ZEITSCHRIFT FÜR DIE VEREINTEN NATIONEN UND IHRE SONDERORGANISATIONEN BONN • AUGUST 1973 • 21. JAHR6. • EINZELH. 2,50 DM VEREINTE NATIONEN

UN • IAEA • ILO • FAO

UNESCO • WHO • BANK

IFC • IDA • FUND

ICAO • UPU • ITU

WMO • IMCC

GATT • UNCTAD

UNDP•UNCDF

UNIDO

ECE • ECAFE

ECLA • ECA

UNHCR•UNRWA

UNICEF • UNITAR

HERAUSGEBER: DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR DIE VEREINTEN NATIONEN (DGVN) VERLAG: MÖNCH-VERLAG • KOBLENZ • POSTFACH 15 60 73 DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR DIE VEREINTEN NATIONEN BONN

INHALTSVERZEICHNIS Präsidium : Dr. , MdB, Bonn Fritz Berg, ehemaliger Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Köln Die Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen .... 101 Bundeskanzler von , Bundesminister des Auswärtigen Georg von Broich-Oppert, Botschafter a. D., Thomasberg/Siebengebirge Der deutsche Aufnahmeantrag im Sicherheitsrat 105 Dr. Werner Dankwort, Botschafter a. D., von Gerhard Menning Harwich/USA Landesbischof D. Hermann Dietzfelbinger, München Felix von Eckardt, Staatssekretär a. D., Von San Franzisko bis zur Aufnahme in die Vereinten Nationen . . 107 Hamburg von Dr. Edgar Gerwin Bundesminister Dr. , Bonn Prof. Dr. , MdB, Bundeskanzler a. D. Ministerpräsident a. D. Heinrich Hellwege, Die persönliche Meinung: Neuenkirchen/NE Dr. Lorenz Kardinal Jaeger, Paderborn Was kostet uns das? 109 Dr. , MdB, von Kurt Seinsch Bundeskanzler a. D. Prof. Dr. Herbert Lewin, Die beiden deutschen Staaten in den Vereinten Nationen 112 Heusenstamm-Basten wald Dr. Martin Löffler, Rechtsanwalt, Stuttgart von Dr. Hans-Heinrich Mahnke Prof. Dr. Hermann Mosler, Der Weg der Deutschen Demokratischen Republik in die UNO . . 117 Max-Planck-Institut, Heidelberg von Jens A. Brückner Ludwig Rosenberg, ehemaliger Vorsitzender des DGB Bundesminister , Bonn Die Bundesrepublik Deutschland und die Südafrika-Debatten Vizekanzler Walter Scheel Erwin Schoettle, Stuttgart in der UNO 126 Dr. Gerhard Schröder, MdB, von Dr. Klaus Frhr. von der Ropp Bundesminister a. D., Bonn Aus dem Bereich der Vereinten Nationen: Käte Strobel, Bad Godesberg, Nahost (21), Portugiesische Territorien (22), Namibia (23), Bundesminister a. D. Umweltschutz (24), Definierung des Begriffs Aggression (25) .... 133 , MdB, Vorsitzender der SPD-Fraktion, Bonn Entschließungen und Veto des Sicherheitsrats: Dr. Hermann Weinkauff, Zypern, UN-Mitgliedschaft, Nahost 138 Präsident des Bundesgerichtshofes a. D., Karlsruhe Prof. Dr. C. F. Frhr. v. Weizsäcker, Starnberg Hans-Jürgen Wischnewski, MdB, Bonn Die Mitgliedschaften in UN-Organen im Jahre 1973 (Tabelle) . . . 139 Ehrenvorsitzender : Prof. Dr. , Heidelberg Vorstand: Karl-Hans Kern, MdB, Ulm (Vorsitzender) Dr. Klaus Hüfner, Dipl.-Volkswirt, Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Bonn. (Stellv. Vorsitzender) Dr. Walter Klein, Senatsdirektor a. D., Berlin Chefredakteur: Kurt Seinsch, 53 Bonn, Simrockstraße 23, Fernruf 22 35 40 / 22 47 66. (Stellv. Vorsitzender) Namentlich gezeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht ohne Jens A. Brückner, Dipl.-Pol., Bonn weiteres die des Herausgebers oder der Redaktion wieder. Ute Friedend, Freiburg Verlag: Mönch-Verlag, 54 Koblenz, Postfach 1560. Verlagssitz: 5401 Waldesch über Koblenz, Hübingerweg 33, Fernruf (0 26 28) 766 und 767. Postscheckkonto: Ludwigs• Dr. Harald Mehner, Bovenden hafen 3949. Bankkonto: Dresdner Bank Koblenz 13266 — Kreissparkasse Koblenz 6080. Michael Metto, Berlin Jens Naumann, M. A., Berlin Alle Rechte, auch die der fotomechanischen Wiedergabe, sind vorbehalten. Professor Dr. Karl Josef Partsch, Bonn Anzeigenverwaltung: Mönch-Verlag, 54 Koblenz, Postfach 1560, Dr. Hans Martin Schmid, Ministerialrat, Bonn Fernruf (0 26 28) 766 und 767. Dr. Wilfried Skupnik, Bonn Herstellung: Druckhaus Buchbender, 53 Bonn, Justus-von-Liebig-Straße 6, Landesverbände : Fernruf 66 10 71 Dr. Karl König, Senator, Vorsitzender Landesverband Berlin Erscheinungsweise: Zweimonatlich. — Preis: Jahresabonnement (6 Hefte) Oskar Bartheis, Ministerialrat, 12,— DM; bei Zustellung durch den Verlag (Inland) 14,80 DM; Einzelheft 2,50 DM. Die Bezugszeit gilt ganzjährig mit weiterer Verlängerung, falls nicht einen Monat Vorsitzender Landesverband Baden-Württemberg vor Ablauf des Kalenderjahres gekündigt wird. Bezug durch den Verlag und den Dr. Gerd Poetschke, Buchhandel. — Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen Vorsitzender Landesverband Bayern erhalten die Zeitschrift kostenlos. Dr. Helmut Bley, Vorsitzender Landesverband Hamburg Generalsekretariat : Walther Ballerstedt, Generalsekretär, Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen. 53 Bonn, Simrockstraße 23, Telefon 22 47 66. Die Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen WALTER SCHEEL Bundesminister des Auswärtigen

Bundesminister Walter Scheel hielt nachstehendes Referat vor Gründungsphase nicht teilgehabt. Unsere Mitarbeit in den der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen am Vereinten Nationen ist nicht durch Illusionen belastet. Wir 30. Mai in München. Der Minister stellte sich anschließendtrete nochn i n diese Arena ein mit voller Bereitschaft zur Mitarbeit zu einer längeren und lebhaften Diskussion zur Verfügung.unter realistischer Einschätzung ihrer Möglichkeiten. Die besondere Bedeutung der Rede liegt darin, daß hiermit erstmals und einmalig die politische Auffassung der Bundes• II regierung zum Komplex >Die Bundesrepublik Deutschland als Mitglieds im Hinblick auf die bevorstehende Aufnahme aus• Und das sind bedeutende Möglichkeiten. Wir haben sie in führlich dargelegt wird. jahrelanger aktiver Mitgliedschaft in den Sonderorganisatio• nen, in tätiger Mitarbeit bei zahlreichen Organen und als Be• I obachter bei der UNO selbst kennengelernt, bei der uns die Meine Damen und Herren! Sie haben mir die ehrenvolle Ein• aktive Mitarbeit als Nichtmitglied versagt war. Die Bundes• ladung zukommen lassen, über die Bundesrepublik Deutsch• republik Deutschland ist also am East River kein Neuling. land in den Vereinten Nationen zu sprechen. Sie werden Wer auf unsere Politik der Zusammenarbeit und Entspan• kaum erwarten, daß ich den Beitritt unseres Landes zu den nung der letzten Jahre zurückblickt, der wird in unserem Vereinten Nationen ausgerechnet vor Ihnen rechtfertigen Beitritt zur Weltorganisation einen logischen und notwendigen will. Es wäre dies etwa, als wenn ich als Solinger Kind die Schritt erkennen. Er ergibt sich aus unserem Gesamtkonzept: Münchner vom Nutzen des Gerstensaftes überzeugen wollte oder die Bayern von den Segnungen des Föderalismus. > Sicherung des Friedens durch Annäherung und Zusammen• Immerhin haben wir vor zwei Wochen im viel arbeit zwischen Ost und West, Mühe aufgewandt, um die Zögerer und Zweifler davon zu > Sicherung unserer Freiheit durch gemeinsames Handeln überzeugen, daß es für einen Beitritt der Bundesrepublik im Bündnis und in der Gemeinschaft der Neun, Deutschland nicht zu früh ist, auch wenn dadurch der andere > Sicherung der Zukunft durch ehrliche Solidarität mit der deutsche Staat ebenfalls Mitglied der Vereinten Nationen Dritten Welt. wird. Vor fünf Tagen hat der Bundesrat dem Gesetz zum Beitritt unseres Landes zur Charta der Vereinten Nationen Sie wissen, daß es nicht unser freier Wille war, der uns so viel seine Zustimmung gegeben. Mag es auch noch eine gewisse länger als Österreich, Italien und Japan von den Vereinten Verzögerung geben, die wir noch nicht ganz abschätzen kön• Nationen fernhielt. Unsere Nichtmitgliedschaft in den zwei nen, so werden Sie es auch nicht für voreilig halten, wenn letzten Jahrzehnten war das Resultat der dem deutschen wir unsere Gedanken auf die Zukunft, auf unsere Rolle als Volke aufgezwungenen Teilung. Das Scheitern der 1951 einge• Vollmitglied in der Weltorganisation richten. setzten Kommission der Vereinten Nationen, die die Möglich• Uns Deutschen war es nicht vergönnt, in den weltweiten keit freier Wahlen in ganz Deutschland erkunden sollte, war politischen Zusammenschlüssen der Völkergemeinschaft von bezeichnend für diese Situation der Spaltung und Konfron• Anfang an eine normale Rolle zu spielen. Der Völkerbund tation, die das deutsche Volk nicht gewollt hat. wie die Vereinten Nationen wurden bekanntlich von den Heute ist unser Beitritt nur möglich, wenn auch die DDR Zu• großen Bündnissen ins Leben gerufen, die 1918 gegen das tritt zur Weltorganisation erhält. Deshalb bedeutet unser Bei• kaiserliche Deutschland und 1945 gegen die Achsenmächte in tritt jedoch keine völkerrechtliche Anerkennung der Teilung Waffen standen. Die Satzung des Völkerbundes bildete zwar Deutschlands. Wir haben aller Welt, unseren Freunden im Teil I des Versailler Vertrages, aber es wäre verfehlt, daraus Westen, unseren Verhandlungspartnern im Osten und auch in - was naheliegen würde - auf die Mitgliedschaft aller Unter• der UNO selbst eindeutig klargemacht, daß die deutsche Frage zeichner zu schließen. Der Beitritt des Reiches zum Völker• offenbleibt und daß wir uns weiter zu unserem politischen bund erfolgte erst am 8. September 1926 durch einstimmigen Ziel der deutschen Einheit bekennen. Es ist aber nicht unsere Entscheid der Mitglieder und unter Zuerkennung eines stän• Absicht, die DDR zu isolieren, sondern wir sind dafür, daß digen Ratsitzes. Die Aufnahme Deutschlands in den Völker• sie im Gegenteil so intensiv wie möglich am Austausch teil• bund war einer der glanzvollsten Höhepunkte von Strese- nimmt. manns Politik der Verständigung. Wenn es aber von der Wir werden bei unserer Mitarbeit in den Vereinten Nationen Gründung des Völkerbundes bis zum deutschen Beitritt acht Berlin (West) mit Ausnahme von Angelegenheiten des Status Jahre gedauert hat, so waren es von der Gründung der UNO und der Sicherheit ebenso vertreten wie sonst in der Welt. bis heute achtundzwanzig. Wie wichtig für uns die Vertretung und Einbeziehung West- Dieser lange Zeitraum des deutschen Ausgeschlossenseins war ist, hat der Besuch von Generalsekretär Breschnjew eines der unübersehbaren Symptome des tiefen Bruchs, den in Bonn gerade bewiesen. Wir haben mit ihm volles Einver• der Krieg und die ersten Nachkriegs jähre in der Mitte des ständnis darüber festgestellt, daß das Berlin-Abkommen der Kontinents hinterlassen haben. Aber auch wenn demnächst Vier Mächte nicht nur strikt eingehalten, sondern auch in die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokra• vollem Umfang angewandt werden soll. tische Republik zu Vollmitgliedern der Weltorganisation wer• Und ich meine, daß ein allgemeines sachliches Interesse an der den, so ist dies leider kein Zeichen dafür, daß dieser Bruch Vertretung West-Berlins durch uns in der UNO besteht. Un• bereits geheilt und die Lage in Deutschland normal ist. Im• sere intensive, mit der Umwelt verflochtene Volkswirtschaft merhin beweist es, daß wir auf allen Ebenen Gemeinsam• schließt die Wirtschaft von West-Berlin ein. In unseren ent- keiten suchen, um einen sterilen und gefährlichen Zustand in wicklungs- und handelspolitischen Beziehungen zur Dritten Europa zu beenden und durch solidarische, weltweite Bemü• Welt spielt die Berliner Wirtschaftskraft eine große und hungen die Zukunft bestehen zu können. fruchtbare Rolle. Und schließlich wird niemand wollen, daß Vielleicht hat unser verspäteter Eintritt in die Staatenver• West-Berlin einen weißen Fleck in der Mitte Europas bildet, bindung auch sein Gutes. Wir haben an der euphorischen der vom Geltungsbereich der Charta ausgespart wird.

Vereinte Nationen 4/73 101 Sie wissen, daß zwischen uns und den Drei Mächten volles in der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Einvernehmen über die Vertretung von Berlin (West) in den Europa (ECE) und der Konferenz für Handel und Entwick• Vereinten Nationen besteht, soweit diese nicht die Sicherheit lung (UNCTAD) mitreden müssen. Ebenso rüsten wir uns auf und den Status der Stadt berühren. Diese Auffassung steht eine Mitarbeit im Haushaltsausschuß der Generalversamm• im Einklang mit dem Viermächteabkommen über Berlin. An• lung, wo ein breites Spektrum von UNO-Initiativen beeinflußt gesichts dieser klaren Rechtslage gehen wir davon aus, daß wird. unser Eintritt mit der Einbeziehung von Berlin (West) unter Zu den zentralen wirtschaftspolitischen Themen gehören auch den genannten Voraussetzungen erfolgen kann. die großen Rohstoffabkommen, die für die Volkswirtschaften Wir sind, wie gesagt, im New Yorker Hauptquartier kein un• der Dritten Welt von eminenter Bedeutung sind. Zu ihnen ge• beschriebenes Blatt. Man wird uns nach unserem Beitritt keine hört ferner die Aushandlung eines Regimes für eine der wich• Eingewöhnungs- und Schonzeit unter dem Motto >Low pro- tigsten Rohstoffquellen der Zukunft, den Meeresboden. file< gönnen. Wir müssen deshalb schon jetzt unsere Rolle mit Gerade dieses Thema ist bezeichnend für die Bedeutung, die nüchterner Einschätzung unserer tatsächlichen Bedeutung und die Weltorganisation für die Auslotung und Regelung neuer Position in der politischen Umwelt bestimmen. Unsere künf• Probleme der Völkergemeinschaft gewonnen hat. Die Lösun• tige Mitarbeit muß unseren weltweiten Verbindungen und gen, die nur in diesem universalen Rahmen erarbeitet werden Interessen gerecht werden. Dabei sind wir uns der Verant• können, weisen weit in die Zukunft. wortung wohl bewußt, die wir als ein bedeutender westlicher Hierzu ein kurzer Blick auf den Stand der Dinge: Industriestaat in der Welt tragen, nicht nur auf wirtschaft• Die technologische Entwicklung der jüngsten Zeit hat auch die lichem Gebiet. Tiefen und Untergründe der Meere erfaßt. Sie läßt deren Natürlich werden wir unter den dann 134 Mitgliedstaaten in wirtschaftliche Nutzung in einem Maße möglich erscheinen, den Vereinten Nationen kein Einzelgänger sein. Man wird das alle Erwartungen früherer Jahre übersteigt. Hieraus ent• uns dort der Gruppe >Western Europe and Others* zuteilen. stand die unabweisbare Forderung, die Besitz- und Nutzungs• Wobei wir nicht mit >Others< gemeint sind. Viel wichtiger ist möglichkeiten an Meeren und Meeresgrund völlig neu zu ord• jedoch, daß wir zu der Gemeinschaft der Neun gehören. Diese nen. Neun werden bestrebt sein, dem Willen Europas gemeinsam Gehör und Geltung zu verschaffen. Diese Notwendigkeit ist bereits Ende der 60er Jahre erkannt und in den Vereinten Nationen zur Sprache gebracht worden. Das ist nicht Zukunftsmusik, die erst noch komponiert werden Die große Zahl der interessierten Staaten ließ die UNO als muß. Sondern ich spreche von einem regulären Abonnements- natürliches Forum für die Verhandlung einer derart weit• Konzert der Europasolisten. Dieses Ensemble probte zunächst reichenden und neuartigen Materie erscheinen. Die Vereinten als Sextett in der Expertenkommission in UNO-Fragen< der Nationen haben seit 1968 zur Vorbereitung einer durchgreifen• Westeuropäischen Union. Es verwandelte sich dann zu ei• den Neuregelung den sog. Meeresboden-Ausschuß eingesetzt, nem Nonett im Rahmen der politischen Zusammenarbeit der der zur Zeit 96 Mitgliedstaaten umfaßt und zweimal jährlich Neun. tagt. Angesichts der gewaltigen wirtschaftlichen und politi• Dieses Zusammenspiel resultiert in einer deutlichen Abstim• schen Interessengegensätze, vor allem zwischen den Indu• mung der Haltung aller Beteiligten in den Vereinten Nationen. striestaaten und den Entwicklungsländern, blieb eine Vielzahl Und das konzertierte Handeln vor Ort am East River, in Genf von Fragen im Ausschuß ungelöst. Aber die Problematik ist und an anderen Orten, wo Gremien der Vereinten Nationen durch die fortschreitende technische Entwicklung so dringend tagen, wirkt wiederum auf die allgemeine politische Zusam• geworden, daß die letzte Generalversammlung der Vereinten menarbeit in den Zentralen zurück. Das ist ein Rückkoppe- Nationen ohne Rücksicht auf den Stand der Vorbereitungen lungseffekt, der uns von der Konferenz für Sicherheit und im Meeresboden-Ausschuß eine Seerechtskonferenz der Ver• Zusammenarbeit in Europa her vertraut ist. Es ist die beson• einten Nationen schon für November 1973 einberufen hat. Im dere Eigenheit dieses Verstärker-Effekts, die Harmonie der Anschluß an diese sind weitere Hauptkonferenzen vorgesehen, beteiligten Stimmen herauszuheben, die Dissonanzen aber zu deren Arbeit noch Jahre dauern wird. dämpfen. Hier wird die gesamte Problematik der Besitz- und Nutzungs• Es versteht sich von selbst, daß wir in den Vereinten Nationen verhältnisse der Meere behandelt werden. Das sind so umfas• genauso um gute Koordination mit den anderen europäischen sende und umstrittene Themen wie die Rechtsverhältnisse der und anderen NATO-Partnern bemüht sein werden. Und ein Küstenmeere, der Meerengen und des Festlandsockels, die unseren Mitteln und Möglichkeiten entsprechendes Engage• Fischereirechte, die Ausbeutung des Meeresbodens, internatio• ment für die Interessen der Dritten Welt wird auch auf die• nale Einrichtungen zur Nutzung des Meeresbodens und mari• sem Forum zur Geltung kommen. timer Umweltschutz. Unsere Interessen werden hier vielfältig Die Lebensfähigkeit unseres Landes ist sowohl im Bereich der berührt. Auf der einen Seite sind wir als ein Land mit wenig Sicherheit wie im Bereich seiner arbeitsteiligen und export• Küsten daran interessiert, die Freiheit der Meere soweit als intensiven Wirtschaft von der Außenwelt abhängig. Es ist da• möglich zu wahren. Auf der anderen Seite sind die Bundes• her für uns ein lebenswichtiges Anliegen, am Aufbau einer republik Deutschland, Japan und die Vereinigten Staaten zur stabilen und friedlichen Weltordnung mitzuwirken, wie sie in Zeit die drei einzigen Wirtschaftsmächte, deren Industrien Artikel 1 der Charta als Ziel der Vereinten Nationen festge• Merresbergbau zu industriellen Zwecken in nächster Zeit be• legt ist. treiben können und werden. Die Möglichkeiten, die uns die Mitgliedschaft dafür eröffnet, Hiermit sind wir bereits tief im Völkerrecht. Wir wollen den betreffen natürlich nicht nur die Erhaltung und Sicherung des Rechtsausschuß der Generalversammlung zu einem Schwer• Friedens und der internationalen Sicherheit. punkt fundierter Mitarbeit machen. In seinem Auftrag hat die Wir finden in New York vor allem ein Forum der Information, Kommission für Völkerrecht mit Kodifikationen und Rechts• der Abstimmung und Zusammenarbeit in vielen praktischen schöpfung der Staatengemeinschaft wertvolle Dienste gelei• Sachgebieten, die letztlich auch der Friedenspolitik zugute• stet. Die Wiener Konventionen haben das Gesandtschafts-, kommen. Konsular- und Vertragsrecht in neue und präzisere Formen Unser weltwirtschaftliches Interesse und unser entwicklungs• gebracht. politisches Engagement werden die wirtschaftliche Zusam• Ein Thema, das uns Deutsche im Rechtsbereich brennend in• menarbeit im weitesten Sinne des Wortes zu einem Schwer• teressiert, ist das der Menschenrechte. Wir haben die beiden punkt unserer Arbeit machen. Wir werden im Wirtschafts• Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen von 1966 - die und Finanzausschuß der Generalversammlung so wie bisher internationale Konvention über wirtschaftliche, soziale und

102 Vereinte Nationen 4/73 kulturelle Rechte und diejenige über bürgerliche und politi• Vereinigten Staaten, verabschiedet wurden. Die Nord-Süd- sche Rechte - schon 1968 unterzeichnet. Das Ratifizierungsver- Polarisierung ist auf der Welthandelskonferenz des vergan• fahren ist bei uns im Gange. Aus bloßen Empfehlungen der genen Jahres in Santiago auch für die deutsche Öffentlichkeit Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte werden in diesen sichtbar geworden. Verträgen konkrete Verpflichtungen für die Unterzeichner• Diese Formierung der Entwicklungsländer richtet sich zwar staaten, sobald diese Bestimmungen mit der 35. Ratifikation wie gesagt vor allem gegen die westlichen Demokratien. Aber in Kraft treten können. alles Propagandageschick der Sowjetunion hat doch die Län• Nunmehr hat auch die DDR die beiden Menschenrechtspakte der der Dritten Welt nicht von der Vorstellung abbringen unterzeichnet. Ich verhehle Ihnen nicht, meine Damen und können, daß auch sie ein hochgerüsteter Industriestaat ist, der Herren, daß ich darin ein Zeichen der Hoffnung sehe. sich auf der nördlichen gemäßigten Zone befindet. So hat auch Von dieser Unterschrift bis zur Ratifikation ist noch ein Stück die Sowjetunion einen deutlichen Einfluß Verlust bei vielen Weges, und von dort zur Verwirklichung der Menschenrechte afro-asiatischen Staaten hinnehmen müssen. in Deutschland eine weite Strecke zurückzulegen. Das wissen Es erfordert Takt und Geschick, unter diesen Voraussetzungen wir alle. Vor allem fordert jede Hinarbeit auf dieses Ziel in eine konstruktive Rolle zu spielen. Wir werden darauf be• den Vereinten Nationen große Verantwortung aller Beteilig• dacht sein, das Verhältnis zwischen Nord und Süd durch ten. Und schließlich sollten wir uns nicht verhehlen, daß un• praktische Kooperation zu verbessern und zu versachlichen sere Auffassung individueller Menschenrechte für viele Län• und die gemäßigten Kräfte durch eine Politik der Hilfsbereit• der der Dritten Welt nicht im Vordergrund steht. Aber ich schaft und der Verständigung zu ermutigen. Es wird viel An• stelle doch in aller Nüchternheit fest, daß diese Rechte auf der strengung und Geduld erfordern, unsere Positionen verständ• Tagesordnung stehen und daß die politische Entwicklung be• lich zu machen und das moralische Kapital zu wahren, das sonders hier in Europa auf die Dauer mit einer eklatanten unsere auswärtige Politik und auch unsere Entwicklungshilfe Mißachtung individueller und kollektiver Menschenrechte uns in den letzten Jahren eingebracht haben. nicht zu vereinbaren ist. Es versteht sich von selbst, daß wir mit unseren Partnern der Meine Damen und Herren, ich will Ihnen hier kein Bild un• Europäischen Gemeinschaft und des Nordatlantischen Bünd• serer künftigen Rolle in den Vereinten Nationen in rosa nisses auch vor den Kulissen der Generalversammlung und Farben entwerfen. Die Wirklichkeit ist kontrastreich, und die öffentlich tagender Gremien zusammenstehen. Dieser Zusam• Arbeit unserer Delegation am East River keine Idylle. menhalt nimmt vor anderen bilateralen Rücksichten Vorrang Zu diesem wirklichen Bild gehört, daß der Ost-West-Kon- ein. Die Tatsache, daß die Großwetterlage der UNO von nord• flikt auf der Bühne der UNO mehr in den Hintergrund rückt südlichen Klimafronten beherrscht wird, ändert nichts an den und daß die Spannungen zwischen Nord und Süd dafür die festen Strukturen, die das ost-westliche Gleichgewicht in Szene beherrschen. Das heißt in der Praxis, daß die Länder Europa bestimmen. Mit der Vollmitgliedschaft werden wir der Dritten Welt, die in der Generalversammlung über mehr oft Stellung zu Streitfragen nehmen müssen, was unbequem als zwei Drittel der Stimmen verfügen, in zunehmender Ge• sein kann und uns nichts einbringt. schlossenheit Forderungen an uns, die Industriestaaten des Auch die Vertretung konkreter eigener Interessen kann Be• Westens, erheben. lastungen mit sich bringen, die früher vielleicht vermeidbar Zu diesem Bild gehört, daß zwei Drittel der politisch wich• waren. Kein Finassieren bringt uns an der Notwendigkeit tigen Resolutionen der letzten Generalversammlung gegen vorbei, die eigenen Ziele und Interessen deutlich zu definieren den Willen unseres stärksten Freundes und Verbündeten, der und zu vertreten.

Bundesaußenminister Walter Scheel spricht über die Si• tuation, mit der die Bundes• republik Deutschland nach ihrer für den 18. September zu erwartenden Aufnahme in die Vereinten Nationen zu rechnen hat. Das Bild zeigt den Minister bei sei• nen Ausführungen im Fest• saal der Bayerischen Aka• demie der Wissenschaften in München vor der großen Hörerschaft, die der Einla• dung der Deutschen Gesell• schaft für die Vereinten Na• tionen gefolgt war. (Text der Rede Seite 101 ff.)

Vereinte Nationen 4/73 103 Für beides ist Raum in den Vereinten Nationen - in beson• III derem Maße natürlich in der drei Monate dauernden General• Meine Damen und Herren, Sie von der Deutschen Gesellschaft versammlung. Am Rande der Generalversammlungen der ver• für die Vereinten Nationen und wir Politiker haben noch im• gangenen Jahre habe ich bereits als Außenminister eines mer die Pflicht, unsere Mitbürger mit Sinn und Funktion der Nichtmitgliedstaates in Gesprächen und Verhandlungen mit Weltorganisation vertraut zu machen. Wir müssen Sorge tra• jeweils 30 oder mehr Kollegen anderer Länder innerhalb einer gen, daß unsere Mitarbeit in New York in der deutschen Woche so viel Informationen erhalten und geben können, daß Öffentlichkeit weder mit ungerechtfertigten Erwartungen be• ich auf die Besuche in New York schon aus diesem Grunde lastet, noch mit Gleichgültigkeit bestraft wird. Ich glaube, daß gar nicht verzichten konnte. Der unmittelbare Kontakt - auch Ihre Vereinigung hier hervorragende politische Aufklärungs• mit den Ministerkollegen jener Länder, denen wir geogra• arbeit zum gemeinsamen Nutzen geleistet hat. Sie haben mit• phisch oder politisch nicht besonders nahe stehen - ergab geholfen, den innenpolitischen Weg zum Beitritt zu ebnen. vielseitige und wertvolle Aufschlüsse. Es ist heute für niemanden ein Geheimnis, daß die Welt nicht Für mich als Außenminister eines Mitgliedstaates wird sich durch die UNO in ihrer heutigen Form regiert werden soll der Nutzen eines solchen unmittelbaren Gedankenaustausches und kann und daß der Sicherheitsrat nicht zur Beilegung naturgemäß noch erhöhen. Ich möchte daher betonen: nicht fundamentaler Interessenkonflikte zwischen Großmächten ge• nur die Vereinten Nationen brauchen das neue Mitglied Bun• eignet ist. desrepublik Deutschland - und nicht nur, wie einige in einer Die Vereinten Nationen können in der Welt von heute - je• sehr hämischen Weise gesagt haben, aus finanziellen Grün• denfalls zwischen großen und mittleren Mächten - kaum als den -, sondern auch wir haben ein echtes Interesse an unserer das wirksamste Instrument der Friedenssicherung gelten. In Mitgliedschaft. diesem Bereich gehen entscheidende Ereignisse und Entwick• Bisher haben wir uns mit einer Beobachterrolle begnügt. lungen an ihnen vorbei, die im Brennpunkt unseres Interesses Nach der von uns für die dritte Septemberwoche erwarteten stehen: Die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Abstimmung über unsere Aufnahme wird der Delegations• Europa, die amerikanisch-sowjetischen Verhandlungen über leiter der Bundesrepublik Deutschland dann die Metamor• die Begrenzung von Nuklearwaffen und die Wiener Truppen• phose vom stillen Zuhörer und Beobachter zum Vertreter gespräche. eines Mitgliedstaates mit Sitz und Stimme im Plenum durch• Wir haben dafür die Möglichkeiten der UNO zur Vermittlung machen. Äußerlich wird dies dadurch geschehen, daß der Pro• und Schlichtung schätzen gelernt. Die Staatengemeinschaft ist tokollchef nach der Erklärung des Präsidenten über die be• heute eine recht unübersichtliche Familie volljähriger Völker, schlossene Aufnahme uns unsere neuen Plätze nach der alpha• in der es kein Mündel und keine Erziehungsberechtigten gibt. betischen Reihenfolge zuweist, und wir werden dann vom Dennoch ist sie auf vielen Gebieten dazu verurteilt, zu ge• Präsidenten und vermutlich von Delegierten anderer Mit• meinsamem Willen und Handeln zu finden. Diese Familie hat gliedstaaten begrüßt werden. Da wir unter >Germany, Federal sich in New York ein Sprech- und Gesellschaftszimmer einge• Republic of< und die DDR unter > German Democratic Repu• richtet, das unersetzlich geworden ist. blic < bei den Vereinten Nationen geführt werden, werde ich Hier sind nahezu alle vertreten und zum politischen Gespräch meine Antrittsrede wahrscheinlich erst nach dem Vertreter bereit. Hier bietet sich eine unvergleichliche Fülle von Kon• der DDR halten. Neben dieser Antrittsrede kann dann unsere taktmöglichkeiten und Anreizen zum politischen Austausch. Delegation nochmals während der sog. Generaldebatte, d. h. Hier werden frühzeitig Wandlungen von Meinungen und In• während der ersten drei Wochen der Generalversammlung, teressen erkennbar, die sich erst sehr viel später in der kon• das Wort ergreifen. kreten Politik von Einzelstaaten und regionalen Gruppen ver• Meine Damen und Herren, wir rechnen als Vollmitglied in wirklichen. den Vereinten Nationen auf einen Gewinn an wertvollen Ver• Die vielfältigen Einrichtungen der UNO sind sicher nicht ein• bindungen und Informationen. Wir denken uns unsere Rolle fach zu handhaben, aber vielseitig zu nutzen. Als hervorra• am East River jedoch nicht als stille Teilhaberschaft oder als gendes Instrument zur Früherkennung von Krisen liefert sie zahlende Mitgliedschaft ohne Stimmrecht. Das Profil, das die unersetzliche Hinweise zur Vorbeugung gefährlicher Weite• Bundesrepublik Deutschland mit ihrer bisherigen Außenpoli• rungen und für die Therapie. Es versteht sich von selbst, daß tik gewonnen hat, kann sie in den Vereinten Nationen nicht diese Vorgänge nicht unbedingt auf der großen Bühne von verleugnen. Das wird uns zuweilen auch Widerspruch und Generalversammlung und Sicherheitsrat spielen müssen. Mißstimmung einbringen. Unsere Stimme wird deshalb nicht Es hieße, die Rolle und Möglichkeiten der UNO völlig ver• an Gewicht verlieren. kennen, wenn wir ihre großen Potenzen der Konfliktvorbeu• Wir werden uns daran ge vöhnen müssen, daß wir nicht jeder• gung und -bereinigung geringschätzen wollten, nur weil diese manns Busenfreund sein können und daß eine Abstimmungs• nicht für alle Konflikte gleichmäßig geeignet und wirksam niederlage noch keine Katastrophe zu sein braucht. Die außen• sind. politische Uberempfindlichkeit, die in der Folge des Welt• Der Wert umfassender Unterrichtung, wie sie uns die Verein• krieges für uns und uns gegenüber verständlich war, wird ten Nationen erlauben, ist gar nicht zu überschätzen. Die durch normalere Reaktionsweisen im Ausland und auch im großen technischen Fortschritte in der Nachrichtenübermitt• Inland abgelöst werden müssen. Ich meine, unsere außenpoli• lung und die Flut der verfügbaren Nachrichtenmasse bedeu• tische Epidermis darf manchmal ruhig ein bißchen dicker ten ja nicht, daß wir auf die unmittelbare Ausschöpfung poli• werden. tischer Nachrichtenquellen verzichten dürfen. Nach wie vor Wenn wir unseren UNO-Kurs in konkreten Sachfragen fest• kann die Ermittlung zutreffender politischer Informationen legen müssen, so soll es nicht fehlen an solidarischer Lei• unser politisches Schicksal verändern. Erinnern Sie sich an stungsbereitschaft und kritischem Mut zur Entscheidung. Die die Ursprünge der Kriege in Korea und Vietnam: Beide stel• zur Lösung andrängenden Fragen können die Staatengemein• len sich mit den heute verfügbaren Einsichten anders dar als schaft einen - sie können sie aber auch unheilbar entzweien. seinerzeit, als ihr Ausbruch konkrete politische Maßnahmen Das bestimmt unsere Verantwortung und unser Interesse an erforderte. Umfassende und durchdringende Information ist dieser Mitarbeit. Ein Viertel Jahrhundert europäischer Eini• das Blut, von dem in der Politik Bewegung und Wille gespeist gung mit ihren großen Erfolgen, ihren Verzögerungen und werden müssen. Das gilt für die große Weltpolitik, das gilt Illusionen liegt hinter uns. Diese Erfahrung wird unseren Mut für das kleine, aber oft kostspielige Detail der außenpoliti• und unseren Realismus stärken, um unseren großen Aufgaben schen Tagesarbeit. in den Vereinten Nationen gerecht zu werden.

104 Vereinte Nationen 4/73 Der deutsche Aufnahmeantrag im Sicherheitsrat GERHARD MENNING

Der Autor, seit Jahren Korrespondent der Deutschen Presse- tritt der beiden Mitglieder am 18. September durch eine Agentur am Sitz der Vereinten Nationen in New York, hat Stimmabgabe oder Akklamation der Vollversammlung simul• die Behandlung der Aufnahmeanträge der Bundesrepubliktan vollzoge n werden dürfte. Deutschland und der DDR in die Weltorganisation im Si• cherheitsrat selbst verfolgt. Hier sein Bericht. II Die Bundesregierung hatte ihrem Antrag und der von Bun• I despräsident unterzeichneten Beitritts• Für den VN-Sicherheitsrat, der seit Jahren mit der Bürde urkunde zur VN-Charta ein Schreiben von Bundesaußenmini• der ungelösten Probleme im Nahen Osten belastet und gerade ster Walter Scheel über die Wahrnehmung der Interessen jetzt wieder Schauplatz einer fruchtlosen Debatte im arabisch• Westberlins in den Vereinten Nationen beigefügt. In diesem israelischen Streit gewesen ist, war es fast wie Befreiung aus Dokument erklärt die Bundesregierung, daß sie mit dem Be• qualvoller Alltagsroutine, als ihm am 21. und 22. Juni die An• ginn ihrer Vollmitgliedschaft die Rechte und Pflichten, die träge der Bundesrepublik und der DDR auf Mitgliedschaft in sich aus der VN-Charta ergeben, auch für Westberlin über• den Vereinten Nationen vorgelegt wurden. Als man sich an nimmt und daß sie dementsprechend - außer in Fragen der die Behandlung der beiden Gesuche machte, kam unter den Sicherheit und des Status - auch die Interessen Westberlins Ratsmitgliedern fast ein Anflug von heiterer Feiertagsstim• in den Vereinten Nationen vertreten wird. Da dieses Schrei• mung auf. Ursache für das freundlich-entspannte Klima rund ben von der Sowjetunion widerspruchlos zur Kenntnis ge• um den Ratstisch war einmal die Befriedigung, daß das zur nommen und vom sowjetischen Delegierten Jakob Malik auch Behandlung anstehende Thema ein positiv und leicht lösbares in der Debatte am 22. Juni nicht weiter erwähnt worden ist, Problem war, zum anderen aber auch die Erleichterung dar• dürfte die Frage, wer Westberlin in den Vereinten Nationen über, daß die beiden deutschen Staaten entschlossen schienen, vertritt, endgültig zugunsten Bonns geklärt sein. das leidige deutsche Gezänk, ihre lästigen >querelles alleman- Die DDR hatte ihrem Aufnahmeantrag ein Begleitschreiben des<, beiseite zu schieben, und daß sie sich anschickten, ohne von DDR-Außenminister Otto Winzer beigefügt, in dem die Vorbehalte und arglistige Hintergedanken den Weg in die Überzeugung ausgesprochen wurde, daß die Aufnahme der Vereinten Nationen zu gehen. So erschienen die beiden An• DDR in die Vereinten Nationen die weltweite internationale tragsteller nicht als problematische Quälgeister, sondern als Zusammenarbeit auf der Grundlage der souveränen Gleichheit Anwärter, die zu konstruktiver Mitarbeit bereit sind und die, der Staaten fördert. In dieser Note liegt wie in allen einschlä• weil sie beide über beachtliches politisches und wirtschaft• gigen Dokumenten, die die DDR-Beobachtermission in den liches Betriebskapital verfügen, als Vollmitglieder eine echte Vereinten Nationen im Umlauf bringt, die Betonung auf dem Bereicherung der Vereinten Nationen seien und der Organi• Grundsatz der sozialistischen Eigenstaatlichkeit der DDR, wie sation helfen würden, der Universalität einen wichtigen die DDR überhaupt im täglichen diplomatischen Schrift• Schritt näher zu kommen. Die Delegierten aus Ost und West wechsel jede Gelegenheit ergreift, ihre staatliche Gleichwertig• sahen in dem Beitritt der beiden deutschen Staaten ein greif• keit und das Trennende zwischen DDR und Bundesrepublik bares Symptom für die fortschreitende Entspannung in Euro• herauszustellen. pa. Der Engländer Kenneth Jamieson charakterisierte dieses Ein DDR-Memorandum, das dem Ostberliner Auf nahmeantrag allgemeine Gefühl der Erleichterung und Genugtuung am vom 28. Februar 1966 beigefügt war und in dem die DDR- Ratstisch vielleicht am treffendsten, als er in der Debatte Regierung noch von ihrem unablässigen Kampf für die Wie• über die deutschen Anträge sagte, die Zulassung der Bundes• derherstellung der deutschen Einheit gesprochen hat und in republik Deutschland und der DDR sei ein Symbol, nicht dem es heißt, eine Aufnahme der DDR in die Vereinten Na• allein für den krisenfreien Zustand in Europa, sondern auch tionen würde die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands für die Hoffnung auf eine bevorstehende Ära der Zusammen• fördern, interessiert heute nur noch die Historiker. Heute arbeit, des Vertrauens und der Prosperität zum Nutzen aller bestreitet die DDR, daß ein Kausalzusammenhang besteht europäischen Staaten und aller UNO-Mitglieder. zwischen UNO-Beitritt und Wiedervereinigung. Ulbricht hat Manchen Delegierten aus Ländern der Dritten Welt erschien auf der Tagung des Zentralkomitees der SED im Juni 1970 der Eintritt der beiden deutschen Staaten auch deshalb als festgestellt, die Mitgliedschaft von Bundesrepublik und DDR ein Vorgang von erheblicher Tragweite, weil er auf den ersten in den Vereinten Nationen könne den Tatbestand der Spal• Blick wie ein Präzedenzfall für die Aufnahme geteilter Staa• tung Deutschlands nicht rückgängig machen. ten wirkt. Dies ist eine allerdings recht anfechtbare Parallele, weil erstens ein Beitritt der vietnamesischen und koreanischen III Staaten noch keinesfalls aktuell ist und weil im Fall der Im Verlauf der weiteren Prozedur leitete Generalsekretär deutschen Staaten die Sowjetunion und ihre Freunde bemüht Waldheim die beiden Anträge mit den Begleitpapieren an sind, den Eintritt Bonns und Ostberlins nicht so sehr als den Präsidenten des Sicherheitsrates, den sowjetischen Dele• Doppelmitgliedschaft von Zwillingsstaaten, sondern mehr als gationsleiter Jakob Malik, weiter. Malik eröffnete sofort die gleichzeitigen Beitritt von zwei unabhängigen und separaten Konsultationen der Mitglieder über Termin und Verfahren Neumitgliedern, die getrennten politischen Blöcken und unter• für die gleichzeitige Behandlung der beiden Gesuche. Wenn schiedlichen Gesellschaftssystemen angehören, zu sehen. auch in der Sache von vornherein feststand, daß sich keines Der Eingliederungsprozeß der Bundesrepublik und der DDR der fünfzehn Mitglieder dem Simultaneintritt der beiden Be• in die Vereinten Nationen ist mit der Übergabe des Aufnah• werber widersetzen würde, so bereitete die Frage, welches meantrags der DDR (12. Juni) und der Überreichung des An• Verfahren dabei anzuwenden sei, doch einiges Kopfzerbre• trags der Bundesrepublik (15. Juni) in seine konkrete Phase chen. Die Sowjetunion hätte es am liebsten gehabt, wenn der getreten. Da der DDR-Antrag drei Tage vor dem Antrag der Sicherheitsrat zwei Resolutionen - für jeden Antragsteller Bundesrepublik bei Generalsekretär Waldheim eingereicht eine - behandelt hätte, denn eine derartige Prozedur hätte wurde, wird er in allen VN-Dokumenten, die das Beitrittsver• die Unabhängigkeit der beiden Staaten voneinander und die fahren betreffen, vor dem der Bundesrepublik erwähnt. Diese sozialistische Eigenstaatlichkeit der DDR gegenüber der Bun• >Priorität< ist jedoch ohne praktische Bedeutung, da der Bei• desrepublik optisch deutlich zum Ausdruck gebracht. Die

