Deutscher 53. Sitzung

Bonn, den 14. Dezember 1962

Inhalt:

Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Bericht des Finanzausschusses (Druck Dr. Dehler 2331 A sachen IV/737, IV/839) 2342 B

Abg. Frau Dr. Heuser tritt in den Bundes- Mündlicher Bericht des Ausschusses für tag ein 2331 A Inneres über a) Vorschlag der Kommission der EWG 2331 B Ergänzung der Tagesordnung . . . . für eine Richtlinie zur Aufhebung der Rase- und Aufenthaltsbeschränkun- Eidesleistung der neu ernannten Bundes- gen usw. minister . 2331 D b) Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie zur Koordinierung Erklärung des Bundeskanzlers Dr. Adenauer 2333 A der Sondervorschriften für die Ein- Ollenhauer (SPD) ...... 2334 C reise und den Aufenthalt von Auslän- dern usw. (Drucksachen IV/739, IV/ 841) 2342 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (SPD) (Druck- sache IV/67); Mündlicher Bericht des Verordnung über die Verringerung von Finanzausschusses (Drucksache IV/760) — Abschöpfungssätzen bei der Einfuhr von Zweite Beratung — Eiprodukten; Mündlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen Dr. Schwörer (CDU/CSU) . . . . 2335 A IV/826, IV/843) Beuster (SPD) 2335 C Bading (SPD) 2342 D Meis (CDU/CSU) ...... 2336 D - Dr. Imle (FDP) ...... 2338 C Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Ä n- Frau Beyer () (SPD) . . 2339 C derung des Tabaksteuergesetzes (Druck- sache IV/575) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache IV/775) Nachwahl eines Vertreters der Bundesrepu- — Zweite und dritte Beratung - 2343 C blik Deutschland im Europäischen Parla- ment 2342 B Nächste Sitzung 2343 D Antrag betr. Ausfuhrvergütung für Wasser- fahrzeuge (CDU/CSU, FDP) ; Mündlicher Anlagen 2345

Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 2331

53. Sitzung

Bonn, den 14. Dezember 1962

Stenographischer Bericht 1. Nachwahl eines Vertreters der Bundesrepu- blik Deutschland im Europäischen Parlament, Beginn: 9.02 Uhr 2. Beratung des Mündlichen Berichts des Finanz- ausschusses über den Antrag der Fraktionen Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Die Sitzung der CDU/CSU, FDP betr. Ausfuhrvergütung ist eröffnet. für Wasserfahrzeuge (Drucksachen IV/737, IV/839), Vor Eintritt in die Tagesordnung spreche ich dem Herrn Kollegen Dr. die herzlichsten 3. Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- Glückwünsche des Hauses zum heutigen 65. Ge- schusses für Inneres über den von der Bun- burtstag aus. desregierung zur Kenntnisnahme vorgelegten (Beifall.) a) Vorschlag der Kommission der EWG für Für den verstorbenen Abgeordneten Kühn (Bonn) eine Richtlinie zur Aufhebung der Reise- ist die Abgeordnete Frau Dr. Heuser in den Bundes- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staats- tag eingetreten. Frau Dr. Heuser ist in unserer angehörige der Mitgliedstaaten innerhalb Mitte. Ich heiße sie herzlich willkommen in diesem der Gemeinschaft im Rahmen der Nieder- Hause. lassungsfreiheit und des freien Dienstlei- (Beifall.) stungsverkehrs Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden b) Vorschlag der Kommission der EWG für ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht eine Richtlinie zur Koordinierung der aufgenommen: Sondervorschriften für die Einreise und Zur Frage I auf Drucksache IV/832 und zur Frage I auf Druck- den Aufenthalt von Ausländern, soweit sache IV/833 haben sich die Fragesteller mit schriftlicher Beant- wortung einverstanden erklärt. sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Die Frage II auf Drucksache IV/832 ist vom Fragesteller zu- Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt rückgezogen worden. sind (Drucksachen IV/739, IV/841), Der Präsident hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 an den Außenhandelsausschuß — feder- 4. Beratung des Mündlichen. Berichts des Außen- führend — und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — mitberatend — überwiesen: handelsausschusses über die von der Bundes- Verordnung Nr. 132 der Kommission zur Festsetzung von regierung vorgelegte Verordnung über die Referenzpreisen für Apfel Verringerung von Abschöpfungssätzen bei Verordnung Nr. 133 der Kommission zur Änderung der der Einfuhr von Eiprodukten (Drucksachen- Anlage I der Verordnung Nr. 60 der Kommission IV/826, IV/843), Verordnung Nr. 134 der Kommission über die Ernte- und Bestandsmeldungen für Wein 5. Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Verordnung Nr. 135 der Kommission über die Festsetzung desregierung eingebrachten Entwurfs eines eines Zusatzbetrages für Einfuhren von geschlachteten Hüh- nern aus dritten Ländern Sechsten Gesetzes zur Änderung des Tabak- — Drucksache IV/766 —. steuergesetzes (Drucksache IV/575); Schrift- Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 12. De licher Bericht des Finanzausschusses (Druck- zember 1962 auf Grund des Beschlusses des Bundestages vom sache IV/775). 29. Juni 1961 vorgelegt: a) ein Druckstück des Berichtes der Prüfungskommission für die Deutsche Bundesbahn vom 30. Januar 1960 — Drucksache 1602 Ich unterstelle, daß das Haus damit einverstanden der 3. Wahlperiode — ist. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so be- b) ein Druckstück der Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Bericht — Drucksache zu 1602 der 3. Wahlperiode — schlossen. c) die neuesten Wirtschaftsergebnisse der Deutschen Bundesbahn und ein Verzeichnis der Aufstellungen und Tabellen hierzu. Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Die Vorlagen werden als Drucksache IV/840 verteilt. Eidesleistung der neu ernannten Bundes- Meine Damen und Herren, die heutige Tagesord- minister. nung muß ergänzt werden um den Punkt „Eides- Der Herr Bundeskanzler hat mir folgendes Schrei- leistung der neu ernannten Bundesminister". Wir ben übersandt: werden damit gleich anschließend beginnen. Außer- dem soll die heutige Tagesordnung nach einer inter- Ich beehre mich, anzuzeigen, daß die Bundes- fraktionellen Vereinbarung um folgende Punkte er- regierung umgebildet worden ist. Sie setzt sich gänzt werden: nunmehr wie folgt zusammen: 2332 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 Präsident D. Dr. Gerstenmaier Bundesminister für Wirtschaft und der Amtsübernahme den in Art. 56 des Grundgeset- Stellvertreter des Bundeskanzlers zes vorgeschriebenen Eid zu leisten haben. Professor Dr. , Ich bitte die Herren Bundesminister Dr. Ewald Bundesminister des Auswärtigen Bucher, Dr. Rolf Dahlgrün, Dr. , Alois Dr. Gerhard Schröder, Niederalt, Dr. und Dr. Werner Dollin- ger einzeln zur Eidesleistung heranzutreten und den Bundesminister des Innern nach Art. 56 des Grundgesetzes bei der Übernahme Hermann Höcherl, ihres Amtes vorgeschriebenen Eid zu leisten. Bundesminister der Justiz (Die Abgeordneten erheben sich.) Dr. , Ich werde den Eid vorsprechen und bitte die Her- Bundesminister der Finanzen ren Bundesminister, ihn mit den Worten „Ich schwö- Dr. Rolf Dahlgrün, re es, so wahr mir Gott helfe" zu bekräftigen. Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft Der Eid lautet: und Forsten Werner Schwarz, Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung mehren, Schaden von ihm wenden, das Grund-

Theodor Blank, gesetz und die Gesetze des Bundes wahren und Bundesminister der Verteidigung verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft er- Kai-Uwe von Hassel, füllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben Bundesminister für Verkehr werde. Dr. Hans-Christoph Seebohm, Ich rufe auf Herrn Bundesminister der Justiz, Dr. Bundesminister für das Post- und Fernmelde- Ewald Bucher. Sind Sie bereit, den Eid zu leisten? wesen Richard Stücklen, Dr. Bucher, Bundesminister der Justiz: Ich bin bereit, den Eid zu leisten. Ich schwöre es, so wahr Bundesminister für Wohnungswesen, Städtebau mir Gott helfe. und Raumordnung Paul Lücke, Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich rufe auf Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und den Herrn Bundesminister der Finanzen, Dr. Rolf Kriegsgeschädigte Dahlgrün. Sind Sie bereit, den Eid zu leisten? Wolfgang Mischnick, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: Dr. Rainer Barzel , Jawohl! Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe. Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich rufe auf Alois Niederalt, den Herrn Bundesminister für gesamtdeutsche Fra- gen, Dr. Rainer Barzel. Bundesminister für Familien- und Jugendfragen Dr. Bruno Heck , Dr. Barzel, Bundesminister für gesamtdeutsche Bundesminister für wissenschaftliche Forschung Fragen: Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe. Hans Lenz, Bundesschatzminister Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich rufe auf Dr. , den Herrn Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder, Herrn Alois Niederalt. Bundesminister für wirtschaftliche Zusammen- Sind Sie bereit, den Eid zu leisten? arbeit , Niederalt, Bundesminister für Angelegenheiten Bundesminister für Gesundheitswesen des Bundesrates und der Länder: Ich bin bereit. Ich Dr. und schwöre es, so wahr mir Gott helfe. Bundesminister für besondere Aufgaben Dr. . Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich rufe auf Meine Damen und Herren, die Eidesleistung des den Herrn Bundesminister für Familien-und Jugend- Herrn Bundesministers von Hassel soll zurückge- fragen, Dr. Bruno Heck. Sind Sie bereit, den Eid zu stellt werden. Der Herr Bundeskanzler teilt dazu leisten? mit: Bundesminister für Familien- und Da der künftige Bundesminister der Verteidi- Dr. Heck, gung seine Amtsgeschäfte erst etwa Mitte Jugendfragen: Ja. Ich schwöre es, so wahr mir Gott Januar 1963 übernehmen kann, bitte ich, seine helfe. Vereidigung zunächst zurückzustellen. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich rufe auf Vereidigt werden sollen nach Art. 64 des Grund- den Herrn Bundesschatzminister, Dr. Werner Dollin- gesetzes die neu ernannten Bundesminister, die bei ger. Sind Sie bereit, den Eid zu leisten? Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 2333

Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Ja. Ich also, daß der Stoff drängt. Nicht als wenn ich be- schwöre es, so wahr mir Gott helfe. sonders begierig wäre nach neuen Gesetzen. Ich bin in meinem ganzen Leben immer wenig entzückt ge- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Damen wesen von der Fülle der Gesetze. Aber unsere Zeit und Herren, ich stelle fest, daß die Herren Bundes- verlangt doch Anpassung an die fortschreitende minister damit den im Grundgesetz für die Über- Entwicklung und verlangt deswegen, daß die Regie- nahme ihres Amtes vorgeschriebenen Eid vor dem rung und das Parlament diese immer neu sich Deutschen Bundestag geleistet haben. Ich spreche stellenden Aufgaben laufend erfüllen. Ihnen die Wünsche des Hauses für Ihre Arbeit aus. Die Gesetzentwürfe der Bundesregierung zur (Beifall bei den Regierungsparteien.) Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Kranken- versicherung, über die Fortzahlung des Arbeits- Diesen Wünschen füge ich den Dank des Hauses entgelts im Krankheitsfalle und der Entwurf eines an die bisherigen Mitglieder der Bundesregierung Bundeskindergeldgesetzes werden alsbald und als hinzu, die der Bundesregierung nicht mehr ange- Einheit von der Bundesregierung verabschiedet hören. werden und alle zum gleichen Zeitpunkt in Kraft (Beifall bei den Regierungsparteien.) treten. Herr Bundeskanzler, Sie wünschen das Wort? — Die Bundesregierung wird weiter die in der Haus- Das Wort hat der Herr Bundeskanzler. haltsrede vom 7. November angekündigten Gesetz- entwürfe über die Beseitigung von Härten in der Dr. Adenauer, Bundeskanzler: Herr Präsident! Kriegsopferversorgung, in der Flüchtlingsgesetz- Meine Damen und meine Herren! Für unsere Arbeit gebung und in der Kriegsgefangenenentschädigung sind, aufs Große gesehen, einige wenige Wochen vorlegen. verloren worden. Ich hoffe, daß die Arbeit dieser umgebildeten Regierung und des Parlaments binnen In der Finanzpolitik, meine Damen und Herren, kurzem die Zeit, die verlorengegangen ist, wieder und in der Steuerpolitik bleibt der bisherige Kurs einholt. bestehen. Wir hoffen, daß es gelingt, möglichst bald (Zurufe von der SPD.) zu einer Verständigung mit den Ländern und mit den Gemeinden über die Änderungen der Finanz- Sie werden sicher den berechtigten Wunsch verfassung zu kommen, die sich am Laufe der Zeit haben, von mir zu hören, wie diese Bundesregie- als dringend notwendig ergeben haben. rung sich die nächste Arbeit vorstellt. Die Koali- Die steuerlichen Reformen, die wir beabsichtigen, tionsparteien, meine Damen und Herren, werden ihre gemeinsame Politik auf dem bisherigen Funda- werden nach dem Prinzip der sozialen Gerechtig- keit und der Wettbewerbsgleichheit mit dem Ziele ment fortsetzen. der Harmonisierung im EWG-Raum fortgesetzt. (Lachen bei der SPD.) Aufgabe, meine verehrten Damen und Herren, und — Nun, meine Herren, ich will jetzt nicht in die zwar eine sehr ernste Aufgabe für uns alle bleibt Vergangenheit sehen, sondern in die Zukunft. es, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirt- schaft mit dem Ausland sicherzustellen. Auf diesem (Beifall bei den Regierungsparteien. — Gebiete stehen uns höchstwahrscheinlich in dem Lachen bei der SPD.) kommenden Jahre sehr ernste Aufgaben bevor. — Meine Damen und Herren von der Opposition, Aber ich glaube, meine Damen und Herren, daß es ich wollte auch an Sie einige Worte richten und eine gemeinsame Aufgabe des gesamten Parlaments kann diese Worte jetzt schon voransetzen. ist, die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen, damit unser Volk in der bisherigen Weise weiterleben Arbeit des Parlaments ist für die Arbeit der Die kann. Daß wir dabei auch in der Gesellschaftspolitik,- Regierung eine absolute Notwendigkeit. Die Arbeit in der Politik für den Mittelstand und insbesondere des Parlaments ist überhaupt das Entscheidende für in der Landwirtschaftspolitik fortfahren, möchte ich das deutsche Volk. sehr nachdrücklich unterstreichen. Die Wettbewerbs- (Beifall bei den Regierungsparteien, ver fähigkeit der deutschen Landwirtschaft muß gestei- einzelt auch bei der SPD.) gert werden, und die Maßnahmen zur Strukturver- besserung müssen nachdrücklich gefördert werden. Bei der Arbeit des Parlaments spielt die Opposition eine wesentliche Rolle, nicht eine Rolle der Behin- Zur Zeit liegen Ihnen — ich erwähnte das ein- derung, sondern vielleicht, meine Herren, eine Rolle gangs schon — 53 Entwürfe vor, die noch nicht ver- der Erläuterung und eine Rolle der Ergänzung. Das abschiedet worden sind. Ich darf hier nochmals sehr ist meine Auffassung von der Aufgabe der Opposi- nachdrücklich feststellen, daß keine Regierung et- tion, und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie was leisten kann, wenn nicht das Parlament das diese Auffassung teilten. Siegel auf die Arbeit der Regierung drückt. Die Re- gierung ist vom Parlament abhängig. Ihre Erfolge (Beifall bei den Regierungsparteien, ver sind abhängig vom Parlament, und da wir doch alle einzelt auch bei der SPD.) für das deutsche Volk in seiner Gesamtheit arbeiten Meine Damen und Herren, die Vorlagen, die dem wollen, richte ich an das gesamte Parlament die Bundesrat und dem Bundestag zugegangen sind, dringende Bitte, die Arbeit der Regierung, sei es bleiben bestehen wie bisher. Es sind das eine ganze kritisierend, sei es fördernd, zu unterstützen, aber Anzahl, die noch nicht erledigt sind; wenn ich die auf alle Fälle zügig zu unterstützen. Zahl richtig behalten habe, etwa 53. Sie sehen (Beifall bei den Regierungsparteien.) 2334 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 Bundeskanzler Dr. Adenauer Der Herr Bundestagspräsident hat soeben den schen Volke die Freiheit bewahren, meine Damen Dank an die Minister ausgesprochen, die dem Ka- und Herren, und das ist unsere oberste Aufgabe. oder, sobald Herr von binett nicht mehr angehören (Beifall bei den Regierungsparteien.) Hassel eintreten kann — er kann erst Mitte Januar eintreten —, ihm nicht mehr angehören werden. Diesem Dank schließe ich mich sehr nachdrücklich Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Damen an. und Herren, ein Hinweis auf die Geschäftsordnung: (Beifall bei den Regierungsparteien.) Ergreift ein Mitglied oder Beauftragter der Ich betone: jeder, der einmal eine Regierung ge- Bundesregierung oder des Bundesrates das bildet hat, und erst recht jeder, der weiß, was es Wort außerhalb der Tagesordnung, so wird heißt, eine Koalitionsregierung zu bilden, auf Verlangen von 30 anwesenden Abgeord- (Lachen bei der SPD) neten die Beratung über seine Ausführungen eröffnet. Sachliche Anträge dürfen hierbei — ja, vielleicht kommen auch Sie einmal in der nicht gestellt werden. Lage — (Heiterkeit) Zu Wort hat sich gemeldet der Herr Abgeordnete weiß auch, daß dabei Opfer gebracht werden Ollenhauer. 30 Abgeordnete müssen, die oft sehr schwerfallen. Ich möchte den (Heiterkeit) Herren, die nun dem Kabinett nicht mehr ange- und etwas mehr stehen dafür. hören oder nicht mehr angehören werden, auch namens der Bundesregierung für die Hingabe, die Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ollenhauer. sie in ihrem Amt gezeigt haben, von Herzen danken. (Beifall bei den Regierungsparteien.) Ollenhauer (SPD) : Herr Präsident! Meine Da- Meine Damen und Herren, zur Zeit tagt der Mini- men und Herren! Wir stehen vor der Tatsache, daß der Herr Bundeskanzler hier eine Art von sterrat der NATO in Paris. Es ist überhaupt eine Regie- Zeit der außenpolitischen Hochspannung. Ich weiß rungserklärung abgegeben hat, die eine Aussprache über die Politik der umgebildeten Bundesregierung nicht, ob Sie heute morgen die Ausführungen ge- unbedingt notwendig macht. Ich finde — und das lesen haben, die Herr Gromyko gemacht hat. Nun, möchte ich heute hier sagen —, daß diese Methode ob sie wahr sind, ob sie nicht wahr sind, — wer des Herrn Bundeskanzlers, ohne vorherige Ankün- kann das jetzt entscheiden. Ich will Herrn Gromyko digung und ohne vorherige Rücksprache mit den gegenüber sehr höflich sein: sie sind außergewöhn- Vertretern der Fraktionen hier eine Erklärung abzu- lich stark gefärbt. Auf alle Fälle möchte ich eins geben, ein sehr schlechter Anfang für das Verhältnis betonen — was übrigens auch der französische zwischen Regierung und Parlament ist. Ministerpräsident Pompidou in seiner Rede betont hat —: die Bundesrepublik wird ihre Verpflichtun- (Lebhafter Beifall bei der SPD.) gen gegenüber NATO getreu und pünktlich erfüllen. Wir stehen nach wie vor zu der europäischen Ent- Diese Praxis ist genau das Gegenteil von dem, was der Herr Bundeskanzler selbst zu Beginn seiner wicklung. Ausführungen über die entscheidende Rolle des Par- Im Hinblick auf unsere Leistungen für NATO laments bei der Bildung des politischen Willens in darf ich vielleicht eine Zahl nennen, die Sie interes- der Bundesrepublik gesagt hat. Ich verzichte heute sieren wird. Am 20. Oktober 1956, als Herr Strauß auf jede Bemerkung zur Sache, weil wir nicht bereit sein Amt antrat, hatte die Bundeswehr eine Ist sind, in dieser Weise lebenswichtige Fragen unseres Stärke von 55 952 Mann. Am 13. Dezember 1962 Volkes aus dem Handgelenk zu diskutieren. - betrug die Ist-Stärke der Bundeswehr 395 052 Mann. (Erneuter lebhafter Beifall bei der SPD.) Darin, meine Damen und Herren, liegt eine gewal- tige Fülle von Arbeit, von hingebender Arbeit, an Aber, meine Damen und Herren, ich appelliere an der viele beteiligt sind, an der Spitze der Verteidi- das ganze Parlament, hier darüber abzustimmen, gungsminister. Ich glaube, es ist eine Pflicht der daß die allgemeine Aussprache über die heutige Er- Gerechtigkeit, ihm dafür unseren herzlichen Dank klärung des Herrn Bundeskanzlers in der ersten auszusprechen. Plenarsitzung des neuen Jahres am 16. Januar statt- (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeord findet. neten der FDP.) (Beifall bei der SPD.) Meine