Eschenbacher 11 neujahrsblatt Pfarrkirche, Kapellen und weitere Zeugen barocker Frömmigkeit Ein kostbares Erbe

In dieser Ausgabe: Seite

Barock als Ausdruck neuer Frömmigkeit 1 Christianisierung des Linthgebiets 2 Baugeschichte der Pfarrkirche 2 Haggenberg-Altar 6 St. Vinzentius-Reliquie 7 Geschichte der Kirchenorgel 8 Geläute 8 Selbständige Pfarrei seit 1537 11 St. Jakobuskapelle Neuhaus 12 Furrer-Chappeli 14 Kapelle zur Hl. Familie Bürg 15 Kapelle „Maria Königin” Ermenswil 16 Feld- und Wegkreuze 18 Schlussgedanken 20 Schlusspunkt 20

erstem grossen Höhepunkt über. Der Spätbarock gilt als zweiter Höhepunkt und stand am Ende des 18. Jahrhunderts. Es folgten das Rokoko und dann der Klas- sizismus. sowohl in profanen, insbesonde- Barock als Ausdruck re aber in sakralen Bauten bis in Nach der Reformation im 16. neuer Frömmigkeit die heutige Zeit. Wegen seiner Jahrhundert verfolgten Katho- pompösen Kunst etwas von den liken und Protestanten unter- Die Epoche des Barocks erlebte üblichen Normen abweichend, schiedliche Interessen, was auch im 17. und 18. Jahrhundert ihre fand er später als eigenständige in der Baukunst ihrer Kirchen zum Blütezeit. „Barock”, aus der por- Epoche Anerkennung. Man unter- Ausdruck kam. Die Protestanten tugiesischen Sprache stammend, scheidet zwischen Früh-, Hoch- pflegten ein einfaches, gradli- heisst wörtlich übersetzt „unre- und Spätbarock. Der Frühbarock niges Erscheinungsbild, derweil gelmässig und schief”. Diese entsprang aus der Renaissance die Katholiken eine durch pom- Kunstform hinterliess ihre Spuren und ging in den Hochbarock als pöse und verzierte Gebäude Eschenbacher Neujahrsblatt 11 gekennzeichnete Kunst bevor- ben. Mit dem Einfall der Aleman- (830), (840), zugten. Die barocke Frömmigkeit nen um 450 herum wurde zwar (856) und Eschenbach (885). Im war die lebensfrohe Antwort auf vieles zerstört. Dennoch ging die Verlauf des 8. Jahrhunderts ka- die nüchternen Vorgaben der Re- Christianisierung weiter, was u.a. men diese Kirchen meistens im formation. Dies erklärt denn auch die Geschichte über den heiligen Zuge von Schenkungen durch die Tatsache, weshalb in baro- Gallus zu berichten weiss. Als Grossgrundbesitzer an wichtige ckem Stil errichtete Gebäude vor irischer Wandermönch besuchte Klöster. So war auch das Gallus- allem in katholischen Gegenden er um 610 herum Tuggen. Dort kloster im Linthgebiet begütert. vorzufinden waren. soll er im Zuge seiner Missions- tätigkeit den heidnischen Tempel Eschenbach wurde im Jahre 775 niedergebrannt und die Götzen- erstmals in einer Urkunde über Christianisierung bilder und Opfergaben in den eine Schenkung an das Klo- des Linthgebiets Tuggenersee geworfen haben. ster St. Gallen als „Esghibach” Zusammen mit seinem Gefährten schriftlich erwähnt. Am Stand- Die Verbreitung des Christen- Columban musste er daraufhin ort der heutigen Pfarrkirche soll tums führte meistens den alten vor den aufgebrachten Aleman- schon um 800 herum ein karolin- römischen Heerstrassen entlang. nen fliehen. Fortan wirkten bei- gisches Gotteshaus gestanden In den Kastellsiedlungen wohnten de im Bodenseeraum. Im Jahr haben: schon recht früh christliche Sol- 612 beschloss Gallus dem Fluss daten, Kaufleute und Gewerbe- Steinach zu folgen, der bei Ar- treibende. Eine viel begangene bon in den Bodensee mündete. Verbindung verlief von Winterthur Beim Wasserfall in der Mühlegg- (Vitodurum) über Pfäffikon-Irgen- schlucht baute er mit weiteren hausen nach (Centum nachfolgenden Gefährten eine Prata), wo die Seestrasse von Klause. Nach seinem Tod um () her einmündete. 640 wurde sein Grab zum Wall- Vom spätrömischen Kempraten fahrtsort. Im Jahr 719 entstand zog sich die Strasse gegen St. daraus eine Abtei, aus welcher Dionys nach Wagen, über den sich dann das weltberühmte Klo- Uetenberg nach Eschenbach und ster St. Gallen entwickelte. Aus weiter via das Gasterland nach Anlass der Ankunft des hl. Gallus Der Ursprung einer Kirche in Maienfeld. Dort erreichte sie die im Steinachtal vor 1400 Jahren Eschenbach liegt vermutlich über grosse Südostroute. sind für 2012 in Stadt und Kan- 1200 Jahre zurück. Auf dem öf- ton St. Gallen im Rahmen eines fentlichen Versammlungsplatz in Das Christentum dürfte sich von „Gallusjahres” eindrückliche Jubi- Eschenbach wurde schon sehr den Kastellkirchen entlang der läumsfeierlichkeiten geplant. früh geurkundet – etwa auf dem Römerstrassen ausgebreitet ha- künstlich ausgeebneten Platz an der Südseite der Kirche. Auf die- In Eschenbach stand eine sem Platz wurde am 15. Juni 801 der frühesten Kirchen eine weitere Schenkung an das Kloster St. Gallen verschrieben, Im Linthgebiet sind frühe Kirchen ebenso am 20. April 829. urkundlich bezeugt für Kempraten Eine am 25. März 885 verfasste Urkunde ist „in atrio sancti Micha- elis publice” – im Vorzeichen der St. Michaels-Kirche - zu Eschen- bach abgeschlossen worden. At- riumskirchen waren zu jener Zeit verhältnismässig selten, denn nur bedeutende Kirche besas- sen eine Vorhalle. Ausgrabungen anno 1955 bestätigten, dass die- se Kirche eine Vorhalle besessen haben musste:

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wohl aber in der Ausstattung. So Gotischer Neubau wurde am 6. August 1565 der „mitliste” Alter durch den Abt von Um die nötigen Gelder zu er- Einsiedeln geweiht. Es handelte langen, griff das Kloster Rüti zu sich hierbei wohl um den sog. dem damals üblichen Mittel des „Haggenberg”-Altar, von welchem römischen Ablassbriefes. Dieser später noch die Rede sein wird. wurde in Rom am 10. April 1487 1585 wurde die Beinhauskapelle von zwei Kardinälen auf den eingeweiht und das Patrozinium Die zahlreichen Schenkungen Eschenbacher Wallfahrtsalter der St. Michael von der Pfarrkirche in an das Galluskloster im fernen hl. Zehntausend Ritter, sowie des diese übertragen. Hochtal der Steinach bezeugen, hl. Wolfgang, der hl. Verena und dass die ganze Gegend schon des hl. Christopherus ausgestellt. 1665 wurde der gotische Chor- christlich geworden war. Im Ver- Die Geldmittel flossen reichlich, bogen durch einen Rundbogen lauf von zwei Jahrhunderten hat- besonders durch den Zustrom ersetzt und dessen Sockel erhielt te sich das religiöse Angesicht der Pilger. So konnte schon nach frühbarocke Formen. Ebenfalls der Landschaft umgewandelt. wenigen Jahren mit dem umfas- in Frühbarockmalerei wurden Denn als die Alemannen sich in senden Erneuerungsbau begon- Chordecke und Chorraum aus- den neuen Wohnsitzen nieder- nen und der Umbau zur gotischen geschmückt. Nach der vollstän- gelassen hatten, waren sie noch Kirche 1496 abgeschlossen wer- digen Umgestaltung des Chores Heiden gewesen, die den ver- den. Diese Jahreszahl befindet folgte 1667 ein neuer, grosser göttlichten Naturgewalten ihre sich am Sakramentshäuschen an Hochaltar. Dieser war dem hl. Jo- Opfer darbrachten. der nördlichen Chorwand. hannes geweiht. 1706 erhielt das Gotteshaus noch einen neuen Im späten 13. Jahrhundert er- Nach aufgefundenen Baufrag- Seitenaltar. folgte die Umgestaltung zur ro- menten zu schliessen, stellte die manischen Kirche. Diese erhielt Kirche in Eschenbach ein reprä- einen Turm, in dessen hölzernem sentatives Bauwerk vor, in wel- 1726 – Neubau des Oberbau die Glockenstube unter- chem der weit herum bekannte barocken Langhauses gebracht war. Wallfahrtsaltar den eigentlichen Anziehungspunkt bildete. Die bisherige „uralte Kirche” war in den romanischen, hernach in den gotischen und später im Chor in frühbarockem Stil umge- baut worden. Mit einem vollstän- digen Neubau des Langhauses mitsamt Vorzeichen wurde 1723 begonnen und 1726 abgeschlos- sen. Das ganze Bauwerk war nur weiss getüncht. Damit erhielten Eschenbach wurde am 28. No- die Eschenbacher zwar ein ge- vember 1444 im Alten Zürich- räumiges, aber schmuckloses krieg niedergebrannt. Dieser Gotteshaus. Nur 27 Jahre hatte Brandschatzung der Habsburger die neue Kirche den Bedürfnis- fiel auch die Kirche zum Op- sen der Kirchgenossen genügt. fer. Nach dem Brand wurde das Der kalt und lieblos wirkende Kir- Gotteshaus den Kriegszeiten chenbau konnte in seiner Nüch- entsprechend nur notdürftig in- ternheit nicht befriedigen. Als standgestellt. Wie wenig diese Folge des schadhaften Daches Renovation ausrichtete, zeigt sich waren zudem Schäden an der darin, dass das zuständige Klo- Umgestaltung des Chores Decke entstanden. Die Kirchen- ster Rüti, welches seit 1309 das verwaltung sah sich veranlasst, Patronatsrecht ausübte, schon Die nachfolgende Renaissance- an eine Restauration zu denken 1487 die Eschenbacher Kirche zeit brachte keine baulichen und hielt Ausschau nach einem als baufällig beschrieb. Veränderungen am Gotteshaus, tüchtigen Baumeister.

