SCHIEDSRICHTER ZEITUNG 06 OFFIZIELLES MAGAZIN DES DEUTSCHEN FUSSBALL-BUNDES 2019 NOV / DEZ

Beim DFB-Bundestag in Frankfurt/Main wurde auch über eine Strukturreform des Schiedsrichterwesens abgestimmt.

Titelthema Lehrwesen Report Zeitreise REFORM BEI DEN REGEL 12 KOMPETENZ EIN MANN DER SCHIEDSRICHTERN IM WANDEL AM MIKROFON ERSTEN STUNDE Udo Penßler-Beyer wird Vorsitzender Anmerkungen zum Regelkunde für Simon Rosenberger zählte zu im DFB-Schiedsrichterausschuss DFB-Lehrbrief Nr. 87 TV-Kommentatoren den Schiedsrichter-Pionieren ADIDAS.DE/FUSSBALL 3

EDITORIAL INHALT

LIEBE LESERINNEN TITELTHEMA 4 Professioneller – und weiter UND LESER, eine Einheit Die Ergebnisse des ­DFB-­Bundestags beim DFB-Bundestag Ende September in Frankfurt am Main wurde nicht nur mit Fritz Keller ein neuer Präsident 10 „Offen für neue Entwicklungen“ gewählt, sondern es gab auch für viele Bereiche eine Interview mit Udo Penßler-Beyer umfassende Strukturreform. Inwieweit die Schiedsrich- ter davon betroffen sind, darüber berichtet Alex Feuer- PANORAMA herdt detailliert auf den folgenden Seiten der vorlie- 12 Zehn DFB-Referees bei genden Schiedsrichter-Zeitung. UEFA-Lehrgang­ Dass diese zum Teil tiefgreifende Reform von den Dele- LEHRWESEN gierten beim Bundestag einstimmig beschlossen wurde, 14 Ständig im Wandel ist das Ergebnis einer intensiven Vorbereitung, an der Der Inhalt des aktuellen ▼ viele Verantwortliche beteiligt waren: Vertreter von DFB ­DFB-­Lehrbriefs Nr. 87 RONNY ZIMMERMANN, und DFL, Funktionäre, aber auch aktive Unparteiische. ALS VIZEPRÄSIDENT Wir haben versucht, bei der Planung weitestgehend REGEL-TEST ZUSTÄNDIG FÜR jeden „mitzunehmen“, der mit dem Bereich Schiedsrich- 16 Über die Latte DAS SCHIEDSRICHTER- ter zu tun hat. Zusätzlichen Input von außen lieferten WESEN IM DFB die DOSB-Führungsakademie sowie eine externe Bera- REPORT tungsagentur, die den Strukturprozess begleitet haben. 18 Kompetenz am Mikrofon Regelkunde für Sky-Reporter Angesichts der nun gefassten Beschlüsse sind wir überzeugt, für die kommen- den Jahre optimal aufgestellt zu sein. Der Elite-Bereich hat sich den gestiege- ANALYSE nen Anforderungen des Profifußballs weiter angepasst. Der Fußball rückt durch 22 Die Theorie in der Praxis die mediale Begleitung immer stärker ins öffentliche Interesse, darüber hinaus Die jüngsten Regeländerungen fordern uns aktuelle Projekte wie die Weiterentwicklung des Video-Assistenten und ihre Umsetzung heraus.

ZEITREISE Diesen Aufgaben gerecht zu werden, erfordert zusätzliche Ressourcen. Des- 28 Simon Rosenberger – halb haben wir die Anzahl der fest angestellten Mitarbeiter in den vergangenen der vergessene Pionier Monaten deutlich erhöht – in der sportlichen Führung, aber auch in der Schiedsrichter „der ersten Stunde“ ­DFB-Zentralverwaltung in Frankfurt/Main. Mehr Inhalte verlangen mehr Man- power. Will man professionalisieren, muss man bereit sein, Geld in hauptamt- AUS DEN VERBÄNDEN liche Mitarbeiter zu investieren. 32 Schiedsrichter im Streik Aus dem DFB-Schiedsrichterausschuss haben wir den Elite-Bereich weitest­ VORSCHAU gehend herausgelöst, sodass man sich in diesem Gremium künftig fast aus- 34 Tagung der Obleute und schließlich um die Themen der Amateure kümmern kann. So erfährt die Basis Lehrwarte­ an dieser Stelle eine Aufwertung, denn die Mitglieder des DFB-Schiedsrichter- ausschusses können sich jetzt noch intensiver so wichtigen Themen wie der Gewinnung und Erhaltung von Unparteiischen widmen.

Die Welt der Amateure ist regional und damit dezentral aufgestellt. Im ­DFB-Schiedsrichterausschuss wird man trotzdem auch weiterhin darüber dis- kutieren, welche Bereiche man bundesweit vereinheitlichen kann. Mit der Ein- führung des Patensystems als Baustein der Schiedsrichter-Ausbildung und der Qualifizierung der Kreis-Obleute und -Lehrwarte wurden in jüngster Vergan- genheit gute Ideen realisiert.

Den neu- und wiedergewählten Funktionsträgern wünsche ich abschließend SCHIEDSRICHTER ZEITUNG 06 OFFIZIELLES MAGAZIN DES DEUTSCHEN FUSSBALL-BUNDES 2019 dasselbe wie allen Schiedsrichtern, die regelmäßig auf den Sportplätzen im NOV / DEZ Einsatz sind: ein glückliches Händchen bei allen Entscheidungen!

Euer

Die Schiedsrichter- Beim DFB-Bundestag in Frankfurt/Main wurde auch über eine Strukturreform des Schiedsrichterwesens abgestimmt. Zeitung gibt es auch

Titelthema Lehrwesen Report Zeitreise REFORM BEI DEN REGEL 12 KOMPETENZ EIN MANN DER SCHIEDSRICHTERN IM WANDEL AM MIKROFON ERSTEN STUNDE Udo Penßler-Beyer wird Vorsitzender Anmerkungen zum Regelkunde für Simon Rosenberger zählte zu zum Download auf im DFB-Schiedsrichterausschuss DFB-Lehrbrief Nr. 87 TV-Kommentatoren den Schiedsrichter-Pionieren www.dfb.de TITELTHEMA 4 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019 PROFESSIONELLER – UND WEITER EINE EINHEIT

Der neu gewählte DFB-Schiedsrichterausschuss traf sich Mitte Oktober zu seiner konstituierenden Sitzung. 5

Der DFB-Bundestag hat eine Strukturreform im Schiedsrichter- wesen beschlossen. An die Stelle des alten Schiedsrichter­ ausschusses mit zwei Kommissionen für das Elite- und das Amateur­lager treten nun eine Schiedsrichterführung für den Elitebereich und ein neu ausgerichteter Schiedsrichteraus- schuss für die DFB-Spielklassen bei den Amateuren, Frauen und Junioren sowie im Futsal und Beachsoccer.

Der Antrag mit der Nummer 10 ist auf den ersten Blick Im Zuge der Strukturreform wurden diese Gremien auf- TEXT nur einer von vielen an den DFB-Bundestag. „Betreff: gelöst. Ersetzt worden sind sie durch einen Schiedsrich- Alex Feuerherdt § 55 DFB-Satzung“ ist er nüchtern überschrieben, gestellt terausschuss und eine Schiedsrichterführung für den hat ihn das Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes. Elitebereich. Letztere nimmt die Aufgaben des Schieds- Der DFB-Bundestag möge beschließen, den besagten richterwesens in der , der 2. Bundesliga, der Paragrafen neu zu fassen, heißt es darin. In § 55 ist gere- 3. Liga, dem DFB-Pokal sowie dem Supercup wahr und gelt, welche Gremien die Aufgaben des Schiedsrichter- kümmert sich darüber hinaus um die deutschen Refe- wesens innerhalb des DFB wahrnehmen. Das wird nun rees in den internationalen FIFA- und UEFA-Wettbewer- neu organisiert, denn im Antrag, der vom DFB-Bundes- ben der Männer. tag einstimmig verabschiedet wurde, geht es um nicht weniger als eine Strukturreform. Das Schiedsrichterwe- sen innerhalb des DFB stellt sich neu auf, es wird noch professioneller, die Rollen, Aufgaben und Verantwort- lichkeiten werden klarer – im Profifußball wie auch bei den Amateuren.

Das hat gute Gründe: „Die Anforderungen an ein pro- fessionelles Schiedsrichterwesen sind deutlich gestie- gen“, sagt Florian Götte. Der 30-Jährige ist beim DFB der Abteilungsleiter Schiedsrichter und vor allem für die administrativen Dinge zuständig. „Es gibt einen immen- sen Anstieg der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung des Fußballs und eine Professionalisierung aufseiten der Vereine und Verbände“, betont er. Durch die Digitalisierung seien Schiedsrichter-Entscheidun- gen „gläsern“ und allzeit abrufbar geworden, die Un­parteiischen stünden deutlich mehr im Fokus der Medien als früher, erst recht nach der Einführung des Video-Assistenten. „Das Schiedsrichterwesen hat sich schon in den vergangenen Jahren auf der Basis der bis- herigen strukturellen Voraussetzungen weiterentwi- ckelt“, sagt Götte, „nun soll der nächste Schritt erfolgen, um für zukünftige Anforderungen gerüstet zu sein.“

Dazu gehört es, die Bereiche Elite und Amateure inner- halb des DFB weiterzuentwickeln und zugleich weiter- hin eine Durchlässigkeit zu gewährleisten. Bislang gab es einen Schiedsrichterausschuss, der zur Erledigung seiner Aufgaben zwei selbstständige Kommissionen Florian Götte verantwortet als Abteilungsleiter Schiedsrichter den administrativen bildete, nämlich die Schiedsrichter-Kommission Elite Bereich, wie Organisation, Budgetverantwortung und Personalführung. Er ist dabei auch und die Schiedsrichter-Kommission Amateure. für die Leitung des Strukturprojekts zuständig. TITELTHEMA 6 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019

Sportliche Leitung Elite

Regelauslegung

Qualifizierung/ Technologie/ Coaching Talentförderung Training Innovation

Der Schiedsrichterausschuss wiederum ist zuständig für len, vor einem Jahr waren es lediglich zehn – mehr „Man- das Schiedsrichterwesen im Amateurfußball sowie in power“ für noch mehr Professionalität. den Wettbewerben der Frauen-Bundesliga, der 2. Frauen- Bundesliga, der B-Juniorinnen-Bundesliga, des Geführt wird der Elitebereich innerhalb der Direktion ­DFB-Pokals der Frauen, der A- und der B-Junioren-Bun- Verbände, Vereine und Ligen wie bisher vom Sport- desliga, des DFB-Pokals der Junioren sowie im Futsal lichen Leiter Lutz Michael Fröhlich und dem operati- und im Beachsoccer. Zudem ist er verantwortlich für die ven Abteilungsleiter Florian Götte. Fröhlich trägt dabei Referees in internationalen Frauen-, Futsal- und Beach- die fachliche Verantwortung, zu seinen Aufgaben soccer-Wettbewerben. Die Anbindung beider Bereiche zählen die sportliche Führung der Schiedsrichter, an das DFB-Präsidium bleibt weiterhin bestehen. deren Entwicklung und Leistungsbeurteilung, die Ansetzungen, die Kaderplanung und die externe Kom- MEHR „MANPOWER“ FÜR NOCH MEHR munikation. Götte verantwortet den administrativen PROFESSIONALITÄT Bereich, die Personalführung und das Budget, er küm- mert sich um Verträge, Honorare und die Rahmenbe- Florian Götte erklärt, was das bedeutet: „Mit Blick auf dingungen. die gestiegenen Anforderungen des Profifußballs wird die sportliche Leitung der Elite-Schiedsrichter in das Neben Lutz Michael Fröhlich setzt sich die sportliche Hauptamt überführt. Der inhaltlich neu ausgerichtete Leitung der Elite-Schiedsrichter aus den folgenden Per- und funktional neu aufgestellte Schiedsrichterausschuss sonen zusammen: verantwortet den Schiedsrichterbereich Amateure. Er stellt darüber hinaus die Zusammenarbeit mit dem Eli- –  ist für das Coaching verantwortlich, tebereich und damit die Einheit des Schiedsrichterwe- das heißt: für die Coachingteams in den höchsten sens sicher.“ Der Bereich Elite sei dabei „durch Neuein- drei deutschen Ligen der Männer, die Schiedsrichter- stellungen und Überführungen von Ehrenamtlichen und Beobachter und die Spielanalysten. Jan-Hendrik Sal- Honorarkräften in die Festanstellung personell erweitert ver (Coaching Schiedsrichter-Assistenten) und Rainer worden“. Werthmann (Coaching 2. Bundesliga) unterstützen das Team in diesem Bereich. Und auch im Schiedsrichterbereich Amateure wurden die Personalressourcen erweitert. Mittlerweile gibt es – Peter Sippel verantwortet den Bereich Qualifizierung im Schiedsrichterwesen 21 hauptamtliche Personalstel- und Training, wozu die Trainingslager und die Zusam- 7

DFB-Präsidium/Vorstand

Schiedsrichte- Schiedsrichterausschuss rinnen Bundesligen

Fußballvarianten Landes- und Spielbetrieb (Futsal/Beach- Regional- Qualifizierung Öffentlichkeitsarbeit soccer) verbände

menarbeit mit Referenten, Trainern, Physiotherapeu- DIE EINHEIT DES SCHIEDSRICHTER­ ten, Psychologen und einem medizinischen Netzwerk WESENS BLEIBT GEWÄHRLEISTET gehören. Der neue Schiedsrichterausschuss wiederum ist für den – Dr. Jochen Drees ist für Technologie und Innovation großen Bereich des Amateur-, Frauen- und Juniorenfuß- zuständig, was vor allem die Schulung und Beobach- balls auf DFB-Ebene zuständig. Geführt wird er vom tung der Video-Assistenten umfasst. Vorsitzenden Udo Penßler-Beyer. Außerdem gehören dem Ausschuss zwei Vertreter des Süddeutschen Fuß- – Die hauptamtliche Stelle der Leitung für den Bereich ball-Verbandes, je ein Vertreter der vier anderen Regi- der Schiedsrichter-Talentförderung ist noch zu onalverbände, eine Verantwortliche für den Bereich besetzen. Ihre Aufgabe wird es nicht zuletzt sein, mit Schiedsrichterinnen, ein Lehrwart, zwei Vertreter des den Coaches im Bereich der Talentförderung zusam- Schiedsrichter-Elitebereichs, ein Vertreter der jungen menzuarbeiten und die Talentförderung gemeinsam Generation, zwei Vertreter der DFL und ein Vertreter der mit dem Schiedsrichterausschuss strategisch weiter- DFB-Zentralverwaltung an. zuentwickeln. Zu den Aufgaben des Schiedsrichterausschusses zählt Mit dieser Neustrukturierung wird die Professionalisie- beispielsweise die Ansetzung von Schiedsrichter-Teams rung des Schiedsrichterwesens im bezahlten Fußball und Schiedsrichter-Beobachtern zu den Spielen in den weiter vorangetrieben. „Da damit auch wirtschaftliche betreffenden Spielklassen und Wettbewerben. Zudem Aktivitäten einhergehen, ist zudem die Übertragung des veranstaltet er Qualifizierungsmaßnahmen für Unpar- Elitebereichs der Schiedsrichter in eine eigenständige teiische, Schiedsrichter-Beobachter, weitere Gremien- GmbH geplant“, erläutert Florian Götte. Der DFB fun- mitglieder und Mitarbeiter im Schiedsrichterwesen des giert im professionellen Schiedsrichterbereich gewis- DFB und seiner Regional- und Landesverbände. sermaßen als Dienstleister für die Deutsche Fußball Liga (DFL), etwa indem er die Unparteiischen für die Bundes- Der Ausschuss entwickelt und fördert das Schiedsrich- liga und die 2. Bundesliga zur Verfügung stellt. Die Bun- terwesen und übernimmt alle Aufgaben aus dem Bereich desliga-Schiedsrichter sind dabei keine Angestellten des Schiedsrichterwesens des DFB, die nicht ausdrück- des DFB, sondern Selbstständige, die mit Jahresverträ- lich der Schiedsrichterführung für den Elitebereich gen ausgestattet sind. zu­gewiesen sind und die nicht allein den Elitebereich betreffen. Verantwortlich ist er in Person von Schieds- TITELTHEMA 8 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019

