SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 22. 04. 1969

[81]

22. April 1969: Fraktionssitzung

AdsD, SPD-BT-Fraktion 5. WP, 125 Überschrift: »Protokoll der Fraktionssitzung am 22. April 1969«. Dauer: 16.15– 19.40 Uhr. Anwesend: 156. Vorsitz: Schmidt. Bundesregierung: Eppler, Leber, Schmid, Wehner. PStS: Jahn. [Ass.: Jansen.] Protokoll: Glückert. Datum der Niederschrift: nicht bekannt.

Sitzungsverlauf: A. Bericht über das Koalitionsgespräch (BE: ) B. Informationen C. Vorbereitung der Plenarsitzungen a) Stand der Finanzreform (BE: Möller) b) Deutschlandpolitik (BE: Franke) d) Sonstige TO-Punkte und Ablauf der Plenarsitzungen (BE: Frehsee) D. Sonstiges a) Nigeria – Biafra b) Umbau Plenarsaal

Zu Beginn begrüßt Helmut Schmidt Hans-Jürgen Junghans und Heinz Pöhler, die beide nach längerer Krankheit zum ersten Mal wieder in Bonn sind. Außerdem teilt Helmut Schmidt mit, daß er im Namen der Fraktion Hein Hamacher zum 70. und Werner Kunze zum 60. Geburtstag gratuliert habe. Unter dem Beifall der Frak- tion gratuliert Helmut Schmidt schließlich Hilde Schimschok zu ihrem heutigen Ge- burtstag. Sodann wird die vorgelegte Tagesordnung (siehe Anlage 1)1 beschlossen. Punkt 1 der TO: Bericht über das Koalitionsgespräch Helmut Schmidt gibt einen ausführlichen Bericht über das siebenstündige Koalitions- gespräch, das Alex Möller und er mit Dr. Barzel und Stücklen geführt habe.2 Dabei seien über einige Gesetzgebungsvorhaben Einigung erzielt worden, über andere dage- gen nicht. Alex Möller und er hätten den Eindruck gehabt, daß bei der CDU/CSU kein Interesse an einer Verabschiedung des Städtebauförderungsgesetzes bestehe.3 Um die Verantwortlichkeit für ein evtl. Scheitern dieses Entwurfs eindeutig klarzustellen, seien große Anstrengungen der SPD-Fraktion erforderlich. Erfreulicherweise hätten sich

1 TO liegt dem Protokoll bei. Nicht behandelt wurden »Nächste Termine« (Di., 6. Mai, 9.30 Uhr Vorstand, 16.00 Uhr Fraktion) und »Verschiedenes«. 2 Das Gespräch hatte am 31. März stattgefunden, Beschlüsse wurden nicht gefaßt. Vgl. INFORMATIO- NEN, Nr. 204 vom 14. April 1969. Vgl. dazu auch die Darstellung Barzels in der Fraktionssitzung von CDU und CSU am 22. April 1969, in: CDU/CSU-BUNDESTAGSFRAKTION 1966–1969, Dok. 102. 3 Barzel führte dazu in der Fraktionssitzung von CDU und CSU aus: »Das ist eine wichtige Gesetzge- bung, die wir wünschen. Sie ist aber so kompliziert, daß sie unmöglich in ein paar Wochen und Mo- naten gemacht werden kann. … Und wer die Gemeindefinanzreform will und sieht, was in den Aus- schüssen ist, der kann nicht zugleich noch diese Sache wollen. Wir wollen sie weiter beraten, und zwar so weit, wie wir kommen, aber hier nichts einfach übers Knie brechen.« Ebd.

Copyright © 2016 KGParl Berlin 1 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 22. 04. 1969

