SCHIEDSRICHTER ZEITUNG 03 OFFIZIELLES MAGAZIN DES DEUTSCHEN FUSSBALL-BUNDES 2018 MAI / JUNI

Titelthema Report Lehrwesen Online FUSSBALL-WM KOMMUNIKATION THEMA MEHR IN RUSSLAND TRAINIEREN FREISTOSS TRANSPARENZ ist einer Obleute-Fortbildung für Der Inhalt des neuen -Schiedsrichter von 36 Schiedsrichtern die „Manager an der Basis“ DFB-Lehrbriefs Nr. 78 erklären ihre Entscheidungen HERE TO CREATE adidas.de/fussball

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EDITORIAL INHALT

TITELTHEMA LIEBE LESERINNEN 4 Mister 100 Prozent UND LESER, Felix Brych vor der WM in Russland 10 Zwei Lauterer auf Rekordjagd die Saison 2017/2018 befindet sich auf der Zielgeraden. Deutsche Schiedsrichter in der Im zurückliegenden Winter hatten wir im Amateur- WM-Historie bereich witterungsbedingt viele Spielausfälle zu ver- zeichnen, sodass oftmals unter der Woche angesetzt PANORAMA werden musste. Dies bedeutete einen zusätzlichen Auf- 12 DFB und DEKRA bleiben Partner wand für die Schiedsrichter und auch für die Ansetzer, wofür ich allen herzlich danken möchte. LEHRWESEN 14 Thema Freistoß Danke sagen wollen wir von der DFB-Schiedsrichter- Der Inhalt des aktuellen Kommission Amateure auch mit unserer Aktion „Danke DFB- Lehrbriefs Schiri.“: Von den Kreisen über die Bezirke bis in die ▼ 21 Landesverbände fanden tolle Ehrungsveranstaltun- REGEL-TEST HELMUT GEYER, gen zusammen mit unserem Partner DEKRA statt. 16 Vergehen beim Strafstoß VORSITZENDER DER DFB-SCHIEDSRICHTER- Die 63 Preisträger aus den Landesverbänden werden ANALYSE KOMMISSION am 5. Mai 2018 zur Ehrungsveranstaltung des DFB in 18 Länger immer, kürzer nimmer AMATEURE Dortmund zusammenkommen und dort das Bundesliga- Situationen zum Thema Spiel gegen den 1. FSV Mainz 05 im Nachspielzeit Signal Iduna Park besuchen. Und die Unparteiischen dieses Spiels werden dann bei der Ehrungsgala am Abend unsere Gäste sein. Wertschätzung für die vielen ONLINE Schiedsrichter an der Basis zu geben – das ist das Ziel dieser Aktion. 23 Mehr Transparenz Neue Rubrik auf DFB.de Die Obmann-Tätigkeit in einer Schiedsrichter-Vereinigung ist eine Führungs- aufgabe, die vielfältige Fähigkeiten erfordert. Denn unsere Gruppen zeichnen REPORT sich aus durch die Heterogenität ihrer Mitglieder: Jung und Alt, Hobby-Schieds- 25 Kommunikation trainieren richter und Spitzen-Schiedsrichter, Menschen verschiedener Nationalitäten und Besuch einer Obleute-Fortbildung mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen gehören dazu. 28 „Echte Manager an der Basis“ Ein Ziel des DFB-Masterplans 2016-2019 ist deshalb die Qualifizierung unserer Interview mit Udo Penßler-Beyer Schiedsrichter-Obleute. Kommunikation, Gesprächsführung, Konfliktmanage- ment sowie der Umgang mit modernen Medien und die gesamte Organisation PORTRÄT sind wichtige Themen, die bei unseren Weiterbildungen geschult und trainiert 31 Abschied vom DFB werden. Marco Haase hat eine solche Schulung in Bremen besucht und berich- Helga Müller verlässt Schiedsrichter- tet in dem vorliegenden Heft darüber. Abteilung

Dass sich Sorgen und Probleme der Verantwortlichen im Schiedsrichter-Bereich AUS DEN VERBÄNDEN auch über die Landesgrenzen hinweg ähneln, hat mir im Übrigen meine Teil- 32 Schiedsrichter-Praktikum trägt nahme an der Obleute-Tagung des Schweizerischen Fußballverbandes (SFV) in erste Früchte Seelisberg gezeigt. Dort beschäftigte man sich mit den gleichen Fragestellun- gen wie bei uns: Auch bei unseren Nachbarn geht es unter anderem darum, VORSCHAU dass an der Basis nicht genügend Spielleiter zur Verfügung stehen und die 34 Abschluss von „Danke Schiri.“ Werbung um Nachwuchs sich als schwierig gestaltet. in Dortmund

Wie mein Kollege Claudio Bernold aus der Schweiz verspreche ich mir von einer engen Zusammenarbeit wertvolle Impulse unter dem Motto „Lerne vom Nach- barn“. Wie dies funktionieren kann, zeigt die Zusammenarbeit der deutschspra- chigen Lehrwarte, welche wir seit Jahren praktizieren. Dies wurde vom Präsi- SCHIEDSRICHTER denten der Schiedsrichter-Kommission des SFV, Markus Hug, ausdrücklich ZEITUNG 03 OFFIZIELLES MAGAZIN DES DEUTSCHEN FUSSBALL-BUNDES 2018 MAI / JUNI bestätigt.

Die Saison geht jetzt in ihre entscheidende Phase. Dies stellt hohe Anforde- rungen an alle Unparteiischen. Für die anstehenden Spielleitungen wünsche ich daher viel Erfolg! Die Schiedsrichter- Euer Zeitung gibt es auch Titelthema Report Lehrwesen Online FUSSBALL-WM KOMMUNIKATION THEMA MEHR IN RUSSLAND TRAINIEREN FREISTOSS TRANSPARENZ Felix Brych ist einer Obleute-Fortbildung für Der Inhalt des neuen Bundesliga-Schiedsrichter zum Download auf von 36 Schiedsrichtern die „Manager an der Basis“ DFB-Lehrbriefs Nr. 78 erklären ihre Entscheidungen www.dfb.de TITELTHEMA 4 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018 MISTER 100 PROZENT

Im Hause Brych fällt der Sommer urlaub aus. Der „Welt- Schiedsrichter des Jahres“ ver- tritt die DFB-Schiedsrichter bei der Welt meisterschaft in Russ- land. Sein Erfolgsgeheimnis? Professionalität und Akribie.

TEXT Tobias Altehenger 5

as ist denn los, was geht denn ab? Simon, wenn du ihn berührst, dann ist Foul. Aber ohne Scheiß: W Was geht denn ab jetzt hier, Jungs?“ Simon Zol- ler zuckt nur mit den Schultern. Der Stürmer des 1. FC Köln hat Torhüter René Adler im Strafraum bedrängt, anschlie- ßend hat sich eine kleine Spielertraube gebildet. Der Moment für den Schiedsrichter, einzugreifen, ist gekom- men – und Dr. Felix Brych hat ihn nicht verpasst. Der Münchner ist sofort nah am Geschehen, beruhigt die Lage, spricht mit den Spielern, setzt Grenzen.

Diese Szene ist eine der ersten aus der Reportage „The Referee“, die vor zwei Jahren im thailändischen Fernse- hen gelaufen und die heute – freundlicherweise mit englischer Synchronisation – im Internet zu finden ist. Eine Reportage, in der es um einen ganz bestimmten deutschen Schiedsrichter geht. Den Besten. Sie bietet eine der wenigen Möglichkeiten, nicht nur dem Schieds- richter, sondern – jedenfalls in einigen Momenten – auch dem Menschen Felix Brych näherzukommen und zu ver- Schon vor vier Jahren durfte Felix Brych an einer WM teilnehmen: In Brasilien leitete er stehen, wie er es geschafft hat, so erfolgreich zu werden. zwei Gruppenspiele, zunächst das Duell Costa Rica gegen Uruguay … Zu verstehen, welch große Rolle Akribie dabei gespielt haben muss. Brych beim Training. Brych bei der Spiel- vorbereitung, bei der Physio, beim Videostudium.

Brych ist als Abteilungsleiter beim Bayerischen Fuß- ball-Verband zwar kein Profi-Schiedsrichter, trotzdem wird in der Dokumentation klar: Der Mann ist Profi durch und durch. „Wenn ich etwas mache, dann mache ich es zu 100 Prozent“, hat Brych vor vier Jahren gesagt, als er zum ersten Mal für eine Weltmeisterschaft nomi- niert war. Das gilt auch im Jahr 2018 noch, heute viel- leicht sogar umso mehr.

TEAM BRYCH UND TEAM LÖW

Rückblick. Die WM 2014 in Brasilien war die erste für Felix Brych und sein Team, nachdem er 2012 bereits bei den Olympischen Spielen in London und 2013 beim Confederations Cup in Brasilien zum Einsatz gekommen war. Während sich die deutsche Nationalmannschaft aber während des Turniers in einen Rausch spielte, hieß … und ein paar Tage später auch noch das Spiel Belgien gegen Russland. es für das zweite deutsche Team im Wettbewerb, das „Team Brych“, schon nach der Vorrunde: Koffer packen.

Eine Entscheidung, die damals nicht jeder nachvollzie- hen konnte, da Brych insbesondere bei seiner allerers- ten WM-Partie überhaupt, der Begegnung zwischen Costa Rica und Uruguay, eine glänzende Leistung gezeigt hatte. Sein damaliger Chef kritisierte daher seinerzeit auch die FIFA für die allzu rasche Abbe- rufung, während Brych gewohnt diplomatisch zu Pro- tokoll gab: „Natürlich ist es schade, dass das Turnier für uns jetzt vorbei ist. Aber für mein Team und mich war die WM in Brasilien dennoch eine besondere Erfahrung und der bisherige Höhepunkt unserer Schiedsrichter- Karriere. Wir fahren mit einem guten Gefühl nach Hause.“

Nun, vier Jahre später, bietet sich die Gelegenheit, bei seiner zweiten WM länger am Geschehen mitzuwirken und womöglich mit einem noch besseren Gefühl und etwas später nach Hause zu fahren – natürlich immer unter der Voraussetzung, dass das „Team Löw“ dies durch Bei der EM in Frankreich pfiff der deutsche Referee unter anderem das Spiel Polen gegen zu gute Leistungen nicht verhindert. Portugal. TITELTHEMA 6 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018

Als dritter Deutscher überhaupt wurde Felix Brych 2017 als VIER ERFOLGREICHE JAHRE „Welt-Schiedsrichter“ ausgezeichnet. Seit dem Sommer in Brasilien sind für Felix Brych vier erfolgreiche Jahre vergangen: Das DFB-Pokalendspiel 2015 zwischen Borussia Dortmund und dem VfL Wolfs- burg war das erste große Highlight zwischen den bei- den Weltmeisterschaften, es folgten drei Einsätze bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich und schließ- lich, im Jahr 2017, das Finale der Champions League zwischen Real Madrid und Juventus Turin, in dem Brych unaufgeregt und geräuschlos agierte und nie in den Fokus der Kritik geriet – insbesondere in einem Wett- bewerb wie der Champions League das wohl größte Kompliment für einen Schiedsrichter.

Diese durch und durch erfolgreiche Zeit wurde auch bei den Verbänden registriert: Vom DFB wurde Felix Brych 2015 und 2016 zum „DFB-Schiedsrichter des Jahres“ gekürt, 2017 schließlich machte ihn die IFFHS (Interna- tional Federation of Football History & Statistics) zum „Welt-Schiedsrichter des Jahres“ – eine Ehrung, die zuvor erst zwei andere deutsche Schiedsrichter (nämlich Finale der Dr. und ) entgegenneh- Königsklasse: 2017 men durften. leitete der Münchner das Endspiel der Champions League Heute sagt Brych über diese Auszeichnung: „Ich habe zwischen Real Madrid mein Glück damals kaum fassen können, habe mich und Juventus Turin. aber natürlich riesig über diese Anerkennung gefreut. 7

Eigentlich war es aber eine Auszeichnung für mein gan- zes Team. Ich habe mich daher bei meinen langjährigen Assistenten Mark Borsch und Stefan Lupp sowie meinen BRYCHS Torrichtern und für ihre tolle Unterstützung bedankt.“ ASSISTENTEN

WIR SIND EIN: TEAM! Mark Borsch Geboren am: 16. März 1977 Eben diese langjährigen Assistenten, Mark Borsch und Wohnort: Mönchengladbach Stefan Lupp, werden Felix Brych auch bei der WM 2018 Landesverband: Niederrhein in Russland wieder an den Seitenlinien unterstützen. Für Verein: BV Grün-Weiß Mönchengladbach den „Welt-Schiedsrichter“ ein nicht zu unterschätzender Beruf: Polizeibeamter Wohlfühlfaktor: „Natürlich ist es extrem wichtig, wenn Größe: 1,84 Meter man seit Jahren so vertraut zusammenarbeitet wie ich Hobbys: Beach-Volleyball, Klettern mit Mark und Stefan. Wir kennen uns inzwischen natür- Bundesliga-SR-Assistent: seit 2006 lich ziemlich gut und wissen genau, wie der jeweils FIFA-SR-Assistent: seit 2008 andere tickt und was er braucht, um die bestmögliche Performance abzuliefern.“

Durch die Entscheidung der FIFA, bei der WM 2018 auf den Videobeweis zu setzen, könnte das „Team Brych“ gegebenenfalls sogar noch etwas größer werden: und Bastian Dankert haben die benötigten Lehr- gänge bei der FIFA absolviert und können sich Hoffnun- gen machen, in Russland als Video-Assistenten zum Einsatz zu kommen.

