Kanton / Gemeinde Reinach

I N N E R E S I E D L U N G S E N T W I C K L U N G

Inhalt Seite

1. Aufgabenstellung 1

2. Charakteristik der Gemeinde 1

3. Grundlagen 3.1 Entwicklungsleitbild der Gemeinde 5 3.2 Verwendete räumliche Grundlagendaten 6

4. Umsetzung 4.1 Methodisches Vorgehen 8 4.2 Verdichtung in älteren, unternutzten Wohnquartieren 9 4.3 Strukturplan Zentrum Oberdorf / Unterdorf 10 4.4 Quartierweise Entwicklungsrichtpläne 12

5. Fazit und Schlussfolgerungen 15

Übersicht der Anhänge 16

17. November 2014, Mitwirkungsverfahren / Abschliessende kantonale Vorprüfung

ARCOPLAN Lüscher Pfister Keller Zantop Limmatauweg 9 5408 Ennetbaden 1. Aufgabenstellung

Mit dieser Studie wird das Angebot der kantonalen Abteilung Raumentwicklung genutzt, um eine vertiefte Betrachtung der Thematik „Innere Siedlungsentwicklung“ am Beispiel der Gemeinde Reinach vornehmen zu können. Sie wurde im Rahmen der parallel lau- fenden Gesamtrevision der Nutzungsplanung der Gemeinde Reinach erarbeitet.

Die vorliegende Studie soll das vorhandene Potenzial der inneren Siedlungsentwicklung bearbeiten. Insbesondere sind z.B. - verständliche und leicht nachvollziehbare Ansätze zur Ermittlung möglicher strategi- scher Entwicklungsgebiete aufzuzeigen, - mögliche Verdichtungspotenziale zu finden, zu bemessen und zu entwickeln, - örtlich spezifische Siedlungsstrukturen zu berücksichtigen, - Auswirkungen der inneren Siedlungsentwicklung auf die bauliche Umgebung und das Ortsbild aufzuzeigen, - machbare und siedlungsverträgliche Ergebnisse herbei zu führen.

In einem ersten Schritt ist eine raumplanerische Analyse vorzunehmen, um unter Be- achtung der örtlichen Besonderheiten entsprechende Hinweise zu den Entwicklungs- und Verdichtungspotenzialen zu finden. Diese Hinweise sollen analysiert und bewertet werden, um danach die Gebiete mit den grössten Chancen zur inneren Siedlungsent- wicklung identifizieren zu können. Schliesslich ist das Verdichtungspotenzial zu kon- kretisieren und zu dokumentieren.

Das stetige Bevölkerungswachstum führt zu einem zunehmenden Bodenverbrauch, der sich u.a. mit dem grösser werdenden Wohnflächenbedarf pro Einwohner und den klei- ner werdenden Haushaltgrössen noch zusätzlich akzentuiert. Um den verfassungsmäs- sigen Auftrag der haushälterischen Nutzung des Bodens besser erfüllen zu können, soll neben dem beschriebenen methodischen Vorgehen auch das mögliche Spektrum der planerischen Umsetzung aufgezeigt werden.

In Reinach umfasst die Innere Siedlungsentwicklung ein breites Spektrum wie z.B. die Nutzung von unüberbauten Baulücken im weitgehend überbauten Siedlungsgebiet oder das Verdichten in bereits überbauten Bauzonen, aber auch die Nutzung leerstehender , teilweiser kulturgeschichtlich bedeutsamer Volumen. Die Innere Siedlungsentwicklung ist immer auch unter dem Aspekt der bestmöglichen Siedlungsqualität zu betrachten.

Baulücken und Verdichtungspotenziale Nutzung leerstehender Volumen

2. Charakteristik der Gemeinde Reinach

Reinach liegt im oberen Wynental und bildet mit das wirtschaftliche und kultu- relle Zentrum der Region Aargau Süd. Im Raumkonzept Aargau ist Reinach-Menziken als ländliches Zentrum bezeichnet. Das Regionalzentrum Reinach- Menziken liegt etwas ausserhalb der Agglomerationsräume und hat entsprechend ein relativ grosses Ein- zugsgebiet im ländlichen geprägten Umfeld.