Kurt Gscheidle und Karl Wienand bereit erklärt, zur Unterstützung der Arbeiten in den Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen ein- zutreten. Die Finanzreform sei inzwischen durch den erfreulichen Beschluß des Vermittlungsaus- 4 schusses vom 21. 4. 1969 in ein neues Stadium getreten. Das Problem bestehe nunmehr darin, die erforderlichen einfachen Gesetze zu verabschieden. Nach dem Koalitionsge- spräch habe er den Eindruck, daß die CDU/CSU in dieser Frage mitziehen werde. Das steuerliche Umwandlungsgesetz5 und das Publizitätsgesetz6 befinde sich zwischen beiden Fraktionen noch in Diskussion; in beiden Fällen sei eine ausreichende Überein- stimmung noch nicht erzielt worden. Um diese Übereinstimmung zu erreichen, werde eine Kommission eingesetzt, die aus den Herren Wilhelmi, Pohle und Brand von der CDU und Reischl, Ravens und Kurlbaum von der SPD bestehe. Was die Mitbestimmungsgesetze betreffe, so sei ganz eindeutig, daß die CDU/CSU kei- nerlei Absicht zur Verabschiedung auch nur eines Gesetzes habe; die CDU/CSU sei auch nicht bereit, eine Begrenzung der Aufsichtsratsvergütungen zu akzeptieren. Um auch hier die Dinge eindeutig klarzustellen, müssen die SPD-Mitglieder des Arbeitsaus- schusses eine Aufsetzung der Entwürfe auf die Tagesordnung beantragen. Helmut Schmidt fügt hinzu, daß für die SPD ein Handel »Zweites Mitbestimmungssicherungs- gesetz gegen Minderheitsschutz im Betriebsverfassungsgesetz« nicht in Frage kommen könne. Über die Frage der Lohnfortzahlung habe es keine große Diskussion gegeben, jedoch scheine eine Einigung hier möglich. Der Fraktionsvorstand sei der Auffassung, daß zunächst versucht werden müsse, im Ausschuß für Arbeit eine sehr weitgehende Über- einstimmung zu erreichen. Außer den genannten besonders wichtigen oder besonders kritischen Gesetzentwürfen gebe es 23 weitere Entwürfe. Hier bestünden keine ernsthaften Gefahren, vielmehr habe das Koalitionsgespräch ergeben, daß die CDU/CSU möglichst viele Entwürfe verab- schieden wolle. Im Koalitionsgespräch sei keine Diskussion geführt worden über folgende Streitfragen: Nichtweiterverbreitungsvertrag, NPD-Verbot, Verjährung. Da diese Fragen morgen im Kabinett behandelt würden, sei man sich darüber einig gewesen, zunächst dem Kabinett den Vortritt zu lassen. Was die Strafrechtsreform betreffe, so werde es aller Voraussicht nach Widerstände der CSU gegen bestimmte Streichungen im Bereich der Sittlichkeitsdelikte geben. Dieser Widerstand werde aller Voraussicht nach jedoch nicht gefährlich sein. In der darauffolgenden Aussprache fragt Gerhard Koch nach Einspruchsmöglichkeiten des Bundeswirtschaftsministeriums gegen die Entstehung marktbeherrschender Unter- nehmen (im Rahmen des Umwandlungssteuergesetzes). Georg Kurlbaum entgegnet, daß der Wirtschaftsausschuß entsprechende SPD-Vorschläge abgelehnt habe.7 Helmut Schmidt weist darauf hin, daß im Regierungsentwurf derartige Einspruchsmöglichkei- ten nicht enthalten gewesen seien.

4 In seiner 13. Sitzung hatte sich der Vermittlungsausschuß auf einen Kompromiß für die Verteilung der Steuereinnahmen auf die Bundesländer geeinigt, vgl. »Die Finanzreform doch noch gerettet«, FAZ vom 22. April 1969. 5 Vgl. SPD-Fraktionssitzung am 22. Oktober 1968, Anm. 3. 6 Ebd. 7 Vgl. die Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen am 12. Dezember 1968, PA 3108 A 5/15 – Prot. 102.

Copyright © 2016 KGParl Berlin 2 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 22. 04. 1969

