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2,50 € 2 0 0 6 | 2 0 0 7 SAISON SO 03.09.06 PITTSBURGH SYMPHONY ORCHESTRA pittsburgh_programmheft_089.indd 1 25.08.2006 17:31:34 Uhr Sarah Chang 2|3 pittsburgh_programmheft_089.indd 2 25.08.2006 17:31:34 Uhr KONZERTHAUS DORTMUND Sonntag, 3. September 2006, 20 Uhr Dauer: ca. 1 Stunde 45 inklusive Pause SAISONERÖFFNUNG PITTSBURGH SYMPHONY ORCHESTRA Hans Graf Dirigent Sarah Chang Violine Abo: Orchesterzyklus I Wir bitten um Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung nicht gestattet sind. Präsentiert durch Das Orchester wird unterstützt durch PITTSBURGH SYMPHONY ORCHESTRA pittsburgh_programmheft_089.indd 3 25.08.2006 17:31:35 Uhr PROGRAMM Richard Strauss (1864-1949) Don Juan, Tondichtung für großes Orchester, op. 20 (nach einem Gedicht von Nikolaus Lenau) Allegro molto con brio Jean Sibelius (1865-1957) Konzert für Violine und Orchester d-moll, op. 47 Allegro moderato Adagio di molto Allegro, ma non tanto Pause Sergej Rachmaninow (1873-1943) Sinfonie Nr. 2 e-moll, op. 27 Largo – Allegro moderato Allegro molto Adagio Allegro vivace 4|5 pittsburgh_programmheft_089.indd 4 25.08.2006 17:31:35 Uhr Musik als Verführung RICHARD STRAUSS‘ TONDICHTUNG DON JUAN Furios von den Celli bis zu den Flöten auffahrend, ungestüm und unwiderstehlich setzt die Musik in Don Juan ein. Dieser für seine Zeit einzigartige Beginn ist berühmt geworden; eher ist es eine höchst temperamentvolle musikalische Geste denn ein ausgearbeitetes Thema. Gezeigt wird jedoch ganz eindeutig: Don Juan, neben Faust die wohl bekannteste Gestalt der Weltliteratur, ist selbstbewusst und abenteuerlustig. Selbst- bewusst ist der 1888 vierundzwanzigjährige Richard Strauss auch; freilich nicht als ein Don Juan – mit der Sängerin Pauline de Ahna wird er eine treue bürgerliche Ehe führen –, aber selbst- bewusst als Dirigent und Komponist. Von einem Erfolg eilt er zum nächsten. Im Don Juan stellt er den modernen Bürgerschreck dar, schielt aber zugleich, und wer würde es einem Komponisten verdenken, auf die Publikumsgunst. Das Erfolgsrezept ei- nes bezwingenden Anfangs gibt Strauss dann an einen Avantgarde-Kollegen ganz anderer Art weiter: „Es ist ein Fehler“, erfuhr der amüsierte Igor Strawinsky, „dass Sie Ihr Stück pianissimo anfangen lassen. Da hört das Publikum niemals WERKE pittsburgh_programmheft_089.indd 5 25.08.2006 17:31:35 Uhr en Zauberkreis, den unermesslich weiten, Von vielfach reizend schönen Weiblichkeiten D Möcht‘ ich durchziehn im Sturme des Genusses, Am Mund der letzten sterben eines Kusses. O Freund, durch alle Räume möcht‘ ich fliegen, Wo eine Schönheit blüht, hinknien vor jede Und, wär’s auch nur für Augenblicke, siegen. Ich fliehe Überdruss und Lustermattung, Erhalte frisch im Dienste mich des Schönen, Die einzle kränkend schwärm‘ ich für die Gattung. Der Odem einer Frau, heut Frühlingsduft, Drückt morgen mich vielleicht wie Kerkerluft. Wenn wechselnd ich mit meiner Liebe wandle Im weiten Kreis der schönen Frauen, Ist meine Lieb‘ an jeder eine andre; Nicht aus Ruinen will ich Tempel bauen. Ja! Leidenschaft ist immer nur die neue; Sie lässt sich nicht von der zu jener bringen, Sie kann nur sterben hier, dort neu entspringen, Und kennt sie