erhaltenen park­ Das spannungsvolle Nebeneinander von Straße noch vorhanden. Im südlichen räumlichen Bezug zwischen dem Höhenzug Kunst und Natur als Grundthema der Abschnitt vor dem Spitzberg ist sie durch den der eiszeitlichen Terrasse und der Niederung Gesamtanlage wird nochmals besonders Turnierplatz einer mittlerweile dort etablier- des Kermisdahls mit den anschließenden deutlich bei Johann Moritz‘ letzter Schöp- ten Reitsportanlage und vorhandenen Galleien wieder erlebbar zu machen. fung, dem Parkareal von Bergendal. Bewuchs nicht mehr zu erkennen. Abb. 27 Aktuelles Luftbild vom Parkbereich Bergendal. TIM-online Das vollkommene Freistellen des Blicks in Die wesentlichen Gestaltungsstrukturen Südlich des Papenbergs führt die Achse die Niederung entsprechend der historischen der Anlage, die Grabanlage, der Papenberg durch ein altes Eingangstor mit Torpfeilern Situation wird allerdings nicht empfohlen, da mit seiner formalen Wegeerschließung und aus dem 17. Jh. als Laubengang durch das durch die bauliche Entwicklung in diesem der Spitzberg, sind auch heute noch in der Gelände des Fasanengartens aus dem Abschnitt östlich des Kermisdahls nicht Örtlichkeit vorhanden bzw. gut nachvollziehbar. Beginn des 18. Jhs. zwangsläufig eine ästhetische Aufwertung Sowohl die Torpfeiler als auch der Lau- der Gesamtsituation zu erwarten ist. bengang aus Hainbuchen sind in einem sehr Die Maßnahmen zur Öffnung von Sicht- schlechten Zustand und müssen dringend fenstern sind deshalb sehr behutsam und instandgesetzt bzw. entsprechend fachge- schrittweise durchzuführen. Durch geeignete recht gepflegt werden. Abb. 28. Digitales Geländemodell Detailausschnitt Bereich Ergänzung von Schutzpflanzungen bzw. Neu- Obwohl nicht abschließend zu klären ist, ehemaliges Wasserbecken mit den von dort ausstrahlenden ordnung der vorh. Gehölzbestände am Ost­ ob alle in der Karte der geplanten Anlage Wassergräben. TIM-online ufer des Kermisdahls könnte sich längerfris- dargestellten Details letztendlich auch bau- Obwohl im Parkabschnitt Bergendal wich- tig die Situation zur Öffnung im größeren lich umgesetzt wurden, gilt die Realisierung tige historische Grundstrukturen noch vor- Maßstab allerdings durchaus verbessern. der Grundstrukturen als gesichert. handen bzw. erkennbar sind, bleibt festzu- Der zurzeit im nördlichen Abschnitt des Dies trifft nach Auswertung des digitalen stellen, dass die großen Zusammenhänge Prinz-Moritz-Parks gelegene Spielbereich Geländemodells – bei dem deutlich Reste der parkräumlichen Verknüpfungen vom wäre sicher in Abstimmung mit der Garten- Abb. 25. Bergendal, Karte der geplanten Anlage von 1676, des Fächers aus Wassergräben nördlich der Spitzberg zum Papenberg und von hier zur denkmalpflege unter Respektierung der Klevische Gartenlust

52 53 Landmarke „Kiek in de Pot“ nicht mehr in der FASANENGARTEN: »» Die Sichtbezüge zum „Spitzberg“ und Die historische Umsetzung einer im Ent- Örtlichkeit nachvollziehbar sind. Für den in Privatbesitz befindlichen Fasa- nach „Kiek in de Pot“ sind durch wurfsplan von 1676 (Abb. 25) dargestellten Als Defizit ist auch das Fehlen des „Spie- nengarten wäre es wegen der Bedeutung für entsprechende Entnahme von Gehölzen serpentinenartigen Wegeverbindung zum gelbeckens“ am Fuße des Papenbergs zu die Gesamtanlage von großer Wichtigkeit, in und begleitende Schnittmaßnahmen Papenberg im Hangbereich scheint aufgrund bewerten, das als gestalterischer Schwer- Abstimmung mit dem Eigentümer die wieder freizustellen. der schwierigen topografischen Situation fragwürdig. Die Herstellung einer solchen punkt vor allem für die Verbindung des Umsetzung folgender Maßnahmen anzustre- »» Entwicklung der umgebenden, meist Wegeverbindung wird aus diesem Grund – oberen Parkteils mit den Galleien von beson- ben: hangartigen Parkwaldbereiche zu zumindest an der im Plan dargestellten Stelle ders hoher Bedeutung war. artenreichen, gestuften Laubholzbe- »» Sicherung und Restaurierung der noch – nicht empfohlen. Die zurzeit partiell durch Die Grabanlage ist in einem restaurie- ständen, Verstärkung und Förderung vorhanden Torpfeiler aus dem 17. Jh. an temporäre Bauten belegten Flächen nordöst- rungsbedürftigen Zustand (teilweise stark einer böschungsstabilisierenden der Nord- und Südseite. lich unterhalb des Papenbergs sind mittelfris- verwitterte römische Repliken). Strauchschicht und Förderung von »» Sicherung und fachgerechte Pflege des tig von jeglicher Bebauung freizuhalten. Zudem ist die aktuelle parkräumliche Ein- artenreichen Krautsäumen. noch erhaltenen Laubengangs aus bindung (z.B. Öffnen / Verdichten von Gehölz- Grabanlage: Hainbuchen. »» Verstärkung des formalen Charakters bestand) im Detail zu überprüfen und zu der Anschlusswege als wesentliche Die Grabmalanlage des Prinzen Johann korrigieren. »» Neuordnung bzw. Pflege der seitlich des Gestaltungsstrukturen der historischen Moritz ist auf Grundlage einer gesonderten, Laubengangs anschließenden Gehölz- Anlage (patte d‘oie) einschließlich ergänzenden Bestandsanalyse nach örtli- 3.5.4 Bereich Bergendal Entwicklung flächen. partiell erforderlicher Wiederherstel- chem Befund zu restaurieren. Dies betrifft Spitzberg: lungsmaßnahmen im engeren Umfeld- nach aktuellem Wissensstand z.B. den erfor- bereich. derlichen Austausch der teilweise stark ver- Instandsetzung der historischen Land- witterten römischen Repliken durch neue marke entsprechend historischer Doku- Spiegelweiher: Abgüsse. Ergänzend sollten die umgebenden mentation in Verbindung mit örtlichem Kreisrundes Becken am Fuße des Papen- Raumbezüge optimiert werden. Dies betrifft Befund. bergs als Spiegelweiher wieder entspre- die seitlichen und rückwärtigen Pflanzungen Die historischen Sichtbezüge zur Stiftskir- chend der historischen Planunterlagen unter (tendenziell zu verdichten) und die Schaffung che, zum Papenberg und weiterführend in die Berücksichtigung des örtlichen Befundes einer deutlicheren Öffnung des Raums nach Galleien sind durch die Entnahme von Gehöl- herstellen. Die möglichst naturnahe Bau- vorne. zen bzw. auch durch entsprechende Schnitt- weise ist im Detail mit der Denkmalpflege maßnahmen als Grundvoraussetzung für die abzustimmen. Die Erhaltung des formalen 4 Schlussbetrachtung zu den Erfahrbarkeit der übergeordneten histori- Charakters (Kreisform) sowie die Gewähr- vorgeschlagenen Entwicklungs­ schen Raumbezüge der Anlage wiederherzu- leistung einer dauerhaft offenen Wasserflä- maßnahmen stellen. che (Spiegelwirkung) sind zu berücksichti- Zusammenfassend ist noch anzumerken, Pflanzung eines Baumkreises mit zentra- gen. dass die im Parkpflegewerk vorgeschlage- lem Baum. Abweichend von der historischen Eine Erneuerung des auf dem Kupferstich nen Maßnahmen zu unterscheiden sind in Überlieferung wird empfohlen, keine Fichten, Abb. 29. Ausschnitt Entwicklungskonzept aus dem von Jan van Call dargestellten zentralen Parkpflegewerk sondern alternativ eine andere immergrüne, Springstrahls wäre zur Akzentuierung des »» relativ einfach umzusetzende Maßnah- fremdländische Baumart auswählen (z.B. men (man muss sie nur wollen!!) und Papenberg: runden Weihers wünschenswert. Taxodium). Zur Sicherstellung der Blickbe- Dies gilt auch für die Wiederherstellung »» komplexere Maßnahmenvorschläge, ziehungen sind die Randbäume entspre- »» Sicherung der wieder freigestellten des nördlich anschließenden „Kanalfächers“ die planerisch noch zu konkretisieren chend aufzuasten. Die erforderlichen weiter- Blickverbindungen zur Schwanenburg entspr. Darstellung in historischer Planun- sind und für die mit Sicherheit noch führenden Planungsschritte sind im Detail und in die Galleien durch kontinuierli- terlage bzw. Nachweis durch Abbildung im erheblicher Abstimmungsbedarf mit der Denkmalpflege abzustimmen. che Pflege der angrenzenden Gehölzbe- digitalen Geländemodell. besteht. stände.

