Thüringer Landtag Plenarprotokoll 6/13 6. Wahlperiode 30.04.2015

13. Sitzung

Donnerstag, den 30.04.2015

Erfurt, Plenarsaal

a) Thüringer Gesetz über die 786, Feststellung des Landeshaus- haltsplans für das Haushalts- jahr 2015 Gesetzentwurf der Landesregie- rung - Drucksache 6/513 - ERSTE BERATUNG b) Mittelfristiger Finanzplan für 786, die Jahre 2014 bis 2018 für den Freistaat Thüringen Unterrichtung durch die Landes- regierung - Drucksache 6/514 - c) Bericht über den Stand und 786, die voraussichtliche Entwick- lung der Finanzwirtschaft des Landes Unterrichtung durch die Finanz- ministerin - Drucksache 6/515 - Der Gesetzentwurf sowie der Mittelfristige Finanzplan für die Jahre 2014 bis 2018 für den Freistaat Thüringen und der Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft des Landes werden jeweils an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen.

Taubert, Finanzministerin 786, 778 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

Mohring, CDU 794, 802, 802, 802, 832, Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 802, Huster, DIE LINKE 804, Höcke, AfD 807, 813, 813, 814, Hey, SPD 815, Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 818, Kowalleck, CDU 823, Kießling, AfD 824, Ramelow, Ministerpräsident 827, Kuschel, DIE LINKE 837,

Fragestunde 838, a) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Wirkner (CDU) 838, Finanzierung des Theaters in Rudolstadt - Drucksache 6/410 - wird von Minister Prof. Dr. Hoff beantwortet. Zusatzfrage. Wirkner, CDU 838, 839, 839, 839, Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei 839, 839, 840, b) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Leukefeld (DIE LINKE) 840, Pilotprojekt für Flüchtlingsausbildung - Drucksache 6/411 - wird von Ministerin Werner beantwortet. Zusatzfragen. Leukefeld, DIE LINKE 840, 841, Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 840, 841, 841, Berninger, DIE LINKE 841, c) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Korschewsky (DIE LINKE) 841, Effekte bei der Einführung einer Bettensteuer bzw. Kulturförderabgabe im Freistaat Thüringen – nachgefragt - Drucksache 6/412 - wird von Minister Tiefensee beantwortet. Zusatzfrage. Zur Beantwortung der Zu- satzfrage des Abgeordneten Korschewsky sagte Minister Tiefensee eine Prüfung zu. Korschewsky, DIE LINKE 842, 843, Tiefensee, Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 842, 843, d) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Mitteldorf (DIE LINKE) 843, Volontariatsprogramm des Landes - Drucksache 6/424 - wird von Minister Prof. Dr. Hoff beantwortet. Zusatzfragen. Mitteldorf, DIE LINKE 843, 844, Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 779

Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei 844, 845, e) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Lukasch (DIE LINKE) 845, Windkraftanlagen in der Gemeinde Heukewalde (Landkreis Altenburger Land) - Drucksache 6/435 - wird von Ministerin Keller beantwortet. Lukasch, DIE LINKE 845, Keller, Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft 845, f) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Müller (DIE LINKE) 846, Straßenbauvorhaben Bundesstraße (B) 62 - Drucksache 6/436 - wird von Ministerin Keller beantwortet. Müller, DIE LINKE 846, Keller, Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft 847, g) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Malsch (CDU) 847, Doppelabsicherung der Thüringer Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz - Drucksache 6/439 - wird von Staatssekretär Möller beantwortet. Zusatzfragen. Malsch, CDU 847, 848, 848, Möller, Staatssekretär 847, 848, 848, h) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Walk (CDU) 848, „Besuch von Thüringer Schulklassen in Gedenkstätten, hier: Point Alpha – Fehlende Unterstützung im Jubiläumsjahr der Deutschen Einheit 2015“ - Drucksache 6/456 - wird von Minister Prof. Dr. Hoff beantwortet. Zusatzfragen. Walk, CDU 848, 849, 849, 849, Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei 849, 849, 849, 849, i) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Liebetrau (CDU) 850, Beschilderung der 3. Thüringer Landesgartenschau in Schmalkalden - Drucksache 6/459 - wird von Ministerin Keller beantwortet. Zusatzfrage. Zur Beantwortung der Zusatz- frage der Abgeordneten Liebetrau sagte Ministerin Keller eine Prüfung zu. Liebetrau, CDU 850, 850, Keller, Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft 850, 850, 780 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

j) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Brandner (AfD) 851, Nutzung von Dienstfahrzeugen zur Demonstrationsteilnahme durch Mitglieder der Landesregierung? - Drucksache 6/478 - wird von Ministerin Taubert beantwortet. Zusatzfragen. Brandner, AfD 851, 851, 852, Taubert, Finanzministerin 851, 852, 852, k) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kowalleck (CDU) 852, Finanzierung einer Drehleiter für die Freiwillige Feuerwehr Gräfenthal - Drucksache 6/486 - wird von Staatssekretär Götze beantwortet. Zusatzfragen. Kowalleck, CDU 852, 853, 853, Götze, Staatssekretär 852, 853, 854, l) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Krumpe (AfD) 854, Energie- und umweltpolitische Konsequenzen aus dem Ausbau Erneuerbarer Ener- gien - Drucksache 6/487 - wird von Staatssekretär Möller beantwortet. Zusatzfragen. Krumpe, AfD 854, 855, 855, Möller, Staatssekretär 854, 855, 855, m) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Henke (AfD) 855, Verschlüsselung wichtiger Aufgabenbereiche im Kommunalen Finanzausgleich - Drucksache 6/489 - wird von Staatssekretär Götze beantwortet. Zusatzfrage. Henke, AfD 855, 856, 856, Götze, Staatssekretär 855, 856, n) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Rothe-Beinlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 856, NEN) Aktueller Stand der Planungen beim Altlastengroßprojekt Rositz - Drucksache 6/494 - wird von Staatssekretär Möller beantwortet. Zusatzfrage. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 856, Möller, Staatssekretär 856, 857, 857, Kummer, DIE LINKE 857, Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 781

o) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel (DIE LINKE) 857, Bedarfszuweisungen für die Erstellung von Haushaltssicherungskonzepten - Drucksache 6/496 - wird von Staatssekretär Götze beantwortet. Zusatzfragen. Staatssekretär Götze sagte dem Abgeordneten Kuschel die schriftliche Beantwortung seiner Zusatzfra- gen zu. Kuschel, DIE LINKE 857, 858, Götze, Staatssekretär 858, 858, p) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fiedler (CDU) 858, Haltung der Landesregierung zur Einführung eines „Schutzparagraphen 112“? - Drucksache 6/498 - wird von Staatssekretär Götze beantwortet. Zusatzfrage. Fiedler, CDU 858, 859, Götze, Staatssekretär 859, 860, q) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Herold (AfD) 860, Sprach- und Fachkenntnisse von Ärzten und Zahnärzten aus Nicht-EU-Ländern - Drucksache 6/501 - wird von Ministerin Werner beantwortet. Zusatzfragen. Ministerin Werner sagte der Abgeordneten Herold in Beantwortung ihrer 2. Zusatzfrage zu, die Dokumentation des Flüchtlingsgipfels zur Verfügung zu stellen. Herold, AfD 860, 861, 861, Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 860, 861, 861, r) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Muhsal (AfD) 861, Neuausrichtung der Familienpolitik in Thüringen - Drucksache 6/502 - wird von Ministerin Werner beantwortet. Muhsal, AfD 861, Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 861, s) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Möller (AfD) 862, Weiterbildungsbedarf von Ärzten und Zahnärzten aus Nicht-EU-Ländern - Drucksache 6/503 - wird von Ministerin Werner beantwortet. Möller, AfD 862, Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 862, t) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kobelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 862, Regulierung der Anwendung der Fracking-Technologie - Drucksache 6/504 - wird von Staatssekretär Möller beantwortet. Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 862, 782 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

Möller, Staatssekretär 863, 863,

Wahl eines weiteren stimmbe- 863, rechtigten Mitglieds des erwei- terten Gremiums nach § 4 des Thüringer Gesetzes zur Über- prüfung von Abgeordneten so- wie dessen Ersatzmitglieds Wahlvorschlag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/541 - Der Wahlvorschlag der Fraktion der AfD – Drucksache 6/541 – wird in geheimer Wahl bei 88 abgegebenen gültigen Stimmen mit 46 Ja- stimmen, 33 Neinstimmen und 9 Enthaltungen mit der erforderlichen Mehrheit der Mitglieder des Landtags angenommen.

Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 864, Tischner, CDU 864,

Wahl einer neuen Schriftführe- 864, rin Wahlvorschlag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 6/467 - Der Wahlvorschlag wird angenommen.

Erstes Gesetz zur Änderung 864, des Thüringer Kommunalhaus- haltssicherungsprogrammge- setzes Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/221 - dazu: Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunalaus- schusses - Drucksache 6/538 - dazu: Änderungsantrag der Frak- tionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drucksache 6/552 - ZWEITE BERATUNG Der Änderungsantrag wird angenommen.

Die Beschlussempfehlung wird unter Berücksichtigung der Annahme des Änderungsantrags angenommen.

Der Gesetzentwurf wird in ZWEITER BERATUNG unter Berücksich- tigung der Annahme der Beschlussempfehlung in namentlicher Ab- stimmung bei 87 abgegebenen Stimmen mit 46 Jastimmen und 41 Neinstimmen (Anlage 1) und in der Schlussabstimmung ange- nommen. Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 783

Dittes, DIE LINKE 865, Höhn, SPD 865, 867, Kalich, DIE LINKE 868, Thamm, CDU 869, Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 870, 871, 871, 871, Fiedler, CDU 871, 875, Henke, AfD 872, Kuschel, DIE LINKE 873, Harzer, DIE LINKE 878, Brandner, AfD 879, Dr. Poppenhäger, Minister für Inneres und Kommunales 880, Primas, CDU 881,

Thüringer Gesetz zur Ausfüh- 882, rung des Bundesmeldege- setzes und zur Anpassung von Landesvorschriften Gesetzentwurf der Landesregie- rung - Drucksache 6/495 - ERSTE BERATUNG Der Gesetzentwurf wird an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen.

Götze, Staatssekretär 882, 882, Brandner, AfD 883, Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 883, Walk, CDU 884, Dittes, DIE LINKE 884, Marx, SPD 885,

Bürgerwillen respektieren – 885, Thüringer Wald ohne Pumpspeicheroberbecken am Rennsteig Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/506 - Ministerin Siegesmund erstattet einen Sofortbericht zu Nummer III des Antrags. Die Erfüllung des Berichtsersuchens wird festgestellt.

Die Nummern I und II des Antrags werden in namentlicher Abstim- mung bei 82 abgegebenen Stimmen mit 30 Jastimmen und 52 Nein- stimmen (Anlage 2) abgelehnt.

Siegesmund, Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz 886, Gruhner, CDU 889, 890, Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 892, 893, Möller, AfD 894, Mühlbauer, SPD 897, 900, 900, Brandner, AfD 900, Kummer, DIE LINKE 900, Ramelow, Ministerpräsident 903, 904, 904, 905, 905, Heym, CDU 904, 905, 905, 784 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

Liebetrau, CDU 906, 907, 908, Primas, CDU 908, Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 785

Anwesenheit der Abgeordneten: Fraktion der CDU:

Bühl, Carius, Fiedler, Floßmann, Geibert, Grob, Gruhner, Herrgott, Heym, Holbe, Holzapfel, Kellner, Kowalleck, Lehmann, Lieberknecht, Liebetrau, Malsch, Meißner, Mohring, Primas, Reinholz, Scherer, Schulze, Thamm, Tischner, Dr. Voigt, Walk, Walsmann, Wirkner, Worm, Wucherpfennig, Zippel

Fraktion DIE LINKE:

Berninger, Blechschmidt, Dittes, Engel, Hande, Harzer, Hausold, Hennig-Wellsow, Huster, Jung, Kalich, König, Korschewsky, Kräuter, Kubitzki, Kummer, Kuschel, Leukefeld, Lukasch, Dr. Lukin, Dr. Martin-Gehl, Mitteldorf, Müller, Schaft, Dr. Scheringer-Wright, Skibbe, Stange, Wolf

Fraktion der SPD:

Becker, Hey, Höhn, Lehmann, Marx, Matschie, Mühlbauer, Pelke, Dr. Pidde, Rosin, Taubert, Warnecke

Fraktion der AfD:

Brandner, Helmerich, Henke, Herold, Höcke, Kießling, Krumpe, Möller, Muhsal, Rudy

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Adams, Henfling, Kobelt, Pfefferlein, Rothe-Beinlich, Siegesmund fraktionslos:

Gentele

Anwesenheit der Mitglieder der Landesregierung: Ministerpräsident Ramelow, die Minister Taubert, Prof. Dr. Hoff, Keller, Dr. Klaubert, Dr. Poppenhäger, Siegesmund, Tiefensee, Werner 786 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

Beginn: 9.01 Uhr lege ich Ihnen heute den Entwurf des Thüringer Haushaltsgesetzes 2015 zur Beratung und zur Be- Präsident Carius: schlussfassung vor. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetz- Sie herzlich willkommen heißen zu unserer heuti- entwurf ist ein solides Stück Arbeit. gen Plenarsitzung des Thüringer Landtags, die ich (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE hiermit eröffne. Ich begrüße auch unsere Gäste auf GRÜNEN) der Zuschauertribüne sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien. Er beweist das Verantwortungsbewusstsein dieser Regierung für unser Land und die Menschen. Ich Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführerin Frau möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei mei- Abgeordnete Floßmann neben mir Platz genom- nen Kolleginnen und Kollegen im Kabinett und den men, die Redeliste führt Frau Abgeordnete Diana vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Mi- Lehmann. Für die heutige Sitzung haben sich ent- nisterien für die oftmals unter großem Zeitdruck ge- schuldigt: Herr Abgeordneter Emde, Frau Abgeord- leistete Arbeit bedanken. nete Lieberknecht, Frau Abgeordnete Annette Leh- mann, Frau Abgeordnete Tasch sowie Herr Minister Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer diesen Haus- Prof. Dr. Hoff zeitweise und Herr Minister Lauinger haltsplanentwurf ernsthaft einordnen will, der muss zeitweise. dies eingebettet in das finanzpolitische Umfeld in Deutschland, Europa und der Welt tun, denn welt- Ich frage, ob der vorliegenden Tagesordnung wi- wirtschaftliche Rahmenbedingungen und die Kraft dersprochen wird. Das sehe ich nicht. Es gibt keine unserer regionalen Wirtschaft beeinflussen die öf- Ergänzungswünsche, sodass wir direkt in die Bera- fentlichen Haushalte. Die Höhe der Steuereinnah- tung einsteigen. men ist ganz zentral von der gesamtwirtschaftlichen Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5 in seinen Entwicklung abhängig. Politik, auch in Thüringen, Teilen agiert nicht losgelöst von diesen äußeren Einflüs- sen. Lassen Sie mich das anhand einiger Schlag- lichter verdeutlichen. a) Thüringer Gesetz über die Feststellung des Landeshaus- Stärker als in vielen zurückliegenden Jahren, ist die haltsplans für das Haushalts- Welt heute von Krisen politischer und wirtschaftli- jahr 2015 cher Art geprägt. Krisen wirken sich auf das volks- Gesetzentwurf der Landesregie- wirtschaftlich relevante Exportgeschäft aus, zum rung Teil brechen Exportmärkte komplett weg. Dies hat - Drucksache 6/513 - unmittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaftsleis- ERSTE BERATUNG tung in Deutschland, aber auch auf Thüringer Un- ternehmen. Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft bezifferte den Exportrückgang im Außen- b) Mittelfristiger Finanzplan für handel mit Russland zum Beispiel für 2014 auf rund die Jahre 2014 bis 2018 für den 6 Milliarden Euro. In diesem Jahr wird mit einem Freistaat Thüringen weiteren Rückgang gerechnet. Auch anderswo in Unterrichtung durch die Landes- der Welt trübt sich die wirtschaftliche Lage ein. Chi- regierung na zum Beispiel, ganz aktuell, hat seine Wachstum- - Drucksache 6/514 - serwartung für 2015 auf 7 Prozent reduziert. Dies ist das geringste Wachstum seit sechs Jahren. Doch wenn China langsamer wächst, bekommen c) Bericht über den Stand und das auch der Rest der Welt und Deutschland zu die voraussichtliche Entwick- spüren. lung der Finanzwirtschaft des Landes (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das Unterrichtung durch die Finanz- stimmt!) ministerin China war für Deutschland – ich will untermauern, - Drucksache 6/515 - dass das stimmt – der viertwichtigste Handelspart- ner im Jahr 2014. Ich frage: Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Dies ist mir signalisiert worden. Sicher muss das Bild aber auch um positive Ein- Frau Finanzministerin Taubert, Sie haben das Wort. flüsse komplettiert werden. So hilft der niedrige Öl- preis auch der Thüringer Wirtschaft und der niedri- Taubert, Finanzministerin: ge Eurokurs begünstigt Exporte außerhalb des Euroraums. Thüringen soll attraktiver Unterneh- Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und mensstandort sein und Menschen gute Arbeitsplät- Herren, liebe Gäste, namens der Landesregierung Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 787

