<<

stadt Das offizielle Magazin der Stadt - journal Juni 2016 HSR-LAB INTERVIEW : PORTRÄT Kunststoffbecher Das Schloss in Weinfachmann aus Schülerhand neuem Licht Christopher Ammann

«Ich ‹pröble› einfach gern» Myrta Zweifel, Stadtgärtnerin porträt 2 Juni 2016 Foto : Katharina Wernli Katharina Foto :

Impressum Das «Stadtjournal», das offizielle Magazin der Stadt Rapperswil-Jona, erscheint zwei- bis dreimal jährlich und wird an alle Haushaltungen in Rapperswil-Jona verteilt. Zusätzliche Exemplare sind auf Anfrage bei der Stadtkanzlei erhältlich.

Redaktion Herausgeberin : Hansjörg Goldener (Leitung), Antonio Cortesi, Stadtverwaltung Rapperswil-Jona Markus Gisler, Jacqueline Olivier, St. Gallerstrasse 40 Thomas Rüegg, Laura Verbeke. 8645 Jona Design Katja Hösli, MDC GmbH, Teufen AR Druck Bruhin Druck AG, porträt Juni 2016 3

EDITORIAL Schloss oder Burg oder was?

Liebe Einwohnerinnen und Einwohner ausstellung bereichern und zu einem von Rapperswil-Jona spannenden Erlebnis werden lassen. In der vorliegenden Ausgabe des «Stadt- «Haben Sie die Burg Rapperswil schon journals» werden Peter Niederhäuser besichtigt?» Wenn ich diese Frage einem und Basil Vollenweider über ihre Arbeit auswärtigen Besucher stellen würde, berichten und bereits einige Geheim- dürfte ich zumindest einen überraschten nisse lüften. Für einen weiteren histo- Blick ernten. «Meinen Sie das Schloss?», rischen Exkurs sorgt der Stadtarchivar wäre wohl die Antwort. «Nein, ich meine Markus Thurnherr; er ist der Geschichte die Burg», könnte ich beharren. Mache des alten Feuerwehrdepots in Rappers- ich aber nicht. Wider besseres Wissen wil nachgegangen. Neben dem Thema werde ich auch künftig vom Schloss Geschichte, für das in unserer Stadt sprechen: Ganz einfach, weil die statt- ein beinahe unerschöpflicher Fundus liche Anlage auf dem diese vorhanden ist, bilden im «Stadtjournal» Bezeichnung verdient. Aber auch, um aber auch die ständigen Rubriken einen Missverständnisse zu vermeiden und Schwerpunkt. Nachdem im Dezember weil ich meiner dreijährigen Enkelin unter «Arbeiten in Rapperswil-Jona» nicht die Illusion rauben will, dass im der Jahreszeit entsprechend noch Schloss einmal ein Prinz gewohnt haben das «Schneeräumen mit Herzblut» könnte. im Vordergrund stand, setzt nun die Stadtgärtnerin Myrta Zweifel den Reigen Mit Blick auf die für das Schloss geplante fort. Ebenfalls ein bekanntes Gesicht ist Neukonzipierung ist es aber unabhängig Christopher Ammann, der Einheimische von der Bezeichnung wertvoll, über mög- und Gäste gleichermassen gern durch lichst viele Fakten zu seiner Geschichte die Weinberge und die Altstadt führt. zu verfügen. Viele Erkenntnisse liegen Erich Zoller ja bereits vor, doch einige davon halten Stadtpräsident Schliesslich begegnen Sie, liebe Leserin- den heute geltenden wissenschaftlichen nen und Leser, wiederum einer Hausge- Beurteilungen nicht stand. Deshalb ser Aufarbeitung wurden die Historiker schichte, sind erneut mit den Jugendre- haben sich der Ortsverwaltungsrat und Peter Niederhäuser aus Winterthur und portern unterwegs und lernen mit Pro der Stadtrat entschieden, das Schloss Basil Vollenweider aus Rapperswil-Jona Pomasqui einen weiteren der zahlrei- einerseits einer archäologischen Unter- beauftragt. Die beiden Forscher haben chen Vereine unserer Stadt kennen. Und suchung zu unterziehen und anderseits neue Geschichten zur Schlossgeschichte alles zusammen garantiert Ihnen eine seine Geschichte aufzuarbeiten. Mit die- entdeckt, welche die künftige Dauer- informative und vergnügliche Lektüre.

Inhalt

4 Aktuelles aus der Stadt

6 Im HSR-Lab werden Schüler zu Unternehmer

10 Permanence im Merkurhof: Neuorganisation des Notfalldienstes

12 Die Stadt in Zahlen: Die Wasserversorgung in Rapperswil-Jona

15 Stadtrat Thomas Furrer über die «Surprise» und die Grenzen der Planbarkeit

16 Peter Niederhäuser und Basil Vollenweider – zwei Historiker und ein Schloss

20 10 Fragen an den Umweltbeauftragten Peter Lanz

21 Die Herrin der Rosen: Stadtgärtnerin Myrta Zweifel 24 Die Jugendreporter im Gespräch mit einem jungen Manga-Zeichner Juni 26 Das 100-jährige Feuerwehrdepot – ein Blick zurück auf die Anfänge

29 Der Verein Pro Pomasqui engagiert sich für ein Dorf in Ecuador 2016

32 Der Weinkenner und Geschichtenerzähler Christopher Ammann

34 Hausgeschichten: Der Saal-Anbau des Hotels Schwanen news aus der stadt 4 Juni 2016

Neues Forschungszentrum Ein Meilenstein in der Geschichte der HSR

Das Beste kommt bekanntlich immer zum Schluss: Die Eröffnung des neuen Forschungszentrums der Hochschule für Technik Rapperswil

(HSR) ist sozusagen das Abschieds- Foto: Tobias Ryser geschenk von Rektor Hermann Mettler, der Ende Februar 2017 in den Ruhestand treten wird, an die Hochschule und den Bildungs- standort Rapperswil-Jona. Nach jahrelanger Planung und zweijäh- riger Bauzeit konnte der grosszü- gige Bau an schönster Lage am See Anfang Jahr bezogen werden, Ende April fand die offizielle Eröffnung mit einem Festakt für geladene Gäs- te und Medien sowie einem Tag der offenen Tür mit diversen Attraktio- nen für die Bevölkerung statt. 11 der 17 Institute der HSR haben im Forschungszentrum eine neue Lange geplant, endlich in Betrieb: das neue Forschungszentrum der HSR. Unterkunft und ideale Bedingungen für ihre Arbeit gefunden. Statt wie Austausch – etwa in der Cafeteria im zimmer sowie Arbeitsplätze für bis vor Kurzem auf dem ganzen Erdgeschoss – und profitieren von Studentinnen und Studenten zur Campus verstreut und teilweise multifunktionalen Räumen. Auf Verfügung. Herzstück ist ein unter- sogar in Schulzimmern, befinden den insgesamt 6500 Quadratmetern teilbarer Saal für Veranstaltungen sie sich nun unter einem Dach, ha- stehen 20 Büros, zwei Unterrichts- aller Art, der rund 200 Personen ben Möglichkeiten für informellen räume, mehrere Besprechungs- Platz bietet. (red)

Migrationsbegleitung Freiwillige engagieren sich für Flüchtlinge

Die Bilder der vielen Menschen, die seit Monaten nach Europa drängen, haben auch in Rapperswil-Jona grosse Hilfsbereit- schaft ausgelöst. Einwohnerinnen und Einwohner fragten bei den Kirchen und beim Sozialamt der Stadt nach Möglichkeiten, sich für die Asylsuchenden und Flüchtlinge zu engagieren. Des- halb haben das Sozialamt, die Katholische und die Evangelische Foto: Hannes Heinzer Kirchgemeinde sowie die Freikirche Prisma, die seit einigen Jah- ren Erfahrungen mit Freiwilligenarbeit im Asylbereich gesam- melt hat, im April gemeinsam das Projekt «Migrationsbegleitung Rapperswil-Jona» gestartet. Dank dieses Projekts können Freiwillige nun in diversen Angeboten für Asylsuchende und Flüchtlinge mitarbeiten. Im wöchentlichen «Helppoint» beispielsweise unterstützen sie die Teilnehmenden bei allerlei administrativen Arbeiten: Bewer- bungen schreiben, Formulare ausfüllen, Unterlagen übersetzen. Weitere Teilprojekte, in denen Freiwillige eingesetzt werden, sind Deutschkurse, Begleitung von Asylsuchenden respektive Flüchtlingen, Schweizer Kultur, Bewegung und Tanz für Frauen und Kinder sowie ein Fahrradflickkurs. Die Gesamtleitung der Migrationsbegleitung liegt beim städtischen Sozialamt. Mittlerweile sind rund 50 Freiwillige im Einsatz. (red) Im Helppoint werden Flüchtlinge bei diversen Arbeiten unterstützt. news aus der stadt Juni 2016 5

Werbeaktionen der Stadtbibliothek Das vielfältige Angebot nach aussen tragen

tenlosen Monaten. Neukunden erhalten mit den Bürgerversammlungsunterlagen im Mai einen Gutschein für ein dreimo- natiges Schnupperabo. Und auch beste- hende Kunden werden gepflegt: Bis Ende

Foto: Hannes Heinzer Juni können sie in der Stadtbibliothek zwei Gutscheine beziehen, mit denen sie pro Gutschein 10 Franken Ermässigung auf den Eintrittspreis für Koprodukti- onen der Bibliothek mit der Alten Fabrik erhalten – etwa für die Reihe «Freitags in der Fabrik» oder für Lesungen. Man wolle mit diesen Aktionen das vielfältige Angebot der Stadtbiblio- thek nach aussen tragen und sichtbar machen, sagt Bibliotheksleiterin Simone Hotz-Zwissler. «Wir werben auch um Neukunden, die uns und unsere Dienst- leistungen noch nicht kennen. Denn Bibliotheken sind heute mehr als reine Die Stadtbibliothek pflegt bestehende Kunden und will neue gewinnen. Bücherausleihstellen.» Bibliotheken verstünden sich heute als öffentlicher Die Stadtbibliothek Rapperswil-Jona hat Einwohnerinnen und Einwohner der Raum, der zum Verweilen, Lesen, sich für dieses Jahr diverse Werbeak- Stadt für ihre Bibliothek. Zudem wurden Arbeiten, Spielen und für Begegnungen tionen ausgedacht, die teilweise bereits ehemalige Kundinnen und Kunden genutzt werden könne. Angeboten wür- gestartet sind. Etwa die dreiwöchige Pla- angeschrieben und profitieren bei einer den in diesem Raum nicht nur Bücher, katekampagne von Ende April bis Mitte Erneuerung ihres Jahresabonnements sondern auch Filme, CDs, Zeitungen Mai: Auf Plakaten im Weltformat warben bis Ende Mai von drei zusätzlichen, kos- oder Zeitschriften. (red)

Energiespartipp Ein angenehmes Raumklima ohne Klimaanlage

Die Sonne kann uns ganz schön einheizen. Sie können aber Wer bewusst beschattet und lüftet, geniesst auch an heissen Räume mit einfachen Mitteln sinnvoll und umweltschonend Tagen ein behagliches Raumklima und kann auf eine Klimaan- lüften und kühlen. Damit Sie auch im Sommer einen kühlen lage verzichten. Kopf bewahren. Quelle: Energieagentur St. Gallen • Schliessen und beschatten Sie jedes Fenster mit aussenlie- genden Storen oder Fensterläden, bevor die Sonne direkt in den Raum scheint. • Lüften Sie dann, wenn es draussen kühler ist als drinnen, und lassen Sie wenn möglich die Räume über Nacht bei geöffneten Fenstern auskühlen.

Neben der Sonne und uns Menschen sind auch elektrische Geräte und Beleuchtungen Wärmequellen.

• Geräte in Betrieb, in Wartestellung und teilweise auch ausgeschaltet geben Wärme ab. Setzen Sie nur jene Geräte unter Strom, die Sie auch nutzen. Im «Stadtjournal» veröffentlicht die Ener- • Auch alte Glühbirnen und Halogenlampen geben neben giestadt Rapperswil-Jona jeweils in dieser Licht vor allem Wärme ab. Setzen Sie effiziente Leuchtmittel Rubrik einen Tipp, wie man im Alltag ganz ein, die nur Licht abgeben. einfach Energie sparen kann. aktuell 6 Juni 2016

Sprödes Material, zähes Material? Mit der Zugprüfmaschine werden Festigkeitskennwerte ermittelt. Die Neugier der Jugendlichen auf Technik wecken Hemmschwellen gegenüber technischen Berufen abbauen – das will das HSR-Lab, in dem Schüle- rinnen und Schüler Technik hautnah erleben können. Das Ziel des 2012 lancierten Projekts: Jugend- liche zu einer technischen Ausbildung ermutigen. Wie, das zeigt ein Besuch im Schülerlabor.

Text: Laura Verbeke «Neeeiiiin – mir gefällt gar keins die- mentieren, dass alle wissen, was die Fotos: Hannes Heinzer ser Lieder. Müssen wir denn überhaupt jeweils anderen gemacht haben. Doch eines nehmen?», fragt das zweite. Es wer sind die anderen? «Musigg i dä Schwiiz» – das Lied des scheint, als ob man sich noch länger Schweizer Musikers Bligg ertönt laut- nicht einig würde. Wir werden sehen. Jedem sein «Ämtli» stark aus den Computerlautsprechern. Die drei Mädchen bilden das «Team Die anderen, das sind die Mitschüle- Um den Computer herum sitzen drei Kommunikation» am heutigen Tag im rinnen und Mitschüler der Oberstufen- Mädchen, vertieft in die Diskussion, HSR-Lab (siehe Kasten). Ihre Aufgabe: klasse aus Oberarth, die sich zu Beginn was denn jetzt die beste musikalische die Fäden in der Hand zu halten, dafür des Tages in fünf Teams eingeteilt ha- Untermalung für ihren Film sei. «Nein, zu sorgen, dass der Informationsaus- ben. Innerhalb dieser Teams simulieren Bligg gefällt mir nicht, nimm lieber tausch zwischen den einzelnen Teams sie die Arbeitsabläufe in einem Indus- ‹Haus am See›», sagt eines der drei. funktioniert, und den Tag so zu doku- triebetrieb. Da wären die Abteilungen aktuell Juni 2016 7