Damit könnten bei der Weltmeisterschaft 2018, ob in Moskau oder in Kasan, in Sankt Petersburg oder in Sot- schi, in Jekaterinburg oder in Saransk, insgesamt fünf deutsche Schiedsrichter an Spielleitungen beteiligt sein – die meisten seit der Heim-WM 1974. Alle mit dem Ziel, die bestmögliche Leistung zu bringen. Allen voran Brych. Er ist 42, die WM in Russland wird aus Altersgrün- den vermutlich seine letzte. Wer erlebt hat, wie akribisch er arbeitet, der weiß: Auch in Russland wird er wieder Stefan Lupp 100 Prozent geben. Vermutlich kann er gar nicht anders. Geboren am: 9. September 1978 Wohnort: Zossen Landesverband: Brandenburg Verein: MSV Zossen 07 Beruf: Diplom-Betriebswirt Größe: 1,82 Meter Hobbys: Sport, Lesen, Reisen Bundesliga-SR-Assistent: seit 2005 FIFA-SR-Assistent: seit 2011

Felix Brych zusammen mit Felix Zwayer (links) und Bastian Dankert beim Vorbereitungslehrgang in Doha. TITELTHEMA 8 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018 REFEREES AUS ALLER WELT

Fußball-Konföderation für Nord- und Mittelamerika sowie die Karibik (CONCACAF)

Joel Aguilar (El Salvador) (USA): Der frühere Lehrer und heutige Profi-Schiedsrichter aus New Jersey konnte 2014 amerikanische Schiedsrichter-Geschichte schreiben: Bei der WM in Brasilien war er der erste US-Amerikaner, der ein K.o.-Spiel bei einer Weltmeisterschaft leiten durfte (die Partie zwischen Nigeria und Frank- reich). Auch in seinem früheren Beruf hätte Geiger aber durchaus Karriere machen können: An der Lacey Township High School erhielt er 2010 für seine Arbeit als Mathematiklehrer den „Presiden- tial Award for Excellence in Mathematics and Science Teaching“. (USA) Ricardo Montero (Costa Rica) (Panama) César Arturo Ramos (Mexiko)

Südamerikanische Fußball-Konföderation (CONMEBOL)

Julio Bascuñán (Chile) Enrique Cáceres (Paraguay) Andrés Cunha (Uruguay) Néstor Pitana (Argentinien): Der Argen- tinier Néstor Pitana ist einer der Schieds- richter im Feld, die man nur schwer über- Sechs Kontinental-Verbände sehen kann. Mit seiner Körpergröße von 1,93 Metern gehört er zu den Riesen, schicken für die Weltmeisterschaft ist zudem ziemlich breit gebaut und in Russland insgesamt 36 Schiedsrichter wirkt mit seinem akkurat drüberge- kämmten Scheitel häufig überaus streng. ins Rennen – darunter auch ein paar Aber: Bei der WM 2014 konnten sich „alte Bekannte“. auch die deutschen Fans davon über- zeugen, dass Pitana mehr kann als nur böse gucken. Im Vier- telfinale zwischen Deutschland und Frankreich zeigte er eine tadellose Leistung. Dass Argentinien nach Hector Elizondo 2006 in diesem Jahr mal wieder den Final-Schiedsrichter stellt, ist allerdings trotzdem eher unwahrscheinlich. (Brasilien) Wilmar Roldán (Kolumbien) 9

Asiatische Fußball-Konföderation (AFC)

Fahad Al Mirdasi (Saudi-Arabien) (Iran) (Usbekistan): Der Usbeke Ravshan Irmatov ist der einzige Europäische Fußball-Union (UEFA) im Feld, der bereits zum dritten Mal bei einer WM dabei ist. 2010 in Südafrika Felix Brych (Deutschland) war er der Shootingstar unter den (Polen) Schiedsrichtern und leitete gleich fünf Antonio Miguel Mateu Lahoz (Spanien) Partien (unter anderem das Eröffnungs- Milorad Mažić (Serbien) spiel zwischen Südafrika und Mexiko Cüneyt Çakır (Türkei) sowie das Halbfinale zwischen Uruguay Sergey Karasev (Russland) und den Niederlanden). 2014 pfiff er vier Björn Kuipers (Niederlande): Der Nie- Spiele, darunter das Duell zwischen Deutschland und den USA. derländer Kuipers ist ein bekanntes Da Usbekistan bei der WM 2018 als Team nicht vertreten ist, Gesicht im europäischen Fußball. 2013 könnte Irmatov (der „Welt-Schiedsrichter“ von 2015) auch bei leitete er das Europa-League-Finale zwi- seiner dritten Teilnahme wieder lange im Rennen sein. Sollte schen Benfica und Chelsea, ein Jahr spä- es für das Finale reichen, würde Irmatov sicher auch in seinem ter das Champions-League-Finale zwi- Heimatland Usbekistan wieder zum „Schiedsrichter des Jah- schen Real und Atlético. Auch bei der res“ gewählt. Das kennt er allerdings schon, es wäre sein elf- WM 2014 in Brasilien kam er zum Ein- tes Mal. satz und leitete drei Spiele. Das deut- Mohammed Abdulla Mohamed sche Team kennt ihn noch von der EM (Vereinigte Arabische Emirate) 2016 in Frankreich, als Kuipers im Stade de France das Grup- (Japan) penspiel gegen Polen pfiff. Neben seiner sportlichen Laufbahn Nawaf Shukralla (Bahrain) ist der Referee auch ein erfolgreicher Geschäftsmann: In sei- ner Heimatstadt Oldenzaal gehören ihm mehrere Supermärkte und ein Haarstudio. (Italien) (Slowenien) Clément Turpin (Frankreich)

Afrikanische Fußball-Konföderation (CAF)

Mehdi Abid Charef (Algerien) (Senegal) Ozeanische Fußball-Konföderation (OFC) (Gambia): Bakary Gas- sama aus Gambia ist einer der bekann- (Neuseeland) testen afrikanischen Schiedsrichter. Norbert Hauata ( Ta h i t i ) : H a u a t a i s t g e b o - Bereits seit 2007 auf der FIFA-Liste, lei- ren auf der Insel Moorea im Südpazifik tete er Spiele bei den Olympischen Spie- und war auch schon bei der WM 2014 len 2012 in London, bei der WM 2014 in Brasilien dabei. Dort trat er allerdings in Brasilien und auch beim Confedera- nur selten in den Vordergrund, denn bei tions Cup 2017. Die Weltmeisterschaft allen seinen sechs Einsätzen agierte er in Russland ist damit seine zweite. Zwar als Vierter Offizieller. wirkt Gassama immer sehr freundlich, anlegen sollte man sich mit ihm aber nicht unbedingt: Wäh- rend europäische Schiedsrichter, nach ihren Hobbys gefragt, häufig „Lesen“ oder „Reisen“ zu Protokoll geben, begeistert sich Bakary Gassama für Borey, eine in Gambia extrem popu- läre Variante des Ringens. Ghead Grisha (Ägypten) (Sambia) Bamlak Tessema Weyesa (Äthiopien) TITELTHEMA 10 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018 ZWEI LAUTERER AUF REKORDJAGD

Zwei Schiedsrichter aus der Westpfalz halten nach wie vor Rekorde und vier Bundes- länder warten noch auf ihren großen Moment. Eine kleine Statistik der deutschen WM-Schiedsrichter.

Später Schiedsrichter-Obmann des Südwestdeutschen Fußballverbandes und ein früher Förderer von Markus Merk, hält Dusch noch heute einige Schiedsrichter- Rekorde: So wurde er insgesamt dreimal mit der Leitung des DFB-Pokalfinales betraut, kam als Schiedsrichter und Linienrichter kombiniert zu insgesamt zehn Einsät- zen in Endrundenspielen von Weltmeisterschaften und war der erste deutsche Referee, der bei einem WM-Finale eingesetzt wurde. Im Endspiel 1958 zwischen Brasilien und Schweden konnte er als Linienrichter hautnah mit- erleben, wie die Seleção ihren ersten WM-Titel holte.

FINAAAALE – OHOHO

Nachdem Dusch seine Schiedsrichter-Laufbahn beendet hatte, kamen bei der Weltmeisterschaft 1966 zwei Pioniere zum Einsatz: , der Schneidermeister aus , der kurze Zeit später nach einer Idee des engli- TEXT er erste Deutsche, der je bei einer Fußball-Welt- schen WM-Schiedsrichter-Betreuers die Gelbe Tobias Altehenger meisterschaft als Schiedsrichter zum Einsatz kam, und Rote Karte entwickelte, und der Mannheimer Kurt D war der Berliner Alfred Birlem – und der wurde Tschenscher, der bei der WM 1970 als erster Schiedsrichter gleich zu einem Mann für die Statistik-Fans. Sowohl bei überhaupt eine Gelbe Karte zeigen sollte – im Eröffnungs- der Endrunde 1934 als auch bei der 1938 war Birlem spiel zwischen Gastgeber Mexiko und der Sowjetunion. mit 46 beziehungsweise 50 Jahren der älteste einge- setzte Referee und der einzige deutsche WM-Schieds- Tschenscher eröffnete also die WM 1970, während sie richter, der im 19. Jahrhundert geboren wurde. ein anderer Deutscher beendete. Rudi Glöckner aus Markranstädt wurde als bisher einzigem Deutschen die Bei der WM 1954, der WM des „Wunders von Bern“ (und Ehre zuteil, das Finale einer Fußball-WM zu leiten. Vor der einzigen Weltmeisterschaft, in deren Qualifikations- dem Turnier hatte Glöckner allerdings erst ein A-Län- runde die deutsche Elf auf das Team des Saarlands traf), derspiel gepfiffen, während des Turniers kam noch ein wurde der Mannheimer Kaufmannsgehilfe Emil Schmet- zweites hinzu, sodass sein drittes Länderspiel überhaupt zer für den Deutschen Fußball-Bund nominiert. Schmet- gleich das Finale wurde. Heute undenkbar, löste Glöck- zer, der jahrelang für die BBC gearbeitet hatte, war einer ner die Aufgabe aber mit Bravour: Die mexikanische der ersten deutschen Schiedsrichter gewesen, die nach Tageszeitung „El Heraldo“ befand: „Der DDR-Unpartei- dem Zweiten Weltkrieg wieder mit internationalen Spie- ische amtierte im Stile eines Klassemannes“. len beauftragt worden waren. Er leitete in Basel die tor- reiche Vorrundenpartie zwischen England und Belgien, Bei der Heim-WM 1974 schickte der deutsche Fußball- in der es am Ende 4:4 nach Verlängerung hieß. Bund gleich sieben Unparteiische ins Rennen: Gerhard Schulenburg, Hans-Joachim Weyland und Kurt Tschen- Für den Mannheimer blieb es allerdings seine einzige scher kamen als Schiedsrichter zum Einsatz, die anderen Weltmeisterschaft; 1958 und 1962 vertrat Albert Dusch vier deutschen FIFA-Referees Heinz Aldinger, Ferdinand Markus Merk ist mit aus Kaiserslautern die deutschen Referees. Dusch war Biwersi, und Klaus Ohmsen wurden fünf Spielleitungen bei Unparteiischer geworden, nachdem er für eine seiner als Linienrichter eingesetzt. Hinzu kam abermals Rudi Weltmeisterschaften Auffassung nach unberechtigten Roten Karte als Tor- Glöckner aus der DDR. Der Saarländer Biwersi durfte aktuell der Spitzen- reiter unter den wart des 1. FC Kaiserslautern drei Monate gesperrt wor- sich 1978 bei der WM in Argentinien dann als Schieds- deutschen Un partei- den war und sich in dieser Zeit intensiv mit dem Schieds- richter versuchen, die DDR schickte im selben Jahr den ischen. richterwesen auseinandergesetzt hatte. Erfurter ins Rennen. 11