(Ministerin Taubert) ze zu fairen Bedingungen bieten. Deshalb unter- Wir werden im Jahr 2015 keine neuen Schulden im stützt die Thüringer Landesregierung unsere Unter- Landeshaushalt aufnehmen, wir werden tilgen. Und nehmen. wir behalten es uns in im Haushaltsgesetz neu auf- genommenen Regelungen in § 2 Abs. 2 vor, auch In Bezug auf die aktuellen Rahmenbedingungen am Jahresende – wenn möglich – zusätzlich Rück- müssen wir aber auch die Finanzmärkte in den lagen zu bilden oder zu tilgen. Blick nehmen und damit auch die aktuelle Zinsent- wicklung, die unmittelbare Auswirkung auf den Thü- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE ringer Landeshaushalt hat. Die Europäische Zen- GRÜNEN) tralbank hat die Zinsen seit geraumer Zeit historisch Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, zu niedrig gehalten und durch weitere Maßnahmen den politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedin- stellt sie erhebliche Liquidität für die Märkte bereit. gungen im Hinblick auf die Einnahmeentwicklung Zum einen ist dies Ausdruck anhaltender wirtschaft- gehört besonders auch die Frage der künftigen fi- licher Probleme in der Eurozone. Die deshalb insta- nanziellen Ausstattung Thüringens ab 2020 im in- bilen Haushalte mehrerer europäischer Partner- nerdeutschen Finanzgefüge. So begreife ich die Ar- staaten sind auch mit erheblichem Gefahrenpoten- beit im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder- zial für Deutschland verbunden. Zum anderen gibt Finanzbeziehungen als einen Schwerpunkt der Ar- es einen günstigen Effekt: Deutschland und die öf- beit der Landesregierung, insbesondere für mich fentliche Hand refinanzieren sich aktuell so günstig als Finanzministerin. Hier werden sich Veränderun- wie nie. Zahlte Thüringen im Jahr 2006 noch rund gen vollziehen, die weit über das Jahr 2020 hinaus- 708 Millionen Euro für Zinsen, sind das im reichen. Unsere Möglichkeiten, den Aufbau des Jahr 2015 bei einem Schuldenstand auf Vorkrisen- Freistaats durch Investitionen weiter voranzubrin- niveau nur noch rund 549 Millionen Euro. Das sind gen, werden von diesem finanziellen Fundament 160 Millionen Euro weniger Zinsausgaben in die- abhängen. Im Jahr 2015 zum Beispiel sind noch sem Jahr. 724 Millionen an Sonderbedarfs-Ergänzungszuwei- Aber auch die auf europäischer Ebene getroffenen sungen wegen teilungsbedingter Lasten eingestellt. Vereinbarungen, etwa im Rahmen des Fiskalpakts, Im Haushalt 2019 werden es nur noch 300 Millio- haben Einfluss auf Thüringen. Ich denke da zuerst nen Euro sein und im Jahr 2020 laufen die Hilfen an die Begrenzungen der Staatsverschuldung und aus dem Solidarpakt II vollständig aus. Für Thürin- des strukturellen Defizits. gen geht es um wichtige Finanzmittel, die für die Entwicklung des Landes weiterhin dringend ge- Entscheidend für die Beurteilung Deutschlands hin- braucht werden. Wir stehen hier in einer Reihe mit sichtlich der Einhaltung der Verträge ist dabei eben den ostdeutschen Ländern. Deshalb werden wir nicht allein das Defizit des Bundes, sondern das uns in die aktuell laufenden Verhandlungen der gesamtstaatliche Defizit, also auch die Haushaltssi- künftigen Bund-Länder-Finanzbeziehungen mit un- tuation Thüringens und seiner Kommunen. Noch seren Forderungen nachdrücklich einbringen. sind die Länder von einer Außenhaftung befreit, aber ab dem Jahr 2020 werden die Länder nach Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, den Bestimmungen in Artikel 109 Abs. 5 Grundge- nach wie vor bestehen gravierende Unterschiede in setz an möglichen Sanktionszahlungen im Zuge der Wirtschafts- und Steuerkraft zwischen den neu- des Fiskalpakts beteiligt. Dies würde dann auch en und alten Ländern. Die Wirtschaftskraft der neu- Thüringen treffen. en Länder liegt gegenwärtig bei knapp 70 Prozent der alten Länder. Die Steuerkraft verharrt gar bei Sehr geehrte Damen und Herren, Deutschland hat circa 55 Prozent. Somit bedarf es eines Länderfi- sich dieser Verpflichtung zum Maßhalten und zur nanzausgleichs, der diese Unterschiede mindes- Defizitbegrenzung aus dem europäischen Überein- tens auf dem bisherigen Niveau ausgleicht. Da- kommen gestellt. Auch Thüringen verfolgt mit der rüber hinaus muss der Bund die notwendigen Mittel Verschuldungsregelung in § 18 der Landeshaus- für Sonderbedarfe und besondere Aufgaben, die haltsordnung diesen Weg der Schuldenbegren- über das Jahr 2019 hinaus fortbestehen, auch nach zung. Ich will an dieser Stelle betonen: Thüringen 2019 zur Verfügung stellen. Das betrifft beispiels- und die Thüringer Landesregierung nehmen die fis- weise die Entflechtungsmittel oder die Sonderbe- kalische Verantwortung ernst. Die Partner dieser darfs-Bundesergänzungszuweisungen für struktu- Regierungskoalition haben sich im Koalitionsvertrag relle Arbeitslosigkeit. ausdrücklich dazu bekannt, zum Ersten Haushalte ohne neue Schulden aufzustellen, zweitens die Ebenso fordere ich, dass die Ausgaben für die Son- Schuldentilgung fortzusetzen und/oder drittens der- und Zusatzversorgungssysteme der ehemali- durch Rücklagen vorzusorgen. Der vorliegende gen DDR in diesem Zusammenhang berücksichtigt Haushaltsentwurf setzt die Vereinbarungen der Ko- werden. Denn die Zahlungen betreffen allein die alition um und erfüllt die Vorgaben sowohl der Lan- neuen Länder. Gegenwärtig beläuft sich die Haus- deshaushaltsordnung als auch des Grundgesetzes. haltsbelastung für Thüringen auf circa 400 Millio- nen Euro jährlich. Aus meiner Sicht muss zudem 788 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Ministerin Taubert) ein reformiertes Ausgleichssystem bisher nicht ge- durchschnittlich hoch, aber wir brauchen diese In- deckte Regel- und Sonderbedarfe kompensieren. vestitionen. Der Nachholbedarf bei der Infrastruktu- So ist die kommunale Finanzkraft der neuen Länder rinvestition und bei öffentlich geförderten Investitio- deutlich unterproportional entwickelt. Im Koalitions- nen im privaten Bereich besteht weiter. Deshalb hat vertrag haben wir deshalb die Formulierung aufge- sich diese Landesregierung zum Ziel gesetzt, die nommen: Die kommunale Finanzkraft soll vollstän- Investitionsquote, also den Anteil der Investitions- dig in den Länderfinanzausgleich einbezogen wer- ausgaben an den gesamten Ausgaben des Landes, den. weiterhin auf hohem Niveau fortzuführen. Der vor- liegende Haushaltsentwurf ist Beweis dafür. Dabei Meine Damen und Herren, wenn Sie so wollen, ha- helfen uns natürlich auch die sogenannten SoBEZ, ben wir als Freistaat die doppelte Last zu tragen. die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisun- Wir haben zum einen beim Länderfinanzausgleich gen, die Bundes- und Europamittel. Auch diese ste- nur 64 Prozent dieser kommunalen Finanzkraft ent- hen den neuen Ländern im Vergleich noch immer in halten und müssen auf der anderen Seite natürlich großem Umfang zur Verfügung. Um diese Hilfen diese schwachen Kommunen auch in erheblichem auszuschöpfen, wird das Land mit diesem Haushalt Maße stärker unterstützen. Bundes- und EU-Mittel vollständig kofinanzieren. In Eine angemessene und bedarfsgerechte Finanz- der mittleren Perspektive jedoch darf nicht verkannt ausstattung der Länder nach 2020 zu fordern, ist werden: Mit dem Absinken der Landeseinnahmen richtig. Aber das ist auch nur die eine Seite der Me- auf den Durchschnitt der Flächenländer West und daille. Klar ist auch, dass sich Thüringen mittelfristig dem absehbaren Rückgang der europäischen Mittel bei den Einnahmen im Durchschnitt den finanz- nach 2020 wird das bisherige Investitionsniveau schwachen westdeutschen Bundesländern annä- kaum zu halten sein. Auch dies verdeutlicht der hern wird. Das hat ganz handfeste Konsequenzen Ländervergleich. Während Rheinland-Pfalz eine In- für den Thüringer Haushalt, denn es bedeutet, dass vestitionsquote von 9,17 Prozent und Schleswig- wir auch das Ausgabenniveau der finanzschwa- Holstein von 7,23 Prozent aufweist, plant die Lan- chen alten Länder erreichen müssen. desregierung Investitionsausgaben in Höhe von 13,51 Prozent der Gesamtausgaben des Haushalts Thüringen gibt jedoch bislang insbesondere im Be- 2015. reich des aktiven Personals überdurchschnittlich viel Geld aus. Während in den Flächenländern Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe ganz West im Durchschnitt 21,4 Vollbeschäftigte auf bewusst die Rahmenbedingungen für den Thürin- 1.000 Einwohner kommen, sind es in Thüringen ger Haushalt sehr ausführlich an den Anfang mei- 23,7. Zum Vergleich: Mecklenburg-Vorpommern ner Rede gestellt. Diese Rahmenbedingungen bil- beschäftigt 20,7 Bedienstete. Noch deutlicher zeigt den das wirtschaftliche und politische Umfeld, in sich der Personalüberhang im Vergleich mit Schles- dem sich auch Thüringer Politik bewegen muss, will wig-Holstein. Hier kommen 18,9 öffentlich Beschäf- sie verantwortungsvoll handeln. Der eingebrachte tigte auf 1.000 Einwohner. Das heißt im Klartext: Haushaltsentwurf ist Beleg dafür, dass die Landes- Kein Land hat mehr Bedienstete, bezogen auf die regierung die Verantwortung übernimmt und dabei Zahl der Einwohner, als Thüringen. Und diese Tat- zukunftsgewandt für alle Menschen, die hier in Thü- sache ist nicht wegzudiskutieren, sie zwingt uns ringen leben, Politik gestalten möchte. Ich zähle da- zum Handeln. Aus diesem Grund wird auch diese zu ausdrücklich auch die Menschen, die auf der Landesregierung den bereits in den letzten Jahren Flucht sind und in unserem Freistaat eine Unter- begonnenen Weg des Stellenabbaus fortführen und kunft und Asyl suchen und finden. fortführen müssen und am vereinbarten Stellenab- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE bauziel festhalten. GRÜNEN) Ausgewogene Politik heißt hierbei aber auch: Um Als diese Landesregierung im Dezember vergange- eine leistungsfähige öffentliche Verwaltung zu er- nen Jahres ihr Amt antrat, hat sie einen höchst rudi- halten, wird die notwendige Rückführung der Zahl mentären Entwurf des Doppelhaushalts für das der Bediensteten mit einem zukunftsweisenden Jahr 2015/2016 vorgefunden. Einstellungskorridor verbunden. Personalstrukturen werden wir an den Bedürfnissen unseres Landes (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Weil Ihr es und an der Thüringer Bevölkerung ausrichten. Ne- nicht verstanden habt!) ben den Verwaltungsstrukturen sind auch die Ge- Ganz langsam, Herr Mohring, ganz langsam. Sehr bietsstrukturen deshalb auf den Prüfstand zu stel- früh im Aufstellungsverfahren hatte die vormalige len. Landesregierung den Prozess der Haushaltsauf- Ich will zu einem weiteren Thema in unserem Haus- stellung beendet. Das damals vorliegende Zahlen- haltsentwurf kommen. Zur Einordnung des Haus- werk – haltsentwurfs 2015 müssen auch die Investitions- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Darauf ausgaben betrachtet werden. Auch diese sind im kommen wir dann zu sprechen!) Vergleich mit den anderen Ländern noch über- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 789

(Ministerin Taubert) und da möchte ich den Vorhaltungen aus den Rei- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Viel Spaß, hen der CDU-Fraktion ganz ausdrücklich wider- Frau Taubert, in der Koalition!) sprechen – bot eben keine geeignete Grundlage für Ja, wir haben viel Spaß, das ist richtig. die Fortführung der Haushaltsaufstellung. Und Herr Mohring, das können wir Haushaltsplan für Haus- (Heiterkeit im Hause) haltsplan einfach mal rausnehmen, Sie wissen, es Aber jetzt muss ich mal zur Entspannung dazu sa- waren fast 900 Millionen, die mehr angemeldet wur- gen: Wir hatten auch vorher viel Spaß, der war nur den. anders. (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Aus Ihrem Meine Damen und Herren, davon ausgehend hat Ministerium ein Großteil!) die Landesregierung bereits im Januar einen Eck- Nein, nein, nein! Es waren alle dabei. Ich habe mit wertebeschluss gefasst. Hierbei wurde der Zu- dem Vorgänger von mir darüber sehr ausführlich schussbedarf für jeden Einzelplan bestimmt. Das ist gesprochen. Nein, nein! Alle waren dabei, Herr der Unterschiedsbetrag zwischen den im Einzelplan Mohring, alle waren dabei. erzielten Einnahmen und den Ausgaben. Auf dieser Basis, nämlich der Einnahmen und der tatsächli- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Von euch, chen Bedarfe, haben die Ressorts ihre Voranschlä- Frau Sozialministerin!) ge eingereicht. Deswegen, wir reden ja auch nicht darüber, Sie re- Ein solches Verfahren beschleunigt das Vorgehen, den darüber. denn der zur Verfügung stehende Finanzrahmen ist (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ja, na klar, von Beginn an klar. Zudem stärkt es die Eigenver- weil Ihr euch schämt!) antwortung jedes einzelnen Ressorts, mithin jedes Politikbereichs. Es eröffnet zugleich Möglichkeiten Ich schäme mich nicht, nein! einer fachnahen Steuerung der Ausgaben in jedem (Heiterkeit im Hause) Einzelplan. Damit steht dieses Aufstellungsverfah- ren für Planungssicherheit, Fachlichkeit und Eigen- Ich könnte ja jetzt sagen, aus dem Alter bin ich verantwortung. raus. Sehr geehrte Damen und Herren, noch schneller Ich darf Sie daran erinnern, dass zwischen den er- als innerhalb von drei Monaten kann man einen warteten Einnahmen und den angemeldeten Aus- Landeshaushalt nicht neu aufstellen. Das zeigen gaben eine Lücke von rund 800 Millionen Euro auch die Erfahrungen der zurückliegenden Jahre. klaffte. Diese Lücke hätte man in Einzelverhandlun- gen in vertretbarer Zeit mit den Ressorts nicht (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das schließen können. Vor diesem Hintergrund hat die stimmt nicht!) Landesregierung ja auch umgesteuert. Bereits kurz Doch, das stimmt. Wir haben fast jedes Jahr mehr nach Übernahme der Amtsgeschäfte haben wir uns als acht Monate im Haushaltsaufstellungsverfahren. für eine Haushaltsaufstellung im Eckwerteverfahren entschieden. Damit geht diese Landesregierung (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das rech- einen anderen und in vielen anderen Bundeslän- nen Sie nachher mal vor!) dern – vormals auch schon mal in Thüringen – er- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das folgreich praktizierten Weg. Das Eckwerteverfahren bekommt Herr Mohring nicht mit!) ist aber nicht nur ein organisatorisch anderes Ver- fahren, sondern auch ein inhaltlich anderes Heran- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE gehen an die Haushaltsplanung. Es ist meiner Mei- GRÜNEN) nung nach der für uns bessere Weg. Statt die Sum- Ja, das ist schön, freut mich. Mal sehen, ob es me der angemeldeten Ausgaben zum Ausgangs- stimmt, Herr Mohring. punkt der Verhandlungen zu machen, sind es nun die ordentlichen Einnahmen, die den Maßstab für Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen die Haushaltsaufstellung bilden. Meine Damen und und Kollegen, damit Thüringen auch konjunkturell Herren, nur was an Einnahmen zur Verfügung und strukturell schwierigen Rahmenbedingungen steht, kann ausgegeben werden, denn neue Schul- standhält, ist eine ehrliche und auf Nachhaltigkeit den sind tabu. sowie soziale Gerechtigkeit ausgerichtete Haus- haltspolitik unverzichtbar. Die Koalition verbindet (Beifall DIE LINKE) deshalb eine notwendige Haushaltskonsolidierung Oder anders gesagt: Nicht die Summe der Ausga- mit einer gestaltenden und vorsorgenden Politik. benwünsche kann den Rahmen der Haushaltsauf- So haben es sich die Regierungsparteien im Koaliti- stellung bilden, sondern die zur Verfügung stehen- onsvertrag vorgenommen und so setzen wir es in den Einnahmen. unserem ersten gemeinsamen Haushaltsentwurf um. Das Volumen dieses Haushalts beträgt 790 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Ministerin Taubert) 9,272 Milliarden Euro. Es steigt gegenüber dem Ist (Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: CDU- des Jahres 2014 in Höhe von rund 9,258 Milliar- Altlasten!) den Euro nur wenig an. 11,5 Millionen Euro Landesanteil für Eingliede- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das rungshilfe, stimmt nicht!) (Unruhe DIE LINKE) Doch, 9,272 minus 9,258 ist gleich, ist gleich … und auch da ist es doch richtig, der Haushalt wird Das ist Mathematik. Ich bin ja nicht Mathematikleh- erhöht, natürlich auch, wenn Bundeszuschüsse rerin, Herr Mohring. Aber das ist schon ein geringer eins zu eins vom Freistaat an Kommunen überge- Unterschied. ben werden. Auch das gehört zu dem Aufwuchs da- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: 8,977!) zu, und fast 10 Millionen Euro für freie Schulen. Die Aussage, die ich getroffen habe, ist wahr. (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Und 4 Pro- zent mehr Steuereinnahmen!) (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das sind schon allein 300 Millionen Euro. Hinzu kommen der Heimkinderfonds mit 5 Millionen Euro, Ich will es ausdrücklich betonen, weil wir ja in 2015 Sonder- und Zusatzversorgungssysteme mit 7 Mil- in unterschiedlichen Bereichen Mehrausgaben eta- lionen Euro und – nicht zu vergessen – auch der tisiert haben. Insofern wundere ich mich dann doch Hochschulpakt. Wem das alles unnütz, also aufge- sehr über das Märchen vom aufgeblähten Haus- bläht erscheint, der soll mir sagen, wo ich kürzen halt, das hier so gern kolportiert wird. Märchen wer- soll! Bei Menschen mit Behinderungen? Bei den nicht wahr, egal, wie oft man sie erzählt. Ich Schulen oder Hochschulen? Bei der kommunalen kann Ihnen sagen, wofür wir das Geld ausgeben. Familie? Bitte – nur zu! Machen Sie Vorschläge, (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das sieht aber sagen Sie auch den Menschen da draußen man auch im Koalitionsvertrag!) laut und deutlich, 30 Millionen – kommunales Hilfspaket; Herr (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Aber Sie Mohring, das haben Sie auch mit zu verantworten. sind doch die Regierung! Den Haushalt legt 102 Millionen Euro kommunales Hilfspaket – das die Regierung vor!) haben Sie auch gefordert. was Sie Ihnen wert sind. Aber dazu reicht die Trau- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Mehr!) te nicht. Ja, sogar mehr – ist ja gut. Wir wollen uns darauf (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: begrenzen, was wir im Haushalt aufgenommen ha- Einfach lesen! Einfach lesen, Herr Mohring!) ben. 63 Millionen Euro Tarifsteigerung neu, keiner (Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Nicht wird das bestreiten, 57 Millionen Euro mehr für die nur lesen, auch verstehen!) Flüchtlingsunterbringung. Gerade an dieser Stelle, bei der Flüchtlingsunterbringung, müssen Sie doch Und jetzt sage ich doch einmal, Herr Mohring, wenn zugeben, es bringt gar nichts, in diesem Stadium, in ich das schon höre, aufblähen, verfrühstücken, dem wir uns heute befinden – also in dem Zeitab- Wortbruch – das sind, ich will es einmal frei um- lauf –, jetzt den Plan 2014 mit dem Plan 2015 zu schreiben, rhetorische Rasereien, die endlich ge- vergleichen, denn 20 Millionen Euro sind weit über- blitzt werden müssen. schritten worden, gerade in dem Bereich. Man kann (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE auch dem früheren Innenminister da nicht vorwer- GRÜNEN) fen, dass er falsch gehandelt und den Plan nicht eingehalten hat. Er hat an der Stelle notwendige Meine Damen und Herren, auf einige der Ausgaben Ausgaben getätigt. Deshalb denke ich, ist der Ver- werde ich später genauer eingehen. Mir lag daran, gleich zum Ist richtig. dass Sie einen Eindruck vom Haushaltsvolumen bekommen und den Verpflichtungen, die dahin- 25 Millionen Euro – Zahlung für eine Bürgschaft, terstehen. das hat in der Zeitung gestanden, CD-Werk Suhl- Albrechts, Pilz – An erster Stelle betone ich hier wieder die Proble- matik der Personalausgaben. Der Haushaltsentwurf (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: setzt gegenüber dem Haushaltsplan 2014 63 Millio- Wir erinnern uns daran!) nen Euro mehr für Personalausgaben an. Damit für all die Insider, die das wissen. Das ist außeror- stellen wir sicher, dass die Ergebnisse der aktuellen dentlich ärgerlich, ich habe das schon betont. Aber Tarifverhandlungen finanziert werden können. Im natürlich muss auch das Geld im Haushalt darges- Zusammenhang mit der Fortführung des Stellenab- tellt werden und erhöht den Rahmen, den wir für baukonzepts sind mit dem Haushalt 2015 genau Bürgschaftsausgaben zu leisten haben. 143 Stellen und Planstellen gestrichen worden. In 2015 sind 285 Stellen und Planstellen verpflichtend Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 791