Vereinte Nationen 4/73 105 Westmächte, deren Standpunkt sich dann durchsetzte, wünsch• der USA-Delegierte William E. Schaufele die DDR willkom• ten eine Resolution, die nur eine Stimmabgabe für beide An• men, indem er ihren erklärten Willen unterstrich, an der VN- träge notwendig machen würde. Dieses Verfahren sollte die Friedensmission und an der Hebung des sozialen und wirt• Einheitlichkeit des Vorgangs betonen und darauf hinweisen, schaftlichen Lebensstandards der Völker mitzuarbeiten. daß dem gleichzeitigen Beitritts Bonns und Ostberlins ein Schaufele skizzierte die Art des positiven Beitrags, der in den Kausalzusammenhang zugrundeliegt. Vereinten Nationen von der DDR erwartet wird, als er er• Was die äußere Form des Entwurfs betraf, so einigte man klärte, die DDR verfüge ebenso wie die Bundesrepublik über sich in mehrstündigen Verhandlungen auf eine Entschließung, ein beträchtliches Reservoir von Bodenschätzen, über große die der Vollversammlung die Zulassung von DDR und Bun• wissenschaftliche Leistungskraft, geschulte Arbeitskräfte und desrepublik Deutschland in zwei getrennten und gleichlauten• über eindrucksvolles Wirtschaftspotential. Dies seien Fakto• den Punkten vorschlägt. Hinsichtlich des Abstimmungsver• ren, die zugunsten des wirtschaftlichen und sozialen Fort• fahrens wählte man als Kompromiß den >Konsens<, d.h. die schritts in der Welt eingesetzt werden könnten. Frankreichs Annahme der Resolution durch stillschweigende Überein• Delegierter Louis de Guiringaud widmete den Hauptteil stimmung unter Verzicht auf eine formelle Abstimmung. seiner Rede der von Bonn betriebenen Politik der deutsch• Nachdem die Verfahrensfragen geklärt waren, konnte der französischen Aussöhnung und rief die Erinnerung an Robert Sicherheitsrat zur Behandlung der beiden Anträge für den Schuman, und Charles de Gaulle wach. 21. Juni einberufen werden. Da Bewerbungen auf Mitglied• Der DDR bot der Vertreter Frankreichs praktische bilaterale schaft zunächst nach Artikel 59 der Vorläufigen Geschäfts• Zusammenarbeit an, wie sie den Realitäten im heutigen Euro• ordnung des Sicherheitsrates den Mitgliederaufnahmeaus- pa entspreche. schuß passieren müssen (eine seit 1971 wieder strikt ange• Ebenso wie die anderen Delegierten war auch der Vertreter wendete Regel) wurden die beiden Anträge in kurzer öffent• der Sowjetunion um eine ausgewogene Darstellung der Ver• licher Sitzung dem Ausschuß zur Prüfung überwiesen. Dies hältnisse in Europa, die auch den Leistungen der Bundes• war in diesem Fall ein rein formaler Vorgang. regierung gerecht wurde, bemüht. Er verzichtete darauf, ein Der Ausschuß hat zu prüfen, ob ein Bewerber die objektiven einseitiges Loblied auf seinen Schützling DDR zu singen. Er Voraussetzungen für die Mitgliedschaft besitzt und ob er die sprach von der Hoffnung der Sowjetunion, daß sich Europa Bedingungen für die Aufnahme erfüllt. Der Ausschuß muß von einem >Brennpunkt der Aggressionskriege* zu einem untersuchen, ob der Bewerber ein souveräner Staat ist und ob Schauplatz der friedlichen Koexistenz und einer für alle Be• er willens und fähig ist, die in der Charta enthaltenen Ver• teiligten vorteilhaften Zusammenarbeit entwickele. Malik, der pflichtungen zu übernehmen und zu erfüllen. die Reise des Parteichefs Leonid Breschnjew nach Bonn als Die staatlichen und politischen Merkmale eines Bewerbers einen Wendepunkt im Verhältnis zwischen der Sowjetunion wie Gesellschaftssystem, Regierungsform, Rasse, Religion, und der Bundesrepublik bezeichnete, bot Bonn in herzlich Sprache, Größe, Bevölkerungszahl und Entwicklungsniveau klingenden Worten eine gute Nachbarschaft und den lang• sind keine Kriterien für den Prüfungsausschuß. fristigen Ausbau der wirtschaftlichen und kulturellen Bezie• Der Mitgliederaufnahmeausschuß tagte am 21. Juni eine halbe hungen an. Stunde lang hinter verschlossener Tür und empfahl dann einstimmig dem Sicherheitsrat, die DDR und die Bundesrepu• V blik der Vollversammlung zur Mitgliedschaft vorzuschlagen. Aus dem Rahmen der allgemeinen Beifallsäußerungen über Der Sicherheitsrat verabschiedete am 22. Juni diese Resolu• den »neuen Geist in Europa« (Österreich) und den Willen, tion glatt und zügig durch Konsens und trat sofort in die De• »sich in die Umstände zu fügen« (Jugoslawien), fielen die batte über die Bedeutung des Eintritts der beiden deutschen Erklärungen des Vertreters der VR China, Huang Hua, zur Staaten in die Weltorganisation ein. deutschen Frage und politische Einwände gegen den VN-Bei• tritt der Bundesrepublik, die von Guineas Delegierter Jeanne IV Martin Cisse plötzlich erhoben wurden. Der chinesische Dele• In den Erklärungen spendeten die Mitglieder des Rates der gierte Huang Hua erklärte, beide deutschen Staaten erfüllten versöhnenden Ostpolitik Bonns, wie nicht anders zu erwarten die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft, und China un• war, hohes und uneingeschränktes Lob. Mit ihren Bekundun• terstütze ihre Gesuche um Aufnahme in die Vereinten Natio• gen der Dankbarkeit für Bonn verbanden die Redner einen nen. China unterhalte diplomatische Beziehungen zu beiden höflichen Willkommensgruß für die DDR, deren gewandter deutschen Staaten und sei bereit, diese Beziehungen auf der und kontaktfreudiger Beobachter, Botschafter Horst Grunert, Basis der fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz fortzu• seit Dezember 1972 ruhig und ohne sichtbare Anzeichen von entwickeln. Huang Hua sagte weiter, 28 Jahre nach Kriegs• Profilneurose in den Vereinten Nationen bemüht ist, dem ende fehle noch ein Friedensvertrag, und die Deutschen leb• weithin noch unbekannten Phänomen DDR Inhalt und Kon• ten unter »abnormalen Bedingungen«. Deshalb sei die chine• turen zu geben. Fühlten sich manche Redner um der politi• sische Delegation der Auffassung, daß eine »gerechte und ver• schen Ausgewogenheit willen oder ganz einfach aus Fairneß nünftige Lösung« der deutschen Frage auf der Grundlage des und diplomatischem Takt gegenüber dem Neuling Ostberlin Respekts vor den Interessen und Wünschen der Bevölkerung verpflichtet, über die DDR etwas Nettes zu sagen und die der beiden deutschen Staaten und auf dem Wege gegenseiti• fortschreitende Normalisierung in Mitteleuropa als Ergebnis ger Konsultation notwendig sei. der Politik beider Regierungen zu deuten, so hatten sie doch Die Vertreterin Guineas machte sich zur Sprecherin verein• Mühe, den überragenden Verdiensten des Friedensnobelpreis• zelter Ressentiments, die gewisse militante afrikanische trägers Willy Brandt auch nur annähernd gleichwertige Lei•Gruppen gegen die Bundesrepublik hegen. Sie brachte mit stungen Ostberlins gegenüberzustellen. Die DDR muß sich ihren Angriffen gegen die Bundesrepublik einen schrillen das Vertrauenskapital, das seit Jahren ein Aktivposten der Protestpfiff in die sonst auf Wohlwollen und Harmonie abge• Bundesregierung in den Vereinten Nationen ist, erst noch stimmte Instrumentierung, ein Mißton, der aber nicht von schaffen, und inzwischen wirken die Appelle und Hinweise den nachfolgenden afrikanischen Rednern aufgegriffen wurde auf die redlichen Absichten der DDR wie politische Vor• und der keinesfalls als charakteristisch für die Politik einer schüsse, mit denen das Good Will-Konto der DDR schon vor organisierten afrikanischen Minderheit angesehen werden dem Eintritt in die Vereinten Nationen belastet ist und die kann. Frau Cisse beschuldigte die Bundesrepublik der engen nur durch unpolemische und konstruktive Mitarbeit zurückzu• Zusammenarbeit mit den Regierungen im südlichen Afrika. zahlen sind. Als ein maßgeblicher Vertreter des Westens hieß Sie sagte, durch militärische und finanzielle Hilfeleistung für

106 Vereinte Nationen 4/73 diese Regierungen mache Bonn die Bemühungen der Verein• hoffen, daß der Sicherheitsrat die Zulassung Bonns nicht ten Nationen im südlichen Afrika zunichte. In recht massiver eines Tages zu bedauern habe. Weise warf die Vertreterin Guineas Bonn politische und wirt• Der Delegierte Kenias, Joseph Odero-Jowi, griff die schrillen schaftliche Sabotageakte gegen ihr Land vor. Mit Hilfe bun• Töne der Guineerin nicht auf, sondern paßte sich der allge• desdeutscher Entwicklungshelfer und des Botschafters der meinen Grundstimmung an, als er die von Hader und Streit Bundesrepublik in Conakry sei von Bonn versucht worden, zerrissenen Staaten der Welt aufrief, sich am Beispiel der die Souveränität Guineas auszuhöhlen und das Land zur beiden deutschen Staaten zu orientieren. Mit einem Aufruf Marionette im Dienste der Bundesregierung zu machen. Mit an die Parteien im Nahen Osten, aus dem Verhalten Bonns größtem Bedenken, so erklärte Madame Cisse, und nur, um und Ostberlins zu lernen, wie man Streit friedlich beilegt, die Einmütigkeit im Sicherheitsrat nicht zu stören, habe sie stellte er für den Sicherheitsrat die Beziehungen zum tristen der Aufnahme der Bundesrepublik zugestimmt; es sei zu Alltag wieder her.

Von San Franzisko bis zur Aufnahme in die Vereinten Nationen DR. EDGAR GERWIN

Mehr als zehn Jahre war Dr. Gerwin Pressechef der Deutschen die Geschäftsordnung des Sicherheitsrates auszudehnen. Nach Beobachtermission bei den Vereinten Nationen in New York. langem Tauziehen gaben die Russen nach, wie man annehmen In lockerer Form gibt er nachstehend einen Überblick überdarf , um heftigen Streitigkeiten hinter den Kulissen über die die Annäherung Deutschlands an die UNO. während der Konferenz bekanntgewordene Verhaftung von polnischen Patrioten zu entgehen, die nach westlicher Auf• I fassung nicht ins Gefängnis, sondern in die erste Warschauer Als sich am 25. April 1945 in San Franzisko Vertreter von 50 Regierung gehört hätten. Der Kalte Krieg warf deutlich in Staaten zusammenfanden, um sich an der Gründung der Ver• jenen Tagen am sonnigen Pazifik schon seine Schatten vor• einten Nationen zu versuchen, war Deutschland nicht dabei. aus. Um noch einmal Anthony Eden zu zitieren, »von diesen In und um Deutschland wurde noch gekämpft. Als zwei Gesprächen mit Außenminister Molotow (über die verhafteten Monate später, am 26. Juni, die Charta feierlich unterzeichnet Polen) an wurde ich zunehmend verzweifelter über die Zu• wurde, stand für uns erst noch die Konferenz von Potsdam kunft der Vereinten Nationen, die von der Einheit unter den bevor. Verbündeten des Krieges abhing«. Die Gründung der UNO wurde mit Eile betrieben, und ihre Der entschlossene Wille, als Wall gegen künftige Weltbrände Väter wußten auch, warum dies nötig war. Man wollte vor einen neuen, besseren Völkerbund zu schaffen, siegte jedoch. allem eine universale Weltorganisation der im Kriege gegen Die Vertreter von 50 Staaten unterzeichneten die Charta, die Achsenmächte verbündeten Alliierten schaffen. Die Ver• Polen wurde als 51. Gründungsstaat aufgeführt, obwohl es einigten Staaten von Amerika sollten auf jeden Fall dabei aus Mangel an einer Regierung nicht in San Franzisko vertre• sein, nachdem sie den Völkerbund, immerhin das Geistes• ten war. Hoffnungsvoll sprach man in der Präambel von den kind ihres Präsidenten Woodrow Wilson, verleugnet hatten, Völkern der Vereinten Nationen, man sprach vom Frieden in dem sie ihm nie beigetreten waren. Und die Sowjetunion und davon, wie man ihn mit Hilfe der UNO wahren und sollte ihr von Anfang an angehören, nicht nur sporadisch wie sichern wollte. dem Völkerbund, dem sie erst im September 1934 beigetreten Indirekt sprach man auch von Deutschland - nämlich als und aus dem sie fünf Jahre später, nach dem Angriff auf einem der Feindstaaten. In Artikel 107 der Charta wurde Finnland, wieder ausgeschlossen worden war. festgelegt, daß im Gefolge des Zweiten Weltkrieges ergriffene Es war auch 1945 nicht leicht, diese Einheit zustande zu bringen. oder autorisierte Maßnahmen durch die Charta weder außer Den Amerikanern hatte man deshalb viel von der Grün• Kraft gesetzt noch untersagt werden könnten. Und in Artikel dungsehre zugespielt. Roosevelt und Churchill hatten schon 53 wurde die sonst notwendige Ermächtigung des Sicherheits• 1941 die Atlantik-Charta formuliert, noch vor Hitlers Angriff rates zu friedenssichernden Maßnahmen solange ausgesetzt, auf die Sowjetunion und vor dem japanischen Schlag gegen bis den Vereinten Nationen die Aufgabe zugewiesen sein Pearl Harbour. Die wichtigste Vorbereitungsarbeit für San würde, neue Angriffe eines Feindstaates zu verhüten. Jetzt, Franzisko wurde auf amerikanischem Boden, auf der Konfe• mit der Aufnahmeempfehlung des Sicherheitsrates für die renz von Dumbarton Oaks geleistet, der Gründungsakt der beiden deutschen Staaten, sind diese Feindstaatenklauseln Weltorganisation nach San Franzisko gelegt. auf dem Schrotthaufen der Geschichte gelandet. Die Tatsachen Den Russen mußte man, um ernstliche Meinungsverschieden• der europäischen Existenz von 1973 und als ihr formales heiten, die auf der Jalta-Konferenz (Februar 1945) aufgetreten Dokument die Vier-Mächte-Erklärung vom vergangenen No• waren, zu überbrücken, wichtige sachliche Zugeständnisse vember, die dem Sicherheitsrat von allen vier Mächten ab• machen. Es wurden ihnen in der Vollversammlung drei Sitze, schriftlich als Absichtsverkündung zugeleitet worden ist, ha• für die Sowjetunion, für die Ukraine und für Weißrußland, ben den Schlußstrich unter dieses Kapitel der UNO-Entwick- zugebilligt. Und für den Sicherheitsrat wurde das Vetorecht lung gezogen. für die fünf Ständigen Mitglieder (USA, Großbritannien, II Frankreich, Sowjetunion und China) geschaffen, wozu einer Die erste direkte Berührung zwischen Deutschland und der der Jalta-Teilnehmer, der britische Außenminister Anthony UNO begeht in diesem Jahre ihr 25jähriges Jubiläum, in Ver• Eden, später bemerkte: »Ich muß bekennen, daß niemand auf bindung mit der Blockade von Berlin. So schnell wie die unserer Seite vorausgesehen hat, in welchem Umfang die Luftbrücke gebaut wurde, kam auch der Appell an die Ver• Sowjets dieses Mittel mißbrauchen würden... Sie haben das einten Nationen. Sie wurden vom Stadtrat von Berlin bereits Veto überanstrengt, bis es die Autorität des Sicherheitsrates im Juni 1948 um Vermittlung ersucht, »da der Streit der Be• untergraben hat.« satzungsmächte eine akute Bedrohung des Weltfriedens be• In San Franzisko suchten die Russen das Vetorecht auch auf deutet«. Später riefen die drei westlichen Besatzungsmächte

Vereinte Nationen 4/73 107 die UNO an, weil die Blockade gegen die Charta verstoße und republik als Zielscheibe im Kalten Krieg. Auf dem Höhe• eine Friedensbedrohung sei. Acht Sitzungen des Sicherheits• punkt der sowjetischen Angriffe, in der ultimativen Note vom rates, von der Sowjetunion und der Ukraine boykottiert, be• 27. November 1958, machte Moskau den Vorschlag, die Be• faßten sich im Oktober 1948 mit der Berlin-Krise. Ein Resolu• satzungsmächte in Berlin aufzuheben, West-Berlin zu einer tionsentwurf forderte die vier Besatzungsmächte auf, alles > internationalen Stadt< zu machen und diesen Status irgend• zur Beseitigung des Konfliktes Erforderliche zu tun und ins• wie durch die Vereinten Nationen absichern zu lassen. Von besondere im Rat der vier Außenminister die Erörterung daher datiert das Gespenst einer UNO-Lösung für West- aller wichtigen Probleme, die Deutschland als Ganzes beträ• Berlin, das wohl kaum eine Garantie für Freiheit und Selb• fen, wieder aufzunehmen. Der Entwurf wurde von der So• ständigkeit der Stadt zu bieten hatte. Auch der Vorschlag wjetunion mit ihrem 28. Veto abgewiesen. des sowjetischen Außenministers Gromyko einige Jahre spä• Dennoch spielte die UNO bekanntlich eine wichtige Rolle bei ter, ein »unabhängiges« West-Berlin zu schaffen, das in der der Beendigung der Blockade. Nicht in öffentlicher Debatte, UNO neben der DDR und der Bundesrepublik Sitz und Stim• sondern im privaten Gespräch unter Delegierten wurde die me bekommen sollte, fand wenig Widerhall unter den UNO- Grundlage dafür geschaffen. Der amerikanische Botschafter Mitgliedern. Jessup und der sowjetische Botschafter Malik, der gleiche, III unter dessen Vorsitz der Sicherheitsrat im Juni dieses Jahres Statt dessen spiegelte sich unter den Delegierten in den Ver• die Empfehlung der Aufnahme der beiden deutschen Staaten einten Nationen das wachsende Ansehen des freien Teils in die UNO beschlossen hat, spürten damals die Möglichkeit Deutschlands, mit dem sie Verbindung hatten, gekennzeichnet einer Annäherung von Ost und West auf. Im Mai 1949 wurde durch seinen Wirtschaftsaufschwung, durch liberale Ideen in der damaligen provisorischen Behausung der UNO außer• und praktische Beispiele zur Entwicklungshilfe und unbelastet halb von New York, am Lake Success, die Einigung erreicht, durch Kolonialbesitz in neuerer Zeit. Von der Deutschland- die Blockade beendet. Frage und vom Streit um die Wiedervereinigung wollten die Deutsche sind dabei in der UNO nicht in Erscheinung getre• Vertreter der Dritten Welt, der selbständig gewordenen Völ• ten. Das geschah erst aus anderem Anlaß, im Dezember 1951, ker Afrikas und Asiens, nichts hören. Sie hielten die Ab• als Vertreter aus der Bundesrepublik und aus der DDR im wesenheit Deutschlands in den UNO-Gremien für unsinnig Politischen Sonderausschuß der 6. Vollversammlung an zwei und, da sie die deutsche Freundschaft schätzten, vielfach >Katzentischen< saßen und zu dem Ersuchen der Bundesregie• für bedauerlich. Als der ghanesische Präsident der 19. Voll• rung gehört wurden, in ganz Deutschland freie Wahlen zu versammlung, Quaison-Sackey, 1964 einen Ad-hoc-Ausschuß einer verfassungsgebenden Nationalversammlung unter inter• der UNO vorschlug, um sozusagen mit Hilfe der Dritten Welt nationalem Schutz und internationaler Kontrolle abzuhalten. den gordischen Knoten der Deutschland-Krise durchzuhauen, Zuerst erschienen aus Bonn die Abgeordneten Heinrich von konnte auch er die festgefahrenen Positionen zwischen Ost Brentano für die CDU und Hermann Schäfer für die FDP, und West nicht lockern. Doch er sprach der ungebundenen dazu Johann Baptist Gradl für die Exil-CDU in Berlin und Welt aus dem Herzen: Sie wollte mit Deutschland normale, der Regierende Bürgermeister von West-Berlin, Ernst Reuter, gute Beziehungen schaffen, sie wollte Deutschland in der UNO zugleich für die SPD. Sie sprachen von dem von allen Parteien mitarbeiten sehen. Ob dies ein geteiltes oder wiedervereinig• im Bundestag gehegten Wunsch nach Wiedervereinigung und tes Deutschland war, schien ihr von untergeordneter Bedeu• beeindruckten den Ausschuß mit dem Ersuchen nach freien, tung. international überwachten Wahlen. Quaison-Sackey hat aus der Unbefangenheit Afrikas heraus Einige Tage später, nach Schwierigkeiten bei der Ausreise sozusagen des Volkes Stimme verkörpert, wenn er Deutsch• aus Ost-Berlin, trafen Lothar Bolz als Außenminister der land, wenn er den Deutschen den Weg in die UNO öffnen DDR, Otto Nuschke als stellvertretender Ministerpräsident, wollte. Doch was die Großmächte, was die Deutschen unterein• Staatssekretär Anton Ackermann und Friedrich Ebert, Ober• ander damals noch nicht vermochten, machte es auch für bürgermeister von Ost-Berlin ein. Sie sprachen sich gegen die Außenstehende unmöglich zu helfen. Einzeln konnten die Entsendung einer UNO-Prüfungskommission über die Mög• beiden Teile Deutschlands nicht in die UNO einziehen, dafür lichkeit zur Abhaltung freier Wahlen aus. Bolz nannte eine sorgten die Veto-Möglichkeiten von Ost und West im Sicher• derartige Kommission »eine Einmischung in die inneren fried• heitsrat, wo jeder Aufnahmeantrag anlaufen muß. lichen Angelegenheiten der Deutschen«. Doch die Vollversammlung beschloß, gegen nur sechs Stim• Doch das Klima wurde allmählich entspannter... Während men, die Einsetzung der Kommission, die im März 1952 in die die Politiker auf ihre Chance warteten, Deutschland den Bundesrepublik und nach West-Berlin reiste. Weiter kam sie Weg in die UNO zu ebnen, halfen zwei unserer Besten aus nicht. Die Einreise nach Ost-Berlin und in die DDR wurde ihr altem Stamm, Deutschland dort zu vertreten - Friedrich verweigert. Im Abschlußbericht der Kommission hieß es Schiller und Ludwig van Beethoven. Und das kam so: damals: »Die Kommission ist nicht in der Lage gewesen, mit Eines Tages entstieg in New York dem Flugzeug aus Puerto den zuständigen Instanzen in der Sowjetischen Besatzungs• Rico ein kleiner, lebhaft gestikulierender Herr. Bevor ihn zone und im Ostsektor von Berlin die Abmachungen zu tref• Freunde und Journalisten nach seinen Plänen fragen konnten, fen, die für die Durchführung des Auftrages der Vollver• sprudelte er: »Ich muß zu Dag Hammarskjöld (dem damaligen sammlung notwendig gewesen wären.« Generalsekretär der UNO). Der muß den Beethoven spielen Der Bericht wanderte in die Akten. Der Ausschuß besteht lassen. Das ist die Welthymne!« Aus den erstaunten Gesich• dem Namen nach noch heute. Von deutscher Seite wurde tern entnahm der Reisende - kein anderer als der weltbe• kein weiterer Versuch unternommen, die Deutschland-Frage rühmte Cellist Pablo Casals -, daß er sich präziser ausdrücken über die UNO zu lösen. Dafür verpflichtete sich die Bundes• müßte. »Ich meine die Neunte, mit Schillers Ode an die republik in den Deutschland-Verträgen von 1954 förmlich, Freude! Seid umschlungen, Millionen, diesen Kuß der ganzen die Charta und vor allem die Bestimmungen über die fried• Welt!« liche Lösung von Konflikten als bindend zu respektieren. Der temperamentvolle Spanier hatte es leicht, Hammerskjöld Um so häufiger wurde die Deutschland-Frage in der alljähr• zu überzeugen. Alljährlich wurde am Gründungstag der Ver• lichen Generaldebatte von den Sprechern der Mitgliedstaaten einten Nationen, dem 24. Oktober, das im UNO-Gebäude für aufgegriffen, oft von Bonn aus dazu angeregt, wo das Aus• die Delegierten sowie für Rundfunkhörer und Fernseher in wärtige Amt über die Erwähnungen Deutschlands genau aller Welt veranstaltete Konzert mit dem Schlußsatz der Buch führte. Der Ostblock wiederum benutzte die Bundes• Neunten beschlossen und auf Deutsch gesungen.

108 Vereinte Nationen 4/73 Und 1960, als Chruschtschow nach New York gekommen war, um den unbequem selbständigen Hammarskjöld zu stürzen DIE PERSÖNLICHE MEINUNG und durch ein Dreigespann von Generalsekretären aus Ost, West und neutraler Mitte zu ersetzen, ließ Hammarskjöld die ganze Neunte spielen. Vor dem spannungsgeladenen Haus Was kostet uns das? zog er vorher in seiner Ansprache einen unvergeßlichen Ver• gleich zwischen dem Werk Beethovens und der Arbeit der Achtundzwanzig Jahre nach ihrer Gründung wird Deutschland Vereinten Nationen: Mitglied der Vereinten Nationen. Läuft die letzte Phase des Beitrittsplans wie vorgesehen ab, erfolgt die Aufnahme am »Wenn die Neunte beginnt, treten wir in ein Drama voll 18. September, dem ersten Tag der diesjährigen Ordentlichen scharfer Konflikte und düsterer Drohungen ... Auf seinem Generalversammlung. Hemmnisse für die Aufnahme sind nicht Weg von Konflikt und Spannung zur Versöhnung hat uns mehr zu erwarten. Der Sicherheitsrat hat mit seinem Beschluß Beethoven in seiner Lobeshymne ein Bekenntnis gegeben, vom 22. Juni 1973 die nach der Charta erforderliche Empfeh• lung der Aufnahme zuhanden der Generalversammlung ausge• das wir, die wir in und für diese Weltorganisation arbeiten, sprochen. Die Generalversammlung beschließt über die Auf• wohl uns zu eigen machen könnten. Wir nehmen an dem nahme mit Zweidrittelmehrheit endgültig. Die derzeitige Mit• fortgesetzten Kampf zwischen widerstrebenden Interessen gliedschaft der Weltorganisation beträgt 132. Es müßten 45 Mit• und Ideologien teil, der bisher die Geschichte der Menschheit gliedstaaten gegen den Beitritt der Bundesrepublik Deutsch• bestimmt hat. Aber wir verlieren niemals den Glauben land stimmen, wenn er verhindert werden sollte. Das ist nicht daran, daß den ersten Sätzen (der Symphonie) eines Tages vorstellbar. Üblicherweise erfolgen die Neuaufnahmen durch der vierte Satz folgen wird. In diesem Glauben streben wir Zuruf. Seit vielen Jahren haben sich viele Mitgliedstaaten der danach, Ordnung und Reinheit in das Chaos und in die Organisation betont für die deutsche Mitgliedschaft ausgespro• Anarchie zu tragen. Von diesem Glauben erfüllt bemühen chen. Allerdings für die Mitgliedschaft beider deutscher wir uns, die Gesetze des menschlichen Geistes und die Staaten. Nach der Annahme des innerdeutschen Grundvertra• ges ist sie nun möglich. Denn mit der Aufnahme der Bundes• Integrität des menschlichen Willens auf die dramatische republik steht gleichzeitig die der Deutschen Demokratischen Entwicklung zu übertragen, an der wir alle beteiligt sind Republik an. Es sollte hierbei durchaus als Besonderheit er• und in der wir alle unsere Verantwortung tragen ...« kannt werden, daß der Sicherheitsrat die Aufnahme der beiden deutschen Staaten in einer Resolution empfohlen hat. Es war das letzte Mal, daß Hammarskjöld Beethovens Neunte Der anstehende Beitritt der Bundesrepublik Deutschland hat im UNO-Saal hörte. Noch nicht ein Jahr später wurde sie dort in der Öffentlichkeit ein wachsendes Interesse an der deutschen noch einmal für ihn gespielt - in memoriam, ihm zum Toten- Mitgliedschaft und an der Weltorganisation bewirkt. Da ist es gedächtnis nach dem tragischen Flugzeugabsturz in Afrika, überraschend, festzustellen, daß die zum Beitritt mit Abstand auf dem Wege zur Friedensstiftung mit Katanga. am häufigsten gestellte Frage lautet: Was kostet uns das? Als der Stab der Vereinten Nationen Dag Hammarskjöld ein Möglicherweise sind die Fragesteller nicht repräsentativ, viel• Denkmal setzen wollte, griffen Schiller und Beethoven noch leicht setzen sie den positiven Sinn des Beitritts bereits voraus, vielleicht ist das Gelddenken tatsächlich bestimmend gewor• einmal in die UNO-Geschicke ein. Man bat den Maler Marc den, zumal kaum jemandem verborgen geblieben sein kann, Chagall, für seinen alten Freund Hammarskjöld in der Ein• daß der deutsche Bürger international häufig, intensiv und von gangshalle des UNO-Gebäudes ein Glasfenster zu schaffen. vielen Seiten zur Kasse gebeten wird. Was hinter der Frage Es wurde eines der schönsten Werke von Chagall: Im Zen• nach den Kosten unseres Beitritts auch stehen mag, die Frage trum der lichte Friedensengel, zur Rechten zahllose, voll ist berechtigt und die Antwort folgende: Sehnen und Hoffnung erhobene Menschengesichter. »Das sind Der Mitgliedsbeitrag wird im Zusammenwirken mit dem bei• Schillers, das sind Beethovens umschlungene Millionen«, be• tretenden Staat nach Wirtschaftskraft und Bevölkerungszahl kannte Chagall, selbst erschüttert, als er sein Werk enthüllte. errechnet und in einer Prozentzahl am Haushalt der Organisa• tion ausgedrückt, den die Generalversammlung jährlich be• IV schließt. Für 1973 entfallen auf die Bundesrepublik Deutschland Nicht nur unsere Klassiker schufen deutsche Verbindungen 6,8 Prozent, für 1974 werden es 7,1 Prozent sein (DDR für 1973 1,2 Prozent, für 1974 noch nicht bekannt). Der Haushalt der zur UNO. In der weitverzweigten Familie der UNO, in den Organisation beläuft sich für 1973 auf 225 920 420 US-Dollar. In Sonderorganisationen, die so ziemlich alle menschlichen Akti• ihm sind Eigeneinnahmen der Organisation durch Verkauf von vitäten und Interessen erfassen, Arbeit und Gesundheit, Wirt• Publikationen, Besucherdienst u. ä in Höhe von 10 Mill. US- schaft und Finanz, Luftfahrt und Schiffahrt, Kinder und Er• Dollar enthalten, so daß der auf die Mitglieder umzulegende ziehung, Wetter und Landwirtschaft, Post und Telegraf und Betrag sich auf 215 795 390 US-Dollar beziffert. Die Bundes• dazu das immer mehr um sich greifende Feld der Entwick• republik Deutschland hat für vier Monate Mitgliedschaft dieses lungshilfe, in allen diesen Sparten konnte die Bundesrepublik Jahres ein Drittel ihres Solls von 6,8 Prozent am Budget zu oft von Anbeginn mitarbeiten. Die erste Mitgliedschaft ergab zahlen. Je nach Dollarkurs liegt der Betrag damit bei 14 Millio• sich schon 1950 in der FAO, der Ernährungs- und Landwirt• nen Deutscher Mark (Jahresbeitrag für 1973 wäre etwa 42 Mill. schaftsorganisation. Ihr folgten die Mitgliedschaften in allen DM). Bei einer möglichen Steigerung des UN-Haushalts im nächsten Jahr um 6 bis 8 Prozent und der zu erwartenden anderen Sonderorganisationen und freiwilligen Operationen. Steigerung des Beitragsanteils der Bundesrepublik am Haus• Deutsches Personal arbeitet in allen diesen Organisationen, halt von 6,8 auf 7,1 Prozent könnte der von der Bundesrepublik in den zentralen Büros wie auf den oft beschwerlichen Außen• für ihre Mitgliedschaft zu zahlende Betrag je nach Dollarkurs posten, teils im festen Vertrag, teils in zeitlich begrenzten bei 45 bis 50 Millionen DM jährlich liegen. Ob die Mitglied• Vereinbarungen als Sachverständige. schaft in der Sache diesen finanziellen Aufwand wert ist, dar• Auch zur Weltorganisation selbst bestehen seit vielen Jahren über ein anderes Mal. direkte Verbindungen, sowohl zum Hauptquartier in New Zum Nachdenken noch einige Zahlen: Das jährliche Volksein• York wie zum Europäischen Sitz in Genf. Der damalige kommen der Bundesrepublik geht auf eintausend Milliar• deutsche Generalkonsul in New York, Dr. Hans Riesser, nahm den DM zu, der Etat der Bundeswehr beträgt rund 25 Milliar• die Verbindung zur Zentrale der UNO auf und richtete im den, der Personaletat der Stadt München Hegt höher als der Oktober 1952 die Ständige Beobachtermission ein. Ein Bot• Gesamtetat der UNO und den Europäischen Agrar- schafter leitete jeweils diese Vertretung des Auswärtigen markt bezuschußt die Bundesrepublik täglich mit 4 Mil• lionen DM. Auch dürfte der deutsche Bürger den Gegenwert Amtes, die über die Jahre mit den zunehmenden Aufgaben einer halben Packung Zigaretten im Jahr gern einsetzen, um ständig gewachsen ist. Felix von Eckardt war einer dieser die Anstrengungen der Vereinten Nationen für den Frieden in Beobachterbotschafter. In seine.i Erinnerungen hat er seine der Welt zu stärken. Kurt Seinsch

Vereinte Nationen 4/73 109 Suche für die Botschafterresidenz launig beschrieben. Sein V Fund ist ein Juwel: ein altes New Yorker Einzelhaus mitten Für die DDR dagegen war bis zum vergangenen November, unter den Wolkenkratzern; es wurde inzwischen von der bis zur Entsendung des ersten offiziellen Beobachters nach Stadt unter Denkmalschutz gestellt. New York, die Presse-Agentur ADN die einzige Vertretung Am längsten hatte Sigismund von Braun diesen Beobachter• am Hauptsitz der UNO. In Genf, im Europäischen Büro der posten inne, der ihm sehr zusagte und besonders lag. »Klei• Vereinten Nationen, war das anders. Dort hatte sich aus der nere Engel in der UNO sprechen Deutsch«, schrieb der frühere Sachverständigentätigkeit in der Europäischen Wirtschafts• Untergeneralsekretär der UNO Tavares de Sa über Braun kommission, die als eine Vertretung der Sowjetischen Besat• und schilderte, wie der deutsche Beobachter zwar in den Sit• zungszone in der Delegation der Sowjetunion begonnen hatte, zungen nicht sprechen und nicht mit abstimmen konnte, wie praktisch ein Beobachterposten der Deutschen Demokrati• er jedoch in den Wandelgängen und auf den vielen Empfän• schen Republik entwickelt. In New York aber mußte Jahre gen oft eine Zentralfigur bildete, von der viele Delegierte hindurch ein einziger Korrespondent ADN-Redaktion und sich gern Rat und Informationen holten. Wie in New York Regierung in Ost-Berlin mit Material versorgen und nach so in Genf, wo u. a. der inzwischen verstorbene Botschafter Kräften auch den Kontakt mit den Vertretern von Ländern Schnippenkötter sich als Beobachter einen Namen machte, als pflegen, mit denen die DDR keine Beziehungen hatte. er in vielen Gesprächen und Verhandlungen dem Atomwaf• Ein derartiger ADN-Bericht, so wird vermutet, hatte den fensperrvertrag einige für die Bundesrepublik wesentliche überraschenden Aufnahmeantrag der DDR zur Folge, den der Züge verlieh. polnische Botschafter Lewandowski am 1. März 1966 dem Das Gespräch, der Kontakt, das sind Werte, die man in den Generalsekretär U Thant mit der Bitte überreichte, ihn dem Vereinten Nationen besonders schätzen lernt. Nicht zu Un• Sicherheitsrat zur Beschlußfassung zuzuleiten. Es heißt, Ost- recht hat man die Wandelgänge des UNO-Gebäudes in New Berlin habe von Vermutungen über einen angeblichen bevor• York einen > Supermarkt der Politik* genannt. Die Bundes• stehenden Antrag der Bundesrepublik gehört, dem sie zuvor• republik hat in den letzten Jahren von der Möglichkeit kommen wollte. Den Sicherheitsrat mit dem Antrag aus Ost- guten Gebrauch gemacht und auf diesem Forum ihre Politik Berlin zu befassen, war nach den Spielregeln der UNO un• vertreten. möglich, so sehr auch der Ostblock darauf drängte. Nur Als im Oktober 1968 Willy Brandt als erster Außenminister >Staaten< konnten beim Sicherheitsrat um Aufnahme in die der Bundesrepublik sich für ein paar Tage in diesen Mei• UNO bitten und als > Staat* konnte der Generalsekretär nur nungsaustausch einschaltete - seine Vorgänger hatten immer werten, wer von der Mehrheit der UNO-Mitglieder als sol• ein wenig Angst davor gehabt, in New York ein Mauerblüm• cher anerkannt war. chendasein zu führen -, stand er rasch im Mittelpunkt des Interesses. Vor der internationalen Presse faßte Brandt da• Für die Bundesrepublik, als Staat international auch damals mals seinen Eindruck zusammen: »New York ist während der schon seit langem anerkannt, hätte man zwar im März 1966 Vollversammlung der Vereinten Nationen ein idealer Platz, einen Antrag auf Mitgliedschaft durch die Vordertür hinein• wenn man einen anschaulichen Überblick über die aktuellen tragen können. Doch im Sicherheitsrat, wo die Aufnahme• außenpolitischen Bestrebungen in den verschiedenen Teilen prozedur beginnen und eine Mehrheit für die Aufnahme sein der Welt gewinnen will.« muß, einschließlich der Zustimmung aller fünf Ständigen In vier Tagen traf Brandt damals mit fast allen Außen• Mitglieder, war damals und bis vor kurzem, bis zur Ratifizie• ministern der Nato-Staaten, mit vielen Lateinamerikanern, rung des Grundvertrages mit der DDR, das sowjetische Veto mit dem sowjetischen Außenminister Gromyko, mit dem gewiß. israelischen und dem jordanischen Außenminister sowie mit Inzwischen sind die Anträge der beiden deutschen Staaten zahlreichen anderen Kollegen zusammen, mit denen es nütz• im Sicherheitsrat über die Bühne gegangen, und mit der Be• lich schien, rasch die anliegenden bilateralen Probleme zu fürwortung aus diesem Gremium steht der feierlichen Auf• besprechen, oft auf Wunsch der anderen Minister. Im kleinen nahme in der ersten Sitzung der 28. Vollversammlung am Kreise hat Brandt oft lobend hervorgehoben, wieviel ein• 18. September 1973 als 133. und 134. Mitglied der Vereinten facher und zeitsparender es sei, ausländische Kollegen von Nationen nichts mehr im Wege. In den Seitenlogen, in denen Hotelzimmer zu Hotelzimmer zu besuchen, anstatt eine offi• sich auch die Plätze der Beobachter befinden, werden die zielle Reise in eine andere Hauptstadt antreten zu müssen beiden Delegationen bereit sein, um nach Verkündung der und die erwünschten vertraulichen Gespräche in ein umfas• Aufnahme vom Protokollchef der UNO an die bereits vor• sendes, anstrengendes Rahmenprogramm eingebettet zu fin• bereiteten Plätze im Plenum geleitet zu werden. Es werden den. die Begrüßung durch den Präsidenten der Vollversammlung, Für das deutsche Verhältnis zu den Vereinten Nationen war die Beglückwünschung durch viele Delegationsupreeher fol• es eine große Genugtuung für den Außenminister der Bundes• gen, bis dann die Delegationsleiter der > German Democratic republik, feststellen zu können, daß die harte Arbeit in zwei Republic* und der >Federai Republic of Germany* zum ersten Jahrzehnten, das deutsche Ansehen in der Welt wiederherzu• Male als Mitglieder ans UNO-Pult treten können, um für stellen, auch in diesem Forum der Weltöffentlichkeit deutlich die Aufnahme und für die Glückwünsche zu danken. 28 Jahre Früchte getragen hatte. Vor der Presse konnte Brandt in nach der Gründung der UNO wird die Universalität der Welt• New York ohne Widerspruch erklären: »Ich konnte mit Be• organisation einen letzten wichtigen Schritt vorangekommen friedigung feststellen, daß die Versuche, das Forum der Ver• sein. einten Nationen zu benutzen, um die Politik der Bundes• VI republik anzuschwärzen, keinen nennenswerten Widerhall finden.« So gesprochen nach einem politisch heißen Sommer Was wird nun die Mitgliedschaft für uns bedeuten? Werden in Europa, wenige Wochen nach dem sowjetischen Einmarsch wir mehr als bisher in der Weltpolitik mitmischen können? in Prag. Oder werden sich zwei deutsche Staaten gegenseitig neutra• lisieren, wenn es um politische Entscheidungen geht? Wird Seitdem sind die Besuche bundesdeutscher Außenminister in man unwürdige Schauspiele polemischer Darstellung gegen• New York am Rande der Vollversammlung zur Regel gewor• sätzlicher Standpunkte erleben, das Waschen schmutziger den. Besuch beim Generalsekretär, beim jeweiligen Präsiden• Wäsche auf offener Weltbühne? ten der Vollversammlung gehören ebenso dazu wie die zwang• Wenn die Menschheit zum zweiten Male in einem so konflikt- losen Kontakte mit Kollegen, die Pressegespräche und die beladenen Jahrhundert Anstrengungen macht, mit einer Welt• Empfänge, die selbst gegebenen wie die besuchten. organisation des Friedens einen weiteren Wall gegen bewaff-

110 Vereinte Nationen 4/73 nete Konflikte und gegen die chauvinistische Verfolgung verspricht die UNO zum Generalstab rascher, international engstirnig-nationalistischer Ziele zu errichten, so sollte sich aufeinander abgestimmter Hilfsaktionen zu werden. Und wohl niemand diesem Bemühen versagen, und schon gar nicht wenn das Beispiel Bangladesch Schule macht, so kann auch eine Nation, die sich noch vor nur einer Generation in den bei politisch verursachten oder beinflußten Katastrophen furchtbarsten aller Kriege hineinstoßen ließ und dabei die durch UNO-Kanäle rasch praktische Hilfe fließen. Welt mitriß. Eine Mehrheit aus allen Parteien im Bundes• Der Völkerbund war überwiegend auf Europa zugeschnitten. tag wie auch die Volkskammer in der DDR haben dem Bei• Die UNO hat die Welt als ihr Feld - und hat bereits einen tritt zugestimmt, und damit sicherlich recht getan. ihr innerlich zugetanen Stab, der zu einem weltweiten Ein• Wir alle wissen, daß die UNO noch zu schwach ist, um jeden satz in einer Art und Weise bereit und in der Lage ist, wie es Krieg zu verhindern. Wir wissen aber auch, daß die UNO noch 1945, bei der Gründung der UNO, als Fantasterei und so stark oder so schwach ist, wie die Völker oder ihre Regie• Utopie erschienen wäre. Der kürzlich verstorbene langjährige rungen es wollen. Immerhin ist schon so mancher Konflikt UNO-Korrespondent und Mitarbeiter dieser Zeitschrift, Otto von der UNO verhindert worden, wie in Zypern, oder doch Leichter, sagte oft: »Je länger ich in der UNO arbeite, desto eingeengt worden, wie die Geschichte des Sechs-Tage-Krieges mehr begreife ich, daß ihr größter Wert in den vielseitigen im Nahen Osten 1967 zeigt. Wie es der Bundesminister für menschlichen Beziehungen liegt, die hier geknüpft werden. Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Eppler, kürzlich an dieser Hier entstehen Freundschaften, hier gewinnt man Einsichten Stelle ausdrückte: »Die Vereinten Nationen sind nötig. Aber von Mensch zu Mensch, die Keime für die Zukunft sind.« sie sind heute noch schwächer, als dies nötig wäre. Das ist Bald werden in die Konferenzsäle wie in das Sekretariat der kein Grund zu billigem Spott. Das ist ein Grund sie stärker Vereinten Nationen deutsche Vertreter einziehen, werden zu machen.« Deutsche freiwerdende Posten besetzen, um an diesem welt• Und dann: Kriege sind nicht die einzigen Konflikte, die uns weiten Gewebe der menschlichen Beziehungen im Dienste an plagen. So wie der Aufstand des Gewissens in einzelnen der einen Welt mitzuwirken. Bald werden aus den beiden Völkern die Sklaverei, die Kinderarbeit, die Vielweiberei deutschen Staaten die - sehnlich erwarteten - Mitgliedsbei• überwinden half, so kann sich das Weltgewissen in den Ver• träge eingehen, mit einem Anteil von 6,8 Prozent des Budgets einten Nationen regen und tätig werden. Der Nichtverbrei• aus der Bundesrepublik und mit 2,2 Prozent aus der DDR. tungsvertrag für Atomwaffen ist ein Beispiel, die UNO-Kon- Es hat viele Stationen auf dem deutschen Wege in die UNO ferenz für den Umweltschutz ein anderes. Den Meeresboden gegeben. Aus dem Feuerofen des deutschen Schicksals erwar• versucht man in der UNO vor einseitig-nationaler Ausbeu• ten sich viele >alte Hasen< in der UNO deutsche Beiträge, die tung zu bewahren, das Recht auf den Meeren versucht man, über das Finanzielle, über die Einzelleistung hinausgehen und der Vernunft statt der Macht unterzuordnen. Dem Hunger die ein wenig von der Erfahrung aus der alten deutschen tritt man schon seit Jahren weltweit entgegen, Aufklärung Mittlerrolle im Herzen Europas, die sich in der Ostpolitik neu über die drohende Gefahr der Überbevölkerung trägt die bewährt hat, für die Mittleraufgaben in aller Welt beisteuern UNO unter die Entwicklungsvölker. Bei Naturkatastrophen können.

