SPD – 07. WP Fraktionssitzung: 17. 06. 1973 (Kurzprotokoll)

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17. Juni 1973: Fraktionssitzung (Kurzprotokoll)

AdsD, SPD-BT-Fraktion 7. WP, 2/BTFG000023. Überschrift: »Protokoll über die Sitzung der Fraktion der SPD im Deutschen am Sonntag, dem 17. Juni 1973«. Zeit: 15.15–19.30 Uhr. Vorsitz: Wehner. Protokoll: Hein.

Sitzungsverlauf: A. TOP 1: Bericht aus der Fraktionsvorstandssitzung (Vorbereitung der 2. und 3. Beratung des Haushalts 1973; Verfahren am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über den Grundlagenvertrag mit der DDR; Wahl zum Rundfunkrat des Deutschlandfunks; Schreiben des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses an den Bundesminister der Finan- zen; Reise einer Delegation der SPD-Bundestagsfraktion nach Jugoslawien; Obmann des Untersuchungsausschusses über die Abstimmung zum konstruktiven Misstrauensvotum am 27. April 1972). – TOP 2: Informationen (Sachstand Verfahren am Bundesverfas- sungsgericht in Karlsruhe über den Grundlagenvertrag mit der DDR; Erklärung zum Feiertag am 17. Juni; Veränderungen beim Verwaltungsabkommen zum deutsch- französischen Jugendwerk; Haltung der Bundesregierung zu den Befreiungsbewegungen in Afrika; Anschaffung eines Buches über Deutschland). B. Vorbereitung der Plenarsitzungen: TOP 3: Tagesordnung und Ablauf der Plenarsitzun- gen. – TOP 4: 2. und 3. Beratung Haushalt 1973. C. Vorlagen aus den Arbeitskreisen: TOP 5: Kleine Anfrage betr. Sportförderung in den Entwicklungsländern. – Sonstiges: TOP 6: Kleine Anfrage zur Erhebung umweltrelevan- ter Daten bei der Wohnungszählung 1975. – TOP 7: Rundfunkrat Deutschlandfunk. TOP 8: Nächste Termine. – Verschiedenes.

[A.] nennt die Namen der wegen Krankheit entschuldigten Mitglieder der Fraktion. 1. Bericht aus der Fraktionsvorstandssitzung Herbert Wehner teilt mit, daß man sich vorrangig mit der Vorbereitung der 2. und 3. Lesung des Bundeshaushalts beschäftigt habe. Er dankt den Mitgliedern der Arbeits- gruppe Haushalt für die Erarbeitung der zur Verfügung gestellten Übersicht (Anlage) und weist darauf hin, daß das Plenum am Montag bereits um 11 Uhr beginne. Des weiteren hat über Stand und Gang des Verfahrens in Karlsruhe be- richtet. Zur Situation anläßlich der Wahl des Rundfunkrates des Deutschlandfunks sei festzu- stellen, daß bis jetzt von einer Änderung des Standpunkts der CDU/CSU nicht ausge- gangen werden könne, die 3 von 6 Sitzen beanspruche. Evtl. könne jedoch eine Rege- lung dahin erzielt werden, daß vorab jeder Fraktion 1 Sitz zugestanden werde und die übrigen 3 Sitze dann nach dem Proporz verteilt werden. Des weiteren sei der Fraktionsvorstand von dem Inhalt eines Schreibens des Vorsitzen- den des Haushaltsausschusses Leicht an den BMF unterrichtet worden. Die Nominierung einer Delegation der Fraktion nach Jugoslawien im Herbst solle heute noch erfolgen. Als Obmann für den Untersuchungsausschuß schlägt der Vorstand der Fraktion zur Wahl Hellmut Sieglerschmidt vor. Der Vorstand werde nach der letzten Plenarsitzung