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neuern und das Innere im Roko- der drei Könige, Maria Verkündi- 1753/54 Umbau zur kostile ausschmücken und malen gung und Maria Heimsuchung. Spätbarock-Kirche zu lassen. Decke und Kuppel, aus Gips und Holz gebaut, sind an den In den Stichkappen sind die vier Eine neue Generation war heran- Dachstuhl aufgehängt. Der kühne Evangelisten (Matthäus, Markus, gewachsen und mit ihr auch ein Dachstuhl selber stellt ein Meister- Lukas, Johannes) und die vier anderes Kunstempfinden. Die werk der Grubenmann dar. lateinischen Kirchenväter (Hiero- „katholische Reform des Barock- nymus, Augustinus, Gregor und zeitalters” brachte eine lebhafte Die Südseite des Langhauses Ambrosius) dargestellt. Bautätigkeit, so dass namhafte schmückte eine Sonnenuhr, die Baumeister am Werke waren. einen Fährmann mit Kahn dar- Nach diesem gründlichen Umbau Unter den damals über die Lan- stellte. und seiner künstlerischen Aus- desgrenzen hinaus bekannten Meistern traten die Grubenmann Die vier Decken- hervor. Eine ganze Dynastie von gemälde schuf erstklassigen Baumeistern ent- der bekannte stammte dieser Familie aus Teu- s ü d d e u t s c h e fen im Appenzellerland. Barock-Maler Josephus Igna- Aufgrund ihrer Kostenberech- tius Weiss. nung erhielten die Brüder Johann Jakob und Johann Ulrich Gruben- Sie thematisie- mann den Auftrag, das Dach auf ren im Chor- dem Langhaus und dem Turm, raum Jesus am den Glockenstuhl, die Decken Ölberg und im in Schiff und Chor, die Empore, Kirchenschiff die Fenster und die Türen zu er- die Anbetung

− 4 − Eschenbacher Neujahrsblatt 11 stattung im Rokokostil wurde das am 10. Juni 1877 wieder benutzt kige Sakristei. Die beiden Fen- Gotteshaus am 26. August 1755 werden konnte. ster im Chor wurden vermauert, zu Ehren des hl. Diakons Vinzen- womit zwei wichtige Lichtquel- tius eingeweiht. Der Grund des Nach dieser durchgreifenden len verloren gingen. Allerdings Patroziniumswechsels vom Erz- Erneuerung bleibt es ein Rätsel, konnte dadurch der unglückliche engel Michael zum hl. Vinzentius weshalb schon nach 16 Jah- frühere Anbau am Turme ent- sind bis heute nicht bekannt. ren der Zustand als bedenklich fernt werden. Eine Überraschung beschrieben und eine Renova- brachte der Turm selber, dessen Der Umbau der Barockkirche tion notwendig geworden war. oberes Mauerwerk morsch ge- erweckte weit herum Bewunde- Vor allem der Hochaltar und die worden war. Er wurde deshalb rung, so dass auch die Nachbar- künstlerischen Dekorationen rie- bis auf die Schallöcher abgebro- gemeinde St. Gallenkappel die fen nach einer Erneuerung. Im chen. Von der Glockenstube aus Bauarbeiten für ihre Kirche nach gleichen Zug erstellte man eine baute man Verstärkungen ein und dem Muster von Eschenbach neue Sakristei an der Ostseite setzte darauf die Mauern. Durch den Baumeistern Grubenmann des Turmes, damit „die vielen die Erhöhung verlor der bisher übertrug. Kostbarkeiten von grossem Wert, behäbige gotische Turm seine die hier Aufbewahrung finden”, ursprünglichen Proportionen und nicht dem Ruin anheim gestellt wurde damit seiner Wucht be- Renovationen und werden. Die Finanzierung erfolgte raubt. Zugleich verschwanden Erweiterungen durch freiwillige Beiträge, so dass auch Wetterfahne und Hahn, die man für einmal ohne zusätzliche während mehr als 200 Jahren Barocke Proportionen, innere Steuerlasten auskam. das Turmkreuz flankiert hatten. Pracht und Farbigkeit bestimmten Der Wetterhahn fand später auf das Gotteshaus bis gegen Ende Nur wenige Jahre trat etwas dem Dach des benachbarten des 19. Jahrhunderts. Wegen der Ruhe in den Arbeiten am Gottes- Hauses vom „Uhrenmacher Bälz- Zunahme der Bevölkerung ge- haus ein. 1908 wurde ein neues li” an der Kirchgasse einen neuen nügte die Kirche in der Raumge- Chorgitter aus Holz angefertigt Standort, wo er bis vor wenigen staltung jedoch nicht mehr. Daher und das Ewige Licht eingerichtet. Jahrzehnten den Kamin zierte beschloss die Kirchgenossen- 1910 musste die Westfassade er- und so an den alten, behäbigen versammlung 1874 die Reno- neuert werden. Gleichzeitig wur- Kirchturm erinnerte. vation und die Erweiterung um de die elektrische Beleuchtung in zwei Fensterjoche sowie die der Kirche installiert und der de- Noch einschneidender erwies Anbringung eines Vorzeichens. fekte Wassermotor für die Orgel sich die „zeitgemässe” Erweite- Zugleich wurde dem Abbruch durch einen elektrischen Antrieb rung von 1955, die sich in ihrer des baufälligen Beinhauses zu- ersetzt. Kompromisslosigkeit auch innen gestimmt. Aufgrund unvorherge- auszuwirken begann. An die sehner Schwierigkeiten zogen Die Veränderungsspirale begann Westseite des Schiffes wurde ein sich die Bauarbeiten über zwei sich dann schneller zu drehen und moderner Anbau mit Querschiff Jahre dahin, so dass die reno- die Eingriffe wurden rigoroser. und seitlichen Hallen angeglie- vierte und erweiterte Kirche mit 1932 baute man an der Südseite dert. Damit gerieten die Propor- der Weihe der neuen Altäre erst des Chores eine neue, zweistök- tionen des Baues, die bereits