54 55 »» Zur ersten Kategorie der relativ einfach Bei Beschränkung des Blicks auf die ein- [12] J. Hild, Die Parkanlagen der Stadt Kleve, Kalender für [23] F. Gorissen, Geschichte der Stadt Kleve, Kleve, 1977. das Klever Land, 1965. [24] R. und G. Wörner und H. Hilger, Geschichte, Erhaltung umzusetzenden Maßnahmen gehören zelnen Parks, Gärten, Alleen usw. würde eine [13] Soweit der Erdkreis reicht, Johann Moritz von und Wiederherstellung der Gärten von Kleve, Denkmalpflege - die Instandsetzungen von Sichtachsen wesentliche Zielsetzung und Leistung des Nassau-Siegen 1604-1679, Kleve, Ausst.-Kat. 1979. im Rheinland 2, 1985. und Blickbeziehungen sowie 17. Jahrhunderts (wie gewiss auch noch des [14] W. Diedenhofen, Gärten und Parks in Kleve, Rhein. [25] D. Hennebo und A. Hoffmann, Geschichte der deutschen Kunststätten 202, Neuss, 2. Aufl. 1986. Gartenkunst, Hamburg, 1965, II. - die kontinuierliche Pflege der Vegeta- 18. Jahrhunderts) zu kurz kommen, durch [15] W. Diedenhofen, Gärten von europäischem Rang, Kleve [26] H. P. Hilger, Die Gärten des Fürsten Johann Moritz von tionsbestände. die die Gartenkunst in Kleve ihren einzigarti- und sein bedeutendes gartenkulturelles Erbe, Rund um den Nassau-Siegen in Kleve, Zur Geschichte und zu den denkmal- gen Charakter und hohen Rang gewonnen Schwanenturm 16, Kleve, 1992. pflegerischen Maßnahmen, Fachtagung Historische »» Zu den komplexeren Maßnahmen [16] F. Gorissen, Kleve, Niederrh. Städteatlas, 1. Reihe, Freiräume und Denkmalpflege, Essen, (1980) 1981. hat: zählen vorrangig: Klevische Städte 1, Kleve, 1952. [27] H. P. Hilger, Kleve, Die Denkmäler des Rheinlandes 6, Die „Landesverschönerung“. [17] W. Diedenhofen, Cupido auf der Kugel, Kalender für das Kreis Kleve 4, Düsseldorf, 1967. - die Instandsetzung des ehem. Klever Land 1975, 32, 1975. [28] R. Wörner und G. , Der »Neue Tiergarten« und das Lustgartens. Gleichwohl soll dieser Begriff hier ver- [18] J. E. v. Buggenhagen, Nachrichten über die zu Cleve »Amphitheater« in Kleve, Planungsvorschläge zur Erhaltung, - die Neuordnung der Vorfläche vor der wendet werden um das Frühzeitige, spätere gesammleten . . . Alterthümer und andere daselbst vor­han- Regenerierung und Neugestaltung der Parkanlagen, Kleve: dene Denkwürdigkeiten, Berlin, 1795, Neudruck Kleve 1977. Gutachten im Auftrag der Stadt Kleve, 1979. Schwanenburg. Entwicklungen zumindest tendenziell Vor- [19] W. Diedenhofen, »Begräbnis und Epitaphium«, Das [29] R. und G. Wörner. Die Erhaltung und Wiederherstellung - die Korrektur des Cupido – Standorts. wegzunehmende, kurz: Das ganz und gar Grabmal zu Bergental bei Kleve, Kalender für das Klever der historischen Parkanlagen des »Neuen Tiergartens« und - die Wiederherstellung des Spiegelwei- Ungewöhnliche der Unternehmungen in Land 1979, 10. des »Amphitheaters« in Kleve, Erläuterung zur Entwurfspla- [20] An den Wassern zu Cleve, Studien und Beiträge zur nung, Kleve: Planung im Auftrag der Stadt Kleve, 1983. hers unterhalb des Papenbergs und Kleve seit der Mitte des 17. Jahrhunderts, Garten- und Badgeschichte Kleves, Freunde des Städtischen [30] W. Diedenhofen, Maximilian Friedrich Weyhe und die - die Vision eines Brückenbauwerks als mit einem Wort zu kennzeichnen. Museums Haus Koekkoek e.V., 1994. Umwandlung der Klever Gärten in Landschaftsparks Lückenschluß zwischen Prinz-Moritz [21] Düsseldorfer Gartenlust, Ausst.-Kat, Stadtmuseum (1820-30), Kalender für das Klever Land 1986, 151. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit Düsseldorf, 1987. [31] W. Diedenhofen, Cupido in den Waffen des Mars, Zu Weg und Altem Park. Achim Röthig [22] H. Schildt, Maximilian Friedrich Weyhe und seine einem Sinnbild der Gartenkunst in Kleve, Kalender für das Vielleicht ist es an dieser Stelle nochmals Parkanlagen, Düsseldorf, 1983. Klever Land 1994, 65. besonders wichtig zu betonen, dass die Literatur

„Inwertsetzung“ der Klever Gartenanlagen [1] AK, „Textauszug Informationstafel im Alten Park,“ als Gesamtkunstwerk eben nicht nur unter zusammengestellt vom Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering. Umgang mit archäologischem Kulturerbe gartendenkmalpflegerischen Aspekten von [2] W. Diedenhofen, Klevische Gartenlust, Gartenkunst und Badebauten in Kleve, Kleve: Freunde des städtischen in den Niederlanden – Entwicklung der Denkmalpflege besonderer Bedeutung ist, vielmehr hat sie Museums Haus Koekkoek, 1994. auch das Potenzial, erheblich zur Aufwer- [3] W. Diedenhofen, Die Klever Gärten des Johann Moritz, vom 19. bis ins 21. Jahrhundert tungen der Themenfelder Naherholung, Soweit der Erdkreis reicht, 165, Kleve, Ausst.-Kat. 1979. [4] W. Diedenhofen, Tropaeum Mauritii, Die Waffensäule auf ir. Luuk J. Keunen Beispiel die Burg Bronkhorst an der IJssel. Freizeit und touristische Infrastruktur bei- dem Freudenberg, Kalender für das Klever Land. 77, Kleve, Nur wenige wurden bewusst vor dem Abriss zutragen. 1971. In seinem Pamphlet „Holland op zijn [5] W. Diedenhofen, Kartenkunst und Gartenkunst, Buyx‘ smalst“ äußerte Victor de Stuers in 1873 . Das Bewusstsein änderte sich Ende Entsprechend wäre davon auszugehen, Arbeiten als Beleg und Vorausetzung für Weyhes Werk in Kritik an den fehlenden staatlichen Bemü- des 19. Jahrhunderts. 1875 bekam De Stuers dass zukünftige positive Auswirkungen nicht Kleve, Geldern / Kevelaer: Historischer Verein für Geldern hungen zum Kulturerbe. Denkmalpflege die Leitung über die Abteilung Künste und zuletzt auch unter wirtschaftlichen Gesichts- und Umgegend, 1995. [6] D. Hennebo und A. Hoffmann, Historische und aktuelle existierte im 19. Jahrhundert kaum noch. Wissenschaften. Nicht nur Denkmalpflege, punkten zu erwarten und deshalb anstre- Bedeutung der klevischen Gartenanlagen des Fürsten Johann Viele monumentale Bauwerke wurden noch auch Naturschutz und Heimatbewusstsein benswert sind. Moritz von Nassau-Siegen, Bad Homburg / Hannover: bekamen mehr Aufmerksamkeit. Anwälte Gutachten des Landeskonservators Rheinland, 1976. in diesem Jahrhundert abgerissen, wie zum Eine zentrale Stellung in Zusammenhang [7] „Europäisches Gartennetzwerk - EGHN,“ [Online]. wie De Stuers und vor allem Grundschulleh- mit der ganzheitlichen Betrachtung und Available: http://www.eghn.org/kleve-2-landschaftsarchitek- rer bemühten sich sehr um Geschichte, Bewertung der Klever Gartenanlagen nimmt tur.html [Zugriff im Januar 2015]. Landschaft und Heimatgefühl. Landesweit [8] G. v. Velsen, Die Stadt Cleve, ihre nächste und entferntere nicht zuletzt der Begriff „Landesverschöne- Umgegend ..., Kleve / Leipzig, 1846, Neudruck Kleve 1976. wurden Lehrer bekannt, die nicht nur ihre rung“ ein. Ich möchte deshalb mit einem [9] R. Klapheck, Die Baukunst am Niederrhein, Düsseldorf, Empfindungen publizierten und ihre Schüler Zitat aus dem Gutachten von 1976 schließen, 1916/17. einbezogen, sondern sich auch gesellschaft- [10] M. L. Gothein, Geschichte der Gartenkunst, Jena, 1926, das einen der wesentlichen Grundgedanken Neudruck München 1988. Abb. 1. Das Muiderslot in Muiden, 1825 als Denkmal vom lich Mühe gaben, Baudenkmale und land- bei der Anlage der Klever Gärten beschreibt: [11] F. Gorissen, Conspectus Cliviae, Die klevische Residenz Abriss gerettet: damals eine Ausnahme – Foto: Luuk Keunen schaftliche Qualitäten zu schützen in einer in der Kunst des 17. Jahrhunderts, Kleve, 1964.

