© Tobias Koch Zusammenhalt stärken Leistungsfähigkeit undsozialen Koalition willwirtschaftliche Renten sichern Wohlstand und Mit Arbeitsplätzen erste Projekte inAngriff– Kein »Weiter so« Nach derWahl derKanzlerinnimmtdieKoalition an dieArbeit Mit Tempo Das MonatsmagazinderCDU/CSU-Bundestagsfraktion ·April2018

»Fraktion direkt« – Die App Jetzt downloaden Inhalt

3 11 18 Der Monat Der Gast Die Themen Annegret Kramp-Karrenbauer über die Für Gleichberechtigung – gegen 4 christdemokratische Positionsbestimmung ideologische­ Gleichmacherei Die Meinung 12 18 Michael Grosse-Brömer Die Themen Impressum Mit Arbeitsplätzen Wohlstand 5 und Renten sichern 19 Die Zahlen Die Bilder 16 6 Das Gespräch 20 Der Brennpunkt Johann David Wadephul über Russland Das Zitat Mit Tempo an die Arbeit nach der ­Präsidentenwahl

6 Die große Koalition will nach der Regierungs­ bildung zügig an die Arbeit gehen. Eines der wichtigsten Projekte, um die internationale Wettbewerbs­fähigkeit Deutschlands zu erhalten, ist die flächendeckende Digitalisierung. © Tobias Koch Koch © Tobias

12 Für die Arbeitsmarktpolitik verspricht der Koalitions­vertrag eine neue Dynamik und neuen Zusammenhalt. Arbeitnehmer werden durch verschiedene Maßnahmen entlastet. Die Sozial­ beiträge sollen insgesamt nicht über 40 Prozent steigen. © Jörn Buchheim/Shutterstock

18 Frauen genießen in Deutschland die gleichen Rechte

wie Männer. Trotzdem stoßen sie häufig an Grenzen, Stock © thodonal/Adobe vor allem in der Arbeitswelt. Deshalb ist es immer noch notwendig, für Gleichberechtigung zu kämpfen. Der Monat 3

Liebe Leserinnen und Leser, endlich – 171 Tage nach der Bundes- tagswahl – kann die große Koalition

die Arbeit aufnehmen. Mit dem nun Chaperon © Laurence unterzeichneten Koalitionsvertrag hat die Regierung eine gute Grundlage, auf die Herausforderungen zu reagieren, vor Volker Kauder denen Deutschland steht. Davon gibt es einige: Wir wollen die Wettbewerbsfä- Vorsitzender der CDU/CSU- Bundestagsfraktion higkeit Deutschlands erhalten, indem wir Forschung und Entwicklung fördern, indem wir die Digitalisierung massiv vorantreiben. Wir wollen den Rechtsstaat stärken, denn ohne Sicherheit keine Freiheit. Und wir wollen uns um die sozia- len Themen kümmern – vom bezahlbaren Wohnen über die Pflege bis zur Rente. In dieser Ausgabe von »Fraktion direkt« berichten wir über unsere Pläne für die nächsten Monate und die großen Projekte danach. Beides hat Bundes- kanzlerin in ihrer ersten Regierungserklärung vor dem – eine Woche nach ihrer Vereidigung – umrissen. Drei Tage lang haben wir in einer Generalaussprache des Bundestages unsere Vorhaben erläutert und disku- tiert. Nun können wir starten, nun müssen wir schauen, dass wir das verlorene halbe Jahr wettmachen. Wichtig ist uns dabei auch, dass wir Europa nach vorne bringen. Dafür müssen wir die Wachstumsimpulse in der EU stärken. Wir müssen Antworten geben auf die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Weiterentwicklung Europas. Nicht zuletzt der Streit mit den USA um Handels- zölle zeigt, wie sehr wir ein geeintes, handlungsfähiges Europa brauchen. Aber auch mit Blick auf den schwierigen Nachbarn Russland wird klar, wie nötig der Zusammenhalt in Europa ist. Präsident Putin ist in diesem Monat erneut im Amt bestätigt worden. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass er seinen machtbewussten und konfrontativen Regierungsstil ändern wird. Dazu äußert sich Johann David Wadephul im Interview. Im Heft greifen wir darüber hinaus den Bereich Arbeit und Soziales her- aus und beleuchten ihn näher. Denn wir planen eine Reihe von Verbesserungen für die Arbeitnehmer, beispielsweise indem wir den Solidaritätszuschlag für die allermeisten Steuerzahler abschaffen, indem wir die Beiträge zur Arbeitslosen- versicherung senken oder indem wir bei den Beiträgen zur Krankenversicherung zur Parität zurückkehren. Und wenn die Wirtschaft sich weiter so gut entwickelt wie bisher, wofür wir die Weichen stellen werden, dann können wir auch unser Ziel der Vollbeschäftigung bis zum Jahre 2025 erreichen.

Fraktion direkt – Das Monatsmagazin – April 2018 4 Die Meinung Wir können viel für unser Land erreichen Positives Echo für die Kanzlerin

