DDR: Gerhard Schulz War Ihr Erster FIFA- Schiedsrichter

DDR: Gerhard Schulz War Ihr Erster FIFA- Schiedsrichter

Offizielles Organ für die Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund 6/2011 November/Dezember Vor dem Firmensitz: Winfried Baaser mit seinem schon legendären Schiedsrichter-Set. Titelthema Momentaufnahme Zeitreise Lehrbrief Weltmeister im Warum Matthias DDR: Gerhard Die Persönlichen Ausrüsten: Wer Anklam plötzlich Schulz war ihr Strafen: Wie sie ist eigentlich Trost von den erster FIFA- Neulinge am Herr „Allzweck“? Spielern bekam Schiedsrichter besten umsetzen Editorial Inhalt Liebe Leserinnen und Leser, Auch wenn es nur wenige Fälle waren: Wir müs- sen den Anfängen wehren und klare Grenzen Fußball ist nichts für „Weicheier“, es geht in ziehen. Emotionen sind dabei nicht das Pro- den Zweikämpfen zur Sache, und die Spieler blem, sondern die Art und Weise, wie sie am sind in der Wahl ihrer Mittel nicht immer zim- Spielfeldrand vorgetragen werden. Sprengt das perlich. Zu Recht, denn ein wichtiges Merkmal Verhalten der Mannschafts-Verantwortlichen für erfolgreiche Mannschaften ist neben der diese Grenzen, entsteht Schaden für den Fuß- spielerischen Qualität immer auch ihre Zwei- ball und für die Schiedsrichterei. Bei internatio- kampfhärte. Die lässt das Regelwerk des Fuß- nalen Spielen herrscht an den Seitenlinien balls ja auch zu, im Volksmund gern zusam- übrigens eine selbstverständliche Disziplin und mengefasst im Begriff „gesunde Härte“, Ordnung. Möglicherweise eine Folge der drako- wobei das Wort „gesund“ schon recht deutlich nischen Strafen der Sportgerichtsbarkeit für das Maß vorgibt. solche „Auftritte“ der aggressiven Art. Denn es gibt natürlich Grenzen. Der Kampf um Ein Wort noch zu unseren Vierten Offiziellen. den Ball wird spätestens dann unsauber, wenn Auch von ihnen wird nicht immer alles richtig Titelthema Der Erfolg steckt im Detail Emotion statt Wie der Schiedsrichter-Ausrüster „Allzweck“ funktioniert 4 Aggression Analyse Wenn der Angreifer die „Notbremse“ Herbert Fandel, selbst zieht das Zielobjekt nicht mehr der Ball, sondern Vorsitzender Lehrreiche Szenen aus der Bundesliga 8 der Gegenspieler ist. Dies geschieht häufig der DFB- aus der Situation heraus und ungewollt, Schiedsrichter- Panorama 13 manchmal leider auch sehr bewusst. Für die Kommission. Spielstrafe ist das egal, sie muss verhängt Regel-Test werden, in der Wahl der Persönlichen Strafe gemacht. Trainer stehen während eines Spiels Gedränge beim Schiedsrichter-Ball? hat der Schiedsrichter Gestaltungsmöglich- mal mehr, mal weniger unter Druck und man 17 keiten. muss als Vierter Offizieller spüren, wann es angebracht ist, deeskalierend und ausglei- Lehrwesen Es sind ja auch die Grenzfälle, die den Fußball chend zu wirken. Erkennbar eingreifen sollen Bessere Starthilfe für Neulinge so interessant machen; wäre alles erlaubt, sie erst, wenn die Grenzen des Respekts und Das Hauptproblem für junge Schiedsrichter würde sich wohl kaum jemand für diesen des sportlichen Anstands überschritten wer- sind die Persönlichen Strafen 18 Sport interessieren. Innerhalb der geschriebe- den. Dann erwarten wir das allerdings auch Aktion nen und ungeschriebenen Regeln erfolgreich von ihnen. Ihre Richtschnur: Emotionen ja – zu sein, ist