Schiedsrichterausschuss

Vorsitzender Vertreter des Präsidiums Udo Penßler-Beyer Ronny Zimmermann

Mitglieder

Michael Weiner Norddeutscher FV Andreas Thiemann Westdeutscher FV Heribert Ohlmann FRV Südwest Florian Steinberg Süddeutscher FV Walter Moritz Süddeutscher FV Ansgar Schwenken DFL Deutsche Fußball Liga Andreas Nagel DFL Deutsche Fußball Liga Christine Baitinger Schiedsrichterinnen Florian Götte DFB-Zentralverwaltung Lutz Wagner Lehrwart Lutz Michael Fröhlich Vertreter Schiedsrichter-Elitebereich N.N. Vertreter Schiedsrichter-Elitebereich N.N. Vertreter der jungen Generation

richter-Lehrwart Lutz Wagner darüber hinaus für die Aus- legung des Regelwerks. Dabei findet eine Abstimmung mit dem Elitebereich statt, der seinerseits für Auslegun- gen des Regelwerks zuständig ist, die ausschließlich ihn betreffen, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Video-Assistenten oder dem Vierten Offiziellen.

Die Strukturreform im Schiedsrichterwesen bedeutet nicht, dass der Elitebereich vom Amateurbereich voll- ständig entkoppelt wird und beide streng getrennt von- Die Regelauslegung einander arbeiten. „Die Durchlässigkeit und ein regel- und Lehrarbeit (unten: mäßiger Austausch zwischen beiden Bereichen ist von DFB-Lehrwart Lutz großer Bedeutung, nicht zuletzt im Bereich der Talent- Wagner) sowie die förderung und der Regelauslegung“, sagt Florian Götte. Talentförderung Als Beispiel für eine solche Zusammenarbeit nennt er bilden weiterhin Schnittstellen, die die Lehrgänge des DFB, die für die durchweg jungen einheitlich umgesetzt Schiedsrichter-Assistenten in den Junioren-Bundesligen werden. veranstaltet werden und um die sich Jan-Hendrik Salver kümmert. Salver ist zugleich der Headcoach der Schieds- richter-Assistenten im Elitebereich.

Die Notwendigkeit einer solchen Kooperation hat auch Helmut Geyer deutlich gemacht, der Vorsitzende der nun aufgelösten Schiedsrichter-Kommission Amateure. In der Schiedsrichter-Zeitung 5/2019 sagte er: „In naher Zukunft werden wir nur noch spezialisierte Assistenten in den höchsten zwei bis drei Ligen haben. Und das bedeutet, dass wir mit der Spezialisierung nicht erst in diesen Ligen anfangen können. Wir müssen beispiels- weise dahin kommen, dass ein Regionalliga-Assistent den Entwicklungsweg beschreiten kann, als spezialisier- ter Assistent auch in die Profispielklassen zu gelangen. Das würde dann natürlich auch die Notwendigkeit von Speziallehrgängen weiter erhöhen. Sie müsste es dann nicht mehr nur auf DFB-Ebene geben, sondern auch auf der Ebene der Landesverbände.“ 9

Ein Zusammenwirken des Schiedsrichterbereichs Elite rian Götte. Die Einheit des Schiedsrichterwesens sei ein und des Schiedsrichterausschusses ist ausdrücklich im eminent hohes Gut, „und die Strukturreform trägt dem neuen § 55 der DFB-Satzung festgelegt, der eine Koope- selbstverständlich Rechnung“. ration beider Gremien in wichtigen Fragen vorschreibt. Strukturell findet dies beispielsweise darin ihren Nie- Durch sie seien die Unparteiischen innerhalb des DFB derschlag, dass dem Schiedsrichterausschuss auch zwei nun noch besser aufgestellt, im Profifußball wie auch Vertreter des Elitebereichs angehören. „Schon dadurch im Amateurbereich. „Die neue Struktur ist in allen Berei- wird eine enge Abstimmung gewährleistet“, erklärt Flo- chen moderner und zeitgemäßer“, sagt Götte.

Die sportliche Leitung der Elite- Schiedsrichter wurde personell aufgestockt: Florian Meyer, Peter Sippel, Jan-Hendrik Salver (unten von links), Rainer Werthmann, Lutz Michael Fröhlich, Dr. Jochen Drees und Eugen Strigel (oben von links). Letzterer war bis zum DFB-Bundestag­ Mitglied in der Schiedsrichter- Kommission Elite, er unterstützt die sportliche Leitung bis Saisonende noch im Beobachtungsbereich.

Generalsekretär Dr. Friedrich Curtius Direktorin Heike Ullrich

Sportlicher Leiter Abteilungsleiter Lutz Michael Fröhlich Florian Götte

§ Fachliche/Sportliche Verantwortung § Verantwortung administrativer Bereich § Sportliche Führung der Schiedsrichter § Personalführung & Budgetverantwortung § Entwicklung/Leistungsbeurteilung § Verträge und Honorare § Ansetzungen/Kaderplanung § Organisation und Rahmenbedingungen § Externe Kommunikation § Disziplinarische Verantwortung

Leiter Coaching Leiter Qualifizierung & Training Leiter Technologie & Innovation Leiter Talentförderung Florian Meyer Peter Sippel Dr. Jochen Drees N.N.

§ Coaching-Teams BL/2BL/3L/SRA § Referenten § VA-Coaches/-Beobachter § Coaches Talentförderung § Beobachter § Trainer/Physiotherapeuten § Admin-Team Technologie & Innovation § Schnittstelle RV/LV § Spielanalysten § Psychologen § Admin-Team Talentförderung § Admin-Team Coaching § Medizinisches Netzwerk § Admin-Team Qualifizierung & Training TITELTHEMA 10 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019 „OFFEN FÜR NEUE ENTWICKLUNGEN“

Seit sechs Jahren ist Udo Penßler- Beyer Mitglied im DFB-Schieds- richterausschuss. In der Ver­ gangenheit vertrat er dort die Interessen des Nordostdeutschen Fußballverbandes – ab sofort übernimmt er im höchsten deut- schen Schiedsrichter-Gremium den Vorsitz.

INTERVIEW err Penßler-Beyer, herzlichen Glückwunsch zur Welche Veränderungen wird es durch die jüngste Struk- David Bittner Wahl zum Vorsitzenden des DFB-Schiedsrichter­ turreform und unter Ihrem Vorsitz für die Schiedsrich- Alex Feuerherdt H ausschusses. Wie verändert sich mit dem neuen ter im Amateurbereich geben? Posten künftig Ihr persönliches Aufgabengebiet? Die Schiedsrichter in den Landesverbänden werden von Bisher war ich innerhalb der Kommission Amateure vor der Strukturreform bei ihrer „täglichen Arbeit“ kaum allem zuständig für die Zusammenarbeit mit den Mitar- etwas mitbekommen. Eines unserer wichtigsten Ziele beitern für Öffentlichkeitsarbeit der Landesverbände war es, auch unter den geänderten Bedingungen eine und für die Organisation von „Danke Schiri.“. Darüber Stimme für mehr als 60.000 Schiedsrichter in Deutsch- hinaus habe ich bei den Obleute-Weiterbildungen mit- land auf der obersten Ebene des DFB als deren Interes- gewirkt. Wie die künftige Aufgabenverteilung im Schieds- senvertretung zu erhalten. Auch die Arbeit der Funkti- richterausschuss konkret aussieht, werden wir gemein- onsträger an der Basis wollen wir weiter in enger sam in der konstituierenden Sitzung beraten. Es ist jedoch Zusammenarbeit mit den Landesverbänden unterstüt- davon auszugehen, dass sich mein künftiges Aufgaben- zen, ohne bisherige bewährte Inhalte und Formate grund- gebiet stärker auf koordinierende, repräsentative und sätzlich infrage zu stellen, aber auch unter dem Aspekt, administrative Dinge ausrichten wird. für neue Entwicklungen offen zu sein.

Was hat Sie motiviert, sich für das Amt des Vorsitzen- Lediglich bei der künftigen Gestaltung des unmittel- den zur Verfügung zu stellen? baren Übergangs zum Elitebereich – also an der obers- ten Spitze der Amateur-Schiedsrichter – werden wir Ich habe fast alle Leitungsebenen im Schiedsrichterwe- zumindest zum Teil über neue Wege und Verknüpfun- sen durchlaufen. Dabei habe ich als Kreis-Obmann, Ver- gen nachdenken müssen, wenn wir den wachsenden bands-Obmann und Regional-Obmann eine ganze Anforderungen des Elitebereichs auch in Zukunft best- Menge positiver, manchmal auch negativer Erfahrungen möglich gerecht werden wollen. Hervorheben möchte gesammelt, die ich bisher immer in die Entwicklung des ich an dieser Stelle aber, dass die Entwicklung unserer Schiedsrichterwesens einbringen konnte. In den ver- Schiedsrichterinnen künftig wesentlich stärker in Frau- gangenen sechs Jahren haben wir in der Kommission enhand liegt als bisher. Dadurch erhoffen wir uns neue Amateure unter Leitung von Helmut Geyer vieles für Impulse, um auch hier die Entwicklung voranzutreiben. den Amateurbereich auf den Weg gebracht. Ich verweise dazu auf sein Interview in der letzten Ausgabe der Wie kann und soll trotz der Trennung von Elite und Schiedsrichter-Zeitung. Diese Arbeit möchte ich im Amateuren künftig noch ein Austausch zwischen bei- bewährten Team fortsetzen und dabei meine Erfahrun- den Bereichen gewährleistet werden? gen aus 34 Jahren Funktionärsarbeit einbringen. 11

Der künftige Austausch zwischen beiden Bereichen ist schon dadurch gewährleistet, dass im neuen Schiedsrichterausschuss auch zwei Vertreter des hauptamtlich geführten sportlichen Bereichs der Elite- ZUR PERSON Schiedsrichter vertreten sind. Somit ist einerseits Im Jahr 1975 hat Udo Penßler-Beyer Jahre lang als Kreis-Obmann. Es folg- sichergestellt, dass die Vertreter des Amateurbereichs als damals 15-Jähriger die Ausbil- ten die Lehrwart-Tätigkeit im Bezirk aus erster Hand über aktuelle Vorhaben und Entwick- dung zum Schiedsrichter absolviert. und Verband. Von 2004 bis 2013 war lungen im Elitebereich informiert werden und ihre Bis 1990 war er Assistent in der DDR- er stellvertretender Vorsitzender im Meinung hierzu einbringen können, andererseits aber Liga, der damals zweithöchsten Spiel- Schiedsrichterausschuss des Nord- auch der Elitebereich unmittelbar in die Arbeit im klasse, von 1990 bis 1992 Schieds- ostdeutschen Fußballverbandes und Amateurbereich, insbesondere in die Arbeit mit den richter der Oberliga, der damals dort verantwortlich für das Beobach- Schiedsrichtern der Junioren-Bundesligen, eingebun- höchsten Amateurspielklasse. Seine tungswesen. Als er im Jahr 2013 den den ist und dabei eigene Vorstellungen artikulieren Funktionärstätigkeit begann er Vorsitz dieses Gremiums übernahm, kann. Dass dazu auch die Auffassung der DFL Berück- bereits 1980 auf Kreisebene, wurde er zudem auch Mitglied im sichtigung finden wird, ist logisch und wird durch die zunächst als Beisitzer und danach 15 DFB-Schiedsrichterausschuss. Mitgliedschaft zweier Vertreter im Ausschuss berück- sichtigt.