ie »Westfälischen Nachrichten« sahen die Kanzle­ eigentum zu erwerben. Auch die Erhöhung des Kindergeldes, rin als stark und selbstbewusst, die »Süddeutsche des Kinderfreibetrags und des Kinderzuschlags kommt ganz Zeitung« lobte eine »furiose Rede für ein weltoffe­ unmittelbar Familien zugute. Von der Abschaffung des Solida­ nes Deutschland« und die »Berliner Zeitung« kon­ ritätszuschlages werden fast alle Steuerzahler in Deutschland Dstatierte, die Regierungschefin habe unmissverständlich klar­ profitieren, natürlich auch Familien. Und das gilt auch für die gemacht, dass sie die Richtlinien der Politik bestimmt: Die geplante Wohnraumoffensive, die das Ziel hat, den Bau von Regierungserklärung von Angela Merkel am 21. März fand 1,5 Millionen Wohnungen und Eigen­heimen zu ermöglichen. nicht nur in unserer Fraktion, sondern auch in vielen Medien All das soll geschehen ohne neue Schulden. Es ist ein ein sehr positives Echo. großer Erfolg der Union, dass der Bund seit 2014 keine neuen Nach der ungewöhnlich langen Regierungsbildung ist Schulden mehr aufgenommen hat. Uns ist es zu verdanken, es jetzt endlich so weit: Mit Angela Merkel an der Spitze wird dass dies auch in den nächsten Jahren so bleiben soll. Denn Deutschland wieder entschlossen re­ eine solide Finanz- und Haushalts­ giert. Die Prioritäten der Unionsfrak­ »Ganz besonders liegt politik ist für uns gelebte Generatio­ tion sind dabei klar. Wir wollen die nengerechtigkeit. Das gilt auch für wirtschaftliche Kraft Deutschlands uns die Förderung von die Herausforderungen­ in der EU. Es ebenso stärken wie den gesellschaft­ hat mich gefreut, dass im lichen Zusammenhalt und die Innere Familien am Herzen.« Bundestag gesagt hat, ein deutscher Sicherheit unseres Landes. Um diese Finanzminister bleibe ein deutscher Ziele zu erreichen, wurden im Koalitionsvertrag zahlreiche Finanzminister, »egal, welches Parteibuch er hat«. Die Uni­ Maßnahmen vereinbart, auf deren rasche Umsetzung wir als onsfraktion wird ihn tatkräftig dabei unterstützen, die größte Regierungsfraktion jetzt drängen werden. Tradition Wolfgang Schäubles sowohl in Deutschland als auch Ganz besonders liegt uns die Förderung von Familien auf europäischer Ebene fortzusetzen. am Herzen. Das auf Initiative von CDU und CSU beschlossene Rasch ans Werk gehen werden Regierung und Fraktion Baukindergeld wird es jungen Familien erleichtern, Wohn­ auch beim Thema Migration, das noch immer viele Menschen bewegt. Wir wollen so schnell wie möglich die im Koalitions­ vertrag vereinbarten zentralen Aufnahmestellen für Asyl­ bewerber einrichten, die sogenannten Anker-Zentren. Wer in Deutschland bleiben darf, erhält Hilfen zur Integration – und wessen Antrag abgelehnt wird, der muss zügig in seine ­Heimat zurückkehren. Die Unionsfraktion wird sich mit Nach­ druck dafür einsetzen, dass diese Grundsätze noch kon­ sequenter als bisher durchgesetzt werden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in den kommen­ den Jahren viel Gutes für unser Land erreichen werden und die Menschen dann sagen können: Es hat zwar lange gedau­ ert, bis die Regierung zustande kam, aber dann hat sie einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass Deutschland stärker, sicherer und gerechter wurde.

Michael Grosse-Brömer Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion © Tobias Koch © Tobias Die Zahlen 5 171 Tage hat die Regierungsbildung gedau­ ert – die längste in der Geschichte der Bundes­ republik. Doch die Mühe hat sich gelohnt. Am Ende steht ein Koalitionsvertrag von 177 Seiten, den die 3 Parteien CDU, CSU und SPD ausgehandelt haben. Er umfasst in 14 Kapi­ teln alle Vorhaben, die die Koalitionspartner in den kommenden 42 Monaten anfassen wol­ len. In den 100 Tagen bis zur Sommerpause soll unter anderem der Haushalt 2018 stehen, der die Grundlage für alle Ausgaben ist. Im Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel sitzen 15 Ministerinnen und Minister. 6 gehören der CDU an, 3 der CSU und 6 der SPD. 6 Ressortchefs sind Frauen und 9 sind Männer. Der jüngste ist mit 37 Jahren , der älteste mit 68 .

Fraktion direkt – Das Monatsmagazin – April 2018 © Tobias Koch ­Wiederwahl zurKanzlerin. Regierungserklärung nachder sagt AngelaMerkelinihrer ersten kann, wird digitalisiertwerden«, »Was immer digitalisiertwerden Der Brennpunkt 7

Mit Tempo an die Arbeit Nach der Wahl der Kanzlerin nimmt die Koalition erste Projekte in Angriff – Kein »Weiter so«

eutschland steht gut da: Die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosigkeit sinkt. Doch ein Selbstläufer ist das nicht. Deshalb will die neue große Koalition zügig die Weichen stellen, damit Deutschland auch in Zu- kunft wettbewerbsfähig bleibt – eine Voraussetzung für Wohlstand Dund sozialen Zusammenhalt. Schlüssel für die Wettbewerbsfähigkeit ist die Digi- talisierung. In ihrer ersten Regierungserklärung vor dem Bundestag sagte Bun- deskanzlerin Angela Merkel, ein »Weiter so« könne es nicht geben, weil sich die Welt eklatant verändere. Merkel, die bereits seit 2005 regiert, war Mitte März im Bundestag zum vierten Mal zur Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden. Sie steht zum dritten Mal an der Spitze einer Koalition mit der SPD. Angesichts der Regierungsbildung von einem halben Jahr drückt die große Koalition aufs Tempo. Nun sei es »an der Zeit, mit der Arbeit zu begin- »Jetzt wird geliefert.« nen«, hatte Merkel bei der Unterzeichnung des Koalitions- vertrages gesagt. CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder prognostizierte, dass der Bundestag bis zum Sommer einen vollen Kalender ha- ben werde. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer sagte: »Gut, dass wir wieder handlungsfähig sind. Jetzt wird geliefert.« Eines der ersten Dinge, die die Koalition in Angriff nehmen muss, ist die Verabschiedung des Haushalts 2018, der die Voraussetzung für die Umsetzung vieler weiterer Vorhaben ist. Er soll voraussichtlich im Mai vom Kabinett vorge- legt und bis zur Sommerpause im Parlament gebilligt werden. Der Fraktionschef kündigte an, dass die solide Haushaltspolitik der vergangenen Legislaturperiode fortgesetzt werde. Mit dem Budget werde man zeigen: »Es bleibt bei der schwar- zen Null.« Als dringlich bezeichnete Kauder vor dem Hintergrund knapperen Wohnraums und steigender Mieten außerdem die Ankurbelung des Wohnungs- baus und die Einführung eines Baukindergeldes für junge Familien. Auch die Kanzlerin zeigte sich in ihrer Regierungserklärung sensibel für soziale Themen. In der Gesellschaft sei trotz guter Wirtschaftslage die Sorge um die Zukunft gewachsen, die Angst vor sozialer Spaltung größer geworden, kons- tatierte sie. Die Bundesregierung müsse daher die Diskussionen so führen, »dass am Ende durch konkrete Entscheidungen der Zusammenhalt in unserem Land

Fraktion direkt – Das Monatsmagazin – April 2018 8 Der Brennpunkt

größer und nicht kleiner wird«. Als Aufgaben nannte sie in diesem Zusammen- hang die Bekämpfung von Kinderarmut und Altersarmut, die Stärkung von Fa- milien, die steuerliche Entlastung von Arbeitnehmern, Investitionen in die Pfle- ge und die Bildung, die Sicherung der Renten und die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im ganzen Land. Merkel betonte auch das Recht auf Religions- freiheit.

»Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen« Regeln für die Koalitionsarbeit

stand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.« Diese Klausel ist insofern bedeutsam, als nicht vorhersehbar ist, welche drängenden Fragen im Laufe der verblei­ benden dreieinhalb Jahre auftreten können. In den vergangenen Legislaturperioden hat es immer wieder überraschende, meist krisenhafte Situationen gegeben, die die jeweils miteinander regierenden Koalitionspartner gemeinsam meis­ tern mussten – etwa die globale Finanz- und Wirt­ schaftskrise, die Staatsschuldenkrise in einigen Euro-Staaten und die Flüchtlingskrise. Grundsätzlich streben die Koalitionspart­ ner in allen Verfahrens-, Sach- und Personalfra­ gen einen Konsens an. Bei Streitfragen und im Falle von Konflikten wird der Koalitionsausschuss © Tobias Koch © Tobias einberufen – ein Gremium, das zwar nicht in der Die Parteichefs, Fraktionschefs Verfassung verankert ist, das aber schon in ver­ und Generalsekretäre nach der Unter­ gangenen Wahlperioden gute Dienste geleistet zeichnung des Koalitionsvertrages hat. Im Koalitionsausschuss verhandeln in erster Linie die Parteichefs miteinander. Gegebenen­ DU, CSU und SPD gehen zum dritten Mal ein Regie­ falls ziehen sie die Fraktionschefs hinzu sowie die General­ rungsbündnis unter der Führung von Bundeskanzlerin sekretäre der Parteien. Auch Fachminister können je nach CAngela Merkel ein. Auch wenn sich die drei Partner Thema mit von der Partie sein. schon gut kennen, haben sie ihre politischen Vorhaben für die Im Mittelpunkt des politischen und gesellschaftlichen laufende Wahlperiode im Koalitionsvertrag minutiös festge­ Diskurses steht aber der Bundestag. Um dies hervorzuheben, schrieben. Auf 177 Seiten haben sie zahlreiche Projekte defi­ haben die Koalitionspartner einige Neuerungen vereinbart. So niert – von neuen Initiativen für Europa über die Offensive für werden die Fraktionen zweimal jährlich zu national und interna­ Bildung, Forschung und Digitalisierung bis zu Investitionen in tional relevanten Themen sogenannte Orientierungsdebatten die Infrastruktur, vom Maßnahmenpaket für die Innere Sicher­ führen. Auch die Bundeskanzlerin soll dreimal pro Jahr im Deut­ heit über die Steuerung der Migration bis zur Unterstützung für schen Bundestag befragt werden können, wie sie bestimmte Familien. Im letzten Kapitel des Vertrages haben die Koalitions­ Aufgaben angehen will. Schließlich soll die Regierungsbefra­ partner jedoch auch Regeln für die Arbeitsweise der Regierung gung neu strukturiert werden. Bislang haben die Abgeordneten und der Fraktionen festgelegt. in Plenarwochen mittwochs nach der Kabinettssitzung die Gele­ So bekennen sie sich dazu, dass die Koalitionsfraktionen genheit, Regierungsvertreter eine gute halbe Stunde lang zu im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien ein­ Themen von allgemeinem Interesse zu befragen. Das Thema heitlich abstimmen. »Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegen­ bestimmt jedoch in erster Linie die Regierung. Der Brennpunkt 9

»Wir müssen die wirtschaftliche­ Wett­ bewerbsfähigkeit erhalten«, mahnt Unionsfraktionschef

Volker Kauder. Koch © Tobias

Voraussetzung dafür, dass die Bundesregierung ihre sozialen Aufgaben bewälti- gen kann, ist allerdings eine prosperierende Wirtschaft. Nur so lasse sich Vollbe- schäftigung bis 2025 erreichen, sagte Merkel. »Es ist nicht garantiert, dass wir in fünf oder zehn Jahren wirtschaftlich so gut dastehen wie heute.« Auch Volker Kauder mahnte in der anschließenden Debatte: »Wir müssen die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit erhalten.« Verteilen könne man nur das, was zuvor erwirt- schaftet worden sei. Zentraler Punkt für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit ist die Digitali- sierung. »Was immer digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden«, sagte Merkel voraus. Dabei geht es nicht nur um die Umstellung von Produktionspro- zessen in der Industrie, sondern beispielsweise auch um Vernetzung von Daten in der Medizin, die Einführung von Bürgerportalen in der Verwaltung oder die Anbindung von Schulen ans Netz. Damit dies alles gelinge, müssten die Ausgaben für Forschung und Ent- wicklung von 3,0 auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gesteigert werden, forderte die Kanzlerin. Kauder ergänzte: »Die steuerliche Forschungsförderung muss rasch kommen.« Sie müsse ebenfalls eine der ersten Maßnahmen sein, die die große Koalition in den nächsten Monaten beschließe. Der Vorsitzende der CSU im Bundestag, , sagte, man nehme zehn Milliarden Euro für die Digitalisierung in die Hand. Nur so bestünden »Chancen auf ein Wirtschaftswunder 4.0«. »In unserem Land Voraussetzung für die flächendeckende Digitalisie- rung ist unter anderem der Ausbau des Glasfasernetzes, geht vieles viel zu aber auch die Einführung des schnellen Mobilfunks 5G. In dem Zusammenhang bemängelte Kauder: »In unserem langsam voran.« Land geht vieles viel zu langsam voran.« Deshalb brauche man schnell auch das im Koalitionsvertrag vereinbarte Planungsbeschleuni- gungsgesetz. Damit die Wirtschaft die nötigen Fachkräfte zur Bewältigung der Digitalisierung bekomme, forderte Kauder Aus- und Weiter­bildung in großem Umfang. Bei dem fundamentalen Wandel der Arbeitswelt komme es darauf an,