− 5 − Eschenbacher Neujahrsblatt 11 durch die zweijochige Verlänge- gen sowie den Ersatz der 1906 rung im 19. Jahrhundert gestört errichteten Kirchenorgel. worden sind, noch ganz aus dem Gleichgewicht. Die Restaurierung folgte dem Grundsatz, wonach alle historisch Allerdings sind diesem grossen gewachsenen Bauteile als Do- Bauvorhaben auch positive Sei- kumente ihrer Zeit es Wert sind, ten abzugewinnen. So wurde hinein als richtig, den Altarraum überliefert zu werden und eine der notwendige Raum für eine vollständig umzugestalten und sachgerechte Pflege verdienten. neue Empore geschaffen, da- auf mögliche neue Bedürfnisse Bei den im Jahre 1997 abge- runter die beiden Seitenkapellen auszurichten. Jedenfalls liessen schlossenen Arbeiten wurde auf untergebracht und eine Vorhalle sich später die baulichen Anpas- die spätbarocke Raumhülle und mit gedeckten Zugängen zu Kir- sungen des Chorraumes an die auf die künstlerische Ausstattung chenschiff, Empore und Unterge- im Zuge des II. Vatikanischen des Bauwerkes grösstmögliche schoss erstellt. Im Innern der Kir- Konzils verordnete Liturgiereform Rücksicht genommen. che konnten die Deckengemälde ohne grössere bauliche Eingriffe unter der kitschigen Übermalung bewerkstelligen. von 1874 in erstaunlicher Frische Der Haggenberg-Altar und Qualität wieder hervorge- holt, der Stuck und die farbigen Aussen- und Innen- Neben den beiden aus der Re- Deckenspiegel mit Rocaillen und restaurierung 1995-1997 novation von 1874 verbliebe- Kartuschen aufgefrischt und er- nen Seitenaltären bildet der aus gänzt werden. Am 2. Oktober 1994 beschlos- dem Jahre 1507 stammende sen die Kirchenbürger zunächst kostbare, spätgotische Schrein- Anstelle des bis fast zur Decke die fällig gewordene Aussenre- altar des Winterthurer Künstlers reichenden Hochaltars, beste- staurierung der Pfarrkirche, wie- Lux Haggenberg das wertvollste hend aus einem mit Goldfarbe sen jedoch das Projekt für die Schmuckstück der in neuem übermalten Bretteraufbau, trat gleichzeitige Innenrestaurierung Glanz erstrahlenden Pfarrkirche: ein neuer Altar aus einem mas- zur Überarbeitung zurück. Die siven Block von dunklem Pyrenä- Aussenrenovation konnte 1995 enkalk. planmässig ausgeführt und ab- geschlossen werden. Dem revi- dierten Projekt für die Innenren- ovation wurde am 15. April 1996 zugestimmt. Neben der Erneue- rung der Raumschale beinhaltete das Bauvorhaben Anpassungen im Chor, Massnahmen im Kir- chenschiff und einen neuen An- dachtsraum im Untergeschoss. Ferner enthielt das Projekt die technische Sanierung von Hei- zung, Elektro- und Sanitäranla-

Der geschnitzte Altar ist nunmehr ein halbes Jahrtausend alt. Leider Leider ist bei dieser Gelegenheit sind ihm die Flügel (Retabeln) ab- das um 1665 entstandene, wert- handen gekommen. Er stand frü- volle vierplätzige Chorgestühl aus her in der Pfarrkirche und wurde Nussbaumholz verschwunden. dann 1665 ins Beinhaus versetzt, Dennoch erwies es sich im Nach- das gleich neben der Pfarrkirche,

− 6 − Eschenbacher Neujahrsblatt 11 umfangen von der Kirchhofmau- Altar endlich die ihm zustehende meister und Landrichter Jacob er, gestanden haben muss. Vom Ehre zuteil. Er fand seinen ge- Custor persönlich in Rom abge- gleichen Meister stammen auch bührenden Platz im Zentrum des holt und auf seinem Rücken nach die bekannten, im selben Stil Chores. Nach der gelungenen Eschenbach getragen haben. An geschnitzten Choraltäre in der Restaurierung der Pfarrkiche gab der Strassengabelung, wo sich Kapelle St. Johann ob Altendorf Bischof Ivo Fürer das Kunstwerk die alten Landstrassen von Bürg und in der Jostenkapelle in Gal- 1997 zur Freude der Eschenba- und von Lenzikon her im Ober- genen. cher der Pfarrei ohne Entgelt zu dorf trafen, wurde die Reliquie Eigentum zurück. von der Bevölkerung mit Kreuz Beim Abbruch des Beinhauses und Fahne abgeholt und – wie es kam der Altar im Jahre 1874 in sich zu barocker Zeit gehörte – in das so genannte Unterrichtslo- Die St. Vinzentius- einer feierlichen Prozession in kal, einem kellerartigen Raum Reliquie die Pfarrkirche überführt. Im fol- unter dem damals verlängerten genden Jahr erfolgte die Beiset- Kirchenschiff. Dort litt er unter Seit jeher galt St. Michael als Kir- zung in der Vinzenzgruft anläss- der Feuchtigkeit. Offenbar war chenpatron von Eschenbach. Als lich eines grossartigen Festes, an sich der damalige Kirchenver- dieses Patrozinium 1585 auf die dem auch eine „schöne Comedi waltungsrat nicht bewusst, über Beinhauskapelle übertragen wur- gehalten”” wurde. Solche religi- welch kostbares Stück die Kirch- de, dürfte im gleichen Zuge der ösen Theater und Festspiele wa- gemeinde verfügte, sonst hätte er hl. Diakon Vinzentius von Saragos- ren zur Barockzeit ausserordent- den Verkauf nicht erwogen. Als sa als neuer Kirchenpatron aus- lich populär. man sich beim Schweizerischen erwählt worden sein. Die barocke Landesmuseum in Zürich nach Frömmigkeit stebte ihrem Höhe- dessen Wert erkundigte, zeigte punkt zu. diese Strömung machte sich dieses zum Erwerb geneigt. auch vor der Pfarrei Eschenbach Bevor der Rat an den Verkauf her- nicht Halt. Wie in anderen Kirch- antrat, wollte er noch die Zustim- gemeinden mussten die Reliquien mung des Bischofs einholen. Im eines Heiligen her. Im Jahre 1673 Jahre 1909 erwarb dann Bischof vernahm ein junger Eschenba- Ferdinandus Rüegg den Altar für cher, der in Rom studierte, dass 4000 Franken selber, liess ihn die Gebeine des römischem restaurieren und in der Kapelle Märtyrers Vinzentius nach Spa- der bischöflichen Wohnung im nien geschickt werden sollen. Er ehemaligen Kloster St. Gallen erinnerte sich, dass St. Vinzen- aufstellen. tius Patron seiner Heimatkirche war. Dank guten Beziehungen Nach der Renovation von 1955 erreichte er, dass die Reliquie gelangte der Altar als Leihgabe zunächst in Rom blieb und dann an die Pfarrkirche zurück und den Eschenbachern zugespro- frönte sein Dasein hinten im chen wurde. Eine Sandstein-Stele im Ober- westlichen Anbau der Pfarrkir- dorf erinnert noch heute an die che. Im Zuge der jüngsten Reno- Die Gebeine des römischen Mär- Überführung der Reliquie des vation wurde dem Haggenberg- tyrers soll anno 1675 Landsäckel- römischen Märtyrers St. Vinzen-

− 7 − Eschenbacher Neujahrsblatt 11 tius. Um eine Verwechslung mit die Anschaffung einer neuen Or- die ersten Glocken vom Kirch- dem eigentlichen Kirchenpatron gel. Im Zuge der Erweiterung der turm erklangen, ist nicht überlie- zu vermeiden, setzte man seinen Pfarrkirche von 1955/56 erfolgte fert. Es ist jedoch anzunehmen, Ehrentag auf den ersten Julisonn- der Umbau der Orgel mit einer dass im Dachreiter der Karo- tag an, derweil das Kirchenfest für aufgelockerten Aufstellung des lingerkirche ein Glöcklein hing. den hl. Diakon Vinzentius offiziell Pfeifenwerkes und der Stimm- Der romanische Kirchturm aus am 22. Januar gefeiert wurde. gänge, die den Zugang zu allen dem 13. Jahrhundert, der später Pfeifen ohne Schwierigkeiten ge- aufgestockt wurde, hatte keine 1777 erfolgte eine erste Neu- stattete. Schalllöcher. Die Glocken hin- fassung der Reliquie im Kloster gen in einem hölzernen Oberbau. Maria der Engel in Wattwil und Als letzter Akt der umfangreichen In seiner um 1770 begonnenen just 100 Jahre später eine zweite Renovationsarbeiten von 1995/97 handschriftlichen Chronik der Fassung im Kloster Allerheiligen folgte die Installation einer voll- Grafschaft Uznach vermerk- in der Au bei Einsiedeln. Sie stell- ständig neuen Orgel, die sich gut te Landammann Johann Ulrich te St. Vinzentius als schlafenden in das Ambiente der Pfarrkirche Custor (1737 – 1811), die Pfarr- Märtyrer dar, bekleidet mit einem einfügt und an Ostern 1998 end- kirche zu Eschenbach sei dafür reich mit Goldstickereien ver- lich feierlich eingeweiht werden berühmt, „dass sie die vortreff- zierten und farbigen Glasperlen konnte. lichsten Glocken im Lande habe”. ausgestatteten Purpurgewand, Nicht umsonst verwiesen die al- geschmückt mit Siegesdiadem ten Kirchgenossen gerne auf das und Palme. Die jetzige Silber- Geläute ihrer Kirche, das schon fassung der Reliquie entstand im damals 5 Glocken umfasste. Zuge der Renovation und Erwei- terung der Pfarrkirche im Jahre Heute hängen 7 Glocken im Kirch- 1955. turm. Die beiden grössten stam- men noch vom ursprünglichen Geläute, während man 1925 Die „Königin der die beiden kleineren verkauf- Instrumente” te und dafür drei neue Glocken anschaffte. Das Armenseelen- Schon frühzeitig war die Pfarrei glöcklein beliess man in der Glok- um eine Orgel besorgt, damit der kenstube. Zur Vervollständigung Gottesdienst musikalisch würdig Die Kirchenglocken des gesamten Akkordes wurde begleitet werde. Die erste Orgel 1965 eine weitere kleine Glocke wurde anfangs 1761 aufgestellt Die Glocken in den Kirchtürmen angeschafft. Sie heisst Dreifaltig- und diente bis 1846, als eine grös- haben zwei Funktionen, eine re- keitsglocke und bildet die Oktave sere Reparatur notwendig gewor- ligiöse und eine weltliche. Die zur grossen Glocke, womit eine den war. Bei der umfassenden religiöse, der Ruf zum Gebet, wesentliche Bereicherung und Renovation im Jahre 1875 wurde als deutlich ältere – ab etwa 500 auch der Orgel die nötige Auf- nach Christus wurden damit die merksamkeit geschenkt. Sie be- Mönche im Kloster an die Ge- sass nach damaligem Bericht 15 betszeiten erinnert; ab dem 7. klingende Register mit 720 Pfei- Jahrhundert rief die Glocke die fen. Gläubigen ausserhalb der Ko- stermauern zur Andacht. Zu jener Nachdem das königliche Instru- Zeit kamen die ersten Glocken ment fast 150 Jahre seinen Dienst in unser Land – zusammen mit versehen hatte, war es derart den irischen Wandermönchen. altersschwach geworden, dass Die weltliche Funktion, die heute es kaum mehr benützt werden nicht immer unbestritten ist, näm- konnte. Als der seit Jahren ge- lich den Menschen die Stunde zu äufnete Orgelfond entsprechend schlagen, verbreitete sich in Eu- angewachsen war, beschlossen ropa erst ab 1500. die Kirchgenossen an der Ver- sammlung vom 14. Oktober 1906 Wann genau in unserem Dorf