In welchen konkreten Bereichen wird es eine Verzah- nung zwischen den Bereichen Elite und Amateure Bei der Ausbildung und Zertifizierung der Lehrwarte hat geben? sich unser Konzept sehr gut bewährt, die Qualität der Ausbildung in den Verbänden hat spürbar zugenommen. Das sind im Wesentlichen zwei Bereiche: Zum einen wird Schon wegen der hohen Fluktuation in diesem Bereich es auch künftig nur einen DFB-Lehrwart geben, der für ist ein Ende dieser Ausbildung nicht abzusehen und die Regelauslegung innerhalb des Schiedsrichterbe- demzufolge auch nicht gewollt. Auch bei der Ausbil- reichs verantwortlich ist, sofern es sich hierbei nicht um dung der Kreis-Obleute sind wir seit mittlerweile vier Dinge handelt, die nur die Elite betreffen (VAR). Zum Jahren ein gutes Stück vorangekommen und haben von anderen wird die Schnittstelle Talent-Scouting weiter deutlich mehr als 90 Prozent der Teilnehmer ein posi- auszubauen und mit konkreten Inhalten auszustatten tives Feedback bekommen. Wir haben inzwischen rund sein, damit auch zukünftig gewährleistet ist, dass die 300 Obleute erfasst und arbeiten im Moment an einem besten Schiedsrichter des Amateurbereichs den Sprung Konzept 2.0. Wir wollen weiterhin sicherstellen, dass in die Elite schaffen, und das mit möglichst wenig Anlauf- Obleute, die dieses schwierige Amt an der Basis über- schwierigkeiten. nehmen, optimal darauf vorbereitet werden, wollen aber andererseits auch Fortbildungen für die Funktionäre Helmut Geyer sagte in der Schiedsrichter-Zeitung, die anbieten, die die Basisausbildung bereits absolviert und Spezialisierung bei den Assistenten müsse bereits in dort den Wunsch nach speziellen weiterführenden The- den Amateurklassen beginnen. In naher Zukunft werde men geäußert haben. es nur noch spezialisierte Assistenten in den höchsten zwei bis drei Ligen geben. Wörtlich sagte Geyer: „Wir Ansonsten wird es sicherlich Ihre Aufgabe sein, neue müssen dahin kommen, dass ein Regionalliga-Assis- Lösungen für alte Probleme zu finden, zum Beispiel tent den Entwicklungsweg beschreiten kann, als spe- was den Rückgang der Schiedsrichter-Zahlen oder die zialisierter Assistent auch in die Profi-Spielklassen zu zunehmende Gewalt gegenüber Unparteiischen gelangen. Er würde sich dann nicht über eine Schieds- betrifft. In welchen Bereichen haben Sie die Hoffnung, richterliste qualifizieren, sondern über eine eigene neue Impulse geben zu können? Assistentenliste.“ Ist das ein Projekt, das Sie voran- treiben werden? Ich habe Mitte der 1980er-Jahre das Amt des Kreis- Obmanns übernommen. Schon damals waren die The- Dass wir die Professionalisierung auch im Assistenten- men Schiedsrichtergewinnung und -erhaltung Dauer- bereich weiter vorantreiben müssen, ist unstrittig. Es brenner. Wenn es dafür die ideale Lösung gäbe, hätte wird darüber zu reden sein, ab welcher Spielklasse eine man sie also inzwischen sicher gefunden. Wir müssen solche Spezialisierung Sinn macht, denn am Ende ist auch in Zukunft immer wieder nach neuen, zeitgemä- auch der Assistent ein Stück weit Schiedsrichter und ßen Wegen suchen, dieser Probleme Herr zu werden. sollte wissen, wie es ist, auf dem Platz zu stehen. Außer- Wichtig dabei ist, dass wir einerseits die Sprache der dem wird es oft schon in den Verbandsligen kaum mög- Jugend sprechen, uns auf die vielen neuen Herausfor- lich sein, eine strikte Trennung der Ausbildungsrichtun- derungen einstellen, aber andererseits auch die Sorgen gen vorzunehmen, da uns dazu rein quantitativ zu wenig und Belange der älteren Freunde berücksichtigen, die Aktive zur Verfügung stehen. Woche für Woche auf den untersten Ebenen unter teil- weise schwierigsten Bedingungen ihrem Hobby nach- Ein Tätigkeitsschwerpunkt des DFB-Schiedsrichter- gehen. Was das Thema „Gewalt gegenüber Schieds- ausschusses war in der Vergangenheit die Ausbildung richtern“ angeht, kann die Devise nur „null Toleranz“ und Qualifizierung von Obleuten und Lehrwarten. heißen. Hier muss zwingend mit allen Möglichkeiten Inwieweit liegen schon Erkenntnisse über den Erfolg des Sportrechts, aber auch des Zivilrechts nach Mitteln dieser Maßnahmen vor und sollen diese auch in Zukunft gesucht werden, damit Schiedsrichter nicht zum Frei- fortgeführt werden? wild werden. MELDUNGEN 12 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019 PANORAMA NEUE WECHSEL-REGELUNG BEI KOPFVERLETZUNGEN?

Die Regelhüter des International Football mann. In der National Football Association Board (IFAB) denken offenbar League (NFL) ist dies bereits über eine Veränderung des Regelwerks nach: ­gängige Praxis: Verletzt sich hier Denn bei Kopfverletzungen könnte es bald ein Spieler am Kopf, muss er das nach NFL-Vorbild eine neue Wechsel-Rege- sogenannte „Concussion Proto- lung geben. Wird ein Spieler wegen des Ver- col“ durch­laufen. Er muss sich dachts auf Gehirnerschütterung unter- dabei einer Reihe von Tests sucht, könnte zukünftig in diesem Zeitraum unterziehen, bevor er wieder auf ein Auswechselspieler einspringen. Das das Spielfeld zurückkehren darf. berichtete sport1.de unter Berufung auf das So sollen Folge­schäden nicht Magazin „The Athletic“. Im Oktober wolle diagnostizierter Gehirnerschüt- der IFAB über die neue Idee beraten. terungen minimiert werden.

Die Regeländerung soll verhindern, dass ­Trainer betroffene Spieler vorzeitig wieder auf das Feld zurückschicken, um die entstan- dene Unterzahlsituation zu beenden. Statt- dessen sollen die Ärzte zehn Minuten Zeit Spieler, die sich am Kopf verletzen, haben, um den Spieler in Ruhe zu untersu- sollen vielleicht schon bald längere chen. In der Zwischenzeit spielt der Ersatz- Zeit untersucht werden können.

HUNGRIGE VIDEO-ASSISTENTEN IN Z U V I E L GRIECHENLAND U N K R AU T:

Die Einführung des Video-Assistenten (VAR) richtenportale zeigten Aufnahmen von dem SPIELAUSFALL! in der griechischen Superliga hielt am ersten Moment, als eine Lieferung Souvlaki, ein tra- Spieltag direkt eine Geschichte zum Schmun- ditionelles griechisches Imbiss-Essen, wäh- Eine kuriose Spielabsage ereignete sich zeln bereit: Während der Partie Lamia gegen rend des Spiels den Videoraum erreichte. Der in Hessen: Zu viel Unkraut führte zur Panathinaikos Athen überkam das VAR-Team­ „Souvlaki-Skandal“ belustigte vor allem die Absage des Verbandsligaspiels BKC wohl der Hunger. Mehrere griechische Nach- Nutzer sozialer Medien. ­Bosnien gegen Hanauer SC. Laut Medi- enberichten beanstandete der Schieds- richter das wuchernde Grün auf dem Hart- platz und pfiff die Partie wegen zu hoher Verletzungsgefahr nicht an. Kurzfristige Versuche, das Unkraut auf der Frankfur- SCHIEDSRICHTER LEITET SPIEL MIT ter Sportanlage zu beseitigen, scheiter- ten. Normalerweise trägt der Heimverein MUNDHARMONIKA seine Partien auf dem benachbarten Rasenplatz aus, der jedoch über kein Flut- Ein Video, von dem nicht bekannt ist, wann David Pomphrett, in den ersten Minuten der licht verfügt. es aufgenommen wurde, ging in den vergan- Partie als Schiedsrichter. Die Mundharmonika genen Wochen in den sozialen Netzwerken borgte er sich von seinem Sohn aus. Sie viral: Beim Freundschaftsspiel zwischen den ertönte bei jedem Foul und jeder Entschei- englischen Teams Tiptree Engaine und den dung. „Es gab natürlich viele Lacher“, berich- Stanway Rovers Reserves verspätete sich der tete Spencer Hume, der laut des Berichts als Unparteiische. Ein Ersatz war zwar schnell Reporter für die „Essex and Suffolk Border gefunden, allerdings fehlte eine Pfeife. Statt- League“ vor Ort war. Nachdem fünf Minuten dessen griff der Spielleiter kurzerhand zu einer gespielt waren, erschien schließlich der ange- Mundharmonika: Laut „footballparadise.com“ setzte Schiedsrichter und löste Pomphrett fungierte der Vorsitzende des Tiptree Engaine, ab – natürlich mit Pfeife. 13

BUNDESLIGA-SCHIEDSRICHTER ZEIGEN IHRE PERSÖNLICHE SEITE BEIM „KARTENDUELL“

Wer war jünger, als er den Anwärter-Lehrgang Stattgefunden haben die Kartenduelle im absolviert hat? Wer trinkt mehr Kaffee? Wer diesjährigen Sommer-Trainingslager in ist der bessere Fußballer? Wer stand in mehr Grassau. Mit Punkten wird nicht die richtige, DFB-Pokalspielen auf dem Platz? Wer hat sondern nur eine einstimmige Antwort im die bessere Laune am Frühstückstisch? Wer Team belohnt. Zeigt das Gespann zwei lässt im Spiel mehr laufen? Diesen und vie- unterschiedliche Karten, geht es leer aus. len weiteren sportlichen und privaten Fra- Punkte sind also nicht garantiert, der Spaß- gen stellen sich die Bundesliga-Schiedsrich- faktor dafür umso mehr. Zu sehen gibt es ter im Kartenduell. Dabei lernen nicht nur die unterhaltsamen Kartenduelle seit die Zuschauer die Unparteiischen von einer Anfang Oktober regelmäßig auf DFB.de und ganz neuen Seite kennen, auch die Elite- DFB-TV sowie auf dem YouTube-Kanal des Sascha Stegemann und Bibiana Steinhaus Schiedsrichter selbst werden von ihrem DFB und auf der Facebook-Seite „DFB- kämpfen beim „Kartenduell“ gemeinsam um Gegenüber teilweise überrascht. Schiedsrichter“. Punkte.

ZEHN DFB-REFEREES­ BEI UEFA-LEHRGANG

Im August folgten insgesamt zehn DFB- und nahmen mit zwei Schieds- „Mannschaft“ beim Lehrgang der besten Schiedsrichter der Einladung der UEFA zum richterinnen und acht Schiedsrichtern gleich internationalen Referees vertreten war: „Die internationalen Lehrgang der „Elite“ und neun der insgesamt 26 Bundesliga-Schieds- zahlreichen Nominierungen durch die Euro- „First Category“ in der kroatischen Haupt- richter teil. päische Fußball-Union unterstreichen wie- stadt Zagreb. Mit , Dr. Felix derholt die Qualität und das Leistungsver- Brych, Bastian Dankert, Christian Dingert, Lutz Michael Fröhlich, Sportlicher Leiter der mögen unserer Schiedsrichter in Deutschland Dr. Riem Hussein, Daniel Siebert, Sascha Ste- Elite-Schiedsrichter, zeigte sich erfreut dar- und sind ein eindeutiges Zeichen für die gemann, , Bibiana Steinhaus über, dass der DFB mit einer so starken internationale Wertschätzung ihrer Arbeit.“

DIE INTERNATIONALEN SPIELE DER DEUTSCHEN IM JULI UND AUGUST 2019 FIFA-SCHIEDSRICHTER UNTERWEGS

NAME WETTBEWERB HEIM GAST ASSISTENTEN

Felix Brych Champions League FC Brügge Linzer ASK Borsch, Lupp, Stieler, Dankert, Fritz

Bastian Dankert Europa League DAC Dunajská Streda Atromitos Athen Häcker, Seidel, Hartmann

Marco Fritz Champions League Maccabi Tel Aviv CFR Cluj Gittelmann, Schaal, Jablonski

Futsal Champions Christian Gundler ZVV Hovocubo (NED) FC Lynx (GIB) League Futsal Champions Christian Gundler ZVV Hovocubo (NED) PYF Saltires (SCO) League

Daniel Siebert Europa League AEK Athen Trabzonspor Foltyn, Seidel, Storks

Sascha Stegemann Champions League NK Maribor (SVN) AIK Solna (SWE) Achmüller, Waschitzki, Osmers

Tobias Stieler Champions League FK Krasnodar FC Porto Gittelmann, Foltyn, Dingert

Schiffner, Achmüller, Welz, Stegemann, Felix Zwayer Champions League Ajax Amsterdam APOEL Nikosia Dingert LEHRWESEN 14 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019 STÄNDIG IM WANDEL

Zu den wichtigsten Regeln gehört die Regel 12. Sie befasst sich mit so bedeuten- den Themen­ wie dem direkten und indirekten Freistoß, Handspiel und den Persönlichen Stra- fen. Weil sich viele Text- stellen in der jüngsten Vergangenheit immer wieder geändert haben, lautet das Thema des DFB-Lehrbriefs Nr. 87: „Die Regel 12 in aktuel- ler Fassung“.

TEXT s ist ein Bild, an das man sich in den zurückliegen- wurden erst zu Beginn dieser Saison ins Regelwerk auf- Günther Thielking den Wochen bereits gewöhnt hat: Der Trainer eines genommen. Bereits seit längerer Zeit hatte der Interna- E Teams reklamiert zu vehement, der Unparteiische tional Football Association Board (IFAB) in mehreren geht nach draußen und zeigt ihm dafür die Gelbe Karte. Konferenzen die Grundlage für diese neue Bestimmung Er setzt mit der Verwarnung das unmissverständliche geschaffen. Ziel ist es, für mehr Disziplin auch außer- Zeichen, dass der Coach sich zügeln muss – will er nicht halb des Spielfelds zu sorgen. bei einem wiederholten Verstoß den Feldverweis ris- Persönliche Strafen kieren. Diese Neuerung macht aber nur einen ganz kleinen Teil gegen Vereinsoffizielle zählen zu den jüngsten der Regeländerungen aus, die im Laufe der vergange- Neuerungen im Persönliche Strafen gegen Vereinsoffizielle zählen zu nen Jahre beschlossen wurden. Bezogen auf die Regel 12, Regelwerk. den neuesten Veränderungen im Text zur Regel 12 und betraf das unter anderem die Persönlichen Strafen bei 15

der Verhinderung einer klaren Torchance, die regeltech- Ball absichtlich mit der Hand oder dem Arm berührt. nischen Vorgaben bei Vergehen gegen Teamoffizielle Doch auch ein unabsichtliches Handspiel kann nunmehr sowie die möglichen Sanktionen bei Vergehen außer- bestraft werden – und zwar im unmittelbaren Zusam- halb des Spielfelds. menhang mit einer Torerzielung.

Die Herausforderung für die Lehrwarte in den Verbän- Unabhängig von diesen neuen Regelvorgaben bleibt den und Kreisen besteht nicht nur darin, dass die Sach- dem Schiedsrichter aber auch in Zukunft gerade bei der verhalte meist sehr komplex sind, sondern auch darin, Bewertung von „Handspiel“ in seinen Entscheidungen dass die Regeländerungen oft erst kurzfristig vor Beginn ein Ermessensspielraum, der auch weiterhin zu zahlrei- des Spieljahres veröffentlicht werden. Eine intensive chen Diskussionen Anlass geben wird – das wird selbst und zeitgerechte Schulung der Unparteiischen ist somit der Einsatz des Video-Assistenten nicht verhindern. schwierig. Im zurückliegenden Sommer erfolgten einige Hinweise sogar erst nach Saisonbeginn – dies betraf Bei der Arbeit an der Regel 12 mit den aktuellen Neu- Klarstellungen gleich zu mehreren Neuerungen, zum erungen wird deren Komplexität deutlich. Viele Lehr- Beispiel den Verzicht der Verwarnung eines Torhüters, warte beginnen deshalb auch die Ausbildung von wenn dieser sich beim Elfmeterschießen zu früh von der Schiedsrichter-Anwärtern mit diesem Regelthema – Linie bewegt. kommt doch hinzu, dass dabei gleich mehrere Elemente anderer Spielregeln eingebunden werden können. Hilf- In einem Rückblick zeigt die Historie der Fußballregeln, reich ist dabei auch, dass die benannten Regelverstöße dass bei der Festlegung der ersten Bestimmungen im selbst für einen Anfänger in Sachen Regelkenntnis gut Jahr 1863 neben einigen administrativen Inhalten die nachvollziehbar sind. So ist es zum Beispiel für jeden Spielkleidung und die Abseitsregel im Fokus der Regel- ersichtlich, dass Fouls wie Beinstellen, Treten oder Sto- wächter standen. Bezogen auf das „Foulspiel“, wurde in ßen gegen den Gegner mit einem direkten Freistoß den damals herausgegebenen 14 Grundsätzen lediglich sanktioniert werden müssen. deutlich gemacht, dass es verboten sei, dem Gegner gegen das Schienbein zu treten. Im Jahr 1871 wurde Im DFB-Lehrbrief Nr. 87 wird deutlich, dass eine genaue schließlich allen Feldspielern das Handspiel verboten. Kenntnis dieser für Schiedsrichter zentralen Spielregel Eine Einschränkung zum besonderen Status des Torhü- die Grundlage einer jeden Spielleitung ist und sich des- ters gab es 1967 mit der Regel, nach der sich ein Tor- halb nicht nur auf die Änwärter-Ausbildung reduzieren wart nur noch vier Schritte mit dem Ball in der Hand darf. Auch gestandene Unparteiische müssen sich mit bewegen durfte, dann musste er diesen freigeben – dem Thema „Fouls und unsportliches Betragen“ stän- inzwischen ist diese längst wieder abgeschafft. Statt- dig befassen und vor allem die dazugehörenden Regel­ dessen wurde es 1992 den Torhütern verboten, nach ände­run­gen Jahr für Jahr intensiv bearbeiten. einem bewusst gespielten Rückpass den Ball mit der Hand aufzunehmen. Einige Jahre später nahm der IFAB Im handlungsorientierten Lernen auf der Grundlage die Sechs-Sekunden-Regel in das Regelwerk auf. eines Clusters und am Beispiel mehrerer Videoszenen Trotz der neuen bieten die Verfasser des Lehrbriefs deshalb den Lehr- Textpassagen zum Thema Handspiel Regelfestlegungen in Sachen „Handspiel“, wie auch Ver- warten interessante und motivierende Methoden zur wird es diesbezüglich änderungen der Spielregeln bezogen auf die Spielidee, Fortbildung ihrer Unparteiischen. auch weiterhin dass das Angriffsspiel einen besonderen Stellenwert Diskussionen geben. bekommen sollte, zogen sich in den Folgejahren wie ein roter Faden durch die Regel 12. Immer wieder pass- ten die Regelhüter die Spielregeln aktuellen Entwick- lungen und Spielweisen der Teams an.

