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10 Jahre Zunft 1975 - 1985

Titelbild Jubiläumsbuch

Ohne die Bemühungen, das Verständnis, die Sympathie, das freundschaftliche Wohlwollen und die hilfreichen Hände all unserer zahlreichen Freunde aus dem Kreis der Zürcher Zünfte wäre die Gründung der Zunft Schwamendingen wohl kaum gelungen. Deshalb sei ihnen diese Die Heimat zu ehren, Schrift mit einem ganz herzlichen Dankeschön zugedacht. dem Nächsten zu dienen, die Freundschaft zu pflegen, Impressum: @ 1986, Printed in an die Zukunft zu glauben. Satz: Fotosatzatelier Franz Henle, Oberhasli Fotolithos: Reproatelier Ernst Höhn, Oberhasli Druck: Offsetdruckerei Herbert Haller, Bachenbülach Einband: Buchbinderei Burkhardt AG, Mönchaltorf Gestaltung: Franz Henle, Oberhasli Fotos: Foto-Kino Werner Beyeler, ; Foto Hornberger, Zürich

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Vorrede des Zunftmeisters des Handels- oder Dienstleistungssektors oder in halbindustriellen Betrieben tätig sind. Die übrigen Zünfter arbeiten, von wenigen Ausnahmen abge- sehen, in leitenden Position en: 6 als Angestellte im elterlichen Geschäft, 20 in Handels- und Dienstleistungsbetrieben, 5 in handwerklichen oder industriellen Betrieben und 7 stehen als hö- here Beamte im öffentlichen Dienst.

Die Zunft Schwamendingen ist auch von ihren Mitgliedern her gesehen eine junge Zunft. Das Durchschnittsalter der einzelnen Mitglieder beträgt lediglich 47 Jahre und liegt im Vergleich zu ande- ren Zünften relativ tief. Die Zunft ist zurzeit noch ohne Veteranen; bei der Gründung standen alle Zünfter im aktiven Berufsleben.

Die Verteilung nach Altersgruppen gestaltet sich wie folgt: 3 Prozent unter 30 Jahren, 23 Prozent zwischen 30 und 39 Jahren, 29 Prozent zwischen 40 und 49 Jahren, 26 Prozent zwischen 50 und 59 Jahren, 19 Prozent zwischen 60 und 69 Jahren.

Die Zunft Schwamendingen präsentiert sich heute als lebendiger und im Wachstum begriffener Ver- ein. Vom Engagement und der regen Anteilnahme Die Zunft Schwamendingen ist 10 Jahre alt ge- der Zünfter an ihrer Sache legen nicht zuletzt die worden. Darüber freuen wir uns. Unnötig zu sa- überdurchschnittliche Beteiligung an den monat- gen, dass wir den ersten runden Geburtstag mit lich stattfindenden Botts sowie eine anhaltende einem richtig zünftigen Fest nach alter Vater Sitte Spendefreudigkeit eindrückliches Zeugnis ab. Der gefeiert haben. Das Jubiläum soll für uns aber weltanschauliche Horizont der religiös neutralen auch Anlass zu einem kurzen Marschhalt, zu eini- Zunft zeigt eine klare und Verbundenheit mit gen Augenblicken der Rückbesinnung sein. Des- einer von stark liberalem Gedankengut geprägten halb wurde die vorliegende Schrift verfasst. Sie bürgerlichen Lebensweise und Denkart. Da die will in Form einer lockeren Plauderei eine Mo- gewerbetreibenden Zünfter den harten Kern der mentaufnahme der Gründergeneration sein. Den Vereinigung bilden, liegt es auf der Hand, dass heutigen Mitgliedern soll sie als Gedächtnisstütze Leistungsorientierung und Wirtschaftsfreundlich- zur Erinnerung an die mitunter recht stürmisch keit mit besonderer Betonung der Eigenverant- verlaufene Zunftgeschichte dienen. Den Freunden wortlichkeit des Bürgers zu den vordringlichen und Interessenten der Zunft möchte sie - ohne Anliegen der Zunft gehören. Damit knüpft sie an Anspruch auf Vollständigkeit - einen Einblick in diejenigen Werte an, die Zürich gross gemacht ihre zünftige Lebensart vermitteln. Nicht zuletzt ist haben, nämlich das positive Verhältnis zur Arbeit beabsichtigt, unseren Söhnen und Nachfolgern zu und zum freien Unternehmertum. Selbstverständ- zeigen, wie die Gründer ihre Zunft gesehen und lich ist, dass sich die Zunft zum Staat und seinen erlebt haben, in der Hoffnung, dass die zukünftige Institutionen, insbesondere vorbehaltlos zur Ar- Generation die hochgehaltenen Werte als erhal- mee, bekennt. Von den Zünftern wird persönli- tenswürdig versteht und weitertragen wird. ches Engagement für die bürgerlichen Parteien erwartet und jede politische Aktivität begrüsst. Die Die Wurzeln der Zunft liegen vorwiegend im Ge- besondere Aufmerksamkeit der Zunft gilt der Pfle- werbeverein Schwamendingen. Aus diesem Um- ge des Quartiers Schwamendingen, den Be- stand resultiert eine recht bunte Palette verschie- ziehungen zu anderen Vereinen, der Präsenz und denster, hauptsachlich gewerblicher Berufe mit Teilnahme bei Quartieranlassen sowie der Unter- einem im Vergleich zu anderen Zünften geringe- stützung einer sinnvollen Jugendarbeit. ren Anteil an Akademikern (etwa 15 Prozent). Voller Stolz dürfen wir uns daher als Handwerker- Mit Blick in die Zukunft erhoffen wir uns, dass die und Gewerbezunft bezeichnen. Unter den Mitglie- Pflege der Freundschaft und Geselligkeit als Aus- dern findet sich ein grosser Anteil von Zünftern mit druck positiver Lebenseinstellung und optimisti- einem eigenen Handwerks- bzw. Geschäftsbe- scher Lebensfreude weiterhin tragende Elemente trieb. Es sind dies 33 von 74 Zünftern, wovon 21 der Zunft Schwamendingen bilden; insbesondere Zünfter Handwerker und 12 Zünfter in Betrieben aber, dass der offene und idealistische Geist und

Seite 2 von 33 der Mut zum Engagement für die bürgerliche Sa- che den Schwamendinger Zünftern erhalten blei- be. Wenn sich die Zunft Schwamendingen in der Lage sieht, die vorliegende Broschüre herauszu- geben, so ist dies nur möglich dank dem persönli- chen Einsatz der Mitglieder ihrer Kulturkommissi- on. Deren Präsident, Dr. Werner Rechsteiner, der Ehrenzünfter Hans Wetter (ehemaliges Mitglied der Kulturkommission), die Zünfter Dr. Adolf Steigrad, Alfred Christen, Dr. Bruno Steiner (der unter anderem die Redaktion besorgte) und Dr. Hans Bernhard opferten dem Werk in verdienst- voller Weise manch wertvolle Stunde ihrer Frei- zeit. Ihnen sei herzlichst gedankt. Mein Dank geht ausserdem an unseren liebenswürdigen Mitzünf- ter Franz Henle, der für den Druck und die Gestal- tung dieser Schrift verantwortlich zeichnet.

Anton Steiner, Zunftmeister

Seite 3 von 33 Erster Teil wirtschaftlichen Lebens mit der Idee einer Zunft- Zunftchronik gründung.

Den Initianten für die Gründung einer Zunft im Gründungsgeschichte Kreis 12 ging es insbesondere darum, in einem von einer grossen Zahl von Neuzuzügern be- Anfänge einer Idee wohnten Gebiet, in dem viele nur eine unzulängli- che Beziehung zu ihrer neuen Umgebung entwi- 1934 fand die Eingemeindung von , See- ckelten, einen Pfahl einzurammen, in der Absicht, bach, und Schwamendingen zum Stadt- gleich gesinnte, traditionsbewusste und bürgerlich kreis 11 statt. Damals zählte Schwamendingen denkende Kräfte, gleich welcher politischen An- 2820 Einwohner. Diese waren hauptsachlich in schauung oder konfessionellen Zugehörigkeit, in der Landwirtschaft und in den in Oerlikon etab- einem Freundeskreis zu sammeln. Vor allem im lierten Fabriken tätig. Das Gewerbe entfaltete Gewerbeverein Schwamendingen war der Ge- seine Tätigkeit noch auf sehr brachem Boden, danke an die Gründung einer Zunft schon seit waren doch die Einkommensverhältnisse mehr- langem gepflegt worden. Sein initiativer und lang- heitlich eher bescheiden. Nach dem Zweiten jähriger Präsident, Zimmermeister Anton Steiner, Weltkrieg machten sich grosse Nachholbedürf- hatte sich schon in den frühen 60er Jahren um die nisse bemerkbar. Industrie- und Gewerbebetriebe Verbreitung des Zunftgedankens verdient ge- schossen wie Pilze aus dem Boden. Der dadurch macht. verursachte Sog an Arbeitskräften entvölkerte die Landschaft. Die Agglomeration Zurich, insbeson- Im Gefolge der Kreisgründung rief der Gewerbe- dere Schwamendingen mit seinen Landreserven, verein unter seiner Führung eine «Kommission für entwickelte sich zu einem menschlichen Bal- die Klarung des Zunftgedankens im neuen Kreis lungszentrum, das immer mehr Raum benötigte. 12» ins Leben. Sie bestand aus dem Obmann des Gewerbevereins, Anton Steiner, dem Vizepräsi- Die grosse Bautätigkeit befruchtete alle Teile des denten Paul Hächler und dem Aktuar Walter Gewerbes. Schwamendingen wurde zu einem Signer. Man erinnerte sich daran, dass im alten kosmopolitischen Quartier mit vornehmlichem Stadtkreis 11 seit 1933 bereits die Zunft St. Nik- Wohncharakter. Die Ansiedlung grosser Industrie- laus ihre Tätigkeit entfaltete. Seinerzeit waren ja und Dienstleistungsbetriebe unterblieb. Kleinere auch Schwamendinger dabei gewesen, die tat- und mittlere Gewerbebetriebe fanden hier eine kräftig mitgeholfen hatten, diese Zunft aus der gesunde Existenz und eine gute Verankerung im Taufe zu heben. Was also lag näher, als sich mit Quartier. Die meisten Einwohner Schwamendin- der Zunft St Niklaus in Verbindung zu setzen, zu gens hatten und haben bis heute ihren Arbeits- deren Mitgliedern auch mannigfache persönliche platz jedoch ausserhalb des Quartiers, sei es in Beziehungen bestanden. der Stadt oder in der Agglomeration. Bald be- wohnten rund 35 000 Einwohner die 598 ha um- Nach vorgängigen Kontakten mit einzelnen Zünf- fassende Bodenflache. Die Landreserven gingen tern von St. Niklaus folgte am 14. Juni 1971 ein der Erschöpfung entgegen. erster Brief des Gewerbevereins Schwamendin- gen an den Delegierten der Zunft St. Niklaus im 1970 lebten 58135 Einwohner im Kreis 11.Da Zentralkomitee der Zürcher Zünfte, Herrn Dipl.- diese Zahl (im Vergleich zu anderen Stadtkreisen) Ing. Ulrich Steiger, welcher die Verbindung zum den Rahmen sprengte, entschlossen sich die Zunftmeister von St. Niklaus, Dr. Willi Schubiger, Rate, Schwamendingen zum 12. Stadtkreis zu sowie zu deren Statthalter, Dr. Paul Vock, herge- machen, was im Jahre 1971 zur Tatsache wurde. stellt hatte. Bescheiden erbaten die Schwamen- dinger eine Unterredung, um einen Abend «über Nach den Gründungen der Zünfte Zunftprobleme unverbindlich diskutieren zu kön- (1894), Drei Königen (1897), (1897), nen». Spontan und positiv erfolgte die Zusage der (1897), (1897), Niklauser. Nach den Sommerferien 1971 fand die (1901), (1922), (1925), St. Nik- nachgesuchte Besprechung statt, an der die initia- laus (1933) und Letzi (1934), die alle im näheren tiven Schwamendinger vom Zunftmeister und vom oder weiteren Umfeld von Eingemeindungen der Statthalter der Niklauser eine fundierte Einführung entsprechenden Quartiere in die Stadt Zurich über das Zürcher Zunftwesen und manch guten erfolgten, lag anlässlich der Gründung des Stadt- Ratschlag mit auf den Weg bekamen. kreises 12 der Gedanke einer Zunftgründung na- he. Schon im Vorfeld dieses politischen Aktes Anton Steiner und seine Getreuen aus dem Ge- befassten sich in Schwamendingen ansässige werbeverein wurden durch die ersten Kontakte mit Persönlichkeiten des politischen, kulturellen und den Niklauser Zünftern bestärkt in ihrem Willen, auf eine Zunftgründung hinzuarbeiten. Im Gewer-

Seite 4 von 33 beverein berichteten sie über ihre Bemühungen Getreuen und Verschworenen aus dem Gewerbe- und warben kräftig für den Zunftgedanken. Sie verein Schwamendingen waren sich bewusst, liessen keinen Zweifel daran aufkommen, dass dass man mit einigen wenigen Begeisterten nicht eine Zunftgründung noch viel Arbeit und Idealis- schon an sich das Prädikat «Zunft» beanspruchen mus nötig machte und dass es recht eigentlich ein könne. Es reifte daher Ende 1972/Anfang 1973 historisches Unterfangen sei, rund 50 Jahre nach die Idee, eine vorbereitende Gesellschaft zur der letzten Zunftgründung in Zurich eine weitere Gründung einer Zunft im Kreis 12 ins Leben zu Zunft ins Leben zu rufen. rufen.

Die Anstrengungen der Initianten blieben nicht Mit einem Inserat in der «Vorstadt», neben dem ungehört. Ermutigt durch die positive Reaktion im «Schwamendinger Boten» die zweite Lokalzei- Gewerbeverein und nach reiflicher Vorbereitung tung im Quartier, wurde zu einer Orientierungs- wagten sie den nächsten Schritt: Mit Schreiben versammlung über die geplante Zunftgründung vom 18. April 1972 gelangten sie an den damali- eingeladen. Diese fand am 7. Mai 1973 im Saal gen Präsidenten des Zentralkomitees der Zünfte des Gasthofes «Hirschen» in Schwamendingen Zürichs, Walter M. von Orelli, und legten ihm kurz statt. 31 Personen nahmen daran teil! Anton Stei- ihr Anliegen dar. Behutsam, aber von positiver ner und Paul Hächler orientierten über die Idee, Grundhaltung getragen, erwiderte Walter von eine Zunft zu gründen, über die bisherigen Arbei- Orelli die Anfrage der Schwamendinger. Er liess ten und über die Plane für die Zukunft: Eine quar- ihnen zunächst einige Unterlagen über den Ver- tier- und gewerbeverbundene Gesellschaft von band der Zünfte Zürich zum Studium zugehen, Männern mit bürgerlicher Gesinnung sollte in bevor er sich mit den Initianten aus Schwamen- Schwamendingen entstehen, über Alters-, Kon- dingen traf. Die erste Begegnung mit Walter von fessions- und politische Grenzen hinweg. Orelli und einigen weiteren Mitgliedern des Vor- standes des Zentralkomitees der Zünfte Zürichs An der Orientierungsversammlung wurde das Anliegen einer Zunftgründung von allen Anwe- senden positiv und mit viel Idealismus aufge- nommen. Ohne grosse Umschweife beschloss man, am 4. Juni 1973 die Gründungsversamm- lung für eine vorbereitende Gesellschaft durchzu- führen. Es erfolgte sodann eine Einladung auf jenes Datum, welcher 39 Herren Folge leisteten. Schulpräsident Dr. Erwin Kunz, der mittlerweile ebenfalls zu den Zunftinteressenten gestossen war, wies aber darauf hin, dass für die Grün- dungsversammlung eines Vereins zumindest ein Statutenentwurf vorliegen müsse, über den abzu- stimmen sei. Es blieb also nichts anderes übrig, als die Gründungsversammlung zu vertagen. Eine Kommission wurde bestellt, welche sich zügig an die Arbeit machte und bereits am 18. Juni einen Statutenentwurf zuhanden der Gründungsver- sammlung verabschiedete. Die Zunftinitianten konnten daraufhin auf den 2. Juli 1973 zur Grün- Die neu gegründete Zunft nimmt am 21 April 1975 als Gast der dungsversammlung einladen. Die Traktanden Göttizunft St. Niklaus erstmals am Sechseläuten teil. waren:

(ZZZ) fand nach den Sommerferien 1972 statt. 1. Wahl des Tagespräsidenten; 2. Wahl von zwei Bereits an der Delegiertenversammlung des ZZZ Stimmenzahlern; 3. Genehmigung der Satzungen vom 15. November 1972 berichtete der Präsident und Gründung; 4. Wahl des Präsidenten und der den ZZZ-Delegierten über die erfolgten Kontakte. übrigen Vorstandsmitglieder; 5. Wahl von zwei Rechnungsrevisoren und eines Ersatzmannes; 6. Festsetzung der a) Gründungsbeitrage, b) Jah- Die «Vorbereitende Gesellschaft zur Gründung resbeitrage, c) Eintrittsgebühren; 7. Varia. einer Zunft im Kreis 12» An der Gründungsversammlung waren 37 Herren Wie gründet man eine Zunft? Keiner hatte in die- zugegen, entschuldigt hatten sich 19. Insgesamt sem Punkt Erfahrung. Man wusste nur, dass eine zahlte die Vorbereitende Gesellschaft somit 56 Pioniertat, wie sie eine Zunft Gründung darstellt, Gründungsmitglieder. Als Tagespräsident amtete sorgfaltig vorbereitet sein musste. Die wenigen Paul Hächler. Unter seiner Führung wurden die

Seite 5 von 33 klang, was die grosse und stets wachsende Zahl von teilnehmenden Gesellschaftern bewies. Der gute Besuch der Botts liess die Idee reifen, im Sommer 1974 anlässlich einer Schifffahrt auf dem Zürichsee auch die Familien der angehenden Zünfter an der Vorbereitungsfreude teilnehmen zu lassen. Am 1. Juli 1974 war es so weit: Rund 80 Mitglieder der Vorbereitenden Gesellschaft und ihre Damen feierten ein fröhliches Familienfest mit Tanz auf einem Zürichseedampfer. Dieses Fest trug mit dazu bei, die freundschaftlichen Bande unter den Gesellschaftern zu festigen und die Gattinnen der angehenden Zünfter ebenfalls mit dem Zunftgedanken vertraut zu machen.