ARCOPLAN Ennetbaden 1

Lage des Regionalzentrums Reinach-Menziken

Raumkonzept Aargau

Reinach weist mit aktuell rund 8'000 Einwohnern und 3'200 Beschäftigen eine beachtli- che Grösse auf. Die Einwohnerdichte von 45 E/ha liegt knapp unter dem kantonalen Durchschnitt von 47 E/ha. Die Gemeinde ist mit den Gemeinden Leimbach, Menziken, Burg und (LU) zu einem zusammenhängenden Siedlungsgebiet zusammen- gewachsen, dessen Grenzen kaum mehr erkennbar sind und wo insgesamt rund 15‘500 Einwohner leben und insgesamt 5‘500 Arbeitsplätze vorhanden sind. Im Osten ist die Gemeinde zusätzlich mit zusammengewachsen. Die beiden Gemeinden werden hier durch eine kleine Geländekuppe räumlich etwas voneinander getrennt.

Leimbach Beinwil a.S.

Reinach

Pfeffikon

Menziken

Burg

Funktionaler Raum

ARCOPLAN Ennetbaden 2 Das heutige Siedlungsgebiet von Reinach weist eine starke Verflechtung von unter- schiedlichen Gebäudetypologien aus verschiedenen Zeitepochen auf.

Bereits um 1843 sind das langgezogene Stras- sendorf entlang der Wy- na, die alten Dorfteile Alz- bach, Neudorf und Hohl- weg erkennbar.

Siegfriedkarte 1880 Quelle AGIS-Daten

Die Siegfriedkarte von 1880 zeigt die kompakte Bebauung von ausserge- wöhnlicher Länge (ca. 2.5km vgl. ISOS, Reinach und Menziken). Die restli- che Talsohle ist noch praktisch unbebaut. Die Umwandlung vom Bau- erndorf zum Industriedorf ist vollzogen. Die verläuft im nördlichen Teil noch entlang der heutigen Aarauerstrasse. Die Bahnlinie führt nach Beinwil am See.

Michaeliskarte 1843 Quelle AGIS-Daten

Durch den Anschluss an die Seetalbahn und den Bau der Wynentalbahn (im Strassenbereich) im Jahre 1904 wurde die Verkehrssituation verbes- sert, was zur weiteren baulichen Entwicklung beigetragen haben mag. So findet sich um 1940 eine Ausbreitung des Siedlungsgebietes in die Fläche und hangaufwärts.

Landeskarte 1940 Quelle AGIS-Daten

ARCOPLAN Ennetbaden 3 Mitte des 20. Jahrhun- derts finden sich erste grössere Gewerbebauten an der Aarauer- und Alz- bachstrasse. Bis Mitte der 70er Jahre entstehen weiter ältere Wohnquar- tiere, die sich grossflächig verteilen und mit grosszü- gigen Grünflächen durch- setzt sind.

Landeskarte 1976 Quelle AGIS-Daten

Die aus den Landeskarten ersichtliche Siedlungsentwicklung wird auch aus dem Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz ISOS ersichtlich und lässt sich in folgende Gebiete unterteilen:

ARCOPLAN Ennetbaden 4 3. Grundlagen

3.1 Entwicklungsleitbild der Gemeinde

Die Basis für die Studie „Innere Siedlungsentwicklung“ bildet u.a. das Entwicklungsleit- bild der Gemeinde Reinach. Aus dem Entwicklungsleitbild ergaben sich sechs Haupt- ziele, wovon vor allem die Ziele Nr. 2 und 6 einen unmittelbaren Zusammenhang mit der inneren Siedlungsentwicklung haben: 1. Beibehaltung der hohen Standortattraktivität und der eigenen Identität 2. Sicherstellung einer kontinuierlichen Bevölkerungsentwicklung 3. Erhaltung bestehender und Schaffung neuer Arbeitsplätze 4. Erhaltung und Weiterentwicklung der vielfältigen publikumsorientierten Nutzungen sowie der zusammengefassten öffentlichen Infrastrukturen 5. Beibehaltung der vielfältigen Natur- und Kulturlandschaft sowie des breiten Freizeit- und Erholungsangebotes 6. Qualitative innere Siedlungsentwicklung mit Abstimmung auf den Verkehr.