Design, Finanzen, Forschung, Technik cher zu zahlen? Das soll die Sorge der und eben Kommunikation. Das Ziel: Finanzabteilung sein. Heute also die Gemeinsam ein Produkt zu realisieren, von Brigitta Ehrig, da die Klasse zu klein indem die Jugendlichen von der Idee bis war, um alle Abteilungen mit Schülern zum fertigen Objekt die verschiedenen zu besetzen. «Wenn der Markt nur drei Aufgaben miteinander gestalten. «Die Franken für unser Produkt bezahlen Schülerinnen und Schüler sollen hier will, dieses aber vier Franken kostet, live miterleben, wie vielseitig die Arbei- dann muss man in einem Betrieb auch ten in einem solchen Betrieb sein kön- mal mit Entlassungen rechnen», sagt die nen und dass es noch weit mehr als ‹nur› «Finanzchefin». Was die wirtschaftli- die kaufmännische Ausbildung oder die chen und sozialen Konsequenzen eines Matura gibt», sagt Brigitta Ehrig, Koor- solchen Entscheids sind, das sollen die dinatorin des HSR-Lab. Schülerinnen und Schüler realisieren. Aus diesem Grund erzählen die vier Bei den einen klappts – bei den ande- Betreuerinnen und Betreuer der HSR ren weniger. «Wir hatten schon Klassen, den Neuankömmlingen jeweils am Mor- da hiess es, man entlasse einfach alle gen als Erstes, wie sie zu ihren Berufen Mitarbeitenden, dann komme das schon gekommen sind, und zeigen auf, wie sie gut», meint Brigitta Ehrig schmun- heute alle zusammenarbeiten, obwohl zelnd. Auch an diesem Tag werden sich sie ganz unterschiedliche Ausbildun- aus Spargründen zwei Designer in die gen absolviert haben. Hier ziehen unter «Selbstständigkeit verabschieden», und anderem Konstrukteure, Kunststoff- die Kommunikation übernimmt für ein- technologen und Betriebswirtschafter mal zusätzlich die Aufgaben der Finanz- am gleichen Strick. Und das Beste: Es abteilung. funktioniert. Es kann auch mal schiefgehen Von Werkstoffen und Eiswürfeln Es klirrt in der Ecke neben dem Lavabo. Entwickelt wird heute ein Trinkbecher Ein Junge schaut hilfesuchend zu Bri- aus Kunststoff – im Fachjargon: ein gitta Ehrig. «Nicht schlimm – einfach HSR-Designbecher. Das Spezielle dar- die Scherben in den Abfall werfen», an: Im Boden des Bechers befinden sich sagt diese gelassen. Gesagt, getan. Die vier quadratische Einbuchtungen. In Scherben sind in null Komma nichts diese kann Wasser gefüllt und der Be- weggeräumt und der Junge im weissen cher anschliessend ins Tiefkühlfach ge- Laborkittel verschwindet wieder in der stellt werden. Die sich darin bildenden Forschungsabteilung. Wenn man der Eiswürfel lösen sich im Kontakt mit der Meinung sei, dass hier immer alles rei- Flüssigkeit des Getränks aus dem Bo- bungslos funktioniere, dann irre man den – fertig ist der kühle Drink. gewaltig, sagt Brigitta Ehrig. «Wir hat- Bevor aber überhaupt an Eiswürfel ten auch schon Tage, an denen es am zu denken ist, müssen andere Dinge Schluss keinen einzigen Becher gab, in Erfahrung gebracht werden. Welche den die Schülerinnen und Schüler mit Farbe soll der Becher haben? Um dies zu nach Hause nehmen konnten, da sich Neues Terrain für die Jugendlichen: beantworten, führt die Abteilung De- die Werkzeuge der Maschine ineinan- Nicht immer ist alles klar. sign eine «Kundenumfrage» (hier eher der verhakt hatten.» eine Schülerumfrage) durch. Durch- Heute scheint alles wie geschmiert setzen wird sich am Schluss die Farbe zu laufen: Die grünen Becher kommen Beitrag zur MINT-Initiative Grün. Eine andere Frage, welche die ju- in Viererreihen vom Laufband und des Bundes gendlichen Labormitarbeiterinnen und werden sogleich von sechs Kinder- -mitarbeiter zu klären haben: Welchen augen begutachtet. Im Hintergrund Der Bundesrat hat 2010 einen Bericht zum Werkstoff verwenden wir für den Be- wiegt ein Mädchen bereits das Granu- Mangel an MINT-Fachkräften (MINT = Ma- cher? Hierbei ist besonders auf die All- lat für die nächsten Becher ab. Sehr thematik, Informatik, Naturwissenschaf- tagstauglichkeit zu achten. Um diese zu präzise, so scheint es. Den Kessel mit ten und Technik) in der Schweiz veröffent- prüfen, führt die Forschungsabteilung den abertausend kleinen Kügelchen licht. Im Bericht wird eine kontinuierliche Versuche mit verschiedenen Werkstof- bringt die Schülerin schliesslich dem Förderung des Technikverständnisses als fen durch und wählt den am besten ge- Betreuer. Bei der Kontrollfrage, wie unabdingbar bezeichnet. Der Bundesrat eigneten Werkstoff. viel es in den Kessel geschüttet habe, sieht deshalb unter anderem vor, das In- merkt das Mädchen, dass es prompt teresse für die MINT-Fächer auf Vorschul-, Warum nicht alle entlassen? falsch abgewogen hat. Das Ganze also Kindergarten-, Primar- und Sekundar- Bevor das Team der Techniker die Pro- nochmals von vorn. «Heute bin ich ir- stufe I zu fördern. Eine Massnahme, um duktion des Bechers übernimmt, muss gendwie neben der Spur, das ist alles Kindern und Jugendlichen Naturwissen- ein weiterer Punkt erörtert werden: Wie ganz neu für mich», meint die Schüle- schaften und Technik näherzubringen, hoch sind die Herstellungskosten und rin und läuft mit dem Kessel voll Gra- sind ausserschulische Aktivitäten – wie wie viel ist der Markt bereit, für den Be- nulat wieder davon. 3 beispielsweise das HSR-Lab. (lv) aktuell 8 Juni 2016

Das Kernstück des HSR-Lab ist die chen Produktion der HSR gehören, wei- , eines wichtigen Unterstützers Spritzgussmaschine. Mit ihr werden die terlaufen. Wie in echt halt. der HSR, hat schliesslich die Herstel- HSR-Designbecher hergestellt. Auf die Auch die Konzepte hinter den ein- lung des Werkzeugs übernommen. Schülerinnen und Schüler übt sie eine zelnen Elementen aus dem HSR-Lab grosse Faszination aus – besonders der stammen aus dem wirklichen Hoch- «Ich würde gerne immer hier sein» Touch-Display. Wie die Maschine funk- schulbetrieb: «Den Becher, also dessen Der Tag neigt sich. Man trifft sich zur tioniert, haben die «Mitarbeiterinnen Geometrie, sowie das Werkzeug der Schlussbesprechung. Hier wird noch und Mitarbeiter» der Technik-Abteilung Maschine hat einer meiner Studenten in einmal alles gegeben – oder eben nicht. ihren Mitschülern bereits vor einiger seiner Bachelor-Arbeit kreiert», erzählt Am erhöhten Lachpegel merkt man, Zeit kurz und bündig erklärt. Nun folgt Frank Ehrig, Leiter des Instituts für dass es mit der Konzentration langsam die detailliertere Version von Kunst- Werkstofftechnik und Kunststoffverar- bachab geht. Die Mitglieder der einzel- stofftechnologe und Betreuer Karsten beitung (IWK) sowie Initiant des HSR- nen Abteilungen erzählen in kurzen Brandt. Er muss laut sprechen, da die Lab. Die Lehrlingsabteilung der Poly- Präsentationen, womit sie die vorange- Geräte nebenan, welche zur tatsächli- mechaniker der Otto Hofstetter AG in gangenen Stunden verbracht und was

Auf welchen Oberflächen perlt der Wassertropfen ab? aktuell Juni 2016 9

Denk- und Werkplatz Schweiz sichern

Immer weniger Jugendliche entscheiden sich für eine technische Ausbildung. Grün- de dafür könnten falsche Vorstellungen von den Berufen, aber auch fehlende Informationen bezüglich der Möglichkei- ten und der Bedeutung von Naturwissen- schaft und Technik sein. Das 2012 initiierte und in der Schweiz in seiner Art bisher einzigartige HSR-Lab ist ein gemeinnützi- ges Projekt, das eine aktuelle, gesellschaft- liche Herausforderung aufgreift, um den Denk- und Werkplatz Schweiz zu sichern. Die Idee basiert auf dem Vorbild «Baylab Wie die Maschinen funktionieren, erklärt der Profi im Labor. Plastics» der deutschen Bayer AG. Beglei- tet und evaluiert wurde das HSR-Lab von sie dabei herausgefunden haben. Es ist technischen Berufe interessieren wer- der Pädagogischen Hochschule St. Gallen. auch der Moment, in dem Filme Premie- den. So auch heute. Und die Klassen- Die Unterlagen für die verschiedenen re feiern. Zum Beispiel der HSR-Design- lehrerin, die zum Schluss hin das Wort Teams wurden unter didaktischen Aspek- becher-Werbefilm der Abteilung Design. ergreift, ist des Lobes voll: «Ich habe ten teilweise vom Regional-Didaktischen Ein Junge steht vor einer Wand mit ei- euch heute von einer ganz anderen Sei- Zentrum (RDZ) Rapperswil-Jona überar- nem Graffiti und preist die Vorzüge des te kennengelernt», gibt sie den Schülern beitet. Das HSR-Lab wird für die gesamte Bechers an: «Der Preis ist heiss, der Be- zu verstehen. deutschsprachige Schweiz angeboten und cher ist nachfüllbar mit Eis ...» ist eine sinnvolle Ergänzung zu Schnupper- Die Schüler erhalten ausserdem Ganz ohne «Musigg i dä Schwiiz» tagen in Firmen für Oberstufenschüler, die die Möglichkeit, sich zum Tag zu äus- Den krönenden Abschluss bildet die am Anfang ihrer Berufswahl stehen. Von sern – den Betreuern ein Feedback zu zweite Film-Premiere des Tages: Ge- Beginn weg unterstützt wurde das Projekt geben. «Mir hat es so gut gefallen, dass zeigt wird der Film der Abteilung Kom- von der Ernst-Göhner-Stiftung, der Ge- ich gerne immer hier wäre», sagt ein munikation, der die Arbeiten der ein- bert-Rüf-Stiftung sowie der UBS-Stiftung Mädchen – noch immer im Laborkittel. zelnen Abteilungen porträtiert. Die Ju- für Soziales und Ausbildung. Die jeweiligen Von «grossartig» über «tipptopp» bis hin gendlichen schauen gespannt auf den Besuchstage im Lab werden von Unter- zu «naja» reicht jeweils die Palette der Bildschirm. Aus den Lautsprechern nehmen wie der Geberit, Otto Hofstetter Rückmeldungen. Und dann gibt es die kommt weder «Musigg i dä Schwiiz» (Uznach), Wild & Küpfer (), Schülerinnen und Schüler, die im Lab noch «Haus am See». Man hat sich in Haka Gerodur (Benken) oder der Ems Che- ihre wahre Passion entdeckt haben. Die, der Gruppe auf ein völlig anderes Lied mie finanziert. Um der grossen Nachfrage bei denen sehr viel darauf hindeutet, geeinigt: auf einen nach Hip-Hop an- seitens der Schulen nachzukommen, wer- dass sie sich für einen der vielzähligen mutenden Song ohne Worte. ■ den weitere Sponsoren gesucht. (lv) aktuell 10 Juni 2016

Die neueröffnete Permanence im Merkurhof arbeitet mit mehreren Partnern im Haus zusammen. Zentrale Anlaufstelle für medizinische Notfälle Anfang April hat die neue Permanence im Merkurhof den Betrieb aufgenommen. Damit ist in Rapperswil-Jona der Notfalldienst an einem Ort konzentriert. Mit an Bord ist ausserdem das Spital . Das Modell sei zukunftsweisend, meint der ärztliche Leiter Alfons Weber.

Text: Jacqueline Olivier mehr teilzeitarbeitende Frauen mit Kin- gendermassen aus: Täglich von 8 bis 22 Fotos: Hannes Heinzer dern im Beruf ein anderer, meint Alfons Uhr steht die Permanence im Sinne einer Weber. Hinzu komme die Überalterung «Walk-in-Praxis» für Notfallbehandlun- Innerhalb einer Gemeinde oder einer der Hausärzte. «Ab 60 muss man keinen gen offen, eine Voranmeldung ist nicht Region den medizinischen Notfalldienst Notfalldienst mehr leisten.» Dass in den nötig. Von 8 bis 17 Uhr funktioniert sie an zu organisieren, ist in den vergangenen nächsten zehn Jahren eine Pensionie- den Wochentagen ausserdem wie eine Jahren immer schwieriger geworden. rungswelle unter den Hausärzten auf normale Hausarztpraxis. Ab 17 bis 22 Uhr Auch in Rapperswil-Jona, wo es an sich die Schweiz zurollt, wird die Situation übernehmen Kaderärzte des Spitals Lin- zahlreiche Haus- und Fachärzte gibt. zusätzlich verschärfen. Darum haben th den Notfalldienst, am Wochenende Doch für den Notfalldienst steht nur ein die ortsansässigen Haus- und Fachärzte von 8 bis 22 Uhr sind rund 30 Ärzte von Teil von ihnen zur Verfügung, wie Alfons gehandelt und vor etwas mehr als einem Rapperswil-Jona im Einsatz. Wer nach Weber erklärt. Der einstige Chefarzt und Jahr die Ärzteschaft Rapperswil-Jona AG 22 Uhr die Notfallnummer anruft, wird Leiter der Klinik für Innere Medizin am aus der Taufe gehoben (siehe Kasten). Ihr direkt mit der Notfallstation des Spitals Spital Linth in Uznach ist vor zwei Jahren Ziel: Gemeinsam eine Notfallpraxis zu Linth verbunden. Obwohl diverse Spezi- in den Ruhestand getreten – um alsbald gründen und zu betreiben. alisten wie etwa die Kinder-, Augen- oder eine neue Aufgabe zu übernehmen. Als Zahnärzte einen eigenen Notfalldienst ärztlicher Leiter der neuen Permanen- Zusammenarbeit statt Konkurrenz betreiben, werden in der Permanence ce, die am 11. April im Merkurhof an der Aufgegangen ist diese Praxis schliess- grundsätzlich alle Patientinnen und Pa- Güterstrasse ihre Türen für die Patienten lich mit einigen Monaten Verspätung. tienten behandelt oder an entsprechen- öffnete, hatte er schon lange vor der Inbe- Nicht zuletzt deshalb, weil im Vorfeld de Fachstellen überwiesen. triebnahme alle Hände voll zu tun, «um Unstimmigkeiten zwischen der Ärzte- Dieses Modell sei zweifellos zu- das hier in Gang zu bringen», wie er sagt. schaft und dem Spital Linth, das eine kunftsweisend, ist Alfons Weber über- Die Permanence ist die Antwort der eigene Notfallpraxis in Rapperswil-Jona zeugt. Notfalldienste zu zentralisieren, lokalen Ärzte auf die zunehmenden einrichten wollte, aufgetreten waren. diese Tendenz sei zwar auch andernorts Probleme mit der Regelung der Dienst- Tempi passati – statt sich zu konkurrie- auszumachen, die Zusammenar- einsätze. Die zunehmende Speziali- ren, einigte man sich schliesslich auf beit mit dem für die Region zuständi- sierung sei ein Grund hierfür, immer eine Zusammenarbeit. Und die sieht fol- gen Spital Linth sei aber wohl noch ein- aktuell Juni 2016 11

Der ärztliche Leiter Alfons Weber war vormals Chefarzt im Spital Linth. zigartig in der Schweiz. Ausserhalb des Verwaltungsrat der Ärzteschaft Rap- und Erfahrungen sammeln. Und vor al- Notfalldienstes arbeitet die Permanence perswil-Jona AG bestätigt: «Dank des lem einen Arzt finden, der in absehbarer selbstverständlich auch mit allen an- persönlichen Einsatzes des ärztlichen Zeit den Tagesdienst in der Permanence deren nahegelegenen Spitälern zusam- Leiters der Permanence und auch der übernimmt. Denn Alfons Weber ist hier men – Lachen, Männedorf oder den Spi- Kaderärzte des Spitals Linth sind die nur vorübergehend im Einsatz. Irgend- tälern in . Letztlich entscheide im Sprechstunden gut angelaufen.» Der all- wann möchte er das tun, was er sich vor Falle einer Hospitalisierung immer der gemeine Notfalldienst funktioniere jetzt zwei Jahren bereits vorgenommen hat: Patient, in welches Spital er eingewiesen reibungslos über das neue Callcenter in kürzer treten und endlich Zeit haben für werden wolle, sagt Alfons Weber. der Notfallpraxis und dank des Enga- Familie und Hobbys. ■ ments aller Beteiligten. Optimale Nutzung von Ressourcen Auch die Räumlichkeiten können Einen weiteren grossen Pluspunkt sieht sich sehen lassen. Die Permanence ver- der ärztliche Leiter in der Lokalität im fügt über 160 Quadratmeter im Erdge- Merkurhof: «Wir sind unter einem Dach schoss respektive über drei Sprechzim- mit der Rosenklinik, dem Zentrum für mer, einen Empfang und Warteraum so- Labormedizin und dem Röntgeninstitut wie über ein Zimmer zur Blutentnahme. Die Ärzteschaft Rodiag. Dadurch können wir vernetzt Neben den üblichen Untersuchungen Rapperswil-Jona AG arbeiten und Ressourcen optimal nut- können vor Ort EKGs für Abklärungen im zen.» Gleichzeitig habe dieses Gefüge, Zusammenhang mit einer Herzerkran- Im April 2015 gründeten rund 45 Haus- zu dem ja auch das Spital Linth gehört, kung oder Ultraschalluntersuchungen und Fachärztinnen und -ärzte von die Vorbereitungen sehr komplex gestal- vorgenommen werden. Rapperswil-Jona die Ärzteschaft Rap- tet. «Mit den diversen Vertragspartnern perswil-Jona AG mit dem Ziel, eine ge- mussten Form und Inhalt der Zusam- Praxisarzt gesucht meinsame Notfallpraxis einzurichten. Als menarbeit ausgehandelt werden, das Neben Alfons Weber, der tagsüber als Verwaltungsratspräsident gewält wurde war recht aufwendig.» Dies sei sicher ein Arzt in der Praxis arbeitet, sind zurzeit Christoph Gsteiger, weitere Verwaltungs- weiterer Grund, warum sich die Eröff- fünf medizinische Praxisassistentinnen ratsmitglieder sind Patrik Bürgi, Hannes nung der Permanence mehrmals verzö- beschäftigt. Gut möglich, dass das Team Domeisen und Martin Horn. (jo) gert habe. gelegentlich aufgestockt und die Prä- Doch Hauptsache, der Start ist ge- senzzeiten erweitert werden, doch jetzt www.permanence-rj.ch glückt, wie Hannes Domeisen vom müsse man erst einmal richtig anlaufen Notfallnummer: 0848 144 111 die stadt in zahlen 12 Juni 2016 Für 1 Franken gibt es Trinkwasser fürs ganze Jahr Bloss den Hahn aufdrehen – und schon fliesst unser Lebenselixier: sauber, reichhaltig und fast gratis. Einblicke in die Wasserversorgung von Rapperswil-Jona.