verehrten Damen und Herren, ich hoffe, daß wir bald einmal zu Beginn des Jahres 1963 die Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge- Möglichkeit und Gelegenheit haben werden, uns ordneter, ich habe Ihren Vorschlag gehört. Wir wer- hier im Bundestag über die deutsche Außenpolitik den im Ältestenrat sorgfältig darüber beraten. — auszusprechen. Ich glaube, das ist notwendig, damit Keine weiteren Wortmeldungen. in der Welt kein Zweifel darüber besteht — weder bei den einen noch bei den anderen! —, daß die Wir kommen zu Punkt 13 der Tagesordnung: deutsche Außenpolitik — und in sie ist auch diese Zweite Beratung ,des von der Fraktion der NATO-Aufgabe, von der ich eben gesprochen habe, SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes eingeschlossen — dieselbe ist, wie sie bisher war. zur Änderung des Einkommensteuergesetzes Allein die Erfüllung dieser Politik kann dem deut- (Drucksache IV/67) ; Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 2335 Präsident D. Dr. Gerstenmaier Mündlicher Bericht des Finanzausschusses Ich eröffne die Aussprache in zweiter Lesung. (14. Ausschuß) (Drucksache IV/760). Ich rufe auf: Artikel 1, — Artikel 2, — Artikel 3, (Erste Beratung 19. Sitzung.) — Einleitung und Überschrift. — (Große Unruhe.) Bitte sehr, Herr Abgeordneter. — Meine Damen und Herren, die Arbeit geht wei- ter; die Woche ist noch nicht aus. Beuster (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen (Anhaltende Unruhe.) und Herren! Obschon der auf Drucksache IV/67 ein- Einen Augenblick, Herr Berichterstatter, ich kann gebrachte Antrag meiner Partei von einer Mehrheit Sie ja so gar nicht reden lassen. im Finanzausschuß abgelehnt wurde, möchte ich noch einmal zu der Grundsatzfrage Stellung nehmen. (Fortdauernde Unruhe.) Es handelt sich bei diesem Entwurf zur Änderung — Meine Damen und Herren, so geht die Sache des Einkommensteuergesetzes darum, daß 200 DM nicht; dann dauert die Sitzung länger. Herr Abge- von dem Einkommen der Lohnsteuerpflichtigen im ordneter Bade, Herr Abgeordneter Friedensburg, Monat Dezember steuerfrei bleiben. Dabei soll es bitte nehmen Sie Platz. — Herr Abgeordneter keine Rolle spielen, ob eine Weihnachsgratifikation Bausch, bitte, nehmen Sie Platz. Schließlich und end- gewährt wird oder nicht. Dieser Weihnachtsfrei- lich wollen wir doch in dieser Woche fertig werden. betrag soll auch bei einer Veranlagung zur Ein- Jetzt hat das Wort der Berichterstatter, Herr Ab- kommensteuer und beim Lohnsteuerjahresausgleich geordneter Dr. Schwörer. berücksichtigt werden. Für den Fall, daß mehrere Arbeitsverhältnisse bestehen, soll der Betrag nur für das erste Beschäftigungsverhältnis absetzbar Dr. Schwörer (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine sein. Nach der bisherigen Regelung sind 100 DM sehr geehrten Damen und Herren! Der Ihnen vor- steuerfrei. Unser Antrag beinhaltet praktisch eine liegende Initiativgesetzentwurf zur Änderung des Verdoppelung des Freibetrages. Dabei soll die Be- Einkommensteuergesetzes wurde am 7. Dezember messungsgrundlage für die Sozialversicherung un- 1961 dem Deutschen Bundestag vorgelegt. Er wurde berührt bleiben. vom Plenum am 14. März 1962 an den Finanzaus- schuß und gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Meine Damen und Herren, dieses Hohe Haus Haushaltsausschuß überwiesen. beschäftigt sich praktisch seit 13 Jahren jährlich neu mit den steuerlichen Auswirkungen eines Frei- Der Finanzausschuß hat sich in seinen Sitzungen betrages zu Weihnachten bzw. der Weihnachts- vom 10. Mai und 15. November 1962 mit der Vor- gratifikation. Das ist nicht zufällig. Es dürfte bei lage befaßt und sie mit Mehrheit — gegen die allen Parteien des Bundestages Übereinstimmung Stimmen der Antragsteller — abgelehnt. Die Mehr- darin bestehen, daß eine Steuer- und Finanzreform heit sprach dem Argument der Antragsteller, daß dringend notwendig ist. Wenn zwischenzeitlich eine mit steigenden Löhnen auch die Weihnachtsfreibe- Neuregelung oder, besser gesagt, eine Anpassung träge angemessen verbessert werden sollten, eine entsprechend den gegebenen Verhältnissen bei der gewisse Berechtigung nicht ab, hielt aber den vor- Lohnsteuergesetzgebung erfolgt wäre, hätten wir geschlagenen Weg nicht für richtig. Im Finanzaus- heute keine Veranlassung, uns mit diesem Sonder- schuß sind zusammen mit den Antragstellern Über- antrag zu beschäftigen. legungen im Gange, gerade dem in unselbständiger Arbeit Stehenden steuerliche Verbesserungen bei Es gibt aber größere Bevölkerungsschichten, die gleichzeitiger Erleichterung und Vereinfachung der infolge der jetzt bestehenden Steuergesetzgebung Handhabung zu gewähren. finanziell schlechter wegkommen als andere. Neben der Gruppe, die von dem sogenannten Mittelstands- Abgesehen von diesen grundsätzlichen steuer- bauch in der Steuerprogression härter getroffen systematischen Bedenken stieß der Antrag auch aus wird, sind es insbesondere die Lohn- und Gehalts- haushaltspolitischen Gründen auf Ablehnung. Allein empfänger. Bei einem Vergleich der Steigerung der für das Jahr 1962 würde die Erhöhung des Weih- Brutto- und der Nettolohnsumme ergibt sich, daß nachtsfreibetrages einen Steuerausfall von 330 Mil- ein wesentlicher Teil des Zuwachses an Lohn durch lionen DM verursachen. In Anbetracht der ange- mehr Steuern wieder in Fortfall kommt. spannten Haushaltslage des Bundes und angesichts (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist logisch! der zwischen den Ländern und dem Bund zur Zeit — Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Das ist laufenden Verhandlungen über eine Revision des doch der Sinn der Sache!) Beteiligungsverhältnisses an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ist die Mehrheit des Finanzaus- Ich verweise insbesondere auf die Ausführungen schusses der Ansicht, daß eine solche Einnahme- meines Kollegen Seuffert bei der ersten Beratung minderung im Augenblick nicht vertretbar sei. dieses Gesetzentwurfs am 14. März. Ich kann mich deshalb darauf beschränken, einige allgemeine Fest- Namens der Mehrheit des Finanzausschusses bitte stellungen zu treffen. ich das Hohe Haus, den Gesetzentwurf abzulehnen. (Beifall.) Wenn wir die Steuereinnahmen in ein Verhältnis zum Sozialprodukt setzen, so ergibt sich, daß 22 % des gesamten Sozialprodukts im Jahre 1958 für Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich danke Steuern aufgewandt werden mußten. Nach dem Fi- dem Herrn Berichterstatter. nanzbericht für das Jahr 1963 steigt dieser Betrag 2336 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 Beuster auf 25,1 %. Anders ausgedrückt: in diesem Zeit- mehr gerecht wird. Denn praktisch ist es so, daß raum von fünf Jahren ist eine Steigerung des An- diese Pauschale bei einem Bruttoeinkommen von teilsatzes um 14 % erfolgt. 425 DM schon aufgezehrt wird und jeder Arbeit- nehmer, der mehr verdient, die Möglichkeit hätte, Nicht unberührt bleiben darf dabei auch, daß das über den Lohnsteuerjahresausgleich einen zusätz- Sozialprodukt von 1960 bis 1963, wieder nach dem lichen Betrag zu erhalten. Leider beantragen aber Finanzbericht, um 72,3 Milliarden DM wächst. Die viele Lohnsteuerpflichtige wegen der großen Um- Steuermehreinnahmen betragen im gleichen Zeit- stände und wegen ihrer mangelnden Kenntnis einen raum 23,6 Milliarden DM. Anders ausgedrückt: in- solchen Lohnsteuerjahresausgleich nicht und schen- nerhalb von drei Jahren wird ein Drittel der ken dadurch dem Fiskus wesentliche Beträge. Sach- Wachstumsrate des Sozialprodukts für Steuern ver- verständige schätzen, daß die Arbeitnehmer jährlich wendet. Während das Sozialprodukt also praktisch 1 bis 2 Milliarden DM, die an Lohnsteuerjahresaus- um 26,6 % stieg, beträgt die Steigerung bei den gleich zurückfließen würden, nicht in Anspruch neh- Steuern 34,5 %. men. Hierzu habe ich eine interessante Zahl. Es ist Im Jahre 1961 ist die Brutto-Lohn- und Gehalts- ja bekannt, daß in Dortmund eine Interessengemein- summe gegenüber dem Jahre 1960 um 12,7 % ge- schaft der Lohnsteuerzahler besteht. Sie hat für das stiegen; die Belastungen der Arbeitnehmer durch Jahr 1961 insgesamt 2498 Anträge bearbeitet. Die direkte Steuern und durch Beiträge zu öffentlichen Gesamtlohnsumme für diese 2498 Anträge betrug Einrichtungen der Sozialversicherung sind im glei- 19 600 000 DM, der einbehaltene Steuerbetrag rund chen Zeitraum aber um 17,8 % gestiegen. 2 Millionen DM. Der Erstattungsbetrag belief sich Diese Zahlenbeispiele besagen klar und eindeu- auf 675 500 DM. Anders ausgedrückt: 33,8 % der tig, daß die lohnsteuerliche Belastung wegen der gezahlten Lohnsteuern wurden auf Grund des Lohn- Progression im Steuertarif wesentlich stärker wächst steuerjahresausgleichs zurückvergütet. als das Sozialprodukt. Uns geht es darum, den Beschäftigten eine ge- (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Die Lohn wisse steuerliche Erleichterung zu verschaffen. Bei steuerpflichtigen sind in der Regel nicht an der letzten großen Änderung des Lohnsteuerge- der Progression beteiligt!) setzes ging man davon aus, daß 45% aller Lohn- steuerpflichtigen steuerfrei sein sollten. Herr Kolle- Hiervon werden die Lohn- und Gehaltsempfänger ge Dr. Schmidt von der CDU schätzte bei der ersten ganz naturgemäß wesentlich stärker betroffen. Beratung die Zahl der Arbeitnehmer, die von der Bei objektiver Auswertung dieser Zahlen kann Lohnsteuer befreit seien, auf 5 Millionen. Wenn man nur zu dem Schluß kommen, daß eine generelle diese Zahl richtig ist, würde sich ergeben, daß in Erhöhung des Freibetrages für alle Lohnsteuer- den letzten Jahren der Anteil der Arbeitnehmer, die pflichtigen längst überfällig ist. Formal sind zwar von der Steuer befreit sind, von 45 auf 20 % zu- Steuererhöhungen nicht erfolgt; in Wirklichkeit rückgegangen ist. haben wir es aber, soweit die Arbeitnehmer in Bei der Beurteilung der Situation sollte auch nicht Frage kommen, mit