Die Sachunterschiede zwi• schen Ost und West beste• hen weiter. Aber die Zeit des totalen Feindverhältnis• ses ist vorbei. Sichtbarer Ausdruck der Bemühungen um Abbau von Spannungen ist unter anderem, daß offizi• elle Persönlichkeiten aus den beiden Teilen Deutschlands nicht mehr wie bisher anein• ander vorbeisehen müssen, sondern sich normal begrü• ßen. Hier hält das Bild den ersten Händedruck fest zwi• schen dem Ständigen Ver• treter der Bundesrepublik Deutschland bei den Verein• ten Nationen, Botschafter Walter Gehlhoff (rechts), und seinem Gegenüber von der DDR, Botschafter Horst Gru- nert. Die Begrüßung fand am 22. Juni am Sitz der Ver• einten Nationen in New York statt. An diesem Tag beschloß der Sicherheitsrat, der Generalversammlung die Aufnahme der beiden deut• schen Staaten in die Verein• ten Nationen zu empfehlen.

Vereinte Nationen 4/73 111 Die beiden deutschen Staaten in den Vereinten Nationen DR. HANS-HEINRICH MAHNKE

Die Osteuropapolitik der gegenwärtigen Bundesregierung hat des Bundes regelt, bedarf der Beitrittsvertrag nach Art. 59 das Tor für den Beitritt der beiden deutschen Staaten in die Abs. 2 Satz 1 GG der Zustimmung des Bundestages. Organisation der Vereinten Nationen aufgestoßen. Die Ver• Der Bundestag mußte deshalb bereits dem Aufnahmeantrag träge von Moskau1 und Warschau2 haben ebenso wie das zustimmen, weil nach Regel 139 der Geschäftsordnung der Ge• Transitabkommen3, der Verkehrsvertrag4 und der Vertrag neralversammlung die Mitgliedschaft des neu aufgenomme• über die Grundlagen der Beziehungen zwischen den beiden nen Staates an dem Tage wirksam wird, an dem die Gene• deutschen Staaten vom 21. Dezember 19725 konsequent auf ralversammlung dem Aufnahmeantrag stattgibt. Hätte der den Antrag auf Aufnahme in die Vereinten Nationen hinge• Bundestag erst nach erfolgter Aufnahme in die Vereinten führt. Nationen seine Zustimmung geben müssen, so hätte er keinen In dem Briefwechsel vom 8. November 1972 zum Antrag auf Entscheidungsspielraum mehr gehabt, da die Rechtsfolge, auf Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen haben sich die die der Vertrag gerichtet ist, bereits eingetreten war. beiden Staaten folgendes mitgeteilt: Auch aus einem weiteren Grund war die vorherige Zustim• mung des Bundestages erforderlich. Nach Art. 4 der Satzung »Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland (die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik) hat zur Kenntnis ge• der Vereinten Nationen (SVN) steht die Mitgliedschaft in den nommen, daß die Regierung der Deutschen Demokratischen Re• Vereinten Nationen allen friedliebenden Staaten zu, die die in publik (die Regierung der Bundesrepublik Deutschland) in Über• der Satzung enthaltenen Pflichten anerkennen. Nach Regel 135 einstimmung mit dem innerstaatlichen Recht der Deutschen De• der Geschäftsordnung der Generalversammlung und nach mokratischen Republik (der Bundesrepublik Deutschland) die notwendigen Schritte zur Erlangung der Mitgliedschaft in der Regel 58 der Geschäftsordnung des Sicherheitsrates muß be• Organisation der Vereinten Nationen einleitet. reits der Beitrittsantrag die in einem >förmlichen Instrument Beide Regierungen werden sich über den Zeitpunkt der Antrag• abgegebene Erklärung enthalten, das antragstellende Land stellung informieren.«6 erkenne diese Pflichten an. Ein förmliches Instrument im Die Aufnahmeanträge sind inzwischen gestellt worden. Die Sinne dieser Bestimmung liegt aber erst dann vor, wenn die Deutsche Demokratische Republik hat ihren Antrag am 12. Ju• nach innerstaatlichem Recht notwendigen Voraussetzungen ni 1973 gestellt7, die Bundesrepublik Deutschland am 15. Juni zum Inkrafttreten einer solchen Verpflichtung erfüllt sind. 19738. Mit dem Antrag der DDR vom 12. Juni 1973 ist ihr frü• Dies war erst nach der Zustimmung des Bundestages der herer Aufnahmeantrag, den sie am 28. Februar 1966 gestellt Fall. hatte9, obsolet geworden10. Der Sicherheitsrat der Vereinten Völkerrechtliche Anerkennung durch Mitgliedschaft Nationen hat gemäß Art. 4 Abs. 2 der Satzung der Vereinten Die gleichzeitige Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland Nationen am 22. Juni 1973 die erforderliche Empfehlung aus• und der Deutschen Demokratischen Republik in die Organi• gesprochen11. sation der Vereinten Nationen zieht nicht zwangsläufig die völkerrechtliche Anerkennung des einen durch den anderen Vertragsgesetz Staat nach sich. Es ist heute herrschende Meinung, daß die Sowohl die Deutsche Demokratische Republik12 als auch die gleichzeitige Mitgliedschaft zweier Staaten in einer inter• Bundesrepublik Deutschland13 haben anläßlich ihres Aufnah• nationalen Organisation, die einander nicht anerkennen, nicht meantrages die nach Regel 58 der Geschäftsordnung des so ausgelegt werden darf, als bewirke sie die indirekte völker• Sicherheitsrates erforderliche Erklärung abgegeben. Das Ge• rechtliche Anerkennung des einen durch den anderen1'. Aller• setz zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta dings ist dies, wie alles im Völkerrecht, nicht ganz unum• der Vereinten Nationen vom 6. Juni 197314 hat die inner• stritten1'. Schon zu Zeiten des Völkerbundes bestand Streit staatlichen Voraussetzungen für diese Erklärung der Bundes• darüber, ob die Aufnahme eines Mitglieds in eine inter• republik Deutschland geschaffen. Hierzu ist folgendes zu be• nationale Organisation eine Anerkennungswirkung nach sich merken: ziehe18. Auch heute wird in der völkerrechtlichen Literatur Das Verfahren beim Abschluß eines völkerrechtlichen Ver• darüber gestritten, ob in der Aufnahme als Mitglied einer trages ist ein zusammengesetztes Verfahren. Außer der Un• internationalen Organisation eine indirekte, stillschweigende terzeichnung des Vertrages durch die bevollmächtigten Unter• Anerkennung als Völkerrechtssubjekt zu sehen ist. händler bedarf er der Genehmigung (Ratifikation) durch das Die Praxis der Organisation der Vereinten Nationen trennt zum Abschluß befugte Organ. Das ist nach dem Grundgesetz allerdings die Tatsache der Zulassung als Mitglied und die der Bundesrepublik der Bundespräsident15. Erst nach der Ra• Rechtsvermutung der Anerkennung. Hier sei nur an die Tat• tifikation und gegebenenfalls nach dem Austausch der Ratifi• sache erinnert, daß sowohl Israel als auch die arabischen kationsurkunden sind alle Voraussetzungen zur völkerrecht• Staaten, die nicht nur nicht irgendwelche Beziehungen zu lichen Wirksamkeit des Vertrages erfüllt. Israel unterhalten, sondern zum Teil auch Israel völkerrecht• Nach Art. 59 Abs. 2 GG ist die Ratifikation durch den Bundes• lich als nicht-existent ansehen, gleichzeitig Mitglieder der präsidenten bei Verträgen, welche die politischen Beziehungen Vereinten Nationen sind und dort auch ihre Differenzen laut• des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesge• stark, sei es im Sicherheitsrat sei es in der Generalversamm• setzgebung beziehen, ihrerseits an die vorherige Zustimmung lung, auszutragen pflegen. Weitere Fälle bilden das Verhält• des Bundestages gebunden. Diese Zustimmung wird in der nis Mongolische Volksrepublik-Westliche Staaten19 und das Regel nach Abschluß des Vertrages erteilt. Der Sinn des Art. Verhältnis Mauretanien-Marokko20. 59 Abs. 2 GG, auch im völkerrechtlichen Verkehr die Mit• In einem Memorandum des Generalsekretärs der Vereinten wirkung des Parlaments zu sichern, kann es jedoch erforder• Nationen an den Präsidenten des Sicherheitsrates vom 8. März lich machen, daß in einzelnen Fällen die Zustimmung des 1950 wird als Ergebnis ungebrochener Praxis< folgendes fest• Bundestages zum Vertragsabschluß bereits vor dem Zustande• gestellt: kommen des Vertrages erteilt wird. Das ist dann der Fall, »(1) A Member could properly vote to accept a representative of a government which it did not recognize, or with which it wenn, wie bei dem Beitrittsvertrag zu den Vereinten Natio• had no diplomatic relations, and nen, die Wirkungen eines Vertrages sofort bei Vertragsab• (2) such a vote did not imply recognition or a readiness to schluß eintreten. Als Vertrag, der die politischen Beziehungen assume diplomatic relations.«21

112 Vereinte Nationen 4/73 Zusammenfassend wird man feststellen dürfen, daß zur Zeit stehe35. Dies gilt auch für den Beitritt der Bundesrepublik zu des Völkerbundes die herrschende Meinung die Auffassung den Vereinten Nationen. vertrat, die Zulassung zum Völkerbund bewirke die völker• rechtliche Anerkennung, während heute, wenn auch nicht Sonderbeziehungen unbestritten, die entgegengesetzte Ansicht zu überwiegen Es ist die Frage gestellt worden, welche Rückwirkungen die scheint0. gemeinsame Mitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland Die Behauptung, daß die Aufnahme in die Organisation der und der Deutschen Demokratischen Republik in der Organi• Vereinten Nationen nicht als Anerkennung auszulegen sei, sation der Vereinten Nationen auf die Entwicklung der inner• wird in Literatur und Praxis der Vereinten Nationen häufig deutschen Beziehungen haben kann. In der Regierungserklä• ohne nähere Begründung aufgestellt23. Sie wird sowohl von rung vom 28. Oktober 1969 hat die Bundesregierung als ihr der sowjetischen Völkerrechtspublizistik24 als auch von vielen erklärtes Ziel bekräftigt, zu besonderen Beziehungen zwischen westlichen Völkerrechtstheoretikern vertreten25. Selbst die den beiden deutschen Staaten zu kommen bzw. diese Sonder• Deutsche Demokratische Republik hat sie sich in ihrem 1966 beziehungen zu vertiefen. gestellten Aufnahmeantrag in die Vereinten Nationen zu Es heißt hier: eigen gemacht26. Diese Auffassung wird ebenfalls von der »Auch wenn zwei Staaten in Deutschland existieren, sind sie doch Völkerrechtspublizistik der DDR vertreten27. füreinander nicht Ausland; ihre Beziehungen zueinander können Als Begründung für die Nichtanerkennungsrelevanz einer ge• nur von besonderer Art sein.«36 meinsamen Mitgliedschaft zweier Staaten in den Vereinten Nationen wird angeführt, daß die völkerrechtliche Anerken• In dem Bericht zur Lage der Nation vom 14. Januar 197037 hat nung ein Rechtsakt sei, der aus der Souveränität der einzel• die Bundesregierung erneut den Sondercharakter der inner• nen Staaten fließe und nicht durch eine Mehrheit anderer deutschen Beziehungen betont. Punkt 10 der >20 Punkte von Staaten beschlossen werden könne28. Staaten beschränkten Kassel< spricht »von der besonderen Lage Deutschlands und ihre Souveränität nicht zugunsten einer internationalen Or• der Deutschen, die in zwei Staaten leben und sich dennoch als ganisation. Nur der anläßlich der Entscheidung über den Auf• Angehörige einer Nation verstehen«.38 nahmeantrag für die Aufnahme stimmende Staat erkenne den Der Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen Bewerber als Staat im völkerrechtlichen Sinne an. Für Staa• der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demo• ten, welche gegen die Aufnahme stimmten oder sich der kratischen Republik vom 21. Dezember 1972 trägt der beson• Stimme enthielten, entfalte die Aufnahme keine Wirkung. Das deren Lage in Deutschland sowohl in seiner vertraglichen sowjetische Schrifttum behauptet auch, daß die Aufnahme Ausgestaltung wie auch durch bestimmte Formulierungen der keine juristische Bedeutung für zweiseitige Beziehungen Präambel Rechnung: habe29, was bedeutet, daß die DDR nach erfolgter Aufnahme » ... ausgehend von den historischen Gegebenheiten und unbe• nicht behaupten könnte, daß zwischen ihr und der Bundes• schadet der unterschiedlichen Auffassungen der Bundesrepublik republik diplomatische Beziehungen im völkerrechtlichen Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zu Sinne entstanden seien. grundsätzlichen Fragen, darunter zur nationalen Frage.« Unabhängig davon, wie man sich in diesem mehr theoreti• In Art. 9 stimmen beide deutsche Staaten darin überein, schen Meinungsstreit entscheiden will, wird festzustellen sein, »daß durch diesen Vertrag die von ihnen früher abgeschlossenen daß die Mitgliedschaft der DDR in den Vereinten Nationen oder sie betreffenden zweiseitigen und mehrseitigen internatio• jedenfalls die Konsequenz hat, ihr alle innerorganisatorischen nalen Verträge und Vereinbarungen nicht berührt werden.« Rechte und Pflichten zu verschaffen, die nach der Satzung In einem Briefwechsel vom 21. Dezember 1972 teilen sich beide Mitgliedern zustehen. Dies folgt daraus, daß es sich inner• Seiten den Text einer Note mit, die sie an die drei Westmächte organisatorisch um Beziehungen zwischen den Vereinten Na• einerseits bzw. an die UdSSR andererseits gerichtet haben. tionen als solchen zum Neumitglied handelt30. Der Text dieser Note lautet wie folgt: In der Diskussion über den Grundlagenvertrag zwischen BRD »Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokrati• und DDR ist darüber gestritten worden, ob in seinem Ab• sche Republik stellen unter Bezugnahme auf Artikel 9 des Vertra• schluß eine stillschweigende völkerrechtliche Anerkennung ges über die Grundlagen der Beziehungen von 21. Dezember 1972 fest, daß die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte der DDR durch die BRD gesehen werden müsse31. Es ist auch und die entsprechenden diesbezüglichen vierseitigen Vereinba• die Auffassung vertreten worden, die Bundesrepublik sei rungen, Beschlüsse und Praktiken durch diesen Vertrag nicht nunmehr verpflichtet, die DDR völkerrechtlich anzuerkennen, berührt werden können.« »sofern man dies nicht bereits als geschehen betrachtet«32. Die Bundesregierung hat demgegenüber in ihrer Gegenäuße• Im vorliegenden Zusammenhang ist es unerheblich, ob man rung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Grundvertrag dem Vertrag für das Bestehen besonderer Beziehungen rechts• unmißverständlich folgendes erklärt: begründende oder nur deklaratorische Bedeutung zumessen will. Die besondere Situation Deutschlands und der Deutschen »Langjährige Forderungen der DDR, wie völkerrechtliche An• Nation, wie sie durch den verlorenen Krieg, die bedingungs• erkennung, die Aufnahme diplomatischer Beziehungen und die Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts der Bundesrepublik lose Kapitulation und die daraus resultierende occupatio bel• Deutschland sind von der Bundesregierung nicht erfüllt worden. lica sowie schließlich durch die Oberste Verantwortung der Auf der anderen Seite hat die Bundesregierung erreicht, daß die Vier Alliierten für Gesamtdeutschland, auf die der Vertrag nationale Frage weiterhin offen ist und das Fortbestehen der durch den Briefwechsel vom 21. Dezember 1972 Bezug nimmt, Vier-Mächte-Verantwortung von der DDR ausdrücklich respek• entstanden ist, begründet den Sondercharakter der innerdeut• tiert wird«33. schen Beziehungen rechtlich einwandfrei39. Die Aufnahme der Ein Anerkennungswillen auf Seiten der Bundesregierung be• beiden deutschen Staaten in die Vereinten Nationen beein• steht damit nicht. Dies entspricht der Aussage der Regie• trächtigt diese besondere Lage Deutschlands und der Deut• rungserklärung vom 28. Oktober 196834, in der es heißt: »Eine schen nicht. Die Satzung der Vereinten Nationen steht einer völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch die Bundes• vertraglichen Vereinbarung besonderer Beziehungen grund• regierung kann nicht in Betracht kommen.« Der Beitritt der sätzlich nicht entgegen40. Nach Art. 103 SVN haben zwar die Bundesrepublik Deutschland zu den Vereinten Nationen er• Verpflichtungen von Mitgliedern der Vereinten Nationen aus folgt unter diesem ausdrücklichen Vorbehalt. der Satzung Vorrang gegenüber ihren Verpflichtungen aus In der Literatur ist schließlich noch darauf hingewiesen wor• anderen internationalen Übereinkünften. Indessen widerspre• den, daß einer völkerrechtlichen Anerkennung der DDR durch chen die Bestimmungen des Grundlagenvertrages nicht der die Bundesrepublik die Vier-Mäcnte-Verantwortung entgegen Satzung der Vereinten Nationen. Im Gegenteil: Art. 2 Satz 1

Vereinte Nationen 4/73 113 beinhaltet die Verpflichtung beider Staaten, sich von den Zie• mens über Berlin vom 3. September 197143 formuliert in die• len und Grundsätzen leiten zu lassen, die in der Satzung der sem Sinne ausdrücklich: Vereinten Nationen niedergelegt sind. Auch die fortbestehen• ». . . handelnd auf der Grundlage ihrer Vier-Mächte-Rechte und de Vier-Mächte-Verantwortung für Gesamtdeutschland, die -Verantwortlichkeiten und der entsprechenden Vereinbarungen -jedenfalls zum Teil - konstitutiv für die besondere Situation und Beschlüsse der Vier Mächte aus der Kriegs- und Nach• der Lage in Deutschland und der Deutschen ist, steht einer kriegszeit, die nicht berührt werden, unter Berücksichtigung der bestehenden Lage in dem betreffen• Mitgliedschaft beider Staaten in den Vereinten Nationen nicht den Gebiet, entgegen. Beide Staaten sind wegen dieser Vier-Mächte-Ver• von dem Wunsch geleitet, zu praktischen Verbesserungen der antwortung zwar in ihrer Souveränität beschränkt. Dennoch Lage beizutragen, ist diese Beschränkung nicht so einschneidend, daß beide unbeschadet ihrer Rechtspositionen . ..« Staaten nicht die satzungsmäßigen Verpflichtungen erfüllen Die Aufnahme der beiden deutschen Staaten in die Organisa• können41. tion der Vereinten Nationen ändert am Fortbestand dieser Übertragung von Hoheitsrechten Vier-Mächte-Rechte nichts. Die Rechte und Verantwortlich• keiten der Alliierten »in Bezug auf Berlin, und auf Deutsch• Nach Art. 25 und 48 SVN trifft die Mitgliedstaaten die Ver• land als ganzes einschließlich der Wiedervereinigung Deutsch• pflichtung, gegebenenfalls Anordnungen des Sicherheitsrates lands«44 würden durch die Aufnahme der Bundesrepublik und zur Wahrung des Weltfriedens zu befolgen. Es handelt sich der DDR in die Vereinten Nationen nur dann berührt, wenn hier um eine Staatenverpflichtung. Dies bedeutet also nicht, die Vier Mächte anläßlich dieser Aufnahme Erklärungen ab• daß Entscheidungen, die der Sicherheitsrat im Rahmen seiner gäben, die als Verzicht auf ihre Rechtspositionen gedeutet in der Satzung verankerten Befugnisse fällt, unmittelbare werden müßten45. Die Aufnahme eines antragstellenden Staa• Rechtskraft in den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen tes in die Vereinten Nationen ist von der Empfehlung des erlangen. Vielmehr trifft diese Verpflichtung nur die Mitglied• Sicherheitsrates abhängig46. Die Zustimmung der Alliierten im staaten der Vereinten Nationen als solche, in ihrer Eigenschaft Sicherheitsrat zur Aufnahme der beiden Staaten in Deutsch• als Völkerrechtssubjekt. Nur insofern sind sie aufgrund der land kann schon deshalb keine Aufgabe ihrer Rechtsposition Satzung der Vereinten Nationen verpflichtet, sich den Ent• bewirken, weil Souveränitätsbeschränkungen von Mitgliedern scheidungen des Sicherheitsrates entsprechend zu verhalten. der Vereinten Nationen im Verhältnis zu anderen Staaten Aus diesem Grunde ist es zweifelhaft, ob Art. 24 Abs. 1 des oder Staatenverbindungen nicht selten sind47. Da die Alliier• Grundgesetzes hier Anwendung findet. Dieser Artikel betrifft ten darüber einig sind, daß ihre Vier-Mächte-Verantwortlich• die Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche keiten fortbestehen, kann ihre Zustimung nicht so ausge• Einrichtungen, die nach dieser Vorschrift des Grundgesetzes deutet werden, als verzichteten sie auf ihre Rechtspositionen48. durch Gesetz erfolgen kann. Ein derartiges Gesetz kann auch Die westlichen Alliierten haben nach 1945 mit dafür gesorgt, ein Vertragsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 sein. Die Satzung der daß die Bundesrepublik Mitglied in den Sonderorganisationen Vereinten Nationen ist rechtlich nicht so zu qualifizieren, daß der Vereinten Nationen geworden ist. Sie nimmt an allen von mit dem Beitritt der Bundesrepublik Deutschland Hoheits• den Vereinten Nationen veranstalteten allgemeinen Konfe• rechte im Sinne des Art. 24 Abs. 1 GG übertragen würden. renzen als vollberechtigtes Mitglied teil, sie ist Mitglied ei• Weder den Vereinten Nationen noch einem ihrer Organe niger Unterorgane wie der Wirtschaftskommission der Ver• werden durch die Satzung der Vereinten Nationen Befugnisse einten Nationen für Europa (ECE), der Welthandelskonferenz zugewiesen, die sich mit der Qualität eines Hoheitsrechtes auf (UNCTAD) und des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Rechtsordnung der Mitgliedstaaten auswirken könnten. die Vorbereitung der Zweiten Entwicklungsdekade49. Aus der Insoweit ist Art. 24 Abs. 1 GG nicht heranzuziehen, um die alliierten Unterstützung, die der Bundesrepublik beim Er• nötige Rechtsgrundlage für den Beitritt der Bundesrepublik werb dieser Mitgliedschaften zuteil wurde, ist nicht geschlos• zur Organisation der Vereinten Nationen zu schaffen. sen worden, daß sich die westlichen Alliierten, soweit der Berlin Kompetenzbereich der betroffenen Organisationen in Frage steht, ihrer Rechtsposition für eine künftige gesamtdeutsche Die Aufnahme der beiden deutschen Staaten in die Vereinten friedensvertragliche Regelung begeben hätten50. Nationen wirft für Berlin Status-Probleme auf. Im beson• Festzuhalten ist somit, daß die Rechte und Verantwortlich• deren sind die Fragen nach dem Fortbestand der Vier-Mächte- keiten der Alliierten in bezug auf Deutschland als ganzes Rechte und der Außenvertretung West-Berlins zu stellen. und in bezug auf Berlin auch nach der Aufnahme der beiden Der Vier-Mächte-Status von Berlin geht auf das Protokoll deutschen Staaten in die Vereinten Nationen bestehen bleiben. vom 12. September und das Abkommen vom 14. November Ihr Fortbestand ist mit der Satzung der Vereinten Nationen 1944 zurück42, durch die die Vier-Mächte-Verwaltung für ganz und der Satzung der Sonderorganisationen vereinbar51. Berlin geschaffen wurde. Dieser Vier-Mächte-Status gilt nach Die Westmächte und die UJSSR sind sich in der Beurteilung der Auffassung der westlichen Alliierten auch heute noch, dieser Frage einig. Sie haben am 9. November 1972 deshalb obwohl die Teilung Berlins und die tatsächliche Entwicklung die folgende Erklärung abgegeben: ihn praktisch sehr stark ausgehöhlt haben. Faktisch üben die drei Westmächte in Berlin (West) Hoheits• »Die Regierungen der Französischen Republik, der Union der rechte aus, die aus dem Vier-Mächte-Status folgen. Zugleich Sozialistischen Sowjetrepubliken und des Vereinigten König• reiches Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten ist eine immer enger werdende Verknüpfung zwischen Berlin Staaten von Amerika, die durch ihre Botschafter vertreten waren, (West) und der Bundesrepublik mit Billigung, ja sogar Unter• die in dem früher durch den Alliierten Kontrollrat benutzten stützung der Westmächte im Laufe der Jahre gewachsen. Ge• Gebäude eine Reihe von Sitzungen abgehalten haben, stimmen gen die rechtliche Eingliederung von Berlin (West) in die überein, daß sie die Anträge auf Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen, wenn diese durch die Bundesrepublik Deutschland und Bundesrepublik haben die Westmächte allerdings immer wie• die Deutsche Demokratische Republik gestellt werden, unterstüt• der ihr Veto eingelegt. Im Gegensatz dazu hat die UdSSR zen werden und stellen in diesem Zusammenhang fest, daß diese nicht nur eine faktische, sondern auch weitgehend eine recht• Mitgliedschaft die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier liche Einbeziehung von Berlin (Ost) in die Deutsche Demokra• Mächte und die bestehenden diesbezüglichen vierseitigen Rege• tische Republik akzeptiert. lungen, Beschlüsse und Praktiken in keiner Weise berührt.« Trotz der faktischen Aushöhlung des Vier-Mächte-Status von In bezug auf die Außenvertretung von Berlin (West) ist davon Berlin sind sich die vier Inhaber der Obersten Gewalt in auszugehen, daß diese Vertretung als Ausfluß der alliierten Berlin darüber einig, daß die Vier-Mächte-Verantwortung für Verantwortlichkeiten für Berlin auch heute prinzipiell bei den Berlin fortbesteht. Die Präambel des Vier-Mächte-Abkom• westlichen Besatzungsmächten liegt. Die Westmächte haben

114 Vereinte Nationen 4/73 indessen in dem Brief vom 21. Mai 1952 (BKC/L [52] 6)52 den 2. Unter der Voraussetzung, daß Angelegenheiten der Sicherheit und des Status nicht berührt werden, wird sie ihrerseits keine Berliner Senat ausdrücklich ermächtigt, die Außenvertretung Einwände haben gegen Berlins, soweit es um eine Einbeziehung in internationale a) die Ausübung der konsularischen Betreuung für Personen Verträge und Verpflichtungen geht, der Bundesrepublik zu mit ständigem Wohnsitz in den Westsektoren Berlins durch übertragen. Dies ist durch den Briefwechsel zwischen dem die Bundesrepublik Deutschland; Regierenden Bürgermeister von Berlin und dem Bundeskanz• b) die Ausdehnung von völkerrechtlichen Vereinbarungen und Abmachungen, die die Bundesrepublik Deutschland ler vom 9. April 1951 geschehen53. Unberührt hiervon liegt die schließt, auf die Westsektoren Berlins in Übereinstimmung Außenvertretung grundsätzlich nach wie vor bei den Alliier• mit den festgelegten Verfahren, vorausgesetzt, daß die ten, obwohl sie prinzipiell von der Bundesregierung wahrge• Ausdehnung solcher Vereinbarungen und Abmachungen nommen wird. jeweils ausdrücklich erwähnt wird; Im einzelnen wird die Einbeziehung Berlins in die inter• c) die Vertretung der Interessen der Westsektoren Berlins nationalen Verträge und Verpflichtungen der Bundesrepublik durch die Bundesrepublik Deutschland in internationalen mit Hilfe der sogenannten Berlin-Klausel erreicht, die zu Organisationen und auf internationalen Konferenzen.« einer fast vollständigen Einbeziehung West-Berlins in die Diese Mitteilungen bestätigen in Ziff. 1, daß die Außenver• außenpolitischen Bindungen der Bundesrepublik geführt hat. tretung von Berlin (West) nach wie vor bei den Westmächten Alle bilateralen Verträge der Bundesrepublik enthalten eine liegt. Ziff. 2 unterscheidet zwischen >Angelegenheiten der derartige Klausel. Bei den multilateralen Verträgen wird Sicherheit und des Status* und sonstigen Angelegenheiten. (meist bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde) eine be• Angelegenheiten der Sicherheit und des Status bleiben den sondere Erklärung über die Berlin-Einbeziehung abgegeben. Westmächten vorbehalten. Demgegenüber wird der Bundes• Üblicherweise ist die Berlin-Klausel wie folgt formuliert: republik die konsularische Betreuung der Bewohner West- Berlins übertragen. Die bisherige Praxis der Einbeziehung »Dieser Vertrag gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Ver• West-Berlins in Verträge der Bundesrepublik wird ausdrück• tragspartner innerhalb von 3 Monaten nach Inkrafttreten dieses lich bestätigt. Der Bundesrepublik wird darüber hinaus das Vertrages eine gegenteilige Erklärung abgibt.« Recht zur Vertretung von Berlin (West) in internationalen Organisationen und Konferenzen zugebilligt. Gegenüber der UdSSR hat sich seit Abschluß des Vier- Der Antrag der Bundesrepublik Deutschland auf Mitglied• Mächte-Abkommens über Berlin folgende Formulierung ent• schaft bei der Organisation der Vereinten Nationen enthält wickelt: keinen Hinweis auf Berlin. Statt dessen wird in einem Schrei• »Entsprechend dem Vier-Mächte-Abkommen vom September 1971 ben des Bundesministers des Äußeren, das bei den Vereinten wird dieses Abkommen in Übereinstimmung mit den festgelegten Nationen zirkuliert werden soll55, auf das Schreiben der Al• Verfahren auf Berlin (West) ausgedehnt.«54 liierten Berlin Kommandatura vom 13. April 1973 verwiesen56, Dies geht auf die Regelung der Außenvertretung von Berlin in dem sich die Westmächte zur Einbeziehung von Berlin (West) (West) im Vier-Mächte-Abkommen über Berlin zurück. Dort äußern. heißt es in der Anlage IV A in einer Mitteilung der Regie• Durch den BKC/L der Berlin Kommandatura vom 13. April 1973, rungen der Französischen Republik, des Vereinigten König• nehmen die westlichen Alliierten der Bundesrepublik zum reiches und der Vereinigten Staaten von Amerika an die Regierung der Sozialistischen Sowjetrepubliken wie folgt: Außer den beiden deutschen Staaten rückt ein weiterer Mitglieds• aspirant den Vereinten Nationen näher: Die Bahamas. Dieses 29 In• »1. Die Regierungen der Französischen Republik, des Vereinig• seln mit 13 950 qkm umfassende Reich erhielt am 10. Juli seine Unab• ten Königreiches und der Vereinigten Staaten von Amerika hängigkeit von Großbritannien und am 18. Juli vom Sicherheitsrat behalten ihre Rechte und Verantwortlichkeiten hinsichtlich die erforderliche Empfehlung für die Aufnahme in die Weltorgani• der Vertretung im Ausland der Interessen der Westsektoren sation. Mit der Landung auf der zu den Bahamas zählenden Insel Berlins und der Personen mit ständigem Wohnsitz in den San Salvador durch Kolumbus begann die Entdeckung Amerikas. Westsektoren einschließlich der Rechte und Verantwortlich• keiten, die Angelegenheiten der Sicherheit und des Status betreffen, sowohl in internationalen Organisationen als auch in Beziehungen zu anderen Ländern bei. 2. Unbeschadet des Vorstehenden und unter der Voraussetzung, daß Angelegenheiten der Sicherheit und des Status nicht be• rührt werden, haben sie sich einverstanden erklärt, daß a) die Bundesrepublik Deutschland die konsularische Be• treuung für Personen mit ständigem Wohnsitz in den Westsektoren Berlins ausüben kann; b) in Übereinstimmung mit den festgelegten Verfahren völ• kerrechtliche Vereinbarungen und Abmachungen, die die Bundesrepublik Deutschland schließt, auf die Westsektoren Berlins ausgedehnt werden können, vorausgesetzt, daß die Ausdehnung solcher Vereinbarungen und Abmachungen jeweils ausdrücklich erwähnt wird; c) die Bundesrepublik Deutschland die Interessen der West• sektoren Berlins in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen vertreten kann.« In einer korrespondierenden Erklärung der sowjetischen Re• gierung an die Regierung der Französischen Republik, des Vereinigten Königreiches und der Vereinigten Staaten von Amerika in Anlage IV B heißt es dementsprechend: »1. Die Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubli• ken nimmt die Tatsache zur Kenntnis, daß die drei Regie• rungen ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf die Vertretung im Ausland der Interessen der Westsektoren Ber• lins und der Personen mit ständigem Wohnsitz in den West• sektoren einschließlich der Rechte und Verantwortlichkeiten, die Angelegenheiten der Sicherheit und des Status betreffen, sowohl in internationalen Organisationen als auch in Bezie• hungen zu anderen Ländern beibehalten.