Ab 1974 wurde zudem der bei den meisten Zünf- ten übliche Brauch des Martinimahls eingeführt. Am 11.November 1974 trafen sich Gesellschafter und Gaste im Restaurant «Urania» zum ersten, damals noch bescheiden als «Gansessen » be- zeichneten Mahl. Dieses erste Martinimahl war ein verheissungsvoller und würdiger Anfang des- sen, was im späteren Zunftleben zu dem neben dem Sechseläuten feierlichsten Anlass im Zunft- jahr werden sollte.

Die Zunft nimmt Gestalt an

Neben den monatlichen Botts für die Gesellschaf- ter galt es nun für den Vorstand, die für eine Zunft Der Zunftmeister Anton Steiner geniesst am Gründungsfest vom Gründung erforderlichen Aufgaben konkret an die 2. Oktober 1976 den Ehrentrunk aus den Händen des Götti- Zunftmeisters von St. Niklaus, Dr. Willi Schubiger. Hand zu nehmen. Eine Reihe von Arbeitsgruppen setzte sich daran: Zunftsatzungen, Zunftname, Zunftwappen, Zunft- und Kinderkostümierung, Reitergruppe und Uniformierung der Reiter, Fami- Statuten genehmigt und einstimmig die «Vorberei- lienwappen der Zünfter, Zunftmusik, Wahlspruch, tende Gesellschaft zur Gründung einer Zunft im Erinnerungsmedaille, Zunftwagen, Zunftlokal und Kreis 12» ins Leben gerufen. Zunftwein mussten gesucht, erarbeitet und gefun- den werden. Mit grosser Hingabe widmete sich Die Wahlen ergaben folgendes: Anton Steiner die Vorsteherschaft diesen Fragen. Ein Arbeits- wurde zum Präsidenten der Vorbereitenden Ge- geist und ein Idealismus entwickelten sich, die so sellschaft gewählt; weitere Vorstandsmitglieder ansteckend waren, dass sie immer weitere Kreise wurden die Herren Peter Marti (Vizepräsident), zogen und so zum besten Werbeträger für neue Paul Hächler (Kassier), Xaver Stadler (Sekretär), Mitglieder wurden. Auf dem Höhepunkt der Vorbe- Ernst Büchi (Aktuar), Paul Keller (1. Beisitzer), reitenden Gesellschaft umfasste diese 90 Mitglie- Walter Signer (2. Beisitzer und Verbindungsmann der. zu den Zünften). In 18 Sitzungen zwischen August 1973 und April Es wurde beschlossen, ab 3. September 1973 1975 erledigte der Vorstand die immense Arbeit jeweils am ersten Montag eines Monats ein Bott zur Gründung einer Zunft. Ein Glücksfall war es, (Gesellschafterversammlung) durchzuführen, an dass Hans Wetter, Sekretär und rechte Hand des welchem der Präsident die Gesellschafter über Direktors des Schweizerischen Landesmuseums, den Stand der Arbeiten orientierte; nach Möglich- zu den Zunftinteressenten gestossen war. Mit keit sollten die Botts durch einen Kurzvortrag be- seinem Fundus an Wissen um historische Zu- reichert werden. sammenhange und mit seinen klugen Ratschlä- gen wurde er bald ein geachteter und geschätzter Für die monatlichen Botts wurde ein ansprechen- Berater der Vorsteherschaft. Häufig stellte er sei- des Programm vorbereitet, das Kurzvortrage, ne Zeit dem Präsidenten, einzelnen Vorstands- insbesondere aus den Reihen der Gesellschafter, mitgliedern oder der Vorsteherschaft gesamthaft vorsah. Die Vorträge fanden allgemein guten An-

Seite 6 von 33 zur Verfügung, wenn es darum ging, in Kostüm- bestärkt -, dass die neue Zunft nicht einen Quar- und Uniformfragen, bei der Wappensuche und bei tiernamen tragen, sondern dem Beispiel der Zünf- te St. Niklaus und Drei Königen folgend, einen anderen, mit dem Quartier verbundenen historisch bedeutsamen Namen wählen sollte. Mannigfache Vorschläge gingen ein. Sie reichten von «Zunft in der Hub», «Zunft Probstei», «Zunft zum Drei- spitz», «Zunft am Glattbogen», «Zunft zum Bockler», «Zunft zum », «Zunft zum Hirschen», «Zunft zur Ziegelhütte», «Zunft zum Kilchklop », «Zunft zur Herzogenmühle», «Zunft zum Pichol», «Zunft zur Felwer» bis zur «Rät- schen-Zunft».

Am ausserordentlichen Bott der Vorbereitenden Gesellschaft vom 6. August 1974 wurde die Frage der Namensgebung lange diskutiert. Schliesslich erhielt der Name «Zunft von der Glatt» eine klare Mehrheit. Mit dieser Namensgebung wurde sinn- voll zum Ausdruck gebracht, dass die zu grün- Das Zunftlokal im Quartier, der Gasthof «Hirschen» in Schwa- dende Zunft ihren Schwerpunkt im Gebiet der mendingen, erbaut im Jahre 1638 und renoviert in den Jahren Glatt, also in Schwamendingen und Umgebung, 1930, 1962 und 1975. haben sollte.

Mit Stolz wurde der Name «von der Glatt» schon der Fahnenbeschaffung tätig zu werden. Nicht in allen Korrespondenzen und Protokollen aufge- selten empfing er die Vorsteherschaft oder Teile führt. Er hatte die Zustimmung nicht nur der Ge- davon im Landesmuseum, wo ihnen auch der sellschafter gefunden, die in Schwamendingen damalige Direktor des Landesmuseums, Dr. Hugo wohnten, sondern auch derjenigen, die ihren Schneider, selbst ehemaliger Zunftmeister der Wohnsitz ausserhalb hatten. Er wirkte bald wie Zunft Oberstrass, beratend zur Seite stand. Die ein einigendes Band - man war der Zunft Grün- beratende Tätigkeit von Hans Wetter zeigte sich dung einen Schritt näher gekommen. bald auch an den monatlichen Botts, wo seine Stimme als Ratgeber der Vorsteherschaft und der Bereits am 24. Juni 1974 konnte die Satzungs- Vorbereitenden Gesellschaft insgesamt gerne kommission ihren Entwurf dem Vorstand vorle- gehört wurde. So war es eine Selbstverständlich- gen, der ihn bereinigte und anschliessend den keit, dass bei der Wohnsitzverlegung von Walter Mitgliedern der Vorbereitenden Gesellschaft so- Signer in das Tessin und seinem damit verbunde- wie dem Präsidenten des ZZZ zur Stellungnahme nen Ausscheiden aus dem Vorstand dieser Hans verschickte. Der Präsident des ZZZ regte einige Wetter am 25. Februar 1974 statutengemäss für Änderungen zum Satzungsentwurf an; aus den den Rest der Amtsdauer zu seinem Mitglied wähl- Reihen der Mitglieder der Vorbereitenden Gesell- te. Er erhielt den Posten eines zweiten Beisitzers schaft ging ein einziger Abänderungsantrag ein. mit der Aufgabe eines Obmanns für die Gestal- tung der Zunft. Am 2. September 1974 erfolgte an einem ausser- ordentlichen Bott in Anwesenheit von 52 Gesell- Am gleichen Tag wurde durch den Vorstand eine schaftern die einstimmige Genehmigung der künf- Kommission für Wappen, Fahnen und Kostüme, tigen Zunftsatzungen. Als Besonderheit wurde in bestehend aus den Vorstandsmitgliedern Ernst den Satzungen vorgesehen, dass neben den or- Büchi, Peter Marti und Hans Wetter, sowie eine dentlichen Vorsteherschaftsmitgliedern jährlich im Kommission für die zu schaffenden Zunftstatuten, Turnus 2 Beisitzer aus den Reihen der Zünfter mit bestehend aus den Herren Paul Hächler, Dr. Er- Stimmrecht in die Vorsteherschaft gewählt werden win Kunz und Rico Pedretti, ins Leben gerufen. sollen, eine Institution, die bis heute bewahrt wur- Diese beiden Kommissionen arbeiteten mit Elan de und die viel zum Interesse der Zünfter an der an ihren Aufgaben. gemeinsamen Arbeit beigetragen hat.

Im Vorstand und bei den Mitgliedern war die Su- Bei der Suche nach einem Zunftwappen war bald che nach einem geeigneten Zunftnamen angelau- klar, dass die Pflugschar darin ihren Platz haben fen. Es herrschte mehrheitlich die Meinung vor - würde. Denn soweit die Schwamendinger Wap- und darin wurden die Mitglieder der Vorbereiten- pen zurückverfolgt werden konnten, war immer den Gesellschaft auch vom Präsidenten des ZZZ die Pflugschar, Hinweis auf die Haupttätigkeit der

Seite 7 von 33 Schwamendinger Bauern, darin vertreten: Das des Wappens mit dem Zunftnamen «von der heutige Schwamendinger Quartierwappen zeigt Glatt» noch mehr zu betonen, schlug die Wap- denn auch in Rot eine gestürzte silberne Pflug- penkommission des ZZZ vor, den Wellenpfahl schar und im (heraldisch) linken Obereck ein sil- vorn in den Schild zu setzen, also heraldisch bernes Tatzenkreuz (als Symbol für die ehemalige rechts (was dem gewöhnlichen Links entspricht). Zinspflicht der Schwamendinger beim Gross- Der Vorschlag der Wappenkommission wurde von münsterstift). Bei der Wahl des Zunftwappens der Vorbereitenden Gesellschaft positiv aufge- diente das Dorfwappen, wie es im Lexikon von nommen, und das Wappen wurde dementspre- Meiss und im Pfründenbuch 1743 der Stadt Zurich chend gestaltet: In Blau ein nach rechts versetzter aufgeführt ist, als Ausgangspunkt. Es zeigt in Blau silberner Wellenpfahl und eine silberne Pflug- auf grünem Dreiberg eine gestürzte silberne schar. Pflugschar. Für das Zunftwappen wurde der grüne Dreiberg weggelassen, dafür aber die Anlehnung Auch die Kostüm- und Uniformenwahl zeigt die an den Namen «von der Glatt» durch die Beifü- Handschrift Hans Wetters. Mit Hilfe von Kosttim- gung eines Wellenpfahls hervorgehoben. Am 19. spezialisten des Landesmuseums gelang es ihm, Juli 1974 wurde das Wappen dem Präsidenten für Zünfter und Reiter Kostüme bzw. Uniformen zu des ZZZ zur Begutachtung und Genehmigung finden, die einerseits einen historischen Bezug zur durch die Wappenkommission des ZZZ unterbrei- Zürcher Landschaft bzw. zur Zürcher Kavallerie tet: Mit Schreiben vom 14. November 1974 nahm herstellen und anderseits eine Bereicherung des die Wappenkommission in einem Kurzgutachten Sechseläutenumzuges ergeben. Im Laufe des Sommers 1974 entschied sich der Vorstand der Vorbereitenden Gesellschaft, den zukünftigen Zünftern als Zunftkostüm die Sonntagstracht der Bauern der Zürcher Landschaft aus der Mitte des 18. Jahrhunderts vorzuschlagen. Der Vorschlag lehnte sich in einigen Kostümlinien an Darstellun- gen des Trachtenzeichners und -malers Herrliber- ger an. Für die geplante Reitergruppe sah man die Kavallerieuniform der Zürcher Milizen aus der Zeit um die Mitte des 19. Jahrhunderts vor.

Anlässlich des ersten Gansessens vom 11.November 1974 stellte sich der angehende Jungzünfter Toni Steiner im vorgesehenen Kos- tüm den versammelten Mitgliedern der Vorberei- tenden Gesellschaft vor. Seine Braut und spätere Gattin, Fräulein Gertrud Blöchlinger, hatte in lan- ger und sorgfaltiger Arbeit das Kostüm nach Vor- lagen aus dem Landesmuseum entworfen und für ihren Zukünftigen mit grosser Hingabe geschnei- dert. Dem «spiritus rector» des Kostüms, Hans Wetter, wie auch der stets fröhlichen und unkom- plizierten Gertrud Blöchlinger galt der spontane Applaus der Gesellschafter.

Nach jenem Prototyp eines Zunftkostüms wurden Der Zunftmeisterstuhl, ein Geschenk aus dem seither die Kostüme aller Zünfter angefertigt. Frau Erlös des Betriebs der Zunftstube am Schwa- Steiner- Blöchlinger ist Über all die Jahre ihrer mendinger Fest 1976 Aufgabe treu geblieben und hat nicht nur die Her- stellung der Kostüme betreut. Sie ist auch in zum vorgelegten Wappen Stellung. Sie fand, die selbstverständlicher Weise immer wieder einge- getroffene Wappenwahl entspreche den heraldi- sprungen, wenn es galt, Änderungen an den Kos- schen Regeln, das Schildbild beschranke sich tümen vorzunehmen und den Zünftern in Kostüm- klugerweise auf das Wesentliche, die Farbwahl fragen beratend zur Seite zu stehen. Daneben (Blau und Silber) verhelfe dem Wappen zu einer stellt sie die Kinderkostüme her und misst sie wohltuenden Klarheit und die Anlehnung an das jedes Jahr neu an. Ein Sechseläutenumzug ohne altere Dorfwappen sei glücklich erfolgt. Es fasste die helfende Hand von Frau Steiner-Blöchlinger seine Stellungnahme wie folgt zusammen: «Die wäre fast nicht mehr denkbar. Wappenkommission findet den Entwurf gut ge- glückt und schon.» Lediglich um die Verbindung

Seite 8 von 33 Um sicherzustellen, dass beim ersten Sechseläu- zweites Zunftlokal sicherstellen konnte. Als Vorbe- ten jeder Zünfter kostümiert bzw. uniformiert am reitende Gesellschaft und später als Zunft fühlten Fest teilnehmen würde, wurde die Kostümpflicht wir uns im «Urania» gut aufgehoben, bis uns der am 7. April 1975 im Satzungsentwurf der Zunft Zunftwirt Ende 1976 mitteilte, er gebe das Lokal verankert. per 1. April 1977 auf. Die Hauseigentümer des Restaurants «Urania» vermochten daraufhin kei- Am 7. Mai 1973 hatte die erste Orientierungsver- ne Garantie abzugeben, dass die Zunft am Sech- sammlung im kleinen Saal des «Hirschen», dem seläuten 1977 den Saal benützen könne. So kam traditionellen Gasthof im Zentrum Schwamendin- es zur Suche nach einem neuen Zunftsaal. Das gens, stattgefunden. Das stete Anwachsen der Glück war uns hold: Im Restaurant «Du Pont» Zahl der Gesellschafter sprengte bald diesen wurden wir vom Pächter, Jakob Laager, mit offe- Rahmen, so dass ab 1. April 1974 bis 23. Februar nen Armen empfangen und fühlten uns sofort 1975 die Botts im Restaurant «Hirzenbach» statt- wohl in seinem Lokal. Seit jener Zeit ist es Traditi- finden mussten. Während dieser Zeit wurde der on geworden, das Hauptbott, das Sechseläuten grosse Hirschensaal durch die Stadt Zürich als und das Martinimahl im «Du Pont» durchzuführen. Gebäudeeigentümerin renoviert. Die Kontakte zu den für den Umbau Verantwortlichen der Stadt Zu den Zunftutensilien gehört eine Zunftlaterne. Zürich waren erfreulich: Sie nahmen, soweit sich Der Gesellschafter Ueli Kleboth, ein geschickter dies mit ihrer Planung vereinbaren liess, auf die und erfindungsreicher Maschinentechniker, unter- Bedürfnisse der künftigen Zunft Rücksicht. Der breitete nach einem Entwurf von Hans Wetter der Saal erhielt eine gediegene, farbige Kassettende- Vorsteherschaft und am 28. Januar 1975 dem cke, die viel Atmosphäre schafft und als künftige ausserordentlichen Bott der Vorbereitenden Ge- Zunftstube wie geschaffen schien. sellschaft einen Vorschlag, der dann schliesslich zur Ausführung gelangte. Es entstand eine form- Ab Ende März 1975 wurden die Monatsbotts dann schöne, robuste Laterne, deren Beschaffung für wieder wie zu Beginn im nun erneuerten Zunftsaal die (angehenden) Zünfter freiwillig erklärt wurde. des Gasthofes «Hirschen» durchgeführt. Der Hir- Sie gefiel aber allgemein so gut, dass die meisten schenwirt, Walter Tobler, gehörte auch zu den Zünfter sie erwarben und während des Jahres bei Zunftinteressenten, wurde Mitglied der Vorberei- sich zu Hause in einem Wohnraum als Schmuck- tenden Gesellschaft und später Zünfter. Unter stück aufstellen. Am Sechseläuten bringt der seiner und seiner Gattin Führung wurde der neue Zünfter seine Laterne zum Schmuck des Zunft- Saal zur Zunftstube, in der sich die Mitglieder der saales mit, und am Abend begleitet sie ihn auf Vorbereitenden Gesellschaft und später der Zunft dem Auszug zu anderen Zünften. bald heimisch fühlten. Eine Reitergruppe, der Stolz jeder Zunft, hatte Für das Sechseläuten ist ein Zunftsaal in der In- sich schon früh während der Anfangsarbeiten der nenstadt von grossem Vorteil, gilt es doch. bei Vorbereitenden Gesellschaft zu bilden begonnen. Einige reitbegeisterte und reiterfahrene Gesell- schafter fanden sich bald zusammen und trainier- ten regelmässig. Die Gruppe wuchs zur Freude aller stetig. Sie zählte anfangs 1975, als es kon- kret an die Gründung der Zunft ging, sechs Reiter. Während der Vorbereitenden Gesellschaft wurde sie von Heinz Winteler geführt, der nach der Zunftgründung die Leitung der Gruppe seinem Reiterkameraden Heinz Hugentobler übertrug. Die Reitergruppe ist in der Zwischenzeit auf den stol- zen Bestand von zwölf Reitern angewachsen. Ein sorgfältig geplantes Wachstum und eine enge