einer schleichenden Steuerer- außer Betracht bleiben, daß die Weihnachtsgratifi- höhung zu tun. In diesem Sinne kann deshalb der kationen in den letzten Jahren wesentlich gestiegen Antrag meiner Fraktion als erster Schritt zu einer sind, und das ist gut. In der letzten Regierungser- Neuregelung angesehen werden. klärung betonte der Herr Bundeskanzler besonders, Wie der Herr Berichterstatter Dr. Schwörer schon daß die menschliche Arbeitskraft unser wichtigstes ausgeführt hat, schätzt das Finanzministerium den Gut sei. Geben wir seinen Feststellungen einen sach- Steuerausfall auf 330 Millionen DM. Man muß da- lichen Inhalt. Betrachten wir diese 100 DM, die in dem Antrag genannt werden, als Anerkennung für bei natürlich berücksichtigen, daß ein 35%iger Bun- - desanteil nur einen Betrag von 115,5 Millionen, ein gut geleistete Arbeit, als Beihilfe für vermehrte Bundesanteil von 40,5 % 133 Millionen DM als Be- Ausgaben im Zusammenhang mit dem Weihnachts- lastung für den Bund ergibt. Leider gibt es aber fest. keine beweiskräftigen Unterlagen, die eine genaue Denken Sie aber bitte bei Ihrer Entscheidung auch Berechnung des voraussichtlichen Steuerausfalls daran, daß diese Vergünstigung einem Personen- möglich machen. Wir selbst sind der Meinung, daß kreis zugute kommt, der absolut steuerehrlich ist, die vom Finanzministerium vorgenommene Schät- der sich aus pünktlichen Steuerzahlern zusammen- zung zu hoch ist und sich für den Bund kaum mehr setzt, die ihre Pflicht gegenüber dem Staat restlos als eine Belastung von ca. 80 bis 90 Millionen DM erfüllen. ergeben dürfte. Hierbei sollte man aber auch nicht Ich bitte Sie deshalb namens meiner Fraktion, übersehen, daß dieser Ausfallbetrag fast restlos in unserem Antrag Ihre wohlwollende Unterstützung den Konsum wandert und von der anderen Seite nicht zu versagen. her deshalb wieder mit erhöhten Steuereinnahmen gerechnet werden kann. (Beifall bei der SPD.) In diesem Zusammenhang darf ich darauf hin- weisen, daß der Gesetzentwurf meiner Partei auf Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat Erhöhung der Sonderausgabenpauschale von 636 DM der Abgeordnete Meis. auf 900 DM im Fachausschuß anscheinend wohlwol- lend behandelt wurde. Erfreulicherweise scheint sich Meis (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Damen die Einsicht durchzusetzen, daß die jetzige Sonder- und Herren! Der Herr Kollege Beuster hat soeben ausgabenpauschale den realen Gegebenheiten nicht schon angedeutet und ich bin auch der Meinung, Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 2337 Meis daß der Antrag der SPD-Fraktion auf Erhöhung des kommensteuer. Weiter wurde angegeben, daß der Arbeitnehmerfreibetrages oder des Weihnachtsfrei- Arbeitnehmer der ehrlichste und pünktlichste betrages — wie man ihn nennen will — eigentlich Steuerzahler sei. Sodann wurde immer wieder be- die Überschrift tragen müßte: Alle Jahre wieder. hauptet, bei dem angestrebten Arbeitnehmerfreibe- Wir haben gleiche und ähnliche Anträge der SPD trag handle es sich um ein notwendiges Äquivalent in den letzten Jahren immer wieder behandelt und für die Manipulierungsmöglichkeiten, die den Selb- auch immer wieder ablehnen müssen. Ein Arbeit- ständigen gegeben seien. Daß in diesem Zusammen- nehmerfreibetrag — das möchte ich mit Nachdruck hang mit „Manipulierung" echte Steuerhinterzie- betonen — würde auch meinem Wunschdenken ent- hung oder, noch deutlicher ausgedrückt, Betrug ge- sprechen. Ich bedauere, daß wir nicht einen solchen meint ist — ich würde mich freuen, wenn ich mich Arbeitnehmerfreibetrag einführen können. Es spre- täuschte —, habe ich den Beispielen entnommen, die chen aber leider sehr beachtliche Gründe gegen ihn. unsere verehrte Kollegin Frau Beyer in der Vergan- Der Finanzausschuß hat, wie der Herr Bericht- genheit sehr oft zur Kommentierung der Manipulie- erstatter Dr. Schwörer soeben vorgetragen hat, alle rungsmöglichkeiten angeführt hat. Manipulieren ist Gründe, die für und gegen den Antrag sprechen, in also nur eine euphemistische Bezeichnung für betrü- der letzten Sitzung und auch bei früheren Gelegen- gen. Ich wäre froh, wenn ich mich täuschte. heiten genau überlegt. Er ist zu dem bekannten Wenn man sich diese Gründe einmal näher an- Ergebnis gekommen. Einmal können die Auswir- sieht, muß man folgendes feststellen. Das stärkere kungen auf den Haushalt in Höhe von 330 Mil- Ansteigen des Lohnsteueraufkommens rechtfertigt lionen DM für den Bund und natürlich auch für die allein auf keinen Fall eine Senkung der Lohnsteuer. Länder nicht als unbedeutende Kleinigkeit abgetan Es muß vielmehr begrüßt werden, daß die Löhne werden. Andererseits können wir — diese Furcht und Gehälter und damit auch das Aufkommen an besteht — dabei nicht den nächsten Schritt zur Ein- Lohnsteuer so stark gestiegen sind. führung eines echten Arbeitnehmerfreibetrages tun. Der nächste Punkt lautet: Der Lohnsteuerzahler Wir wänden nämlich damit bei anderen Gruppen ist der pünktlichste Steuerzahler. Das ist ohne von Steuerpflichtigen ähnliche Wünsche wecken. Zweifel richtig, und ich würde es sehr begrüßen, wenn man die Ungerechtigkeiten, die sich daraus (Sehr richtig! in der Mitte.) ergeben, mildern könnte. Das würde eine Änderung Unter den zahlreichen Vorschlägen, die wir zu Be- des Steuerverfahrensrechts bedeuten. Von der Op- ginn der Legislaturperiode für die Steuerpolitik des position ist dazu bereits ein Antrag eingebracht 4. Bundestages bekommen haben, befindet sich auch worden, und bei der Beratung dieses Antrags wäre die Forderung einer Organisation — es handelt sich zu überlegen, ob die angestrebte Regelung prakti- nicht um Arbeitnehmer, sondern um Selbstän- kabel ist und in welcher Form man Ungerechtig- dige —, ihren Mitgliedern einen Einkommensteuer- keiten beseitigen bzw. wenigstens mildern kann. freibetrag zu gewähren, der schlicht und bescheiden Was die Manipulierungsmöglichkeiten der Selb- nicht mit 100, 300 oder 600 DM, sondern mit 3600 DM ständigen angeht, von denen Frau Beyer so oft ge- beziffert wird. Daraus ergibt sich eindeutig, daß wir sprochen hat, so bleibt dazu festzustellen, daß es sich wohl oder übel nach der alten Spruchweisheit han- dabei in erster Linie um eine Kritik an den Landes- deln müssen: „Principiis obsta" — wehret den An- finanzverwaltungen handelt, die ihre Aufgaben an- fängen! Das ist auch der Grund gewesen, der uns geblich nicht ordnungsgemäß erfüllen. Man könnte im Finanzausschuß zu dem ablehnenden Beschluß auch vermuten — ich will gar nicht so gehässig veranlaßt hat. Wenn alle Bevölkerungsgruppen sein —, daß darin eine Kritik an der Arbeit der Wünsche zur Einführung von Freibeträgen vor- Steuerbeamten liegt. Aber ich möchte meinen, so brächten und man solche Wünsche tatsächlich erfül- sollte man nicht urteilen; denn die Möglichkeiten len könnte — was ja vorläufig noch mehr als zwei- einer genauen Nachprüfung sind im Laufe der Jahre felhaft ist —, dann böte sich aber wohl eine bessere durch große Richtsatzsammlungen, durch Kontroll- Lösung an, nämlich die Änderung des Tarifes. mitteilungen, durch den laufenden Erfahrungsaus- tausch, durch die Ausbildung von Spezialprüfern Nachdem wir uns so oft mit den Dingen befaßt und vieles andere immer weiter ausgebaut worden. haben, sollten wir meines Erachtens ein wenig die Auch bestehen große Fahndungsdienststellen. Man Gründe unter die Lupe nehmen, die von der Oppo- darf aber nicht von vornherein Gewerbetreibende sition für die Einführung eines Arbeitnehmerfrei- und andere Selbständige insgesamt als Steuerhinter- betrages bisher, sowohl heute wie auch in der Ver- zieher hinstellen, selbst wenn man eine größere gangenheit, vorgebracht worden sind, weil wir von Zahl von Ausnahmen gelten läßt, und damit eine der CDU immer in das schiefe Licht gebracht werden Sondervergünstigung für andere Gruppen wie hier sollen, wir sorgten nur — wenn ich es so ausdrücken die Lohnsteuerpflichtigen begründen, weil sie so- darf — für die sogenannten Großen, und für die zusagen nicht betrügen können. Wenn die Steuer- Arbeitnehmer täten wir in steuerlicher Hinsicht moral bestimmter Gruppen trotzdem nicht ausrei- nichts oder doch nur wenig. chend gut sein sollte — der Meinung bin ich auch—, Von der Opposition wurden in der Vergangenheit so muß man das Steuerverfahrensrecht entspre- und auch jetzt im wesentlichen folgende Gründe für chend ändern. Zur Erreichung dieses Zieles bieten die Einführung eines Arbeitnehmerfreibetrages an- sich verschiedene Möglichkeiten an. Ich will Ihnen geführt. Es wurde gesagt, das Aufkommen an Lohn- in diesem Zusammenhang nur zwei nennen, mit steuer sei in den letzten Jahren erheblich stärker denen man nach meiner Meinung auf diesem Wege gestiegen als das Aufkommen an veranlagter Ein- weiterkommen könnte. 