Vereinte Nationen 4/73 115 Entwurf eines Gesetzes zum Beitritt der Bundesrepublik Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen57 Stellung. Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Art. 2 dieses Gesetzes enthält eine Berlin-Klausel. Sie lautet: Anwendung von Gewalt.« »Dieses Gesetz gilt auch im Land Berlin, sofern das Land Berlin Die Situation der Feindstaaten hat sich seit 1945 substantiell die Anwendung dieses Gesetzes feststellt, wobei die Rechte und verändert. Die meisten von ihnen sind in die Vereinten Verantwortlichkeiten der alliierten Behörden, einschließlich der• Nationen aufgenommen worden. In bezug auf Deutschland jenigen, die Angelegenheiten der Sicherheit und des Status be• beendeten die Staaten der westlichen Welt den Kriegszustand treffen, unberührt bleiben.« Ende der vierziger Jahre durch die Aufnahme friedlicher Be• Die westlichen Alliierten erklären in ihrem Schreiben, daß ziehungen mit der Bundesrepublik62. Am 25. Januar 1955 er• sie gegen die Annahme der in der Satzung der Vereinten klärte die UdSSR den Kriegszustand mit Deutschland für Nationen enthaltenen Rechte und Verantwortlichkeiten keine beendet63. Spätestens von diesem Zeitpunkt an gilt für die Einwände erheben, und daß die Alliierte Kommandatura einer beiden Staaten in Deutschland das Gewaltverbot des allge• Vertretung der Berliner Westsektoren in den Vereinten Na• meinen Völkerrechts und der Satzung der Vereinten Natio• tionen und deren untergeordneten Organen durch die Bun• nen64 uneingeschränkt. Art. 53 und 107 SVN treten hinter desregierung zustimme. diesem Gewaltverbot des allgemeinen Völkerrechts zurück. »Gemäß den Regelungen, auf die sich Anlage IV A des Vier- 65 Mächte-Abkommens vom 3. September 1971 bezieht, und insbe• In der Londoner Schlußakte vom 3. Oktober 1954 haben die sondere mit Ausnahme von Sicherheits- und Statusangelegenhei• Drei Westmächte erklärt, daß »sie sich bei ihren Beziehungen ten: mit der Bundesrepublik an die in Artikel 2 der Satzung der (a) Hat die Alliierte Kommandatura gegen die Annahme der in Vereinten Nationen enthaltenen Grundsätze halten werden«. der Charta der Vereinten Nationen enthaltenen Rechte und In Art. 2 des Moskauer Vertrages vom 12. August 1970 hat die Verantwortlichkeiten auch in bezug auf die Westsektoren UdSSR die Verpflichtung übernommen, sich in ihren Bezie• von Berlin durch die Bundesrepublik Deutschland keine Ein• wände; hungen zur Bundesrepublik »gemäß Artikel 2 der Charta der (b) Stimmt die Alliierte Kommandatura der Vertretung der In• Vereinten Nationen der Drohung mit Gewalt zu enthalten«. teressen der Westsektoren von Berlin in den Vereinten Na• Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß nach Art. 2 Ziff. 1 tionen und deren untergeordneten Organen durch die Bun• SVN die Weltorganisation auf dem Prinzip der souveränen desrepublik zu.« Gleichheit der Staaten aufbaut. Dort heißt es: Dieser Brief soll der UdSSR auf untergeordneter diplomati• »Die Organisation beruht auf dem Grundsatz der souveränen scher Ebene zur Kenntnis gegeben worden sein58. Gleichheit aller ihrer Mitglieder.« Dieser Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten be• Feindstaatenklauseln und Beitritt der beiden Staaten deutet, daß jeder Mitgliedstaat sich gleichermaßen an die zu den Vereinten Nationen Organe der Vereinten Nationen wenden kann und daß er zu• Es ist zu fragen, welche Wirkung der Beitritt der beiden gleich in bezug auf das allgemeine Gewaltverbot der Satzung deutschen Staaten zu den Vereinten Nationen auf die soge• und des modernen Völkerrechts nicht schlechter gestellt wer• nannten Feindstaatenklauseln der Satzung ausüben wird59. den darf als andere Staaten. Art. 107 SVN lautet: »Maßnahmen, welche die hierfür verantwortlichen Regierungen Anmerkungen 1 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union infolge des 2. Weltkrieges in bezug auf einen Staat ergreifen der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 12. August 1970, BGBl oder genehmigen, der während dieses Krieges Feind eines Unter• 1972, II, 353. zeichnerstaats dieser Charta war, werden durch diese Charta we• 2 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volks• der außer Kraft gesetzt noch untersagt.« republik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer ge• genseitigen Beziehungen vom 7. Dezember 1970, BGBl 1972, II, 361. Art. 53 Abs. 1 enthält eine Regelung, derzufolge ehemalige 3 Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch• >Feindstaaten< bei Zwangsmaßnahmen auf Grund von Re• land und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über den Transitverkehr von zivilen Personen und Gütern zwi• gionalabmachungen von dem Ermächtigungsvorbehalt zugun• schen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) vom sten des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ausgenom• 17. Dezember 1971, Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 174 vom 15. Sep• men sind. tember 1972, S. 1 ff. 4 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deut• In der Literatur ist zu Recht die Auffassung vertreten worden, schen Demokratischen Republik über Fragen des Verkehrs vom daß eine Aufnahme der Bundesrepublik und der DDR in die 26. Mai 1972, BGBl 1972, II, 1449. 5 Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bun• Vereinten Nationen die Interventionsrechte der Siegermächte desrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Repu• nach den Art. 53 und 107 SVN hinfällig werden lasse80. Der blik vom 21. Dezember 1972, abgedr. in: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 28. Dezember 1972, Anspruch der Siegermächte, jedes Aufleben des Militarismus Nr. 172, S. 2020 ff. in Deutschland ohne Rücksicht auf die aus dem Gewaltverbot 6 Abgedr. in: Verträge, Abkommen und Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokrati• fließenden und auch in der Satzung der Vereinten Nationen schen Republik (Bonn 1973), S. 35 f. niedergelegten Beschränkungen sofort gemeinsam nieder• 7 Neues Deutschland vom 13. Juni 1973. schlagen zu können, verliert die Berechtigung, sobald die 8 Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 74 vom 19. Juni 1973, S. 738. Siegermächte selbst der Aufnahme der beiden deutschen 9 UN-Doc. A/6283, abgedr. in: Außenpolitische Korrespondenz 10 (1966) Staaten als gleichberechtigte und friedliebende Mitglieder in Nr. 12. 10 Zur politischen Motivation der Bemühungen der Bundesrepublik, die Vereinten Nationen zugestimmt haben. Eine Berufung auf die DDR aus den Vereinten Nationen herauszuhalten, vgl. die vor• dieses Sonderrecht der unmittelbaren Nachkriegszeit wäre zügliche Arbeit des leider zu früh verstobenen H. End: Zweimal deutsche Außenpolitik - Internationale Dimensionen des innerdeut• dann nicht mehr geeignet, als Rechtfertigung einer Interven• schen Konfliktes 1949-1972 (Köln 1973). tion in Deutschland zu dienen. Dies folgt im einzelnen aus 11 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Juni 1973. folgenden Erwägungen: 12 Neues Deutschland vom 13. Juni 1973. 13 Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Seit dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Idee der kollektiven Nr. 74 vom 19. Juni 1973, S. 738. Organisierung der internationalen Sicherheit mehr und mehr 14 BGBl II, 1973, 430. 15 Art. 59 Abs. 1 Satz 2 ff. durchgesetzt. Das völkerrechtliche Gewaltverbot hat sich zu 16 Nachweise bei J. Hacker: Zur Aufnahme Deutschlands in die Ver• einem völligen Verbot des Kriegsführungsrechts entwickelt, einten Nationen, Vereinte Nationen (1970) S. 101 ff., S. 121 ff., und H. Alexy: Die Beteiligung an multilateralen Konferenzen, Verträ• mit Ausnahme des Rechts der individuellen und kollektiven gen und internationalen Organisationen als Frage der indirekten Selbstverteidigung61. Art. 2 SVN formuliert dieses Gewalt• Anerkennung von Staaten, Zeitschrift für ausländisches öffentliches verbot so: Recht und Völkerrecht 26 (1966) S. 495 ff., S. 532 Anm. 175 und S. 540 Anm. 217. »Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehun• 17 Stimmen für eine Anerkennung bei H. Alexy: aaO (Anm. 16) S. 532 gen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Anm. 175. 116 Vereinte Nationen 4/73 18 Vgl. die bei H. Alexy: aaO (Aran. 16) S. 532 Anm. 174 angegebenen nerdeutschen Beziehungen, Deutschlandarchiv 3 (1970) S. 267 ff., Stimmen. S. 274. 19 Einzelheiten bei H. Alexy: aaO (Anm. 16) S. 537. 40 G. Ress: aaO (Anm. 22) S. 40 ff. 20 Einzelheiten bei H. Alexy: aaO (Anm. 16) S. 537. 41 G. Ress: aaO (Anm. 22) S. 43. 21 Official Records of the Security Council, 5th Year 1950, Supplement 42 Abgedr. in: Dokumente zur Berlin-Frage (3. Aufl., München 1967), January-May, p. 19 et sequ. Mitgeteilt von G. Ress: Einige völker• S. 1 ff. rechtliche und staatsrechtliche Konsequenzen der Mitgliedschaft 43 Abgedr. in: Beilage 24/72 zum Bundesanzeiger Nr. 174 vom 15. Sep• von BRD und DDR in den Vereinten Nationen und ihren Sonder• tember 1972, S. 44 ff. organisationen, Der Staat 11 (1972) S. 27 ff., S. 33 Anm. 24. 44 Vgl. Art. 2 des Vertrages über die Beziehungen zwischen der Bun• 22 H. Alexy: aaO (Anm. 16) S. 532. desrepublik Deutschland und den Drei Mächten vom 26. Mai 1956 23 G. Ress: aaO (Anm. 21) S. 34. in der Fassung vom 23. Oktober 1954. 45 G. Ress: aaO S. 44. 24 Vgl. die Nachweise bei D. Frenzke: Die kommunistische Anerken• 46 Art. 4 Abs. 2 der Satzung der Vereinten Nationen. nungslehre (Köln 1972) S. 269 ff. 47 Vgl. G. Dahm: Völkerrecht II (Stuttgart 1961) S. 163. 25 Vgl. die bei H. Alexy: aaO (Anm. 16) S. 532 Anm. 175 angeführte 48 G. Ress: aaO S. 44. Literatur. 49 W. Kewenig: Deutschland und die Vereinten Nationen, Europa- 26 Abgedr. in Deutsche Außenpolitik 11 (1966) S. 606 ff., S. 609 f. Archiv (1970) S. 339 ff., S. 341. 27 Nachweise bei D. Frenzke: aaO (Anm. 24) S. 269. 50 G. Ress: aaO S. 45. 28 Hierzu und zum folgenden vgl. die Zusammenfassung bei G. Ress: 51 G. Ress. aaO S. 46. aaO (Anm. 22) S. 34 ff. 52 Abgedr. in: Dokumente zur Berlin-Frage, aaO S. 175. 29 Nachweis bei D. Frenzke: aaO (Anm. 24) S. 270. 53 Abgedr. in: Dokumente zur Berlin-Frage, aaO S. 174. 30 D. Ress: aaO (Anm. 22) S. 36. 54 Vgl. z. B. Art. 8 des Abkommens zwischen der BRD und der UdSSR 31 Ablehnend z. B. M. Kriele: Sind die menschlichen Erleichterungen über die Entwicklung der wirtschaftlichen, industriellen und tech• verbindlich zugesagt, Stuttgarter Zeitung Nr. 265 vom 16. November nischen Zusammenarbeit vom 19. Mai 1973, abgedr. in der Süd• 1972; Leicht: Das Grundgesetz bleibt unversehrt, Süddeutsche Zei• deutschen Zeitung vom 22. Mai 1973. tung Nr. 260 vom 11./12. November 1972. Bejahend zur völkerrecht• 55 Vgl. J. Nawrocki: Berlin-Brief nach Moskau, Die Zeit vom 18. Mai lichen Anerkennung der DDR durch den Grundvertrag dagegen 1973. Weinkauff: Grundvertrag verletzt das Grundgesetz, Rheinischer 56 BKC/L (73) 1. Merkur Nr. 46 vom 17. November 1972. 57 BT-Drucksache 7/154 vom 8. Februar 1973, Deutscher Bundestag, 32 O. Kimminich: Die deutsche Verfassung und der europäische Frie• 7. Wahlperiode. den, Die öffentliche Verwaltung 26 (1973) S. 15 ff., S. 18. 58 J. Nawrocki: Berlin-Brief, aaO. 33 Deutscher Bundestag, 7. Wahlperiode, Drucksache 7/153 vom 9. Fe• 59 Zur allgemeinen völkerrechtlichen Problematik vgl. statt vieler bruar 1972, S. 23. H. C. Schneider: Die Charter der Vereinten Nationen und das Son• 34 Abgedr. in: Texte zur Deutschlandpolitik IV (Bonn 1970), S. 12. derrecht für die im Zweiten Weltkrieg unterlegenen Nationen 35 E. Menzel: Wie souverän ist die Bundesrepublik? Zeitschrift für (Bonn 1967); A. Albano-Müller: Die Deutschland-Artikel in der Rechtspolitik (1971) S. 178 ff., S. 180; derselbe: Die Ostverträge von Satzung der Vereinten Nationen (Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1967); 1970 und der >Deutschland<-Begriff des Grundgesetzes, Die öffent• derselbe: Gewährt die UNO-Satzung Interventionsrechte in Deutsch• liche Verwaltung 25 (1972) S. 1 ff., S. 8; A. M. O. Kimminich: Deutsche land - insbesondere in Berlin?, Vereinte Nationen 16 (1968) S. 180 ff.; Verfassung, aaO (Anm. 32) S. 18, mit dem nichtrechtlichen, sondern D. Frenzke / J. Hacker / A. Uschakow: Die Feindstaatenartikel und politischen Argument, es könne der BRD nicht schwerfallen, die das Problem des Gewaltverzichts der Sowjetunion im Vertrag vom Zustimmung der Westmächte zur völkerrechtlichen Anerkennung 12. 8. 1970 (Berlin-West 1971). der DDR zu erhalten, »sofern man nicht überhaupt der Meinung ist, 60 W. Kewenig: Deutschland und die Vereinten Nationen, Europa- daß dieselbe bereits durch die vorliegenden Viermächteerklärungen Archiv (1970) S. 339 ff., S. 342 f. erteilt worden ist«. 61 Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen. 36 Abgedr. in: Texte zur Deutschlandpolitik IV (Bonn 1970), S. 9 ff., 62 Einzelheiten bei D. Blumenwitz: Die Grundlagen eines Friedens• S. 12. vertrages mit Deutschland (Berlin-West 1966) S. 45 f. 37 Abgedr. in: Texte zur Deutschlandpolitik IV (Bonn 1970), S. 201 ff., 63 Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 25. Ja• S 217 f. nuar 1955, abgedr. bei H. von Siegler (Herausgeber): Dokumentation 38 Grundsätze und Vertragselemente für die Regelung gleichberech• zur Deutschlandfrage I (2. Aufl., Bonn/Wien/Zürich 1966) S. 280. tigter Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und 64 Einzelheiten bei H. H. Mahnke: Das Problem der Einheit der Völ• der Deutschen Demokratischen Republik aus der Erklärung des kerrechtsgemeinschaft und die Organisation der internationalen Bundeskanzlers in der Vormittagssitzung in Kassel vom 21. Mai Sicherheit (Berlin-West 1965) S. 67 ff. 1970, abgedr. in: Texte zur Deutschlandpolitik V (Bonn 1970), S. 100 ff. 65 Abgedr. bei H. von Siegler: Dokumentation zur Deutschlandfrage, 39 Einzelheiten bei H. H. Mahnke: Der besondere Charakter der in• I, aaO S. 221 ff., S. 230.

Der Weg der Deutschen Demokratischen Republik in die UNO JENS A. BRÜCKNER Der nachstehende Beitrag behandelt die Beziehungen der Die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu den Ver• Deutschen Demokratischen Republik zur Weltorganisation, zu einten Nationen hat Ernst Otto Czempiel in einer aufschluß• den Sonderkörperschaften und zu den Sonderorganisationenreichen Studie kritisch gewürdigt2, die Mitarbeit Westdeutsch• aus der Sicht der DDR. lands im System der Vereinten Nationen ist von Dröge-Münch - von Puttkamer3 und in einer jüngst erschienenen Darstel• I. Problemlage lung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik4 un• Wenn die Generalversammlung der Vereinten Nationen Mitte tersucht und analysiert worden. September dieses Jahres auf Empfehlung des Sicherheitsrates1 Während für diesen Bereich also schon Untersuchungen vor• die Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland und der Deut• liegen oder im Rahmen der —sich im Ansatz abzeichnenden — schen Demokratischen Republik in die Organisation der Ver• westdeutschen UN-Forschung beabsichtigt sind, wird die UN- einten Nationen beschließen wird, ist nicht nur die Weltorga• Politik der Deutschen Demokratischen Republik allenfalls nisation dem Grundsatz der Universalität näher gekommen, marginal oder als Negativfunktion der Außenpolitik der Bun• sondern auch eine über zwanzigjährige Auseinandersetzung desrepublik behandelt. Die Problemfelder zwischen den beiden deutschen Staaten zu einem vorläufigen Abschluß gelangt. 1. Historische Entwicklung der Bemühungen der DDR um Die Vereinten Nationen als Kriegsallianz gegen das Deutsch• Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen und ihren Son• land des Dritten Reiches, Polarisierung und Konfrontation im derorganisationen, Kalten Krieg, Hallstein-Doktrin, Alleinvertretungsanspruch 2. Politische Zielsetzung und Handlungsmechanismen der und Politik der Stärke, Berlin-Problem, Konsolidierung und Außenpolitik der DDR hinsichtlich der Mitgliedschaft in Streben nach internationaler Anerkennung seitens der DDR internationalen Organisationen, insbesondere im System und die sich seit Mitte der sechziger Jahre abzeichnenden Ent• der Vereinten Nationen, spannungsbemühungen zwischen Ost und West sind Stationen, 3. Interdependenz der Deutschland- und UN-Politik der DDR, die diesen gegenseitigen Kampf um Mitgliedschaft bestimmt 4. Analyse der bisherigen Tätigkeit der DDR im System der haben, eine Lösung des Problems zu einem früheren Zeit• Vereinten Nationen, punkt verhinderten und vereitelten. 5. Kooperations- und Konfrontationsmechanismen internatio-

Vereinte Nationen 4/73 117 naler Beziehungen infolge der Mitgliedschaft der beiden schen Staates als Grundlage für die geplante Wiederaufrü• deutschen Staaten in den Vereinten Nationen, stung«' gewertet. Um eine Präjudizierung von weitergehenden sind in der, an weißen Feldern ohnehin nicht armen UN-For• Entscheidungen in der Mitgliedschaft internationaler Organi• schung der Bundesrepublik bislang ausgespart. sationen — und damit implizit auch internationaler Aner• Der Kampf der Deutschen Demokratischen Republik um kennung — zu verhindern, erklärte Walter Ulbricht am 25. gleichberechtigte Mitgliedschaft im System der Nationen soll November 1953 vor der Volkskammer: im folgenden - weitgehend gestützt auf Quellen und Selbst• »Die Hauptfrage, die heute dringender denn je vor dem deutschen verständnis der DDR - aufgezeigt werden. Volke steht, ist die Wiederherstellung seiner nationalen Einheit auf friedlicher und demokratischer Grundlage ... Für eine ge• samtdeutsche Regierung bietet sich ein weites Aufgabenfeld. Sie II. 1919—1955: Erzwungene Zurückhaltung könnte und sollte Deutschland bei der Vorbereitung des Friedens• Wie die Bundesrepublik, so zeigte auch die DDR in der unmit• vertrages und in internationalen Organisationen vertreten.«8 telbaren Folgezeit nach ihrer Gründung im Jahre 1949 kein Da jedoch die Existenz der DDR von der damaligen Bundes• ausgeprägtes Interesse an einer Mitarbeit im System der Ver• regierung und bis in die späten 60er Jahre in Frage gestellt einten Nationen. Eine unmittelbare aktive Mitwirkung wäre und der andere Teil Deutschlands dementsprechend als > So• in der damaligen Zeit ohnehin nur begrenzt möglich gewesen, wjetische Besatzungszone < angesehen wurde, fanden derartige da wegen der Souveränitätsbeschränkungen aufgrund des Anregungen in Bonn keinen Widerhall: sie wurden nicht re• Potsdamer Abkommens und anderer alliierter Ubereinkom• gistriert, geschweige denn diskutiert. men eine eigenständige deutsche Außenpolitik nicht betrieben Die Anerkennung eines zweiten deutschen Staates wurde werden konnte. Neben diesen völkerrechtlichen Grenzen der nicht nur de jure, sondern auch de facto negiert9. Die von der außenpolitischen Handlungsfreiheit ließ jedoch auch die in westlichen Allianz gedeckte Alleinvertretung der Bundesre• den Vereinten Nationen vorherrschende Mächtekonstellation gierung und die bis 1955 eindeutigen Mehrheitsverhältnisse in zugunsten der westlichen Hemisphäre für die DDR keine Mo• der Generalversammlung ermöglichten der Bundesrepublik als tivation zu internationaler Mitarbeit und Kooperationsbereit• einzig legitimer Nachfolger des Deutschen Reiches zu erschei• schaft aufkommen. nen und als Folge davon Wiedervereinigung mit dem An• schluß der DDR an die Bundesrepublik gleichzusetzen. Damit 1. Fakten des UN-Systems aber war jeder Versuch der Mitarbeit der Deutschen Demo• Für die sozialistischen Staaten war die UNO von der Inten• kratischen Republik in internationalen Organisationen zum tion ihrer Gründer als »Friedenssicherungsinstrument gegen Scheitern verurteilt. die faschistischen Achsenmächte des zweiten Weltkriegs« abge• wichen und zu einem einseitigen politischen Instrument der 3. Ansätze zur Beitrittsbereitschaft Vereinigten Staaten und ihren neuen Verbündeten herabge• Da ein gemeinsames Vorgehen der beiden deutschen Staaten sunken5. Die wichtigsten Entscheidungen der Weltpolitik wur• unmöglich geworden war, bemühte sich die DDR nun zwangs• den entweder aus der Beschlußfassung der Vereinten Natio• läufig ihrerseits bereits in diesem Stadium um eigenständige nen ausgeklammert oder unter teilweise nicht sehr zarter Mitgliedschaft in den Sonderorganisationen der Vereinten Na• Ausnutzung der für die USA günstigen Mehrheitsverhältnisse tionen. Doch wurden die Versuche angesichts der entgegen• als internationaler Legitimierungsmechanismus amerikani• stehenden klaren Mehrheitsverhältnisse nur halbherzig be• scher Außenpolitik eingesetzt. Die Korea-Frage zeigte diese trieben. Am 15. Februar 1952 unterstützte die Sowjetische Verschleierungsfunktion internationaler Organisationen zur Kontrollkommission für Deutschland das Bemühen der DDR Durchsetzung nationalstaatlicher Interessenpolitik in interna• um Mitgliedschaft im Weltpostverein, wenig später auch im tionalisiertem Gewand schlaglichtartig auf6. Darüber hinaus Internationalen Fernmeldeverein, 1953 dann auch den Antrag bestimmten endlose Verfahrensdebatten in Generalversamm• auf Mitgliedschaft in der Weltorganisation für Meteorologie. lung, Sicherheitsrat und den wichtigsten Ausschüssen das Dabei handelte es sich jedoch nicht um den Formerfordernis• Bild. Die Friedenssicherung war in den Hintergrund getreten. sen der Organisationen entsprechende Anträge, sondern viel• Diese Grundeinschätzung fand ihren Niederschlag in der UN- mehr um das Angebot zu Mitarbeit und Beitrittsbereitschaft. Politik der sozialistischen Staaten in den Jahren 1950—53. So Dieses vorsichtige Vorgehen hat verschiedene Gründe: stellten sie teilweise oder vollständig ihre Mitwirkung in den 1. Die Phase der Konsolidierung der DDR war noch nicht ab• Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, so in der geschlossen, das Ausmaß der außenpolitischen Handlungs• UNESCO, der Weltgesundheitsorganisation und der Interna• freiheit im Rahmen des Potsdamer Abkommens unklar. tionalen Arbeitsorganisation, ein; in anderen Unterorganen 2. Ein offizieller Antrag auf Mitgliedschaft wäre angesichts nahmen sie ihre Mitarbeit erst gar nicht auf. Weltbank und der Mächtekonstellationen und Mehrheitsverhältnisse mit Weltwährungsfond galten ihnen von Anfang an als einseitig Sicherheit abgelehnt worden. und ausschließlich auf das kapitalistische Wirtschaftssystem 3. Eine Ablehnung hätte im internationalen Kräftesystem ausgerichtete Sonderorganisationen. nachteilige Rückwirkungen auf Akzeptanz und Konsolidie• 2. Deutschlandpolitische Rücksichtnahme rung der DDR gehabt. Auch die anfangs auf eine gesamtdeutsche Regierung ausge• 4. Eine Mitgliedschaft beider deutschen Staaten erschien mit richtete Deutschlandpolitik der DDR ließ keine einseitige der Deutschlandpolitik der DDR, die in ihren offiziellen staatliche Mitwirkung und Vertretung in internationalen Or• Verlautbarungen noch auf die Bildung einer gesamtdeut• ganisationen zu. Die Bundesrepublik Deutschland trat, aus• schen Regierung ausgerichtet war, unvereinbar. gehend vom Alleinvertretungsanspruch und eingebettet in die Somit war die UN-Politik der DDR zwischen 1949 und 1955 von den Westmächten betriebene Politik der Eindämmung, im wesentlichen passiv. Sie war bestimmt von der Resignation später des Zurückrollens des Kommunismus, bereits 1950 der vor der eindeutigen Mächtekonstellation zugunsten der west• Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten lichen Allianz wie dem wiederholt betonten Festhalten an Nationen, 1951 der Weltgesundheitsorganisation, der Interna• einer gesamtstaatlichen Deutschlandpolitik; sie war erzwun• tionalen Arbeitsorganisation und auch der UNESCO bei. Kon• gene Zurückhaltung. sultationen mit der DDR wurden weder für möglich noch für nötig gehalten. m. 1955—1966: Mitarbeit trotz Obstruktion Von der Regierung der DDR wurde dieses einseitige Vorgehen Ein deutlicher Wandel der Politik der DDR gegenüber den der Bundesrepublik als Vertiefung der Spaltung Deutschlands Vereinten Nationen und ihren Sonderorganisationen ist vom und als »Festigung der internationalen Position des westdeut• Jahre 1955 an festzustellen. Die Gründe für die Veränderung

118 Vereinte Nationen 4/73 ergeben sich auf deutschlandpolitischer und internationaler Mit Unterstützung der westlichen Allianz war es der Bundes• Ebene. republik nämlich zwischen 1950 und 1955 gelungen, in allen relevanten Sonderorganisationen der Vereinten Nationen Mit• 1. Wandlungen im UN-System glied zu werden. Das Streben nach sachlicher und fachlicher Durch den Abschluß der Pariser Verträge und die mit der Mitarbeit im System der Vereinten Nationen diente funktional Ablösung des Besatzungsstatuts verbundene Wiedererlangung dem Interesse, den Platz Deutschlands in diesen Organisatio• außenpolitischer Souveränität der Bundesrepublik wurde der nen zu besetzen und damit gleichzeitig für eine Nichtauf• gesamtstaatlichen Deutschlandpolitik der DDR die Grundlage nahme und Ausschaltung der DDR zu sorgen. Zurecht stellt entzogen, die Existenz zweier deutscher Staaten für die DDR Czempiel fest, daß die Aktivität der Bundesrepublik nicht unwiderruflich. Für eine Zurückhaltung in der UN-Politik aus durch die internationale Organisation, sondern durch die DDR deutschlandpolitischer Zielsetzung bestand damit keine Ver• ausgelöst wurde12. Gerade aber diese Haltung widersprach anlassung mehr. dem Handlungssystem internationaler Organisationen, das Gleichzeitig hatten sich jedoch auch im System der Vereinten nicht als Forum nationalstaatlicher Machtpolitik, sondern zum Nationen selbst Änderungen ergeben. Während die Vereinig• Abbau überstaatlicher Konflikte durch Ausgleich von Interes• ten Staaten bis 1954 unangefochten eine ihr günstige Mächte• sengegensätzen und Reduzierung des Konfliktpotentials konzi• konstellation in den Vereinten Nationen aufrecht erhalten piert wurde. Aus der Perspektive des Systems internationaler konnten, gab es bereits während der IX. Generalversamm• Organisationen stellt sich daher die anfangs betriebene UN- lung 1954 hartnäckige Auseinandersetzungen um die Univer• Politik der Bundesrepublik als Unpolitik dar. salität der Weltorganisation. Über ein Jahrzehnt bestimmte das Spannungsfeld zwischen Zwischen 1949 und 1955 wurde, mit Ausnahme von Indone• Obstruktionspolitik der Bundesrepublik und beabsichtigter sien, kein neues Mitglied in die Vereinten Nationen aufge• Anerkennung und eigener Mitarbeit die UN-Politik der DDR. nommen. Während die westlichen Mitgliedsländer unter Füh• Dieser Kampf um gleichberechtigte Mitgliedschaft in Sonder• rung der USA die kommunistische Ideologie mit den in Art. 4 organisationen und Kommissionen der Vereinten Nationen UN-Charta aufgestellten Qualifikationen für unvereinbar hiel• wird am Beispiel der Europäischen Wirtschaftskommission ten und dementsprechend die Aufnahmeanträge von 18 Staa• (ECE) besonders deutlich. ten blockierten, widersetzte sich die Sowjetunion einer wei• teren Stärkung des westlichen Blockes. Allein gegen den Auf• 3. Beispiel: Europäische Wirtschaftskommission (ECE) nahmeantrag Italiens wurde fünfmal das Veto eingelegt. Die Die Europäische Wirtschaftskommission wurde im Jahre 1947 vom Kalten Krieg bestimmte Zulassungspolitik, von west• aufgrund einer Empfehlung der Generalversammlung durch licher Seite zur Erhaltung der Mehrheitsverhältnisse betrie• ben, fand jedoch auf der X. Generalversammlung im Septem• Botschafter Walter Gehlhoff, der Ständige Vertreter der Bundesrepu• ber 1955 ein Ende. 16 neue Mitglieder wurden aufgenommen, blik Deutschland bei den Vereinten Nationen in New York, überreicht am 15. Juni 1973 dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kurt eine Änderung der Mehrheitsverhältnisse damit eingeleitet. Waldheim, das Gesuch der Bundesrepublik Deutschland um Aufnahme Von den neu aufgenommenen Mitgliedern waren Albanien, in die Vereinten Nationen. Damit begannen die offiziellen internatio• Bulgarien, Rumänien und Ungarn eindeutig sowie Jordanien, nalen Formalien, denen voraussichtlich am 18. September der endgül• Ceylon und Libyen potentiell dem sozialistischen Block zuzu• tige Beitritt in die Weltorganisation folgen wird. rechnen. Von Finnland, Österreich und Nepal konnte zumin• dest eine wohlwollende Neutralität erwartet werden. Diese Kräfteverlagerung in der Generalversammlung, die allerdings noch keine Umkehr der Abstimmungsverhältnisse darstellte, ermöglichte es der DDR, eine Änderung ihrer UN-Politik ein• zuleiten. Die Grundlagen für die bisher geübte Zurückhaltung entfielen. So wurden — in Abkehr vom bisherigen Angebot zur Mitar• beit - formelle Anträge auf Mitgliedschaft in der Internatio• nalen Arbeitsorganisation und in der UNESCO gestellt. Die für die Ablehnung im Wirtschafts- und Sozialrat geltend ge• machten Gründe sind fadenscheinig: Die DDR habe sich - aus der verspäteten Antragstellung ersichtlich - an der Arbeit dieser Sonderorganisation uninteressiert gezeigt und darüber• hinaus auf eine Einladung zur 5. Generalkonferenz der UNES• CO im Jahre 1950 überhaupt nicht reagiert10. Nachdem der Antrag auf Mitgliedschaft in der UNESCO am 9. Dezember 1955 vom Wirtschafts- und Sozialrat11 abgelehnt wurde, zog die DDR von sich aus ihren Antrag gegenüber der ILO zurück. 2. Neue Konzeption Die Notwendigkeit eines politischen Kampfes um gleichbe• rechtigte Mitgliedschaft im System der Vereinten Nationen wurde offensichtlich. Die zu erwartenden Auseinandersetzun• gen machten eine neue Konzeption der DDR erforderlich: Zwischen dem Willen nach aktiver Mitwirkung im System der Vereinten Nationen und der damit verbundenen internationa• len Akzeptanz einerseits und andererseits der Tatsache, daß inzwischen die Bundesrepublik Deutschland als Vertreter Deutschlands Mitglied aller Sonderorganisationen geworden war, galt es, eine eigene UN-Politik unterhalb der Ebene der vollen Mitgliedschaft zu entwickeln. Der Handlungsspielraum dieser Politik war denkbar gering.

Vereinte Nationen 4/73 119 Beschluß des Wirtschafts- und Sozialrates als regionale Wirt• teidigung dieser Haltung fanden, blieb sie doch Ausdruck der schaftskommission der Vereinten Nationen geschaffen13. Da Alleinvertretungspolitik der Bundesregierung. Ungeachtet auch Nichtmitglieder der Vereinten Nationen in den regiona• der darin liegenden Diskriminierung und Ent-Internationali- len Wirtschaftskommissionen mitwirken und einen beraten• sierung der DDR widersprach diese Position dem eigenen den Status erhalten können, beteiligten sich, noch vor Grün• Interesse der Bundesrepublik: Nach Überwindung des Höhe• dung der Bundesrepublik und der DDR, Experten aus beiden punktes des Kalten Krieges und im Zeichen des aufkommen• Teilen Deutschlands als Berater der jeweiligen Besatzungs• den Ost-West-Handels bot die Zusammenarbeit in der Euro• mächte aktiv an der Arbeit der Kommission. Politisch kam päischen Wirtschaftskommission die Möglichkeit, unmittel• dabei der ECE eine besondere Bedeutung zu, weil die Kom• bare Beziehungen mit osteuropäischen Staaten zu pflegen, mission als einziges gesamteuropäisches Organ sozialistische ohne Gefahr zu laufen, sich dem Verdacht der Isolierung der und kapitalistische Staaten Europas im Rahmen der Verein• DDR oder des Aufbrechens des Comecons auszusetzen. Eine ten Nationen zusammenschloß14. Dadurch brachte die ECE Mitgliedschaft der DDR hätte die multilaterale Kooperation die »konfliktmediatisierenden und kooperationsstimulierenden nicht gehindert, sondern durch die Bindung der Mitglieder in Verfahrensweisen der Internationalen Organisation«15 auf eu• die gemeinsame Aktionsstruktur internationaler Organisatio• ropäische Ebene in den Ost-West Konflikt ein. nen den machtpolitischen Effekt aufgehoben23. Um die Förderung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus zu in• tensivieren schlug daher während der Jahresversammlung im 4. Reduzierung des Handlungsspielraumes März 1954 die polnische Delegation vor, Vertreter beider Teile Doch erwies sich die Bundesrepublik sowohl unwillig als auch Deutschlands künftig als gleichberechtigte Partner zur Mit• unfähig, eine Außenpolitik im Rahmen internationaler Hand• arbeit in der Kommission aufzufordern. Von den westlichen lungssysteme zu betreiben. Entsprechend der traditionellen Staaten wurde dieser Vorschlag aber abgelehnt, da Deutsch• Machtpolitik wurden bilaterale Kontakte multilateraler Ko• land als besetztes Land gemäß den Statuten über die Besat• operation vorgezogen. In der Bewertung dieser Vorgänge und zungsmächte nur vorläufig mitarbeiten könne. Erst nach Be• der dahinter stehenden Motivationen stellt Czempiel fest, endigung des Besatzungsstatuts durch die Pariser Verträge daß die damaligen Bundesregierungen prinzipiell nicht bereit vom 5. Mai 1955 wurde die Bundesrepublik im Februar 1956 waren, ihre Zielsetzungen auf die Kompromißstrukturen in• Vollmitglied16, während die DDR ungeachtet ihres Antrags auf ternationaler Organisationen zu reduzieren: »Sie war auf gleichberechtigte Mitwirkung nicht aufgenommen wurde. Trotz Macht, nicht auf Kompromiß fixiert«24. Aufhebung des Besatzungsstatuts in der DDR durch Erklä• Diese Macht wurde gezielt gegen die DDR eingesetzt. Damit rung der Regierung der Sowjetunion über die Herstellung der reduzierte sich der ohnehin geringe Handlungsspielraum der vollen Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik DDR gegen Null. Von der gewollten und gebotenen Mitarbeit vom 25. März 195417 und dem Vertrag über die Beziehungen blieb das Angebot. zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Ihren Höhe- und gleichzeitig Wendepunkt fand diese Politik Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 20. Septem• mit dem Antrag der DDR auf Aufnahme in die Organisation ber 195518 hielt die westliche Mehrheit in der Kommission der Vereinten Nationen im Jahre 1966. Statt der teilweise er• weiter daran fest, daß die DDR als Besatzungszone nur über niedrigenden Behandlung auf unterer Ebene und in den Son• den Umweg als Berater der sowjetischen Besatzungsmacht derorganisationen sollte jetzt der Durchbruch an der Spitze gem. Art. 10 der Statuten an den Arbeiten der Wirtschafts• versucht werden. kommission und ihrer Ausschüsse teilnehmen könne. Diese Ungleichbehandlung hinderte die DDR dennoch nicht, allein IV. Aufnahmeantrag der DDR 1966 im Jahre 1955 mit über 200 Experten an 72 Tagungen der ECE teilzunehmen19. Im Interesse des wirtschaftlichen Wiederauf• Angeregt durch die verständnisvolle Haltung von General• baus Europas beantragten die sozialistischen Staaten Jahr für sekretär U Thant, den international erheblich geschwächten Jahr erneut die gleichberechtigte Teilnahme der DDR an den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik, die gewandel• Arbeiten der ECE. ten Kräfteverhältnisse aufgrund der Haltung der Länder der Dritten Welt, die eigene wirtschaftliche und politische Konso• Diese Aufnahmeanträge blieben jedoch wegen der Mehrheits• lidierung nach dem Bau der Mauer und die sich abzeichnende verhältnisse mit dem Hinweis, daß politische Fragen nicht zur Entspannungspolitik zwischen Ost und West beantragte die Entscheidungskompetenz der Wirtschaftskommission, sondern DDR mit Schreiben vom 28. Februar 1966 an den General• ausschließlich des Wirtschafts- und Sozialrats gehörten, sowie sekretär der Vereinten Nationen ihre Mitgliedschaft. Gleich• angesichts von Austrittsdrohungen der Bundesrepublik erfolg• zeitig gab Walter Ulbricht als Vorsitzender des Staatsrates los. Die Gefahr des Verlusts der erheblichen finanziellen Zu• der DDR die nach der UN-Charta erforderliche Erklärung ab, wendungen der Bundesrepublik erschien dem Wirtschafts• die Pflichten, die sich aus der Charta der Vereinten Nationen und Sozialrat und der Kommission bedeutender als eine für ergeben, zu übernehmen und gewissenhaft zu erfüllen25. die wirtschaftliche Aufbau- und Koordinationsarbeit unerläß• liche Mitgliedschaft beider deutschen Staaten. Offen bekannte 1. Verfahren der amerikanische Delegierte, daß eine Mitgliedschaft der In dem Aufnahmeantrag, der U Thant am 1. März 1966 vom DDR den Auszug der Bundesrepublik und damit Minderein• polnischen Botschafter überreicht wurde, bat der Staatsrats• nahmen von einer Million Dollar bedeuten würde - so viel vorsitzende der DDR den Generalsekretär der Vereinten Na• wie die Zuwendungen aller Comecon-Staaten20. tionen, den Antrag der nächsten Sitzung des Sicherheitsrates So wurden die alljährlich neu gestellten Anträge auf Mitglied• vorzulegen26. Durch die früheren Auseinandersetzungen mit schaft routinemäßig abgelehnt. Dabei bildete sich, wie der den Westmächten verunsichert27 und unter dem Eindruck der damalige Leiter des ECE-Referats im Bundeswirtschaftsmini• routinemäßigen Obstruktion des Verfahrens reichte General• sterium feststellte, die »Übung« und der »Ritus« heraus, zur sekretär U Thant den Antrag jedoch nicht offiziell, sondern Aufnahme der DDR mit verteilten Rollen nur jeweils zwei nur informell an die Mitglieder des Sicherheitsrates weiter. Vertreter des Ostens und des Westens sprechen zu lassen21. Erst am 10. März wurde der Antrag als Anhang einer bulga• Unverändert hielten die westlichen Sprecher daran fest, daß rischen Note als offizielles UN-Dokument veröffentlicht28. sich der völkerrechtliche Status der >Zone< nicht geändert Wegen dieser Form der Einbringung gelangte der Auf nahme• habe und ihre Experten nur als Vertreter der besetzten deut• antrag nicht unmittelbar auf die Tagesordnung des Sicher• schen Gebiete beratend mitwirken könnten22. heitsrates, sondern bedurfte einer besonderen Beschlußfas• Wenn sich auch immer andere westliche Sprecher zur Ver• sung.