(Ministerin Taubert) abzubauen. Und ja, wir haben in einigen Bereichen vorliegenden Haushaltsentwurf berücksichtigen wir auch neue Stellen geschaffen, im Saldo jedoch ver- zusätzliche Ausgaben von mehr als ringert sich die Zahl der Planstellen und Stellen im 10 Millionen Euro. Damit ist das finanzielle Funda- Haushalt 2015 gegenüber 2014 um 86 Stellen. ment für den derzeit beratenen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über Schulen in freier Trä- Für die neu ausgebrachten Stellen wurden in den gerschaft gelegt. meisten Fällen zusätzliche Abbauvermerke für die kommenden Jahre ausgebracht. Einen wichtigen Baustein für bessere Bildung in Thüringen stellt auch das Schulbauprogramm dar. (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Auch in Wir haben dies angekündigt und wir setzen dies der Staatskanzlei?) um. Die Landesregierung stellt den Landkreisen Sicher. Gucken Sie doch nach. und kreisfreien Städten in 2015 einen Betrag in Hö- he von 36 Millionen Euro als Schulinvestitionspau- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Alle schale zur Verfügung. 15 Stellen wieder raus!) (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Gucken Sie nach. Aber zweifellos, die Zahl der ak- GRÜNEN) tuell abgebauten Stellen und Planstellen kann nicht der Maßstab für die kommenden Jahre sein. Hier Damit bringen wir die dringend notwendigen Schul- muss und wird die Landesregierung ihre Anstren- sanierungsmaßnahmen in der Schulinfrastruktur gungen verstärken und verstärken müssen. Wir voran. müssen bedenken, die Personalausgaben gehören Nach einer guten Schule soll unsere junge Genera- zu den wenigen signifikanten Ausgabenblöcken, die tion ebenso eine leistungsfähige Hochschulland- nicht durch bundesgesetzliche Regelungen oder schaft vorfinden. Entsprechend finanzieren wir im europäische Vorgaben determiniert sind. Es ist des- Jahr 2015 zuverlässig die nach der gültigen Rah- halb unabdingbar, in diesem Bereich deutlich zügi- menvereinbarung wachsenden Ausgaben für die ger als bisher voranzuschreiten und dazu gegebe- Hochschulen. Für all diese Maßnahmen nutzen wir nenfalls auch neue Wege zu gehen. auch die sich aus der vollständigen Übernahme der Aus meiner Sicht wird ein Schwerpunkt der Arbeit BAföG-Leistungen durch den Bund ergebenden darauf liegen müssen, den notwendigen Abbau von Entlastungen. Stellen und Planstellen mit den durchaus vorhande- Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposi- nen Anforderungen personeller Art in den kommen- tion, Sie sehen, in Bezug auf die Einstellung von den Jahren zu vereinbaren. Solche Anforderungen Lehrkräften, die Finanzierung freier Schulen und finden wir im Bereich der Bildung. Unsere Koalition Hochschulfinanzierung steht diese Koalition zu ih- hat sich für die Neueinstellung von 500 jungen Leh- rem Wort. rerinnen und Lehrern starkgemacht. (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wenn das (Beifall DIE LINKE, SPD) die freien Schulen hören!) Wir haben dieses zentrale Anliegen umgesetzt. (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich habe Schülerinnen und Schüler sollen in Thüringen best- noch gar nichts zur Inneren Sicherheit ge- möglich lernen können. hört! Kommt da noch was?) Sehr geehrte Damen und Herren, damit ist dieser (Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ Haushalt ein guter Haushalt für Thüringer Schü- DIE GRÜNEN: Das machen Sie doch allein, lerinnen und Schüler. Herr Fiedler!) (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Einfach zuhören! Geduld, Geduld! GRÜNEN) Wir freuen uns natürlich, dass Sie uns bei diesem Auch als Finanzministerin unterstütze ich Verbes- Anliegen unterstützen, denn auch Sie haben gleich- serungen im Bildungsbereich. Deswegen sage lautende Forderungen gestellt. Diese rot-rot-grüne auch ich Ja zu guter Bildung. Das zeigt sich bei der Koalition setzt wichtige Impulse im Bildungsbereich. Lehrervertretungsreserve. Hier beginnt die Landes- regierung mit den Regelungen im Haushaltsgesetz (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE mit dem Aufbau. Eines wird ganz deutlich: Diese GRÜNEN) Regierungskoalition setzt auf die Menschen in die- Es ist gut und wichtig, dass die Maßnahmen für die sem Land, setzt auf Bildung und Innovation. Es Zukunft unseres Bildungslandes Thüringen auf ei- sind die Thüringerinnen und Thüringer, jung und alt, nem breiten Konsens in diesem Haus basieren. die mit besten Bildungschancen die Zukunft unse- res Landes gestalten sollen, und wir hören nicht bei Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte noch den staatlichen Schulen auf. Wir stellen mit dem einmal betonen: In Thüringen ist Platz für alle Men- Haushalt 2015 auch eine erheblich bessere Unter- schen, die in solidarischer Gemeinschaft leben wol- stützung der Schulen in freier Trägerschaft fest. Im 792 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Ministerin Taubert) len. Auf Thüringer Boden ist Platz für Freiheit, für ne Fifty-fifty-Finanzierung ist, sodass der Bund ins- Demokratie und Toleranz. gesamt 13 Millionen besteuert. Angesichts der ge- waltigen Herausforderungen für Länder und Kom- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE munen muss der Bund verstehen, dass es sich um GRÜNEN) eine gesamtstaatliche Aufgabe handelt, die ge- Und es ist ausdrücklich kein Platz für Rassismus meinsam geschultert werden muss. und Fremdenfeindlichkeit. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) GRÜNEN) Sehr geehrte Damen und Herren, damit komme ich Thüringen heißt alle Menschen, die hier Schutz und direkt zu einer dritten Schwerpunktsetzung in die- auch eine neue Heimat suchen, herzlich willkom- sem Haushalt: die Unterstützung der Kommunen in men. unserem Land. Wir sind mit der Zusage angetreten, (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE die Kommunen im Haushaltsjahr 2015 mit zusätzli- GRÜNEN) chen finanziellen Mitteln auszustatten, die erheblich oberhalb der aktuellen Rechtslage liegen. (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Das ist schon ein bisschen beschämend für die (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das habt CDU, dass da nicht geklatscht wird!) ihr ja nicht geschafft!) In den letzten Monaten sind Familien, Menschen, Ganz klar, die Koalition hält diese Zusagen ein und jung und alt, aus den unterschiedlichsten Ländern legt damit einen Schwerpunkt auf kommunale Inve- mit ganz verschiedenen, vor allem leider sehr stitionskraft. schlimmen Schicksalen zu uns gekommen. Diesen (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Menschen soll Thüringen ein sicherer Ort sein. Als GRÜNEN) Menschen und Bürger sind wir verpflichtet, anderen Menschen zu helfen. Diese Verpflichtung, in Zahlen Investitionen sind der Schlüssel für ein nachhaltiges fixiert, lässt sich auch im aktuellen Haushalt nachle- Wachsen in unserem Freistaat. Wollen wir die Fi- sen. Das Land will bei der Hilfe für Flüchtlinge Hand nanzkraft unserer Gemeinden stärken, dann muss in Hand mit den Kommunen gehen und die hiermit ganz gezielt Unterstützung im investiven Bereich verbundenen immensen, auch finanziellen Heraus- gegeben werden. Das Gesamtvolumen der zusätz- forderungen schultern. Gegenüber dem Ansatz des lichen Unterstützung für die Kommunen beläuft sich Jahres 2014 werden im Haushaltsentwurf 2015 ins- nunmehr auf 102,4 Millionen Euro. Neben den gesamt rund 57 Millionen Euro mehr für Flüchtlinge schon erwähnten und – die man auch dazuzählen bereitgestellt. Wir vervierfachen den bisherigen muss – 36 Millionen Euro für die Schulinvestitions- Haushaltsansatz nahezu und haben insgesamt pauschale stellen wir den Kommunen weitere 77 Millionen Euro etatisiert. 40 Millionen Euro als Investitionspauschale für 2015 zur Verfügung. Zudem sichern wir bereits Viele Bürgerinnen und Bürger, aber auch Unterneh- jetzt, noch bevor das Gesetzgebungsverfahren auf men und Vereine unterstützen Flüchtlinge. Ihnen al- Bundesebene abgeschlossen ist, mit 8,4 Millio- len sage ich ganz herzlichen Dank für ihr großes nen Euro den Eigenfinanzierungsanteil beim Ge- Herz und für ihren Bürgersinn. setz des Bundes über die Förderung von Investitio- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE nen finanzschwacher Kommunen. GRÜNEN) Sie sehen also, meine Damen und Herren, wir set- zen mit diesem Haushalt ganz klar Prioritäten für Aber allein, meine Damen und Herren, werden wir Kommunen. Die Finanzierung der dargestellten es kaum schaffen. Ich möchte an dieser Stelle des- Maßnahmen erfolgt in wesentlichen Teilen aus dem halb ausdrücklich die Forderung von Herrn Minis- Ergebnis des Landeshaushalts 2014. Mit 89 Millio- terpräsidenten und allen anderen nen Euro stellen wir die Hälfte des Jahresergebnis- Länderchefs wiederholen: Liebe Kolleginnen und ses für die Kommunen zur Verfügung. Auch hier Kollegen in Berlin, der Bund muss sich stärker an halten wir Wort. den Kosten für Asylsuchende und Flüchtlinge betei- ligen! Im Übrigen, mit dieser Finanzausstattung für die Kommunen kann sich Thüringen sehen lassen. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Nach dem aktuellen Jahresergebnis haben die Thü- GRÜNEN) ringer Kommunen das Jahr 2014 mit einem Finan- zierungsüberschuss in Höhe von Die bislang in Aussicht gestellten Beträge von je- 131 Millionen Euro abgeschlossen, nachdem be- weils 500 Millionen Euro in den Jahren 2015 und reits im Jahre 2013 ein Überschuss in Höhe von 2016 machen für Thüringen nur rund 13 Millio- 81 Millionen Euro erzielt werden konnte. Wir sorgen nen Euro pro Jahr aus und Sie wissen, dass es ei- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 793

(Ministerin Taubert) also nachhaltig für unsere Gemeinden, Kreise und Landesschulden ein. Wir tun dies, weil wir es für kreisfreien Städte. wichtig und richtig halten, weil wir ein ausgewoge- nes Verhältnis als Tilgung und Rücklagenbildung (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das sehen anstreben. Und wir tun es, obwohl die sich aus § 18 die aber nicht so!) der Landeshaushaltsordnung ergebende Tilgungs- Ja, lieber Wolfgang Fiedler, aber ich kann mich ent- verpflichtung in den letzten Jahren bereits erfüllt sinnen, das haben die eigentlich noch nie so gese- wurde. Wo stehen wir damit im Ländervergleich? hen; es ist immer zu wenig. Thüringen gehört mit dem Haushalt 2015 und der geplanten Tilgung zur Gruppe der Länder, die über- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Aber dies- haupt Tilgung eingeplant haben. Nach den mir ak- mal ist es ganz hart!) tuell vorliegenden Zahlen planen derzeit nur (Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ vier Länder für 2015 eine Tilgung. Weitere DIE GRÜNEN) zwei Länder wollen ohne neue Schulden auskom- men. Der große Rest der Länder hat zumindest im Nein! Das ist nicht wahr, das ist glatt gelogen. Plan noch Kreditaufnahmen stehen. (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Meine Damen und Herren, zur Wahrheit gehört je- Erst in die Tasche der Kommunen greifen doch auch, das Schuldenerbe des Freistaats Thü- und jetzt jammern!) ringen geht knapp über 16 Milliarden Euro hinaus. Aber, meine Damen und Herren, finanzielle Unter- Bereits beim Kassensturz zu Beginn des Jahres ha- stützung in den verschiedenen Bereichen muss be ich hier für Transparenz gesorgt. Thüringen sich das Land auch leisten können. Deshalb ist es macht noch neue Schulden, nicht im Landeshaus- mir besonders wichtig, wir werden mit diesem halt selbst, sondern in den Sondervermögen „Öko- Haushalt auch maßhalten, konsolidieren und vor- logische Altlasten“ und „Verbesserung der wasser- sorgen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird wirtschaftlichen Strukturen“. auch für die kommenden Haushalte gelten müssen. (Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Da kann Für das Jahr 2015 ist bereits absehbar, dass uns man nicht klatschen!) die konjunkturelle Entwicklung im Vergleich zum Stand der Steuerschätzung im November vergan- Da kann man nicht klatschen, nein. Es ist einfach genen Jahres höhere Steuereinnahmen bescheren nur unschön. wird. Nun ist es die vornehmste Aufgabe einer Fi- Das, meine Damen und Herren, ist ein Erbe eines nanzministerin, gerade im Bereich der zu erwarten- Teils der heutigen Opposition in diesem Hause. den Einnahmen eher zurückhaltend und damit vor- sorgend zu sein, (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Zehn Jahre hat die SPD mitregiert, vergiss das nicht!) (Beifall SPD) Aber, lieber Wolfgang Fiedler, ich wiederhole meine denn auch erwartetes Geld ist schnell ausgegeben. Worte, damit sie auch wirklich nicht falsch sind: Ein (Zwischenruf aus dem Hause) Erbe eines Teils der heutigen Opposition in diesem Hause. Das ist völlig korrekt. Ich weiß gar nicht, wie die 16 Milliarden Schulden daher gekommen sind. (Beifall SPD) Es ist ein Erbe, das uns in den kommenden Jahren, (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- da sind wir uns aber einig, erheblich belasten wird, NEN) und es ist ein Erbe, für das es gilt, neue Wege der Doch halte ich es für gerechtfertigt und geboten, mit Abfinanzierung zu finden. Ansonsten, meine Da- Blick auf die aktuellen Konjunkturprognosen und men und Herren, laufen wir Gefahr, davon in den mit Blick auf den fortschreitenden Haushaltsvollzug kommenden Jahren finanziell erdrückt zu werden. des Jahres 2015 40 Millionen an zusätzlichen Auch vor diesem Hintergrund der Sondervermögen Steuereinnahmen im Vergleich zur letzten Steuer- geht es darum, Vorsorge zu treffen. Durch eine schätzung einzuplanen. Ich bin überzeugt, dass Schuldentilgung, die wir guten Gewissens tragen sich mindestens dieses Ergebnis in der Maisteuer- können, schaffen wir uns Handlungsspielräume für schätzung in der kommenden Woche bestätigen kommende Jahre. Tilgungsleistungen, insbesonde- wird. Mit den veranschlagten Mehreinnahmen fi- re in den Sondervermögen, müssen wir gemeinsam nanzieren wir zum Teil die Auswirkungen des Kom- in der Koalition schultern. Gelingt es uns jetzt nicht, munalfinanzübergangsgesetzes. Damit werden na- in Zeiten einer überdurchschnittlich guten Finanz- türlich die Kommunen wieder unterstützt. Das sind ausstattung ohne neue Schulden auszukommen, eigene Einnahmen des Landes. Mit dem danach zu tilgen und Vorsorge durch Rücklagen zu treffen, verbleibenden Betrag von 26,5 Millionen Euro leis- wie soll es dann gelingen, wenn sich die finanziel- tet sich das Land aber gerade keine zusätzlichen len Rahmenbedingungen verschlechtern? Ausgaben, sondern setzt ihn für die Tilgung von 794 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Ministerin Taubert) Meine Damen und Herren, jetzt ist der Zeitpunkt, gungen, die ihr eigener Kollege in Berlin beschreibt, dies zu tun, denn auch hier liegt eine Chance, Thü- einen Haushalt vorlegt, der diesen Rahmenbedin- ringen voranzubringen. Auch im Haushaltsgesetz gungen gerecht wird. haben wir Konsolidierung und Vorsorge verankert. (Beifall CDU) In klarer und transparenter Weise wird im Haus- haltsgesetz geregelt, dass der Vollzug in Einnah- Wir finden, dieser Haushalt für 2015 erfüllt das men und Ausgaben auszugleichen ist. Im neu ge- nicht. schaffenen § 2 Abs. 2 heißt es darüber hinaus wei- Frau Taubert, liebe Frau Taubert, ter: „Zeichnet sich während des Haushaltsvollzuges ab, dass die Ist-Einnahmen die Ist-Ausgaben (Heiterkeit CDU, SPD) übersteigen, kann das für Finanzen zuständige Mi- ich habe mich gefreut auf heute Morgen und auf Ih- nisterium zur Herstellung des Ausgleichs von der re Rede. Inanspruchnahme der Kreditermächtigung […] ab- sehen oder Mittel an eine Haushaltsausgleichsrück- (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Wenigstens ei- lage zuführen.“ Sie sehen also, meine Damen und ner!) Herren, wir schaffen eine Regel, die sicherstellt, Ja, das habe ich auch gemerkt bei eurem Beifall, dass eine positive Entwicklung im Haushaltsvollzug dass ich der Einzige war, der sich gefreut hat. zur Schuldentilgung oder Rücklagenbildung führt. Eine negative Entwicklung im Haushaltsvollzug darf Mir ist aufgefallen bei Ihrer Rede: Ja, eines stimmt, jedoch nicht in einen Fehlbetrag münden. Diese was andere beschrieben haben, Sie sind nicht die Regelung steht im Übrigen auch in Kontinuität un- schwäbische Hausfrau, Sie sind auch nicht die Ei- seres Vorgehens beim Jahresabschluss 2014. Wir serne Lady, aber Sie sind die Sozialpolitikerin im- konsolidieren den Haushalt durch die Tilgung von mer noch, die sich freut, zu viel Geld zur Verfügung Schulden und wir sorgen für schlechtere Zeiten und zu haben und das ist Ihr Haushalt. finanziell schwierige Zeiten vor. (Beifall CDU) Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS Landesregierung legt Ihnen heute einen soliden 90/DIE GRÜNEN: Eine soziale Finanzminis- Haushaltsentwurf für das Jahr 2015 vor. Dieser terin ist vielleicht auch etwas Gutes!) Haushalt nimmt sich in einem ausgewogenen Ver- hältnis der Forderungen nach Konsolidierung und Das ist Ihr Haushalt, der drei Dinge zeigt: Der Vorsorge an. Er lenkt aber auch um und gibt Zu- Haushalt ist zu spät vorgelegt mit gravierenden Fol- kunftsinvestitionen mehr Raum. Gestalten und In- gen für das ganze Land. vestieren sollen die finanzielle Basis des Freistaats (Beifall CDU) Thüringen stärken. Herzlichen Dank. Der Haushalt ist weit jenseits von Haushaltsklarheit (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE und Haushaltswahrheit, um Ihr Versagen in der Fi- GRÜNEN) nanzpolitik in dieser Wahlperiode jetzt schon zu ka- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Beruhigt schieren, und er ist eine Absage an den Thüringer euch doch wieder!) Konsolidierungspfad, den wir seit 2007 eingeschla- gen haben, und das ist das gravierendste Merkmal, (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Bravo!) Sie haben den Pfad der Konsolidierung in diesem Bundesland verlassen. Präsident Carius: (Beifall CDU) Ich eröffne jetzt die gemeinsame Aussprache und erteile dem Kollegen Mohring für die CDU-Fraktion (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE das Wort. GRÜNEN: So ein Quatsch!) Und deshalb – man kann das jetzt am Beginn und Abgeordneter Mohring, CDU: am Ende zusammenfassen – ist dieser Haushalt ei- ne Kapitulation vor den Herausforderungen der Zu- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und kunft, weil der Haushalt so aufgestellt ist, als gäbe Herren! Matthias Machnig, seines Zeichens frühe- es kein Morgen mehr. Er ist kein Haushalt, der die rer Wirtschaftsminister der SPD in Thüringen, jetzt nachfolgenden Generationen berücksichtigt. beamteter Staatssekretär im Bundeswirtschaftsmi- nisterium, hat gesagt: Schwarz-Rot ist gut, Wachs- (Zwischenruf Abg. Marx, SPD: Das glauben tum und Beschäftigung sind gut und die Steuern Sie doch selber nicht!) sind auf gutem Weg. – Und wenn ein Sozi sagt, die Rahmenbedingungen sind gut, dann erwarte ich Er ist kein Haushalt, der die künftigen Finanzströme von einem anderen Sozialdemokraten oder einer berücksichtigt. Er ist ein Haushalt, der auf die Aus- Sozialdemokratin, die Verantwortung trägt für Fi- gabenseite schaut und all das ausgibt, was Sie sich nanzen, dass sie angesichts dieser Rahmenbedin- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 795