2338 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 Meis Da ist einmal die Selbstveranlagung oder Selbst- gelten. Ich habe eine Zusammenstellung von 28 berechnung zu nennen. Die Vorarbeiten hierzu sind Positionen solcher Steuervergünstigungen. Ich will nach den Erklärungen, die uns gestern im Finanz- Sie nicht damit belästigen, daß ich sie Ihnen vor- ausschuß gegeben worden sind, so weit vorange- lese. Aber ich darf sagen: es sind zum Teil natür- schritten, daß sie in einigen Ländern wahrscheinlich lich kleine, im großen und ganzen aber ganz er- bereits im nächsten Jahr eingeführt werden kann. hebliche Steuervergünstigungen mit bedeutenden Das würde zur Folge haben, daß eine größere Zahl Steuerausfällen, die nur den Arbeitnehmern zugute von Beamten für den Betriebsprüfungsdienst usw. kommen. Daneben haben wir noch eine Menge frei würde und mit Aufgaben der Steueraufsicht be- Sonderregelungen, die ebenfalls Steuervergünsti- traut werden könnte. gungen bringen. Ich will auch diese nicht aufzählen. Weiter bin ich der Meinung, daß man endlich Ich möchte aber noch einmal betonen, daß die eine ganz klare Scheidung bei den Steuerstrafsachen „böse" CDU auch in der Vergangenheit in steuer- vornehmen sollte. Ich halte es nicht für richtig, daß licher Hinsicht vieles für die Arbeitnehmer getan hat. die Finanzämter die Funktion eines Strafrichters Ich halte es geradezu für meine Pflicht, in diesem übernehmen. Zusammenhang zur Ehrenrettung meines Freundes Karl Krammig darauf hinzuweisen, daß er es war, (Sehr richtig! bei der SPD.) der im 2. und 3. Bundestag jede Gelegenheit wahr- Müßte jeder Steuersünder, vom Staatsanwalt ange- genommen hat, auf steuerlichem Gebiet für die klagt, in öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit Arbeitnehmer, für die Empfänger kleiner Einkom- aller Interessierten, d. h. der Kunden, der Lieferan- men und für die Familie die bestmöglichen Rege- ten, der Konkurrenten und insbesondere der Presse, lungen durchzusetzen. vor dem Strafrichter erscheinen, dann wäre die Aus den vorgetragenen Gründen darf ich Sie Steuermoral sehr bald ganz erheblich besser, und bitten, den Antrag der SPD abzulehnen. die Auffassung, daß Steuerdelikte Kavaliersdelikte seien, wäre sehr bald überholt. (Beifall bei den Regierungsparteien.) (Beifall bei der SPD und in der Mitte.) Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat Den wichtigsten Punkt hat der Berichterstatter, der Herr Abgeordnete Dr. Imle. Herr Dr. Schwörer, schon angeführt: die Auswir- kungen auf den Haushalt. Ich will Sie nicht mit Zahlen belästigen. Auf jeden Fall würde die Ver- Dr. Imle (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr ge- wirklichung eines Arbeitnehmerfreibetrages von ehrten Damen und Herren! Man müßte wohl zu- 1200 DM, der von vielen Seiten angestrebt wird nächst einmal dagegen Verwahrung einlegen, daß und auch nach meiner Auffassung eigentlich die gesagt wird, wie es der Kollege von der Opposition ideale Lösung wäre, einen Steuerausfall von weit am Ende seiner Ausführungen getan hat, man sollte über 3 Milliarden DM verursachen. Den können die beantragte Regelung als eine Anerkennung für wir uns leider nicht leisten. geleistete Arbeit und auch deswegen billigen, weil der Arbeitnehmer immer der Steuerehrliche sei. In einem weiteren Punkt Ihrer Begründung, Herr Von diesen Klassenkampfmethoden sollte man ein- Kollege Beuster, gebe ich Ihnen vollauf recht. So- mal abkommen. wohl Sie als auch wir von der CDU haben immer wieder darauf hingewiesen, daß die Arbeitnehmer (Zustimmung bei den Regierungsparteien. bei der Vielfalt der Steuerbestimmungen zum gro- Lachen und Zurufe von der SPD.) ßen Teil gar nicht in der Lage sind, zu erkennen, — Jawohl! welche Möglichkeiten es für Steuerermäßigungen überhaupt gibt. Um hier zu einer größeren Gerech- (Anhaltende Zurufe von der SPD.) tigkeit zu kommen — eine vollkommene Gerechtig- — Meine Herren, ich habe ja das Mikrophon hier; keit wird es bekanntlich nie geben —, bietet sich, ich könnte vielleicht noch ein bißchen lauter als Sie wie Sie, Herr Kollege Beuster, schon ausgeführt sprechen! haben, die Erhöhung des Sonderausgabenpauschales Ich meine, man sollte es deswegen nicht tun, weil an, worüber wir im Finanzausschuß — ich möchte dadurch der Eindruck hervorgerufen wird, als seien sagen: Gott sei Dank — bereits eine übereinstim- alle anderen nicht steuerehrlich. mende Auffassung erzielt haben. Ein Lohnsteuer- freibetrag läßt sich damit aber nicht rechtfertigen. (Beifall bei den Regierungsparteien.) Allerdings sollte man ernsthaft überlegen, in wel- cher Form man eine gute und erfolgreiche Auf- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gestatten Sie klärung möglichst aller Lohnsteuerpflichtigen er- eine Zwischenfrage? reichen kann. Meine Damen und Herren, zum Schluß darf ich Dr. Imle (FDP) : Natürlich! zur Beseitigung des Verdachts, die „böse" CDU habe für die Arbeitnehmer in steuerlicher Hinsicht nicht viel übrig, auch einmal darauf hinweisen, daß Präsident Dr. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge- es im Einkommensteuerrecht eine ganz beachtliche ordneter Dr. Dresbach zu einer Zwischenfrage. Zahl von Steuervergünstigungen für Arbeitnehmer gibt, d. h. Vergünstigungen, die nur für Arbeit- Dr. Dr. h. c. Dresbach (CDU/CSU) : Herr Kollege nehmer und nicht auch für andere Steuerpflichtige Imle, wollen Sie in diesem Zusammenhang nicht Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 2339 Dr. Dr. h. c. Dresbach auch einmal auf das Thema Schwarzarbeit und die Jahr höher waren, in diesem Jahr zu reduzieren, Manipulierbarkeit durch dieselbe eingehen? weil eben die Gewinne nicht mehr so hoch gewesen sind wie in der vergangenen Zeit. Wir sollten daher Dr. Imle (FDP) : Herr Kollege Dresbach, das wäre die Anhebung des Weihnachtsfreibetrages von 100 sicherlich sehr reizvoll. Aber die Dinge sind allmäh- auf 200 DM nicht dazu benutzen, auf die Unterneh- lich so bekannt, daß sich alle Äußerungen darüber mer einen Druck auszuüben: zahle du nun 200 Mark, wohl erübrigen. weil es bis dahin steuerfrei ist. Wir sind also der Meinung, daß der Antrag abgelehnt werden sollte. (Beifall in der Mitte und rechts. — Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Aber auf der linken (Beifall bei den Regierungsparteien.) noch nicht!) — Vielleicht 'spricht sich das auch da noch herum. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat die Frau Abgeordnete Beyer. (Zuruf von der SPD.) — Die Unternehmer machen ja wohl keine Schwarz- Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) : Herr Präsident! arbeit. Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des (Lachen bei der SPD.) Kollegen Meis haben mich veranlaßt, das Wort zu Aber vielleicht bezeichnen Sie es als Schwarzarbeit, ergreifen. Herr Kollege Meis, Sie haben sich im wenn die Unternehmer ihre Überstunden nicht be- ersten Teil Ihrer Rede fast ausschließlich mit meinen zahlt erhalten, während die anderen woanders Ausführungen aus früheren Jahren befaßt. Allem arbeiten. Anschein nach nahmen Sie an, ich würde auch dies- mal dazu sprechen und unter Umständen die gleichen Aber lassen Sie mich zu dem Antrag 'als solchem Argumente bringen. Herr Meis, mir kommt es dar- etwas sagen! Es ist eben schon darauf hingewiesen auf an, folgendes richtigzustellen. worden, daß die Anhebung des Steuerfreibetrags von 100 auf 200 DM 330 Millionen DM Steuerausfall Ich habe zwar immer von Manipuliermöglichkei- bedeuten würde. Wir haben uns im Finanzausschuß ten gesprochen, Sie haben aber diese Ausführungen auch über die Anhebung der Sonderausgaben so interpretiert, als wenn ich davon gesprochen pauschale unterhalten, die nach dem Antrag der hätte, daß die Selbständigen oder Einkommensteuer- SPD einen weiteren Steuerausfall von 465 Millionen pflichtigen betrügen wollten. Das ist nie von mir DM ausmachen würde. 'gesagt, auch nie von mir gemeint worden; ich möchte das deutlich sagen. Denn letzten Endes bie- (Zuruf von der Mitte: Wenigstens!) tet das Einkommensteuergesetz Möglichkeiten, die Sie wissen ferner, daß wir Überlegungen anstellen, der Lohnsteuerpflichtige nicht hat, auch wenn Sie aus- die überhöhte Progression in den Mittelschichten zu führten, daß dem Lohnsteuerpflichtigen 28 Posi- bereinigen. Das würde ebenfalls einige hundert Mil- tionen zur Verfügung stünden, die er benutzen lionen D-Mark kosten. Wenn war das jetzt alles tun, könne. Herr Kollege Meis, ich erinnere an unsere dann haben wir bereits die Milliarde ausgegeben, gestrige Sitzung und daran, daß gerade gestern in die, wie Sie in der Presse gelesen haben werden, den Zeitungen ein Hinweis Ihres Ministers aus für die Bundeswehr zusätzlich erforderlich ist. Nordrhein-Westfalen gestanden hat. Aus diesem Es kommt folgendes hinzu. Der Bundeshaushalt kann nur ausgeglichen werden, wenn die Länder tigen von den vorhandenen Möglichkeiten so wenig einen entsprechenden Beitrag erbringen. Wenn wir Gebrauch machen, daß der Minister allein für Nord- rhein-Westfalen glaubt sagen zu können, den Lohn- jetzt aber durch Steuerermäßigungen und Steuerbe- - freiungen die Einnahmen der Länder beschneiden, steuerpflichtigen entgingen Millionenbeträge. Das sind sie natürlich überfordert, wenn sie nachher heißt mit anderen Worten: trotz dieser Liste sind noch den doppelten Betrag dessen, auf den jetzt der die Lohnsteuerpflichtigen im Nachteil, weil sie ein- Bund nach den genannten Vorstellungen verzichten fach nicht die Möglichkeit haben, sich Buchprüfer soll, in die Haushaltskasse des Bundes zahlen sol- oder Steuerhelfer zu nehmen. Sie selbst finden sich len. aber durch das Gewirr der Steuergesetzgebung über- haupt nicht durch. Das ist, glaube ich, die Situation. Der Steuerfreibetrag, um den es hier geht, steht nur dem Arbeitnehmer zu. Es gehören aber durch- aus nicht alle Arbeitgeber zu den Großverdienern, Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zwischen- sondern z. B. im Handwerk, im Handel und im Ver- frage des Abgeordneten Dr. Dresbach! kehrsgewerbe gibt es eine große Zahl von Selb- ständigen, die auch nicht gerade über hohe Einnah- Dr. Dr. h. c. Dresbach (CDU/CSU) : Verehrte men verfügen. Und diesen steht ein solcher Frei- Frau Beyer, sind Sie nicht der Meinung, daß es eine betrag nicht zu. Wenn sie den Betrag für Weihnach- dankbare Aufgabe für die Gewerkschaften ist, ihre ten verwenden, müssen sie ihn also für sich ver- Mitglieder und vielleicht auch die Nichtmitglieder steuern. Wir glauben daher, daß im Augenblick entsprechend zu beraten? Ist es nicht sogar ein auf- darüber nicht gesprochen werden kann. fallender Mangel an Tätigkeit der Gewerkschaf- Noch ein Wort zu diesem Punkt. Es ist doch wohl ten — einmal in sehr netter Weise —, wenn in bekannt, daß eine ganze Reihe besonders von mitt- Arbeitnehmerkreisen noch so viel Unkenntnis vor- leren Betrieben bereits dazu übergehen mußten, die handen ist? Weihnachtszuwendungen, die bei ihnen im vorigen (Sehr gut! in der Mitte.) 2340 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962

Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) : Herr Kollege Die fiskalische Seite der Angelegenheit hat immer Dr. Dresbach, Sie geben mir eine willkommene wieder eine große Rolle gespielt. Wir wissen jedoch, Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß im Rahmen daß die Ausfälle für den Fiskus weit geringer sind, der gewerkschaftlichen Arbeit solche Sonderbera- wenn wir berücksichtigen, was ich eben sagte, daß tungen stattfinden und die einzelnen Lohnsteuer- nämlich die vielen Anträge, die jährlich an das pflichtigen sogar jährlich aufgefordert werden, sich Finanzamt gestellt werden, wegfallen. dieser Möglichkeiten zu bedienen. Außerdem möchte ich bei dieser Gelegenheit daran erinnern, daß sehr oft in den gleichen Sit- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Bitte, Herr zungen, in denen wir über das Weihnachtsgeld oder Kollege Dr. Dresbach! über Freibeträge gesprochen haben, mit Mehrheit andere steuerliche Verbesserungen angenommen wurden, die immer nur bestimmten Einkommens- Dr. Dr. h. c. Dresbach (CDU/CSU) : Frau Beyer, gruppen zugute kamen. Nur wenn es um die Frage sind Sie mit mir der Meinung, daß ich dann, wenn von Arbeitnehmerfreibeträgen ging, wurde jedesmal ich ein Schulmeister wäre, im Ergebnis das Prädikat auf die fiskalische Bedeutung und die Belastung des „mangelhaft" geben müßte? Haushaltes verwiesen. Damit darf ich meine Ausführungen beenden. Mir (Frankfurt) (SPD) : Das ist nicht ge- Frau Beyer kam es darauf an, die hier gemachten Darlegungen sagt. Sie dürfen nicht vergessen, Herr Kollege Dr. richtigzustellen. Ich hoffe, daß die Mehrheit des Dresbach — das dürften Sie auch wissen —, daß Hauses, falls heute die Entscheidung in dem Sinne nicht alle Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert fällt, wie es soeben von den Vertretern der Regie- sind und infolgedessen viele von ihnen diese Bera- rungskoalition angekündigt worden ist, ihre Zu- tung nicht in Anspruch nehmen. stimmung dem Antrag der SPD auf Erhöhung der Zu dem gleichen Fragenkomplex möchte ich weiter- Sonderausgabenpauschale geben wird, wenn er im hin sagen, daß selbstverständlich auch die kleinen kommenden Jahr behandelt wird. und mittleren Betriebe, die einkommensteuerpflich- (Beifall bei der SPD.) tig sind, zum Teil ebenfalls benachteiligt werden, weil sie vor der gleichen Situation wie der Lohn- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine wei- steuerpflichtige stehen. teren Wortmeldungen. — Wir kommen zur Ab- Nun eine weitere Bemerkung. Sie haben davon stimmung. gesprochen, Herr Kollege Meis, daß man den Anfän- (Abg. Rasner: Herr Präsident! Zur Abstim- gen wehren solle. Wir stehen nicht mehr am Anfang, mung! Ich beantrage namentliche Abstim- sondern wir haben bereits einen Freibetrag. Die mung!) Frage ist nur, ob der Freibetrag den heutigen Ver- — hältnissen noch gerecht wird. Dieser Freibetrag — Sie beantragen namentliche Abstimmung. Das wird eine Reihe von abgereisten Kollegen freuen. das darf ich zu dem sagen, was der Kollege Dr. Imle ausgeführt hat — hat ja einen anderen Sinn als vor (Heiterkeit.) zwei Jahren. Er ist ja heute ein echter Freibetrag Der Antrag ist ausreichend unterstützt? von 100 DM, wird also unabhängig davon gewährt, wie hoch das Weihnachtsgeld ist. Daher braucht die- (Zustimmung.) ser von uns gewährte Freibetrag keinesfalls ein An- — Ich brauche 50 Stimmen. — Ich unterstelle, daß laß für die Betriebe zu sein, das Weihnachtsgeld zu der Antrag ausreichend unterstützt wird. erhöhen. Ich darf hierzu eine weitere Bemerkung machen. Zur Abstimmung Frau Abgeordnete Beyer! Wenn es sich um einen Freibetrag handelt — ich glaube, das haben Sie jetzt zugestanden —, müssen Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) : Meine Damen und wir doch die Frage aufwerfen, ob er nicht den heu- Herren, wir stimmen jetzt über die Ausschußvor- tigen Verhältnissen angepaßt 'werden sollte. Wir lage ab. Das heißt, wer für den Weihnachtsfreibe- wissen doch, daß ein hoher Prozentsatz von Arbeit- trag ist, der muß mit Nein stimmen, und wer gegen nehmern weit mehr Steuern zahlt, als er eigentlich den Weihnachtsfreibetrag ist, muß mit Ja, also für zu zahlen hätte, weil er die vorhandenen Möglich- die Ausschußvorlage stimmen. keiten nicht ausnutzt. Außerdem, Herr Kollege Meis, plädieren wir immer wieder dafür, zu einer Verein- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Es ist be- fachung zu kommen, um so die Finanzämter mög- sonders liebenswürdig, Frau Kollegin, daß Sie den lichst zu entlasten. In diesem Zusammenhang bin ich schwer bebürdeten Präsidenten des Hauses ent- dankbar für Ihren Hinweis auf unseren Antrag auf lasten. Aber ich muß Sie korrigieren. Meine Damen Erhöhung der Sonderausgabenpauschale, der ja noch und Herren, die Auskunft ist charmant, aber un- dem Ausschuß vorliegt. Hier ergibt sich die Mög- richtig. Wir befinden uns in der zweiten Lesung. In lichkeit; Ihre eventuelle Ablehnung zu korrigieren, der zweiten Lesung wird über die Einzelbestim- um so endlich die Finanzämter wieder zu ent- mungen des Gesetzes abgestimmt. Ich habe auf- lasten —, u. a. auch ein wesentlicher Gesichtspunkt gerufen Art. 1, Art. 2, Art. 3, Einleitung und Über- in den Gesetzen von 1958, der inzwischen aber schrift. Der Entwurf ist die Vorlage der SPD. Wer längst überholt ist. diesem Entwurf zustimmen will, stimmt mit Ja, wer Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 2341 Präsident D. Dr. Gerstenmaier diesen Gesetzentwurf - Art. 1, Art. 2, Art. 3, Ein- Rehs Frau Dr. Bleyler leitung und Überschrift — ablehnen will, stimmt mit Dr. Reischl Blöcker Reitz Frau Blohm Nein. Dr. Rinderspacher Blumenfeld (Heiterkeit.) Ritzel von Bodelschwingh Rohde Dr. Böhm (Frankfurt) Ich gebe das vorläufige Ergebnis der Abstimmung Frau Rudoll Böhme (Hildesheim) bekannt. Mit Ja haben gestimmt 148 Mitglieder des Saxowski Brand Hauses und 7 Berliner Abgeordnete; mit Nein haben Dr. Schäfer Frau Brauksiepe gestimmt 185 Mitglieder des Hauses und 2 Berliner Frau Schanzenbach Dr. Brenck Scheuren Dr. von Brentano Abgeordnete; enthalten haben sich 4 Mitglieder des Dr. Schmid (Frankfurt) Brese Hauses. Damit ist die Vorlage in zweiter Lesung Schmidt (Braunschweig) Brück abgelehnt. Dr. Schmidt (Gellersen) Bühler (Abg. Memmel: Endgültig!) Dr. Schmidt (Offenbach) Burgemeister Schmidt (Würgendorf) Dr. Conring — Nach § 84 der Geschäftsordnung damit erledigt. Schmitt-Vockenhausen Dr. Czaja Schoettle van Delden Schröder (Osterode) Dr. Dichgans Endgültiges Ergebnis: Schwabe Draeger Seibert Dr. Dr. h.c. Dresbach Ja: 144 und 7 Berliner Abgeordnete Seidel (Fürth) Ehnes Seifriz Eichelbaum Nein: 183 und 2 Berliner Abgeordnete Seither Dr. Elbrächter Enthalten: 4 Frau Seppi Even (Köln) Steinhoff Falke Stephan Dr. Franz Ja Frau Herklotz Striebeck Franzen Hermsdorf Frau Strobel Dr. Fritz (Ludwigshafen) CDU/CSU Herold Wegener Gaßmann Hirsch Welke Gedat Schneider (Hamburg) Höhmann Welslau Gehring (Hessisch Lichtenau) Weltner (Rinteln) D. Dr. Gerstenmaier SPD Höhne Frau Wessel Gibbert Hörauf Wienand Giencke Altmaier Hufnagel Wilhelm Dr. Gleissner Arendt (Wattenscheid) Hussong Wischnewski Glüsing (Dithmarschen) Auge Iven (Duren) Wittrock Dr. Götz Dr. Dr. h. c. Baade Jahn Zühlke Goldhagen Bading Jaksch Dr. Gossel Bäumer Jürgensen Gottesleben Bals Junghans Berliner Abgeordnete Dr. h. c. Güde Bauer (Würzburg) Junker Haase (Kassel) Behrendt Kalbitzer Frau Berger-Heise Dr. Hahn (Heidelberg) Beuster Frau Kettig Frau Krappe Dr. von Haniel-Niethammer Frau Beyer (Frankfurt) Killat Liehr (Berlin) Dr. Hauser Biegler Frau Kipp-Kaule Neumann (Berlin) Dr. Heck Biermann Dr. Koch Dr. Schellenberg Heix Dr. Bleiß Könen (Düsseldorf) Dr. Seume Dr. Hesberg Börner Koenen (Lippstadt) Wellmann Höfler Dr. h. c. Brauer Frau Korspeter Holkenbrink Bruse Kraus Hoogen Buchstaller Dr. Kübler FDP Horn Büttner Kulawig Dr. Huys Corterier Kurlbaum Dorn Illerhaus Cramer Lange (Essen) Dr. Miessner Frau Jacobi (Marl) Dr. Deist Lemper Ollesch Dr. Jaeger Diekmann Lenz (Bremerhaven) Josten Frau Döhring (Stuttgart) Lücke (Osnabrück) Lünenstraß Dr. Jungmann Dopatka Dr. Kanka Dröscher Marquardt Nein Frau Eilers Marx Katzer Dr. Eppler Matthöfer Dr. Kempfler Erler Matzner CDU/CSU Frau Klee Eschmann Frau Meermann Dr. Kliesing (Honnef) Felder Dr. Meyer (Frankfurt) Dr. Adenauer Dr. Kopf Figgen Meyer (Wanne-Eickel) Adorno Krüger Dr. Mommer Folger Dr. Althammer Krug Dr. Morgenstern Arndgen Franke Frau Dr. Kuchtner Frehsee Müller (Nordenham) Dr. Arnold Frau Freyh (Frankfurt) Müller (Ravensburg) Dr. Artzinger Kühn (Hildesheim) Fritsch Müller (Worms) Baier (Mosbach) Leicht Geiger Dr. Müller-Emmert Baldauf Lemmrich Gscheidle Nellen Dr.-Ing. Balke Lenze (Attendorn) Haase (Kellinghusen) Ollenhauer Balkenhol Leonhard Hamacher Lermer Hansing Peiter Becker Dr. Luda Peters (Norden) Berberich Dr. Harm (Hamburg) Majonica Heide Pöhler Dr. Besold Heiland Priebe Bewerunge Dr. Martin Dr. Dr. Heinemann Ravens Biechele Meis Hellenbrock Regling Dr. Bieringer Memmel 2342 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962

