Folge 40 Vom 02.10.1982

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Folge 40 Vom 02.10.1982 Heute auf Seite 3: Die Welt am Seidenfaden Wim öripraidcnWaii UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND Jahrgang 33 — Folge 40 E"cheim wöchentlich Landsmannschaft Ostpreußen e. V. Postvertriebsstück Gebühr bezahlt 2. Oktober 1982 Parkallee 84/86, 2000 Hamburg 13 C5524C Bundeswehr: Nationalbewußtsein ist nicht erwünscht Ein Traditionserlaß, der die Tradition in Frage stellt? VON HANS EDGAR JAHN Kurz vor seinem „Torschluß" auf der Hardthöhe Auch die Ziffer 17 des früheren Erlasses ist für hat der Minister für Verteidigung, Hans Apel, Richt• Apel nicht tragbar. Dort heißt es nämlich: „Politi• linien zur Tradition der Bundeswehr erlassen. Die• sches Mitdenken und Mitverantwortung gehören ser Erlaß hebt die Traditionsrichtlinien, erlassen seit den preußischen Reformen zur guten Tradition vom früheren Verteidigungsminister Kai Uwe von des deutschen Soldatentums." Hassel vom 1. Juli 1965, auf. Seit dieser Zeit hat sich Das darf es doch für den sozialdemokratischen also nach der Meinung von Hans Apel das Tradi• Minister in Preußen nie gegeben haben. Und doch tionsbewußtsein grundlegend geändert. hat er gerade in einer Rede vor dem militärge• Der Grund für diese Änderung wird von ihm und schichtlichen Forschungsamt am 22. September seinem Generalinspekteur zurückgeführt auf den 1982 in der Würdigung des großen Reformers Protest lautstarker Minderheiten im Jahre 1980 an• Scharnhorst einen Satz dieses Mannes besonders läßlich der 25-Jahr-Feiern der Bundeswehr. Der hervorgehoben: „Man muß der Nation das Gefühl Bundesminister der Verteidigung entschloß sich der Selbständigkeit einflößen, man muß ihr Gele• unmittelbar nach den ersten gestörten Veranstal• genheit geben, daß sie mit sich selbst bekannt wird, tungen, den Ursachen nachzugehen und dabei den daß sie sich ihrer selbst annimmt." Erlaß „Bundeswehr und Tradition" zu überprüfen. Nicht wahr, Herr Minister, das ist doch der Aufruf „Zitterwochen in Bonn": Noch verraten die fröhlichen Mienen der Koalitionäre nicht, ob die Ihm ging es dabei von vornherein darum, neue Scharnhorsts zur Bildung des Nationalbewußtseins. Unionsparteien und die Liberalen ein Mißtrauensvotum wagen. Bedenken von Strauß einer• Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Hassel hatte betont: „Vaterlandsliebe gründet in und die Frage andererseits, ob Genscher die notwendigen Stimmen in seiner Fraktion auf• Traditionspflege, die mit seiner politischen Grund• den natürlichen Bindungen des Menschen an Hei• bringt. Allerdings könnte der Ausgang in Hessen den Unionsparteien wie den Liberalen signa• überzeugung in Einklang standen, neu zu fassen. In mat, Land, Volk, deren Geschichte und Kultur. Va• lisieren, daß die absolute Mehrheit im Bundestag noch mehr als offen ist Foto ap der Tat, wir können nur bestätigen, daß es Hans terlandsliebe ist nicht Nationalismus und hat sich Apel gelungen ist, durch Zuarbeit aus der Bundes• meist mit freiheitlicher Gesinnung verbunden. Zu wehr und aus der zivilen Öffentlichkeit seine politi• den kleinen Räumen, denen sie ursprünglich galt, sche Diktion bestätigt zu bekommen. sind im Laufe der Geschichte immer größere hinzu• getreten. Diese Erweiterung vollzieht sich auch im Nach der Hessen-Wahl: werdenden Europa. Vaterlandsliebe bleibt auch im Hassels Wertorientierung Zeitalter weltweiter Zusammenarbeit Wurzelbo• den politischer Verantwortung." In welchem Umfang er das Verhältnis der Bun• Wir können froh sein, daß Apel aus diesem Ab• deswehr zur Tradition umfunktionieren will, wird satz einige Worte wie: „Liebe zur Heimat und Vater• Alles oder nichts ist noch im Skat deutlich, wenn man die Konzeption des Verteidi• land" in sein Konzept übernommen hat. gungsministers von Hassel, mit seiner vergleicht. Es bleibt offen, wie Apel seine Zielsetzungen er• H. W. — Ganz bewußt haben wir in der letzten Wählerverhaltens. Mag sein, daß der von der SPD Für von Hassel bedeutet Tradition die Überliefe• reichen will, nämlich in Punkt 11: „Traditionsbe• Ausgabe geschrieben, Bonn suche eine neue Re• verkaufte Slogan, die Liberalen hätten in Bonn „Ver• rung des gültigen Erbes der Vergangenheit. Tradi• wußtsein zu wecken"; in Punkt 13: „Traditionsbe• gierung und nicht, wie so mancher es uns einreden rat" begangen, den Wahlausgang beeinflußt hat. tionspflege ist ein Teil der soldatischen Erziehung, wußtsein und Traditionspflege zu nutzen, um die wollte, Bonn habe bereits eine neue Regierung. Dann wäre die Hessen-Wahl letztlich eine sie erschließt den Zugang zu geschichtlichen Vor• ethischen Grundlagen des soldatischen Dienstes in Die Suche nach einer neuen Regierung wird auch Schmidt-Wahl gewesen. Die Sozialdemokraten bildern, Erfahrungen und Symbolen; sie soll den der heutigen Zeit zu verdeutlichen". Wir stimmen diese Woche bestimmen. Unzweifelhaft beeinflußt