(Abg. Mohring) in den letzten Jahrzehnten in diesem Land schon Alarm an, weil sie in diesem Jahr kein Katastro- immer gewünscht haben. phenschutzfahrzeug anschaffen können, (Beifall CDU) (Beifall CDU) Meine Damen und Herren, der Haushalt ist zu spät weil das verspätete Haushaltsvorlegen nicht mehr vorgelegt worden. Er ist nach 138 Tagen als aus- die Ausschreibung und den Kauf in diesem Jahr er- wertbares Papier in diesem Landtag angekommen möglicht. Die Kommunen können nicht investieren und wir haben das soeben gehört und auch in vie- wie sie wollen, weil viele Kommunen abhängig sind, len Wortmeldungen in den letzten Tagen immer ob Sie nun Ihre Wahlversprechen einhalten oder wieder vernommen. Andere machen andere Rech- nicht. Sie wissen jetzt schon, das Geld kommt nungen auf und verweisen gern auf 2009 und 2010 nicht, was ihnen versprochen wurde, das führt aber und ich will das gern noch einmal rekapitulieren für dazu, dass sie ihre Haushalte nicht schließen kön- das Protokoll, damit es auch nicht untergeht: Von nen und nicht investieren können. Das hat große der Vereidigung der Regierung bis zur Drucksa- Folgen für dieses Land. Das haben Sie zu verant- chennummer jetzt im Haushaltsentwurf 2015 sind worten! 137 Tage vergangen und im Vergleichszeitraum für (Beifall CDU) den Haushaltsentwurf 2010 von der Regierung von Christine Lieberknecht waren es eben nur 105 Ta- (Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Weil ge. Das heißt, der Unterschied zwischen dieser Ko- ihr sie pleite gemacht habt!) alition und zwischen der vorherigen Regierung be- Der Bauindustrieverband schätzt zu Recht, dass trägt einen ganzen Monat. Wenn man noch dazu- 40 Prozent der öffentlichen Ausschreibungen in die- nimmt, dass wir im Jahr 2009 für 2010 einen ferti- sem Jahr fehlen werden, Und wer weiß, was öffent- gen Haushalt hatten und es Bestandteil der Koaliti- liche Ausschreibungen für Nachfolgeinvestitionen onsgespräche war, diesen Haushalt für 2010 nicht bei der privaten Hand auslösen können, aber nicht einzureichen, sondern neu zu verhandeln und neu auslösen, wenn diese Ausschreibungen um 40 Pro- vorzulegen, dann relativiert sich selbst der 105-Ta- zent zurückgehen, der kann sich ein Bild davon ma- ge-Zeitraum. Sie haben Ihren Haushalt so spät wie len, mit welcher wirtschaftlichen Entwicklung sie zu lange keine Regierung mehr in diesem Landtag rechnen haben, weil Sie den Haushalt nicht recht- vorgelegt. zeitig vorgelegt haben. (Beifall CDU) (Beifall CDU) Meine Damen und Herren, hier nicht nachvollzieh- Weil Sie den Haushalt bis zum heutigen Tage nicht bar war der widersinnige Umbau der Landesverwal- vorgelegt haben und es leider noch braucht bis zur tung, der Ministerien, der ja immer noch anhält und Verabschiedung, kommt auch der Breitbandausbau seit Ihren Regierungstagen sozusagen markant ist in diesem Land nicht voran. Die, die Breitbandaus- für das, wie Sie sich dieses Land zur eigenen Beute bau machen wollen, können das nicht tun, weil die machen. Das zeigt auch, Sie haben die guten Vor- Fördermittel nicht zur Verfügung stehen, und das arbeiten in den Ressorts ... wirft uns ein ganzes Jahr zurück; es bleibt in Ihrer (Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Tja, Verantwortung. eure ist es nicht mehr!) (Beifall CDU) Sie haben die guten Vorarbeiten in den Ressorts in Und natürlich hat das auch Folgen für den Thürin- die Tonne getreten. Wer natürlich widersinnig die ger Landtag. Seine 137 Tage hat der Ministerpräsi- Verwaltung umbaut, wer das eine Referat in die ei- dent zur Vorlage des Haushalts unter das Motto ne Abteilung in das andere Ministerium packt, plötz- „Schnelligkeit geht vor Gründlichkeit“ gesetzt. lich eigentlich beim Kollegen einziehen will, weil er merkt, er hat ein viel zu großes Ressort und passt (Beifall CDU) gar nicht mehr ins Haus, der hat mit anderen Din- (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE gen zu tun und dann passt auch die Struktur der GRÜNEN: 30 Jahre Verzögerung beim Breit- vorherigen Haushaltsstruktur nicht mehr auf den bandausbau!) neuen Haushalt. Auch das hat dazu geführt, dass Sie diesen Haushalt zu spät vorgelegt haben. 137 Tage ist also nach den Maßstäben von Rot- Rot-Grün schnell und das „Schnell“ relativiert sich (Beifall CDU) dann, wenn man weiß, dass dieser erste Satz Das zu späte Vorlegen hat natürlich auch Folgen „Schnelligkeit vor Gründlichkeit“ beim Ministerpräsi- für das Land. Die größten Folgen will ich Ihnen der denten noch einen zweiten Satz zur Folge hat, Reihe nach beschreiben: 100 potenzielle Existenz- nämlich den, er hat der Öffentlichkeit versprochen: gründer konnten durch den fehlenden Haushalt Ja, wir machen jetzt ganz schnell den Haushalt, da- nicht gefördert werden, die Feuerwehren melden mit wir in die Puschen kommen, aber dann im Landtag gilt Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Und 796 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Mohring) das ach so große und großzügige Zeitbudget, was Freistaat ist jetzt Ihrer. Da täuschen Sie sich aber. uns diese Regierung zur Verfügung stellt, heißt Sie täuschen sich genauso, wie Sie gedacht haben, doch tatsächlich bis zur Verabschiedung des Haus- das Ende der DDR ist mit Ihrer Wahl besiegelt. halts am 19. Juni: 57 Tage. Meine Damen und Her- Auch das stimmt nicht. Aber auch dieser Freistaat ren, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, parla- ist nicht Ihrer. Sie haben noch viereinhalb Jahre mentsfreundlich sieht anders aus. Zeit, verderben Sie nicht unseren Fortschritt in die- sem Freistaat, werden Sie Ihrer Verantwortung für (Beifall CDU, AfD) dieses Land gerecht. Da liegt die große Aufgabe Ih- Das ist nicht Gründlichkeit vor Schnelligkeit, das ist rer Regierungszeit. unverschämt, was Sie dem Parlament zumuten. (Beifall CDU, AfD) Fünf Wochen Zeit für die Haushaltsberatungen, wo Sie Monate gebraucht haben, überhaupt etwas vor- Meine Damen und Herren, dieser Haushalt verstößt zulegen, das gab es lange nicht mehr, das haben gegen Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit, Sie in Ihren Zeiten manchmal zu Recht oder auch weil Rot-Rot-Grün nicht gewillt ist, die seit 2007 be- zu Unrecht kritisiert, dann haben wir uns auf länge- gonnene Haushaltskonsolidierung fortzusetzen. Al- re Beratungszeiten vereinbart, aber dass Sie die- les hat mit der Stornierung eines beschlossenen sem Parlament nur fünf Wochen Beratungszeit zu- Schuldenabbaus und der Aufnahme neuer Kredite gestehen, das ist ziemlich unerhört. für die Rücklage begonnen. Es bleibt dabei: Wolf- gang Voß hat gut daran getan als Finanzminister (Beifall CDU) der Regierung Lieberknecht, die Schulden abzutra- Und, lieber Egon Primas, wenn du mir einen Gefal- gen, die wir Anfang 2010 und 2011 aus Koalitions- len tun würdest, diese zwei blauen Teile einfach nur gründen aufnehmen mussten, damit wir am Ende einmal hochzuhalten. Das reicht vollkommen aus, der Wahlperiode sagen können: In der gesamten ich habe vergessen, sie mit vorzunehmen. Nimm Wahlperiode der Regierungszeit von Christine Lie- sie mal auseinander, einfach nur, dass die Leute berknecht ist der Freistaat Thüringen ohne neue das sehen. Danke, das reicht vollkommen aus. Ich Schulden ausgekommen. will das nur beschreiben, damit Sie gleich sehen, (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Jetzt ist es was ich sagen möchte. aber gut!) Das parlamentsunfreundliche Verhalten findet nicht (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE nur seinen Ausdruck in diesen 57 Tagen angebli- GRÜNEN: Und die Kommunen haben es be- cher Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Es findet sei- zahlt!) nen Ausdruck auch in der Vorlage dieses Haus- halts, festgemacht am Beispiel des Einzelplans 01. Sie haben das zurückgedreht, Sie haben diesen Noch nie, noch nie in diesem Freistaat hat eine Pfad der Tugend verlassen und das muss man Ih- Landesregierung den Entwurf des Landtagspräsi- nen zuschreiben: Sie haben neue Schulden am Be- denten zu seinem Einzelplan 01 mit einer eigenen ginn Ihrer Wahlperiode gemacht. Vorlage konterkariert und damit in die Hoheit dieses (Beifall CDU) Parlaments eingegriffen. Noch nie hat sich eine Landesregierung dem Verfassungsorgan Landtag (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE gegenüber erlaubt, in die Haushaltsberatungen GRÜNEN: Wo denn?) (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Unerhört!) Und jetzt manipulieren Sie auch noch bei den Aus- gaben für 2014, und nur aus einem Grund, um Ihre einzugreifen und eine eigene Vorlage zum Einzel- hohen Ausgaben von 300 Millionen Euro in diesem plan zu machen. Jahr gegenüber 2014 zu verschleiern. (Beifall CDU, AfD) Es bleibt dabei: Ausweislich Ihrer eigenen Vorlage Ich erwarte, dass Sie diesen Einzelplan 01 an Ihrer heute an diesem Tag, Frau Finanzministerin – es Stelle zurückziehen. ist nicht die Unsere, es ist die Ihre –, ausweislich Ih- rer eigenen Vorlage wissen Sie doch genau wie wir, (Beifall Abg. Gentele, fraktionslos) dass das Haushaltsvolumen 2014 in den bereinig- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ten Ausgaben nur 8,977 Milliarden Euro betragen wird auch Zeit, denn der Entwurf des Land- hat. Wenn Sie jetzt einen Haushalt mit knapp tagspräsidenten taugt nichts. Ihr Präsident 9,3 Milliarden Euro vorlegen, dann bleibt es Ihre hat versagt!) erste Botschaft, die Sie in diesem Land in dieser Wahlperiode senden, Sie haben das Ausgabenvo- Man muss das so deutlich sagen, denn das ist ein lumen erhöht, so wie wir jahrelang dafür gesorgt neuer Tabubruch, den Sie begangen haben. Der haben, das Haushaltsvolumen herunter zu dimmen. manifestiert sich in dieser eigenen Vorlage des Ein- Sie gehen den entgegengesetzten Weg zelplans 01, aber er beschreibt auch, wie Sie jetzt Ihr Regierungshandeln verstehen. Sie denken, der Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 797

(Abg. Mohring) (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das Das gab es lange nicht mehr, das geht auf Ihr Kon- ist doch kein Wert an sich! Ist doch kein Wert to, das haben Sie so vorgelegt. an sich! Du meine Güte!) (Beifall CDU, AfD) und dieser Weg ist falsch, dieser Weg ist falsch. Meine Damen und Herren, dann lohnt sich wirklich (Beifall CDU, AfD) mal ein Blick in das Haushaltsgesetz für 2015. Da schauen wir uns mal die Kreditermächtigungen an: Ich kenne auch keine Landesregierung und ich ken- Die steigen in diesem Haushaltsjahr 2015 von ne auch keine Bundesregierung, 1,8 Milliarden um 110 Millionen Euro an. Und man (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das fragt sich: Was macht eine Landesregierung, die ist doch die Höhe!) formell keine neuen Schulden aufnimmt? Warum erhöht die sich ihre Kreditermächtigung? Ich kann die die Ist-Ausgaben, die bereinigten Ausgaben ei- Ihnen das sagen – das ist auch jetzt nicht unbe- nes Landes oder des Bundes, aus dem Vorjahr da- dingt nur der Job der jetzigen Finanzministerin. mit kaschiert und erhöht, indem man die Zuführun- Aber es spricht Bände, was Sie vorhaben in dieser gen in die eigene Rücklage als Ausgaben dekla- Wahlperiode. Wer sich in Boom-Zeiten, wer sich in riert. Aber das beschreibt natürlich eines – und dar- diesem Jahr hoher Steuereinnahmen eine neue auf können wirklich nur linke Politiker kommen –, Kreditermächtigung zuschraubt, der hat am Ende dass man Zuführungen in die Rücklage schon als nur eines vor, sich heute unauffällig unter der Kante Ausgabe deklariert, weil Sie gar nicht vorhaben, hinweg seine Kreditermächtigung zu erhöhen, da- Vorsorge zu treiben, sondern weil Sie schon jetzt mit er später, wenn es knapp wird, nicht vor das fest kalkulieren, dass die Rücklage einer Ihrer Aus- Parlament treten und sagen muss: Ich bitte um eine gabenportfolios ist, damit Sie Ihre ganzen ideolo- neue Kreditaufnahme. Sondern der kann die alte giebetriebenen Versprechen erfüllen können. Sie Kreditermächtigung verwenden und damit kaschie- leisten keine Vorsorge, Sie verschleiern die Ausga- ren, dass er angeblich keine Neuverschuldung ben, Sie verschleiern Ihre Mehrausgaben – das ist macht, sich aber eigentlich aus der neuen Krediter- der falsche Weg, den Sie mit diesem Haushalt ein- mächtigung von 2015 bedient. Dass Sie das so of- schlagen. fenkundig im Haushaltsgesetz aufschreiben und (Beifall CDU, AfD) uns auch so hier vorlegen, dazu gehört schon viel Chuzpe, das muss ich mal sagen. Es ist überra- Meine Damen und Herren, die minimale Schulden- schend, was Sie diesem Parlament hier zumuten. tilgung von 26,5 Millionen Euro, die spricht für sich. An dieser Stelle seien Sie enttarnt. Der Hoffnungsaufschlag statt Risikoabschlag bei den geplanten Steuern von 40 Millionen Euro ist ein (Beifall CDU) weiteres markantes Zeichen Ihrer falsch eingetüte- Dann will ich anmerken, einer, der selber zehn Jah- ten Haushaltspolitik, denn es macht schon Span- re lang im Haushaltsausschuss gesessen hat: Wir nung, zu sehen, wie der vorherige Finanzminister, Haushaltspolitiker, auch welche aus Ihrer Fraktion wie die vorherige Landesregierung von CDU und und auch aus der SPD-Fraktion, wir haben es ge- SPD auch darüber gestritten hat, aber sich am En- meinsam erkämpft in den vergangenen Jahren, de des Tages einig war, lieber bei den Steuerschät- dass wir frühzeitig als Haushaltsausschuss infor- zungen vom Mai zum November und vom Novem- miert waren, wenn bei überplanmäßigen Ausgaben ber zum Mai einen Risikoabschlag einzukalkulieren, und außerplanmäßigen Ausgaben die Regierung um am Ende nicht mit staunenden Augen dazuste- dem Parlament Vorlage machen musste und be- hen, dass die Ist-Steuereinnahmen niedriger sind gründen musste, was im Haushaltsvollzug passiert. als die vorher so schön geschätzten Steuereinnah- Sie nehmen dem Parlament, dem Haushaltsaus- men. Anstatt diesen Weg fortzusetzen, schätzen schuss, diese Rechte wieder weg, weil Sie die Sie mehr Steuereinnahmen, als die Novembersteu- Grenze für diese zustimmungspflichtigen Ausga- erschätzer in diesem Land voraussagen. Es kann ben, seien sie Mehrausgaben oder seien sie außer- uns ein neues blaues Wunder drohen an dieser planmäßig, jetzt wieder von 50.000 auf Stelle, weil weder die steuergeschätzten Einnah- 100.000 Euro anheben. Das haben wir zurückge- men der Novembersteuerschätzer kommen noch dreht in den vergangenen Jahren, weil wir das Par- die Mehreinnahmen, dieser Hoffnungsaufschlag, lament beteiligen wollten, auch, weil es die damali- den Sie planen. Sie drohen dem Land ein neues Ri- ge Opposition gefordert hat. Sie gehen den umge- siko im neuen Haushalt und all das macht sich fest. kehrten Weg, auch das ist der dritte Punkt der Par- Wenn man das zusammenrechnet: Hoffnungsauf- lamentsunfreundlichkeit in diesem Haushalt: Sie schlag 40 Millionen, Schuldentilgung von nur wollen das Parlament nicht mehr beim Haushalts- 26 Millionen und Rückgriff auf die Rücklage in vollzug beteiligt wissen, sondern Sie wollen dem Boom-Zeiten von 89 Millionen. Sie haben die Spen- Parlament im Haushaltsvollzug das Wissen entzie- dierhose an. Dieser Haushalt weist eins aus, näm- hen, damit Sie alleine schalten und walten können. lich ein strukturelles Defizit von 155 Millionen Euro. (Beifall CDU) 798 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Mohring) Dann kann man schon verwundert sein, wenn man men, nämlich Überschüsse, die Sie bei den Ist-Aus- auf das Haushaltsgesetz schaut, was Sie mit dem gaben haben, wenn überhaupt nur noch in die Bürgschaftsvolumen machen. Es ist ja spannend zu Rücklagen, aber nicht mehr verpflichtend in die sehen. Klar, Matthias Machnig, ich habe es zu Be- Schuldentilgung zu tun, damit lösen Sie sich von Ih- ginn gesagt, sagt: Schwarz-Rot ist gut. Er meint rem vermeintlichen Versprechen aus Ihrem Koaliti- Berlin; er hat ja hier andere Erfahrungen mit sich onsvertrag, auch Sie halten den Konsolidierungs- selbst gemacht. Er sagt, die Konjunktur ist gut, weg ein, auch Sie wollen Schulden tilgen. Sie ha- Steuern sind gut. Die Finanzministerin sagte in ihrer ben sich das eigene Ermessen im Haushaltsgesetz Rede: Passt auf – und da hat sie recht –, schaut, so groß gemacht, dass Sie das gar nicht mehr wol- was in China passiert, das kann auch Auswirkun- len. Sie haben heute mit dem Haushaltsgesetz gen auf den globalen Markt, auf Europa und damit einen Offenbarungseid geleistet und man kann auch auf Deutschland und natürlich schlussendlich heute schon sagen, Rot-Rot-Grün hat festgelegt, es auch auf Thüringen haben. Das sind einige dieser gibt keine weitere Schuldentilgung, Sie wollen Szenarien, die, wie ich finde, man im Haushalt nicht Rücklagen bilden, damit Sie Ihre ganzen Ausgaben berücksichtigt. Man redet zwar darüber, aber lenkt finanzieren können. Sie ruinieren dieses Land, das nicht hin. Aber wenn diese Szenarien richtig sind, ist Ihre Politik. wo ich die Finanzministerin in ihrer Betrachtung der (Beifall CDU) Konjunkturentwicklung global unterstütze, dann muss man fragen: Warum senkt dann diese Lan- Meine Damen und Herren, wenn man in diesen desregierung das Bürgschaftsvolumen auf – eigene Haushalt sieht und feststellt, sie verlassen den Thü- Aussage – Vorkrisenniveau um 100 Millionen Euro ringer Konsolidierungspfad, dann kann man das gut herab? Nämlich von 500 Millionen auf 400 Millio- sehen am Kriterium der Pro-Kopf-Verschuldung. nen, damit man dann eigentlich nicht genau das Unser vormaliger Finanzminister Wolfgang Voß hat Bürgschaftsvolumen hat, dass man bei der Förde- zu Recht darauf hingewiesen: Wenn man die Pro- rung der gewerblichen Wirtschaft und der freien Be- Kopf-Verschuldung der demografischen Entwick- rufe reagieren kann, damit man steuern kann, damit lung folgen lassen will, das heißt, solange wir weni- man helfen kann, damit man eingreifen kann. Denn ger Thüringer werden und wir statistisch den Pro- das ist diese Wirtschaftspolitik, die auch nur ein Kopf-Verschuldungswert nicht weiter erhöhen las- Bundesland machen kann. Wenn Sie aber gleich- sen wollen, dann muss man jedes Jahr 90 Millio- zeitig Szenarien an die Wand malen, aber das nen Euro in die Hand nehmen. Dann muss man Bürgschaftsvolumen beim Wirtschaftsminister ein- Prioritäten setzen, dann muss man dieses Geld in schränken auf die Zeiten, wo es besser war, dann die Hand nehmen, damit man die Pro-Kopf-Ver- handeln Sie wider besseres Wissen. Dann handeln schuldung mindestens stabil halten kann. Davon Sie entgegen Ihren eigenen Konjunkturprognosen. haben Sie sich gelöst. Sie nehmen dieses Geld Dieser Haushalt erfüllt Ihre eigenen Prognosen nicht in die Hand, um die Pro-Kopf-Verschuldung nicht und das muss Thema auch in diesem Landtag stabil zu halten, Sie nehmen weniger in die Hand. bei der Haushaltsdebatte werden. Sie steuern hier Die Folge ist: Erstmals steigt die Pro-Kopf-Ver- den falschen Weg an. Das hat Folgen für dieses schuldung wieder an. Wer in Boom-Jahren – wie in Land, und das langfristig. diesem –, wer in Jahren, wo das Zinsniveau so niedrig ist wie noch nie, wo die Steuereinnahmen in (Beifall CDU) diesem Land so hoch sind, wie noch nie, wo die Dann fällt uns auf, was Sie mit diesem Land vorha- Rahmenbedingungen stimmen, wo die Arbeitslosig- ben, wenn man auf § 2 des Haushaltsgesetzes keit noch nie so niedrig war wie in diesen Tagen; schaut. Die Finanzministerin ist darauf eingegan- wer dann aber dafür sorgt, dass die Pro-Kopf-Ver- gen. Es ist interessant zu sehen, dass Sie den Pa- schuldung steigt, wer dann aber dafür sorgt, dass ragrafen im Haushaltsgesetz, den dieses Parlament die Steuerdeckungsquote sinkt, der tütet die Haus- erkämpft hat, den, der regelt, wenn es zu Minder- haltspolitik falsch ein. Es ist Ihr Werk, Sie gehen in ausgaben in Thüringen kommt, wenn es zu Mehr- die falsche Richtung. einnahmen in Thüringen kommt, dass dann ganz (Beifall CDU) klar ist, es gibt eine Erwartung dieses Landtags, im- mer im Haushaltsgesetz normiert, an jede Regie- Man muss sich das mal vorstellen: Es gab Landes- rung, die in Thüringen gerade Verantwortung trägt, regierungen in diesem Freistaat Thüringen, die hat- dann fließen diese Minderausgaben und die Mehr- ten nur 4,5 Milliarden Euro Steuereinnahmen zur einnahmen nach Abzug aller notwendigen Kosten, Verfügung. Diese jetzige Landesregierung von Rot- die man leisten muss, immer zuerst in die Rücklage Rot-Grün hat knapp 5,6 Milliarden Euro zur Verfü- und/oder in die Schuldentilgung. Und dass Sie die- gung. se Verpflichtung, diese Priorität für Schuldentilgung, (Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Was diese Priorität für Rücklagenbildung, jetzt im neuen hatten wir für Ausgaben?) § 2, indem Sie § 3 komplett gestrichen haben, auf- lösen und plötzlich ein größeres Ermessen einräu- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 799

