Offizielles Organ für die Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund 6/2011 November/Dezember

Vor dem Firmensitz: Winfried Baaser mit seinem schon legendären Schiedsrichter-Set.

Titelthema Momentaufnahme Zeitreise Lehrbrief Weltmeister im Warum Matthias DDR: Gerhard Die Persönlichen Ausrüsten: Wer Anklam plötzlich Schulz war ihr Strafen: Wie sie ist eigentlich Trost von den erster FIFA- Neulinge am Herr „Allzweck“? Spielern bekam Schiedsrichter besten umsetzen Editorial Inhalt

Liebe Leserinnen und Leser, Auch wenn es nur wenige Fälle waren: Wir müs- sen den Anfängen wehren und klare Grenzen Fußball ist nichts für „Weicheier“, es geht in ziehen. Emotionen sind dabei nicht das Pro- den Zweikämpfen zur Sache, und die Spieler blem, sondern die Art und Weise, wie sie am sind in der Wahl ihrer Mittel nicht immer zim- Spielfeldrand vorgetragen werden. Sprengt das perlich. Zu Recht, denn ein wichtiges Merkmal Verhalten der Mannschafts-Verantwortlichen für erfolgreiche Mannschaften ist neben der diese Grenzen, entsteht Schaden für den Fuß- spielerischen Qualität immer auch ihre Zwei- ball und für die Schiedsrichterei. Bei internatio- kampfhärte. Die lässt das Regelwerk des Fuß- nalen Spielen herrscht an den Seitenlinien balls ja auch zu, im Volksmund gern zusam- übrigens eine selbstverständliche Disziplin und mengefasst im Begriff „gesunde Härte“, Ordnung. Möglicherweise eine Folge der drako- wobei das Wort „gesund“ schon recht deutlich nischen Strafen der Sportgerichtsbarkeit für das Maß vorgibt. solche „Auftritte“ der aggressiven Art.

Denn es gibt natürlich Grenzen. Der Kampf um Ein Wort noch zu unseren Vierten Offiziellen. den Ball wird spätestens dann unsauber, wenn Auch von ihnen wird nicht immer alles richtig Titelthema Der Erfolg steckt im Detail Emotion statt Wie der Schiedsrichter-Ausrüster „Allzweck“ funktioniert 4 Aggression Analyse Wenn der Angreifer die „Notbremse“ , selbst zieht das Zielobjekt nicht mehr der Ball, sondern Vorsitzender Lehrreiche Szenen aus der 8 der Gegenspieler ist. Dies geschieht häufig der DFB- aus der Situation heraus und ungewollt, Schiedsrichter- Panorama 13 manchmal leider auch sehr bewusst. Für die Kommission. Spielstrafe ist das egal, sie muss verhängt Regel-Test werden, in der Wahl der Persönlichen Strafe gemacht. Trainer stehen während eines Spiels Gedränge beim Schiedsrichter-Ball? hat der Schiedsrichter Gestaltungsmöglich- mal mehr, mal weniger unter Druck und man 17 keiten. muss als Vierter Offizieller spüren, wann es angebracht ist, deeskalierend und ausglei- Lehrwesen Es sind ja auch die Grenzfälle, die den Fußball chend zu wirken. Erkennbar eingreifen sollen Bessere Starthilfe für Neulinge so interessant machen; wäre alles erlaubt, sie erst, wenn die Grenzen des Respekts und Das Hauptproblem für junge Schiedsrichter würde sich wohl kaum jemand für diesen des sportlichen Anstands überschritten wer- sind die Persönlichen Strafen 18 Sport interessieren. Innerhalb der geschriebe- den. Dann erwarten wir das allerdings auch Aktion nen und ungeschriebenen Regeln erfolgreich von ihnen. Ihre Richtschnur: Emotionen ja – zu sein, ist das Ziel unseres Spiels, wobei das Aggressionen nein. Siegerehrung in Hannover Gewinnenwollen um jeden Preis niemals dort- Der DFB lädt die „Schiedsrichter des Jahres“ ein 21 hin führt, denn das hat nichts mit Sport zu Von Beginn der Amtszeit hat die Schiedsrich- Blick in die Presse tun. Dass Grenzen und Regeln eingehalten ter-Kommission ihren Willen bekundet, trans- Was die anderen schreiben 22 werden, dafür tragen die nahezu 80.000 parent und offen zu sein. Damit ist auch die Schiedsrichter in unserem Land die Verant- Kommunikation mit unseren Trainern und Momentaufnahme wortung. Aber nicht nur sie allein. Managern gemeint. Sie ist die einzige Möglich- keit, Verbesserungen zu erreichen. Weshalb ich Was war da los, Matthias Anklam? Zu Beginn der Saison sorgte die Schlagzeile allen Schiedsrichtern auch in schwierigen Situa- Der Assistent nahm mitten im Spiel eine Auszeit 23 „Schiedsrichter pfeifen Trainer zurück “ für tionen empfehle, sich der Kommunikation Außenansicht Furore. Die Medien hatten schnell erkannt, niemals ganz zu verschließen. Sie ist die Stärke Helden der Seitenlinie dass dieses Thema „Stimmung in die Bude“ eines souveränen Schiedsrichters. Nachdenkenswertes über die bringen könnte und kochten es hoch. Dabei nicht-neutralen Assistenten 25 war der Ausgangspunkt unserer Anweisungen In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Freude und an die Schiedsrichter im professionellen Fuß- Erkenntnisgewinn mit dieser Ausgabe unserer ball das in einigen Fällen gegen Ende der ver- DFB-Schiedsrichter-Zeitung. Zeitreise gangenen Saison stark zunehmende „Theater“ Von Beruf Schiedsrichter-Lehrer an den Auswechselbänken. Herumschreiende Wie Gerhard Schulz nach dem Zweiten Weltkrieg und wild gestikulierende Trainer oder Co-Trai- das Schiedsrichter-Wesen in der DDR aufbaute 26 ner eiferten gegen Schiedsrichter-Entschei- dungen und attackierten mit ihrem Vorgehen – Aus den Verbänden 32 ungewollt, vielleicht auch manchmal gewollt – die Autorität des Schiedsrichters. Ihr Herbert Fandel Vorschau 6/2011 34

Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen Teil herauszunehmen. SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 3 Titelthema Der Erfolg steckt im Als Winfried Baaser 1965 Schiedsrichter wurde, besorgte er sich sein Trikot, ein schlichtes schwarzes Wühltisch bei C&A. Offizielle Ausrüster gab es damals nicht. Heute ist der 69-Jährige mit seiner Firma artikel“ selbst der größte Ausstatter für Unparteiische. SRZ-Mitarbeiter David Bittner hat den Erfinder und vieler anderer Fußball-Utensilien – in seinem Firmensitz in Trechtingshausen am Rhein besucht.

enn Winfried Baaser ausholt, Wum die Geschichte von der Erfindung des Schiedsrichter-Sets zu erzählen, merkt man es sofort: Diese Story musste er schon öfter erzählen. Deshalb weiß er auch heute noch jedes Detail von jenem Pokalspiel im Rheinland Anfang der 70er-Jahre zwischen Ander- nach und Neuwied. Kurz gesagt: Er hatte zu Hause seine Pfeif- Utensilien vergessen und musste sich vor Ort alles zusammenbor- gen. „Diese Probleme im Vorfeld der Partie nahm ich damals mit ins Spiel, und meine Leistung war dementsprechend schlecht“, erzählt Winfried Baaser.

Und trotzdem war es ein guter Tag – im Nachhinein gesehen. Denn er hat das berufliche Leben des Unparteiischen völlig verändert. Zu Hause angekommen, entwickelte er die Idee für das Schiedsrichter- Winfried Baaser und Verkaufsleiter Andreas Klee arbeiten ständig an der Optimierung ihrer Pro- Set. „Es sollte eine Mappe sein, dukte und Vertriebswege. die alles beinhaltet, was ein Schiedsrichter zur Spielleitung Großhandlung, hatte aber schon Schiedsrichter-Set war dazu die machen, nutzte Baaser schon vor braucht.“ Baaser war damals immer den Wunsch, sich selbst- richtige Idee! 38 Jahren das gleiche Medium wie Geschäftsführer einer Sanitär- ständig zu machen. Und das heute: Er legte ein Werbeblatt der Die Erfahrung, dass eine eigene DFB-Schiedsrichter-Zeitung bei. Firma so manche schlaflose Nacht bringen kann, machte der Ein Volltreffer, denn die Leser Geschäftsmann gleich zu Beginn: waren ja alle potenzielle Kunden „Damit sich die Produktion lohnte, und schienen nur auf dieses Ange- mussten wir eine entsprechend bot gewartet zu haben: 30.000 große Stückzahl produzieren las- Exemplare des Schiedsrichter-Sets sen. Das kostete mehrere hundert- verkaufte er gleich im ersten Jahr. tausend Mark und war ein großes „Bald darauf boten wir Gelbe und Risiko – wir wussten ja nicht, ob Rote Karten auch einzeln an und uns jemand das Ding abkaufen hatten schnell einen riesigen würde.“ Die flachen schwarzen Umsatz bei Spielnotizkarten und Etuis ließ Baaser damals im pfälzi- Pfeifen, sogar bei Kugelschrei- schen Ort Kirn nähen, dort war die bern“, schildert der Inhaber den entsprechende Industrie quasi vor Aufschwung seiner Firma. Baasers der Haustür angesiedelt. Und um Erfolgsrezept damals: Er dachte Historisch: Mit dem grünen Kragen kam erstmals Farbe in die sein neues Produkt bei den poten- die Dinge durch bis ins letzte Trikots der Firma „Allzweck“. ziellen Kunden bekannt zu Detail, schließlich kannte er als

4 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 und seiner Firma schließlich sogar zum Durchbruch über Deutsch- lands Grenzen hinaus. Man schrieb Nachgefragt das Jahr 1978, die Fußball-Welt- Detail meisterschaft in Argentinien sollte Was bedeutet eigentlich b+d? in einigen Monaten beginnen, als der Firmenchef direkt bei der FIFA Auf dem aktuellen Katalog ist außer dem Firmennamen Oberhemd, noch vom anrief mit der Bitte, „etwas Neues“ „Allzweck Sportartikel“ das Logo „b+d“ abgedruckt. Das „b+d-Allzweck- Sport- vorstellen zu dürfen. findet sich auch auf Gelben und Roten Karten, Assistenten- Fahnen und Trikots wieder. Was es damit auf sich hat, des Schiedsrichter-Sets – „Die FIFA-Leute dachten zunächst, erklärt Winfried Baaser: „Gemeinsam mit einem Geschäfts- ich wollte ihnen neue Schienbein- partner gründete ich damals die Firma schützer präsentieren – die waren ,b+d’. Über sie wurde die Belieferung damals im Trend“, erzählt Baaser, des Sportfachhandels abgewickelt. Das ehemaliger Oberliga-Referee und der aber seine Fahnen an den ,b’ stand für meinen Nachnamen, das ‚d’ Bundesliga-Linienrichter die klei- Mann bringen wollte. Immerhin: für den Namen meines Partners. Paral- nen Probleme der Schiedsrichter. Der redegewandte Rheinländer lel dazu gab es unter dem gleichen Dach „So entwickelten wir zum Beispiel wurde zum FIFA-Sitz in die Schweiz die Firma ,Allzweck Sportartikel’, die die Disziplinarkarten mit den eingeladen. „Am Tag meines direkt an den Endverbraucher verkauf- abgerundeten Ecken, damit sie Besuchs dort hatte zufälligerweise te.“ Erst vor zwei Jahren wurden beide sich nicht beim Herausziehen in und zu meinem Glück die Regel- Firmen zusammengeführt. Weil die der Hemd- oder Hosentasche ver- kommission eine Sitzung. Als ich Marke „b+d“ aber inzwischen so bekannt ist und das Logo haken und stecken bleiben.“ Wem denen meine Produkte vorstellte, einen sehr hohen Wiedererkennungswert hat, wurde es das einst mitten im Spiel passiert merkte ich an der Reaktion der beibehalten. ist, der schwor fortan auf Baasers Herren, dass ich ihr Interesse runde Ecken. geweckt hatte“, erinnert sich Baaser. So erhielt er 14 Tage vor auch wir kämpfen, um am Markt einmal 200 Stück pro Jahr ver- Die Idee für die neonfarbenen Beginn der Weltmeisterschaft bestehen zu können.“ schickten Baaser und sein Team. Assistenten-Fahnen kam dem Tüft- einen Anruf, er solle umgehend „Erst seit der WM 1994 – als adidas ler, als er sich ein DFB-Pokalspiel 200 Assistenten-Fahnen zum Flug- Dass das Familienunternehmen ein farbiges Hemd auf den Markt der Sportfreunde Eisbachtal hafen Frankfurt bringen. Dort sich gehalten hat, ist insbesondere brachte – wurden auch nicht- anschaute: „Die Fahnen wurden würde sich Ferdinand Biwersi, als der ständigen Innovationsfreude schwarze Trikots akzeptiert.“ damals noch von den Heimverei- Unparteiischer für die WM nomi- seines Chefs zu verdanken: „Wir Danach waren es dann statt 200 nen gestellt, und das waren zum niert, bei seinem Flug nach Argen- waren Anfang der 80er-Jahre zum plötzlich 16.000 farbige Trikots, Teil zerrissene und verdreckte Din- tinien auf Bitten der FIFA um die Beispiel die Ersten, die die schwar- die er in einem Jahr verkaufte. ger.“ Diese von ihm entwickelten Fahnen aus Deutschland küm- zen Hemden mit einem farbigen Neon-Fahnen verhalfen Baaser mern. Baaser: „Von heute aus Kragen verziert haben. Diese Tri- Ein Blick ins Lager auf der ersten betrachtet, waren diese Wochen kots lagen jedoch zunächst wie Etage des Firmengebäudes in der das Sprungbrett für alles, was Blei in den Regalen.“ Gerade Straße „Am Morgenbach“ zeigt die danach kam.“

So musste schon bald die ganze Familie in der Firma anpacken, damit der Laden lief: „Meine Frau schrieb bis nachts um 3 Uhr im Wohnzimmer Rechnungen, natür- lich nicht mit dem Computer, son- dern auf der Schreibmaschine. Auch meine Schwester und meine Schwägerin halfen mit. Weitere Mitarbeiter kamen ebenfalls aus dem persönlichen Umfeld“, erzählt Winfried Baaser. Heute beschäftigt er 30 Angestellte in seinem Betrieb. Damit ist er im 1.000-Men- schen-Ort Trechtingshausen ein wichtiger Arbeitgeber. „Die Wirt- schaftskrise hat sich auch bei uns 1988 als Sponsor bei der Ehrung der „Welt-Schiedsrichter des Dagmar Baaser, die Frau des bemerkbar gemacht. Den Vereinen Jahres“ im RTL-„Anpfiff“-Studio. Hinten von links: Winfried Firmenchefs, schaut Janine fehlten in den vergangenen Jah- Baaser, Wahl-Veranstalter Alfredo Pöge, Baaser-Mitarbeiter Aliu in der Auftragsannahme ren Sponsoren und somit Geld, sie Michael Cetto. Vorn: Welt-Schiedsrichter über die Schulter. mussten sparen. Daher müssen (Mitte), (Platz 2, links) und (Platz 3).

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 5 Titelthema

cirka 1,5 Millionen Spielnotizkarten – quasi für fast jedes Fußballspiel, Neuer Trend das in Deutschland stattfindet.“

Genauso wie die Sportartikel vom Computer am Handgelenk Rhein inzwischen in die ganze Welt verschickt werden, sind auch Wenn es nach Winfried Baaser geht, dann hat die gute alte die Zulieferfirmen auf unter- Spielnotizkarte bald ausgedient. Ein Mini-Computer soll schiedliche Kontinente verteilt: Karton und Bleistift ersetzen. Das Gerät im Handyformat „Etwa die Hälfte der Artikel wer- lässt sich am Handgelenk festschnallen. Mit wenigen den im Ausland produziert: Die Tastendrucken lassen sich alle Spielereignisse – Tore und Pfeifen kommen zum Beispiel aus Persönliche Strafen – abspeichern. Besonders praktisch: Kanada und Spanien, die Funkfah- Bereits vor dem Anpfiff kann der Schiedsrichter über eine nen-Systeme aus der Schweiz, Schnittstelle mit dem DFBnet die Aufstellungen beider Uhren aus Japan. Bei den Textilien Mannschaften auf das Gerät laden. Über die gleiche ist es so, dass die Stoffe aus Schnittstelle können die Spielereignisse anschließend ins Deutschland kommen und in Polen DFBnet zurück übertragen werden. Das erspart lästige zusammengenäht werden“, Arbeit zu Hause am PC, hat aber auch seinen Preis: Das berichtet Baaser, dessen Unter- „Spintso PDA“ kostet derzeit 449 Euro. Es wird bereits im nehmen zum „Global Player“ schwedischen Profifußball eingesetzt. geworden ist. Die Quittungs-Blocks Noch immer ein Renner: für die Schiedsrichter-Spesen gibt René Tomszak packt Spiel- es längst auch in englischer, notizkarten ein. französischer und schwedischer Sprache. Vielfalt der Angebotspalette, die sogar bis zu gelben und roten Schon recht früh in der Firmenge- Duschtüchern reicht. „Von denen schichte stand der Name „Allzweck“ verschicken wir pro Jahr mehr als aber nicht nur für Schiedsrichter- 2.000 Stück“, berichtet Andreas Zubehör, sondern für alles, was Klee. Der Verkaufsleiter im Hause „irgendwie mit den Fußballregeln „Allzweck“ ist übrigens auch der zu tun“ hat. Bei der WM in Spanien Schwiegersohn von Winfried Baa- kamen 1982 erstmals neongelbe ser, von wegen Familienbetrieb Eckfahnen aus Trechtingshausen und so. Er verrät noch weitere zum Einsatz, auch die Auswechsel- Zahlen aus dem Geschäftsbericht: tafel mit den grünen und roten Die Zukunft? Computer statt Spielnotizkarte und Stift. „Neben 250.000 Gelben und Roten Spielernummern wurde hier ent- Karten verkaufen wir jede Saison wickelt. Zur Europameisterschaft Schon eher für den Schiedsrichter an der Basis gedacht ist im Jahr 1988 in Deutschland lie- die neuentwickelte Armbanduhr aus dem Hause „Allzweck“: ferte Baaser auch erstmals die Sie läuft von „1 bis 90 Minuten“, außerdem kann der Tore. Schiedsrichter verloren gegangene Zeit während der bei- den Halbzeiten extra mitstoppen und so die fällige Nach- Auf dem aktuellen Katalog wirbt spielzeit besser festlegen. das Unternehmen damit, seit 1978 Lieferant aller Fußball-Welt- und Europameisterschaften zu sein – den Gastgeberländer. Verkaufslei- Winfried Baaser wird sich den Rei- auch beim Turnier im kommenden ter Klee stattete den Spielorten sestress selbst nicht mehr antun, Jahr in Polen und der Ukraine. einen Besuch ab, um sich über die sondern die Spiele zu Hause vor Dabei war der Ausrüstungsauftrag aktuelle Lage vor Ort zu informie- dem Fernseher verfolgen. Und für diese EM von der UEFA erst- ren. „Das wird eine logistische dabei nicht nur auf die Spieler und mals offiziell ausgeschrieben wor- Herausforderung“, weiß Andreas den Ball achten. Schließlich freut den, 15 Firmen hatten sich bewor- Klee schon ein halbes Jahr bevor er sich ganz besonders, wenn ben. „Wir mussten einen ganzen es losgeht. „Als bei der EM 2008 eines seiner Produkte in Großauf- Ordner mit Auflagen erfüllen, das zwei Tage vor dem Eröffnungs- nahme zu sehen ist. Wie zum Bei- ging nicht einfach so per Hand- spiel ein Tor kaputt ging, haben spiel, als der Kameruner Roger schlag“, sagt Winfried Baaser, der wir schnell eins nachgeliefert – Milla bei der WM 1990 in Italien sich dennoch am Ende gegen die das wird im kommenden Sommer seine vier Tore jeweils mit einem internationale Konkurrenz durch- nicht so einfach möglich sein. Das ausführlichen Tänzchen an einer setzen konnte. Autobahnnetz ist in den beiden b+d-Eckfahne feierte. Katalog-Models: Zwei nicht Ländern weniger gut ausgebaut, ganz unbekannte Schieds- In einem Besprechungszimmer und die Spielorte liegen zum Teil Vier Jahre vorher war Argenti- richter 1994 im Baaser-Trikot. hängen große Landkarten der bei- sehr weit voneinander entfernt.“ niens Diego Armando Maradona