DIE 80ER-JAHRE: „ESCHWEILERS ROLLE“ ren müssen. aus Gelsenkirchen, der in den Vereinigten Staaten zwei Vorrunden-Spiele leitete, 1982 kam dann einer der bekanntesten deutschen konnte von dieser Reform allerdings nicht profitieren; Schiedsrichter überhaupt zu seinem indes einzigen WM- der erste Deutsche, der als Linienrichter für eine WM Einsatz an der Pfeife. Der Bonner Diplomat Walter nominiert wurde, war erst 1998 Erich Schneider aus Eschweiler, der im Rang eines Konsuls seit den 50er- Weisel. Im einzigen Turnier für assis- Jahren im Auswärtigen Amt arbeitete, leitete bei dem tierte Schneider bei insgesamt drei Begegnungen: ein- Turnier in Spanien die Vorrunden-Begegnung zwischen mal beim Österreicher Günter Benkö und zweimal bei Peru und Italien. Dabei kam es zu der berühmten Heynemann. „Eschweiler-Rolle“, als der Unparteiische vom Peruaner José Velásquez versehentlich umgerannt wurde und Ab 2002 bastelte dann der nächste Kaiserslauterer an dabei Pfeife, Karten und einen Zahn verlor. Eschweiler neuen WM-Rekorden. Markus Merk pfiff bei den Welt- ließ sich kurz behandeln, brachte die Partie im Anschluss meisterschaften 2002 und 2006 insgesamt fünf Spiele sicher über die Bühne und wurde durch die Kuriosität und damit bis heute die meisten. aus der Szene weltberühmt. Ebenfalls anwesend, aber weni- Ergolding, der amtierende „DFB-Schiedsrichter des Jah- ger im Rampenlicht: Adolf Prokop aus Erfurt, der bei res“, kam bei der WM 2010 in Südafrika auf drei Spiele, dieser WM die Zwischenrunden-Begegnung zwischen Felix Brych 2014 auf zwei Einsätze. Österreich und Nordirland leitete. NUR VIER BUNDESLÄNDER FEHLEN Seit dem Finale von Rudi Glöckner 1970 in Mexiko waren deutsche Referees bei den Weltmeisterschaften aus- Mit Alfred Birlem aus Berlin, Emil Schmetzer und Kurt schließlich bei Spielen der Vor- und Zwischenrunde zum Tschenscher aus Baden-Württemberg, den Rheinland- Einsatz gekommen. Diese Durststrecke sollte 1986 Pfälzern Albert Dusch und Markus Merk, den Bayern (abermals in Mexiko) ein Ende finden. Der spätere Kreitlein, Schmidhuber, Stark und Brych, dem Saarlän- DFB-Schiedsrichter-Obmann leitete bei der der Biwersi, dem Hamburger Schulenburg, den NRW- ersten WM von Teamchef Franz Beckenbauer das Ach- Vertretern Weyland, Eschweiler und Krug, dem Bran- telfinale zwischen Brasilien und Polen, denburger Kirschen, dem Thüringer Prokop, dem aus Frankfurt/Oder sogar das Viertelfinale zwischen Sachsen Glöckner, dem Niedersachsen Roth und dem Belgien und Spanien. Sachsen-Anhalter Heynemann sind bis heute 19 deut- sche Schiedsrichter bei 18 Fußball-Weltmeisterschaften 1990, als letztmalig zwei deutsche Fußballverbände zum Einsatz gekommen. Schiedsrichter zu einer Fußball-WM schickten, war es abermals Kirschen, der die DDR vertrat und zwei Spiele Damit können Schiedsrichter aus fast allen (heutigen) leitete. Der spätere „Welt-Schiedsrichter“ Aron Schmid- Bundesländern eine WM-Teilnahme für sich verbuchen. huber wurde vom DFB nominiert und pfiff unter ande- Lediglich die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, rem das Achtelfinale zwischen Spanien und den USA. Schleswig-Holstein, Bremen und Hessen konnten bis- lang noch keine Schiedsrichter zu einer Fußball-Welt- ERSTMALS ECHTE LINIENRICHTER – meisterschaft entsenden. In diesem Jahr werden die ABER NICHT FÜR KRUG weißen Flecken auf der Deutschlandkarte auch nicht gefüllt: Mit Felix Brych ist mal wieder ein Bayer im Ein- Bei der WM 1994 in den USA wurden zum ersten Mal satz. Immerhin, Mecklenburg-Vorpommern kann sich spezialisierte Linienrichter nominiert, während die WM- möglicherweise über die Teilnahme von Bastian Dan- Schiedsrichter zuvor stets als Allrounder hatten fungie- kert aus Rostock als Video-Assistent freuen.

Kurt Tschenscher zeigte im Eröffnungsspiel 1970 die erste Rudi Glöckner leitete 1970 als bisher Walter Eschweiler pfiff 1982 trotz Zahnverlust Gelbe Karte der WM-Historie. einziger Deutscher ein WM-Finale. das WM-Spiel Italien gegen Peru tapfer zu Ende. MELDUNGEN 12 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018 PANORAMA DFB UND DEKRA BLEIBEN PARTNER

Die DFB-Schiedsrichter und die Experten- zu erhöhen– angesichts des weltweiten Inte- chef Stefan Kölbl. „Das ist für uns besonders organisation DEKRA haben ihre Partner- resses am deutschen Spitzenfußball auch wichtig, denn DEKRA ist heute in mehr als schaft um weitere drei Jahre verlängert. Der international“, erklärte DEKRA-Vorstands- 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten aktiv.“ neue Vertrag läuft bis zum 30. Juni 2021. Seit 2003 tragen die Unparteiischen inzwi- schen das DEKRA-Logo auf der Kleidung. Darüber hinaus wirkt DEKRA weiterhin an Kampagnen zur Bindung und Gewinnung von Schiedsrichtern mit und bringt sich aktiv in die Aktion „Danke Schiri.“ ein.

DFB-Präsident Reinhard Grindel sagte anläss- lich der Vertragsverlängerung: „Eine Part- nerschaft macht dann vor allem Sinn, wenn mit ihr auch eine inhaltliche Botschaft ver- bunden ist. Dies ist hier der Fall. Die DEKRA ist ebenso wie das deutsche Schiedsrichter- wesen eine anerkannte und unabhängige Prüfinstanz mit hoher Qualität.“

„Das erfolgreiche Sponsoring-Konzept hat in den vergangenen Jahren dazu beigetra- DFB-Präsident Reinhard Grindel, Bundesliga-Schiedsrichter , DEKRA-Vorstandschef gen, die Bekanntheit unserer Marke stetig Stefan Kölbl und DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius freuen sich über die Vertragsverlängerung.

PLÖTZLICH VIERTER OFFIZIELLER

Das passiert nicht alle Tage: Für Oberliga- ‚Stell dein Bier zur Seite und komm runter‘“, ner ist bei jedem Heimspiel zu Gast und feu- Referee Stefan Tendyck führte der Stadion- erzählt Tendyck lachend. Der Gelsenkirche- ert als Fan in der Nordkurve sein Team an. besuch in der VELTINS-Arena zu einem unver- hofften Bundesliga-Debüt: Der 33-Jährige sprang bei der Begegnung zwischen dem FC Schalke 04 und der TSG 1899 Hoffen- heim nach der Verletzung des Schiedsrich- ter-Assistenten als Vierter Offizieller ein. Was war passiert? In der 48. Minute knickte Robert Schröder an der Seitenlinie um und blieb auf dem Boden liegen. Nach einer kurzen Behandlungsunterbrechung durch die Betreuer beider Mannschaften wurde schnell deutlich, dass es für Schröder nicht weiter- gehen konnte. Der Vierte Offizielle Guido Kleve übernahm für ihn die Aufgabe an der Seitenlinie.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Marcel Neuer, Schiedsrichter-Betreuer des FC Schalke 04, Außenlinie statt bereits das Handy genommen und Ersatz Fanblock: Stefan für den vakanten Posten am Rande der Coa- Tendyck fand sich beim Heimspiel seines ching-Zonen gesucht. Auf der anderen Seite FC Schalke 04 plötz- war Oberliga-Referee Stefan Tendyck in der lich am Spielfeldrand Leitung. „Flapsig gesagt, sagte Marcel nur: wieder. 13

BONBONS FÜR

Beim DFB-Pokal-Viertelfinalspiel des 1. FSV Die Aktion inspirierte die Fußballfans am Mainz 05 gegen regnete Bildschirm so sehr, dass Aytekin dann auch es Kamelle: In der zehnten Minute erhielt bei seinem nächsten Bundesliga-Einsatz in Frankfurt einen Eckball. Bremen Bonbons von einem Werder-Fan angeboten bekam. Und auch dieses Mal Kurzerhand ging Schiedsrichter Deniz Ayte- nutzte Aytekin die Gelegenheit: Vor dem kin in Richtung Eckfahne und hob eines der Wiederanpfiff zur zweiten Halbzeit ging er Bonbons auf, lief wieder in den Strafraum kurz in Richtung Fanblock und griff mit einem und bot es dem Mainzer Spieler Nigel de Lächeln im Gesicht mal eben zu. Jong an. Dieser lehnte das Angebot sichtlich amüsiert ab, Aytekin selbst vernaschte schließlich das Bonbon. Sehr zur Erheiterung der Fernsehzuschauer und von Kommenta- tor Martin Groß, der sich vor Lachen kaum Bevor Deniz Aytekin das Bonbon selbst einkriegte. vernaschte, bot er es freundlicherweise noch dem Mainzer Nigel de Jong an.

VIDEOBEWEIS AUCH BEI DER WM

Der Fußball-Weltverband FIFA hat entschie- finanziell aufwendigen Technik erfolgt für es von der Projektgruppe in der Zwischen- den: Erstmals werden im Sommer bei einer die nationalen Ligen und Verbände jedoch auswertung. Neben der Entscheidung über Weltmeisterschaft die Entscheidungen der freiwillig. Bislang waren technische Hilfsmit- den Videobeweis hat der International Foot- Schiedsrichter anhand von Videoaufnahmen tel jenseits der Torlinientechnik im Regel- ball Association Board auch die Auswechs- überprüft. Das FIFA-Council erlaubte bei sei- werk nicht vorgesehen. „Der Videobeweis lung eines vierten Spielers in der Verlänge- ner Sitzung in Zürich den Einsatz der soge- ist gut für den Fußball, er bringt mehr Fair- rung ins Regelwerk aufgenommen. nannten Video Assistant Referees (VAR) bei ness. Das ist ein wichtiger Schritt, der große der WM-Endrunde in Russland. Auswirkungen auf den Fußball der Zukunft Außerdem dürfen Trainer sich künftig vom haben wird“, sagte FIFA-Präsident Gianni Spielfeldrand aus über moderne Kommuni- Außerdem kommt der Videobeweis nun auch Infantino. kationsmittel mit ihren Assistenten auf der offiziell ins Fußball-Regelwerk. Dies ent- Tribüne austauschen. Der Austausch sei mit schied der International Football Associa- Die Statistiken des IFAB geben den Befür- mobilen Geräten erlaubt, aber streng auf tion Board (IFAB) nach der rund zweijährigen wortern des Videobeweises Recht: 98,8 Pro- taktische Anweisungen und Kommunikation Testphase. Ein Einsatz der technisch und zent aller Entscheidungen seien korrekt, hieß zum Wohl der Spieler beschränkt.

DIE INTERNATIONALEN SPIELE DER DEUTSCHEN IM JANUAR UND FEBRUAR 2018 FIFA-SCHIEDSRICHTER UNTERWEGS

NAME WETTBEWERB HEIM GAST ASSISTENTEN

Beitinger, Foltyn, Achmüller, Siebert, Aytekin, Deniz Europa League FC FCSB (ROU) Lazio Rom Brand

Brych, Felix Champions League Juventus Turin Tottenham Hotspur Borsch, Lupp, Häcker, Dankert, Fritz

Dingert, Christian Saudi-Arabien Al Shabab Al Hilal Pickel, Christ

Siebert, Daniel Youth League Paris Saint-Germain FC Barcelona Koslowski, Neitzel-Petersen

Foltyn, Seidel, Gittelmann, Ittrich, Stieler, Tobias Europa League Athletic Bilbao Spartak Moskau Osmers LEHRWESEN 14 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018 THEMA FREISTOSS

Im aktuellen DFB- Lehrbrief geht es um den Freistoß als Spielfortsetzung.

Wann gibt es den direkten und wann den indirekten Freistoß? Und wo wird der Freistoß ausgeführt? Diese Fragen für jede Situation korrekt zu beantworten, fällt vielen Schiedsrichtern schwer, denn im Laufe der Jahre haben sich die Fußball-Regeln immer mal wieder geändert. Im aktuellen DFB-Lehrbrief geht es deshalb um die aktuellen Anweisun- gen zum Thema Freistoß.

TEXT m WM-Qualifikationsspiel gegen San Marino sorgte schnellen Ausführung des Freistoßes veranlasste? Oder Günther Thielking Joshua Kimmich für Schlagzeilen. So schrieben die war es einfach die Cleverness des deutschen National- I Medien zum Beispiel von „Kimmichs irrem Hand- spielers, bei der das „Fair Play“ ein Stück weit auf der schlag-Trick“. In der Begegnung mit der Mannschaft aus Strecke blieb? Regeltechnisch war nämlich in dieser dem Kleinstaat hatte der Abwehrspieler des FC Bayern Situation alles korrekt abgelaufen, spricht doch das München seinen Gegenspieler Mirko Palazzi nach des- Regelwerk gleich an mehreren Stellen von der Möglich- sen Foul mit einem scheinbaren Fairness-Handshake keit einer schnellen Ausführung des Freistoßes. Und abgelenkt. Sekundenbruchteile später spielte er den damit hatte Schiedsrichter Radu Petrescu (Rumänien) Ball in den Strafraum des Gäste-Teams. Der davon keinen Grund, diese Aktion zu unterbinden. düpierte Gegner rechnete nicht mit solch einem frag- würdigen Freistoß-Trick, sodass die anschließende Eindeutig regelwidrig dagegen verhielt sich Marco Stie- Flanke von Sandro Wagner zum zwischenzeitlichen 3:0 permann in der Saison 2015/2016. Der damals noch bei verwandelt wurde. Fürth aktive Mittelfeldspieler nahm in der Begegnung gegen RB Leipzig nach einem Freistoß-Pfiff gegen sein Nach dem Spiel stand die Frage im Raum: War es die Team den Ball in die Hände, kickte diesen ein paar Mal gute Kenntnis der Regel 13, die Joshua Kimmich zur vor sich her und verhinderte so die schnelle Freistoß- 15

Ausführung durch den Gegner. Er handelte damit Mit dem Thema des aktuellen DFB-Lehrbriefs Nr. 78 unsportlich und sah dafür von Schiedsrichter Daniel („Mehr als Regel 13: Freistöße – Entstehung und Spiel- Siebert zu Recht die Gelbe Karte. Heißt es doch in fortsetzung“) sprechen die Regelwächter einen Eingriff Regel 12 eindeutig: „Ein Spieler wird verwarnt bei Ver- ins Spiel an, der wesentlich dazu beiträgt, dass der faire zögerung der Wiederaufnahme des Spiels.“ „Kampf um den Ball“ umgesetzt werden kann, ein regel- widriges Vorgehen durch die Aktiven dagegen sankti- In der Geschichte der Fußball-Regeln gehört der „Frei- oniert wird. stoß“ zu den ältesten Bestimmungen, die für einen fai- ren Ablauf auf dem Spielfeld sorgen sollen, wobei es Die Verfasser des Lehrbriefs machen deutlich, dass die eine detaillierte Trennung der Spielstrafen zunächst Schiedsrichter-Lehrwarte in den Gruppen als Impuls- noch nicht gab. Erst 1904 unterschieden die Regel- referat einige grundsätzliche Hinweise zum Thema „Der wächter der FIFA zwischen dem direkten Freistoß und Freistoß“ ansprechen sollten, gehören diese doch zum dem indirekten Freistoß als Spielstrafen. Basiswissen eines jeden Referees.