(Abg. Mohring) Knapp 5,6 Milliarden zur Verfügung – Sie haben zu wenig und es ist deutlich zu unambitioniert. Ich jetzt im Jahr 2015 gegenüber 2015 noch mal ein sage Ihnen ganz klar als CDU-Fraktionsvorsitzen- Plus von 4 Prozent an Steuereinnahmen, der aber auch als CDU-Landesvorsitzender: Ich helfe Ihnen mit und Sie haben unsere Unterstüt- (Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Wir zung, wenn Sie ernsthaft bei den Bund-Länder-Fi- haben auch eure Schulden übernommen!) nanzbeziehungen Thüringer Interessen nachhaltig ein Plus von 226 Millionen Euro an Steuern gegen- einfordern und dafür Sorge tragen, dass wir ver- über der letzten Landesregierung. Dann rechnen lässlich auf Einnahmepositionen bauen können Sie hier jedes Komma vor, was Ihnen irgendwie ge- aber auch selbstbewusst auftreten und wissen, wir rade einfällt oder was Ihnen Ihre Ausgabenpolitiker wollen nicht auf Dauer alimentiert werden. Wir wol- von Rot-Rot-Grün aufgeschrieben haben, damit Sie len so gestellt werden, dass wir aus eigener Kraft begründen können, warum Sie 300 Millionen Euro auch unseren Beitrag leisten können. Das ist wich- mehr ausgeben. Es ist die Aufgabe einer Landesre- tig, nicht am Bettelstab stehen und dabei haben Sie gierung, die den Haushalt vorlegt, auch Mut zur uns, wenn Sie das zum Prinzip machen. Wenn Sie Verantwortung zu zeigen. Mut zur Verantwortung aber Ihre Verhandlungsstrategie so anlegen, dass ist mehr als Haushalt Voß plus Ausgaben von Rot- Sie wollen, dass wir uns jetzt schon dauerhafte Ab- Rot-Grün. Mut zur Verantwortung ist auch, eigene hängigkeit einbauen und dafür Finanzierungsströ- Prioritätensetzung – die bleiben Sie diesem Land me haben wollen, dann können wir nicht an Ihrer schuldig, die bleiben Sie Thüringen mit diesem Seite sein. Wir wollen mehr für Thüringen, als nur Haushalt für 2015 schuldig. auf Dauer abhängig sein. Da haben wir einen ande- ren Weg und ein anderes Ziel als Sie mit Rot-Rot- (Beifall CDU) Grün. Sie legen null Risikobewusstsein an den Tag. Was (Beifall CDU) sagt denn diese Landesregierung von Rot-Rot- Grün zur Frage: Was ist, wenn die Zinsen steigen? Deswegen gilt für uns alle natürlich hier in diesem Was ist, wenn sich die Konjunktur global, in Europa Landtag, für alle politisch Verantwortlichen, aber – und damit auch in Deutschland – eintrübt? Was insbesondere für diese rot-rot-grüne Landesregie- ist, wenn die Steuereinnahmen-Rekordwerte nicht rung: Wir müssen genau schauen, was passiert mehr von Jahr zu Jahr steigen, vielleicht sogar nur jetzt bei diesen Bund-Länder-Finanzbeziehungen, stagnieren, vielleicht sogar – wie wir es 2006 und was passiert in diesen Tagen bei den Verhandlun- 2007 kannten – dramatisch einbrechen? Wo ist Ihre gen in Berlin. Wahrscheinlich – meine Prognose – Risikovorsorge, wenn Sie jetzt schon in Boom-Zei- wird auch im Juni noch kein Ergebnis vorliegen. ten 89 Millionen Euro aus der Rücklage nehmen, Wahrscheinlich vertagt sich alles auf die zweite die Sie doch selber noch 2014 kurz nach Regie- Jahreshälfte 2015, vielleicht geht es auch noch län- rungsantritt damit begründet haben, dass Sie vor- ger, weil natürlich die Interessen der 16 Bundeslän- sorgen wollen für Krisenzeiten. Wenn das Krisen- der und auch des Bundes höchst divergierend sind. zeiten sind, wo wir 5,6 Milliarden Euro einnehmen, Für uns ist es existenziell, was da verhandelt wird. dann möchte ich nicht sehen und nicht ahnen, wie Weil alles zum Ende dieser Wahlperiode hier in die- Sie handeln, wenn wir nur noch 5 oder 4,5 Milliar- sem Thüringer Landtag, weil alle Finanzierungs- den Euro einnehmen. Das ist irre. Das ist riskant, ströme auslaufen, die wir kriegen – jenseits unserer was Sie hier machen. Das ist ein Waterloo, was Sie eigenen Steuereinnahmen. Der Soli läuft aus, die hier an den Tag legen. Nach Ihnen, nach Rot-Rot- EU-Förderung läuft aus, der Länderfinanzausgleich Grün, kann nur noch die Sintflut kommen. muss neu verhandelt werden, weil er bis 2019 be- (Beifall CDU) fristet ist. Und natürlich alles, was SoBEZ und an- dere Bundesleistungen sind, werden auch in die- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Auf sem Gesamttopf neu gewichtet und müssen neu die Sintflut warten nur noch verbohrte Chri- verhandelt werden. sten schon lange!) Wir wissen, dass die Geberländer Bayern und Hes- Meine Damen und Herren, es ist natürlich eine völli- sen und andere sagen, Sie wollen entlastet werden ge Ignoranz für klar zutage liegende Entwicklungen, aus dem horizontalen Finanzausgleich, aus dem, die heute schon feststehen. Sie reagieren nicht auf was zwischen den Bundesländern jeweils an Geld die Bevölkerungsentwicklung. Sie reagieren nicht verteilt wird. Andere Länder, die unsolide wirt- auf die auslaufende EU-Förderung 2020. Sie rea- schaften, wie Nordrhein-Westfalen, die sagen: Wir gieren nicht auf das Ende des Solidarpakts II. Ich wollen beim Umsatzsteuervorabzug bessergestellt will das ganz klar sagen, weil es heute auch wieder werden, wir wollen nicht alles in den Osten geben, national nachzulesen war: Allein das Regierungs- wir haben selber Nachholbedarf in den struktur- handeln und die Verhandlungsstrategie bei den schwachen Regionen in Nordrhein-Westfalen. Die Bund-Länder-Finanzbeziehungen damit zu begrün- neuen Länder sagen zu Recht, es muss – zwar da- den, dass man als Thüringer Ministerpräsident ein nach, nach 2019 – keine Hilfe mehr nur in den Benachteiligungsausgleichsinstrument möchte, ist 800 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Mohring) Osten geben, sondern überall, wo Bedarfe sind, un- Noch in der Mittelfristigen Finanzplanung von abhängig von der Himmelsrichtung, aber natürlich Schwarz-Rot von 2013 bis 2017 wurde für 2015 ein soll es auch nicht weniger werden als das, was wir Konsolidierungsbedarf von 149 Millionen Euro und jetzt bekommen. Der Bund sagt: Wir geben ein be- für 2016/2017 – für den Doppelhaushalt – von stimmtes Geld mit hinein, aber wollen nicht mehr 220 Millionen Euro festgestellt, um das Haushalts- geben, als wir jetzt schon zugesagt haben, das En- volumen in Thüringen dauerhaft unter 8,9 Milliar- de der Fahnenstange ist erreicht. All das zusam- den Euro festzuschreiben. In Ihrer Mittelfristigen Fi- menzubauen geht nicht auf. Irgendwo wird es je- nanzplanung sagen Sie zwar auch, es gibt einen of- manden geben, der bei diesem Prozess nicht ge- fenen Konsolidierungsbedarf – jetzt gestiegen auf winnt. 291 Millionen Euro für 2016 und 2017, aber höherer Konsolidierungsbedarf als vorher –, aber nicht, um Ihr Job ist es, uns so aufzustellen und so Mehrhei- das Ziel zu erreichen, dauerhaft unter 8,9 oder ten zu suchen, dass wir nicht am Ende – nur weil 8,8 Milliarden Euro Haushaltsvolumen zu sein, wir rot-rot-grün regiert werden – als Verlierer daste- nein, um dauerhaft die 9,2 Milliarden Euro Ausga- hen. Es ist Ihr Job, in der Gemeinschaft der Länder bevolumen zu halten. Da unterscheiden wir uns. unsere Interessen so deutlich zum Ausdruck zu Das ist der Unterschied zwischen Schwarz-Rot und bringen und so klug zu verhandeln, auch hinter den Rot-Rot-Grün: Sie richten sich auf Dauer zwischen Kulissen so klug zu verhandeln, dass wir unseren 400 und 500 Millionen Euro Mehrausgaben in die- Freistaat Thüringen in der eigenen selbstständigen sem Land ein. Und dieser Weg bringt unser Land Existenz auch im nächsten Jahrzehnt gestalten nicht voran. Dieser Weg treibt unser Land ins Un- können. Aber das ist eben nicht der Weg, sich dar- glück, wenn die Steuern einbrechen, wenn die Zin- auf einzurichten, dauerhaft alimentiert zu werden, sen steigen, wenn die Konjunktur nach unten geht. sondern das ist der Weg, eigene Chancen nutzen Wer sich auf so ein hohes Ausgabevolumen ein- zu können, in Freiheit Wirtschaft entwickeln zu kön- richtet, der hat die Zukunft dieses Freistaats Thürin- nen, Wirtschaft nicht zu gängeln, aber auch Rah- gen nicht in den Blick genommen. menbedingungen zu setzen, wenn wir mehr Steuer- einnahmen haben, dass wir in künftigen Verrech- (Beifall CDU) nungsmechanismen mehr behalten können, damit Die Finanzministerin sagt in diesen Tagen in Inter- auch selbsttragend das entsteht, was wir uns vor- views, dass es nicht die richtige Zeit ist, um Schul- stellen: Ein selbstbewusster Freistaat, der gut ins den zu tilgen. Dann frage ich mich: Wann kommt nächste Jahrzehnt blicken kann und der weiß, diese Zeit? Wann kommt diese Zeit, wenn nicht bei wenn er Hilfe bekommt, er legt das Geld gut an und 5,6 Milliarden Euro Steuereinnahmen, wenn ich den er verschleudert nicht seine Rücklagen und er ver- Länderfinanzausgleich und andere bereinigte Ein- schleudert nicht seine Zukunft. Das ist der An- nahmen dazurechne, sind wir bei 6,8 Milliarden bei spruch, den Sie erfüllen müssen. einer Steuerdeckungsquote von 60 Prozent; wo wir (Beifall CDU) vorher, in früheren Wahlperioden, froh waren, wenn wir knapp an die 50 rangekommen sind. Wann ist Weil das aber nicht allein geht, dass man auf die diese Zeit, wo Sie sagen, jetzt fangen wir an, Schul- Einnahmeseite schauen kann, so wie es Ihre Links- den zu tilgen, wenn nicht in diesen Boom-Jahren, fraktion in dieser Woche auf ihrer Haushaltsklausur wenn nicht in diesen starken Steuereinnahmejah- wieder gezeigt hat, müssen Sie Ihre Verantwortung ren? Das ist ein völlig anderer Schwerpunkt, den auch wahrnehmen und auf die Ausgabenseite Sie setzen, der sich übrigens auch beim ver- schauen. Sie kommen als Landesregierung nicht schleppten Personalabbau in diesem Haushalt fest- umhin, bei den Ausgaben auch Prioritäten zu set- macht. zen und nicht nur alle Ausgabenwünsche zu addie- ren. Es ist der Job jeder Landesregierung, mit der (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE Vorlage des Haushalts genau diese Erwartungen GRÜNEN: Wo ist der Rasenmäher?) zu erfüllen. Zu Recht hat der vormalige Finanzmi- Zu Recht hat Schwarz-Rot in der letzten Wahlperi- nister Wolfgang Voß gesagt: Der Schlüssel zum Er- ode gesagt, es gibt ein Personalabbaukonzept mit folg sind nicht Steuereinnahmen, sondern sind Aus- rund 8.800 – genau genommen sogar 8.819 – Stel- gabensenkungen. – Sie haben mit Ihrem Haushalt len. Sie haben in Ihrem rot-rot-grünen Koalitions- nur auf die Ausgabenseite geschaut, bei dem, wo vertrag geschrieben, Sie wollen sich daran messen es um Mehrausgaben geht, aber Sie haben keine lassen und wollen das auch umsetzen. Wenn man Vorschläge zur Prioritätensetzung gemacht und Sie das aber auch umsetzen will oder sogar noch wei- haben keine Vorschläge gemacht, man sucht ver- tergehen möchte, wie Wolfgang Voß zu Recht, wie gebens danach, wie Sie das Haushaltsvolumen unsere Finanzpolitiker zu Recht, wie der Steuerzah- mindern wollen. Wo zeigen Sie den Konsolidie- lerbund und der Rechnungshof ebenso zu Recht rungsbedarf für dieses Land auf? Weil Sie es nicht sagen, eigentlich muss die Personalentwicklung tun, will ich das machen. Da lohnt sich ein Ver- daran gehen, 11.000 Stellen abzubauen, um ver- gleich der beiden Mittelfristigen Finanzplanungen. gleichbar zu sein mit anderen Flächenländern West Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 801