Text: Antonio Cortesi Fotos: Hannes Heinzer

Gehören Sie allenfalls zu jenen Zeitgenossen in Rap- perswil-Jona, die ihr Trinkwasser nach wie vor beim Grossverteiler kaufen – sagen wir zu 6 Franken das Sixpack? Dann nehmen wir mal an, Sie sind eine vierköpfige Familie und konsumieren ein Sixpack (9 Liter) pro Woche. Folglich bezahlen Sie pro Jahr: 312 Franken. Das ist zwar keine grosse, aber eine buchstäblich überflüssige Summe. Denn die gleiche und qualitativ mindestens gleichwertige Menge Trinkwasser kön- nen Sie gratis, viel bequemer und um einiges umwelt- freundlicher haben: Zu Hause einfach den Wasser- hahn aufdrehen! Beim Konsum von «Hahnenburger» entfallen zudem das Anschleppen der Flaschen sowie deren Entsorgung. Das heisst: Ganz gratis ist auch Hahnenburger nicht. Aber unglaublich günstig. Für 1000 Liter (tau- send!) bestes Trinkwasser bezahlen Sie lächerlich wenig: 1 Franken (Mengengebühr plus Grundtaxe). Für den Stundentarif einer Parkplatzgebühr können Sie also Wasser trinken bis zum Umfallen. Inklusive Topqualität. Dafür bürgt das Team der Genossen- schaft Wasserversorgung Rapperswil-Jona unter der Leitung von Geschäftsführer Martin Büeler und Brunnenmeister Ueli Scheidegger. Sie sind sozusagen unser aller Wasserwächter. Hahnenburger von höchster Qualität Für Martin Büeler keine Frage: «Wasser aus dem Hahn und Mineralwasser aus der Flasche sind qua- litativ gleichwertig.» Besonders reichhaltig an Mine- ralien ist das Grundwasser, mit dem rund 80 Prozent der Haushalte in Rappeswil-Jona versorgt werden. Die restlichen knapp 20 Prozent sind aufbereitetes Seewasser. Dieses enthält zwar weniger Mineralien, dafür ist es weicher (weniger kalkhaltig), was etwa die Waschmaschine zu danken weiss. Selbstredend, dass Martin Büeler wo immer möglich Hahnenbur- ger trinkt. Und falls es mal, etwa im Restaurant, nur Flaschenwasser gibt? «Dann nur mit Kohlensäure.» Denn Flaschenwasser sei «stehendes Wasser», was die Entwicklung von Keimen begünstige. «Kohlen- säure wirkt desinfizierend.» Die Menge, die in Rapperswil-Jona mit seinen 27 000 Einwohnern als Hahnenburger konsumiert wird, ist natürlich winzig im Vergleich zum giganti- schen Gesamtkonsum. Dieser beträgt rund 7,2 Mil- Unser aller Wasserwächter: Brunnenmeiser Ueli Scheidegger (links) und lionen Liter pro Tag. Pro Einwohner entspricht das Geschäftsführer Martin Büeler. (rechts) gut 265 Litern, wobei hier mitgerechnet ist, was In- dustrie, Landwirtschaft und Feuerwehr bauchen. die stadt in zahlen Juni 2016 13

43 Gemeinde Bubikon Gemeinde Rüti

on Schaut man nur den Privatkonsum an, liegt der Ta- es im Durchschnitt bloss rund 30 Notfälle, bei denen geswert Hombrechtik immer noch bei erstaunlichen 160 Litern. Auf der Werkdienst wegen Rohrbrüchen auf VersorgungsGemeinde- Eschenbach ein Jahr gerechnet, konsumiert41 Lenggis folglichSchönau jede Person leitungen ausrücken muss. Obertägernau gegen 60 000 bestes Trinkwasser. Und betrüblich: 40 Nun könnte man annehmen, dass45 im Hintergrund Weid Prozent davon gehenKempraten die WC-Spülung hinunter. eine ScharTägernau von Fachleuten dafür besorgt ist, dass das Meienberg Wasser23 an 365 Tagen im Jahr einwandfrei fliesst und Logistische Meisterleistung 4232 keine44 Lecks entstehen. Doch weit gefehlt! Es sind im

Damit die Wasserversorgung 24einwandfrei funktio- Kern bloss 7 Leute: Neben Geschäftsführer Büeler niert, bedarf es einer komplexen Logistik,Jona die den und Brunnenmeister Scheidegger zählen drei Mitar- Laien zum Staunen bringt. Vereinfacht gesagt, wird beiter des Werkdienstes und zwei Mitarbeiterinnen 33 das Grundwasser in den 4 Pumpwerken (Tägernau, im Sekretariat dazu. Diese kleine, aber schlagfertige46 Grünfeld, Busskich, Hanfländer) gefasst, fliesst über Crew bildet das operativeBuech Zentrum der Wasserversor- ein Leitungssystem Rapperswilvon total 138 Kilometern zu- gung, ihr Domizil befindet sich an der Feldlistrasse 17 nächst in die insgesamt 6 Reservoirs mit einem Ge- in Jona. 22 samtinhalt von 14 200 00 Litern – und von da in die21 Hier befindet sich denn auch 31die Leitzentrale Kloster Wurmsbach rund 14 000 Haushalte und deren Feinstverteilung aller Anlagen, und zwar in komplett digitalisierter (siehe Karte). Und wirklichObersee erstaunlich: Pro Jahr gibt Form. Hauptverantwortlicher für den Betrieb der 3

Untere Zone West Untere Zone Ost Obere Zone West Obere Zone Ost Zone Leiset-Weid Zone Bollingen 43 Gemeinde Bubikon Gemeinde Rüti 43 GWPWGemeinde Grundw Bubikasserpumpwerkon e Gemeinde21 GW RütiPW Grünfeld 31 STPW Bollingen 41 RES Lenggis STPWon Stufenpumpwerke 22 GWPW Busskirch 32 STPW Meienberg 42 RES Meienberg RES Reservoirs 23 GWPW Tägernau 33 STPW Rinderweid 43 RES Rüteli on 24 GWPW Han änder 44 RES Johannisberg Hombrechtik Gemeinde Eschenbach Lenggis Schönau 45 RES Egg 41 Gemeinde Eschenbach Hombrechtik Obertägernau 46 RES Moos 41 Lenggis Schönau 45 Obertägernau Weid Tägernau 45 Meienberg Weid Kempraten Tä23gernau Meienberg 4232 4423

24 4232 44 Jona 24 Jona 33 46 Buech 33 46 Rapperswil Buech Rapperswil Bollingen 22 21 31 Kloster Wurmsbach Bollingen Busskirch 22 21 31 Busskirch Kloster Wurmsbach Obersee

Untere Zone West Untere Zone Ost Obere Zone West Obere Zone Ost Zone Leiset-Weid Zone Bollingen Untere Zone West Untere Zone Ost Obere Zone West Obere Zone Ost Zone Leiset-Weid Zone Bollingen GWPW Grundwasserpumpwerke 21 GWPW Grünfeld 31 STPW Bollingen 41 RES Lenggis STGWPWPW StufenpumpwerkGrundwasserpumpwerke e 2122 GWPW BusskirchGrünfeld 3132 STPW MeienbergBollingen 4142 RES LeMeienbergnggis RESSTPW ReStufenpumpwerkservoirs e 2223 GWPW BusskirchTägernau 3332 STPW MeienbergRinderweid 4243 RES MeienbergRüteli RES Reservoirs 2324 GWPW Han änderTägernau 33 STPW Rinderweid 4344 RES RüteliJohannisberg 24 GWPW Han änder 4445 RES JohannisbergEgg 4546 RES EgMoog s 46 RES Moos die stadt in zahlen 14 Juni 2016

Versorgung ist dabei der Brunnenmeister. Er kann auf Badezimmer gänzlich unbenutzt und würden abge- dem Bildschirm das gesamte System kontrollieren, schlossen. Eine unkluge Massnahme, denn so entste- das aber grundsätzlich vollautomatisch und autonom he «altes, stehendes und verkeimtes Wasser», das sich läuft. Er kann Daten einsehen zum Wasserstand, zur nach und nach eben doch ins Frischwasser mische. Förderleistung in den einzelnen Pumpwerken, zum «Wasser muss fliessen!», lautet ein wichtiges Postulat aktuellen Verbrauch der Druckzonen und zur Qua- der Wasserprofis. lität des Wassers. Er kann jederzeit regulierend ein- Wasser ist unser wichtigstes und wertvollstes greifen und per Fernbedienung eine Pumpe ein- oder Lebensmittel. Deshalb werde es zu Recht auch als ausschalten. Die Pumpwerke schalten präventiv aber «blaues Gold» bezeichnet, sagt Martin Büeler. Und auch automatisch ab – etwa bei einer Trübung des wie fast überall im Wasserschloss Schweiz haben wir Wassers wegen der Überschwemmung der Jona. Hin- auch in Rapperswil-Jona das Glück, dass es einfach da zu kommt ein dreistufiges Alarmierungssystem via ist. Seit Jahrtausenden. Beispiel Tägernau: Hier fliesst Telefon. «Die Sicherstellung des Betriebs hat bei uns das Grundwasser seit dem Ende der letzten Eiszeit. höchste Priorität», betont Martin Büeler. Gemächlich, aber stetig. In Kiesschichten zwischen 10 bis 15 Metern. Fachleute nehmen an, dass zwi- Sorgen auf der «letzten Meile» schen Ermenswil und dem Rankwald eingangs Jona Fast mehr Sorgen bereitet den Wasserprofis die «letz- stets 750 000 000 Liter hochqualitatives Wasser ge- te Meile», also der Bereich nach den Hausanschlüs- speichert sind. Schon die fürstlichen Herren zu Rap- sen – wofür allerdings der Hauseigentümer verant- perswil zapften zu Beginn des 14. Jahrhunderts das wortlich ist. «Wir stellen vermehrt fest, dass infolge Tägernau-Wasser an und führten es via Holzleitun- fehlenden Unterhalts von Leitungen und Apparaten gen («Tücheln») in die Stadt. Heute könnte allein das wie Feinfilter oder Enthärtungsanlagen die Trink- Pumpwerk Tägernau bis zu 6 500 000 Liter pro Tag wasserqualität auf der letzten Meile eine markante oder 2,3 Milliarden Liter pro Jahr liefern – eine un- Verschlechterung erfährt», bedauert Martin Büeler. glaubliche Menge an «blauem Gold». Wenn das kein Komme hinzu: Es gebe immer mehr Wohnungen mit fantastisches Geschenk der Natur ist! mehr als einem Badezimmer, aber weniger Bewoh- Eine Menge weiterer Informationen zum Thema nern. Die Folge: «Man verbraucht immer weniger bietet die neu gestaltete interaktive Website der Was- Wasser pro Zapfstelle.» Oft blieben sogar einzelne serversorgung Rapperswil-Jona: www.wvrj.ch ■

Das Pumpwerk Tägernau kann eine Förderleistung von bis zu 6 500 000 Liter pro Tag erreichen. die meinung Juni 2016 15

Thomas Furrer hat vor Kurzem zum ersten Mal in Rapperswil-Jona eine «Surprise» gekauft. Das Strassenmagazin lenkte die Gedanken des Bauvorstehers in überraschende Bahnen. «Surprise! Surprise!»

Samstagmorgen früh, downtown Jona, beachtet das Heft. Ein paar Tage später Eisenhofpassage, der Morgen ist noch blättere ich darin: ein Portrait von grau und jung, die ersten Kunden stehen einer Bernerin mit arabischem Namen. an den Coop-Kassen. Im Innern der Mall Sie führt seit Jahren ein Geschäft für steht ein schwarzer Mann, in der Hand muslimische Damenbekleidung und die «Surprise», das Strassenmagazin stellt fest, dass die Menschen auf sie der Arbeitslosen. Mein Plan: schnell zur anders reagieren, seit sie ein Kopftuch Post und dann weiter. Kaum habe ich trägt. Und dann die Geschichte von den Mann erblickt, frage ich mich, ob er einem städtischen Aufwertungsprojekt hier wohl etwas verkauft. Wann habe ich in Biel. Eine über Jahrzehnte beliebte die letzte «Surprise» gekauft? Habe ich und gut besuchte Parkanlage wird von in Rapperswil oder Jona schon mal eine einer privaten Immobiliengesellschaft «Surprise» gekauft …? Nein, ich erinnere in Absprache mit der Stadt aufgewertet. mich an früher, an die «Surprise»-Män- Das Ziel ist mehr Sicherheit und mehr ner in den Bahnhöfen von Bern, Biel, Sauberkeit. Eine Verschönerung mit Fol- und Solothurn – aber in Jona? gen: Die über Jahre im Park bekannten und geduldeten Randständigen werden Deshalb will ich das ändern, und schon separiert, umzäunt und ausgegrenzt. An ist der Fünfliber beim Mann und die den Rand gedrängt, für mehr Sicherheit «Surprise» gekauft. Was drin steht, ist und Sauberkeit. Und das ausgerechnet nicht wirklich so wichtig, denke ich, in Biel, der Bilingue-Stadt, der Stadt mit morgen ist Sonntag, eine kleine Auf- mehr Ausländer- und Migranten-Erfah- merksamkeit für einen arbeitslosen und rungen als anderswo. sicher nicht so gut begüterten Men- schen. Immerhin, auch er ist früh aufge- «Nicht alles ist planbar, Ja, auch bei uns stellen wir fest: Der standen, auch er hat sein Projekt, auch nicht alles ist regulierbar.» öffentliche Raum wird immer stärker er möchte verkaufen, auch er möchte reglementiert. Die einen möchten mehr Erfolg haben, auch er möchte genug Leben auf den Gassen und Plätzen, die Geld fürs Leben haben, und sowieso, er andern immer mehr Ruhe in der Woh- steht sicher den ganzen Morgen hier in nung. Meine Gedanken wandern zum der Passage und sagt hundertmal sein zukünftigen Grünfelspark in Jona. Noch Sprüchli – «Surprise! Surprise!». Wie ist er eine Wiese mit ein paar absterben- viele Exemplare verkauft er wohl an so Thomas Furrer den Bäumen. Die Wege der Menschen einem Samstagmorgen? Vorsteher des Ressorts Bau, führen darum herum. Wie lange dies Verkehr, Umwelt noch so bleibt, wird sich zeigen. Im Nun, heute hat der Tag gut begonnen, Moment setzen wir das Wettbewerbs- für ihn und für mich. Ich kaufe das programm auf. Noch überwiegen die Magazin, kann so das Projekt unterstüt- positiven Gedanken, nichts von Zäunen, zen und der schwarze Mann hat etwas Randständigen und in Hecken Urinie- im Portemonnaie. 2.50 Franken für die ren. Soweit soll und darf es auch nicht Blattmacher und 2.50 Franken für ihn. kommen, schliesslich wollen auch wir Und was erhalte ich? Natürlich das Heft eine saubere und sichere Stadt. Aber und noch viel mehr: Ein soooo breites was wir auch nicht wollen: einen Park, Lachen überzieht sein Gesicht, sein Ge- und niemand geht hin. Nicht alles ist schenk für mich, ein Geschenk für Jona planbar, nicht alles ist regulierbar, das und Schwung für den ganzen Morgen. Leben wäre langweilig. Und wenn es mal langweilig würde: Geht an einem Ich stecke die «Surprise» in meine Samstagmorgen nach Jona downtown Tasche. Zu Hause bleibt sie auf dem und kauft die «Surprise» – ein Lachen langen Tisch liegen, keiner fragt, keiner inbegriffen. interview 16 Juni 2016