das Ziel unseres Spiels, wobei das Aggressionen nein. Siegerehrung in Hannover Gewinnenwollen um jeden Preis niemals dort- Der DFB lädt die „Schiedsrichter des Jahres“ ein 21 hin führt, denn das hat nichts mit Sport zu Von Beginn der Amtszeit hat die Schiedsrich- Blick in die Presse tun. Dass Grenzen und Regeln eingehalten ter-Kommission ihren Willen bekundet, trans- Was die anderen schreiben 22 werden, dafür tragen die nahezu 80.000 parent und offen zu sein. Damit ist auch die Schiedsrichter in unserem Land die Verant- Kommunikation mit unseren Trainern und Momentaufnahme wortung. Aber nicht nur sie allein. Managern gemeint. Sie ist die einzige Möglich- keit, Verbesserungen zu erreichen. Weshalb ich Was war da los, Matthias Anklam? Zu Beginn der Saison sorgte die Schlagzeile allen Schiedsrichtern auch in schwierigen Situa- Der Assistent nahm mitten im Spiel eine Auszeit 23 „Schiedsrichter pfeifen Trainer zurück “ für tionen empfehle, sich der Kommunikation Außenansicht Furore. Die Medien hatten schnell erkannt, niemals ganz zu verschließen. Sie ist die Stärke Helden der Seitenlinie dass dieses Thema „Stimmung in die Bude“ eines souveränen Schiedsrichters. Nachdenkenswertes über die bringen könnte und kochten es hoch. Dabei nicht-neutralen Assistenten 25 war der Ausgangspunkt unserer Anweisungen In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Freude und an die Schiedsrichter im professionellen Fuß- Erkenntnisgewinn mit dieser Ausgabe unserer ball das in einigen Fällen gegen Ende der ver- DFB-Schiedsrichter-Zeitung. Zeitreise gangenen Saison stark zunehmende „Theater“ Von Beruf Schiedsrichter-Lehrer an den Auswechselbänken. Herumschreiende Wie Gerhard Schulz nach dem Zweiten Weltkrieg und wild gestikulierende Trainer oder Co-Trai- das Schiedsrichter-Wesen in der DDR aufbaute 26 ner eiferten gegen Schiedsrichter-Entschei- dungen und attackierten mit ihrem Vorgehen – Aus den Verbänden 32 ungewollt, vielleicht auch manchmal gewollt – die Autorität des Schiedsrichters. Ihr Herbert Fandel Vorschau 6/2011 34 Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen Teil herauszunehmen. SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 3 Titelthema Der Erfolg steckt im Als Winfried Baaser 1965 Schiedsrichter wurde, besorgte er sich sein Trikot, ein schlichtes schwarzes Wühltisch bei C&A. Offizielle Ausrüster gab es damals nicht. Heute ist der 69-Jährige mit seiner Firma artikel“ selbst der größte Ausstatter für Unparteiische. SRZ-Mitarbeiter David Bittner hat den Erfinder und vieler anderer Fußball-Utensilien – in seinem Firmensitz in Trechtingshausen am Rhein besucht. enn Winfried Baaser ausholt, Wum die Geschichte von der Erfindung des Schiedsrichter-Sets zu erzählen, merkt man es sofort: Diese Story musste er schon öfter erzählen. Deshalb weiß er auch heute noch jedes Detail von jenem Pokalspiel im Rheinland Anfang der 70er-Jahre zwischen Ander- nach und Neuwied. Kurz gesagt: Er hatte zu Hause seine Pfeif- Utensilien vergessen und musste sich vor Ort alles zusammenbor- gen. „Diese Probleme im Vorfeld der Partie nahm ich damals mit ins Spiel, und meine Leistung war dementsprechend schlecht“, erzählt Winfried Baaser. Und trotzdem war es ein guter Tag – im Nachhinein gesehen. Denn er hat das berufliche Leben des Unparteiischen völlig verändert. Zu Hause angekommen, entwickelte er die Idee für das Schiedsrichter- Winfried Baaser und Verkaufsleiter Andreas Klee arbeiten ständig an der Optimierung ihrer Pro- Set. „Es sollte eine Mappe sein, dukte und Vertriebswege. die alles beinhaltet, was ein Schiedsrichter zur Spielleitung Großhandlung, hatte aber schon Schiedsrichter-Set war dazu die machen, nutzte Baaser schon vor braucht.