(Abg. Mohring) in den Zeiten nach den Solidartransfers, wenn man und Mittelstandsbetriebe keine Luft mehr zum At- das umsetzen will, dann müssen Sie an zwei Stel- men haben, len nachliefern in diesem Haushalt. Sie müssen die (Unruhe DIE LINKE) noch rund 800 Stellen, die noch nicht als „kw“ aus- gebracht sind, natürlich in Ihren Haushalten in die- wer diese Gängelung vorzieht, wer diese Bürokratie ser Wahlperiode ausbringen und identifizieren und erhöht, der gibt nicht die Freiheit, damit dieses zeigen, damit der Personalabbau tatsächlich voll- Land vorankommt. Auch das sind Maßstäbe, die ständig, so wie es das Personalentwicklungsgesetz man erfüllen muss und die liefern Sie an dieser vorgeschrieben hat, umsetzbar ist. Und Sie müssen Stelle nicht, weil Ihnen eine Vision für dieses Land die Jahresscheiben einhalten. Das tun Sie nicht. Al- fehlt, lein in der TSK steigen die neuen Stellen um 15 an, (Beifall CDU) insgesamt im Haushalt um weitere neue 31 Stellen. Und anstatt in diesem Jahr die Jahresscheibe zu weil Ihnen die Vision fehlt, wie dieses Land weiter erfüllen, dass 194 Stellen abgebaut werden, sind es wachsen kann, weil Ihnen eine Vision fehlt, wie die- eben nur noch 143. Der Abbaupfad nach dem Per- ses Land weiter erstarken kann, und weil Ihnen sonalentwicklungskonzept wird nach hinten ge- auch die Vision fehlt, wie dieser Freistaat Thüringen streckt. Wer am Anfang der Wahlperiode Personal- weiter erblühen kann. Dazu braucht es eben auch abbau nach hinten streckt, das kann ich Ihnen sa- selbstbewusste Menschen, die sich selber etwas gen, der holt das im Laufe der Wahlperiode nicht zutrauen, aber vor allen Dingen auch, denen die mehr ein. Wer jetzt die Haushaltspolitik falsch eintü- Politik etwas zutraut. tet, der verschenkt haushaltspolitisch die komplette Und Rot-Rot-Grün tut eben so ziemlich genau das Wahlperiode. Sie tun das bei der Entnahme der Gegenteil. Sie zerstören die Wahlfreiheit der Eltern, Rücklagen, Sie tun das bei der zu geringen Schul- weil Sie das Landeserziehungsgeld abschaffen, dentilgung, Sie tun das bei der steigenden Pro- weil sie sich lieber entblößen und Entblößerinnen Kopf-Verschuldung und Sie tun das ebenso beim zu uns schicken, anstatt es mit uns zu diskutieren, verschleppten Personalabbau nach dem Personal- entwicklungskonzept. All diese Markierungen zei- (Heiterkeit DIE LINKE) gen, Sie schlagen den falschen Weg ein. (Beifall CDU) (Beifall CDU) weil Sie lieber die Wirtschaft engmaschig kontrollie- Ihnen fehlt der Gestaltungswille in diesem Haus- ren, weil Sie die freien Schulen lieber austrocknen halt, weil Ihnen der Wille zur Prioritätensetzung anstatt Ihnen zu helfen, fehlt. Tatsächlich gibt es Dinge, die ein Haushalt er- (Beifall CDU) füllen muss. Egal, welche Regierung in diesem Land regiert, fünf Dinge hätte jede Regierung vorle- (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS gen müssen, auch Sie: einen konsequent eingehal- 90/DIE GRÜNEN: Das waren aber Sie!) tenen Personalabbaupfad, eine weitere Reform der (Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ Verwaltung, den Ausbau der interkommunalen Zu- DIE GRÜNEN) sammenarbeit, einen kritischen Blick auf Aufgaben und Standards mit Verzicht auf ebensolche und weil Sie Ihre Versprechen nicht erfüllen, die Sie einen Verzicht auf die Gängelung der Wirtschaft selbst in Ihrem grünen Wahlprogramm gegeben ha- und einen Verzicht auf kostspielige Vorhaben, nach ben. Und ich will daran erinnern, lesen Sie doch Ih- denen niemand verlangt hat und die das Land auch re eigenen Wahlversprechen einmal durch, bevor nicht voranbringen. Das liefern Sie nicht, aber Sie Sie anschließend Regierungspolitik machen! hätten es liefern müssen, weil es die Pflicht und (Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Schuldigkeit jeder Landesregierung ist, die einen NEN) Haushalt vorlegt. Es war Ihre Spitzenkandidatin, liebe Anja, jetzt ist Schauen Sie sich doch mal die Gängelungen in der sie gar nicht da, die Folgendes gesagt hat, und ich Wirtschaft an. Ich will darauf noch mal zu sprechen habe diesen Satz so ziemlich wortgenau im Kopf: kommen, weil es in diesen Tagen Thema war: Wer Wir wollen den freien Schulen 10 Millionen Euro sich weigert, Entbürokratisierung bei Mindestlohn- mehr über den tatsächlichen Kostenaufwüchsen regelungen vorzunehmen und die Thüringer Wirt- geben. schaft, aber auch die Tausenden Ehrenamtlichen in diesem Land zu entlasten und nicht mit Bürokratie (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE zu belegen, GRÜNEN: Jetzt werden es 12 mehr!) (Zwischenruf Abg. Kräuter, DIE LINKE: Fin- So ist das Zitat. ger weg davon!) (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE wer lieber ein Bildungsfreistellungsgesetz einführt, GRÜNEN: Jetzt werden es 12 mehr! Und wo jeder betroffen ist, aber die kleinen Handwerks- wissen Sie auch warum?) 802 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Mohring) Wer aber einen Satz mit zwei Halbsätzen sagt, wer Präsident Carius: sagt, wir wollen 10 Millionen Euro mehr über den Herr Mohring, kann ich davon ausgehen, dass Sie Kostenaufwüchsen, der muss auch wissen, was jetzt die Anfrage der Abgeordneten Rothe-Beinlich meint er mit „über den Kostenaufwüchsen“. Wenn zulassen? aber die Kostenaufwüchse durch die freien Schulen mit 15 Millionen Euro in der letzten Wahlzeit bis heute definiert sind, der muss wissen, was er sagt. Abgeordneter Mohring, CDU: Und wer sagt … Jawohl. Ich will ja auch mal Schwarz-Grün machen, dann muss ich es zulassen, das geht ja gar nicht Präsident Carius: anders. Herr Mohring, es gibt eine Zwischenfrage. Präsident Carius: Abgeordneter Mohring, CDU: Jetzt haben Sie das Wort. Ja, das habe ich gesehen, aber ich wollte gern erst zu Ende reden, und Frau Astrid Rothe-Beinlich Abgeordnete Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE merkt sich mit Sicherheit, was sie fragen möchte. GRÜNEN: (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS Vielen herzlichen Dank. Herr Mohring, haben Sie 90/DIE GRÜNEN: Das ist kein Problem, Herr sich auch gemerkt, dass Sie das Kürzungsgesetz Mohring!) für die freien Schulen auf den Weg gebracht haben, gegen das wir erfolgreich vor dem Verfassungsge- Sehr gut, sie merkt es sich, hoffentlich, weil, wenn richt geklagt haben? Und haben Sie sich gemerkt, sie es sich so merkt, wie ihre Wahlversprechen, dass das Austrocknen der freien Schulen mit dann wird es nicht so lange halten. Schwarz-Rot begonnen hat? (Beifall und Heiterkeit CDU) (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dann bleibt es dabei. Es kommt in der Politik immer NEN) darauf an, welchen Erwartungshorizont ich bei den (Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Und Sie Empfängern meiner Versprechen wecke. Wenn ich setzen es fort!) als Bündnis 90/Die Grünen den freien Schulen 10 Millionen Euro über den Kostenaufwüchsen ver- Abgeordneter Mohring, CDU: spreche, dann muss ich wissen, dann sind das 25 Millionen Euro. Das ist nicht unser Wort, das ha- Frau Rothe-Beinlich, haben Sie gerade gemerkt, ben wir nicht gesagt, wir haben einen eigenen Ge- dass bei Rot und Grün alle geklatscht haben, nur setzentwurf vorgelegt, der die freien Schulen sich die SPD nicht? Ich würde darüber nachdenken. Viel entwickeln lässt, Spaß in der Koalition. (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE (Beifall CDU) GRÜNEN: 25 Millionen!) (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS der ihnen Zusprüche auch für die Zukunft garantiert 90/DIE GRÜNEN: Sie haben jetzt nicht mei- und der sie eben nicht am langen Arm von Rot-Rot- ne Frage beantwortet, Herr Mohring! Haben Grün austrocknen und aussterben lässt. Wer sein Sie das gemerkt?) Wahlversprechen so erfüllt, dass er den freien Ich denke schon. Wir haben unsere Erfahrungen Schulen jedes Jahr 0,25 Prozent Kostensteigerung gemacht. Sie machen Ihre Erfahrungen. Wir ma- zubilligt, chen ja auch gern, hoffentlich auch in der Zukunft, (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE wieder gemeinsame Erfahrungen, das will ich aus- GRÜNEN: Unverschämt!) drücklich sagen. 0,25 Prozent, der will die freien Schulen nicht för- (Heiterkeit und Beifall CDU) dern, der will nicht die Vielfalt in der Schulland- Aber es bleibt dabei: Es ist nicht unser bildungspoli- schaft fördern, der macht die freien Schulen kaputt. tischer Weg, die Vielfalt der Schullandschaft einzu- Für so einen bildungspolitischen Chaosschlag ste- schränken. Aber es ist auch nicht unser Weg, in der hen wir als CDU nicht zur Verfügung. Haushaltspolitik über Steuererhöhungen nachzu- (Beifall CDU) denken. Die Linke hat das in ihrer Haushaltsklausur in dieser Woche sehr gut offenbart. Zu Recht haben (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS selbst Grün und auch die SPD sich sofort mit eige- 90/DIE GRÜNEN: Unverschämtheit!) nen Pressemeldungen zu Wort gemeldet und das korrigiert, was die Linksfraktion als angeblicher Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 803

(Abg. Mohring) Partner auf Augenhöhe in dieser rot-rot-grünen Ko- seine Chance bekommen. Sie haben uns dabei – alition auf den Weg bringen wollte. das gilt ausdrücklich auch noch mal, wenn es dar- um geht, dass Sie die Interessen Thüringens deut- Ich sage das ganz klar, das gilt für dieses Land. lich nach außen vertreten wollten, damit dieser Erstens Folgendes – vielleicht wissen Sie es immer Freistaat an der Spitze der neuen Bundesländer, noch nicht als Linkspolitiker: Dieser Freistaat Thü- aber auch sich selbstbewusst dahin entwickeln ringen hat keine eigene Steuergesetzgebungskom- kann, wo wir eigentlich unseren Freistaat sehen, petenz. Ich sage mal, das ist auch ganz gut so. nämlich an der Spitze im oberen Drittel aller deut- Man muss sich das mal vorstellen, in irgendeiner schen Bundesländer –, bei all dem, was Sie da tun, Föderalismusreform hätten wir eigene Steuerge- was diesen Weg befördert, werden Sie uns an Ihrer setzgebungskompetenz bekommen und Sie sind Seite haben, weil uns das Land wichtig ist und nicht jetzt an der Regierung – was das geworden wäre! die Koalitionsfarben zuerst eine Rolle spielen. Wir Eine Gängelung und eine Einschränkung all der wissen, weil wir zweieinhalb Jahrzehnte Verantwor- Leute, die Leistungsträger in dieser Gesellschaft tung für diesen Freistaat Thüringen getragen ha- sind. Schön, dass Sie auf Klausurtagungen darüber ben, auch um unsere besondere Verantwortung in sinnieren können, aber gut ist, dass Sie keine Kom- der Opposition. Wir markieren das, was Sie petenz haben, tatsächlich an der Steuerschraube schlecht machen. Wir markieren das deutlich hier zu drehen. im Parlament und deswegen haben Sie uns auch (Beifall CDU) an der Seite, immer – ich wiederhole das noch ein- mal – wenn wir gemeinsam zusammenstehen müs- Wer manchmal nicht glaubt in der Bundesrepublik, sen, wenn andere meinen, sie könnten Politik sozu- wenn die so auf Thüringen schauen und sagen, na sagen attackieren mit Schmierereien, mit Ge- ja läuft doch ganz gut. Er sagt immer: Es gibt ja waltandrohung, mit Mordandrohung, mit Sachbe- noch Bananen. – Ich halte das für frevelhaft, so ei- schädigung, mit Zerstörung von Leib und Leben ne Regierung einzuschätzen, aber auch so auf und Eigentum. Dann haben Sie uns immer an Ihrer DDR-Geschichte zu schauen. Aber das nur am Seite, weil wir gemeinsam stehen müssen als De- Rande. Da wird immer so gesagt, der ist doch ganz mokraten für dieses Land. Sie haben uns immer an nett und ist doch mit den Leuten ganz freundlich. der Seite, wenn es darum geht, dass wir Willkom- Ich kann nur eines sagen mit Blick auf 2017 in Ber- menskultur in diesem Land leben, wenn es darum lin zur Bundestagswahl: Wer auf Klausurtagung ei- geht, dass die, die in Not sind auf dieser Welt, dass ner Landtagsfraktion über Steuererhöhungen sin- die, die unsere Hilfe wirklich brauchen, dass die niert, der setzt sie um, wenn er mit Rot-Rot-Grün in wissen, sie haben auch in Thüringen ein Land, das Berlin regiert. Wer wissen will, was passiert in der sie mit offenen Armen empfängt und ihnen hilft, da Bundesrepublik, wenn solche wie hier in Thüringen haben Sie uns immer an Ihrer Seite, auch als Op- gemeinsam Verantwortung tragen, dem kann ich positionspartei. Das sage ich ausdrücklich, klipp nur sagen: Seid wachsam, schaut auf Thüringen, und klar. schaut genau hin, was sie zwischen den Zeilen sa- gen, nicht wie sie jeden Tag schön geschmückt (Beifall CDU) durchs Land laufen, sondern das, was sie in ihren (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE Köpfen tragen und was sie wirklich tun wollen! Wer GRÜNEN: Das hat Herr Lauinger gemerkt!) Deutschland schützen will vor so einer Regierung, der muss eine richtige Entscheidung machen und Sie haben uns sogar an Ihrer Seite, wenn es um genau schauen, was ihr auf Klausurtagungen Haushalt geht und Sie Prioritäten setzen müssen, macht. die schmerzhaft sind, weil Konsolidierungsbedarfe bestehen, die Sie vielleicht sogar irgendwann er- (Beifall CDU) kennen und hier vor das Parlament treten und sa- (Heiterkeit DIE LINKE) gen: Wir bitten um große, breite Unterstützung, da- mit wir diesen Weg gehen können. Wenn Sie aber Das ist jetzt schon länger als der Gesamtapplaus, nur Gesetze nicht einhalten bei der Frage, wenn es der hier für Frau Taubert gegeben wurde. darum geht bei Menschen, wo kein Asylgrund vor- (Heiterkeit CDU) liegt, ihnen aber suggerieren, es gäbe einen dauer- haften Aufenthalt und damit einen falschen Weg (Zwischenruf aus dem Hause) einschlagen und der Bevölkerung und auch denen, Ich kann es ja jetzt nicht ändern. die unsere Hilfe brauchen ein falsches Signal set- zen, dann können wir nicht dabei sein. Wenn es (Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Lan- darum geht, dass Sie im Haushalt nur Ausgaben ganhaltender, tosender Beifall!) beschließen wollen und meinen, es gibt kein Mor- Aber ich will gern noch was sagen zu diesem Haus- gen mehr, Sie können alles draufpacken und nach halt und für diese Wahlperiode insgesamt, weil uns uns die Sintflut und mal schauen, wir machen jetzt das schon sehr bewegt. Jede Regierung muss ihre schön Rot-Rot-Grün und danach ist es uns egal, eigene Verantwortung wahrnehmen und jeder muss dann können Sie uns nicht an Ihrer Seite haben. 804 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Mohring) (Beifall CDU) vorgelegten Haushaltsentwurf von Rot-Rot-Grün sieht. Wenn Sie unsere Schullandschaft kaputt machen und die Vielfalt einschränken, freien Schulen keine (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Chance zum Existieren geben, GRÜNEN) (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS Wir konstatieren einen gesunden Dreiklang aus Ge- 90/DIE GRÜNEN: Unverschämtheit, Herr stalten, Vorsorgen und Konsolidieren. Kritik ist ge- Mohring!) nerell okay, aber die Ausführungen des Herrn Mohring waren bis auf den Einstieg weitgehend un- Grundschulen abschaffen wollen, Gymnasien ab- sachlich und überzogen. schaffen wollen, (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE (Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, GRÜNEN) DIE LINKE: Wir bauen die Schullandschaft erst wieder auf!) Herr Mohring, ich will Ihnen das mal sagen, Ihre Vorstellungen von Haushaltspolitik sind qualitativ weil Sie sagen, der Weg der Gemeinschaftsschule vergleichbar in etwa mit den Vorstellungen einer ist Ihr Ziel, dann können Sie uns nicht an Ihrer Seite Eintagsfliege von einem verlängerten Wochenende. haben. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE (Beifall CDU) GRÜNEN) Wenn Sie die Leistungsträger der Gesellschaft hier Herr Mohring, zu einer guten Haushaltspolitik hätte in Thüringen nicht wertschätzen, wenn Sie ihnen auch die Vermeidung von Haushaltsrisiken in der nicht die Anerkennung zuteilwerden lassen, ob sie Vergangenheit gehört. Dies nämlich und die von Ih- nun als Arbeiter früh um 6.00 Uhr an der Werkbank nen weitgehend verursachten Schulden für Presti- stehen und den ganzen Tag für ihre Familie arbei- geprojekte und Wahlversprechen nehmen künftigen ten oder auch diejenigen, die jeden Tag im Ehren- Generationen den Spielraum. Beispiel gefällig? Das amt für dieses Land mehr leisten, weil wir sonst gar Sondervermögen „Ökologische Altlasten“ – Stich- nicht zurechtkommen, wenn Sie die nicht wert- wort „Kali und Salz“ – wird in den nächsten Jahren schätzen und auch nicht mit Ihrer Politik begleiten, aller Wahrscheinlichkeit nach deutlich höherer Zu- dann können Sie uns nicht an Ihrer Seite haben. führungen aus dem Landeshaushalt bedürfen, (Beifall CDU, AfD) Geld, das wir in anderen Bereichen dringend benö- tigen. Das Sondervermögen Althaus-Wahlverspre- Aber immer dann, wenn es um Thüringen geht, chen im Bereich Wasser/Abwasser wird, wenn wenn das Land gut vorankommen soll, dann sind nichts geändert wird, bis 2030 sage und schreibe wir als die größte Oppositionspartei hier in diesem 750 Millionen Euro verbraucht haben und dann im- Land dabei, um Thüringen nach vorn zu bringen. mer noch einen Schuldenstand von 539 Millio- Aber ich sage es auch ganz klar, immer in dem nen Euro haben, also zusammen Maß und in dem Schrittfeld, dass eins gilt: Rot-Rot- 1,3 Milliarden Euro Kosten, meine Damen und Her- Grün bleibt nur eine Fußnote der Geschichte und in ren. Hier können Sie es noch mal sehen: Trotz jähr- viereinhalb Jahren ist dieser Zauber vorbei. lich steigender Zuführungen aus dem Landeshaus- (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE halt steigen bis 2030 die Schulden. Damit dürfte GRÜNEN: Pfeifen im Wald!) das rein parteipolitisch und wahltaktisch motivierte Versprechen von Althaus und die Umsetzung durch Das ist doch auch eine schöne Perspektive für Op- die allein regierende CDU-Fraktion mit zu den teu- position in diesem Land. Vielen Dank. ersten Finanzdesastern der deutschen Nachkriegs- (Beifall CDU) geschichte gehören, meine Damen und Herren. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Präsident Carius: GRÜNEN) Vielen Dank, Herr Kollege Mohring. Das Wort hat Als wenn es nicht schon genug wäre, brauchen wir nun Kollege Huster für die Fraktion Die Linke. jetzt 25 Millionen Euro für einen weiteren wirt- (Beifall DIE LINKE) schaftspolitischen Fehlversuch der CDU-Landesre- gierung vor über 20 Jahren, nämlich für die Angele- genheit „Pilz“, 25 Millionen Euro, die wir heute zah- Abgeordneter Huster, DIE LINKE: len sollen und die beispielsweise für eine bessere Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Kita-Finanzierung fehlen. Ich bin schon heute ge- Herren, dieser Haushaltsentwurf markiert den Ein- spannt, was uns an Altlasten der CDU-Regierung, stieg in eine sozial gerechtere Politik in Thüringen, Herr Mohring, noch alles präsentiert wird. Das The- und ich freue mich, dass auch Herr Mohring die ma Kassensturz, so viel ist sicher, wird uns noch Handschrift einer ehemaligen Sozialministerin im länger beschäftigen. Übrigens zu einer anderen Kri- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 805