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Harmonisierung des ganzen Kir- das Gebet „Der Engel des Herrn” chengeläutes erreicht worden ist. zu beten. Früher wurde bei dieser Gelegenheit sogar mit den Ar- Die grosse Glocke, die Wetterglo- beiten auf dem Felde inne gehal- cke wurde anno 1642 in Lothrin- ten. Immer anschliessend an das gen gegossen. Sie weist einen Betläuten am Abend ertönt noch unteren Durchmesser von 180 das Armenseelenglöcklein allein, cm auf, ist 120 cm hoch und be- damit man die Verstorbenen nicht sitzt ein Gewicht von 38 ½ Zent- vergesse. nern und 8 Pfund. In Bordüren gefasst, trägt sie in lateinischer Auf einen alten Brauch geht das Sprache folgende Inschrift: 12-Uhr-Läuten mit der Vinzen- tiusglocke am Mittag zurück. Im „Ehernen Munds verkünd ich das Volksmund wird es auch „Tür- Fest und sammle die Fernen, kenläuten” genannt. Als Glocken- Dass sie dem wahren Gott zeichen gegen die Türkengefahr treulich zollen ihr Lob, Die kleinste Glocke, das Armen- wurde es erstmals 1386 in Prag Christi Mutter zur Ehr ruf ich in seelenglöcklein, stammt aus dem dekretiert. Im Zusammenhang mit die Diener Mariens, Jahre 1675. Als Bild trägt sie die der gewonnenen Schlacht der Folgt alle dem Ton, willig bereitet Kreuzigungsgruppe. Unter dieser Christen gegen eine türkische das Herz!” steht ein Spruchband: „Heinrich Übermacht vor Belgrad im Jahre Füssli goss mich zu Zürich. AD 1456 ist es dann mittels päpst- 1675”. Die zum Gedenken der lichem Rundschreiben als Läuten Verstorbenen erklingende Glocke „pro pace” – als Friedensläuten – hing früher wahrscheinlich einmal eingeführt worden. Diesem Sieg in der Beinhauskapelle, die im soll es zu verdanken sein, dass Zuge der Kirchenrenovation von nicht der Halbmond sondern das 1874 abgebrochen worden ist. Kreuz das Symbol Europas ge- blieben ist. Das melodische Geläute der Pfarrkirche umfasst folgendes Schliesslich gehört auch das Tonverhältnis: Vesperläuten mit der Schutzen- gelglocke, die je nach Jahreszeit cis’-e’-fis’-gis’-h’-cis” zwischen 15.00 und 16.00 Uhr geläutet wird, zu den täglichen Im Zusammenhang mit dem Ein- Glockenzeichen. satz der Glocken ist es wert, noch ein paar Worte zur Läutordnung Im Gegensatz zum regelmäs- zu verlieren. Diese bestimmt, sigen täglichen Läuten, bei wel- Die Apostelglocke, auch Theo- wann welche Glocke wie lange chem jeweils nur eine einzelne dulsglocke genannt, ist die zweit- und zu welchem Zweck läuten Glocke eingesetzt wird, ertönen grösste Glocke und die älteste im darf. Aufgabe und Einsatz des ausser dem Armenseelenglöck- Kreise ihrer Schwestern. Sie wur- Kirchengeläutes sind so ver- lein alle übrigen 6 Glocken im de 1605 unter Verwendung einer bindlich festgelegt. Die aktuelle Chor, und zwar sowohl zum Ein- älteren Vorgängerin von Meister Läutordnung der Pfarrkirche läuten tagszuvor zwischen 16.45 Peter Füssli in Zürich gegossen. Eschenbach lässt sich wie folgt bis 17.00 Uhr als auch zu den Masse: Unterer Durchmesser zusammenfassen: Gottesdiensten an Sonntagen 129 cm, Höhe 98 cm. und an kirchlichen Feiertagen. Zu Traditionell erinnert die Apostel- den Werktagsgottesdiensten und Die drei 1925 neu angeschafften glocke mit dem Betläuten um 6.00 Andachten sind verschiedene Glocken, nämlich die St. Vinzen- Uhr, 11.00 Uhr und abends je Geläutekombinationen program- tiusglocke, die Schutzengelglo- nach Jahreszeit zwischen 17.30 miert. cke und das Sterbeglöcklein ent- und 21.00 Uhr an jene Zeit, als standen in der Giesserei Gebr. es noch üblich war, täglich drei- Weiter gelangt das volle Geläu- Edelbrok in Westfalen. mal den „Englischen Gruss”, d.h. te der Pfarrkirche an kirchlichen

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Festtagen als Vorläuten am Während Jahrhunderten wurden spielt jeweils vor und nach dem Morgen um 07.00 Uhr, an Beer- die Kirchenglocken mittels Seil- Gottesdienst bekannte Weih- digungen, zum Nationalfeiertag, zug von der sog. Läuterstube aus nachtslieder. zum Ausläuten des alten Jahres von Hand geläutet. Wenn mehre- und zum Einläuten des neuen re Glocken zum Einsatz kamen, Jahres zum Einsatz. waren die Läuterbuben gefragt, die sehr kräftig sein mussten, Einzelnen Glocken sind noch um nicht mitsamt dem Seil an die spezielle Aufgaben zugeordnet. Decke geschleudert zu werden. So verkündet die grosse Glocke Unter Aufsicht des Sigristen hat- das Ableben eines Mitmenschen ten sie die Glocken taktmässig (Endzeichen). Beim Aufzug von in Schwung zu bringen, wobei Sturm oder starken Gewittern die geschicktesten oben in der erfolgt das sog. Wetterläuten, Glockenstube ihr Können zei- zunächst mit der Apostelglocke gen konnten im „Challe versper- und dann mit der grossen Glo- re” (mit einem Sparren) und im Für die Musikanten selbst soll cke, weshalb diese auch als Wet- „Challe abfange” (mit einer Seil- die spezielle Atmosphäre auf terglocke bezeichnet wird. Wenn schlaufe), wodurch das An- und dem Kirchturm mit dem steilen dann das Schlimmste vorbei ist, Ausbimmeln der beiden grossen Auf- und Abstieg, den engen ertönt nochmals kurz die Apostel- Glocken verhindert werden konn- Platzverhältnissen in der oftmals glocke. te. Mit der Elektrifizierung des grimmigen Kälte und dem vier- Geläutes im Jahre 1945 gehörte telstündlichen Glockenschlag im- Alles in allem ein äusserst viel- auch die begehrte Aufgabe der mer wieder aufs Neue zu einem fältiges, anspruchsvolles Pro- Läuterbuben der Vergangenheit eindrücklichen Erlebnis werden. gramm, das zwar grösstenteils an. programmiert und computerge- Wenn dann die Kirchgänger steuert abläuft, vom verantwort- Ein besonders schöner Eschen- über den von unzähligen Ker- lichen Sigristen aber trotzdem viel bacher Brauch bildet die traditi- zen erhellten Friedhof der Kirche Fingerspitzengefühl und höchste onelle Turmmusik in der Heiligen zustreben und aus der Glocken- Aufmerksamkeit abverlangt. Nacht. Seit Jahrzehnten weisen stube die vertrauten Melodien Trompetenklänge den Gläubigen ertönen, verbreitet sich eine ganz den Weg zur Mitternachtsmette eigene feierliche Stimmung, die Feueralarm vom Kirchturm mit weihnachtlicher Musik, die selbst Gottesdienstbesucher aus Noch ist es kaum ein halbes hoch vom Kirchturm erklingt. Eine den Nachbargemeinden magisch Jahrhundert her, als die Kir- Bläsergruppe aus der Dorfmusik anzieht. chenglocken auch bei einer Feuersbrunst zum Einsatz kamen. Der Sigrist war mit dem Kirchengeläute offiziell Bestandteil der Alarmorganisa- tion der Feuerwehr. Bei Gross- bränden geschah die Alarmie- rung neben den Feuerhörnern mittels Sturmläuten, d.h. mit abrupten Unterbrüchen des Glockengeläutes. Noch früher erfolgte das Alarmzeichen von Hand mit Hammerschlägen auf die grosse Glocke, einer Art und Weise der Alarmie- rung, die allenthalben als un- heimliche Botschaft empfun- den worden sein soll.