Menke FDP der CDU/CSU, FDP betr. Ausfuhrvergütung Mick für Wasserfahrzeuge Müller (Aachen-Land) Dr. Achenbach (Drucksachen IV/737, Müller-Hermann Dr. Bucher IV/839). Burckardt Müser Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Regling, Niederalt Busse Oetzel Dr. Danz verzichtet auf das Wort und verweist auf den An- Dr. Pflaumbaum Frau Dr. Diemer-Nicolaus trag des Ausschusses. Sein Schriftlicher Bericht Dr.-Ing. Philipp Döring (Düsseldorf) wird zu Protokoll genommen. *) Frau Pitz-Savelsberg Dr. Dörinkel Dr. Poepke Dürr Wird dazu das Wort gewünscht? — Das ist nicht Porten Eisenmann Dr. Emde der Fall. Wer dem Antrag des Ausschusses zustim- Rasner men will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Rauhaus Ertl Frau Dr. Rehling Frau Dr. Flitz Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig ange- Dr. Reinhard (Wilhelmshaven) nommen. Riedel (Frankfurt) Frau Funcke (Hagen) Rollmann Dr. Hellige Punkt 3 der Zusatzliste: Rommerskirchen Frau Dr. Heuser Ruf Dr. Imle Beratung des Mündlichen Berichts des Aus Ruland Keller schusses für Inneres über den von der Bun Dr. Schmidt (Wuppertal) Frau Dr. Kiep-Altenloh Schmücker Kreitmeyer desregierung zur Kenntnisnahme vorgelegten Schütz Kubitza a) Vorschlag der Kommission der EWG für Schulhoff Freiherr von Kühlmann eine Richtlinie zur Aufhebung der Schwarz Stumm Reise - Frau Dr. Schwarzhaupt Logemann und Aufenthaltsbeschränkungen für Dr. Schwörer Mauk Staatsangehörige der Mitgliedstaaten in- Dr. Seffrin Dr. Mende nerhalb der Gemeinschaft im Rahmen der Dr. Serres Mertes Niederlassungsfreiheit und des freien Dr. Sinn Freiherr von Mühlen Spies Peters (Poppenbüll) Dienstleistungsverkehrs; Stein Ramms b) Vorschlag der Kommission der EWG für Stiller Reichmann eine Richtlinie zur Koordinierung der Struve Dr. Rieger (Köln) Unertl Dr. Rutschke Sondervorschriften für die Einreise und Varelmann Scheel den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie Dr. Freiherr v. Vittinghoff Schmidt (Kempten) aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Schell Schultz Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt Vogt Soetebier Wagner (Günzburg) Dr. Supf sind (Drucksachen IV/739, IV/841). Dr. Weber (Koblenz) Wächter Ich frage den Berichterstatter, den Herrn Abge- Wehking Weber (Georgenau) Zoglmann ordneten Biechele, ob er das Wort wünscht. — Der Weigl Herr Berichterstatter weist auf den Antrag des Aus- Dr. Wilhelmi Dr. Willeke schusses hin. Winkelheide Enthalten Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Wittmer-Eigenbrodt Fall. — Dann lasse ich über den Antrag des Aus- Wullenhaupt CDU/CSU schusses Drucksache IV/841 abstimmen, und zwar gleichzeitig über die Ziffern 1 und 2 dieses Antrags, Berliner Abgeordnete Frau Kalinke Lang (München) die verbunden sind. Wer dem Antrag des Aus- Dr. Krone Maier (Mannheim) schusses zustimmen will, den bitte ich um ein Hand- Stingl Dr. Wuermeling zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ein-- stimmig angenommen. Wir kommen zu Punkt 1 unserer Zusatztagesord- nung: Punkt 4 der Zusatzliste: Nachwahl eines Vertreters der Bundesrepu Beratung des Mündlichen Berichts des Außen- blik Deutschland im Europäischen Parlament. handelsausschusses über die von der Bundes- regierung vorgelegte Verordnung über die In meiner Vorlage heißt es: Verringerung von Abschöpfungssätzen bei Für den aus dem Bundestag ausgeschiedenen der Einfuhr von Eiprodukten (Drucksachen Abgeordneten Engelbrecht-Greve hat die IV/826, IV/843). Fraktion der CDU/CSU als Vertreter der Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordne- Bundesrepublik Deutschland im Europäischen ten Bading, ob er das Wort wünscht. — Bitte sehr. Parlament den Abgeordneten Klinker be- nannt. Bading (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen Ich frage, ob das Haus damit einverstanden ist. — und Herren! Die Vorlage ist in erster Lesung in der Kein Widerspruch; der Abgeordnete ist gewählt. letzten Sitzung den Ausschüssen für Außenhandel, Herr Abgeordneter Klinker zieht in das Europäische für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und dem Parlament ein. Wirtschaftsausschuß überwiesen worden. Die drei Ich rufe Punkt 2 unserer Zusatztagesordnung auf: Ausschüsse haben gestern getagt. Ich darf Ihnen das Ergebnis mitteilen. Beratung des Mündlichen Berichts des Finanz ausschusses über den Antrag der Fraktionen *) Siehe Anlage 2. Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 2343 Bading Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Ich rufe den Punkt 5 unserer Zusatzliste auf: Forsten hat mit sechs gegen zehn Stimmen die Vor- lage abgelehnt, da die Mehrheit der Auffassung Zweite und dritte Beratung ides von der Bun- war, daß es nicht richtig sei, laufend Anträge auf desregierung eingebrachten Entwurfs eines Herabsetzung der Abschöpfungssätze zu stellen. Der Sechsten Gesetzes zur Änderung des Tabak- (Drucksachen IV/575, IV/775). mitberatende Ausschuß für Wirtschaft hat der Vor- steuergesetzes lage zugestimmt. Das gleiche trifft zu für den Aus- schuß für Außenhandel. Ich frage den Herrn Berichterstatter, Herrn Dr. Artzinger, ob er das Wort wünscht. — Der Herr Be- Sachlich handelt es sich um eine Herabsetzung richterstatter verzichtet. der Abschöpfungssätze für sogenannte Trockenei- produkte, die zur Herstellung von Teigwaren ver- Ich rufe in zweiter Lesung auf: Art. 1, — Art. 2, wandt werden. Im Jahre werden 186 000 t Teig- — Art. 3, — Art. 4, — Einleitung und Überschrift. — waren hergestellt, davon 158 000 t Eierteigwaren. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht Das dazu benötigte Eiprodukt kommt nicht aus gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um Deutschland, sondern aus dem Ausland, zu 48% ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun- aus EWG-Ländern, zu 52 % im Durchschnitt der gen? — In zweiter Lesung angenommen. letzten drei Jahre aus Nicht-EWG-Ländern. Würde die Abschöpfungsermäßigung nicht erfolgen, so Dritte Beratung. würden durch die Gesetzgebung der EWG die Eier- teigwaren um etwa 11 Pf je kg verteuert werden. Allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldung. Mit dieser Ermäßigung der Abschöpfung ermäßigt Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Lesung zu- sich auch die Verteuerung auf 0,5 Pf. stimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Ge- Ich darf in diesem Zusammenhang nur noch auf genprobe! — Auch in dritter Lesung einstimmig an- eine außerordentliche Diskrepanz der Abschöpfungs- genommen. sätze zwischen den Einfuhren aus EWG-Ländern und den Einfuhren aus Drittländern aufmerksam Damit, meine Damen und Herren, sind wir am machen. Der Abschöpfungssatz für die Einfuhr aus Ende unserer heutigen Tagesordnung und ,am Ende Holland, dem wichtigsten EWG-Einfuhrland, beträgt der Tagesordnungen des Jahres 1962. 9,54 DM per 100 kg. Die Abschöpfung für Einfuhren aus den USA, dem wichtigsten Nicht-EWG-Land, Ich halte keine Rede, sondern ich wünsche Ihnen beträgt beinahe 106 DM, also sehr viel mehr. Es ein gesegnetes Christfest und ein gutes neues Jahr. bestanden im Außenhandelsausschuß Bedenken (Beifall.) gegen diesen außerordentlich hohen Unterschied zwischen den Abschöpfungssätzen für die Einfuhren Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun- von Waren aus EWG-Ländern und solchen aus destages auf Mittwoch, den 16. Januar, ein. Die Uhr- Drittländern. zeit gebe ich bekannt, wenn wir im Ältestenrat darüber geredet haben. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich frage, ob das Wort Ich danke Ihnen und sage auf Wiedersehen. gewünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht. (Beifall.) Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um eine Handzeichen. — Gegen- Die Sitzung ist geschlossen. probe! — Enthaltungen? — Bei drei Gegenstimmen ist der Antrag des Ausschusses angenommen. (Schluß der Sitzung: 11.28 Uhr.)