Schon von jeher gehören die Entscheidungen auf „Frei- Um das in der Theorie zum Teil eher trockene Wissen stoß“ beim Fußball zu den häufigsten Spielunterbre- zu vermitteln, bietet der Lehrbrief eine Arbeit an meh- chungen, sodass es zum Trainingsalltag der Vereine reren Lernstationen an. Den Lehrwarten werden ver- gehört, Freistoß-Tricks zu trainieren. Als Standardsitua- schiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie sie den Teil- tionen schaffen sie vor allem im Bereich der Strafräume nehmern das notwendige Basiswissen vermitteln gute Tormöglichkeiten. können. Dazu gehören Arbeitsblätter mit den entspre- chenden Lösungsbögen, die Arbeit mit dem Regelheft, Kommt es vor der Ausführung eines Freistoßes zu aggres- eine Fallanalyse und die Erstellung eines Clusters. siven oder regelwidrigen Aktionen, so müssen die Unpar- teiischen die Ausführung verhindern und mit der pas- senden Körpersprache und mit einer klaren Ermahnung an die beteiligten Spieler präventiv eingreifen. Die Schiedsrichter sollten deshalb in ihrer Entscheidungs- Basiswissen zur Regel 13 findung und bei der Ausführung von Freistößen kon- zentriert vorgehen, um fehlerfrei und im Umgang mit • Spieltechnische Voraussetzungen und Ver- den Mannschaften konfliktfrei zu agieren. gehen, die zur Verhängung von Freistößen führen Johannes Malka, der ehemalige DFB-Schiedsrichter- Obmann, schrieb dazu bereits im Schiedsrichter-Hand- • Die Unterscheidung zwischen direkten und buch von 1982, dass zum Schutz der fair und korrekt indirekten Freistößen spielenden Aktiven „jene Spieler zu bestrafen sind, die gegen die Regeln und den sportlichen Geist verstoßen“. • Unterschiedliche Kon- Für einen regelkonformen Verlauf der 90 Spielminuten sequenzen bei einer müssen die Unparteiischen bei der Sanktion zwischen Torerzielung dem indirekten Freistoß und dem direkten Freistoß unter- scheiden. • Bedingungen für die Ausführung von Frei- WANN GIBT’S WAS? stößen

Der direkte Freistoß, aus dem direkt ein Tor erzielt wer- • Strafbestimmun- den kann, wird immer dann ausgesprochen, wenn ein gen bei falscher Spieler einen Gegner regelwidrig durch den Einsatz sei- Ausführung nes Körpers behindert und es dabei zu einem Körper- kontakt kommt. Auch wenn er sich mit einem absicht- • Strafbestim- lichen Handspiel einen unberechtigten Vorteil mungen, wenn verschaffen will oder wenn er oder ein Team-Offizieller die Ausführung des Frei- unberechtigt ins Spiel eingreifen, gibt es diese Spiel- stoßes durch die gegne- strafe. Geschieht dies von einem Spieler oder Team- rische Mannschaft behin- Offiziellen der verteidigenden Mannschaft im eigenen dert wird Strafraum, so wird statt des direkten Freistoßes der Straf- stoß gegeben. • Voraussetzungen und Bedeutung einer schnel- Auf indirekten Freistoß als Spielfortsetzung wird ent- len Ausführung schieden, wenn ein eher spieltechnisches Vergehen vorliegt – zum Beispiel, wenn bei einer Spielfortsetzung der Ball vom ausführenden Spieler unerlaubterweise ein zweites Mal gespielt wird. Auch Unsportlichkeiten, straf- bare Abseitssituationen sowie das „gefährliche Spiel“ führen zum indirekten Freistoß. REGEL-TEST 16 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018 VERGEHEN BEIM STRAFSTOSS

Beim aktuellen Regel-Test legt DFB-Lehrwart Lutz Wagner den Schwerpunkt auf das Fehlverhalten der verschiedenen Beteiligten beim Strafstoß. Bei der Strafstoß-Ausführung muss der Schiedsrichter unter anderem darauf achten, ob weitere Spieler zu früh in den Strafraum hineinlaufen.

SITUATION 1 sich dabei ergebenden Körperkontakts der Schiedsrichter diesen Spieler wegen des erkennt der gut postierte Unparteiische das Ausziehens des Trikots verwarnen? Bei der Strafstoß-Ausführung verzögert der dabei erzielte Tor an. Nach einem Fahnen- Schütze den Anlauf klar und deutlich, indem zeichen des neutralen Schiedsrichter-Assis- SITUATION 6 er zwei Meter vor dem Ball stehen bleibt und tenten, der ein Foul des Angreifers beim „Luft- den Torwart damit zu einer Reaktion veran- kampf“ signalisiert, entscheidet der Referee Strafstoß-Ausführung: Bevor der Ball im Spiel lasst. Im Anschluss macht er dann zwei wei- nun auf direkten Freistoß für den Abwehr- ist, laufen Spieler beider Teams in den Straf- tere Schritte und verwandelt den Strafstoß spieler. Haben sich Schiedsrichter-Assistent raum/Teilkreis. Der Torwart kann den Ball zum Torerfolg. Wie entscheidet der Schieds- und Schiedsrichter richtig verhalten? abwehren, der danach zu einem zu früh in richter? den Strafraum gelaufenen Angreifer prallt. SITUATION 4 Dieser schießt den Ball am Tor vorbei. Wie SITUATION 2 soll der Schiedsrichter reagieren und ent- Ein Freistoß wird vom Schiedsrichter durch scheiden? Nach einem Zweikampf direkt an der Seiten- Pfiff frei gegeben. Unmittelbar danach läuft linie kommen der Verteidiger und der Stür- ein Verteidiger vor dem Schuss aus der SITUATION 7 mer außerhalb des Spielfelds spektakulär zu „Mauer“ klar nach vorn und berührt dabei Fall. Der Ball bleibt im Spielfeld. Da der den Ball. Nach dem deshalb erfolgten neu- Strafstoß-Ausführung: Bevor der Ball im Spiel Schiedsrichter in dieser Situation kein Foul erlichen Pfiff landet der abgefälschte Ball ist, läuft ein Angreifer klar ersichtlich zu früh erkannt hat, bleibt sein Pfiff aus. Deshalb im Tor. War das Verhalten des Unparteiischen in den Strafraum. Der Torwart kann den Ball tritt nun der Verteidiger, der noch außerhalb richtig, und wie ist zu entscheiden? abwehren, der nun zu diesem Angreifer prallt. des Spielfelds liegt, dem ebenfalls noch Dieser Angreifer kann den Ball ins Tor schie- außerhalb des Spielfelds liegenden Stürmer SITUATION 5 ßen. Wie muss der Unparteiische nun ent- in die Beine. Entscheidung? scheiden? Während eines Auswechselvorgangs zieht SITUATION 3 sich der auszuwechselnde Spieler sein Trikot SITUATION 8 beim Verlassen des Spielfelds aus, läuft aber Ein Angreifer und ein Abwehrspieler gehen ohne Verzögerung der Auswechslung zur Der Schiedsrichter-Assistent signalisiert eine an der Torraumgrenze zum Ball. Trotz des Seitenlinie und verlässt das Spielfeld. Soll strafbare Abseitsposition mit der Fahne. 17

Bevor der Schiedsrichter das Fahnenzeichen erfolgt, gelingt es dem Unparteiischen nicht wird oder nicht, muss der Strafstoß wie- erkennt, schlägt im folgenden Zweikampf mehr, einen Arm zu heben. Deshalb schießt derholt werden, da beide Parteien glei- der Verteidiger dem Angreifer, der sich zuvor der Angreifer den Ball direkt auf das Tor. Der chermaßen gegen die Ausführungs- in strafbarer Abseitsposition befand, mit der Torwart kann den Ball abwehren, der anschlie- bestimmungen verstoßen. Hand ins Gesicht. Deshalb unterbricht der ßend über die Torlinie ins Aus rollt. Wie ist Unparteiische das Spiel und sieht nun das zu entscheiden? 7: Indirekter Freistoß. Das Tor darf nicht Fahnenzeichen des Schiedsrichter-Assisten- anerkannt werden. Der indirekte Freistoß ten. Entscheidungen? SITUATION 14 wird dort ausgeführt, wo der Spieler zu früh den Strafraum betreten hatte. SITUATION 9 Strafstoß-Ausführung: Der Schütze täuscht klar unsportlich und der Torwart bewegt sich 8: Indirekter Freistoß wegen Abseits, Feld- Bevor der Ball bei der Strafstoß-Ausführung deutlich zu früh von der Torlinie nach vorn. verweis des Verteidigers. Die strafbare durch den Schützen gespielt wird, läuft ein Anschließend hält er den aufs Tor geschos- Abseitsposition ist das erste von zwei Ver- Verteidiger in den Strafraum. Der Ball wird senen Ball. Entscheidung des Schiedsrich- gehen unterschiedlicher Parteien und vom Torwart abgewehrt und prallt in die ters? damit die Grundlage für die Spielfortset- Richtung des Strafstoß-Schützen. Bevor die- zung. ser den Ball völlig ungehindert und aus zen- SITUATION 15 traler Position auf das Tor schießen kann, 9: Strafstoß wegen des Foulspiels, Verwar- wird er von dem Verteidiger, der zu früh in Strafstoß-Ausführung: Der Schütze täuscht nung. Der Verteidiger wird wegen des den Strafraum gelaufen ist, durch ein ball- klar unsportlich und der Torwart bewegt sich schwereren Vergehens mit einer Verwar- orientiertes Beinstellen zu Fall gebracht. Er deutlich zu früh von der Linie nach vorn. nung bestraft, da das Vergehen als Verhin- kann dadurch den Torschuss nicht ausfüh- Dennoch gelangt der Ball ins Tor. Entschei- derung einer klaren Torchance bewertet ren. Wie ist zu entscheiden? dung des Schiedsrichters? wird, allerdings ein ballorientiertes Foul- spiel im Strafraum ist und damit die Per- SITUATION 10 sönliche Strafe reduziert.