In Zusammenhang mit der inneren Siedlungsentwicklung soll nach den Vorstellungen der Gemeinde das grosse Potenzial in Form von unüberbautem, eingezontem Bauland zu einer kontinuierlichen Wohnbauentwicklung führen. Für die grossen Bauzonenreser- ven soll eine geordnete Siedlungsentwicklung sichergestellt werden.

Die Wohngebiete sind teilweise gut durchgrünt. Es ist ein Abwägen nötig zwischen einer haushälterischen Nutzung des Bodens und gut durchgrünten Quartieren. Hier sollen Überlegungen zu dichteren Wohnbauformen sowie zur Nachverdichtung gemacht werden.

Die Siedlungsstruktur ist vor allem an den zentralen Lagen und entlang der Hauptver- kehrsachsen teils schwierig ablesbar. Viele Areale werden nicht optimal genutzt. Ge- stalterische und funktionale Ansätze sollen in konzeptioneller Form aufzeigen, wie eine ortsbauliche Klärung erreicht werden kann und wie die Areale über die Parzellengren- zen hinweg besser genutzt werden können.

ARCOPLAN Ennetbaden 5 3.2 Verwendete räumliche Grundlagendaten

Bauperioden Die Karte gibt Auskunft über das Alter jedes Gebäudes und ermöglicht Annahmen zum Erneuerungsbedarf und zur Wahrscheinlichkeit von Er- satzbauten, da sich die Baustan- dards im Laufe der Zeit stark verän- dert haben. Auffallend ist in Reinach der grossflächige Gebäudebestand der vor 1960 realisierten Bauten.

Quelle; AGIS, eidg. Gebäude- und Woh- nungsregister

Einwohnerdichte Die Karte Einwohnerdichte lässt die unterschiedlichen Dichten in den jeweiligen Zonen erkennen. Diese weist eine grosse Bandbreite von 25 bis 80 E/ha auf. Einzelne Mehrfami- lienhausflächen erreichen gar Werte von 150 bzw. 280 E/ha.

Quelle; AGIS, Volkszählung 2010 BFS

Stand Erschliessung / OeV-Güteklasse Die Karte zeigt die grossen Bauzo- nenreserven von rund 40 ha unüber- bauter Wohn- und Mischzonen sowie von rund 20 ha Industrie- und Ge- werbezonen in Abhängigkeit der vorhandenen Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr. Grob betrachtet liegen die unüberbauten Wohn- und Mischzonen je rund zur Hälfte inner- halb und ausserhalb der bezeichne- ten OeV-Güteklassen.

Quelle; AGIS, BVU ARE / AV

ARCOPLAN Ennetbaden 6 Land im Eigentum der Gemeinde und des Kantons Diverse Flächen an strategisch wich- tiger Lage befinden sich im Grundei- gentum des Kantons (blaue Flächen) und Gemeinde (gelbe Flächen). Hier soll geprüft werden, ob diese Flä- chen im Hinblick auf gesamthafte Arealentwicklungen eingeworfen werden können, um im öffentlichen Interesse liegende Entwicklungen ermöglichen zu können.

Quelle; Gemeinde Reinach

Kurz- / Bauinventar In Reinach finden sich viele, sehr oft in ihrer Bausubstanz auch gut er- haltene, kulturgeschichtlich bedeut- same Gebäude, welche wesentlich zur Identität beitragen und Zeugen verschiedener Epochen darstellen: - ehemalige Fabrikgebäude, Verwal- tungsgebäude - ältere Wohnbauten, Villen, Arbei- terhäuser - öffentliche Bauten; Schulgebäude, Gemeindehaus - Bauten mit Publikumsverkehr wie Hotels, Banken - Bauerhäuser, Vielzweckbauten

Quelle; kant. Denkmalpflege

Gestaltungsplanpflicht, Arealentwicklungen Die Analyse der vorhandenen Re- serven zeigte, dass diverse grössere zusammenhängende Gebiete nicht oder nur durch einzelne Bauten be- legt sind und hier mit einer gesamt- haften oder parzellenübergreifenden Planung wesentliche Vorteile für eine optimierte Siedlungsentwicklung geschaffen werden können. Insge- samt werden rund 30 Flächen als „gestaltungsplanpflichtige Areale“ (rote Umrandung) oder solche mit einer gesamthaft nötigen Arealent- wicklung (blaue Umrandung) be- zeichnet. Quelle; Nutzungsplanung Reinach