Fraktion direkt – Das Monatsmagazin – April 2018 10 Der Brennpunkt dass niemand zurückbleibe. Die Bedeutung des Fachkräfte- Damit sich die Notlage von 2015 nicht wiederholt, ist auch zuwanderungsgesetzes sollte man indes nicht überschät- die Europäische Union gefragt. »Europa kann seinen Raum zen, mahnte er. der Freizügigkeit nur erhalten, wenn es in der Lage ist, seine Außengrenzen zu schützen und zu sichern«, sagte die Kanz- Mehr Personal für Polizei und Justiz lerin. »Ohne sichere Grenzen nach außen, kann es keine offenen Grenzen nach innen geben«, betonte auch Dobrindt. Große Bedeutung misst die Unionsfraktion dem »Pakt für Die Zugehörigkeit zur EU bezeichnete Merkel als den Rechtsstaat« zu. Bei Polizei und Justiz soll mehr Perso- Glücksfall für Deutschland. Nur im Verbund könnten die nal eingestellt werden, damit das Recht überall durchge- Mitgliedstaaten die gemeinsamen Werte und Interessen setzt werden kann – in den Gerichten, auf den Schulhöfen, verteidigen. Dies zeige sich gerade am Handelsstreit mit im öffentlichen Raum. Vorgesehen sind 7.500 neue Stellen den USA. Auch Volker Kauder sagte: »Alleine werden wir es bei den Sicherheitsbehörden des Bundes und 2.000 neue nicht schaffen.« Nur Europa gemeinsam könne auf der Richterstellen. Dobrindt gab im Bundestag ein »klares Be- Weltbühne auf Augenhöhe mit den USA, Russland oder kenntnis zu einem starken Staat« ab. Unionsfraktionschef China agieren, gab Dobrindt zu bedenken. Kauder machte deutlich: »Zur Freiheit gehört Sicherheit.« Der Unionsfraktion ist auch das Bekenntnis zum Was die Lehren aus der Flüchtlingskrise angeht, so transatlantischen Bündnis wichtig. Damit Deutschland ein darf sich nach Auffassung der Unionsfraktion eine »huma- verlässlicher Partner innerhalb der EU und der NATO blei- nitäre Ausnahmesituation« wie 2015 nicht wiederholen. ben kann, muss die Koalition die Ausgaben für Verteidi- Zwar wird man Menschen in Not auch künftig Schutz ge- gung ihrer Auffassung nach erhöhen, ebenso wie die für währen. Doch »diejenigen, die kein Aufenthaltsrecht ha- Entwicklungshilfe. Im Sinne des vernetzten Ansatzes von ben, müssen das Land schnellstmöglich wieder verlassen«, Diplomatie, Militär und Entwicklungspolitik gehört beides forderte der Unionsfraktionschef. Die Verfahren würden zusammen. Dobrindt unterstrich, dass es nicht um Aufrüs- künftig in sogenannten Anker-Zentren beschleunigt voran- tung gehe, wenn Deutschland das NATO-Ziel für die Vertei- getrieben. Das Beste sei allerdings, digungsausgaben in Höhe von zwei wenn Menschen sich erst gar nicht auf Prozent des Bruttoinlandsprodukts er- die Flucht begeben müssten, wenn »Ohne sichere Außen­ füllen wolle. Vielmehr gehe es um eine man Schleppern und Schleusern das grenze keine offenen modern ausgerüstete, einsatzfähige Handwerk lege. . Binnengrenzen.«

Unionsabgeordnete applaudieren der Kanzlerin nach der Regierungs­ erklärung. © Tobias Koch © Tobias Der Gast 11 »Ein Stück politischer ­Normalität kehrt zurück« Von Annegret Kramp-Karrenbauer, Generalsekretärin der CDU Deutschlands

ie neue Regierungskoalition steht unter dem Motto: »Ein neuer Aufbruch für Europa. Eine neue Dynamik für DDeutschland. Ein neuer Zusammenhalt für unser Land«. Schon der Titel des Koali- tionsvertrages zeigt, dass Union und SPD zwar faktisch ›weiter‹ zusammen regieren, aber die Ausgangslage im Jahre 2018 eine andere ist als noch 2013. Die CDU hat auf ihrem Parteitag in Berlin einen Programmprozess eingeläu- tet, der unser Grundsatzprogramm für die Zukunft aufstellen soll. Als wir unser ak- tuell gültiges Programm verabschiedet ha- ben, waren Smartphones eine seltene Aus- nahme. Begriffe wie Sharing Economy oder Industrie 4.0 waren nur etwas für

eingeweihte Spezialisten, und nach der Chaperon © Laurence weitgehenden Befriedung des Balkans wa- ren Fluchtbewegungen und damit einhergehende Integra- aufzustellen. Dabei dürfen wir nicht dem Irrtum unterlie- tionsprobleme in unserem Land kaum ein Thema. Auch die gen, dass im Jahr 2018 all die Herausforderungen abzuse- Eurokrise oder die Möglichkeit, dass das Vereinigte König- hen wären, vor welchen Deutschland in zehn oder zwanzig reich den Austritt aus der Europäischen Union beschließen Jahren stehen könnte. Nur im kontinuierlichen Ringen um könnte, waren damals weitestgehend unvorstellbar. gute Politik, in der Debatte und in der konstruktiven Dis- Nun ist das Grundsatzprogramm einer Partei nicht kussion zwischen allen Ebenen der Partei und ganz beson- dazu da, konkrete Lösungen für alltägliche Probleme zu fin- ders auch mit der Unionsfraktion können wir Volkspartei den. Dies ist vielmehr die Aufgabe unserer Mandatsträger, im besten Sinne bleiben. sei es vor Ort im Stadtrat oder eben als Mitglieder des Deut- Dass wir mehr als drei Viertel aller Wahlkreise als schen Bundestages. Ein Grundsatzprogramm muss daher Union direkt gewonnen haben, ist ein deutliches Zeichen weniger als präzise Wegbeschreibung, sondern vielmehr für die hervorragende Arbeit, die unsere Bundestagsabge- als Kompass verstanden werden. Es muss uns einen Rah- ordneten vor Ort für die Menschen leisten. Als General­ men geben, in dem wir die Antworten auf immer neue Fra- sekretärin der CDU Deutschlands, die nicht Mitglied des gen geben. Deutschen Bundestages ist, ist mir der Austausch mit den Von den 246 Abgeordneten der Fraktion sind 231 di- Abgeordneten der Unionsfraktion sehr wichtig. Sowohl rekt gewählte Abgeordnete eines Wahlkreises. Dies zeigt durch gesetzgeberische Expertise als auch durch den die enge Verbundenheit unserer Volksparteien CDU und täglichen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern vor CSU mit den Menschen vor Ort. Sie, die Abgeordneten des Ort in den Wahlkreisen sind Sie ein wichtiger Ratgeber Bundestages, haben durch die Wahl am 24. September 2017 für die nun anstehende christdemokratische Positions­ von den Menschen in unserem Land eine besondere Ver- bestimmung. antwortung übertragen bekommen. Ihr politisches Mandat Nach der Wahl von Angela Merkel zur Bundeskanz- fordert Sie dazu auf, bis zum Ende der 19. Wahlperiode den lerin und dem Beginn der Regierungsarbeit der neuen Willen der Bürgerinnen und Bürger in konkrete Gesetzge- schwarz-roten Koalition, kehrt ein Stück politischer Nor- bung und politische Entscheidungen umzusetzen. Dabei malität in die Arbeit von Unionsfraktion und Partei zurück. spielen Sie auch für die Parteien eine wichtige Rolle. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die richtigen Die CDU wird die kommenden Monate nutzen, um Fragen zu stellen und die Werte, die die Union ausmachen, sich mit einem neuen Grundsatzprogramm für die Zukunft politisch zu gestalten.