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vor der Sommerpause nochmals tagen; ziemlich sicher sei auch eine nochmalige Zu- sammenkunft der Fraktion. 2. Informationen Gerhard Jahn erhält anschließend Gelegenheit, zum Sachstand »Grundlagenvertrag« zu sprechen. Er teilt mit, daß der Richter Rottmann wegen Befangenheit von der weiteren Teilnahme ausgeschlossen worden sei. Im Zusammenhang mit der von Bayern erneut beantragten einstweiligen Anordnung habe die Bundesregierung Zurückweisung bean- tragt. Minister Bahr habe in nichtöffentlicher Sitzung den Standpunkt der Bundesregie- rung eindrucksvoll vertreten und auf mögliche Nachteile bei Erlaß der Anordnung ver- wiesen. Die Verkündung der Entscheidung des Gerichts sei für Montag um 15.00 Uhr angesetzt. Herbert Wehner teilt mit, daß am 16. eine Tagung des Präsidiums Kuratorium unteilba- res Deutschland mit dem Bundeskanzler stattgefunden habe und daß gemeinsam eine Erklärung zum 17. Juni erarbeitet worden sei. Diese Erklärung halte strengsten Ansprü- chen stand und bleibe auf der Grundlage der Verträge. Rudolf Hauck fragt nach den beabsichtigten Veränderungen des Verwaltungsabkom- mens zum deutsch-französischen Jugendwerk. antwortet, daß bei der künftigen Zusammenarbeit eine Neubesinnung nötig sei. Es gebe einen zweiseitigen Vorgang: zum einen eine Schwerpunktverlagerung, zum anderen eine Neustruktur der Verwaltung des Jugendwerks. Das neue Abkommen sehe vor 1. die Zusammenfassung der Verwaltung an einem Ort; bisher Versailles und Rhöndorf, jetzt Bonn; 2. an der Spitze ein Generalsekretär und ein Stellvertreter; 3. Straffung und Integration der Verwaltung. Für die nächsten 6 Jahre solle ein Franzose Generalsekretär werden, danach für 4 Jahre ein Deutscher. Mehrheitsentscheidungen sollen in Zukunft mit 2/3-Mehrheit getroffen werden. In- krafttreten solle das neue Abkommen zum 1. 1. 1974. Lenelotte von Bothmer fragt nach den Absichten der Regierung im Zusammenhang mit den Befreiungsbewegungen in Afrika und verweist auf den diesbezüglichen Parteitags- beschluß. teilt mit, daß er hierüber kürzlich mit Minister Eppler gesprochen habe. Man sei übereingekommen, die Frage behutsam anzugehen. Auch müsse berücksichtigt werden, daß es sich um den Fachbereich des Außenministers handle. Norbert Gansel fragt nach Einzelheiten im Zusammenhang mit dem den Fraktionsan- gehörigen empfohlenen Buch über Deutschland. Herbert Wehner bestätigt, daß er den Ankauf befürwortet habe. Der Text enthalte keine politischen Entschließungen, ein Vergleich der Bilder mit anderen vergleichbaren Büchern zeige, daß diese nüchterner die Bundesrepublik darstellen. Im übrigen sei niemand verpflichtet, das Werk zu kaufen. [B.] 3. Tagesordnung und Ablauf der Plenarsitzungen Karl Wienand teilt mit, daß morgen um 11.00 Uhr zunächst die Einzelpläne 1, 3 und 4 aufgerufen werden und daß Präsenz von Anfang an erforderlich sei. Der Einzelplan 2 folge nach 4, danach gehe es in der Reihenfolge der Pläne weiter. Das Angebot der CDU/CSU, die Einzelpläne aus den Bereichen Finanzen, Wirtschaft, Verkehr und Ent-