ARCOPLAN Ennetbaden 7 4. Strategie „Innere Siedlungsentwicklung

4.1 Methodischer Ansatz

A. Potenzialanalyse

Gebiete mit tiefen Einwohnerdichten, < 40 E/ha Baugruppen der vor 1960 erstellten Gebäude

Aus der Karte „Einwohnerdichte“ sind die Gebiete mit weniger als 40 E/ha dargestellt (blaue Flächen). Hier ist gestützt auf die bau- und planungsrechtlichen Möglichkeiten ein grosses Verdichtungspotenzial vorhanden.

Aus der Karte Bauperiode wurde der Gebäudebestand der vor 1960 realisierten Bauten zu (roten) Flächen zusammengefasst. Als Flächen dargestellt sind Gebäudegruppen von mindestens 8 bis 10 Einheiten. Auf Grund des Baustandard dieser Bauten können neben der Nachverdichtung auf bereits überbauten Flächen auch Ersatzneubauten sinn- voll sein, um z.B. die heutigen Energiestandards oder die modernen Wohnraumbedürf- nisse besser erfüllen zu können.

B. Ermittlung der Potenzialräume

Für die nähere Betrachtung sind diejenigen Gebiete interessant, welche ein tiefe bauli- che Dichte aufweisen und gleichzeitig über einen alten Gebäudebestand verfügen. In diesen Bereichen stehen wegen der kleinteiligen Parzellenstruktur allgemeine planeri-

ARCOPLAN Ennetbaden 8 sche Ansätze im Vordergrund, um das vorhandene Verdichtungspotenzial nutzbar ma- chen zu können. Betroffen sind im Wesentlichen die „herkömmlichen“ Wohnzonen.

In den Kern- und Dorfzonen bestehen bereits erhöhte qualitative Anforderungen, welche direkt im Baubewilligungsverfahren durchgesetzt werden können. Im Rahmen von opti- mierten Entwicklungen von gesamten Schildern sind hier städtebauliche und freiraum- planerische Überlegungen sinnvoll. Solche planerischen Massnahmen bedingen eine vertiefte örtliche Betrachtung in Form von Struktur- oder Richtplänen.

C. Ergebnisse aus Planungsprozess

Die innere Siedlungsentwicklung umfasst schliesslich ein breites Spektrum möglicher Handlungsoptionen, um eine grösstmögliche Umsetzung der raumplanerischen Ziele erreichen zu können, z.B. - generelle Anreize für die bauliche Verdichtung unter Berücksichtigung der angestreb- ten umgebungsgestalterischen und funktionalen Qualitäten, - gebietsweises Aufzeigen möglicher Umstrukturierungs- oder Verdichtungsmassnah- men - verbindliche Sicherung in Bauzonenplan / BNO oder in Gestaltungsplänen, - Beratung von Bauherren / Architekten / Investoren durch Verwaltungsstellen oder beigezogene Fachpersonen.

4.2 Verdichtung in älteren, unternutzten Wohnquartieren

Es handelt sich um Gebiete, die ein theoretisches Verdichtungspotenzial aufweisen, für die jedoch z.B. wegen der kleinteiligen Parzellenstruktur, der ungeeigneten Parzellen- formen oder der kaum aktiv zu beeinflussenden Veränderungsdynamik raumplanerische Massnahmen kaum gebietsspezifisch festgelegt werden können. In Reinach betrifft dies vor allem die grossflächigen Wohnzonen. Auffallend sind hier die oft relativ grossen Parzellenflächen, in welchen mit einer moderaten Anhebung der Ausnützungsziffer zu- sätzliche Wohneinheiten entstehen könnten.

Die alleinige Anhebung der Ausnützungsziffer AZ gewährleistet aber noch keine zusätz- lichen Einwohner, da in der Regel eher eine Vergrösserung der Wohnfläche pro Ein- wohner entsteht. Deshalb soll ein entsprechender Bonus an die Realisierung von zu-

ARCOPLAN Ennetbaden 9 sätzlichen Wohneinheiten gebunden werden. Mit der Anhebung der AZ von 0.45 auf 0.55 könnten folgende Anreize geschaffen werden.