Zusätzlich zu den bereits erläuterten Änderungen des Regelwerks gab es mit Beginn dieser Saison für die Schiedsrichter auch neue Vorgaben, was die Bewertung von Handspiel betrifft. Nachdem es hierzu in der Ver- gangenheit keine genaue Definition gab und dies Spiel- tag für Spieltag zu heftigen Diskussionen in den Medien führte, wurden die Vorgaben dazu im zurückliegenden Sommer präzisiert. In den Spielregeln heißt es jetzt unter anderem:

„Ein Vergehen liegt in der Regel vor, wenn ein Spieler – seinen Körper aufgrund der Hand-/Armhaltung unna- türlich vergrößert, – sich seine Hand/sein Arm über Schulterhöhe befin- det ...“

Zudem weicht die Einschätzung des Handspiels vom bisherigen Grundgedanken ab: Zwar heißt es nach wie vor, dass ein Vergehen vorliegt, wenn ein Spieler den REGEL-TEST 16 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019 ÜBER DIE LATTE Diesmal beschäftigen sich die Regelfragen von DFB-Lehr- wart Lutz Wagner unter anderem mit zwei Änderungen aus dem jüngsten IFAB-Zirkular.

Wie ist zu entscheiden, wenn der Torwart vor der Strafstoß-Ausführung mit beiden Füßen einen Meter vor der Linie steht und der Ball über das Tor geht? Um diese Frage geht es in Situation 1.

SITUATION 1 schehen. Kurz darauf landet der Ball im Tor. richter nach Befragen des Spielers, dass keine Soll das Tor anerkannt werden, wenn der Betreuer auf das Spielfeld kommen sollen. Bei der Ausführung eines Strafstoßes bewegt Unparteiische nicht sehen konnte, wie es Er zeigt dies durch ein Handzeichen deutlich sich der Torwart nicht nur mit einem, son- erzielt wurde? an. Der Betreuer betritt jedoch trotzdem das dern mit beiden Beinen noch vor der Aus- Spielfeld und läuft zu dem Spieler. Wie muss führung circa 1 Meter von der Linie nach SITUATION 4 der Unparteiische reagieren? vorne. Der Ball geht anschließend ohne Berührung des Torwarts und ohne klare Der Außenverteidiger der Heim-Mannschaft SITUATION 7 Beeinflussung des Schützen über das Tor. will einen Ball entlang der Seitenlinie zu sei- Entscheidung des Schiedsrichters? nem Stürmer spielen. Dabei trifft er den Der Angreifer dringt mit dem Ball am Fuß Schiedsrichter und von diesem prallt der Ball seitlich in den Strafraum ein. Ein Abwehr- SITUATION 2 ins Seitenaus. Wie entscheidet der Unpar- spieler nimmt einen Ersatzball, der zuvor teiische? schon wenige Meter ins Spielfeld gerollt war, Bei der Ausführung eines Eckstoßes schießt aber das Spiel nicht beeinflusste, auf und der Schütze aus Versehen den etwa 10 Meter SITUATION 5 wirft diesen auf den Spielball. Der Spielball entfernt stehenden Schiedsrichter an. Von wird durch den Ersatzball zwar nicht getrof- diesem prallt der Ball direkt zu ihm zurück. Unmittelbar vor Spielbeginn, bei der Aus- fen, aber der Angreifer kann den Spielball Nun spielt er erneut den Ball und flankt ihn rüstungskontrolle im Kabinengang, stellt der nicht mehr unter Kontrolle bringen. Zu die- vor das Tor. Entscheidung? Schiedsrichter fest, dass beide Torleute mit sem Zeitpunkt besitzt er zwar keine klare exakt dem gleichen Trikot spielen. Dürfen Torchance, jedoch wird er so vom Ball SITUATION 3 sie das? getrennt. Entscheidung?

In einem Spiel mit neutralen Assistenten SITUATION 6 SITUATION 8 geht der Schiedsrichter durch einen unglück- lichen Zusammenprall in Strafraumnähe zu Während einer Spielunterbrechung aufgrund Der Schiedsrichter hat wegen einer Unsport- Boden und verliert den Blick zum Spielge- einer Verletzung entscheidet der Schieds- lichkeit auf indirekten Freistoß für die angrei- 17

fende Mannschaft entschieden. Er vergisst SITUATION 14 6: Verwarnung des Betreuers mittels Gelber bei der Ausführung, den Arm zu heben. Der Karte und Hinausweisen vom Spielfeld. Der Ball wird direkt ins Tor geschossen. Weil der ausführende Spieler vermeintlich Spieler darf auf dem Spielfeld verbleiben. einen Pfiff wahrgenommen hat, der aber SITUATION 9 definitiv nicht vom Schiedsrichter kam, führt 7: Strafstoß. Verwarnung. Eventuell prä- er den Strafstoß aus. Den sehr schwach und ventiv hätte natürlich der Schiedsrichter Nach einem Torerfolg zieht der Torschütze aufreizend lässig aufs Tor geschossenen Ball schon vor der Angriffsaktion unterbrechen zunächst sein Trikot aus und wirft es auf den kann der Torwart sicher fangen und seiner- können, als der Ersatzball wenige Meter Boden. Anschließend verlässt er das Spiel- seits mit einem schnell und weit ausgeführ- entfernt im Spielfeld lag. Da er dies aller- feld und jubelt nach Erklettern des Zauns ten Abschlag einen vielversprechenden dings nicht getan hat, der Ball auch keinen den Zuschauern zu. Wie muss der Schieds- ­Konter für seine Mannschaft einleiten. Ent- Einfluss auf das Spielgeschehen ausübte, richter reagieren und entscheiden, wenn der scheidung des Unparteiischen? ist der Wurf mit einem Gegenstand, unab- Torschütze trotzdem noch ein identisches hängig ob dabei jemand getroffen wird Trikot darunter trägt? SITUATION 15 oder nicht, zu ahnden.

SITUATION 10 Zweikampf an der Torlinie, bei dem der 8: Wiederholung des indirekten Freistoßes. Angreifer ins Aus gerät. Anschließend will Hier liegt ein Fehler des Schiedsrichters Nach seiner verletzungsbedingten Behand- der Verteidiger, der innerhalb des Spielfelds vor, der zu einer direkten Torerzielung lung wartet der Spieler Nr. 5 an der Seiten- steht, den Ball zu seinem Torwart spielen. führt. linie auf das Zeichen zum Wiedereintritt. Als Der Angreifer läuft nun wieder zurück ins sich das Spielgeschehen in seinen Bereich Spielfeld, kann den Ball erreichen und ein 9: „Gelb“, „Gelb/Rot“, Tor, Anstoß. Das verlagert, läuft er ohne das zustimmende Tor erzielen. Wie ist zu entscheiden? Unterziehtrikot ändert nichts am Sachver- Zeichen des Schiedsrichters auf das Spiel- halt. Beide Aktionen (Trikot ausziehen, feld und spielt den Ball. Bevor der Schieds- Zaun erklettern) sind Vergehen, die unab- richter das Spiel deshalb unterbrechen kann, hängig voneinander mit einer Verwarnung wird dieser Spieler vom Spieler mit der Nr. 10 bestraft werden müssen. der gegnerischen Mannschaft feldverweis- würdig zu Boden gestoßen. Erst jetzt erfolgt 10: Direkter Freistoß für die Mannschaft die Unterbrechung. Welche Entscheidungen der Nr. 10, Verwarnung Nr. 5, Feldverweis sind erforderlich? So werden die 15 Nr. 10. Merke: Bei zwei Vergehen von unter- schiedlichen Teams – wie in diesem Fall – SITUATION 11 ­Situationen richtig gelöst: zählt für die Spielfortsetzung immer das erste. Bei zwei Vergehen des gleichen Der Torwart verlässt seinen Strafraum und 1: Abstoß. Da der Torwart sich zwar mit Teams das schwerere. bekommt außerhalb von einem Mitspieler beiden Beinen zu früh von der Linie nach den Ball mit dem Fuß zugespielt. Er nimmt vorne bewegt hat, dies aber ohne Auswir- 11: Indirekter Freistoß (unerlaubte Berüh- ihn mit dem Fuß an. Als er von einem Angrei- kung auf die Ausführung ist, hat der rung mit der Hand nach einem absichtli- fer bedrängt wird, spielt er den Ball mit dem Schiedsrichter dieses Verhalten nicht zu chen Zuspiel eines Mitspielers mit dem Fuß). Fuß in den eigenen Strafraum und nimmt bestrafen. ihn dort in die Hand. Entscheidung? 12: Weiterspielen. Der Schiedsrichter gibt 2: Indirekter Freistoß (zweimaliges Spielen dem Assistenten ein Zeichen, die Fahne SITUATION 12 des Balls). Es erfolgt kein Schiedsrichter- runterzunehmen. Auch wenn der Assistent Ball, denn der Ball bleibt zwar im Spiel, die Fahne gehoben hat und die Abwehr- Ein Angreifer läuft mit dem Ball am Fuß in aber der Ballbesitz wechselt nicht und auch spieler deshalb stehen geblieben sind, ist die gegnerische Hälfte. Ein weiterer Angrei- keines der anderen Kriterien trifft zu. das kein Grund für den Schiedsrichter zu fer läuft in Stellung, allerdings befindet er unterbrechen, wenn er erkennt, dass die- sich in Abseitsposition. Der ballführende 3: Ja. Da das Schiedsrichter-Team in diesem ser Spieler ganz klar nicht ins Spiel ein- Spieler spielt den Ball in Richtung des abseits- Fall aus mehreren neutralen Spieloffiziel- greift. stehenden Mitspielers, legt sich dabei aller- len besteht, können diese die korrekte Tor- dings den Ball selbst vor und läuft diesem erzielung überwachen. Wäre es ein Spiel 13: Eckstoß. Im Regeltext wird explizit hinterher. Der Schiedsrichter-Assistent hat ohne neutrale Assistenten gewesen, hätte erwähnt, dass ein Berühren des Balls mit dies nicht rechtzeitig erkannt und zeigt des- es einen Schiedsrichter-Ball gegeben, da der Hand bzw. dem Arm beim Abstützen halb die Abseitsstellung mit der Fahne an. der Schiedsrichter die korrekte Torerzie- infolge eines Zu-Fall-Kommens nicht straf- Entscheidung des Referees? lung nicht verfolgen konnte. bar ist.

SITUATION 13 4: Einwurf für die gegnerische Mannschaft. 14: Wiederholung des Strafstoßes. Der Pfiff Hier gibt es keinen Schiedsrichter-Ball, da des Schiedsrichters ist bei der Ausführung Ein Abwehrspieler kommt nach einem Zwei- der Ballbesitz zwar wechselt, jedoch der zwingend vorgeschrieben. kampf im Torraum zu Fall und stützt sich mit Ball nicht im Spiel bleibt. Dies ist Voraus- einer Hand ab. Nun trifft der von einem setzung für den Schiedsrichter-Ball. 15: Tor, Anstoß. Gerät ein Spieler unver- Angreifer geschossene Ball den Arm des schuldet (infolge einer Spielhandlung) Abwehrspielers, sodass der Ball nicht ins Tor, 5: Ja. Sie sollen sich zwar eigentlich unter- über die Seitenlinie ins Aus, so darf er sondern neben dem Tor ins Aus geht. Wie scheiden, aber wenn dies nicht möglich ist, unverzüglich und ohne Anmeldung auf wird das Spiel fortgesetzt? wird das Spiel trotzdem ausgetragen. das Spielfeld zurückkehren. REPORT 18 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019 KOMPETENZ AM MIKROFON

Wenn der Fußballfan am Wochenende die Bundesliga im Fernsehen verfolgt, vertraut er oft der Einschätzung des Fernsehkommentators. Damit dieser die Entscheidungen des Schiedsrichters kompetent erklären kann, bietet der DFB regelmäßig Schulungen für Journalisten an. Peter Sippel ­leitete eine solche für die Reporter von Sky.