Der Strafstoß-Schütze führt den Strafstoß So werden die 15 10: Indirekter Freistoß. Da die Regel- indirekt aus, indem er den Ball etwa zwei übertretung durch die angreifende Mann- Meter seitlich nach vorn spielt. Der hinzu- Situationen richtig gelöst: schaft verübt wurde und die unmittelbare gelaufene Mitspieler verwandelt die Vorlage Wirkung des Strafstoßes nicht zum Tor zum Torerfolg. Dabei war er allerdings deut- 1: Tor, Anstoß. Das Verhalten des ausfüh- führte, kann es keine Wiederholung mehr lich vor der Ausführung des Strafstoßes in renden Spielers ist korrekt, da nur der geben. den Strafraum eingedrungen. Entscheidung Schuss in einem Zug durchgeführt werden des Referees? muss. In der Phase des Anlaufs ist ein 11: Das Fahnenzeichen war zwar berech- Abstoppen erlaubt. tigt, aber der Zeitpunkt nicht weisungsge- SITUATION 11 recht. Die Meldung darf erst in der nächs- 2: Direkter Freistoß, Feldverweis. Ist bei ten Spielunterbrechung erfolgen. Dennoch Kurz nach Spielbeginn erfolgt während des Vergehen außerhalb des Spielfelds der Ball muss der Torwart verwarnt werden. Spiel- laufenden Spiels ein Fahnenzeichen des noch im Spiel, wird das Spiel an dem Punkt fortsetzung erfolgt mit indirektem Freistoß Schiedsrichter-Assistenten. Nach der des- auf der Außenlinie fortgesetzt, der dem an der Torraumlinie. halb erfolgten Spielunterbrechung unter- Tatort am nächsten liegt (Ausnahme: Straf- richtet der Schiedsrichter-Assistent den raum). 12: Ja, Strafstoß, Verwarnung. Es handelt Schiedsrichter darüber, dass durch den Tor- sich um keine natürliche Hand- oder Arm- wart an der Torraumgrenze mit dem Fuß eine 3: Nein. Tor und Anstoß wäre die richtige haltung, daher ist der Strafstoß berechtigt. deutliche Markierung vorgenommen wurde. Entscheidung gewesen. Der Schiedsrichter- Die Verwarnung muss erfolgen, da es ein War das Fahnenzeichen richtig, und wie ist Assistent soll nur klare, eindeutige Verge- Schuss auf das Tor war. zu entscheiden? hen anzeigen. Deshalb hätte der Unpartei- ische das Fahnenzeichen ignorieren und 13: Eckstoß. Eine Wiederholung hätte es SITUATION 12 das Tor anerkennen müssen. nur gegeben, wenn der Ball direkt ins Tor gelangt wäre. Direkter Freistoß seitlich des Strafraums für 4: Nein, Wiederholung. Da das Spiel unter- die angreifende Mannschaft: Als die „Mauer“ brochen wurde, kann das Tor nicht aner- 14: Wiederholung des Strafstoßes, Verwar- korrekt steht, gibt der Schiedsrichter das kannt werden. Der Freistoß ist zu wieder- nung von Schütze und Torwart. Da es sich Spiel frei. Der scharf auf das Tor geschos- holen und der schuldige Abwehrspieler ist hier um zwei gleichwertige Vergehen von sene Ball prallt gegen den seitlich des Kopfes zu verwarnen. Richtig wäre jedoch gewe- verschiedenen Parteien handelt, wird der hoch gehaltenen Arm eines Abwehrspielers. sen, den Vorteil abzuwarten, das Spiel nicht Strafstoß wiederholt. Da dieser deutlich innerhalb des Strafraums zu unterbrechen und das Tor anzuerken- steht, entscheidet der Schiedsrichter auf nen. 15: Indirekter Freistoß, Verwarnung des Strafstoß und Verwarnung. Ist dies korrekt? Schützen. Der Torwart erhält keine Verwar- 5: Nein, es ist kein Eingreifen des Schieds- nung, da sein Vergehen ohne Auswirkung SITUATION 13 richters erforderlich, denn hier handelt es blieb (Ball im Tor). Somit ist das Vergehen sich um keine Unsportlichkeit. des Stürmers das schwerere und wird Da die Ausführung eines indirekten Freisto- bezüglich der Spielfortsetzung auch so ßes an der Strafraumgrenze sehr schnell 6: Unabhängig davon, ob ein Tor erzielt geahndet. ANALYSE 18 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018 LÄNGER IMMER, KÜRZER NIMMER

Anhand von sieben Szenen aus dem Profibereich lassen sich Erkenntnisse ableiten, die in allen Spielklassen von Bedeutung sind. Zum Beispiel, was die Nachspielzeit angeht.

1A

Nachspielzeit: Der Schiedsrichter 1 legt sie fest, der Vierte Offizielle zeigt sie an.

1B

Abpfiff 34 Sekunden zu früh – mindestens.

http://bit.ly/SZ-01-005

TEXT er Braunschweiger Lehrer Konrad Koch veröf- unsere Tage erhalten hat. Heute beginnt der Text der Lutz Lüttig und fentlichte 1875 die ersten Fußball-Regeln auf Regel 7, die sich mit der Dauer des Spiels befasst, so: Rainer Werthmann D Deutsch. Er hatte sie für die Schüler des Martino- „Ein Spiel besteht aus zwei Halbzeiten von je 45 Minu- Katharineums festgelegt, die im Winterhalbjahr „bei ten.“ Dazu ist recht ausführlich beschrieben, wann und günstigem Wetter“ zweimal wöchentlich das Fußball- warum der Schiedsrichter eine Nachspielzeit anordnen spiel trainierten. Festgelegt wurde auch ein jährliches soll. Davon war bei Konrad Koch noch keine Rede. Nie- Wettspiel zwischen den Klassen. Dabei ging es um einen mand kam auf die Idee, das Spiel bei einer Spielfortset- Preis, ein sogenanntes „Siegeszeichen“, das die Gewin- zung absichtlich zu verzögern, bei einem günstigen ner bis zum nächsten Spiel behalten durften. Damit alles Ergebnis Verletzungen zu simulieren oder Auswechs- „regelgerecht“ zuging, wurden drei „Preisrichter“ lungen im Schneckentempo zu absolvieren. Das hatte bestimmt. Sie hatten auch über die Spielzeit zu wachen. etwas mit „Fair Play“ und Respekt zu tun. In Kochs Regeln hieß es dazu: „Wettspiele dauern eine Stunde; die Preisrichter rufen nach einer halben Stunde: Es war damals übrigens die Aufgabe des „Fußball-Kai- halbe Zeit!“ Ein Ausdruck („Halbzeit!“), der sich bis in sers“ (Mannschaftskapitän), dafür zu sorgen, dass seine 19

Mitspieler sich an die Regeln hielten. Wer es nicht tat, 2 1. FC Kaiserslautern – 1. FC Union Berlin wurde vom eigenen Kapitän zunächst verwarnt und dann Der Vierte Offizielle zeigt beim Stand von 4:3 für Kai- des Feldes verwiesen. Man stelle sich das heute vor … serslautern berechtigt fünf Minuten Nachspielzeit an. Die Gastgeber nutzen jede sich bietende Gelegenheit, Aber bleiben wir bei der Nachspielzeit. Vor allem im um diese fünf Minuten unbeschadet zu überstehen. Als Profifußball hat sie an Bedeutung gewonnen, was sich 4:32 Minuten vergangen sind, begeht der Lauterer Ben- schon daran ablesen lässt, dass sie dort, wo ein Vierter jamin Kessel unmittelbar vor der Coaching-Zone des Offizieller im Einsatz ist, elektronisch angezeigt und 1. FC Union Berlin ein rücksichtsloses Foulspiel an Steven vom Stadionsprecher verkündet wird. Skrzybski (Foto 2a), das vom Schiedsrichter zu Recht mit einer Gelben Karte bestraft wird. 1 Fortuna Düsseldorf – FC St. Pauli Die Düsseldorfer führen 2:1, die letzte Minute der Nach- Durch das Aussprechen der Verwarnung (Foto 2b), die spielzeit (vier Minuten hatte der Schiedsrichter anzeigen Proteste und die dadurch entstandene Unruhe verge- lassen, Foto 1a) läuft. Er pfeift bei einem Angriff der hen fast 30 Sekunden. Während die Berliner sich auf die Hamburger ein Kopfballduell ab und gibt einen Freistoß Ausführung des Freistoßes vorbereiten und im Fernse- für Düsseldorf in deren Hälfte. Während im Fernsehbild hen die Zeitlupe des Foulspiels läuft, ertönt die Pfeife zu sehen ist, wie sich der gefoulte Düsseldorfer erhebt des Schiedsrichters. Er beendet das Spiel laut TV-Uhr und sich ein anderer den Ball zum Freistoß zurechtlegt, bei 4:57 Minuten der Nachspielzeit. ertönt der Schlusspfiff – laut TV-Uhr nach 3:26 Minuten der Nachspielzeit (Foto 1b). Also gut eine halbe Minute Abgesehen von den fehlenden drei Sekunden an der zu früh. Mindest-Nachspielzeit: Regeltechnisch muss diese ver- loren gegangene Zeit nachgespielt werden. Die UEFA Folgt man dem Regeltext, so zeigt „der Vierte Offizielle gibt dazu die Anweisung, dass in solchen Fällen Frei- am Ende der letzten Minute jeder Halbzeit an, wie viele stöße und Eckstöße, die innerhalb der vorgesehenen Minuten gemäß Entscheidung des Schiedsrichters min- Nachspielzeit verwirkt wurden, noch ausgeführt werden destens nachgespielt werden“. Das Wort „mindestens“ müssen. Dies natürlich insbesondere dann, wenn diese ist in diesem Zusammenhang von ganz entscheidender Nachspielzeit durch bewusste Zeitverzögerungen – in Bedeutung, denn der Schiedsrichter kann die Nachspiel- diesem Fall auch das Foul und die Folgen – nicht ein- zeit bei Bedarf (Auswechslungen, Zeitschinden, Diszi- gehalten werden kann. plinarmaßnahmen etc.) selbstverständlich verlängern, keinesfalls jedoch verkürzen. Sinn und Geist der Regeln erfordern zudem, dass nicht derjenige bevorteilt wird, der die Regeln übertritt. Genau Sicher, die Wahrscheinlichkeit, dass St. Pauli in der ver- dafür hat der Referee seinen Ermessensspielraum, den bleibenden halben Minute und bei einem Freistoß gegen er hier leider nicht genutzt hat. sich noch den Ausgleich erzielt, ist nicht groß, aber das bleibt immer eine Spekulation, die ein Unparteiischer 3 SC Freiburg – Werder Bremen nicht anstellen darf. Auch das Meckern eines St. Pauli- In der 35. Minute rutscht der Freiburger Amir Abrashi in Spielers nach dem Freistoßpfiff, das den Schiedsrichter der Nähe der Mittellinie mit der Sohle voraus in einen sichtlich nervt, darf ihn nicht zu dem Fehler verleiten, das Zweikampf um den Ball mit dem Bremer Philipp Barg- Spiel aus einer Verärgerung heraus zu früh abzupfeifen. frede (Foto 3a). Würde er diese Aktion mit dem lang durchgestreckten Bein zu Ende führen und damit den Interessant sind übrigens in dem dazugehörigen Video Gegenspieler voll treffen, dann wäre eine Rote Karte die auch die Worte des Kommentators. Mit Bezug auf den notwendige Konsequenz. Schiedsrichter meint er: „Schiet was auf die vier Minuten, 3:30 sind auch genug. Das liegt ja in seinem Ermessen.“ Abrashi winkelt das Bein aber vor dem Kontakt deutlich Nein, liegt es nicht, jedenfalls so lange nicht, bis die von an, trifft zwar trotzdem den Bremer (Foto 3b), aber nicht ihm selbst angeordnete Mindest-Nachspielzeit abge- so heftig, dass die „Höchststrafe“ zwingend erforderlich laufen ist. wäre.

2A 2B

2a_28 Sekunden vor Ende der Nachspielzeit: rüdes 2 Foul an der Seitenlinie. 2b_Die Folgen des Fouls kosten Zeit.

http://bit.ly/SZ-02-004 ANALYSE 20 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018

3A 3B

3a_Sohle offen, Bein gestreckt: „Rot“ droht. 3b_Durch Anwinkeln des Beins das 3 Schlimmste ver- mieden: „Gelb“ reicht gerade noch aus.

http://bit.ly/SZ-03-01 4A

4a_Von den Händen abprallen lassen – das gilt schon als 4 Kontrolle des Balls.

4B 4C

4b_Dann ein bisschen mit dem Fuß spielen … 4c_… und den Ball wieder aufnehmen – verboten!

http://bit.ly/SZ-04-04

Schiedsrichter Robert Hartmann schaut unmittelbar und pfeift, um einen indirekten Freistoß gegen mit sehr gutem Einblick auf die Situation und entschei- Hertha BSC dort zu verhängen, wo Jarstein den Ball mit det sich sofort für die Gelbe Karte. Diese Entscheidung den Händen aufgenommen hat. Auch seine Mitspieler kann man akzeptieren. Daher griff der Video-Assistent reagieren mit völligem Unverständnis. hier auch nicht ein. Dabei hat der Schiedsrichter alles richtig gemacht – und 4 Bayer 04 Leverkusen – Hertha BSC der Torwart alles falsch. Regeltechnisch hat Jarstein den Nach einer Verletzungsunterbrechung wird der Ball von Ball nämlich bei der ersten Berührung mit den Händen den Leverkusenern über 40 Meter zum Berliner Torwart kontrolliert. Als Kontrolle des Balls mit den Händen Rune Jarstein gespielt, der ihn von seinen Händen durch den Torhüter gilt schon, „wenn er den Ball mit absichtlich abprallen lässt (Foto 4a). Dann schiebt er ihn einem Teil der Hand oder des Arms berührt“ (Regel 12.2). mit den Füßen ein wenig hin und her (Foto 4b). Wenn er das absichtlich macht wie in diesem Fall, gilt Wegen des Spielstands von 2:0 für seine Mannschaft das Abprallenlassen zugleich als Freigabe des Balles. versucht Jarstein auf diese Weise, ein wenig Zeit zu So als habe er ihn vorher ganz in die Hände genommen. schinden. Das ist ja nicht verboten, zudem fühlt er sich Dann dürfte er den Ball ja auch erst wieder mit den Hän- auf der sicheren Seite, wie man gleich sehen wird. Denn den berühren, wenn ihn ein anderer Spieler gespielt hat. als sich ein Leverkusener aufmacht, zu Jarstein zu lau- fen, um ihn dazu zu zwingen, den Ball abzuspielen, sind Sympathisch vom Hertha-Torhüter, dass er zugab, die- immerhin acht Sekunden vergangen und der Berliner sen Teil der Regel nicht gekannt zu haben. Für uns war Torwart nimmt den Ball mit den Händen auf (Foto 4c). vor allem die Unkenntnis bei so vielen Beteiligten ver- Er kann es dann gar nicht fassen, dass Schiedsrichter wunderlich. 21

