ESCHENBACHER 11 NEUJAHRSBLATT Pfarrkirche, Kapellen und weitere Zeugen barocker Frömmigkeit Ein kostbares Erbe In dieser Ausgabe: Seite Barock als Ausdruck neuer Frömmigkeit 1 Christianisierung des Linthgebiets 2 Baugeschichte der Pfarrkirche 2 Haggenberg-Altar 6 St. Vinzentius-Reliquie 7 Geschichte der Kirchenorgel 8 Geläute 8 Selbständige Pfarrei seit 1537 11 St. Jakobuskapelle Neuhaus 12 Furrer-Chappeli 14 Kapelle zur Hl. Familie Bürg 15 Kapelle „Maria Königin” Ermenswil 16 Feld- und Wegkreuze 18 Schlussgedanken 20 Schlusspunkt 20 erstem grossen Höhepunkt über. Der Spätbarock gilt als zweiter Höhepunkt und stand am Ende des 18. Jahrhunderts. Es folgten das Rokoko und dann der Klas- sizismus. sowohl in profanen, insbesonde- BAROCK ALS AUSDRUCK re aber in sakralen Bauten bis in Nach der Reformation im 16. NEUER FRÖMMIGKEIT die heutige Zeit. Wegen seiner Jahrhundert verfolgten Katho- pompösen Kunst etwas von den liken und Protestanten unter- Die Epoche des Barocks erlebte üblichen Normen abweichend, schiedliche Interessen, was auch im 17. und 18. Jahrhundert ihre fand er später als eigenständige in der Baukunst ihrer Kirchen zum Blütezeit. „Barock”, aus der por- Epoche Anerkennung. Man unter- Ausdruck kam. Die Protestanten tugiesischen Sprache stammend, scheidet zwischen Früh-, Hoch- pflegten ein einfaches, gradli- heisst wörtlich übersetzt „unre- und Spätbarock. Der Frühbarock niges Erscheinungsbild, derweil gelmässig und schief”. Diese entsprang aus der Renaissance die Katholiken eine durch pom- Kunstform hinterliess ihre Spuren und ging in den Hochbarock als pöse und verzierte Gebäude Eschenbacher Neujahrsblatt 11 gekennzeichnete Kunst bevor- ben. Mit dem Einfall der Aleman- (830), Busskirch (840), Uznach zugten. Die barocke Frömmigkeit nen um 450 herum wurde zwar (856) und Eschenbach (885). Im war die lebensfrohe Antwort auf vieles zerstört. Dennoch ging die Verlauf des 8. Jahrhunderts ka- die nüchternen Vorgaben der Re- Christianisierung weiter, was u.a. men diese Kirchen meistens im formation. Dies erklärt denn auch die Geschichte über den heiligen Zuge von Schenkungen durch die Tatsache, weshalb in baro- Gallus zu berichten weiss. Als Grossgrundbesitzer an wichtige ckem Stil errichtete Gebäude vor irischer Wandermönch besuchte Klöster. So war auch das Gallus- allem in katholischen Gegenden er um 610 herum Tuggen. Dort kloster im Linthgebiet begütert. vorzufinden waren. soll er im Zuge seiner Missions- tätigkeit den heidnischen Tempel Eschenbach wurde im Jahre 775 niedergebrannt und die Götzen- erstmals in einer Urkunde über CHRISTIANISIERUNG bilder und Opfergaben in den eine Schenkung an das Klo- DES LINTHGEBIETS Tuggenersee geworfen haben. ster St. Gallen als „Esghibach” Zusammen mit seinem Gefährten schriftlich erwähnt. Am Stand- Die Verbreitung des Christen- Columban musste er daraufhin ort der heutigen Pfarrkirche soll tums führte meistens den alten vor den aufgebrachten Aleman- schon um 800 herum ein karolin- römischen Heerstrassen entlang. nen fliehen. Fortan wirkten bei- gisches Gotteshaus gestanden In den Kastellsiedlungen wohnten de im Bodenseeraum. Im Jahr haben: schon recht früh christliche Sol- 612 beschloss Gallus dem Fluss daten, Kaufleute und Gewerbe- Steinach zu folgen, der bei Ar- treibende. Eine viel begangene bon in den Bodensee mündete. Verbindung verlief von Winterthur Beim Wasserfall in der Mühlegg- (Vitodurum) über Pfäffikon-Irgen- schlucht baute er mit weiteren hausen nach Kempraten (Centum nachfolgenden Gefährten eine Prata), wo die Seestrasse von Klause. Nach seinem Tod um Zürich (Turicum) her einmündete. 