(Abg. Huster) tik von Ihnen: auch diese 25 Millionen Euro blähen lung gesellschaftlich nicht leisten, auf jemanden zu diesen Haushalt 2015, um es mit Ihren Worten zu verzichten und so muss beispielsweise mehr gegen sagen, auf. die Langzeitarbeitslosigkeit getan werden. Schon, meine Damen und Herren, im Haushalt 2015 findet Meine sehr verehrten Damen und Herren, Thürin- sich das neue Programm für Langzeitarbeitslose. gen steht vor enormen Herausforderungen. Die Vielen Dank an Ministerin Heike Werner für die pro- ehemalige Ministerpräsidentin, Frau Lieberknecht, fessionelle Vorbereitung trotz des großen Zeit- sprach 2011 von der im Jahr 2020 bevorstehenden drucks. zweiten Neugründung Thüringens. Zum einen hat dies seine Gründe in der Finanzarchitektur des (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Freistaats. Mit dem Auslaufen des Solidarpakts II NEN) fehlen uns ab 2020 voraussichtlich 700 Millio- Hier entsteht Neues und mit dieser Arbeitsmarktpo- nen Euro jährlich im Vergleich zu heute. Die EU- litik zeigt sich Thüringen als Vorreiter. Wir freuen Mittel sanken bereits und werden ab 2020 abseh- uns über das Aufgreifen durch die Bundesanstalt bar weniger. Zudem hat das Bundesverfassungsge- für Arbeit und wir hoffen, dass auch Finanzminister richt der Politik aufgegeben, bis 2019 einen neuen Schäuble seine Blockade bald aufgibt. Länderfinanzausgleich zu konzipieren. Und – wie wir schon von den Vorrednerinnen gehört haben – Zweitens, Thüringen muss weg vom Image des die Debatte über die Neugestaltung der Bund-Län- Niedriglohnlandes. Wir brechen mit dieser verfehl- der-Finanzbeziehungen ist aktuell voll im Gange ten Strategie der CDU. Sie führte dazu, dass die und sie ist für die Frage, was wir uns leisten können Menschen hier ausgebildet wurden und dann mit ih- und wollen, was wir ab 2020 für Spielräume gewin- ren Kindern abwanderten. – Das war für die Unter- nen oder verlieren, sehr erheblich. Unsere Ausga- nehmen, für die öffentlichen Haushalte, aber auch ben für Pensionen werden deutlich steigen und im für den nötigen Optimismus, für die politische Kultur Jahr 2018 schon werden die Einnahmen aus dem und die Offenheit in einer modernen Gesellschaft Solidarpakt II dieselbe Höhe haben wie die Ausga- ein riesiges Problem in den letzten Jahren. Wir se- ben für die Zusatz- und Sonderversorgungssys- hen, dass der Mindestlohn weitgehend funktioniert. teme der ehemaligen DDR, nämlich circa 400 Mil- Im Koalitionsvertrag haben wir als einen roten Fa- lionen Euro. Das heißt, ein Angleichungs- und Auf- den das Thema „Faire Entlohnung“ gezogen und bauprozess wird mit diesen Mitteln dann nicht mehr meinen damit auch die wichtigen Berufe nahe am finanziert und – Stand heute – die Solidarpaktmittel Menschen, also Gesundheit, Pflege, Hochschule, sinken und sind dann weg, die Ausgaben für die Jugendarbeit und Kita. Im Wissen, dass nicht alles Sonder- und Zusatzversorgungssysteme bleiben von heute auf morgen geht, wollen wir aber allein absehbar, 400 Millionen Euro pro Jahr. Bei den durch die stärkere Zuwendung zu den Menschen Verhandlungen über einen neuen Länderfinanzaus- mit diesen Themen sowie unserem Engagement für gleich und die Neuordnung der Bund-Länder-Fi- handlungsfähige und kinderfreundliche Gemeinden nanzbeziehungen sollte also diese Frage, wie von sowie eine weltoffene Grundhaltung den Freistaat der Ministerin angesprochen, ebenso mit aufs Ta- Thüringen auch für das strategisch wichtige Thema bleau, wie die Frage, dass die Finanzkraft der Kom- „Rückwanderung und Vermeidung von Abwande- munen künftig vollständig in den Länderfinanzaus- rung“ attraktiver als bisher gestalten. Wir bemühen gleich einzubeziehen ist, dass es insgesamt keine uns auch mit dem Haushalt 2015 nach Kräften um Benachteiligung der neuen Bundesländer geben entsprechende Veränderungen. darf und dass der Solidaritätszuschlag beibehalten Drittens, meine Damen und Herren, bekennen wir werden und weitgehend für die Länder und Kom- uns zur Zuwanderung. Wir sind der Landesregie- munen zur Verfügung stehen sollte. rung dankbar für ihr verändertes Herangehen. Ein (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- herzliches Dankeschön an Minister Lauinger, auch NEN) an den Präsidenten des Landesverwaltungsamts Frank Roßner, an die vielen gesellschaftlichen Ak- Insgesamt befürworten wir, meine Damen und Her- teure, die mittun und helfen, an die gesamte Lan- ren, ein gemeinsames Vorgehen der neuen Bun- desregierung. Es ist genau richtig, die Frage zu desländer. Das war der Komplex Finanzarchitektur. stellen: Wie können aus Flüchtlingen Mitbürger Ich komme zurück zur Rede von Frau Lieberknecht werden? Wir sind froh, dass wichtige gesellschaftli- im Jahr 2011. Sie bezeichnete damals den demo- che Akteure wie die Kammern mitziehen. Wir leis- grafischen Wandel als zweite große Herausforde- ten mit dem Haushalt 2015 unseren Beitrag und rung für uns mit Blick auf 2020. 200.000 Fachkräfte hoffen natürlich künftig auch auf ein stärkeres finan- werden in den Ruhestand gehen. Es stellt sich für zielles Engagement und Entgegenkommen des unser Land die Frage, wie wir diese Herausforde- Bundes. rung bewältigen wollen. Drei Szenarien werden (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- seitdem und vermutlich schon länger diskutiert. Ers- NEN) tens, wir können es uns angesichts dieser Entwick- 806 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Huster) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich auch er hat alte Schulden getilgt im Haushalt und in sprach vom Dreiklang, vom Gestalten, Vorsorgen den Sondervermögen und er hat – damals strittig und Konsolidieren. Warum ist dieser Mix, warum ist mit der SPD und mit uns im Haushaltsausschuss – ein guter Mix so wichtig? Zum Gestalten gehört für eine Rücklage, wie er sagte, für die Kommunen ge- uns das Investieren. Mit diesem Haushalt investie- bildet. Ich erinnere an den vorläufigen Jahresab- ren wir unter anderem im Schwerpunkt Bildung. Wir schluss des Jahres 2013, wo es nicht im Kern dar- investieren in bessere Schulen und unterstützen die um ging, dass es falsch sei, eine Rücklage zu bil- Kommunen. In diesem Übergangsjahr soll es im den, sondern es ging im Kern um die Frage, was in Rahmen der Hilfe für die Kommunen als Pauschale die Berechnung dieser Rücklage einbezogen wer- geschehen, ab 2016 dann mit einem Schulsanie- den muss. Nach der möglichen Regierungsbildung rungsprogramm in Höhe von 30 Millionen Euro pro ohne die CDU hat er dieses Geld ohne Beschluss Jahr im Hause Birgit Keller. Wir halten Wort, meine der Regierung und ohne Beteiligung des Parla- Damen und Herren, und wollen, dass das Land ments komplett in die Tilgung führen wollen. Das Thüringen mit dem Jahr 2015 500 neue Lehrerin- war unseres Erachtens falsch und missachtete das nen und Lehrer einstellt. Wir verstehen dies als Ein- Parlament, also auch Sie, liebe Kollegen der CDU, stieg in eine andere Personalpolitik und wollen den das missachtete Sie. Ich bin der neuen Landesre- Aufbau einer Vertretungsreserve als Maßnahme gierung dankbar, dass sie dieses Geld zurückgeholt gegen den Unterrichtsausfall. hat. Immerhin tilgt sie in 2014 auch knapp 50 Millio- nen Euro. Von einem Teil der Rücklage allerdings Wir werden die Mittel für eine bessere Finanzaus- profitieren im Jahr 2015 viele Thüringer Kommunen stattung der Schulen in freier Trägerschaft zur Ver- wie versprochen und das Parlament, also auch die fügung stellen und wir erhöhen beispielsweise die CDU-Abgeordneten, entscheidet mit. Das ist doch Grundförderung in der Erwachsenenbildung insbe- toll! Dass Sie allerdings, werte Kollegen der CDU, sondere bei den freien Trägern und stärken damit keinen Änderungsantrag stellen, enttäuscht uns. das lebenslange Lernen. Und noch mehr enttäuscht uns die Begründung des Wir gestalten im Bereich Kultur, sorgen beispiels- Abgeordneten Fiedler in der mündlichen Anhörung weise im Projektmanagerprogramm für gute Arbeit der kommunalen Spitzenverbände. Er sagte sinn- im Kultursektor, stärken Thüringen als Kinderme- gemäß, dass es keinen Sinn mache, Änderungsan- dienland und den Medienstandort Thüringen. träge zu stellen, weil die Mehrheitsverhältnisse so- wieso klar seien. Und wir werden mehr Mittel für Deutsch als Zweit- sprache in den Bildungseinrichtungen einsetzen. (Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Auch das gehört zu einer modernen Flüchtlingspoli- Weil er das so gewöhnt war!) tik, meine Damen und Herren. (Beifall DIE LINKE) (Beifall DIE LINKE) Also, Herr Fiedler, zum einen zeigt das offenbar ein Erwähnen möchte ich, dass wir in den nächsten grenzenloses Vertrauen in uns, dem wollen wir Jahren steigende Reinvestitionsbedarfe in unsere gern entsprechen. Infrastruktur haben werden. Das kostet Geld, Sa- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nierungsstau bei Brücken, Straßen und Landeslie- NEN) genschaften. Das ist auch Volksvermögen, welches gepflegt werden will und wo sich jetzt nach circa Zum anderen aber – Herr Mohring ist jetzt nicht da: 20 Jahren die Bedarfe zeigen, steigende Bedarfe. Also, Herr Mohring, jetzt mal Butter bei die Fische, das haben wir uns nicht mal unter zehn Jahren ab- Meine Damen und Herren, zum Konsolidieren ge- soluter Mehrheit der CDU getraut, bei einem wichti- hören der Schuldenabbau und die Betrachtung der gen Gesetz keinen Änderungsantrag zu stellen. Sondervermögen. Mit dem Haushalt 2015 wird dem entsprochen und die Stellenentwicklung gehört na- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- türlich ebenfalls in die Betrachtung. NEN) Mit der dritten Säule, der Vorsorge, wird das Bild Und außerdem bekommt ihr jetzt Oppositionszu- rund. Während früher in den Zeiten der Schulden- schlag: Zeigt mal, dass ihr euer Geld wert seid, aufnahmen Überschüsse am Jahresende zur Redu- nachdem ihr jahrelang unzulässig Funktionszula- zierung der Nettoneuverschuldung eingesetzt wur- gen gezahlt habt. den, haben einige Bundesländer mit der Einführung (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE der Schuldenbremse und dem Erreichen von Netto- GRÜNEN: Ja!) neuverschuldung Null – dank auch der konjunktu- rellen Entwicklung – einen gewissen Paradigmen- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wechsel vollzogen. Überschüsse gehen nun anteilig NEN) in die Tilgung alter Schulden im Haushalt und in Gestern klagen, dass wir zu wenig in die Schulden- Sondervermögen und werden in eine Rücklage ge- tilgung geben, dass wir den Haushalt aufblähen, führt. Genauso hat es im Kern Dr. Voß gemacht; Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 807

(Abg. Huster) und heute klagen, dass es zu wenig Geld für die gierung öffnet uns weit die Flanke, in die wir hinein- Kommunen gibt. Das erkennt ein Fünftklässler, stoßen können, wenn wir diesen Haushalt kritisie- dass das ein Widerspruch ist, den Sie gar nicht auf- ren wollen. Das ist vollkommen problemlos möglich. lösen wollen, meine Damen und Herren. Deswegen konnte Mike Mohring natürlich heute hier brillieren und hat sicherlich auch vollkommen (Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Nichts verdient seinen Applaus bekommen. Ich will auch gegen Fünftklässler!) gleich fortfahren in die Flanke einzudringen, liebe Nichts gegen Fünftklässler, völlig korrekt, Herr Kol- Frau Taubert. Aber ich möchte auch mal ganz deut- lege Wolf. lich in Richtung Herrn Mohring, der jetzt leider nicht mehr da ist – er verlässt leider immer zu schnell Meine Damen und Herren, dieser Haushalt 2015 ist das Hohe Haus, wenn er gesprochen hat, das ist so auch immer noch ein Übergangshaushalt mit wichti- eine Art, die muss er vielleicht noch mal überden- gen Weichenstellungen. Genannt seien steigende ken und an sich arbeiten – sagen: Es ist natürlich Zuschüsse an außeruniversitäre Forschungsein- auch die CDU in die Pflicht und in die Kritik zu neh- richtungen und Aufwüchse bei den Investitionszu- men, weil letztlich diese desaströse Finanzlage, die schüssen für die Hochschulen. Das Verfahren zur wir in Thüringen haben, auch das Ergebnis einer Abschaffung des Landeserziehungsgelds läuft, das 25 Jahre währenden CDU-Regierung in Thüringen eingesparte Geld soll später die Kindereinrich- ist. Deswegen muss man natürlich sagen: Wer im tungen stärken. Die Kommunen erhalten einen drei- Glashaus sitzt, der sollte auch nicht mit Steinen stelligen Millionenbetrag, die Novellierung des KFA werfen. ist mit dem Doppelhaushalt 2016/17 geplant. Der Landtag hat der Landesregierung mit seinem Be- (Beifall AfD) schluss zur Verwaltungs-, Funktional- und Gebiets- (Unruhe CDU) reform einen für die Zukunft des Freistaats wichti- gen Auftrag gegeben. Dazu gehören aber auch Trotzdem ist natürlich vieles an der Kritik berechtigt. Initiativen zur infrastrukturellen Stärkung des Frei- Herr Mohring hat vollkommen richtig darauf hinge- staats und der Regionen wie beispielsweise bei der wiesen, dass das Ganze mit der neuen Regierung Mitte-Deutschland-Schienenverbindung. Das rundet schon sehr holprig anfing. Das Schneckentempo unseres Erachtens die Absicht ab, dass es auch dieses Haushaltsplans, dieses Vorstellens des unter diesen Aspekten im Land gerechter zugehen Haushaltsplans, das ist schon an sich kritikwürdig. soll. Anstatt zu arbeiten und sich an die Arbeit zu ma- chen, hat man Umzugskartons durch Erfurt gefah- (Beifall DIE LINKE) ren. Ist klar, dass man dann keine Zeit mehr hat zu Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist arbeiten. Wahrscheinlich sind auch viele Umzugs- gut, dass der Entwurf für den Haushalt 2015 nun kartons in den einzelnen Ministerien noch nicht vorliegt. Wir hoffen auf eine zügige, auf eine weit- ausgepackt. Das mag Sie nicht stören und belas- gehend sachliche Debatte und vernünftige Anträge ten, das ist verständlich, aber die Thüringer Wirt- und wir beantragen die Überweisung des Entwurfs schaft belastet das sehr und die Thüringer Wirt- an den Haushalts- und Finanzausschuss. Herzli- schaft hat kein Verständnis für so ein Gebaren, chen Dank. Frau Finanzministerin. Denn solange die Ministeri- en auf Sparflamme existieren oder praktizieren, (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE können neue Bauvorhaben, können Investitionen GRÜNEN) nicht realisiert werden und die Thüringer Bauindus- trie leidet. Die Thüringer Aufbaubank, die muss Präsident Carius: ebenfalls rechtlich begründete Forderungen zurück- Vielen Dank, Herr Huster. Ich wollte jetzt eigentlich stellen und kann entsprechend Geld nicht veraus- das Wort der SPD-Fraktion geben, aber die ist ge- gaben. rade nicht sprechfähig. Dann erteile ich das Wort Dass die linke Gleichschaltungspolitik schon immer Herrn Höcke für die AfD-Fraktion. auf dem Kriegsfuß mit der Bildung stand, das ist si- (Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Wir cherlich bekannt. können auch auf die SPD warten.) (Unruhe DIE LINKE) (Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Das So eine klare Diagnose hier auszusprechen, heißt wäre charmanter!) einfach, Eulen nach Athen zu tragen. Das ist be- kannt. Aber dass diese Haushaltsverzögerung, die Abgeordneter Höcke, AfD: Sie hier zu verantworten haben, bedeutet, dass Universitätsbibliotheken Bücher nur noch sehr be- Das glaube ich nicht. grenzt ausleihen dürfen, nämlich in dem Bereich, in Sehr verehrte Kollegen, liebe Besucher auf der Tri- dem wirklich aktuell geforscht wird, ist ein Armuts- büne, sehr verehrter Herr Präsident, die neue Re- zeugnis, Frau Finanzministerin. 808 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Höcke) (Beifall AfD) Hinweise, mit welcher Einstellung Sie Ihre Regie- rungstätigkeit hier begonnen haben. Wir sind Denn einfache Bestellungen aus Wissensdrang – grundsätzlich in Deutschland mit einem immer wei- das ist das, was man an einer Universität auch ter wachsenden Staat konfrontiert. Große Teile des praktizieren und leben sollte –, die sind im Augen- Geldes der Bürger werden von diesem Staat einge- blick kaum noch möglich und damit wird auch die fordert – wie selbstverständlich – und wie selbstver- Grundlage der universitären Bildung entsprechend ständlich verschlungen. beschädigt. Sehr verehrte Kollegen, Staatssysteme – und da Aber bevor wir jetzt auf die Regierung noch weiter hat der Soziologe Niklas Luhmann sehr wichtige einprügeln, was wir sicherlich machen müssen, Hinweise gegeben – sind autopoietisch und möchte ich ganz kurz einen historischen Exkurs selbstreferenziell organisiert. Das bedeutet nichts wagen. Ich denke, dass dieser historische Exkurs anderes, als dass sich diese Organisationen selbst gerade am Beginn der Beratungen wichtig und rich- nähren und entsprechend aufblähen. tig ist. Denn ich habe manchmal das Gefühl, gera- de weil die AfD als Fraktion neu in diesem Parla- (Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das ist ment ist und auch immer noch die Außensicht mit in ja wie bei Ihnen!) dieses Hohe Haus hineinbringen kann, dass viele Bürokratie gebiert Bürokratie. Hören Sie gut zu, Parlamentarier, dass die Regierung auch über die denn Bürokratie ist für die Linken ein wichtiges The- Jahrzehnte betriebsblind geworden sind bzw. ist. ma! (Beifall AfD) (Beifall AfD) Es ist wichtig, in historischen Kategorien zu den- Ich sage ganz deutlich: Wir müssen aus dieser Ent- ken. Es ist wichtig, nach hinten zu schauen. Nur so wicklung aussteigen und den Staat zurückbauen. kann man sich immer wieder überprüfen und der ei- Wir müssen ihn zurückbauen. Die Staatsquote genen Betriebsblindheit begegnen. 1950 hatten die muss gesenkt werden. Das Zweite Deutsche Kai- öffentlichen Haushalte der Bundesrepublik einen serreich war eine prosperierende Wirtschaftsnation. Schuldenstand von umgerechnet 1914 hatten wir dort eine Staatsquote von 14 Pro- 9,5 Milliarden Euro. Im Jahre 1995 überschritten wir zent. 1960 hatten wir eine Staatsquote von erstmals die Billionengrenze. 2013 wies die öffentli- 32,9 Prozent und 2013 hatten wir eine Staatsquote che Hand einen Schuldenstand von über 2 Billio- von 44,3 Prozent. Diese Zahlen machen nachdenk- nen Euro aus. Damit hat sich die Verschuldung der lich. öffentlichen Hand in den letzten 50 Jahren verzwei- hundertdreizehnfacht. Eine gigantische Zahl, sehr Die Staatsschuldenkrise ... verehrte Kollegen. Das Land Thüringen selbst hatte (Zwischenruf Abg. Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE zum 31.12.1992 einen Schuldenstand von 1,6 Milli- GRÜNEN: Das Kaiserreich!) arden Euro und baute diesen Schuldenstand bis 2014 auf fast 16 Milliarden Euro aus. Verantwortlich Ja, das Kaiserreich – selbstverständlich – eine his- für diese Misere auf Bundesebene und auf Landes- torische Perspektive. Was sind 100 Jahre vor der ebene – eine Misere, die uns unsere politische Geschichte, Herr Dittes? Handlungsoption in allen Bereichen kostet, denn (Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Was ist was bedeutet Politik anderes als die Möglichkeit für Sie eine Perspektive? Das Kaiserreich? Geld auszugeben, sehr verehrte Kollegen. Diese Unglaublich!) Misere haben sämtliche Altparteien zu verantwor- ten. Alle Altparteien sind Schuldenmacherparteien, (Unruhe DIE LINKE) sehr verehrte Kollegen. Weil Sie als seinsvergessener Politiker in diesem (Beifall AfD) Hohen Haus sitzen, hat der geschichtliche Rück- blick trotzdem einen Wert, Herr Dittes, ich bitte Sie! (Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Da hat er recht!) Die Staatsschuldenkrise, sehr verehrte Kollegen, nimmt dramatische Formen an. Kombiniert mit der Dass sich nun diese neue Landesregierung, die Bankenkrise und der Währungskrise kann hier eine von unseren dunkelroten Genossen dominiert wird, volkswirtschaftliche Belastungsdynamik entstehen, nicht in eine Tradition stellt, die Richtung Haus- die außer Kontrolle zu geraten droht. haltskonsolidierung geht, ich glaube, darüber müs- sen wir nicht reden. Jede historische Erfahrung (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Was?) lässt die Wahrscheinlichkeit, dass es doch so sein Haben unsere Haushälter diese Gefahrenlage im könnte, in den Bereich der Unwahrscheinlichkeit Blick oder denken sie maximal in Haushaltsjahren herabsinken. oder Legislaturperioden? Ich glaube – und die Aus- Der mangelnde Schuldentilgungswille, der heute führungen von Herrn Mohring haben durchaus auch schon angesprochen worden ist, gibt wichtige einen Hinweis gegeben –, dass die Risiken, vor de- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 809