Verbundenheit der Reiter untereinander haben Die für das Sechseläuten festlich geschmückte Zunftstube im diese Gruppe zu einer markanten und nicht mehr Restaurant «Du Pont». wegzudenkenden Einrichtung innerhalb der Zunft gemacht. den nächtlichen Besuchen der Zünfte «bei den Mittlerweilen war es Herbst 1974 geworden. Die Leuten» zu sein. Es war ein grosser Glücksfall, Satzungen der künftigen Zunft waren beschlos- dass die Zunft Hard, die ihren Zunftsaal bislang im sen, ein Zunftname gefunden und ein Zunftwap- Restaurant «Urania» hatte, anfangs 1974 ihr ei- pen kreiert. Auch die übrigen Vorbereitungsarbei- genes Zunftlokal im Werdgut bezog, so dass die ten waren unter der zielstrebigen Führung von Vorbereitende Gesellschaft den «Urania»-Saal als Anton Steiner so weit gediehen, dass man sich

Seite 9 von 33 mit dem Gedanken an den Gründungsschritt be- lich nur ein kleiner Weiler innerhalb der grossen fassen und sich an die Suche nach einer Götti- Gemeinde Schwamendingen. Es darf daher - zunft wagen konnte. heute von unserer zünftigen Warte aus gesehen - als Kuriosum angesehen werden, wenn nun der frühere «Kleine» und von der «Grossen» Ab- stammende der «Grossen» die Hand zum Paten- gruss anbieten darf. Wir sind uns daher unserer Patenschaftsverpflichtung und der uns als Götti- Zunft zukommenden Ehre besonders bewusst. Gezeichnet war das Schreiben der Zunft St. Nik- laus durch deren Zunftmeister, Dr. Willi Schubi- ger, und durch den 1. Zunftschreiber, Notar Hein- rich Weber.

Die Unterstützung, welche die Schwamendinger seit den Anfängen der Gründungsbestrebungen

Eine Kinderdelegation berichtet am Sechseläuten van ihrem Besuch bei einer befreundeten Zunft.

Was lag näher, als die benachbarte Zunft St. Nik- laus, mit der seit den ersten Tagen der Grün- dungsbestrebungen freundschaftliche Bande be- standen, um diesen Freundschaftsdienst zu ersu- chen? In der Vorstandssitzung der Vorbereiten- den Gesellschaft vom 16. September 1974 wurde beschlossen, die Zunft St. Niklaus um die Paten- schaft beim Eintritt in den Verband der Zünfte Zürichs zu bitten. Mit Brief vom 3. Oktober 1974 wurde dieses Begehren an die Vorsteherschaft der Zunft St. Niklaus herangetragen. Spontan erfolgte die Zusage der St. Niklauser und mit Schreiben vom 11.November wurde die Über- nahme der Patenschaft bestätigt. Der Brief der St. Niklauser war getragen von freundschaftlichen Gefühlen und vom Stolz, der ersten Zunftgrün- Der Zunftmeisterbecher, ein Geschenk dung seit 1934 zu Gevatter stehen zu dürfen. eines Gründungszünfters

Es seien hier einige der denkwürdigen Kernsätze aus dem Zusageschreiben der Zunft St. Niklaus durch die Zunft St. Niklaus stets erfahren hatte, zitiert: wurde durch diese Patenschaft zur Freundschaft vertieft. Die Schwamendinger haben diesen Akt Wir mochten Ihnen damit unsere besondere des Zusammenstehens «ennet dem Milchbuck» Freude kund tun darüber, dass durch diese Grün- nicht vergessen und fühlen sich der Zunft St. Nik- dung gleichgesinnte, zünftige neue Freunde und laus seither umso enger verbunden. Persönliche Kameraden hier in «unserer Stadt ennet dem Kontakte, gegenseitige Besuche, Einladungen bei Milchbuck» gegenseitig gewonnen werden. In der Jubiläen und der jährliche Besuch einer Schwa- heutigen Zeit ist dies von besonderer Bedeutung. mendinger Kinderdelegation zum Mittagessen der Möge damit ein wichtiges «Bollwerk» zum Wohl St. Niklauser am Sechseläuten sind bis heute und Gedeihen unserer Stadt Zürich und des zür- sichtbarer Ausdruck dieser Verbundenheit geblie- cherischen Zunftwesens entstehen! ben.

Auf die Geschichte der früheren Glattal- Am 28. Oktober 1974 beschloss der Vorstand der Gemeinden Schwamendingen und Oerlikon zu- Vorbereitenden Gesellschaft, dem Zentralkomitee rückblickend, war bekannt/ ich Oerlikon ursprüng- der Zünfte Zürichs (ZZZ) das Gesuch um Auf-

Seite 10 von 33 nahme in den Verband der Zünfte Zürichs zu stel- des Verbandes der Zünfte Zürichs gingen bis zum len. 31. Dezember insgesamt 20 positive Stellung- nahmen ein. Vier Zünfte baten um weitere Infor- mationen.

Nach Einreichung des Aufnahmegesuches beim ZZZ galt es, die für den Gründungsakt erforderli- chen letzten Arbeiten zügig an die Hand zu neh- men. Der Vorstand setzte Mitte Dezember 1974 eine Frist bis zum 3L Januar 1975 für die Gesell- schafter zur endgültigen Anmeldung für die zu- künftige Zunft. Nun galt es für die einzelnen Ge- sellschafter, ja oder nein zu sagen zur Teilnahme in der künftigen Zunft.

Auf den 27. Januar 1975 wurde ein ausserordent- liches Bott einberufen, welches über die Modalitä- ten der Zunftgründung Beschluss fassen sollte.

Von diesem Punkt an fanden einige Mitglieder sowie ein Vorstandsmitglied der Vorbereitenden Gesellschaft plötzlich, das eingeschlagene Tempo der Zunftgründung sei zu schnell. Insbesondere schien es ihnen aber darum zu gehen, im Rah- men der Zunftgründung eine neue Vorsteher- schaft zu wählen, die mit dem bisherigen Vor- stand der Vorbereitenden Gesellschaft nicht iden- tisch sein sollte. In einem Rundschreiben vom 21. Januar 1975 an alle Mitglieder der Vorbereitenden Gesellschaft brachten fünfzehn Gesellschafter ihre Befürchtungen zum Ausdruck: Nach einer kurzen Einleitung, in der sie die Gründung als überstürzt bezeichneten, kamen sie zur Sache und verlangten den gesamthaften Rücktritt des bisherigen Vorstandes der Vorbereitenden Ge- Der Zunftmeister Anton Steiner bei der Sechseläutenrede sellschaft und generelle Neuwahlen für die Zunft- chargen. Sodann beklagten sie. der bisherige Vorstand habe in finanziellen Belangen überbor- det und warfen ihm «Prunk und Verschwendung»

vor, ohne den Vorwurf aber konkret zu belegen. Am 11. November 1974 ging das Gesuch mit den

Entwürfen der Zunftsatzungen, des Wappens, der Dass mit der Zunftgründung für die einzelnen Kostümierung und der Uniformierung an den Prä- Zünfter etliche Kosten erwachsen wurden, war für sidenten des ZZZ, Walter von Orelli. Bereits am die meisten Mitglieder der Vorbereitenden Gesell- 17. November bestätigte er den Eingang des Ge- schaft keine Frage. Klar war allen, dass die An- suches und teilte mit, dass er an der Delegierten- schaffung eines Kostüms sicher nicht gratis sein versammlung des ZZZ vom 19. November die konnte. In Kenntnis dieser Kosten hatte die über- Delegierten über das Gesuch orientieren und wiegende Mehrheit der Gesellschafter eine ent- ihnen die eingereichten Unterlagen aushändigen sprechende Kosttimpflicht in den Entwurf der werde. Zunftsatzungen aufgenommen. Die Vorsteher-

schaft hatte im Laufe der Gründungsjahre seit Die Delegierten der Zünfte im ZZZ wurden an der 1973 ebenfalls wiederholt auf die entstehenden Versammlung vom 19. November ersucht, dem Kosten hingewiesen. Die späte Opposition der Vorstand des ZZZ bis 31. Dezember 1974 die Briefeschreiber erschien daher nicht verständlich. Stellungnahme der einzelnen Zünfte zum Auf- nahmegesuch mitzuteilen. Von den 24 Mitgliedern

Seite 11 von 33 Am ausserordentlichen Bott der Vorbereitenden Gesellschaft vom 27. Januar 1975 wurde bei 71 anwesenden Gesellschaftern gesamthaft mit ei- nem Mehr von 43 Stimmen ohne Gegenstimme beschlossen, am Termin des 31. Januar für die Einreichung der Anmeldung für die Mitgliedschaft in der künftigen Zunft festzuhalten, die Anmeldun- gen durch eine Kommission überprüfen zu lassen und den Gründungsakt im April durchzuführen.

Offenbar hatten sich die internen Opponenten nicht gescheut, ihre Bedenken über die Zunft- gründung auch nach aussen zu tragen. So kamen sie unter anderem dem Präsidenten des ZZZ zu Ohren, der sich dadurch indessen nicht beirren liess und in einem Schreiben vom 12. Februar 1975 festhielt:

Es dürfte bekannt sein und wurde mir von den Der Ehrengast im Jahre 1984, Regierungsrat Jakob Stucki, emp- Initianten auch nicht verschwiegen, dass in fängt den Ehrentrunk aus den Handen des Zunftmeisters Anton Schwamendingen gewisse Kreise gegen die Steiner. Zunftgründungs-Vorbereitungsart, auch hinsicht- lich zu übernehmender finanzieller Verpflichtun- gen, opponieren. Ich betrachte dies als Schwa- dass man nicht als «Vorbereitende Gesellschaft», mendinger «Internum», in das wir uns nur bedingt sondern nur als gegründete Zunft am Zug zum einzumischen haben. Feuer teilnehmen wollte.

Nachdem der Zunftgründung nun nichts mehr im Wege stand, schritt der Vorstand zu den letzten Die Gründung der Zunft Schwamendingen Vorbereitungen. Diejenigen Mitglieder der Vorbe- reitenden Gesellschaft, die sich für die Zunft an- Nachdem sich bis Ende Dezember 1974 bereits gemeldet hatten, wurden auf den 7. April 1975 zu zwanzig Zünfte (einschliesslich Constaffel) positiv einem ausserordentlichen Bott eingeladen. An zur Gründung einer Zunft in Schwamendingen diesem Bott wurden die Satzungen der zu grün- ausgesprochen hatten, kam die Zunftgründung an denden Zunft bereinigt und - wie es die Zunftmeis- einer Zunftmeisterversammlung vom 14. März terversammlung gewünscht hatte - der Name im 1975 zur Sprache. Diese beschloss, der Göttizunft Satzungsentwurf in «Zunft Schwamendingen» St. Niklaus zu gestatten, die neu zu gründende abgeändert. Sodann wurde der Gründungsakt auf Zunft - noch vor deren Aufnahme in den Verband den 12. April 1975 angesetzt. der Zünfte Zürichs - am Sechseläuten 1975 ge- samthaft als Gast einzuladen. Weiter gab die Mit grosser Begeisterung sowie viel Eifer und Zunftmeisterversammlung ihrem Wunsch Aus- Liebe zur Sache wurde der Gründungsakt ge- druck, den Namen der zu gründenden Zunft vom plant. Pünktlich um 17.30 Uhr am 12. April 1975 vorgesehenen Namen «Zunft von der Glatt» in begann im Saal des Gasthofes «Hirschen» in «Zunft Schwamendingen» abzuändern. Schliess- Schwamendingen der Gründungsakt mit dem lich stellte die Zunftmeisterversammlung fest, Spiel der Zunftmusik, der Harmonie Schwamen- dass vor einer Aufnahme einer neuen Zunft diese dingen. erst einmal gegründet sein müsse. Nach einem kurzen Rückblick auf den Werdegang Der Beschluss der Zunftmeisterversammlung, den der Zunft forderte der Präsident der Vorbereiten- Schwamendingern die Teilnahme am Sechseläu- den Gesellschaft, Anton Steiner, die zukünftigen ten zu gestatten, löste beim Vorstand und den Zünfter auf, die Satzungen der Zunft Schwamen- Mitgliedern der Vorbereitenden Gesellschaft gros- dingen durch Handerheben zu genehmigen. Ein- se Freude aus. Der Hinweis der Zunftmeisterver- stimmig erfolgte die Annahme. Daraufhin erklärte sammlung, dass für die Aufnahme zuerst einmal er die Zunft als gegründet. die Gründung erfolgen müsse, wurde als Aufmun- terung zum Vorwartsmachen verstanden. Als Alsdann schlug Hans Wetter den verdienten Prä- dann tatsachlich die Einladung der Zunft St. Nik- sidenten der Vorbereitenden Gesellschaft, Anton laus zur Teilnahme am Sechseläuten eintraf, war Steiner, zum Zunftmeister vor. Die Wahl erfolgte für die Gründung Eile geboten, denn es war klar, einstimmig, ebenso die Wahl der übrigen Vorste-

Seite 12 von 33 her. Die Vorsteherschaft setzte sich wie folgt zu- vermeintlich zu senken, bei den Schwamendin- sammen: gern von keinem Erfolg gekrönt sein würden.

Zunftmeister: Anton Steiner Am 21. März 1975 erschien in der mit den Oppo- Statthalter: Hans Wetter nenten sympathisierenden Quartierzeitung «Die Zunftschreiber: Xaver Stadler Vorstadt» ein Artikel, in welchem die Zunftgrün- Säckelmeister: Paul Keller dung bzw. die Aufnahme der Zunft in den Ver- Stubenmeister: Paul Hächler band der Zürcher Zünfte in Frage gestellt wurde. Zeugherr: Edi Meier Weiter wandten sich zehn Opponenten, die sich Beisitzer: Leo Stocker, Heinz Winteler mittlerweile «lnteressengemeinschaft Zunft Schwamendingen» nannten, mit einem Schreiben Die neue Zunft zählte 52 Mitglieder. vom 3. April 1975 an den Präsidenten des ZZZ. Darin kritisierten sie die Bemühungen des Vor- Nach den Grussworten, die der Zunftmeister der standes der Vorbereitenden Gesellschaft um die Göttizunft St. Niklaus, Dr. Willi Schubiger, über- Gründung der Zunft, hielten den Vorstandsmit- brachte, wurde die Mitgliedschaft der einzelnen gliedern die Ausnützung geschäftlicher Verbin- Zünfter durch Obergabe des Abzeichens, des dungen vor und verstiegen sich zur Behauptung, Dreispitzes und der Satzungen bestätigt. der Vorstand betreibe «Machenschaften». Sach- lich, aber bestimmt trat der Zunftmeister in einem Der erste grosse Tag im Leben der neuen Zunft Schreiben vom 2. Mai 1975 an den Präsidenten war vorbei - grosse Freude herrschte bei den des ZZZ den Vorwürfen der Opponenten entge- Zünftern und bei der Göttizunft. gen.