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wicklungshilfe am Dienstag aufzurufen, sei akzeptiert worden, nicht dagegen das Ange- bot, die Bereiche Finanzen und Wirtschaft zusammen aufzurufen. Die Debatte werde am Montag durch die Fragestunde von 13–14 Uhr unterbrochen und solle bis 21 Uhr fortgeführt werden. Am Dienstag solle die Debatte um 19 Uhr beendet sein. Falls die 2. Lesung dann wider Erwarten nicht abgeschlossen ist, soll sie am Mittwoch um 9 Uhr weitergeführt werden. Auf jeden Fall solle die 3. Lesung am Mittwoch abgeschlossen sein. Der Vermittlungsausschuß sei für Mittwoch 18 Uhr einberufen. In den Fragen »Ände- rung des StGB« und »Besoldungsgesetz« solle nicht nachgegeben werden. Die Pairing-Vereinbarung gelte in dieser Woche nur dann, wenn Kanzlermehrheiten erforderlich seien. Es sei vereinbart worden, daß mit Kampfabstimmungen gewartet werde, wenn die Anwesenheit aller erforderlich sei. 4. Zweite und dritte Lesung des Haushalts 1973 Karl Haehser gibt eine kurze Einführung anhand der zur Verfügung gestellten Arbeits- unterlage (vgl. Anlage). Er geht kurz auf das Schreiben des Vorsitzenden des Haushalts- ausschusses Leicht ein und spricht das Thema der beabsichtigten Einsparung von 2 000 Planstellen an. Von insgesamt 847 nachgeforderten Stellen habe der Haushaltsausschuß 489 bewilligt. Es folgt eine Erörterung der einzelnen Fachetats: a) Zu 01: keine Wortmeldung b) Zu 02: wenn Wohlrabe (CDU) zur Frage der Diäten spricht, wird Dr. Bernhard Bußmann erwidern. Peter Conradi deutet an, daß in diesem Zusammenhang auch über die Arbeitsbedin- gungen der Abgeordneten gesprochen werden müßte. Er will beantragen, daß die Frak- tion in Fortsetzung der Klausurtagung insoweit einen Beschluß fasse. Hugo Collet hat ebenfalls die Absicht, einiges zu den Arbeitsbedingungen zu sagen. Karl Haehser verweist in diesem Zusammenhang auf die verbesserte Situation gegen- über früher und meint, man könne nicht alles auf einen Schlag verbessern. Dr. Dietrich Sperling hält eine Korrektur des gesamten Diätenrechts für nötig. Es sei eine Gleichstellung zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft erforderlich. Herbert Wehner bemerkt dazu, daß dieser Fragenbereich derzeit erörtert und wohl auch geklärt werde. Peter Reuschenbach fragt, wie es möglich sei, daß von 1971 bis 1973 die Ausgaben für die planmäßigen Beamten um 100 % gestiegen seien. Dr. Bernhard Bußmann erwidert, daß die Zahl der Beamten im Fachbereich von 900 auf rd. 1 500 gestiegen sei; dies sei auf das Vorhaben »Parlamentsreform« zurückzufüh- ren. Dr. Jürgen Schmude kommt auf die beabsichtigte Antragstellung Peter Conradis zu- rück und bittet um Einverständnis, daß im Zusammenhang mit der Aufstellung des Haushalts 1974 wie beantragt verfahren werde. Herbert Wehner sagt dies zu. c) Zu 03 und 04: Karl Haehser hält diese Pläne für unproblematisch. Für die CDU/CSU werde voraussichtlich Herr Carstens sprechen, für uns solle Helmut Esters die Debatte mit einem nüchternen Bericht eröffnen.