6 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Viel zu tun: Ulla Elsholz, Manuela Sobiech und Daniel Bersch arbeiten im Allzweck-Verkauf. der Hauptakteur einer Szene, die Eckstange so gut zu sehen, da Baaser besonders freute: „Aus ging mir das Herz auf.“ Frust über die Entscheidung eines Schiedsrichter-Assistenten riss er Einer der berühmtesten Fußballer die Eckfahne aus dem Boden“, aller Zeiten als Werbeträger für erinnert er sich. „Die Diskussionen seine Firma – das hatte sich Win- auf dem Platz dauerten eine Ewig- fried Baaser auch in seinen kühns- keit und wurden in voller Länge ten Träumen nicht ausgemalt, als vom Fernsehen übertragen. Unser er vor rund 40 Jahren sein Firmenzeichen war auf der Schiedsrichter-Set erfand. ■

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1. SPIELTAG Fotos 1a-1e In diesem Spiel ging es auch um ■ VfB Stuttgart – Schalke 04: die Ausführung eines Freistoßes Noch nicht einmal zehn Minuten beziehungsweise die Freigabe war die neue Saison alt, als Wolf- durch den Schiedsrichter. Regel 5 gang Stark den Stuttgarter Christian schreibt vor, dass ein Freistoß Gentner wegen einer außerge- dann mit Pfiff freizugeben ist, wöhnlichen Simulation mit „Gelb“ wenn a) eine verletzungsbedingte bestrafen musste. Die Fotos 1a bis Behandlung durch Betreuer auf 1e dokumentieren die Situation: dem Platz stattgefunden hat, Als Gentner rund 30 Meter vor dem b) ein Spieler eine Persönliche Tor an den Ball kommt, hat er nur Strafe erhalten hat oder c) die noch Torwart Fährmann vor sich, „Mauer“ auf die vorgeschriebene schräg hinter sich den Abwehr- Distanz beordert wurde. Da in die- spieler Maza. Eine Spielsituation, sem Fall nichts davon vorlag, hat die nicht nur beim Schiedsrichter der Schiedsrichter den Ball regel- sofort die Alarmlampe „Notbrem- technisch völlig korrekt ohne vor- se“ blinken lässt. herigen Pfiff ins Spiel bringen las- sen. Das daraus erzielte Tor war Gentner spielt den Ball mit seinem deshalb gültig. linken Fuß allerdings nicht direkt nach vorn, sondern nach rechts Einzig und allein die etwas unglück- und kreuzt deshalb den Laufweg liche Dokumentation mittels Pfeife, von Maza. Der schafft es gerade die von den Spielern durchaus noch, einen Zusammenprall mit falsch interpretiert werden kann, dem Stuttgarter zu vermeiden. führte zur Verwirrung. Deshalb Dennoch lässt sich Gentner auf bleibt hier der Hinweis: Mit gezeig- seine Knie fallen. Warum er sich so ter Pfeife nur dann operieren, verhalten hat und nicht weiterge- wenn diese letztendlich auch zur laufen ist, weiß nur er selbst. Sein Freigabe benutzt werden muss. schlechtes Gewissen kaschiert er mit dem Versuch, dem Schalker ein Foto 2 Trikotzerren zu unterstellen (Foto 1e). Wenigstens akzeptiert er die Gelbe Karte ohne großes Murren.

■ Hannover 96 – 1899 Hoffenheim Die Situation, die zur Gelben Karte für den Angreifer führte. Auch in diesem Spiel ging es um eine „Notbremsen“-Situation, in der entscheidet der Schiedsrichter auf seitlich vom Tor befindet, so hat er der Schiedsrichter allerdings auf Strafstoß. Möglicherweise hat er doch freie Bahn und kann den Ball eine Persönliche Strafe verzichtete. sich beim Verzicht auf die Rote vor dem Torwart erreichen. Damit Der Hoffenheimer Johnson hat den Karte für den Hannoveraner davon hat er eine eindeutige Torchance. Ball spielbereit vor sich, als Poga- leiten lassen, dass der Torwart Nur das muss der Schiedsrichter Der Moment, in dem der Hof- tetz ihn von hinten deutlich zu Fall nicht sehr weit entfernt war. Aber beurteilen, aber nicht spekulieren, fenheimer Johnson durch Poga- bringt (Foto 2). Ohne zu zögern, auch wenn der Spieler sich etwas ob er sie auch nutzen wird. tetz von hinten attackiert wird.

8 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Foto 5

2. SPIELTAG Gegenspieler (Foto 4) und bringt „Am Schiedsrichter hat’s heute ihn damit zu Fall. Zwar kann der nicht gelegen, dass wir verloren Abwehrspieler den Augsburger haben.“ Diese Bemerkung kennen nicht sehen, aber die Frage nach die Unparteiischen aller Spielklas- der Absicht ist beim Foulspiel sen. Mal abgesehen davon, dass immer unerheblich. Entscheidend selbst darin noch ein Widerhaken ist der Tatbestand, dass Beck sei- steckt (sonst liegt’s ja immer am nen Gegner durch ein Foul am Schiedsrichter …), interpretieren Weiterlaufen hindert. Deshalb gibt wir das Fehlen von kritischen es an der Strafstoß-Entscheidung Angreifer Ya Konan (dunkles Trikot, Zweiter von rechts) hat Äußerungen an diesem Spieltag nichts zu deuteln. Eine Persönliche nach Einschätzung des Assistenten ein Foul begangen. als Lob für die Leistungen der Strafe ist in diesem Fall nicht nötig. Schiedsrichter-Teams in den ein ahndungswürdiges Foulspiel zu sich ein wenig, als der Schiedsrich- Lizenzligen. So wie es auch eine ■ Hannover 96 – Hertha BSC erkennen. ter ihm „nur“ die Gelbe Karte zeigt. erfahrene Hausfrau tut, die auf Einige Aufregung verursachte Da es aber die zweite „Gelbe“ für ihre entsprechende Nachfrage die beim Stand von 1:1 ein nicht aner- Nun haben die Schiedsrichter-Assis- Boulahrouz in diesem Spiel ist, Antwort bekommt: „Wenn ich kanntes Tor für Hannover in der tenten ja die klare Anweisung, nur muss er dann doch das Feld ver- nichts sage, schmeckt’s!“ 89. Minute. Der von Christian Pan- eindeutige Vergehen zu signalisie- lassen. der aus 40 Metern hoch in den ren. Das wissen sie natürlich, wes- 3. SPIELTAG Strafraum geschlagene Freistoß wegen man davon ausgehen kann, Aber warum nicht direkt „Rot“? ■ FC Augsburg – 1899 Hoffenheim: setzt einmal auf und fliegt an dass sich der Assistent hier nicht hatte aus seiner Schiedsrichter Markus Wingenbach Freund und Feind vorbei ins Tor. unbefugt einmischen, sondern den Position zwar die unsportlichen musste einen Strafstoß verhängen, Der rund 35 Meter entfernt stehen- Schiedsrichter vor einem Fehler Unmutsäußerungen des Spielers wie man ihn nicht alle Tage sieht. de Assistent hebt die Fahne, weil bewahren wollte. Im Vertrauen dar- wahrgenommen, aber die schnell Als der Hoffenheimer Beck den Ball aus seiner Sicht Stürmer Ya Konan auf schloss sich sein „Chef“, der aus vorgetragene Geste nicht so genau mit dem Gesicht zur Torlinie aus am Torraum den Berliner Franz seiner Position wegen der davor erkennen können wie die TV- dem eigenen Strafraum heraus- gefoult haben soll. Der Schieds- stehenden Spieler den schlechteren Zuschauer. Er gab also „Gelb“ für schlagen will (Foto 3), springt Bel- richter annulliert den Treffer, Blick auf die Szene hatte (Foto 5), eine Unsportlichkeit und nicht linghausen dazwischen und spielt Zuschauer und Spieler glauben an der leider falschen Wahrnehmung „Rot“ für eine „anstößige Gebär- den Ball Sekundenbruchteile frü- eine Abseitsstellung, aber die TV- seines Assistenten an. de“, wie es im Regeltext heißt. her mit seiner rechten Hüfte. Beck Bilder zeigen, dass dies nicht so trifft statt des Balles nur seinen ist. Genauso wenig ist allerdings ■ VfB Stuttgart – Bayer Leverku- Hier könnte man ein Gedanken- sen: Als seine Mannschaft 0:1 spiel in Sachen TV-Beweis Foto 3 zurückliegt und schon die Nach- anschließen, sollte er denn eines spielzeit läuft, begeht der Stutt- Tages eingeführt werden: Müsste garter Boulahrouz ein Foulspiel. in so einem Fall nicht auch der Den berechtigten Pfiff von „Bildschirm-Oberschiedsrichter“ Schiedsrichter Gagelmann „kom- eingreifen und den Unparteiischen mentiert“ der Abwehrspieler mit auf den „wirklichen“ Vorgang auf- einer Geste, wie sie das Foto 6 merksam machen? Damit aus dokumentiert. Die Folge muss „Gelb/Rot“ doch noch „Rot“ wer- „Rot“ sein, das ist jedenfalls den den kann und der Spieler nicht nur Regelkundigen unter den TV- für ein Spiel gesperrt wird? Zuschauern klar, denn das Fern- sehbild zeigt Boulahrouz in diesem Ernster gemeint ist dieser Hinweis: Beck will den Ball aus dem Strafraum schlagen, Bellinghausen Moment in Großaufnahme samt Sollte ein Spieler aufgrund einer kommt von hinten, … „Stinkefinger“. Und sie wundern Gelb/Roten Karte mit einer solchen Geste reagieren, darf der Schieds- Foto 4 Foto 6 richter die „Gelb/Rote“ nicht in „Rot“ umwandeln, sondern muss eine entsprechende Meldung in den Spielbericht schreiben.

4. SPIELTAG ■ 1. FC Kaiserslautern – Bayern München Dass gerade gegen Ende eines Spiels sich Frust-Aktionen wie eben beschrieben häufen können, Eine Geste, die in aller Welt weiß der erfahrene Schiedsrichter. verpönt ist und mit „Rot“ Dass so etwas in zwei Spielen … springt zum Ball und wird von Becks Fuß getroffen. bestraft werden muss. hintereinander passiert, ist eher

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 9 Analyse

Foto 7 hat (bekommt dafür später „Gelb“), (Foto 11), hätte Mats Hummels zieht Götze sein rechtes Bein nach dafür unbedingt verwarnt werden oben und tritt kurz aber deutlich müssen. Das wiederum hätte zu erkennbar nach (Foto 9). Ob er „Gelb/Rot“ für den Dortmunder Balitsch trifft oder nicht, spielt geführt. keine Rolle. Entscheidend für die Persönliche Strafe „Rot“ ist, dass Es wäre der sechste Feldverweis er den Versuch des Tretens ausge- an diesem Spieltag gewesen. Und führt hat. die Erregung einiger Medien hätte sich vielleicht noch ein wenig Auch neben dem Platz gab es in gesteigert. Mag sein, dass man- diesem Spiel eine ungewöhnliche cher Fußball-Fan immer noch Situation: Als kurz vor Schluss der glaubt, dass Schiedsrichter gern Auch wenn Timoschtschuk den Ball noch nicht abgespielt Dortmunder Kehl eingewechselt so viele Feldverweise aussprechen hätte, muss es für einen solchen Tritt „Rot“ geben. werden soll, dieser Wechsel aber würden und sie an einer solchen wegen des Schlusspfiffs nicht „Rotflut“ eigentlich auch die selten, aber auch darauf ist man weis bestraft werden. Eine Maß- mehr zustandekommt, wird der Schuld hätten. Aber zum Glück bei guter Vorbereitung eingestellt. nahme, die auf allen DFB-Lehrgän- Vierte Offizielle von ihm mit der sind solche altbackenen Vorurteile Als in diesem Spiel der Lauterer Ili- gen vorgegeben wurde. Deshalb flachen Hand weggestoßen (Foto weitgehend abgebaut, und die Auf- cevic in der 90. Minute beim Stand war es vorbildlich, dass Wolfgang 10). Bevor der Schiedsrichter und regung hat sich dann auch schnell von 0:3 seinen Gegenspieler mit Stark hier nicht die Variante seine Assistenten reagieren kön- wieder gelegt. einem Tritt von hinten attackierte „Gelb/Rot“ für den bereits ver- (Foto 7), war Peter Gagelmann warnten Spieler wählte, sondern Foto 10 deshalb schnell zur Stelle und ihn mit glatt „Rot“ des Feldes ver- zeigte „Rot“ für die nicht zu tole- wies. rierende Spielweise. In einer weiteren „Rot“-Situation ■ Bayer Leverkusen – Borussia ging es um ein versuchtes Treten Dortmund des Dortmunders Götze. Nachdem Im Mittelpunkt dieses Spieltages, ihm Balitsch von schräg hinten an dem fünf Feldverweise ausge- gegen die Achillessehne getreten sprochen werden mussten, stand diese Begegnung, in der Wolfgang Foto 8 Stark und sein Team Schwerstar- beit zu verrichten hatten. Während sich der Trainer beim Vierten Offiziellen beschwert, Ein Paradebeispiel für die richtige wird dieser vom Dortmunder Spieler weggestoßen. Gewichtung von Foulspiel war die Rote Karte gegen den Leverkuse- nen, hat sich der Spieler allerdings 5. SPIELTAG ner Kadlec, als er mit der Sohle Richtung Kabinengang aus dem ■ FC Augsburg – Bayer Leverku- voran von hinten in seinen Gegen- Staub gemacht. Wäre Kehl am sen: Mit hohem Tempo befindet spieler hineingrätschte (Foto 8). Spielfeldrand geblieben, hätte ihm sich der Augsburger Stürmer Möl- Dieses gesundheitsgefährdende , der sich noch auf ders in zentraler Position auf dem Verhalten – nämlich das Agieren dem Spielfeld befand, „Rot“ Weg zum Tor. Unmittelbar vor dem mit „offener“ Sohle, ohne dabei Mit „offener“ Sohle tritt Kad- gezeigt. So war lediglich eine Mel- Strafraum bringt ihn Schwaab mit den Ball spielen zu können – muss lec dem Dortmunder Götze dung im Spielbericht möglich, was einer seitlichen Grätsche zu Fall in jedem Fall mit einem Feldver- von hinten gegen das Bein. aber für das Sportgericht keinen (Fotos 12a und b). Der noch mit- Unterschied macht. Wichtig ist, laufende Leverkusener Abwehr- Foto 9 dass jedes Vorkommnis, bei dem spieler Reinartz ist zu weit ent- Schiedsrichter attackiert werden, fernt, um den unmittelbar bevor- konsequent gemeldet wird, um den stehenden Abschluss der Aktion Täter bestrafen und damit Nachah- durch Mölders zu verhindern. Des- mern vorbeugen zu können. halb ist hier die Vereitelung einer klaren Torchance gegeben und In einer Szene dieses intensiven „Rot“ zwingend. Der Schiedsrichter Spiels lag der Schiedsrichter aller- belässt es bedauerlicherweise bei dings daneben – und es spricht für „Gelb“. ihn, dass er das unumwunden im TV-Interview einräumte: Als der Ein Gedanke, der Schiedsrichter Leverkusener Renato Augusto kurz mitunter vom Zücken der Roten vor dem Strafraum durch ein Karte abhalten könnte, ist hier Der Tritt von Götze in Richtung seines Gegenspielers Balitsch. Hakeln zu Fall gebracht wurde vielleicht einmal angebracht: Die

10 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Foto 11

Freistöße in diesem Bereich tun- Ein vorgestreckter Fuß mit „offe- lichst zu vermeiden. Denn die Spe- ner“ Sohle, hohes Tempo, große zialisten für die erfolgreiche Aus- Vehemenz und alles verbunden führung solcher „Standards“ wer- mit der Gefahr, den Gegenspieler den ja immer besser. empfindlich zu verletzen, müssen unumgänglich zu einem Feldver- Einerseits ist das für die Schieds- weis führen. Bei solcher Spiel- richter eine angenehme Entwick- weise kann es keine Nachsicht lung, denn die Entscheidung für geben. „Gelb“ war deshalb zu Das Beinstellen von Hummels hätte mit „Gelb“ bestraft werden einen solchen Freistoß sowie seine wenig. Die an den ersten Spielta- müssen. Durchführung gehen doch oft mit gen so konsequent gezeigte Linie Maulereien und Mätzchen der Spieler gegen derartige Brutalitäten Vorstellung, dass ein mitlaufender schnelle den Ablauf so simulieren, Abwehrspieler den Ball noch errei- als ob der Stürmer nicht zu Fall Foto 13 chen kann, wird dadurch geför- gebracht worden wäre. dert, dass der Ball nach dem Sturz des Stürmers meist „herrenlos“ – Aber davon ganz abgesehen: In also leicht in Besitz zu nehmen – diesem speziellen Fall hatte die weiterrollt. Dazu kommt: Die Bewe- seitliche Grätsche von Schwaab gung des Angreifers wird durch allein das Ziel, den Gegenspieler das Foul abrupt gestoppt, der von den Beinen zu holen. Insofern Sprint des Abwehrspielers Rich- wäre „Rot“ auch ohne das Krite- tung Ball geht weiter. All das ver- rium „eindeutige Torchance“ eine bindet sich dann mit der (prinzi- vertretbare Entscheidung gewe- piell richtigen) Grundeinstellung sen. des Unparteiischen, im Zweifel zur „niedrigeren“ Strafe zu tendieren. Solche klaren Fouls, wie gerade Um diese doppelte Beeinflussung geschildert, gibt es zum Glück Auch wenn die Foto-Qualität nicht allzu gut ist: Das rüde Ein- bei möglichen „Notbremsen“ aus- rund um die Strafräume immer steigen des Abwehrspielers wird deutlich. zuschalten, muss er die Situation seltener, eigentlich nur in höchster unmittelbar vor dem Foul „foto- Not. Dahinter steckt vor allem die Foto 14 grafieren“ und dann in Sekunden- strikte Anweisung vieler Trainer,

Foto 12a

Aus der Vogelperspektive ist die klare Torchance gut zu Die Gesundheit gefährdet: Schürrle trifft mit seiner heftigen erkennen, … Grätsche Gegenspieler Eichner.