Laut Basil Vollenweider (links) und Peter Niederhäuser spielten die Habsburger eine bedeutende Rolle für das Schloss Rapperswil. «Über den Alltag auf solchen Burgen wissen wir erschreckend wenig» Im Hinblick auf die zukünftige Ausstellung im Schloss erforschen die Historiker Peter Niederhäuser und Basil Vollenweider zurzeit die Schlossgeschichte. Diese müsse danach sicher nicht gänzlich neu geschrieben werden, verraten sie im Gespräch, neue Erkenntnisse und Einschätzungen gebe es aber schon. interview Juni 2016 17

Interview: Jacqueline Olivier Haben Sie diese Erkenntnisse überrascht? Fotos: Hannes Heinzer Niederhäuser: Nein; Geschichte ist ja immer der ak- tuelle Stand des Irrtums. Die heutigen Methoden zur Sie haben den Auftrag, die Geschichte des Schlosses Analyse alter Bauten eröffnen neue Möglichkeiten für Rapperswil für die neue Ausstellung aufzuarbei- die Forschung. Ausserdem ist es ein Stück weit die ten – was bedeutet das genau? «Krankheit» der Historiker, dass man die Suche nach Peter Niederhäuser: Im Schloss sollen die Besucher den Anfängen spannender findet als die späteren Ent- zukünftig etwas über die Schlossgeschichte erfahren wicklungen. In Bezug auf das Schloss lag es also nahe, können. Noch ist aber unklar, welche historischen den Fokus bisher auf die Grafen zu legen, auch wenn Themen hier präsentiert werden sollen. Unsere Auf- wir über diese historisch sehr wenig wissen. Auf die gabe ist es deshalb, dem Ausstellungsgestalter Otto spätere Zeit ist man hingegen wenig eingegangen. Jolias Steiner, der selber kein Historiker ist, histori- sches Material zu liefern. Das heisst, wir tragen Infor- mationen respektive spannende Geschichten zusam- «Warum hat man einen solch seltsamen men, die sich dafür eignen, im Schloss in irgendeiner Form inszeniert zu werden. Grundriss gewählt, der auch nicht unbe- dingt funktional ist?» Und wo stehen Sie bei dieser Suche nach solchen Peter Niederhäuser Informationen? Niederhäuser: Die erste Phase ist abgeschlossen, wir haben einen historischen Abriss erstellt und in ei- Rapperswil-Jona hat ein Stadtarchiv, wie gut ist dort die nem Grundlagenpapier festgehalten. Auf dieser Ba- Schlossgeschichte dokumentiert? sis sind wir nun gemeinsam mit Otto Steiner daran, Vollenweider: Einer der Gründe, warum wir relativ zu erörtern, welche Themen und Geschichten wei- wenig darüber wissen, was auf dem Schloss passiert ter ausgelotet werden sollen, damit wir dann gezielt ist, liegt genau dort: in der fehlenden Dokumenta- die entsprechenden «Tiefenbohrungen» vornehmen tion. Die Verwaltung der Stadt fand ab dem späten können. Mittelalter in der Stadt selber statt, und schriftliche Quellen, die uns einigermassen seriell über Regie- Sie gehen die Schlossgeschichte also nicht von der rungs-, Verwaltungs- und Gerichtstätigkeiten des Grundsteinlegung bis heute durch, sondern denken Rapperswiler Rats berichten, liegen uns erst ab 1640 bereits an das zukünftige Publikum? vor. In Winterthur oder Luzern beispielsweise exis- Basil Vollenweider: Die Frage, was letztlich für das tieren solche Dokumente bereits ab Ende des 15. Jahr- Publikum spannend sein wird, liegt nicht in unserer hunderts. Ausserdem ist in den vorhandenen Schrift- Kompetenz, wir öffnen lediglich den Fächer und wei- stücken das Schloss kaum ein Thema. sen darauf hin, wo es interessante Themen gibt. Aber es stimmt: Es ist nicht unser Auftrag, die Schlossge- Niederhäuser: Hinzu kommt, dass solche Stadtarchi- schichte von A bis Z neu aufzurollen. ve generell sehr lückenhaft sind. Gerade, was das Mit- telalter betrifft, findet man kaum Dokumente ausser Ist die Geschichte des Schlosses nicht hinlänglich ein paar Urkunden. Es gibt praktisch keine Rechnun- bekannt? gen, keine Protokolle, die kommen alle erst viel später. Niederhäuser: Jein. Es existiert zwar das dicke Buch «Geschichte des Schlosses Rapperswil» von Alois Was heisst «ein paar Urkunden» konkret? Stadler aus den frühen 1990er-Jahren, aber dort steht Niederhäuser: Nehmen wir beispielsweise die Zeit vieles nicht drin. Das ist das Schicksal von dicken Bü- von 1200 bis 1300. Für dieses Jahrhundert existieren chern – selbst sie können nie vollständig sein. in Rapperswil, wenn es hoch kommt, 20 Urkunden. Das heisst, im Idealfall hat man alle fünf Jahre ein Und wie findet man heraus, was nicht drin steht? Schriftstück. Und die meisten Schriftstücke bezie- Niederhäuser: Wichtige Hinweise haben die vor Kur- hen sich auf die Kirche. Wenn wir davon ausgehen, zem durchgeführten baulichen Analysen geliefert. dass die Habsburger für das Schloss wichtig waren, So haben zum Beispiel die dendrochronologischen dann finden wir Quellen hierzu nicht nur in Rappers- Untersuchungen der Balken – also die Jahrring-Ana- wil-Jona, sondern allenfalls auch in Innsbruck oder in lysen – gezeigt, dass das Schloss in seiner heutigen Wien. Aber egal, in welchem Archiv man sucht: Viele Form deutlich jünger ist, als bisher angenommen Quellen aus jener Zeit existieren nicht mehr. Es gab wurde. Dieses Schloss wurde primär von den Habs- kriegerische Zerstörungen, Stadtbrände und so wei- burgern gebaut, von etwa 1360 bis 1395. Von der al- ter. Deshalb ist es das Problem jeder Geschichte jener ten Burg der Grafen von Rapperswil ist nicht mehr Zeit, dass es mehr Lücken als Schriftstücke gibt. viel erhalten. Aufgrund dieser Erkenntnis verlagert sich auch der Blick auf das Schloss: Während das er- Wie kann man denn versuchen, diese Lücken zu wähnte Buch vor allem die Geschichte der Grafen von schliessen? Rapperswil aufarbeitet, sind wir zum Schluss gekom- Niederhäuser: Heute ist die Annäherung an die Ge- men, dass für das Schloss vor allem die Habsburger schichte sicher eine andere als die früherer Historiker- Zeit bedeutend war. generationen. Die heutige Geschichtswissenschaft 3 interview 18 Juni 2016

Während der Winterthurer Historiker Peter Niederhäuser (links) ein Spezialist für die habsburgische Geschichte ist, …

stützt sich vor allem auf die Verwaltungsgeschichte. Nach den Habsburgern kamen 1458 die Eidgenossen Ausserdem beurteilt man die Rolle der Habsburger und setzten ihre Vögte ein. Haben diese im Schloss heute etwas anders als früher. gewohnt? Vollenweider: Das weiss man nicht genau. Das Wie meinen Sie das? Schloss war zwar Sitz eines Burgvogts, der aus der Niederhäuser: Das grosse Wandgemälde am Curti- städtischen Bevölkerung gewählt wurde und durch haus hinter dem Fischmarktplatz ist exemplarisch die eidgenössische Schirmherrschaft bestätigt wer- für das Geschichtsbild, das in der Schweiz lange Zeit den musste. Es ist jedoch nicht bekannt, welche gepflegt wurde. Das Gemälde zeigt die Zerstörung Aufgaben diese Vögte hatten und was sich auf dem Rapperswils von 1350 durch die Zürcher und den Schloss abspielte. Ob ein Bürger der Stadt, der ja ver- Schwur auf die Eidgenossenschaft von 1458. Dazwi- mutlich schon ein Haus besass, seinen Wohnsitz tat- schen gibt es nichts. Dies entspricht dem traditionel- sächlich ins Schloss verlegte, ist fraglich. Man weiss len Schweizer Geschichtsbild, in dem die Habsburger zwar, dass es eine Wohnstube gab, und auch, dass der sehr schlecht wegkommen. Dass Rapperswil seine Feuerwächter im Schloss zumindest eine Wohngele- Blütezeit hauptsächlich den Habsburgern verdankt, genheit hatte. Eine ständige Bewohnung des Schlos- dass die Habsburger hier eine Brücke über den See ses ist jedoch nicht wahrscheinlich. gebaut haben, die historisch gesehen eine kleine Sen- sation ist, hat man bisher viel zu wenig wahrnehmen Niederhäuser: Das Gleiche gilt für das Mittelalter. wollen. Mich interessiert es, die Geschichte der Habs- Es existiert kein Beleg, der klare Aussagen über den burger ganz vorurteilslos anzugehen und zu erfor- Wohnsitz der Grafen von Rapperswil macht. Und wenn schen, was ihre Herrschaft für einzelne Städte oder man sich vorstellt, dass diese Grafen teilweise in den Regionen bedeutete. Gefolgen der damaligen Könige und Kaiser unterwegs, teilweise auch in anderen Städten anzutreffen waren, muss man sich schon überlegen, wie oft sie sich tat- «Herrschaft auszuüben bedeutete zu jener sächlich in Rapperswil in ihrem Schloss aufhielten. Zeit im Grunde Reiseherrschaft.» Auch die Vögte, die es unter den Habsburgern zeit- weise gab, waren oft unterwegs und legten teilweise Basil Vollenweider enorme Distanzen zurück. Über den Alltag auf solchen Burgen wissen wir deshalb erschreckend wenig. Was lässt sich denn über die Herrschaft der Habsburger sagen? Vollenweider: Ich glaube, man kann sich nicht genug Niederhäuser: Die Habsburger verfügten über durch- vor Augen führen, dass Herrschaft auszuüben zu je- aus moderne Mittel und eine moderne Verwaltung. ner Zeit im Grunde Reiseherrschaft bedeutete: Man Sie setzten einen Amtsmann ein, einen Adligen aus zog von Ort zu Ort. Dies erklärt auch, warum es aus dem Zürcher Oberland, der in der Stadt oder vielleicht der Grafenzeit sehr wenige Urkunden gibt, die im sogar in der Burg lebte. Und sie arbeiteten intensiv Schloss ausgefertigt wurden. Meistens wurden sie in mit Geld. Aus jener Zeit liegen Abrechnungen vor, aus einer Stube in der Stadt oder in einem Kloster ausge- denen ersichtlich wird, wie viele tausend Gulden in fertigt. Rapperswil investiert wurden. Meistens handelte es sich um Geld auf Pump, es bestanden deshalb auch Was wurde nach der Zeit der Vögte aus dem Schloss? gewisse Risiken für die Beteiligten, aber das war ein Vollenweider: Bis zum 19. Jahrhundert ist es schwie- sehr moderner Ansatz für die damalige Zeit. rig zu rekonstruieren, was im Schloss passiert ist. interview Juni 2016 19

… kennt sich der Rapperswiler Basil Vollenweider vor allem mit dem Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit aus.

Schon bei der Belagerung durch die Zürcher im ersten Niederhäuser: Für mich bleiben zwei Fragen zen- Villmergerkrieg von 1656 spielte das Schloss militä- tral, die ich leider nicht so schnell werde beantworten risch sicher keine Rolle mehr. Eine Burg als Wehran- können. Trotzdem finde ich, dass man solche Fragen lage war nicht mehr zeitgemäss, ein viel zu leicht zu einfach mal stellen muss, und irgendwann wird man zerstörendes Ziel für die Kanonen, die man inzwi- vielleicht die Antworten finden. schen hatte. Wichtig für den Schutz der Stadt waren damals die Stadtmauern mit Bastionen. 1803, nach Welche Fragen sind das? der Gründung des Kantons St. Gallen wurde die Burg Niederhäuser: Die eine Frage betrifft den dreieckigen zu einem Gefängnis. Von dort an weiss man wieder Grundriss der Burg, der für mich bisher keinen Sinn mehr über die Schlossgeschichte. ergibt. Auf diesem Plateau hätte man durchaus an- ders bauen können. Warum hat man einen solch selt- Ein Gefängnis blieb es nur knapp 20 Jahre, danach samen Grundriss gewählt, der auch nicht unbedingt gab es noch weitere kurzzeitige Nutzungen, etwa als funktional ist? Das finde ich eigenartig, und ich bin Mietskaserne für Bedürftige. War das Schloss zur Last immer noch auf der Suche nach einer vergleichbaren geworden für die Stadt? Burg. Die zweite Frage, die mich beschäftigt, betrifft Niederhäuser: Das Schloss war über eine sehr lange die Brücke nach : Wo baute man in Europa im Zeit im Grunde ein leerer Koloss, und es ist span- Mittelalter eine Brücke von dieser Länge über einen nend, dass die Stadt an diesem Koloss über all die See? Warum machten die Habsburger das? Seltsamer- Jahre festhielt, obwohl man nicht so recht wusste, weise wurde diese Frage bis heute noch nie gestellt. was man damit anfangen sollte. Aber im politisch Dabei war dieses Unternehmen eine technische und heiklen Umfeld, in dem sich Rapperswil seit dem finanzielle Meisterleistung. ausgehenden Mittelalter als eigenständige Stadt und gleichzeitig als Untertanenort der Eidgenossen be- Haben Sie eine Erklärung dafür? fand, diente ein solches Schloss aufgrund der alten Niederhäuser: Rapperswil profitierte enorm von die- Herkunft als Stadtsymbol und stiftete Identität. ser Brücke. Zuvor befand man sich hier in einer Art Sackgasse. Mit der Brücke, die wertvolle Zolleinnah- Vollenweider: Man liess es aber zunächst etwas ver- men ermöglichte, machte man aus dieser Sackgasse lottern. Später wurde es für die verschiedenen Nut- eine sehr attraktive und lukrative Stadt. Auch wenn zungen immer wieder umgebaut. Erst mit der Ver- kaum der Gotthardverkehr über diese Brücke führ- mietung an die Polen begann wirklich ein neues Ka- te, so waren darauf doch viele Kaufleute und Pilger pitel. Die Polen investierten viel Geld und bewahrten unterwegs. Es gibt Berichte aus dem 15. Jahrhundert, das Schloss vermutlich vor dem Abbruch. als sich an den Marientagen mehrere Zehntausend Menschen an einem Tag in Einsiedeln aufhielten. Die Wenn Sie nun punktuell weitere vertiefte Nachfor- kamen auch aus der Bodenseeregion, und der Schwa- schungen anstellen – rechnen Sie noch mit Überra- benweg führte über diese Brücke. schungen? Vollenweider: Ich denke nicht, dass die Geschichte Werden Sie Ihre Erkenntnisse über das Schloss in einem des Schlosses am Schluss komplett neu geschrieben Buch veröffentlichen? werden muss. Aber aufgrund unserer Erkenntnisse Niederhäuser: Vielleicht werden wir, basierend auf wird es sicher einen Perspektivenwechsel geben, ge- unserer Arbeit, später einmal etwas publizieren, aber rade wenn man die habsburgische Geschichte etwas im Moment steht die künftige Gestaltung des Schlos- genauer unter die Lupe nimmt. ses im Vordergrund. ■ porträt 20 Juni 2016

10 FRAGEN AN : Peter Lanz, 37 Jahre, seit neun Jahren Umweltbeauftragter in der Bauverwaltung

Was machen Sie als Erstes, wenn Sie sich ist meine Tätigkeit sehr vielseitig und Meistens die Post durchsehen, bei gu- an Ihren Arbeitsplatz setzen? beschränkt sich nicht allein auf den Na- tem Wetter treibe ich oft noch Sport am Den PC starten, den Terminkalender und turschutz. Zu meinen Bereichen gehö- Abend. die Mails checken. ren auch die Landwirtschaft – Stichwort ökologische Ausgleichsflächen–, die Ent- Was unternehmen Sie an arbeitsfreien Haben Sie ein Foto auf Ihrem sorgung und die Energie. Auch das ge- Tagen? Schreibtisch stehen? fällt mir sehr. Sport spielt in meinem Leben eine grosse Nein. Rolle, neben Joggen und Rennradfah- Was schieben Sie gerne auf die lange Bank? ren auch Biken und Bergsteigen. Im Woran erkennt man Ihr Büro respektive Schreibarbeit … Winter unternehme ich viele Skitouren Ihren Arbeitsplatz? und spiele gerne Badminton und Uniho- An den verschiedenen Plänen, die an Wie und wo verbringen Sie Ihre ckey – zum Plausch. Ich bewege mich den Wänden angebracht sind. Darauf Mittagspause? gerne draussen in der Natur und in den sind die Naturschutzgebiete in Rappers- Unterschiedlich, meistens beim Essen. Bergen im schönen Glarnerland. wil-Jona eingezeichnet. In der Regel esse ich auswärts, manch- mal auch etwas Schnelles draussen oder Was wollten Sie als Kind werden? Was ist das Spannendste an Ihrer Arbeit? in der Cafeteria im Stadthaus. Ab und zu Helikopterpilot. Die Technik, die dieses Da mir die Natur sehr am Herzen liegt, mache ich auch Sport über den Mittag, Gefährt in die Luft bringt, hat mich fas- schätze ich es, mich in meiner berufli- das heisst, ich jogge oder schwinge mich ziniert. chen Tätigkeit für sie einsetzen zu kön- aufs Rennvelo. nen, etwa, wenn es um den Unterhalt der Welches wäre heute ihr Traumberuf? Naturschutzgebiete oder um ökologische Was machen Sie als Erstes, Ich habe keinen Traumberuf, ich bin mit Aufwertungsprojekte geht. Ausserdem wenn Sie nach Hause kommen? meiner jetzigen Tätigkeit sehr zufrieden.