5 SG Sonnenhof Großaspach – SC Paderborn besonders beachten, orientiert sich bei seinem Sprung Wenn ein 1,86-Meter-Torwart und ein 1,90-Meter- nur in Richtung Ball. Der Zweikampf läuft völlig regulär Angreifer im Strafraum zu einem Duell um den Ball hoch- ab (Foto 5), der Referee erkennt das daraus entstehende springen, hat der Torwart, obwohl etwas kleiner, einen Führungstor der Gastmannschaft zu Recht an. Vorteil: Er darf die Hände benutzen. Wenn er es dennoch nicht schafft, den Ball zu sichern, liegt es häufig daran, Im Übrigen spielt es überhaupt keine Rolle, ob der Zwei- dass schon ein kleiner Stoß des Angreifers gegen den kampf innerhalb oder außerhalb des Torraums stattfin- ungeschützten Rumpf des Torwarts (nach oben det. gestreckte Arme!) ausreicht, ihn aus der Balance zu brin- gen. Das wird dann häufig als Foul gewertet und abge- 6 Hertha BSC – TSG 1899 Hoffenheim pfiffen, zumal der Torwart fast immer zu Fall kommt. Eine sehr interessante Abseitssituation trug sich bei die- sem Spiel im Berliner Olympiastadion zu. Der Hoffen- Und leider wird es auch oft abgepfiffen, wenn gar kein heimer Nico Schulz hat nach einem Sprint eine Flanke Stoßen oder Anspringen vorliegt. Nach dem Motto: Lie- von der linken Seite in den Berliner Strafraum geschla- ber wegpfeifen, irgendwie hat er ihn schon unfair berührt. gen. Durch seinen Schwung gerät er über die Grundlinie In solchen Situationen würden wir uns von den Schieds- ins Aus. richtern in allen Klassen mehr Mut wünschen. Am Torraum versucht Serge Gnabry (Nr. 29) derweil, den Wie ihn in diesem Fall Oliver Lossius zeigte: Nach einer Ball, statt ihn direkt aufs Tor zu schießen, seinem Mit- hoch in den Strafraum geschlagenen Flanke kommt es spieler Ádám Szalai vorzulegen (Foto 6a). Der rutscht zu einem Zweikampf zwischen Großaspachs Torwart allerdings weg und verfehlt das Zuspiel. Der Ball wird Kevin Broll und dem Paderborner Angreifer Phillip Tietz. nun von dem Berliner Niklas Stark rechts im Strafraum Der Angreifer, und das muss man als Schiedsrichter gestoppt und unter Kontrolle gebracht.

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Kein Foul: 5 Kerzengerade springt der Stürmer zum Ball.

http://bit.ly/SZ-05-009 6A

6a_Serge Gnabry (29) spielt den Ball, Nico Schulz ist außerhalb des 6 Spielfelds.

6B 6C

6b_Der Ball landet bei Niklas Stark, der ihn unter Kontrolle bringt … Foto 6c_… und danach von dem Hoffenheimer angegriffen wird.

http://bit.ly/SZ-06-003 ANALYSE 22 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018

7A

7a_Leon Bailey spielt den Ball in 7 Richtung Strafraum.

7B 7C

7b_Kevin Volland lässt den Ball durch. 7c_Der Abstand zum Gegenspieler ist größer, als man glaubt.

http://bit.ly/SZ-07-05

In diesem Moment befindet sich der ursprüngliche Flan- onalität einen geringen Abstand zwischen den beiden kengeber Nico Schulz zunächst noch mehrere Meter von Spielern suggeriert, lässt der zwar unscharfe, aber den- Stark entfernt (Foto 6b). Er läuft dann zu dem Berliner und noch aussagekräftige Screenshot (Foto 7c) erkennen, spitzelt ihm den Ball weg. Der überraschte Stark bringt dass die Distanz zwischen Volland und Kaderabek zu Schulz daraufhin zu Fall – ein unstrittiger Strafstoß (Foto groß ist, um die Abseitsstellung des Leverkuseners zwei- 6c), Schiedsrichter Deniz Aytekin pfeift sofort. felsfrei als strafbar zu bewerten.

Die Berliner reklamieren, weil Schulz ihrer Meinung nach Dies ist auch ein Beispiel dafür, dass man mit der Ein- aus dem Abseits kommend ins Spiel eingegriffen habe. schätzung von Abständen zwischen Spielern mithilfe Das wäre aber nur der Fall gewesen, wenn Schulz sich des Fernsehbildes immer vorsichtig sein muss. Es ist in einen Zweikampf mit Stark begeben hätte, als der den eben nur hoch und breit, aber nicht „tief“. Diese dritte Ball noch nicht unter Kontrolle hatte. Dimension bietet sich nur unmittelbar auf dem Platz – zum Beispiel dem Schiedsrichter. Da Stark den Ball aber, ohne von Schulz attackiert wor- den zu sein, kontrolliert hat, begann in diesem Moment Und dass Volland „versucht, den Ball in seiner (also eine neue Spielsituation, die zugleich die Abseitssitua- Kaderabeks) Nähe zu spielen“ – ein weiteres Strafbar- tion von Schulz „löschte“. Der Strafstoßpfiff war korrekt. keitskriterium –, kann man nun wirklich nicht behaup- ten, ganz im Gegenteil. Bleibt man also eng am Regel- 7 TSG 1899 Hoffenheim – Bayer 04 Leverkusen text, lässt sich diese Situation als ein nicht strafbares Noch eine knifflige Abseitsszene vom 19. Spieltag der Abseits auslegen. Bundesliga: Beim Pass von Leon Bailey steht Kevin Volland (Nr. 31) im Teilkreis vor dem Strafraum knapp Apropos: Auch in den Regeln von Konrad Koch findet im Abseits (Foto 7a). Volland lässt den Ball durch die sich schon einiges zum Thema Abseits: „Alle Spieler Beine laufen zu dem beim Pass von Bailey nicht im müssen hinter dem Balle sein, das heißt zwischen dem Abseits befindlichen Lucas Alario, der das 3:0 für Lever- Balle und ihrem Male.“ Damit war das eigene Tor gemeint. kusen erzielt. „Abseits ist ein Spieler, wenn er vor dem Balle ist und der Ball hinter ihm von einem seiner Genossen getreten Das Tor findet die Anerkennung durch Schiedsrichter wird. Ein Spieler, der abseits ist, darf weder den Ball , der die Abseitsstellung von Volland nicht berühren, noch einen Gegner aufhalten, überhaupt in als strafbar einstuft. Und in dieser Einschätzung kann man keiner Weise sich am Spiel beteiligen, bis er aufhört dem Unparteiischen folgen. Denn laut Regeltext müsste abseits zu sein.“ Volland „eindeutig aktiv“ werden und „klar die Möglich- keit des Gegners beeinflussen, den Ball zu spielen“. Als Klingt doch ganz vertraut, der Text von 1875, oder? Es Gegner käme hier lediglich der Hoffenheimer Pavel war eben noch nie verboten, im Abseits zu stehen. Es Kaderabek (Nr. 3) in Frage. Im Gegensatz zum Blick aus kam nur schon immer darauf an, ob und wie man ins der TV-Totalen (Foto 7b), die wegen ihrer Zweidimensi- Spiel eingreift. ONLINE DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018 23 MEHR TRANSPARENZ

Ist die Torerzielung korrekt? Handelt es sich um ein strafbares Foul im Strafraum? Ist der Platzverweis berechtigt? Auf DFB.de erläutern Bundesliga-Schiedsrichter seit Kurzem ihre Entscheidungen. In der neuen Rubrik „Ich erklär’s mal ...“ schildern sie ihre Sicht der Dinge und bringen damit Klarheit in vermeintlich unklare Spielszenen.

TEXT inen solch exklusiven Einblick in die Entschei- konkret besprochen wurde und ob die Entscheidung Arthur Ril dungsfindung und die Regelumsetzung der Unpar- am Ende wirklich richtig war, darauf gibt es auf DFB.de E teiischen hat es in dieser Form bislang noch nicht künftig die Antworten. Zu besagter Situation liest sich gegeben. Lutz Michael Fröhlich, Sportlicher Leiter der das dann beispielsweise wie folgt: Elite-Schiedsrichter und Projektleiter Video-Assistent, sagt: „Es ist ein Beitrag zur Transparenz, dass Schieds- : „Ich erklär’s mal. Nach jeder Torerzie- richter und Kommissionsmitglieder seriös, fachlich und lung findet ein kurzer Austausch zwischen Schiedsrich- dabei durchaus menschlich über Abläufe, Prozesse und ter und Video-Assistent statt, denn eine Torerzielung Beweggründe zu Entscheidungen sprechen. Das dürfte wird vom Video-Assistenten immer geprüft. So auch in besonders auch für den Schiedsrichter-Nachwuchs inte- diesem Fall. fragte mich, ob ich das Hand- ressant sein.“ spiel von Josip Drmi´c gesehen habe. Ich antwortete ihm, dass ich das nicht gesehen habe und nichts Unnatürli- „Nach dem Spiel ist vor der Diskussion“ – nach diesem ches in dem Vorgang erkennen konnte. Tobias berich- Motto sind strittige Situationen auch noch nach dem tete mir dann von dem Handspiel und empfahl mir, den Wochenende meist Thema in Freundeskreisen, unter Vorgang noch einmal in der ,Review-Area‘ am Video- Kollegen und in den Medien. Monitor anzuschauen. Um sicherzugehen, dass der Tref- fer nicht irregulär erzielt wurde, habe ich mir die Situa- Am 27. Spieltag beispielsweise erzielte Josip Drmi´c in tion dann noch mal angesehen. Ich konnte nach Ansicht der Partie zwischen Borussia Mönchengladbach und der der Bewegtbilder keinerlei Absicht erkennen. Der Ball TSG 1899 Hoffenheim den 1:1-Ausgleich. Schiedsrich- wurde aus kurzer Entfernung an den Arm geschossen, ter Martin Petersen suchte damals die „Review-Area“ der Arm bewegte sich zu keiner Zeit in Richtung Ball und auf. Was in dieser Situation zwischen dem Unparteii- war in einem absolut natürlichen Bewegungsablauf. Das schen auf dem Platz und dem Video-Assistenten in Köln Tor war für mich regulär erzielt und anzuerkennen.“ So gut kann Erfrischung schmecken.

Bitb_0_0_3er_Packshot_auf_Bank_2017_DFB_Schiedsrichter_Zeitung_210x297+3.indd 1 05.04.18 14:29 REPORT DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018 25 KOMMUNIKATION TRAINIEREN

Seit vielen Jahren gibt es Schulungen für Lehrwarte und Öffentlichkeitsmitarbeiter – und seit drei Jahren auch für die Chefs der Ausschüsse, die Obleute. SRZ-Mitarbeiter Marco Haase hat eine solche Fortbildung drei Tage lang in Bremen begleitet.

ie Situation ist keine einfache für den Kreis- Diese verzwickte Situation ist eine von mehreren, die TEXT Schiedsrichter-Obmann: Da ist ein junger Unpar- während der Schiedsrichter-Obleute-Schulung in Bre- Marco Haase D teiischer aus dem Talentkader, der sehr gute men Thema eines Rollenspiels sind, dokumentiert mit Leistungen zeigt und für den der Aufstieg in die nächst- der Videokamera. Gespielt werden die Rollen von den höhere Klasse vorgesehen ist. Da tritt auf einmal der Teilnehmern – 16 Obleuten aus acht Landesverbänden Vater auf den Plan, Präsident eines Fußballvereins, und in Deutschland, die sich zur dreitägigen Fortbildung in informiert den Obmann, dass der talentierte Schieds- der Hansestadt an der Weser eingefunden haben. Roter richter ab sofort Fußball in der Kreisliga spielen solle, Faden der Tagung: die adäquate Kommunikation des denn das Senioren-Team plagten Verletzungssorgen. Obmanns in Konfliktsituationen wie dieser. Bernhard Gutowski (Mitte) gibt den Diese Botschaft trifft nicht nur den Obmann hart, son- Teilnehmern Tipps dern besonders den Betreuer des Talentkaders, der nun Unter Anleitung von Günther Thielking aus Hagen (Nie- zur erfolgreichen überlegt, die Brocken hinzuschmeißen. dersachsen), pensionierter Grundschulrektor, ehemali- Gesprächsführung. REPORT 26 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018

ger DFB-Schiedsrichter und Mitglied des DFB-Schieds- die Betroffenen einvernehmlich einigen: Kurzzeitig, aber richter-Kompetenzteams, wird die vertrackte Kon- nur für diese Saison springt der Nach wuchs- Schieds- stellation durchgespielt. Der Obmann fungiert dabei als richter noch als Spieler für seinen Verein ein, um sich Konfliktlöser, als Mediator, und das bei nicht einfachen dann ab der neuen Saison voll und ganz auf die Tätig- Umständen. keit als Unparteiischer in höheren Spielklassen zu kon- zentrieren. Da ist der betroffene Nachwuchs-Unparteiische, der zwischen den Stühlen sitzt: volles Engagement für das Drei Tage lang widmen sich die Obleute aus Mecklen- Schiedsrichterwesen und Aufstieg in höhere Klassen – burg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bre- oder Fußball spielen für den eigenen Vater im Heimat- men, Niedersachsen, Westfalen, Württemberg und verein in der Kreisliga. Da ist der betroffene Vater, der Baden insbesondere den Themenbereichen Kommuni- als Präsident des Klubs seinen Sohn lieber spielen las- kation, Rhetorik und Konfliktlösungen – und das inten- sen möchte. Da ist der Betreuer des Talentkaders, der siv anhand konkreter Beispiele aus dem Alltag. Bei der gerade kurzzeitig die Welt nicht mehr versteht. Und alle mittlerweile zehnten Tagung dieser Art wird bei der Pro- sitzen an einem Tisch. grammgestaltung vor allem auf die Wünsche aus den Kreisen eingegangen. Günther Thielking: „Es kommt in einem solchen Medi- ationsverlauf darauf an, Informationen zu sammeln. Der Heribert Ohlmann aus Marpingen im Saarland, Mitglied Obmann hört sich die Parteien an, moderiert, arbeitet in der Schiedsrichter-Kommission Amateure, hebt die die spezifischen Interessen heraus und versucht, Lösun- Bedeutung einer solchen Fortbildung für Obleute her- gen zu finden, mit denen sich alle identifizieren können.“ vor: „Die Rolle des Obmanns umfasst viele Tätigkeiten: Am Ende sollte idealerweise eine Vereinbarung stehen, unter anderem die Verantwortung für die Organisation mit der alle leben können. des Ausschusses mit all seinen Aufgaben wie Ansetzun- Die Fortbildungen sind gen, Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation in den ver- Treffpunkt für Obleute aller Altersklassen Die gute Nachricht: In dieser konkreten Situation schafft schiedensten Gremien. Wer so viele und noch viel mehr und verschiedener der Obmann als Mediator eine gute Lösung, auf die sich Tätigkeiten managt, muss eine Führungspersönlichkeit Landesverbände. sein.“ Und dafür brauche es Schulungen wie die Obleute- Tagung.