Fraktion direkt – Das Monatsmagazin – April 2018 12 Die Themen

Mit Arbeitsplätzen Wohlstand und Renten sichern Koalition will wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und sozialen Zusammenhalt stärken

Die Sozialbeiträge sollen nach dem Willen der Unions­ fraktion insgesamt nicht über 40 Prozent steigen. © Firma V/Shutterstock © Firma Die Themen 13

eben einem Aufbruch für Europa verspricht der Union war es in den Koalitionsverhandlungen sehr wich- Titel des Koalitionsvertrages von CDU, CSU und tig, dass die Sozialbeiträge insgesamt nicht über 40 Prozent SPD neue Dynamik und neuen Zusammenhalt steigen. für Deutschland. Das gilt auch und ganz beson- Für den neu gewählten Chef der Arbeitnehmergrup- dersN für die Arbeits- und Sozialpolitik. »Der Vertrag enthält pe der Fraktion, (CDU), steht der Koaliti- zahlreiche Vorhaben, die sowohl für die aktiven Arbeitneh- onsvertrag gleichermaßen für Aufbruch wie für Kontinui- mer als auch für Menschen, die aus unterschiedlichen tät: »Aufbruch ist notwendig bei einer weiteren Stärkung Gründen nicht oder nicht mehr arbeiten, große Verbesse- der Inneren Sicherheit sowie bei Integration, Bildung und rungen mit sich bringen«, sagt Peter Weiß, Sprecher der Digitalisierung. Kontinuität brauchen wir bei der starken Arbeitsgruppe für Arbeit und Soziales der Unionsfraktion. Wirtschaft, dem stabilen Arbeitsmarkt, dem soliden Bun- Die Union habe aber auch darauf geachtet, »dass mit deshaushalt und unseren hohen Sozialstandards.« dem Koalitionsvertrag nicht nur der soziale Zusammen- Von zentraler Bedeutung ist für die Unionsfraktion, halt, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen dass sich im Koalitionsvertrag das Bekenntnis zum Ziel der Wirtschaft gestärkt werden«, betont Weiß (CDU). Als Bei- Vollbeschäftigung wiederfindet. »Dazu gehört auch«, so spiel nennt der ehemalige Chef der Arbeitnehmergruppe heißt es im Vertrag, »dass Menschen, die schon sehr lange der CDU/CSU-Fraktion die geplante Senkung des Beitrags arbeitslos sind, wieder eine Perspektive auf dem Arbeits- zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozentpunkte, was markt eröffnet wird.« Mit einem ganzheitlichen Ansatz, der sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer entlastet. die betroffenen Familien in den Blick nimmt, will die Koa- »Wenn es nach mir geht, sollte diese Beitragssenkung lition die Qualifizierung, Vermittlung und Reintegration schon zum 1. Juli 2018 in Kraft treten«, sagt Weiß. Für die von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt vorantrei- ben. »Deutschland ist erfolgreich, aber nicht jeder in Deutschland hat in gleichem Maße Anteil an diesem Er- folg«, sagt der CSU-Arbeitsmarktexperte . »Dies wollen wir ändern, gerade in der Arbeitsmarktpoli- tik.« Die Unionsfraktion setze dabei »auf Aktivierung statt Alimentierung, auf Anreize statt Verbote und auf das Mot- to: Privat vor Staat«, betont Stracke. Nicht bei allen Langzeitarbeitslosen wird es gelin- gen, ihnen direkt eine Beschäftigung im ersten Arbeits- markt zu ermöglichen. Daher haben sich die künftigen Ko- alitionsparteien entschlossen, für die Teilhabe am Arbeits- markt unter anderem ein neues unbürokratisches Instrument zu schaffen. Das Konzept schließt Arbeitgeber der freien Wirtschaft, gemeinnützige Einrichtungen und Kommunen ein. Zugutekommen soll es bis zu 150.000 Menschen. Die Finanzierung »Aufbruch und erfolgt über den Eingliederungstitel, der im Zeitraum von 2018 bis 2021 um vier Mil- Kontinuität sind liarden Euro aufgestockt wird.

gleichermaßen Reformen »mit Augenmaß« wichtig.« Im Koalitionsvertrag wurde auch festge- legt, dass die Möglichkeiten für die sach- grundlose Befristung von Beschäftigungsverhältnissen eingeschränkt werden – allerdings »mit Augenmaß«, wie Peter Weiß erklärt. So können Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten in Zukunft nur noch maximal 2,5 Prozent der Anstellungsverträge sachgrundlos befristen. Auch wird die Befristung ohne sachlichen Grund in Zukunft nur noch für die Dauer von 18 statt wie bislang 24 Monaten zulässig sein. Uwe Schummer weist darauf hin, dass die Eindämmung des Missbrauchs von befristeten Arbeitsverhältnissen schon im Regierungsprogramm von CDU und CSU gefor- dert wurde. Ein sinnvoller Kompromiss wurde auch beim Rück- kehrrecht von einer Teilzeit- zu einer Vollzeitbeschäftigung gefunden. Ziel ist es, dass vor allem Frauen nach einer Fa- milienphase ihre beruflichen Pläne wieder voll verwirkli-

Fraktion direkt – Das Monatsmagazin – April 2018 14 Die Themen

Unternehmen bei der Weiterbildung am Zug über Fachkräftemangel und notwendige Innovationen

schaftliche Opportunität. Integrationsfähigkeit und -bereitschaft sind für den gesellschaftlichen Zusam­ menhalt zentral.

Im Zuge der Digitalisierung müssen die Arbeit­ nehmer stetig fortgebildet werden. Ist das eher eine Aufgabe für den Staat oder die Unter­ nehmen? Hirte: Hier sehe ich in erster Linie die Unternehmen am Zug. Sie sind viel näher dran an den technischen Veränderungen und dem Weiterbildungsbedarf. Und sie haben ein ureigenes Interesse daran, dass sich Mitarbeiter fortbilden. Im Umkehrschluss heißt das: Wir werden sehr genau prüfen, wie die Weiterbil­ dungs­beratung bei der Bundesagentur für Arbeit ausgestaltet werden soll, die der Koalitionsvertrag vorsieht. Was die Unternehmen regeln können, soll der Staat nicht in die Hand nehmen.