Foto 12b einher. Andererseits müssen die Un- wurde leider in dieser Situation parteiischen nun ständig damit nicht verfolgt. rechnen, dass mancher Akteur sei- ner angestauten Aggression plötz- 6. SPIELTAG lich an völlig „unverdächtigen“ Stel- ■ Bayer Leverkusen – 1.FC Köln: len des Spielfelds freien Lauf lässt. Die beim Nord-Derby vermisste Konsequenz zeigte dann der ■ Werder Bremen – Hamburger SV: Schiedsrichter dieses Spiels, So wie in diesem Nord-Derby, als zumindest in der 90. Minute: Der der Hamburger Mancienne aus vol- Leverkusener Schürrle grätschte lem Lauf heraus mit offener Sohle seinen Gegenspieler Eichner ohne seinen Gegenspieler Ignjovski an jede Notwendigkeit im Mittelfeld der Außenlinie attackiert und auch von der Seite um (Foto 14) – Günter … die durch die heftige Grätsche von Schwaab zunichtege- trifft, obwohl der noch versucht, Perl zeigte ihm dafür die Rote macht wird. hochzuspringen (Foto 13). Karte. Selbst wenn hier zusätzlich

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 11 Analyse

Foto 15 Foto 16

Strafstoß? Tesches Kopfball fliegt gegen den Unterarm des Gladbachers Daems.

weniger als zwei Gegenspieler vor scheidungen, die sie und ihre Assis- sich und greift in das Spiel ein. Die- tenten sonst noch fällen mussten. ses Tor, das aus van Buytens Wenn man sich diese Tatsache ver- Ohne Rücksicht: Podolski zieht mit dem linken Bein gegen Schuss fiel, hätte deshalb nicht gegenwärtigt, bleibt die Zahl der Schürrle durch. zählen dürfen. falschen Einschätzungen genauso wie in der Schlussphase der ver- noch der Ball getroffen wurde, so Torraums. Gegenspieler Daems ver- ■ Sieben Spieltage, das sind 63 gangenen Spielzeit auch im ersten sind doch die Intensität und das sucht, – knapp zwei Meter entfernt – Bundesliga-Spiele mit insgesamt Fünftel dieser Saison in einem Tempo des Angriffs, der sich auch mit hoch gestrecktem Bein die rund 12.500 Zweikämpfen, die die absolut tolerierbaren Bereich, der gegen den Gegner richtet und die- mögliche Flugbahn des Balles zu Schiedsrichter zu beurteilen hatten – dennoch wie immer der gewissen- sen letztendlich trifft, entscheidend „erahnen“. Der fliegt aber nicht abgesehen von allen anderen Ent- haften Aufarbeitung bedarf. ■ für den Feldverweis. Der Mut des gegen dieses Bein, sondern gegen Schiedsrichters, solch gesundheits- Daems rechten Unterarm (Foto 16). Foto 17a gefährdendes Verhalten entspre- Es ist nicht klar auszumachen, ob chend zu bestrafen, ist herauszu- der Arm sich aktiv zum Ball bewegt. stellen. Ist die Armhaltung vielleicht unna- türlich oder nicht doch dem Sprung Dennoch waren nicht alle mit dieser von Daems geschuldet? Wenn hier Maßnahme einverstanden, vor schon Zweifel bestehen, dazu der allem weil Günter Perl ein unkon- Arm nicht sehr weit vom Körper trolliertes Treten von Lukas Podolski weg ist und sich auch nicht über gegen Schürrle am Ende der ersten Schulterhöhe befindet, dann sollte Halbzeit lediglich mit einem Frei- der Schiedsrichter besser nicht stoß bestraft hatte, es aber ohne pfeifen. So hat es Peter Sippel hier Persönliche Strafe ließ (Foto 15). praktiziert und lag damit nach Hier war Minimum „Gelb“ erforder- unserer Meinung richtig. lich, wenn nicht sogar mehr. Darauf Der Moment, in dem van Buyten den ihm zugespielten Ball aufs zu verzichten, war sowohl von der 7. SPIELTAG Tor schießt. Einzelszene wie dann auch im Ver- ■ Bayern München – Bayer Lever- gleich zum späteren „Rot“ gegen kusen: Nach einem kurz ausgeführ- Foto 17b Schürrle nicht angebracht. Zudem ten Freistoß schießt der Münchner ist so etwas für die Balance eines van Buyten aufs Tor. In diesem Spiels nicht förderlich. Moment befindet sich direkt hinter der „Mauer“ ein Angreifer knapp im ■ Hamburger SV – Borussia Mön- Abseits (Foto 17a). Auch wenn er chengladbach: Natürlich durfte an nicht unmittelbar vor dem Torwart den ersten Spieltagen auch ein steht, so befindet er sich doch in diskussionswürdiges Handspiel dessen Sichtfeld. Der Ball fliegt nicht fehlen. Diesmal hatte Peter ganz knapp an ihm vorbei, er muss Sippel die „schöne“ Aufgabe, sich noch leicht ausweichen, um nicht auf Strafstoß oder nicht festzule- berührt zu werden (Foto 17b). gen. Damit sind alle Kriterien einer straf- baren Abseitsstellung erfüllt: Der Der HSVer Tesche köpft eine weite Spieler befindet sich im Moment Und der Moment, als er an dem Abseits stehenden Bayern- Flanke innerhalb des Gladbacher des Schusses vor dem Ball, hat Spieler vorbeifliegt.

12 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Fünf Minuten Pause Krankenhaus wegen eines Blutge- für alle Spielklassen, vom Herren- rinnsels im Kopf behandelt werden –, bis in den Juniorenbereich. Im als Zeichen gegen veranlassen den BFV, ein deutli- Anschluss an die Spielunterbre- Gewalt ches Zeichen gegen Gewalt auf chung wird die Partie den Regeln dem Fußballplatz zu setzen. entsprechend fortgesetzt. Der Berliner Fußball-Verband (BFV) musste in dieser Saison bereits Am Wochenende 21. bis 24. Oktober Bodo Brandt-Chollé, Vorsitzender nach wenigen Spieltagen acht werden deshalb sämtliche Pflicht- des BFV-Schiedsrichter-Ausschus- Spielabbrüche verzeichnen, von spiele in der 10. Spielminute vom ses: „Es gilt herauszustellen, dass denen vier aus tätlichen Angriffen jeweiligen Schiedsrichter für fünf es sich bei den Tätlichkeiten gegen gegen Schiedsrichter resultierten. Minuten unterbrochen. Während unsere Schiedsrichter nur um die Diese Entwicklung und die Bruta- dieser Spielunterbrechung soll Spitze des Eisbergs handelt. Über lität, mit der zuletzt Schiedsrichter durch verschiedene Maßnahmen Beleidigungen, Drohungen, Gerald Bothe attackiert wurde – er für mehr Fair Play und gegen Beschimpfungen und Belästigun- musste nach dem Faustschlag Gewalt gegenüber Schiedsrichtern gen wird kaum noch gesprochen. eines Spielers mehrere Tage im appelliert werden. Diese Aktion gilt Hier muss angesetzt und das Klima auf unseren Plätzen insgesamt verbessert werden. Es wäre ver- heerend, wenn sich die Schieds- richter aus Angst vor Gewalt nicht mehr trauen würden, die Wahrneh- mungen während einer Spiellei- tung in entsprechende Entschei- dungen umzusetzen.“

Kevin Langner Neue Bestimmung beim Warmmachen Beim Aufwärmen der Auswechsel- spieler während des laufenden Notwendiges Transparent beim SV Waldhof Mannheim. Spiels hat die FIFA eine Modifizie- Panorama

Die internationalen Spiele der Deutschen im Juli und August 2011 FIFA-Schiedsrichter unterwegs Name Wettbewerb Heim Gast Assistenten/Vierter Offizieller/Torrichter Europa League Stade Rennais FC FK Crvena Zvezda Pickel, Henschel, Sippel Deniz AYTEKIN Europa League RNK Split NK Domzale Schiffner, Kleve, Welz Deniz AYTEKIN Champions League FK Ekranas FC Bate Borisov Lupp, Leicher, Schmidt A-Länderspiel Italien Spanien Borsch, Schiffner Felix BRYCH Champions League SC Benfica FC Twente Schiffner, Borsch, Perl, Rafati, Welz Manuel GRÄFE Europa League NK Maribor Rangers FC Häcker, Kleve, Drees Thorsten KINHÖFER Europa League FC Minsk Gaziantespor Scheppe, Fischer, Hartmann Thorsten KINHÖFER Europa League Brondby IF SV Ried Scheppe, Kunsleben, Drees Babak RAFATI Europa League FK Rad Olympiakos Volou Bornhorst, Grudzinski, Fritz Babak RAFATI Europa League Stoke City FC HNK Hajduk Henschel, Thielert, Gagelmann Peter SIPPEL Europa League FC Gagra Anorthosis Famagusta FC Lupp, Siebert, Wingenbach Peter SIPPEL Champions League SK Slovan Bratislava APOEL Kleve, Christ, Fritz Wolfgang STARK A-Länderspiel Ungarn Island Pickel, Kleve Wolfgang STARK Champions League Maccabi Haifa FC KRC Genk Salver, Pickel, Winkmann, Sippel, Dingert Europa League WKS Slask Wroclaw FC Rapid Bukarest Henschel, Schiffner, Gagelmann Riem HUSSEIN Frauen Champions League Miniturnier in Mazedonien Rafalski Anja KUNICK Frauen Champions League Miniturnier in Bosnien-Herzegowina Müller-Schmäh Bibiana STEINHAUS Frauen-WM 2011 Äquatorialguinea Brasilien Wozniak, Rafalski Bibiana STEINHAUS Frauen-WM 2011 Finale USA Japan Wozniak, Rafalski

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 13 rung vorgenommen, die ab sofort wir langfristig unsere Präsenz und in allen Spielklassen gilt: Sie dür- den ausgezeichneten Ruf, den fen von einem Betreuer, zum Bei- unsere Schiedsrichter in der Welt spiel einem Fitnesscoach, begleitet genießen”, begründete der Vorsit- werden. Er darf „vor Ort“ das Auf- zende Herbert Fandel das Vorge- wärmen der Spieler überwachen hen. und dafür Anweisungen geben. Es ist ihm aber strikt untersagt, in Weiter auf der Liste bleiben: Deniz irgendeiner Form Einfluss auf das Aytekin, Felix Brych, Manuel Gräfe, Spielgeschehen und die Spieler auf Thorsten Kinhöfer, , dem Spielfeld zu nehmen. , Michael Weiner und Wolfgang Stark. Aufwärmen: Ab sofort darf ein Betreuer dabei sein. Paule passt auf Michl auf Zwayer und Fritz für Schiedsrichter-Kommission will die- „Wir müssen jetzt die Weichen stel- Wenn man gerade auf der Welt ist ser absehbaren Entwicklung recht- len, damit wir weiterhin mit unse- und schon vom DFB-Maskottchen FIFA-Liste gemeldet zeitig entgegensteuern und jüngere ren Schiedsrichtern auf internatio- Paule im Schiedsrichter-Trikot Zur Saison 2009/2010 stiegen sie Schiedsrichter positionieren, die nalem Topniveau stark vertreten behütet wird, ist der sportliche gemeinsam in die Bundesliga auf, neben dem entsprechenden Leis- bleiben. Nur wenn wir frühzeitig Weg Richtung Pfeife und Fahne jetzt wurden (30) und tungsniveau auch eine langfristige unsere talentiertesten Leute in die schon ein wenig vorgezeichnet, (33) vom DFB der FIFA Perspektive mitbringen. Verantwortung nehmen, sichern oder? Noch ahnt Michl Illing nichts für die Liste der internationalen Schiedsrichter 2012 gemeldet. Die beiden ersetzen Babak Rafati (41) und Peter Sippel (41). Mit internationalen Gästen

Lehrwarte auf der Schulbank

Sie kommen aus den unterschied- lichsten Berufen – die Schiedsrich- ter-Lehrwarte in den Kreisen. Als Versicherungsvertreter, Polizei- kommissare und Schornsteinfeger gehen sie tagsüber ihrer Arbeit nach, um in regelmäßigen Abstän- den abends die Schiedsrichter an der Basis weiterzubilden und Gäste aus Luxemburg: Rene Flenghi (hintere Reihe Mitte) ihnen Hilfen für die Tätigkeit als und Raymond Weicker (vorne rechts). Unparteiische zu geben. Ohne gezielte Ausbildung stehen diese ven Lernen. „Der Lehrende ist nur bekam damit zum ersten Mal engagierten Funktionäre nicht sel- Lernorganisator, der Lernende einen internationalen Anstrich. ten vor pädagogischen, methodi- muss im Mittelpunkt der Lernpro- Raymond Weicker und Rene Flenghi schen und psychologischen Hin- zesse stehen“, heißt es in einer waren angetan von der Vielfalt dernissen bei der Arbeit mit ihren der Präsentationen, die zum Lehr- der Themen, die den Lehrgangs- Referees. gangsprogramm gehören. teilnehmern handlungsorientiert vermittelt wurden. „Die große Zahl Die DFB-Schiedsrichter-Kommis- Beim Lehrgang in Hennef waren jüngerer Schiedsrichter-Ausbilder Nach FIFA-Bestätigung ab sion bietet deshalb seit fünf Jah- es Lehrwarte des Berliner FV, aus und der intensive Erfahrungsaus- Januar mit dem FIFA-Zeichen ren dezentrale Fortbildungsmaß- Baden, dem Saarland, dem Rhein- tausch gehörten neben der fach- auf der Brust: Felix Zwayer nahmen an, in denen Fachreferen- land und dem Südwestdeutschen FV, lichen Weiterbildung zu den (rechts) und Marco Fritz. ten die Teilnehmer in Sachen die an drei Tagen geschult wurden. besonderen Eindrücken dieser Lehrarbeit schulen. Die Kreislehr- Als besondere Gäste konnten die Maßnahme in Hennef“, urteilten Hintergrund der Umbesetzung: Bis warte bekommen zahlreiche Tipps Lehrgangsleiter Gerhard Theobald die beiden Mitglieder des luxem- zum Jahr 2015 scheiden sieben der und Tricks zum Aufbau von Lehr- und Günther Thielking zwei Offi- burgischen Schiedsrichter-Aus- zehn deutschen Schiedsrichter einheiten, zum Umgang mit den zielle aus Luxemburg begrüßen. schusses. altersbedingt aus dem FIFA- modernen Medien und zum akti- Die Reihe dieser Fortbildungen Günther Thielking Bereich aus (Altersgrenze: 45). Die

14 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 kurz kostenfrei bestellen. Per E-Mail: gehen will, dass er die Schieds- [email protected] oder per Post: richter-Zeitung so früh notiert Kuper-Druck GmbH, Eduard-Mörike- wie möglich lesen kann, sollte sie Straße 36, 52249 Eschweiler. direkt abonnieren. Kosten: 15 Euro pro Jahr. Unter abo@kuper- O Immer unmittelbar nach Fer- druck.de ist das schnell erledigt. ■ Rolf Seekamp feierte am 16. Sep- tigstellung einer Ausgabe erhält tember bei bester Gesundheit sei- der Einzelabonnent sein Exemplar O Ein wichtiger Hinweis für alle nen 90. Geburtstag. Der Bremer vom per Post direkt nach Hause. Die Einzel-Abonnenten und Empfän- TSV Lesum-Burgdamm leitete am anderen Leser bekommen die ger von Gruppen-Sendungen: 24. August 1963, dem allerersten neue Ausgabe an ihren Lehraben- Wenn Sie umziehen, teilen Sie Bundesliga-Spieltag, die Partie den. Zwar finden diese zumeist dem Verlag ([email protected]) Hertha BSC Berlin - 1. FC Nürnberg monatlich statt, aber bei rund 500 bitte so früh wie möglich Ihre (1:1). 1962 pfiff er das DFB-Pokalfinale Schiedsrichtergruppen in neue Adresse mit. Ein Nachsende- 1.FC Nürnberg - Fortuna Düsseldorf Deutschland verteilen sich die antrag bei der Post reicht leider (1:1). „Noch lange gesund bleiben, Michl Illing in der Obhut von Termine dieser Pflichtsitzungen nicht aus, denn der umfasst nicht um das Leben gemütlich zu Ende zu DFB-Maskottchen Paule. natürlich über den gesamten Zeit- die Zustellung von abonnierten bringen“, nannte Seekamp, der raum eines Monats. Wer sicher Zeitschriften an die neue Adresse! noch regelmäßig Auto fährt, dem davon, aber ein Wunder wäre es „Weser-Kurier“ als Ziel. nicht, schließlich ist seine Mutter Daniela Illing seit acht Jahren Torrichter: Zurück zur Laufwege verändern mussten – sie ■ Die sechs Schiedsrichter aus Schiedsrichterin in der Frauen- liefen ja quasi „verkehrt herum“, Bosnien-Herzegowina und Ungarn, Bundesliga. Unter ihren Mädchen- „alten“ Diagonalen nämlich auf den „Linienrichter“ zu. die am 9. Februar in Antalya (Türkei) namen Schneider leitete sie 2008 Es stellte sich vor allem heraus, hintereinander die Länderspiele das DFB-Pokalfinale 1. FC Saar- Wer bei den Spielen auf europä- dass dadurch die linke Angriffs- Bolivien gegen Lettland (2:1) und brücken gegen den 1. FFC Frank- ischer Ebene genau hinschaut, seite der Mannschaften nicht mehr Estland gegen Bulgarien (2:2) gelei- furt. Die Lehrerin aus Limbach- dem ist es bestimmt schon aufge- ausreichend kontrolliert werden tet hatten, wurden von der FIFA Oberfrohna in Sachsen brachte fallen: Seit Beginn dieser Saison konnte. lebenslang gesperrt. Nach Überzeu- ihren jüngsten Sprössling am läuft der Schiedsrichter seine Dia- gung der FIFA-Disziplinar-Kommis- 5. August zur Welt. Die Schiedsrich- gonale wieder so, wie er es auch in Das Torrichter-Experiment wird sion haben sie sich der „passiven ter-Zeitung gratuliert. Spielen ohne zusätzliche Assisten- noch während der laufenden Sai- Bestechung“ und der „unerlaubten ten tut (siehe Diagramm). Deshalb son und der Spiele der Europameis- Einflussnahme auf den Ausgang Glückwünsche der Schiedsrichter- steht der „additional assistant terschaft 2012 in Polen und der eines Spiels“ schuldig gemacht. Alle Familie gehen auch an Bundesliga- referee“, auch Torrichter genannt, Ukraine fortgesetzt. Danach soll sieben Tore fielen durch Strafstöße. Schiedsrichterin Christina Jawo- jetzt auf der rechten Angriffsseite der IFAB, das federführende Regel- rek, die jetzt mit Nachnamen Biehl neben dem Tor und nicht mehr links. Gremium im Weltfußball, auf einer ■ Gerhard Kapl, seit 1997 Chef der heißt und an Inka Müller. Sie ist Der Hintergrund für diese Änderung Sondersitzung eine endgültige österreichischen Schiedsrichter- nach ihrer Heirat als Inka Müller- war ein dringender Wunsch vieler Entscheidung über Sinn oder Kommission, ist im Alter von 64 Schmäh in den Ansetzungen zu fin- internationaler Schiedsrichter: Nicht Unsinn der Torrichter sowie den Jahren nach einer längeren Herz- den. nur, dass sie in den Spielen der Einsatz einer Torlinien-Technologie krankheit gestorben. Als FIFA- UEFA-Wettbewerbe ihre gewohnten (zum Beispiel Chip im Ball) treffen. Schiedsrichter leitete er 40 interna- Apropos Kinder: Johann Moritz hat tionale Spiele und war später in ver- am 25. August die Familie Gräfe schiedenen Funktionen für die UEFA erweitert, zu der außer seinem tätig. Als Delegierter bei internatio- Vater Manuel auch seine Mutter nalen Spielen hatte er häufig Kon- Birte und sein großer Bruder takt mit den deutschen Spitzen- Johann gehören. Vielleicht bilden Schiedsrichtern. die Brüder Gräfe ja zusammen mit Michl Illing im Jahr 2040 ein ■ Der portugiesische FIFA-Schieds- erfolgreiches DFB-Schiedsrichter- richter Pedro Proenca wurde beim Team … Abendessen im Lissabonner Einkaufs- zentrum „Colombo“ brutal ange- griffen. Einem Bericht des schweize- SRZ gratis für rischen Internet-Portals „Blick.ch“ Anfänger-Lehrgänge zufolge, versetzte der Täter ihm einen Kopfstoß und schlug ihm zwei O Ein Angebot an alle Lehrwarte: Zähne aus. Der Mann konnte von Wer einen Anwärter-Lehrgang der Polizei identifiziert werden; es durchführt, kann die entsprechende handelt sich um einen Fan von Ben- Menge an aktuellen (oder älteren) Mit diesem hier schematisch dargestellten Laufweg behält der fica Lissabon. Proenca erstattete Exemplaren der DFB-Schiedsrich- Schiedsrichter das Spiel immer zwischen sich und seinem umgehend Anzeige. ter-Zeitung (SRZ) beim Verlag Assistenten an der Seitenlinie.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 15 Günter Risse feierte seinen 75. Geburtstag

„Da fühle ich schöne Sache. Man bleibt jung und verliert mich nicht nach“ den Kontakt zu den Aktiven nicht.“ „Wenn man bedenkt, dass ich ein dreiviertel Auch wenn ihm die SG Wattenscheid nach all Jahrhundert alt bin – also, da fühle ich mich den Jahren ein wenig ans Herz gewachsen ist: gar nicht nach“, stellte Günter Risse an sei- Den Unparteiischen gegenüber ist er immer nem 75. Geburtstag in der ihm eigenen Weise neutral, das ist Ehrensache. Günter Risse weiß fest – und schaute sich abends im Gelsenkir- schließlich, wo er herkommt. Kein Wunder, chener Stadion Schalke gegen Bayern an. Vor- dass sich mit vielen Schiedsrichtern über die her hatte der Ex-Bundesliga-Schiedsrichter an Jahre Freundschaften entwickelt haben. Was diesem 18. September Familie und enge Freunde er an seinem Geburtstag bewiesen bekam, als zu seinem Lieblings-Italiener in Hattingen ein- sein ständig bimmelndes Handy die Nudeln geladen. beim Italiener kalt werden ließ… Risse war nach Heinz Aldinger und der dritte Schiedsrichter, dem der Natürlich hat auch Günter Risse viele David Hennig DFB in den 80er-Jahren eine Verlängerung Artikel aus seiner Karriere aufbewahrt. seiner Karriere über die Altersgrenze hinaus einräumte. „Ich habe in der Saison jedoch nur kus-Operation und etliche weitere Verletzun- drei Spiele gemacht, bevor mich ein schwerer gen zwangen den Schneidermeister jedoch Knieschaden zum Aufhören zwang“, erzählt zur Aufgabe seiner Laufbahn als Spieler. Risse. Vier Tage nach seinem 48. Geburtstag leitete er am 22. September 1984 mit dem Risse konzentrierte sich ganz auf die Schieds- immer brisanten Derby Bayer Leverkusen richter-Tätigkeit, die ihn nach seinem Umzug gegen Borussia Mönchengladbach (3:2) sein 1961 nach Hattingen Schritt für Schritt nach letztes Bundesligaspiel. oben führte. 1972 gelang der Sprung auf die DFB-Liste, fünf Jahre später feierte er vor In den insgesamt 56 Partien zwischen 1977 41.000 Zuschauern im Stadion an der Grünwal- und 1984 zeigte er nur fünfmal „Rot“ (die der Straße Premiere in der höchsten Spiel- Gelb/Rote Karte gab es noch nicht) – Günter klasse: München 60 – Hertha BSC Berlin (2:3). Risse kam mit den Spielern zurecht und sie Außer in 69 Zweitliga-Spielen war Risse auch mit ihm. Rustikal-kommunikativ trat er auf, 14-Mal bei internationalen Spielen als Linien- sein Stil war den 80er-Jahren angemessen. richter im Einsatz.