640 wurde sein Grab zum Wall- Vom spätrömischen Kempraten fahrtsort. Im Jahr 719 entstand zog sich die Strasse gegen St. daraus eine Abtei, aus welcher Dionys nach Wagen, über den sich dann das weltberühmte Klo- Uetenberg nach Eschenbach und ster St. Gallen entwickelte. Aus weiter via das Gasterland nach Anlass der Ankunft des hl. Gallus Der Ursprung einer Kirche in Maienfeld. Dort erreichte sie die im Steinachtal vor 1400 Jahren Eschenbach liegt vermutlich über grosse Südostroute. sind für 2012 in Stadt und Kan- 1200 Jahre zurück. Auf dem öf- ton St. Gallen im Rahmen eines fentlichen Versammlungsplatz in Das Christentum dürfte sich von „Gallusjahres” eindrückliche Jubi- Eschenbach wurde schon sehr den Kastellkirchen entlang der läumsfeierlichkeiten geplant. früh geurkundet – etwa auf dem Römerstrassen ausgebreitet ha- künstlich ausgeebneten Platz an der Südseite der Kirche. Auf die- IN ESCHENBACH STAND EINE sem Platz wurde am 15. Juni 801 DER FRÜHESTEN KIRCHEN eine weitere Schenkung an das Kloster St. Gallen verschrieben, Im Linthgebiet sind frühe Kirchen ebenso am 20. April 829. urkundlich bezeugt für Kempraten Eine am 25. März 885 verfasste Urkunde ist „in atrio sancti Micha- elis publice” – im Vorzeichen der St. Michaels-Kirche - zu Eschen- bach abgeschlossen worden. At- riumskirchen waren zu jener Zeit verhältnismässig selten, denn nur bedeutende Kirche besas- sen eine Vorhalle. Ausgrabungen anno 1955 bestätigten, dass die- se Kirche eine Vorhalle besessen haben musste: − 2 − Eschenbacher Neujahrsblatt 11 wohl aber in der Ausstattung. So GOTISCHER NEUBAU wurde am 6. August 1565 der „mitliste” Alter durch den Abt von Um die nötigen Gelder zu er- Einsiedeln geweiht. Es handelte langen, griff das Kloster Rüti zu sich hierbei wohl um den sog. dem damals üblichen Mittel des „Haggenberg”-Altar, von welchem römischen Ablassbriefes. Dieser später noch die Rede sein wird. wurde in Rom am 10. April 1487 1585 wurde die Beinhauskapelle von zwei Kardinälen auf den eingeweiht und das Patrozinium Die zahlreichen Schenkungen Eschenbacher Wallfahrtsalter der St. Michael von der Pfarrkirche in an das Galluskloster im fernen hl. Zehntausend Ritter, sowie des diese übertragen. Hochtal der Steinach bezeugen, hl. Wolfgang, der hl. Verena und dass die ganze Gegend schon des hl. Christopherus ausgestellt. 1665 wurde der gotische Chor- christlich geworden war. Im Ver- Die Geldmittel flossen reichlich, bogen durch einen Rundbogen lauf von zwei Jahrhunderten hat- besonders durch den Zustrom ersetzt und dessen Sockel erhielt te sich das religiöse Angesicht der Pilger. So konnte schon nach frühbarocke Formen. Ebenfalls der Landschaft umgewandelt. wenigen Jahren mit dem umfas- in Frühbarockmalerei wurden Denn als die Alemannen sich in senden Erneuerungsbau begon- Chordecke und Chorraum aus- den neuen Wohnsitzen nieder- nen und der Umbau zur gotischen geschmückt. Nach der vollstän- gelassen hatten, waren sie noch Kirche 1496 abgeschlossen wer- digen Umgestaltung des Chores Heiden gewesen, die den ver- den. Diese Jahreszahl befindet folgte 1667 ein neuer, grosser göttlichten Naturgewalten ihre sich am Sakramentshäuschen an Hochaltar. Dieser war dem hl. Jo- Opfer darbrachten. der nördlichen Chorwand. hannes geweiht. 