Nur wenn Firmen offen sind für Innovationen, können sie dauerhafte Arbeitsplätze schaffen. Wie kann man die Innovationsfähigkeit gerade kleiner und mittlerer Unternehmen sichern? Hirte: Das geht nur mit einem Bündel an Maßnah­ © Jan Kopetzky men. So müssen wir mit weniger Bürokratie, guter Christian Hirte Infrastruktur, ausreichend Fachkräften, bezahlbaren Parlamentarischer Staatssekretär beim Energiepreisen dafür sorgen, dass die Unternehmen Bundesminister für Wirtschaft und Energie Spielräume für Innovationen haben. Hinzu kommen gezielte Förderansätze, etwa über Steuererleichte­ rungen. Und es ist gut, dass Förderprogramme wie err Hirte, die Wirtschaft klagt seit Langem über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand in der Koaliti­ Fachkräftemangel. Woher sollen die Fachkräfte onsvereinbarung weiter gestärkt wurden. Hkommen? Hirte: Auf Initiative der Union hat sich die Koalition auf einen Wie kann man Unternehmen in den ländlichen Raum lo­ dreistufigen Ansatz verständigt. Erstens müssen wir das Fach­ cken, etwa in strukturschwache Gebiete Ostdeutschlands? kräftepotenzial im Land besser nutzen – zum Beispiel, indem Hirte: Die dezentrale Struktur gehört zu den großen Vorzügen wir die berufliche Bildung, die Vereinbarkeit von Familie und der deutschen Wirtschaftslandschaft. Wir haben viele Welt­ Beruf und das Arbeiten im Alter erleichtern. Zweitens sollten marktführer in der Provinz. Trotzdem gibt es eine Kluft zwi­ wir die Fachkräftepotenziale innerhalb der EU voll ausschöp­ schen starken und strukturschwachen Regionen – vor allem, fen. Die Kandidaten haben oft hervorragende Qualifikationen was die Digitalisierung angeht. Die wollen wir verringern. und integrieren sich gut. Drittens brauchen wir auch Fachkräfte­ A und O ist sicher ein ambitionierter Breitbandausbau. Ohne zuwanderung aus Drittstaaten, also aus Ländern jenseits der große Bandbreiten wird schon eine Tischlerei in ein paar Jahren EU. Zwar ist der Rechtsrahmen schon ganz gut, aber das Mar­ nicht mehr lebensfähig sein. Darüber hinaus werden wir uns keting verbesserungsfähig. Deshalb müssen wir diejenigen der Regional- und Strukturförderung verstärkt widmen. Im Ge­ ­Talente, die wir brauchen, gezielter ansprechen. Wichtig ist mir: gensatz zu anderen Staaten werden wir nicht zulassen, dass es Es geht bei der Fachkräftezuwanderung nicht nur um volkswirt­ dauerhaft abgehängte Regionen gibt. Die Themen 15

»Arbeit soll sich lohnen, auch im chen können. Die Einigung sieht allerdings Eine wichtige Verbesserung wird es auch vor, dass das neue Rückkehrrecht nur für Rentenrecht.« für Menschen geben, die in ihrem Leben Unternehmen gilt, die in der Regel mehr über lange Zeit sozialversicherungspflich- als 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen. Für tig beschäftigt waren und im Alter trotzdem auf die Grund- Unternehmensgrößen von 46 bis 200 Mitarbeitern wird sicherung angewiesen sind. Wer Beitragszeiten für die eine Zumutbarkeitsgrenze eingeführt, nach der lediglich Sozialversicherung von mindestens 35 Jahren vorweisen einem von 15 Mitarbeitern ein solcher Anspruch gewährt kann, hat in Zukunft Anspruch auf eine Grundrente, die um werden muss. zehn Prozent über der Grundsicherung liegt. »Arbeit soll sich lohnen, auch im Rentenrecht«, sagt Uwe Schummer. Rentenniveau und Beiträge stabil halten Kindererziehungs- oder Pflegezeiten werden bei Prüfung eines Anspruchs auf die Grundrente angerechnet. Wichtige Festlegungen finden sich im Koalitionsvertrag auch zur Rentenpolitik. Es gibt substanzielle Verbesserun- Kampf gegen Kinderarmut verstärken gen bei der Erwerbsminderungsrente und der Mütterrente. Zugleich wird das Niveau der gesetzlichen Rente bis 2025 Nicht zuletzt will die Koalition auch den Kampf gegen die bei 48 Prozent festgeschrieben. Für den Beitragssatz gilt Kinderarmut verstärken. So wird das Bildungs- und Teilha- eine Deckelung bei 20 Prozent. »Wir wissen, dass eine gute bepaket für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen wirtschaftliche Entwicklung der entscheidende Faktor für effizienter und unbürokratischer als bisher gestaltet. Bei- eine weiterhin positive Entwicklung der Renten ist«, sagt spielsweise wird das Schulstarterpaket aufgestockt. Das Peter Weiß. »Deshalb achten wir als Union nicht nur auf Programm der Assistierten Ausbildung, das sich an Jugend- das Verteilen, sondern immer auch auf das Erwirtschaf- liche mit schweren Startbedingungen richtet, wird um zwei ten.« Stephan Stracke bringt es auf die Formel: »Gute Ar- Jahre verlängert. Schließlich steht die Gruppe der schwer beitsmarktpolitik ist die beste Rentenpolitik.« erreichbaren Jugendlichen im Fokus. Ab 2019 werden 50 Nachdem auf Druck der Union 2014 bereits zwei Ren- Millionen Euro jährlich zur Verfügung gestellt, um sie zu- tenpunkte für Frauen eingeführt wurden, die vor 1992 Kinder rück in Schule und Ausbildung zu holen. geboren haben, legt die Koalition jetzt nach. So vereinbarten »Alles in allem«, so Peter Weiß, »bietet der Koaliti- die Koalitionspartner, dass diejenigen Mütter, die vor 1992 onsvertrag ein sehr gutes Fundament, um in Deutschland drei und mehr Kinder geboren haben, pro Kind einen weite- sowohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als auch den ren Entgeltpunkt in der Rentenversicherung erhalten. sozialen Zusammenhalt zu stärken.«

Im Koalitionsvertrag sind ­substanzielle Verbesserungen bei der Erwerbsminderungs­ rente und der Mütterrente vorgesehen. © oneinchpunch/Shutterstock