Peter Lanz, Umweltbeauftragter in der Bauverwaltung 2. Stock, Büro 214 arbeiten in rapperswil-jona Juni 2016 21

Farbe in die Stadt bringen Rapperswil, die Rosenstadt. Damit der Name weiterhin Programm ist – dafür ist Myrta Zweifel be- sorgt. Aber nicht nur: Die Stadtgärtnerin hat mit Rapperswil-Jona noch so einiges vor (und muss sich selber immer wieder bremsen). Wer ist die Frau, die Herrin über 20 000 Rosenstöcke ist?

Text: Laura Verbeke routiniert. Die beiden sind gerade damit von Rapperswil-Jona. Zu ihrem Revier Bilder: Katharina Wernli beschäftigt, die Rosenstöcke im hausei- zählen nicht nur die drei Rosengärten, genen Schnittrosengarten zuzuschnei- sondern auch die gesamten Grünflächen Werkhof Rapperswil-Jona. Schneidge- den – «auf drei bis vier Augen», präzi- der Stadt – den Wald ausgenommen. Ihre räusche von Akku-Scheren sind in regel- siert Myrta Zweifel. Hier, wo im Moment Aufgabe als Stadtgärtnerin ist es, Arbei- mässigen, kurzen Abständen zu hören. noch gar nichts nach voller Blütenpracht ten zu koordinieren und den Überblick Das Bild dazu: Zwei Menschen, vornüber aussieht, werden Mitte Mai rund 1500 zu wahren. Müssen beim Tüchi-Park- gebeugt über ein langgezogenes Beet. Rosenstöcke in ihren schönsten Farben platz die Hecken geschnitten werden? Ihre neongelbe Kleidung wirkt in der spriessen. Hoffentlich. Sollte man die Äste der Bäume bei der Tristesse des nasskalten Wetters gera- Hanfländerstrasse wieder einmal stut- dezu angenehm freundlich. Mit ihrem Spagat zwischen Büro und Natur zen? Das sind Fragen, die sich Myrta «Gstältli», das sie für die Arbeit mit der «Diese Spannung, das ist etwas, was ich Zweifel stellt, und je nach Antwort die Akku-Schere tragen, muten sie futuris- mitunter an meiner Arbeit so mag», sagt Arbeit delegiert. Die abschliessende tisch an. «Wie Ghostbusters», scherzen Myrta Zweifel, «man weiss nie, ob mit Kontrolle ist dann wieder Chefsache. Myrta Zweifel und ihr Kollege David Büs- den Rosen alles klappt. Wenn sie dann Doch wie kann sie bei so viel Grün- ser und wenden sich wieder ihrer kurz aber kommen, hast du eine riesige Freu- zeug sicherstellen, dass keine Arbeit unterbrochenen Arbeit zu – eingespielt, de.» Seit 2013 ist sie die oberste Gärtnerin vergessen geht, und wie behält sie vor

Myrta Zweifel schätzt die Kombination von Büroarbeit und «draussen selber Hand anzulegen». arbeiten in rapperswil-jona 22 Juni 2016

Mit Kollege David Büsser ist die Stadtgärtnerin sind in der ganzen Stadt unterwegs und sorgen für Ordnung beim «Grünzeug». allem die Rosengärten immer im Auge Obwohl es ihr in den Rosengärten am die sich hin und wieder an den Kräutern beziehungsweise im Hinterkopf? «Ich meisten Freude macht, kann Myrta bedienen, darüber hinaus sind wir noch arbeite mit Checklisten – an die kann ich Zweifel ihrer Kreativität nicht nur dort nicht gekommen. Wir wollen das Kon- mich halten. Aber ich komme nicht dar- freien Lauf lassen. Was die Biodiversität zept jedoch unbedingt weiterverfolgen.» um herum, hin und wieder einfach einen in der Stadt betrifft, war sie es, die die Der Wissensdurst und die ständige Su- halben Tag in der Gegend herumzufah- Mischungen für Staudenrabatten nicht che nach neuen Herausforderungen – sie ren und mir die Situation anzuschauen.» mehr fremdbestimmt und fertig anlie- treiben Myrta Zweifel an. Genau diese Kombination aus Büroarbeit fern liess, sondern diese nun selber zu- und draussen «selber Hand anzulegen», sammenstellt. «Das bedingt natürlich Google Maps für Bäume das gefalle ihr und mache ihre Arbeit entsprechendes Wissen – aber da habe Die nächste Herausforderung steht be- derart abwechslungsreich. ich mich halt eine Zeit lang hinter die Bü- reits vor der Tür. Ein Baumkataster. cher gesetzt und schlau gemacht.» Angelehnt ist das System am Geoin- Ständig neues Wissen aneignen Apropos Biodiversität: Damit die formationssystem (GIS) «Geoportal», Myrta Zweifel kann sich als Stadtgärt- Mischbepflanzungen, die man mittler- das einzelne Kantone, Städte und auch nerin selbst verwirklichen und ihre weile in der ganzen Stadt auf Kreisel-In- der Bund bereits zur Verfügung stel- Kreativität voll und ganz ausleben. Be- seln, Brücken, Trottoirs oder an Kreu- len. Geoportale gewähren interessier- sonders von Letzterer hat sie mehr als zungen wahrnimmt, nicht immer gleich ten Einwohnerinnen und Einwohnern genug. So pflanzt sie beispielsweise gern aussehen, braucht es ebenfalls Ideen- einen Einblick in verschiedene Pläne immer wieder neue Rosensorten in «ih- reichtum und Know-how. «Urban Gar- und geografische Informationen. Nun ren» Gärten an. Bunt gemischt soll es dening» habe seit gut einem Jahr auch soll es in Rapperswil-Jona diese Art von sein und doch nicht zu viel Neues. Der in Rapperswil-Jona Einzug gehalten. «Google Maps» auch für Bäume geben. Garten beim Einsiedlerhaus beheimatet «Im Moment haben wir hier aber noch «Wir gehen mit einem GPS raus und er- etwas andere Rosen als jener beim Ka- das Problem, dass die Initiative eher von fassen jeden Baum, der auf öffentlichem puzinerkloster oder der beim Parkhaus uns als Stadt kommt und wir die Pflege Raum steht. Einerseits ist das Programm Schanz. «Beim Einsiedlerhaus hat man der Pflanzen übernehmen.» Der Gedan- als Hilfsmittel für die Kontrollen ge- sehr viel Neues ausprobiert, was ich ke von «Urban Gardening» sei jedoch, dacht, andererseits wollen wir so auch schade finde. Zur Umgebung dort passen die Menschen aus ihren Wohnungen zu das Alter der Bäume erfassen.» ‹alte› Rosen. Jetzt probiere ich, jedes Jahr locken und sie beim «wild Gärtnern» zu- Wie alt die Bäume in der Stadt gegen- wieder welche anzusiedeln – wir gehen sammenkommen zu lassen. Das funkti- wärtig sind, weiss man derzeit nämlich bis zum Zuchtjahr 1890 zurück.» oniere bisher nur so halb. «Es gibt Leute, nicht. Auch diese Daten könnten für die arbeiten in rapperswil-jona Juni 2016 23

Langeweile? Diese wird Myrta Zweifel für welchen Boden in den Rosengärten dieses Jahr sicherlich nicht überkom- verwenden soll, lässt die Stadtgärtne- men. Und wenn doch, dann gibt es da rin jedes Jahr durch Bodenproben er- noch immer den Schulstoff ihrer Ausbil- mitteln. Auch dies etwas, das sie schon dung zur Obergärtnerin. An ein bis zwei kurz nach ihrem Amtseintritt eingeführt Schultagen pro Woche lässt sie sich zur hat. Der Dünger wird nun in Handarbeit Grünflächenspezialistin ausbilden. «Die von ihr und ihrem Kollegen Büsser um- Ausbildung ist eine Vertiefung meines gestochen. Hin und wieder lässt einer Wissens, das ich mir während meiner von beiden einen Witz fallen. Man kennt Lehre als Landschaftsgärtnerin ange- sich. David Büsser war Myrta Zweifels eignet habe.» Ihr Rosen-Know-how hin- Oberstift während der Lehre. Heute hat gegen hat sie ihrem Vorgänger, Ex-Stadt- sie das Szepter in der Hand. gärtner Albert Hilber, zu verdanken. Er Es folgt der Spezialmulch, der wie war es, der ihr mit Rat und Tat zur Seite eine Decke über das gesamte Beet gelegt stand. Aber auch da: «Ich ‹pröble› ein- wird. Und dann beginnt das Warten – fach gern und gewisse Sachen mache ich und eben das Hoffen. Denn genau diese trotzdem anders – das soll aber auch so Rosen werden Jahr für Jahr von Stadt- sein.» Gerade aktuell in Myrta Zweifels weibel Markus Felder in einem wunder- Probelabor: Alternativen zum herkömm- schönen Strauss den Bewohnerinnen lichen Spritzmittel. «Wenn ich auf biolo- und Bewohnern der Stadt überreicht, gische Mittel zurückgreifen kann, dann die ihr 90. Lebensjahr erreicht haben. Ab mache ich das.» dem 95. Lebensjahr gibt es jedes Jahr ein Rosenbouquet zum Geburtstag. Wer sich Zur Feier des Tages im Schloss Rapperswil zivil trauen lässt, Zurück in den Schnittrosengarten. Die erhält als Glückwunsch ebenfalls ein Rosenstöcke sind mittlerweile gestutzt. Kunstwerk aus echten Rapperswiler Ro- Das Beet wird sauber rausgeputzt und sen. Es muss also auch dieses Jahr wie- es geht ans Düngen. Welchen Dünger sie der klappen in den städtischen Gärten. ■

Öffentlichkeit von Interesse sein, und so überlegt man sich, das Portal wie in den Städten Luzern, Zürich und Basel öffent- lich zugänglich zu machen. Bis es jedoch so weit ist, dauert es noch ein Weilchen. Was sicher ist: Das Projekt wird Myrta Zweifel etliche Stunden an der frischen Luft bescheren. Sie freuts: «Ich bin im- mer auf der Suche nach Dingen, die man verbessern kann, und wenn ich dabei et- was Neues lerne, ist das grossartig.» Temporäre Gärten in der Stadt Ausser für die Arbeiten für das Baum- kataster werden die Stadtgärtnerin und ihre Mitarbeiter dieses Jahr auch für ein anderes Projekt von Wichtigkeit sein: 2016 ist das Schweizer Gartenjahr. In diesem Rahmen ist Rapperswil-Jona der Austragungsort des Wettbewerbs «Temporäre Gärten». Dabei wird um den besten Entwurf gerungen, wie von Juni bis Oktober auf öffentlichen Plätzen ge- zeigt werden soll, was sich in nur einem Sommer mit Pflanzen und Co. realisie- ren lässt. Die Studierenden und Jungab- solventen der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) treten gegeneinander an, die Stadt Rapperswil-Jona stellt Lo- gistik, Manpower und die Flächen zur Verfügung. Rosensträusse werden zu hohen Geburtstagen und an Ziviltrauungen im Schloss überreicht. Jugendreporter 24 Juni 2016 «Fur Mangas braucht es viel Augenmass» Viele Jugendliche lieben Mangas. Was macht die japanischen Bildergeschichten so erfolgreich und was braucht es, um sie selber zu zeichnen? Ein junger Manga-Zeichner gibt Antworten auf die Fragen der Jugendreporter.

Text und Interview: David und Lavdrim risches Talent und Ideen für gute Geschichten sind Foto : David und Lavdrim wichtige Voraussetzungen. Und natürlich die richti- gen Verbindungen, um die Mangas auch drucken und Als Mangas werden hierzulande Comics aus Japan verkaufen zu können. bezeichnet. Im Lexikon wird das Wort folgendermas- sen erklärt: «man» steht für «bunt gemischt», «ga» für Haben Sie sich das Zeichnen von Mangas selber beige- «Bild». Manga bedeutet also «bunt gemischtes Bild». bracht oder hatten Sie einen Lehrer? Anders als bei uns werden in Japan alle Comics Man- Als ich anfing zu zeichnen, hatte ich eine Lehrerin, eine gas genannt. Der Zeichner heisst Mangaka. Künstlerin aus Holland, die mir privat die Grundlagen Mangas liest man nicht wie übliche Comics, son- des Zeichnens beibrachte. Bei ihr lernte ich zuerst ein- dern von rechts nach links. Auch beginnt man auf der mal, Gegenstände abzuzeichnen. Fürs Zeichnen der hintersten Seite und liest von hinten nach vorne. Mangas habe ich mir dann alles selber beigebracht. Unter den Jugendlichen sind Mangas sehr beliebt, auch in der Schweiz. Viele lesen sie, manche versuchen Was raten Sie jemandem, der anfangen will, Mangas zu sich auch selber als Mangakas. Die Jugendreporter ha- zeichnen? ben den 17-jährigen Manga-Fan und -Zeichner Colin Es gibt verschiedene Dinge, auf die man achten sollte. Glauser aus Uster im Jugendzentrum Stampf getroffen Zum einen ist es empfehlenswert, eine «ruhige Hand» und mit ihm über seine Leidenschaft gesprochen. zu haben. Manchmal sieht man bei Leuten, die mit einer zittrigen Hand zeichnen, ganz feine Ecken in Colin Glauser, wann haben Sie angefangen, Mangas zu der Zeichnung. Zum andern rate ich Leuten, die mit zeichnen, und warum? dem Zeichnen von Mangas beginnen, dranzubleiben, Ich zeichne seit ungefähr acht Jahren und habe vor auch wenn es nicht auf Anhieb klappt. Ein Bild, das zwei Jahren angefangen, im Manga-Stil zu zeichnen. nicht so wird, wie man es möchte, sollte man so oft Damals bin ich auf den Geschmack von Mangas und neu zeichnen, bis man es «drin hat» und zufrieden Animes gekommen. Ich habe sehr viele angeschaut, ist mit dem Resultat. Wichtig ist es, regelmässig zu und irgendwann hat es mich einfach gereizt, selber zeichnen, am besten täglich. solche Bilder zu zeichnen. Wie lange braucht man, um ein Bild zu zeichnen? Welches sind die wichtigsten Voraussetzungen, um ein Das hängt natürlich sehr vom Zeichner ab, aber wenn Mangaka zu werden? man die Technik gut beherrscht, kann man ein Bild Ich weiss nicht genau, was es braucht, um ein profes- bereits in 10 Minuten zeichnen. Bei Anfängern dau- sioneller Mangaka zu werden. Ich schätze, zeichne- ert es schon länger. Ausserdem: Je mehr Details das

Colin Glauser: «Irgendwann hat es mich einfach gereizt, selber solche Bilder zu zeichnen.» Jugendreporter Juni 2016 25

Bild enthält, umso mehr Zeit muss dafür aufgewen- Stil. Doch auch in den Animes fliesst heute dieser Stil det werden. Ganz am Anfang habe ich mir immer viel teilweise ein. Zeit genommen, um ein Bild zu zeichnen, da habe ich zwei bis drei Stunden dafür benötigt. Heute zeichne Es gibt Animes, in denen es ziemlich brutal zugeht. Wie ich ein Bild in 10 bis 30 Minuten. Aber auch wenn die stehen Sie dazu? Zeichnungen einfach und schlicht aussehen – für Ich bin kein Fan der brutalen Varianten. Ich wähle die Mangas braucht es viel Augenmass. Teilweise geht Geschichten aus, in denen die Gewalt nicht im Vor- es nur um wenige Millimeter eines Strichs, das sieht dergrund steht. ■ man dann auch nur, wenn man schon etwas Erfah- rung hat. Dann radiert man etwas und stellt fest, dass nun das restliche Bild nicht stimmt – die Perspektive oder die gegenseitigen Grössenverhältnisse der ein- zelnen Elemente zum Beispiel.