Im Weltmeisterschaftsjahr 1954 legte der 17- Nach der aktiven Karriere fand er eine neue Jährige seine Schiedsrichterprüfung in Essen sportliche Heimat beim damaligen Zweitligis- ab. Eher „nebenbei“, wie er selbst sagt. Denn ten SG Wattenscheid 09. Er fungiert dort seit- als Torwart war er bis zur Verbandsliga unter dem als Betreuer der Schiedsrichter und geht Mai 1982: Günter Risse mit Manfred anderem für Schwarz-Weiß Essen und später in dieser Aufgabe trotz des Absturzes der SG Kaltz (HSV) am Elfmeterpunkt. auch für die TuS Hattingen am Ball. Eine Menis- in die Verbandsliga bis heute auf: „Es ist eine Rechts: Uwe Hahn (SV Darmstadt 98).

Der Wert Spaziergang durch den Park sicherlich. Aber wem es schon mal des Doppelknotens während eines Spiels passiert ist, dass plötzlich der Schuh zu schlen- Es war zwar „nur“ ein Testspiel im kern beginnt, der kennt den hohen mittelfränkischen Cadolzburg, in Ablenkungsfaktor: „Hoffentlich dem der Assistent auf dem Foto trete ich jetzt nicht auf den (Name ist der Redaktion natürlich Schnürsenkel und liege gleich bekannt!) eine Spielunterbrechung lang“, verbunden mit dem unwei- nutzen musste, um seinen Schuh gerlichen Blick nach unten auf den zu richten. Aber auch da gilt für Schuh und der dringenden Hoff- jeden Schiedsrichter die Schnür- nung auf eine schnelle Spielunter- senkel-Devise: „Denkt an den Dop- brechung. Also: Knoten schürzen pelknoten!“ Vor dem Spiel – und und nicht stürzen! nicht erst mittendrin. Eine Kleinig- Auch ein perfekt geschnürter Schuh gehört zur Vorbereitung keit, mag mancher denken – beim auf das Spiel. Heinz Wraneschitz

16 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Regel-Test Fragen

ihm erlaubt hatte, auf das Spiel- feld zurückzukehren.

Gedränge beim Situation 11 (Wechsel in der Halbzeitpause) Als er in der 50. Minute ein Bein- stellen des Spielers Nr. 12 mit „Gelb“ und einem Strafstoß bestrafen will, bemerkt der Schiedsrichter-Ball? Schiedsrichter, dass der schuldige Spieler ein Auswechselspieler ist, der sich zur zweiten Halbzeit Lutz Wagner beschreibt auch in dieser Ausgabe wieder 15 Situationen, nicht angemeldet hatte. in denen der Schiedsrichter reagieren muss – oder nicht? Situation 12 („Rot“ nach Spielende) Situation 1 prallt, foult der bereits verwarnte eines Foulspiels unterbrochen Unmittelbar vor dem möglichen (Schiedsrichter-Ball) Verteidiger den Freistoßschützen, wird, informiert er den Schieds- Schlusspfiff will eine Mannschaft Aufgrund einer Verletzung musste als dieser zum abprallenden Ball richter über den unerlaubten Ein- noch einmal auswechseln. Da das Spiel nach einer kurzen innerhalb des Strafraums läuft. tritt und nennt ihm die Nummer aber der Schiedsrichter das Spiel Behandlungsunterbrechung mit Der Ball wird weder vom Stürmer des schuldigen Spielers. jetzt beendet, ist der zum Ein- einem Schiedsrichter-Ball fortge- noch vom Verteidiger gespielt. wechseln bereitstehende Spieler setzt werden. Während sich von Der Verteidiger geht dabei mit Situation 8 (Verhinderung so erbost, dass er den Schieds- der Heimmannschaft ein Spieler der Sohle Richtung Gegenspieler einer klaren Torchance) richter-Assistenten heftig mit der zum Schiedsrichter begibt, kom- und trifft diesen auch klar im Ein Verteidiger wird neben dem Hand zur Seite stößt. Wie reagiert men zwei Gästespieler zum Aus- Kniebereich. Tor außerhalb des Spielfelds das Team? führungsort. wegen einer Verletzung behan- Situation 5 (Einwurf) delt. Nachdem ein Angreifer am Situation 13 Situation 2 (Ausrüstung) Vor der Ausführung will die zum Torwart vorbeigelaufen ist, (Freistoß-Ausführung) Ein Stürmer und ein Abwehrspie- Einwurf berechtigte Mannschaft schießt er den Ball halbhoch auf Nachdem der Schiedsrichter 20 ler kämpfen nahe der Seitenlinie wechseln. Nach Zeichen des das Tor. Nun läuft der Verteidiger Meter vor dem Tor auf Freistoß um den Ball. Ohne Verschulden Schiedsrichter-Assistenten lässt ohne Zustimmung des Schieds- für die angreifende Mannschaft des Gegners verliert der Stürmer der Schiedsrichter den Wechsel richters ins Spielfeld und ver- entschieden und den schuldigen seinen Schuh, der über die Sei- zu. Der neue Spieler möchte nun sucht, den Ball mit der Hand auf- Spieler gerade für das Foul ver- tenlinie auf die Tartanbahn fliegt. sofort den Einwurf ausführen. Ist zuhalten. Er kann ihn aber nur warnt hat, will die Mannschaft Der Stürmer verlässt kurz das dies zulässig? berühren, der Ball landet trotz- den Freistoß sofort ausführen. Spielfeld, holt den Schuh und dem im Tor. Lässt der Schiedsrichter dies zu? zieht diesen auf dem Spielfeld Situation 6 (Elfmeterschießen) wieder an. Währenddessen hat Beim Elfmeterschießen zur Spiel- Situation 9 (Abstoß) Situation 14 (Strafgewalt) der Abwehrspieler den Ball an entscheidung beleidigt der Tor- Obwohl der Ball auf der linken Nach dem Halbzeitpfiff des den Gegner verloren, der nun wart den Schiedsrichter, da er der Seite des Torraums ins Toraus Schiedsrichters beschwert sich seinerseits den Angriff weiter Meinung ist, dass der Schütze, der gegangen ist, will der Torwart ein bereits verwarnter Spieler fortführt. gerade den ersten Elfmeter ver- den Abstoß auf der rechten Seite in einem A-Jugendspiel vehement wandelt hat, ihn unsportlich ausführen, um den Ball so beim Schiedsrichter wegen Situation 3 getäuscht hat. Der Schütze hatte schneller wieder ins Spiel zu einer Entscheidung. Daraufhin (Auswechselspieler) seinen Anlauf im ersten Drittel bringen. Lässt der Schiedsrichter spricht der Schiedsrichter eine Die Auswechselspieler des Gastes kurz gestoppt. dies zu? Zeitstrafe aus. Wann beginnt die dehnen sich hinter ihrem Tor im Zeitstrafe? Bereich der Leichtathletik-Sand- Situation 7 (Spieleintritt) Situation 10 grube. Während des laufenden Ein Spieler befindet sich wegen (Assistenten-Kompetenz) Situation 15 (Feldverweis) Spiels gelangt ein Stürmer mit einer verletzungsbedingten Nach einer Behandlung will ein Ein Spieler eines Kreisligavereins dem Ball in den Bereich der Tor- Behandlung hinter der Torlinie Spieler im Bereich des Assisten- ist auch gleichzeitig Trainer sei- auslinie. Aus Verärgerung nimmt neben dem Tor. Als sich das Spiel- ten wieder eintreten. Da der ner Mannschaft. Dieser Spieler- nun einer dieser Auswechselspie- geschehen fernab von ihm befin- Schiedsrichter auf den Assisten- trainer wird wegen eines Hand- ler eine Hand voll Sand und wirft det, läuft er, ohne das zustimmende ten nicht reagiert, schickt der spiels auf der Torlinie mit der sie dem Stürmer an den Körper. Zeichen des Schiedsrichters Assistent den Spieler von sich Roten Karte des Feldes verwie- abzuwarten, während des laufen- aus auf das Spielfeld. Nun sieht sen. Nachdem er das Spielfeld Situation 4 (Spielfortsetzung) den Spiels auf das Feld. Der Assis- der Schiedsrichter, wie der Spie- verlassen hat, setzt er sich auf Direkter Freistoß für die angrei- tent erkennt dies, greift aber ler ohne seine Zustimmung am die Auswechselbank und will von fende Mannschaft 17 Meter vor wegen einer Vorteil-Situation für Spiel teilnimmt. Er unterbricht dort aus im Trainingsanzug seine dem Tor. Nachdem der Ball vom das gegnerische Team nicht ein. das Spiel. Der Assistent infor- Mannschaft coachen. Pfosten zurück ins Spielfeld Als wenig später das Spiel wegen miert den Schiedsrichter, dass er ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 17 Lehrwesen Bessere Starthilfe fü Günther Thielking beschreibt das Hauptproblem junger Schiedsrichter und hat sich nach Lösungen

m Sommer 2006 beschloss die IUEFA eine Schiedsrichter-Kon- vention und forderte ihre Mit- gliedsverbände auf, die darin ent- haltenen Vorgaben zu erfüllen, um dieser Konvention beitreten zu können.

Neben konkreten Angaben, wie die Nationalverbände den Aufbau ihres Schiedsrichterwesens organi- sieren sollen, geht es der UEFA darin von der Talentförderung bis zur Aus- und Weiterbildung der Beobachter und von der Zusammensetzung der offiziellen Gremien bis zu den Schiedsrich- tern an der Basis um die ganz kon- krete Arbeit. Ziel dieser Konven- tion ist es, die Schiedsrichter-Aus- bildung zu optimieren, die Rolle der Schiedsrichter zu stärken und zugleich die Schiedsrichter-Struk- turen und deren Entwicklung in Europa insgesamt zu verbessern. Die Einhaltung der Konvention wird regelmäßig von der UEFA-Schieds- richter-Kommission überprüft. Wer sie erfüllt, bekommt als Lohn vom Kontinentalverband einen finan- ziellen Zuschuss. Inzwischen sind Eine deutliche Zeichengebung und ein selbstbewusster Blick sind gute Voraussetzungen, um die 43 Nationalverbände dieser Kon- eigene Persönlichkeit zu entwickeln. vention beigetreten, darunter als eines der ersten Länder Deutsch- mit großem Zeitaufwand und Enga- den. Eine Maßnahme, die auch in Bei Freistößen in Strafraumnähe land. gement solche Lehrgänge vorbe- vielen Kreisen Deutschlands ergrif- und Strafstößen wird – gern abge- reitet und durchgeführt. fen wird. schaut bei den „Vorbildern“ im Einer der Schwerpunkte ist der Profi-Fußball – von den Spielern Abschnitt „Recruitment and Reten- Andreas Schluchter, Mitglied der Gerade diese unmittelbar an der schon öfter versucht, den Schieds- tion“, Ausbildung und zugleich Kommission für Spitzenschieds- Basis arbeitenden „Paten“ stellen richter von seiner Entscheidung Erhalt der neuen Schiedsrichterin- richter in der Schweiz, stellt in in der Schweiz wie in Deutschland abzubringen. Genau hier beginnen nen und Schiedsrichter. Nicht nur unserem Nachbarland die gleiche immer wieder fest, dass die meis- für den Schiedsrichter-Neuling die bei uns in Deutschland stellen Entwicklung fest: „Von rund 50 ten der jüngeren Unparteiischen Schwierigkeiten. Er gerät in eine Funktionäre an der Basis fest, dass Teilnehmern, die nach einem Aus- in ihren Spielleitungen oft nur Stress-Situation, denn er hat im bereits wenige Wochen nach bildungs-Lehrgang erfolgreich ihre wenige Probleme im Umsetzen von theoretischen Unterricht des einem Neulings-Lehrgang viele der Prüfung ablegen, leiten nach weni- Spielfortsetzungen und Spielstra- Anwärter-Lehrgangs ja gelernt, geprüften Unparteiischen aus gen Jahren höchstens noch zehn fen haben. Abstoß, Eckstoß, Ein- dass er sich solch ein Verhalten unterschiedlichen Gründen mit der bis fünfzehn ihre Spiele.“ Er wurf – kein Problem. Muss nach nicht gefallen lassen darf. Wie soll Schiedsrichter-Tätigkeit wieder berichtet, dass in der Schweiz den einem absichtlichen Handspiel er dagegen vorgehen, wie sich den aufhören. Bei Obleuten und Lehr- jungen Schiedsrichtern erfahrene oder einem klaren Foul auf Freistoß nötigen Respekt verschaffen? Eine warten in den Kreisen führt das zu Coaches als sogenannte„Göttis“ entschieden werden, so wird auch Ermahnung aussprechen, eine erheblichem Frust, denn sie haben („Paten“) an die Seite gestellt wer- das von den Spielern akzeptiert. Gelbe Karte zeigen oder gar einen

18 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Spielen dieser Neulinge erfahrene Mentoren, die den Schiedsrichter- Nachwuchs direkt vor Ort betreu- en. Kommt es dann während der r Neulinge Spiele zu Konflikten beim diszipli- narischen Vorgehen oder auch bei Spielstrafen, so würden die Mento- umgetan. ren unmittelbar nach dem Spiel die jungen Schiedsrichter beraten. Darüber hinaus führt sein Kreis in jedem Monat eine Belehrung nur Feldverweis verhängen? Hat er jungen Unparteiischen trainieren für Jungschiedsrichter durch, bei schon die Persönlichkeit, die Kör- die passende Ansprache als der diese ihre persönlichen Probleme persprache und die Rhetorik, um Ermahnung an fehlbare Spieler frei und vertrauensvoll besprechen sich durchzusetzen? und die richtige Körpersprache können. Patrik Meisberger, Westsaar beim Zeigen der Karten“, so der Oder spüren die Spieler (Trainer, Ausbilder. Eine große Zahl jüngerer Helfer bei Thema gezielte, pädagogisch auf- Betreuer) Unsicherheit beim der Lehrarbeit gibt es im Saarland. bereitete Hilfestellungen. Die Ver- Schiedsrichter und versuchen das Diese selbst als Schiedsrichter in fasser zeigen Möglichkeiten auf, zu ihrem Vorteil auszunutzen? Wer höheren Spielklassen eingesetzten wie die Schiedsrichter-Neulinge übrigens noch die Illusion hat, Unparteiischen nehmen die Nach- über eine Stationsarbeit ihre rhe- dass dem jungen Schiedsrichter in wuchs-Schiedsrichter zu ihren torischen Fähigkeiten und ihre einer solchen Situation von den eigenen Spielen als Assistenten Körpersprache trainieren können, Akteuren geholfen wird, sollte mal mit und können ihnen in der so dass sie in ihrem persönlichen wieder zum Jugendfußball gehen. jeweils anschließenden Spielana- Auftreten stabiler werden. Bei der Man braucht sicherlich keine wis- lyse wichtige Tipps geben. „Auf Arbeit an regeltechnischen Fragen senschaftliche Untersuchung, um diese Weise erleben unsere Neulinge zu den Persönlichen Strafen kön- das wachsende Problem der Diszi- am konkreten Beispiel und in nen sie ihre fachlichen Kompeten- plinarkontrolle (in unserer Gesell- der realen Situation, wie wir von zen verfestigen. Dazu gehört die schaft) als eine wichtige Ursache der Ermahnung bis zur Roten Karte Reflexion eigener Spiele ebenso zu erkennen, warum es so schwie- die ganze Palette der Disziplinar- wie die Analyse von Videoszenen, rig ist, frisch ausgebildete Schieds- maßnahmen auf dem Platz umset- der Erfahrungsaustausch mit richter bei der Stange zu halten. Frank M. Konieczka, Berlin- zen“, berichtete der 23jährige anderen Schiedsrichtern und die Tempelhof Regionalliga-Schiedsrichter Patrik Arbeit an einem Pressetext. Im Verlauf einer DFB-Lehrwarte- Meisberger. Schulung in der Sportschule Hen- „Die Wahrheit ist auf dem Platz“, nef bezogen Mitglieder der Lehr- betonte Andreas Harsch. Der Mitar- Michael Hochlenert aus dem Fuß- ausschüsse aus dem Saarland, beiter im Schiedsrichter-Lehrstab ballkreis Mannheim wertet bei der dem Rheinland, aus Berlin, vom des Kreises Mainz-Bingen erlebt es Betreuung junger Unparteiischer Südwestdeutschen FV und dem immer wieder, dass vor allem noch erste Erfahrungen durch Badischen FV zu diesem Thema junge Schiedsrichter in der Kon- erfahrene Schiedsrichter aus, die Stellung. frontation mit aggressiven Spie- als „Paten“ eingesetzt sind. Er freute lern, Trainern und Eltern den Kür- sich, dass er während der Lehrwar- Die besondere Bedeutung einer zeren ziehen. Auch in seinem Kreis te-Schulung in Hennef zahlreiche gezielten Persönlichkeits-Schulung gäbe es deshalb bei den ersten Gespräche führen konnte, in denen im Zusammenhang mit dem „ener- es kreisübergreifend um das Pro- gischen Durchgreifen eines blem „Erhalt der neuen Schieds- Schiedsrichters bei Disziplinproble- richter“ ging. Selbst nimmt er men“ machte Frank M. Konieczka immer wieder Talente an der Linie deutlich. Der in der Lehrgemein- mit und sieht sich als Kontaktper- schaft Berlin-Tempelhof für die son zwischen den Neulingen und Arbeit mit Jungschiedsrichtern den erfahrenen Referees. Auch Michael Hochlenert, Mannheim zuständige Funktionär berichtete, seine Erfahrung ist, dass nicht dass er immer wieder praxisbezo- wenige Schiedsrichter bereits in Auch mit dieser detaillierten Arbeit gene Elemente und Rollenspiele in den ersten Monaten nach der Prü- tragen die Ausbilder an der Basis seine Lehreinheiten einbaut. Ginge fung die Pfeife an den Nagel hän- zur Erfüllung der Anforderung der es um die Zusammenarbeit im gen, weil es ihnen nicht gelingt, UEFA-Konvention bei, aus der bei- Team, dann dürften Assistenten- sich bei Disziplinproblemen durch- spielsweise auch die erwähnte fahnen als Requisiten nicht fehlen, zusetzen. Lehrwarte-Schulung finanziert wird. und bei der Schulung der Persön- Und – noch wichtiger – erhalten lichkeit gehören Pfeife und Karten Der DFB-Lehrbrief Nr.39 bietet den dem Fußball den einen oder ande- zum notwendigen Zubehör. „Unsere Andreas Harsch, Mainz-Bingen Lehrwarten an der Basis zu diesem ren Schiedsrichter mehr. ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 19 Regel-Test Antworten

direkten Freistoß beziehungsweise Strafstoß verursachen kann.