Ein ungewohntes Bild: Der ehemalige FIFA-Schiedsrichter Peter Sippel als Moderator im Fernsehstudio. 19

er das Gesicht von Peter Sippel auf den ers- sich deshalb immer wieder manch scherzhaften Spruch TEXT ten Blick nicht erkennt, der könnte ihn glatt seiner Kollegen anhören, er solle nicht so viele Bezüge Matthias Horner W für einen Moderator von Sky halten. Im fei- zum Basketball herstellen. nen dunkelblauen Anzug bewegt er sich auf der Bühne des Fernsehstudios, das Hemd darunter trägt er locker, Auch die italienischen, spanischen oder französischen der oberste Knopf ist geöffnet. Mit der einen Hand hält Kommentare zu den gezeigten Szenen sorgen für Erhei- er das Sky-Mikrofon, mit der anderen gestikuliert er. terung, Jörg Dahlmann indes glänzt mit großer Freude Während auf der Studio-Leinwand Spielszenen laufen, darüber, bei einer Einspielung mit seinem Kommentar erklärt er die Entscheidungen des Referees. die richtige Einschätzung vorgenommen zu haben. Wäh- rend sich einige Sequenzen von selbst erklären, kann Allerdings ist es keinesfalls so, dass Peter Sippel seinen Sippel mit seinen Erläuterungen aufkommende Unklar- Job gewechselt hätte. Er hat auch nicht die Nachfolge heiten routiniert beseitigen. von oder als Experte beim Münchner Bezahlsender angetreten. Und er ist an Schlupflöcher wie etwa der kurz ausgeführte Abstoß, diesem Tag auch nicht live auf Sendung. der vom Torwart nur angelupft und vom Abwehrspieler direkt zu ihm zurückgeköpft wird, konnten schon vor Seine einzigen Zuschauer sind die Mitarbeiter von Sky, Bundesliga-Saisonbeginn geschlossen werden. Auch Kommentatoren, Moderatoren und Redakteure. Die Fern- dass „der Schiedsrichter nicht mehr Luft ist“, wie Sippel sehjournalisten haben heute ausnahmsweise mal auf mit einem Schmunzeln sagt, „sondern eine Persönlich- den Zuschauerrängen des Studios Platz genommen und keit auf dem Platz darstellt“, ist für die Kommentatoren verfolgen die Ausführungen von Peter Sippel. Als Mit- schnell und leicht nachvollziehbar. glied der sportlichen Leitung der Elite-Referees ist er an diesem Tag zu Besuch, um den Reportern die Regel­ Fast zwei Stunden referiert Sippel im Sky-Studio, etwa änderungen zur aktuellen Saison zu erläutern. die Hälfte der Zeit muss er dabei auf die Änderungen beim Handspiel verwenden. Die „natürliche oder unna- Weil diese zuletzt so umfangreich waren, ist es kein türliche Armhaltung“ etwa ist ein heiß diskutiertes Wunder, dass die Fragen der Sky-Kommentatoren nur Thema, aus dem Sippel viel Brisanz nimmt, indem er so auf Sippel niederprasseln. Der aber bleibt souverän, auch Fehler in der Vorsaison einräumt. hat stets eine passende Antwort parat und teils sogar die Lacher auf seiner Seite. So weicht die anfängliche Diese selbstkritische Einschätzung kommt gut an, „unter- Anspannung aufgrund der ungewohnten Rolle schnell schiedliche Auffassungen“ aber führten laut Sippel trotz- einer gelösten Atmosphäre. dem dazu, „dass dieses Thema schwierig bleibt“. Er gibt deshalb den Kommentatoren dieselben Leitplanken mit Wie nicht anders zu erwarten, ist es vor allem die refor- auf den Weg, wie sie auch die Unparteiischen zu Saison- mierte Handspielregel, die die Gemüter erhitzt und auch beginn erhalten haben. „Die Kategorisierung der natür- die meisten Nachfragen bei den Journalisten generiert. lichen Armhaltung“, sagt Sippel, bleibe stets „grenzwer- Insbesondere Frank Buschmann ist hartnäckig und muss tig, wir wollen aber weg von den vielen Handelfmetern

Mit den Gästen – allesamt Sky- Mitarbeiter – diskutierte Sippel die jüngsten Regeländerungen. REPORT 20 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019

„WIR STEHEN AUF DER GLEICHEN SEITE“

Seit der Vorsaison gehört Florian Schmidt- Insgesamt empfand ich die Regelschulung Wie beurteilen Sie die Kommunikation mit Sommerfeld, gerade mal 29 Jahre alt, dem als sehr positiv. Die Erklärungen der Regel­ DFB und DFL? Kommentatorenteam von Sky an. Einen ände­rungen hatten wir ja vorab schon schrift- Namen hat sich der junge Reporter bereits lich bekommen, spannend ist aber die Aus- Ich stand noch nie vor verschlossenen Türen. als American-Football-Kommentator bei legung, welche Anweisungen der DFB seinen Es liegt eher an uns, bei kritischen Entschei- ProSieben MAXX gemacht. Im SRZ-Interview Schiedsrichtern da mitgegeben hat. Da dungen vielleicht öfter mal selbst anzurufen. spricht er über seine Reportertätigkeit im haben wir jetzt auch als Reporter einige Leit- Da müssen wir uns an die eigene Nase fas- Allgemeinen und die jüngste Regelschulung planken bekommen, an denen wir uns in der sen. Es geht ja auch nicht darum, sich gegen- im Konkreten. Saison orientieren können. seitig zu bekriegen. Wir sind halt der Medi- enpartner, der sich eine kritische Sicht der Herr Schmidt-Sommerfeld, zur neuen Sai- Was ist mit den Graubereichen, die es im Dinge bewahren muss, um dem Zuschauer son hat es eine Menge Regeländerungen Fußball immer geben wird? und dem Fußball gerecht zu werden. gegeben. Inwieweit hat die Regelschulung dazu beigetragen, dass Sie ein besseres Nehmen wir die neue Auslegung beim Hand- Gibt es grundsätzliche Anregungen, die Sie Verständnis für den Job des Schiedsrich- spiel, das in der Vorsaison ja die meisten den Schiedsrichtern bei strittigen Entschei- ters bekommen haben? Diskussionen ausgelöst hat: Ist der Arm in dungen im Umgang mit der Öffentlichkeit einem Winkel über 90 Grad abgespreizt, empfehlen würden? schlägt das fast alles. Das ist schon mal wich- tig, eindeutig, dazu super simpel und super Ich glaube einfach, im Zweifel gewinnt der verständlich. Damit kann man den Zuschauer Schiedsrichter, wenn er sich nach dem Spiel an die Hand nehmen und ganz viele Ent- den Fragen der Journalisten stellt. Dann kann scheidungen erklären. Nachvollziehbar ist er erklären, warum er so entschieden hat. für mich auch, dass es ein großer Unterschied Das muss sich zwar nicht unbedingt mit unse- ist, ob mich ein Gegenspieler anschießt oder rer Meinung decken, der Zuschauer hat aber ich mich selber anschieße. Kein Spieler dann die Wahl, ob er eher unserer Interpre- schießt sich absichtlich selber an. Diese Grau- tation oder der des Schiedsrichters folgt. bereiche sind schon ganz gut abgedeckt Einige werden dann sicher sagen: Der worden. Schiedsrichter wird es ja wohl besser wissen als der Kommentator. Du kannst aus meiner Manche Situationen sind in der Hitze des Sicht damit nicht verlieren. Gefechts oft gar nicht so einfach zu beurteilen … Der Schiedsrichter wird dadurch ja auch als Mensch und nicht nur als Amtsautorität Genau deshalb finde ich es wahrgenommen … wichtig zu wissen, welche Kriterien da angesetzt wer- Genau. Auch wenn es natürlich schwer zu ver- den. Wir können das dann gleichen ist: Im Handball kann ich vor oder weitergeben an den nach dem Spiel direkt zum Schiedsrichter oder Zuschauer. Für uns ist Beobachter gehen, um etwas nachzufragen. es entscheidend zu Vielleicht könnten wir als Reporter ja auch wissen: Wie sehen noch mehr Informationen über einen Schieds- die Schiedsrichter richter bekommen. Wenn Vereine einen Neu- das? Was steckt zugang vorstellen, benennen Manager oder hinter den Trainer auch, was der Spieler gut kann und Änderungen, woran er noch arbeiten muss. Ich denke, bei was ist der Schiedsrichtern ist das Profil ähnlich. Nicht Sinn und jeder ist zwei Meter groß und hat so die natür- Geist dahin- liche Autorität eines Deniz Aytekin, dafür aber ter? Wir ste- andere Fähigkeiten, eine andere Herange- hen ja auf der hensweise. Es dürfen ja auch gerne nur die gleichen Seite, Stärken benannt werden. Vereinfacht gesagt: auch wenn wir die Warum pfeift dieser Schiedsrichter Bundes- Schiedsrichter manchmal liga? Was macht ihn aus? Spannend und hilf- kritisieren müssen. reich fände ich das auf jeden Fall. 21

der vergangenen Saison“. Damit trifft er bei den Zuhö- das aber könne auch nicht das Ziel sein, räumt Sippel rern auf ungeteilte Zustimmung. Bei den meisten Sze- ein. Entscheidend sei, dass sowohl die Unparteiischen nen herrscht Übereinstimmung in der Interpretation, als auch die Kommentatoren im Sinne des Spiels an Ver- „Graubereiche werden aber nie zu vermeiden sein“, besserungen und daran, diese in Einklang zu bringen, betont Sippel. interessiert seien. Das ist auch der einfachste gemein- same Nenner dieser Journalistenschulung. Die Stim- Dass der Schiedsrichter auf dem Platz weiterhin die ent- mung im Sky-Studio ist freundschaftlich, der Umgang scheidende Autorität im Team der Unparteiischen dar- mit dem Gast aus der Schiedsrichter-Führung respekt- stellt, ist auch im Sinne der Fernsehkommentatoren. voll. So wird auch das Thema „Gelbe und Rote Karten „Bei strittigen Szenen soll die gefällte Entscheidung für Offizielle“ zwar kontrovers diskutiert, mit seiner ver- stehen bleiben“, erläutert Sippel, „Diskussionen wird es bindlichen Art aber versteht es Sippel auch hier, jegliche aber sicher auch weiter geben.“ Um diese in geordnete Schärfe aus der Thematik zu nehmen. Bahnen zu lenken, ist der Austausch im Sky-Studio unab- dingbar. Etwa bei der Frage: Wann soll der Schiedsrich- Wenn sie in den kommenden Monaten Spiele kommen- ter in die Review-Area gehen? Während Sippel seine tieren würden, könnten sie sich an den vorgetragenen Aversion gegen den Begriff des „Kölner Kellers“ nicht Leitlinien orientieren, versichert Peter Sippel seinen verhehlt, kann er in manchen Fällen vorab für Aufklä- Zuhörern. Seine Aussage, dass „Transparenz eines unse- rung sorgen. So sollen die Unparteiischen künftig, anders rer Ziele ist“, kommt bei den Journalisten gut an. Den als in anderen Ländern, „bei faktischen Entscheidungen Effekt, dass beide Seiten künftig etwas mehr Verständ- wie Abseits oder ob ein Foul außerhalb oder innerhalb nis füreinander haben, hat dieses Seminar in München- des Strafraums stattfand, nicht mehr rausgehen“. Unterföhring zweifelsohne mit sich gebracht. Auch des- halb, weil Sippel an diesem Nachmittag neben seinem Schiedsrichter und Fernsehjournalisten werden sicher Fachwissen seine Qualitäten als exzellenter Moderator auch in Zukunft nicht immer derselben Meinung sein – nachweisen konnte.

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1_Interessierte Zuhörer: Reporter Frank Buschmann, ... 2_… Moderator Michael Leopold ... 3_… sowie Kommentator Wolff-Christoph Fuss. ANALYSE 22 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019 DIE THEORIE IN DER PRAXIS

1A

1a_Ermahnung: Der Schiedsrichter beruhigt und weist auf mögliche Folgen hin. 1 1b und 1c_Der Grund dafür: Der Trainer regte sich über einen Einwurf auf …

http://bit.ly/SRZ0619_Offizieller 1B 1C

Selten hat es in der Geschichte des Fußballs von einer Saison zur nächsten so viele Änderungen, Ergänzungen und Anpas- sungen des Regelwerks gegeben wie im Sommer 2019. Und der dafür verantwortliche International Football Association Board (IFAB) existiert immerhin schon seit 1886! Neun der 17 Regeln sind davon betroffen. 23

ilfreiche Neuerungen“ lautete der Titel des Arti- Wie immer ist es sinnvoll, sich die entsprechenden Sze- kels in der SRZ 4/2019, in dem die neuen Regel- nen unter den abgedruckten Links auf dem Computer H texte und die Absicht, die der IFAB damit jeweils anzuschauen. Soweit sie mit Original-Kommentaren der verfolgt, vorgestellt wurden. In der Tat ist vieles dabei, TV-Reporter unterlegt sind, sei darauf hingewiesen, dass was dem heutigen Fußball guttun kann. Ob es wirklich auch in dieser Gruppe nicht alle Protagonisten immer so kommt, zeigt sich natürlich immer erst in der Praxis. regelfest sind. Allerdings nicht nach wenigen Spieltagen, sondern im Laufe der Zeit. Regel 5: Karten auch gegen Spieloffizielle Für eine Menge Aufregung bis hin zur Empörung – vor Manch skeptische Stimme war und ist aber auch zu hören: allem natürlich bei den Betroffenen – sorgte die Einfüh- Ist nicht doch zu viel auf einmal verändert worden? Kom- rung der Gelben und Roten Karten gegen unbotmäßige men Spieler und Trainer im Profibereich und vor allem Trainer und andere Offizielle, die auf der Bank sitzen. die ehrenamtliche Basis da noch mit? Und die Zuschauer? Als dann DFB und DFL auch noch beschlossen, dass in Man wird sehen. den Profiligen nach vier Gelben Karten ein Spiel Sperre abzusitzen ist, wurde noch mehr geschimpft. Natürlich haben sich die Schiedsrichter aller Spielklas- sen mit den neuen Vorgaben beschäftigt, privat schon Was dabei übersehen wird: Mit dieser Regelung ist in die aus eigenem Interesse, aber natürlich auch auf ihren Vorgehensweise eine Eskalationszwischenstufe eingebaut offiziellen Lehrabenden in den Kreisen und Bezirken, worden, die den Trainern sogar hilft. Bisher kam der Schieds- auf Landesverbands- und DFB-Ebene. Um diese Arbeit richter bei einem Fehlverhalten an die Seitenlinie und zu unterstützen, wollen wir in dieser Ausgabe keine der ermahnte den Trainer – je nach Heftigkeit des Vorfalls – gewohnten Analysen abliefern, sondern einige der Ände- mehr oder weniger deutlich. Musste er im Laufe des Spiels rungen, wie sie bisher in den Spielen der Profiligen ange- ein weiteres Mal den Weg zur Trainerbank zurücklegen, wendet wurden, mit konkreten Beispielen belegen – die weil der Coach sich nicht beherrschen konnte, war der Theorie in der Praxis. Verweis auf die Tribüne in neun von zehn Fällen die Folge.