Für wen zeichnen Sie? Ich zeichne für mich selber oder für gute Bekannte. Ich bin noch nie dazu gekommen, etwas auszustellen. Das wäre eventuell noch eine schöne Option für mich.

Sie machen das bis jetzt nur als Hobby? Könnte man heute in der Schweiz als Mangaka leben? Bis jetzt ist es für mich ein Hobby. Und ich glaube, es ist schwierig, als Mangaka genug Geld zu verdienen, um davon leben zu können. Trotz des aktuellen Hy- pes ist die Nachfrage für solche Bilder in der Schweiz nicht wahnsinnig gross, die meisten Mangas kom- men ja aus Japan. Dort wäre ein Leben als professio- neller Mangaka vielleicht realistischer, weil es einen riesigen Markt gibt. Man müsste aber wohl auch dort sehr viele gute Kontakte haben, um sich in diesem Markt behaupten zu können.

Wie erklären Sie sich, dass Mangas heute so ein «Hype» sind? Sie sind einfach etwas anderes als sonstige Zeichnun- gen oder auch sonstige TV-Serien. Sie sind auch an- Der 17-jährige Colin Glauser macht eine Ausbildung zum ders als Comics oder TV-Serien aus Europa oder den Automobilmechatroniker, in seiner Freizeit zeichnet er USA. Mangas sind ein ganz eigenes Genre. leidenschaftlich gerne Mangas.

Was ist der Hauptunterschied zwischen Comic und Manga? Nachster Workshop der Jugendreporter In den Manga- und Anime-TV-Serien experimentiert man oft mit Farben, beim Comic benutzt man eher Willst auch Du Jugendreporter werden und über eintönige Farben. Manga-Bücher sind jedoch oft in Themen berichten, die Dich interessieren? Zu- Schwarz-Weiss gezeichnet. In den meisten Comics sammen mit Deinen Teamkollegen hast Du dann wird ausserdem sehr wenig mit Licht und Schatten die Möglichkeit, zweimal im Jahr eine oder zwei gearbeitet, im Manga hingegen sind Licht und Schat- Seiten im «Stadtjournal» zu gestalten, zu recher- ten sehr wichtig. Im Manga werden Gesichter auch chieren, interviewen, schreiben, fotografieren, oft realistischer gezeichnet als im Comic. In Comics zeichnen. Einsteigen ins Projekt kannst Du am sind die Figuren teilweise sehr fantasievoll, die Ge- nächsten Workshop, der am Samstag, 27 August sichtszüge sind da nicht so wichtig. Das gleiche gilt 2016, von 10 bis 15 Uhr stattfindet. Der Ort wird für die Frisuren, die im Comic oft sehr schlicht gehal- den Teilnehmenden noch bekanntgegeben. ten sind. In Animes und Mangas wird dagegen mehr Im Austausch mit den erfahrenen Jugendre- Wert auf solche Details gelegt. portern, einer Jugendarbeiterin und einer Jour- nalistin werden wir in diesem Workshop schon Lesen Sie selber auch Mangas und welche Manga-Rei- konkret an den Artikeln arbeiten, die im Herbst hen am liebsten? erscheinen sollen. Es ist aber auch Zeit, um Fra- Ich lese weniger Mangas, sondern schaue eher Ani- gen zu stellen und wichtige Grundsätze des Jour- mes. Ich mag Animes, die vor 2000 Jahren spielen. nalismus kennenzulernen. Auch ein leckeres ge- Wie zum Beispiel Fairy Tail. Ich habe sehr lange am meinsames Mittagessen ist vorgesehen. Anime festgehalten. Heute ist der Anime nicht sehr Wenn Du interessiert bist, kannst Du Dich weit vom Manga entfernt. Es gibt zwar Unterschiede bei Marion Lucas-Hirtz, Leiterin Kinder- und Ju- in der Art der Zeichnung: Animes sind in der Regel gendarbeit, anmelden: sehr dezent gezeichnet, Mangas eher im grafischen [email protected] oder 079 521 60 88. aktuell 26 Juni 2016

Eine Feuerwehrübung beim Rathaus 1908. Ein Feuerwehr-Arsenal an günstiger Lage Vor 100 Jahren, mitten im Ersten Weltkrieg, bekam Rapperswil sein Feuwerwehrdepot. Dem- nächst soll in dem denkmalgeschützten Gebäude ein neuer Nutzer Kultur und Gastronomie anbieten. Grund genug, noch einmal einen Blick zurückzuwerfen auf die Anfänge.

Text: Markus Thurnherr Organisation der Feuerwehr, und so wurde deren Komman- Fotos: Stadtarchiv Rapperswil-Jona dant Julius Burtscher auch der «Wachtchef» der neuen Sicher- heitstruppe. Am Montag, 3. August 1914, befahl der schweizerische Bun- Auch die «Freiwillige Feuerwehr Rapperswil» hatte Pro- desrat die allgemeine Kriegsmobilmachung, in Europa war bleme, weil «infolge der Abwesenheit eines grossen Teils der Erste Weltkrieg ausgebrochen. Sämtliche wehrfähigen der Männer im Militärdienst die Zahl der Feuerwehrmänner Männer mussten einrücken und blieben im sogenannten Ak- sehr zurückgegangen ist», wie es im Gemeinderatsproto- tivdienst zum Teil wochenlang fern von ihren Familien und koll vom 17. August 1914 heisst. Dazu kam, dass die Geräte ihrem Arbeitsplatz. (Leitern, Pumpen, Schläuche) an unterschiedlichen Orten Mit einiger Sorge beurteilten daher die Rapperswiler eingelagert waren, zum grössten Teil im Untergeschoss des Gemeinderäte die Frage der Sicherheit der Familien und ih- Rathauses, aber ebenso in verschiedenen privaten Schuppen rer Häuser. Um Einbrüche und Überfälle zu verhüten («zum wie zum Beispiel im Garten der Frau Uhrenmacher Helb- Schutz des Privateigentums»), wurde auf private Initiative hin ling im Erkerhaus am Stadthofplatz, die dafür 5 Franken im eine «freiwillige Bürgerwehr» aufgestellt, die jede Nacht ihre Monat verlangte, oder im Untergeschoss des «Rütihauses» Runden durch die bewohnten Gebiete drehte. Vorbild war die (Hotel Schwanen). aktuell Juni 2016 27

Julius Burtscher, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Rapperswil, 1905 -1916.

Im Protokoll des Gemeinderates vom 29. Dezember 1914 er- scheint zum ersten Mal der konkrete Vorschlag eines zen- tralen «Feuerwehr-Arsenals an günstiger Lage». Woher die Idee stammte, geht aus den Akten nicht hervor, doch waren natürlich die Mitglieder der Feuerwehrkommission wie auch der Kommandant davon sofort begeistert. Von Anfang an war zudem klar, wer den Bau planen und ausführen sollte: Der be- kannte Rapperswiler Architekt Emanuel Walcher-Gaudy war ja Adjutant des Feuerwehrkommandanten und hatte auch schon das Korps als sein Stellvertreter geführt. 14 Franken pro Quadratmeter Als Erstes musste der Standort des neuen Arsenals festgelegt werden. Drei geeignete Grundstücke standen zum Angebot. Schliesslich entschied man sich für den Ankauf einer Wiese am Rand der Altstadt an der Kreuzung Tiefenaustrasse/Mer- kurstrasse. Der Preis war vernünftig – 14 Franken pro Quadrat- meter –, und mit dem Steinbockwirt Simon Führer, der im Auf- trag seiner beiden noch unmündigen Pflegesöhne Christian und Alfred Lüthi handelte, wurde man bald einig. Die Parzelle im Ausmass von genau 553,6 Quadratmetern kam auf 7750.40 Franken zu stehen. Natürlich mussten die Bürger diesen Kauf noch genehmigen. Mit Wohnung und Büros Jetzt konnte der Architekt an die Planung gehen. Vorerst gab es eine wichtige Frage zu klären: Sollten neben den Räumen für die Geräte im neuen Gebäude auch Wohnungen oder Bü- ros eingeplant werden? Wohnungen brächten Zinseinnahmen und Büros wären sehr willkommen, da die Gemeindeverwal- tung im Rathaus schon seit Langem unter akuter Raumnot 3

Kultur und Gastronomie

Das seit 2006 unter Denkmalschutz stehende alte Feuerwehrdepot Rapperswil soll in Zukunft als öffentlicher Kultur- und Gastronomiebetrieb geführt werden. Die Stadt hat deshalb vor einem Jahr die Liegenschaft für eine solche Nutzung ausgeschrieben. Angestrebt wird eine langfristige, selbsttragende Nutzung des hun- dertjährigen Gebäudes. Die Prüfung der Projek- teingaben ist zurzeit noch im Gange. (red) Das alte Feuerwehrgebäude sucht eine neue Nutzung. aktuell 28 Juni 2016

sichtigt worden. Aus Bern beklagte sich ein Schwager des Bau- unternehmers Burtscher (des Feuerwehrkommandanten!), dass eine andere Firma den Auftrag bekommen hatte, obwohl «Herr Burtscher doch während 25 Jahren der Feuerwehr Rap- perswil unschätzbare Dienste geleistet hat». Dachdeckermeis- ter Meyer wiederum «drückt sein Erstaunen darüber aus, dass ihm die Dachdeckerarbeiten am neuen Feuerwehrhaus nicht übergeben wurden, denn er wäre ja bereit gewesen, wenn man mit ihm verhandelt hätte, den Preis noch zu reduzieren». Der Rat zeigte sich unbeeindruckt: «Es wird davon Kenntnis ge- nommen.» Mit dem Zimmermann Hutterli wurde eine beson- dere Abmachung getroffen: Er erhielt den Auftrag, die Visier- stangen aufzustellen, mit der Bemerkung, «dass wenn ihm die Ausführung der Zimmerarbeiten zufalle, die Rechnung für die Die Handdruckspritze von 1894 wurde von Pferden gezogen. Erstellung des Bauvisiers dahinfalle». litt. Noch im Februar präsentierte Emanuel Walcher seine Kosten blieben unter dem Budget Vorschläge; der Rat entschied sich am 2. März für den Einbau Im Sommer 1915 wurde ein anderes öffentliches Bauwerk ge- einer Wohnung mit drei Zimmern, Küche, Korridor und Abort, rade abgeschlossen: das neue Sekundarschulhaus in der Bur- sowie für drei Büros. Dazu kam auch «eine geräumige Winde, gerau. Das traf sich gut, denn so wurden Kräfte frei und die die sich eignet für die Aufbewahrung von Holz und anderen Arbeiten am neuen Feuerwehrgebäude konnten planmässig Feuerungsmitteln sowie für die Unterbringung und Tröcknung begonnen werden. Bis zum Juni des kommenden Jahres 1916 von Kleidern, speziell von Feuerwehruniformen etc.». Auch musste der Rohbau fertig sein und zwei Monate später der ge- sonst entsprach das Projekt den Wünschen des Rates: «Die ei- samte Innenausbau. Und es klappte, denn an der Sitzung vom gentlichen Arsenalräume für die Gerätschaften sind auf lange 5. September 1916 genehmigte der Gemeinderat die Schlussab- Zeit ausreichend und in Ein- und Ausfahrten sehr praktisch rechnung von 44 757.75 Franken und nahm am 13. Dezember angelegt. Der Tröckneturm gibt dem Gebäude nicht bloss eine 1916 «mit Befriedigung Kenntnis vom Beschluss des Regie- wohltuende Architektur, sondern erfüllt die Forderungen der rungsrates, an die Kosten des Feuerwehrgebäudes einen Bei- Feuerwehrkommission als Tröckne- und Steigerturm in bester trag von Fr. 5300.- zu leisten». Das Budget war also um 542.25 Weise.» Franken unterschritten worden. Sämtliche Geräte mit Ausnah- Der Rat setzte nun alles daran, das Geschäft möglichst vo- me zweier Hydrantenwagen konnten nun im neuen Gebäude ranzutreiben, denn, wie es in schönstem Amtsdeutsch heisst, untergebracht werden. «es sei infolge der Kriegswirren namentlich der Handwerker- Gab es eine offizielle Einweihungsfeier? In den Gemeinde- stand arg betroffen und es könnte diesem Notstande durch die ratsprotokollen steht nichts davon, sofortige Inangriffnahme der vorgesehenen Feuerwehrarse- hingegen war auf das Wochen- nalbaute etwas abgeholfen werden». ende vom 10. bis zum 12. Fe- Wenig Kopfzerbrechen bereitete zum Glück die Kostenfra- bruar 1917 eine zweitägige ge: Der Voranschlag lautete auf 47 000 Franken, davon konnte Versammlung des kan- man vom Kanton eine Subvention von 7000 Franken erwarten. tonalen Feuerwehrver- 35 000 Franken lagen im Feuerwehrfond bereit, die Restschuld bandes vorgesehen «im konnte amortisiert und verzinst werden durch die Mieteinnah- Hôtel Schwanen mit men für die Wohnung und die Büros (400 und 228 Franken pro circa 150 Personen, mit Jahr). Das Geschäft ging nun an die Bürgerversammlung vom einem Bankett und ei- 21. März 1915 und ging problemlos durch: Unter Traktandum 10 ner gemütlichen Unter- lautet der Protokolleintrag: «Die Verlesung des Gutachtens und haltung zu Ehren der der Anträge des Gemeinderates betreffend Erstellung eines Gäste unter Zuzug des Feuerwehrhauses wurde nicht verlangt. Die hierüber eröffne- Musikvereins oder des te Diskussion wird nicht benutzt. In der Abstimmung wurden Männerchors». Der Ge­ vorstehende Anträge (Bodenkauf, Projektvorschlag Walcher meinderat bewilligte da- und Finanzierung) angenommen.» für einen Beitrag von 250 Franken. Reklamationen der Handwerker Und rund um die Schweizer Zügig ging es nun voran, Baufirmen und Handwerker machten Grenzen tobte der Weltkrieg. ■ ihre Angebote, die Baukommission vergab die Arbeiten. Wie Emanuel Walcher- Gaudy, gewohnt wurden die üblichen Vorwürfe laut, wenn jemand Architekt (1859 – 1926). glaubte, sein Geschäft sei unberechtigterweise nicht berück- (Bild Gret Walcher) vereine Juni 2016 29

Dank des Vereins Pro Pomasqui können Kinder einen Kindergarten besuchen. Im Einsatz für Ecuador Der von zwei Joner Lehrern gegründete Verein Pro Pomasqui leistet in Ecuador seit über zwanzig Jahren Hilfe zur Selbsthilfe. Immer wieder packen auch junge Helferinnen und Helfer aus der Schweiz mit an.