könnten sich bei den von ihnen geforderten soforti• Soldaten befähigen, den ihm in Gegenwart und Zu• Apel zu, wenn er sagt: „Traditionsbewußtsein und durch das Ergebnis der Landtagswahlen in Hessen, gen Neuwahlen ein besseres Ergebnis erhoffen, als kunft gestellten Aufgaben besser zu verstehen und Traditionspflege sollen dem Soldaten bei der Be• die man für die Union oft bereits als gewonnen und es die Meinungsmacher prognostizierten für den zu erfüllen. wältigung seiner Aufgabe helfen, durch Bereitschaft für die SPD als haushoch verloren bezeichnete. Fall, „wenn man nächsten Sonntag Wahlen Apel kennt keine Überlieferung des gültigen und Fähigkeit zum Kampf seinen Beitrag zur Siche• Dregger hat für die Union ein respektables Ergebnis wären..." In Hessen haben die Meinungsforscher Erbes der Vergangenheit, für ihn ist Tradition eine rung des Friedens zu leisten und die damit verbun• erzielt, und Börner hat alle Erwartungen übertrof• arg daneben getippt. Überlieferung von Werten und Normen, die sich in denen Belastungen zu tragen." fen, die seitens der SPD an diesen Wahlausgang ge• Das Wort vom „Verrat" der Liberalen wird auch in einem Prozeß wertorientierender Auseinanderset• knüpft worden waren. Wenn Dregger entgegen den den nächsten Wochen und vor allem in einem Apel hat in seiner Kritik an Hassels Traditionser• Ergebnissen der Demoskopen die absolute Mehr• zung mit der Vergangenheit bildet. laß besonders betont, daß ihm die Friedensbezo- Wahlkampf eine besondere Bedeutung besitzen. Es Um welche Wertorientierung es sich hier han• heit nicht erreichte, so bestätigt das nur unsere Auf• ist sehr wohl richtig, daß sich Soziale und Freie De• genheit des Dienstes in der Bundeswehr dort fehle. fassung, daß es heute weder der CDU/CSU noch der delt, erklärt er mit dem Hinweis, daß ihr Maßstab Dies sei einer der Gründe, daß der Traditionserlaß mokraten zu einer Koalition zusammengeschlossen durch das Grundgesetz festgelegt sei. Die Darstel• SPD allein gelingen kann, diese absolute Mehr• hatten, mit dem Ziel, bestimmte, fest vereinbarte aus dem Jahre 1965 nicht nur marginal überholt sei heit zu erreichen. lung der Wertgebundenheit der Streitkräfte und und er keine Hilfe mehr für die Truppe zur Tradi• Programmpunkte durchzusetzen. Genscher und ihres demokratischen Selbstverständnisses sei die tionspflege bilde. Es kann kein Zweifel bestehen, Auf der Strecke geblieben sind die Freien Demo• Graf Lambsdorff sind aus der Regierung ausge• Grundlage der Traditionspflege der Bundeswehr; daß dem Herrn Verteidigungsminister in der Debat• kraten, die sich daran erinnern werden, daß sie vor schieden, weil, nach ihrer Lesart, der Koalitions• dem können wir zustimmen. Apel läßtoffen, ob Tra• te um den Verteidigungsbeitrag in den 50er Jahren 30 Jahren mit 30 Prozent im Landtag vertreten partner sich weniger an das Papier, als mehr an die ditionsbewußtsein sich bilden kann. Er zieht sich entgangen ist, daß die Wiederbewaffnung im Zei• waren und heute nur noch knapp ein Zehntel dieses Münchner Parteitagsbeschlüsse der SPD halten auf den Standpunkt zurück, daß es nicht verordnet chen der Erhaltung von Frieden, Freiheit und Si• Stimmenanteils erreichten und nun draußen vorder wollte und die Freien Demokraten hierin einen werden könne, sondern sich auf der Grundlage cherheit der Bundesrepublik gegenüber der sowje• Tür bleiben. Was zu dieser schweren Niederlage Bruch der Koalitionsvereinbarung erblickten. Die• weltanschaulicher Überzeugungen und persönli• tischen Aggression geführt wurde. beigetragen hat, wird eingehend zu analysieren ser Grund für die Trennung von dem bisherigen cher Wertentscheidungen bilde. Diese Entschei• (Fortsetzung Seite 2) sein. Dazu gehört ein sehr genaues Auswerten des Partner ist in Hessen durch den herbeizitierten dung in allen Traditionsangelegenheiten sieht er „Verrat" überlagert worden. nur im Rahmen von Grundgesetz und Soldatenge• setz. Da muß man wirklich sagen, begrenzter und Dennoch hat das Wahlergebnis in Hessen keine enger geht es nicht. Ideallösung gebracht. Mit 52 Sitzen ist die Union zwar wieder die stärkste Partei im Wiesbadener Während von Hassel betonte, daß Vater, Mutter Landtag, gefolgt von Börners SPD, doch beide sind und Stunde der Geburt, Vaterland, Muttersprache letztlich handlungsunfähig. An die Stelle der für die und eigene Stellung in der Geschichte jedem Men• kommenden vier Jahre suspendierten FDP sind die schen vorgegeben seien, und niemand sich ihnen „Grünen" getreten, die Börner einmal in die Nähe nach Belieben entziehen könne, streicht Apel die• der „Faschisten" rückte und die ihrerseits mit dem sen Absatz aus dem Erlaß. Er verzichtet auch auf die derzeitigen Ministerpräsidenten „wenig am Hut" Forderung, daß rechte Traditionspflege nur möglich haben. Doch nirgendwo sollte das Wort „niemals" sei in Dankbarkeit und Ehrfurcht
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