Landfläche Geschossfläche bei AZ 0.45 Geschossfläche bei AZ 0.55 Anreize 400 m2 180 m2 220 m2 Parzellen zusammen- 2 2 2 legen, bessere 500 m 225 m 275 m Gesamtlösungen 2 2 2 600 m 270 m 330 m Anstelle EFH Platz für 700 m2 315 m2 385 m2 ein DEFH oder für 3 2 2 2 Geschosswohnungen 800 m 360 m 440 m

In den älteren Wohnquartieren mit vielfach guter Durchgrünung soll eine massvolle Ver- dichtung mittels baurechtlichen Anreizen initiiert werden. Eine Quantifizierung solcher Anreize ist in der Realität schwierig bzw. kaum abschätzbar. Bei sich abzeichnenden Veränderungsprozessen kann eine parzellenübergreifende Planung interessant werden, da sie eine gewisse bauliche und umgebungsgestalterische Identität im Quartier schafft mit gemeinschaftlichen Parkierungslösungen. Die Anhebung der Ausnützungsziffer soll verdichtete Gebäudetypologien ermöglichen, die mehr Wohneinheiten zulässt oder un- terschiedliche Wohnungsgrössen ermöglicht.

3-Familienhaus Anbau „Stöckli“ Doppeleinfamilienhäuser

Eine zusätzliche Bestimmungen in der BNO der Gemeinde könnte wie folgt formuliert werden: „Werden innerhalb der Wohnzone W2 auf überbaut geltenden Parzellen, die weniger als 1‘000 m2 anrechenbare Grundstücksflächen aufweisen, zusätzliche Wohneinheiten realisiert, so erhöht sich die zulässige Ausnützung auf 0.55. Vorausset- zung für die Bewilligung ist der Nachweis einer sorgfältigen Umgebungsgestaltung mit angemessener Durchgrünung. Eine Kumulierung des Nutzungsbonus mit den Bestim- mungen der Arealüberbauung ist nicht zulässig.“

4.3 Strukturplan Zentrum Oberdorf / Unterdorf

Gemäss dem Entwicklungsleitbild der Gemeinde Reinach ist eines der wesentlichen Ziele die qualitative Entwicklung des gut funktionierenden Zentrums im Oberdorf und im Unterdorf. Diese tagsüber gut belebten Zentren weisen diverse öffentliche und auch vielfältige publikumsorientierte Nutzungen auf. Zudem finden sich gemischte Wohn- und Gewerbenutzungen sowie reine Wohnbauten. Die stark befahrenen Hauptverkehrsach- sen bringen erhebliche Lärmimmissionen mit sich, tragen aber auch zur guten Erreich- barkeit bei. Aus der bisherigen Siedlungsentwicklung ging ein Nebeneinander unter- schiedlichster Gebäudetypologien hervor. Teilweise sind stark identitätsbildende und gut erhaltene Ortsteile vorhanden. Im Übrigen führte aber die neuere bauliche Entwicklung zu einer Verflechtung unterschiedlichster Gebäudetypen. Die gewachsenen Siedlungs- strukturen wurden verdrängt oder sind nicht mehr ablesbar. Die unterschiedlichen Frei- raumtypen entstanden eher zufällig als Ergebnis der jeweils angegliederten Nutzungen. Sie entfalten in der heutigen Situation keine zusammenhängende funktionale Wirkung.

Bauernhaus Eh. Fabrik- gebäude

ARCOPLAN Ennetbaden 10

Villa Schulhaus Sonnen- Unterdorf schein

Der Strukturplan Zentrum Oberdorf / Unterdorf soll die wesentlichen Elemente einer gesamtheitlich geplanten und attraktiven Entwicklung hervorheben, welche die ortbauli- chen, nutzungsmässigen und funktionalen Belange mit einbezieht. Er zeigt die erhal- tenswerten Strukturen und enthält eine darauf abgestimmte Abfolge unterschiedlicher Freiraumtypen, worin auch die Langsamverkehrswege eingebunden sind. Er berück- sichtigt bauliche, verkehrliche und aussenräumliche Aspekte in ausgewogenem Masse.