120 Vereinte Nationen 4/73 Der Delegierte der Sowjetunion bestand zwar darauf, daß der West-Konflikt wohl bewußt. Im Gegensatz zum Alleinver• Aufnahmeantrag auf die Tagesordnung des Sicherheitsrates tretungsanspruch der Bundesregierung war die Politik der gesetzt würde, bestimmte aber weder Datum noch Frist29. Der DDR — in realistischer Einschätzung der tatsächlichen Ent• Antrag der DDR blieb unbearbeitet weiter im Raum. wicklung — nach Aufgabe der Vorstellung einer gesamtdeut• Unter den gegebenen Umständen war dies ein politischer Er• schen Regierung auf eine Mitgliedschaft beider deutschen folg. Der inzwischen von den Westmächten und der Bundes• Staaten ausgerichtet: republik gebildete >Krisenstab<39 hatte bereits eine sichere Die Deutsche Demokratische Republik stellt den Antrag auf Auf• Meinungsbildung gegen die DDR herbeigeführt: Eine Be• nahme in die Organisation der Vereinten Nationen unter voller Berücksichtigung der Tatsache, daß seit nunmehr 16 Jahren auf schlußfassung im Sicherheitsrat wäre am Veto der Westmächte deutschem Boden zwei souveräne deutsche Staaten entstanden gescheitert, zumal die Mitgliedschaft beider deutschen Staa• sind und sich entwickelt haben. ten - trotz fortschreitender Entspannung - innerhalb der Ver• Die Herausbildung von zwei deutschen Staaten ist die Folge und einten Nationen als Axiom galt. War also schon nicht mit das Ergebnis der Spaltung Deutschlands, die gegen den Willen des einer Annahme des Aufnahmeantrages der DDR zu rechnen, deutschen Volkes und unter grober Verletzung der grundlegenden Nachkriegsvereinbarungen über Deutschland herbeigeführt wur• so konnte sie mit dem Anhängigmachen des Antrages der 33 Weltöffentlichkeit ihre Bereitschaft zur Übernahme der Ver• de . pflichtungen der Weltorganisation und die Bereitschaft zu Die Interdependenz von Deutschlandpolitik und internatio• gleichberechtigter Mitarbeit dokumentieren. Gerade die Län• nalen Machtkonstellationen wurde in den Vordergrund ge• der der Dritten Welt, inzwischen zur Mehrheit in der Gene• rückt, wobei die DDR am Begriff der Einheit der deutschen ralversammlung geworden, zeigten für die der DDR gegen• Nation festhielt, aufgrund der faktischen Lage aber die Welt• über bisher geübte Diskriminierung Anteilnahme. organisation von den querelles allemandes freihalten und im Insbesondere in der Deutschlandfrage, die bislang alle Mit• Rahmen des internationalen Handlungssystems zu Lösungen gliedschaftsdebatten als >querelles allemandes< geprägt und kommen wollte. Insoweit erschien die Mitgliedschaft sowohl belastet hatte, erweckte die DDR den Anschein einer verstän• von der Konfliktreduzierung in Mitteleuropa als auch von der digen und einsichtsvollen Haltung. Das >Memorandum des Verantwortung gegenüber der Dritten Welt bestimmt: In den seither verflossenen 16 Jahren haben sich die beiden deut• Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Deutschen schen Staaten, die Deutsche Demokratische Republik und die Demokratischen Republik zum Antrag auf Mitgliedschaft in westdeutsche Bundesrepublik konsolidiert und selbständig ent• der Organisation der Vereinten Nationen< vom März 1966 ver• wickelt. Jeder der beiden deutschen Staaten hat seine eigene fehlte seine Wirkung nicht. Verfassung, seinen eigenen Staatsapparat, seinen eigenen Wirt• schaftsorganismus und seine selbständige Armee. Diese beiden 2. Memoranden der DDR deutschen Staaten bilden ungeachtet dessen eine Nation. Unter diesen Bedingungen ist die Wiedervereinigung Deutschlands In diesem Memorandum begründet die DDR den Anspruch nur im Ergebnis eines lang andauernden Prozesses auf dem Wege auf Mitgliedschaft aus dem Universalitätsprinzip der Ver• der Entspannung und über die Gewährleistung der europäischen 31 Sicherheit möglich. Denn nur eine solche nationale Wiedervereini• einten Nationen und der in Art. 4 UN-Charta normierten gung, die der Sicherung des Friedens in Europa dient, kann im Voraussetzungen: Interesse der deutschen Nation und aller anderen Völker Europas Die Deutsche Demokratische Republik ist ein friedliebender sou• 34 veräner Staat, der alle Bedingungen für die Mitgliedschaft in der liegen . Organisation der Vereinten Nationen erfüllt und gewillt und im• Gerade in den Konfrontations- und Kooperationsmechanismen stande ist, alle sich daraus ergebenden Verpflichtungen wahrzu• internationaler Organisationen könnte eine Beilegung des nehmen. Ihre Mitgliedschaft in der Organisation der Vereinten belastenden innerdeutschen Konfliktes eingeleitet werden: Nationen wird sich für die Verwirklichung ihrer auf die Erhaltung Da die Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden deut• und Sicherung des Friedens in Europa gerichteten Politik günstig schen Staaten eine unabdingbare Voraussetzung für ihre friedliche auswirken und zugleich zur Durchsetzung der Universalität der Wiedervereinigung darstellt, ist die Regierung der Deutschen De• Organisation der Vereinten Nationen beitragen32. mokratischen Republik bei allen Vorbehalten, die sie im Hinblick Dabei war sich die Regierung der DDR der Konnexität von auf die fehlende Übereinstimmung der Politik der westdeutschen Mitgliedschaft und dem wandelnden Kräfteverhältnis im Ost- Regierung mit den Zielen und Grundsätzen der Satzung der Ver-

Cabindät

-Luanda Immer stärker rücken die großen portugiesischen Ko• lonien in Afrika Angola, Mosambik mit dem umstrit• tenen Cabora Bassa-Damm- bau und Guinea (Bissau) in das Interesse der Weltöf• fentlichkeit. Im Zuge der von der UNO geförderten —Mossamedes Entkolonisierung sind sie es aber schon lange. Portugal, eine der ältesten imperialen Mächte der Erde, scheint je• Südwest-Afrika doch weiterhin entschlossen, diesen Gebieten die Unab• hängigkeit zu verwehren. Portugiesisch-Afrika Unterdrückung und Auf• stände nehmen zu und stei• Bevölkerung in Mill. Hache in qkm gern sich an Intensität. Grauenvolle Massaker wer• M6 1 Angola 1246700 den bekannt. Alt erfahrene .0 ehemalige Kolonialherren wie die Engländer empfeh• 8,2 • Mozam- 7780 09 | len den Portugiesen, diese wm bique letzten großen Kolonien der Welt in die Freiheit zu ent• -1 Port- lassen. 1 0,6 1 Guinea 1 36125

Vereinte Nationen 4/73 121 einten Nationen hat, der Auffassung, daß auch die Aufnahme der internationalen Sicherheit und Abrüstung41, des internationa• westdeutschen Bundesrepublik in die Weltorganisation diesem Ziel dienen würde. Sie könnte zur Verständigung der beiden deut• len Umweltschutzes42 und der Unterstützung junger afrika• schen Staaten beitragen, damit ihre allmähliche Annäherung und nischer Staaten gegen Kolonialismus und Imperialismus43. Die auf dem Wege über eine Konföderation die nationale Wiederver• Dokumente zur Außenpolitik der DDR von 1966-1970 geben einigung des deutschen Volkes fördern. Gleichzeitig könnten da• einen eindrucksvollen Uberblick. Gerade in den Fragen, in durch wirksame Voraussetzungen geschaffen werden, um die be• stehenden Spannungen in Mitteleuropa zu beseitigen und die denen von der DDR gegenüber den Vereinten Nationen eine europäische Sicherheit zu gewährleisten35. klare Position bezogen wurde, stehen Stellungnahmen der Ausführlich wurde schließlich die bisherige Mitarbeit der DDR Bundesregierung vielfach noch aus. im Bereich der Vereinten Nationen gewürdigt und die klare Durch die faktische Mitarbeit im System der Vereinten Na• Haltung gegen Imperialismus und Kolonialismus in der Drit• tionen wollte die DDR deutlich machen: ten Welt dargestellt. 1. Deutschlandfrage und Alleinvertretungsanspruch der Bun• desregierung sollen die Arbeit internationaler Organisatio• 3. Wirkungen des Antrages nen nicht beeinträchtigen. Dieses Memorandum und die Nichtbehandlung des Antrages 2. Die DDR ist bereit, den Verpflichtungen aus einer Mitglied• im Sicherheitsrat zeigten auf die Mitglieder der Vereinten schaft in internationalen Organisationen nachzukommen Nationen Wirkung. Die auf Verständigung und friedliche Ko• und sich internationalen Handlungssystemen anzupassen. existenz ausgerichtete Erklärung mußte die Bundesrepublik 3. Die Faktizität der Mitwirkung innerhalb der Vereinten als Störenfried erscheinen lassen. Das klare Bekenntnis der Nationen läßt die Behauptung der mangelnden Staatsquali• DDR zur Deklaration über die Gewährung der Unabhängig• tät der DDR als Anachronismus erscheinen. keit an die kolonialen Länder und Völker<36, zur Deklaration über die Unzulässigkeit der Einmischung in die inneren An• Trotz aktiver Mitarbeit der DDR in Sonderorganisationen und gelegenheiten der Staaten und den Schutz ihrer Unabhängig• immer deutlich werdender Detente in Mitteleuropa gestaltete keit und Souveränität^' und der Nachweis, nicht nur verbal, sich der Durchbruch zur Vollmitgliedschaft nur mühevoll und sondern auch durch Abbruch der Handels- und Schiffahrts• langsam. Zwar wurde an der Staatsqualität der DDR nicht beziehungen ernsthaft die Apartheidspolitik der Südafrikani• mehr gezweifelt, doch gerade wegen der Entspannungsbemü• schen Republik zu bekämpfen, leiteten zumindest im Ansatz hungen zwischen Ost und West auf westlichen Druck hin die eine Solidarisierung mit den jungen afrikanischen und asiati• Aufnahme der DDR ausgeklammert und aufgeschoben. Wie schen Staaten ein. durch die Ostpolitik der Bundesregierung die gleichberechtigte Die Nichtbehandlung des Antrags gab den übrigen sozialisti• Mitgliedschaft der DDR von einem Problem des >Ob< zu einer schen Ländern ständig die Möglichkeit, auf die DDR hinzu• Frage des >Wann< wurde, zeigen die Bemühungen um Auf• weisen. So konnte ein im September 1966 an die Generalver• nahme in die Weltgesundheitsorganisation. sammlung gerichtetes Memorandum des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der DDR zum Aufnahmeantrag 2. Beispiel: Weltgesundheitsorganisation (WHO) zurecht feststellen: Während die Bundesrepublik seit 1951 Mitglied der WHO ist, »Der Antrag des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Re• hat die DDR zwar schon frühzeitig an Projekten der Welt• publik auf Aufnahme der Deutschen Demokratischen Republik in gesundheitsorganisation mitgewirkt und verschiedentlich die die Organisation der Vereinten Nationen hat international ein Mitgliedschaft angeboten44, doch erstmals im April 1968 einen großes Echo gefunden ... Der Antrag der Deutschen Demokratischen Republik hat beson• formellen Antrag auf Aufnahme gestellt45. Angesichts der bis• ders großes Verständnis und nachhaltige Unterstützung auch bei lang erlittenen Abstimmungsniederlagen bei Aufnahmeanträ• Regierungen und politischen Persönlichkeiten der Staaten Asiens gen oder Angeboten zur gleichberechtigten Mitarbeit erschien und Afrikas gefunden ... Zugleich gaben die Repräsentanten mancher Staaten Afrikas und Asiens dem Wunsche Ausdruck, daß gerade die Weltgesundheitsorganisation als eine Organisation, auch der andere deutsche Staat — die westdeutsche Bundesrepu• bei der gegen eine DDR-Mitgliedschaft auch von Ländern der blik — die Bereitschaft bekunden möge, ebenso wie die Deutsche westlichen Gruppe keine politischen Bedenken erhoben wer• Demokratische Republik der Organisation der Vereinten Nationen den konnten. So heißt es in der Präambel zur Verfassung der als Mitglied beizutreten.«38 WHO: Trotz der nicht erfolgten Aufnahme kann das Jahr 1966 als »Die Gesundheit aller Völker ist eine Grundbedingung für Welt• Wendepunkt im Kampf der DDR um gleichberechtigte Mit• frieden und Sicherheit; sie hängt von der engsten Zusammenarbeit gliedschaft im System der Vereinten Nationen gelten. der einzelnen und der Staaten ab«. Darüber hinaus hat die WHO die leichtesten Aufnahmebe• V. 1966—1972: Aktive Mitarbeit und Durchbrach dingungen. Nach Art. 3 WHO-Verfassung steht dr'e Mitglied• schaft in der Organisation allen Staaten, also auch den Nicht- 1. Faktische Mitwirkung mitgliedern der Vereinten Nationen, offen, wobei über die Nach den New Yorker Erfahrungen im Jahre 1966 bemühte Aufnahme mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen sich die DDR in der Folgezeit nicht in erster Linie auf for• entschieden wird. melle Aufnahme als gleichberechtigtes Mitglied in den Son• Aufgabenbereich und Aufnahmemodus der WHO und die vom derorganisationen, sondern kündigte - ohne sich den Form• Außenminister der Bonner Großen Koalition eingeleiteten vorschriften der Aufnahmeverfahren zu unterwerfen - ihre Entspannungsbemühungen ließen den Antrag zu diesem Zeit• Bereitschaft an, die sich aus einer Mitgliedschaft ergebenden punkt nicht aussichtslos erscheinen, wenn auch nach Meinung Verpflichtungen zu übernehmen und so aktiv an der Arbeit westlicher Beobachter bei den in der WHO gegebenen Stimm• der Organisationen zu beteiligen. In der Tat entwickelte sich verhältnissen von vornherein keine Chance zur Aufnahme be• daraus eine starke Experten- und Memorandenpolitik. Los• stand46. gelöst und unabhängig von der Deutschlandfrage beteiligte Eingebracht wurde der Antrag nach dem Vorverfahren im sich die DDR an offenen Konferenzen der Organisationen des Sekretariat nicht nur durch drei Staaten des Warschauer UN-Systems, wirkte in Expertenausschüssen mit, zahlte - Paktes, sondern auch durch Syrien, die Vereinigte Arabische trotz umstrittener Mitgliedschaft39 - Beiträge an den Welt• Republik und Jugoslawien47. Wenngleich Alleinvertretungs• postverein und die Internationale Fernmeldeunion40 und gab anspruch und Nichtanerkennung der DDR von der Bundes• Zuwendungen an andere Sonderorganisationen und Hilfs• republik weiterhin aufrechterhalten wurden, reagierte der werke der Vereinten Nationen. In ihren Memoranden, Tele• westdeutsche Delegationsleiter in dieser Situation nicht mehr grammen und Erklärungen profilierte sie sich in Fragen der mit der offenen Diskriminierung der DDR und den üblichen

122 Vereinte Nationen 4/73 »Nicht die Mitgliedschaft der DDR in der WHO, sondern die dis- Konzessionsforderungen, sondern gab zu bedenken, daß eine kriminiernde, antihumanitäre Haltung der BRD belastet diese Entscheidung zugunsten der Aufnahme eine Friedensregelung (innerdeutschen) Gespräche«. Deutschland präjudizieren würde, die an anderer Stelle aus• Mit dieser Hinhaltetaktik und dem Vertagungsbeschluß wur• gehandelt werden müsse. Als von der DDR abgelehnten Kom• de — wie das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten promiß schlug er vor, angesichts der Bedeutung des Gesund• der DDR feststellt — »die Abstimmung über den Mitglieds• heitswesens ein gemeinsames innerdeutsches Amt für Fragen antrag der DDR in der WHO lediglich aufgeschoben, aber des Gesundheitswesens mit fachlichen Kontakten zur WHO nicht aufgehoben«.51 einzurichten48. Dieser mit dem > Geiste der Versöhnung< ange• kündigte Vorschlag mag zwar für die Bundesregierung ein 3. Grundvertrag und Mitgliedschaft geschickter Kompromiß gewesen sein, verriet aber höchstens Eine Veränderung der westdeutschen UN- und Deutschland• eine geänderte Einstellung, keine veränderte Politik der Bun• politik glaubte die DDR nach Ablösung der Großen Koalition desregierung49. durch die Regierung Brandt/Scheel erwarten zu können. Zwar stimmten nur 19 Staaten für die Aufnahme, 59 Delega• Wenn Bundeskanzler Brandt in seiner Regierungserklärung tionen dagegen, doch wäre es verfehlt, darin eine besondere vom 28. Oktober 1969 die künftige Zielsetzung der von ihm »Sympathiebezeugung« für die Bundesrepublik zu sehen. Von verfolgten Deutschlandpolitik im Rahmen internationaler Be• den 121 teilnehmenden Vollmitgliedsstaaten enthielten sich 27 ziehungen dahingehend umriß, daß die Bundesrepublik Delegationen der Stimme, 20 Staaten blieben der Abstimmung »20 Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland überhaupt fern. Offen unterstützt wurde die Position der Bun• und der DDR ... ein weiteres Auseinanderleben der deutschen desrepublik daher nur von weniger als der Hälfte der Mit• Nation verhindern, also versuchen (muß), über ein geregeltes gliedsstaaten, darunter die 15 NATO-Staaten, 18 süd- und Nebeneinander zu einem Miteinander zu kommen«52, mittelamerikanische, 11 asiatische und 8 afrikanische Länder. in diesem Zusammenhang erneut beiderseitige Verhandlun• Die Mehrheit der afrikanischen Staaten, aber auch Schweden gen ohne Diskriminierung auf Regierungsebene anbot und der und die Schweiz, enthielten sich der Stimme oder nahmen an damalige parlamentarische Staatssekretär im Auswärtigen der Abstimmung nicht teil, sei es aus politischer oder wirt• Amt am 25. Februar 1970 vor dem Bundes• schaftlicher Rücksichtnahme, sei es zur Wahrung der Neutrali• tag erklärte, er könne sich eine »aktive Konkurrenz« der Bun• tät in der Deutschlandfrage. Offensichtlich wurde das Ab• desrepublik und der DDR auch im Rahmen internationaler bröckeln der Unterstützung des Alleinvertretungsanspruchs Organisationen vorstellen53, so folgerte die Regierung der der Bundesrepublik und die — trotz formeller Abstimmungs• DDR aus diesen Erklärungen, bei den Anträgen auf Mitglied• niederlage — gefestigte internationale Position der DDR. schaft in der WHO54, der ECE55 und der UNESCO5' nicht mehr Dennoch scheiterten auch der erneute Aufnahmeantrag der von den üblichen querelies allemandes belastet zu sein. Zwar DDR vom 17. März 197050 und weitere Vorstöße in den Jahren widersetze sich die Bundesregierung diesen Anträgen nicht 1971 bis 1972 in den WHO-Versammlungen. Eingedenk der mehr mit der Negation der DDR und dem Beharren auf dem sich wandelnden Mehrheitsverhältnisse versuchte die Bundes• Alleinvertretungsanspruch, doch sei es ihr unter Hinweis auf regierung auf diesen Tagungen jedoch nicht mehr eine Mehr• den »innerdeutschen Dialog« und eine Präjudizierung einge• heit gegen die Aufnahme der DDR zu gewinnen, sondern die leiteter Verhandlungen im Rahmen der Ostpolitik gelungen, Aufnahmeanträge zurückzustellen, um die innerdeutschen die Aufnahme zu vertagen. Verhandlungen um den Grundvertrag nicht zu beeinträchti• In der Tat war die Mitgliedschaft im System der Vereinten gen. Diese, vom > Neuen Deutschland < als Wurmfortsatz zur Nationen zu einem wichtigen Verhandlungsgegenstand zwi• Hallstein-Doktrin bezeichnete >Scheel-Doktrin< (Koppelung schen der Bundesrepublik und der DDR geworden. Am 17. De• von Grundlagenvertrag und Mitgliedschaft in internationalen zember 1969 hatte Staatsratsvorsitzender Walter Ulbricht Organisationen) stieß in der DDR-Führung auf erbitterten Bundespräsident Heinemann den >Entwurf eines Vertrages Widerstand: über die Aufnahme gleichberechtigter Beziehungen zwischen

in Mill.Tonnen

Der gefährlichste Krisen• raum der Gegenwart ist der Nahe Osten. Es sind keine Aussichten vorhanden, daß sich die Lage bessert. Hier stehen sich, wenn auch in letzter Position, die beiden Supermächte gegenüber: Die USA auf selten Israels, die Sowjetunion auf selten der Araber. Israel will alle we• sentliche Teile der besetzten Gebiete behalten, die arabi• schen Staaten verlangen von Israel die grundsätzliche Be• reitschaft zur völligen Räu• mung. Hinzu kommt das öl. Mehr als die Hälfte aller ge• schätzten Vorräte der Welt lagern Im Nahen Osten und mehr als die Hälfte der För• derung geht nach Europa (426 von insgesamt 843 Mill. Tonnen). Die USA werden ihr wachsendes Energiedefl- zlt zunehmend im Nahen Osten zu decken suchen, so daß auch sie ihren Bezie• hungen zu den Arabern stei• gende Aufmerksamkeit wid• men müssen.

Vereinte Nationen 4/73 123 der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesre• rung der Berlin-Frage im >Vierseitigen Abkommen über Ber• publik Deutschland< zugeleitet, in dessen Art. VIII es heißt: lin vom 3. September 1971< begannen die Verhandlungen über »Die Deutsche Demokratische Republik und die Bundesrepublik den Grundvertrag. Deutschland beantragen ohne Verzögerung in Ubereinstimmung Schon vor Unterzeichnung des >Vertrages über die Grundlagen mit dem Prinzip der Universalität der Vereinten Nationen ihre Aufnahme als vollberechtigte Mitglieder in die Organisation der der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland Vereinten Nationen. Sie werden dafür eintreten, daß andere und der Deutschen Demokratischen Republik< vom 21. Dezem• Staaten die Aufnahme der beiden deutschen Staaten in die Or• ber 1972, der wie der Moskauer Vertrag vom Bekenntnis zu ganisation der Vereinten Nationen unterstützen.«57 den Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen bestimmt Im Erfurter Treffen vom 19. März 1970 ging der Vorsitzende ist, bestätigen die Staatssekretäre Kohl und Bahr im Brief• des Ministerrats der DDR, Willi Stoph, ausdrücklich auf die• wechsel vom 8. November 1972 folgendes: sen Artikel ein, wobei er in seiner Grundsatzerklärung dar• »Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik (Bundes• republik Deutschland) hat zur Kenntnis genommen, daß die Regie• legte, »daß es sowohl im Interesse beider Staaten und ihrer rung der Bundesrepublik Deutschland (Deutsche Demokratische Bürger als auch im Interesse der Universalität der Weltor• Republik) in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht der ganisation läge, wenn die DDR und die BRD mit ihren be• Bundesrepublik Deutschland (Deutschen Demokratischen Republik) achtlichen politischen, ökonomischen und kulturellen Potenzen die notwendigen Schritte zur Erlangung der Mitgliedschaft in der Organisation der Vereinten Nationen einleitet. gleichberechtigt am weltweiten Wirken der UNO teilnehmen Beide Regierungen werden sich über den Zeitpunkt der Antrag• und auch auf diese Weise einen Beitrag zur allseitigen fried• stellung, informieren.«62 lichen Zusammenarbeit der Völker leisten würden«58. Davon ausgehend, daß beide deutsche Staaten nicht Ausland für Damit war, wie Staatssekretär Kohl bei der Paraphierung er• einander seien und deutsche Politik nach 1945 nicht zuletzt klärte, »ein längst überfälliger Schritt getan und zugleich ein eine Funktion der Politik der Mächte, die Deutschland besiegt Beitrag zur Universalität der Weltorganisation geleistet«63. und besetzt hatten59, war, entgegnete Bundeskanzler Brandt, »daß unsere und unserer Freunde Einstellung zu den inter• VI. 1972—1973 Gleichberechtigte Mitgliedschaft nationalen Beziehungen der DDR nicht zuletzt von der Hal• Der weitere Weg der DDR in die Vereinten Nationen ist nicht tung der Regierung der DDR selbst abhänge«60. Als Vorstel• mehr ein Kampf um gleichberechtigte Mitgliedschaft, sondern lung der Bundesregierung über Grundsätze und Vertrags• gleicht dem zwangsläufigen Mechanismus internationaler elemente für die Regelung gleichberechtigter Beziehungen Handlungssysteme: zwischen den beiden deutschen Staaten präzisierte Bundes• Am 4. Dezember 1972 überreichte der Ständige Beobachter der kanzler Brandt während des Kasseler Treffens vom 21. Mai DDR bei den Vereinten Nationen, Botschafter Dr. Horst Gru- 1970 in Punkt 20: nert, Generalsekretär Waldheim sein Beglaubigungsschreiben, »Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokrati• am 13. Dezember 1972 beschließt der Wirtschafts- und Sozial• sche Republik werden auf der Grundlage des zwischen ihnen zu rat einstimmig, die DDR als Vollmitglied in die Europäische vereinbarenden Vertrages die notwendigen Vorkehrungen treffen, Wirtschaftskommission aufzunehmen, am 16. Dezember 1972 um ihre Mitgliedschaft und Mitarbeit in internationalen Organi• werden die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche sationen zu regeln.«61 Demokratische Republik von der Generalversammlung zu Mit• Während die Bundesregierung die Aufnahme der DDR in die gliedern des neugebildeten UN-Verwaltungsrates für Umwelt• Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen als Er• fragen gewählt, am 29. Dezember 1972 übergibt die DDR ihre gebnis nach Abschluß des Grundvertrages beabsichtigte, be• Beitrittsdokumente zum Weltpostverein und zum Internatio• trachtete die DDR gerade die unmittelbare gleichberechtigte nalen Fernmeldeverein, am 2. Februar 1973 tritt sie der Wie• Mitarbeit in internationalen Organisationen als Ausdruck der ner Konvention über diplomatische Beziehungen von 1961 bei, Nichtdiskriminierung für die laufenden Verhandlungen, ein am 23. Februar 1973 wird die DDR Mitglied der UNCTAD. Zurückstellen dagegen als Fortsetzung der Hallstein-Dok• Hand in Hand mit der Repräsentation in internationalen Or• trin. ganisationen geht die bisher zurückgehaltene, aber nicht mehr Trotz verschiedener Äußerungen der DDR-Führung, daß diese aufhaltbare Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Haltung der Bundesregierung die innerdeutschen Verhandlun• In knapp fünf Monaten erfolgte die Vereinbarung oder die gen belaste, wurde sie faktisch weitgehend hingenommen. Der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu 48 Staaten — dieser Handlungsspielraum der DDR war gering, zumal eine Mit• Boom beweist zweierlei: gliedschaft in internationalen Organisationen ohne Stillhalten 1. Die Deutsche Demokratische Republik ist von der Völker• der Bundesrepublik noch unmöglich war, darüber hinaus die gemeinschaft als souveräner, im internationalen politischen Aufnahme in die Vereinten Nationen auch Gegenstand der und wirtschaftlichen System gleichberechtigter Staat an• Verhandlungen zwischen Bundesrepublik und Sowjetunion erkannt. bildete. Zwar findet Punkt 7 des sogenannten Bahr-Papiers: 2. Die von den früheren Bandesregierungen betriebene Poli• »Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Regie• tik der Isolation der DDR mag während des Kalten Krie• rung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken bekunden ihre Bereitschaft, im Zuge der Entspannung in Europa und im ges in Einklang mit dem internationalen Kräfte- und Interesse der Verbesserung der Beziehungen zwischen den euro• Handlungssystem gestanden haben, heute birgt sie die Ge• päischen Ländern, insbesondere der Bundesrepublik Deutschland fahr der Isolation der Bundesrepublik in sich. und der Deutschen Demokratischen Republik, Schritte zu unter• nehmen, die sich aus ihrer entsprechenden Stellung ergeben, um Noch ist der Wandel von Konfrontation zu Kooperation nicht den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen festzustellen. Wie weit dieser Wandel für die Bundesrepu• Demokratischen Republik zur Organisation der Vereinten Natio• blik wünschbar und notwendig ist, mag dahinstehen. Doch nen und zu deren Sonderorganisationen zu fördern«, wird die Eigendynamik internationaler Organisationen be• keinen unmittelbaren Niederschlag im Text des Moskauer trächtliche Rückwirkungen auf das Verhältnis der beiden Vertrags vom 12. August 1970, doch hätte ein einseitiges Vor• deutschen Staaten zueinander haben. Der den internationalen gehen der DDR in diesem Stadium zumindest retardierend Handlungssystemen inhärente Zwang zum Kompromiß wird auf die bilateralen Verhandlungen im internationalen Hand- vor allem die bislang stärker bi- als multilateral denkende lungsgefüge gewirkt. Auch deshalb kam es nach dem Erfurter Bundesrepublik zu einer eigenständigen UN-Politik zwingen64. Treffen, auf Wunsch der DDR, zu einer >Denkpause<. Nach Anmerkungen Abschluß der Verträge der Bundesrepublik Deutschland mit 1 Resolution des Sicherheitsrates vom 22. Juni 1973 (UN-Doc. S/Res/335). 2 Ernst-Otto Czempiel, Macht und Kompromiß. Die Beziehungen der der UdSSR vom 12. August 1970 und mit der Volksrepublik Bundesrepublik Deutschland zu den Vereinten Nationen 1956—1970, Polen vom 7. Dezember 1970 und der weitestgehenden Klä• Düsseldorf 1971.

124 Vereinte Nationen 4/73 3 Dröge/Münch/Puttkamer, Die Bundesrepublik Deutschland und die 20 Vgl. Aufstellung der Zuwendungen in: Compendium of Resolutions Vereinten Nationen, München 1966. and Decisions 1947—1964, United Nations 1965, E/ECE/574, und je• 4 Scheuner/Lindemann (Hrsg.), Die Vereinten Nationen und die Mit• weils in Heft 1 der laufenden Jahrgänge der Zeitschrift VEREINTE arbeit der Bundesrepublik Deutschland, München 1973. NATIONEN. 5 Vgl. Geschichte der Außenpolitik der Deutschen Demokratischen 21 Rudolf Schwarz, Zwanzig Jahre UN-Wirtschaftskommission für Republik, Berlin (Ost) 1968, S. 476. Europa, in: VN 3/1967, S. 72. 6 Vgl. dazu die Beiträge zum Ausbruch des Koreakrieges, in: VN 22 Vgl. auch Kruse, Die Wirtschaftskommission der Vereinten Natio• 2/1972. nen für Europa, in: Europa-Archiv 1967, S. 435 ff.; Rudolf Schwarz, 7 Herbert Kröger, Die Deutsche Demokratische Republik und die Ver• Tagung der Europäischen Wirtschaftskommission in Genf, in: VN einten Nationen, in: UNO-Bilanz 1969/70, Berlin (Ost) 1970. 3/1964, S. 101 ff. 8 Dokumente zur Außenpolitik der Deutschen Demokratischen Repu• 23 Czempiel, aaO (Anm. 2), S. 162 ff., gegenteiliger Ansicht Schwarz, blik, Band I, S. 99; zu Hintergründen und Auffassung der DDR hin• aaO (Anm. 21), S. 72. sichtlich der Funktion internationaler Organisationen grundle• 24 Czempiel, aaO (Anm. 2), S. 164. gend: Harald Rose, Die Mitarbeit der Deutschen Demokratischen 25 Erklärung gemäß Regel 58 der Verfahrensordnung des Sicherheits• Republik in internationalen Organisationen, in: Zur Außenpolitik rates; Text in der Anlage zum Antrag des Vorsitzenden des Staats• der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964, S. 156 ff. rates der DDR auf Aufnahme der Deutschen Demokratischen Repu• 9 Zusammenfassende Darstellungen zur Rechtslage Deutschlands aus blik in die Organisation der Vereinten Nationen vom 28. Februar DDR-Sicht: Die Völkerrechtssubjektivität der Deutschen Demokra• 1966, UN-Doc. A/6283; zit. nach Dokumente, aaO (Anm. 8), Band XIV, tischen Republik, Berlin (Ost) 1970; Herbert Kröger, Adenauers 1. Halbband, Berlin (Ost) 1970, S. 640. Identitätstheorie und die völkerrechtliche Stellung der DDR, in: 26 Einzelheiten zum Hergang s. Otto Leichter, Pankow beantragt die Deutsche Außenpolitik 1957, S. 353 ff. Mitgliedschaft in der UNO — Die Geschichte einer mißglückten Ak• Aus der Sicht der Bundesrepublik: Rudolf Schuster, Deutschlands tion, in: VN 3/1966, S. 80 ff. staatliche Existenz im Widerstreit politischer und rechtlicher Ge• 27 In der Einführung zu seinem Jahresbericht 1963/64 hatte U Thant sichtspunkte, München 1963; , Der deutsche Staat als angeregt, daß derzeit nicht in New York vertretene Länder instand Rechtsproblem, Berlin 1960; Bieberstein, Zum Problem der völker• gesetzt werden sollten, Kontakte zu der Weltorganisation aufzu• rechtlichen Anerkennung der deutschen Regierungen, Berlin 1959, nehmen, s. Introduction to the Annual Report of the Secretary m. w. N. General on the Work of the Organisation, 16. Juni 1963 — 15. Juni 10 Resolution des Wirtschafts- und Sozialrates vom 9. Dezember 1955; 1964, UN-Doc.A/5801/Add. 1, S. 11; die Haltung zugunsten der DDR wobei zum damaligen Zeitpunkt die UNESCO die einzige Sonder• wurde von den Westmächten heftig angegriffen, vgl. Leichter, organisation war, die zur Aufnahme neuer Mitglieder die Bestäti• Deutsche Belange in der UN berührt, in: VN 1/1965, S. 12 ff. gung durch den Wirtschafts- und Sozialrat brauchte; zur rechtlichen 28 UN-Doc. S/1792 und UN-Doc. A/6283, wobei sich die Noten aller so• Beurteilung auch dieser Entscheidung vgl. Kirsten/Rose/Süß, Das zialistischen Staaten anschlossen, Weißrußland und die Ukraine Prinzip der Universalität erfordert die gleichberechtigte Mitarbeit ihre Stellungnahme jedoch durch die Sowjetunion übermitteln lie• der Deutschen Demokratischen Republik in der ECE, in: Staat und ßen; Bulgarien war zu dem Zeitpunkt, neben der Sowjetunion, das Recht, Berlin (Ost) 1964, S. 126 ff. einzige kommunistische Mitglied des Sicherheitsrates. 11 So Manfred Hättich, Die deutsche Mitarbeit in der UNESCO.in: 29 UN-Doc. S/7184; Einzelheiten bei Leichter, aaO (Anm. 26), S. 84. Europa-Archiv 1955, S. 832; zur DDR-Politik in der UNESCO vgl. die 30 Czempiel, aaO (Anm. 2), S. 121. Memoranden der DDR-Regierung, und zusammenfassend: Günther 31 Besonders deutlich: Herbert Kröger, Das Universalitätsprinzip und Gräfe, 25 Jahre UNESCO, in: UNO-Bilanz 1970/71, Berlin (Ost) 1971. die Wirksamkeit der UNO, in: UNO-Bilanz 1970/71, S. 18 ff. — Me• 12 Czempiel, aaO (Anm. 2), S. 160 ff. morandum des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der 13 Resolution des Wirtschafts- und Sozialrates vom 28. März 1947; zu Deutschen Demokratischen Republik zum Antrag auf Mitgliedschaft Gründung und Entwicklung der Tätigkeiten vgl. Economic Com• in der Organisation der Vereinten Nationen vom März 1966, UN- mission for Europe, Compendium of Resolutions and Decisions Doc.A/6283; vgl. Dokumente, aaO (Anm. 8), 1966, S. 650; Text auch in: 1947—1964; United Nations 1965, E/ECE/574. VN 3/1966, S. 86 ff. 14 Vgl. Vladimir Velebit, Wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa 32 Memorandum, Dokumente, aaO (Anm. 31), S. 641. durch die ECE, in: VN 3/1967, S. 69 f. 33 Memorandum, Dokumente, aaO (Anm. 31), S. 642. 15 Czempiel, aaO (Anm. 2), S. 162. 34 Memorandum, Dokumente, aaO (Anm. 31), S. 643. 16 Resolution des Wirtschafts- und Sozialrates vom 15. Dezember 1955, 35 Memorandum, Dokumente, aaO (Anm. 31), S. 644. die die Grundlage der Entscheidung der ECE im Februar 1956 bil• 36 Memorandum, Dokumente, aaO (Anm. 31), S. 650, Telegramm des dete. Stellvertreters des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten der 17 Dokumente, aaO (Anm. 8), S. 303 ff. Deutschen Demokratischen Republik an den Vorsitzenden des Son• 18 Dokumente, aaO (Anm. 8), Band III, S. 281, wobei Art. 1 des Ver• derausschusses der Vereinten Nationen über den Stand der Ver• trages ausdrücklich bestimmt: »Die vertragsschließenden Seiten be• wirklichung der Deklaration über die Gewährung der Unabhängig• stätigen feierlich, daß die Beziehungen zwischen ihnen auf völliger keit an die kolonialen Länder und Völker vom 7. April 1966, in: Gleichberechtigung, gegenseitiger Achtung der Souveränität und Dokumente, aaO (Anm. 31), S. 672. der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten beruhen.« 37 Schreiben des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten der DDR 19 Zur Mitarbeit der DDR in der ECE vgl. Gerda Zemann, Die Mit• an den Generalsekretär der Vereinten Nationen vom 10. Januar 1966, arbeit der DDR in der Europäischen Wirtschaftskommission der UN, Erklärung der Regierung der DDR zur Deklaration der XX. Voll• In: Deutsche Außenpolitik, 1957, S. 56 ff.; Günter Hinkel, 25 Jahre versammlung der Vereinten Nationen über die Unzulässigkeit der Wirtschaftskommission der UNO für Europa, in: UNO-Bilanz 1971/72, Einmischung in innere Angelegenheiten . . ., in: Dokumente, aaO S. 85 ff. (Anm. 31), S. 622 ff.; S. 624 ff.

Die Sitzungsräume der bei• den wichtigsten Hauptorga• ne der UNO, Generalver• sammlung und Sicherheits• rat, sind mit den Errungen• schaften der modernen Nach• richtenübermittlung ausge• stattet. Hier sehen wir die ZDF-Korrespondentin Inge• borg Wurster, wie sie in den Sendekabinen einen Kommentar über die gerade stattfindende Behandlnug der deutschen Aufnahmeanträge im Sicherheitsrat am 21. (und 22.) Juni via Satellit nach der Bundesrepublik spricht. Hinter Frau Wurster das Hufeisenrund des Ratsti• sches.

Vereinte Nationen 4/73 125 38 Memorandum des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten 46 Vgl. Elfriede Krüger, Der Antrag der »Deutschen Demokratischen der DDR vom August 1966 zum Antrag der Deutschen Demokrati• Republik< auf Aufnahme in die Weltgesundheitsorganisation, in: schen Republik auf Aufnahme in die Organisation der Vereinten VN 4/1968, S. 117. Nationen, UN-Doc. S/7508; zit. nach Dokumente, aaO (Anm. 8), 47 Wobei sich die Sowjetunion nicht unter den Einbringern des Re• Band XIV, 1. Halbband, S. 684. solutionsentwurfes befand. 39 Vgl. Herbert Haschke und Siegfried Zachmann, Die Stellung der 48 Stellungnahme des Sprechers der Bundesregierung, Ministerial• Deutschen Demokratischen Republik im Weltpostverein, in: Deut• direktor Dr. Paul Frank vom Auswärtigen Amt, zum Aufnahme• sche Außenpolitik, 1958, S. 579 ff.; Harald Rose und Herbert Haschke, antrag der Deutschen Demokratischen Republik am 9. Mai 1968, Die Deutsche Demokratische Republik ist Mitglied im Weltpost• Text in: VN 4/1968, S. 118. verein, in: Deutsche Außenpolitik, 1959, S. 759 ff. Die belgische Re• 49 Vgl. Erklärung der DDR zum Antrag auf Mitgliedschaft in der gierung als Depositarstaat hatte den Antrag der DDR, obwohl WHO vom 23. April 1970, in: Dokumente, aaO (Anm. 8), Band XVIII, früher eingereicht als der der Bundesrepublik, nicht weitergeleitet, 2. Halbband, S. 998 ff. wodurch die Bundesrepublik Deutschland den Platz >Deutschland< 50 Antrag und Begründung in: Dokumente, aaO (Anm. 8), Band XVIII, im Weltpostverein einnahm; eine »offizielle! Aufnahme erfolgte 2. Halbband, S. 997 ff. dann (nochmals) im Jahre 1972. 51 Erklärung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Deutschen Demokratischen Republik zum Antrag der Deutschen De• 40 Vgl. Haschke-Zachmann, aaO (Anm. 39), wobei die DDR 30 vH, die mokratischen Republik auf Mitgliedschaft in der Weltgesundheits• Bundesrepublik 70 vH des Gesamtbeitrages für Deutschland zahlte. organisation vom 15. Mai 1970, in: Dokumente, aaO (Anm. 8), S. 1006. 41 Vgl. neben dem Wortlaut der Texte, Telegramme und Memoranden, 52 Regierungserklärung von Bundeskanzler Willy Brandt vom 28. Ok• in: Dokumente, aaO (Anm. 8), Band XIV—XVIII, die Zusamme- tober 1969, in: Protokoll der 5. Sitzung des Deutschen Bundestages fassungen von Klaus-Dieter Ernst, die XXIII. UNO-Vollversamm• vom 28. Oktober 1969. lung und die Abrüstung, in UNO-Bilanz 1968/69, Berlin (Ost) 1969, 53 Text in: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundes• S. 53 f.; Peter Alfons Steiniger, Internationale Sicherheit — Schlüs• regierung, Nr. 28 vom 27. Februar 1970, S. 281 ff. selfrage der XXIV. UNO-Vollversammlung, in: UNO-Bilanz 1969/70, 54 Aufnahmeantrag vom 17. März 1970, vgl. Anm. 50. Berlin (Ost) 1970, S. 9 ff.; ders., Das Programm der Vereinten Natio• 55 Schreiben des Außenministers der DDR, Otto Winzer, an den Prä• nen zur Stärkung der internationalen Sicherheit, in: UNO-Bilanz sidenten der XXV. Plenartagung der Wirtschaftskommission der 1970/71, Berlin (Ost) 1971, S. 8 ff. Vereinten Nationen für Europa vom 14. April 1970 s. E/ECE XXV/ 42 Einen guten Überblick gibt Werner Titel, Umwelt-Resolution der Misc. 1; deutscher Text, in: Dokumente, aaO (Anm. 31), 1970, S. 1007. UNO und sozialistische Landeskultur der Deutschen Demokrati• 56 Antrag der Regierung der DDR auf Mitgliedschaft in der UNESCO schen Republik, in: UNO-Bilanz 1969/70, S. 150 ff.; ders., Probleme vom 5. August 1970 mit ausführlichem Memorandum, in: Doku• des Umweltschutzes und die Vereinten Nationen, in: UNO-Bilanz mente, aaO (Anm. 31), 1970, S. 990 ff.; Memorandum auch Dokument 1970/71, S. 101 ff.; Gerd Höhne und Lothar Bader, Umweltschutz er• Nr. 85 EX/INF/2. fordert gleichberechtigte Zusammenarbeit aller Staaten, in: UNO- 57 Text auch in: Die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Bun• Bilanz 1971/72, S. 57, wo auch die Isolation der DDR anläßlich der desrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Re• Stockholmer Konferenz heftig kritisiert wird. publik, Hrsg. Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen, Bonn 43 Zusammenfassend Hartwig Busse, 25 Jahre Organisation der Ver• 1973, S. 50. einten Nationen — 25 Jahre Kampf gegen den Kolonialismus, in: 58 Zit. nach Die Entwicklung der Beziehungen, aaO (Anm. 57), S. 61. UNO-Bilanz 1969/70, Berlin (Ost) 1970, S. 47 ff.; Wolfgang Spröte, 59 Grundsätzliche Ausführungen von Bundeskanzler Willy Brandt Die Internationale Entwicklungsdekade der UNO und die Vor• anläßlich des Erfurter Treffens vom 19. März 1971, zit. nach: Die schläge der sozialistischen Staaten, in: UNO-Bilanz 1970/71, S. 59 ff., Entwicklung der Beziehungen, aaO (Anm. 57), S. 63 ff. m. w. N. 60 Die Entwicklung der Beziehungen, aaO (Anm. 57), S. 65. 44 Vgl. E. Moldt, Die Außenpolitik der Deutschen Demokratischen 61 Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Republik und die Mitgliedschaft in den Weltorganisationen, in: Nr. 70 vom 22. März 1970; Die Entwicklung der Beziehungen, aaO Neues Deutschland vom 8. Juli 1971; Harald Rose, Die Mitarbeit der (Anm. 57), S. 72. Deutschen Demokratischen Republik in internationalen Organisa• 62 Bulletin, aaO (Anm. 61), Nr. 155 vom 8. November 1972; Text auch, tionen, in: Zur Außenpolitik der Deutschen Demokratischen Re• in: Die Entwicklung der Beziehungen, aaO (Anm. 57), S. 129 ff. publik (Ost) 1964, S. 176 ff. 63 Bulletin, aaO (Anm. 61), Nr. 156 vom 10. November 1972; Die Ent• 45 Antrag der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik auf wicklung der Beziehungen, aaO (Anm. 57), S. 128. Mitgliedschaft in der Weltgesundheitsorganisation, in: Dokumente, 64 Ähnlich auch Hanns Heinz Holz, BRD und DDR in die UNO, in: aaO (Anm. 8), Band XVI, 2. Halbband. Blätter für deutsche und internationale Politik, 1970, S. 798.

Die Bundesrepublik Deutschland und die Sudafrika-Debatten in der UNO

unter besonderer Berücksichtigung der Rolle derOAU DR. KLAUS FRHR.VON DER ROPP Die Apartheid-Politik der Republik Südafrika in ihrer gegen•dem Einfluß von 41 afrikanischen VN-Mitgliedern, das Gegen• wärtigen Form zählt zu den besonderen Mißständen unsererteil de r Fall sein. Denn nach Auffassung dieser 41, in der Zeit. Das gilt vor allem für die sogenannte Kleine Apartheid, Organisation für Afrikanische Einheit (OAE, gebräuchlicher: durch die die nichtweiße Mehrheit der Bevölkerung imOAU All•) zusammengeschlossenen und dort sehr weitgehend mit tagsleben, besonders am Arbeitsplatz, in peinlicher Weise ge• einer Stimme sprechenden Staaten haben die VN nicht nur demütigt wird. Andererseits haben die westlichen Industrie•die Funktion eines Diskussionsforums sondern darüber hin• nationen, darunter die Bundesrepublik Deutschland, inten• aus die eines aktiven Mitstreiters zur Eeseitigung der weißen sive politische und wirtschaftliche Beziehungen zu Südafrika,Minderheitssystem e im Süden Afrikas2. Noch viel stärker als deren Abbruch die meisten Mitgliedstaaten der UNO fordern, bisher schon wird die BRD nach ihrem Beitritt zu den VN damit Südafrika seine Politik der Apartheid aufgibt. Dervo r dem Dilemma stehen, einerseits - entgegen allen immer nachstehende Beitrag soll ein Beispiel dafür sein, welche Pro• wieder vorgebrachten Forderungen der OAU-Länder und an• bleme auf die Bundesrepublik Deutschland zukommen, wenn ders als etwa die DDR - eine Vielzahl offener Kontakte insbe• sie in Kürze Mitglied der Vereinten Nationen sein wird und sondere zu Süd- und Südwestafrika/Namibia zu unterhalten Stellung beziehen muß. - Der Autor kennt die Verhältnisseun d andererseits um die Erhaltung ihrer im übrigen problem• in Afrika aus jahrelanger eigener Anschauung; er ist Refe• freien und durchaus guten Beziehungen zu nahezu allen OAU- rent bei der Stiftung >Wissenschaft und Politik* in Eben• Staaten bemüht zu sein. hausen. II. Zur südafrikanischen Rassenpolitik I. Vorbemerkungen Nur wenige Problemkreise haben Vollversammlung und Si• Die alljährlichen Debatten der VN zu südafrikanischen Fra• cherheitsrat der Vereinten Nationen in den zurückliegenden gen wurzeln vor allem in der Weigerung Pretorias, seine 25 Jahren so intensiv beschäftigt wie die Frage nach dem unbestreitbare diskriminierende Rassenpolitik zugunsten künftigen politischen und rechtlichen Status des ehemals eines Systems vollständiger Integration im sozialen, wirt• deutschen Protektorates Südwestafrika, im Sprachgebrauch schaftlichen und politischen Bereich aufzugeben (>one-man- der Vereinten Nationen (VN) >Namibia< genannt1, und die one-vote<) und so seine sich aus dem Vorhandensein einer südafrikanische Rassenpolitik. Zur Zeit fehlt jeder Anhalts• ausgesprochen heterogenen Bevölkerung ergebenden, zwei• punkt dafür, daß sich die Interessen der angesprochenen VN- felsfrei einzigartigen Probleme einer radikalen Lösung zuzu• Organe verlagern werden. Eher dürfte, nicht zuletzt unter führen.