sich, so weiss sie nichts von Reue. Wie jede Schönheit einzig in der Welt, So ist es auch die Lieb‘, der sie gefällt. Hinaus und fort nach immer neuen Siegen. So lang der Jugend Feuerpulse fliegen! Es war ein schöner Sturm, der mich getrieben, Er hat vertobt und Stille ist geblieben. Scheintot ist alles Wünschen, alles Hoffen; Vielleicht ein Blitz aus Höh’n, die ich verachtet, Hat tödlich meine Liebeskraft getroffen, Und plötzlich ward die Welt mir wüst, umnachtet; Vielleicht auch nicht; – der Brennstoff ist verzehrt; Und kalt und dunkel ward es auf dem Herd. aus Nikolaus Lenau: Don Juan (1844) 6|7 6 pittsburgh_programmheft_089.indd 6 25.08.2006 17:31:35 Uhr zu. Man muss es beim ersten Akkord durch großes Getöse überraschen, dann folgt es sogleich“. Und auch zu Abenteuern geneigt zeigt sich Strauss in Don Juan, seinem dritten programmatischen Werk nach Aus Italien und Macbeth. Er verlässt das sichere Fahrwasser von klassischer Sonaten- und Variationenform – aufgebrauchte und einengende Schläuche nach seiner Ansicht, in die ein Brahms („der lederne Johannes“) noch neuen Wein gießen wollte. Wagner und Liszt wa- ren Strauss‘ musikalische Götter. Franz Liszt hatte die Gattung der Sinfonischen Dichtung mit ihrem außermusikalischen Programm begründet. Aber auch von ihm hatte Strauss sich nun etabliert: In Don Juan ist er unverkennbar er selbst. Mit traumwandlerischer Sicherheit komponierte er ein nahezu vollkommenes Werk. Die Melodieerfindung ist prägnant, das Orchesterkolorit lässt bereits den glänzenden Instrumentator erkennen, und die Form ist individuell aus der Werk- idee gewachsen. Mit dem am 11. November 1889 in Weimar uraufgeführten Don Juan war ein Durchbruch erreicht; Strauss war berühmt. Die Ursprünge des Werkes reichen in das Jahr 1887 mit den Feiern zum hundertsten Jubiläum von Mozarts Don Giovanni zurück, die Vertonung des Don- Juan-Stoffes schlechthin. Davon inspiriert, wählte Strauss als literarische Vorlage für sein Opus 20 drei Abschnitte aus der Don-Juan-Dichtung von Nikolaus Lenau, die er der Partitur voranstellte. Sie geben keine Handlung vor, nach der sich der Verlauf der Musik richtet, sondern umreißen in einer Art Psychogramm des Hel- den die „poetische Idee“ des Werkes. Don Juan ist der dionysisch Rauschhafte, der vornehme Freigeist ohne Maß, dafür mit selbstverantworteter Unmoral, der zuletzt in Schönheit untergeht. Wenn ihm das „Heldenthema“ mit siegreichen Fanfaren der Hörner (also Jagdinstrumenten) zugestanden wird, die „weiblichen“ Violin- und Oboenstimmen in der Partitur dagegen die Vortragsanweisung „flebi- le“ (leidend) erhalten, so birgt dies für unser heutiges Verständnis einen gewis- sen Chauvinismus, der freilich dem Stoff selbst innewohnt. Doch Untugend und Schrecken werden von der Musik überhöht. Das „Heldenthema“ und die zarteren WERKE pittsburgh_programmheft_089.indd 7 25.08.2006 17:31:35 Uhr Nebenthemen der Streicher und Oboe wechseln sich rondoartig ab und suggerie- ren die 1003 Liebschaften Don Juans. Leise der Schluss: Eine Dissonanz in den Trompeten schneidet in einen a-moll-Akkord; der Held gibt sich im Duell freiwil- lig dem Degen des Gegners hin; ein alternder und seiner Liebeskraft beraubter Don Juan wäre nicht