Fraktion direkt – Das Monatsmagazin – April 2018 16 Das Gespräch

»Es kommt auch eine Zeit nach Putin« Johann David Wadephul über Russland nach der Präsidentenwahl

usslands Präsident Wladimir Putin und strukturellen Reformen, nicht bereit. Denn die ist im März für weitere sechs Jahre würden sein Regime infrage stellen. Also wird es im Amt bestätigt worden. Über weitere Jahre von Stagnation, von grassierender Moskaus geopolitische Rolle und Korruption und ausufernder Bürokratie geben. RRseine Ambitionen sowie über sein Verhältnis Aber es kommt auch eine Zeit nach Putin. Darauf zu Europa sprach »Fraktion direkt« mit dem sollten wir uns schon jetzt vorbereiten und nach stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU- neuen Möglichkeiten einer Kooperation suchen. Die Bundestagsfraktion, Johann David Wadephul. russische Gesellschaft ist vielschichtiger, als die ­russische Führung glauben machen will. Wir sollten Herr Wadephul, seit 1999 ist Putin ununter- dieser Gesellschaft mit mehr Offenheit begegnen. brochen an der Macht – als Ministerpräsident oder als Präsident. Warum hat die Opposition Welche Bedrohung geht von Russland für die in Russland keine Chance? östlichen NATO-Staaten, also das Baltikum Wadephul: Die russische Führung hat Angst, dass es und Polen, aus? in Russland wie in der Ukraine – wir erinnern uns an Wadephul: Lassen Sie uns lieber sagen: das sicher­ die erfolgreiche Maidan-Revolution Anfang 2014 – heitspolitische Verhalten Russlands gegenüber dem zu einem Regime-Wechsel kommen könnte. Immer­ gesamten Westen ist immer besorgniserregender hin hatte es ja auch in Russland geworden. Wir erleben Russland Ende 2011, Anfang 2012 große »Niemand hat als ein Land, das fortgesetzt ge­ Demonstrationen gegen das Re­ gen internationale Regeln ver­ gime gegeben. Seit seinem er­ ­Interesse an stößt. Beispiele dafür sind die neuten Amtsantritt als Präsident Annexion der Krim, die militäri­ vor sechs Jahren, vor allem aber ­einem neuen Ost- sche Intervention in der Ost­ seit dem Umsturz in Kiew hat ukraine, der Krieg in Syrien, die Putin mit Gesetzen und Ein­ West-Konflikt.« Drohung mit neuen Nuklearwaf­ schüchterungen alles getan, um fen und die mutmaßliche Verlet­ die Opposition zu marginalisieren. Und der wich­ zung des INF-Vertrages. Mit größter Wahrschein­ tigste Oppositionspolitiker, Alexej Nawalny, durfte lichkeit ist Russland auch für den Nervengift-­ an den Wahlen am 18. März nicht teilnehmen – auch Anschlag auf einen ehemaligen russischen Agenten wenn man einräumen muss, dass er gegen Putin und seine Tochter verantwortlich. keine Chance gehabt ­hätte. Zudem ist es Putin ge­ Wir würden uns wünschen, dass Präsident lungen, von den erheblichen Defiziten im Inneren Putin seine neue Amtszeit für einen Kurswechsel durch Machtdemonstrationen auf außenpolitischer nutzt, um die Beziehungen zum Westen deutlich zu Ebene abzulenken. verbessern. Denn eine engere Zusammenarbeit liegt im beiderseitigen Interesse. Das allerdings Wie es aussieht, muss der Westen bis 2024 setzt einen außenpolitischen Paradigmenwechsel mit dem schwierigen Partner Putin auskom- der russischen Politik voraus. Kurzum: Niemand hat men. In welche Richtung wird sich Russland ein Interesse an einem neuen Ost-West-Konflikt. Ihrer Meinung nach entwickeln? Aber solange der Kurswechsel nicht kommt, muss Wadephul: Ja, so sieht es aus. Ich fürchte, Putin ist der Westen achtsam und widerstandsfähig sein und zu einem Kurswechsel im Inneren, also zu politischen geschlossen agieren. Das Gespräch 17

Kann es in absehbarer Zeit zur Aufhebung Sie sagten, es gebe Anzeichen, dass Moskau der EU-Sanktionen gegen Moskau kommen? gegen den INF-Vertrag von 1987 verstößt, der Wadephul: Solange es nicht den gerade erwähnten Russland und die USA zur Abschaffung aller außenpolitischen Paradigmenwechsel gibt: eindeu­ landgestützten Mittelstreckenraketen ver- tig Nein! Wir haben die Voraussetzungen für eine pflichtet. Besteht die Gefahr eines neuen ato- Aufhebung der Sanktionen im Koalitionsvertrag klar maren Wettrüstens in Europa? festgeschrieben: In der Ostukraine brauchen wir ei­ Wadephul: Wir werden jedenfalls alles tun, um das nen Waffenstillstand und den Abzug schwerer Waf­ zu verhindern. Deshalb setzen wir uns nachdrück­ fen. Falls eine Blauhelmtruppe in die Ostukraine lich für den Erhalt des INF-Vertrages ein. Wir haben entsandt werden soll, muss sie sich frei bewegen Russland aufgefordert, endlich nachzuweisen, dass können und die Grenze nach Russland kontrollieren es sich an den Vertrag hält, wie es immer behaup­ dürfen. tet, oder – falls dies nicht der Fall ist – zur Ver­ tragstreue zurückzukehren. Inzwischen gibt es auch Wie beurteilen Sie die Rolle Russlands in in den USA Überlegungen, hier in Europa gegebe­ Syrien?­ nenfalls mit amerikanischen landgestützten Mittel­ Wadephul: Nur dem Anschein nach hat Russland in streckenraketen einem russischen Vertragsbruch Syrien eingegriffen, um das Terrornetzwerk IS zu entgegenzutreten. Das ist aber absolut nicht unser bekämpfen. Tatsächlich geht es Moskau darum, das Interesse! Ein Bruch des INF-Vertrages hätte zudem Assad-Regime zu sichern. Wir wissen, dass Russland erhebliche negative Auswirkungen auf andere Ab­ dem verbündeten Machthaber Assad bei dessen äu­ rüstungsverträge. Ein neues atomares Wettrüsten ßerst brutalen Luftschlägen gegen syrische Bürger wäre die Folge. Doch wir brauchen nicht noch wei­ in Ost-Ghouta oder zuvor in Aleppo mit seiner eige­ tere Herausforderungen für unsere Sicherheit. nen Luftwaffe assistiert hat. Und Russland hat auch nichts dagegen unternommen, dass das Assad-Re­ gime Chemiewaffen eingesetzt hat. Auch darum Bundestagsdrucksache 19/956 habe ich davon gesprochen, dass Russland interna­ tionale Regeln verletzt.