Auf einen entsprechenden Vorschlag von Hans Geiger bekräftigt Helmut Schmidt nochmals seine Auffassung, daß die Mitbestimmungsgesetze im Arbeitsausschuß unbe- dingt auf die Tagesordnung gesetzt werden müssen. Franz Neumann (Berlin) bringt – im Hinblick auf die bevorstehende Abstimmung über den Vorschlag des Vermittlungsausschusses über die Finanzreform – die Frage der Stimmberechtigung der Berliner Abgeordneten nochmals zur Sprache. Helmut Schmidt und Erwin Schoettle stellen fest, daß die Frage der Zählung der Berliner Stimmen nochmals zwischen den Präsidenten und im Ältestenrat besprochen werden muß. Martin Schmidt (Gellersen) fragt nach dem Altershilfegesetz für Landwirte,8 das die CDU/CSU unbedingt verabschieden wolle. Alex Möller und Helmut Schmidt bemer- ken, daß bislang noch keine genauen Unterlagen über die finanziellen Auswirkungen dieses Gesetzes vorliegen, daß unsere Fraktion den Gesetzentwurf jedoch jedenfalls nicht prinzipiell ablehne. Punkt 2 der TO: Informationen Auf eine Frage von Horst Schmidt (Offenbach) teilt mit, daß in Kürze auch der letzte, bislang noch nicht begnadigte Süd-Koreaner in der Bundesrepublik zurückerwartet werde.9 Das sei so verabredet gewesen. Auf Frage von erläutert den augenblicklichen Stand der Überle- gungen über Fahrverbote für Lkws an Wochenenden. Es sei wahrscheinlich unmöglich, mit dem Gewerbe zu einer völligen Einigung zu kommen, jedoch ließen sich gewisse Mindestforderungen der Unternehmer berücksichtigen. So sei daran gedacht, in der Hauptreisezeit bereits freitags von 15.00 bis 22.00 Uhr die Autobahn für Lkws zu sperren, die Sperre jedoch nur bis Sonntag 22.00 Uhr (statt bis Montag) andauern zu lassen. Auf Frage von Konrad Porzner teilt Gerhard Jahn mit, daß die Reise des ehemaligen Bundeskanzlers Erhard nach Süd-Amerika10 eine private Reise sei, die nicht vom Aus- wärtigen Amt finanziert werde. Punkt 3 der TO: Stand der Finanzreform Alex Möller gibt einen ausführlichen Bericht über die gestrigen Verhandlungen im Vermittlungsausschuß. Nach der nunmehr gefundenen Einigung werde eine zwingende Bestimmung in die Verfassung aufgenommen, wonach ein sog. »Zerlegungsgesetz« ergehen müsse. Mit diesem Zerlegungsgesetz würden die Gewinne einzelner Länder aus der Körperschaftsteuer auf alle Länder aufgeteilt. Außerdem werde nunmehr in Artikel 107 Abs. 2 Grundgesetz nicht mehr von finanzstarken bzw. finanzschwachen Ländern, sondern nur noch von ausgleichsberechtigten und ausgleichspflichtigen Ländern gere- det. Die Länder hätten sich bereit erklärt, das Länderfinanzausgleichsgesetz am 30. Mai im Bundesrat zu verabschieden.11 Bei den Abstimmungen im Vermittlungsausschuß hätten CDU/CSU und SPD ge- schlossen für den Vorschlag gestimmt, drei finanzstarke Länder hätten mit nein ge- stimmt, jedoch später erklärt, sie würden im Bundesrat dem Vorschlag zustimmen.

8 Regierungsentwurf eines 4. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über eine Altershil- fe für Landwirte, BT ANL. 128, Drs. V/3970 und zu Drs. V/3970. 9 Vgl. AdG 1969, S. 14449. 10 Erhard besuchte auf Einladung privatwirtschaftlicher Vereinigungen vom 8. April bis 4. Mai 1969 Brasilien, Paraguay, Argentinien und Chile. 11 Der Bundesrat verabschiedete den Entwurf eines »Gesetzes über die Verteilung der Steuern und den Finanzausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahr 1970 an (BR Drs. 265/69)« in seiner 339. Sit- zung am 30. Mai 1969, BR STEN. BER. 1969, S. 131–139.

Copyright © 2016 KGParl Berlin 3 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 22. 04. 1969