Berichtigungen Es ist zu lesen: 48. Sitzung Seite 2162 B Zeile 6 statt „Erte" : Ertl; Zeile 7 statt „498": 698; 51. Sitzung Seite 2245A Zeile 16 statt „Sie": sie; Seite 2248 D Zeile 14 statt „erfaßt": erfaßbar; 52. Sitzung Seite 2317 C statt Zeilenfolge „1-2-3- 4-5" : 4-1-2-3-5.

Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 2345

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Liste der beurlaubten Abgeordneten Richarts * 14. 12. Sänger 14. 12. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Schlick 14. 12. Dr. Schneider a) Beurlaubungen (Saarbrücken) 14. 12. Frau Schroeder (Detmold) 14. 12. Dr. Aigner * 14. 12. Seidl (München) 14. 12. Frau Albertz 15. 12. Seuffert 14. 12. Dr. Arndt (Berlin) 15. 12. Dr. Siemer 14. 12. Dr. Aschoff 15. 12. Spitzmüller 14. 12. Bauer (Wasserburg) 14.12. Stauch 14. 12. Bauknecht 15. 12. Dr. Stecker 14.12. Dr. Bechert 14. 12. Stephan 15. 12. Benda 14. 12. Dr. Stoltenberg 14. 12. Birkelbach * 14. 12. Storch * 14. 12. Dr. Birrenbach 14.12. Frau Strobel * 14. 12. Fürst von Bismarck 15. 12. Dr. Süsterhenn 14. 12. Dr. Dehler 14. 12. Tobaben 14. 12. Diebäcker 14. 12. Urban 14. 12. Dr. Dittrich 14. 12. Verhoeven 14. 12. Drachsler 14. 12. Frau Vietje 14. 12. Dr. Effertz 14. 12. Dr. Vogel 14. 12. Frau Dr. Elsner * 14. 12. Wacher 14. 12. Etzel 14. 12. Dr. Wahl 15. 12. Dr. Even (Düsseldorf) 15. 12. Wehner 14. 12. Faller 14. 12. Weinzierl 14. 12. Dr. Frey (Bonn) 15. 12. Frau Welter (Aachen) 14. 12. Dr. Furler * 14. 12. Wendelborn 14. 12. Gewandt 14. 12. Werner 14. 12. Dr. Gradl 14. 12. Dr. Winter 14. 12. Freiherr zu Guttenberg 14. 12. Wittmer-Eigenbrodt 15. 12. Haage (München) 15. 12. Frau Zimmermann (Brackwede) 14. 12. Hahn (Bielefeld) 14. 12. Dr. Hamm (Kaiserslautern) 14. 12. b) Urlaubsanträge Hammersen 14. 12. Dr. Atzenroth 8. 1. 15. 12. Hauffe Günther 13. 1. Frau Dr. Hubert 14. 12. Jacobi (Köln) 15. 12. Jacobs 14. 12. Jürgensen 15. 12. Anlage 2 Kaffka 14. 12. Kemmer 14. 12. Schriftlicher Bericht Dr. Klein (Berlin) 14. 12. des Abgeordneten Regling zur Beratung des Münd- Klinker 14. 12. lichen Berichts des Finanzausschusses über den An- Kohlberger 14. 12. trag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP betr. Aus- Dr. Kreyssig * 14. 12. fuhrvergütung für Wasserfahrzeuge (Drucksachen Kriedemann * 14. 12. IV/737, IV/839). Kühn (Köln) 15. 12. Leber 14. 12. Am 7. Dezember 1962, in der 51. Sitzung des Bun- Lenz (Brühl) * 14. 12. destages, wurde dem Finanzausschuß die Druck- Dr. Löbe 14. 12. sache IV/737 betr. Ausfuhrvergütung für Wasser- Lohmar 15. 12. fahrzeuge überwiesen. Dr. Löhr * 14. 12. Der Finanzausschuß hat sich in seiner Sitzung am Lücker (München) * 14. 12. 12. 12. 1962 eingehend mit der Lage der deutschen Dr. Mälzig 14. 12. Seeschiffswerften beschäftigt. Er kam dabei zu der Margulies * 14. 12. Feststellung, daß die Ausfuhrvergütung nicht nur Mengelkamp 14. 12. bei Wasserfahrzeugen neu geregelt werden müsse, Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 15. 12. sondern schnellstens auch für andere Wirtschafts- Müller (Berlin) 15. 12. güter erfolgen solle. Das gilt gleichermaßen auch Müller (Remscheid) 14. 12. für die Überarbeitung der heutigen steuerlichen Murr 14. 12. Belastung bei der Einfuhr aller Güter. Die Bundes- Opitz 14. 12. Rademacher 15. 12. * Zur Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parla- Frau Renger 14. 12. ments. 2346 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 regierung hat sich zwar seit Monaten mit dem zugrunde legen, wenn der Beamte bei Anwendung t Gesamtproblem beschäftigt, sieht aber im Hinblick der Dienstzeitvorschriften der Verordnung bis zum auf die dabei erforderlichen Untersuchungen und Erreichen der Altersgrenze keine Jubiläumszuwen- Verhandlungen in den EWG-Gremien keine Mög- dung erhalten würde. lichkeit, in Kürze damit zum Abschluß zu kommen. Für Beamte, die nach bisherigen Bestimmungen Der Ausschuß äußerte große Bedenken aus dem nur eine Dankurkunde zu erwarten hatten, ist eine Gesamtkomplex heraus, wonach für alle Im- und entsprechende Übergangsvorschrift nicht vorgesehen. Exportgüter eine Neuregelung dringend erwartet In diesen Fällen bestand keine Anwartschaft auf wird, vorweg auf die Wünsche einzelner Branchen eine Geldzuwendung, die hätte gewährt werden einzugehen. Nach Darlegung der derzeitigen Situa- können. tion bei den Seeschiffswerften ist jedoch für diesen Bereich eine Sofortmaßnahme aus folgenden Grün- In Zukunft dürfte sich die Dienstzeitberechnung den gerechtfertigt: nach der Verordnung günstiger auswirken als bis- herige Berechnungsgrundsätze. Der Exportanteil der westdeutschen Werften be- Die Härten, die sich für eine Übergangszeit daraus trägt auf dem zivilen Sektor 80%, bei einzelnen ergeben, daß Jubiläumszuwendungen nach der Betrieben bis zu 90 %. Die in aller Welt für die kon- Jubiläumsverordnung erst ab 1. Oktober 1961 ge- kurrierenden Seeschiffswerften gewährten Steuer- währt werden können, waren bei der Beratung der erleichterungen, Finanzvergünstigungen bis hin zu Verordnung bekannt. Es wurde daher zunächst er- direkten Subventionen, haben die deutschen See- wogen, Beamten, die schon vor dem 1. Oktober 1961 schiffswerften in eine schwierige Lage gebracht, die eine Dienstzeit von 25, 40 oder 50 Jahren vollendet noch durch die Folgen der DM-Aufwertung verstärkt hatten und in den dauernden Ruhestand treten, ohne wurde. Die bedrohliche Wettbewerbssituation in eine Geldzuwendung erhalten zu haben, bei ihrem diesem stark exportintensiven Wirtschaftszweig ist Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst die Jubi- nicht auf mangelnde Initiative oder sonstige Pro- läumszuwendung zu gewähren, die sie zuletzt er- duktionsnachteile der deutschen Werften zurückzu- halten hätten. Eine solche allgemeine Regelung hat führen, sondern ausschließlich auf die den konkur- sich jedoch leider nicht erreichen lassen. Es konnten rierenden ausländischen Werften von deren Regie- vielmehr, wie eingangs erwähnt, nur bereits be- rungen gewährten offenen oder versteckten Wett- stehende Anwartschaften auf eine Geldzuwendung bewerbsvorteilen. in gewissem Umfange aufrechterhalten werden. Die Bundesregierung sollte daher, im Rahmen der ihr gegebenen Möglichkeiten; Maßnahmen zur Ge- währung einer höheren Ausfuhrvergütung, die der tatsächlichen durchschnittlichen Umsatzsteuer bei Anlage 4 Wasserfahrzeugen entspricht, schnellstens durch- Schriftliche Antwort führen. Der Ausschuß hat sich bei drei Enthaltungen auf des Herrn Ministerialdirektors Puhan auf die Münd- die Formulierung gemäß Drucksache IV/839 geeinigt liche Anfrage des Abgeordneten Metzger (Frage- und bittet das Hohe Haus, diesem Ersuchen an die stunde der 51. Sitzung vom 7. Dezember 1962, Druck- Bundesregierung zuzustimmen. sache IV/786, Frage XI/2) : Ich frage den Herrn Bundesfinanzminister, bis wann mit der Vorlage eines Gesetzes über Ausgleichsbeträge für Betriebe der Gebietskörperschaften, die ursprünglich für die Besatzungsmächte arbeiteten und jetzt für die Stationierungsmächte tätig sind, und dessen Verabschiedung in der Fragestunde vom 19. April 1961 für das Ende der damaligen Legislaturperiode in Aussicht ge- Anlage 3 stellt war, gerechnet werden kann. Die Stellungnahme des Bundesrates zu dem von Schriftliche Antwort der Bundesregierung in der dritten Leg islaturperi ode des Herrn Bundesminister Höcherl auf die Münd- eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Aus- liche Anfrage des Abgeordneten Schmitt-Vocken- gleichsbeträge für Betriebe der Gebietskörperschaf- hausen (Fragestunde der 50. Sitzung vom 5. Dezem- ten und für gleichgestellte Betriebe hat gezeigt, daß ber 1962, Drucksache IV/786, Frage IX/2) : zwischen der Bundesregierung und den Ländern grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten über Vor- Hält der Herr Bundesinnenminister es für angebracht, die Jubiläumszuwendung nach § 80 a des Bundesbeamtengesetzes aussetzung und Ausmaß der erforderlichen Aus- denjenigen Beamten nicht zu gewähren, deren Jubiläum — in Abweichung von den bisherigen Berechnungsgrundsätzen — nun- gleichsregelung bestehen. Da die Materie ides Geset- mehr auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Oktober 1961 festgesetzt zes in engem Zusammenhang mit dem Gemeinde- worden ist? steuersystem steht, hat es das Bundesministerium Für Bundesbeamte, die nach bisherigen Bestim- der Finanzen unter diesen Umständen zunächst für mungen eine Jubiläumszuwendung in Geld zu er- zweckmäßig gehalten, die Angelegenheit durch die warten hatten, kann die zuständige oberste Dienst- vorgesehene Sachverständigen-Kommission für die behörde nach § 8 Abs. 2 der Verordnung über die Finanzreform begutachten zu lassen. Da diese Kom- Gewährung von Jubiläumszuwendungen an Beamte mission ihre Arbeit noch nicht aufnehmen konnte, und Richter des Bundes vom 24. Mai 1962 (BGBl. I wird die Bundesregierung nunmehr prüfen, ob die S. 363) bis zum 30. September 1966 noch die Dienst- Arbeiten an dem Gesetzentwurf vorgezogen werden zeit nach den bisherigen Berechnungsgrundsätzen sollen. Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Dezember 1962 2347

Anlage 5 ches war nicht möglich, weil Herr Fritsch, dessen Schriftliche Antwort Interessen im übrigen durch einen Rechtsanwalt wahrgenommen wenden, bisher keine ausreichenden des Herrn Ministerialdirektors Puhan auf die Münd- Angaben zur Identifizierung der Gegenstände ge- liche Anfrage des Abgeordneten Dr. Bechert (Frage- macht hat. Damit fehlt es an der Grundlage für die stunde der 51. Sitzung vom 7. Dezember 1962, Druck- Bemessung des Schadensersatzbetrages. Die hierfür sache IV/794 Frage II) : erforderlichen Ermittlungen sollen nunmehr von der Wodurch ist es zu entschuldigen, daß in der Rückerstattungs- Wiedergutmachungskammer beim Landgericht Mün- sache Otto Ernst Frits ch, Altenstadt (Hessen), Frankfurter Str. 25, gegen Deutsches Reich — Az 377 630 — Zo —, die seit 1953 an- chen vorgenommen werden, an die die 'Sache auf- hängig ist, bis heute noch keine Entscheidung erging, das Ent- grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober schädigungsamt Wiesbaden vielmehr 5 Jahre brauchte, um sich schließlich für unzuständig zu erklären und die Sache an die 1962 im Einvernehmen mit Herrn Fritsch verwiesen Wiedergutmachungsbehörde in Berlin zu verweisen, die 3 Jahre brauchte, um ihre Unzuständigkeit festzustellen und die Sache worden ist. vor mehr als 1 Jahr nach München zu verweisen? Zu etwaigen Verzögerungen, die im Entschädi- Im besonderen Auftrag des Herrn Ministers über gungsverfahren eingetreten sind, vermag ich nicht die bisherige Behandlung der Rückerstattungssache Stellung zu nehmen, da das Bundesentschädigungs- Fritsch teile ich Ihnen folgendes mit: gesetz von den Ländern in eigener Zuständigkeit durchgeführt wird. Herr Fritsch hat im Jahre 1953 beim Entschädi- gungsamt Wiesbaden Entschädigungsansprüche an- Das Rückerstattungsverfahren hätte m. E. seit lan- gemeldet. Soweit dabei auch Ansprüche aus der Ent- gem erledigt werden können, wenn Herr Fritsch die ziehung feststellbarer Vermögensgegenstände her- Ansprüche rechtzeitig substantiiert hätte. geleitet wurden, waren sie wegen der Subsidiarität des Entschädigungsrechts gegenüber dem Rückerstat- tungsrecht (§ 5 BEG) im Entschädigungsverfahren Anlage 6 nicht durchsetzter. Diese Ansprüche konnten seiner- zeit aber auch nicht in einem Rückerstattungsver- Schriftliche Antwort fahren mit Erfolg geltend gemacht werden, weil die des Herrn Staatssekretärs Hopf auf die Mündliche Anmeldefristen nach den von den alliierten Militär- Anfrage des Abgeordneten Lohmar (Fragestunde regierungen für die einzelnen Zonen Westdeutsch- der 52. Sitzung vom 12. Dezember 1962, Drucksache lands und für Berlin (West) erlassenen Rückerstat- IV/832, Frage V) : tungsgesetzen 1953 bereits abgelaufen waren. Die Beabsichtigt die Bundesregierung eine Ausweitung des Trup- Rechtsgrundlage zur Verfolgung solcher Ansprüche penübungsplatzes Senne über die sogenannte Brunnenreihe hin- hat vielmehr erst das am 23. Juli 1957 in Kraft ge- aus? tretene Bundesrückerstattungsgesetz (BRüG) ge- Wie ich bereits in der Fragestunde am 7. Dezem- bracht. Gemäß § 30 BRUG ist dann die Sache an die ber 1961 festgestellt habe, kann wegen des untrag- 'Berliner Rückerstattungsorgane verwiesen und — baren Mangels an Übungsmöglichkeiten auf das nach Klärung der örtlichen Zuständigkeit — an die westlich der Brunnenreihe liegende Gelände des Wiedergutmachungsorgane in München weiterver- Truppenübungsplatzes Senne nicht verzichtet wer- wiesen worden. den. Die Oberfinanzdirektion München hat den ihr erst Nach Möglichkeit soll bis Ende 1965 das über- am 19. Februar 1962 zugestellten Anspruch des wiegend im Bundeseigentum befindliche Erweite- Herrn Fritsch im Mai 1962 dem Grunde nach an- rungsgebiet freigemacht und der Rest, soweit er erkannt. Eine Einigung über die Höhe des Anspru- nicht bundeseigen ist, erworben werden.