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Ein Unikat von Seltenheitswert Besitz dieser Güter gelangten begegnen, verhandelte der Rat steht in der Glockenstube: und damit auch deren Verwaltung von mit Zürich und ausübten, liess sich mangels zeit- gelangte 1537 mit einem Tausch- genössischer Urkunden nicht er- handel auch in den Besitz von mitteln. Anno 1309 schenkten die Kirche, Kirchensatz und Zehnten Grafen Kraft und Friedrich von von Eschenbach. Zwei Tage nach Toggenburg den Kirchensatz und dem Handel in Zürich sprachen das Patronatsrecht der Kirchhöri drei Abgeordnete der Kirchhöri Eschenbach dem Prämonstra- von Eschenbach in Rapperswil tenserkloster im benachbarten vor und kamen dank der Unter- Rüti. Damit war Eschenbach stützung der Herren von Schwyz nach Rüti zehntenpflichtig gewor- und Glarus mit Schultheiss und den. Die uralte Pfarrei Eschen- Rat zu einer Übereinkunft: Gegen bach umfasste zunächst auch Erlegung der von Zürich gefor- und die im Tagwen derten 660 Münzgulden und 33 Oblinden (Goldingen) liegenden Münzgulden Zins, sowie „witerer Weiler Gibel und später nach der 16 guldi minder fünf batzen”, Reformation Oberholz, derweil welche als Auslagen aufgelau- Unterermenswil, d.h. das Gebiet fen waren, konnten Kirchensatz Die „Raffel” – wie sie im Volks- ennet dem Lattenbach, der Pfar- und Zehnten zu Eschenbach und mund genannt wird. Sie kommt rei Busskirch zugeteilt war. Lütschbach zurückgekauft wer- jeweils in der Karwoche zum den. Damit war die Pfarrei Eschen- Einsatz. Wenn am Hohen Don- Um 1500 machte der Bischof bach endlich frei und selbständig nerstag die Glocken bis zur von Konstanz die Kapelle zu geworden. Nächstes Jahr kann Auferstehungsfeier am Oster- Schmerikon zur eigenen Pfarr- sie auf stolze 475 Jahre Selb- samstagabend verstummen, kirche. Damit wurde Schmerikon ständigkeit zurückblicken. übernimmt die Rätsche im Kirch- von Eschenbach abgetrennt und turm deren Aufgabe. Früher er- selbständige Pfarrei. Als ersten Pfarrer wählte die nun forderte sie den Einsatz der kräf- selbständige Kirchgemeinde den tigsten der Läuterbuben. Noch Im Zuge der Reformation wurde ehemaligen Chorherrn von Rüti heute wird während den Kartagen das Kloster Rüti 1525 aufgeho- und langjährigen Pfarrvikar Lux „geraffelt”, nur erfolgt dies mittels ben. Dessen Patronatsrechte Elseser aus Zug. Laut der Urkun- Motorkraft. fielen an Zürich, das bereits neu- de von 1538 setzten sich dessen gläubig war und seinen Einfluss Einkünfte wie folgt zusammen: Eschenbach – seit 1537 auf die Besetzung der Pfarrstel- Ertrag des Stiftmessenbuches, len geltend machte. Die Messe 50 Münzgulden in bar, freie Woh- selbständige Pfarrei sollte abgeschafft und anstelle nung und Erträgnisse aus der eines katholischen Pfarrers ein Nutzung des Pfrundwaldes, von Aufgrund zahlreicher Schen- reformierter Prädikant einge- Wiesen und Weide und aus 2 Kü- kungen wohlhabender Aleman- setzt werden. Das zürcherische hen, die zum Pfarrgut gehörten. nen gelangten grössere Lände- Vorhaben scheiterte jedoch am Diese Regelung galt bis 1769, reien, u.a. auch im Linthgebiet, entschiedenen Widerstand der als die Pfrundgüter auf öffent- ins Eigentum des damals mäch- katholischen Orte der alten Eid- licher Gant für 2500 Gutgulden tigen Klosters St. Gallen. Wann genossenschaft. an den Landrichter Antonj Cu- und auf welchem Weg die Grafen stor verkauft wurden, weil deren aus dem Thurtal später in den Um weiteren Misshelligkeiten zu Ertrag kein standesgemässes

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Einkommen des Pfarrherrn mehr den Gottesdienst, den Reli- sicherte. Auf der Pfrundwiese, gionsunterricht der Jugend St. Jakobuskapelle in im Volksmund auch „Herrenwis” und die Seelsorge in allen Neuhaus genannt, liess dann der neue Ei- ihren Teilen dem Pfarramt gentümer nur zwei Jahre später Eschenbach zugeteilt. Ein weiterer Zeuge barocker einen herrschaftlichen Landsitz 1866 Rüti wird zum eigenen Mis- Frömmigkeit steht in Neuhaus, bauen. Dieser wurde später auch sionsposten und vom Ka- wo sich die Pilgerwege vom Hörn- zum Wohnsitz von Landammann puzinerkloster Rapperswil li und vom Ricken her vereinigten Johann Ulrich Custor. Ursprüng- betreut. und weiter über Schmerikon, Gal- lich nannte man es Landrichter- 1918 Oberholz kommt zur Pfarrei genen, Lachen, Altendorf oder haus. Unserer Zeit ist es als „Cu- Goldingen. Rapperswil und die Seebrücke storhaus” erhalten geblieben und über den Etzelpass nach Einsie- gelangte vor wenigen Jahren er- Ursprünglich war Oberholz nach deln führten. freulicherweise in den Besitz der dem benachbarten Wald kirch- öffentlichen Hand. genössig. Die im Zuge der Refor- mation dem alten Glauben treu Die wichtigsten Marchsteine in gebliebenen Bewohner dieses der weiteren Geschichte der Weilers kamen neu zur Kirche selbständigen Pfarrei Eschen- Eschenbach als nächstem katho- bach lassen sich wie folgt zusam- lischen Gotteshaus. In Anerken- menfassen: nung dieses mutigen Bekennt- nisses und nicht zuletzt auch mit 1656 Erbauung der Liebfrauen- Rücksicht auf den weiten, be- kapelle auf Gibel, als Dank schwerlichen Weg, bot man die- für die Beschützung Mari- sen neuen Kirchgenossen den ens bei der Befreiung des ersten Kirchenstuhl an. Die Frauen Klosters Wurmsbach von von Oberholz sollen denn auch den Zürchern, „bei wel- während den folgenden Jahr- chem Treffen auch welche zehnten stets diesen ersten Stuhl ob Gibel waren”. besetzt haben, während die Män- 1706 Der Weiler Oberholz erhält ner den zweiten Stuhl bezogen. eine eigene Kapelle. Ein Aktenstück vom 9. November 1746 In Eschenbach wird eine Oberholz blieb auch nach Errich- 1585 besagt, dass die Kapelle, Kaplaneipfründe errichtet tung der Pfarrei Goldingen 1679 welche in der Wiese des Lenz Gu- und der erste Kaplan als mit Eschenbach verbunden. Erst belmann steht, von nun ab vom zweiter Geistlicher neben im Jahre 1918 fand die Abkurung Tagwen Eschenbach „in Tach dem Pfarrer angestellt. statt, die für die weit entfernten und Gmach” gehalten werden 1799 Gibel wird von Eschenbach Pfarreiangehörigen wesentlich soll. Somit muss schon vorher losgelöst und der Pfarrei bessere Verhältnisse schuf. oberhalb des Aatals in Neuhaus Goldingen zugeordnet. eine Kapelle gestanden haben, 1802 Gemäss Schreiben des die neben Christus und der Mut- Regierungsrates an den tergottes dem hl. Apostel Jako- Regierungsstatthalter des bus – als Schutzpatron der Pilger Kantons wird das Be- – geweiht war. Sie dürfte damals gehren von Oberholz, eine so verlottert gewesen sein, dass eigene Pfarrei zu gründen, sich der Weihbischof Balthasar abgewiesen. von Konstanz anlässlich eines 1853 Unter-Ermenswil wird von Besuches der Pfarrei veranlasst der Pfarrei Busskirch ab- sah, den Kirchenrat zum besse- getrennt und dem Pfarr- ren Unterhalt der kirchlichen Ge- verband von Eschenbach bäude zu ermahnen. einverleibt. 1861 Die katholischen Bewohner Lenz Gubelmann, auf dessen der reformierten Grenz- Grund und Boden die Kapelle gemeinde Rüti werden für stand, weigerte sich hartnäckig,