Die finanziellen Auswirkungen der Finanzreform seien im einzelnen noch nicht zu übersehen, da das Bundesfinanzministerium noch keine ausreichenden Zahlen vorgelegt habe. Abschließend plädiert Alex Möller dafür, den »neuen alten« Vorschlag des Ver- mittlungsausschusses anzunehmen. Helmut Schmidt fragt nach abweichenden Meinungen und stellt anschließend fest, daß die Fraktion dem Vorschlag des Finanzausschusses geschlossen zustimmen werde. Erwin Schoettle regt an, bei beiden Abstimmungen namentliche Abstimmung zu bean- tragen. Daraufhin berichtet Heinz Frehsee, daß Rösing12 ihm mitgeteilt habe, die CDU/CSU werde dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses diesmal zustimmen, so daß – nach Rösings Ansicht – keine namentliche Abstimmung notwendig sei. Paul Küb- ler gibt zu bedenken, daß ein Beharren auf namentlicher Abstimmung manche CDU/ CSU-Abgeordnete in Verlegenheit bringen könnte, da sie bei der letzten Abstimmung mit nein gestimmt hätten. Alex Möller schließt sich diesen Argumenten an und schlägt vor, auf eine namentliche Abstimmung zu verzichten. Diesem Vorschlag stimmt die Fraktion zu.

Punkt 4 der TO: Deutschlandpolitik gibt einen Bericht über die auf kommenden Freitag angesetzte Debatte zur Deutschlandpolitik.13 Ausgangspunkt der Debatte sei eine Große Anfrage der FDP.14 Das Kabinett habe seine Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen, sondern wolle morgen darüber weiterberaten. Helmut Lenders stellt fest, daß die bislang vorliegende schriftliche Antwort der Bundesre- gierung auf die Große Anfrage im großen und ganzen begrüßt werden könne.15 Als nicht genügend empfinde er jedoch die Ausführungen zur Frage von Sportveranstaltung- en, bei denen die DDR-Flagge gezeigt werde, was dann immer wieder zu Polizeiaktionen führe. erläutert, daß er sich in diesen Fragen mit seiner Meinung ge- genüber den beiden anderen beteiligten Ressorts – dem Innenministerium und dem Aus- wärtigen Amt – nicht habe durchsetzen können. Wenn die FDP die kürzlichen Vor- kommnisse in Mainz16 aufgreife, müsse man ihr entgegenhalten, daß für die dortigen Ereignisse der Innenminister einer Regierung zuständig sei, in der auch die FDP vertreten sei. Helmut Lenders, Egon Franke, Adolf Müller-Emmert und Alwin Brück diskutieren weiter über die Mainzer Polizeiaktion gegen das Zeigen der »Spalter-Flagge«. Egon Franke erläutert schließlich den vorgesehenen Ablauf der Debatte: zunächst ein Sprecher der FDP zur Begründung der Großen Anfrage, dann der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen, darauf Egon Franke für die SPD und Olaf von Wrangel für die CDU/CSU. Darauf werde voraussichtlich Bundeskanzler Kiesinger das Wort nehmen, dann nochmals je ein Sprecher der Fraktionen. Falls Barzel rede, werde auch Helmut Schmidt sprechen; sollten spezielle Berlinfragen angesprochen werden, werde Kurt Mat- tick das Wort nehmen. Die Fraktion ist mit diesem Ablauf der Debatte einverstanden.

12 Josef Rösing war einer der Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion. 13 BT STEN. BER. 69, S. 12636–12689. 14 BT ANL. 127, Drs. V/3769. 15 BT ANL. 130, Drs. V/4101. 16 »Provokation gegen DDR-Olympiasieger in Mainz«, AdG 1969, S. 14662. Vgl. auch SPD-Fraktions- sitzung am 14. Januar 1969, Anm. 27.

Copyright © 2016 KGParl Berlin 4 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 22. 04. 1969