126 Vereinte Nationen 4/73 Alle bisherigen Regierungen des 1910 unabhängig gewordenen aller Art so überaus reichen hochindustrialisierten weißen südafrikanischen Staates haben sich - mit wohl nahezu ein• Teilen des Landes - praktisch keine Industrien; die Masse der mütiger Zustimmung der (erst seit einigen Jahrzehnten aus• heute hier ansässigen etwa acht Millionen schwarzen Süd• schließlich weißen) Wählerschaft - konsequent geweigert, in afrikaner (d. s. knapp 50 vH der schwarzen Gesamtbevölke• Südafrika eine rassenblinde, integrierte Gesellschaftsordnung rung des Landes) lebt, wie auch die übergroße Mehrheit der zu schaffen. Zur Begründung dieser Haltung wurde und wird Bürger der schwarzen Staaten Afrikas, in einem System der darauf verwiesen, daß die Bevölkerung Südafrikas hetero• bloßen Bedarfdeckungswirtschaft. Vollauf zu recht werden gener sei als die irgendeines anderen Landes, daß sich die die >Bantustans< in ihren heutigen Strukturen als >cheap einzelnen Bevölkerungsgruppen in einer Fülle kultureller, labour reservoirs< für das weiße Südafrika bezeichnet. sozialer und ethnischer Aspekte sowie vor allem auch vom Die wirtschaftliche Unterentwicklung der >Bantustans< sowie wirtschaftlichen Entwicklungsniveau her unterschieden. In der Bedarf der weißen Industrien an Arbeitskräften führen diesem Zusammenhang verdient besondere Beachtung, daß, dazu, daß über die Hälfte der schwarzen Südafrikaner - auf• wenn auch in einem ganz anderen Zusammenhang, kein ge• grund der südafrikanischen Rechtsordnung nur teilweise mit ringerer als der tansanianische Staatspräsident Nyerere, viel• ihren Familien und großenteils nur für die Dauer ihrer akti• leicht der erbitterste afrikanische Gegner der südafrikanischen ven Teilnahme am Erwerbsleben - gemeinsam mit den Wei• Rassenpolitik, auf das so unterschiedliche Demokratiever• ßen, den Coloureds und den Indern im >weißen< Teil Süd• ständnis von Afrikanern und Europäern (hier gleich weiße afrikas leben. Hier sind sie, in noch stärkerem Maße als die Südafrikaner) verweist3. Der diskriminierende Charakter der Coloureds und die Inder (die Bereitschaft der letzteren zur Rassenpolitik aller bisherigen südafrikanischen Regierungen Teilnahme an einer integrierten Gesellschaftsordnung dürfte zeigt sich u. a. darin, daß immer nur die weißen Bürger des besonders heute als ausgesprochen gering zu veranschlagen Landes die vollen Bürgerrechte im politischen Bereich gehabt sein), im Arbeits- und sozialen Leben dem System der kleinen haben, obwohl diese (heute) nur noch 17 vH der Gesamtbe• Apartheid unterworfen. Von diesem hat selbst ein Mann wie völkerung4 ausmachen. Den Vertretern der übrigen Bevölke• Wilhelm Röpke, der den unbestreitbar unendlich schwierigen rungsgruppen (70 vH Schwarze, 10 vH Coloureds, d. s. vor Rassenproblemen Südafrikas ein Höchstmaß an Verständnis allem Mischlinge euro-malaiischen Ursprungs, und 3 vH In• entgegen brachte, gesagt: »Dies ist die - oft demütigende, der) wurde und wird im Grunde bis heute kaum mehr als kleinliche und erbitternde - Zurücksetzung der Schwarzen ein Recht auf Konsultation und häufig nicht einmal dieses innerhalb der weißen Siedlungsgebiete«7. Vor allem durch die zugestanden; nennenswerte Eigen Verantwortung wurde ihnen, oft krasse Diskriminierung am Arbeitsplatz wird hier wahr• sieht man von einigen Ausnahmen ab, nie eingeräumt. scheinlich mehr Verbitterung geschaffen als durch die Auf• rechterhaltung der bestehenden politischen Vormundschaft. 1. Das System der Apartheid Seit dem Wahlsieg der heute noch weitgehend unangefochten 2. Alternativvorstellungen weißer Gruppen regierenden Nationalist Party im Jahre 1948 wird die südafri• Die mit Abstand größte weiße Oppositionspartei (multirassi• kanische Rassenpolitik durch das ausschließlich von weißen sche Parteien gibt es in Südafrika kraft Gesetzes seit Ende Südafrikanern konzipierte System der >Apartheid< oder, wie der 60er Jahre nicht mehr), die United Party8, widersetzt sich sie heute offiziell heißt, durch die >Politik der getrennten Ent- der Politik der Apartheid und propagiert statt dessen ihr wicklung< geprägt. Nach Auffassung ihrer sehr zahlreichen Konzept einer >Race Federations Dies zielt auf die Erhaltung (weißen) Befürworter kann nur so verhindert werden, daß es der Integrität des heutigen südafrikanischen Territoriums auch in Südafrika, wie bereits in anderen Ländern, die gleich• (einschließlich Südwestafrikas/Namibias) ab, m. a. W. sowohl falls über eine heterogene Bevölkerung verfügen (etwa Zypern, die Schaffung eigener Staaten für die Coloureds als auch für USA, Jugoslawien, Malaysia, ein Großteil der schwarzafrika• die Inder im Staat der Weißen als auch die vorgesehene Ent• nischen Staaten), geschehen, zu vielleicht unüberwindlichen lassung der >Bantu-Heimatländer< in die Unabhängigkeit wer• inter-kommunautären Spannungen kommt. den abgelehnt. Selbstverwaltungsbefugnisse sollen den drei Zu unterscheiden sind bei der heutigen Rassenpolitik die nicht-weißen Bevölkerungsgruppen (d. s., wie bereits erwähnt, >große< (groot) und die >kleine< (klein) Apartheid. Die große8 3 vH der Gesamtbevölkerung) im Grunde nur auf der unteren Apartheid sieht vor, daß in dem Staat der Weißen, ohne von staatlichen Ebene eingeräumt werden. Ihre Mitwirkung in den diesem territorial abgegrenzt zu sein, je ein mit nur sehr zentralen politischen Organen des Landes wird nicht mehr begrenzter Autonomie ausgestatteter Staat der Coloureds bzw. als eine symbolische Bedeutung haben9. Die United Party der Inder entstehen soll5. Außerdem sollen die heute bereits hofft die zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen auf dem Gebiet der Republik Südafrika bestehenden acht heute zweifelsfrei vorhandenen starken Spannungen dadurch >Bantu-Heimatländer<, das sind die den schwarzen Südafri• abbauen zu können, daß sie auf das unselige Konzept der kanern belassenen Siedlungsgebiete, politisch und administra• kleinen Apartheid weitgehend verzichtet. Das gilt auch für die tiv und soweit als möglich auch wirtschaftlich aus dieser aus• oft hanebüchenen Diskriminierungen vor allem schwarzer Ar• gegliedert und als selbständige Staaten in die Unabhängigkeit beitskräfte am Arbeitsplatz. Bei Beurteilung der Erfolgsaus• entlassen werden. sichten einer solchen Politik wird allerdings auch zu berück• In der Praxis bietet die große Apartheid heute, d. h. 25 Jahre sichtigen sein, daß alle diese Diskriminierungen in ihrer Ent• nach ihrer Institutionalisierung, folgendes Bild: die Funktio• stehungsgeschichte in frühere Jahrhunderte zurückreichen. nen des Staates der Coloureds und noch mehr desjenigen der Einzig die von Colin Eglin und der brillanten Parlamentsab• Inder sind nach wie vor minimal. In den >Bantu-Heimat- geordneten (der einzigen dieser Partei) Helen Suzman ge• ländern< oder >Bantustans< werden in zunehmendem Maße führte Progressive Party, heute der Hort liberaler Südafri• eigene Verwaltungen und politische Institutionen aufgebaut. kaner10, verfolgt ein auf vollständige Integration angelegtes Jede Entwicklung der >Bantustans<, die insgesamt nur 13,5 vH rassenpolitisches Konzept11. Diese Partei, die in den mehr als der Fläche Südafrikas, allerdings einen sehr viel höheren Pro• zehn Jahren ihres Bestehens nie mehr als 4vH der Wähler• zentsatz der landwirtschaftlich nutzbaren Gesamtfläche des stimmen gewonnen hat und deren Mitglieder und Sympathi• Landes umfassen, wird entscheidend durch ihre nahezu un• santen im (weißen) Südafrika weitgehend die Stellung von vorstellbare territoriale Zerrissenheit behindert6. Jeder der Außenseitern einnehmen, ist bestrebt, die Rassenprobleme zukünftigen unabhängigen schwarzen Staaten besteht im Südafrikas anhand eines langfristigen, graduellen, an Ausbil- Durchschnitt aus dreißig Landstrichen, die voneinander durch dungs- und Vermögens- bzw. Einkommenskriterien orientier• >weiße< Gebiete getrennt sind. Ferner befinden sich bis heute ten Integrationsprozesses zu lösen. in den >Bantustans< - anders als in den an Bodenschätzen In den letzten Jahren ist jedoch zunehmend zweifelhaft ge• vereinte Nationen 4/73 127 worden, ob das unter Zugrundelegung der Maßstäbe des wei• gruppen immer rundweg abgelehnt worden. Andererseits ßen Südafrikas radikal-liberale Konzept der Progressive Party spricht, und das wird von ausländischen Südafrika-Kritikern jemals wird verwirklicht werden können. So hat es z. B. die nur allzu oft übersehen, trotz der überall unter den südafri• (schwarze) South African Students Organisation (SASO)12 seit kanischen Coloureds feststellbaren Bewegung eines >re- Anfang der 70er Jahre immer wieder abgelehnt, weiter Kon• treatism<16 (aus der trotz Apartheid verbliebenen Gemeinsam• takte zu der (weißen) National Union of South African Stu• keit mit den Weißen) praktisch nichts dafür, daß es in ab• dents (NUSAS)13, deren Mitglieder der Progressive Party sehbarer Zeit zu einer dauerhaften, gegen die Weißen gerich• nahestehen oder links von ihr einzuordnen sind, zu unter• teten Allianz zwischen >brown power< und >black power< halten. Auch der Selbstauflösungsbeschluß des in unversöhn• kommen könnte. Wie erinnerlich haben die Coloureds auch in licher Opposition zu der gegenwärtigen Rassenpolitik stehen• der Mitte der fünfziger Jahre gebildeten und schon ein Jahr• den, multirassischen, bisher der Progressive Party verbunde• fünft später zerfallenen Congress Alliance, die vor allem von nen University Christian Movement im Juli 1972 (»its black dem seinerzeit von Mahatma Gandhi gegründeten South Afri• members no longer believed that multi-racialism is a viable can Indian Congress und dem von Nobelpreisträger Albert strategy to bring about real change«14) zeigt, daß die auch in Luthuli geführten African National Congress (of South Afri• Südafrika sehr deutlich spürbare Entwicklung eines >black ca) getragen wurde, kaum eine Rolle gespielt. Mag sich diese consciousness< der Verwirklichung der Vorstellungen der libe• Haltung der Coloureds schon aus ihrer Geschichte ergeben, ralen Südafrikaner aller vier Bevölkerungsgruppen zuwider• so wird sich diese Einstellung durch die bereits erfolgte oder läuft. aber für die nächsten Jahre bevorstehende Vertreibung aller Größere Bedeutung als der an multirassischen Idealen orien• Inder, welche Staatsangehörigkeit auch immer sie haben tierten Progressive Party kommt heute wahrscheinlich dem mögen, aus allen Südafrika im weiteren Sinne benachbarten >verligte< (aufgeklärten) Flügel der Regierungspartei, der Na• Staaten Ost- und Zentralafrikas verstärkt haben. Auch für tionalist Party, zu; ihm stehen auch Mitglieder anderer poli• die Coloureds dürfte das gelten, was selbst eine so radikal• tischer Gruppen wie der Schattenaußenminister der United kritische indienstämmige Südafrikanerin wie Fatima Meer Party, Japie Basson, nahe. Diese Gruppierung, die vornehm• für die südafrikanischen Inder feststellte: »He has today lich von af rikaansen (burischen) Hochschullehrern an den Uni• reached a point where he considers Afrikaner17 nationalism, versitäten von Pochefstroom, Stellenbosch und Pretoria und which he knows, to be preferable to African nationalism, the einflußreichen Mitgliedern von zwei der drei burischen Kir• only apparent alternative, which he does not know, and about chen sowie etlichen afrikaansen Unternehmern getragen wird which he hears gruesome stories.«18 Diese Feststellung wurde und die, auch in der Parlamentsfraktion der Nationalist Party, getroffen, bevor die Vertreibung der Inder aus dem schwarzen obwohl gerade hier nur eine kleine Minderheit, über durch• Afrika mit deren Exodus aus Uganda nach entsprechenden aus einflußreiche Anhänger verfügt, will an der Politik der Geschehnissen auf den Inseln Sansibar und Pemba einen getrennten Entwicklung zwar festhalten, diese jedoch grund• zweiten und wiederum gewiß nur vorläufigen Höhepunkt er• legend modifizieren15. Sie strebt u. a. die unbedingt notwendige reichte. großzügige geographische Konsolidierung der >Bantu-Heimat- länder< sowie deren absolut erforderliche rasche wirtschaft• 4. Positionen schwarzer Südafrikaner liche Erschließung auf Kosten der weißen Zonen Südafrikas an. Für die Coloureds und möglicherweise auch für die Inder Die Haltung der beiden seit Anfang der sechziger Jahre in propagieren sie eine weitgehende Integration im wirtschaft• Südafrika verbotenen militanten schwarzen Widerstands• lichen und politischen Bereich der nach Ausgliederung der gruppen African National Congress (of South Africa) und des >Bantu-Heimatländer< verbleibenden Rest-Republik Südafri• rassistischen Pan Africanist Congress of Azania (PAC)19 deckt ka. Schließlich soll das unselige, im Denken der weißen Süd• sich, soweit ersichtlich, ganz mit der der Organisation for afrikaner (und vielleicht auch sehr vieler Coloureds und Inder) African Unity (OAU). Beide Organisationen, vor allem wohl so tief verwurzelte System der kleinen Apartheid zumindest der PAC, dürften, obwohl sie allem Anschein nach in Süd• abgebaut werden. Auf diese Weise würde das Leben der afrika selbst auch im Untergrund nicht mehr existieren, etwa schwarzen Südafrikaner, die aufgrund der bestehenden wirt• unter den Studenten an den schwarzen Universitäten Süd• schaftlichen Verflechtung der vier Bevölkerungsgruppen auch afrikas (Turfloop, Fort Hare und Ngoya) nach wie vor über weiterhin in der (Rest-)Republik Südafrika leben werden, sehr recht viele Sympathisanten verfügen, wenn auch die Zahl viel erträglicher gestaltet werden. ihrer Anhänger in der letzten Zeit doch stark zurückgegangen zu sein scheint. Hier ist nur anzumerken, daß African National 3. Vorstellungen der Coloureds und Inder Congress wie auch Pan Africanist Congress of Azania kom• promißlos die sofortige Schaffung einer voll integrierten Ge• Anders als die indienstämmigen Südafrikaner waren die Co• sellschaftsordnung (>one-man-one-vote<) fordern. Daß eine loureds nie ein Zentrum des Widerstandes gegen die weißen solche Entwicklung mit an Sicherheit grenzender Wahrschein• Herrschaftsstrukturen des Landes. Die Coloureds, eine selbst lichkeit über kurz oder lang zur Vertreibung der Masse der für südafrikanische Verhältnisse in sich sehr heterogene Weißen, der Coloureds und der Inder aus Südafrika führen Gruppe, deren Mitglieder außer von Hottentotten vor allem würde, wird von beiden Organisationen, insbesondere dem von Europäern und von ursprünglich in dem heutigen Indo• PAC, gesehen und zumindest in Kauf genommen, wenn nicht nesien beheimateten Malaien abstammen, waren bis 1948, an• gar angestrebt. ders als die schwarzen Südafrikaner und die Inder, in sehr In den zurückliegenden Jahren hat sich innerhalb der >Bantu- beachtlichem Maße in das kulturelle, wirtschaftliche und poli• Heimatländer< eine neue schwarze Führungselite herausge• tische Leben der Weißen integriert. Von daher empfinden sie bildet, die, anders als die aus dem Exil vor allem in Dar-es- die ihnen von diesen seit 1948 stärker denn je zuvor aufge• Salaam und Lusaka heraus agierenden African National Con• zwungene Separierung noch mehr als die Angehörigen anderer gress und Pan Africanist Congress, gezwungen und deshalb Bevölkerungsgruppen als Übel. Die ihnen von den Weißen willens ist, partiell mit den Behörden in Pretoria zusammen• zugewiesene Rolle (Staat der Coloureds im Staat der Weißen) zuarbeiten. Ihnen kommt heute um so mehr Bedeutung zu, als ist von keiner nennenswerten politischen Gruppe der Colou• die in acht Hauptethnien aufgeteilte schwarze Bevölkerung reds jemals als dauerhafte Lösung akzeptiert worden. Wäh• Südafrikas über eine einheitliche nationale politische Partei rend die gemäßigten Coloureds ihren gegenwärtigen Status nicht mehr verfügt. Hervorragendster Vertreter dieser Gruppe als Durchgangsstadium betrachten, ist dieser von allen übri• ist der seit etwa drei Jahren amtierende Chief Executive gen politisch interessierten Vertretern dieser Bevölkerungs• Councillor von KwaZulu, einem der acht in Südafrika (aus-

128 Vereinte Nationen 4/73 schließlich Südwestafrika/Namibia) gelegenen »Bantu-Heimat- Weißen - vor allem um die wirtschaftliche und geographische länder«, Gatsha Buthelezi. Als Sympathisant der früheren Konsolidierung der in die Unabhängigkeit zu entlassenden, (links von der Progressive Party stehenden) Liberal Party, als nach Auffassung Buthelezis zuvor zu einem föderativen, zu• enger persönlicher Freund Alan Patons, einem der unversön- mindest aber konföderativen Verband zusammenzuschließen• lichsten weißen Gegner der Apartheid, der gleichwohl aber den >Bantu-Heimatländer<. Ferner fordert auch er den Ver• Buthelezi zur Übernahme seines jetzigen Amtes riet, als eine zicht auf die kleine Apartheid, einschließlich der zahllosen Persönlichkeit, die nach wie vor vorzügliche Kontakte zu der Diskriminierungen am Arbeitsplatz im >weißen< Südafrika. Progressive Party unterhält, stand Buthelezi nie auch nur im Buthelezi kommt heute, unter den Führern der übrigen >Ban- Verdacht, eine Marionette der Weißen zu sein. Selbst >Secha- tu-Heimatländer< die so wichtige Funktion eines »moteur poli• ba<, das offizielle Organ des in Südafrika, wie erwähnt, ver• tique! zu. In zunehmendem Maße sind diese ihm in den zu• botenen African National Congress, nannte ihn, nachdem er rückliegenden Jahren gefolgt; sie kritisieren heute die Rassen• seine jetzige Position bereits übernommen hatte, »a man of politik der südafrikanischen Regierung mit einer bisher ge• the people, an African patriot«20. Nach wie vor ist Buthelezi rade bei ihnen nicht gekannten Schärfe und fordern die süd• als exponierter Gegner der gegenwärtigen Politik der Apart• afrikanischen Offiziellen Tag für Tag heraus. Besondere Er• heid anzusehen21; sein Amt hat er offensichtlich nur angenom• wähnung verdienen hier derzeit Huddy Ntsanwisi (Mashaga• men, um sich eine legal platform für seine Aktionen zu ver• na)23, Kaiser Mantanzima (Transkei)24, Lucas Mangope (Bop- schaffen. Buthelezi ist heute bereit, mit Pretoria so weit wie huthaswana)25 und G. Mabandla (Ciskei). unbedingt erforderlich zusammenzuarbeiten, da er, anders Pretoria kann diese von den Politikern angeführte Bewegung als der African National Congress, der Pan Africanist Con• nicht mehr mundtot machen und ihre Forderungen nicht mehr gress sowie die OAU, sieht, daß die heutigen südafrikanischen ignorieren; es muß sich, mag dies aufgrund der so ablehnen• Machtverhältnisse aller Wahrscheinlichkeit nach um etliches den Haltung der übergroßen Mehrheit der weißen Bürger des stabiler sind als vielfach angenommen. Landes auch nur sehr langsam und widerwillig geschehen, Will man den Versuch unternehmen, das politische Programm auf einen Dialog mit ihnen einlassen28, will es nicht seine Buthelezis und seiner Mitstreiter, die sich in wachsender, be• letzte Chance, mit dem übrigen Afrika zu einem Interessen• reits heute sehr großer Zahl auch unter den schwarzen Be• ausgleich zu kommen und damit sein Verhältnis zu den Staa• wohnern der >weißen< Städte Südafrikas finden, durch ein ten der westlichen Welt von einer sehr schweren Hypothek Schlagwort zu demonstrieren, so müßte dies etwa »-Forderung zu befreien, einbüßen. Dies gilt umso mehr, als es insbe• nach Abschaffung des bestehenden Herr-Knecht-Verhältnisses sondere Buthelezi selbst nicht nur gelungen ist, u. a. zu Ver• in Südafrika< lauten; auf dieser Linie liegt auch seine immer antwortlichen der Bundesrepublik Deutschland, Großbritanni• wieder erhobene Forderung nach Schaffung einer >National ens und der USA, sondern (vor allem durch Vermittlung Mala• Convention of the Leaders of all Races in South Africa<22, wis) auch zu offiziellen Vertretern schwarzafrikanischer Län• die gemeinsam über die zukünftigen Geschicke des Landes der gute Kontakte aufzunehmen27. Besondere Erwähnung ver• beraten und wohl auch entscheiden soll. Buthelezi bemüht dienen hier auch jene Gespräche, die Buthelezi 1971 und 1973 sich - seine Vorstellungen decken sich hier, wenn auch mit am Sitz der Vereinten Nationen mit Vertretern aller afrika• Einschränkungen, mit denen der südafrikanischen >verligte< nischen VN-Delegationen mit Ausnahme der Somalias führte28.

% RHODESIEN / I Windhoek 1 I BOTSWANA I MOSAMBIK SÜDWEST AFRIKA I V I Gaberones I Phalaborwa K W Nelsprult \ *S r. 'y .yfi- Johannesburg' BlourentjO Marques •;• r..-f Jf* Vereeniging, Lüderitz /SWASI-I

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ElKroorwfad IIP Indischer Die Apartheid-Politik der O t/' A ^Kimberley Ozean Republik Südafrika zählt zu <- /bMoseru iVadysm.th - den ständigen Arbeitsthemen BJo'emfontein der Vereinten Nationen. Sie V USOTHOj/ \Ai itzburg wird auch zu den Themen gehören, zu denen die Bun• S , desrepublik Deutschland in REPUBLIK SUDAFRIKA der UNO nach ihrem Beitritt REPUBLIK K A f PROVINZ Stellung nehmen muß. Es Atlantischer l Transkei SUDAFRIKA gibt keinen Zweifel, daß die Queenstown? Bundesregierung die Politik der Apartheid als Verletzung Ozean der anerkannten Menschen• Erläuterungen rechte verurteilt. Wie aber Paarl fEast London wird sie sich verhalten, wenn —--— Landesgrenzen die Mehrheit wirtschaftliche Provinzgrenzen und andere Sanktionen wie Port Elizabeth Abbruch der diplomatischen -+•'+• Eisenbahnen Beziehungen verlangt? Man Fluss» kann als sicher annehmen, Hr— Staudamme (vorhanden oder ge- daß die Entscheidungen im geplant) Zusammengehen mit den westlichen Verbündeten, vor Bantu - Homelands allem mit den europäischen, getroffen werden. (Siehe Bei• trag S. 126 ff.)

Vereinte Nationen 4/73 129 Vielleicht wird es Buthelezi und seinen Mitstreitern eines ausgesprochen haben. Erinnert sei an entsprechende Äußerun• Tages gelingen, die OAU und in deren Gefolge auch die VN gen des (schwarzen) Bischofs Zulu während der Utrechter davon zu überzeugen, daß sie und nicht, so die bisherige Weltkirchenratskonferenz von 197 238, an die zahlreichen Be• Praxis beider Organisationen, der African National Congress kundungen des (weißen) Direktors des Christian Institute of und der Pan Africanist Congress die legitimen Sprecher der South Africa, Pastor Beyers-Naude37 sowie des (weißen) Her• schwarzen Südafrikaner sind29. Zur Zeit gibt es dafür aller• ausgebers der linksliberalen Zeitung Rand Daily Mail, Lau• dings, wie nicht zuletzt die kürzliche OAU-Gipfelkonferenz rence Gander38. Schließlich sollte besonders beachtet werden, anläßlich des zehnjährigen Bestehens dieser Organisation ge• daß Gatsha Buthelezi sich immer wieder gegen die Isolierung zeigt hat, noch keine Anzeichen. Manches wird davon abhän• Südafrikas und, sehr entschieden, für eine Nutzung der vor• gen, ob es Kenia gegen den Widerstand vieler anderer OAU- handenen Kontakte zu diesem Land zur Förderung evolutio• Mitglieder gelingt, die Verantwortlichen der >Bantu-Heimat- närer Tendenzen ausgesprochen hat. länder< zu einer der kommenden OAU-Gipfelkonferenzen als Seit einem Jahrzehnt ist die OAU bestrebt, mit allen ihr selbst Beobachter einzuladen30; Pretoria würde, anders als noch vor oder mit ihr hier zusammenarbeitenden Dritten zur Verfü• wenigen Jahren, solche Kontakte wohl nicht zu unterbinden gung stehenden diplomatisch-politischen, wirtschaftlichen und suchen. militärischen Mitteln die Machtverhältnisse im südlichen Afri• ka zu verändern. Der u. a. von dem ivorischen Staatspräsi• in. Zur Haltung mit Südafrika-Fragen denten propagierte Gedanke eines Dialoges39, der, das sei befaßter internationaler Organisationen beiläufig vermerkt, nicht zuletzt an der südafrikanischen Un• 1. Die Haltung der Organisation for African Unity (OAU) nachgiebigkit vorläufig scheiterte, wird als nutzlos abgetan40, gefordert wird in wohl maßloser Überschätzung der eigenen Die Gründer dieser 1963 errichteten Organisation, der heute Kräfte ein >Dialog der Gewehre<41. Nach Auffassung der OAU außer den Republiken Südafrika und Rhodesien alle anderen sind die Probleme auch der Republik Südafrika nur durch die (41) unabhängigen afrikanischen Staaten angehören, sahen Verwirklichung des im >Manifest von Lusaka über das süd• in der Schaffung der OAU den Beginn der >Wiedervereini- liche Afrika<42 niedergelegten Modells zu lösen. Dieses im Mai gung< Afrikas31. Allen entsprechenden Bekundungen gerade 1969 von 13 ost- und zentralafrikanischen Staaten erarbeitete während der kürzlich abgehaltenen Veranstaltungen anläßlich und später von der OAU ausdrücklich gutgeheißene Dokument der zehnten Wiederkehr des Gründungstages zum Trotz ist in sieht die Schaffung einer in allen Bereichen integrierten, auf dieser Hinsicht kaum etwas erreicht worden32. So sind etwa völliger Gleichberechtigung der Angehörigen aller vier Be• die von dem OAU-Ministerrat (Council of Ministers, CM) ver• völkerungsgruppen basierenden Gesellschaftsordnung vor. Die abschiedeten Resolutionen u. a. zur Schaffung eines panafri• sich angesichts der Entwicklung vieler anderer afrikanischer kanischen Oberkommandos (CM/Res. 23, II), einer panafrika• Länder geradezu aufdrängende Frage nach der Praktikabilität nischen Presseagentur (CM/Res. 252, XVII), zur Zusammen• einer solchen idealen Ordnung wird nicht einmal aufgeworfen, arbeit bei der Forschung auf dem Gebiet der friedlichen Nut• geschweige denn diskutiert. zung der Kernenergie (CM/Res. 115, IX), zur Gründung einer panafrikanischen Gewerkschaftsbewegung (CM/Res. 162, XI), 2. Die Haltung der Vereinten Nationen einer allafrikanischen Handelskammer (CM/Res. 192, XIII) Eines der wichtigsten Ziele der OAU ist, auch in den Augen nicht in die Tat umgesetzt worden. Die Wirtschafts- und So• ihrer Gründer, das VN-Abstimmungsverhalten ihrer 41 Mit• zialkommission der OAU, die Kommission für Angelegenhei• gliedstaaten zu koordinieren. Diesem Ziel soll zum einen die ten der Verteidigung, gleichfalls die OAU-Kommission zur regelmäßige Konferenz der OAU-Staats- und Regierungschefs Streitschlichtung haben sich im vergangenen Jahrzehnt als sowie des OAU-Ministerrats und zum anderen die Einrich• nahezu ganz ineffizient erwiesen33. tung von Verbindungsbüros der OAU in New York und in Angesichts dieser Fehlschläge gewinnt die Beschäftigung mit Zukunft auch in Genf dienen. Auch hierin hat die (fast) all• den ungelösten und in den Augen der OAU auch weltpolitisch afrikanische Organisation nur wenig erreicht: denn weder zu höchst relevanten Fragen des südlichen Afrikas, darunter vor der Zypernfrage, zu Problemen der Abrüstung, der Terror• allem der der südafrikanischen Rassenpolitik, für die OAU bekämpfung, der Diskussion um eine Reform der VN-Struk• fast existenzielle Bedeutung34. Denn in der Beurteilung dieser turen noch zu der Diskussion des Nahost-Konfliktes und Fragen stimmen die 41 OAU-Mitglieder, zumindest nach außen anderen im letzten Jahrzehnt in den Vereinten Nationen dis• hin, weitgehend überein. kutierten Fragen hat die OAU eine gemeinsame Stellung• Die Debatten zur Situation im südlichen Afrika (und in Gui• nahme ihrer Mitglieder zustandegebracht. nea-Bissau) nehmen seit 1963 den hervorragendsten Platz bei Ein anderes gilt für die Fragen des südlichen Afrikas. Hier den regelmäßig abgehaltenen Konferenzen der OAU-Regie- ist es der OAU gelungen, in Zusammenarbeit mit einer Viel• rungs- und Staatschefs und des OAU-Ministerrates ein. Im• zahl weiterer VN-Mitglieder der Dritten Welt und der kom• mer wieder wurde u. a. festgestellt, die Lage in Südafrika munistischen Weltmächte sowie deren Verbündeten, dem (wie auch in Südwestafrika/Namibia, Rhodesien/Zimbabwe >neuen< Völkerrecht43 zum Durchbruch zu verhelfen und so und den portugiesischen Territorien) stelle eine >Bedrohung auch den Vereinten Nationen die Rolle eines aktiven Mit• des Weltfriedens< i. S. von Art. 39 VN-Satzung dar, der VN- streiters bei den Bemühungen um einen Sturz der weißen Sicherheitsrat müsse daher Isolierungs- und Zwangsmaßnah• Minderheitsregierungen im südlichen Afrika zu übertragen44. men gemäß Kapitel VII VN-Satzung einleiten. Weiter werden Die hier zuständigen VN-Organe (24-Ausschuß für Kolonialis• regelmäßig alle NATO-Staaten, insbesondere die USA, Frank• mus, Sonderausschuß für Apartheid und Rat für Namibia) reich, Großbritannien und die BRD, bezichtigt, durch Waffen• arbeiten heute nicht nur mit dem in Dar-es-Salaam ansässigen lieferungen, Investitionen und die Aufrechterhaltung des Han• >Befreiungskomitee< der OAU und, über die OAU, mit den delsverkehrs mit der Republik Südafrika die Unterdrückung von dieser als Befreiungsbewegungen« anerkannten Gruppen und Ausbeutung der nichtweißen Südafrikaner zu perpetuie- aus dem südlichen Afrika auf das engste zusammen, sondern ren35. lassen sich darüber hinaus von ihnen bei der Abfassung ihrer Nie hat die OAU (für einzelne ihrer Mitglieder, darunter vor später von der VN-Vollversammlung regelmäßig übernomme• allem Kenia, Malawi und die Elfenbeinküste gilt allerdings nen Resolutionsempfehlungen lenken. So erfährt die VN- etwas anderes) hierbei berücksichtigt, daß gerade solche Süd• Satzung, insbesondere Art. 2 Abs. 7 (Gebot der Nichteinmi• afrikaner, die die heutige Rassenpolitik Pretorias sehr scharf schung in die inneren Angelegenheiten eines Staates) und verurteilen, sich immer wieder im Interesse der unterprivile• Art. 2 Abs. 4 (grundsätzliches Verbot der Gewaltanwendung), gierten Bürger ihres Landes gegen eine Isolierung Südafrikas heute vor allem durch die VN-Vollversammlung, weniger

130 Vereinte Nationen 4/73 durch den VN-Sicherheitsrat, eine Interpretation, die alle Möglichkeiten berauben, auf die Verhältnisse in Südafrika im Maßnahmen Dritter, auch der VN selbst, zum Sturz der Min• Sinne evolutionärer Veränderungen einzuwirken. Eine Iso• derheitsregierungen als legal erscheinen läßt. Besonders deut• lierung Südafrikas, wie OAU und VN sie immer wieder for• lich kommt dies in Resolution Nr. 2621 (XXV) der VN-Voll• dern, würde zumindest für einen absehbaren Zeitraum, wahr• versammlung45 vom 15. Dezember 1970 zum Ausdruck. In ihr scheinlich aber für sehr viel längere Zeit, zu einer Verhärtung heißt es u. a.: der rassenpolitischen Situation Südafrikas führen. »The UN General Assembly declares the further continuation of Oberstes Kriterium der Südafrika-Politik der Bundesrepublik colonialism in all its forms... a crime which constitutes a violation of the Charter of the United Nations. .. Member states Deutschland in den VN sollte das Bestreben sein, einen Bei• shall render all necessary moral and material assistence to the trag zur Beilegung des weltpolitisch durchaus relevanten peoples of colonial territories in their struggle to attain freedom Rassenkonfliktes zu leisten. and independence.* Eine Unterstützung Südafrikas in den VN würde fast zwangs• Noch bedeutsamer ist zweifelsfrei, daß der VN-Sicherheitsrat läufig zu einer sehr weitgehenden Isolierung der Bundesre• während seiner ausschließlich afrikanischen Problemen gewid- publik in den VN und zu einer untragbaren Belastung ihres deten Sitzung von Anfang 1972 in Addis Abeba in seiner Re• Verhältnisses zu den übrigen afrikanischen Staaten führen. solution zu der südafrikanischen Rassenpolitik anerkannte: Außerdem würde eine solche Politik in Südafrika selbst nie• »... the legitimacy of the struggle of the oppressed people of mals reformatorische Bestrebungen mit dem Ziel, einen ge• South Africa in pursuance of their human and political rights rechten Ausgleich zwischen den Interessen der vier Bevölke• .. rungsgruppen zu schaffen, fördern. Denn ohne ganz erheb• Auf dieser Rechtsgrundlage fußen Resolutionen wie jene, die lichen Druck von außen werden selbst solche Reformen, die die VN-Vollversammlung47 (A/Res/2923 C (XXVII)) im Dezem• absolut erforderlich sind, in Südafrika, wenn überhaupt, nur ber 1972 faßte. In dieser heißt es u. a.: sehr, sehr zögernd verwirklicht werden. »... explosive situation in South Africa ... resulting from the Würde sich die Politik der Bundesrepublik Deutschland an• inhuman and aggressive policies of apartheid..., a situation dererseits an den sehr präzisen Vorstellungen der OAU und constituting a threat to international peace and security..., apartheid a crime against humanity. The UN General Assembly der übergroßen Mehrheit der VN-Mitglieder orientieren, so condems the continued and increasing co-operation of certain verschriebe sie sich einem Kurs, der mit an Sicherheit gren• States and foreign economic interests with South Africa.* zender Wahrscheinlichkeit nicht zur Verwirklichung der Süd• In dieser Resolution, der die Delegierten von 100 VN-Mitglie- afrika von OAU und VN aufgegebenen idealen Gesellschafts• dern (bei 4 Gegenstimmen und 21 Stimmenthaltungen) zu• ordnung sondern, im Verlauf langer kriegerischer Ausein• stimmten, werden Isolierungs- und Zwangsmaßnahmen der andersetzungen, zur Vertreibung der weißen, der gemischt• VN gegen Südafrika mit dem Ziel eines Sturzes der Regie• rassigen und der indienstämmigen Südafrikaner aus diesem rung in Pretoria gefordert48. An die Stelle des heutigen Sy• Land und damit zum wirtschaftlichen Chaos führte. stems soll ein solches vollständiger Integration (>one man one Es bleibt der Bundesrepublik Deutschland, im Verein mit vote<) treten; hier machten sich die VN mithin abermals die ihren wichtigsten Verbündeten, der Weg eines flexiblen Ab• Vorstellungen des Manifestes von Lusaka zu eigen4'. Hin• stimmungsverhaltens. Eine solche Politik läuft zum einen gegen hat sich der Sicherheitsrat der VN bisher stets gewei• darauf hinaus, daß sich die Bundesrepublik an der Verurtei• gert, in dem Fortbestehen der gegenwärtigen Herrschafts• lung einwandfreier Unrechtstatbestände (wie etwa der Dis• strukturen in Südafrika eine >Bedrohung des Friedens< i. S. kriminierung am Arbeitsplatz, dem Abschieben erwerbsun• von Art. 39 VN-Satzung zu sehen. Statt dessen stellte er, etwa fähiger, auf ihr neues Leben überhaupt nicht vorbereiteter in seiner Resolution 310 (1972), fest: »... the situation in South schwarzer Südafrikaner aus den >weißen< in die schwarzen Africa seriously disturbs international peace and security Zonen des Landes) einschränkungslos beteiligt. Zum anderen müßte die BRD dann auch in ihrem Abstimmungsverhalten Nicht zuletzt das Abstimmungsverhalten der drei westlichen dem Umstand Rechnung tragen, daß die Vorstellungen der ständigen Mitglieder des VN-Sicherheitsrates hat bisher und OAU von einer voll integrierten Gesellschaftsordnung in Süd• wird mit einiger Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft verhin• afrika wegen seiner so ausgesprochen heterogenen Bevölke• dern, daß radikale Forderungen von OAU und VN-Vollver• rung schlicht unpraktikabel sind, daß aber ein Ausgleich sammlung wie jene nach einem völligen Boykott Südafrikas innerhalb Südafrikas trotz der einer Teilung des Landes ent• zum Tragen kommen51. Das gilt erst recht für die von dem gegenstehenden wirtschaftlichen Integration der verschiedenen OAU-Generalsekretär Nzo Ekangaki während seiner Eröff• Bevölkerungsgruppen auf der Ebene der oben wiedergegebe• nungsrede anläßlich der Feiern zur zehnten Wiederkehr des nen Konzeptionen der >verligte< Weißen sowie Gatsha Buthe- Tages der Gründung der OAU erhobenen Forderung, die VN lezis und seiner Mitstreiter am ehesten denkbar ist. selbst sollten gegen Südafrika mit Waffengewalt vorgehen, Ein solches Abstimmungsverhalten der Bundesrepublik um ihre Vorstellungen in der Südwestafrika/Namibia-Frage Deutschland in den Vereinten Nationen sollte unbedingt durch zu verwirklichen52. solche Maßnahmen ergänzt werden, durch die die Bundes• republik, im Verein mit ihren Verbündeten, alle ihr im wirt• IV. Optionen der Bundesrepublik Deutschland schaftlichen, politischen und diplomatischen Bereich (neben Die Bundesrepublik Deutschland wird bei der Gestaltung außenwirtschaftlichen Kontakten und anderen sind hier zu ihrer Politik zu den hier interessierenden Fragenkomplexen erwähnen das Verhältnis Südafrikas zu den europäischen Ge• u. a. von den folgenden Prämissen auszugehen haben: meinschaften und die Auswanderung Deutscher nach Süd• Der Kurs der OAU wird konstant bleiben. Mit an Sicherheit afrika) zur Verfügung stehenden Mittel nutzt, um im refor• grenzender Wahrscheinlichkeit wird die DDR, innerhalb der VN, matorischen Sinne auf die südafrikanischen Verhältnisse ein• einen völlig OAU-konformen Kurs steuern. Alle Kontakte, die zuwirken. Damit würde die Bundesrepublik einer der wich• die Bundesrepublik Deutschland zu Süd- und Südwestafrika/ tigsten, an ihre Adresse gerichteten Forderungen Gatsha Bu- Namibia unterhält, werden ihr Verhältnis zu der OAU selbst thelezis, dessen überragende Bedeutung für einen innersüd• und zu vielen ihrer Mitglieder, darunter auch solchen des ge• afrikanischen Ausgleich seit einiger Zeit auch von den Ver• mäßigten Lagers, sehr belasten. Diese Belastungen werden antwortlichen der BRD sehr klar gesehen wird, und der mit sich kaum durch eine noch so uneigennützige Entwicklungs• ihm kooperierenden Oppositionellen aller vier südafrikani• hilfepolitik der Bundesrepublik zugunsten der afrikanischen scher Bevölkerungsgruppen entsprechen. Sehr gute Leitlinien Länder kompensieren lassen. Mit einer Verringerung oder gar liefern hier die in dem Manifest der evangelischen Kirche in einem Abbau ihrer Präsenz in Süd- und Südwestafrika/Nami- Deutschland zu dem Thema >Investitionen im südlichen Afri- bia würde sich die BRD der heute durchaus vorhandenen ka< niedergelegten Gedanken53.