Ein zweiter Höhepunkt im jungen Zunftleben war Das Schreiben und die Bemühungen der «Oppo- die Teilnahme am Sechseläuten vom 21. April sition» verfehlten ihre Wirkung nicht: Die Aufnah- 1975 als Gaste der Göttizunft St. Niklaus. Im Re- me der Zunft Schwamendingen in den Verband staurant «Urania» hielt die junge Zunft ihr erstes der Zünfte Zürichs wurde hinausgeschoben. Über Sechseläutenmahl. Voll überschäumender Freude die Aufnahme hatte ursprünglich an der Delegier- nahmen die Schwamendinger Zünfter - noch ge- tenversammlung des ZZZ vom 10. September kleidet in Schwarz mit Dreispitz und Zunftabzei- 1975 Beschluss gefasst werden sollen. Stattdes- chen - hinter der Göttizunft am Zug zum Feuer sen kam es zu weiteren Abklärungen: Einzelne teil. Jener Tag wird den Gründungszünftern wohl Zunftmeister trafen sich mit Vertretern der Oppo- unvergesslich bleiben. Er förderte das Band unter nenten, was von der Göttizunft St. Niklaus im ZZZ den Zünftern und vertiefte die Freundschaft zur prompt beanstandet wurde. Daraufhin schlug sich Zunft St. Niklaus. auch der Delegierte der Zunft zur Schmiden in die Bresche für die Schwamendinger und verlangte, Die Vorsteherschaft und die Zünfter waren sich dass an der nächsten Delegiertenversammlung bewusst, dass mit der Gründung der Zunft die über die Aufnahme abzustimmen sei. letzte Hürde nicht genommen war. Dazu gehörte noch die Aufnahme in den Verband der Zünfte In der Folge kam es am 25. September 1975 zu Zürichs. Vorsteherschaft und Zünfter empfanden einer Besprechung zwischen dem ZZZ- es als gutes Omen, dass der Constaffelherr, Prof. Präsidenten und Zunftmeister Anton Steiner. So- Dietrich Schwarz, den Schwamendingern kurz dann folgte am 30. Oktober 1975 eine Bespre- nach ihrer Gründung seine Gratulation übermittel- chung zwischen zwei Vertretern der Zunft te und seinem Wunsch und der Hoffnung Aus- Schwamendingen, zwei Vertretern der «Oppositi- druck gab, die Aufnahme in den Verband der on» und zwei Zunftmeistern bestehender Zünfte. Zünfte Zürichs werde bald erfolgen. Weitere Korrespondenzen zwischen der «Opposi- tion», die sich inzwischen in «Club Ziegelhütte» Am 2. Mai 1975 teilte der Zunftmeister Anton umbenannt hatte, und dem Zunftmeister der Zunft Steiner dem Präsidenten des ZZZ die Gründung Schwamendingen zeigten, dass der Gegensatz in der Zunft und die Namen der Vorsteher mit und jenem Zeitpunkt unüberbrückbar geworden war. stellte formell das Gesuch um Aufnahme in den Verband. Die Haltung des Präsidenten des ZZZ, Walter von Orelli, war wahrend des ganzen Aufnahmeverfah- Bald nach der Zunftmeisterversammlung vom 14. rens vorbildlich: Er befürwortete die Gründung März 1975 sahen die zunftinternen Opponenten, einer Zunft im Kreis 12 mit Oberzeugung. Er hatte dass ihre Anliegen, die Zunftgründung hinauszu- sich von den Anfängen der Gründungsbemühun- schieben, eine andere Zusammensetzung der gen an stets orientieren lassen, hatte Ratschlage Vorsteherschaft zu erzwingen und die Zunftkosten erteilt, Richtungen angezeigt und, wo nötig, auf mögliche Fehlentwicklungen hingewiesen. Von

Seite 13 von 33 Anfang an hatte er auch die Zunftmeister und die benachrichtigt, und in kürzester Zeit war praktisch ZZZ-Delegierten regelmassig orientiert. Als sich die ganze Zunft - gegen Mitternacht hin - in den die «Opposition» bei den Schwamendingern bil- «Drei Stuben» versammelt. Einzelne Zünfter, die dete, liess er sich von beiden Seiten umfassend sich bereits im Bett befunden hatten, vergassen in auf dem laufenden halten, ohne sich in seiner der Eile der Festfreude, sich umzuziehen und Haltung beirren zu lassen. Sein Urteil kommt kris- erschienen im Trainer oder Pyjama zur nächtli- tallklar in einem Schreiben vom 24. Juli 1975 zum chen Feier. Ausdruck: Bis in die frühen Morgenstunden dauerte das Am 21. März a. c. erschien im Quartierblatt von Fest. Die Zünfter, allen voran Zunftmeister Anton ennet dem Milchbuck, «Die Vorstadt», unter dem Steiner und die Vorsteher, empfanden diesen Tag Titel «Vorläufig keine Zunft» eine recht einseitige zu Recht als krönenden Abschluss ihrer jahrelan- und z. T mit Halbwahrheiten durchzogene Be- gen Bemühungen um die Zunftgründung. Die richterstattung über die Zunftmeisterversammlung Ereignisse in den letzten Monaten hatten es zeit- vom 14.3. 75 auf dem Rüden. Ich weiss nicht, wer weise als ungewiss erscheinen lassen, ob die Verfasser oder Einsender dieses Berichtes war, Zunft je in den Verband der Zünfte Zürichs aufge- betrachte es aber gelinde gesagt als skandalös, nommen würde. Die vereinten Kräfte und der gute dass immerhin vertrauliche Verhandlungen inner- Wille aller Zünfte, die Gradlinigkeit des ZZZ- halb einer Zunftmeisterversammlung überhaupt Präsidenten, des Constaffelherrn, der übrigen an die Öffentlichkeit gelangen. Damit war aber Zunftmeister und der ZZZ-Delegierten hatten auch mein Urteil über das Niveau der «Oppositi- schliesslich die Aufnahme Wirklichkeit werden on» gemacht. lassen.

Am 26. November 1975 kam es an der Delegier- Die Gründungsbemühungen waren von Erfolg tenversammlung des ZZZ zur lang ersehnten gekrönt das Ziel war erreicht. Es galt nun, das Behandlung des Aufnahmegesuches der Zunft Erreichte zu konsolidieren und in den kommenden Schwamendingen. Nach gewalteter Diskussion Jahren aus bescheidenen Anfängen die Zünfter beschlossen die Delegierten ohne Gegenstimme von Schwamendingen zu einer Einheit zusam- die Aufnahme der Zunft Schwamendingen in den menzuschweissen. Zunftmeister Steiner und sei- Verband der Zünfte Zürichs. ne Vorsteher waren sich dessen bewusst. Freudig und dankbar nahmen sie die Aufgabe auf sich, mit besten Kräften die Zunft in die Zukunft zu führen.

Rückblick auf die ersten 10 Jahre der Zunft Schwamendingen

Nach der Aufnahme der Zunft in den Verband der Zürcher Zünfte am 26. November 1975 waren der Rest des Jahres 1975 und die ersten Monate des Jahres 1976 voller hektischer Betriebsamkeit. Das Stolz führt die Reitergruppe der Zunft Schwamendingen den Ziel war, am Sechseläuten 1976 als vollwertige Zug zum Feuer an Zunft, also kostümiert und uniformiert, am Zug zum Feuer teilnehmen zu können. Das Unter- nehmen gelang: 48 Stunden vor dem Sechseläu- ten waren 49 Zünfter, davon sieben Reiter, sowie Der Aufnahmebeschluss der Delegiertenver- 12 Kinder eingekleidet. Am Vormittag des 26. sammlung löste bei den Schwamendingern Jubel April 1976 überbrachte die Göttizunft St. Niklaus aus. Der ZZZ Delegierte der Zunft St. Niklaus, Dr. im Zunftsaal des Gasthofes «Harschen» in Paul Vock, überbrachte der Schwamendinger Schwamendingen das Zunftbanner als Geschenk. Vorsteherschaft nach Schluss der Delegiertenver- Anschliessend wurde jedem Zünfter der Degen sammlung spät am Abend die frohe Kunde. Die und den berittenen Zünftern der Säbel überreicht. Vorsteherschaft hatte sich bei ihrem Mitvorsteher Erstmals wehte das Schwamendinger Zunftban- Heinz Winteler im Restaurant zu den «Drei Stu- ner durch die und das - ben» versammelt und wartete auf die Nachricht. quai zum Bellevueplatz. Als Dr. Vock mit hoch erhobenen Handen ins lokal trat und die freudige Nachricht überbrachte, kann- Das zweite Grossereignis für die Schwamendin- te die Festfreude keine Grenzen mehr. Sofort ger im Jahr 1976 war das Gründungsfest, das am wurden alle Zünfter telefonisch von dem Ereignis 2. Oktober 1976 im «Hotel International» in Oerli-

Seite 14 von 33 kon stattfand. Eine strahlende Freude verbreitete Der zweite freudige Paukenschlag des Jahres sich im grossen Saal des Hotels, als die Zünfter 1977 war die Fertigstellung des Zunftwagens. Die mit ihren Gattinnen eintraten. Der Constaffelherr, am 2. Dezember 1975, also unmittelbar nach der die Zunft-feister, der Präsident des ZZZ, die Ver- Aufnahme der Zunft in den Verband der Zünfte treter der Göttizunft St. Niklaus und ihre Gattinnen Zürichs, gebildete Wagenkommission, bestehend und viele weitere Ehrengäste aus Politik und Kul- aus den Zünftern Kurt Benz, Hans Hächler, Ulrich tur waren der Einladung ins «International» ge- Kleboth und Franz Seitz, hatte in aufopfernder Fronarbeit von mehr als 1000 Arbeitsstunden auf einen Tiefgangwagen eine Mühle mit Mühlrad gebaut und so die Herzogenmühle zur Darstellung gebracht, die vom 14. bis 19. Jahrhundert an der Glatt im Betrieb war. Für die Beschaffung des Materials fehlte es in der jungen Zunftkasse aller- dings an Geld. Spontan brachten die Zünfter auf Anfrage der Vorsteherschaft die notwendigen Geldmittel als Darlehen zusammen. Es war der Stolz jedes Zünfters, mit einem «Baustein» am Wagen beteiligt zu sein. Seit dem Sechseläuten 1977 ist die Herzogenmühle das Prunkstück im Zug der Schwamendinger Zünfter zum Feuer.

Im Herbst 1978 führte die Zunft erstmals einen Zunftball als Familienanlass durch. Im Saal des Restaurants «Guggach» feierten die Zünfter mit ihren Gattinnen, Söhnen, Töchtern, Schwieger- Die Zunftmusiker des Musikvereins Harmonie Schwamendin- söhnen und Tochtermännern ein schönes Fest, gen entlocken ihren Instrumenten die rassigen Klänge des Sechseläutenmarsches das seither im Zweijahresturnus wiederholt wurde. Auf diese Art will die Zunft Schwamendingen be- wusst die Familienbande innerhalb der Zunft stär- folgt, um den Eintritt der Schwamendinger ins ken und die Angehörigen der Zünfter am Zunftle- zünftige Leben von Zürich mitzufeiern und der ben interessieren. jungen Zunft die besten Wünsche mit ins Leben zu geben. Es war eine rauschende Ballnacht, die Gleich zwei Ereignisse machten das Martinimahl den Schwamendingern unauslöschlich in Erinne- 1978 zu einem Glanzereignis im Zunftleben. Zum rung bleiben wird. einen wurden erstmals Neuzünfter aufgenommen, gleich sechs an der Zahl, davon ein Sohn eines Am Schwamendinger Fest, das im September Gründungszünfters. Drei Jahre nach der Grün- 1976 aus Anlass des fünfjährigen Bestehens des dung 1975 schien es angezeigt, die Zahl der Zünf- Stadtkreises 12 gefeiert wurde, nahm auch die ter massvoll zu erhöhen und so eine Periode Zunft mit einem zur Zunftstube umgestalteten langsamen, aber steten Wachstums einzuleiten. Stand teil, in welchem Gäste und Interessenten Das zweite Ereignis war die Einweihung des festlich bewirtet wurden. Damit brachte die Zunft Wappenkastens im Zunftsaal des Gasthofes «Hir- augenfällig ihre Verbindung zum Quartier schen» und im Restaurant «Du Pont» in Anwe- Schwamendingen zum Ausdruck. Aus dem Fest- senheit der vollzähligen Wappenkommission des erlös wurde ein geschnitzter Zunftmeisterstuhl ZZZ. Seit dem Dezember 1976 hatte die zunftin- angeschafft. terne Wappenkommission, bestehend aus den Zünftern Dr. Werner Rechsteiner und Romeo Der Anfang des Jahres 1977 wurde für die Steiner, in mühevoller Kleinarbeit zusammen mit Schwamendinger mit einem besonderen und den einzelnen Zünftern deren Familienwappen freudigen Paukenschlag eröffnet: Das Neujahrs- eruiert und sie der Wappenkommission des ZZZ blatt Zürich 11/12, das jährlich vom Verein zur zur Genehmigung nach deren heraldischen und Förderung der Erwachsenenbildung Zürich 11/12 genealogischen Regeln unterbreitet. Am Martini- herausgegeben wird, war ganz der Zunft Schwa- mahl 1978 waren bereits 30 Wappen genehmigt, mendingen gewidmet. Der Zunftmeister, Anton ein Jahr später waren es deren 56. Die Schwa- Steiner, schrieb das Vorwort und der Statthalter, mendinger hatten alles daran gesetzt, um in Be- Hans Wetter, legte auf 16 Seiten der Öffentlichkeit zug auf die Führung der Wappen auf der Zunft einen kurzen Abriss über die Geschichte des nicht hinter den anderen Zünften zurückzustehen. Zunftwesens in Zürich und über die Gründung der Mit Stolz konnten sie vermerken, dass sie in die- Zunft Schwamendingen vor. sem Punkt sogar einige der älteren Zünfte über- holt hatte.

Seite 15 von 33 anderen Zünften vortrefflich, was ihnen rundum Auf das Sechseläuten 1979 wurde sodann zunft- Anerkennung und Wertschätzung eintrug. eigenes Tafelgeschirr angeschafft. Es wurde zum grössten Teil aus dem Geschirrfonds bezahlt, der Eine Zäsur entstand 1979 insofern, als auf die kurz nach der Gründung der Zunft geäufnet wor- ordentlichen Neuwahlen des Hauptbotts hin gleich den war. Es ist beim Zunftwirt im Restaurant «Du drei verdiente Gründungszünfter auf eine Wie- Pont» in Verwahrung und kommt bei den feierli- derwahl in die Vorsteherschaft verzichteten. Xaver chen Anlässen der Zunft auf den Tisch. Stadler (1. Zunftschreiber). Paul Keller (Säckel- meister) und Edi Meier (Zeugherr) traten ins Glied Am 17. September 1979 erliess die Vorsteher- zurück und machten neuen Kräften Platz. An ihrer schaft ein Reglement für die Kulturkommission, Stelle traten Ulrich Kleboth. Paul Müller und Heinz die seit der Gründungszeit existierte und aus dem Winteler in die Vorsteherschaft ein. Statthalter, Hans Wetter, sowie den Zünftern Dr. Adolf Steigrad und Alfred Christen bestanden Mit Elan machten sich die neuen Vorsteher an die hatte. Darin wurde ihre Stellung als beratendes Arbeit. Dabei musste auch das seit langem anste- Organ der Vorsteherschaft festgeschrieben und hende Problem der Zusammenführung der beiden als ihre Hauptaufgabe die Erarbeitung des jährli- seit der Gründung organisch gewachsenen Stu- chen Kulturprogramms für die Zunft (Vorträge, benmeister- und Säckelmeisterkassen, die einen Veranstaltungen usw.) bestimmte. Daneben hat klaren Überblick über die Zunftfinanzen eher er- die Kulturkommission die Aufgabe, der Vorsteher- schwert hatten, gelöst werden. Mit dieser Aufgabe schaft bei der Beschaffung von Inventargegens- wurde der neue Säckelmeister. Heinz Winteler, tänden. bei Geschenken und bei kulturellen Ver- von der Vorsteherschaft beauftragt. Mit der ihm anstaltungen im Quartier beratend zur Seite zu eigenen Zähigkeit und Tatkraft gelang ihm deren stehen. 1979 wurden die Zünfter Dr. Bruno Stei- Bewältigung auf Anhieb. Am Herbstbott des Jah- ner, Paul Ruetz und Dr. Hans Bernhard in die res 1979 konnte die Vorsteherschaft den Zünftern Kulturkommission gewählt. bereits den Antrag stellen, das seinerzeitige Dar- lehen der Zünfter für den Bau des Zunftwagens, Eine besondere Ehre für die junge Zunft Schwa- die so genannten «Bausteine», zurückzuzahlen. mendingen war es, dass ihre Reiterschaft bereits Mit überwältigendem Mehr wurde die Rückzah- im fünften Jahr ihres Bestehens den Sternritt der lung beschlossen. Es wurde dies allgemein als Zürcher Zünfte am 29. September 1979 organisie- gutes Zeichen für eine sorgfältige Haushaltfüh- ren durfte. Mit Bravour entledigte sich unsere rung der jungen Zunft gewertet. Reitergruppe dieser Aufgabe. Der Reiterchef, Heinz Hugentobler, und seine Reiter wählten die Seit 1973 werden jeweils am ersten Montag eines Monats im Zunftsaal des Gasthofes «Hirschen» Monatsbotts durchgeführt. Ganz besonders in Erinnerung bleiben wird in diesem Zusammen- hang der Vortragszyklus des Jahres 1980 über die Geschichte der Schweiz. Der junge Dr. Karl Stüber. Historiker am Landesmuseum, verstand es in meisterhafter Weise, den Zünftern einzelne Epochen der Schweizer Geschichte anschaulich und eindringlich zu präsentieren. So schilderte er unter anderem in der Uniform und der kriegeri- schen Ausdrucksweise eines Schweizer Söldners in ausländischen Diensten die Ursachen und Auswirkungen der Reisläuferei im 16. Jahr hun- dert. Oder er beschrieb in der Uniform des Zür- cher Divisionskommandanten Oberst Ziegler aus dem Sonderbundskrieg Ursachen, Verlauf und Auswirkungen der kriegerischen Ereignisse von

Die Tambouren des Tambourenvereins Näfels begeistern Zünf- 1847. Die Vorträge – oratorische Meisterleistun- ter und Zuschauer mit einem virtuos geschlagenen Trommelwir- gen – hinterliessen bei den Zünftern einen blei- bel benden Eindruck. Leider ist der junge Dr. Stüber bald darauf einem heimtückischen Leiden erle- gen. Er wird den Schwamendingern unvergesslich Pferdesportanlagen als Ziel des Sternritts bleiben. und bewirteten dort mit der Hilfe weiterer Zünfter und ihrer Gattinnen ihre Reiterkameraden aus den Das Jahr 1981 brachte den Rücktritt des verdien- ten Statthalters Hans Wetter. Im Zusammenhang

Seite 16 von 33 mit seiner Pensionierung und seinem geplanten Am Herbstbott des Jahres 1982 (4. Oktober) ga- Wegzug in seinen geliebten Jura gab er seine ben sich die Zünfter neue Satzungen. Bereits früh Aufgaben an die Zunft zurück und wurde mit Akk- nach der Zunftgründung hatte es sich nämlich lamation zum ersten Ehrenzünfter gewählt. Ge- gezeigt, dass die ersten Satzungen, die während wissermassen als Abschiedsgeschenk an die der Gründungszeit in aller Eile entworfen worden Zunft organisierte Hans Wetter vom 28. März bis 15. April 1981 in der Galerie «Tenne» in Schwa- mendingen eine Ausstellung über die Zunft, die im Quartier und darüber hinaus Beachtung fand. Der Dank der Zünfter begleitete Hans Wetter in den Jura. Er blieb der Zunft und ihren Anliegen weiter- hin aus der Ferne treu verbunden und sprang stets ein, wo sein Rat und seine Hilfe erbeten wurden. An seiner Stelle wurde Dr. Werner Rechsteiner. bisher 1. Zunftschreiber, zum Statt- halter gewählt. Neu trat Heinz Akermann in die Vorsteherschaft ein und übernahm das Amt des 2. Zunftschreibers (Protokollführers), nachdem der bisherige 2. Zunftschreiber, Paul Müller, zum 1. Zunftschreiber nachgerückt war.