56 57 Zeit, als es noch keinen gesetzlichen Denk- tes, wofür die genannte Reichskommission Archäologie: eine neue Aufgabe malschutz gab. Nennenswert ist Jac. P. Thi- 1918 in ein Rijksbureau voor de Monumen- für Kommunen jsse (1865-1945). 1896 gründete er die Zeit- tenzorg umgewandelt wurde. Seit 1946 gab Die Entwicklung, mehr Aufgaben an die schrift „De Levende Natuur“. Als die Stadt es separate Abteilungen für Archäologie und kommunalen Behörden weiterzuleiten, hat Amsterdam einen See in Stadtnähe in eine Denkmalpflege. Diese Organisationen wurden sich in den vergangenen 30 Jahren weiter Mülldeponie umzuwandeln plante, war er erst 2006 wieder vereint: de Rijksdienst voor vollzogen. 1992 wurde ein europäisches Über­ Mitgründer einer Widerstandsbewegung. het Cultureel Erfgoed. einkommen zum Schutz des archäologischen 1905 wurde die „Vereeniging tot Behoud van Inzwischen hatte sich auch auf der regio- Erbes „Verdrag van Malta“ unterzeichnet. In Abb. 3. Das Schloss Biljoen in Velp, Eigentum von Geldersch Natuurmonumenten in Nederland“ (kurz: nalen Ebene etwas getan. Der Vorstand von den Niederlanden führte dies 2007 zu dem Landschap und Kasteelen, wird vermietet. Gelders Archief, collectie luchtfoto’s, inventarisnr. 1613-796 Natuurmonumenten) gegründet. Daraufhin Natuurmonumenten wurde sich bewusst, Gesetz für archäologische Denkmalpflege wurde das Naardermeer gekauft. dass ein landesweiter Verein Schwierigkeiten (Wet op de archeologische monumentenzorg; für die Nota Belvedere verantwortlich. Ziel In dieser Abhandlung möchten wir Ein- hatte, Bedrohungen und Aufgaben in den Wamz). Archäologische Untersuchungen war, wie in der Granada-Konvention verein- blick in Art und Weise des niederländischen Provinzen zu beachten. Deswegen wurde am waren von da an bei Eingriffen in den Boden bart und von staatlichen Organen empfohlen, Landschaftsschutzes und der Denkmalpflege 16. April 1929 von Natuurmonumenten und – zum Beispiel Baumaßnahmen – eine Ver- kulturelles Erbe als Teil räumlicher Entwick- verschaffen, damit die Nachbarn voneinan- den provinzialen Behörden die Stiftung ‘Het pflichtung. Diese Untersuchungen werden lung bestehen zu lassen: Erhaltung durch der lernen können. Geldersch Landschap’ gegründet. Mittler- seitdem fast nur noch von privaten Firmen Entwicklung. Das war ein richtiger Umbruch weile gibt es in allen niederländischen Pro- mit einer staatlichen Ausgrabungsgenehmi- in den Niederlanden. Es gab staatliche Finan- Denkmalpflege als Teil der Gesellschaft vinzen diese Stiftungen für Naturschutz. gung durchgeführt. Mehrere Universitäten zierungsmöglichkeiten für landschaftliche Diese Entwicklung löste eine Reihe von Besonders in der Provinz Gelderland kam hatten inzwischen ihre archäologischen und städtebauliche Entwicklungsprojekte mit Natur-, Landschafts- und Denkmalinitiativen 1940 noch die Stiftung ‘Vrienden der Gelder- Abteilungen mehr oder weniger selbststän- kulturellem Erbe im Mittelpunkt. Ein nationa- aus. 1903 wurde die Reichskommission für sche Kasteelen’ dazu. dig gemacht. Später entstanden auch Neu- les ‘Vorbildprojekt’ war die ‘Neue Holländi- Inventarisation und Beschreibung von Nie- Der Entwicklung im privaten Naturschutz gründungen ohne Universitätsgeschichte. sche Wasserstellung’ aus dem 19. Jahrhun- derländischen Denkmälern von Geschichte folgte dann erstmals auch die staatliche Denk- Die Kommunen wurden größtenteils verant- dert. Bedeutend war auch die Finanzierung und Kunst vom Staat gegründet. Diese malpflege. 1988 wurde das Denkmalgesetz wortlich für die archäologische Politik und von drei ‘Belvedere-Professoren’ an den Uni- Kommission veröffentlichte zwischen 1908 geändert und Kommunen und Provinzen mit konnten selber lokale Gesetze verabschie- versitäten von Delft, Amsterdam und Wage- und 1933 eine erste Inventarisierung von einbezogen. Der Staat hat sich vor allem um den. Der Staat war vor allem noch verant- ningen. Die Zeit war reif für eine neue Art des potenziellen Denkmälern. Ab 1926 erschien Objekte, Städte oder Dörfer „beschermd wortlich für gesetzlich geschützte archäolo- Umgangs mit kulturellem Erbe: dynamisch die endgültige Liste. 1940 greift die ent­ stads- of dorpsgezicht)“ gekümmert aus der gische Denkmäler. statt statisch, Entwicklung statt (nur) Konser- sprechende Gesetzgebung im Rahmen des Zeit vor 1850. Deshalb wurde ab 1986 ein vierung, integral statt sektoral und Umge- Umbruch für kulturelles Erbe: Wiederaufbaus, und ab 1961 gilt ein vollstän- großes Inventarisierungsprojekt gestartet, bung statt nur Objekt. die Nota Belvedere (1999) diges Gesetz: de Monumentenwet. Denk­ damit potenzielle Denkmäler aus der Zeit zwi- Ein fester Platz in der Gesetzgebung malschutz war also eine Aufgabe des Staa- schen 1850 und 1940 in den Blick kommen Ein sehr wichtiges Ereignis für die Art und konnten. Um 1995 wurde das Projekt abge- Weise, wie in den Niederlanden mit Kultur­ 2009 endete die zehnjärige Zeit der Bel- schlossen. Viele Kommunen hatten inzwischen erbe (Archäologie, Kulturlandschaft, Denk- vedere-Politik. Das Ministerium für Unter- auch ein lokales Denkmalgesetz „monumen- malpflege) umgegangen wird, ist die Verab- richt, Kultur und Wissenschaften entwickelte tenverordening“ verabschiedet. Neben staatli- schiedung der „Nota Belvedere“ 1999, eine eine neue Richtung: die ‘Modernisierung chen Denkmälern „rijksmonumenten“ gab es Ausarbeitung der staatlichen Kultur- und Denkmalpflege’. Im Wesentlichen handelt es jetzt auch kommunale Denkmäler „gemeente- Architekturpolitik der Regierungen Kok-I und sich hier unter anderem um die Umsetzung lijke monumenten“ und in den Provinzen Kok-II. Die Belvedere-Politik ist letztendlich von Erfahrungen aus der Belvederezeit in der eine Weiterentwicklung des europäischen Gesetzgebung. Ziele waren Aufmerksamkeit Abb. 2. Der historische Gemüsegarten von Huis Sevenaer Noord-Holland und Drenthe sogar provinzielle (Zevenaar) war 2007 Teil eines von Belvedere geförderten Denkmäler (provinciale monumenten). Kulturabkommens (1954) und der Grana- für die Umgebung statt nur für das Projekts. Rijksdienst voor Cultureel Erfgoed, objektnr. 46.880, da-Konvention (1985). Vier Ministerien waren (geschützte) Objekt, kulturelles Erbe als Teil G.Th. Delemarre, September 1955