− 12 − Eschenbacher Neujahrsblatt 11 sie in Stand zu halten, da ihn bei der Erbteilung niemand an eine solche Verpflichtung erin- nert hätte. Am erwähnten 9. No- vember 1585 einigten sich Lenz Gubelmann und der Tagwen Eschenbach. Dabei erklärten sich die Tagwensgenossen von Eschenbach bereit, in Zukunft die Kapelle, welche ihre Altvordern gegründet hatten, in Stand zu halten. Lenz Gubelmann zahlte ein für allemal 11 Gulden. Noch brauchte es seine Zeit, bis der Konstanzer Suffraganbischof am 24. Juli 1635 die damals erneu- erte Kapelle dem hl. Jakobus und den Altar der Heiligsten Dreifaltig- keit, der Allerseligsten Jungfrau Maria und einer ganzen Reihe von Heiligen einweihen konnte. Noch heute erinnert die Holzfigur Eckquadermalereien und eine des Apostels und Pilgerheiligen Sonnenuhr über dem offenen Jakobus in einer Nische über Portalvorbau zieren das schlich- dem Vorzeichen (2. Hälfte 16. te Äussere der Kapelle. Die Ge- Jahrhundert, vermutlich 1585) an staltung und Ausstattung des die ursprüngliche Funktion der Innenraumes lässt sich wie folgt Kapelle. Dabei handelt es sich umschreiben: allerdings um eine Kopie; das Original befindet sich im Heimat- Kreuzgratgewölbe über Chor museum in Uznach. und Schiff. Altar neu. Kruzifix aus Holz, neu gefasst, ca. 17 Jahr- hundert, hl. Johannes der Täufer und hl. Vinzenz mit Flösserhaken (Rokokofiguren). An der Rück- wand thront mächtig der Pilger- patron Jakobus mit seinen Attri- In den Jahren 1695 – 1697 wur- buten, dem Pilgerstab und der de das mittelalterliche Chappeli Muschel am Rockaufschlag. Auf durch einen barocken Neubau dem Satteldach sitzt ein sechs- ersetzt. Ausgeführt wurde er seitiger, verschindelter Dachrei- durch den Vorarlberger Bau- ter mit spitzer Zwiebelhaube. Die- meister Christian Zünd aus dem ser trägt zwei kleine Glöcklein mit Bregenzer Wald. Die Weihe der den Jahreszahlen 1599. - Die Ja- neuen Kapelle fand am 11. Mai kobuskapelle steht im Eigentum 1698 fand statt. Schon kurze Zeit der Katholischen Kirchgemeinde später, nämlich 1718 erwies sich Eschenbach, die auch für deren eine Instandstellung als notwen- Unterhalt zuständig ist. dig. Um 1900 erfolgte eine Umge- staltung und im Jahre 1973 eine Das Patrozinium (25. Juli) wird umfassend Restaurierung. Bei von den Neuhüsler Einwohnern dieser Gelegenheit hat die St. Ja- noch heute alljährlich mit einem kobuskapelle ihre ursprüngliche festlichen Gottesdienst und an- Gestalt im wesentlichen wieder schliessendem Volksfest feierlich zurück erhalten. begangen.

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Das Furrer-Chappeli

Die Familienkapelle der Furrer, einem alteingesessenen Eschen- bacher Geschlecht, stand ur- sprünglich an der Landstrasse mitten im Dorf, dort wo sich heute ein Coiffeurgeschäft befindet.

Die kleine Kapelle soll auf ein Ge- Der schlichte Innenraum ist mit Diese etwas Furcht erregende löbnis zurückgehen: einem architektonisch geglie- Gestalt wirkte früher geradezu derten, marmorierten Altarretabel abschreckend auf die Kinder. Je- Johann Melchior Furrer, von aus der Zeit um 1700 ausgestat- denfalls wehrte sich jeder nach Beruf Nagelschmied, wurde tet. Das von einem bekrönenden Leibeskräften, wenn er von Spiel- unter die Fahnen gerufen. Sei- Strahlenkranz mit einem Marien- kameraden ins „Chappeli” ge- ne Frau soll gelobt haben, eine monogramm ausgeschmückte, sperrt werden wollte... Kapelle errichten zu lassen, neuere Altarbild stellt die Anbe- wenn ihr Mann und Vater von 12 tung der Könige dar. Der Unterhalt ist noch heute Kindern wieder gesund heim- Sache der Furrer’schen Famili- kehren werde. Die einfachen, gefassten Holz- enstiftung, deren Mitglieder sich bildwerke stammen ebenfalls jeweils vor ihrer Jahrestagung an aus dem späten 16. oder frühen Ort und Stelle zu einer Andacht Das war offenbar der Fall und 17. Jahrhundert und stellen ei- einfinden. das Versprechen wurde einge- nen hl. Bischof (vermutlich Niko- löst. Das um 1700 entstandene laus), den hl. Diakon Vinzentius Mit dem Einbezug in die Gestal- barocke Heiligtum musste 1931 (Kirchenpatron von Eschenbach) tung der Arena „Bildstöckli” als Be- wegen der Strassenkorrektion im und den hl. Antonius (Eremita - gegnungsstätte im neuen Wohn- Dorf abgebrochen werden. Mit ei- im Volksmund „Säutoni” genannt) quartiers und der Anlegung eines ner dem Vorgängerbau ähnlichen sowie den hl. Bruder Klaus dar. Rebsatzes erfuhr die kleine Kapel- Kapelle wurde das seinerzeit ge- Die lebensgrosse Statue (Fall le eine markante Erhöhung ihres machte Gelöbnis durch die Fami- Christi unter dem Kreuz) befin- Stellenwertes. Sie fand gar beim lien der Furrer am neuen Standort det sich heute im Heimatmuseum Entwurf der Etiketten für den neu- im sog. „Leiloch” bestätigt. Rapperswil. en „Eschenbacher Bildstöckli-Wy” ihre gebührende Wertschätzung: Die heutige, barocken Bauformen nachempfundene Kapelle ist sehr bescheiden gestaltet. Sie besitzt ein von je einem Fenster belich- tetes, kurzes Schiff und ein drei- seitig geschlossenes Chörlein. Über dem Vordach des westsei- tigen Eingangs befindet sich ein Rundfenster.