Bei der Analyse der Gesprächssituationen diskutiert er mit den Teilnehmern auch nonverbale Kommunikation wie Mimik, Gestik oder Blickkontakt. „Gerade auf Kreis- ebene ist es eine große Herausforderung, schlechte Nachrichten möglichst so zu überbringen, dass wir kei- nen Unparteiischen verlieren“, sagt Ohlmann. „Wie erklären wir einem Nachwuchsmann, dass er dieses Jahr noch nicht aufsteigen kann? Wie legen wir einem älte- ren, erfahrenen Unparteiischen behutsam nahe, dass er seinen Platz in der höheren Klasse besser für einen Jün- geren zur Verfügung stellt?“

Gerade bei solch schwierigen Themen sei es für den Obmann wichtig, sich intensiv und auch schriftlich auf das Gespräch vorzubereiten, empfiehlt Ohlmann: „Alle Argumente für eine Entscheidung sollten vorher schrift- lich fixiert werden. Wichtig ist auch der Perspektiven- wechsel: Der Obmann sollte sich auch in die Rolle des betroffenen Schiedsrichters versetzen.“ Häufig sei es dann so, dass es bei zunächst vermeintlich konträren Positionen Schnittmengen gebe und Kompromisse möglich seien. So zum Beispiel, wenn man dem jungen, aufstrebenden Talent, das vielleicht noch nicht dieses Jahr, sondern nächstes Jahr dran sei, signalisiere, dass es für die Leitung attraktiver Begegnungen auf jeden Fall fest eingeplant sei. Außerdem sei es entscheidend, das Gefühl zu vermitteln: „Als Obmann will ich helfen. Es geht immer um den betroffenen Unparteiischen, nicht um mich.“

Gute Kommunikation, Gespräche positiv führen, Kon- flikte erfolgreich lösen – all diese Themen sind für die Teilnehmer unverzichtbare Programmpunkte. Ein Punkt insbesondere auch: der von Lehrgangsleiter Udo Penß- ler-Beyer vielfach hervorgehobene „gegenseitige Aus- 27

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1_Unter den Augen der Referenten (rechts: Heribert Ohlmann) stellten die Teilnehmer typische Alltagssituationen von Obleuten nach. 2_Günther Thielking (Mitte) beim Gedankenaustausch mit Gerrit Ludwig (Niedersachen, links) und Frank Geissler (Schleswig-Holstein).

tausch“. Wann sonst besteht die Gelegenheit, dass etwa Tätigkeit erleichtern können: „Obleute sollten sich für Ivo Leonhardt mit Günther Adermann ins Gespräch ihren Ausschuss möglichst gute Leute holen, die eigen- kommt? Leonhardt ist seit 2013 Vorsitzender des verantwortlich, loyal und mit genügend Freiräumen Schiedsrichterausschusses im Kreis Mannheim (Badi- ihren Aufgabenbereich wahrnehmen können“, erklärt scher Fußballverband); Günther Adermann seit 2005 Bernhard Gutowski. „Und grundsätzlich braucht jeder Obmann des Bezirksschiedsrichter-Ausschusses im von Obmann eine positive Einstellung zu den Menschen, Mannheim 600 Kilometer entfernten Bergedorf (Ham- mit denen er zu tun hat, also zu seinen Schiedsrichtern. burger Fußball-Verband). Sie alle nehmen am Ende mit, Die Kreis-Schiedsrichter spüren ganz genau, ob ihr dass es die grundlegenden Dinge sind, die die Obmann- Obmann vorbereitet ist und für die Sache brennt.“

GESAGT …

… was die Teilnehmer der Obleute- Jürgen Lütkehaus, seit 1989 Vorsitzender len, dieses Bildungswochenende in Tagung mit nach Hause nehmen: der Schiedsrichtervereinigung Steinfurt Anspruch zu nehmen. Die DFB-Referenten (Fußball- und Leichtathletik-Verband West- sind Experten mit großer Erfahrung in „Der Austausch mit Kollegen aus anderen falen) Menschenführung mit all ihren Facetten.“ Kreisen zeigt mir interessante Wege auf, Sascha Schnor, seit 2017 Schiedsrichter- meine Arbeit neu aufzustellen.“ „Mir geht es um Weiterbildung und Auf- obmann des Kreises Oldenburg-Stadt (Nie- Marcus Neumann, seit 2015 Schiedsrich- frischung von Erlerntem – denn nur durch dersächsischer Fußballverband) ter-Obmann im Landkreis Verden (Nieder- ständige Schulung bleibt man aktuell.“ sächsischer Fußballverband) Günther Adermann, seit 2005 Obmann „Die Rollenspiele waren sehr informativ des Bezirksschiedsrichter-Ausschusses Ber- und für die Arbeit an der Basis gut zu ver- „Konfliktmanagement lehren wir unsere gedorf (Hamburger Fußball-Verband) wenden.“ Schiedsrichter, die mit diesen Instru- Frank Geissler, s e it 2016 O b m a n n i m K r e i s- menten auf dem Platz umgehen. Hier wird „Ich habe mitgenommen, wie man das fußballverband Segeberg (Schleswig-Hol- uns gelehrt, wie wir als Manager einer Zusammenwirken der Gruppe mit dem steinischer Fußballverband) großen Gruppe außerhalb des Platzes mit Schiedsrichterausschuss positiv beein- Konflikten umgehen können.“ flussen kann.“ „Hochinteressant waren die Themen Ivo Leonhardt, seit 2013 Obmann im Kreis Jörn Göttsch, seit 2016 Vorsitzender des Gesprächsführung, Kommunikation und Mannheim (Badischer Fußballverband) Schiedsrichterausschusses des Kreises Plön Konfliktmanagement, außerdem die (Schleswig-Holsteinischer Fußballverband) Grundsätze beim Einsatz eines Media- „Ich bin dabei, weil man das ganze Leben tors.“ lang lernt. Ich habe neue Menschen ken- „Bereits 2011 habe ich an der DFB-Lehr- Stefan Wiese, seit 2017 stellvertretender nengelernt und mitgenommen, dass man warteschulung teilgenommen. Danach Vorsitzender des Schiedsrichterausschus- mit guter Vorbereitung und Methodik haben wir unsere Lehrarbeit in Oldenburg ses im Schleswig-Holsteinischen Fußball- mehr erreichen kann.“ optimiert. Ich kann jedem KSO empfeh- verband REPORT 28 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018 „ECHTE MANAGER AN DER BASIS“

Udo Penßler-Beyer (Weinbergen) ist Mitglied der DFB- Schiedsrichter- Kommission Amateure und leitete die Fortbildung in Bremen.

Innerhalb der DFB-Schiedsrichter-Kommission Amateure ist Udo Penßler-Beyer der verantwortliche Mann für die Obleute-Schulungen. Im SRZ-Interview spricht er über die bisherigen Erfahrungen bei diesen Lehrgängen.

INTERVIEW eit mittlerweile drei Jahren organisiert der DFB bänden, eine auf die Bedürfnisse der Obleute zuge- Marco Haase diese speziellen Fortbildungen für Obleute. Wie schnittene, praxisbezogene Fortbildung ins Leben zu S ist die Idee dazu entstanden? rufen. Gemeinsam mit meinen Kollegen Andreas Thie- Zuvor gab es schon seit vielen Jahren Schulungen für mann und Wolfgang Mierswa sammelten wir daraufhin die Lehrwarte und Öffentlichkeitsmitarbeiter – aber für Themen und entwickelten ein Konzept. Wobei es gar die Chefs der Ausschüsse hatten wir bisher noch kein nicht so einfach war, ein Programm auf die Beine zu stel- Angebot. So entstand der Wunsch aus den Landesver- len, das exakt auf jeden Obmann zugeschnitten ist ... 29

Sie zielen damit auf die unterschiedlichen Vorausset- Wie viele Fortbildungen und Teilnehmer hat es inzwi- zungen und Strukturen in den einzelnen Kreisen und schen gegeben? Verbänden ab? Nachdem wir im Jahr 2015 mit einer Pilotveranstaltung Genau! Wir haben einerseits Obleute, die das Amt begonnen hatten, war die jüngste Tagung in Bremen gerade erst übernommen haben. Andererseits gibt es nun bereits die zehnte Veranstaltung dieser Art. Vier- Kollegen, die seit mehr als 40 Jahren den Vorsitz füh- mal pro Jahr laden wir an verschiedenen Standorten in ren. Wir haben Teilnehmer aller Generationen. Zudem Deutschland ein. Dabei ist uns daran gelegen, über- haben wir Obleute aus großen und kleinen Städten, schaubare Gruppengrößen von maximal 20 Personen Kreisen, Stadtstaaten, Flächenländern. Natürlich wol- zu haben, sodass man intensiv arbeiten kann. In ganz len wir bei den Schulungen die Wünsche aller Teilneh- Deutschland zählen wir etwa 400 Schiedsrichter- mer, so gut es geht, berücksichtigen. Zudem geht es Obleute, von denen bisher knapp die Hälfte an unseren uns darum, möglichst praxisbezogene Inhalte anzu- Schulungen teilgenommen hat. bieten, mit denen jeder Obmann zwischen Flensburg und Garmisch sowie Aachen und Cottbus etwas anfan- gen kann. „Dieses Angebot ist auch Wert-

Welche Kompetenzen möchten Sie den Obleuten ver- schätzung für das großartige mitteln? Kommunikation, Rhetorik, Schlichtung, Konfliktmanage- Engagement der Obleute in den ment, der Umgang mit schwierigen Gesprächssituatio- nen – mit solchen Herausforderungen hat im Prinzip Kreisen.“ Udo Penßler-Beyer jeder Obmann, jede Obfrau zu tun, egal aus welchem Kreis in Deutschland er oder sie kommt. Die Rolle eines Welche Abdeckung streben Sie noch an? Obmanns ist vergleichbar mit der eines Managers. Er Bis Ende des Jahres 2019 wollen wir mindestens 75 Pro- leitet seinen Ausschuss, vertritt die Interessen nach zent aller Kreise in Deutschland erreicht haben. Das ist innen und nach außen, ist das Gesicht der Schiedsrich- meiner Meinung nach auch realistisch, wenn man terinnen und Schiedsrichter seines Kreises und muss bedenkt, dass zum Beispiel aus dem Nordostdeutschen auch professionell mit Konflikten umgehen. Manch einer Fußballverband bereits 80 Prozent aller dortigen Obleute von ihnen ist gleichzeitig auch noch Ansetzer und hilft teilgenommen haben. bei der Lehrarbeit mit.

Werden die Obleute-Schulungen auch nach 2019 ein Mit welchen Erwartungen kommen die Obleute zu den fester Bestandteil des Aus- und Fortbildungspro- Fortbildungen? gramms bleiben, so wie es beispielsweise bei den Das Hauptanliegen ist die Praxistauglichkeit der Inhalte. Lehrwarten der Fall ist? Die Obleute erwarten praktische Hilfen für ihren Alltag. Die Rückmeldungen der bisherigen Teilnehmerinnen Daher bilden die Gruppenarbeit sowie die Simulation und Teilnehmer sind jedenfalls sehr positiv und machen bestimmter, typischer Gesprächssituationen, die wir uns Mut, den jetzigen Weg weiterzugehen. Vonseiten anschließend mit Video analysieren, Schwerpunkte der der DFB-Schiedsrichter-Kommission werden wir uns Tagung. Darüber hinaus geben wir Tipps zum Umgang ganz sicher stark dafür machen, dass es auch künftig mit dem DFBnet sowie zur professionellen Präsentati- Udo Penßler-Beyer Angebote für diejenigen gibt, die den Ausschüssen an onstechnik. unterhielt sich am der Basis vorstehen. Rande der Veran- staltung in Bremen mit Aus welchem Umfeld kommen die Referenten bei den SRZ-Reporter Marco Tagungen? Haase. Innerhalb des DFB-Schiedsrichter-Kompetenzteams haben wir einige Kollegen mit großem Sachverstand in so wichtigen Bereichen wie Pädagogik, Psychologie, Soziologie, Bildung, Ausbildung und Kommunikation. Hier in Bremen haben zum Beispiel Günther Thielking, Bernhard Gutowski und Heribert Ohlmann einen tollen Job gemacht. Bei früheren Veranstaltungen haben uns auch Andreas Thiemann und Wolfgang Mierswa unter- stützt.