Gedränge beim Situation 12 Da der Schiedsrichter sich im Moment des Vorfalls noch auf dem Spielfeld befindet, muss er dem Auswechselspieler die Rote Karte Schiedsrichter-Ball? zeigen. Wenn sich dieser Spieler dem Zugriff des Schiedsrichters So werden die auf Seite 17 beschriebenen Situationen richtig gelöst. entzieht, ist sein Spielführer über den Feldverweis zu informieren. Situation 1 Der Torwart wird mit „Rot“ des Handlungsweise des Torwarts, son- Eine ausführliche Meldung im Dies ist durch den Schiedsrichter Feldes verwiesen; ein zum Elfme- dern auch im Sinne einer schnellen Spielbericht ist selbstverständlich. nicht zu beanstanden. Anders als terschießen berechtigter Feld- Spielfortsetzung so gewünscht. in anderen Sportarten (zum Bei- spieler muss nun ins Tor; sonst Situation 13 spiel beim Bully im Eishockey) sind keinerlei Maßnahmen erfor- Situation 10 Nein. Drei Situationen verhindern gibt es beim Fußball keine Festle- derlich. Spielfortsetzung ist der Schieds- eine schnelle Ausführung ohne Pfiff gung, wie viele Spieler bei der richter-Ball, da es sich hier um des Schiedsrichters: eine Auswechs- Spielfortsetzung „Schiedsrichter- Situation 7 einen Fehler des Teams handelt. lung, eine Behandlung auf dem Ball“ anwesend sein müssen oder Der Schiedsrichter verwarnt die- Klare Absprachen sind nötig. So Spielfeld und das Zeigen einer dürfen. sen Spieler; der Assistent hat muss jeder Assistent wissen, dass Karte, also das Aussprechen einer richtig gehandelt; das Spiel wird es nur dem Schiedsrichter erlaubt Persönlichen Strafe. In diesen Fällen Situation 2 gemäß Unterbrechung fortgesetzt. ist, einem Spieler den Wiederein- muss der Schiedsrichter das Spiel Alles regelkonform, keine Unter- tritt ins Spiel zu ermöglichen. mit Pfiff freigeben. brechung und Sanktionen notwen- Situation 8 Leidtragender kann in diesem Fall dig. Das Tor wird anerkannt; das Spiel nicht der Spieler sein, deshalb Situation 14 wird mit Anstoß fortgesetzt; der wird auf eine Verwarnung genauso Die Halbzeitpause gehört zwar zum Situation 3 Spieler erhält „Gelb/Rot“ – „Gelb“ verzichtet wie auf eine Spielstrafe. Spiel, die Zeitstrafe beginnt jedoch Da es sich hier um ein Vergehen für das unsportliche Betreten des erst mit Beginn der zweiten Halbzeit. des Auswechselspielers handelt, Spielfelds und die zweite Gelbe Situation 11 kann es nur einen indirekten Frei- Karte für das unsportliche Hand- Der Schiedsrichter verwarnt die- Situation 15 stoß dort geben, wo der Ball sich spiel. Hätte er mit diesem Hand- sen Spieler zunächst für das uner- Ist ein Spieler des Feldes verwiesen, bei der Unterbrechung befand, spiel den Torerfolg verhindert, laubte Betreten und dann für das darf er keinerlei Tätigkeiten rund zudem den Feldverweis mittels wäre die Persönliche Strafe glatt verwarnungswürdige Beinstellen. um dieses Fußballspiel wahrneh- Roter Karte für den Werfer. „Rot“ gewesen. Somit erhält der Spieler in der men. Deshalb muss auch ein Spie- Summe „Gelb/Rot“. Die Spielfort- lertrainer den Innenraum verlassen Situation 4 Situation 9 setzung ist ein indirekter Freistoß, und darf in diesem Spiel nicht wei- Auch wenn der Stürmer den Ball Ja. Das ist nicht nur eine korrekte da ein Auswechselspieler keinen ter als Trainer tätig sein. nicht mehr spielen dürfte, da es sich sonst um zweimaliges Berüh- ren des Balles handeln würde, muss das Foulspiel des Verteidi- gers bestraft werden, da noch kein zweiter Ball-Kontakt seitens des Stürmers erfolgte. Aufgrund der Spielweise – mit den Stollen voran gegen den Gegner, ohne den Ball spielen zu können – ist ein Feldverweis auszusprechen. Spielfortsetzung: Strafstoß.

Situation 5 Der neue Spieler muss zuerst das Spielfeld betreten, und wenn es nur um einen Schritt ist. Danach kann er selbstverständlich den Zwei gegen Einwurf ausführen. Dies schreibt einen – ist die Regel explizit so vor. das beim Schiedsrich- Situation 6 ter-Ball Die Ausführung war regelkonform. erlaubt?

20 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Aktion Siegerehrung in Hannover Die Sieger der bundesweiten Aktion „Danke, Schiri!“ stehen fest. David Bittner wirft einen Blick auf das erste November-Wochenende, zu dem der DFB alle Preisträger in die niedersächsische Landes- hauptstadt eingeladen hat.

enn am 6. November das den Hannovers. „Einerseits wird es ter-Gewinnung und -Erhaltung“ lie- WBundesliga-Spiel zwischen eine sehr feierliche Veranstaltung, fen in den vergangenen Tagen die Hannover 96 und Schalke 04 ange- andererseits muss man auch nicht letzten Vorbereitungen: „Pünktlich pfiffen wird, werden die Gewinner die ganze Zeit mit Schlips und Kra- zum 1. Oktober hat jeder Landesver- der „Danke, Schiri“-Aktion nicht nur gen herumlaufen – es ist genau der band seine Preisträger benannt“, auf der Tribüne sitzen, sondern auf richtige Rahmen für eine solche berichtet der ehemalige Bundes- eine besondere Art mittendrin im Ehrung“, meint Lutz Wagner. liga-Schiedsrichter. Die Begründun- Geschehen sein: Ihre Namen pran- Gemeinsam mit Wolfgang Mierswa, gen für die Auswahl der Gewinner gen dann nämlich auf dem Trikot der den Wettbewerb seitens des seien ebenso breitgefächert wie die des Schiedsrichters, der das Spiel DFB koordiniert, war er im Septem- Altersverteilung: „In der Kategorie leiten wird. „Auf diesem Weg erhal- ber in die niedersächsische Landes- Schiedsrichterin sind die Preisträ- ten nicht nur die Preisträger, son- hauptstadt gereist, um die Räum- gerinnen zwischen 22 und 67 Jah- dern die Schiedsrichter an der lichkeiten vor Ort zu inspizieren ren alt.“ Beim „Mittelalter“ der Her- Basis allgemein die öffentliche Auf- und die Details für das Event zu ren liege man zwischen 21 und 45 merksamkeit, die sie verdient besprechen. Jahren, die meisten der „Oldies“ haben“, erläutert Lutz Wagner die Ambiente.“ In einer offiziellen Feier- Idee dahinter. stunde werden alle Landessieger vorgestellt, DFB-Schiedsrichter- Den Gewinnern, die am ersten Chef Herbert Fandel wird die Über- November-Wochenende zusammen- raschungspräsente persönlich kommen werden, verspricht der überreichen. DFB-Lehrwart ein erlebnisreiches Wochenende: „Neben den offiziellen Untergebracht sind die Schiedsrich- Fototerminen gibt es am Samstag ter und Schiedsrichterinnen im nach dem Sektempfang ein abend- Hotel „Hennies“ in Altwarmbüchen, liches Dinner in sehr feierlichem einem modernen Landhotel im Nor- Hier werden die Sieger der Aktion „Danke, Schiri!“ unterge- bracht.

So steht am Sonntagmorgen die seien über 70 Jahre. „Gerade in die- Busfahrt in Hannovers City auf dem ser Kategorie hat es die mit Programm. Dort gibt es eine Füh- Abstand meisten Bewerbungen rung durch das historische Rathaus gegeben“, sagt Wolfgang Mierswa und die Altstadt. Anschließend und bedauert: „Es gibt zahlreiche geht’s zum Mittagessen in die Schiedsrichter, die diese Ehrung „Ständige Vertretung“, ein Polit- verdient hätten, aber leider kann es Kult-Lokal, in dem die politische pro Landesverband in jeder Katego- Geschichte der vergangenen Jahr- rie nur einen Gewinner geben.“ So zehnte dargestellt wird. Den bleibt denjenigen, die in diesem Abschluss des Wochenendes bildet Jahr nicht dabei sein dürfen, die das bereits erwähnte Bundesliga- Hoffnung auf eine Neuauflage des Spiel zwischen Hannover und Wettbewerbs. Schalke, in dessen Stadionshow die Schiedsrichter ebenfalls eine Rolle O Wer die Gewinner der „Danke, spielen werden. „Es wird ein richtig Schiri!“-Aktion 2011 sind, warum sie schönes Gesamtpaket, das alle ausgezeichnet werden, was sie in Beteiligten sicher lange im Hannover erleben und wie es mit Gedächtnis behalten werden“, ist dem Wettbewerb im kommenden Lutz Wagner überzeugt. Jahr weitergeht, darüber berichten Mit dem Inhaber des Hotels Hennies besprachen Lutz Wagner wir in der Ausgabe 1/12 der Schieds- (links) und Wolfgang Mierswa (rechts) den Ablauf des Wochen- Bei Wolfgang Mierswa und seinen richter-Zeitung. endes. Mitarbeitern der AG „Schiedsrich- ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 21 Blick in die Presse

als große, nicht sanktionierte Offen- wenn ihnen die Wiederholung der Glaubt irgendjemand, dass etwa heit das Gebot sein kann. Und Szene gezeigt wird – präsentiert Felix Magath in diesem Moment natürlich die Fähigkeit, mit Kritik vom Sponsor des Vereins. Es geht nicht fordern würde, auch für diese zurechtzukommen. Dass sie fair auch nicht um die Frage, ob sich im Szenen den Videobeweis einzufüh- Lästern und frei von Verbalinjurien sein Laufe einer Saison alles ausgleicht. ren? Am Ende stünde der technisch muss, stand ohnehin schon lange perfekt überwachte Fußball ohne nach der Uhr festgeschrieben. Jetzt aber treibt Sondern es geht um die Frage, was Spielfluss. Ständige Unterbrechun- Leonhard Kazda befasst sich in der die neue Verordnung seltsame Blü- folgt, wenn der Videobeweis gen und dauernd eingebremste „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ten: „Fragen Sie mich in 48 Stun- kommt. Tore sind zwar das essen- Akteure wären die Folge – Rasen- mit einer umstrittenen Neuerung in den“, ist zur Zeit die gängigste Trai- zielle Ziel eines jeden Fußballspiels – schach statt dynamisches Ballspiel. der Handball-Bundesliga. nerantwort auf Reporterfragen und deswegen entzündet sich die bezüglich der Schiedsrichter. Debatte um Videobeweise zualler- Ein gerne gebrauchtes Argument Jüngst hat Markus Baur, Trainer des erst an ihnen. Sie sind aber immer der Befürworter lässt sich übrigens Handball-Bundesligaklubs TuS Net- Eine Kritikmöglichkeit ist aber auch nur der letzte Punkt einer Entwick- leicht widerlegen. Fußball ist ein telstedt-Lübbecke, mit einer Lobes- schon aufgetan worden: Bei Live- lung, die in den Minuten und Sekun- Milliardengeschäft, richtig. Aber hymne auf die Schiedsrichter über- Übertragungen im Fernsehen in den vorher auf dem Platz stattge- wohlgemerkt: Der Fußball. Nicht ein rascht: „Jeder Pfiff war richtig. Eine einer Auszeit kurz vor Spielende funden hat. Sie sind der Abschluss einzelner Verein. Aus einer globalen sehr gute Leistung“, erklärte Baur. vor dem Mikrofon richtig ablästern. eines Spielzuges. In diesem Spiel- Sicht ist es völlig egal, welcher Ver- Ungewöhnliche Worte für einen, der Die neue Vorschrift greift ja erst zug kann jede Szene entscheidend ein Meister wird oder die Cham- kurz zuvor noch am Spielfeldrand „nach Spielschluss“. sein – und daher müsste jede Szene pions League gewinnt. Die Spiele wegen einiger Entscheidungen der auch dem Videobeweis unterliegen. werden weitergehen, Rubel und Unparteiischen in Rage geraten war. Bälle werden rollen – völlig unab- Wenn Schiedsrichter Kircher bei- hängig davon, ob ein Verein ab und Die schlitzohrige Äußerung troff vor spielsweise auf Strafstoß entschie- zu ein Tor aberkannt bekommt oder Ironie, denn sie zielte auf die neu den hätte, als Bayerns Luiz Gustavo nicht. eingeführte „Ziffer 6 der Durchfüh- den Wolfsburger Koo im Strafraum rungsbestimmungen der Handball- Der Videobeweis rammte, dann wäre das mit ziem- Mit der Tatsache, dass der Fußball Bundesliga“. Das klingt hoch offi- entmenschlicht licher Sicherheit ein Tor für den VfL ein Milliardengeschäft ist, lässt sich ziell und beeindruckend. Im Hand- gewesen. Warum also den Video- nicht begründen, den Videobeweis ball-Volksmund hat der neue Para- den Fußball beweis nicht auch nach Elfmeter- einzuführen. Denn diesem Geschäft graf aber schnell einen griffigeren pfiffen einführen? ist es egal, welcher Verein am Ende Namen abbekommen: Maulkorb- Der Fußball wird durch den Video- Deutscher Meister wird. Selbst Erlass. beweis gerechter – aber der Preis Der Deutsche Meister Borussia wenn es der VfL Wolfsburg, RB Leip- ist zu hoch, findet Peter Seiffert in Dortmund verlor kürzlich nach zig oder die TSG 1899 Hoffenheim Mit ihm sollen die Schiedsrichter einem Artikel für FOCUS online. einem (berechtigten) Freistoß – sind. Man kann es auch plastischer der Bundesliga offenbar vor unbe- warum also den Videobeweis nicht sagen: Wenn ein Verein absteigt, dachten, allzu kritischen Äußerun- Felix Magath fühlte sich am zweiten auch nach Freistoßpfiffen einfüh- dann steigt ein anderer auf. Die gen von Trainern, Spielern oder Spieltag der Bundesliga-Saison ren? Gesamtbilanz der Arbeitsplätze, der Funktionären geschützt werden. 2011/2012 gegen die Bayern um den Einnahmen und Ausgaben dürfte „Es ist untersagt, innerhalb von 48 Lohn gebracht – wie die Engländer Tore fallen nach Fouls, die nicht daher gleich sein. Stunden nach Spielschluss sich im WM-Achtelfinale 2010 gegen gepfiffen werden, und nach ver- über den Schiedsrichter, Zeitneh- Deutschland, als Frank Lampard ein meintlichen Fouls, die dann eben Das alles sollte möglichst sportlich, mer und Sekretär und den Techni- reguläres Tor gegen die Deutschen doch gepfiffen werden, sie fallen möglichst gerecht passieren, keine schen Delegierten zu äußern“, steht erzielte. Wie die Deutschen, die 1966 nach Hakeleien, Nickligkeiten, strit- Frage. Aber es ist eben nicht so, da geschrieben. Und Frank Boh- ein vermeintlich irreguläres Tor tigen Szenen – warum also nicht für dass diejenigen, die gegen den mann, der Geschäftsführer der durch die Engländer kassierten, das jede dieser Szenen den Videobe- Videobeweis sind, die milliarden- Bundesliga, fügte hinzu: „Es ist aber den Briten allerdings den WM-Titel weis einführen? Jede dieser Aktio- schwere Realität verkennen. Son- erlaubt, sie zu loben.“ brachte. nen kann in letzter Konsequenz zu dern es ist umgekehrt: Wer aus dem einer Torchance führen und damit Milliardengeschäft die Forderung Also lobte Baur heftig. Andere hin- Würde der Videobeweis, in vielen zu einem Tor. Will man die alle per nach dem Videobeweis ableitet, gegen tobten. „Skandal“ war noch Sportarten wie Eishockey, Football Videobeweis überprüfen? Wenn der verkennt die Realität. eine der freundlicheren Umschrei- oder Tennis längst Standard, also Videobeweis kommt, dann ist diese bungen für die Vorschrift, die bei zu einem gerechteren Ergebnis füh- Entwicklung unvermeidlich. In elf Jahren, 2022 in Katar, werden Zuwiderhandlung eine Geldstrafe ren? Ja. Aber der Preis dafür wäre wir dann England gegen Deutsch- von 5.000 Euro androht. Das ist zu hoch. Wer sich das nicht vorstellen kann, land in einem klimatisierten Sta- hart – für alle Betroffenen. Und der verdeutliche sich dieses Szena- dion anschauen dürfen. Vielleicht ziemlich peinlich obendrein. Denn Dabei geht es gar nicht um die rio: Angenommen, es gäbe bereits gibt es dann den Videobeweis. Und die Liga scheint sehr schnell ver- Frage, ob Technik tatsächlich so den Videobeweis für Tore. Dann vielleicht erinnern wir uns daran, gessen zu haben, dass nach den unfehlbar ist, wie sie von den Befür- kommt 25 Meter vor dem Tor ein was wir hätten verhindern können: Bestechungsvorwürfen um die wortern dargestellt wird. Es geht Spieler zu Fall, der Schiedsrichter das technisierte, entmenschlichte Schiedsrichter Bernd Ullrich und auch nicht um die Frage, ob Fans im gibt einen unberechtigten Freistoß, und völlig synthetische Spiel. Frank Lemme 2009 nichts anderes Stadion noch emotional reagieren, und der landet im Tor. Mal ehrlich: ■

22 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Momentaufnahme

vom Spielfeld ab, bewegte sich ein wenig unsicher zu einem Werbe- Was war da los, reiter und hockte sich hin. Der Assistent hatte die Fahne auf den Boden gelegt und stützte sei- nen Kopf in beide Hände.