Johann David Wadephul Stellvertretender Vor­ sitzender der CDU/CSU- Bundestags­fraktion © Tobias Koch © Tobias

Fraktion direkt – Das Monatsmagazin – April 2018 18 Die Themen Für Gleichberechtigung – gegen ideologische Gleichmacherei Politikerinnen der Unionsfraktion zum Weltfrauentag

daran, was die Koalition in der vergangenen Wahlperiode für Frauen getan hat, darunter Erleichterungen bei der Ver- einbarkeit von Familie und Beruf durch den Ausbau der Kinderbetreuung, eine bindende Quote für Frauen in Füh- rungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentli- chen Dienst. Das Entgelttransparenzgesetz ermöglicht es Frauen zu erfahren, was Männer in vergleichbaren Positio- nen ihres Unternehmens verdienen. Durch die Reform des Sexualstrafrechts wurde der Grundsatz festgeschrieben: »Nein heißt Nein.« Für die laufende Legislaturperiode haben Union und SPD im Koalitionsvertrag einen Aktionsplan zur Verwirkli- chung einer ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie geplant. Beim Ziel, mehr Frauen in Führungspositionen zu

© Chinnapong/Shutterstock bringen, soll der Öffentliche Dienst eine Vorbildfunktion übernehmen. Eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Leitungspositionen des Öffentlichen Diens- eit 100 Jahren gibt es in Deutschland das Frauen- tes wird bis 2025 angestrebt. Um die Lohnlücke zwischen wahlrecht. Frauen genießen hierzulande die glei- Männern und Frauen zu schließen, müssten typische Frau- chen Rechte wie Männer. Es scheint eine pure enberufe – zum Beispiel in der Pflege – aufgewertet werden. Selbstverständlichkeit zu sein, dass sie ihr Leben Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie soll etwa Sso gestalten können, wie sie es für richtig halten. Und doch durch einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung der Grund- stoßen sie immer wieder an Grenzen. Frauen sind in Füh- schulkinder erleichtert werden. Sexismus im Alltag, am rungspositionen unterrepräsentiert, sie verdienen in ver- Arbeitsplatz und in der Politik will die Koalition bekämp- gleichbaren Positionen immer noch weniger als Männer. fen. Auch die Teilhabe von Frauen in der Politik will sie Die Verantwortung für die Erziehung der Kinder und die verbessern. Zwar stellt die Union mit Angela Merkel seit Pflege der Eltern lastet oftmals auf den Frauen, auch wenn über zwölf Jahren die Bundeskanzlerin, zwar sind Frauen sie genauso wie Männer einem Beruf nachgehen. In einer im Kabinett stark vertreten, doch ist beispielsweise die Bundestagsdebatte zum Weltfrauentag am 8. März beton- Zahl der weiblichen Abgeordneten im Bundestag gesun- ten Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, warum ken. Das bedauerte die CSU-Abgeordnete es immer noch notwendig ist, für Gleichberechtigung zu mit den Worten: »Es könn- kämpfen. ten mehr sein.« Impressum Es gehe nicht um »ideologische Gleichmacherei«, Launert sprach sich Herausgeber sagte die CDU-Abgeordnete . Es gehe um Chan- auch dafür aus, über den Michael Grosse-Brömer MdB cengleichheit und die Freiheit, das eigene Leben selbst zu europäischen Tellerrand Stefan Müller MdB bestimmen. Insofern sei das Motto des Weltfrauentages hinauszuschauen. Sie erin- CDU/CSU-Bundestagsfraktion Platz der Republik 1 #PressforProgress (Auf Fortschritt dringen) gut gewählt. nerte daran, dass weltweit 11011 Berlin Man müsse »weitermachen, dranbleiben«, wenn man Fort- etwa 200 Millionen Frauen V.i.S.d.P.: Ulrich Scharlack schritte bei der Gleichberechtigung von Frauen erzielen und Mädchen Opfer von Redaktion: Claudia Kemmer wolle. Auch die Vorsitzende der Gruppe der Frauen, Yvonne Genitalverstümmelung wer- (verantw.) Magwas, betonte, Frauen wollten selbst entscheiden, wie den, dass 130 Millionen T 030. 227-5 30 15 sie leben, wie sie Familie oder Partnerschaft mit der Er- Mädchen keine Schule be- F 030. 227-5 66 60 werbstätigkeit oder der Pflege von Angehörigen vereinba- suchen. Gerade Bildung sei [email protected] ren. »Was Frauen definitiv nicht brauchen, ist ideologische aber der Schlüssel zur Teil- Diese Veröffentlichung der Bevormundung.« habe. Insofern sei es richtig, CDU/CSU-Bundestagsfraktion dient ausschließlich der Infor­ Aufgabe der Politik sei es dabei, die Rahmenbedin- dass die Haushaltsmittel mation. Sie darf während eines gungen so zu gestalten, dass Frauen sich selbst verwirkli- für Entwicklungszusam- Wahlkampfes nicht zum Zweck chen könnten, erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsit- menarbeit in dieser Wahl- der Wahlwerbung verwendet werden. zende Nadine Schön. Die Unionspolitikerinnen erinnerten periode gesteigert würden. Die Bilder 19

»Großer Theologe und menschlicher Seelsorger« Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, nahm beim Requiem am 17. März 2018 in der Mainzer Augustinerkirche Abschied von Karl Kardinal Lehmann. Dieser war im Alter von 81 Jahren nach schwerer Krankheit verstorben. »Wir verlieren mit Karl Kardi­ nal Lehmann einen großen Theologen und menschlichen Seelsorger. Seine Anregun­ gen und Mahnungen haben zu guten Lösungen in vielen ethischen Fragen beigetra­ gen«, sagte Kauder. © Torsten Zimmermann © Torsten

Achtung Aufnahme! Bei der Kanzlerinnenwahl zückten auch gestandene Bundestagsabgeordnete ihre Smartphones, um den besonderen Augenblick fotografisch festzuhalten. Angela Merkel ist am 14. März 2018 erneut zur Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutsch­ land gewählt worden. Bei der Wahl im Bundes­ tag erhielt die CDU-Vor­ sitzende die Stimmen von 364 Abgeordneten und damit die erforderli­ che Kanzlermehrheit für eine vierte Amtszeit. © Tobias Koch © Tobias

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