2A 2B

2a_Eine Verhöhnung des Gegners: Da ist die … 2 2b_… Gelbe Karte für den Trainer die richtige Maßnahme.

http://bit.ly/SRZ0619_Offizieller_Gelb 3A

3a_Als der Ball zum Co-Trainer des FC Magdeburg rollt, schießt dieser ihn … 3b_… dem gefoulten Braunschweiger 3 gegen den Körper. 3c_Der Schiedsrichter zeigt ihm dafür ohne zu zögern „Rot“.

http://bit.ly/SRZ0619_Offizieller_Rot 3B 3C ANALYSE 24 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019

4A 4B

4C

4a_Zu nah am Spielgeschehen? Der Schieds­ richter wird von einem Kieler angeschossen. 4b_Der Ball prallt zu einem Gegenspieler, der 4 Schiedsrichter unterbricht das Spiel. 4c_Schiedsrichter-Ball nur mit dem „vormaligen“ Ballbesitzer.

http://bit.ly/SRZ0619_Angeschossen

Dank der neuen Regelung kann der Schiedsrichter nach Szene 3: Rote Karte der Ermahnung noch eine Verwarnung aussprechen, Als in der Begegnung 1. FC Magdeburg gegen Ein- die er mit der Gelben Karte verdeutlicht. Eine zweite tracht Braunschweig ein Spieler des Gäste-Teams kurz Chance für den Trainer, sich und seine Emotionen aus- hinter der Mittellinie zu Fall gebracht wird, rollt der Ball schließlich auf seine Arbeit als Coach zu konzentrieren dem Magdeburger Co-Trainer vor die Füße (Foto 3a). und das Schiedsrichter-Team in Ruhe seine Arbeit ver- Er schießt ihn gegen den am Boden liegenden Spieler richten zu lassen. Erst wenn dieses Signal dann immer (Foto 3b). Schiedsrichter Felix Zwayer zeigt dem Co- noch nicht verstanden wird, wird er per Roter Karte des Trainer konsequenterweise die Rote Karte, dieser muss Innenraums verwiesen. Und das ist dann sicherlich den Innenraum verlassen. Die Grundlage für diese Ent- nicht die Schuld des Regelwerks oder gar des Schieds- scheidung: Das absichtliche Werfen oder Treten von richters. Gegenständen – zu denen natürlich auch der Ball gehört – auf das Spielfeld in Richtung Gegner erfordert einen Dieses 3-Stufen-Modell hat sich seit Jahrzehnten gegen- Feldverweis. über den Spielern bewährt. Bei ihnen – und nun eben auch bei den Trainern – kann es natürlich auch sofort Regel 9: Der Schiedsrichter ist nur noch ganz selten „Gelb“ oder „Rot“ geben. In der Regel 5 sind die Sach- Luft verhalte definiert. Diese weitreichende Regeländerung ist möglicher- weise die schwierigste für die Schiedsrichter. Weil der Szene 1: Ermahnung Unparteiische mittendrin statt nur dabei ist, wird er Im Spiel Holstein Kiel gegen SV Sandhausen spricht vom Beobachter der Situation ungewollt zum Akteur. der Schiedsrichter deutlich, aber auch beruhigend Jeder, der während des laufenden Spiels schon einmal mit dem Trainer der Gäste (Foto 1a). Was war gesche- angeschossen wurde (und wer wurde das nicht?), weiß, hen? Der Coach des SV Sandhausen hatte dem wie unangenehm diese Situation ist. Nach dem Ver- Schiedsrichter-Team gegenüber gestenreich sein such, den „Treffer“ zu vermeiden, was häufig zu unge- Unver­ständnis­ für eine Einwurf-Entscheidung gezeigt wollt komischen Verrenkungen führt, musste der (Fotos 1b und 1c). Ein Verhalten, das mit einer in Ruhe Unparteiische bisher zum Glück nur die Arme ausbrei- vor­getragenen Ermahnung ausreichend sanktioniert ten, um damit „weiterspielen“ anzuzeigen. Denn er war wurde. ja „Luft“!

Szene 2: Gelbe Karte Jetzt muss er in Sekundenschnelle beurteilen, was die Waldhof Mannheim gegen SV Meppen: Als Reaktion Folgen seiner Ballberührung sind: Spielunterbrechung auf den berechtigten Feldverweis – ein Tritt mit hoch- und Schiedsrichter-Ball oder doch die direkte Fortset- gezogenem Bein und offener Sohle – für einen seiner zung des Spiels? Auch hier geben wir drei Beispiele. ­Spieler reibt sich der Meppener Trainer beide Augen (Foto 2a) und verhöhnt so den Gefoulten quasi als Heul- Szene 4: Ballbesitzwechsel suse. Der Schiedsrichter schätzt das zu Recht als „pro- Holstein Kiel gegen SV Sandhausen: Als der Schieds- vozierende oder aufhetzende Geste oder Handlung“ richter dem Richtungswechsel eines Kieler Angreifers (Regeltext) ein und verwarnt den Coach durch Zeigen nicht ausweichen kann, wird er angeschossen. Von sei- der Gelben Karte (Foto 2b). nem Bein prallt der Ball zu einem Spieler des SV Sand- 25

hausen. Der Ballbesitz wechselt also, Folge: Schieds- prallt der Ball in den Lauf eines weiteren Nürnbergers. Der richter-Ball! Die Fotos 4a bis 4c dokumentieren diesen kommt dadurch in eine günstige Angriffsposition Ablauf. (Foto 6b), weil der Schiedsrichter ungewollt drei Hambur- ger „überspielt“ hat. Deshalb muss das Spiel unterbrochen Szene 5: Weiterspielen werden. Die Spielfortsetzung per Schiedsrichter-Ball fin- Der Regeltext: „Das Spiel wird mit einem Schiedsrichter- det dort statt, wo der Schiedsrichter getroffen wurde. Und Ball fortgesetzt, wenn der Ball einen Spieloffiziellen zwar mit einem Spieler der Nürnberger, wobei alle (!) ande- berührt, aber auf dem Spielfeld bleibt und ren Spieler mindestens vier Meter entfernt sein müssen. – ein Team einen aussichtsreichen Angriff auslöst/­startet Eine wichtige Besonderheit gilt es zu beachten, die – der Ball direkt ins Tor geht ebenfalls neu und in Regel 8 beschrieben ist: Sollte der – der Ballbesitz wechselt“. Schiedsrichter innerhalb des Strafraums angeschossen werden (ein kluges Stellungsspiel möge das verhindern!), Im Spiel Dynamo Dresden gegen den 1. FC Nürnberg wird der höchstwahrscheinlich notwendige Schiedsrich- lässt der Schiedsrichter den Ball durch seine Beine lau- ter-Ball immer mit dem Torwart der verteidigenden fen, um nicht getroffen zu werden. Allerdings spielt ihm Mannschaft ausgeführt; egal, welches Team den Ball der direkt neben ihm stehende Dresdner den Ball gegen zuletzt berührt hat. sein rechtes Bein (Fotos 5a und 5b). Da in der unmittel- baren Folge keines der gerade genannten Kriterien Regel 12: Die Handspiel-Diskussion zutrifft, geht das Spiel weiter. In einem solchen Fall ist Der zunehmenden internationalen Verwirrung um das der Schiedsrichter dann doch immer noch „Luft“. Handspiel versucht der IFAB seit Beginn dieser Saison mit einer ausführlicheren Beschreibung dessen, was als Szene 6: Angriff eingeleitet strafbar gilt, zu begegnen. Der unter dem Begriff „Hand- 1. FC Nürnberg gegen den Hamburger SV: Als der Schieds- spiel“ fast vollständig erneuerte Text in der Regel 12 ist richter von Nürnbergs Nr. 9 angeschossen wird (Foto 6a), jetzt dreimal so lang wie früher. Ob das hilfreich ist?

5A

5a_Der Schiedsrichter wird aus nächster Nähe vom Ball getroffen. 5 5b_Keine Unterbrechung, da der Dresdner Spieler am Ball bleibt.

http://bit.ly/SRZ0619_Angeschossen2 5B

6A 6B

6a_Ein Nürnberger schießt den Unparteiischen an. Der muss das Spiel unterbrechen, … 6 6b_… weil er ungewollt einen Angriff der Nürnberger „einleitet“.

http://bit.ly/SRZ0619_Angeschossen3 ANALYSE 26 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019

7A

7a_Der Ball springt dem Angreifer an den Arm. 7b_Ob Absicht oder nicht: Ein Tor aus dieser 7 Situation wäre nicht gültig.

http://bit.ly/SRZ0619_Handspiel 7B

8A 8B

8a_Die „Angreifer“-Mauer steht einen Meter vor der „Abwehr“- Mauer … 8 8b_… und duckt sich weg, als der Ball kommt. Effekt: Tor!

http://bit.ly/SRZ0619_Mauer

Szene 7: Nicht nur absichtliches Handspiel ist straf- Mauer“, die sich im Moment des Schusses wegduckt, bar, … die Sicht versperrt (Fotos 8a und 8b). Schließlich soll … sondern jetzt auch unabsichtliches, wenn dadurch der Freistoß ja eine Strafe für die regelübertretende direkt ein Tor fällt oder zumindest eine klare Torchance Mannschaft bedeuten. Und auch für den Schiedsrichter entsteht, wie zum Beispiel im Spiel SV Wehen Wiesba- ist es eine Erleichterung, wenn er nicht mehr auf die den gegen den Karlsruher SC. Dem Wiesbadener Stür- Rangeleien und möglichen Regelwidrigkeiten in der mer springt der Ball in der natürlichen Laufbewegung Mauer achten muss. an den Arm, unmittelbar danach schießt er auf das Karls- ruher Tor (Fotos 7a und 7b). Der Schiedsrichter entschei- Regel 16: Abstoß schneller im Spiel det wegen des Handspiels zu Recht auf direkten Frei- Die Zeiten, in denen ein Abwehrspieler und ein Angrei- stoß für den KSC. Möglich wäre es in diesem Fall auch fer einen langsam heranrollenden kurzen Abstoß mit- gewesen, auf „Vorteil“ zu entscheiden, um das Spiel einander rangelnd an der Strafraumgrenze erwarteten, nicht unnötig zu unterbrechen. sind vorbei. Ebenso wie die Möglichkeit des Defensiv- spielers, in einem solchen Fall einfach in den Strafraum Regel 13: Die Mauerdrängelei ist vorbei zu laufen und den Ball dort zu berühren, um so eine „Bilden drei oder mehr Spieler des verteidigenden Teams Wiederholung zu erzwingen und die gefährliche Situa- eine Mauer, müssen alle Spieler des angreifenden Teams tion mit dem Angreifer auf recht elegante Weise zu ent- einen Abstand von mindestens einem Meter zur Mauer schärfen. einhalten, bis der Ball im Spiel ist.“ Eine wirklich sinn- volle Änderung des Regelwerks, wie schon einige Male Szenen 9 und 10: Kurzer Abstoß, langer Abstoß in der Praxis zu beobachten war. Da der Ball seit Beginn dieser Saison beim Abstoß nicht mehr den Strafraum verlassen muss, um „im Spiel“ zu Szene 8: sein, ergeben sich für den Schiedsrichter neue Gesichts- Die Spieler des Hamburger SV bewiesen im Spiel beim punkte für ein sinnvolles Stellungsspiel. Beim Spiel 1. FC Nürnberg, wie man diese Regeländerung clever VfL Bochum gegen Arminia Bielefeld ließ sich die Pro- nutzen kann: Dem Torwart wird durch eine „eigene blematik gut studieren. 27

Fünf Bielefelder Feldspieler stellen sich im und am Wir haben hier nicht alle Regeländerungen behandelt, ­Strafraum auf (Foto 9a), sodass der Torwart für seinen die im Sommer in Kraft getreten sind, werden ihre Sinn- Abstoß mehrere Möglichkeiten hat. Das stellt den haftigkeit, wenn notwendig, aber auch noch an der Pra- Schiedsrichter vor ein grundsätzliches Problem: Wird xis überprüfen. Als da wären: Der Torwart muss bei der die Abwehr bei einem kurzen Abstoß sofort unter Druck Ausführung eines Strafstoßes nur noch mit einem Fuß gesetzt wie in Szene 9 (Foto 9b), muss der Schiedsrich- auf der Torlinie stehen; ausgewechselte Spieler müssen ter in Strafraumnähe sein, um kritische Situationen bei auf dem kürzesten Weg das Spielfeld verlassen, sodass einem plötzlichen Ballverlust eines Abwehrspielers aus möglichst wenig Zeit beim Wechsel verloren geht; wer einer für die Entscheidung glaubwürdigen Distanz beur- den Münzwurf gewinnt, kann Spielfeldhälfte oder Ball teilen zu können. wählen; und ein verletzt behandelter Spieler darf auf dem Feld bleiben, wenn er der Schütze eines folgenden Erfolgt dann aber doch wie in Szene 10 in der gleichen Strafstoßes sein soll. Grundaufstellung der Abwehr plötzlich der lange Abstoß nach vorn, befindet sich der Schiedsrichter unter Umstän- Der IFAB als zuständiges Regel-Gremium hat sich also den weit hinter dem Ball (Fotos 10a bis 10d). Eine schwie- einiges einfallen lassen, um unseren Sport an das aktu- rige Situation, die besonders aufmerksamer Unterstüt- elle Geschehen auf den Fußballplätzen anzupassen. zung durch den entsprechenden Assistenten bedarf und Dass die Herren (warum ist eigentlich keine Frau dabei?) in der Besprechung vor dem Spiel unbedingt ein Thema durchaus flexibel bleiben wollen, kann man an der sein sollte. schnellen Reaktion auf den Versuch cleverer Spieler sehen, Abstöße durch ein Kopfballzuspiel nach Lupfer Vielleicht lässt sich auch am Verhalten des Torwarts des Torwarts in einen Abschlag oder Abwurf zu verwan- (beim langen Abstoß hebt er in diesem Fall vorher die deln. Arme) frühzeitig erkennen, was er vorhat. Solche „Zei- chen“ schnell deuten zu können, gehört auch zu den Das wurde verboten, allerdings ohne gleich dafür eine Fähigkeiten eines Top-Schiedsrichters. Gelbe Karte anzuordnen.

9A 9B

9a_Die Bielefelder in ihrer „Abstoß- Formation“. Der Ball wird kurz gespielt, … 9 9b_… die Bochumer Angreifer attackieren im gegnerischen Strafraum.

http://bit.ly/SRZ0619_Abstoss 10 A

10a_Diesmal schlägt der Bielefelder Torwart den Ball lang raus. 10 10b bis 10d_Der Schiedsrichter hat einen enorm weiten Weg zum Ball.

http://bit.ly/SRZ0619_Abstoss2 10 B 10 C 10 D ZEITREISE 28 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019

SIMON ROSENBERGER – DER VERGESSENE PIONIER

Konrad Koch, Walther Bensemann, Peco Bauwens oder Carl Koppehel – Namen, die den deutschen Fußball bis zum Beginn des Profi-Zeitalters prägten. Ein Mann, der un­bedingt in diese Reihe gehört, blieb nahezu unbekannt. Das hatte Gründe.