Denkt man daran, dass plötzlich Matthias Anklam? 60.000 Menschen auf einen schau- en? „Nein, das gar nicht. Ich wollte Tolle Torwartparaden, üble Fouls, feiernde Fans, schimpfende Trainer - eigentlich nur irgendwie vermei- diese Bilder kennt man vom Fußball. Aber es gibt auch das andere Foto, den, dass ich in den Mittelpunkt rücke.“ Das war ein frommer das eine eher ungewöhnliche Situation zeigt, in die ein Schiedsrichter- Wunsch, denn natürlich hatten alle Team geraten kann. Lutz Lüttig hat nachgefragt, worum es dabei ging. Zuschauer genau dort hinge- schaut, wo der Ball war. Wohl unvermeidlich in solchen Situati- ugegeben, es ist für die Spiel- onen war auch das Gelächter der Zplanmacher der Bundesliga Schadenfrohen zu hören. nicht einfach, Wochen im Voraus zu wissen, welche Begegnung das Beide Spieler tätschelten Matthias Topspiel eines Wochenendes sein Anklam den Rücken und sprachen wird. Wenn man ehrlich ist, weiß ihm Trost zu. Auch der Schieds- man das ja auch erst nach dem richter kam zu ihm. Peter Gagel- Spieltag. mann war davon ausgegangen, „dass die Nase durch ist“, berich- Da aber heute alles irgendwie tete Anklam weiter. „Der Physio- super, mega oder mindestens top therapeut von Hertha drückte mir sein muss, ist das Spiel am einen Eisschwamm in den Nacken, Samstag um 18.30 Uhr dazu aus- weil er wohl auch mit Nasenbluten ersehen worden, diesen Titel zu gerechnet hatte und es so stoppen tragen. So war es auch am ersten wollte. Aber zum Glück blieb es Spieltag der neuen Saison, als Auf- aus. Ich habe ihn dann um einen steiger Hertha BSC Berlin auf den zweiten Schwamm gebeten, um mir 1. FC Nürnberg traf. 61.000 das Gesicht abwischen zu können.“ Zuschauer waren schon so etwas wie eine Top-Kulisse, aber der Er schnaufte ein paar Mal durch, Superlativ soll sich doch eher auf und dann war Matthias Anklam die Qualität des Spiels beziehen. „schnell wieder seiner Linie treu“, Die war dann leider eher das wie die schon zitierte „Märkische Gegenteil von top. Allgemeine“ anmerkte. Habt ihr die Situation dann im Team noch mal Und so rückte eine Situation in der durchgesprochen? „Ja, sicher. 33. Minute in den Mittelpunkt, zu Natürlich wurde dabei auch der die Zeitung „Märkische Allge- geflachst so nach dem Motto: meine“ schrieb: „Diese Szene war Kannst du denn keinen richtigen der Höhepunkt der ersten Halbzeit Kopfball? Aber im Ernst: Beim in einem wenig berauschenden nächsten Mal würde ich mir mehr Spiel, das die Berliner mit 0:1 verlo- (Hertha BSC Berlin) will wissen, wie es Matthias Zeit nehmen. Irgendwie will man ren.“ Gemeint war der Moment, als Anklam geht. zwar, dass das Spiel schnell weiter der Assistent von Schiedsrichter läuft, aber wichtiger muss einfach Peter Gagelmann auf einem Wer- krachte etwas in mein Gesicht. Wie einem Pfiff. Was für die spätere sein, dass man wieder völlig klar bereiter hockte und sich die Hände das genau passierte, habe ich erst Spielfortsetzung natürlich eine ist. Ich habe zum Beispiel gar nicht vors Gesicht hielt. in der Aufzeichnung gesehen“, Rolle spielte. mitbekommen, dass die Zuschauer erzählt der Hamburger vom USC geklatscht haben, als ich mich wie- Was war da los, Matthias Anklam? Paloma. Pekhart hatte mit einem Was schoss Matthias Anklam – der an die Line gestellt habe. Das „langen Bein“ den Ball geblockt, außer dem Schmerz – als erstes haben mir erst die Kollegen hinter- „Unmittelbar vor mir wollte der dann Matthias Anklam voll traf. durch den Kopf? „Der Ball traf her erzählt.“ Kobiashvili den Ball nach vorn Der Ball flog von seinem Kopf mich auf Nase und Mund. Ich dach- schlagen. Ein Nürnberger griff ihn zurück aufs Spielfeld, Peter Gagel- te sofort, jetzt muss eigentlich Also gilt auch und gerade in einer an, und keine Sekunde später mann unterbrach die Partie mit deine Nase bluten.“ Er drehte sich solchen Situation das eherne

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 23 Momentaufnahme

Ohne Schiri geht es nicht

Ausfall im Schiedsrichter-Team – was nun?

In den Spielen der beiden Lizenzligen des deutschen Fußballs ist das kein Problem, weil hier ja ein vierter Schiedsrichter zur Verfügung steht.

● Fällt der Schiedsrichter aus, wird er durch den höchsten „Dienst- grad“ im Team ersetzt. Das kann einer der Assistenten sein oder auch der Vierte Offizielle. Denn einer von ihnen ist bei den Bundes- liga-Teams immer mindestens Zweitliga-Schiedsrichter. Darauf wird bei den Ansetzungen genau geachtet. Dementsprechend gehört zu Ein Zweikampf mit Folgen – für den Assistenten: Der Ball trifft den Zweitliga-Teams ein Unparteiischer, der mindestens in der 3. Liga Matthias Anklam mitten im Gesicht. pfeift.

Schiedsrichter-Gesetz: Sicherheit scheinlichkeit, dass genau das ● Fällt ein Assistent des amtierenden Schiedsrichter-Teams aus, so geht vor Schnelligkeit. Was wäre noch mal passiert, ist doch übernimmt der Vierte Offizielle dessen Funktion an der Linie. Wenn passiert, wenn der Assistent nicht äußerst gering.“ Das stimmt wohl, es gesundheitlich noch möglich ist, ersetzt der bisherige Assistent hätte weitermachen können? Dann denn schließlich hat der Hambur- im Gegenzug den Vierten Offiziellen. Wenn nicht, wird ohne den wäre zum Einsatz ger 230 Spiele als Assistent in der „Vierten“ weitergespielt. gekommen, der an diesem Tag in Bundesliga hinter sich gebracht, Peter Gagelmanns Team als Vierter bevor es das erste Mal „einge- Wie sieht das nun im Bereich unter den beiden Top-Ligen aus? Offizieller angesetzt war. Er hätte schlagen“ hat. das problemlos bewältigen kön- ● Fällt ein Assistent aus, so wird mit den Spielführern Kontakt aufge- nen. Schließlich hat Welz 119 Ein- Ach ja, und wie war das nun mit nommen. Über eine Lautsprecherdurchsage oder über Nachfragen sätze als Assistent in der Bundes- der Spielfortsetzung? „Das Spiel wird ein geeigneter Zuschauer gesucht und auch meistens gefunden, liga hinter sich gebracht, ehe er ging mit Einwurf für Hertha weiter, der diese Aufgabe dann übernimmt. Handelt es sich um einen 2010 selbst Erstliga-Schiedsrichter weil der Ball, als er meinen Kopf geprüften Schiedsrichter (gültiger Schiedsrichter-Ausweis!), darf er wurde. Matthias: „Wie er mir traf, wohl vollständig hinter der an der Linie auch Aufgaben wie Abseits- und Foulspielanzeige über- hinterher sagte, war er aber trotz- Seitenlinie war.“ Ganz genau lässt nehmen. Ist es ein Zuschauer ohne Schiedsrichter-Ausbildung, muss dem ganz froh, dass ich weiterma- sich das auch im Nachhinein nicht er sich mit dem Anzeigen von Ausbällen begnügen und der Schieds- chen konnte.“ (Siehe auch die mehr feststellen. Wenn es nicht so richter alle anderen Aufgaben selbst übernehmen. Anmerkungen im Extra-Text.) war, hätte Peter Gagelmann einen Schiedsrichterball an der Stelle ● Fällt der Schiedsrichter in einem Team aus, so rückt der ranghöchste Hast du seit dem Vorfall in Berlin geben müssen, an der sich der Ball Assistent in die Mitte und dasselbe Prozedere für die Assistenten- ein anderes Gefühl, wenn der Ball bei seinem Pfiff befand. suche beginnt. so nah an der Linie gespielt wird? „Nein, überhaupt nicht“, sagt Aber auch das hätte an jenem Tag ● Fällt ein Schiedsrichter aus, der ohne Assistenten unterwegs ist – Matthias Anklam. „Ich bin immer aus Hertha BSC Berlin gegen den und das ist ja in den meisten Spielen der Fall – so müssen die betei- voll auf das Geschehen vor mir 1. FC Nürnberg kein Topspiel mehr ligten Vereine nach geeignetem Ersatz suchen. Vorrang hat immer konzentriert. Da ist kein Platz für gemacht… ein geprüfter Schiedsrichter, der keinem der beiden Vereine ange- schwarze Gedanken. Und die Wahr- ■ hört. Ihn müssen die Vereine als neuen Spielleiter akzeptieren.

Gehört der geprüfte Unparteiische aber einem der beiden Vereine an oder ist es gar ein „Freiwilliger“ ohne Schiedsrichterprüfung, so müs- sen sich in diesem Fall die beiden Vereine darüber einig werden, ob sie mit diesem Schiedsrichter das Spiel fortsetzen wollen. Diese Zustimmung gilt dann bis Spielende und kann nicht rückgängig gemacht werden, nur weil der jetzt amtierende Schiedsrichter die „Erwartungen“ der Mannschaften angeblich nicht erfüllt. Oberstes Ziel bei jedem Spiel sollte immer sein, es korrekt bis zum Ende durch- zuführen und dafür alle Möglichkeiten auszuschöpfen.

Ohne Schiri geht es nicht: Eine Erkenntnis, die den Beteiligten an einem Wettbewerbsspiel häufig erst deutlich wird, wenn wirklich Not am Mann ist.

Die Betreuer von Hertha BSC Berlin kümmern sich um den ange- Lutz Wagner schlagenen Assistenten.

24 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Außenansicht Helden der Seitenlinie Mario Gesiarz, gelernter Buchhändler und ehemaliger Eishockey-Schiedsrichter, hat sich einige Gedanken über die Akteure gemacht, die im Fachdeutsch „nicht-neutrale Assistenten“ heißen. Wir drucken seinen Artikel aus dem Fußball-Magazin „Offensiv“, das im Main-Taunus- Kreis erscheint, nach.

ern gehe ich sonntags zu denn sie müssen von der Heim- und runter laufen und immer das Ball sofort nach dem Einwurf vor Geinem Heimspiel meines Stadt- mannschaft natürlich klar unter- Fähnchen heben, wenn der Ball ins das Tor gedroschen wird? Oder teilvereins. Es ist die Liga, in der schieden werden können. Lässig Aus geht. Tut er aber nicht. Er nur bei jedem elften Aus? Jeden- der Eintritt ausnehmend günstig lehnen sie sich an die Spielfeld- steht nahezu unbeweglich am falls ging die Fahne nach oben. ist, oft viele Tore fallen und das umrandung, die Fahne in den ver- gleichen Ort. Beim ersten Mal Zwar war das Spiel schon längst Ganze doch recht authentisch schränkten Armen und in intensive habe ich gedacht, das wäre eine weiter, aber immerhin. Der Amts- wirkt, denn hier wird noch ehr- (Fach-) Gespräche mit in der Nähe Reklamefigur, allerdings fehlte die bruder auf der Gegenseite hatte licher Sport geboten. Zuschauer stehenden Zuschauern vertieft. Werbebeschriftung. Bis ich Mitte aber bisher noch überhaupt nicht kommen dort leider immer viel zu der Halbzeit doch mehrere Bewe- reagiert. War allerdings auch noch wenige, die Haupttribüne ist eine Nun beginnt mitten in dem ange- gungen beobachten konnte – er nicht vom Ball getroffen worden. wackelige Bank mit fünf Plätzen regten Gespräch das Spiel. Was wechselte die Fahne von rechts (in diesem Jahr frisch gestrichen!) sich aber nicht weiter auf den nach links! Seither verfolge ich bei allen Spie- und dort sitzen meist die „Alt- Linienrichter auswirkt. Denn da len in dieser Liga die Linienrichter. Kader“, die früher nur fehlerfrei der Schiedsrichter in der Mitte des Inzwischen ist der Linienrichter Gespannt schaue ich, wann die spielten, mehr kämpften und nie Spielfelds – das ist der, der ganz (oder heißt er vielleicht korrekt Fahne nach oben geht, was das für eine Chance „so deneber geschosse allein die Spielleitung hat – am sogar „Aus-Linienrichter“, weil er eine Auswirkung hat, und ob der habbe wie der do ebe!“ Anfang des Matches die beiden ja anscheinend nur für die Aus- Schiedsrichter in der Mitte Linienrichten nicht grüßt, bleiben linie zuständig ist?) auf meiner dadurch beeinflusst wird. Es ist Es ist auch die ins Seite eifrigst dabei, das letzte spannend, die Amtsführung der die Klasse, Gespräch Auswärtsspiel und die Leistung „Aus-Linienrichter“ zu beobach- in der der vertieft. Ich der A-Jugend gestern Mittag zu ten. Es liegt durchaus Würde und Schieds- habe das kommentieren. Das scheint sehr oftmals auch Grazie in den Bewe- richter ganz genau wichtig zu sein, denn das Spiel auf gungen. Auf alle Fälle aber sehr immer beobachtet! dem Platz läuft nun schon einige viel Ernst. Wenn denn eine Bewe- alleine Zeit, und es gab inzwischen einige gung stattfindet. kommt, Na gut, hier Bälle im Aus – auf jeder Seite des ohne schleicht Platzes. Allerdings alles sehr Eins steht fest: Sie werden Linienrich- sich eine unumstrittene Situationen, denn gebraucht. Sie gehören dazu, denn ter. Was Ungenauig- das Spiel ging reibungslos weiter, ohne sie wäre es ein schnödes ich bewun- keit ein: Ins obwohl keiner der beiden Männer Spiel in einer unteren Liga. Sie dere. Aller- Gespräch reagiert hatte. Vielleicht dürfen veredeln den Rahmen. Erst durch dings vertieft ist die das gar nicht, dachte ich mir. die Linienrichter weht ein Hauch muss er nur der auf Doch, sie dürfen! Denn ungefähr in großen Sports auf den Platz. Es auf Assis- meiner Seite. der 37. Spielminute ging der Ball würde etwas fehlen. Sie sind tenten Denn hier ist wieder mal ins Aus. Gerade hatte meine Helden an der Seitenlinie. nicht ver- die Seite, auf der Sportsfreund auf meiner Seite Für sie würde ich einen Extra-Euro zichten. der die meis- seinen Gesprächspartner an den Eintritt bezahlen! Nur wer- ten Zu- Bierstand entlassen. Um Kaffee zu den die vom Verein aufgeboten. schauer stehen, quasi die Haupt- holen, damit hier keine Vorurteile Und immer öfter spüre ich, wie Nach irgendwelchen mir unbe- tribüne. Die Gegenseite ist meist aufkommen. Der Ball rollte also ganz tief in mir drin der Wunsch kannten Kriterien wohl auf leer. Leider. Ob es auch der ins Aus, an die Hose des Linien- aufkommt, auch mal an dieser Lebenszeit ausgewählt, mit den Sportsfreund dort bedauert oder richters. Der Spieler holte sich den Linie stehen zu dürfen. Mit der leuchtend roten Fahnen versehen nicht, ist nicht klar erkennbar. Er Ball, warf ein, das Spiel ging wei- Fahne in der Hand das Aus anzei- und an den Rand des Platzes jedenfalls lehnt sich ebenfalls läs- ter mit einer weiten Flanke vor gen. Aber eins schwöre ich: Ich gestellt. Nein, hier wird es unsach- sig an die Umrandung, hat aber das Tor… - da, ja wirklich, da hob versuche, blitzschnell zu reagie- lich: Sie gehen selbstständig bis oft einfach niemanden zum er erstmals die Fahne. Toll. ren. Wenn ich es darf. Aber da zur Seitenlinie. Was allerdings oft- Schwätzen. Man könnte nun mei- werde ich mich vorher kundig mals für 45 Minuten ihre letzte nen, da könne er sich doch auf Ich war begeistert und überlegte: machen. Vielleicht sehen wir uns Bewegung bleibt. Denn da stehen das Spiel beziehungsweise seinen Darf er nur winken, wenn er selber ja mal: Sie auf dem Zuschauer- sie nun. In ausgesuchtem Outfit, Job konzentrieren. Also Linie rauf getroffen wurde? Oder wenn der rang. Ich an der Außenlinie. ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 25 Zeitreise Von Beruf Schiedsrichter- Für den Fußball und das Schiedsrichterwesen im Osten Deutschlands war er in vielfacher Hinsicht ein Schr 1952 der erste FIFA-Schiedsrichter der DDR, brachte Struktur und Ordnung in den Neuaufbau der Sportart schildert in einem zweiteiligen Report, was er über den bedauerlicherweise schon am Ende seines Lebens Pionier herausgefunden hat.

as Urteil von Karl-Heinz Spicke- Dnagel ist eindeutig: „Er war der überragende Schiedsrichter seiner Zeit.“ Der Torhüter der einstigen Meistermannschaft des ASK Vor- wärts Berlin sitzt im Restaurant „Haus Berlin“ am Strausberger Platz und spricht über Gerhard Schulz.

„Gesch, wie ihn alle nannten, war eine enorme Autorität auf dem Platz“, erzählt der inzwischen 79- jährige Nationaltorhüter der DDR beim jährlichen Traditionstreffen mit den ehemaligen Mannschafts- kollegen. „Er leitete seine Spiele mit Augenmaß, und wir haben sei- nen Entscheidungen immer ver- traut.“ Gibt es ein größeres Kom- pliment für einen Schiedsrichter?

Spickenagel spricht von der Zeit Ende der 50er-Jahre, als sich die Karriere von Gerhard Schulz schon langsam dem Ende zuneigt. Der Fußball hat bis dahin das Leben des 1906 in Leipzig geborenen Sachsen bestimmt. Dieser Sport, dem er sich als Schiedsrichter und Funktionär verschrieb, hat den Gerhard Schulz Ende der 40er- gelernten Buchdrucker durch die Jahre: Aufmerksam hören die ausgehende Weimarer Republik, Lehrgangs-Teilnehmer dem die Nazi-Zeit, den Weltkrieg und die Schiedsrichter-Lehrer zu. Aufbaujahre der DDR getragen. Diese Funktion wurde in seinen Aber das ist zunächst ein schwieri- Zeiten, deren Hauptmerkmal die Ausweis extra eingetragen. schaft – 14 Tage im Durchgangs- ges Unterfangen, denn die Sieger- Unruhe ist, die dauernde Unge- lager Weilheim/Bayern – aus dem mächte Sowjetunion, USA, England wissheit in allen Lebensbereichen. Laufen zu bringen. Denn daran ist Krieg in seine Heimat Sachsen und Frankreich legen gleich nach Schulz ganz entscheidend betei- zurückkehrt, ist in Dresden prak- dem Kriegsende 1945 fest, dass Diese Umstände lassen es lohnens- ligt – in dem Teil Deutschlands, der tisch alles zerstört. Er findet Arbeit alle von den Nationalsozialisten wert erscheinen, auf das Leben ab dem 7. Oktober 1949 DDR heißen als Hilfsschlosser, später als Zeich- gegründeten oder übernommenen des Sportlers Gerhard Schulz zu wird. Davor nennt man ihn auch ner im Hygiene-Museum Dresden Organisationen, also auch die des schauen, der soviel mehr war als offiziell „Ostzone“, ein Begriff, der und als Vertreter für beleuchtete Sports, verboten sind und zum nur ein exzellenter Schiedsrichter – später im Westen abschätzig Reklametafeln. Und natürlich sucht 1. Januar 1946 aufgelöst werden und das ist ja schon viel. Dieser gemeint und von den DDR-Bürgern er nach Möglichkeiten, wieder im müssen. Sport zu treiben, ist bis Blick kann uns auch einen Ein- auch als abschätzig empfunden Fußball tätig zu werden. Schließ- 1948 nur in kommunalen Sportge- druck davon vermitteln, was nach wird. lich ist Schulz schon fast 40 Jahre meinschaften möglich, die von den dem verheerenden Zweiten Welt- alt. Er hat also eine sportliche Ver- Gemeinden kontrolliert werden. krieg nötig war, um eine Sportbe- Als Schulz im Juni 1945 nach ganz gangenheit – und keine unbedeu- Wettkämpfe dürfen nur auf Kreis- wegung, um den Fußball wieder ins kurzer amerikanischer Gefangen- tende, wie wir noch sehen werden. ebene stattfinden.