denkbar. Strauss äußerte später, seine Tondichtungen seien Vorarbeiten zu Salome und den nachfolgenden Opern gewesen. Tatsächlich über- wiegt in der letzten Tondichtung Eine Alpensinfonie das Illustrative in der Musik, was ihn eine Sackgasse fürchten lassen musste. Mit der Oper Capriccio sah Strauss 1942 sein Lebenswerk abgeschlos- sen. Einige Kompositionen, die er noch schrieb, betrachtete er untertreibend als „Handgelenksübungen“. Eine solche ist das Oboenkonzert, zu dem er von dem Oboisten des Pittsburgh Symphony Orchestra, John DeLancie, angeregt wurde. Er befand sich 1945 unter den US-Soldaten, die Garmisch, Strauss‘ Wohnort, befreiten. Am 30. April 1945 waren Panzer vor die Villa vorgefahren. „Es glaubt mir niemand, aber ich schwöre“, berichtete Strauss-Enkel Richard: „auf einem Panzer saß ein Ami-Soldat und pfiff das Don Juan-Thema!“ „Flattertanz über den finnischen Weiten“ ZUM VIOLINKONZERT VON JEAN SIBELIUS Mit Jean Sibelius habe die Musiktradition in Finnland eigentlich erst begonnen, heißt es in vielen Veröffentlichungen über den in seinem Heimatland geradezu als Kulturdenkmal verehrten Komponisten. Gegen Ende der 1890er Jahre trug er als Nationalkomponist zur Unabhängigkeitsbewegung in seinem Lande bei, das unter russischer Verwaltung durch Zar Nikolaus II. schweren Repressionen ausgesetzt war. Die Tondichtung Finlandia ist populärstes Beispiel hierfür. Sibe- lius studierte in Helsinki, Berlin – wo er den Don Juan hörte – und Wien, dort 8|9 pittsburgh_programmheft_089.indd 8 25.08.2006 17:31:35 Uhr bei dem Brahms-Anhänger Robert Fuchs. Weni- ger zu Brahms fühlte er sich jedoch hingezogen als eher noch zu Bruckner und Tschaikowsky. In Bayreuth unternahm er lieber Ausflüge in die schöne Umgebung, als die Opern Wagners aus- führlich kennen zu lernen. Sibelius, dessen Lebenszeit bis weit in das 20. Jahrhundert hineinreichte, beschritt ei- nen Sonderweg, ohne sich – wie auch Strauss und wie Rachmaninow – von der Tonalität zu lösen. In seinen zahlreichen Tondichtungen, sie- ben Sinfonien und im Violinkonzert fand er einen unverwechselbaren Stil, der „finnisch“ geprägt ist, aber universal-musikalische Bedeutung trägt. Die dunklen Stimmungen Finnlands, die weiten, herben Landstriche, sind in die Partitu- ren des Naturschwärmers Sibelius eingeflossen. „Auf dem Lande habe ich bisweilen Obertöne von einem Roggenfeld gehört“, ließ er seine erstaun- ten Schüler wissen. 1929 veröffentlichte er, vier- undsechzigjährig, sein letztes Werk, Drei Stücke für Violine und Klavier op. 116. Alles später Ent- standene vernichtete der überaus selbstkritische Komponist vor seinem Tod. Sibelius‘ einziges Violinkonzert in d-moll durchlief eine schwie- rige Entstehungsphase. Willy Burmester, einer der bekanntesten Geiger seiner Zeit, bat den Komponisten 1902 um ein neues Konzert und WERKE pittsburgh_programmheft_089.indd 9 25.08.2006 17:31:35 Uhr versprach die Uraufführung für März 1904. Sibelius war dies zu spät. Er erhoff- te sich dringend benötigte Geldeinnahmen von dem Werk und arrangierte eine frühere Aufführung mit dem Konzertmeister des Philharmonischen Orchesters Helsinki. Der Solist war den großen technischen Herausforderungen aber nicht gewachsen – Sibelius erntete vernichtende