58 59 der Raumplanung, eine grundlegende Vision in Nordrhein-Westfalen nicht gibt. Ein Kulturerbe beschlossen wird, befindet sich Die wichtigsten Einnahmequellen für GLK zum kulturellen Erbe und Reduktion der genauer Schutz der wichtigsten Merkmale das Thema direkt im Blickfeld der Bürger. sind provinzielle Leistungen (31%), Pacht und Bürokratie. Erfgoed en Ruimte wurde 2011 wird durch das Umgebungsgesetz noch ver- Eigentümer, auch Stiftungen wie „Geldersch Vermietung (25%) und Schenkungen und der Nachfolger der Nota Belvedere. bessert. Inzwischen gibt es viel Aufmerk- Landschap en Kasteelen“, wissen sehr Erbschaften von Privatpersonen (18%). Teil der politischen Entwicklung war auch samkeit für Gebäude und Landschaften aus genau, dass Maßnahmen sehr gut erklärt Neben GLK gibt es noch mehrere wichtige die Übergabe von Aufgaben an Kommunen. der Nachkriegszeit (1945-1965). werden müssen, bevor man sie umsetzen Organisationen für Kulturerbe, obwohl meis- Ab 2012 wurde es deswegen Pflicht für nie- Es gibt aber unterschiedliche Tendenzen kann. Organisationen für Landschaftspflege tens nicht als Eigentümer, sondern als gesell- derländische Kommunen, beim Aufstellen in der Verwaltung unterschiedlicher Kom- spielen eine besonders wichtige Rolle in den schaftliche Beteiligung. Die Stiftung „Land- von neuen „Bestemmingsplannen“ (Flächen- munen. Politisch ist die Aufmerksamkeit für Niederlanden, vor allem in Gelderland mit schapsbeheer Gelderland“ (Landschaftspflege nutzungspläne) nicht nur Archäologie und Kultur- und Landschaftsschutz unter den vielen Landgütern. Manche Herrensitze sind Gelderland) koordiniert ehrenamtliche Initia- denkmalgeschützte Gebäude zu berücksich- Kommunen sehr unterschiedlich. In vielen noch Privateigentum. Die meisten jedoch tiven für Landschaftspflege, und „Erfgoed tigen, sondern auch kulturlandschaftliche Regionen, die vom Tourismus geprägt sind, sind mittlerweile Eigentum einer der drei Gelderland“ (Kulturerbe Gelderland) koordi- Werte. Viele Kommunen ließen, wie schon spielt kulturelles Erbe schon seit Jahrzehn- großen Organisationen für Landschafts- niert lokale Initiativen in ehrenamtlichen die Provinzen getan hatten, ihr kulturelles ten eine wichtige Rolle. In agrarwirtschaftli- pflege. „Natuurmonumenten“ (Verein) und archäologischen und musealen Bereichen. „Geldersch Landschap en Kasteelen“ (Stif- Erbe integral inventarisieren und bewerten chen Gebieten ist das traditionell weniger Wir haben schon gesehen, dass Beratung tung) haben wir schon genannt. Staatsbos- und Kulturerbepolitik in diesem Bereich ent- der Fall, jedoch gibt es viele Ausnahmen. Die und Forschung im Kulturerbebereich von beheer, die staatliche Forstverwaltung, ist wickeln. Diese Prozesse werden meistens Verwaltungsmitarbeiter werden oft unter- Unternehmen und Instituten durchgeführt die dritte. „Geldersch Landschap en Kastee- von finanziell unabhängigen Instituten oder stützt von sachkundigen Regionalarchäolo- wird. In Gelderland ansässige größere Unter- len“ zum Beispiel besitzt in Gelderland fast kleinen Unternehmen durchgeführt. Eine gen, die für mehrere Kommunen arbeiten. Es nehmen und Institute sind das „Gelders 12.000 Hektar Land und 35 Burgen, Schlös- Prüfung von Anträgen, z.B. für Umbau eines ist sehr unterschiedlich, welche Aufgaben Genootschap“ und RAAP. Das „Gelders ser, Häuser und Ruinen, wie zum Beispiel die denkmalgeschützen Gebäudes, wird im Auf- die Provinzen auf sich nehmen. Manche Genootschap“ ist ein Verein für räumliche Schlösser Biljoen (vermietet) und Rosendael trag von Bürgermeister und Beigeordneten haben vor allem eine Netzwerkfunktion, Qualität mit Kommunen aus Gelderland und (Museum). Sieben der Schlösser und Burgen von einer lokalen Kommission durchgeführt. andere schützen das wichtigste kulturelle Limburg als Mitglieder (gegründet 1919). Die sind zugängliche Museen. Das einzige Eigen- Generelle architektonische Qualitätsprüfun- Erbe nach dem provinciaal belang (provinzi- Stiftung RAAP wurde 1985 gegründet und tum außerhalb Gelderland ist seit 2008 gen „Welstand“ und Prüfungen im Rahmen ellem Interesse), fördern Wissensentwick- war am Anfang mit der Universität Amster- Schloss Gnadenthal in Kleve-Donsbrüggen. der Denkmalpflege werden seit einer Weile lung oder reagieren auf kommunale räumliche dam verbunden. RAAP berät den Staat, Kom- innerhalb der Kommunen meist kombiniert: Entscheidungen, wie z.B. het „Bestem­mings­ munen, Deichverbände, Privatkunden und ‘Kommission für räumliche Qualität’. plan“ (Flächennutzungsplan), wenn ihr Inter­ Unternehmen im Bereich des ober- und Die gesetzlichen Entwicklungen gehen esse bedroht wird. unterirdischen Kulturerbes. Daneben gibt es aber weiter. 2016 wurde das Denkmalgesetz eine Vielfalt an kleineren und größeren Firmen „Monumentenwet 1988“ durch das Kulturer- Akteure im Kulturerbebereich mit Kultur­erbe-Experten. Dagegen haben begesetz „Erfgoedwet“ ersetzt. Voraussicht- Kulturelles Erbe war schon mal eine Auf- Universitäten und staatliche wissenschaftli- lich 2021 wird das neue Umgebungsgesetz gabe von Experten im staatlichen Dienst. Wie che Institute im Gelderland weniger Interesse verabschiedet, das schon mehrere Jahre geschildert ist das schon lange nicht mehr am Kulturerbe als in der Vergangenheit. vorbereitet wird. Mehrere dutzend Gesetze so. Eigentümer, interessierte Bürger Lokal sind Heimatvereine und Archäologi- mit Bezug auf „de leefomgeving“ (den (manchmal organisiert in Vereinen oder ver- sche Vereine wie in Deutschland sehr wichtige Lebensraum) werden nun in einem Gesetz bunden mit Stiftungen), Einwohner von Dör- Organisationen. Sie machen es den Bürgern zusammengefasst. Kulturerbe bekommt fern und Städten: mehr als früher ist kultu- Abb. 4. Das Landgut Rosendael in Rozendaal, in der Nähe von möglich, sich aktiv zu beteiligen. Wie auch in einen sehr wichtigen Platz in dem Gesetz. relles Erbe eine gesellschaftliche Sache. In Arnheim, ist ein Gesamtkunstwerk mit Haus, Park und Deutschland gibt es jährlich im September den Auch bisher gab es die Möglichkeit, Gebäude einer globalisierten Welt nimmt die Auf- Wäldern mit Alleen. Links auf dieser Kupfergravur von 1718 Tag des Offenen Denkmals „Open Monumen- und Objekte ohne Denkmalstatus zu schüt- merksamkeit für die eigene Umgebung stark befindet sich der Königsberg, ein Sternbusch auf der Endmoräne, 2016 restauriert. Gelders Archief, 1505 tendag“. Über eine Million Besucher besuchen zen, eine Art ‘Denkmal-light’, was es so m.W. zu. Weil oft auch in der lokalen Politik über Bibliotheek Oude Drukken III-162B4rood. jedes Jahr ein oder mehrere Denkmäler.