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Kapelle zur Hl. Familie menden Ehefrau gehörte ihm die bestanden hatte. Später ent- halbe Welt von Bürg, mithin das stand ein sogenannter „Neustift” zu Bürg gesamte Gebiet zwischen der zugunsten von Jahrzeitmessen Siessenhöhe und dem Chastel und Stipendien an Studierende In seiner Chronik der Grafschaft mit der nachmaligen Wirtschaft und Lehrlinge. Geld war also ge- Uznach vermeldet Johann Ulrich zur „Rose” als Stammhaus. nug vorhanden, so dass im Jahre Custor zum Dörfchen Bürg u.a.: 1853/54 das Schiff der Kapelle Ratsherr Jacob Joseph Dumysen verlängert und gleichzeitig der „Fast mitten in dem Dorf ist eine zu Bürg (1668 – 1743) hatte sich Eingang von der West- an die Capelle mittlerer Grösse, wel- anerboten, in Bürg eine Kapelle Nordseite verlegt, und der Turm che ein daselbstiger Einwoh- aufzubauen, sofern erweitert und erhöht werden ner Landseckelmeister Jacob konnten. 1859 erhielt die bisher Joseph Tumysen in seinem ei- „die von Bürg Stein und Sand auf einzige Glocke zwei Schwestern. genthümmlichen Guth Ao. 1740 den Platz verschaffen, alltäglich zu bauen angefangen und im ihrer 2 oder 3 den Werkleuten Die grossen Bauausgaben be- nächstfolgenden Jahr erwei- verhülflich sein wollen und der wirkten, dass 1905 eine Reorga- tert, auch mit einem Altar und Bau von der Hochw. Geistlichen nisation der Stiftung notwendig Glöcklein versehen ...” Obrigkeit ratificiert und bewilligt wurde. wird.” (Stiftungsbrief vom 14. Mai 1743). Die erste Aufgabe des neu einge- Die Vorfahren der Domeisen ge- setzten Verwaltungsrates bildete langten im 15. Jahrhundert von Die der Familienstiftung der Do- die Hauptrenovation der Kapel- Augsburg her nach Zürich. We- meisen gehörende, bis zum le um 1909/10. Die Kosten da- nige Jahrzehnte später nahm ei- heutigen Tag erhaltene und von für wurden durch Sammeln von ner der Nachkommen Wohnsitz deren Nachfahren unterhaltene Beiträgen bei den Stiftsangehö- in Rapperswil, wo sein Sohn um Kapelle ist somit vor nahezu 270 rigen und unter den Bewohnern 1534 eingebürgert wurde. Auf- Jahren entstanden. von Bürg sowie durch freiwillige grund eines Streites wegen einem Zuwendungen bestritten. 1918 Grundstück mit einem Vetter kam Von den verschiedenen Fami- bekam die Kapelle eine Turmuhr dann ein Nachfahre um 1671 lienmitgliedern erfolgten im Ver- mit Stunden- und Viertelstunden- nach Bürg und erwarb sich das laufe der Jahre immer wieder schlag. Die Mittel dazu konnten Bürgerrecht der Landschaft Uz- namhafte Zuwendungen, so dass durch eine Sammlung unter den nach. Zusammen mit dem Heim- eine zeitlang sogar ein Armengut Dorfleuten von Bürg beschafft wesen seiner ab Enetbach stam- für verarmte Familienmitglieder werden.

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1924 wurde die Kapelle mit ei- tung gehört ein marmorierter pelle Bürg gleich zwei sog. „Raf- ner elektrischen Beleuchtung Choraltar aus der Zeit um 1700, feln”, die – von Hand betrieben ausgestattet und 1925 ermög- wohl auch von Johannes Joos – in der Karwoche zum Einsatz lichte eine Sammelaktion unter (wie bei der Furrer-Kapelle), mit gelangen und so eine gute alte den auswärtigen Stiftungsan- gedrehten Säulen und reicher Tradition aufrecht erhalten. gehörigen die Erstellung eines Vergoldung. Das Altarblatt stellt neuen Chorfensters mit dem die Heilige Familie dar. Die Sta- Familien-Wappen der Domei- tuen des heiligen Johannes der Kapelle „Maria Königin” sen als Glasmalerei. Täufer, des Apostels Petrus und in Ermenswil Maria Königin mit dem Jesuskind 1965 erfolgte die längst fällig an der Chorwand stammen aus Ganz im Gegensatz zu den vor- gewordene Aussenrenovation. dem 16. Jahrhundert. Die Chor- wiegend in barockem Stil erhal- 1977 erhielt die Familienkapelle rückwand schmücken ebenfalls tenen, überlieferten Eschenba- durch die geglückte Innenreno- barocke Figuren, nämlich das cher Sakralbauten steht die vor vation und dank einer weiteren Christkind auf der Weltkugel zwi- nicht einmal einem halben Jahr- umfassende Aussenrestauration schen Maria und Josef. Gemalte hundert erbaute Kapelle in Er- im Jahre 1992 ihr heutiges Ge- Kreuzwegstationen des 18. Jahr- menswil. sicht. Gleichzeitig wurde das hunderts im Rokokostil beleben Bauwerk unter Bundesschutz ge- das Schiff. Es handelt sich dabei stellt. Über dem Kapelleingang, um ovale Bilder in Rechteckrah- einem traditionellen Sandstein- men mit Blattverzierungen. portal aus Eschenbacher Sand- stein, befinden sich das Stif- Im Turm hängen, wie schon er- terwappen der Domeisen und wähnt, drei Glocken: die Jahrzahl 1743, dem Stiftungs- jahr der Familienkapelle. Die kleinste Glocke, gegossen 1749 in Zug, trägt am Joch die Das durch den runden Chorbo- Jahreszahl 1743, dem Weihejahr gen unterteilte Innere zeigt eine der Kapelle und stammt somit Sie kommt modern, aber schlicht flach gewölbte Deckentonne aus deren Gründungszeit. Die daher. Form, Grundriss und Fas- und verfügt über eine bemer- mittlere Glocke wurde anno 1859 saden erinnern an eine Burg, die kenswerte barocke Ausstattung. in Konstanz gegossen. Diese war sich nach aussen abschliesst und Das Deckengemälde stammt damals noch von einer zweiten nach innen öffnet. aus der Zeit der Innenrenova- Glocke begleitet. Letztere wurde tion im Jahre 1910. Es ist ein 1932 in Staad SG in die heutige Das Tor zur „Burg” wird über eine Werk des Kaltbrunner Künstlers grosse Glocke umgegossen. Treppe durch den freistehenden Martin Duft und zeigt Jesus als Wie im Turm der Pfarrkirche ste- Kirchturm erreicht, der an einen Kinderfreund. Zur Innenausstat- hen in der Glockenstube der Ka- Wachtturm erinnert. Über den

− 16 − Eschenbacher Neujahrsblatt 11 mit einer mächtigen Mauer ab- geschirmten Vorhof gelangt man in den Kirchenraum. Anstelle der ehedem üblichen prunkvollen Aus- stattung des Innenraumes trifft man hier eine einfache, ganz auf das Geschehen im Chorraum aus- gerichtete Raumgestaltung an.

Schon 1701 hegten die Vorah- nen den Wunsch, in Ermenswil eine Antoniuskapelle zu bauen. Der weite Weg zur Pfarrkirche in Eschenbach rief immer wieder nach einem eigenen Gotteshaus. Kapelle, Vertretung der Absichten schlagt und die Finanzierung wie Bis die Ermenswiler ihre eigene von Ermenswil gegenüber Pfarr- folgt geregelt: Kapelle erhielten, war ein langer, amt und Kirchenverwaltung von mühevoller Weg zu beschrei- Eschenbach und Führung von Der Kapellbauverein verfügte ten und manch ein Hindernis zu Verhandlungen mit den kirchlichen über Fr. 137'000.— an eigenen überwinden. Oberinstanzen. Die bescheidenen Mitteln. Von der Kath. Admini- Beiträge wurden weiterhin monat- stration in St. Gallen kamen Fr. Nach der Volksmission im Jahre lich fleissig eingezogen. 17'000.— und von der Kirchge- 1937 wurde auf Anregung des meinde Eschenbach Fr. 46'000.—. damaligen Pfarrers und späteren Im Laufe der Jahre kam durch die Somit verblieb eine Rest-Bau- Bischofs Josephus Hasler der Vereinsbeiträge, Kollekten, Stif- schuld von Fr. 320'000.—, in die sog. „Fünfrappen-Verein” gegrün- tungen, Kirchenopfer und Spen- sich der Kapellbauverein und die det, mit dem Ziel, den finanziellen den einiges Geld zusammen. Kirchgemeinde hälftig teilten. Grundstock für die künftige Kapel- Nach den jahrelangen Bemü- Nach dem Baubeschluss vom le Ermenswil zu schaffen. Die Ein- hungen und aufgrund eines Be- 25. November 1965 ging es zügig wohner verpflichteten sich dazu, schlusses der Eschenbacher Kir- weiter. Am 14. April 1966 erfolgte wöchentlich einen Fünfer an ein chenbürger zur Mitfinanzierung der Spatenstich und am 14. Au- neues Gotteshaus zu spenden. des Kapellenbaues in Ermenswil gust 1966 die Grundsteinlegung. Später wurde der Wochenbeitrag war man 1965 bereit, das Projekt Nach anderthalb Jahren Bauzeit auf 10 Rappen erhöht und 1944 in Auftrag zu geben. konnte die Kapelle Ermenswil am formell der Kapellbauverein Er- 1. Oktober 1967 durch Bischof menswil und Umgebung gegrün- Die Baukosten (ohne Glocken, Josephus Hasler, dem eigent- det. Die Zweckbestimmung laute- künstlerischen Schmuck und Ge- lichen Initianten des neuen Got- te: Wahrung und Förderung des genstände der Innenausstattung) teshauses, feierlich eingeweiht Interesses für die Errichtung einer wurden mit Fr. 520'000.— veran- und der Bevölkerung übergeben werden.