Text: Tatjana Stocker der Volkswirtschaftslehre half er bei einem Auffor- Fotos : Verein Pro Pomasqui stungsprojekt mit. Zurück in der Schweiz, übernahm Sandro Di Domenico die Koordination der Volontär- Das Dorf Pomasqui liegt nördlich der ecuadoriani- einsätze. Seither sind jährlich mehrere Freiwillige schen Hauptstadt Quito, nur wenige Kilometer vom und Zivildienstleistende in Pomasqui im Einsatz, Äquator entfernt, auf 2600 Metern über Meer. Das und die vom Verein gesammelten Spendengelder be- Klima ist sehr trocken, das Wasser knapp, und ein laufen sich mittlerweile auf 250 000 Franken pro Jahr. grosser Teil der landwirtschaftlich geprägten Bevöl- «Damit können wir in Ecuador das Leben Hunderter kerung – Indigene und Mestizen – lebt an der Armuts- Menschen verbessern», stellt der 43-jährige Familien- grenze. «Hier braucht es unsere Hilfe», dachten sich vater, der perfekt Spanisch spricht, erfreut fest. Philipp Schlegel und Toni Stebler, zwei Lehrer aus Jona (siehe Interview Seite 31). 1993 gründeten sie Recycling statt Abfallberge den Verein «Pro Pomasqui» und lancierten Dutzende Einer dieser freiwilligen Helfer ist Tim Ortner aus von Bildungs-, Sozial- und Umweltprojekten. In den Rüti ZH. Der 24-jährige Student packte 2014/15 im zwei Kindergärten des Vereins und der dazugehöri- Rahmen seines Zivildienstes beim Bau einer Trink- gen Stiftung «Fundación Sembrar Esperanza» (auf wasserleitung im Urwalddorf Niebli mit an. Obschon Deutsch: «Hoffnung säen») beispielsweise werden es an Material, Werkzeugen und Hilfsmitteln mangel- 250 Kinder professionell betreut, bekommen warmes te, tüftelte der kleine Bautrupp so lange, bis die fünf Essen und medizinische Versorgung. Doch die beiden Kilometer lange Leitung stand. «Mit einfachsten Mit- Gründer wollten nicht einfach Almosen verteilen: Die teln lässt sich erstaunlich viel bewerkstelligen», sagt Projekte sollten Hilfe zur Selbsthilfe sein und sich mit der angehende Umweltingenieur. Seit seiner Rück- der Zeit selber tragen. Ausserdem wollten sie sicher- kehr bereitet er Zivildienstleistende auf ihren Einsatz stellen, dass jeder Spendenfranken vor Ort ankommt: in Ecuador vor und berät das Umweltprojekt des Ver- Der Vorstand und alle Freiwilligen arbeiten ehren- eins, das Recyclingmaterialien in Pomasqui und den amtlich. umliegenden Gemeinden sammelt, weiterverarbeitet «An diesen Grundsätzen hat sich nichts geändert», und verkauft. «Unser Ziel ist es, ein selbsttragendes sagt Sandro Di Domenico, der das Präsidium des Ver- Unternehmen im Umweltbereich auf die Beine zu eins 2013 von Philipp Schlegel übernommen hat. Der stellen», erklärt Tim Ortner. in Jona aufgewachsene Wirtschaftsprüfer war 1997 Auch die 24-jährige Laura Merki arbeitete letztes zum ersten Mal in Pomasqui: Als 24-jähriger Student Jahr während acht Monaten als Volontärin bei «Pro vereine 30 Juni 2016

Pomasqui». Die Aargauer Geografiestudentin brachte den Kindergartenkindern spielerisch die Musik nä- Projekte von «Pro Pomasqui» her, half Schulkindern bei den Englischaufgaben und begleitete eine Sozialarbeiterin bei Hausbesuchen. • Aufforstung des Berggebiets Casitagua mit 3,5 Millionen Bäumen in «Die Wärme in den Familien hat mich berührt», er- Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Direktion für Entwicklungs- zählt sie, «was an Materiellem fehlt, kompensieren zusammenarbeit (DEZA). sie mit Liebe.» Dass «Pro Pomasqui» nur einheimi- sche Fachkräfte beschäftigt, sieht sie als grossen Vor- • Anschluss von vier Quartieren Pomasquis an das öffentliche Wasser- teil an. Erstens würden so Arbeitsplätze geschaffen, netz unter Mitarbeit der lokalen Bevölkerung (Gemeinschaftsarbeit). und zweitens finde der Austausch mit den Begünstig- ten innerhalb ihrer Kultur und auf Augenhöhe statt. • Bau von sanitären Anlagen einer Schule (Colegio) in Pomasqui in Zusammenarbeit mit der Geberit AG. Auswege aus der Armut Eines der Hauptanliegen von «Pro Pomasqui» ist es, • Bau und Finanzierung von zwei Kindergärten mit je Kindern aus benachteiligten Familien über Paten- über hundert Kindern. schaften eine Schulbildung zu ermöglichen. Rund 200 Kindern werden Bücher, Schulmaterial und • Finanzierung eines «Umweltbusses», der jährlich 2000 Schülerinnen Schuluniformen finanziert; manche werden bis zum und Schüler erreicht. Universitätsabschluss begleitet. 2016 soll unter ande- rem eine kleine Bibliothek mit englischen und spani- • Finanzierung von Familiengärten, die den Familien ein kleines schen Büchern aufgebaut werden. Insbesondere auch Zusatzeinkommen ermöglichen. in die Umweltbildung wird investiert: Der «Umwelt- bus», ein mobiles Klassenzimmer, besucht die Schul- • Vergabe von Mikrokrediten an Frauen, die ein kleines Geschäft häuser und hilft dabei, die nächste Generation für aufgebaut haben. ökologische Themen zu sensibilisieren und damit die lokalen Umweltprobleme nachhaltig anzugehen. «Ir- • Recycling-Projekt MIRS (Sammlung, Verarbeitung und Verkauf von gendwann werden ehemalige Patenkinder die Hilfs- Materialien) als Beitrag zur Reduktion der Abfallberge rund um die projekte in Pomasqui übernehmen und ihr Wissen an Hauptstadt Quito. ihre Landsleute weitergeben können», ist Präsident Sandro Di Domenico überzeugt. Bildung als Ausweg > www.propomasqui.org aus der Armut und als Hilfe zur Selbsthilfe – ganz im Sinne der beiden Gründerväter. ■

Dank der Umweltbildung sollen künftige Generationen die lokalen Umweltprobleme angehen können. vereine Juni 2016 31

«Pro Pomasqui leistet nur Hilfe zur Selbsthilfe» Philipp Schlegel, 63, über sein Lebenswerk, den Verein «Pro Pomasqui». Der ehemalige Lehrer und Schulhausleiter lebt heute in Panamá-City.

Was hat Sie damals dazu bewogen, in Ecuador Entwick- lungshilfe zu leisten? Als Vorbereitung auf eine Reise nach Mexico machte Foto: zvg ich 1983 einen Sprachkurs in Ecuador. Die schlechten Anstellungsbedingungen der dortigen Lehrpersonen bewogen mich, in Quito im gleichen Jahr eine Sprach- schule zu gründen – mit fairen Anstellungsbedingun- gen für die Lehrpersonen.

Wie wurde aus Ihrem Engagement der Verein «Pro Pomasqui»? Mein verstorbener Lebenspartner Toni Stebler und ich finanzierten in den folgenden Jahren spontan kleinere Entwicklungsprojekte in Ecuador. Die Pro- jekte wurden von Mal zu Mal grösser, unsere Fami- lien und Freunde spendeten Geld, und so gründeten wir 1993 den Verein in der Schweiz und parallel dazu in Ecuador die «Fundación SEMBRES». Philipp Schlegel brachte einst den Stein ins Rollen. Was zeichnete Ihre Projekte aus? Wir wollten keine Almosen oder Geschenke verteilen. tete alles auf meinen Schultern. Das brachte mich an Bei jedem Projekt verlangten wir eine Gegenleistung. die Grenzen meiner Belastbarkeit. Aber Toni sagte, Bei Trinkwasserprojekten finanzierten wir Baumate- ich dürfe jetzt nicht aufgeben. Also hielt ich durch, rial, Maschinen und Gerätschaften, und die Bevölke- bis zu seinem Tod. Danach klappte ich zusammen. rung half, Gräben auszuheben, Leitungen zu verle- Erst drei Jahre später ging es wieder aufwärts. gen oder Reservoirs zu bauen. Pro Pomasqui leistet nur Hilfe zur Selbsthilfe. Das hat den Vorteil, dass die Und wie ging es mit «Pro Pomasqui» weiter? Bevölkerung das Werk als ihr eigenes betrachtet und Ich strukturierte die Vereinsleitung um, schuf neue dazu Sorge trägt. Verantwortungsbereiche und delegierte Aufgaben. 2013 legte ich die Geschicke des Vereins in die Hände Wird auch bei den Patenschaften eine Gegenleistung von Sandro Di Domenico. Im gleichen Jahr quittierte verlangt? ich auch den Schuldienst und wanderte nach Panamá Ja. Das Patenkind ist verpflichtet, regelmässig zur aus. Schule zu gehen und seinem Paten oder seiner Patin zweimal jährlich zu schreiben. Die Eltern verpflich- Wie verbunden fühlen Sie sich Ihrem Hilfswerk heute ten sich zudem, an Versammlungen mit Weiterbil- noch? dungscharakter und an Gemeinschaftsarbeiten teil- Ich bin natürlich nicht mehr so nah am Geschehen. zunehmen. Auch die von uns finanzierten Kinderta- Aber manchmal gibt es noch eine Aufgabe für mich. gesstätten sind nicht kostenlos. Eines der ersten Pa- Ecuador ist gerade einmal eineinhalb Flugstunden tenkinder ist heute übrigens Doktor der Psychologie von Panamá entfernt, was mir erlaubt, kleinere Re- und arbeitet freiwillig in der Fundación SEMBRES präsentationsaufgaben zu übernehmen. Letzten mit. Ein schönes Beispiel dafür, wie Hilfe zur Selbst- Sommer begleitete ich eine Etappe eines Trinkwas- hilfe funktioniert. serprojektes und stellte dem Verein ein Video als Re- chenschaftsbericht zur Verfügung. Wie schwer war es, nach dem Tod Ihres Lebenspartners weiterzumachen? Was würden Sie rückblickend anders machen? Es war extrem schwierig. Vor Tonis Krebsdiagnose Unter den gleichen Voraussetzungen möglicherweise war jeder mit seinem Bereich schon mehr als ausge- gar nichts. Hätte ich aber von Anfang an gewusst, was lastet – wir hatten beide ja auch anspruchsvolle Be- auf mich zukommt, hätte ich wohl gar nie angefan- rufe. Toni kümmerte sich um Fundraising, Projekte, gen. Den Mut, diesen Weg zu gehen, hätte ich heute Öffentlichkeits- und Medienarbeit. Dann kam der nicht mehr. ■ Schock der Diagnose, unheilbar, Überlebenschance gleich null – und von einem Tag auf den anderen las- Das Interview wurde schriftlich geführt. leben in rapperswil-jona 32 Juni 2016

Zu jedem Wein eine Geschichte Weine, Brunnen und Liebesgeschichten aus Rapperswil-Jona – Christopher Ammann kennt sie alle. Dank Leidenschaft, Energie und Neugier ist der Mann vom Lenggis heute ein Mensch gewordenes Stadtlexikon.

Text: Lea Cortesi verdünnten Wein trinken.» Folglich wurde ihm die Faszinati- Foto: Sophie Stieger on für den Wein zwar nicht mit, dafür aber kurz nach der Mut- termilch eingeimpft. Hat man einen Gesprächstermin mit Christopher Ammann, Heute hat der bald Siebzigjährige einen Grossteil der offi- dann gibt es als Erstes ein Gläschen Wein. Gerne in seinem ziellen Ämter abgelegt, doch als Weinfachmann geht ihm die Weinkeller. «Ich hätte da einen feinen Weisswein.» Gekonnt Arbeit nicht aus. So wurde er zu Rate gezogen, als ein alter entkorkt er in geschätzt drei Sekunden die Flasche. Übrigens Weinkeller begutachtet werden sollte. Sehr rare und verges- mit dem «besten Korkenzieher, den es gibt», wie er schwärmt. sene Tropfen habe er dort gefunden. Wenn Christopher Am- So gut sei der, dass er ihn gleich selber vertreibe. Zusammen mann heute davon erzählt, ist seine damalige Begeisterung mit Wein aus dem In- und Ausland. Aber er vertreibt nicht nur noch deutlich zu spüren. Wein. Das würde nicht reichen, um die Tage des pensionier- ten Lehrers auszufüllen. An dieser Stelle seien nur drei seiner Der Geschichtenerzähler weiteren Tätigkeiten genannt: Er sitzt in der Jury der Weinprä- Das Erlebnis im Weinkeller ist nur eines von vielen. Zu jeder mierung der Expo-Vina, organisiert Kulturreisen und macht Erinnerung und bei jeder Gelegenheit weiss er eine lustige Ortsführungen durch Rapperswil-Jona. Anekdote zu erzählen. Christopher Ammann ist ein Mann der Geschichten. Dank seines grossen Wissens, das er sich über die Mit vollem Einsatz für die Schule Jahre angeeignet hatte, wurde er schliesslich auch Stadtfüh- Aufgewachsen in der Stadt St. Gallen, absolvierte der Jung- rer. Regelmässig führt er heute durch die Rebberge oder leitet lehrer Christopher Ammann ein Praktikum im Schulhaus Gruppen von einem Stadtbrunnen zum nächsten – immer an- Herrenberg in Rapperswil. Von seinem Arbeitsplatz konnte er gereichert mit lokal-historischen Geschichten. «Liebe am See» den Blick in die Ferne schweifen lassen, über die Kempratner sei seine Lieblingsführung, erzählt er. Die Tour mit Liebesge- Bucht, hinauf zum Lenggiser Hügel. Dieses schöne Fleckchen schichten und -dramen basiert teilweise auf seinen eigenen Erde ging ihm nach Abschluss des Praktikums nicht mehr aus Nachforschungen. dem Kopf. Wenig später trat er seine Stelle als Primarlehrer im Wie kam es denn überhaupt, dass ihm, der nicht in Rap- Lenggiser Schulhaus Paradies an. perswil-Jona aufgewachsen ist, diese Stadt derart am Herzen Da zeichnete sich bereits ab, was sich wie ein roter Faden liegt? «Rapperswil-Jona hat sehr viele alte Gemäuer und eine durch Christopher Ammanns Curriculum zieht: Es blieb nicht grosse historische Vergangenheit», schwärmt der Wahl-Leng- beim Unterrichten. Der engagierte Lehrer benützte, kaum giser. «Aber es ist dennoch kein Museum. Die Stadt entwickelt hatte er die Stelle angetreten, ein neues Lehrmittel und schul- sich weiter. Diese Vielseitigkeit gefällt mir.» te Kollegen in der Anwendung desselben. Und so ging es für viele Jahre weiter: Er unterrichtete Klassen der Mittelstufe, Ungebändigte Energie engagierte sich nebenher aber immer auch im Bereich der Leh- Und wie steht es mit Hobbys? Bei einem Mann wie Christopher rerweiterbildung. Und auch für ausserschulische Aktivitäten Ammann bleibt auch dafür noch Zeit. So spielte er nebenher hatte er Zeit: Er gründete das Ortsmuseum Jona und wirkte als in der Guggenmusik Harlekinos und war dreizehn Jahre lang Präsident des Zirkusmuseums. deren Präsident. Es scheint, er werde stets direkt in eine Füh- rungsposition befördert, sobald er bei einer Sache einsteigt. Immer wieder der Wein «Das hat schon was», meint er und lacht. «Wenn ich von einer Und dann war da immer auch noch der Wein. Der Wein und Sache überzeugt bin, dann mische ich lieber oben mit, als nur alles, was dazu gehört, vom Anbau bis zum Vertrieb. Nach die Faust im Sack zu machen.» dreissig Jahren Lehrertätigkeit entschloss sich Christopher Der Geschichtenerzähler Christopher Ammann ist eben Ammann dazu, einen Neuanfang zu wagen. Mit Arbeitsein- auch ein Machertyp. Dennoch kam es für ihn nie in Frage, in sätzen in Rebbergen eignete er sich grosses Fachwissen und die Politik einzusteigen. Während seiner Zeit als Lehrer übte er Erfahrung an. Natürlich gilt auch hier: Wenn der Ammann et- diesen Beruf mit vollem Einsatz aus. «Ich hatte neben meinen was anpackt, dann macht er es richtig. So gelangte er schnell Engagements gar keine Zeit für eine politische Laufbahn», sagt zu einiger Bedeutung in der regionalen Weinbranche und am- er ohne Reue. tierte als Oechslemeister der Gegend – als jener also, der den Und nun, Herr Ammann, was kommt als Nächstes? «Nichts Oechslegrad der gelesenen Trauben und damit deren Qualität Neues mehr» antwortet er. «Ich betätige mich als Weinfach- beurteilt. «Schon mein Vater war in einer französischen Wein- mann und Stadtführer. Das reicht mir.» Ob es ein Energiebün- bruderschaft», sagt Christopher Ammann augenzwinkernd, del wie er jedoch schafft, sich zurückzulehnen und es ruhig «darum wohl durfte ich bereits mit acht Jahren mit Wasser angehen zu lassen, wird sich noch zeigen müssen. ■ Steckbrief Christopher Ammann Alter : Jahrgang 1947 leben in rapperswil-jonaporträt Beruf: Weinfachmann 33 Familie: verheiratet, JunizweiMai 20162015 Kinder Hobbys: Garten und See Typische Eigenheit: Organisations- talent Lieblingsort in Rapperswil-Jona: Schloss und Lindenhof Lieblingsmusik: klassisch, besonders Mozart Lieblingsliteratur: Wein-Fachliteratur hausgeschichten 34 Juni 2016 Bloss nicht den Zürcher Schild!