60 61 Schutz und Landschaftspflege von landen, und noch 20 ‘Nationale Landschaf- Exkursion durch den Alten Tiergarten Gärten und Parks ten’, wo auch gewohnt und gearbeitet wird. Viele Parks und Gärten gehören zum Kul- Der gesetzliche Schutz dieser Parks und Landschaftsarchitekten Achim Röthig und turerbe der Niederlande. Insbesonders die Landschaften ist unterschiedlich. Ludger Baumann, u.a. Provinz Gelderland kennt wegen ihrer beson- In unserer ‘Freizeitgesellschaft’ ist Profi- Zum Abschluss der Veranstaltung „Klevi- deren Landschaften viele Parkanlagen um lierung (Branding) von Regionen immer wich- sches Arkadien“ im Blauen Salon der Stadt- Schlösser und Herrenhäuser. Sie befinden tiger. Kulturerbe wird in den Niederlanden, halle Kleve trafen sich einige Teilnehmer zu sich in der Nähe der historisch bedeutenden wie auch in Deutschland, für Marketing einge- einem kleinen Rundgang durch den Alten Städte wie Nijmegen, Arnhem und Zutphen, setzt. In der Region zwischen Wageningen und Tiergarten. aber auch in landschaftlich idyllischen Regi- Rheden, an der Süd- und Südostseite der onen an den Endmoränen, einst wichtiger Waldregion „Veluwe“, befinden sich mehr als Grund für die Stiftung der Herrensitze. 100 Landgüter. Die fünf Kommunen Wagenin- Abb. 2. Übersichtplan der erhaltenen, wiederherzustellenden gen, Renkum, Arnhem, Rozendaal und und verloren gegangenen Sicht- und Blickbezüge. Manche sind noch Eigentum der ehemali- Parkpflegewerk Alter Tiergarten/Galleien Kleve von Achim gen adligen Familien. Andere wurden gekauft Rheden arbeiten zusammen und präsentieren Röthig 2015. sich seit 2008 als „Gelders Arcadiē“ (Geldri- von wohlhabenden Geschäftsleuten, als Die von Johann Moritz bewusst insze- sches Arkadien). Zusammen arbeiten sie an Wohnhaus oder manchmal auch aus ideellen nierte parkräumliche Verbindung zwischen Geschichte und Zukunft: Bücher wurden ver- Gründen, wie Haus Ruurlo. Dort befindet sich der oberen Kante des Kermisdahlhanges und öffentlicht, eine regionale Vorstellung verab- Abb. 1. Start des Rundganges am Moritzpark – Foto Mike Museum MORE, ein Privatmuseum für der Niederung der Galleien ist z.Zt. nur noch schiedet, Veranstaltungen organisiert und Browne Gemälde von Carel Willink (1900-1983). Etli- bruchstückhaft nachzuvollziehen. Entspre- zusammengearbeitet in einem Netzwerk. Zu Beginn des Rundgangs wurde auf die che sind im Besitz von Denkmal- und Land- chend ist die Wiederherstellung dieser über- Entstehungsgeschichte der landschaftsprä- schaftsstiftungen wie „Geldersch Landschap Die Niederlande und Deutschland haben geordneten parkräumlichen Strukturen für genden, stadtnahen Parklandschaft Alter en Kasteelen“, „Natuurmonumenten“ und Übereinstimmungen, sind aber manchmal den Erlebniswert der Klever Parkanlagen Tiergarten-Galleien hingewiesen. Anhand kleineren Stiftungen, oder von Kommunen, auch sehr unterschiedlich im Kulturerbe-Be- und zum besseren Verständnis für deren einer vom Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering wie z.B. Haus Neerijnen. Manchmal sind reich. Was wäre besser, als von einander zu überregionale Bedeutung als Gartenkunst- entworfenen und am Eingang zum Land- ehemalige Landgüter auch geteilt, wie lernen und das Beste beider Länder für die werk von eminenter Bedeutung. Scherpenzeel und Rosendael. Instandhal- Zukunft unseres Kulturerbes am Niederrhein schaftspark installierten Informationstafel Da gerade die Erhaltung von Sichtachsen tung ist immer nur dann möglich, wenn es zu investieren. wurde das Konzept zum Landschaftspark und Blickbeziehungen extrem von der konti- eine gute betriebswirtschaftliche Basis für und der Maßnahmenkatalog zum Parkpfle- nuierlichen Pflege abhängig ist, waren bis die Pflege gibt. Landwirtschaft, Spender und Quellenverzeichnis gewerk „Alter Tiergarten – Galleien“ erläu- noch vor wenigen Jahren nahezu alle wichti- Nebeneinkünfte aus dem Tourismus sind tert. Das System von Sichtachsen und Blick- Feddes, F., 1999. Nota Belvedere: beleidsnota over de relatie gen Blickbeziehungen nicht mehr erlebbar. wichtig. Gesetzlichen Schutz gibt es meis- cultuurhistorie en ruimtelijke inrichting. beziehungen ist unverzichtbarer Bestandteil tens wegen dem Gebäude-Status (staatliches Ministerie van Onderwijs, Cultuur en Wetenschappen, 2009. des komplexen Raumprogramms des Alten Durch das Engagement des Arbeitskreis Beleidsbrief Modernisering Monumentenzorg. Tiergartens und der Galleien in Kleve. Kermisdahl-Wetering im Klevischen Verein oder kommunales Denkmal) und/oder dem Storms-Smeets, E. (red.), 2011. Gelders Arcadié. Atlas van besonderen Denkmalstatus des Parks een buitenplaatsenlandschap. Matrijs, Utrecht. für Kultur und Geschichte e.V. konnten in (beschermde buitenplaats). Für den Schutz Stuers, Victor de, 1873. Holland op zijn smalst. De Gids 37, Zusammenarbeit mit dem Forst im Verlauf 320-403. der letzten 15 Jahre zumindest für die mar- des Parks gibt es also auf staatlicher Ebene Gelders Landschap & Kasteelen: GLK Jaarverslag 2017. ein politisches Instrument, genauso wie für Samenwerkingsverband Nationale Parken: kanten Parkelemente „Papenberg“ und „Kiek Dörfer und Städte „beschermd dorps- en www.nationaalpark.nl in de Pot“ sowie partiell auch im Bereich des Erfgoedwet, tekst: https://wetten.overheid.nl/ Kermisdahlhanges punktuell wichtige histo- stadsgezicht“. In den Niederlanden gibt es BWBR0037521/2017-09-01 533 denkmalgeschützte Parks und 478 denk- Digitalisierte Flächennutzungspläne: rische Blickverbindungen durch Freischnitte malgeschütze Dörfer und Städte. Es gibt www.ruimtelijkeplannen.nl wieder erlebbar werden. außerdem 20 ‘Nationalparks’ in den Nieder-

62 63 Für das Wahrzeichen der Stadt Kleve – stellt worden. Angestrebt ist jedoch ein sich Prinzenhof und Burgberg mit der Schwanen- nach beiden Seiten weiter öffnender Blick, burg – wird die Problematik einer nicht kon- um das beeindruckende Panorama der Gal- tinuierlich durchgeführten Pflege der leien mit Kermisdahl und Wetering, umfasst Gehölzbestände im Hangbereich offenkun- von einer sichelförmigen, bewaldeten Hang- dig. Leider ist heute festzustellen, dass die kante bis zum Papenberg genießen zu seit Jahrhunderten freie Sicht auf das Klever können. Wahrzeichen unangemessen durch eine höher werdende „grüne Wand“ beeinträch- Entwicklungskonzept: tigt und gestört wird. Abb. 5. Teilnehmer-Diskussion an Aussichtspunkt – Foto Mike Gehölzbestände Kermisdahlhang Browne Es wird eine Entwicklung zu artenreichen, Eine gewisse Problematik beim zukünfti- gestuften Laubholzbeständen angestrebt. gen Umgang mit dem Hangbewuchs liegt Durch Entnahme von Bäumen und „auf den allerdings in der Tatsache begründet, dass Stock setzen“ von Großgehölzen