Punkt 5 der TO: Ablauf der Plenarsitzungen Heinz Frehsee erläutert den geplanten Ablauf der Plenarsitzungen. Am Mittwoch vor- mittag werde die erste Lesung der Gesetzentwürfe zur Lohnfortzahlung stattfinden17 – Helmut Schmidt bittet darum, in der ersten Lesung die Streitpunkte nicht zu sehr zu vertiefen –, um 15.00 Uhr folgen die Abstimmungen über die Finanzreformvorschlä- ge18 und zwei weitere Vorschläge des Vermittlungsausschusses, nämlich zum Entwick- lungshelfergesetz19 und zum Wahlgesetz20. Darauf folge die erste Lesung des Gesetzentwurfs zur Bereinigung arbeitsrechtlicher Vorschriften21 (falls es hier zu einer Debatte komme, werde Erwin Folger sprechen), darauf die zweite und dritte Lesung des Absatzfondsgesetzes22 (mit kurzen Erklärun- gen der Fraktionen). Auf Fragen von Brigitte Freyh berichtet Hans-Jürgen Junghans über die Vorschläge des Vermittlungsausschusses zum Entwicklungshelfergesetz und zum Wahlgesetz. In beiden Fällen handle es sich darum, daß nach dem Beschluß des Bundestags Auslands- deutschen das Wahlrecht gewährt werden solle, der Bundesrat dagegen jedoch Beden- ken angemeldet habe. Diesen Bedenken sei der Vermittlungsausschuß gefolgt. Brigitte Freyh plädiert dringend dafür, den Auslandsdeutschen das Wahlrecht zu gewähren. Hans-Jürgen Wischnewski hält dies ebenfalls für dringend notwendig, hält die vom Bundesrat vorgebrachten Bedenken gegen die Beschlüsse des Bundestags jedoch für erheblich. Der müsse möglichst bald in der nächsten Wahlperiode eine be- friedigende Lösung des Problems »Wahlrecht für Auslandsdeutsche« erarbeiten.23 Auf Vorschlag von Helmut Schmidt wird beschlossen, daß Hans-Jürgen Wischnewski im Namen der Fraktion eine entsprechende Erklärung abgibt. Heinz Frehsee teilt mit, daß am Mittwoch weiterhin die zweite und dritte Beratung des Weingesetzes24 auf der Tagesordnung stehe. Max Seither erläutert den auch von ihm vorgeschlagenen Änderungsantrag (siehe Anlage 2)25 und berichtet sodann – auf Fragen von Lucie Kurlbaum-Beyer und Manfred Schulte – über die Verbesserungen auf dem Gebiete der Weinherstellung, die sich durch das Weingesetz ergeben würden. Es wird beschlossen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Heinz Frehsee berichtet weiter über die Tagesordnungspunkte der Plenarsitzungen: Zweite und dritte Lesung des Häftlingshilfegesetzes26 (Redner: Lisa Korspeter und Heinz Kreutzmann), 21. LAG-Novelle27 (ohne Debatte, hilfsweise Lisa Korspeter).

17 SPD-Entwurf: BT ANL. 128, Drs. V/3983, Unions-Entwurf: ebd., Drs. V/3985; BT STEN. BER. 69, S. 12514–12538 u. 12548–12551. 18 BT ANL. 130, Drs. V/4105, 4106 (mündliche Berichte des Vermittlungsausschusses); BT STEN. BER. 69, S. 12538–12545. 19 BT ANL. 130, Drs. V/4107. 20 BT ANL. 128, Drs. V/3897. 21 BT ANL. 128, Drs. V/3913. 22 Gesetz über die Errichtung eines zentralen Fonds zur Absatzförderung der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft, BT ANL. 119, Drs. V/2678; 2. und 3. Lesung am 23. April, BT STEN. BER. 69, S. 12551–12559. 23 Erst in der 10. Wahlperiode einigte sich der Bundestag auf ein Wahlrecht für Auslandsdeutsche, vgl. Art. 1 § 12 Abs. 2 »Siebtes Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes« vom 8. März 1985, BGBl. I, S. 521. 24 BT ANL. 111, Drs. V/1636. 25 BT STEN. BER. 69, Umdruck 638, S. 12587; Entwurf liegt dem Protokoll bei. 26 BT ANL. 121, Drs. V/2877.

Copyright © 2016 KGParl Berlin 5 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 22. 04. 1969