Strukturplan Zentrum Oberdorf / Unterdorf

ARCOPLAN Ennetbaden 11 4.4 Quartierweise Entwicklungsrichtpläne

Begründungen zu den beiden ausgewählten Perimetern

Beim Schild „Alte Strasse, Metzgergasse, Haupt- und Alzbachstrasse“ handelt es sich um einen zentrumsnahen Bereich mit der in Reinach besten OeV-Güteklasse B. Hier besteht ein ausserordentlich hohes, wohl primär für Wohnen geeignetes Potenzial zur inneren Siedlungsentwicklung. Gleichzeitig ist aber auch die alte dörfliche Struktur noch vielfach gut ablesbar. In deren Umfeld muss sorgfältig geplant werden, um eine identi- tätsbildende Entwicklung zu gewährleisten. Erhaltenswerte ortsbauliche, architektoni- sche und aussenräumliche Situationen können mit gezielt gesetzten Neubauvolumen ergänzt werden. Mit konzentrierten Erschliessungen können den Ort prägende Freiräu- me geschaffen werden (Blick auf Wyna, vom MIV befreite Begegnungsräume, parkarti- ger Aussenraum um die Villen usw.). Die grösste noch unüberbaute Fläche gehört dem Kanton und soll zielgerichtet für eine gesamt optimierte Entwicklung eingesetzt werden. Der Richtplan im Schild Alte Strasse, Metzgergasse, Haupt- und Alzbachstrasse soll die gewachsenen ortsbaulichen Strukturen in ein gesamthaft geplantes Konzept einbinden.

Der Schild „Sandgasse, Baselgasse, Florastrasse, Tödistrasse“ ist Teil des Zentrums Unterdorf mit den vielfältigen publikumsorientierten Nutzungen. Er liegt unmittelbar ne- ben der Bahnhaltestelle, weshalb auch hier die in Reinach beste OeV-Güteklasse B vorhanden ist. Das Potenzial in Form von unüberbauten und unternutzten Parzellen soll genutzt werden, um die Entwicklungsmöglichkeiten für bestehende grosse Läden zu sichern und um mit dichten Wohnbauformen eine ausgeprägte innere Siedlungsent- wicklung zu lancieren. Das aufgehobene Bahntrassée soll als attraktiver Begegnungs- raum für Fussgänger und Velofahrer genutzt werden. Dieses kann zu einem identitäts- bildenden Element im Quartier werden, welches das Rückgrat der umliegenden Bauten bildet. Siedlungstypologisch muss der Übergang von den grossvolumigen Bauten im Zentrum Unterdorf in Richtung der kleinstrukturierten und heterogenen Wohnquartiere bewältigt werden. Mit zusammengefassten Erschliessungsachsen können attraktive Freiräume geschaffen werden, die frei vom motorisierten Verkehr sind. Die Gemeinde und der Kanton als Eigentümer von unüberbauten oder unternutzten Parzellen können ihr Land zielgerichtet in gesamthaft optimierte Planungen einwerfen, um so im Richtplan Zentrum Unterdorf den Übergang von den publikumsorientierten Nutzungen ins rück- wärtige Wohnquartier in vorbildlicher Weise zu lössen.

ARCOPLAN Ennetbaden 12 Richtplan „Alte Strasse, Metzgergasse, Haupt- und Alzbachstrasse“

Wesentlichste Inhalte: - Erhaltenswerte und ergänzende Siedlungsstrukturen, - Berücksichtigung örtliche Situation (Wynaraum, ortsbauliche Merkmale, Lärm), - Sicherung einer schildweisen und rationellen Erschliessung.

Quantifizierung des Entwicklungspotenzials

Im gesamten Richtplangebiet sind theoretisch gut eingepasste Neubauvolumen mit einer Gebäudefläche von 4‘350 m2 möglich. Bei durchschnittlich 3½ Geschossen ergibt dies eine Geschossfläche von rund 15‘225 m2. Bei einer Wohnungsgrösse von 120 m2 können 126 Wohnungen entstehen, in denen rund 300 bis 350 Einwohner Platz finden.

Auf Grund der vorhandenen Parzellen- und Eigentumsstruktur dürfte im raumplanerisch üblichen Planungshorizont von 10 bis 15 Jahren die Umsetzung von einem Drittel bis zur Hälfte des gesamten Entwicklungspotenziales realistisch sein.