soll eine die durch die bauliche Entwicklung im Bereich Böschung stabilisierende Strauchschicht mit der Galleien ein generelles Absetzen des artenreichen Krautsäumen gefördert wer­ Gehölzbestandes – also ein Freistellen ent- den. sprechend der historischen Situation – nicht Die kurz- bis langfristig umzusetzenden unbedingt zu einem befriedigenden Gesamt­ Maßnahmen sind als Bestandteil eines konti- eindruck führen würde. Deshalb wird bei den nuierlich und behutsam durchzuführenden vorgeschlagenen Maßnahmen des Parkpfle- Abb.3. Blick vom Lustgarten/Kermisdahlhang auf die Umbaus des vorhandenen Gehölzbestandes gewerkes für diese Situation eher für die Schwanenburg. Romeyn de Hooghe, 1685 zu verstehen. Einhergehend mit dieser Öffnung einzelner, aus der Bestandsituation Umstrukturierung sind die partiell in Lich- zu entwickelnder „Sichtfenster“ plädiert. tungsbereichen etablierten monotonen Brom­ Dabei kommt es in erster Linie auf die beer- und Brennnesselbestände zurück­ Instandsetzung oder Wiederherstellung der zudrängen. Rodungsarbeiten sind wegen der Grundstrukturen an, die ein Wiederentde- Gefahr der Destabilisierung der Böschungs- cken der komplexen historischen Raumbe- bereiche zu vermeiden. züge für den Parkbesucher ermöglichen. Abb. 7 – 9. Radierungnen – Romeyn de Hooghe, um 1685 Durch gezielte Entnahme bzw. „auf den Stock setzen“ von Gehölzen sollten Blick- Die Flächen des ehemaligen Lustgartens fenster auf den Kermisdahl und in die Gal- präsentieren sich heute – zwar in gutem Pfle- leien geöffnet werden. Örtliche Ansätze von gezustand – eher als austauschbare inner- Abb. 4. Kermisdahlhang 2018 – Foto Gerlinde Lensing Lücken sind aufzunehmen, das Freistellen städtische Grünflächen und lassen kaum Der ehemals grandiose Blick vom Lust- von „unschönen“ Bebauungsstrukturen jen- noch die historische und gartenkünstlerische garten des 17. Jh. in die Galleien ist mittler- seits des Gewässers ist möglichst zu vermei- Bedeutung dieses Ortes vermuten. Nur die weile durch den Gehölzbewuchs auf dem den. vom Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering ange- Kermisdahlhang nahezu nicht mehr vorhan- brachten informativen Erläuterungstafeln den. Abb. 6. Ausblick in die weite Galleien-Landschaft kaum Der Lustgarten zum Lustgarten des 17. Jh. und der teilweise Ohne Erläuterung eindrucksvoll erkenn- möglich – Foto: Mike Browne Der Lustgarten gehörte sicher zu den am beeindruckende Altbaumbestand lassen bar waren die notwendigen Freischnitte der Im weiteren Verlauf nach Süden ist zwar aufwändigsten gestalteten und ausgestatte- erahnen, dass es sich hier um einen beson- Blickschneisen am Beispiel der kleinen Aus- an einer Aussichtsbastion die Blickverbin- ten Bereichen der Klever Gartenanlagen im deren, mit der Stadtgeschichte von Kleve sichtsbastion im Prinz-Moritz-Park. dung als schmales „Fenster“ wieder herge- 17. Jh. untrennbar verknüpften Ort handelt.

64 65 Einzig der alte Baumbestand und die – misdahls mit den anschließenden Galleien Zur besseren verkehrssicheren Anbin- allerdings nur noch für ein geübtes Auge wieder erlebbar zu machen. dung an den Prinz-Moritz-Weg sollte der erkennbaren – Reste der Wegestrukturen Der zurzeit im nördlichen Abschnitt des vorhandene Weg von „Haus Bellevue“ den erinnern noch an die historische Parkanlage. Prinz-Moritz-Parks gelegene Spielbereich Hang hinunter bis zur Luisenbrücke am wäre sicher in Abstimmung mit der Garten- „Engen Hals“ und zu den Galleien dringend denkmalpflege unter Respektierung der saniert werden. parkräumlichen Strukturen gut denkbar. Am Prinz-Moritz-Weg selbst schlägt der Im Norden ist zur Straße Prinzenhof hin Maßnahmenkatalog die Wiederherstellung eine abschirmende Gehölzkulisse aufzu- bzw. Instandsetzung von Stützmauer und bauen. Parkbanknischen entlang des Uferweges am Kermisdahl mit einhergehender Überarbei- Abb. 12. Luftaufnahme des Lustgartens aus dem Jahre 2002 Die alte Anlage des Lustgartens kann – Quelle: Archiv Stadt Kleve tung der seitlichen Vegetationsbestände vor. auch bei der vorgeschlagenen Wiederher- Das Luftbild von 1956 zeigt deutlich die Abb. 10. Aufnahme des Moritzparks 2018 – Foto Thomas Velten stellung räumlich durchaus noch nachvollzo- formale Grundstruktur mit der terrassenför- gen werden und sollte durch ergänzende Entwicklungskonzept: migen Öffnung der Anlage zum Kermisdahl. Informationsträger dem interessierten Lustgarten / Prinz-Moritz-Park Anhand der Luftbildaufnahme von 2002 ist Besucher als eine der bedeutendsten Anla- Die Wiederherstellung des ehem. Lust- erkennbar, dass bei späteren Umgestaltun- gen der klevischen Gartenkunst des 17. Jh. gartens des 17. Jh. ist auf Grundlage des gen fast sämtliche Bezüge zum historischen näher gebracht werden. Der vorhandene aktuellen Wissensstands – auch in verein- Gesamtkomplex der Klever Gartenanlagen Altbaumbestand ist unter Berücksichtigung fachter Form – nicht sinnvoll, da er mindes- aufgegeben wurden. von verkehrssicherungstechnischen Aspek- tens zweimal (im 19. Jh. und im 20. Jh.) Als Entwicklungsziel sieht das Parkpfle- ten möglichst lange zu halten. bewusst überformt wurde. gewerk im Ergebnis die Instandsetzung der Der südliche Abschnitt des Prinz-Moritz- Abb. 14. Prinz-Moritz-Weg am Ufer des Kermisdahl – Foto Allein die Tatsache, dass nach den schwe- Anlage entsprechend ihres Zustandes von ca. Parks (südlich der Kreisverwaltung) sollte Gerlinde Semrau-Lensing ren Kriegszerstörungen 1944 / 45 die formale 1950 (damit letztendlich auch des Zustandes als typische öffentliche Grünfläche der Nach­ Da durch den Schattendruck der am Hang Anlage des 20. Jh. nahezu identisch wieder um etwa 1910) vor. kriegszeit in seiner jetzigen Form erhalten wachsenden Bäume immer wieder Bäume hergestellt wurde, ist unter gartenkünstleri- werden. der Uferbepflanzung ins Wasser stürzen und schen Aspekten bemerkenswert, weil diese Allerdings gelten auch hier die schon diese zur Verhinderung einer Verlandung Vorgehensweise in der Aufbruchsstimmung gemachten Vorschläge zur parkräumlichen kontinuierliche und kostenintensive Bergun- der Nachkriegszeit durchaus nicht üblich Öffnung nach Osten im Bereich des Kermis- gen aus dem Wasser verursachen, sollte war. dahlhanges, um ehemalige Blickbeziehun- zumindest auf der Hangseite entlang des gen wiederherzustellen. Leider lässt sich der Kermisdahls eine uferbegleitende krautartige historische Bezug des Gesamtareals mit Wasserrandbepflanzung aufgebaut werden. (historischem) Lustgarten und den späteren Die in Teilabschnitten wieder hergestell- Anlagen des Hotels Maywald und von Haus ten historischen Obstbaumalleen haben aus Abb. 13. Maßnahmendiskussion zur Instandsetzung vor Ort Bellevue zum südlich anschließenden Stern- – Foto Mike Browne gartendenkmalpflegerischer Sicht zu einer busch aufgrund der baulichen Entwicklung deutlichen Aufwertung der durch die aktuelle Von hoher Bedeutung ist das Herstellen der Nachkriegszeit nicht mehr herstellen. landwirtschaftliche Nutzung geprägten zumindest von Sichtfenstern zum Kermis- Nur die Baumstruktur der Nassauer Allee Ebene der „Galleien“ geführt. dahl, um den seit dem 17. Jh. bis in die frühen fungiert – zurzeit leider nur bruchstückhaft Nachkriegsjahre erhaltenen parkräumlichen – als verknüpfendes Element zum Areal des Bezug zwischen dem Höhenzug der eiszeitli- Abb. 11. Luftaufnahme des Lustgartens aus dem Jahre 1956 historischen Sternbuschs. – Archiv Stadt Kleve chen Terrasse und der Niederung des Ker-