26 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Lehrer Gerhard Schulz in Stichworten Mit 53 noch ittmacher: Gerhard Schulz, in der DDR-Oberliga nach dem Krieg. Lutz Lüttig 1906 Geburt in Leipzig fast vergessenen Fußball- 1924 Schiedsrichter-Prüfung

1932 Meisterprüfung als Als die Besatzungsmächte dann Buchdrucker Neugründungen von Sportorgani- sationen zulassen, bauen die West- 1933 Vorsitzender Schiedsrichter- zonen auf die Tradition der bürger- Ausschuss Leipzig lichen Vereine aus der Weimarer Republik. Viele „alte“ Fußball-Klubs Bei Freundschafts-Länderspielen kam häufig nur der Schieds- 1936 Sachbearbeiter Fußball im entstehen neu, häufig geführt von richter aus einem neutralen Land, wie hier der Holländer Leo Reichsbund für Leibesübungen denselben Funktionären wie zuvor. Horn. Gerhard Schulz und Walter Reinhardt (links) beobachten Die westlichen Besatzungsmächte DDR-Kapitän Günter „Moppel“ Schröter (Nr. 8) bei der Begrü- 1939 Deutsches Endspiel, USA, England und Frankreich küm- ßung seines bulgarischen Kollegen. Meldung zur FIFA mert das wenig. Bei diesem völligen Neuaufbau Erfahrung. Und da kommt, zumin- 1941 Einberufung zur Wehrmacht Das wird in der Ostzone, die von spielt die Jugend-Organisation FDJ dest was den Fußball angeht, Ger- der Sowjetunion besetzt ist, heftig schon deshalb eine große Rolle, hard Schulz ins Spiel. Er ist im 1945 Rückkehr nach Sachsen kritisiert. Hier wollen Kommunis- weil natürlich junge, von Nazi- Frühjahr 1948 maßgeblich an der ten und Sozialdemokaten, verei- Gedanken wenig belastete Leute Organisation der ersten Meister- 1948 Hauptberuflich nigt in der Sozialistischen Ein- benötigt werden, die nach den schaft beteiligt, die von der FDJ Schiedsrichter-Lehrer heitspartei Deutschlands (SED) furchtbaren Erfahrungen des Krie- durchgeführt wird. Je zwei Mann- unter der Losung „Sportler sein ges bereit sind, sich für ein neues schaften aus den fünf Ländern, die 1949 Leiter der Fußballsparte im ist gut; Sportler und fortschritt- friedliches Deutschland einzuset- die Ostzone bilden, nehmen daran Deutschen Sportausschuss, licher Mensch sein, ist besser“, zen. Angeleitet und beeinflusst teil und ermitteln im K.o.-System Schiedsrichter des Ostzonen- neue Wege gehen. Nur keine bür- werden sie von Anfang an durch die Finalisten. Die Sachsen der Endspiels gerlichen Vereine mehr, in denen führende Mitglieder der SED, Erich Sportgemeinschaft (SG) Planitz sich „reaktionäre Kräfte“ sammeln Honecker ist in diesen frühen Jah- siegen mit 1:0 gegen die SG Freiim- 1950 Finale um den FDGB-Pokal könnten. Angelehnt an das System ren der Vorsitzende der FDJ. felde Halle (Sachsen-Anhalt). der UdSSR soll der Staat den 1951 Vorsitzender der neu Sport lenken. So werden die Freie Begeisterung und Einsatzbereit- Im Juni führt Gerhard Schulz, der gegründeten Deutsche Jugend (FDJ) und der schaft allein reichen aber nicht jetzt 42 Jahre alt ist, in der zentra- Schiedsrichter-Kommission Freie Deutsche Gewerkschaftsbund aus, denn um einen ganzen Gesell- len Sportschule der FDJ im sächsi- 1952 Meldung zur FIFA (FDGB), beide 1946 gegründet, die schaftsbereich wie den Sport wie- schen Oppach mit 55 Schiedsrich- Träger-Organisationen des Sports. der aufzubauen, braucht man auch tern den ersten Landes-Lehrgang 1953 Erstes Länderspiel: Rumänien – Bulgarien

1954 Rücktritt aus der Schiedsrich- ter-Kommission, zum Ehren- vorsitzenden berufen

1955 Finale um den FDGB-Pokal, hauptberuflich zum ASK Vorwärts Berlin

1959 Mit 53 Jahren letztes Spiel in der DDR-Oberliga

1960 Autor einer Schiedsrichter- Seite in der Zeitschrift „Neue Fußball-Woche“

1969 Tod in Berlin Lehrgang in Leipzig-Rosental 1949: Warmmachen für die praktischen Übungen.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 27 Zeitreise

Gau Sachsen, bis er 1941 zur Wehr- Anhalt, Sachsen und Thüringen macht eingezogen wurde. nehmen eine Woche lang daran teil. In der Schiedsrichter-Chronik *** des DFV (siehe Seite 31) heißt es dazu: „Der Lehrgang hatte die All das kommt Gerhard Schulz grundlegende Aufgabe, die in den nach dem Krieg zugute, so dass er Ländern der Ostzone bestehenden den Anschluss an die neue Zeit fin- Unterschiede in der Auslegung der det. Auch seine Mitgliedschaft in Fußballregeln zu beseitigen.“ der NSDAP (Nr. 5876551), die er 1937 beantragte, stellt offensicht- Das ist offensichtlich nötig, wobei lich keine Hürde dar. Sie wird nach Schulz vor allem auf die Praxis dem Krieg vom zuständigen Entna- setzt. Wettspiele zwischen den zifizierungsgremium für „nomi- Schiedsrichter-Mannschaften der nell“ erklärt. Mit diesem Begriff einzelnen Länder der Ostzone wer- unterscheiden die Siegermächte den ausgetragen. Alle 15 Minuten die „Mitläufer“ von denen, die kommt ein neues Schiedsrichter- „aktiv“ in der Nazi-Partei waren. Team zum Einsatz. „Die übrigen Teilnehmer hatten die Aufgabe, Der Weg ist frei für Schulz, der mit auftretende Fehler und Mängel Wann ist Rempeln verboten? Gerhard Schulz führt es vor. seinen Kenntnissen viel zum Neu- schriftlich festzuhalten. Die Spieler aufbau des Fußballsports beitra- bekamen verschlossene Briefum- durch, denn auch wenn der Krieg internationaler Schiedsrichter der gen kann. Beim Landessportaus- schläge. In diesen Briefen waren vieles zerstört hat, die Fußballre- FIFA an.“ geln sind schließlich dieselben geblieben. Und der sich ent- FIFA? Ja, denn Schulz, der 1924 wickelnde Fußballbetrieb braucht seine Prüfung abgelegt hatte, war dringend gut geschulte Schieds- inzwischen ein deutschlandweit richter. bekannter Schiedsrichter. Seine Leistungen hatten die Verantwort- *** lichen beim DFB früh überzeugt. Sie beauftragten ihn einen Monat Woher hat Schulz seine Erfahrun- vor seinem 27. Geburtstag mit der gen als Funktionär? Dazu müssen Leitung des Halbfinales um die wir noch ein Stück weiter zurück- Deutsche Meisterschaft 1933 zwi- schauen: Als 27-Jähriger wurde er schen Schalke 04 und dem TSV im September 1933 Schiedsrichter- München 1860 (4:0). Weit reisen Chef von Leipzig. Neben seinem musste er allerdings nicht: Das Broterwerb als Buchdrucker bei Spiel fand auf neutralem Platz im „Schelter & Giesecke“ war er mit Probstheidaer Stadion in Leipzig dem Anwerben und Ausbilden von statt, 30.000 Zuschauer waren neuen Schiedsrichtern beschäftigt, dabei. setzte die Unparteiischen zu ihren Spielen an und pfiff natürlich auch Jahr für Jahr leitete Schulz nun selbst Sonntag für Sonntag. Endrunden-Spiele, bis er am 18. Juni 1939, da ist er knapp 33, Eine klare Sache: Diese Attacke muss geahndet werden. Obwohl er es in seiner Firma schon sogar das Endspiel pfeifen durfte. zum stellvertretenden Setzerei- Schalke 04 schlug vor 100.000 schuss Sachsen wird er 1948 als Regelverstöße angegeben, die Leiter gebracht hatte, zog er 1936 Zuschauern im Berliner Olympia- „Schiedsrichter-Lehrer“ angestellt absichtlich in die Spiele einge- nach Dresden um. Denn nun konnte stadion Admira Wien 9:0, Deutsch- und führt den schon erwähnten streut wurden“, heißt es in der Schulz sein Hobby zum Beruf land hatte sich ja 1938 Österreich Lehrgang in Oppach durch. Er küm- Schiedsrichter-Chronik. machen. Zitat aus seinem Lebens- einverleibt. Es war der höchste mert sich um alle Dinge, die mit lauf: „Als Schiedsrichter bekannt Sieg in einem Finale um die Deut- dem Spielbetrieb zu tun haben und *** geworden, bewarb ich mich um sche Meisterschaft. setzt die Schiedsrichter an. eine Anstellung als Sachbearbeiter Während Schulz an der Basis arbei- beim Reichsbund für Leibesübun- Gerhard Schulz schrieb nun regel- In April 1949 leitet er in der gerade tet, tut sich auch wieder etwas im gen und wurde als solcher für Fuß- mäßig Fach-Artikel für die von Carl eingeweihten Sportschule Leipzig- Überbau: In Berlin ist inzwischen ball, Handball und Leichtathletik Koppehel geleitete „Deutsche Rosental den ersten zentralen der Deutsche Sportausschuss (DS) beim Gau Sachsen angestellt. Schiedsrichter-Zeitung“ und sam- Schiedsrichter-Lehrgang. 56 Teil- gegründet worden. Unter dem Betreute gleichzeitig das Schieds- melte weitere Erfahrungen in der nehmer aus den damals noch Dach des „Leitungsgremiums der richterwesen im Landesmaßstab Organisation und Verwaltung des bestehenden fünf Ländern Meck- demokratischen Sportbewegung“ und gehörte über vier Jahre als Fußballs als Sachbearbeiter beim lenburg, Brandenburg, Sachsen- werden alle Sportaktivitäten in der

28 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Schulz zeigt sich nach wie vor als Gerhard Schulz über der „Unermüdliche“, für den die die richtige Spielleitung Arbeit nie zuviel wird, die Tage aber immer zu kurz sind. Kein Pfeifkonzert des Unparteiischen Am 28. November 1949 beginnt in der Deutschen Sportschule in Leip- zig ein Trainer-Lehrgang, der bis Dem Berliner Journalisten Eber- zum 16. Dezember dauert. Die hard Wittig, der „Gerhard Regelkenntnisse vermittelt selbst- Schulz, dem ewig Lächelnden“ verständlich Gerhard Schulz, Leiter nach dem Spiel BSV 92 gegen der Maßnahme ist der gebürtige eine „sou- Dresdner Helmut Schön. Der spä- veräne Spielführung“ beschei- tere Bundestrainer, 1974 Weltmeis- nigte, diktierte der Schiedsrich- ter mit der DFB-Auswahl, ist der ter-Lehrer eine Grundsatzerklä- erste Cheftrainer der Ostzonen- rung in die Feder: „Die Aufgabe Auswahl. des Schiedsrichters wird von meinen Kollegen leider allzu oft Gerhard Schulz ist mit Feuereifer falsch ausgelegt. Viele behaup- bei der Sache. Er will nicht nur ten oder glauben, sie seien die Schiedsrichter und Trainer schulen, Hauptpersonen auf dem Spiel- sondern auch die Zuschauer. Mit feld. Das ist nach meiner Auf- Hilfe zweier Jugendmannschaften fassung ein Irrtum. Allein die 22 führt er unmittelbar vor Oberliga- Spieler bestimmen den Ablauf Spielen Regelverstöße vor und eines Kampfes. Wir Schiedsrich- kommentiert sie über die Platz- ter müssen nur das richtige Unterbauen - auch da muss der Pfiff kommen. Lautsprecher. „Fußball-Regelkunde Empfinden dafür haben, um uns mit Gerhard Schulz“ steht auf den dann und wann in das Spielge- das neue Regelheft zu korrigieren, Freundschaftsspiel BSV 92 gegen Ankündigungsplakaten der Spiele. schehen für eine Sekunde durch da der Inhalt nicht den internatio- AIK Stockholm pfeifen. Das lehnt er Danach pfeift er das anschließend unseren Pfiff einzuschalten. nalen Fußballregeln entsprach.“ dankend ab, denn das Endspiel stattfindende Punktspiel. Der eigentliche Verfasser, Sparten- geht für ihn natürlich vor. Zumal Es ist nicht schwer, einen Kampf leiter Robert Riedel, ist nicht mehr Gerhard Schulz inzwischen im zu leiten und ihn bei allen zugegen, „er hat sich nach Stutt- Gebiet der zukünftigen DDR ein Grenzfällen zu unterbrechen. Es gart/Westdeutschland abgesetzt.“ hoch anerkannter Fachmann ist. ist jedoch schwer, ein Spiel lau- fen zu lassen, denn in diesem Die Trennung zwischen Ost und Die logische Folge: Er wird am Fall muss der Schiedsrichter West ist allerdings noch längst 1. Juli 1949 hauptamtlich beim über der Situation stehen und nicht so strikt wie in späteren Jah- Deutschen Sportausschuss als individuell handeln. Mir er- ren. Berlin, das die vier Sieger- „Schiedsrichter-Lehrer“ angestellt. scheint letzteres als die Haupt- mächte unter sich aufgeteilt Sein Original-Arbeitsausweis – aus- sache, denn die Zuschauer wol- haben, hat immerhin einen gestellt in Deutsch und Russisch – len kein Pfeifkonzert des Unpar- gemeinsamen Spielbetrieb. Und so befindet sich eingeklebt in der teiischen. Sie wollen nach Mög- kommt es, dass Gerhard Schulz, DFV-Schiedsrichter-Chronik. Drei lichkeit einen Spielfilm sehen, der neben allem, was er sonst zu Monate später wird er sogar Leiter der so wenig wie möglich unter- tun hat, ja auch noch aktiver der aus dem „Spielsport“ inzwi- brochen wird. Je weniger der Schiedsrichter ist, innerhalb von schen herausgelösten Fußballspar- Schiedsrichter eingreifen muss, 14 Tagen in West und Ost wichtige te. Schulz konzipiert im Alleingang umso schöner ist es.“ Spiele leitet. Am 12. Juni 1949 ist er Spiel-, Rechts- und Schiedsrichter- im Berliner Olympiastadion ordnung. Er bastelt den Spielplan DDR gebündelt und zentralistisch Schiedsrichter des Viertelfinals um der gerade ins Leben gerufenen geführt. Der Fußball gehört mit die Westdeutsche Meisterschaft: Oberliga, setzt die Schiedsrichter- Handball, Rugby und Hockey zur Der Berliner SV 92 unterliegt Gespanne an, legt die Strafen für Sparte „Spielsport“. Borussia Dortmund 0:5. Und am des Feldes verwiesene Spieler fest 26. Juni leitet er das Ostzonen-End- und kümmert sich um die offiziel- Es gibt viel zu tun, im Großen und spiel vor 50.000 Zuschauern im len Beobachtungen der Schieds- Ganzen und im Detail. Ein weiteres Heinz-Steyer-Stadion in Dresden: richter. Eine Häufung von Funktio- Zitat aus der DFV-Schiedsrichter- ZSG Union Halle – Fortuna Erfurt 4:1. nen, die heute unvorstellbar ist. Chronik: „Die Schiedsrichterfreunde Schulz und Bigalke, beide aus Für denselben Tag hat er wieder Zwar kommen später noch der Dresden, wurden zum Sportaus- eine Einladung für das Olympiasta- Sachbearbeiter Alfred Helm und Gerhard Schulz als Unter- schuss nach Berlin gebeten, um dion vorliegen. Er soll dort das eine Stenotypistin hinzu, aber mann beim Aufstützen.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 29 Zeitreise

Als die Sparte Fußball im Juli 1950 gehörte zu den besten Schieds- auf eine vor allem personell viel richtern Deutschlands. Schulz breitere Basis gestellt wird, über- konnte einfach alles, er organisier- nimmt der erst 31-jährige Fritz te ein Länderspiel ganz allein, es Gödicke die Leitung im „Fachaus- klappte alles. Er arbeitete Tag und schuss Fußball“, wie die Sparte Nacht. Man sagt ihm nach, dass er jetzt heißt. Er ist selbst noch Akti- des Öfteren im Büro in Berlin-Pan- ver und gewinnt mit Chemie Leip- kow nach umfangreicher Arbeit zig 1951 die DDR-Meisterschaft. sich in einen Teppich einwickelte Gerhard Schulz wird sein Stellver- und im Zimmer übernachtete.“ treter und kann sich nun als Vor- sitzender der neu gegründeten Es ist durchaus ein (notwendiges) Schiedsrichter-Kommission wieder Zeichen der Zeit, dass Funktionäre intensiver mit seiner eigentlichen zugleich noch Aktive sind – wie Aufgabe als Schiedsrichter-Lehrer Schulz und Gödicke. Umso mehr und seiner Karriere als Aktiver muss man aus heutiger Sicht stau- beschäftigen. Dass er vorher noch nen, wie sie ihre vielfältigen Auf- „schnell“ das Statut des Fachaus- gaben bewältigt haben: Spiele, schusses Fußball erarbeitet hat, Training, Lehrgänge, Sitzungen, versteht sich von selbst. häufige Ortswechsel. Dazu schwie- rige Verkehrsverhältnisse, kaum Über diese Anfangszeit des organi- Telefonleitungen, von den Möglich- sierten Fußballs in der DDR keiten der heutigen Kommunika- schreibt Fritz Gödicke in seinen tion ganz zu schweigen. Erinnerungen: „Gerhard Schulz, ein mit allen Wassern gewaschener *** Funktionär, schon viele Jahre im 5. August 1950 leitet er in der Sport- Plakat für ein Oberligaspiel in Fußballsport tätig, ging vollkom- Aber so etwas ficht Gerhard Schulz schule Greiz (Thüringen) drei Lehr- Brieske-Ost (Niederlausitz) men für diese Aufgabe auf. Er nicht an: Zwischen dem 17. Juli und gänge hintereinander – für 28 Nach- samt Ankündigung der wuchs-Schiedsrichter, für 57 Unpar- Regelkunde mit Gerhard teiische der 2. Liga und für die 41 Schulz, der dann am Mikrofon Oberliga-Schiedsrichter. die Szenen erläuterte.

Eine Mammutaufgabe, die er offen- sichtlich mit Freude bewältigt. Die „Neue Fußball-Woche“ (FuWo) berichtet ausführlich über den Ablauf des sechstägigen Lehrgangs mit dem Nachwuchs. Der Autor des Berichts begrüßt vor allem die Hin- wendung zur Praxis: „Man war end- lich einmal von der Methode einer Fragebogenprüfung abgegangen und beschränkte die Theorie auf ein möglichst geringes Maß.“ Die findet kurz und knapp am Vormittag statt, während der gesamte Nachmittag auf dem Sportplatz mit praktischen Spielsituationen verbracht wird: „Was gab es da nicht noch alles zu lernen: Zu sehr neigte man dazu, gemäß den Buchstaben der Regeln und nicht gemäß ihrem sportlichen Inhalt zu amtieren. Das war es aber, worauf Gerhard Schulz sein Haupt- Ende des Lehrgangs, so schreibt es augenmerk richtete.“ der Berichterstatter der FuWo, „ver- abschiedeten sie sich dankbar von Abends berichtet der Schiedsrich- ihrem Freund und Lehrer Gerhard ter-Lehrer dann aus dem reichen Schulz, der ihnen in diesen Tagen 1952: Fritz Gödicke, Präsident der Sektion Fußball und Wegge- Schatz seiner Erfahrungen und gibt so unendlich viel gegeben hatte.“ fährte von Gerhard Schulz, gratuliert Herbert Schoen von der den jungen Leuten wichtige Finger- Bei solchen Lehrgängen ist Schulz SG VP Dresden zum Gewinn des FDGB-Pokals. zeige für ihre Spielleitungen. Am in seinem Element. Niemand kann