Ein wichtiger Aspekt bei den Obleute-Tagungen ist sicherlich auch der Austausch unter den Teilneh- mern ... Dieser ist uns sogar sehr wichtig. Deshalb ist uns auch daran gelegen, Obleute aus möglichst unterschiedli- chen Landesverbänden zusammenzubringen, die von ihren ganz unterschiedlichen Erfahrungen berichten – oder einfach mal ihren Nachbarn fragen können, wie er denn mit bestimmten Herausforderungen umgeht. Wir nennen es „Lernen vom anderen“. UNITED BY FOOTBALL. VEREINT IM HERZEN EUROPAS.

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Dass der Name Müller in Verbin- dung mit dem Deutschen Fußball- Bund schon seit jeher ein Volltref- fer ist, ist spätestens seit den Nationalspielern Gerd und Thomas Müller bekannt. Ganz ohne Tore und Länderspiele hat es hingegen Helga Müller geschafft, den Verband zu prägen, und kann dabei auf eine mindestens genauso erfolgreiche Geschichte beim DFB zurückblicken.

ass Helga Müller als gelernte Arzthelferin und haben wir mit unseren Weltmeistern gefeiert – bis mor- TEXT Operationsassistentin überhaupt zum DFB kam, gens früh, das bleibt natürlich unvergesslich!“ Arthur Ril D war einem Zufall geschuldet: Ende 1979 zeigte ihr eine Kollegin aus der HNO-Praxis eine Stellenanzeige Nach den Berechnungen ihres Mannes hat die gebür- des DFB. Es ging um Sportmedizin. „Ich habe montags tige Aschaffenburgerin in mehr als 38 Dienstjahren durch angerufen, mich mittwochs vorgestellt und wurde ein- das Pendeln zwischen Wohnsitz und Arbeitsplatz eine gestellt – ohne Zeugnis. Ich hatte nichts dabei, aber Distanz zurückgelegt, die der 25-maligen Umrundung mein Mann Lothar sagte: Du musst da hin“, erzählt Helga der Erde entspricht. Es ist ein langer Weg, der nun zu Müller mit einem Schmunzeln. „Die Zeit hat mir sehr Ende gegangen ist. Es war aber auch ein spannender, viel Freude und Spaß bereitet, sonst wäre ich nicht so ereignisreicher und vielfältiger. Für den neuen Lebens- lange hiergeblieben.“ Das Aufgabengebiet der 61-Jäh- abschnitt ihrer passiven Phase der Altersteilzeit hat Helga rigen war bis zuletzt die Schiedsrichter-Abteilung: „Die Müller schon genaue Vorstellungen: „Einfach reisen und Schiedsrichter waren schon immer eine Gemeinschaft, die große weite Welt sehen.“ Nicht versuchen, einfach die bestrebt war, Höchstleistungen abzuliefern.“ machen!

Zur Verabschiedung schickte unter anderem DFB-Ehren- präsident Egidius Braun per Brief herzliche Worte an Helga Müller, die als Mitarbeiterin seines Präsidenten- büros eine besondere Beziehung zu ihm hatte und nach wie vor in freundschaftlichem Kontakt zu Braun steht. Helga Müller selbst fasste sich kurz und gab ihren Kol- leginnen und Kollegen einen Rat: „Versucht es nicht nachzumachen, macht es nach!“ 38 Am liebsten erinnert sich Helga Müller an den Sommer Jahre lang war Helga Müller 1990 zurück. „Der Gewinn der Weltmeisterschaft bleibt beim DFB angestellt, bevor sie unvergessen. Mein Mann Lothar war überzeugt, dass wir ins Finale einziehen. Also haben wir ein halbes Jahr vor- nun in die passive Phase der Helga Müller her unseren Flug nach Rom gebucht und hatten das Altersteilzeit geht. arbeitete bis zuletzt Glück, dass die Mannschaft ins Endspiel einzog und wir in der Schiedsrichter- beim Titelgewinn im Stadion dabei waren. Anschließend Abteilung. MELDUNGEN 32 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018

AUS DEN VERBÄNDEN WÜRTTEMBERG 1 Neue Konzepte zur Gewinnung und Erhaltung

Anfang März trafen sich die Vertreter der 39 Schiedsrichter-Gruppen des Württem- bergischen Fußballverbandes (wfv) in Wan- gen im Allgäu zur jährlichen Arbeitstagung „Schiedsrichter-Gewinnung und -Erhaltung“. 2 Neben den Entwicklungen im vergangenen Jahr, in dem zum einen wieder mehr als 670 Neulinge ausgebildet werden konnten, wurde zum anderen auch erreicht, die Neu- linge deutlich länger an der Pfeife zu halten. Um diesen Trend fortzuschreiben, wurde an neuen Konzepten gearbeitet, etwa dem Online-Neulingskurs, der erweiterten Paten- schaft für neue Schiedsrichter (etwa an Stütz- punkten) sowie der Gewinnung von Referees, 1_ Ein NDR-Team berichtete über das „Schiedsrichterpraktikum“ in Schleswig-Holstein. die nicht aus dem Fußball-Metier kommen. 2_ Die Vertreter der württembergischen Schiedsrichter-Gruppen bei ihrer Tagung in Wangen im Allgäu. TEXT Dr. Jochen Härdtlein

SÜDWEST NIEDERRHEIN SCHLESWIG-HOLSTEIN

Alle Anwärter bestehen Schiedsrichter-Lehrgang Schiedsrichterpraktikum beim ersten Versuch war ein voller Erfolg trägt erste Früchte

27 Teilnehmer nahmen am ersten Anwärter- Am letzten März-Wochenende fand der zen- Drei Ziele verfolgt das sogenannte „Schieds- Lehrgang des Jahres in der Sportschule Eden- trale Schiedsrichter-Neulingslehrgang des richterpraktikum“ in Schleswig-Holstein: koben teil. Dort konnte Verbands-Obmann Fußballverbandes Niederrhein (FVN) in der Schiedsrichter-Gewinnung, nachhaltige Erhard Blaesy außerdem auch ein Team der Sportschule Wedau statt. Das Angebot, Unterstützung für Vereine und die Verbes- Fernsehsendung „Galileo“ (Pro7) begrüßen, innerhalb von drei Tagen Schiedsrichter zu serung des Umgangs aller Akteure mitein- das den Lehrgang begleitete. Moderator Jan werden, fand dabei großen Anklang: ander auf und neben dem Spielfeld. Stremmel nahm selbst an der Ausbildung 124 Teilneh mer legten am Ende erfolgreich Das Konzept: Durch verschiedene Maßnah- teil. die Schiedsrichter-Prüfung ab. men können Interessierte Einblicke in die Die heterogene Gruppe – der jüngste Teil- Nachdem FVN-Ömi und Kreislehrwart Kevin Welt der Unparteiischen erhalten und sich nehmer war zwölf Jahre alt, der älteste Domnick den Lehrgang eröffnet hatte, wurde sogar selbst darin ausprobieren. So wurden 53 Jahre – arbeitete während des Lehrgangs er im Folgenden von Markus Wollenweber seit Anfang 2017 beispielsweise im Rahmen sehr gut zusammen und motivierte sich auch (Schiedsrichter der 3. Liga) und Verbands- der Ferienfreizeiten der DFB-Stiftung Egidius gegenseitig. Das merkte man vor allem am lehrwart Ralf Wermelinghoff unterstützt. Braun neue Schiedsrichter gewonnen – nicht Vorabend der Prüfung, als alle in selbst orga- Letzterer organisierte und leitete auch den nur in Schleswig-Holstein, sondern auch für nisierten Gruppen nochmals den Lehrgangs- Prüfungstag. die Verbände in Berlin und Niedersachsen. stoff durchgingen und sich so auf die Prü- „Der Lehrgang war ein voller Erfolg, auf den Das Praktikum von Mirko Kämpfer (NFV-Kreis fung vorbereiteten. wir stolz sein können und der nächstes Jahr Lüneburg) wurde zuletzt sogar von einem So gab es am Ende ein außerordentliches wiederholt werden wird“, sagte Schiedsrich- Kamerateam des NDR begleitet. Lehrgangsergebnis, das bisher noch nie ter-Obmann Andreas Thiemann. Ralf Wer- Neben dem SHFV-Präsidenten Hans-Ludwig geschafft wurde: Alle Teilnehmer erreichten melinghoff ergänzte: „Drei anstrengende Meyer unterstützen auch die beiden Bun- erfolgreich im ersten Anlauf den Abschluss! Tage haben sich gelohnt. Die Resonanz war desliga-Schiedsrichter Tobias Stieler und Als Lehrgangsbeste wurden Finn Elser, Mika dieses Jahr wieder klasse und wir sind stolz das Projekt. Nicolai Decker und Jan Stremmel ausge- darauf, was wir auf die Beine gestellt haben. TEXT Dajinder D. Pabla zeichnet. Mit Robin Küntzler konnte ein wei- Nach der vierten Auflage dieses zentralen terer Prüfling bestehen: Er schaffte als erster Lehrgangs haben wir nun schon knapp Teilnehmer der neu aufgelegten Online-Aus- 500 Schiedsrichter auf diese Weise ausge- bildung des SWFV den Abschluss. bildet.“ TEXT Roland Schäfer TEXT Kevin Domnick alle wissen, wo sein auto steht. er pfeift drauf. Dennis, Schiedsrichter der SG Johannesberg 1926. Wie schon sein Vater sorgen er und seine 58.000 Kollegen unbeirrt dafür, dass sich rund 7 Millionen Mitglieder an die Spielregeln halten. Mehr über Dennis und den Amateurfußball in Deutschland auf kampagne.dfb.de

UNSERE AMATEURE. ECHTE PROFIS. AUSBLICK 34 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 03|2018

VORSCHAU 4/2018 IMPRESSUM Die nächste Ausgabe erscheint am 25. Juni 2018.

HERAUSGEBER Deutscher Fußball-Bund Otto-Fleck-Schneise 6 TITELTHEMA 60528 Frankfurt/Main Telefon 069/6788-0 ABSCHLUSS VON www.dfb.de „DANKE SCHIRI.“ VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT IN DORTMUND Ralf Köttker

KOORDINATION/KONZEPTION David Bittner, Thomas Dohren

KONZEPTIONELLE BERATUNG Der vorletzte Bundesliga-Spieltag ist auch in diesem Jahr wieder der Termin Lutz Lüttig für die bundesweite Abschluss-Veranstaltung von „Danke Schiri.“. Nachdem sich die Preisträger aller Landesverbände im vergangenen Jahr in Leipzig MITARBEITER DIESER AUSGABE trafen (Archivfoto), heißt das Ziel in diesem Jahr Dortmund. Neben einem fuß- Tobias Altehenger, Norbert Bause, Marco Haase, ballerischen Rahmenprogramm steht vor allem der Ehrungsabend im Mittel- David Hennig, Arthur Ril, Günther Thielking, punkt des Events, von dem Bernd Peters berichtet. Lutz Wagner, Rainer Werthmann

BILDNACHWEIS David Bittner, firo sportphoto, Amac Garbe, Getty Images, Marco Haase, imago, Christian LEHRWESEN Kaufmann

LAYOUT, TECHNISCHE GESAMT- DFB-LEHRBRIEF: HERSTELLUNG, VERTRIEB UND DER EINSATZ DER ANZEIGEN-VERWALTUNG BONIFATIUS GmbH GELBEN KARTE Karl-Schurz-Straße 26 33100 Paderborn

ABONNENTEN-BETREUUNG BONIFATIUS GmbH Karl-Schurz-Straße 26 Wenn die Spieler regelwidrig spielen oder nicht auf den Schiedsrichter hören 33100 Paderborn möchten, dann hat der Unparteiische ein wichtiges Werkzeug auf dem Platz [email protected] dabei: die Persönlichen Strafen. Der kommende DFB-Lehrbrief Nr. 79 befasst sich speziell mit dem Thema „Die Gelbe Karte als Mittel zur Disziplinierung“. Die Schiedsrichter-Zeitung des DFB erscheint Günther Thielking stellt den Inhalt dieser Lehreinheit vor. zweimonatlich. Die Bezugsgebühren für ein Abonnement betragen jährlich 15 Euro ein- schließlich Zustellgebühr. Kündigungen des Abonnements sind sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Zeitraums mitzuteilen. REPORT Für unverlangt eingesandte Manuskripte und VIDEOBEWEIS: Fotos wird keine Haftung übernommen. DIE ERGEBNISSE DER TESTPHASE

Zwei Jahre lang wurde der Videobeweis in der Bundesliga getestet, eine Saison lang nun sogar schon in der Praxis. Auch wenn anfangs nicht alles glattlief, hat sich die Technik inzwischen bewährt und wird auch in der kommenden Spiel- zeit der Bundesliga angewendet. Tobias Altehenger berichtet über den aktu- ABO ellen Stand dieses Projekts. bequem per E-Mail: [email protected] Mercedes-Benz und die neue C-Klasse unterstützen „Die Mannscha!“ auf ihrem Weg zum nächsten Stern. Mehr unter www.mercedes-benz.de #BestNeverRest

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