66 67 dungen, Infotafeln für Besucher und mehr mal verstanden und dafür Halt und Unter- engagierte. Viele Fallbäume mussten aus stützung gesucht! Die ehem. kurfürstlichen dem Kermisdahl geholt werden, bevor die Parkanlagen sind europäische Gartenkunst Entschlammung möglich war, die Planung und Heimat zugleich – auch für unsere Nach- der Luisenbrücke und des Brückchens am bargemeinde Bedburg-Hau und die Bürger Flak. Die Landmarke Spitzberg wurde des Kreises Kleve! vermessen und mit Denkmalbehörden Die Konsequenz dieser wissenschaft­ begutachtet. Die Landmarke Kiek in de Pot, lichen Aussage muss auch im Alten Tiergar- Alleenstrukturen wurden wieder hergestellt Abb. 15. Birnenallee mit Blick auf die Stiftskirche Abb. 16. Am „Engen Hals“ mit Tagungsbesuchern ten wieder sichtbarer und erlebbar werden! – Foto Thomas Velten – Foto Mike Browne und einige von Wildwuchs befreite Aussich- Für Bürger und Besucher und das Ansehen ten erfreuen wieder Bürger und Besucher. Allerdings ist für das Erfassen der über- Beeindruckend die landschaftsprägende unserer Stadt gleichermaßen. Parkbänke, Geländer, Treppenanlagen, greifenden parkräumlichen Strukturen die bewaldete sichelförmige Hangkante als Die Parkanlagen von Schloss Het Loo sind Besucherinfostelen und Findlinge als Wege- Ergänzung des historischen Alleensystems Abschluss der Offenlandschaft der Galleien. übrigens zur gleichen Zeit wissenschaftlich hinweise für den Prinz-Moritz-Weg und den dringend erforderlich. untersucht und neu gestaltet worden wie der Viele Teilnehmer betonten, dass sie die Alten Tiergarten bereichern die Parkanlagen, Neue Tiergarten in Kleve. Uns freut, dass die Langfristig ist unter gartendenkmalpfle- Parkanlagen auf dieser Seite der Stadt Kleve ebenso entlang des Voltaire-Weges bis zum Akteure sich während der Forschungs- und gerischen Aspekten die Entwicklung der so noch nie aufgenommen und so noch nie Schloss Moyland. Galleien hin zu einer als Wiesen- bzw. Weide- gesehen hätten. Diese Anlagen seien ein Wiederherstellungs-Arbeiten 1976 gegen- Mit den Ehrenbürgern Karl Kisters, seiner land genutzten Fläche anzustreben. Alleinstellungsmerkmal für Kleve – gerade seitig besucht und dabei Wissen und Erfah- Frau Maria, und Pfarrer emer. Fritz Leinung die Niederländer lieben die Parkanlagen von rung ausgetauscht haben – ganz im Sinne waren gleich drei engagierte Klever an unserer Kleve sehr – sie wissen, dass Johann Moritz der Empfehlung der Niederrheincharta 2009 Seite, denen das Gesicht unserer Stadt und hier gewirkt hat. Sein landschaftsgestalten- – von der damals noch keine Rede war. der Pflegezustand der historischen Parkan- des Erbe wird länderübergreifend auch in Die Stadt Kleve und weitere Behörden lagen vor der Stadtsilhouette nicht egal den Niederlanden sehr geschätzt. haben wir in 15 Jahren Ehrenamt bei vielen waren. Der Besucheranreiz und das Wohl­ hoheitlichen Aufgaben zu Wiederherstellung befinden der Mitbürger in unserer einst so und Erhalt des Alten Tiergartens maßgeblich berühmten, gern bereisten schönen Stadt unterstützt: von der Projektplanung mit „Danke!“ sagt der Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering mit ihren landschaftsprägenden Parkanlagen Dokumentenbeschaffung, Abstimmungen, standen in großem Missverhältnis. 2008 Kostenzuschüssen bis zur Umsetzung und Ein Meilenstein ist mit dem Regionalforstamt Niederrhein, Bürger­meis­ bewirkte ein erneuter Bürgerantrag den öffentlicher Übergabe! Mit beteiligten Bür- „Parkpflegewerk Alter Tiergarten terin Sonja Northing – Stadt Kleve, Bürgermeis- Erhalt wesentlicher histor. Parkflächen im gern, Stiftungen, Förderern und Sponsoren, 2015“ erreicht! ter Peter Driessen – Gemeinde Bedburg-Hau,­ Landschaftsschutzgebiet entlang der Kalka- Helfern, Jugend- und Musikgruppen, Foto- Verwaltungsdirektor Dr. Hermann Reynders rer Straße vor der Stadtsilhouette. An der Erstellung des Parkpflegewerkes grafen, Heimatvereinen und Behördenvertre- für den Kreis Kleve sowie die örtliche und waren viele Akteure beteiligt: Besonders möchte ich allen Freunden im tern sind wir nun froh darüber, dass Anfra- überregionale Presse. Allen Referenten, Hermann von Ameln, Honorarkonsul der AK-Team Danke sagen! Trotz vieler Wider- gen zu Park-Verbesserungen nicht mehr Organisatoren, Helfern unserer Tagung Niederlande a.D. – Schirmherr des Alten stände haben wir unbeirrt an das erklärte erfolglos bleiben werden. Örtliche und über- „Klevisches Arkadien – Alter Tiergarten“ ein Tiergartens, Achim Röthig, Landschafts­ Ziel geglaubt: Wertschätzung und sichtbare regionale Presseberichte dokumentieren besonders herzliches Dankeschön für ihr architekt, Haan – Parkpflegewerk, Dr. Kerstin Pflege = Gleichstellung- und Gleichbehand- Bürgerstolz, Wertschätzung und Ermutigung ehrenamtliches Engagement mit uns! Walter – LVR-Gutachten, Petra Engelen – lung von „Alter Tiergarten vor der Stadt­ für unser Engagement. Fast 100 Besucher D/ LVR-Praktische Gartendenkmalpflege, Aus einem 2003 gestellten Bürgerantrag kulisse“ mit dem Neuen Tiergarten jenseits NL hatten sich – z.T. mit weiten Anfahrten – Wilhelm Dieden­hofen – Parkdokumenta­ entwickelte sich eine engagierte Bürgeriniti- der Stadtkulisse! zur Tagung angemeldet. Ratsvertreter aller tionen, Bert Thissen – Stadtarchiv Kleve, ative, die sich ehrenamtlich mit einem fach- Das Gartengesamtkunstwerk haben wir Parteien konnte Schirmherr Hermann von Hans-Karl Ganser und Joachim Böhmer – kundigen Team um nutzbare Wegeverbin- schon bald als Klever Alleinstellungsmerk- Ameln zu der vom Landschaftsverband