TEXT r war das, was man gemeinhin einen Mann der durch die Nationalsozialisten Anfang 1933 mit ihrer Ver- Petra Tabarelli ersten Stunde nennt: Als der DFB auf seinem Bun- dammung und späteren Vernichtung alles Jüdischen E destag 1924 in Berlin die Bildung eines Bundes- dazu beigetragen hat, das Werk und die Persönlichkeit Schiedsrichterausschusses beschloss, wurde der 39-jäh- Simon Rosenbergers dem Vergessen anheimfallen zu rige Simon Rosenberger in das zunächst dreiköpfige lassen, ist sicher nicht zu bestreiten. Gremium gewählt. Er wirkte dort bis zu seinem tödlichen Herzinfarkt am 7. September 1931. Es ist also längst an der Zeit, diesen Pionier des Schieds- richterwesens fast 90 Jahre nach seinem Tod zu würdigen. In den zahlreichen Nachrufen wurde Simon Rosenber- ger als außerordentlich tüchtiger Funktionär und immer „39 Jahre alt, Redakteur des ‚Kicker‘. Im Sport tätig seit hilfsbereiter Mensch gewürdigt. Er war unerreicht im 1895, erst im Eislauf- und Schwimmsport, dann Ruderer, Wissen um die Fußballregeln und ihre Auslegung und Segler, Skiläufer und schließlich Fußballer. Infolge nicht beliebt als Redner, der es verstand, die oft trockene ausrottbarer Korpulenz brachte ich es in der Aktivität Materie der Regeln bei seinen unzähligen Vorträgen im niemals zu besonderen Leistungen (bis auf das Dauer- ganzen Land kurzweilig, fesselnd, aber auch immer von schwimmen, aber das fiel mir nach dem archimedischen der nötigen Sachlichkeit geprägt darzustellen. Prinzip nicht schwer). Dagegen konnte ich in allen Sport- arten sehr bald theoretisch mitsprechen und -schreiben, Walther Bensemann, einer der großen Pioniere des deut- aus welchem Grunde ich seit meinem 15. Lebensjahre schen Fußballs, schrieb als Chefredakteur des „Kicker“ über in Vereins- und Verbandsausschüssen ‚mein Licht leuch- Rosenberger: „Gerade dieses Bild des immer Unermüdli- ten lassen konnte‘. Als Schiedsrichter glaube ich, mit chen wird wohl nachhaltender als alle andren in unserem meinem Regelkommentar dem Schiedsrichterwesen und Gedächtnis haften bleiben. Hatte er sich doch gänzlich meinen Kollegen am meisten gedient zu haben. Wie viel dem Sport verschrieben, hatte mitgeholfen an dessen Aus- Spiele ich im Ganzen geleitet habe, kann ich beim bes- bau und teilgenommen an der Freude des Gelingens. Wir ten Willen nicht angeben; es waren gute dabei und es schuldigen ihm mehr als ein gutes Gedächtnis!“ waren schlechte darunter, wie bei jedem. Nur den Kopf nicht hängen lassen! In alter Frische weiter!“ Die DFB-Schiedsrichter-Zeitung, mit der er auf beson- dere Weise verbunden war, gedachte Rosenbergers auf So beschrieb sich Simon Rosenberger 1924 selbst in ihrer Titelseite der Ausgabe vom 15. September 1931 einem Porträt verschiedener deutscher Schiedsrichter und prophezeite: „Sein Name wird in den Kreisen der im „Kicker“. Schiedsrichter nicht so schnell vergessen werden.“ Doch Simon Rosenberger im genau das geschah, der Deutsche jüdischen Glaubens Aufmerksamen Lesern ist Simon Rosenberger nicht mehr Jahr 1921. wurde nicht mehr erwähnt. Dass die Machtübernahme gänzlich unbekannt. In der DFB-Schiedsrichter-Zeitung 29

3/2019 erwähnten Lutz Lüttig und David Schmidt ihn Anfang April 1920 begann Walther Bensemann, der in ihrer Titelgeschichte „100 Jahre DFB-Schiedsrichter- „Mann, der den Fußball nach Deutschland brachte“, als SIMON ROSENBERGER – Zeitung“. Denn Rosenberger begründete 1926 die den ihn sein Biograf Bernd M. Beyer bezeichnete, für ­DFB-Schiedsrichter-Zeitung, die dann fünf Jahre lang Seybolds „Fußball“ zu schreiben – allerdings nur für ein parallel zu Carl Koppehels DSZ („Deutsche Schiedsrich- paar Wochen, da sich Seybold und Bensemann über- ter-Zeitung“) erschien, bevor die beiden Publikationen warfen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt lernten sich DER VERGESSENE PIONIER nach Rosenbergers Tod vereinigt wurden. Bensemann und Rosenberger kennen und augenschein- lich auch schätzen. Denn der zwölf Jahre ältere Bense- Aber das war nicht die einzige Tätigkeit, durch die er in mann gründete nach seinem kurzen Intermezzo beim Fußball- und Schiedsrichterkreisen bekannt und beliebt „Fußball“ eine eigene Sportzeitschrift und holte Rosen- geworden war. In seiner eingangs erwähnten Selbstbe- berger dazu. Der „Kicker“ erschien erstmals am 14. Juli schreibung sprach er von seinem Regelkommentar und 1920. Rosenberger folgte Bensemann nach Konstanz, meinte damit das Buch „Der Schiedsrichter“, das er 1923 später nach Stuttgart. Der erste Artikel Rosenbergers, mit dem Journalisten und Schiedsrichter-Kollegen Alwin der seinen Namen trägt, erschien am 7. November 1921. Hofschneider verfasste. Es hatte allein in seinem Erschei- Er war als Redakteur auch für die aus ganz Deutschland nungsjahr fünf Auflagen, 1935 erschien die 22. Auflage. eingeschickten Berichte zuständig und damit quasi die rechte Hand von Walther Bensemann. Das blieb er bis Die DFB-Schiedsrichter-Zeitung nannte es in ihrem Nach- zu seinem Weggang Ende Februar 1925. ruf zu Rosenbergers Tod das „Fachbuch unserer Bewe- gung“, ein „bleibendes Denkmal“. Dass er in dieser Zeit ein führendes Mitglied im Vorstand der Stuttgarter Schiedsrichtergruppe war, im Verbands- Simon Rosenberger wurde am 4. Februar 1885 in Mün- Schiedsrichterausschuss des Süddeutschen Fußball-Ver- chen geboren. Er war wie seine Eltern Max und Eva Deut- bandes als Beisitzer fungierte und zudem der Stenograf scher jüdischen Glaubens. Der Vater war Kaufmann, des Süddeutschen Fußball-Verbandes war, versteht sich weshalb die Ausbildung zum Buchhalter für den jungen bei der Lebens- und Arbeitseinstellung und der Liebe Simon sicher nicht von ungefähr kam. zum Sport bei Rosenberger praktisch von selbst.

Rosenbergers Aktivitäten für den Fußball werden nach Das war auch in Köln nicht anders, wo er ab 1925 mit dem Ersten Weltkrieg quellenkundlich belegbar: Als seiner Familie im Stadtteil Lindenthal lebte. Er wurde Experte für Fußballregeln und ihre Auslegung schrieb schnell Mitglied im Schiedsrichterausschuss des W.S.V. der Buchhalter ab spätestens 1918 nebenbei für die (Westdeutscher Spiel-Verband) und war bereits im Bun- renommierte Fußballzeitschrift „Fußball“ von Eugen des-Schiedsrichterausschuss des DFB. Er kümmerte sich Seybold. Im gleichen Jahr gründete sich die Münchner federführend um die Übersetzung des offiziellen Fuß- Schiedsrichtervereinigung mit 70 Interessenten am ball-Regelwerks „Laws of the Game“ ins Deutsche sowie 26. April im „Roten Hahn“. Simon Rosenberger wurde dessen Auslegung, die er bei seinen zahlreichen Vor- ihr erster Vorsitzender, Eugen Seybold der Schriftführer. trägen dann auch öffentlich vorstellte.

AB 1933 NICHT MEHR ERWÄHNT

Das außerordentlich verdienstvolle 1933 bis in die Gegenwart nirgendwo mehr 11-Freunde-Sonderheft „Verlorene Helden“, Erwähnung fanden, ist auf seine Weise das in Zusammenarbeit mit der DFB-Kultur- bezeichnend und Grund genug, Simon stiftung 2014 entstand, führt Kurzbiografien Rosenbergers Spuren zu folgen, um ihm von 192 Juden auf, die prägend für die Ent- damit wenigstens heute Dank abzustatten. wicklung des deutschen Fußballs waren. Unter ihnen befindet sich auch der 1885 in Wir wissen nicht, was aus seiner Frau und München geborene Schiedsrichter-Funkti- seinen beiden Kindern geworden ist; seine onär Simon Rosenberger. Mutter Eva, Witwe seit 1911, wurde am 10. Juni 1942 aus einem Zwangsarbeiterla- Wie es im 11-Freunde-Editorial angeregt ger in München-Milbertshofen in das KZ The- wurde, ist die Historikerin und Stadtarchiv- resienstadt deportiert und dort am 11. Juli Leiterin Petra Tabarelli für die Schiedsrichter- von den Nazis ermordet. Zeitung Rosenbergers Schicksal nachgegan- gen. Zwar hat er das Terror-Regime der Nazis Das 11-Freunde-Sonder­ nicht mehr unmittelbar miterleben müssen heft kann man als pdf herunterladen: (er starb 1931 mit 46 Jahren), aber allein die http://services.11freunde.de/ Tatsache, dass seine großen Verdienste um download/148_verlorenen_ die deutsche Schiedsrichterbewegung von helden_ES.pdf ZEITREISE 30 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019

Geld bezahlen, das durch Abonnements und Anzeigen in seiner Kasse landete.

Seinen Zeitgenossen war er als brillanter Redner und exzellenter Experte der Spielregeln bekannt, der die Zuhörenden mit der trockenen Materie der Fußballre- geln begeistern und fesseln konnte. Er übernahm in zahlreichen Vereinen, Verbänden und Ausschüssen ehrenamtliche Verantwortung, immer idealistisch, aber nie unrealistisch. Das gebot ihm wohl schon seine Tätig- keit als Journalist des „Kicker“.

Als der Westdeutsche Spiel-Verband (W.S.V.) Anfang 1922 jede Art von finanziellem Ausgleich – ob Lohn- ausfall oder ausgelegte Spesen – untersagte, würdigte Simon Rosenberger diese ehrenwerte Haltung, beschrieb sie im „Kicker“ aber im gleichen Satz als völlig realitäts- fern: Die führenden Personen im „W.S.V. sind Idealisten vom reinsten Wasser, deren Wollen schön und edel ist. Aber aus diesem Wollen blickt so viel Weltfremdheit, Nach Köln war Rosenberger gekommen, dass man darüber staunen muss“. weil er dort am 1. März 1925 die Auf- gabe als Chefredakteur der Zeitung Bereits ein paar Wochen zuvor äußerte sich Simon Rosen- „Westdeutscher Sport“ übernahm. In berger ebenfalls im „Kicker“ zum Thema Profifußball: Rosenbergers dieser Zeit unterbreitete er dem DFB, der mit dem zu Schiedsrichter- „Der kontinentale Fußballsport ist an einem Wende- „Bibel“ erschien der Zeit oft unregelmäßigen Erscheinen der „Deutschen punkt angelangt. Es hat keinen Zweck und keinen Sinn, 1923 und erreichte Schiedsrichter-Zeitung“ haderte und deshalb gern eine sich dies zu verheimlichen. Wohin der Kurs geht, kann bis 1935 insgesamt eigene Schiedsrichterzeitung publizieren wollte, ein keinem unklar sein, der mit offenen Augen um sich sieht. 22 Auflagen. Es war ein Angebot. Die Entscheidung zog sich aber in die Länge Es liegt nicht mehr in der Macht der Männer am Steuer, wahres Standardwerk. und Rosenbergers Engagement beim „Westdeutschen das Schiff gegen den Sturm zu führen. Es wäre aber auch Sport“ ging schneller zu Ende als gedacht. Im Novem- unheilvoll, das Schiff ganz dem Sturm zu überlassen.“ ber 1925 wurde die Zeitung eingestellt. Rosenberger Gemeint war, dass die Einführung des bezahlten Fuß- erneuerte sein Angebot – diesmal erfolgreich, denn der ballers unumgänglich sei, der DFB dabei aber nicht völ- DFB beauftragte ihn mit der redaktionellen Betreuung lig abseits stehen dürfe. und Herausgabe des „amtlichen Organs der Schieds- richter des Deutschen Fußball-Bundes“. Auf Ungerechtigkeiten reagierte Rosenberger gern mit sarkastischen Kommentaren im „Kicker“. Ein Beispiel Rosenberger ging ins Risiko: „Die DFB-Schiedsrichter- aus dem Jahr 1922: Am ersten Sonntag der österlichen Zeitung soll für mich meine Existenz werden“, schrieb Fastenzeit (evangelischer Landesbußtag) fand ein Aus- Mit Zeichnungen er in der ersten Ausgabe, die am 14. Januar 1926 erschien. wahlspiel zwischen einer Mannschaft des Kreises Würt- verdeutlichte Er war also nicht nur für den redaktionellen Inhalt ver- temberg gegen eine des Kreises Nordmain statt. Trotz man damals die antwortlich, sondern auch für die finanziellen Belange. wochenlanger Werbung wurde diese Partie erst einen Regelauslegung – hier Druck, Vertrieb, Werbung – alles musste er von dem Tag vorher mit Verweis auf den Feiertag verboten. Da in Sachen Einwurf. dennoch gespielt wurde, wurden die beteiligten Perso- nen verurteilt, insbesondere der Vorsitzende des Gaues Stuttgart, Knabe, der von der Kreisbehörde mit der Durch- führung des Auswahlspiels beauftragt worden war.

Unter der Überschrift „Ein Schwabenstreich“ schreibt Rosenberger dazu: „Wer lacht da? Bitte, das ist kein April- scherz! Das ‚Urteil‘ trägt das Datum des 4. und nicht das des 1. April!“ Und weiter: „23 Leute haben also dadurch, dass sie sich am evangelischen Landesbußtag in Gottes freier Natur auf dem Rasen tummelten, und ein Mann dadurch, dass er dies duldete, die Feier des Sonn- und Festtages gestört? Wo ist der Mann, der pflichtschul- digst daran Ärgernis nahm? Her mit ihm, dass wir ihn aushauen können – in Stein und Erz natürlich!“

Solch bissige Kommentare kamen aber selten vor. Grund- sätzlich wurde er als freundlicher, liebenswürdiger, humor- voller und hilfsbereiter Mann charakterisiert, der bei allen Menschen beliebt war. Seine Artikel zeichnen das Bild eines durchaus tiefgründig analysierenden Journalisten, 31

dessen Idealismus durch den englischen Fairplay-Gedan- Wochenende, kam er mitten in der Nacht zu Hause an. ken und von einer spürbaren Empathie geleitet wurde. Nur wenig später – 3.30 Uhr lautet der Eintrag auf sei- ner Sterbeurkunde – blieb Simon Rosenbergers Herz Rosenbergers Herzensangelegenheit blieb die Verein- stehen. Er wurde nur 46 Jahre alt und hinterließ seine heitlichung der Regelauslegung im ganzen Bund. Dafür Frau Charlotte Margareta sowie zwei Kinder. setzte er sich bereits Anfang der 1920er-Jahre als Vor- standsmitglied im Verbands-Schiedsrichterausschuss Dass Simon Rosenberger mit seinem unermüdlichen des Süddeutschen Fußball-Verbandes ein und schließ- und pausenlosen Einsatz seine Gesundheit aufs Spiel lich im Bundes-Schiedsrichterausschuss. Unterschiedlich setzte und sie dann auch verlor, verwundert letztlich ausgelegt wurden in den Landesverbänden zum Beispiel nicht. „Seit langem war er krank, aber er wollte sich nicht Regelübertretungen der Torhüter sowie vor allem das fesseln lassen“, hieß es im Nachruf „seiner“ DFB-Schieds- faire Sperren und das unfaire Rempeln, das Anfang der richter-Zeitung. Als finanziell verantwortlicher Heraus- 20er-Jahre in Deutschland aus mangelnder Regelkennt- geber hatte er bereits Anfang 1931 die finanzielle Unter- nis vieler Schiedsrichter falsch beurteilt wurde. Außer- stützung des Berliner Kurt-Stoof-Verlags suchen müssen; dem ging es Rosenberger besonders um das Erkennen den Posten als Chefredakteur gab er im Juli 1931 ab, und die Bestrafung von „versteckten“ Fouls. sicher aus Gesundheitsgründen, um nur noch „Mitar- beiter“ zu sein. Damit aber war ihm, der ganz auf das Ende der 1920er-Jahre wurde er vom DFB – wie schon Projekt Schiedsrichter-Zeitung gesetzt hatte, wohl die erwähnt – mit der „Eindeutschung“ der „Laws of the finanzielle Grundlage entzogen. Game“ beauftragt: Übersetzung, Auslegung, Bekannt- machung durch Vortragsreisen. So hielt er 1926, 1927, 1928 und 1931 jeweils vierstündige Vorträge im Süd- deutschen Fußball-Verband (in Südhessen, Rheinhessen Unterfranken, Bayern, Schwaben und im Rhein-Main- sowie im Rhein-Neckar-Raum), 1926 und 1927 im Ver- band Mitteldeutscher Ballspiel-Vereine (in Nordhessen, Thüringen, Oberfranken, Sachsen und Anhalt) sowie 1930 auch im Norddeutschen Fußball-Verband (in Nie- dersachsen und Mecklenburg).