Vereinte Nationen 4/73 131 20 Sechaba (Ost-Berlin/London), Febr. 1971, S. 10. Es kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, daß auch eine 21 statt vieler vgl. The Star/Weekly Air Edition (Johannesburg) vom solche Südafrika-Politik der Bundesrepublik Deutschland in• 3. Juli 1971, S. 7. nerhalb und außerhalb der VN sowohl das Verhältnis der 22 The Star/Weekly Air Edition (Johannesburg) vom 28. August 1971, S. 2; ferner Times (London) vom 27. August 1971. Bundesrepublik zu der heutigen südafrikanischen Regierung 23 Neue Zürcher Zeitung (NZZ) vom 22. August 1971. als auch zur OAU und vielen ihrer Mitgliedsländer sehr bela• 24 NZZ vom 2. Juli 1968 (!), S. 5; The Star (Johannesburg) vom 28. Au• gust 1971, S. 12. sten wird. Diese Belastungen scheinen jedoch unvermeidbar 25 The Star/Weekly Air Edition (Johannesburg) vom 14. April 1973, zu sein, will die Bundesrepublik Deutschland dazu beitragen, S. 8. 26 vgl. meinen Beitrag >Beginn eines Dialoges zwischen Weiß und daß Südafrika-Problem einer solchen Lösung zuzuführen, die Schwarz in der Republik Südafrika?< in Internationales Afrika- den berechtigten Interessen aller vier südafrikanischen Bevöl• Forum U/1971, S. 652-656. kerungsgruppen Rechnung trägt. 27 s. dazu u. a. Vision of Malawi 9/1972, zit. nach Newsletter of the South African Institute of International Affairs (Johannesburg) 3/1973, S. 10-14, >Contact and Dialogue at Work«; The Star/The Anmerkungen Weekly Air Edition (Johannesburg) vom 21. August 1971, S. 2; NZZ 1 In dem vorliegenden Beitrag wird die zwischen den Vereinten Na• vom 9. Dezember 1972, S. 5 >Der Dialog mit Pretoria in schwarz• tionen und der südafrikanischen Regierung streitige Frage um den afrikanischer Sicht<. künftigen rechtlichen und politischen Status Südwestafrikas/Nami• 28 dazu Rand Daily Mail (Johannesburg) vom 14. Juni 1971, S. 11. bias nicht abgehandelt. Siehe zu den völkerrechtlichen Aspekten 29 dazu NZZ vom 9. Dezember 1972, S. 5 >Der Dialog mit Pretoria in dieses Problems R. v. Lucius, Die verfassungs- und völkerrechtliche schwarzafrikanischer Sicht<; vgl. auch die sehr positiven Äußerun• Entwicklung Südwestafrikas, in Vereinte Nationen 3/1973, S. 88-92. gen Kenneth Kaundas über die Rolle G. Buthelezis und K. Man- 2 Besonders deutlich wird das in der OAU-Ministerrats-Stellung- tanzimas in Der Uberblick (Stuttgart) 12/1972, S. 35, 36. nahme CM/St 4 (XV) anläßlich der 25. Wiederkehr des Tages der 30 Rand Daily Mail (Johannesburg) vom 23. Juni 1971, S. 2. Gründung der Vereinten Nationen. 31 s. dazu die bei Gründung der OAU im Mai 1963 in Addis Abeba 3 J. K. Nyerere, Democracy and the Party System, S. 195-203, in J. K. gehaltenen Reden, abgedruckt in »Conference au sommet des pays Nyerere, Freedom and Unity/Uhuru na Umoja, London 1967. Nye• independants africains«, Addis Abeba Mai 1963, Presence Africaine, rere weist hier u. a. darauf hin, daß Afrika pluralistische Gesell• Paris 1964. schaftsordnungen fremd seien. 32 vgl. dazu meine Beiträge >Die OAU am Vorabend der ersten Deka• 4 Nach den Ergebnissen der Volkszählung von 1970 hat Südafrika de ihres Bestehens< und Perspektiven der künftigen Rolle der über 21,5 Mill. Einwohner; Einzelheiten in State of South Africa, Organisation für Afrikanische Einheit«, in Internationales Afrika- Economic, Financial and Statistical Year-Book for the Republic Forum 4/1973, S. 204-214 bzw. 6/1973, S. 361-368. of South Africa, 1972, S. 46. Nach im offiziösen Blatt Die Beeld ver• 33 s. dazu die in Anm. 32 angeführten Arbeiten. öffentlichten Schätzungen werden im Jahr 2000 neben 40 Mill. 34 vgl. zu den Aktivitäten der OAU auf diesem Sektor Yasphal Tan- Schwarzen 7,5 Mill. Coloureds und 2,5 Mill. Indern nur 6 bis 7 Mill. don, The Organization of African Unity and the Liberation of Weiße leben; (diese Angaben nach S. Thale, Südafrika zwischen Southern Africa, in Christian P. Potholm and Richard Dale (eds) Innen- und Außenpolitik, in Außenpolitik 12 (1970), S. 758-767 (762)). >Southern Africa in Perspective«, New York 1972, S. 245-261. 5 Einzelheiten dazu in meinen Beiträgen >Republik Südafrika: Die 35 so, wie viele andere OAU-Resolutionen, CM/Res. 270 (XIX); s. auch politische Stellung der Coloureds im System der »parallelen Ent• die Stellungnahmen des früheren OAU-Generalsekretärs Diallo wicklung« und >Republik Südafrika: Die politische Stellung der Telli gelegentlich der Tagung des VN-Sicherheitsrates in Addis Inder im System der >parallelen Entwicklung« in Internationales Abeba Anfang 1972, abgedruckt in Objective: Justice 4/1972, S. 5. Afrika-Forum 9/1972, S. 552-558 bzw. 11/1972, S. 660-666. 36 Diese decken sich weitgehend mit der vorläufigen Stellungnahme 6 Die hier schlicht törichte Propaganda Südafrikas hält dem ent• der EKD vom 6./7. Juli 1972, abgedruckt in Der Uberblick (Stutt• gegen, daß auch das Hoheitsgebiet der USA und Großbritanniens gart) 12/1972, S. 41, Investitionen im südlichen Afrika«. nicht aus einem zusammenhängenden Territorium bestünde, was 37 vgl. u. a. Rand Daily Mail (Johannesburg) vom 6. Mai 1972, S. 5. die Lebensfähigkeit beider Länder jedoch nicht beeinträchtige, so 38 s. Sunday Times (London) vom 27. Juni 1972, S. 23-24. etwa >Bantu-Heimatländer< in Journal Südafrika 2/1971, S. 5-9 (8). 39 s. dazu meinen Beitrag »Chancen eines Dialoges zwischen der Re• 7 W. Röpke, Südafrika in der Weltwirtschaft und Weltpolitik, S. 125- publik Südafrika und dem schwarzen Afrika« in Internationales 158 (145) in A. Hunold (Hrsg.), Afrika und seine Probleme, Erlen• Afrika-Forum 12/1971, S. 731-736. - Während der 10. OAU-Gipfel- bach-Zürich und Stuttgart 1965. Dazu jüngst, aus der Sicht eines konfernz (Addis Abeba, Mai 1973) wiederholte Houphouet-Boigny Betroffenen, M. T. Moerane, The Urban African, in South Africa seinen Vorschlag, mit den >minorit4s de mepris« im südlichen Afri• International (Johannesburg) 7/1972, S. 43-50; ders., The Aspirations ka einen Dialog aufzunehmen. Zur gleichen Zeit wurde bekannt, of the Urban African, S. 335-342 in Nie Rhoodie (Hrsg.), The South daß sich die Beziehungen zwischen Südafrika und dem von ihm African Dialogue, Pretoria 1972. abhängigen Lesotho in letzter Zeit sehr stark verschlechtert haben, 8 s. zu deren rassenpolitischen Vorstellungen de Villiers Graaff, The s. dazu Sunday Times (Johannesburg) vom 17. Juni 1973, S. 7. United Party's Policy of Race Federation, in Nie Rhoodie, aaO., 40 s. dazu die Stellungnahme des OAU-Ministerrates CM/St. 5 (XVII) (Anm. 7), S. 211-226. declaration on the Question of Dialogue«. 9 So sieht das Konzept der United Party etwa vor, daß die Inter• 41 s. u. a. The Star (Johannesburg) vom 24. Juni 1971, S. 1. essen der schwarzen Bevölkerung des Landes (70 vH der Gesamt• 42 Ins Deutsche übertragen von Herbert Kaufmann in Frankfurter bevölkerung) im Zentralparlament durch 8 weiße (!), die Coloureds Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 23. Mai 1969, S. 11. (10 vH der Gesamtbevölkerung) durch 6 gemischtrassige Abgeord• 43 dazu Werner Pfeifenberger, Die Vereinten Nationen/Ihre politi• nete und die der indienstämmigen Südafrikaner (3 vH der Gesamt• schen Organe in Sicherheitsfragen, Salzburg 1971, S. 432 und 496 ff; bevölkerung) durch 2 weiße (!) Abgeordnete im Parlament vertre• weiter John Dugard, The Organization of African Unity and Colo• ten sein sollen. Die Weißen (17 vH der Gesamtbevölkerung) sollen nialism: an inquiry into the plea of self defence as a justification unverändert 166 Abgeordnete in das Parlament entsenden. for the use of force in the eradication of colonialism, in Inter• 10 zu den Sympathisanten oder Mitgliedern dieser Partei dürften national and Comparative Law Quarterly 1967, S. 157-190. Nach dem u. a. die Persönlichkeiten um das Christian Institute of South neuen Völkerrecht sind die schwarzen Südafrikaner berechtigt, die Africa und das ebenso oppositionell orientierte South African In• Regierung in Pretoria auch mit gewaltsamen Mitteln zu stürzen. stitute for Race Relations sowie eine ganze Anzahl der Oppositio• Auch bewaffnete Hilfsmaßnahmen Dritter zugunsten der Aufstän• nellen an den englischsprachigen und, zunehmend, auch an afri- dischen stehen demnach in jedem Fall im Einklang mit der Völker• kaanssprachigen Universitäten und in den englischsprachigen Kir• rechtsordnung. chen gehören. 44 s. dazu die in Anm. 32 genannten Beiträge. 11 H. Suzman, The Progressive Party's Programme for a multiracial 45 gegen diese Resolution stimmten nur die USA, Australien, Groß• South Africa, In Nie Rhoodie, aaO (Anm. 7), S. 227-244. britannien, Südafrika und Portugal, während sich gut zwanzig, 12 dazu M. Horrell u. a., A Survey of Race Relations in South Africa zumeist westlich orientierte Staaten der Stimme enthielten. 1972, Johannesburg 1973, S. 386 ff. 46 14 Mitglieder des VN-Sicherheitsrates stimmten dieser Resolution 13 s. die in Anm. 12 zitierte Arbeit, S. 392 ff. zu. Frankreich enthielt sich der Stimme. Die der Verabschiedung 14 Fundstelle wie in Anm. 12, S. 31; s. weiter M. Horrell, aaO (Anm. 12), dieser Resolution vorangehenden Debatten des VN-Sicherheitsrates Jahrgang 1971, Johannesburg 1972, S. 42 ff. lassen deutlich erkennen, daß zumindest die Mehrheit dieses VN- 12), S. 42 ff. Organs hier den bewaffneten Kampf vor Augen hat. 15 s. dazu W. J. de Klerk, The Concepts >Verkramp< and >Verlig<, S. 47 Text nach UN Monthly Chronicle 11/1972, S. 56, 57. 519-531 und O. Krause, Trends in Afrikaner Race Attitudes, S. 532- 48 Gegen die Resolution stimmten: USA, Großbritannien, Portugal 542, bd. in Nie Rhoodie, aaO (Anm. 7). und Südafrika; der Stimme enthalten haben sich hier: Australien, 16 s. dazu M. G. Whisson, The Coloured People, In South Africa's Österreich, Belgien, Kanada, Dänemark, Finnland, Frankreich, Minorities (Spro-Cas, Occasional Publications No. 2), Johannesburg Griechenland, Guatemala, Irland, Israel, Italien, Japan, Luxem• 1972, S. 46-77; s. auch die in Anm. 12 angegebene Arbeit S. 20 f. burg, Malawi, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Spanien, Schließlich D. Curry, The Frustration of being Coloured, in Nie Schweden und Uruguay. Rhoodie, aaO (Anm. 7), S. 400-417. 49 Dazu hatte die VN-Vollversammlung bereits in A/Res/2505 (XXIV) 17 Das ist der Nationalismus der Buren. vom 20. November 1969 festgestellt; »The General Assembly . . . 18 Fatima Meer, Indian People: Current Trends and Politics, S. 13-32 welcomes the manifesto on Southern Africa and recommends it to (30), in South African Minorities, Johannesburg 1971. Zur Rolle der the attention of all states and all peoples«. Inder in Südafrika s. G. H. Calpin, Indians in South Africa, Pieter- 50 s. Anm. 46. maritzburg 1949; s. auch Mabel Palmer, Economic and Political 51 so jüngst die Osloer Konferenz zu Fragen des Kolonialismus und Background to the History of Indians in Natal, Durban 1956, und der Apartheid, die gemeinsam von VN und OAU veranstaltet wurde, Paul F. Power, Gandhi in South Africa, in Journal of Modern s. Anti-Apartheid News, London Mai 1973, S. 11. African Studies 10/1969, S. 441-455. 52 s. Speech by the Administrative Secretary General of the OAU 19 ehemals Pan Africanist Congress of South Africa. Nach den Vor• covering the activities of the Organisation during the past ten stellungen der Anhänger dieser Gruppe wird Südafrika nach years (OAU-Dokument: AHG/67, Part I, X). seiner >Befreiung< den Namen Azania annehmen. 53 s. dazu Anm. 36.

132 Vereinte Nationen 4/73 men gegen den internationalen Terroris• Aus dem Bereich der Vereinten Nationen mus ergriffen. Die im Verlauf der De• batte gegen Israel angeführten Entschlie• Tätigkeiten der Weltorganisation ßungen von Gremien der Vereinten Natio• nen stünden im Widerspruch zu diesem Prinzip der Charta und des Völkerrechts. M. de Guiringaud unterstrich das spezielle Politik und Sicherheit tiven Unterschied hin zwischen von Ein• Interesse Frankreichs an der territorialen Nahost: Israelischer Überfall auf Libanon am zelnen oder privaten Gruppen begangenen Unversehrtheit und der Souveränität Liba• 10. April 1973 — Sicherheitsratsdebatte über palä• Terroraktionen wie denen von Lod, Mün• nons als eines besonders freundschaftlich stinensischen Terrorismus und israelische Aggres• chen und Khartum, die zu bedauern seien, verbundenen kleinen Landes, das sich sion — Zwei Resolutionen — ICAO-Rat verurteilt und der zur Behandlung anstehenden Ag• mehr als üblich dem Frieden verschrieben Israel wegen Abschuß auf Sinai — Amerikanisches Veto verhindert Verurteilung Israels im Sicher• gression eines Staates gegen einen an• habe. Auch er sah einen Unterschied zwi• heitsrat (21) dern, denn als solche müsse dieser staat• schen palästinensischem Terrorismus, ver• lich organisierte Terrorismus Israels ge• ursacht von mehr oder weniger unkontrol• I. Die Nacht- und Nebelaktion verkleideter wertet werden. lierbaren Elementen (kämen sie auch aus israelischer Soldaten am frühen Morgen Der sowjetische Delegierte sprach von öffentlich bekannten politischen Bewegun• des 10. April 1973 in Beirut war auf liba• »SS-Methoden«. In den letzten vier Jahren gen), und dem staatlich organisierten und nesischen Antrag Gegenstand der Be• habe sich der Sicherheitsrat zehnmal mit kontrollierten Gegenterrorismus Israels, handung durch den Sicherheitsrat (12.4.- israelischen Angriffen auf Libanon befas• das als UNO-Mitglied von der internatio• 20.4.). Der Anklage zufolge wurden drei sen müssen. Der letzte Gangsterakt nun nalen Gemeinschaft anerkannt und gehal• Palästinenser-Führer in ihren Wohnungen sei durch die israelische Regierung in den ten sei, die Normen des Völkerrechts und erschossen: Kamal Adwan, der PLO-Spre- Himmel gehoben und als Handeln nach der Weltorganisation anzuerkennen. cher Kamal Nasser und PLO-Exekutiv- dem Prinzip des »Zahn um Zahn, Auge um Der Delegierte Frankreichs brachte einen komitee-Mitglied Yussuf El-Najjar (mit sei• Auge« hingestellt worden. Er erinnere an britisch-französischen Entschließungsan• ner Frau). Unbeteiligte erlitten dabei Ver• die beispiellos zynische und haßerfüllte trag ein, dessen letzte Fassung nach lan• letzungen oder kamen zu Tode, die Poli• Äußerung der israelischen Ministerpräsi• gen Verhandlungen die Warnung an Israel zei hatte bei ihrem Eingreifen schwere dentin, dies sei eine »einfach wunderbare nicht mehr enthielt, daß der Rat für den Verluste. Andere israelische Einsatzgrup• Unternehmung« gewesen, »über die leuch• Fall der Wiederholung solcher Angriffe zu• pen nahmen an verschiedenen Plätzen tende Seiten geschrieben werden würden«. sammenkommen würde, »um zu erörtern, Sprengungen vor; insgesamt wurden 12 Die Sowjetunion lehne dieses Gesetz des welche weiteren und wirksameren Schritte Personen von den Israelis getötet, 29 ver• Dschungels in den zwischenstaatlichen Be• oder Maßnahmen ergriffen werden könn• wundet. ziehungen entschieden ab. Der Rat habe ten, um ihre Wiederholung mit Sicherheit Israel bestätigte die vorgebrachten An• wiederholt die israelische Praxis militäri• zu verhindern«. In dem Antrag wurde der gaben; die Schläge seien die Antwort auf scher Repressalien verurteilt. Da Israel israelische Angriff als Verstoß gegen die die in den letzten fünf Wochen von Beirut ständig, systematisch und absichtlich ge• UNO-Charta, gegen das israelisch-libane• ausgegangenen terroristischen Unterneh• gen die Entschließungen der Vereinten sische Waffenstillstandsabkommen und mungen, so der Diplomatenmord von Nationen und die Grundsätze der Charta gegen die Ratsentschließungen über Waf• Khartum und die Angriffe gegen die Re• verstoße, sei die sowjetische Delegation fenruhe verurteilt. Ein Präambelsatz äußert sidenz des israelischen Botschafters in bereit, im Rat wirksame Maßnahmen ge• jedoch auch »tiefes Bedauern« über die Zypern und gegen ein El-Al-Flugzeug in gen Israel bis hin zu seiner Ausstoßung jüngsten palästinensischen Terrorakte. Nikosia. aus der Organisation zu unterstützen. Schließlich werden »alle Gewalttaten, die Der libanesische Botschafter Ghorra stellte Zum Problem der Interdependenz zwi• das Leben unschuldiger Menschen gefähr• zu Beginn der Ratstagung fest, daß seine schen palästinensischem Terror und israe• den oder kosten«, verurteilt (S/Res/332; s. Delegation zu einem »Dauerkunden« des lischen Kommandoaktionen äußerte der VN 3/73 S. 98). Sicherheitsrates zu werden scheine. Liba• britische Delegierte, natürlich dürfe man non leide seit dem Überfall auf den »Wildgewordenen« nicht gestatten, die in• Bei der Abstimmung (ohne Gegenstimme) Flughafen Beirut im Jahre 1969 unter is• ternationale Ordnung zu durchbrechen. enthielten sich außer Guinea und China raelischen Übergriffen; es habe nur die Aber das israelische Vorgehen könne die USA und die Sowjetunion; letztere, UNO-Charta und den Sicherheitsrat zu ebenfalls nicht hingenommen werden: die• weil die Androhung von Maßnahmen im seiner Verteidigung. Die Verurteilungen ser Akt offizieller Gewalttätigkeit gegen Wiederholungsfall unterblieben war, die Israels seien für den Fall erneuter An• das Territorium eines anderen souverä• ersteren, weil die Entschließung lediglich griffe Israels mit der Androhung wirksa• nen Staates sei nach der Charta in keiner auf Tadel abstelle und dem vollen Aus• mer Schritte verbunden worden. Israel sei Weise zu rechtfertigen. Die internationale maß, in dem der Sicherheitsrat gefordert das Sorgenkind der Vereinten Nationen Gemeinschaft falle so mit solchen Metho• sei, nicht gerecht werde. geworden, weil es als militaristischer Staat den in internationale Anarchie. Im Verlauf der Debatte war Ägypten mit ihre Bemühungen, der Welt Frieden zu Anders legte der US-Delegierte Scali den dem Vorschlag hervorgetreten, den Gene• bringen, immer zu vereiteln gewußt habe. Ton mehr auf die Verantwortlichkeit der ralsekretär mit der Erstellung eines zu• Der Rat solle Israel diesmal nicht nur ver• Regierungen, unter deren Augen terrori• sammenfassenden Berichts über alle Ak• urteilen, das habe in der Vergangenheit stische Akte ihren Ausgang nähmen. Er tivitäten der Vereinten Nationen in der nichts genützt; Libanon verlange einen schlug vor, die Mißbilligung beim zur Nahost-Frage seit dem Junikrieg 1967 zu inhaltsschwereren Schritt. Debatte stehenden Komplex durch die beauftragen und, nach dessen Eingang, Botschafter Tekoah lehnte es für Israel ab, Formel »nicht zu rechtfertigender und un• den Sicherheitsrat kurzfristig zu gründ• die Aktionen vor dem Rat zu rechtfertigen, nötiger Verlust an Menschenleben durch licher Prüfung der Lage im Nahen Osten da sie keiner Rechtfertigung bedürften; er Akte des internationalen Terrorismus und und nach Möglichkeit zu definitiver Ent• fühle sich als Ankläger gegen die arabi• der militärischen Gegenreaktion auf ihn« scheidung zusammenzurufen. Der ameri• schen Regierungen, die den Terrorismus auszudrücken. kanische Delegierte Scali bezweifelte zwar beschützten. Libanon könne keine Immu• die Nützlichkeit des Vorhabens, beabsich• nität für sich verlangen, wenn es Beirut Der israelische Vertreter berief sich im tige aber nicht, formale Einwände gegen zur internationalen Hauptstadt des Ter• Verlauf der Aussprache wiederholt auf den den Antrag zu erheben. Volle Zustimmung rorismus werden lasse, sondern sich nur fundamentalen Grundsatz der Charta der äußerte dagegen der sowjetische Bot• dadurch helfen, daß es seinen internatio• Vereinten Nationen, der jedem Mitglied• schafter Malik, dem es hohe Zeit erschien, nalen Verpflichtungen nachkomme und die staat das allen anderen Grundsätzen und daß der Sicherheitsrat die Lage im Nahen Terroristen von seinem Staatsgebiet ent• Verpflichtungen übergeordnete Recht auf Osten rundum betrachte, alle ihre Aspekte ferne. Der Rat solle Libanon nicht noch Selbstverteidigung zubillige. Der Ermor• abwäge und Wege und Mittel angebe, um dabei unterstützen, sich auch künftig als dung von Juden werde Israel nicht wegen die Sicherheitsratsentschließung 242 (1967) Basis für den Terrorismus zur Verfügung bloßer Souveränitätsfragen tatenlos zuse• anzuwenden. Der ägyptische Antrag wurde zu stellen. hen, jedenfalls nicht, solange die Verein• ohne formelle Abstimmung angenommen (S/Res/331; s. VN 3/73 S. 98). Die arabische Seite wies auf den qualita• ten Nationen keine wirksamen Maßnah•

Vereinte Nationen 1/73 133 II. Heftig verurteilt wurde Israel wegen des hauptsächlich im Bereich der Kairoer In• aus den besetzten Gebieten ausgelegt Abschusses eines libyschen Verkehrsflug• nenpolitik: Ein Gutachten des Sicherheits• werden. Durch eine solche Verpflichtung zeugs am 21. Februar 1973 über dem be• rates, daß dem Nahen Osten die Möglich• würde Israel selbst die hinsichtlich der Räu• setzten Sinai jetzt auch durch den Rat der keiten zur friedlichen Streitschlichtung mung der besetzten Gebiete zweideutig Internationalen Zivilluftfahrtorganisation noch nicht völlig erschöpft seien, und ein formulierte Resolution 242 vom 22. Novem• (ICAO), einer Sonderorganisation der Ver• Appell an die Parteien, alle kriegerischen ber 1967 in einem für die Araber günsti• einten Nationen. Der Abschuß hatte sei• und spannungsverschärfenden Handlun• gen Sinne interpretiert haben. Israel aber nerzeit weltweite Erregung zur Folge und gen zu vermeiden, könnte Präsident Anwar hatte schon in der Eröffnungsrunde der führte zur Einsetzung einer Untersu• el-Sadat vielleicht helfen, die Leidenschaf• Debatte jeden Versuch, das >delikate chungskommission bestehend aus fünf ten der Hitzköpfe, die in Ägypten und an• Gleichgewicht des Textes der Resolution Fachleuten vom ICAO-Sekretariat (s. VN deren arabischen Ländern auf einen neuen 242 zu stören, scharf zurückgewiesen und 2/73 S. 57). Die Untersuchungsgruppe wur• Waffengang gegen Israel drängen, im zu verstehen gegeben, es könne sich ge• de in Libyen, Ägypten und Israel von den Zaum zu halten. Als Nebenziel verfolgt zwungen sehen, die Mitarbeit an der Ver• zuständigen Stellen bei der Aufklärung Ägypten sicherlich auch die Absicht, den wirklichung der Resolution einzustellen, voll unterstützt. Der abschließende Bericht Graben der Isolierung zwischen Israel und wenn die Balance des Textes gestört wür• behandelt nur die technischen Aspekte des der Weltmeinung zu verbreitern. de. Zielstrebig und mit einem ebenfalls Abschusses, er befaßt sich nicht mit den bemerkenswerten Mangel an Elastizität Ägypten hatte rhetorische Hilfstruppen von politischen Fragen. Aufgrund des Berichts verfocht Israel diesmal wieder den An• erheblicher Zahl und Gewicht in die Rede• erließ der ICAO-Ftat am 4. Juni 1973 fol• spruch auf Direktverhandlungen über si• schlacht geworfen. Dem ägyptischen Au• gende Entschließung: chere und anerkannte Grenzenc. ßenminister leisteten fünf andere arabische Der ägyptische Außenminister warf ein »Der Rat, in Erinnerung daran, daß der und drei afrikanische Außenminister, die neues Element in die Debatte, als er in Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit dem diesjährigen Sicherheitsrat nicht an• Umkehrung des Themas der >sicheren seiner Entschließung 262 von 1969 Israel gehören, Beistand. Israel verließ sich al• Grenzen< auch für die arabischen Palästi• für seine vorsätzliche Aktion gegen den lein auf Redegabe und Gedächtnis seines na-Flüchtlinge ein Recht, innerhalb siche• Beiruter Zivilflughafen, die in der Zerstö• ständigen Delegierten Yosef Tekoah, der rer und anerkannter Grenzen< zu leben, rung von 13 Zivilflugzeugen resultierte, alle Daten, Zahlen und Zitate aus der Ge• beanspruchte. Die Palästina-Araber müß• verurteilt hat; in Erinnerung daran, daß schichte des Nahen Ostens in lexikalischer ten bei den Verhandlungen über ihren die ICAO-Versammlung mit ihrer Entschlie• Genauigkeit parat hat (und von dem der Grenzverlauf mitreden, sagte der ägypti• ßung A 19-1 die israelische Aktion verur• Sowjetdelegierte Malik in der Debatte be• sche Außenminister. Dieser Ausspruch und teilte, die den Tod von 108 unschuldigen hauptete, es habe den Anschein, als ob die Aufforderung Sajjats an alle, die zum Menschenleben zur Folge hatte und die er eine Armee von Rechercheuren und jüdischen Staat< diplomatische Beziehun• den Rat veranlaßte, den Generalsekretär das Archiv einer New Yorker Zeitung für gen unterhalten, nun auch die >Nation zu ersuchen, eine Untersuchungskommis• seine Zwecke beschäftige) und diese Fak• Palästina< anzuerkennen, geben Anlaß zu sion einzusetzen und dem Rat zu berich• ten dann mit erstaunlicher Treffsicherheit Rätselraten. Verbarg sich hinter diesen ten; in der Oberzeugung, daß derartige dem Ägypter an den Kopf wirft. Aktionen eine ernste Gefahr für die inter• Palästina-Vorschlägen mehr als ein Ver• nationale Zivilluftfahrt darstellen; in der Aber hier eine Parallele zu dem alttesta- such, den ruhelosen und dynamischen Erkenntnis, daß eine derartige Haltung mentlichen Zweikampf zwischen David und Energien der Palästina-Befreiungsorgani• eine flagrante Verletzung der in der Kon• Goliath zu suchen, wäre verfehlt, denn sation eine neue Aufgabe und eine neue vention von Chicago enthaltenen Grund• hinter der wuchtig-schwerfälligen Gestalt Stoßrichtung zuzuweisen? Was sonst könn• sätze ist; nach Erörterung des Berichts und dem melancholischen Pathos des te den Ägypter veranlaßt haben, in die• der Untersuchungskommission, die vom ägyptischen Außenministers verbergen sich ses Wespennest innerarabischer Interes• Generalsekretär gemäß Entschließung ein messerscharfer Versfand, geistreiche sengegensätze zu greifen? Bereits kurz A 19-1 eingesetzt wurde, demzufolge sich Ironie und blitzschnelles Reaktionsvermö• nach den Sajat-Äußerungen über Palästina keine Rechtfertigung für den Abschuß der gen. Einmal machte der Ägypter eine An• stand das Unbehagen anderer arabischer libyschen Verkehrsmaschine ergibt: 1. Ver• deutung, die die Delegierten aufhorchen Kreise spürbar im Raum. urteilt scharf die israelische Aktion, die in ließ und die Beobachter etwas vorschnell Der ägyptische Außenminister hatte sich der Zerstörung der libyschen Verkehrs• als einen Wink Sajjats deuteten, daß er die nicht konkret geäußert, welches Territo• maschine und in dem Verlust von 108 un• Tür zu Verhandlungen einen Spalt breit rium den arabischen Palästina-Flüchtlin• schuldigen Menschenleben resultierte; 2. öffnen wolle. Aber seine Bemerkung, gen als Wohngebiet zur Verfügung gestellt ersucht Israel dringend, sich gemäß den Ägypten sei zwar zu Verhandlungen mit werden solle, aber es gab nur wenig Zwei• Bestimmungen und Zielen der Konvention Israel ohne Vorbedingungen bereit, aber fel, daß das westliche Jordan-Ufer gemeint von Chicago zu verhalten.« Israel sei es gewesen, das durch die In• war, Jordaniens Vertreter Abdul Hamid besitznahme von arabischem Land und Sharaf ging in seiner vorbereitenden III. Wenige Tage vor dem amerikanisch• durch Fortdauer der Okkupation seiner• Grundsatzerklärung nicht direkt auf das sowjetischen Gipfeltreffen, von dem man seits Vorbedingungen geschaffen habe, die Thema ein, sondern verlangte von Israel sich in den Vereinten Nationen auch einen rückgängig gemacht werden müßten, war pauschal die Räumung des Westufers und Versuch der beiden Supermächte zur An• doch nur eine Wortspielerei, die den be• protest!erte gegen den Integrationspro• näherung der Gegensätze im Nahen Osten kannten ägyptischen Standpunkt, daß ohne zeß, der dieses Gebiet Israel wirtschaft• versprochen hatte, beleuchtete die Nahost- ein Bekenntnis Israels zum vollständigen lich angliedern soll. Dafür machte sich Debatte im Sicherheitsrat noch einmal die Rückzug Verhandlungen nicht möglich sei• Tekoah, der hier eine Archillesferse der kontradiktorischen Standpunkte, auf de• en, nur von einer neuen Seite beleuch• Araber zu erblicken schien, die Situation nen die Parteien Ägypten, Israel und Jor• tete. zunutze und erklärte in einer seiner schnel• danien unversöhnlich beharren. Ägypten Der ägyptische Außenminister unterließ es, len Interventionen, die Verwirklichung des hatte die Initiative zu der Debatte ergrif• erneut radikale und für die USA unan• ägyptischen Vorschlags bedeute doch wohl fen, aber es wurde nicht ganz deutlich, nehmbare Forderungen nach Sanktionen die Zerstückelung Jordaniens. Tags zuvor was die Regierung in Kairo mit dieser gegen Israel zu stellen oder Israel den allerdings hatte Tekoah gesagt, nur ein erneuten Einschaltung des Sicherheitsrats Ausschluß aus den Vereinten Nationen an• Friedensvertrag könne den endgültigen in den Nahost-Konflikt erreichen wollte. zudrohen. Er wollte offensichtlich nicht Status des Westufers regeln, wobei er »Auf der Suche nach Hoffnung« sei er vor eine scharfe Gegenerklärung der USA eine definitive Rückkehr Jordaniens in den Sicherheitsrat getreten, erklärte der provozieren. Statt dessen begnügte sich dieses Territorium durchaus in Frage stell• ägyptische Außenminister Mohammad Has• Sajjat mit der Forderung an den Sicher• te: Jordaniens Anwesenheit auf dem Jor• san El-Sajjat mit jenem leidvollen Pathos, heitsrat, er möge Israel zwingen, sich zum dan-Westufer vor dem Junikrieg von 1967, mit dem er seit Jahren geschickt an das Prinzip der Unzulässigkeit des Territorial• sagte Tekoah, sei die Folge von Aggres• Gefühl seiner Zuhörer appelliert. Wenn es erwerbs durch Krieg und Gewalt zu beken• sion und einseitiger Annexion gewesen. keine Hoffnung mehr gebe, so sagte er, nen. Ein solches Bekenntnis Israels könnte Im Spannungsfeld der Debatte entluden gebe es immer noch zwei Wege. »Aber den unschwer als Verzicht Israels auf jegliche sich wieder die nun schon beinahe zur Weg der Kapitulation gehen wir nicht«. Annexion von arabischem Gebiet und als Tradition gewordenen Rededuelle zwischen Beobachter sehen die Motive Ägyptens Verpflichtung zum vollständigen Rückzug

134 Vereinte Nationen 4/73 den Vertretern Israels und der Sowjet• raelischen Okkupation verurteilen und den Mitglieder. Während China den Antrag zu union. Diesmal ging es nicht, wie in frühe• Besatzungszustand für unvereinbar mit milde fand, gehörte die Sowjetunion zu ren Diskussionsrunden um das Schicksal dem Völkerrecht erklären wollte, so weit denjenigen, die den Text in ihrer Votums• der Juden in der Sowjetunion, ein Thema, abgemildert, daß die vier westlichen Mit• erklärung expansiv im Sinne der arabi• das Tekoah sonst regelmäßig mit bohren• glieder (Australien, Frankreich, Großbri• schen Interpretation auslegten: Der Sow• den Fragen an den Sowjetvertreter an• tannien und Österreich) zustimmen konn• jetdelegierte Malik vermißte zwar einen schneidet. In diesem Fall ging es um ten. (Die Zustimmung der Sowjetunion und Hinweis auf den Grundsatz der Unzuläs• historische Vergleiche. Tekoah meinte, Chinas war sicher, obwohl sich China aus sigkeit von Gebietserwerb durch Krieg, Ägypten sei vor den Sicherheitsrat getre• Protest gegen die verwässerte Zweitfas• tröstete sich aber mit der Feststellung, daß ten, weil es das Mitleid der Welt für die sung des Antrags nicht an der Abstimmung die mit Nachdruck erhobene Forderung Folgen seiner Aggression gegen Israel beteiligte.) Ägypten hatte sein taktisches nach Respektierung der territorialen Un• erwecken wolle. Wie hätte damals die Ziel erreicht: Die Isolierung der USA im versehrtheit aller Staaten im Nahen Osten Weltmeinung reagiert, so lautete die Fra• Sicherheitsrat, wodurch der arabischen diesen Mangel ausgleiche. Malik sagte, ge Tekoahs, wenn Hitler im Zweiten Welt• Propaganda jetzt die Behauptung leicht die Erwähnung des Jarring-Memorandums krieg gegen die Überschreitung der deut• fallen dürfte, daß die Unterstützung, die vom 8. Februar 1971, das den Rückzug schen Grenzen durch die Alliierten Streit• die USA Israel gewährt, das Haupthin• Israels fordere, sei gleichwertig Ersatz für kräfte protestiert und den Rückzug der dernis auf dem Weg zum Frieden im die fehlende Forderung nach einem isra• amerikanischen, sowjetischen, britischen Nahen Osten ist. elischen Totalrückzug. und französischen Truppen aus Deutsch• Der Antrag, der schließlich 13 Stimmen er• Demgegenüber beurteilten westliche Dele• land zur Vorbedingung für Friedensge• hielt und dann am amerikanischen Nein gationskreise den Antrag wesentlich mil• spräche gemacht hätte? scheiterte, mißbilligte in allen entscheiden• der. Zweifellos, so gaben sie in Gesprä• Malik versuchte Tekoah mit einem anderen den Punkten die Haltung Israels. Er bedau• chen zu, habe sich Kritik am israelischen Vergleich aus der Zeit des Zweiten Welt• ert, daß weder Generalsekretär Waldheim Verhalten wie ein roter Faden durch alle kriegs die Freude an historischen Para- noch sein Sonderbeauftragter Jarring »we• wesentlichen Punkte des operativen Teils lellen zu nehmen? Hätte die Weltöffentlich• sentliche Fortschritte« bei der Durchfüh• des Entwurfs gezogen, und dieser Tadel keit im Ernst erwartet, daß die Sowjet• rung der Resolution 242 verzeichnen kön• für Israel habe den Charakter des Ge• union mit Hitler Verhandlungen aufnehme, nen, äußert sein starkes Mißfallen an der samtpapiers bestimmt. Aber das Mißfallen, solange seine Truppen vor Moskau stan• Fortdauer der israelischen Besetzung ara• das der Antrag an der Fortdauer des is• den? bischer Gebiete, die den Grundsätzen der raelischen Besatzungszustandes in massi• UNO-Charta zuwiderlaufe, spricht seine ven Worten ausspreche, müsse nicht zwin• IV. Nach fünfwöchiger Pause setzte der »ernste Besorgnis« wegen der angeblich gend als Aufforderung an Israel, sich jetzt Sicherheitsrat vom 20. bis 26. Juli seine unkooperativen Haltung Israels gegenüber vollständig aus allen im Junikrieg 1967 er• Nahost-Tagung fort. Die Enttäuschung Jarring aus, unterstützt die Denkschrift oberten Gebiete zurückzuziehen, verstan• über das relative Desinteresse der USA Jarrings vom 8. Februar 1971, die ein den werden. Dieser Passus könne ebenso und der Sowjetunion an einer gemeinsa• israelisches Bekenntnis zum Totalrückzug gut auch als Unmuts- und Protesterklärung men Initiative im Nahen Osten spiegelte aus den besetzten Gebieten verlangt, und darüber aufgefaßt werden, daß Israel in sich schon in der Rede, mit der der ägyp• zählte die »legitimen Bestrebungen« der sechs Jahren keinerlei Positionen geräumt tische Außenminister Sajjat die zweite Pha• Palästina-Araber zu den Rechten, die im habe und sich nicht einmal zur Geste se der Beratungen eröffnete. Der Nahe Rahmen einer Regelung zu berücksichtigen eines symbolischen Teilrückzuges bereit Osten war in den Besprechungen zwischen seien. gefunden habe. Darüber hinaus sagen Parteichef Breschnew und Präsident Nixon Israel zog mit schwerem Geschütz gegen westliche Delegierte, sei auch der im An• nur ganz beiläufig erwähnt worden, und die Resolution zu Feld. Israels Sprecher trag enthaltene Hinweis auf das Jarring- wenn der ägyptische Außenminister sich Yosef Tekoah nannte den Antrag einseitig Memorandum vom Februar 1971 nicht un• von diesem Gipfeltreffen neue Impulse für und destruktiv, eine Ausgeburt arabischer bedingt als indirekte Aufforderung an Is• eine Friedensregelung erhofft hatte, mußte Feindseligkeit, der, wenn er angenommen rael, sich jetzt auf die alten Grenzen zu• ihm inzwischen bewußt geworden sein, daß würde, die Vereinten Nationen ihrer Fä• rückzuziehen, zu deuten. Die Denkschrift mit einem politischen Engagement oder higkeit zur Streitschlichtung im Nahen Jarrings sei durch Beschluß der General• einem nahöstlichen Richterspruch der bei• Osten berauben, etwaige Friedensschritte versammlung (A/Res/2799 v. 13. 12. 71) den Supermächte auf absehbare Zeit nicht Waldheims nutzlos machen und einen gebilligt worden und damit in den Rang zu rechnen sein würde. In Sajjats Auftakt• schweren Rückschlag für die Bemühun• eines »verfassungsmäßig zustandegekom• rede vom 20. Juli, in der Frage an den gen um eine Verständigung im Nahen Osten menen Gutachtens eines Hauptorgans der Sicherheitsrat, ob Ägypten in seinem Wi• bedeuten würde. Die USA teilten die Auf• Vereinten Nationen« (Waldheim in seinem derstand gegen Israel Hegemoniebestre• fassung Israels, sahen die Resolution 242 Nahost-Bericht an den Sicherheitsrat vom bungen auf sich allein gestellt sei oder und die Erkundungsreise Waldheims in 18. Mai 1973; S/10929) erhoben worden. ob es auf internationale Hilfe rechnen den Nahen Osten gefährdet und zogen Israel ist laut Waldheim bedeutet worden, könne, schwang schon ein Unterton der die Notbremse des Vetos (UN-Doc. S/10 974 die Annahme dieser Resolution durch Is• Verbitterung mit, der sich, je deutlicher v. 24. 7.1973; s. S. 138 dieser Ausgabe). rael sei keineswegs Vorbedingung für die sich die Opposition der USA gegen Was hat dem Antrag der acht Blockfreien Einleitung des Klärungsprozesses, der zur eine anti-israelische Resolution abzeich• die breite Zustimmung gesichert, die die Überwindung des Stillstandes beitragen nete, immer schärfer als Anklage gegen USA gezwungen hat, das Zwangsmittel des soll (S/10929/105). die Nahost-Politik Washingtons artikulier• Vetos einzulegen? Der Antrag war zwei• te und schließlich in dem Satz explodierte: Israel hat in der Debatte über den Ent• fellos kein Exemplar geschmeidiger Mehr- »Wir Ägypter werden vor Israel nicht auf wurf betont, der im Antrag stehende Hin• deutbarkeit nach Art der Resolution 242, dem Bauche kriechen, gleichgültig wie weis auf die »rechtmäßigen Erwartungen« aber er war auch nicht so spröde formu• viele Phantom-Flugzeuge, gleichgültig wie der Palästinenser ermuntere die Palästina- liert, daß keinerlei Interpretationsunter• viele Vetos«. In dieser Feststellung lag Guerillas in ihren terroristischen Umtrie• schiede möglich gewesen wären. Es war schon der Konfrontationskurs beschlossen, ben und gebe ihnen politische Rücken• immerhin so dehnbar, daß er sowohl als den Ägypten gegen die USA zu steuern deckung. Der britische Delegierte Sir indirekte Aufforderung an Israel, sich gewillt war und der am 26. Juli zu dem Colin Crowe hat demgegenüber festge• vollständig aus den besetzten Gebieten Veto der USA gegen einen von block• stellt, nach Ansicht Großbritanniens seien zurückzuziehen, wie auch als Ausdruck des freier Seite ausgearbeiteten Entschlie• in diesem Fall im wesentlichen nur die Mißfallens, daß seit Verabschiedung der ßungsantrag führte. Palästina-Flüchtlinge und ihre Rechte ge• Resolution 242 fast sechs Jahre verstri• mäß Resolution 194 der Generalversamm• In langen Verhandlungen mit den westli• chen sind, ohne daß auch nur ein Teil• lung vom 11. Dezember 1948 gemeint, und chen Ratsmitgliedern hatten die acht rückzug Israels erfolgt ist, aufgefaßt wer• die Erwähnung dieser Rechte bedeute kei• blockfreien Mitglieder (Guinea, Indien, In• den könnte. Diese Dehnbarkeit und dieser neswegs, daß neue Voraussetzungen für donesien, Kenia, Panama, Peru, Sudan, Spielraum hinsichtlich der Deutungsmög• eine Nahost-Regelung aufgestellt oder die Jugoslawien) einen Entwurf, der in seiner lichkeiten gab dann den Ausschlag für Bestimmung der Resolution des Sicher• ursprünglichen Form die Fortdauer der is• das Stimmverhalten der vier westlichen heitsrat 242 geändert werden sollen.