68 69 Rheinland geförderten Tagung am 14.9.2018 Prof. Dr. Jens Gebauer – Hochschule Museums für Europäische Gartenkunst Thomas Velten im Blauen Salon der Stadthalle Kleve begrü- Rhein-Waal Vorgetragen von Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering – Klevi- ßen! Ein klares Bekenntnis für mehr Wert- Hans Georg Hüttner – Vermessungsing. Prof. Dr. habil. Jens Gebauer scher Verein für Kultur und Geschichte e.V. schätzung und Pflege des Alten Tiergartens Luuk Keunen – Histor. Geograph Professor für Nachhaltigen Gartenbau Achim Röthig ist nun angesagt! Vizepräsident für Forschung und Landschaftsarchitekt BDLA, Haan. Autor Karl Kisters – Schlossermeister, Ein besonderer Dank an alle, die bei der Wissens­transfer – Hochschule Rhein-Waal, des Parkpflegewerkes Alter Tiergarten/ Unternehmer „großen Wende“ des fast verlorenen „Alten Kleve. Galleien Kleve 2015 mit Bestandsaufnahme Tiergartens“ vor der Klever Stadtsilhouette Rudolf Meiling – Statiker Bericht hierzu von und Entwicklungsszenarien im Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering mit- Roland Meyer – Kanuclub Kleverland Werner van Ackeren – Architekt ir. Luuk Keunen wirkten Alfred Nabers – Angelsportverein Kleve Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering – Historischer Geograph, Senior-Projektleiter Werner van Ackeren – Architekt Bernhard Schlüss, Deichverband Klevischer Verein für Kultur und RAAP, Zutphen, Niederlande Ludger Baumann – Landschaftsarchitekt Xanten-Kleve Geschichte e.V. Ludger Baumann Bernd Böseler - Vermessungsing. Horst Terfehr – Wasserbau-Ing. Dr. Kerstin Walter Landschaftsarchitekt Wissenschaftliche Referentin – Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering – Klevi- Klaus Brenneke – Comitato Dante Alighieri Thomas Velten – Sozialwissenschaftler LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, scher Verein für Kultur und Geschichte e.V. Kleve Dr. Wilhelm Wehren – Landwirtschafts­ Abtei Brauweiler, Pulheim Gerlinde Semrau-Lensing Michael Berndsen – Landwirtschaftskam- kammer, Riswick Gerlinde Semrau-Lensing Horst Terfehr mer, Haus Riswick Gerlinde Semrau-Lensing – Keramikerin, Sprecherin Arbeitskreis Kermisdahl- Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering – Klevi- Dieter Cammans – Konditormeister Sprecherin des Arbeitskreises Kermis- Wetering im Klevischen Verein für Kultur scher Verein für Kultur und Geschichte e.V. Hans Derksen – Kreisverband für dahl-Wetering im Klevischen Verein und Geschichte e.V. Heimatpflege Herzlich danken wir allen, die mitwirkten Willibrord Janßen – Dipl.-Ing. und mitwirken – auch den hier namentlich nicht Genannten! Karl Dieter Haas – Verkehrsplaner Buchvorstellung AK-Freunde, die nicht mehr unter uns sind, Karla Hartwig – Gartenbaulehre und ihr Wirken für den Halt unserer Bürgerbroschüre „Klevisches dem amphitheater-ähnlichen Halbrund Marco van Heys – Van Heys Studios, Park­anlagen bleiben unvergessen! Arkadien Alter Tiergarten/Galleien“ unterstützen diese wunderbare Vorstellung Meyerhof Dienstag 14.8.2018 um 11 Uhr mit herrlichen Aussichten – auch in die im Cafe Königsgarten 53, Kleve Ferne… Autorenverzeichnis Verfasser Wilhelm Diedenhofen „Klevisches Arkadien“ titelt die vorlie- Der Begriff „Alter Tiergarten“ umfasst die Ulrich Francken Rainer Hoymann gende Bürgerbroschüre und nimmt damit ehemals kurfürstlichen Parkanlagen um die Bürgermeister der Gemeinde Weeze, Vorsitzender des Klevischen Vereins für Bezug auf die Absicht des Fürsten Johann Schwanenburg, den ehemaligen Lustgarten Vorsitzender der Euregio Rhein-Waal Kultur und Geschichte e.V. Moritz von Nassau-Siegen, den Alten Tier- (heute Moritzpark), Sternbusch, Alter Park, Galleien, Berg und Tal mit Moritzgrab. Im Hermann von Ameln Bert Thissen garten und die Galleien als irdisches Para- Alten Tiergarten schuf Johann Moritz seine Honorarkonsul der Niederlande a.D., Historiker, Leiter des Stadtarchivs Kleve dies zu gestalten – mit reicher Flora und Fauna in der Ebene und auf den Höhen der ersten Parkanlagen für Kleve und als seine Schirmherr des Alten Tiergartens seit 2004 Prof. Dr. Stefan Schweizer – Professor für bewaldeten Endmoränen vor der Stadtsil- letzte: die Neue Fontäne vor dem Papenberg. Joachim Schmidt die Geschichte der Gartenkunst an der houette. Auch der Kermisdahl wird als klares Mit Text und Bild werden kulturinteres- Erster Stellvertretender Bürgermeister der Universität Düsseldorf Gewässer mit reichem Fischbestand sierte Bürger, Freunde von nah und fern, Stadt Kleve Wissenschaftlicher Vorstand der Stiftung gerühmt. Die natürlichen Gegebenheiten mit Rats- und Behördenvertreter und unsere Schloss und Park Benrath, Direktor des

70 71 niederländischen Nachbarn – anschaulich Es gelang, Bürger, Stiftungen, Behörden- informiert zur spannenden Kulturgeschichte vertreter und Institutionen für das gemein- unserer Stadt und Umgebung. same Gartenkulturerbe zu motivieren – denn: Die Informationen zu fachlich fundierten Bürger, Vereine, Institutionen, Verwaltun- Pflegeempfehlungen beziehen sich auf das gen und Ratsvertreter länderübergreifend Parkpflegewerk „Alter Tiergarten“ 2015, das wissen: Wir sind Teil der „Europäischen Landschafts­architekt Achim Röthig aus Haan Gartenkunst – beispielgebend, einzigartig, nun erstmals für den historischen Park unverwechselbar!“ Heimat! erstellte. Die empfohlenen Maßnahmen des Mit unseren niederländischen Nachbarn Landschaftsarchitekten Achim Röthig wurden und den beteiligten Behörden möchten wir: in laienverständlicher Form von Wilhelm Gemeinsames Kulturerbe erhalten! Diedenhofen interpretiert. Der Landschaftsverband Rheinland för- An allen bisher im Alten Tiergarten umge- derte: Druck des Parkpflegewerkes, Bürger- setzten Wiederherstellungs-Vorhaben ist der broschüre „Klevisches Arkadien“, Flyer „Der LVR beteiligt – auch die Untere Denkmalbe- Alte Tiergarten mit Maßnahmen, Druck der hörde der Stadt Kleve. Tagungsreferate vom 14.9.2018 in Kleve Gerlinde Semrau-Lensing, Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering im Klevischen Verein e.V.

Impressum

Titelbild: Ausschnitt aus „Die Stadt Kleve und ihre Parks“, Gefördert mit Mitteln der Regionalen Kulturförderung des 1829, P.M. Buyx Landschaftsverbandes Rheinland Hintergrundfoto: Christoph Frauenlob Partner: Herausgeber: Klevischer Verein für Kultur und Geschichte / Stadt Kleve Freunde der Schwanenburg e.V. – Arbeitskreis Kermis- Gemeinde Bedburg-Hau dahl-Wetering Regionalforst Niederrhein Kreis Kleve Redaktion: Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering Euregio Rhein-Waal Gerlinde Semrau-Lensing mit Unterstützung durch Petra Engelen – Landschaftsverband Rheinland Das Parkpflegewerk Alter Tiergarten Kleve, die Broschüre „Klevisches Arkadien“, sowie dieser Tagungsband Texte: s. Autoren bzw. Beteiligte „Experten-Tagung Alter Tiergarten“ sind im Internet herunterzuladen: Gestaltung: Christoph Frauenlob, Kleve www.klevischer-verein.de www.arbeitskreis-kermisdahl-wetering.de Bildmaterial: s. Referenten - Quellenangaben www.park-netzwerk.de www.park-netwerk.nl

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