1706 erhielt das Gotteshaus noch einen neuen Im späten 13. Jahrhundert er- Nach aufgefundenen Baufrag- Seitenaltar. folgte die Umgestaltung zur ro- menten zu schliessen, stellte die manischen Kirche. Diese erhielt Kirche in Eschenbach ein reprä- einen Turm, in dessen hölzernem sentatives Bauwerk vor, in wel- 1726 – NEUBAU DES Oberbau die Glockenstube unter- chem der weit herum bekannte BAROCKEN LANGHAUSES gebracht war. Wallfahrtsaltar den eigentlichen Anziehungspunkt bildete. Die bisherige „uralte Kirche” war in den romanischen, hernach in den gotischen und später im Chor in frühbarockem Stil umge- baut worden. Mit einem vollstän- digen Neubau des Langhauses mitsamt Vorzeichen wurde 1723 begonnen und 1726 abgeschlos- sen. Das ganze Bauwerk war nur weiss getüncht. Damit erhielten Eschenbach wurde am 28. No- die Eschenbacher zwar ein ge- vember 1444 im Alten Zürich- räumiges, aber schmuckloses krieg niedergebrannt. Dieser Gotteshaus. Nur 27 Jahre hatte Brandschatzung der Habsburger die neue Kirche den Bedürfnis- fiel auch die Kirche zum Op- sen der Kirchgenossen genügt. fer. Nach dem Brand wurde das Der kalt und lieblos wirkende Kir- Gotteshaus den Kriegszeiten chenbau konnte in seiner Nüch- entsprechend nur notdürftig in- ternheit nicht befriedigen. Als standgestellt. Wie wenig diese Folge des schadhaften Daches Renovation ausrichtete, zeigt sich waren zudem Schäden an der darin, dass das zuständige Klo- UMGESTALTUNG DES CHORES Decke entstanden. Die Kirchen- ster Rüti, welches seit 1309 das verwaltung sah sich veranlasst, Patronatsrecht ausübte, schon Die nachfolgende Renaissance- an eine Restauration zu denken 1487 die Eschenbacher Kirche zeit brachte keine baulichen und hielt Ausschau nach einem als baufällig beschrieb. Veränderungen am Gotteshaus, tüchtigen Baumeister. − 3 − Eschenbacher Neujahrsblatt 11 neuern und das Innere im Roko- der drei Könige, Maria Verkündi- 1753/54 UMBAU ZUR kostile ausschmücken und malen gung und Maria Heimsuchung. SPÄTBAROCK-KIRCHE zu lassen. Decke und Kuppel, aus Gips und Holz gebaut, sind an den In den Stichkappen sind die vier Eine neue Generation war heran- Dachstuhl aufgehängt. Der kühne Evangelisten (Matthäus, Markus, gewachsen und mit ihr auch ein Dachstuhl selber stellt ein Meister- Lukas, Johannes) und die vier anderes Kunstempfinden. Die werk der Grubenmann dar. lateinischen Kirchenväter (Hiero- „katholische Reform des Barock- nymus, Augustinus, Gregor und zeitalters” brachte eine lebhafte Die Südseite des Langhauses Ambrosius) dargestellt. Bautätigkeit, so dass namhafte schmückte eine Sonnenuhr, die Baumeister am Werke waren. einen Fährmann mit Kahn dar- Nach diesem gründlichen Umbau Unter den damals über die Lan- stellte. und seiner künstlerischen Aus- desgrenzen
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