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Dr. Alex Möller hat den Eindruck, daß manche die Bedeutung der Abstimmung über den Einzelplan 04 unterschätzen. Er verweist auf die Ereignisse des vergangenen Jahres und fordert, daß an der Abstimmung alle Fraktionsmitglieder teilnehmen. Willy Brandt regt an, daß nach Carstens die beiden Fraktionsvorsitzenden der Koaliti- on sprechen und daß er dann anschließend selbst u. a. zum Komplex Israel reden wolle. setzt sich für eine Entsperrung der Stellen für die vorgesehene Vertretung der BRD in der DDR ein. Herbert Wehner kündigt einen entsprechenden Antrag an. d) Zu 05: Karl Haehser kündigt einen Antrag der CDU/CSU zum Ansatz für Sonder- minister Maihofer an. Hedwig Meermann bittet um Erläuterungen im Zusammenhang mit den einzelnen Ansätzen für 1972. Dieter Lattmann weist darauf hin, daß sich die Opposition bei den Ansätzen dieses Einzelplanes verdächtig wohlfühle. Er regt an, den Ansatz »auswärtige Kulturpolitik« für 1974 genauer zu durchleuchten. e) Zu 06: Hierzu ist von der Opposition eine kurze Debatte angekündigt. Für die SPD- Fraktion wird Rudi Walther sprechen. Harald Schäfer fragt, weshalb für das Umweltbundesamt 155 neue Stellen ausgewiesen seien. Er fragt weiter, weshalb der für den Haushalt zuständige Minister Schmidt nicht anwesend sei. Herbert Wehner entschuldigt , der bei einer Delegiertenkonferenz weile. Rudi Walther erläutert den Stellenansatz des Umweltbundesamtes. Karl Haehser gibt Hinweise zum vorgesehenen Standort des Umweltbundesamts. Dr. Friedrich Schäfer regt in diesem Zusammenhang die Einschaltung je eines Mitglie- des des Haushalts- und des Innenausschusses an. f) Zu 07: Hierzu wird von der CDU/CSU ebenfalls eine kurze Debatte gewünscht. Von uns sollen Paul Simon und u. U. auch einige Rechtspolitiker sprechen. g) Zu 08 und 09: Hierzu wünscht die CDU/CSU eine verbundene Debatte, die von uns abgelehnt wird. Klaus Grobecker und Karl Haehser werden zu 08, Alwin Kulawig und evtl. auch ein Wirtschaftspolitiker (zur Energiepolitik) zu 09 reden. Karl-Heinz Hansen spricht die Absatzfinanzierung des Airbusses an. Peter Conradi fragt, was in diesem Sachzusammenhang unter »mittelfristig« zu verste- hen ist. Hans Hermsdorf erläutert, daß mit Ausgaben erst ab 1974 und in Höhe von etwa 800 Mio. DM zu rechnen ist. Heinrich Müller berichtigt, daß der Ansatz in 1973 für den Airbus 180 Mio. DM betra- ge. Herta Däubler-Gmelin fragt nach der Zukunft des Projekts »Airbus« und regt an, hier- über bald einmal in der Fraktion zu sprechen und eine diesbezügliche Arbeitsgruppe zu bilden. h) Zu 10: Karl Haehser erläutert, daß hier allein für den sozialen Bereich Mehrausgaben in Höhe von 800 Mio. DM vorgesehen seien. Ludwig Feilermaier weist darauf hin, daß ein Betrag von 1 Mio. DM zusätzlich für Fragen der Verbraucheraufklärung ausgewie- sen werde, und meint, daß hierzu in der Debatte etwas gesagt werden solle.

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Karl Haehser regt an, daß dies durch Lothar Löffler miterledigt werden solle. Hans Jürgen Wischnewski fragt, was der Hinweis unter III 4 der Erläuterungen poli- tisch zu bedeuten habe. Lothar Löffler erläutert dies. i) Zu 11: Karl Haehser weist auf einen seitens der CDU/CSU zu erwartenden Antrag wegen Überweisung von 2,5 Mio. DM an die Rentenversicherung hin. In der Debatte wird Claus Grobecker für die Fraktion sprechen. k) Zu 12: Berichterstatter ist Heinrich Müller. Nach verbindlicher Auskunft der Oppo- sition ist keine längere Debatte zu erwarten. Dr. Dietrich Sperling kritisiert die Art der Behandlung des Projekts »Saarkanalisie- rung«. Es sollte insoweit insbesondere auch an die Folgekosten gedacht werden. Er halte die Kanalisierung der Saar nicht für sinnvoll. Es sei besser, das Geld für notwendigere Investitionen auszugeben. Heinrich Müller bringt in diesem Zusammenhang auch das Thema »Vertiefung der Elbe« ins Gespräch, wofür ein Leertitel vorgesehen sei. Herr Leicht werde dies zum Anlaß nehmen, ebenfalls einen Leertitel für die Saarkanalisierung zu fordern. Im Haus- haltsausschuß habe man insoweit beschlossen, daß das Projekt für 1973 noch nicht etat- reif sei. Alwin Kulawig setzt sich in längeren Ausführungen für das Projekt der Saarkanalisie- rung ein, weist auf einen entsprechenden Beschluß des Bundeskabinetts hin und fragt, wie man sich verhalten wolle, wenn die Opposition einen entsprechenden Antrag stelle. Seit langem hätten sich alle Bundesregierungen für die Saarkanalisierung ausgesprochen, die Saarbevölkerung sei für die Schiffbarmachung, dies sei für die Bevölkerung auch eine Existenzfrage. Holger Börner spricht sich ebenfalls für das Projekt aus. Man dürfe nicht nur auf die Kosten sehen, sondern müsse auch die allgemeinen politischen Auswirkungen im Auge behalten. Er weist auf die kommenden Landtagswahlen hin. Minister Dr. Lauritzen äußert Skepsis bei Kosten/Nutzen-Analysen für Wasserstraßen, weist auf Erfordernisse der Landschaftspflege hin und ist hinsichtlich der Folgelasten anderer Ansicht als Dr. Dietrich Sperling. Dr. Klaus Dieter Arndt bittet Dr. Dietrich Sperling, auf seine Intervention zu verzich- ten. Hansmartin Simpfendörfer meint, daß die Gegner des Projekts es aus unterschiedlichen Motivationen für nicht etatreif halten. Hermann Dürr wendet ein, daß die Debatte um die einfache Frage gehe, ob ein Kabi- nettsbeschluß desavouiert werden solle. Er verneine dies, auch im Hinblick auf europäi- sche Rechtsvorschriften und zu erwartende politische Schwierigkeiten. Dr. Andreas von Bülow betont, daß er ganz allgemein ein Gegner des Ausbaus von Wasserstraßen sei. Dennoch wolle er in diesem Fall Alwin Kulawig unterstützen. Man solle den Wortlaut einer Entschließung dazu so formulieren, daß die einstimmig verab- schiedete Entschließung des Haushaltsausschusses nicht desavouiert werde. Hugo Collet bittet, daß von unserem Redner auch der Aspekt der Westpfalz angespro- chen werde. Dr. Dietrich Sperling bittet so verstanden zu werden, daß er nicht allgemein ein Gegner von Hilfen für die Saar sei.