Helmut Schmidt fragt, ob diese 21. Novelle die in der Regierungserklärung angekün- digte Schlußnovelle darstelle. Lisa Korspeter widerspricht dem nachdrücklich und betont, der vorliegende Entwurf lasse wesentliche Punkte offen, so daß er auf keinen Fall als Schlußnovelle bezeichnet werden könne. Punkt 6 der TO: Nigeria – Biafra Ludwig Metzger gibt einen ausführlichen Bericht über die Reise, die der Unteraus- schuß »Humanitäre Hilfe« des Bundestags nach Nigeria und Biafra unternommen ha- be.28 Der Unterausschuß bestehe aus 5 Mitgliedern (aus dem Auswärtigen Ausschuß und aus dem Ausschuß für Entwicklungshilfe), die sämtlich an der Reise teilgenommen hätten. Alwin Brück ergänzt den Bericht von Ludwig Metzger. Helmut Schmidt dankt den beiden Genossen im Namen der Fraktion, daß sie diese sicherlich nicht ungefährliche Reise unternommen hätten. Der Zweck der Reise – eine eigene Meinungsbildung für die Fraktionen des Bundestags – müsse auch in der Öffentlichkeit deutlich herausgestellt werden, weshalb er vorschlage, daß Ludwig Metzger und Alwin Brück einen Bericht an die Presse geben. Auf Fragen von Rolf Meinecke, Paul Kübler und Hans Bardens gibt Alwin Brück noch einige nähere Auskünfte. Der Ernährungszustand der Ibos in Biafra sei insgesamt wesentlich besser geworden. Die Weiterleitung der Nahrungsmittel und Medikamente sei weitgehend in Ordnung (die Verteilung erfolge sehr weitgehend über Angehörige der Kirchen einschließlich der Ibo-Mitglieder, Medikamente würden größtenteils über die Krankenhäuser verteilt); Ludwig Metzger ergänzt, daß allen Anschein nach wenig Gut in fremde Kanäle gelange, wenn es auch nie ganz zu vermeiden sei, daß einiges auf dem schwarzen Markt auftauche. Helmut Schmidt bittet Ludwig Metzger und Alwin Brück nochmals darum, ihre Feststellungen und Erfahrungen für die Öffentlichkeit darzustellen (etwa im »Vor- wärts«, zumindest aber im Pressedienst).29 Wolfgang Jansen teilt mit, daß er heute vor- mittag schon ein Interview mit Alwin Brück herausgegeben habe. Helmut Schmidt betont nochmals die Nützlichkeit von Reisen, die Fraktionsmitglieder in Spannungs- oder Notgebiete unternehmen. Er schlägt vor, in Zukunft auch einmal eine Reise nach Syrien, Jordanien und Ägypten zu unternehmen.30 Punkt 7 der TO: Umbau Plenarsaal Heinz Frehsee berichtet, daß die von der SPD schon seit langem geforderte Tieferle- gung der Regierungsbank nunmehr in der Sommerpause endlich verwirklicht werden solle. Regierungsbank und Bundesratsbank würden herabgesetzt, die Stenografenbank werde dann so verändert, daß sie parallel dazu stehe. Die in der Vergangenheit ebenfalls diskutierte Verringerung der Abgeordnetensitze sei ja bekanntlich von der SPD-Bunde- stagsfraktion im vergangenen Jahr abgelehnt worden,31 so daß der Bundestagspräsident32 diesen Plan habe fallen lassen müssen.

27 BT ANL. 130, Drs. V/4103. 28 An der Reise nahmen die Abgeordneten Metzger, Brück (SPD), von Wrangel, Czaja (CDU) und Alt- hammer (CSU) teil. Vgl. auch den detaillierten Bericht der Teilnehmer im Auswärtigen Ausschuß am 8. Mai, AUSWÄRTIGER AUSSCHUSS 1965–1969, Dok. 89. 29 Metzger schilderte seine Eindrücke (»Den Menschen helfen«) im VORWÄRTS vom 1. Mai 1969. 30 Beispielsweise besuchte Georg Kahn-Ackermann am 10./11. Mai 1969 Syrien, vgl. AAPD 1969, Dok. 148, mit Anm. 15. 31 Vgl. SPD-Fraktionssitzung am 13. Februar 1968. 32 Kai Uwe von Hassel.

Copyright © 2016 KGParl Berlin 6 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 22. 04. 1969

Hermann Haage bedauert das und regt an, die Frage einer Verringerung der Sitzplätze im Fraktionsvorstand nochmals aufzugreifen. Paul Kübler fragt, wer die Verantwor- tung für die nunmehrige Ausführung der Umbaupläne trage. Helmut Schmidt stellt fest, daß der Bundestagspräsident nur diejenigen Dinge anordne, über die mit den Frak- tionen Übereinstimmung erzielt worden sei; was die Verringerung der Sitzplätze be- treffe, so habe die SPD-Fraktion vor genau einem Jahr einen Beschluß gefaßt, bei dem man nun bleiben müsse.

Copyright © 2016 KGParl Berlin 7