Er wurde unter anderem als Kornhaus genutzt, als Werkstatt eines Orgelbauers und schliesslich als Saal für allerlei Feierlichkeiten: Der Saal-Anbau des Hotels Schwanen hatte in seiner fast 800-jährigen Geschichte so manche Bestimmung.

Text : Paul Heeb Foto : Hannes Heinzer

Dokumenten im Stadtarchiv Rappers- äussert habe, dass das Rütihaus an den Auf Hans Schärer folgten als Eigentümer wil ist zu entnehmen, dass Graf Rudolf Meistbietenden verkauft werden solle. 1924 Johann Grünenfelder, 1930 Theo- schon zur Zeit der Stadtgründung dem Weil die Stadt am Kauf interessiert war, phil Schmutz-Moesch, 1955 dessen Sohn Kloster Rüti ein Haus am See schenkte. offerierte sie vorerst 43 Louisdors (451,5 Erwin Schmutz-Schwegler, und 1969 die Diese Schenkung wurde im Jahre 1233 Gulden). In anschliessenden Verhand- neu gegründete Hotel Schwanen AG. ■ bestätigt und von allen Steuern und lungen wurde der Preis auf 600 Gulden Dienstpflichten befreit. Es wurde bis erhöht und beidseits genehmigt. weit ins 19. Jahrhundert als Rüti-Amts- Damit wurde das Rütihaus Eigentum haus oder als Rüti-Haus bezeichnet und der Ortsgemeinde Rapperswil. In das Ge- bildet den baulichen Ursprung des heuti- bäude wurde investiert, und schon 1832 gen Schwanensaal-Gebäudes. Es grenz- stellte die Ortsgemeinde den Bedarf nach te ostseitig an das damalige Haus «zum einem Kornhaus fest und beantragte der Roten Turm», welches seinerseits an Bürgerversammlung «die Herstellung den «Steinbock» anstiess. Als Folge der einer brauchbaren Kornschütte» und Reformation wurde das Kloster Rüti auf- gleichzeitig die Anschaffung von 200 bis gehoben, wodurch das Rüti-Haus in den 300 Mütt (1 Mütt = 60 Liter) Korn zur Si- Besitz der Stadt Zürich überging. cherung der ununterbrochenen Fortset- Der von Zürich eingesetzte Amtmann zung des wöchentlichen Kornmarktes. liess das an der Südfront des Hauses an- Die Bürgerversammlung stimmte zu. gebrachte Abts-Wappen überweisseln und durch das Wappen der Stadt Zürich Seit 100 Jahren ein Hotel ersetzen. Der Stadtrat von Rapperswil 1867 ging das Kornhaus in den Besitz wehrte sich gegen diese Massnahme. der politischen Gemeinde Rapperswil In einem sehr freundlichen, fast unter- über. 1872 wurden der obere Boden und würfig gehaltenen Brief wandte er sich der Dachstock an die Firma Spaich, Or- 1583 an den Schaffner von Rüti mit der gelbauer aus Männedorf, vermietet. Im Feststellung, dass es dem Stadtrat nicht Vertrag wurde vereinbart, dass die Stadt gefalle, den Zürcher Schild am Haus zu die nötigen Fenster für 7 Kreuzstöcke auf haben. Wenn wirklich ein Schild ge- ihre Kosten zu erstellen hatte. Der Saal-Anbau des Hotels Schwanen hat wünscht sei, so möge man doch wieder 1913 verkaufte die Stadt das Gebäu- 800 Jahre auf dem Buckel. den Rüti-Schild anbringen. Man weiss de an Hans Schärer, der schon seit 1912 zwar, dass 1584 der Zürcher Schild mit Eigentümer des östlich anstossenden Unrat überstrichen worden sei, aber wie Hotels Schwanen war. Die unteren Lo- Paul Heebs Häuserchronik es mit diesem Wappen wirklich weiter- kalitäten musste der Käufer noch für ging, ist nicht überliefert. kurze Zeit als Magazin für Feuerwehrge- Paul Heeb, der frühere Grundbuch- rätschaften und Marktstände zur Verfü- verwalter und Präsident des Ortsver- Verkauft für 600 Gulden gung halten. Ausserdem sind im Vertrag waltungsrats, hat nach seiner Pensi- Das Gebäude wurde fortan für unter- Bestimmungen für die vorzeitige Auf- onierung im Jahr 2001 in akribischer schiedliche Zwecke genutzt. 1636 wird in lösung des Mietvertrages der Orgelbau- Forschungsarbeit eine «Chronik über einem Gerichtsfall bemerkt, dass Chris- werkstatt, die jetzt von den Gebrüdern die Eigentumsverhältnisse der Häuser ten Müller den ganzen Tag im Rütihaus Späth betrieben wurde, sowie Einzel- in der Altstadt» zusammengestellt. Als Hafer gemessen habe. 1644 wird festge- heiten bezüglich der künftigen Nutzung Quellen dienten ihm die Ratsprotokolle stellt, dass sich die Mauern und Fenster des Gebäudes als Ergänzung zum Hotel seit 1540, der helvetische Kataster von in einem üblen Zustand befinden, wes- Schwanen enthalten. 1801, Handänderungsprotokolle ab halb der «Junker Ambtmann zue Rüthi Gemäss Angaben von Architekt Ro- 1816 sowie alte Schuldenprotokolle. Im des Mangels bauwshalber» zu benach- bert Walcher liess Hans Schärer das Ho- «Stadtjournal» stellt Paul Heeb jeweils richtigen sei. tel Schwanen und das ehemalige Korn- eines der von ihm erforschten Häuser Am 12. März 1804 wird im Stadtrats- haus auf das kantonale Sängerfest von vor. Die CD-ROM der gesamten Chronik protokoll Kenntnis genommen, dass sich 1913 durch Architekt Emanuel Walcher ist für 45 Franken bei der Ortsgemeinde der Amtmann von Rüti dahingehend ge- zum heutigen Hotelkomplex umbauen. Rapperswil-Jona erhältlich. kulturhighlights Juni 2016 35 Stadtmuseum Ausstellung Der Kanton Spuren der Gestik St. Gallen und der Erste Weltkrieg

Die neue Wechselausstellung im Stadtmuseum zeigt auf, welche Einflüsse der Erste Weltkrieg auf den Alltag der Menschen im Kanton St. Gallen hatte. Er fragt danach, wie unterschiedlich sich der Krieg auf die Lebensumstän- de von Männern, Frauen und Kindern auswirkte. Wie veränderte sich der Alltag der Männer, die als Soldaten viele Monate Dienst leisten mussten? In welchen Bereichen engagierten sich die Frauen, welchen zusätzlichen Belastungen waren sie ausgesetzt? Zur Sprache kommen wirtschaftliche Aspekte wie der Schmuggel und die Krise der Ostschweizer Stickerei-Indus- trie. Ebenso beleuchtet die Ausstellung die schwierige Zeit gegen Ende des Krieges, als die Spanische Grippe, Hunger und Lebensmittelrationierung so- Vom 19. Mai bis zum 12. Juni 2016 präsentieren wie der Generalstreik die Menschen bewegten und aufs Äusserste forderten. die beiden Künstlerinnen Monika Dolder und Das Begleitprogramm zur Ausstellung mit Vorträgen und Führungen Ursula Grossfeld aus Rapperswil-Jona Bilder und ermöglicht vertiefte Einblicke in das Thema. Skulpturen ihrer neuesten Schaffensperiode. Grossformatige, abstrakte Bilder in Acryl-Misch- Bis 23. Oktober 2016 technik stehen menschlichen Figuren gegen- Ort : Stadtmuseum Rapperswil-Jona über, die teilweise klein und zerbrechlich aus Finissage: Sonntag, 23. Oktober, 11 Uhr Ton oder gross und kräftig mit der Kettensäge www.stadtmuseum-rapperswil-jona.ch aus Baumstämmen herausgearbeitet sind. Neues zu wagen, sei es bezüglich Formen, Materialien, Strukturen oder Formaten, bildet die Heraus- Kulturnacht Rapperswil-Jona forderung und Motivation der Künstlerinnen Eine Brücke zwischen Jung und Alt für ihre neuen Werke. Abstraktes kontra Gegen- ständliches, Farben versus Naturmaterialien, Zum neunten Mal Spannungsfelder zwischen Zwei- und Dreidi- findet die Kulturnacht mensionalem – die Gedanken der Besucherinnen Rapperswil-Jona und Besucher können schweifen und die Augen statt. Diesmal ist der geniessen. Ergänzend wird ein interessantes Fokus auf die Brücke Begleitprogramm angeboten. zwischen Jung und Alt im Grünfels-Areal 19. Mai bis 12 Juni 2016 gerichtet. Es beteiligen Ort : EWJR Elektrizitätswerk Jona-Rapperswil sich unter anderem die Vernissage: 19. Mai 2016, 19 Uhr Musikschule, das ZAK, www.kulturpack.ch die Kellerbühne Grün- fels, die Jugendarbeit und die Tagesstätte Musiksommer Grünfels sowie das EWJR mit drei Ausstel- Klanglegierungen lungen. Die Stadtbib- Der 21. Musiksommer am Zürichsee startet mit liothek, die Alte Fabrik einem Kammerkonzert unter dem vielverspre- und das Kunstzeug- chenden Titel «Klanglegierungen» im Schloss haus präsentieren sich Rapperswil. Das Icarus Trio interpretiert Werke mobil. von Robert Schumann, Karol Szymanowski, Don Banks und Johannes Brahms. Agnieszka Kulow- Samstag, 10. September ska, Violine, Carla Blackwood, Horn, und Serena 2016, 17 bis 24 Uhr Stella, Klavier, widmen sich mit Leidenschaft dem Ort : Grünfels-Areal und Repertoire für Horn-Trios und suchen in ihren Pro- EWJR Elektrizitätswerk grammen bewusst Bezüge zwischen den Epochen. Jona-Rapperswil www.kulturpack.ch Sonntag, 22. Mai 2016, 18 Uhr Ort : Rittersaal, Schloss Rapperswil Eintritt: kostenlos (Kollekte) www.musiksommer.ch kulturhighlights Agenda 36 Juni 2016 Juni 2016 36

Mai 2016 So, 29.5., 17 Uhr Juli 2016 Sa, 10.9., ab 17 Uhr Serenade im Schlosshof. Kulturnacht Rapperswil-Jona. Do, 19.5., 19 Uhr Schloss Rapperswil Mi, 6.7., 14 Uhr Areal Grünfels/EWJR Vernissage Ausstellung EWJR www.artarena.ch Kinder-Kunst-Labor. www.rapperswil-jona.ch Dolder-Grossfeld. Alte Fabrik EWJR Elektrizitätswerk Di, 31.5., bis So, 19.6. www.alte-fabrik.ch So, 11.9., 19 Uhr Jona-Rapperswil Hafenkonzerte Stadtmusik Podium junger Künstler: www.kulturpack.ch Rapperswil-Jona. So, 10.7., 17.15 Uhr Lumina Quartett – Fischmarktplatz Eos Guitar Quartet: «Impressionen». Sa, 21.5., 19.30 Uhr www.stadtmusik.com «Saitenwechsel virtuos». «Kreuz» Jona Aspects of Dance, Stadtmusik Insel Ufnau, St. Peter und Paul www.musiksommer.ch Rapperswil-Jona. www.musiksommer.ch «Kreuz» Jona Juni 2016 Fr, 23., bis So, 25.9. www.stadtmusik.com So, 17.7., 17.15 Uhr 50plus-Musik-Festival. Do, 2.6., 19 Uhr Voces Suaves: «L’Arte Haus der Musik Sa, 21.5., 20 Uhr KulTreff. del madrigale». www.promusicante.ch AMP-Freestyle Party. Kunstzeughaus Insel Ufnau, St. Peter und Paul ZAK Jona www.rapperswil-jona.ch www.musiksommer.ch www.zak-jona.ch Oktober 2016 Do, 2.6., 20 Uhr Sa, 21.5., 20.30 Uhr Lesung: Zora del Buono, August 2016 Mi, 26.10., 19 Uhr Cornelia Montani. «Gotthard». KulTreff. Kellerbühne Grünfels Alte Fabrik Mo, 1.8. Kunstzeughaus www.gruenfels.ch www.alte-fabrik.ch Bundesfeier Rapperswil-Jona. www.rapperswil-jona.ch Fischmarktplatz So, 22.5., 13.30 Uhr Fr, 3.6., 20.15 Uhr www.vvrj.ch Internationaler Museumstag. Fabrik-Jazz-Labor. November 2016 Kunstzeughaus Alte Fabrik Sa, 6.8., 16 Uhr www.kunstzeughaus.ch www.alte-fabrik.ch La Tavolata. Sa, 26.11., 20 Uhr, und Altstadt So, 27.11., 17 Uhr So, 22.5., 18 Uhr Di, 7.6. www.vvrj.ch Konzert des Teamchors Jona mit Eröffnungskonzert Musiksommer: Strassentheater Picaro. dem Konzertchor der Singschule Trio Icarus – «Klanglegierungen». Curtiplatz Sa, 13.8. St. Gallen. Rittersaal, Schloss Rapperswil www.rapperswil-jona.ch Giessi-Fäscht Kath. Kirche Jona www.musiksommer.ch Giessi/Bühlerallee www.teamchor.ch Sa, 11.6., 14 Uhr Mi, 25.5., 20.30 Uhr Kinder-Kunst-Labor. Do, 18., bis So, 28.8. Trigger Concert Big Band. Alte Fabrik Ausstellung: Christa Gebert/Am- Alte Fabrik www.alte-fabrik.ch biente-Designpreis 2016. RJ Info : www.alte-fabrik.ch Alte Fabrik www.kulturpack.ch Sa, 11.6., 19.30 Uhr www.alte-fabrik.ch www.rapperswil-jona.ch/ Mi, 25.5., 19.30 Uhr Musizierkreis See: «Very British». veranstaltungen Hörzirkel mit Max Aeberli. Ev. Kirchenzentrum Jona Fr, 26.8., 19.30 Uhr (Die Liste erhebt keinen Haus der Musik www.musizierkreis-see.ch Freitags in der Fabrik. Anspruch auf Vollständigkeit.) www.promusicante.ch Alte Fabrik Sa, 18.6., 19.30 Uhr www.alte-fabrik.ch Fr, 27.5., 19.30 Uhr Tianwa Wang: «Verbeugung Freitags in der Fabrik. vor Bach». Sa, 27.8., 17.30 Uhr Alte Fabrik Kapuziner Kirche Rapperswil «Die Zauberkugel», Serenade. www.alte-fabrik.ch www.musiksommer.ch Kapuzinerkloster Rapperswil www.beatschuler.ch Fr, 27.5., 20 Uhr Fr, 24.6., 20.20 Uhr Knuts Koffer. Chris Conz Trio. Mi, 31.8., 19 Uhr ZAK Jona Alte Fabrik KulTreff. www.zak-jona.ch www.jazzclublinth.ch Kunstzeughaus www.rapperswil-jona.ch Sa, 28.5., 19 Uhr Mi, 29.6., 20.30 Uhr Young Rock & Pop. Trigger Concert Big Band. ZAK Jona Alte Fabrik September 2016 www.zak-jona.ch www.alte-fabrik.ch Do, 1.9., 20 Uhr Sa, 28.5., 20.30 Uhr «Wandern wie gemalt» – auf den Nina Dimitri & Silvana Gargiulo. Spuren bekannter Gemälde. Kellerbühne Grünfels Alte Fabrik www.gruenfels.ch www.alte-fabrik.ch