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Alwin Brück meint, daß das Ergebnis der letzten Bundestagswahl an der Saar (48 % für SPD) jetzt nicht vor den Landtagswahlen gefährdet werden dürfe. Willy Brandt betont, daß er der Debatte mit Interesse zugehört habe. Er meint, in der Einschätzung der politischen Chancen an der Saar »stecke etwas leicht Religiöses drin«. Er bedauert, daß dem Haushaltsausschuß nicht ausreichend über den Kabinettsent- schluß berichtet worden sei. Im Kabinett habe sogar der Finanzminister aus seiner Doppelverantwortung heraus für den Saar-Beschluß gestimmt. Philipp Seibert verneint die Bedeutung der Problematik in Bezug auf die Landtagswahl und fragt nach der im Haushaltsrecht vorgeschriebenen Kostenanalyse. Peter Conradi befürchtet, daß bei einer positiven Entscheidung langfristig Milliarden- Verbindlichkeiten entstehen. Hans-Jürgen Junghans verneint, daß über das Projekt zu schnell entschieden worden sei. Die Kabinettsentscheidung sei nicht leichtfertig erfolgt. Dr. ist der gleichen Ansicht und weist nochmals auf den Zusam- menhang mit den Landtagswahlen hin. weist darauf hin, daß es um eine politische Entscheidung gehe. Der Bau des Kanals sei politisch erforderlich und wirtschaftlich sinnvoll. Hans Urbaniak weist auf die Erfahrungen mit der Stillegung von Bergwerken hin. Es sei vor allem schwer, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Bei Ablehnung der Kanalisierung ergäben sich für die SPD unabsehbare Konsequenzen. Holger Börner kommt auf das Thema »Airbus« zurück und verweist auf das bisherige Monopol der Amerikaner in diesem Bereich. Beim Projekt der Saarkanalisierung müsse man auch die Kosten für die sonst notwendige Sicherung der Arbeitsplätze beachten. Hans Hermsdorf verweist zum Thema »Airbus« darauf, daß bei einem Abbruch des Projekts zum jetzigen Zeitpunkt bereits 1,5 Milliarden DM an Kosten entstünden. weist auf die bis 1977 verlängerten Sondertarife für die Bundesbahn an der Saar hin. Die Europäische Behörde werde eine weitere Verlängerung der Sondertarife nicht gewähren, wenn nicht mit der Kanalisierung begonnen werde. Das sei aber dann gleichbedeutend mit dem Tod der Hütten. Herbert Wehner schlägt vor, eine Entschließung des aus Anlage 2 zu diesem Protokoll hervorgehenden Wortlauts zu beschließen und vorzulegen (Anmerkung: Nach Inter- vention von Hansmartin Simpfendörfer u. a. wurde der Wortlaut unter Federführung von Heinrich Müller in die aus Anlage 2 ersichtliche Fassung gebracht). Der Wortlaut des Entschließungsentwurfs wird mit klarer Mehrheit gegen einige Gegenstimmen an- genommen. l) Zu 14: Es wird auf den Anstieg der Personalkosten hingewiesen. Sprecher für die Fraktion in der Debatte sind Peter Würtz und Dr. Bernhard Bußmann. Georg Schlaga macht darauf aufmerksam, daß nach seiner Ausrechnung die Steige- rungsrate hier 8,9 % betrage und die Kosten der Saarkanalisierung hiergegen ein Ta- schengeld seien. Er fragt u. a. danach, ob MRCA ein politisches Projekt sei, das nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Georg Leber hat den Stückzahlpreis nicht präsent, meint jedoch, daß man unter die vorgesehene Anschaffungszahl von 322 nicht gehen dürfe, wenn das ganze praktikabel bleiben solle. Derzeit befinde man sich in der Phase der Produktionsvorbereitung. Die BRD habe hierbei ein beträchtliches »know how« gewonnen. Nach seiner Ansicht sei das Flugzeug in der Lage, das zu halten, was es verspreche. Bei Aufgabe des Projekts entstehe die Frage, was als Ersatz angeschafft werden sollte. Die USA würden in diesem