ARCOPLAN Ennetbaden 13 Richtplan „Sandgasse, Baselgasse, Florastrasse, Tödistrasse“

Wesentlichste Inhalte: - Flächen für publikumsorientierte Nutzungen sichern, - Land der Gemeinde und des Kantons für in öffentlichem Interesse liegende Nutzun- gen einwerfen, - freiraumplanerische und städtebauliche Vorgaben für Gesamtplanung (Richtplan, Gestaltungspläne).

Quantifizierung des Entwicklungspotenzials

Im gesamten Richtplangebiet sind theoretisch gut eingepasste Neubauvolumen mit einer Gebäudefläche von 5‘000 m2 möglich (ohne grossvolumige Zentrumsbauten). Bei durchschnittlich 4 Geschossen ergibt dies eine Geschossfläche von rund 20‘000 m2. Bei einer Wohnungsgrösse von 120 m2 können 167 Wohnungen entstehen, in denen rund 420 bis 500 Einwohner Platz finden.

Auf Grund der vorhandenen Parzellen- und Eigentumsstruktur dürfte im raumplanerisch üblichen Planungshorizont von 10 bis 15 Jahren die Umsetzung von einem Drittel bis zur Hälfte des gesamten Entwicklungspotenziales gut möglich sein.

Folgerungen aus den beiden Richtplänen:

- Die Richtpläne geben erste Anhaltspunkte, wie mit einer parzellenübergreifenden Arealentwicklung bessere Gesamtlösungen erreicht werden, von denen schliesslich die Einzelnen wiederum profitieren können und wie allenfalls auch im öffentlichen In- teressen liegende Entwicklungen möglich sind. - Bei konkreten Bauvorhaben können die Richtpläne beigezogen werden, um beurtei- len zu können, ob diese im Kontext einer guten Gesamtlösung liegen und den Ent- wicklungszielen der Gemeinde nicht widersprechen.

ARCOPLAN Ennetbaden 14 - In den vorhandenen örtlichen Situationen sind 3- bis maximal 4-geschossige Bauten realisierbar, so dass sie die bestehende Siedlungsstruktur gut unterstützen und er- gänzen können. Das Mass der baulichen Dichte hängt auch wesentlich von der Qua- lität und der Sorgfalt der jeweiligen konkreten Planung ab. - Die angedachten Frei- und Aussenräume ermöglichen eine identitätsbildende, im öffentlichen Interesse liegende Entwicklung.

5. Fazit und Schlussfolgerungen

Die planerische Umsetzung der inneren Siedlungsentwicklung umfasst ein breites Spektrum, das je nach Aufgabenstellung gezielt angewendet werden muss. In Frage kommen folgende Aspekte: - Sensibilisierung auf vorhandene Qualitäten, - Lancierung von parzellenübergreifenden, gebietsweisen Planungen, - Durchsetzung mittels geeigneter Planungsinstrumente, - Beratung von Bauwilligen, Projektverfassern, Investoren.

In Reinach sind erhebliche Qualitäten vorhanden, mit denen auf allen Planungsebenen sorgfältig umgegangen werden muss. Bauwillige, Projektverfasser und Investoren, aber auch die gesamte Bevölkerung sind laufend auf diese ortstypischen Merkmale hinzu- weisen. Ein Instrument wie der skizzierte Strukturplan kann mithelfen, die vorgefunde- nen Qualitäten plausibel erklären zu können und die örtlichen Zusammenhänge aufzu- zeigen. Der Strukturplan kann als eine erste grundlegende Basis für weitergehende Planungen dienen, worin mit vertretbarem Aufwand die Problemstellung erkannt und die wesentlichen Ziele definiert werden können.