“ Baaser war damals immer den Wunsch, sich selbst- richtige Idee! 38 Jahren das gleiche Medium wie Geschäftsführer einer Sanitär- ständig zu machen. Und das heute: Er legte ein Werbeblatt der Die Erfahrung, dass eine eigene DFB-Schiedsrichter-Zeitung bei. Firma so manche schlaflose Nacht bringen kann, machte der Ein Volltreffer, denn die Leser Geschäftsmann gleich zu Beginn: waren ja alle potenzielle Kunden „Damit sich die Produktion lohnte, und schienen nur auf dieses Ange- mussten wir eine entsprechend bot gewartet zu haben: 30.000 große Stückzahl produzieren las- Exemplare des Schiedsrichter-Sets sen. Das kostete mehrere hundert- verkaufte er gleich im ersten Jahr. tausend Mark und war ein großes „Bald darauf boten wir Gelbe und Risiko – wir wussten ja nicht, ob Rote Karten auch einzeln an und uns jemand das Ding abkaufen hatten schnell einen riesigen würde.“ Die flachen schwarzen Umsatz bei Spielnotizkarten und Etuis ließ Baaser damals im pfälzi- Pfeifen, sogar bei Kugelschrei- schen Ort Kirn nähen, dort war die bern“, schildert der Inhaber den entsprechende Industrie quasi vor Aufschwung seiner Firma. Baasers der Haustür angesiedelt. Und um Erfolgsrezept damals: Er dachte Historisch: Mit dem grünen Kragen kam erstmals Farbe in die sein neues Produkt bei den poten- die Dinge durch bis ins letzte Trikots der Firma „Allzweck“. ziellen Kunden bekannt zu Detail, schließlich kannte er als 4 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2011 und seiner Firma schließlich sogar zum Durchbruch über Deutsch- lands Grenzen hinaus. Man schrieb Nachgefragt das Jahr 1978, die Fußball-Welt- Detail meisterschaft in Argentinien sollte Was bedeutet eigentlich b+d? in einigen Monaten beginnen, als der Firmenchef direkt bei der FIFA Auf dem aktuellen Katalog ist außer dem Firmennamen Oberhemd, noch vom anrief mit der Bitte, „etwas Neues“ „Allzweck Sportartikel“ das Logo „b+d“ abgedruckt. Das „b+d-Allzweck- Sport- vorstellen zu dürfen. findet sich auch auf Gelben und Roten Karten, Assistenten- Fahnen und Trikots wieder. Was es damit auf sich hat, des Schiedsrichter-Sets – „Die FIFA-Leute dachten zunächst, erklärt Winfried Baaser: „Gemeinsam mit einem Geschäfts- ich wollte ihnen neue Schienbein- partner gründete ich damals die Firma schützer präsentieren – die waren ,b+d’. Über sie wurde die Belieferung damals im Trend“, erzählt Baaser, des Sportfachhandels abgewickelt. Das ehemaliger Oberliga-Referee und der aber seine Fahnen an den ,b’ stand für meinen Nachnamen, das ‚d’ Bundesliga-Linienrichter die klei- Mann bringen wollte. Immerhin: für den Namen meines Partners. Paral- nen Probleme der Schiedsrichter. Der redegewandte Rheinländer lel dazu gab es unter dem gleichen Dach „So entwickelten wir zum Beispiel wurde zum FIFA-Sitz in die Schweiz

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