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Fall einspringen und für den Ersatz mindestens den gleichen Preis verlangen. Außerdem habe das Projekt »MRCA« neben dem militärischen Charakter auch politische Bedeu- tung. Er sei bereit, das Thema MRCA in etwa einem ½ Jahr in der Fraktion zu erörtern. Karl-Heinz Hansen greift diese Anregung dankbar auf und findet es interessant, daß die Frage nach Preis und Folgekosten nie genannt werde. Es gehe hierbei nicht so sehr um die angeblichen Arbeitsplätze, sondern um Vorteile für die Rüstungslobby. Karl Haehser bedauert den Verlauf der Debatte und meint, die diesbezüglichen Pro- bleme müßten in der Arbeitsgruppe besprochen werden. In der Arbeitsgruppe Haushalt sei die Gelegenheit hierzu nicht wahrgenommen worden. Hermann Dürr bittet, insoweit nicht detailliert nach Zahlen zu fragen. Georg Schlaga schlägt vor, die Angelegenheit demnächst auf die TO der Arbeitsgruppe zu setzen. Herbert Wehner unterstützt Karl Haehser und fragt nach einem etwaigen Antrag, den Einzelplan zu ändern. Manfred Coppik meint, die Diskussion habe gezeigt, daß im Epl. 14 Probleme stecken. Er frage sich, ob die Ansätze der Höhe nach berechtigt seien und wie es mit dem Be- kenntnis zu den Parteitagsbeschlüssen von Hannover bestellt sei. Der Antrag, den Weh- retat einzufrieren, sei in Hannover nicht abgelehnt, sondern als Material an die BT- Fraktion überwiesen worden. Er ist persönlich der Ansicht, der Wehretat sei geringzu- halten. Er habe der Arbeitsgruppe Haushalt 78 Änderungsvorschläge vorgelegt, die jedoch überhaupt nicht diskutiert worden seien. Er sei deshalb nicht imstande, dem Einzelplan 14 zuzustimmen. Hermann Schmidt (Würgendorf) ist bereit, über die Fragen Coppiks zu diskutieren. Wegen der Streichungsvorschläge in Höhe von 2 Milliarden DM habe er jedoch den Eindruck gewonnen, daß Coppik selbst eingesehen habe, daß es so nicht gehe. meint zur Frage »MRCA«, er sage persönlich hierzu eher »nein« als »ja«. Heute sei hierüber jedenfalls eine Entscheidung nicht möglich. Im Herbst solle dies zunächst in der Arbeitsgruppe und dann in der Fraktion besprochen werden. Zu den Vorschlägen Coppiks meint er, das Einfrieren bedeute in Wirklichkeit eine Kürzung um 2 Milliarden DM. Er habe die Bitte, im Herbst über eine neue Wehrstruktur zu diskutieren und heute nur eine Entscheidung über die Fortführung der Entwicklungs- phase zu treffen. Andreas von Bülow betont, daß der Epl. 14 in der Arbeitsgruppe zweimal beraten wor- den sei und Coppik das zweite Mal nicht anwesend gewesen sei. Er halte dies für un- möglich. Werner Buchstaller stellt fest, daß Grundlage der Diskussion nicht die Parteitagsbe- schlüsse von Hannover, sondern die Vorlage der Bundesregierung gewesen seien. Kurt Mattick hält die Diskussion für zu ausführlich und betont, daß der AK I das Pro- jekt »MRCA« bereits diskutiert hat. Georg Leber weist darauf hin, daß das Projekt »MRCA« bereits aus 1967 stammt. Man müsse sich auch den dahinterstehenden realen Sachverhalt vergegenwärtigen. Manfred Coppik betont, daß in der Arbeitsgruppe keine Bereitschaft zu Kürzungen bestanden habe.