Der Heroldstab, ein Geschenk dreier Zünfter

waren, einige Unstimmigkeiten aufwiesen oder wünschbare Punkte überhaupt nicht regelten. So war bereits 1977 eine Satzungskommission, be- stehend aus den Zünftern lic. iur. Erich Häfeli, Guido Hug, Ulrich Kleboth, Dr. Werner Rechstei- ner und Hans Wehrle ins Leben gerufen worden. Nach einer breiten Umfrage unter den Zünftern und nach den Erfahrungen mehrerer folgender Haupt- und Herbstbotts erarbeitete die Satzungs- kommission in 25 Sitzungen einen Entwurf. der schliesslich mit wenigen Abänderungen einstim- mig angenommen wurde. Im Laufe ihrer Arbeit war die Satzungskommission auch für verschie- dene andere Arbeiten. so für das Reglement der Kulturkommission und das Kleiderreglement bei- In gemessenem Schritt führt der Herold die Schwamen- gezogen worden.

Das Jahr 1982 brachte sodann eine Neuerung in Anlässlich der Feier zum zehnten Jahrestag der der Kostümierung: Da am Sechseläuten und an- Gründung des Stadtkreises 12, am Schwamen- deren feierlichen Anlässen während des Essens dinger Fest vom 4. bis 6. September 1981, war oder beim geselligen Zusammensein der Zunft- die Zunft wiederum mit einer Zunftstube vertreten. rock den meisten Zünftern zu beschwerlich oder Auch diesmal war die Beteiligung der Schwamen- zu warm war. wurde die Anschaffung von Gilets in dinger ein voller Erfolg und zeigte klar den Bezug bordeaux-roter Farbe beschlossen, die bei gesel- der Zunft zu ihren Wurzeln im Quartier. ligen Anlässen in der Zunftstube anstelle des Zunftrocks bzw., wenn die Zünfter nicht kostümiert sind, unter oder anstelle des Vestons getragen werden.

Seite 17 von 33 Paul Volk, sowie die Vorsteher der Zunft St. Nik- Erstmals 1982 raffte der Tod Lücken in die Reihen laus fanden sich mit ihren Gattinnen in Schwa- der Schwamendinger. Gleich dreimal musste die mendingen als Ehrengäste der Zunft ein, um zu- Zunft von lieb gewordenen Zünftern Abschied sammen mit den Schwamendinger Zünftern und nehmen, von Edi Meier. Paul Ruetz und Ulrich ihren Gattinnen den Nachmittag und Abend beim Kleboth. Alle hatten der Zunft ihr Bestes gegeben, Jubiläumsfest zu verbringen. Durch den soeben zwei davon auch als Mitglieder der Vorsteher- fertig gestellten Tramtunnel fuhr die Festgesell- schaft Die Zunft wird sich ihrer stets dankbar erin- schaft mit einer Tramkomposition der Verkehrsbe- nern. triebe Zürich an den Bürkliplatz. Dort bestieg sie das Schiff nach Herrliberg. wo sie in der Vogtei Im Jahr 1983 wurde die Zunft stolze Eigentümerin die Glückwünsche des Zunftmeisters der Götti- einer Waffensammlung, die im Zunftsaal des zunft, des ZZZ-Präsidenten und des Gemeinde- Gasthofes «Hirschen» ausgestellt ist. 5 Neuzünf- präsidenten von Herrliberg entgegennehmen durf- ter und 7 Guttäter aus den Reihen der Zünfter te. In bewegter Rede blickte Zunftmeister Anton hatten sich zusammengetan, um die Sammlung Steiner auf die Gründungsjahre und die zehn vom Zunftwirt und Mitzünfter Walter Tobler und Zunftjahre zurück und dankte allen, die der Zunft, seiner Gattin anlässlich seiner Geschäftsaufgabe der Vorsteherschaft und dem Zunftmeister wäh- zu erwerben. rend dieser stets treu zur Seite gestanden und bei der Aufbauarbeit mitgeholfen hatten. Spontan Grossen Stolz erfüllte die Zünfter. als am Sechse- erhoben sich Zünfter und Gäste und liessen mit läuten 1984 erstmals mehr als 50 Schwamendin- begeisterndem Applaus den Zunftmeister hochle- ger Kinder am Kinderumzug und am Zug zum ben. Feuer teilnahmen. Aus den bescheidenen Anfän- gen des Jahres 1975 war dank steter Aufbauar- Dann folgte eine rauschende Ballnacht als Auftakt beit der jeweils für den Kinderumzug verantwortli- ins zweite Jahrzehnt der Zunft Schwamendingen. chen Vorsteher, zunächst von Xaver Stadler und später von Dr. Werner Rechsteiner, die stattliche Zahl von 50 Kindern erreicht worden. Dabei galt bei den Schwamendingern von jeher die Regel. dass am Sechseläuten beim Zug zum Feuer nur mitmarschieren durfte, wer am Vortag am Kinder- umzug ebenfalls mit dabei war. Der Nachwuchs für die Zunft scheint gesichert!

Die Fahrt der Zünfter und ihrer Gattinnen am 25. August 1984 in den Weidlingen des Limmat-Clubs von Zürich nach Stilli war ein weiteres markantes Ereignis im Leben der Zunft. Die Fahrt durch ruhi- ge und schnellere Gewässer, das Überwinden von Schnellen und Sperren bei Wasserwerken, und die frohe Geselligkeit beim Mittag- und beim Nachtessen liessen den Tag für alle Teilnehmer zum Erlebnis werden.

Das Jubiläumsjahr 1985 wurde für alle, Zunftmeis- ter, Vorsteher und Zünfter, zum Jahr der Freude und des Festens. Bereits am Sechseläuten fand die erste Freudenfeier statt. In Erinnerung an den Gründungstag der Zunft, den 12. April 1975. an welchem in Brienz die Fünflinge Adrian, Barbara, Karin, Daniela und Beat Winterberger geboren worden waren, wurden diese mit ihren Eltern zum Sechseläuten nach Zürich eingeladen, wo sie mit ihrem Vater als Ehrengäste der Zunft am Zug zum Feuer teilnahmen. Gemeinsam mit den Winter- berger Fünflingen feierte die Zunft ihren 10. Ge- burtstag. Das eigentliche Jubiläumsfest fand am 24. August 1985 statt. Der Präsident und der Statthalter des ZZZ, Max Gmünder und Ruedi Flur, der Zunftmeister der Zunft St. Niklaus, Dr.

Seite 18 von 33 Zweiter Teil Pont», ein. Nachdem ihnen eine zarte weibliche Zunftleben Hand einen kleinen Blumenschmuck ans Revers geheftet hat, lassen sie sich den von den Stuben- gesellen bereit gehaltenen Willkommenstrunk Anlässe und Feste munden. Jeder Zünfter trinkt den kühlen, trocke- nen Weissen, der aus Zürcher Stizen ausge- Das Zunftleben spielt sich vornehmlich in den schenkt wird, aus seinem persönlichen, mit der Zunftlokalen, den so genannten Zunftstuben. ab. Gravur seines Namens versehenen Zinnbecher. Die Schwamendinger treffen sich zu ihren monat- Dieser ist mit den ebenfalls zinnernen Trinkkan- lichen Botts und zu anderen Anlässen – wie aus- nen formverwandt. In einer lockeren und fröhli- geführt – in dem im Quartier gelegenen behäbi- chen Atmosphäre werden feste männliche Hän- gen Gasthaus «Hirschen». Für festliche Anlässe dedrucke ausgetauscht, das Hallo der Begrüs- wie Sechseläuten, Martinimahl und Hauptbott sungen tönt durch den Raum, es klingen die finden sie sich seit 1976 in der Stube des Restau- Trinkgeschirre beim Anstossen, und immer wieder rants Du Pont» in der Zürcher Innenstadt ein. hört man ein herzliches: «Ich weusch Dir es Wahrzeichen sind in beiden Zunftstuben die in schöns Sächsilüüte!» Holz geschnitzten Wappenkästen mit den farben- prächtigen Familienwappen der einzelnen Gegen Mittag betreten die Zünfter die festlich Schwamendinger Zünfter. geschmückte Zunftstube und nehmen ihre Plätze an der reich gedeckten Tafel ein. Von zwei Zünf- tern in liebevoller Kleinarbeit gefertigte Wappen Sechseläuten der Zünfte Zürichs sowie der Wappenkasten mit den Familienwappen der einzelnen Zünfter zieren Das jedes Frühjahr stattfindende Sechseläuten die Wände. Die Tische sind in Hufeisenform an- stellt im Zunftleben das gesellschaftliche Ereignis geordnet, mit einer weiteren Tischreihe in der des Jahres dar. Sämtliche Zünfte Zürichs sowie Mitte der beiden Schenkel. Dem Anlass entspre- die Gesellschaft zur Constaffel, die sonst ein chend hat man die dreiarmigen zinnernen Kerzen- mehrheitlich in sich abgeschlossenes, eigen- leuchter hervorgeholt: zusammen mit dem kobalt- ständiges Leben führen, versammeln sich in ma- blau gerandeten und dem goldenen Zunftwappen lerischen alten Trachten und Kostümen im Herzen geprägten Porzellangedeck und den dazu pas- ihrer lieben Stadt. Gemeinsam vertreibt man die senden gleich verzierten Gläsern verleihen sie der bösen Geister des Winters und weckt die guten mit Blumenbouquets geschmückten Tafel ein und fruchtbringenden Kräfte des Frühlings. Das festliches Gepräge. Augenfällig markiert wird der Sechseläuten ist jedoch mehr als ein Fest der Platz des Zunftmeisters durch den hochlehnigen Zünfte und Zünfter – es ist ein richtiges Volksfest, Zunftmeisterstuhl und die ihn flankierende Stan- das die Einwohner und Besucher Zürichs immer darte und Zunftfahne sowie den auf dem Tisch in wieder von neuem in seinen Bann schlägt. gewichtiger Würde stehenden Zunftmeisterbe- cher. Dieser aussen silberne und innen vergoldete Das Sechseläuten allerdings, wie es sich in den Becher dient dem Zunftmeister zum Pokulieren Stuben der Zünfte abspielt, findet abgeschirmt bei offiziellen Gelegenheiten. (insbesondere gegen die neugierigen Augen von Zeitungsleuten und Fernsehkameras) statt und Unter den Klängen des Sechseläutenmarsches. bleibt den Zünftern und ihren Freunden, die als die von den an ihren Plätzen stehenden Zünftern Gäste oder Ehrengäste eingeladen werden, vor- alsbald mit rhythmischem Klatschen begleitet behalten. Es ist deshalb kein Wunder. wenn sich werden, beginnt das offizielle Sechseläuten. An- um dieses eifersüchtig gehütete Vorrecht allerlei geführt von der würdevollen Gestalt des mit einer Gerüchte ranken. beträchtlichen Leibesfülle gesegneten Zunftmeis- ters, dessen zünftige Ausstrahlung durch eine Als erste Vorboten des Sechseläutens flattern weisse Perücke und die Zunftmeisterkette auf der einige Wochen vor dem Fest die Einladungen in Brust eine geradezu idealtypische Vollendung die Briefkästen der Zünfter und Gäste. Der Stu- erfährt, betreten die Vorsteherschaft und die Eh- benmeister macht sich jeweils ein Vergnügen rengäste die Stube. Das Klatschen geht dabei daraus, dieselben in einem den kommenden Fes- jeweils von selbst in einen tosenden Applaus ü- tivitäten angepassten. würdigen Rahmen zu ges- ber. Nachdem die Eingetretenen Platz genommen talten. haben, waltet der Stubenmeister seines Amtes. Er greift zu der silbernen, ebenfalls mit dem Zunft- Am Sechseläuten selbst treffen die Zünfter in wappen versehenen Glocke, deren Klang von nun ihrem Kostüm und ihre Gäste im festlichen an für Ruhe sorgt, wenn er wichtige Mitteilungen schwarzen Anzug in aufgeräumter Stimmung in anzukündigen hat oder wenn es einmal etwas der Zunftstube der Innenstadt. im Restaurant «Du allzu hoch oder allzu laut hergeht. Als Zeichen

Seite 19 von 33 stossen. Jetzt erst hat das Sechseläuten richtig begonnen.

Das Mittagsmahl stellt ein kulinarisches Ereignis dar und zieht sich in fröhlicher Runde über mehre- re Gänge während mehr als zwei Stunden hin. Hie und da erfährt es eine willkommene Unterbre- chung durch in die Stube tretende Kinderdelegati- onen. Die kostümierten Mädchen und Knaben haben in Dreiergruppen andere Zünfte besucht, uni ihnen die besten Wünsche und schönsten Grüsse des Zunftmeisters und der Zunft Schwa- mendingen zu entbieten. Nun bringen sie die lau- Der Zunftmeister Anton Steiner, begleitet von den beiden nigen Sprüche und Antworten der Zunftmeister Ehrengästen Regierungsrat Jakob Stucki und Gemeinde- der heimgesuchten Zünfte zurück. Das Stim- präsident Edy Knecht von Regensdorf, am Sechseläuten mungsbarometer steigt sehr rasch an, laut tönen 1984. die immer wiederkehrenden Rufe nach den Schankburschen und dem von ihnen verwahrten kühlenden Nass. Dem Stubenmeister stellt sich seines schweren Amtes trägt der Stubenmeister die nicht immer leichte Aufgabe. die Lage im Griff den Stubenmeisterstab bei sich, ein wiederum mit zu behalten. dem Zunftwappen geprägtes Szepter. Wie jedes

Jahr eröffnet er mit einigen in der ihm eigenen Einen ersten Höhepunkt stellt allemal die eher würzigen Sprache selbst verfassten Reimen den besinnliche Rede des Zunftmeisters dar. Sie be- Reigen der Reden und Gegenreden. schlägt zumeist Themen der Politik auf Kantons-

oder Landesebene, oft verbunden mit einem his- Unterdessen haben die eilfertigen Schankbur- torischen Rückblick. Im Kern haben sie ein enga- schen alle Gläser bis zum Rande mit rotem Wein giertes Bekenntnis zu den überkommenen Werten gefüllt. Wie andere Zünfte auch führt die Zunft und der darauf gegründeten bürgerlichen Le- Schwamendingen ihren eigenen Zunftwein. Es bensweise und Denkart sowie einen Aufruf zu handelt sich um einen Schweizer Wein - das ge- deren offener und beherzter Vertretung zum In- hört sich so. Eine fachmännische Kommission hat halt. Die Rede des Zunftmeisters endet traditions- sich für einen bekömmlichen Fläscher der Bünd- gemäss im Hochleben-Lassen der lieben Stadt ner Herrschaft entschieden, der allgemein Aner- Zürich und ihrer Bürger. kennung findet. Mit dieser Wahl hat sich die Zunft

Schwamendingen ihren guten Tropfen dank des Mit Spannung erwartet wird sodann der «Clinch» Föhns auch in einem sonnenarmen Sommer ge- des Zunftmeisters mit seinen Ehrengästen. Das sichert, was wohl bei einem Zürcher Landwein Vorstellen der Ehrengäste geht nach einigen per- nicht immer der Fall wäre. Die Weinetikette stellt sönlichen Daten sowie einer Würdigung ihrer eine Truppenübungsszene des Jahres 1798 aus Leistungen und Verdienste schon bald in eine der Gegend Schwamendingens dar. Bereits exis- humoristische Auseinandersetzung über. Die Eh- tieren zwei Etiketten-Raritäten. Eine der ersten rengäste müssen zuhören, wie der Zunftmeister Etiketten trug noch den Namen «Zunft VON DER ihre Person verzerrt zur Darstellung bringt. Sie GLATT» aus der Gründungszeit. Sodann werden zugegebenermassen mit ironischen und schmückt die ursprünglichen Etiketten ein Wap- bissigen Kommentaren nicht gerade verschont. pen mit dem Wellenpfahl auf der heraldisch linken Allerdings haben sie Gelegenheit, ihre Schlagfer- Seite, was später auf Empfehlung der Wappen- tigkeit und geistige Beweglichkeit unter Beweis zu kommission des ZZZ geändert wurde. stellen und den Gastgeber und ihre Vorredner

mittels einer brillanten rhetorischen Retourkutsche Nachdem die letzten Lacher zur Ruhe gekommen zwei- und mehrfach zu beuteln. sind, begrüsst der Zunftmeister seine Zünfter und ihre Gäste mit gemessenen Worten. Vor allem Überhaupt ist das Sechseläuten das Fest der stellt er die zu seiner Rechten und Linken sitzen- zündenden und schlagfertigen Redner. Schon den Ehrengäste kurz vor, bei denen es sich um manches Rede-Duell hat sich als durchaus kaba- Honoratioren aus Politik, Wirtschaft, Wissen- rettreif erwiesen und mancher Ehrengast als wah- schaft, Militär oder Kultur handelt. Dann heisst er rer Lachschlager. Zünfter und Gäste pflegen sich frohgemut alle Anwesenden, die Trinkgeschirre zu über den dargebotenen freiwilligen (manchmal ergreifen. sich von ihren Sitzen zu erheben und auch unfreiwilligen) Humor lauthals zu amüsieren. nach einem ersten Trinkspruch, den er über die Ein gut geführter Schlag, eine glänzende Parade Tische schmettert, auf das zu feiernde Fest anzu-

Seite 20 von 33 ist leicht zu beantworten. Die Zünfte zum Weg- gen, zum Kämbel und zu Wiedikon eröffnen und beschliessen in jährlichem Turnus abwechs- lungsweise den Zug, während über die Reihenfol- ge der übrigen Zünfte das Los entscheidet.