Ausserhalb der veranschlagten Baukosten waren die Anschaf- fung der Glocken und die künst- lerische Ausstattung der Kapelle zu finanzieren. Auch hierfür fand man hochherzige Spender und grosszügige Gönner oder man streckte sich nach der Decke und sucht nach günstigen Lösungen. So verhielt es sich auch mit den Glocken. Man wusste, dass im kleinen Turm der Stadtpfarrkir- che von Rapperswil drei „vorige” Glocken hingen. Nach der Instal-

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Wil SG einer klanglichen Revision wird ergänzt durch ein kunstvolles unterziehen. Zugleich erhielten Marienbild, Glasmalereien im Gie- die Glocken neue Klöppel, neue beldreieck und in den seitlichen Bügel und neuen Glanz. Beim Lichtbändern, sowie einer gross- Probeläuten nutzte die Baukom- formatigen Plastik des hl. Georg mission die Gelegenheit, um eine als Drachentöter aus Hartsand- vierte Glocke zu erwerben, die sein an der Südseite der Verbin- ausgezeichnet zu den drei Rap- dungsmauer zwischen Kirchturm perswiler Glocken passte. und Kapellbau. Später wurde der künstlerische Schmuck noch mit Am 15. Juli 1967 fand die kirch- einer grossen, holzgeschnitzten liche Weihe der Glocken statt und Muttergottes-Statue an der Chor- am Montag darauf blieb es der Er- wand vervollständigt. menswiler Schuljugend nach alter Tradition vorbehalten, die Glo- Zum 25-Jahr-Jubiläum ihres Be- cken zum Turm hinaufzuziehen. stehens erhielt die Kapelle Er- Seither hängen die Schutzen- menswil eine neue Orgel aus den gelglocke, die Kinderglocke, die Werkstätten der Orgelbaufirma lation eines neuen Geläutes hatte Johannesglocke und die Marien- Späth in Rapperswil, womit das man sie „pensioniert.” Die Kirch- glocke, im freistehenden Turm jahrelang als Provisorium dienen- gemeinde Rapperswil erklärte und erfüllen ihren Dienst zum de Harmonium endlich abgelöst sich auf Anfrage bereit, diese Lobe Gottes und zu Ehren der werden konnte. In die Kosten teil- günstig abzugeben. Also holten Bevölkerung. ten sich wiederum der Kapellverein die Ermenswiler diese Glocken und die Kirchgemeinde Eschen- vom Kirchturm in Rapperswil und Der Ausstattung mit freistehendem bach. liessen sie in der Glockengiesse- Tischaltar, grossem Kreuz und rei Eschmann in Rickenbach bei plastisch gestaltetem Tabernakel Feld- und Wegkreuze

Gottgläubigkeit und barocke Frömmigkeit der Bevölkerung kommen auch in den zahlreichen Feld- und Wegkreuzen zum Aus- druck, die in unserer Gemeinde überall gegenwärtig sind. Dabei ist es wie eh und je, dass deren Errichtung, Pflege und Erhaltung nicht etwa ausschliesslich durch die Kirchgemeinde geschieht. Vielmehr wird dies durch Private, zumeist von den Eigentümern des Landes selber besorgt, auf deren Boden die Kreuze stehen.

Laut einer vom Kulturgüterschutz der Zivilschutzorganisation er- hobenen Bestandesliste wurden nicht weniger als 20 Feld- und Wegkreuze festgestellt, sowie deren Besitzer, Unterhaltspflich- tigen und die Grundeigentümer der Standorte aufgenommen. Stellvertretend für alle diese kul- turellen Objekte folgen aus Platz- gründen ein paar wenige Bilder:

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Uetenberg Binzen Oberfeld

Ausserdorf Sonnenbühl Diemberg

Sonnenfeld Chraueren Herrenweg

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Meistens geht man achtlos an Impressum: diesen Zeichen christlicher Kultur Schlussgedanken Text: Arbeitsgruppe „Literatur” vorüber. Wie sich doch die Zeiten Ital Gähwiler ändern! – Da erinnert sich der Die Zeugen der christlichen Kultur Martin John Verfasser einer Betrachtung zur in Form von Kirchen, Kapellen und Gottfried Kuster Bedeutung des Kreuzes, wie er weiteren Zeichen des christlichen Werner Kuster dessen Verehrung vor knapp 50 Glaubens sind von unseren Altvor- Illustrationen: Kunstdenkmäler Band IV Jahren noch erlebte: deren unter grossen Opfern ge- Geschichte der Pfarrei schaffen, über Jahrhunderte weg ZSO Eschenbach Toni Helbling erhalten, liebevoll gepflegt und Ital Gähwiler „Mein Grossvater, ein ein- unserer Zeit überliefert worden. Arbeitsgruppe „Literatur” facher Arbeiter, liebte es, mit Sie verdienten eigentlich viel mehr Gestaltung: Gottfried Kuster den Enkeln durchs Land zu Achtung und Wertschätzung, als Layout: Ralph Rüegg wandern. Dabei beeindruck- dies heute der Fall ist. Man begeg- te mich eine liebevolle Geste. net ihnen mehr oder weniger ge- Druck: Rüegg Druck, Eschenbach Mitten im Gespräch hielt er dankenlos oder betrachtet sie als Auflage: 600 Exemplare inne, zog den Hut und neigte selbstverständlich und einfach als Herausgeber: Gemeinde Eschenbach kurz seinen Kopf, wenn wir schon immer dagewesen. Kulturkommission an einem Wegkreuz vorbei- kamen. Auf meine kindliche Glaube und Frömmigkeit verfügen Literatur- und Quellennachweis: Frage, warum er das tue, ant- im Vergleich zu früheren Zeiten Johann Ulrich Custor; Chronik der Graf- wortete er: ´Ich danke dem nicht mehr über denselben Stel- schaft Uznach Heiland, der für uns gestorben lenwert. Kirchenaustritte, leere Bernhard Anderes; Kunstdenkmäler des ist, denn seither ist das Leben Kirchenbänke, fehlende Jugend, Kantons St. Gallen, Band IV, Seebezirk stärker als der Tod’.” Priestermangel und gesellschaft- Alois Stadler/Hans Kägi; Geschichte von licher Bedeutungsverlust bilden Eschenbach heute die grössten Herausforde- Josef Reck; Jubiläumsschrift „400 Jahre Pfarrei Eschenbach 1537 – 1937” rungen. Dabei mangelt es nicht an Eigentlich würde es gut tun, wenn guten gestalterischen Ideen und Siegfried Domeisen; Familien-Chronik der Domeisen 1430 – 1930 man sich hin und wieder darauf vielfältigen Angeboten der verant- div. Autoren; Geschichte der Pfarrkirche besänne, wie respektvoll sich wortlichen kirchlichen Kreise. Da St. Vinzentius Eschenbach unsere Vorfahren gegenüber sol- kann man sich füglich fragen: Kir- Verein Heimatkunde vom Linthgebiet; chen religiösen Zeichen verhalten che – quo vadis? Beilagen zum „St. Galler Volksblatt” haben. Sowohl Kruzifixe mit dem Kapellbauverein Ermenswil; div. Archivun- Christuskorpus als auch Kreuze Ob dies auf die Schnelllebigkeit terlagen (ohne Jesus) spielten kulturell unserer Zeit zurückzuführen ist? div. Zeitungsartikel; u.a. „St. Galler Volks- und traditionell eine wichtige Rol- Oder aber, ob es uns ganz einfach blatt” Uznach, „Die Linth” Rapperswil le. zu gut geht? – Dessen ungeachtet sind Gläubigkeit und Religion selbst In krassem Gegensatz dazu aus einer vermeintlich modernen Schlusspunkt stehen in jüngster Zeit die gro- Weltanschauung nicht wegzuden- tesk anmutenden Auseinander- ken. Erst wenn es einem schlecht Früher verwendetes Logo setzungen um Kruzifixe in den geht, besinnt man sich wieder auf der St. Vinzentius-Pfarrei Schulzimmern und um überall an- christliche Werte und hofft auf die Eschenbach zutreffende Kreuze, die u.a. auch Hilfe einer höheren Macht... unzählige unserer stolzen Berg- gipfel zieren. Die Forderungen Auch wenn die aktive Teilnahme von so genannten Freidenkern am Leben einer Pfarrei viele Wün- halten selbst die Behörden hin sche offen lässt, die religiösen und ziehen immer weitere Kreise. Zeugen von früher möchte man Endlich wehren sich auch Per- nicht missen. Sie begegnen uns sönlichkeiten aus der Politik für denn auch auf Schritt und Tritt und das Kreuz als wesentlichem legen so ein beredtes Zeugnis von Symbol der eigenen Geschichte, Gottesfurcht und Gläubigkeit un- Identität, Kultur und Tradition. serer Vorfahren ab!

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