Hermann Reiser stellt sich z. T. hinter die Ausführungen Coppiks. So sei er z. B. als Mitberichterstatter des Marinehaushalts nicht in der Lage gewesen, genaue Informatio- nen zu erlangen.

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Dr. Klaus Dieter Arndt meint, mit Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit müsse man u. U. gewisse Projekte zurückstellen. m) Zu 15: Keine Wortmeldung! n) Zu 19: Zwischenrufe: Ablehnen! o) Zu 20 teilt Karl Haehser mit, daß vom Haushaltsausschuß für 1974 mehr und qualifi- ziertere Stellen in Aussicht gestellt worden seien. p) Zu 23: Keine Wortmeldung! q) Zu 25 nennt Karl Haehser die Gründe für die Erhöhung der Ansätze. Seitens der CDU/CSU ist eine kurze Debatte angekündigt. r) Zu 27 deutet Karl Haehser die Möglichkeit einer kurzen Debatte an. s) Zu 30 weist Karl Haehser auf mögliche Angriffspunkte der Opposition hin. Die CDU/CSU hat eine kurze Debatte angekündigt. t) Zu 31 weist Karl Haehser ebenfalls auf mögliche Angriffspunkte der Opposition hin. u) Zu 32 und 60 ist eine Abwehr von zu erwartenden Anträgen der Opposition nötig. v) Zu 33, 35, 36: Keine Wortmeldung! Karl Haehser bittet abschließend zur Sitzordnung während der Plenardebatte, daß die Mitglieder der Arbeitsgruppe Haushalt als Berichterstatter ausnahmsweise in den ersten Reihen Platz nehmen dürfen. Harald Schäfer greift anschließend nochmals das Thema »Entschließung Saarkanalisie- rung« auf. Nach kurzer Diskussion, an der sich Herbert Wehner, Karl Haehser, Ludwig Fellermaier, Dr. Klaus Dieter Arndt und Heinrich Müller beteiligen, wird die Abstim- mung über den vorliegenden Entwurf einer Entschließung wiederholt (Anlage 2, vgl. 4 k am Ende). Erneut wird dem Wortlaut mit klarer Mehrheit zugestimmt. [C.] Zu 5. Kleine Anfrage betr. Sportförderung in den Entwicklungsländern (Anlage 3) Lothar Wrede erläutert, daß der Text in der Arbeitsgruppe und mit der FDP abge- stimmt ist. Die Anfrage wird einstimmig genehmigt. Zu 6. Kleine Anfrage zur Erhebung umweltrelevanter Daten bei der Wohnungszählung 1973 Keine Wortmeldung! Zu 7. Rundfunkrat Deutschlandfunk Manfred Schulte betont unter Hinweis auf die Ausführungen Herbert Wehners, daß eine abschließende Darstellung derzeit noch nicht möglich sei. Zu 8. Verschiedenes Herbert Wehner nennt die vorgeschlagenen Mitglieder der Fraktion für die Jugoslawi- en-Reise vom 3.–7. 9. Hans Urbaniak teilt mit, daß die Genannten in der Arbeitsgruppe nominiert worden seien. Kurt Mattick schlägt vor, daß zusätzlich ein Mitglied der deutsch-jugoslawischen Par- lamentariergruppe an der Reise teilnehmen solle. Die Fraktion ist hiermit einverstan- den. Auf Vorschlag Herbert Wehners wird Hellmut Sieglerschmidt einstimmig zum Obmann im Untersuchungsausschuß gewählt.

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