Der innere Aufbau des Schwamendinger Zuges folgt – wie wohl derjenige der anderen Zünfte – strengen Regeln. Er wird von den Reitern. die gleichsam die Vorhut bilden, eröffnet. Ihnen folgen die Musik und eine Formation Tambouren. Ange- führt vom Banner und der Fahnenwache mar- schiert der Hauptharst, bestehend aus Zunftmeis-

Die Zunftmeisterkette, ein Geschenk von Zünftern.

ist ihres Beifalls. aber auch ihrer markigen Sprü- che jederzeit sicher.

Nach Rede und Gegenrede, zu deren Abschluss die Gäste und Zünfter einmal mehr hochleben Die Vorsteherschaft am Sechseläuten 1978, angeführt lassen, erhalten die Ehrengäste den Ehrentrunk vom damaligen Statthalter Hans Wetter. aus dem Zunftmeisterbecher. Es werden Ge- schenke und Komplimente ausgetauscht, die all- fällige Härten rasch vergessen lassen. Als «Bhal- ter, Vorstehern. Zünftern, Gästen und Schankbur- tis» erhält der Gast traditionsgemäss für sich schen. Den Abschluss bildet der Wagentross, zu selbst einige Flaschen Zunftwein und für seine dem der Zunftwagen und ein «Bregg» gehören. Gemahlin einige «Schwamendingerli», eine süsse Kreation aus der Backstube eines zünftigen An- Stolz ist die Zunft Schwamendingen auf ihre Rei- gehörigen der Bäckergilde. tergruppe, die sich aus den eigenen Reihen rekru- tiert und den Zug anführt. Mit ihr nimmt man auf Den Abschluss des Mittagsmahls und zugleich die eine überlieferte Einrichtung Bezug. Die alten Überleitung zum Umzug bilden ein Ständchen der Zünfte, die Zürich von 1336 bis 1798 regierten, Zunftmusik sowie die Trommelwirbel der Tam- trugen nicht nur die politische Verantwortung für boursöldner aus dem Glarnerland. Schon bald die Stadt, sondern auch diejenige für Wehr und drängt die Zeit zum Aufbruch. Waffen. So verfügte jede Zunft, entsprechend ihrer Mitgliederzahl, über eine kriegstüchtige Der Zug der Zünfte durch die Bahnhof-, über die Mannschaft, bestehend aus Infanterie und Kaval- Post- und Uraniastrasse zum und von lerie. –Die berittenen Mannen der Schwamendin- dort zum Feuer auf der Sechseläutenwiese stellt ger bieten in ihren Kavallerieuniformen der Zür- einen weiteren Höhepunkt jedes Sechseläutens cher Milizen, die genauestens nach dem Beklei- dar. Auf eindrückliche Art und Weise verbindet er dungsreglement vom 9. August 1837 (§§ 13ff) Umzüger und Zuschauer mit der Vergangenheit geschneidert wurden, einen prächtigen Anblick. der Stadt Zürich. Alle Jahre erfreut sich das die Historisch getreu fertigte man auch die Kopfbede- Strassen zahlreich säumende Publikum über den ckungen an; Schnallen sowie weiteres Zubehör spektakulären Anblick der Zünfter in ihren farben- wurden nachgegossen. Die Montur ist eine der prächtigen Kostümen aus vergangenen Jahrhun- schönsten, die das Zürcher Heer kannte. Sie be- derten. –Schon manch einer dürfte. sich bei die- steht aus einem schwarzen Helm mit Messing- ser Gelegenheit gefragt haben, nach welcher garnituren, geschupptem, unter das Kinn reichen- Ordnung der Festzug aufgebaut wird. Die Frage dem Messingband und einer schwarzen, vom

Seite 21 von 33 hinteren Helmende bis über die Stirnseite ragen- dete Musikverein Harmonie Schwamendingen den keulenförmigen Raupe: daher rührt der Name erklärte sich auf Anfrage spontan bereit, der Zunft Raupenhelm. Der Signaltrompeter ist durch eine musikalisch beizustehen. Erstmals begleiteten die rote Raupe gekennzeichnet. Die olivgrüne Uni- rund 45 Spielleute beiderlei Geschlechts die form, deren eng anliegender bis zur Hüfte rei- Schwamendinger Zünfter am Sechseläuten 1976. chender Rock in zwei Rockschürzen endet und wo sie mit ihren Darbietungen also gleich begeis- mit karminrotem Kragen und Rockschürzenein- terten Beifall ernteten. – Die Zunft und ihre Musik fassungen versehen ist, wird durch eine lange pflegen überhaupt ein gutes Einvernehmen. Ein Hose mit breiten, ebenfalls karminroten Streifen Grossteil der Zünfter findet sich unter den Pas- ergänzt. Das weisse Lederzeug besteht aus Gurt sivmitgliedern des Musikvereins, so dass man mit messingener Löwenkopfschnalle, Säbeltrag- sich oft an dessen Konzerten und Veranstaltun- und Patronentaschenriemen. An letzterem ist eine gen trifft. Für die Zunft ist es eine Freude, den Raumnadel angebracht, die der Reinigung des Präsidenten der Harmonie sowie deren Musikdi- Zündkanals der gebräuchlichen Vorderladerwaffe rektor am Sechseläuten und am Martinimahl als diente. Die Säbel. Ordonnanz 1837, müssen auf Gäste begrüssen zu dürfen. Bereits hat ein Zünf- Waffenauktionen oder bei Antiquaren einzeln ter eine Musikantin geehelicht, die er an einem erstanden werden. Diese Blankwaffen stellen eine der ersten gemeinsamen Sechseläuten kennen Rarität dar, die man nur noch äusserst selten und lieben lernte. Die Beziehung hat auch schon findet. Die Zunft Schwamendingen darf sich rüh- Früchte getragen. indem rechtzeitig zum zehnten men, die grösste Sammlerin der genannten Hieb- Jahrestag der Zunft ein musikalischer Kleinzünfter waffen zu sein. Ehrenzeichen, Feldzeichen und oder ein zünftiger Kleinmusikant das Licht der Symbol der Kavallerie war die Standarte. Wo sie Welt erblickte. war, befanden sich auch der Kommandant und der Signaltrompeter. Galt es, während oder nach Es muss als besonderes Verdienst des Dirigenten dem Kampf die Schwadronen neu zu formieren. der Zunftmusik gewürdigt werden, wenn seit 1977 liess der liess der Kommandant den Trompeter die Tambourengruppe Näfels den Zug der das Signal «Zur Standarte». Die von der Reiter- Schwamendinger bereichert. Die virtuos und tem- gruppe mitgeführte Standarte zeigt das Emblem peramentvoll geschlagenen Trommelwirbel sind der Zunft Schwamendingen. aus dem Frühlingsfest nicht mehr wegzudenken. Die Tambouren tragen eine dunkelblaue Infante- In khakifarbene Uniformen mit Schildmützen und rieuniform aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die gelbbraunen, an der Achselpatte befestigten Pfei- Trommler übten im militärischen Bereich seit jeher fenschnüren gekleidet, verbinden unsere schmis- eine wichtige Funktion aus. Sie waren es, die sigen Zunftmusiker die berittene Vorhut mit dem lautstark und unüberhörbar militärische Komman- Hauptharst. Nur wenigen Zünften ist es vergönnt, dos an die Truppen weiterleiteten. für die musikalische Untermalung ihres Zuges eine mit dem Quartier verbundene Harmonie zur Verfügung zu haben. Der im Jahre 1921 gegrün-

Zielstrebig schreitet der Hauptharst der Zünfter zum Sechseläu- tenplatz. Der Bannerherr hält die Fahne der Zunft Schwamendingen hoch

Seite 22 von 33 vermag auch die heutigen Zünfter noch zu bewe- gen, sei es an festlichen Anlässen wie dem Sech- seläuten oder bei traurigen Begebenheiten wie dem letzten Abschied von einem Zünfterkamera- den.

Dem Banner folgen in einigem Abstand der Zunftmeister und die beiden Ehrengäste der Zunft. Den Zunftmeister erkennt man an seiner schweren silbernen Kette mit dem dazugehörigen Medaillon, das mit dem Wappen der Zunft geprägt ist. In seiner Hand trägt er den Zunftmeisterbe- Eine gut gelaunte Gästeschar begeht die Bahnhofstrasse. cher. Der Rock des Zunftmeisters ist blau, sein Dreispitz durch eine Hermelinborde bereichert. Das Bild eines erfolgreichen Handwerksmeisters Den Hauptharst des Zuges, das Fussvolk, ma- aus der Mitte des 18. Jahrhunderts rundet die chen die Zünfter mit ihren Ehrengästen und Gäs- weiss gelockte Perücke ab, die er trägt. – Ehedem ten aus, immer wieder aufgelockert durch kleine war jeder Zunftmeister für die wirtschaftlichen, kostümierte Kindergruppen. – Die Zünfter sozialen, kulturellen, religiösen und militärischen Schwamendingens tragen die Sonntagstracht der Belange seiner Zunft verantwortlich – überdies Bauern der Zürcher Landschaft aus der Mitte des gehörte er dem Rat der Stadt Zürich an. So 18. Jahrhunderts. Beim Zunftkostüm stechen als kommt es, dass die Zunftmeister die Geschicke erstes die blauen, roten. grünen und hellbraunen des Standes Zürich bis zum Untergang der alten bis zu den Knien reichenden Röcke in die Augen, Eidgenossenschaft im Jahre 1798 weitgehend die von der Taille weg geschlitzt sind. Dazu tragen bestimmten. Noch heute führt der Zunftmeister die die Zünfter eine unterhalb der Knie geschnallte Zunft an und vertritt sie nach aussen. –Neben senfgelbe Hose. weisse Strümpfe und schwarze dem Zunftmeister marschieren die beiden alljähr- Schnallenhalbschuhe. Das weisse Hemd ist kra- lich von den Schwamendingern geladenen Eh- genlos, hat weit geschnittene Ärmel und eng an rengäste mit, bei denen es sich – wie ausgeführt – die Gelenke anschliessende Manschetten. Um um Leute handelt, die sich in der Politik, im Militär, den Hals wird eine weisse zweiteilige Krawatte in der Wirtschaft, Wissenschaft oder Kultur profi- gebunden, die über dem Rock sichtbar ist. Im liert und einen Namen gemacht haben. In jedem Jahre 1982 führte man zusätzlich eine weinrote Weste ein, die es erlaubt. bei wärmeren Tempera- turen in der Stube die Röcke auszuziehen und dennoch die Einheit der Kleidung zu wahren. Das Kostüm ergänzen ein schwarzer Hut mit dreiseitig hochgebogener Krempe. ein so genannter Filz- dreispitz, sowie ein Infanteriedegen aus dem 18. Jahrhundert, der an einem unter dem Rock über die rechte Schulter getragenen Band befestigt ist. Schliesslich darf das auf der linken Brustseite befestigte. ebenfalls mit dem Zunftwappen verse- hene Zunftabzeichen bei keinem Zünfter fehlen.

Dem Hauptharst voran schreitet der Bannerherr mit dem im Winde flatternden Zunftbanner, das wiederum den silbernen Wellenpfahl und die sil- berne Pflugschar auf blauem Grund zeigt; er ist beidseits flankiert von einer Fahnenwache. Histo- Einen erfreulichen Anblick bietet alljährlich die stets anwach- risch betrachtet war das Banner seit altersher die sende Kindergruppe. sichtbare Verkörperung politischer Macht sowie gleichzeitig militärisches Feld- und Kommando- Falle handelt es sich um Personen, die ihr Wirken zeichen. Wie die Standarte hatte das Banner in in den Dienst unseres demokratischen Staatswe- der kriegerischen Auseinandersetzung hervorra- sens stellen, die für eine freie Wirtschaft, eine gende Bedeutung. Wegen seiner Wichtigkeit wur- gerechte Wohlfahrt und die Erhaltung traditioneller de das Feldzeichen durch eine Bannerwache Werte einstehen. Die Ehrengäste tragen schwar- geschützt, für die man besonders zuverlässige, ze Anzüge mit weissen Hemden und silbernen tapfere und unerschrockene Mannen rekrutierte, Krawatten sowie als äussere Zeichen ihrer Zuge- die bereit waren, ihre Fahne bis zum letzten Bluts- hörigkeit einen von der Zunft zur Verfügung ge- tropfen zu schirmen. – Das Entrollen der Fahne stellten Dreispitz sowie ein Zunftabzeichen.

Seite 23 von 33 sowie den Dreispitzen und Abzeichen der Zunft Die nächste und grösste Gruppe im Zug der tragen. Ihrer äusseren Aufmachung wegen wer- Schwamendinger bilden – angeführt vom Herold – den sie scherzhaft oft als «Pinguine» bezeichnet. die Vorsteherschaft und die Zünfter mit ihren Gäs- ten. Der Herold der Zunft tritt lediglich am Sechse- Den Abschluss des Hauptharstes bilden einige läuten in Erscheinung. Insbesondere am Abend Schankburschen. Sie führen einen mit Wein, Tee, auf dem Auszug kommt ihm eine wichtige Funkti- Trinkgeschirr und Faustbroten beladenen Leiter- on zu. Er ist derjenige, der den zu besuchenden wagen mit sich, um unterwegs durstige Kehlen zu Zünften den Auszug und Sprecher aus den eige- stillen und knurrende Mägen zu beruhigen. So nen Reihen anmeldet. Er trägt einen Stab, dessen gesehen erinnern sie an die dem Harst früher Kolben von einer Krone aus Bergkristallen über- folgenden Marketender. Ihr Kostüm besteht aus höht ist und der auf der Vorderseite mit dem einem weissen Hemd, dessen Ärmel zurückge- Zunft- und auf der Rückseite mit dem Schwamen- krempelt sind, senfgelben bis unter die Knie rei- dinger Wappen versehen ist, welches inmitten chenden Hosen, weissen Strümpfen, Schnallen- eines roten Feldes eine silberne Pflugschar und halbschuhen und einer grünen Schürze. die mit im linken oberen Feld ein silbernes Tatzenkreuz einem Messingkettchen über dem Gesäss zu- aufweist. sammengehalten wird. Wie erwähnt sind die Schankburschen auch in der Zunftstube für die Tranksame zuständig. Es handelt sich um Zünf- tersöhne, die noch zu jung sind, um in die Zunft aufgenommen zu werden. Sie finden Gelegenheit, sich frühzeitig an die zünftigen Gebräuche zu gewöhnen. Das erlaubt ihnen später, sich in einer ihnen bereits vertrauten Umgebung zu bewegen.

Für Tranksame auf dem Weg zum Feuer sorgt einer der wacke- ren Schankburschen.