30 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Franz Herz und die DDR-Schiedsrichter-Chronik ihm zu dieser Zeit reinreden, nie- Eine einmalige mand macht ihm Vorschriften. Die Fundgrube fünf Mitglieder seiner Schiedsrich- ter-Kommission sind als Vorsitzende Im Jahr 2001 hat Franz Herz das ihrer jeweiligen Landes-Schieds- Archiv des 1990 gegründeten Nord- richter-Ausschüsse schon ausrei- ostdeutschen Fußballverbandes chend beschäftigt. Gerhard Schulz unter seine Fittiche genommen. hat nun den Status eines Souve- Darin enthalten ist vor allem das räns, der um sein Können weiß, und Erbe des Deutschen Fußball-Ver- es gerade deshalb nicht zu Demons- bandes der DDR: „Ich möchte das trationen besseren Wissens nutzt. bewahren, was vom DFV noch vor- handen war.“ Herz, bis zur Wende Fritz Gödicke kennt das enorme Büroleiter im DFV-Generalsekreta- Fußball-Wissen von Gerhard Schulz riat, hat von daher natürlich einen ja auch aus eigenem Erleben als besonderen Bezug zu den Akten Franz Herz erläutert SRZ-Autor Lutz Lüttig den Aufbau der Spieler und lässt ihm freie Hand. und Dokumenten, die in einem beeindruckenden Chronik. Gödicke ist seit Ende 1950 „Präsi- Raum der NOFV-Geschäftsstelle in dent“ des nun „Sektion Fußball der der Fritz-Lesch-Straße in Berlin- diese insgesamt 744 Seiten zu DDR- DDR“ genannten Teils der „demo- Hohenschönhausen lagern. Zeiten erstellt. Eine bewunderns- kratischen Sportbewegung“ und werte Arbeit, zumal die Autoren die sicherlich froh, dass er wenigstens Zunächst wurden die Unterlagen erläuternden Texte auf den überdi- im Schiedsrichter-Bereich Ruhe hat. von ihm systematisch geordnet: mensional großen Seiten (55 x 35 „Wir bekommen nach wie vor Zentimeter) in einer feinen Block- Denn von „demokratisch“ kann man regelmäßig Anfragen von Wissen- schrift mit der Hand verfertigt immer weniger sprechen, die Einmi- schaftlern, Studenten und Ama- haben. schungen von „oben“ werden stär- teur-Historikern, die sich mit ker. So wird zum Beispiel 1951 die bestimmten Aspekten des DDR- Diese unvergleichliche Material- Oberliga-Abstiegsregelung, die Fritz Fußballs beschäftigen. Manchmal sammlung haben der ehemalige Gödicke mit seinen Präsidiumskol- geht es lediglich um Ergebnisse FIFA-Schiedsrichter Dr. Klaus legen festgelegt hatte, von der Lei- und Schreibweisen von Namen, Scheurell (Wusterhausen) und Wolf- tung des Deutschen Sportausschus- manchmal aber auch um die Ein- gang Henning aus Rostock (1977 bis ses auf SED-Weisung einfach außer schätzung von komplexen Vorgän- 1991 Oberliga-Schiedsrichter) ver- Kraft gesetzt. Der Grund: Drei Berli- gen“, erzählt der 73-Jährige, der Blau mit goldenen Lettern - dichtet und im Jahr 2005 als 242 ner Mannschaften stehen am Saison- lange Zeit in der Armeesportverei- die Chronik-Bände haben Seiten starkes Buch herausge- ende auf Abstiegsplätzen. Zwei der nigung Vorwärts tätig war, bevor ihren Platz in einem gesi- bracht. Absteiger werden umbenannt und er zum DFV kam. Seine Motivation cherten Stahlschrank. müssen wieder in die Oberliga ein- für den ehrenamtlichen Einsatz: Wer sich für diese in ihrer Art ein- gereiht werden. Schließlich darf die „Es wird vieles, was im Sport und Ereignissen im Schiedsrichterwe- malige „Fundgrube“ des DDR-Fuß- „Hauptstadt der DDR“ in den Augen im Fußball der DDR geschah, zu sen der DDR. Gerhard Hannke balls interessiert: Das Buch ist für der politischen Führung keine ober- pauschal be- und verurteilt. Des- (Rostock, für die Jahre 1948 bis 19,95 Euro erhältlich beim Landes- liga-freie Zone sein. halb ist es notwendig und loh- 1967), Kurt Klengel (Dresden, 1967 fußballverband Mecklenburg-Vor- nenswert, die Dinge so darzustel- bis 1977) und Dieter Scheffel pommern, Grubenstraße 48, 18055 Dass der Fußballer Gödicke da mit len, wie sie waren und in den rich- (Elsterberg/Vogtland, ab 1977), Rostock. Telefon: 0381-128550. den Zähnen knirscht, ist leicht vor- tigen Zusammenhang zu stellen.“ alle selbst Schiedsrichter, haben Mail: [email protected] stellbar. Und auch für Gerhard Schulz wird die Arbeit als Schieds- Wer sich näher informieren will: richter-Chef schwieriger. Er neige Unter www.nofv-online.de kommt zum „Individualismus“ wird ihm man über den Link „Verband“ zum vorgeworfen und müsse „Reste Archiv. kleinbürgerlicher Denkweisen über- winden“. ■ Gleich gegenüber dem Eingang zum diesem Archiv liegen in einem extra verschlossenen Metall- Im zweiten Teil: schrank sechs große blaue Alben. O 50 Stunden bis nach Bukarest: Sie stellen ein besonderes Kleinod Gerhard Schulz leitet als erster der DFV-Hinterlassenschaft dar: DDR-Schiedsrichter ein WM- eine Schiedsrichter-Chronik der Qualifikationsspiel. Jahre 1948 bis 1991. O Intrige? Schulz tritt als Funktionär zurück. Ranglisten, Fotos, Zeitungsaus- O Erfolge als Jugendleiter schnitte zeugen Spieljahr für Spiel- Archivar Franz Herz mit der Buchausgabe der ungewöhn- beim ASK Vorwärts Berlin. jahr von den Entwicklungen und lichen Schiedsrichter-Chronik.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 31 Aus den Verbänden

Waltersbühl in Wangen/Allgäu für Karl-Heinz Klein begann seine Württemberg den wfv tätig. Schiedsrichter-Karriere 1963 und leitete im Laufe der Zeit Spiele bis Im Zuge seiner ehrenamtlichen zur höchsten Amateurklasse. 1975 Tätigkeiten erhielt Fritz Seiler die wurde er zum Schiedsrichter- wfv-Schiedsrichter-Ehrennadel in Obmann des Kreises Düsseldorf Gold, die DFB-Verdienstnadel und gewählt, 1992 zum Bezirks-Schieds- die Ehrennadel des Landes Baden- richter-Obmann des Bezirks Berg- Württemberg. Mark. Damit gehörte er auch dem Verbands-Schiedsrichter-Aus- Heiner Baumeister schuss an. Zudem war er als Beob- Tobias Altehenger achter bis zur Regionalliga tätig. Er war ebenfalls Mitbegründer der Ein zentraler Punkt war dabei die Südbaden Verbands-Zeitschrift „Schiedsrich- Frage nach Persönlichen Strafen in ter im FVN“. den „Grauzonen“ des Regelwerks. Sechs Jahrzehnte Dabei stießen die Gastreferenten Schiedsrichter Für sein ehrenamtliches Wirken auf sehr positive Resonanz unter und seine Verdienste um das den Teilnehmern. „Natürlich ist es Trauer um Fritz Seiler Ein seltenes Jubiläum konnte kürz- Schiedsrichterwesen ist Karl-Heinz auch für die Schiedsrichter aus lich Helmut Gänssle vom FC Kon- Klein mit der goldenen Ehrennadel dem eigenen Kreis schön, mal Der Württembergische Fußballver- stanz feiern: Seit 60 Jahren ist er des Fußballverbandes Niederrhein neue Gesichter zu sehen“, freute band (wfv) trauert um Fritz Seiler, Mitglied der Schiedsrichter-Verei- ausgezeichnet worden. sich Bernhard Plützer, Vorsitzen- der im Alter von 83 Jahren ver- nigung Bodensee. der des Euskirchener Kreis- storben ist. Boris Guzijan Schiedsrichter-Ausschusses, über Bereits 1951 legte er die Schieds- den Kölner Besuch. „Wenn dann Mit Fritz Seiler verliert der wfv richterprüfung ab und war von noch eine so angeregte und kon- einen Freund des Fußballs, der sei- 1953 bis 1956 Obmann der Konstan- Mittelrhein struktive Diskussion entsteht, ist nem Sport mit großer Leidenschaft zer Unparteiischen. Später war er diese Maßnahme zweifelsohne verbunden war. Der erste Bundes- noch Lehrwart und Beisitzer im Konflikte präventiv umgehen gelungen.“ liga-Schiedsrichter aus Württem- Bezirks-Schiedsrichter-Ausschuss berg war zwischen 1966 und 2005 Bodensee. 1962 wurde der gebürti- Unter dem Motto „Mehr als Auch der Leiter des Perspektivka- für den Württembergischen Fuß- ge Schwarzwälder erstmals in den Regeln“ haben die Schiedsrichter ders, Markus Müller, der die beiden ballverband ehrenamtlich tätig. Schiedsrichter-Ausschuss des Süd- des Perspektivkaders des Fußball- Gastreferenten in die Eifel beglei- badischen Fußballverbandes Verbandes Mittelrhein (FVM) tet hatte, war angetan: „Der Auf- Fritz Seiler legte 1952 im Alter von gewählt, in dem er bis 1977 als begonnen, Weiterbildungen außer- takt in dieses attraktive Projekt 25 Jahren die Schiedsrichter-Prü- Lehrwart und als Beobachterwart halb ihrer Heimatkreise durchzu- hat prima funktioniert. Ich denke, fung ab und leitete zwischen 1963 tätig war. 1977 wurde er zum führen. die anderen Kreise können sich auf und 1974 Spiele in der höchsten Ehrenmitglied der Schiedsrichter- die nächsten Weiterbildungen freu- deutschen Spielklasse. Darüber Vereinigung Bodensee ernannt. „Ziel dieser Schulungsserie ist es en.“ hinaus pfiff er auch internationale unter anderem, in Zukunft wieder Partien; so zum Beispiel die Begeg- Im Rahmen des Konstanzer Lehr- ein besseres Verhältnis zwischen Die Schiedsrichter des Perspektiv- nung Schottland – Italien im Glas- abends, den der heute 87-Jährige Spielern und Schiedsrichtern zu kaders hatten die Erarbeitung der gower Hampden Park vor mehr als immer noch regelmäßig besucht, etablieren und Spielleitungen mit Schulung bei ihrer alljährlichen 100.000 Zuschauern. wurde Helmut Gänssle für seine weniger Persönlichen Strafen zu Seminarfahrt ins Berchtesgadener 60-jährige Mitgliedschaft in der ermöglichen. Durch den Austausch Land unter Mitwirkung des FVM- Den Einstieg ins Ehrenamt fand Schiedsrichter-Vereinigung Boden- von Referenten soll außerdem die Vizepräsidenten Dr. Stephan Osna- Fritz Seiler zunächst als Beisitzer see durch Bezirks-Schiedsrichter- gemeinsame Lehrarbeit unter- brügge begonnen und kurz vor der der Schiedsrichter-Gruppe Waiblin- Obmann Harry Ehing und Gruppen- stützt werden“, erklärte B-Junio- Sommerpause zum Abschluss gen (1966 bis 1970). Sechs Jahre Obmann Stefan Teufel besonders ren-Bundesliga-Schiedsrichter gebracht. lang war er zwischen 1968 und 1974 geehrt. Tobias Altehenger, der gemeinsam als Schiedsrichter-Lehrwart und mit seinem Kölner Kollegen Mario Bernd Peters -Beobachter tätig. Zwischen 1976 Karl-Heinz Arnold Heller den Anfang machte. und 1982 war Fritz Seiler Vorsitzen- der des Sportgerichts im neu Bei zwei Weiterbildungen im Kreis gegründeten Bezirk Rems/Murr, Euskirchen besprachen sie mit den Niedersachsen dessen Vorsitz er 1982 übernahm. Niederrhein Schiedsrichtern aus der Eifel Stra- 15 Jahre lang leitete der gebürtige tegien, die dazu dienen könnten, Holger Waldmann gestorben Heilbronner die Geschicke des Karl-Heinz Klein gestorben Konflikte vor oder in Spielleitun- Bezirks, bevor er sein Amt an gen präventiv zu umgehen – oder, Holger Waldmann aus Wietmar- Alfred Hoffmann übergab. Zwischen Die Schiedsrichter am Niederrhein falls sie unvermeidbar sind, mit schen-Lohne (Kreis Bentheim) ist 1988 und 2005 war der Industrie- trauern um Karl-Heinz Klein, der im dem entsprechenden Rüstzeug im Alter von 46 Jahren plötzlich meister als Seminarleiter im Hotel Alter von 69 Jahren gestorben ist. aufzulösen. verstorben.

32 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 Er war Schiedsrichter seit 1979, Schiedsrichter habe er in dieser pfiff ab der Saison 1987/1988 auf Zeit in der Sportschule des NFV Verbandsebene und ab der Saison betreut, so der 1941 geborene 1989/1990 auf norddeutscher Funktionär. Zusätzlich zur Arbeit in Ebene. Barsinghausen kam eine jahrzehn- telange Tätigkeit als Lehrwart im DFB-Schiedsrichter wurde Wald- Kreis Göttingen und im Bezirk mann in der Saison 1992/1993. Braunschweig. Beim DFB war er als Assistent in der Bundesliga und 2. Bundesliga Im Rahmen einer offiziellen Verab- im Einsatz. Zwei Begegnungen lei- schiedung wies Wolfgang Mierswa, tete er in der 2. Liga. Als Assistent der Schiedsrichter-Obmann des der ehemaligen FIFA-Referees Mar- NFV, auf die Fachkompetenz, die kus Merk und Hartmut Strampe absolute Zuverlässigkeit und das wurde Holger Waldmann zwei Mal hohe soziale Engagement des 70- international eingesetzt. Im Jahr Ehrungen verdienter Referees bei der außerordentlichen Jahresver- Jährigen hin. Diese Kompetenzen, 2000 endete sein Engagement auf sammlung der Hildesheimer Schiedsrichter-Vereinigung (von links): die Waldemar Maier auch außerhalb der DFB-Ebene. Ehrenvorsitzender Walter Horstmann, Schiedsrichter-Obmann Wilhelm der Schiedsrichterarbeit in zahlrei- König, Gernot Seiler, Friedel Münzberger, Walter Klußmann und Karl-Heinz chen anderen gesellschaftlichen Waldmann leitete 81 Spiele in der Warczok. Bereichen gezeigt habe, hätten Oberliga Nord. Nach seiner aktiven schließlich dazu geführt, dass ihm Karriere wurde er beim Norddeut- dienstnadel des Niedersächsischen klassen Unparteiische ausbildete, im Oktober 2004 das Bundesver- schen Fußball-Verband als Schieds- Fußballverbandes ausgezeichnet. gibt das Schiedsrichter-Urgestein dienstkreuz verliehen wurde. richter-Beobachter eingesetzt. Im Warczok wurde zudem noch für aus Friedland in diesem Jahr sein NFV-Kreis Bentheim war er zunächst 40-jährige Mitgliedschaft in der Amt ab. Mehr als 5.000 junge Günther Thielking Schiedsrichter-Lehrwart und spä- Schiedsrichter-Vereinigung geehrt. ter Kreis-Schiedsrichter-Obmann. Friedel Münzberger erhielt die Ver- dienstnadel des NFV. Reiner Kramer Der kommissarische Vorsitzende der Hildesheimer Schiedsrichter, Walter Horstmann Walter Klußmann, dankte allen Ehrenvorsitzender Aktiven, die zum guten Gelingen der Feier anlässlich des 90-jähri- Der langjährige Bundesliga- und gen Bestehens der Vereinigung in FIFA-Schiedsrichter Walter Horst- diesem Jahr beigetragen haben. mann aus Nordstemmen ist in einer außerordentlichen Mitglie- Burghard Neumann LEHRBILD derversammlung der Hildesheimer Schiedsrichter-Vereinigung einmü- 30 Jahre tig zum Ehrenvorsitzenden Schiedsrichter-Lehrwart ernannt worden. „Florian Meyer hat mir noch als Sichtlich gerührt nahm der lang- Jungschiedsrichter mal geholfen, jährige Referee, der von 1969 bis einen Film zur Regel 12 auf eine 1981 den Hildesheimer Unpartei- Super-8-Filmrolle zu spulen. Die ischen vorstand, die Auszeichnung Rolle war mir runtergefallen und entgegen: „Für mich ist es eine danach schlängelten sich mehrere hohe Ehre und zeigt meine tiefe hundert Meter Celluloid auf dem Verbundenheit zur Schiedsrichter- Boden des Vorführraums in der Vereinigung und zu den Schieds- Sportschule Barsinghausen.“ richter-Kameraden“, betonte Horstmann und erinnerte an die Mit einem Schmunzeln erinnerte schönen und erlebnisreichen Stun- sich Waldemar Maier in diesen den im Laufe seiner Zugehörigkeit. Tagen an eines der zahlreichen Erlebnisse seiner nun 30jährigen Im Verlauf der Versammlung Tätigkeit als Schiedsrichter-Lehr- KOPF ZU TIEF wurden weitere verdiente aktive wart im Niedersächsischen Fuß- Bei einem solchen Versuch eines Flugkopfballs gefährdet sich Schiedsrichter geehrt. Gernot Sei- ballverband (NFV). Nach rund 180 der Spieler selbst. Zudem erzwingt er mit dieser Aktion die ler und Karl-Heinz Warczok wurden Lehrgängen, in denen er vom Rücksichtnahme seines Gegenspielers – indirekter Freistoß für für 40-jährige Schiedsrichter- Jungschiedsrichter bis zum Spit- den rechten Spieler. Tätigkeit mit der goldenen Ver- zenmann in sämtlichen Leistungs-

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Herausgeber: Deutscher Fußball-Bund e.V., Frankfurt am Main Vorschau 1/2012 Redaktion: Klaus Koltzenburg Die Ausgabe Januar/Februar 2012 erscheint am 15. Dezember 2011. Lutz Lüttig

Gestaltung, Satz und Druck: Aktion kuper-druck gmbh, (PEFC/04-31-1514) Eduard-Mörike-Straße 36, 52249 Eschweiler, „Danke, Schiri!“ – Telefon 0 24 03 / 94 99 - 0, Fax 0 24 03 / 949 949, Treffen der Gewinner E-Mail: [email protected] in Hannover Anzeigenleitung: kuper-druck gmbh, Franz Schönen Zurzeit ist die Anzeigenpreisliste In drei Kategorien haben die 21 Landesverbände vom 1. 1. 2002 gültig. ihre „Schiedsrichter des Jahres“ ernannt und Erscheinungsweise: dem Deutschen Fußball-Bund gemeldet. Gemein- Zweimonatlich. sam mit Sponsor DEKRA hat der DFB die 63 Jahresabonnementspreis 15,– Euro. Preisträger nach Hannover eingeladen. Höhe- Lieferung ins Ausland oder per Streifband punkt der „Danke, Schiri!“-Veranstaltung ist der auf Anfrage. Abonnementskündigungen Besuch des Bundesliga-Spiels Hannover 96 sind sechs Wochen vor Ablauf des gegen Schalke 04. David Bittner und Marco berechneten Zeitraums dem Abonnements- Haase berichten für die Schiedsrichter-Zeitung. Vertrieb bekannt zu geben. Zuschriften, soweit sie die Redaktion betreffen, sind an den Deutschen Fußball- Bund e.V., Otto-Fleck-Schneise 6, Service 60528 Frankfurt am Main, [email protected], zu richten. Sechs Fragen – Vertrieb: sechs Antworten kuper-druck gmbh, Eduard-Mörike-Straße 36, 52249 Eschweiler, Wer anderen erzählt, dass er Fußball- Telefon 0 24 03 / 94 99 - 0, Schiedsrichter ist, erntet häufig Respekt Fax 0 24 03 / 949 949, dafür, sich einer solchen Aufgabe zu stel- E-Mail: [email protected] len. Und muss oft die Fragen interessier- Nachdruck oder anderweitige Verwendung ter Laien beantworten. Zum Beispiel: der Texte und Bilder – auch auszugsweise Warum wird nicht einfach jedes Handspiel und in elektronischen Systemen – nur mit gepfiffen? Warum ist nicht jedes Abseits schriftlicher Genehmigung und Urheberver- strafbar? Die Schiedsrichter-Zeitung lie- merk. Absicht oder Versehen? Wäre es nicht fert Argumente für die Antworten auf die besser, Handspiel immer zu bestrafen? sechs häufigsten Fragen dieser Kategorie. Die DFB-Schiedsrichter-Zeitung wird auf PEFC-zertifiziertem Papier gedruckt. Lehrwesen Ein Spiel pfeifen oder leiten? ABO Fachleute machen einen Unterschied bequem per E-Mail: zwischen einem Schiedsrichter, der ein [email protected] Spiel nur pfeift und einem, der ein Spiel leitet. Was ist damit gemeint? Reicht es nicht, wenn der Unpartei- ische einfach alles abpfeift, was aus Bildnachweis seiner Sicht regelwidrig ist? Der Lehr- ARD, D. Bittner, Fishing 4, Getty, D. Hennig, brief Nr. 40 erläutert, warum der Imago, Sky, G. Thielking, O. Winter, H. Wrane- Begriff „Taktik“ beileibe nicht nur schitz, ZDF etwas für Trainer und Spieler ist.

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