Vereinte Nationen 4/73 135 Entkolonisierung und Treuhandfragen deutschen Waffenlieferungen mehr nach lung, die im März ihre erste Tagung in Portugal genehmigt worden. Bei früheren Windhoek abhielt, gehören je zwei Vertre• Portugiesische Territorien: Massaker In Mosam• bik — Unterstützung der Befreiungsbewegungen Lieferungen habe sie (seit 1965) durch ter aller in Namibia lebenden Stämme und — Haltung der BRD (22) Endverbleibsklauseln zur Auflage gemacht, Rassen an; sie werden in Gebieten mit daß diese Lieferungen nur zu Verteidi• Selbstverwaltung von dieser Verwaltung I. Eine sofortige sorgfältige und unpar• gungszwecken im Rahmen der Nato ein• ernannt, in solchen ohne Selbstverwaltung teiische Untersuchung der angeblichen gesetzt werden durften. von der Bevölkerung gewählt. Abschlie• Massaker in Wiriyamu (Mosambik) durch Die SPD ist durch einen Parteitagsbe• ßend führt der Generalsekretär in seinem die ständigen UN-Organe hat der Aus• schluß gebunden, die Befreiungsbewegun• Bericht aus, daß viel Zeit und langwierige schuß für Entkolonisierung gefordert. Der gen politisch und humanitär zu unter• Verhandlungen aufgebracht werden müs• Ausschuß äußerte im Juli seine Bestür• stützen. Zu Gesprächen mit dem Partei• sen, um die südafrikanische Regierung zu zung über die »barbarischen Akte« Portu• vorstand weilte im August eine Abord• Zugeständnissen in der Namibia-Frage zu gals in Mosambik, nachdem er den bri• nung der Frelimo, der Befreiungsbewe• bewegen. tischen Missionar Hastings angehört hatte. gung von Mosambik, in Bonn. Obwohl II. Von der afrikanischen Bevölkerung war Hastings hatte durch eine Presseveröffent• SPD und Frelimo nicht in allen Punkten die Einrichtung einer Beratenden Versamm• lichung auf die Ermordung mehrerer hun• Übereinstimmung erzielten, einigten sich dert Afrikaner hingewiesen und damit eine die Gesprächspartner doch in wesentli• lung bereits im März abgelehnt worden. In Welle der Empörung und portugiesische chen Fragen, da nach Meinung der SPD einer Botschaft an den Rat der Vereinten Dementis ausgelöst. Portugals Kolonialismus bereits die In• Nationen für Namibia erklärte die Natio• Während die Mehrheit der UN-Mitglieder teressen der Bundesrepublik beeinträchtigt nalversammlung nichtweißer politischer überzeugt ist, daß die Ausführungen des habe. Die SPD sagte der Frelimo Unter• Parteien in Namibia, die von der Regierung Paters, der sich auf Berichte spanischer stützung bei deren Öffentlichkeitsarbeit zu Vorster eingesetzten Mitglieder der Ver• Missionare beruft, zutreffen, machte die und sprach sich für die Unabhängigkeit sammlung verträten nicht die Interessen portugiesische Regierung geltend, ein und Selbstbestimmung Mosambiks aus. der Bevölkerung. Unter Berufung auf die Dorf Wiriyamu (oder Williamo) gebe es Beendigung des südafrikanischen Völker• nicht in Mosambik; die Beschuldigungen bundsmandats über Namibia durch die seien Teil eines allgemeinen Propaganda• Namibia (Südwestafrika): Weitere Verhandlungen zwischen UNO und Südafrika fraglich — Beratende UN-Generalversammlung 1966 und deren feldzuges gegen Portugal. Tatsächlich ver• Versammlung für Namibia — Erklärung von Lu• Bekräftigung durch den Internationalen Ge• lor der Bericht wegen einiger Unklarhei• saka (23) richtshof 1971 stellte die Nationalversamm• ten an Glaubwürdigkeit. Dörfer mit meh• I. Der Standpunkt der südafrikanischen Re• lung fest, Südafrika habe keinerlei Rechte reren hundert Einwohnern sind so selten gierung in der Namibia-Frage ließe noch in Namibia; die einzige rechtmäßige Ver• in Mosambik, daß sie auf Karten einge• immer keine Übereinstimmung mit der in tretung Namibias sei der UN-Rat für Na• zeichnet sein müßten; die Befreiungsbe• zahlreichen Resolutionen festgelegten Hal• mibia. wegung Frelimo hat keine Nachricht über tung der Vereinten Nationen erkennen. Da• III. Nach Meinung des Rates für Namibia das Massaker veröffentlicht, obwohl es her werde zu prüfen sein, ob die Verhand• betont der Bericht des Generalsekretärs sich bereits im Dezember 1972 ereignet lungen des Generalsekretärs mit der Re• erneut die unnachgiebige Haltung Südafri• haben soll. Indessen ist dieses (angeb• gierung Vorster über die politische Zu• kas, dessen Politik auf eine völlige Einver• liche) Massaker nur eines von vielen in kunft dieses Gebietes fortgeführt werden leibung Namibias in die Republik Süd• den portugiesischen Besitzungen Afrikas, sollten. Zu dieser Schlußfolgerung kommt afrika gerichtet sei. Übereinstimmend über die verschiedene UN-Organe in den der dritte Bericht Generalsekretär Wald• äußerten die Ratsmitglieder im Mai ihre letzten Jahren berichtet haben (so die heims über seine Kontakte mit Südafrika, Enttäuschung über den Bericht, der ebenso Menschenrechtskommission in einer um• den er dem Sicherheitsrat im Mai vorlegte fangreichen Studie; s. VN 3/73 S. 96f.). wie die beiden vorangegangenen Berichte (S/10921). zur Namibia-Frage, nicht vermocht habe, II. Da Portugal sich noch immer beharrlich Der Rat hatte den Generalsekretär im De• den eigentlichen Verhandlungsgegenstand weigert, seine afrikanischen Kolonien in zember 1972 um diesen Bericht ersucht, (Abzug Südafrikas aus Namibia, Übergabe die Unabhängigkeit zu entlasssen, forder• weil er das Ergebnis von Verhandlungen der Macht an das namibianische Volk) zu te der Ausschuß für Entkolonisierung im zwischen Südafrika und dem damaligen klären. Juni den Sicherheitsrat auf (A/AC. 109/242) Sonderbeauftragten Waldheims für Nami• Der Rat hatte bereits in einer in Wald• alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, bia, Escher, in wesentlichen Teilen für un• heims Bericht aufgenommenen Stellung• um die Resolution der Generalversamm• befriedigend hielt (S/Res/323, s. VN 1/73 lung über Entkolonisierung (A/Res/1514) nahme gefordert, der Generalsekretär solle S. 25 f., 31). auf diese Gebiete anzuwenden. Lissabon von Südafrika die Auflösung der Beraten• wird sodann wegen der Zerstörung von Dem neuen Bericht zufolge hat die Regie• den Versammlung für Namibia verlangen. Dörfern, des Einsatzes chemischer Kampf• rung Südafrikas nicht die vom Rat gefor• Zudem hatte er eine Fortsetzung der Kon• stoffe und der Zwangsumsiedlung der derte »völlige und unmißverständliche Klar• takte Waldheims mit Südafrika abgelehnt, Bevölkerung in scharf bewachte Wehrdör• stellung« hinsichtlich der Selbstbestim• da diese nur zur Annahme der südafrika• fer verurteilt. Nachdem die letzte Gene• mung und Unabhängigkeit für Namibia ge• nischen Namibia-Politik durch die Verein• ralversammlung die Befreiungsbewegungen liefert. Sie habe lediglich einige Grund• ten Nationen führen könnten. Statt dessen dieser Kolonien als einzige rechtmäßige sätze ihrer Namibia-Politik erläutert: Sie solle d'e UNO durch ein Aktionsprogramm Vertreter der Bevölkerung anerkannt hat• respektiere die Wünsche der gesamten das Mandat über Namibia in Kraft setzen, te (A/Res/2918, siehe VN 1/73 S. 30 f.), er• namibianischen Bevölkerung für die zu• das sie dem Rat 1967 übertragen habe. sucht der Ausschuß nun alle Staaten, ins• künftige Verfassungsform Namibias und Durch den jüngsten Bericht sehen die besondere die Nato-Partner Portugals, plane nicht, einzelne Bevölkerungsteile un• Ratsmitglieder ihren Standpunkt bestätigt. sämtliche Handlungen einzustellen, die abhängig voneinander in die Unabhängig• In seiner Stellungnahme (S/10938) zu dem der Ausbeutung und Unterdrückung sei• keit zu entlassen. Ferner wolle Südafrika Bericht wirft der Rat Südafrika vor, die ner Kolonien Vorschub leisten. Waffen, die Rede- und Versammlungsfreiheit für südafrikanische Apartheid-Politik in Nami• Fahrzeuge und Ausrüstungen, die von alle politischen Parteien Namibias garan• bia anzuwenden und das Gebiet entgegen der portugiesischen Regierung im Kolo• tieren und weder durch politischen Druck dem erklärten Willen der UN in einzelne nialkrieg eingesetzt werden können, sol• noch durch Verwaltungsmaßnahmen Volks• >Homelands< aufzusplittern. Die Beratende befragungen beeinflussen. Nach Meinung len nicht mehr an Portugal geliefert wer• Versammlung, die Pretoria eingesetzt ha• der Regierung Vorster sei die namibiani- den. Bis zur völligen Unabhängigkeit der be, bestehe lediglich aus sorgfältig ausge• sche Bevölkerung jedoch erst in etwa zehn Kolonien sollen Regierungen, die Verträge wählten Marionetten; oppositionelle politi• Jahren imstande, ihr Recht auf Selbstbe• mit Portugal abschließen, sicherstellen, sche Parteien seien in ihr nicht vertreten. stimmung wahrzunehmen. Bis zu diesem daß diese Gebiete von ihren Befreiungs• Aus der Angabe, daß Pretoria nach 50- Zeitpunkt solle eine Beratende Versamm• bewegungen vertreten werden, sofern die jähriger Verwaltung Namibias weitere zehn Verträge sie betreffen. lung unter der Führung der südafrikani• schen Regierung die Zusammenarbeit aller Jahre benötige, um das Gebiet auf die III. Die in diesem Zusammenhang stets Bevölkerungsteile fördern und sie auf die Selbständigkeit vorzubereiten, müsse ge• erwähnte deutsche Bundesregierung teilte Unabhängigkeit vorbereiten. Der Versamm• folgert werden, daß Südafrika nicht in der mit, seit mehr als zwei Jahren seien keine Lage sei, seiner Verantwortung nachzu-

136 Vereinte Nationen 4/73 kommen. Falls die UNO der südafrikani• afrika zum endgültigen Abzug aus dem weltschutz-Konferenz im Sommer 1972 in schen Auffassung zustimme, derzufolge Na• Territorium zu zwingen. Stockholm beschlossenen Aktionsplans für mibia erst in zehn Jahren seine Selbstbe• die menschliche Umwelt wies der Rat drei stimmung erlangen könne, werde Südafrika Sozialfragen und Menschenrechte allgemeine Ziele aus: dem Gebiet zwar eine gewisse Selbstbe• stimmung gewähren; im übrigen aber wer• Umweltschutz: Erster Welt-Umwelt-Tag — Zusam• > Verbesserte Kenntnisse für eine ver• de die Regierung Vorster in dieser Zeit menarbeit umweltschützender Organisationen — nünftige Handhabung der Naturschätze Erste Tagung des Verwaltungsrats für Umwelt• in der Biosphäre bereitzustellen; versuchen, die Hoffnungen der Bevölke• fragen (24) rung auf Unabhängigkeit, nationale Einheit > einen gemeinsamen Zugang zur Ent• und räumliche Unantastbarkeit endgültig I. Die Menschheit muß noch vieles über wicklungsplanung zu fördern; zu zerstören. Schließlich mache schon die den Planeten lernen, den sie bewohnt. Im• > die Länder bei der Lösung ihrer Um• gegenwärtige Haltung Südafrikas weitere merhin kann sie bereits Entwicklungen ver• weltprobleme zu unterstützen. Verhandlungen der UN mit Pretoria un• folgen, die ihr gefährlich werden, und sie Zur Erreichung dieser Ziele beschloß der möglich. Daher lehne der Rat weiterhin hat erkannt, daß man die Naturschätze der Rat, die hauptsächlichen Umweltprobleme eine Fortsetzung der Kontakte Waldheims Erde nicht unbegrenzt ausbeuten kann. Da• zu erfassen und zu beurteilen. Hierbei mit dem Regime Vorster ab, denn diese her müssen Wege gefunden werden, durch wird er sich der im Stockholmer Aktions• würden »die Position der Vereinten Natio• welche die unmittelbaren Bedürfnisse der programm vorgesehenen >Erdwacht< (welt• nen nur präjudizieren und auf eine de facto- Menschen mit der Wahrung der Interessen weite Beobachtung und Auswertung um• Anerkennung der unrechtmäßigen Lage zukünftiger Generationen aufeinander ab• weltbedrohender Faktoren sowie Erfor• hinauslaufen, welche den Interessen der gestimmt werden. schung von Gegenmaßnahmen) bedienen. namibianischen Bevölkerung widerspricht«. So faßte Generalsekretär Waldheim in sei• Sobald Umweltbedrohungen erkannt sind, Dem Standpunkt des Rates für Namibia ner Botschaft zum ersten Welt-Umwelt-Tag sollen sie durch Maßnahmen des Rates schloß sich inzwischen der Ausschuß für — 5. Juni — die Hoffnung zusammen, die (technische und finanzielle Hilfe, Informa• Entkolonisierung an. Durch eine gegen die Probleme der menschlichen Umwelt durch tions- und Ausbildungsprogramme) be• Stimmen Australiens und Schwedens ver• internationale Zusammenarbeit lösen zu kämpft werden. Insbesondere solle ein abschiedete Entschließung ersuchte er Ge• können. Als Umwelt-Tag hatte die General• Warnsystem zur Feststellung verunreini• neralsekretär Waldheim am 29. Juni, seine versammlung von 1972 den Jahrestag der gender Stoffe in der Luft entwickelt wer• Kontakte mit der weißen Minderheitsregie• Eröffnung der >UN-Konferenz über die den, die für Klimaverschlechterungen rung Südafrikas abzubrechen, da sie der menschliche Umwelt< ausgerufen (s. VN verantwortlich sind, sowie für weitverbrei• Sache Namibias abträglich seien. Demge• 4/72 S. 109 ff.). tete Substanzen, die sich in lebenden Or• genüber vertraten Australien und Schwe• II. Anlaß für die Erwartungen an die inter• ganismen ansammeln und sich in ökologi• den die Meinung, auf Südafrika müsse auf nationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet schen Systemen fortbewegen. allen Ebenen (also auch innerhalb der UN) des Umweltschutzes gab eine Tagung von Als für den Geschäftsführenden Direktor des Druck ausgeübt werden. — Die letzte Ent• in Europa tätigen Umweltschutzorganen in UN-Umwelt-Verwaltungsrats vorrangige scheidung in dieser Frage liegt indessen Genf (21.—22.5.). Der Direktor des UN- Aufgabengebiete führte der Rat an: Mensch• beim Sicherheitsrat, der den Generalsekre• Umweltschutzprogramms, Maurice Strong, liche Siedlungen; Land, Wasser und Ver• tär 1972 zu den Verhandlungen mit Preto• beriet mit dem UN-Wirtschaftsrat für Euro• ödung; Erziehung, Ausbildung, Unterstüt• ria ermächtigt hatte. pa, der Zentralen Schiffahrtskommission zung und Information; Handel und Weiter• IV. Alle Völker sollen Namibias Kampf für für den Rhein, der Kommission der Euro• gabe von Technologie; Ozeane; Erhaltung Freiheit und Unabhängigkeit politisch und päischen Gemeinschaften, dem Europa-Rat, der Natur, des Wildlebens und genetischer materiell tatkräftig unterstützen. Hierzu rief dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, Naturschätze; Energie. Weiterhin solle der der Rat für Namibia in seiner Erklärung der Internationalen Kommission für den Direktor bei der Ausarbeitung internatio• von Lusaka (A/AC. 131/31) auf. Der Rat Schutz des Rheins gegen Verschmutzung, naler Übereinkommen zum Umweltschutz hatte im Juni mehrere afrikanische und der Organisation für wirtschaftliche Zusam• behilflich sein und Umweltprogramme mit europäische Länder bereist, um mit Regie• menarbeit und Entwicklung und dem Nor• der UN-Entwicklungsdekade und dem rungen, UN-Sonderorganisationen und Ver• dischen Rat über Möglichkeiten der regel• Weltaktionsplan für die Anwendung von tretern der namibianischen Bevölkerung mäßigen gegenseitigen Information und Wissenschaft und Technologie in Entwick• Maßnahmen zu beraten, die den Abzug Zusammenarbeit. lungsländern abstimmen. Der Früherken• Südafrikas aus Namibia gewährleisten kön• Hauptsächliche ErgebnissederTagung sind: nung luftverschmutzender Substanzen soll nen. In Lusaka, wo er am Gipfeltreffen der ein Treffen auf Regierungsebene dienen, Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) 1. Dem Informationsaustausch zwischen das der Direktor für 1974 vorbereiten soll. teilnahm, verabschiedete der Rat am 14. den einzelnen Organen wird große Be• Die Mitglieder des Rats stimmten dahin• Juni die erwähnte Erklärung. Sie stellt fest, deutung beigemessen; hier bietet das gehend überein, daß der bereits in Stock• die Kontakte Generalsekretär Waldheims UN-Umweltschutzprogramm Unterstüt• holm vorgeschlagene Umweltfonds in be• zung an. mit Südafrika seien gescheitert, da das sonderem Maße zur Finanzierung umwelt• Der Wert zukünftiger Beratungen wird Regime sich weigere, seinen Verpflichtun• 2. schützender Maßnahmen in Entwicklungs• besonders für Gebiete von gemeinsa• gen nachzukommen. Pretoria habe die Zeit ländern verwandt werden solle. Die Ver• mem Interesse betont. der Verhandlungen dazu benutzt, seine waltungsausgaben des UN-Umweltinstru• 3. Für Gebiete von allgemeinem Inter• Unterdrückungsmaßnahmen in Namibia ments werden aus dem Ordentlichen Haus• esse wird die Möglichkeit gemeinsamer (Apartheid, Homelands) zu verstärken. Die halt der Vereinten Nationen gedeckt. Der Aktionen beraten. unrechtmäßige Okkupation des Gebietes Fonds soll vom Geschäftsführenden Direk• durch Südafrika führe zwangsläufig zu einer III. Als Fernziel des UN-Umweltprogramms tor nach Maßgabe des Verwaltungsrats als ernsthaften Bedrohung des Weltfriedens. (UNEP) müssen die bereits erarbeiteten des eigentlichen politischen Entscheidungs• Der Rat als einzige rechtmäßige Verwal• Grundsätze für den Schutz der menschli• organs verwaltet werden. Für die vom Rat tung Namibias fordere daher alle Länder chen Umwelt in konkrete Handlungen um• beschlossenen Aktionen und Programme auf, der Besatzungsmacht jede politische, gesetzt werden. Diese Aufgabe hatte sich stellte er 5,5 Mill. US-Dollar zur Verfügung; militärische, wirtschaftliche und finanzielle der von der letzten UN-Generalversamm• hiervon entfallen 4,7 Mill, auf die dem Di• lung eingesetzte Verwaltungsrat für Um• rektor unmittelbar zugewiesenen Aufgaben Hilfe zu entziehen und noch bestehende weltfragen (s. VN 1/73 S. 26 f.) für seine und 0,8 Mill, auf das Erdwachtprogramm. Konsulate in Namibia zu schließen (dies erste Tagung (12.-22. 6. 73 in Genf) ge• Abschließend erstellte der Umwelt-Verwal• wohl im Hinblick auf das deutsche Konsu• setzt. tungsrat einen Bericht für den Wirtschafts• lat in Windhoek). Statt dessen sollten sie Der Rat sollte allgemeine und besondere und Sozialrat sowie für die kommende UN- die Südwestafrikanische Volksorganisation Ziele des Umweltprogramms festlegen, Generalversammlung über seine geplan• (SWAPO) unterstützen, deren bewaffneter seinem Geschäftsführenden Direktor Strong ten Maßnahmen, über den Umweltfonds Unabhängigkeitskampf sich im entschei• vorrangig zu lösende Probleme zuweisen und über eine für 1976 in Vancouver (Ka• denden Stadium befinde. Der Rat forderte und Richtlinien für den Umweltfonds aus• nada) geplante Konferenz über mensch• schließlich den UN-Sicherheitsrat auf, Süd• arbeiten. Im Rahmen des auf der 1. Um• liche Siedlungen.

Vereinte Nationen 4/73 137 Rechtsfragen Bereits auf der vorangegangenen Tagung schuß räumt denjenigen Völkern ein Recht des Ausschusses war Übereinstimmung auf bewaffneten Widerstand ein, deren Ge• Definierung des Begriffs Aggression (25) über fünf Handlungen erzielt worden, die biet sich unter ausländischer Herrschaft Als die, wie auch immer ausgeübte An• Akte der Agression darstellen (s. VN 3/72 oder militärischer Besetzung befindet. Hin• wendung bewaffneter Gewalt eines Staates S. 102). Jetzt einigte sich der Ausschuß sichtlich der rechtlichen Folgen von Ag• gegen die Souveränität, räumliche Unan• zusätzlich auf folgende Erweiterung des gression erreichte der Ausschuß bisher tastbarkeit oder politische Unabhängigkeit Begriffs. Als Aggression gilt ferner keine Übereinstimmung in der Frage, wie eines anderen Staates wird die Aggression schwerwiegend der internationale Friede bezeichnet. Hierbei ist gleichgültig, ob es > die Entsendung von bewaffneten Ban• durch eine Aggression gefährdet sei. Er sich bei dem Begriff >Staat< um einen den, Gruppen, irregulären Verbänden stellte jedoch fest, daß ein Gebietserwerb völkerrechtlich anerkannten Staat handelt oder Söldnern, die eine Invasion oder durch Aggression nicht als rechtmäßig an• und ob der Staat UN-Mitglied ist. Die De• einen Angriff ausführen, welche Akte erkannt werden könne. finition schließt ferner eine »Gruppe von einer bewaffneten Streitmacht gegen Die neue, erweiterte Definition der Ag• Staaten< ein. Zu diesem Ergebnis gelang• einen anderen Staat von solcher Schwe• gression wurde vom Sonderausschuß in te der Sonderausschuß zur Definition des re einschließen, die den zuvor aufge• seinen Bericht aufgenommen. Der Bericht, Begriffs Aggression, der vom 4. bis 30. zählten (fünf) Handlungen gleichkom• mit dem sich die Generalversammlung im Mai in Genf tagte. men, durch einen Staat oder in seinem Herbst beschäftigen wird, betont die er• Namen oder durch seine offene und Entscheidendes Kriterium für die Bestim• reichten Fortschritte in der Definierung tätige Teilnahme an derartigen Hand• mung einer Aggression ist der erstmalige und empfiehlt der Versammlung, eine lungen. Gebrauch bewaffneter Gewalt, sofern der Fortsetzung der Ausschußberatungen im Sicherheitsrat feststellt, daß eine derarti• Das Recht der Völker auf Selbstbestim• kommenden Jahr zu beschließen. ge Lösung einer Konfliktsituation nicht ge• mung wird durch die aufgezählten Formen Beiträge 21 I: Manfred Riedmair; 21 III, IV: Ger• rechtfertigt war. der Aggression nicht eingeengt. Der Aus• hard Menning; 22, 23 , 24, 25: Otto Borsbach.

Entschließungen und Veto des Sicherheitsrats: Zypern, UN-Mitgliedschaft, Nahost schaftslegung über die tatsächlichen und Zypern UN-Mitgliedschaft entschlossenen Bemühungen seines Son• SICHERHEITSRAT — Gegenstand: Weitere SICHERHEITSRAT — Gegenstand: Aufnah• derbeauftragten seit 1967 enthält, Stationierung der Friedenstruppe in Zy• me beider deutscher Staaten. — Entschlie• 1. bedauert zutiefst, daß der Generalsekre• pern. — Entschließung 334 (1973) vom 15. ßung 335 (1973) vom 22. Juni 1973 tär bei seinen Bemühungen oder denen Juni 1973 Der Sicherheitsrat, seines Sonderbeauftragten, die Bedingun• Der Sicherheitsrat, — nach getrennter Prüfung des Gesuches gen der Entschließung 242 (1967) durchzu• — in Kenntnis des Berichts des Generalse• der Deutschen Demokratischen Republik setzen, von keinem bedeutenden Fort• kretärs vom 1. Dezember 1972 (S/10842), (S/10945) und des Gesuches der Bundesre• schritt berichten konnte und daß fast demzufolge die gegenwärtigen Verhältnis• publik Deutschland (S/10949) um Aufnah• sechs Jahre nach ihrer Annahme noch se die Anwesenheit der Friedenstruppe me in die Vereinten Nationen, kein gerechter und dauerhafter Friede im der Vereinten Nationen in Zypern noch 1. empfiehlt der Generalversammlung, die Nahen Osten erreicht worden ist; erforderlich machen, wenn der Friede auf Deutsche Demokratische Republik als Mit• 2. beklagt heftig die fortdauernde, den der Insel erhalten bleiben soll, Grundsätzen der Charta entgegenstehende — In Kenntnis der Zustimmung der Regie• glied in die Vereinten Nationen aufzu• rung Zyperns, daß es angesichts der ob• nehmen; Besetzung der okkupierten Gebiete als waltenden Umstände auf der Insel not• 2. empfiehlt der Generalversammlung, die Folge der Kämpfe von 1967; wendig ist, die Truppe über den 15. De• Bundesrepublik Deutschland als Mitglied 3. bringt seine ernste Betroffenheit zum zember 1972 hinaus bestehen zu lassen, in die Vereinten Nationen aufzunehmen. Ausdruck über Israels mangelnde Zusam• — in Kenntnis des Berichts über die auf der Abstimmungsergebnis: Anahme durch Ak• menarbeit mit dem Sonderbeauftragten Insel obwaltenden Umstände, klamation. des Generalsekretärs; 1. bestätigt seine Entschließungen 186 (1964) 4. unterstützt die in Übereinstimmung mit vom 4. März, 187 (1964) vom 13. März, 192 seinem Auftrag ergriffenen und in seiner (1964) vom 20. Juni, 193 (1964) vom 9. Au• SICHERHEITSRAT — Gegenstand: Aufnah• Denkschrift vom 8. Februar 1971 enthal• gust, 194 (1964) vom 25. September und 198 me der Bahamas.—Entschließung 336 (1973) tenen Initiativen des Sonderbeauftragten (1964) vom 18. Dezember 1964, 201 (1965) vom vom 18. Juli 1973 des Generalsekretärs; 19. März, 206 (1965) vom 15. Juni, 207 (1965) Der Sicherheitsrat, 5. bringt seine Uberzeugung zum Ausdruck, vom 10. August und 219 (1965) vom 17. De• — nach Prüfung des Gesuches des Common• daß eine gerechte und friedliche Lösung zember 1965, 220 (1966) vom 16. März, 222 wealth der Bahamas um Aufnahme in die des Nahost-Problems nur auf der Grund• (1966) vom 16. Juni und 231 (1966) vom 15. Vereinten Nationen (S/10966), lage der Achtung der nationalen Souve• Dezember 1966 , 238 (1967) vom 19. Juni und > empfiehlt der Generalversammlung, das ränität, der räumlichen Unantastbarkeit, 244 (1967) vom 22. Dezember 1967, 247 (1968) Commonwealth der Bahamas als Mitglied der Rechte eines jeden Staates in diesem vom 18. März, 254 (1968) vom 18. Juni und in die Vereinten Nationen aufzunehmen. Gebiet und der Kechte und berechtigten 261 (1968) vom 10. Dezember 1968, 266 (1969) Bestrebungen der Palästinenser erreicht vom 10. Juni und 274 (1969) vom 11. Dezem• Abstimmungsergebnis: Einstimmige Annahme. werden kann; ber 1969, 281 (1970) vom 9. Juni und 291 6. erklärt, daß keine Veränderungen in den (1970) vom 10. Dezember 1970, 293 (1971) vom Nahost besetzten Gebieten eingeführt oder aner• 26. Mai und 305 (1971) vom 13. Dezember 1971 kannt werden sollen, die eine friedliche und 315 (1972) vom 15. Juni und 324 (1972) SICHERHEITSRAT — Gegenstand: Die Lage und abschließende Regelung behindern im Nahen Osten. — Entschließungsantrag oder welche die politischen und anderen vom 12. Dezember 1972 sowie die vom Prä• S/10974 vom 24. Juli 1973 sidenten am 11. August 1964 auf seiner 1143. Der Sicherheitsrat, Grundrechte aller Bewohner dieser Ge• Sitzung und am 25. November 1967 auf — nach umfassender Prüfung der jetzigen biete beeinträchtigen könnten; seiner 1383. Sitzung zum Ausdruck ge• Lage im Nahen Osten, 7. ersucht den Generalsekretär und seinen brachte allgemeine Ubereinstimmung; — nach hierzu erfolgter Anhörung der Stel• Sonderbeauftragten, ihre Bemühungen, 2. drängt die beteiligten Parteien, mit äußer• lungnahmen der Teilnehmer an dieser eine gerechte und friedliche Lösung des ster Zurückhaltung zu handeln und ent• Debatte, unter ihnen die Außenminister Nahost-Problems voranzubringen, wieder• schlossene gemeinsame Anstrengungen zur von Ägypten, Algerien, Guinea, Nigeria, aufzunehmen und fortzuführen; Verwirklichung der Ziele des Sicherheits• Saudi-Arabien, Sudan, Tschad und der 8. beschließt, dem Generalsekretär und sei• rats fortzusetzen und zu beschleunigen, Vereinigten Republik von Tansania, nem Sonderbeauftragten jede Unterstüt• indem sie in aufbauender Weise die au• — mit Betonung seiner Hauptverantwortung zung und Hilfe bei der Ausführung ihrer genblicklich günstige Lage und Gelegen• für die Aufrechterhaltung des Weltfrie• Verpflichtungen zu gewähren; heit nutzen; dens und der internationalen Sicherheit, 9. fordert alle betroffenen Parteien auf, voll 3. verlängert abermals die Stationierung der — mit Betonung ferner darauf, daß alle Mit• mit dem Generalsekretär und seinem Son• Friedenstruppe der Vereinten Nationen in glieder der Vereinten Nationen verpflich• derbeauftragten zusammenzuarbeiten; Zypern, die gemäß Entschließung 186 (1964) tet sind, entsprechend der Vorschrift der 10. beschließt, mit dem Problem befaßt zu des Sicherheitsrats aufgestellt wurde, für Charta die Entschließungen des Sicher• bleiben und, wann immer dies notwendig, einen weiteren Zeitraum bis zum 15. De• heitsrats zu beachten, dringlich wieder zusammenzutreten. zember 1973 in der Erwartung, daß bis zu — unter Bekräftigung der Entschließung 242 Abstimmungsergebnis: +13; —1: Vereinigte diesem Zeitpunkt ausreichende Fortschrit• (1967) vom 22. November 1972, Staaten; China nahm an der Abstimmung te auf eine endgültige Lösung hin den — im Bewußtsein, daß die Rechte der Palä• nicht teil. — Wegen der ablehnenden Abzug oder eine erhebliche Verringerung stinenser geschützt werden müssen, Stimme der Vereinigten Staaten wurde der Truppe möglich machen. — nach Kenntnisnahme des Berichts des Ge• der Antrag nicht angenommen. Die USA Abstimmungsergebnis: +14; —0; = 1: China. neralsekretärs (S/10929), der eine Rechen• legten damit ihr fünftes Veto ein.

138 Vereinte Nationen 4/73 Sowjetunion Die Mitgliedschaften in UN-Organen im Jahre 1973 (Fortsetzung) Thailand Togo Kommission Costa Rica Türkei für soziale Entwicklung (32) Dänemark Ungarn Ägypten Frankreich Vereinigte Staaten Belgien Gabun Chile Ghana Internationales Costa Rica Großbritannien Suchtstoff-Kontrollamt (11) Dominikanische Republik Haiti Professor Michel A. Attisso, Togo Elfenbeinküste Indonesien Mr. Nikolai K. Barsov, Sowjetunion Frankreich Iran Dr. Fortunato Carranza, Peru Großbritannien Japan Prof. M. Granler-Doyeux, Venezuela Indien Marokko Sir H. Greenfield, Großbritannien Indonesien Niederlande Dr. Takanobu Ital, Japan Irak Niger Prof. S. Kaymacalan, Türkei Italien Peru Mr. E. S. Krishnamoorthy, Indien Jamaika Philippinen Professor P. di Matted, Italien Japan Rumänien Professor Paul Reuter, Frankreich Jugoslawien Rwanda Dr. L. Steinig, Vereinigte Staaten Kamerun Schweden Kolumbien Sowjetunion Verwaltungsrat Mauretanien Thailand Neuseeland Tunesien des Weltkinderhilfswerk (34) Nigeria Türkei Ägypten Österreich Ukraine Algerien Somalia Vereinigte Staaten Bulgarien Sowjetunion Chile Spanien Kommission für Statistik (24) China Sudan Argentinien Costa Rica Thailand Belgien Deutschland, BR Tschechoslowakei Brasilien Frankreich Tunesien Frankreich Gabun Ukraine Ghana Großbritannien Uruguay Großbritannien Indien Vereinigte Staaten Indien Indonesien Zypern Irland Italien Japan Japan Kenia Kanada Kommission für die Rechtstellung Libyen Kongo der Frau (32) Malaysia Malawi Ägypten Marokko Nigeria Argentinien Schweden Norwegen Belgien Sowjetunion Pakistan Chile Spanien Peru China Sri Lanka Philippinen Costa Rica Tschechoslowakei Polen Dominikanische Republik Uganda Rumänien Finnland Ukraine Rwanda Frankreich Ungarn Schweden Griechenland Uruguay Schweiz Großbritannien Venezuela Sowjetunion Guinea Vereinigte Staaten Thailand Indien Türkei Indonesien Suchtstoffkommission (30) Uruguay Japan Ägypten Venezuela Kanada Argentinien Vereinigte Staaten Kenia Australien Zentralafrikanische Republik Kolumbien Brasilien Verwaltungsrat Liberia Chile des UN-Hochkommissars Madagaskar Deutschland, BR für Flüchtlinge (31) Nicaragua Frankreich Algerien Nigeria Großbritannien Australien Norwegen Indien Belgien Philippinen Indonesien Brasilien Rumänien Jamaika China Sowjetunion Japan Dänemark Thailand Jugoslawien Deutschland, BR Ungarn Kanada Frankreich Vereinigte Staaten Kenia Griechenland Weißrußland Libanon Großbritannien Zaire Marokko Iran Mexiko Israel Zentralafrikanische Republik Nigeria Italien Pakistan Jugoslawien Kommission Peru Kanada für Bevölkerungsfragen (27) Rumänien Kolumbien Ägypten Schweden Libanon Barbados Schweiz Madagaskar Brasilien Vereinte Nationen 4/73 139 Niederlande Niederlande Bangladesch Nigeria Norwegen Bhutan Norwegen Österreich Birma Österreich Polen China Schweden Portugal Frankreich Schweiz Rumänien Großbritannien Tansania Schweden Indien Tunesien Schweiz Indonesien Türkei Sowjetunion Iran Uganda Spanien Japan Vatikan Tschechoslowakei Kambodscha Venezuela Türkei Laos Vereinigte Staaten Ukraine Malaysia Ungarn Mongolei Rat für Industrielle Entwicklung (45) Vereinigte Staaten Nauru Ägypten Weißrußland Nepal Algerien Zypern Neuseeland Argentinien Niederlande Belgien Wirtschaftskommission Pakistan Brasilien für Afrika (42) Philippinen Bulgarien Ägypten Singapur China Algerien Sowjetunion Costa Rica Äquatorial-Guinea Sri Lanka Cuba Äthiopien Südkorea Dänemark Botswana Südvietnam Deutschland, Iii: Burundi Thailand Finnland Dahome Tonga Frankreich Elfenbeinküste Vereinigte Staaten Griechenland Gabun Westsamoa Großbritannien Gambia Assoziierte Mitglieder (8) Indien Ghana Britisch Salomon-Inseln Indonesien Guinea Brunei Iran Kamerun Cook-Inseln Italien Kenia Fidschi-Inseln Japan Kongo Gilbert- und Ellice-Inseln Kenia Lesotho Hongkong Kuweit Liberia Papua und Neuguinea Liberia Libyen Pazifische Inseln Libyen Madagaskar Beratende Länder (2) Madagaskar Malawi Deutschland, BR Malaysia Mali Schweiz Mexiko Marokko Niederlande Mauretanien Wirtschaftskommission Nigeria Mauritius für Lateinamerika (29) Obervolta Niger Argentinien Österreich Nigeria Barbados Peru Obervolta Bolivien Rumänien Rwanda Brasilien Rwanda Sambia Chile Schweden Senegal Costa Rica Schweiz Sierra Leone Dominikanische Republik Senegal Somalia Ecuador Sowjetunion Südafrika El Salvador Spanien Sudan Frankreich Sri Lanka Swasiland Großbritannien Thailand Tansania Guatemala Tschechoslowakei Togo Guyana Uruguay Tschad Haiti • Venezuela Tunesien Honduras Vereinigte Staaten Uganda Jamaika Zaire Kanada Wirtschaftskommission Zentralafrikanische Republik Kolumbien für Europa (33) Assoziierte Mitglieder Kuba Albanien Assoziierte Mitglieder sind nicht• Mexiko Belgien selbständige Gebiete in Afrika Nicaragua Bulgarien (einschließlich afrikanischer In• Niederlande Dänemark seln) sowie andere Staaten, die Panama DDR für internationale Beziehungen Paraguay Deutschland, BR dieser Gebiete verantwortlich sind Peru Finnland (Frankreich, Großbritannien, Spa• Trinidad und Tobago Frankreich nien, mit Ausnahme Portugals). Uruguay Griechenland Beratende Länder (2) Venezuela Großbritannien Deutschland, BR Vereinigte Staaten Irland Schweiz Assoziierte Mitglieder (2) Island Britisch-Honduras/Belize Italien Wirtschaftskommission Inselgruppe Antigua u. a. Jugoslawien für Asien und den Fernen Osten (31) Beratende Länder (2) Luxemburg Afghanistan Deutschland, BR Malta Australien Schweiz (Wird fortgesetzt)

140 Vereinte Nationen 4/73 United Nations Publications

New York / Geneva

FOR 25 YEARS United Nations has been publishing not only reports and documents but important reference books as well:

Statistical Yearbook, 1971 Comprehensive collection of international statistics relating to: population; manpower; pro• duction; construction; energy; trade; communications; consumption; balance of payments; wages and prices; national accounts; finance; international capital flow; health; housing; education and mass communications. U.S. S 24,00 Demographic Yearbook, 1970 International demographic survey of statistics for over 250 countries and territories on population trends; marriages, divorces, births, deaths and expectation of life. Published since 1949. Bilingual (English/French). New edition in preparation. Clothbound U.S. $ 22,00, paperbound U.S. $ 15,00

Yearbook of International Trade Statistics, 1969 A compilation of national tables showing annual figures for several years for over 132 countries, and summaries of trade by large commodity classes and by principal regions and countries. U.S. $ 14,50

Everyman's United Nations A complete handbook of the activities and evolution of the United Nations and its related agencies, this book constitutes the basic history of the Organization. Clothbound U.S. $ 6,00, paperbound U.S. $ 2,50

United Nations Monthly Chronicle Designed for everyone learning or teaching about the United Nations, every issue of the CHRONICLE contains a complete record of the month, describing the proceedings, deci• sions and resolutions of the main UN organs and committees, articles by distinguished contributors, a picture section and notes of the month. Annual subscription U.S. $ 4,75

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