Die Vorsteher heben sich wie der Zunftmeister von den übrigen Zünftern durch das Blau ihrer Röcke ab. Tritt ein Mitglied des Vorstandes zu- rück, muss die Farbe des Rockes grundsätzlich gewechselt werden. Allerdings kann ihm die Vorsteherschaft das Weitertragen des blauen Rockes ausnahmsweise weiter gestatten, wenn es sich durch besonders verdienstvolle Mitarbeit Der bisher einzige Ehrenzünfterbecher. ausgezeichnet hat. Der Vorstand unterstützt den Zunftmeister aktiv in seiner Tätigkeit. Jeder Vor- steher bearbeitet sein eigenes spezifisches Res- Besondere Aufmerksamkeit erregt im Zug der sort, so wie die Vorsteher früherer Zeiten einzelne Schwamendinger regelmässig der jeweils mit Amtsbereiche betreuten. Blumen reich geschmückte Zunftwagen, der den Wagentross anführt. Der Wagen darf mit Fug als Dicht hinter der Vorsteherschaft schreitet das einer der schönsten im Umzug bezeichnet wer- Fussvolk der Zünfter in Fünferkolonne in den den. Er wird von vier Pferden gezogen, die aus schon beschriebenen Kostümen mit den dazuge- einer ländlichen Fuhrhalterei stammen und vom hörigen roten, grünen und hellbraunen Rücken. Besitzer persönlich geführt werden. Als Sujet An die Gruppe der Zünfter schliesst diejenige der wurde die früher in den Gemarkungen von Gäste an. Die Zünfter machen gerne von der Schwamendingen gelegene Herzogenmühle ge- Möglichkeit Gebrauch, ihre Freunde und guten wählt. Sie stand jenseits der damals noch fisch- Bekannten zum Sechseläuten und Martinimahl reichen Glatt und diente zum Mahlen des Getrei- sowie zu den Monatsbotts einzuladen. Wie früher des der gegenüber dem Grossmünster zinspflich- tigen Schwamendinger Bauern. Auffällig ist das den Zünftern in kritischen Zeiten Gleichgesinnte im Streite beistanden, verstärken die Gäste die hölzerne unterschlächtige Wasserrad, das von frohgemute Gesellschaft. Gleich den Ehrengästen einem über eine mobile Achse laufenden Mecha- nismus angetrieben wird. Die Schaufeln des Ra- erkennt man sie an ihrer schwarzen Kleidung, die sie mit weissen Hemden und silbernen Krawatten des tauchen in das fliessende Wasser ein und nutzen so dessen Strömungsenergie. Das Mühle-

Seite 24 von 33 dach ist mit Stroh eingedeckt. Da man in der Blumen bedruckten schwarzen Rock, darüber Schweiz die spezielle Technik zum Eindecken eine weiss-rot gestreifte Schürze. –Die Sechs- bis eines Strohdaches nicht mehr beherrscht, vermit- etwa Vierzehnjährigen finden so Gelegenheit, sich telte ein Zunftmitglied für diese Arbeit einen mit den zünftigen Bräuchen anzufreunden. Den Handwerker aus Holland. Zünftem liegt viel daran, dass ihre Kinder mög- lichst früh mit dem zünftigen Gedankengut ver- traut werden und den Kontakt zu Gleichgesinnten suchen und pflegen.

Nachdem der Böögg und mit ihm der Winter unter dem stürmischen Beifallsklatschen der Zuschauer in Asche zusammengefallen ist, kehren die Schwamendinger in ihre gute Stube zurück, wo sie sich in festlicher Umgebung für die weiteren Ereignisse des Abends stärken. Während des Mahles orientiert der Statthalter die Anwesenden darüber, welche Zünfte im Verlaufe der nächsten Stunden besucht werden – in der Regel sind es deren drei. Gleichzeitig stellt er die Sprecher vor,

Der Zunftwagen stellt die Herzogenmühle dar, welche vom 14. die man mit einem ermunternden Vorschussap- bis zum 19. Jahrhundert an der Glatt betrieben wurde. plaus bedenkt. Zum Nachtisch spielt die Harmonie Schwamendingen nur kurz auf, denn schon bald Am Schluss des Schwamendinger Zuges fährt ein gibt der Zugführer das Zeichen zum Aufbruch. Der vierräderiger, von zwei Pferden gezogener Wa- Zunftmeister bleibt zusammen mit etwa zwei Dut- gen, mit dem früher Jagd- und Gesellschaftsaus- zend Stubenhockern in der Stube und harrt der flüge durchgeführt wurden. Er verfügt über zwei Dinge, die da kommen mögen. Quersitzpolster. Hierzulande war diese Art von Wagen, die vom Volksmund als «Bregg» oder Draussen formiert sich der Auszug der Schwa- «Breggli» bezeichnet werden. in der Zeit vom 16. mendinger. Dem Träger der grossen Zunftlaterne bis zum 19. Jahrhundert gebräuchlich. Das Ge- folgen die Zunftmusik und – angeführt vom Ban- fährt nimmt diejenigen Zünfter auf, die dem lan- ner und der Banner-wache – in einem kurzen gen Marsch zum Feuer nicht mehr gewachsen Abstand die Zünfter, die ihre eigenen Zunftlater- sind. Da die Zugehörigkeit zur Zunft auf das Le- nen mittragen, sowie die geladenen Gäste. Die ben ausgerichtet ist, soll jeder Zünfter am Sechse- mitgeführten Lichter bestehen aus einem handge- läuten teilnehmen können, solange immer dies schmiedeten und geschwärzten Laternenhalter, möglich ist. Insofern stellt das «Breggli» einen der auf einem dunkelbraunen Sechskantschaft Ausdruck der Verbundenheit und Freundschaft aufgesetzt ist. Dieser trägt eine dreimal um den unter den Zünftern selbst dar – Der Pferdewagen Schaft geschlungene blauweisse Kordel, die in und das zugehörige Geschirr sind im Übrigen ein einer weissen und einer blauen Zottel enden. Aus Geschenk der Reiter an die Zunft. dem Laternenschaft ragt eine vierkantige, ab der Mitte gewundene, geschwärzte Gabel, die als Den ganzen Schwamendinger Zug lockern kleine- Laternenhalter dient. Die Laterne selber mit vier re und grössere Kindergruppen auf. Blumenge- transparenten Schildern, die sich von unten nach schmückte Mädchen und Knaben begleiten unter oben verbreitern, sitzt in einem schwarz gefärbten anderem die Fahnenwache. den Zunftmeister und Metallrahmen. Der Kerzenträger ist vergoldet. die Ehrengäste. Es handelt sich zumeist um Söh- Den oberen Abschluss der Laterne bildet eine ne und Töchter von Zünftern, oft werden auch vergoldete quadratische Krone, überhöht von Kinder von Verwandten, Freunden und Bekannten einem kegelförmigen Abschluss mit vergoldetem eingeladen. lm Jahre 1984 nahmen erstmals über Knauf. Die Laterne zeigt auf ihren vier Seiten ne- 50 Kinder die die Schwamendinger Zunft bereits ben dem Zunft- und dem Stadtwappen das per- am Kinderumzug des Vortages vertreten hatten, sönliche Familienwappen des Zünfters sowie den am Sechseläuten teil. Die Knaben tragen diesel- Schriftzug «Zunft Schwamendingen». ben Kostüme wie die erwachsenen Zünfter: senf- gelbe Kniehosen, einen braunen, roten oder grü- Unter den Klängen der Zunftmusik setzt sich der nen Rock. eine Doppelkrawatte und einen Auszug in aufgeräumter Stimmung auf das Kom- schwarzfilzigen Dreispitz. Die Mädchen präsentie- mando des Zugführers hin in Bewegung. Der ren sich in einer schwarz-rot-weissen Landmäd- Gang führt durch die von Zürich und de- chentracht aus dem Zürcher Unterland: Über ei- ren verwinkelte Gassen, wo man immer wieder ner weissen Bluse tragen sie ein rotes, kreuzver- anderen Zünften begegnet. Die historischen Kos- schnürtes Gilet und einen knöchellangen, mit tüme in der geschichtsträchtigen Umgebung, ge-

Seite 25 von 33 taucht in das warme und lebendige Kerzenlicht Erwartungen zu genügen und ein verbales Feu- der Zunftlaternen, löst bei romantischen Gemü- erwerk zu entfachen oder ob er sich in langatmi- tern eine besondere Faszination und eine der gen Ausführungen verliert oder gar in dürftigen Wirklichkeit schon fast entrückte Stimmung aus. Allgemeinplätzen ergeht Bei der Erfüllung seiner Beinahe fühlt man sich für Sekunden oder Minu- Aufgabe steht ihm die ganze Palette rednerischer ten in eine längst vergangene Zeit zurückversetzt. Möglichkeiten offen. Er kann und soll niemanden

Zügig ist inzwischen der Herold vorausgeeilt, uni den Besuch der Zunft Schwamendingen beim Zunftmeister anzukündigen und respektvoll Ein- lass in die ehrwürdige Stube zu erbitten. Ist sie schon besetzt, dann heisst es für den Auszug, sich zu gedulden. Warten gleichzeitig weitere Zünfte darauf, vorgelassen zu werden, entspinnt sich zum Vergnügen aller nicht selten ein grösse- rer oder kleinerer musikalischer Wettstreit zwi- schen den einzelnen Zunftmusiken.

Den Höhepunkt des Sechseläutens erleben die Schwamendin- ger beim raschen Galopp ihrer Reitergruppe um das Feuer. schonen und alle ihm zur Verfügung stehenden Register ziehen. Obwohl ihm für die Vorbereitung schon etliche Zeit vor dem Sechseläuten einge- räumt ist, lebt die Rede zu einem grossen Teil vom Augenblick und der Improvisation. Je nach Temperament der Sprecher gelangt der Auszug im Verlaufe eines Abends in den Genuss eines ganzen Spektrums rednerischer Darbietungen, getragen von subtilem Humor, sarkastischem Spott, bissigen Reimen, massiv bodenständigen Kalauern bis hin zu bauernschlauem zündendem Witz. Entsprechend reagieren die Zuhörer mit einem leisen Schmunzeln, einem breiten Grinsen Ungezwungenes Gespräch auf dem Sechseläutenplatz mit unserem Ehrengast im Jahr 1983, Generalstabschef Jörg oder gar einem brüllenden Gelächter. Zum Ab- Zumstein. schluss seiner Rede übergibt der Sprecher dem Zunftmeister einige Flaschen Wein und die süs- Ist die Stube frei, strömt der Auszug. beflügelt sen «Schwamendingerli» für dessen Frau. Dann durch die Klänge des Sechseläutenmarsches, in lässt er ihn und seine Zunft zusammen mit dem die heiligen Hallen und füllt den Raum zwischen ganzen Auszug und der anwesenden Musik hoch- den jeweils hufeisenartig angeordneten Tischen. leben. Beim Eintritt in die Stube erhält jeder Besucher als Willkommenstrunk ein Glas roten Weines ge- Nunmehr liegt der Ball beim Zunftmeister, der reicht. Als letzter tritt der Sprecher ein, dem der seine Rede im Gegensatz zum Sprecher praktisch Auszug eine schmale Gasse bis zum Tisch des aus dem Stegreif hält. Einige Zunftmeister sind Zunftmeisters offen hält. Er stellt seinen silbernen mit wahren Engelszungen gesegnet und müssen Auszugsbecher auf den Tisch und setzt zu seiner als echte Redetalente bezeichnet werden. Sie Rede an. Mit lauter Stimme begrüsst er förmlich verstehen es, sich mit viel Spass und offensichtli- den hoch geachteten Herrn Zunftmeister, bedankt chem Vergnügen in Szene zu setzen, den Spre- sich für den Einlass in die zumeist altehrwürdige cher geradezu genüsslich in den Senkel zu stellen Stube der löblichen Gastgeber und übermittelt die und die Gelegenheit, das letzte Wort zu haben, besten Grüsse des Schwamendinger Zunftmeis- beinahe schamlos auszunützen. – Erwähnt sei ters und seiner Stubenhocker. hier ein besonders spektakulärer Auftritt, den die Schwamendinger am Sechseläuten 1985 bei der Es folgt der allseits mit Spannung erwartete Mo- Zunft zum Widder erlebten. Zum Gaudi des Aus- ment Der Sprecher hebt zum Generalangriff auf zugs und der anwesenden Stubenhocker standen den vor ihm stehenden Zunftmeister und dessen der Sprecher und der Zunftmeister sich parlierend Zunft an. Schon nach wenigen Sätzen erweist es duellierend tatsächlich plötzlich auf der weiss sich, ob er in der Lage ist, den in ihn gesetzten gedeckten Tafel gegenüber. – Zum guten Ende lässt der Zunftmeister zusammen mit den Stu-

Seite 26 von 33 benhockern seinerseits die Schwamendinger len und kalten Nächten entgegensehen. So hatte hochleben. In Minne tauschen Sprecher und man guten Grund. den himmlischen Mächten. den Zunftmeister ihre Becher zum Ehrentrunke aus, Göttern der Fruchtbarkeit, Dank abzustatten. während die Musik zum Sechseläutenmarsch Während des Mittelalters fiel die Zehntenabgabe aufspielt und der Auszug sich auf den Weg in die auf den Tag des heiligen Martin, woher auch der nächste Stube macht. Name des Martinimahls stammt. Es war Sitte, zu Martini die Martinigans, die den Sommer über Gegen zwölf Uhr nachts versammelt man sich gemästet worden war, zu schlachten und zum wieder in der Zunftstube des Restaurants .Du fröhlichen Gelage auf den Tisch zu bringen. Pont», wo zwei Zünfter über die Ereignisse auf dem Auszug und in der Stube berichten. Die Von den Schwamendingern Zünftern wird das Schankburschen fahren dazu mit einem kleinen Martinimahl – wie schon erwähnt – in der gastli- Imbiss und Bier vom Fasse auf. Nachdem die chen Stube des Restaurants «Du Pont» in der Tambouren zur mitternächtlichen Stunde einen Innenstadt an einem Samstagabend im November letzten dröhnenden Trommelwirbel geschlagen begangen. Der äussere Verlauf der Festlichkeit haben. beschliesst der hoch geachtete Herr gleicht demjenigen beim Mittagessen des Sechse- Zunftmeister mit einem Dank an alle Anwesenden läutens. Die Zünfter und ihre Gäste erscheinen den Abend. Die Musik spielt nochmals zum Sech- auf die schriftliche Einladung des Stubenmeisters seläutenmarsch auf, zu dem sich Zünfter und hin mit schwarzem Anzug, weissem Hemd und Gäste erheben. Das Klatschen zur Musik geht silberner Krawatte; auf ihrer linken Brustseite tra- schliesslich in einen begeisterten Applaus für die gen die Zünfter ausserdem das Zunftabzeichen. Harmonie Schwamendingen über. Damit findet Zum Aperitif wird wiederum von den Schankbur- der offizielle Teil des Sechseläutens sein Ende. schen ein kühler Weisser eingeschenkt, mit dem man sich in bester Stimmung zuprostet. Nach Für viele allerdings ist das Fest noch nicht abge- dem Willkommenstrunk ruft der Stubenmeister die schlossen. Es dauert in denjenigen Zunftstuben Anwesenden laut und unüberhörbar zu Tisch. Der fort, die ihre Pforten bis in die frühen Morgenstun- Zunftmeister eröffnet den Abend mit der Begrüs- den offen halten. Ein Gerücht besagt, dass der sung der Zünfter, Gäste und Ehrengäste. Bei den kleine Schwamendinger Zünfter. der auf dem letzteren handelt es sich zumeist um Zunftmeister Auszug mit Bravour die grosse Zunftlaterne trägt, befreundeter Zünfte, die sich von einem weiteren vor langer Zeit einmal in vollem Kostüm am Mitt- Angehörigen ihrer Zunft, im Allgemeinen einem wochmorgen nach dem Sechseläuten auf der Vorsteher. begleiten lassen. Tramhaltestelle in Oerlikon gesichtet worden sein soll.