Simon Rosenberger setzte sich außerdem für die Ein- führung des sogenannten Mantelgesetzes für die Schiedsrichterorganisation des DFB ein, das gemein- same Grundlagen für das Schiedsrichterwesen in den Landesverbänden schuf, auf denen dann jeder Verband nach eigenen Bedürfnissen aufbauen konnte. Es wurde 1925 noch von manchen Landesverbänden, die um ihre Eigenständigkeit fürchteten, geblockt, 1926 auf dem Bundestag dann doch angenommen, aber erst ab dem 1. Dezember 1928 von allen Verbänden akzeptiert. Simon Rosenberger Dafür spricht, dass der „Kicker“ neben der Erinnerung (Vierter von links) Wichtig war Rosenberger außerdem, Strukturen für einen an Rosenbergers Verdienste um den Fußballsport noch im September 1931 während seiner regelsicheren Schiedsrichternachwuchs zu schaffen einen Schritt weiter ging und seine Leser aufforderte, letzten Tagung sowie eine gute Zusammenarbeit von Schiedsrichtern Rosenbergers Familie zu unterstützen. Und so endet mit den leitenden mit Vereinen, Spielern, Behörden und der Presse. Gerade dann auch das einleitend erwähnte Zitat Walther Ben- Schiedsrichter- mit der Berichterstattung über Schiedsrichterleistungen semanns nicht mit: „Wir schuldigen ihm mehr als ein Funktionären gab es Mitte der 20er-Jahre noch mancherlei Ärger, der gutes Gedächtnis!“, sondern geht weiter: „Simon Rosen- des DFB und der meist aus mangelndem Regelwissen der Journalisten- berger starb in bitterer Not, als einer der vielen Ent- Landesverbände in Frankfurt am Main. Kollegen Rosenbergers resultierte. Der Bundesausschuss täuschten von der traurigen Gegenwart. Zwei Kinder – sprich Rosenberger – begann daraufhin, bei möglichst beweinen ihren dahingegangenen, sorgenden Vater, allen sachlich falschen Schiedsrichterbewertungen der eine Gattin, stets bestrebt, ihrem Mann des Lebens Bürde entsprechenden Zeitung eine Richtigstellung zukom- zu erleichtern, steht vor dem Nichts. Sollten wir nicht men zu lassen – mit einigem Erfolg, wie die Schieds- alle, die wir den guten Simerl lange gekannt und geschätzt richter bald merkten. haben, ein wenig daran mithelfen, eine kleine Dankes- schuld an der richtigen Stelle abzutragen?“ Für ein zweitägiges Treffen des Bundes-Schiedsrich- terausschusses mit den Schiedsrichterdezernenten der Ob es geholfen hat? Wir wissen es nicht. Landesverbände reiste Simon Rosenberger am 5. Sep- tember 1931 nach Frankfurt am Main. Er hielt das Simon Rosenbergers Bedeutung für die Schiedsrichter- Hauptreferat des Treffens, debattierte und gab Anre- bewegung in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhun- gungen. derts kann man nicht überschätzen. Und es ist keine unrealistische Behauptung, dass er mit seinem Engage- Am Abend des 6. September fuhr Simon Rosenberger ment und seiner Wirkung auf einer Stufe mit Schiedsrich- zurück nach Köln. Erschöpft nach dem anstrengenden ter-Pionieren wie Carl Koppehel und Peco Bauwens steht. MELDUNGEN 32 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019

AUS DEN VERBÄNDEN

HAMBURG BAYERN SACHSEN

Gemeinsame Aktion Mehr Konsequenz bei Besuch aus Malta von Berlin und Hamburg Spielverzögerungen Eine fünfköpfige Schiedsrichter-Delega- tion der „Malta Football Association“ (MFA) „GEMEINSAM FÜR RESPEKT UND FAIR- Da sich die Unsportlichkeiten auf Bayerns war am ersten Septemberwochenende in NESS“ ist eine Aktion der Schiedsrichter Fußballplätzen immer mehr eingeschli- Sachsen zu Gast. Neben Sightseeing in des Hamburger Fußball-Verbandes und chen haben, fordert der Verbands-Schieds- Leipzig, einer Stadionführung in der „Red des Berliner Fußball-Verbandes und ein richterausschuss seit dieser Saison ein har- Bull Arena“ und gemeinsamen Trainings- Appell, den Schiedsrichtern mit mehr Res- tes Durchgreifen von seinen Referees. einheiten stand natürlich der intensive pekt und Wertschätzung entgegenzutre- Besonders die Spielverzögerungen stehen Austausch über das Schiedsrichterwesen ten. Das gemeinsame Ziel ist, in dieser im Blickpunkt. im Fokus. Saison weniger Spielabbrüche, weniger So wurden alle Schiedsrichter – von der Darüber hinaus konnten die Gäste von der Gewalt und mehr Sportlichkeit auf den Regionalliga bis zu den Junioren – ange- nur drei Flugstunden entfernten Mittel- Plätzen der beiden Landesverbände zu wiesen, jegliches Spielerverhalten, wel- meerinsel neben zwei überregionalen erleben. ches nur zur Verzögerung der Spielfort- Freundschaftsspielen auch bei zwei Zu Beginn des Eröffnungsspiels der jewei- setzung dient, konsequent mit einer Begegnungen im „Wernesgrüner Sachsen- ligen höchsten Spielklasse warben die Gelben Karte zu ahnden. Bei den Klubs pokal“ mitwirken. Akteure beider Mannschaften und das herrscht breite Zustimmung für dieses kon- TEXT Lars Albert Schiedsrichter-Team mit einem Banner für sequente Vorgehen. Respekt und Fairness. TEXT Doris Kausch TEXT Ralf Kisting BERLIN

Karriereende 2 nach 70 Jahren

1 Einen besonderen Abschluss seiner ins- gesamt 70-jährigen Schiedsrichter-Lauf- bahn feierte der Berliner Gerhard Klahn beim 111. Vereinsjubiläum des SSV Köpe- nick/Oberspree. Vor rund 500 Zuschauern leitete er das Spiel der Traditionsmann- schaften von Köpenick/Oberspree und dem 1. FC Union Berlin. Jörg Tennstedt, Lehrgemeinschaftsleiter von Treptow/Köpenick, zeichnete Klahn dabei für seine herausragenden Verdienste aus. TEXT Jörg Wehling

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1_Bei ihrem Besuch in Sachsen besuchte die Delegation aus Malta auch die „Red Bull Arena“. 2_Jörg Tennstedt mit dem Berliner Jubilar Gerhard Klahn (rechts). 3_In Berlin und Hamburg warb man für mehr Respekt und Fairness auf dem Fußballplatz. 33 SCHIEDSRICHTER IM STREIK

Die saarländischen Schiedsrichter haben ein Zeichen gegen Gewalt gesetzt: Weil die Referees wieder- holt körperlichen Attacken ausge- setzt waren, traten sie im Septem- ber ein Wochenende lang in den Streik. Betroffen waren alle Partien im Amateurbereich bis einschließ- lich der Saarlandliga.

nlass des Streiks war ein Angriff auf einen Schieds- In einer ähnlichen Situation im Jahr 2015 hatte der TEXT richter bei einem C-Junioren-Spiel in Merzig- Schiedsrichterausschuss noch von einem Streik abge- David Bittner A Brotdorf Ende August, nach dem das Opfer ins sehen. Nach vielen Beteuerungen und begleitet von gut Krankenhaus eingeliefert werden musste. „So etwas ist gemeinten Maßnahmen hatte man damals die Hoffnung, für mich indiskutabel“, sagte Volkmar Fischer, der dass sich die Zustände nachhaltig bessern würden. Das Obmann der saarländischen Schiedsrichter. Es sei an Gegenteil war allerdings der Fall: Allein in den vergan- der Zeit, darauf zu reagieren und unter den Schiedsrich- genen Jahren gab es mehr als 35 weitere Vorfälle, bei tern ein Zeichen der Solidarität zu setzen. denen Schiedsrichter Opfer von mehr oder weniger schweren körperlichen Attacken wurden. Nach einer unmittelbar folgenden Sitzung des Verbands- Schiedsrichterausschusses gab man eine entsprechende Weiterhin heißt es in der Erklärung des Verbands-Schieds- Erklärung zu den Vorfällen heraus und erläuterte die richterausschusses: „Uns ist bewusst, dass diese Maß- drastische Maßnahme, so viele Spiele nicht mit Unpar- nahme nur als symbolische Aktion aufgefasst werden teiischen zu besetzen: „Diese Entscheidung ist uns sehr kann. Wir drängen aber auf weitere Veränderungen in schwergefallen, weil wir uns unserer Verantwortung für den Abläufen der Sportgerichtsbarkeit, bei den Hilfe- den Spielbetrieb bewusst sind und hierunter auch sehr stellungen für betroffene Schiedsrichter und bei der viele faire Sportsleute leiden müssen, die sich tadellos Einhaltung der vorhandenen Richtlinien. Dies werden verhalten. Uns ist ebenfalls bewusst, dass sich dadurch wir angehen.“ auch in Zukunft kein Täter abhalten lassen wird. Wir füh- len uns jedoch aufgrund der Vielzahl an Vorkommnis- Gegenüber Medien sprach Verbands-Obmann Volkmar sen in der jüngeren Vergangenheit angehalten, aus Soli- Fischer von einer möglicherweise größer angelegten darität mit den betroffenen Schiedsrichterkameraden Kampagne, beispielsweise in Form einer Stadiondurch- ein Zeichen zu setzen, das auch in der Breite wahrge- sage vor jedem Spiel. Er nahm aber auch die saarländi- nommen wird. Es ist sehr bedauerlich, dass wir derzeit schen Unparteiischen selbst in die Pflicht: „Alle Schieds- keinen anderen Weg sehen, um unserem Anliegen, dem richter sind Mitglied in einem Verein. Auch unsere Leute fairen und respektvollen Umgang im Sport, ausreichend sind gefragt, in ihrem Verein aktiv gegen solche Miss- Gehör zu verschaffen.“ stände Aufklärungsarbeit zu betreiben.“ VORSCHAU 34 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 06|2019

DIE NÄCHSTEN THEMEN IMPRESSUM Die Ausgabe 1/2020 erscheint am 20. Dezember 2019.

HERAUSGEBER Deutscher Fußball-Bund Otto-Fleck-Schneise 6 TITELTHEMA 60528 Frankfurt/Main Telefon 069/6788-0 TAGUNG DER www.dfb.de OBLEUTE UND VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT LEHRWARTE Ralf Köttker

KOORDINATION/KONZEPTION David Bittner, Thomas Dohren

KONZEPTIONELLE BERATUNG In Frankfurt am Main tagen im November die Obleute und Lehrwarte der Lan- Lutz Lüttig desverbände, um sich miteinander auszutauschen und gemeinsame Strategien für die Zukunft zu erörtern. Am gleichen Ort und fast zur gleichen Zeit treffen MITARBEITER DIESER AUSGABE sich außerdem die jeweiligen Mitarbeiter für Öffentlichkeitsarbeit, um neue Norbert Bause, Alex Feuerherdt, David Hennig, Projekte zu besprechen. Wir berichten im nächsten Heft über die Ergebnisse. Matthias Horner, Petra Tabarelli, Günther Thiel- king, Lutz Wagner, Rainer Werthmann

BILDNACHWEIS Thomas Böcker/DFB, Getty Images, imago, LEHRWESEN Christian Kaufmann, Sky

LAYOUT, TECHNISCHE GESAMT­ DFB-LEHRBRIEF: HERSTELLUNG, VERTRIEB UND DER CHARAKTER ANZEIGEN-VERWALTUNG BONIFATIUS GmbH EINES SPIELS Karl-Schurz-Straße 26 33100 Paderborn

ABONNENTEN-BETREUUNG BONIFATIUS GmbH Karl-Schurz-Straße 26 Es gibt Momente in einem Fußballspiel, die dazu führen, dass Spieler ihre Ver- 33100 Paderborn haltensweisen plötzlich ändern. Brutale Fouls, Platzverweise oder Strafstöße [email protected] bewirken dann, dass eine bis dahin faire Partie plötzlich aus den Fugen gerät. Wie der Schiedsrichter den Charakter eines Spiels richtig lesen und erkennen Die Schiedsrichter-Zeitung des DFB erscheint kann, darum geht es im aktuellen DFB-Lehrbrief Nr. 88. zweimonatlich. Die Bezugsgebühren für ein Abonnement betragen jährlich 15 Euro ein- schließlich Zustellgebühr. Kündigungen des Abonnements sind sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Zeitraums mitzuteilen.

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Kathrin Lehmann hat schon viel in ihrem Leben gemacht: Fußball-National- spielerin, Eishockey-Nationalspielerin, Dozentin, Radio- und TV-Expertin. Jetzt hat sie mit der Schiedsrichterei eine neue Leidenschaft entdeckt. Georg Schalk hat sie zu einem Spieleinsatz begleitet und stellt die 39-jährige Münch- ABO nerin vor. bequem per E-Mail: [email protected] alle wissen, wo sein auto steht. er pfeift drauf. Dennis, Schiedsrichter der SG Johannesberg 1926. Wie schon sein Vater sorgen er und seine 58.000 Kollegen unbeirrt dafür, dass sich rund 7 Millionen Mitglieder an die Spielregeln halten. Mehr über Dennis und den Amateurfußball in Deutschland auf kampagne.dfb.de

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