Gebietsbezogene Richtpläne sollen vor allem dort erarbeitet werden, wo ein hohes öf- fentliches Interesse an einer gesamthaft geplanten, qualitativen ortsbaulichen und aus- senräumlichen Entwicklung besteht. In Gebieten ohne solche speziellen Anhaltspunkte sind sie vor allem dann sinnvoll, wenn mindestens ein Teil der Eigentümer an der bauli- chen Realisierung interessiert ist. Richtpläne zeigen erst in unverbindlicher Form auf, wie eine Entwicklung möglich ist. Dies hat den Vorteil, dass in einer ersten Phase ein kooperativer Prozess ohne Zwangsmassnahmen möglich ist. Wo nötig, müssen sie aber in grundeigentümerverbindlicher Form um- bzw. durchgesetzt werden (z.B. in Gestal- tungs- und Erschliessungsplänen).

Allgemeine, zonenbezogene Verdichtungsmassnahmen sollen Anreize für verdichtete Wohnbauformen schaffen, die sich in angemessener Weise in die Quartierstruktur ein- fügen und die dafür als notwendig erachteten Qualitäten sichern. Vor allem in älteren Wohnquartieren mit tiefer baulicher Dichte könnte dabei ein erhebliches Entwicklungs- potenzial ausgelöst werden. In Reinach finden sich diese auch in vertretbarer Nähe zu den Anschlusspunkten des öffentlichen Verkehrs.

Die Themen der inneren Siedlungsentwicklung sind sehr vielschichtig. Sie liegen für Laien in der Regel nicht „auf der Hand“. Durch eine aktive Beratung von Bauwilligen, Projektverfassern und Investoren könnten in einer frühen Phase wertvolle Hinweise gegeben werden, die eine quantitative wie auch qualitative innere Siedlungsentwicklung unterstützen. Mit einer in die Bauverwaltung bewusst integrierten und darauf ausge- richteten Fachstelle oder einer extern beigezogene Beratung könnte die innere Sied- lungsentwicklung auf noch breiterer Basis lanciert werden.

In einer Gemeinde wie Reinach ist das quantitative Verdichtungspotenzial erheblich. Jedoch muss das theoretische deutlich vom realistisch umsetzbaren Verdichtungspo- tenzial unterschieden werden. Die quantitative Entwicklung soll aber nicht primär im Vordergrund stehen, sondern vor allem die im örtlichen Kontext verträgliche Dichte.

ARCOPLAN Ennetbaden 15 In der praktischen Anwendbarkeit haben sich vor allem die vom Kanton zur Verfügung gestellten Karten mit dem Alter der Bausubstanz und den Einwohnerdichten pro Quar- tier als wertvoll erwiesen. Sie verschaffen relativ rasch einen Überblick, wo das grösste Verdichtungspotenzial vorhanden ist und geben in Kombination mit dem Erneuerungs- bedarf gute Hinweise, welche Gebiete genauer betrachtet werden müssen. Die Karten mit den Gebäudetypen und den Altersklassen waren hingegen in unserer Betrachtung weniger zweckdienlich. Die Altersklassen geben in Reinach zu wenig Aussagen über örtliche Unterschiede her und müssen vor allem dort, wo sich die Gebietsabgrenzungen auf Einzelparzellen beziehen, hinsichtlich ihrer Plausibilität hinterfragt werden. Die Ge- bäudetypen sind sehr pauschal und sagen zu wenig über die eigentlichen Typologien aus.

Anhänge

Erarbeitete Themenpläne

1 Grundnutzung / Dichte / Alter der Bausubstanz

2 Überbauungsstand / Überlagerungen im Baugebiet (Gestaltungsplanpflicht, Arealentwicklung, geordnete Siedlungsentwicklung)

3 Grundeigentum Kanton, Gemeinde und weitere

4 Ortsbildschutzperimeter / Bauinventar

5 Entwicklungskonzept Reinach (aus der Gesamtrevision Nutzungsplanung)

6 Siedlungsentwicklung auf der Basis ISOS

7 Parzellengrössen

Zur Verfügung gestellte Grundlagen der Abteilung Raumentwicklung

1 Altersklassen und Bauzonen

2 Bauperiode gemäss eidg. Gebäude- und Wohnungsregister GWR

3 Einwohnerdichte in der überbauten Wohn- / Mischzone im Jahr 2010

4 Landschaft ausserhalb Siedlungsgebiet

5 Gebäudetyp gemäss eidg. Gebäude- und Wohnungsregister GWR

6 Lärmempfindlichkeitsstufen und Strassenlärmkataster

7 Stand Erschliessung 2011 und ÖV-Güteklassen

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