Martinimahl

Der Schwamendinger Zunftmeister und seine Stubenhocker haben unterdessen ihrerseits Be- suche empfangen. Den Sprechern hat es neben der Gründungsgeschichte und dem jugendlichen Alter der Schwamendinger Zunft ganz offenbar das nicht zuletzt dadurch berühmt gewordene schwarze Notizbuch des Zunftmeisters angetan. Und ob man. s glaubt oder nicht – auch die vorlie- gende Broschüre war schon vor ihrem Erscheinen Gegenstand einer hochgeistigen rhetorischen Turnübung. Nach dem Nachtessen begeben sich die Zünfter in aufgeräumter Der zweite festliche Höhepunkt im Ablauf des Stimmung mit ihren Laternen auf den Auszug. Jahres stellt neben dem Sechseläuten das Marti- nimahl dar, das traditionsgemäss in der ersten Beim anschliessenden Mahl macht sich der Novemberhälfte gefeiert wird. Wie manches Zunftwirt ein Vergnügen daraus, die knusprig Brauchtum geht das Martinimahl in seinem Kern braun gebratenen und würzig duftenden Martini- auf vorchristliche Zeiten zurück. In weiten Teilen gänse von seiner Küchengarde auf einem gros- Europas pflegte man nach Einbringen der Ernte sen Silbertablett durch die festliche Runde zu vor dem Einbruch des Winters Erntedankfeste zu führen, was ihm regelmässig den ungeteilten Bei- feiern. Angesichts voller Scheunen und Keller fall der Anwesenden einbringt. konnte man getrost dem Winter mit seinen dunk-

Seite 27 von 33 Im Zentrum des Abends steht nach dem Essen Neuzünfter mit dem Zunftmeister über der Zunft- eine Ansprache des Zunftmeisters, die sich vor- fahne, was von den übrigen Anwesenden mit nehmlich zunftinternen Anliegen und Problemen, einem kräftigen Applaus bedacht wird. Ein Spre- daneben auch historischen Exkursen widmet. cher der Neuzünfter richtet seinerseits ein paar Zum Dessert werden den Zünftern und ihren Gäs- Worte der Freude und Dankbarkeit an den Zunft- ten nicht nur Süssspeisen, sondern zusätzlich meister und die Schwamendinger Zünfter und Reden und Gegenreden des Zunftmeisters und übergibt der Zunft als Zeichen der Wertschätzung der Ehrengäste serviert. Da es sich bei den Eh- und in Anerkennung des dargebrachten Vertrau- rengästen –wie ausgeführt – ihrerseits um Zunft- ens ein gemeinsames Geschenk. Darauf lässt der meister handelt, charakterisiert sich der Rede- Statthalter die Neuzünfter hochleben. und män- spektakel beim Martinimahl durch einen etwas niglich stösst auf Gesundheit und Freundschaft intimeren und persönlicheren Charakter als derje- an. nige beim Sechseläuten. Nach der Aufnahmezeremonie hält der Stuben- Alsdann erklärt der Stubenmeister die Stubentür meister für die Zünfter und ihre Gäste Unterhal- für geschlossen – man schreitet zur Aufnahme tung bereit. Die gemütliche und oft angeregt dis- der Neuzünfter. Die Lampen im Saal werden ge- putierende Runde wird nach einer mitternächtli- löscht, und nur noch die Kerzen der dreiarmigen chen Stärkung mit einer Mehlsuppe vorn Zunft- Zinnleuchter spenden Licht. Links und rechts vor meister aufgelöst. dem Tisch des Zunftmeisters haben der Banner- herr mit dem Banner und der Statthalter ihre Plät- ze eingenommen. Der Statthalter ruft die einzel- Hauptbott und Monatsbotts nen Neuzünfter zum Tisch des Zunftmeisters, welcher sie den übrigen Zünftern in einigen ge- Das Zunftleben findet allerdings nicht nur am messenen Worten nochmals kurz vorstellt. Dann Sechseläuten und am Martinimahl statt. fragt er sie insbesondere, ob sie sich mit dem Anliegen der Zunft identifizieren könnten und be- Jeweils im März eines Jahres wird zum Hauptbott reit seien, sich dafür einzusetzen. Nachdem die im Restaurant «Du Pont», der Generalversamm- Aufzunehmenden die Fragen sämtlich mit einem lung der Zunft, eingeladen. Es ist das einzige Bott, klaren «Ja» beantwortet haben, senkt der Ban- das an einem Samstagabend durchgeführt wird. nerherr die Fahne. Der Zunftmeister begrüsst nun Die Zünfter treffen sich in ihren schwarzen Anzü- die Neuzünfter kurz und heisst sie im Kreise der gen. um nach einem Imbiss alle hängigen Prob- Zunft Schwamendingen willkommen. Als Zeichen leme der Zunft zu besprechen. der freien Zugehörigkeit und vollwertigen Mitglied- Der Zunftmeister berichtet über die die Zunft betreffenden Ereignisse des vergangenen Jahres. Die Vorsitzenden der verschiedenen Kommissio- nen referieren über die Arbeiten in ihren Gremien. Mit Spannung erwartet man jeweils die Ausfüh- rungen des Reiterchefs, der in witzigen Worten, oft in gereimter Form. das Geschehen in der Rei- tergruppe glossiert.

Der Säckelmeister orientiert mit bedeutungs- schwerer Miene über den Stand der Finanzen und legt ein Budget für das kommende Jahr vor, damit jeder Zünfter weiss wozu seine Beiträge, deren Höhe ebenfalls das Hauptbott festsetzt, verwen- det werden.

In dreijährigem Turnus werden die Vorsteher be- stimmt, die die anfallenden Geschäfte nach bes- tem Wissen und Gewissen vorbereiten und durch-

Der Auszugsbecher, ein Geschenk von führen. Zudem werden alljährlich für eine einjähri- Constaffel und Zünften zum Sechseläu- ge Amtszeit zwei Beisitzer der Vorsteherschaft ten 1976, begleitet die Zünfter auf ihrem gewählt. Es handelt sich dabei regelmässig um nächtlichen Auszug. das älteste und das jüngste Gründungsmitglied, das in der Vorsteherschaft noch kein Amt beklei- schaft übergibt er ihnen einen Degen. Die Auf- det hat. Durch dieses Vorgehen erreicht man, nahme wird besiegelt durch einen Handschlag der

Seite 28 von 33 dass eine grosse Zahl von Zünftern Einblick in die reitenden Gesellschaft zur Gründung einer Zunft Tätigkeit des Vorstandes erhält. im Kreis 12») zumeist im Gasthof «Hirschen» in Schwamendingen zu einem Bott, uni nach einem Zu den Befugnissen des Hauptbotts gehören auch gemeinsamen Nachtessen geschäftliche oder die Aufnahme von Neuzünftern beziehungsweise administrative Probleme zu besprechen, einem der Ausschluss von Zünftern, wobei letztere Vortrag zu lauschen oder um sich bei einem Massnahme Gott sei Dank noch nie notwendig freundschaftlichen Gespräch besser kennen zu wurde. Ausserdem können verdiente Zünfter zu lernen. Die Botte erfreuen sich grosser Beliebt- Ehrenzünftern ernannt werden, was bis jetzt in heit, und es nehmen zwischen 80 und 90 Prozent einem Fall geschehen ist. der Zünfter regelmässig daran teil. Die Schwa- mendinger kamen bisher weit über 50-mal in den Genuss von Vorträgen. Die Themenauswahl ist vielseitig und beschlägt meist kulturelle, histori- sche oder wirtschaftliche Probleme. Als Redner begeisterte im Laufe der Jahre schon mancher bekannte Politiker. Wissenschaftler. Kulturschaf- fender oder Wirtschaftsfachmann. Entsprechend ausgiebig wird die Gelegenheit zur anschliessen- den Diskussion jeweils benützt. Besonders inte- ressiert lauschte man den Vorträgen von Neu- zünftern und Kandidaten, die über ihre besonde- ren Interessen sprachen, sei es über Versiche- rungsprobleme, das Volk der Walser oder die Militärradfahrer. Angetan hat es den Zünftern schliesslich das von einem Anwärter präsentierte Weinseminar.

Beliebt sind ferner Besichtigungen und Führun- Nach Rede und Gegenrede auf der Zunftstube der Schwamen- dinger tauschen Sprecher und Zunftmeister ihre Becher aus. gen, so zum Beispiel eine Altstadtführung mit abschliessender Besichtigung der Porzellan- Die Zünfter sind mehrheitlich Individualisten und sammlung im mit nachfol- keine gleichgültigen Kopfnicker. Deshalb kam es gendem Mittagessen im Zunftsaal, Betriebsbe- an den Hauptbotts oft zu hitzigen Disputen (bei- sichtigungen, Führungen im Landesmuseum, der spielsweise um Neuaufnahmen, Wagen; Finan- Besuch einer Sternwarte oder einer Synagoge. zen) und Verhandlungen, die häufig weit über Mitternacht hinaus dauerten. Mit heissen Köpfen und rauchenden Hirnen verliessen die Zünfter die Stube zuweilen erst in den frühen Morgenstun- den. Um dem entgegenzuwirken, schlug ein Zünf- ter vor, aktuelle Probleme sollten an jedem Mo- natsbott besprochen werden. Der Gedanke wurde indessen verworfen, da sich an den monatlichen Zusammenkünften immer auch Gäste und Zunft- anwärter ohne Stimmrecht einfinden. Man einigte sich in der Folge darauf, jeweils am ersten Mon- tag im Oktober eine ausserordentliche General- versammlung, das Herbstbott durchzuführen, an dem wie am Hauptbott nur Zünfter teilnehmen dürfen. Auch dieser Abend wird mit einem Imbiss eingeleitet. Brennende Probleme werden hier vorbesprochen oder bereits entschieden. Seit Einführung des Herbstbotts diskutiert man am Der nächtliche Auszug neigt sich dem Ende zu; die Zünfter Hauptbott weniger hitzig und verhandelt man we- begeben sich nach ihrem letzten Besuch auf ihre Stube zurück. niger gefühlsbetont, so dass die Zünfter seither zu Ein ganz spezielles Bott findet im Dezember statt, vor-mitternächtlicher Stunde entlassen werden das Chlausbott. Es ist Tradition geworden, dass können. die rotierenden Beisitzer, die nur für ein Jahr in die Vorsteherschaft gewählt werden, die Rollen Allmonatlich, jeweils am ersten Montagabend von «Samichlaus» und «Schmutzli» übernehmen. eines Monats, treffen sich die Zünfter seit dem Die Zünfter warten jeweils mit Spannung darauf, Jahre 1973 (also schon seit der Zeit der «Vorbe-

Seite 29 von 33 wessen Taten und Untaten vorn gestrengen Sa- lienausflug statt. – Auch hier geht es darum, Kon- michlaus diesmal kommentiert werden. Das un- takte unter den Zünfterfamilien zu ermöglichen, zu gehemmte Lachen der Nichtbetroffenen belohnt intensivieren und zu pflegen – ein Anliegen, das den Chlaus für seine träfen Sprüche. besonders im Hinblick auf die künftige Generati- on, die das hochgehaltene Gedankengut weiter- tragen soll, besteht. Familiäre Anlässe Lediglich der Vollständigkeit halber sei erwähnt, Auch wenn das Zunftwesen eine reine Männersa- dass ausserhalb der von der Zunft organisierten che ist und vorderhand wohl bleibt, geht es hier - Anlässe unter vielen Zünfterfamilien intensive und wie überall - nicht ohne die Frauen. Wo immer herzliche Freundschaften gepflegt werden. man hinschaut, trifft man sie als gute Geister an, sei es vor oder hinter den Kulissen des Zunftle- bens.

Was wäre denn ein Sechseläuten ohne Damen? - Erst das schöne Geschlecht macht das Zürcher Sechseläuten zu einem richtigen Frühlings- und Blumenfest. Bereits am Morgen bei ihrer Ankunft im Restaurant «Du Pont» werden die Zünfter und Gäste von einigen Frauen mit einem charmanten Lächeln erwartet. Mit zarter Hand heften sie den Eintreffenden den kleinen Blumenschmuck aus. Revers - eine Geste, die das Stimmungsbarome- ter noch ein bisschen mehr anhebt. Man wendet sich auch an die zuständigen Damen. um allerlei Hilfeleistungen zu erbitten - insbesondere, um die Kostüme auf alle erdenkliche Weise in Ordnung zu bringen. Später, am Nachmittag, findet man die Zünftersfrauen in den vordersten Reihen der Zu- schauer am Strassenrand wartend bis ihre Gat- ten, Väter, Brüder, Schwäger und deren Gäste im Zug zum Feuer auftauchen, um sie erneut mit einem hübschen Strauss oder Sträusschen zu erfreuen. Manche Frauen unterstützen ihre Män- ner auch während des Jahres tatkräftig bei der Bewältigung ihrer Aufgaben als Vorsteher oder als Mitglieder von Kommissionen. Es sind weiter vor- nehmlich die Frauen, die für eine gesunde und familiäre Umgebung sorgen. welche (auch mit Blick in die Zukunft) für die Verwirklichung des zünftigen Gedankengutes unerlässlich ist.

Die Zunft dankt ihren Frauen mit einem Zunftball, den sie zu ihren Ehren alle zwei Jahre im Restau- rant «Guggach» durchführt. Viele der Damen ergreifen die Gelegenheit, sich für einmal nicht in der neuesten Mode zu präsentieren, sondern passend zu den Kostümen der Begleiter in einer nicht weniger weiblichen alten Tracht zu erschei- nen oder sich in einem eleganten Reifrock aus vergangener Zeit zu zeigen. Die alten Kostüme hindern dann allerdings weder Weiblein noch Männlein, nach einem Diner im Kerzenlicht zu den Klängen einer modernen Band das Tanzbein zu schwingen und sich in deren Takt bis in die frühen Morgenstunden zu wiegen.

Alternierend zu den Bällen findet jedes zweite Jahr im Spätsommer an einem Samstag ein Fami-

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Vorsteher, Ehrenzünfter und Zünfter im Jahre 1985

Familienwappen der Vorsteher, Ehrenzünfter und Zünfter

Seite 31 von 33 Alphabetisches Namensverzeichnis der Zünfter

Name/Vorname Beruf Jahrgang Eintrittsjahr Akermann Heinz Verkaufsleiter 1935 1975 Amstutz Karl lic. iur., Chef Personalamt Stadt Zürich 1929 1975 Baer Heinz Eidg. dipl. Elektroinstallateur 1935 1975 Barth Jean Kaufmann 1936 1975 Bentele Max Verkaufsleiter 1929 1979 Benz Kurt Schreinermeister 1942 1975 Bernhard Hans Dipl. Chem., Dr. phil. II, Produktionsleiter 1942 1979 Borgeaud Louis Versicherungs-Kaufmann, Vizedirektor 1935 1975 Bühler Ernst Elektro-Techniker 1933 1983 Christen Alfred Zentral-Einkäufer 1923 1975 Christen Daniel Dr. med., Arzt 1956 1982 Dürst Werner Drogist 1923 1982 Ehrbar Peter Dachdeckermeister 1939 1975 Ferrante Cataldo Kaufmann 1925 1978 Früh Walter Bäcker- und Konditormeister 1931 1975 Gelb Kaspar Friedensrichter 1923 1984 Gihr Hansjörg Kaufmann 1924 1978 Hächler Carlo El.-Ing. HTL 1953 1975 Hächler Hans Architekt 1927 1975 Hächler Paul Kaufmann 1927 1975 Häfeli Erich lic. iur., Leiter Rechtsabteilung 1950 1975 Hatt Jürg Marketingleiter 1949 1979 Hauser Hanspeter Carrosserie-Spenglermeister 1945 1975 Henle Franz Schriftsetzer (Fotosatzatelier) 1936 1975 Hess Werner Eidg. dipl. Elektroinstallateur 1938 1975 Hug Guido Kaufmann (Stahlrohrhandel) 1942 1975 Hugentobler Heinz Bankprokurist 1937 1975 Jost Hans Verkaufschef 1929 1975 Karrer Ulrich Bäcker- und Konditormeister 1928 1975 Karrer Ulrich Bäcker- und Konditormeister 1957 1984 Keller Paul Eidg. dipl. Elektroinstallateur 1934 1975 Kleboth Ulrich (gest. 1982) Dipl. Masch.-Ing. HTL 1920 1975 Lendenmann Bruno Kaminfeger-/Dachdeckermeister 1954 1982 Lendenmann Fritz Kaminfeger-/Dachdeckermeister 1919 1975 Mader Meinrad Generalagent (Versicherungen) 1945 1984 Marti Peter Abteilungsleiter 1934 1975 Meier-Dobrew Edi (gest. Bauunternehmer 1941 1975 1982) Meier Hans-Ulrich Bauunternehmer 1939 1978 Meier Hugo 1. Adjunkt Liegenschaftsverwaltung 1929 1981 Stadt Zürich Müller Oskar Chefbauführer 1949 1982 Müller Paul Elektro-Kaufmann 1930 1975 Müller Paul Unternehmer (Gebäudereinigung) 1937 1983 Müller Robert Dipl. Bau.-Ing. ETH 1946 1978 Pedretti Enrico Steinhauermeister 1944 1975 Peter Ernst Leiter Kontrollstelle LGAV 1937 1975 Prey Jean-Jacques Ingenieur 1928 1978 Rechsteiner Werner Dr. iur. , Rechtsanwalt 1943 1975 Roth Hugo Spenglermeister 1935 1975 Ruetz Paul (gest. 1982) Werbefachmann 1925 1979 Schneider Peter Kaufmann 1937 1981 Schneider Robert Kaufmann (Isolationen) 1928 1975 Schweizer Christoph Malermeister 1947 1981 Seitz Franz Techniker (Präz. -Mech. -Werkstätte) 1924 1975 Sievi Sigmund Eidg. dipl. Coiffeurmeister 1935 1975 Signer Walter Malermeister 1924 1975

Seite 32 von 33 Name/Vorname Beruf Jahrgang Eintrittsjahr Städeli Werner Dipl. Chem., Dr. phil. II 1950 1983 Stadler Xaver Eidg. dipl. Sanitärinstallateur 1933 1975 Stauber Paul Geschäftsleiter, Kaufmann 1943 1975 Steigrad Adolf Dr. med., Allg. Medizin FMH 1922 1975 Steiner Anton Zimmermeister 1919 1975 Steiner Bruno Dr. iur., Bezirksanwalt 1948 1975 Steiner Hanspeter Architekt HTL/STV 1949 1975 Steiner Romeo Dipl. Bau.-Ing. ETH, Zimmermeister 1952 1975 Steiner Toni Schreinermeister 1946 1975 Stocker Leo Plattenlegermeister 1928 1975 Tobler Walter Restaurateur 1923 1975 Toggweiler Robert Versicherungsagent 1944 1983 Wartmann Heinz Gärtnermeister 1949 1983 Wartmann Hermann Gärtnermeister 1919 1975 Wartmann Ulrich Eidg. dipl. Gärtnermeister 1946 1983 Wehrle Hans Elektro-Chefmonteur 1929 1975 Weisskopf Emil Papeterist/Buchdrucker 1923 1975 Wetter Hans Alt-Direktionssekretär 1921 1975 Winteler Heinz Kaufmann 1934 1975

Vorsteherschaft 1975-1985

Zunftmeister Steiner Anton seit 1975 Statthalter Wetter Hans 1975-1981 Dr. Rechsteiner Werner seit 1981 Zunftschreiber Stadler Xaver 1975-1979 Dr. Rechsteiner Werner 1979-1981 Müller Paul seit 1981 Protokollführer Dr. Rechsteiner Werner 1977-1979 (2. Zunftschreiber) Müller Paul 1979-1981 Akermann Heinz seit 1981 Säckelmeister Keller Paul 1975-1979 Winteler Heinz seit 1979 Stubenmeister Hächler Paul seit 1975 Zeugwart Meier Edi 1975-1979 Kleboth Ulrich 1979-1982 Hug Guido seit 1982 Reiterchef Hugentobler Heinz seit 1975

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