(Abg. Höcke) nen Sie Ihren Haushalt aufstellen, nicht adäquat Kommen wir zu den Finanzen in Thüringen. Beim bedacht worden sind und nicht die Grundlage Ihrer Schuldenstand – das ist heute auch schon erwähnt Planung waren, sehr geehrte Frau Finanzministe- worden – und beim Schuldenabbau dürfen wir nicht rin. zunächst auf die absoluten Zahlen schauen. Diese absoluten Zahlen haben nur einen geringen Aussa- (Beifall AfD) gewert. Wir müssen den Schuldenstand immer vor Wie dramatisch die Lage ist – und wir müssen mal dem Hintergrund der katastrophalen demografi- wirklich davon wegkommen, immer nur das kleine schen Entwicklung analysieren. Land Thüringen zu sehen –, sehr verehrte Abge- (Unruhe DIE LINKE) ordnete, wir müssen mal eine Weitperspektive ein- legen, wie dramatisch die Lage ist. Indizien spre- Laut Statistischem Landesamt werden wir bis zum chen dafür. Das sind Äußerungen, die in den letz- Jahr 2030 400.000 Einwohner verlieren – ten Wochen und Monaten verstärkt in die interes- 400.000 Einwohner! Es gibt überhaupt gar keinen sierte Öffentlichkeit gedrungen sind. Grund, von einer Trendwende auszugehen, es gibt gar keinen Grund zu hoffen, dass sich das einfach Der IWF hat als Antwort auf die Staatsschuldenkri- gottgegeben ändern könnte. Das wird so nicht sein. se letztes Jahr bereits über die Idee diskutiert, eine Eine Trendwende ist nirgends in Sicht. Die familien- einmalige Steuer von 10 Prozent auf Privateigen- feindliche Politik der Landesregierung lässt auch tum zu erheben. Sehr geehrte Abgeordnetenkolle- wenig erwarten. gen, solche Enteignungsphantasien könnten bald Realität werden, nämlich dann, wenn die Regierung (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS und die Finanzminister nicht lernen, deutlich weni- 90/DIE GRÜNEN: Gleich kommt der Ehekre- ger auszugeben als sie einnehmen. dit zurück!) (Beifall AfD) Der für 2015 geplante Schuldenabbau wird durch die Bevölkerungsschrumpfung weiter verzwergt. Ich Ein Grund für die weiter steigenden Ausgaben sind möchte an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich die immer weiter steigendenden Personalkosten. betonen: Wenn wir hier und heute über Haushalt Der öffentliche Dienst ist ein Faktor, der in der deut- reden, wenn wir über wirtschaftliche Entwicklung, schen Geschichte immer mehr an Bedeutung ge- wenn wir über Wachstum und Prosperität reden, wonnen hat. 1907 hatte Deutschland noch 1,1 Mil- dann müssen wir bei dem Zustand, in dem sich die- lionen Beamte bei 62 Millionen Einwohnern. Das ses Land befindet, immer über die demografische sind 1,8 Prozent der Bevölkerung damals gewesen. Lage in diesem Land reden. Im Jahr 1914 mit 68 Millionen Einwohnern hatten wir zwischen 1,15 und 1,2 Millionen Beamte, was Ich sage Ihnen: Wenn wir die demografische Tal- 1,7 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht, wo- fahrt nicht beenden können, dann brauchen wir uns bei damals – und das muss man immer in Rech- in den nächsten Jahren und Jahrzehnten über nung stellen – jeder Bahnwärter ein Beamter war. nichts anderes mehr zu unterhalten, sehr verehrte Den Zustand haben wir ja heute nicht mehr. 1925 Kollegen. hatten wir mit 62 Millionen Einwohnern 1,5 Millio- (Beifall AfD) nen Beamte, also 2,4 Prozent der Bevölkerung. Die Landesregierung geht in ihren Zahlen für 2013 2013 hatte die Bundesrepublik Deutschland von einem Bevölkerungsrückgang von 9.620 Thü- 1,88 Millionen Beamte und rund 4,64 Millionen Be- ringern aus. Das heißt, jedes Jahr geht Thüringen schäftigte im öffentlichen Dienst bei eine Kleinstadt in der Größe von Bad Franken- 81 Millionen Einwohnern. Damit sind 5,5 Prozent hausen oder Schleiz verloren. Wenn wir also jetzt der Gesamtbevölkerung im öffentlichen Dienst tätig. auf die Pro-Kopf-Verschuldung gucken, die im Au- (Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Da genblick zu konstatieren ist und in Zukunft zu er- gehören Sie ja dazu, als ehemaliger Lehrer!) warten ist, dann muten diese 26,5 Millionen Euro Tilgung, die in diesem Haushalt veranschlagt wer- Soweit dieser – selbstverständlich gehöre ich dazu, den, als äußerst mangelhaft an. Diese Tilgung ist deshalb kann ich mich selbst kritisieren bzw. mich weit weniger als das Nötigste. Man müsste mindes- auch selbst infrage stellen oder meinen Status in- tens, wenn man den demografischen Faktor ein- frage stellen. Das ist ja genau das, was Sie nicht rechnet, einen Betrag von 70,6 Millionen Euro til- können, weil Sie Ihren eigenen Standort absolut gen, um die Pro-Kopf-Verschuldung von 7.340 Euro setzen, sehr verehrte Kollegen von den Linken. auf dem Niveau zu halten, sehr verehrte Damen (Beifall AfD) und Herren. Das unterscheidet ja den Ideologen von dem Nicht- So versucht die neue Landesregierung zwar zu ver- ideologen. kaufen, dass keine neuen Schulden gemacht wer- den, aber pro Kopf steigt die Verschuldung an und (Unruhe DIE LINKE) das ist das Einzige, was in diesem Zusammenhang 810 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Höcke) zählt. Diese Verschuldung wird einfach an die Situation, in der desolaten Situation, in der sich un- nächste Generation weitergegeben. Jeder kleine ser Staat befindet. Sie riet mir: Mache immer das Thüringer, der noch geboren wird in diesem Land, Gegenteil von dem, was der Staat dir sagt. Recht hat bereits eine Schuldenlast von 7.340 Euro. Das hatte sie. ist wirklich ein großartiges Willkommensgeschenk. (Beifall AfD) Herzlichen Dank dafür. (Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das ist (Beifall AfD) unglaublich!) Der österreichische Schriftsteller Peter Rosegger Wir verspielen mit dieser Politik, die nicht in die Zu- hat das unverantwortliche Verhalten der jetzt Le- kunft denkt, das Vertrauen der Menschen in den benden in einem schönen Aphorismus beschrie- Staat, und das ist eine Schande. Und ein Grund da- ben. Hören Sie gut zu, das ist wichtig, ich habe ja für ist eben, dass die Menschen – das ist auch ein noch Hoffnung, dass Sie sich ändern können, die Grund für die Politikverdrossenheit in Deutschland, Hoffnung stirbt zuletzt! die in erster Linie eine Parteienverdrossenheit ist – (Beifall AfD) zumindest glauben, dass die Politiker nur noch in Legislaturen denken und nicht mehr in Generatio- (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ihre sowieso!) nen. Dahin müssen wir wieder einen wesentlichen, Peter Rosegger sagt: „Sonst hat der leichtsinnige großen Schritt machen. Sohn Schulden gemacht, die der Vater bezahlen (Beifall AfD) musste. Heute macht der leichtsinnige Vater Schul- den, die der Sohn bezahlen muss!“, sehr verehrte Wir müssen in Generationen denken, sehr verehrte Kollegen. Kollegen. Die Milchmädchenrechnungen der Lan- desregierung sind Ausfluss eines solchen kurzfristig (Beifall AfD) angelegten Denkens. Es ist fahrlässig, damit zu Der Staat greift aber nicht nur in die Taschen der rechnen, dass der Länderfinanzausgleich uneinge- Folgegeneration, das ist schon schändlich genug. schränkt über das Jahr 2019 fortgeführt wird. Die Er greift auch den heutigen Bürgern in die Tasche. Länder Bayern und Baden-Württemberg sind be- Er belastet sie nicht nur mit Steuern und steigenden reits in intensiven Verhandlungen mit der Bundes- Abgaben, sondern – und das müssten wir als trans- kanzlerin über eine Verminderung des Länderfi- parente Politiker einmal deutlich kommunizieren – nanzausgleichs von umgerechnet 2 Milliarden Euro. er bringt sie tatsächlich auch um ihre Ersparnis und Die Landesregierung streicht das Landeserzie- ihre Altersvorsorge, hungsgeld, welches mit 20 Millionen Euro einen be- (Beifall AfD) scheidenen Posten im Budget hatte, und verzichtet darauf, eine familienfreundliche Duftmarke in der begründet nämlich in der Nullzinspolitik der Zentral- Landespolitik zu setzen. Ein Land, das aber immer bank. Gerade Bürger, die vielleicht mit Riesterrente schneller in dieser Abwärtsspirale aus Geburtende- oder Lebensversicherung ihre Altersvorsorge auf- fizit und Überalterung gefangen ist, muss die Fami- bauen, prellt der Staat um ihre Altersvorsorge, denn lie zur absoluten Chefsache machen. Das ist eine 90 Prozent der Investitionen der Lebensversiche- Politik, die in Generationen denkt. Und die macht rung sind in Staatsanleihen angelegt und äußerst sich in einer verantwortungsvollen Politik für die Fa- schwach verzinst. Im Ergebnis bedeutet das: Der milien fest, liebe Freunde. Bürger wird enteignet, damit sich der Staat billig re- investieren kann. Das ist ein Skandal, sehr verehrte (Beifall AfD) Kollegen. Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Die (Beifall AfD) Landesregierung plant ein kostenloses Kita-Jahr ab dem Jahr 2016. Man muss kein Prophet sein, um Wir haben eine große Verantwortung für diesen zu wissen, dass dieses kostenlose Kita-Jahr die Staat zu tragen. Und deswegen sage ich: Verspie- Kommunen massiv mehr belasten will. Die soge- len wir das Vertrauen der Bürger nicht! nannte schwarze Null, die man uns verkauft, wird Meine Urgroßmutter, Jahrgang 1900, sie lebt nicht mit Sicherheit keine bleiben. mehr, das ist klar, hat zwei Weltkriege erlebt. Sie Die fehlende Langfristplanung führt zu Unzuverläs- hat eine Inflation erlebt. Sie hat zwei Währungsre- sigkeit und Unberechenbarkeit. Das sieht man auch formen mitgemacht. an den Abmachungen der Regierungsparteien mit (Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Und den Kommunen. Erst sagt man den Kommunen das Kaiserreich!) 135 Milliarden zu für die notwendigen Ausgaben Sie riet mir mal: Mache immer genau das Gegen- (Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Milliar- teil. Ein guter Ratschlag, den sollten Sie sich viel- den?) leicht auch mal zu Herzen nehmen in der jetzigen Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 811

(Abg. Höcke) und am Ende kommen dabei 102 Millionen Euro Denn die Risiken, die leider von den Haushältern raus. Auf die Landesregierung und Herrn Ramelow der rot-rot-grünen Regierung überhaupt gar nicht ist eben kein Verlass. Das haben die Kommunen realistisch einkalkuliert worden sind, bedrohen die auch schon bitter erfahren und erleben müssen, Finanzierung Thüringens ganz deutlich. sehr verehrte Kollegen. Die Griechenlandkrise ist immer noch nicht gelöst. (Beifall AfD) Im Gegenteil, wir stehen kurz vor einer neuen Es- kalation, vor einem neuen Ausbruch dieser Krise. (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE Der Ölpreis ist nicht immer so günstig wie im Au- GRÜNEN: So geht man mit Geld um!) genblick. Und 2009, das ist noch gar nicht so lange Die Kommunen laufen jetzt schon auf dem Zahn- her, hatten wir eine Schrumpfung des Bruttoin- fleisch. Was soll dann erst kommen, wenn das kos- landsprodukts in Thüringen von 5,3 Prozent. Das tenfreie Kita-Jahr entsprechend realisiert wird? Das haben Sie wahrscheinlich schon vergessen, Sie kann man sich nur schwer vorstellen, wie das öf- Kurzfristdenker. fentliche Leben in den Kommunen dann überhaupt (Beifall AfD) noch aufrechterhalten werden soll. Die armen Bür- germeister tun mir wirklich leid, sehr verehrte Da- Bis 2018 geht die Regierung davon aus, dass die men und Herren. Wirtschaft in der Republik jedes Jahr um gut 1 Pro- zent wächst. Wer so rechnet und deswegen keine Es ist ja nicht so, dass die rot-rot-grüne neue Lan- größeren Schulden tilgt, der macht eine Milchmäd- desregierung nicht hätte Schulden tilgen können. chenrechnung. Natürlich kann man mit 1,3 Prozent Sie hätte Schulden tilgen können, wenn sie den rechnen, das kann man tun, aber dann müssen die Willen dazu gehabt hätte. Aber die neue Finanzmi- Kürzungen im Haushalt deutlicher ausfallen, viel nisterin hat ja die Rücklagen der Vorgängerregie- deutlicher. Es gibt eine gute alte Redewendung, rung um 89 Millionen erleichtert, um den eigenen einen Ratschlag, den jeder redliche Kaufmann so Haushalt großzügig zu finanzieren. Und wie wenig unterschreiben könnte und so geben würde: Spare die Regierung bereit ist, Schulden zu tilgen, zeigt in der Not, dann hast du in der Zeit. sich auch daran, wie der im Rahmen der Haus- haltsdebatte immer wieder zitierte Begriff „Konsoli- (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Nein, umge- dierung“ definiert wird. Was für eine großartige Ra- dreht!) bulistik! Die Sophisten hätten ihre Freude an so viel (Unruhe SPD) Begriffsspielerei, sehr verehrte rot-grüne Landesre- gierung. Das wohlklingende Schlagwort von Konsolidierung ist, wie gesagt, nicht wirklich ernst zu nehmen, es (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Rot-Rot-Grün!) ist Begriffsrabulistik. Das zweite wunderbare Rot-rot-grüne – Entschuldigung, aber rot ist rot, Schlagwort, das hier in der Haushaltsdebatte immer egal ob schwachrot oder dunkelrot. wieder zu hören war, ist der Begriff „vorsorgen“. Konsolidierung und vorsorgen – hört sich gut an, (Beifall AfD) nicht wahr? Was heißt denn vorsorgen? Wo wird Bei einem Tilgungsbetrag von 26,5 Millionen Euro denn vorgesorgt? Die Personalkosten explodieren. im Vergleich zur Vorjahrestilgung von 65 Millio- Die Landesregierung hat einen Stellenabbauplan nen Euro wird überhaupt nichts konsolidiert – über- und der hat eigentlich ein Volumen von 8.800 Stel- setzt: stark oder festgemacht –, das ist ganz klar. len bis zum Jahr 2020. Aber im Jahr 2015 baut man Ganz im Gegenteil wird bei dieser geringen Tilgung lediglich 143 Stellen ab. Das ist doch weit vom ei- deutlich, dass hier ein finanzpolitischer Willenska- genen Ziel entfernt, nicht wahr? Natürlich müssen strat am Werke ist, sehr verehrte Damen und Her- Lehrer und Polizei von diesem Stellenabbau ausge- ren. spart bleiben. Aber in der Verwaltung, sehr verehrte Frau Finanzministerin, da muss doch der Stellenab- (Beifall AfD) bau endlich in Gang gesetzt werden. Denn nur so Wenn wir jetzt nicht tilgen, tun wir das in Zukunft sorgt man vor, indem man die Effizienz der Verwal- auch nicht mehr. Allein 15,856 Milliarden Euro hat tung steigert und zukünftige Haushalte vor Mehr- das Land Thüringen an Schulden angehäuft. Wenn ausgaben schützt. Der Stellenabbau ist mangelhaft, wir diese Schulden, diesen Schuldenberg mit den er ist geradezu vortäuschend gestaltet, sehr verehr- aktuellen Tilgungsraten angehen würden, dann te Frau Ministerin. Von den 143 Stellen, von denen müssten wir ohne die Zinsbelastungen einzurech- wir reden, einer an sich schon sehr überschauba- nen, die in den nächsten Jahren wieder deutlich an- ren Größe, sind gerade 21 Stück im höheren Dienst steigen können, 598 Jahre abtragen – 598 Jahre! angesiedelt, der Rest darunter. Je mehr man die- Diese 598 Jahre sind noch optimistisch gerechnet, sen Stellenabbau mit der Lupe anschaut, umso das ist ja das Interessante. mehr entpuppt er sich als Mogelpackung. Der so- zialistische Zentralismus feiert besonders in der (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Es sind eigent- Staatskanzlei fröhliche Urständ, liebe Freunde, das lich 612!) 812 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Höcke) muss man mal ganz deutlich sagen. In der Staats- Bei einer Verkleinerung um diese Größenordnung kanzlei gibt es nämlich 14 komplett neue Stellen, könnten wir 4 Millionen Euro im Jahr einsparen. Ich da wird ein interessanter Posten eingerichtet, denke, gerade in der Zeit der Schuldenkrise, in der Kunstpflege heißt der. Man darf gespannt sein, wel- sich unser Staat befindet, gerade in einer Zeit, in che Kunstpflege in der Staatskanzlei in Zukunft be- der wir vom Bürger immer mehr verlangen und ihm trieben wird. immer tiefer in die Tasche greifen, sollten wir die- ses wichtige Zeichen gemeinsam setzen. Fangen (Beifall AfD) wir beim Sparen bei uns selber an! Eigentlich sollte die Staatskanzlei ein agiles Instru- (Beifall AfD) ment sein, um mit den Ressorts zu kommunizieren und entsprechend in die Öffentlichkeit zu wirken. Eine Altlast der ehemaligen schwarz-roten Regie- Man bläht den Haushalt dieser Institution auf von rung ist das sogenannte und sehr intransparente 23 Millionen Euro auf 208 Millionen Euro unter der Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und neuen Landesregierung. Das ist doch ein Skandal, Weltoffenheit. Jetzt wird es endlich mal spannend liebe Freunde. in dieser Haushaltsdebatte, sehr verehrte Kollegen. Jetzt werden die Ohren aufgestellt bei unserer Tendenziell werden immer nur Stellen in den niedri- Fraktion der Linken. gen Besoldungsgruppen abgebaut, aber dafür wer- den Stellen in den hohen Besoldungsgruppen ge- (Heiterkeit AfD) schaffen. Hier kann keine Rede von Vorsorge sein, Diese Mittel für das Programm werden nämlich auf das angeblich die Leitlinie Ihres Haushalts ist. Hier verschiedene Unterpunkte verteilt und teilweise mit wird eher versorgt, das ist das Problem. anderen Aufgaben gemischt. So kommt man je (Beifall AfD) nach Rechnung bei einer Addition der Ausgaben für das Landesprogramm auf 3,7 bis Wir haben Einsparvorschläge für Sie, Frau Ministe- 4,4 Millionen Euro, wenn man die Mittel einrechnet, rin. Wir kritisieren nicht nur. Wir sind eine konstruk- die für dieses Programm ausgegeben werden tive Opposition. könnten. Bemerkenswert ist bei der neuen Regie- (Beifall AfD) rung, dass die Ausgaben zentralisiert werden und damit das Subsidiaritätsprinzip entsprechend miss- (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Haha!) achtet wird. Die Zuweisungen an die Gemeinden (Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Da von 1,1 Millionen Euro werden fast halbiert. Ich müsst ihr selber lachen!) denke, es sollte doch eigentlich klar sein, dass das, was vor Ort geleistet werden kann, auch vor Ort ge- Herr Adams, ich freue mich, wenn Sie lachen. Das macht werden muss. Die Gemeinden wissen bes- freut mich. Das gibt eine gute Atmosphäre, wenn ser, wie und wo sie dieses Geld ausgeben, als ir- Sie mir so vis à vis gegenübersitzen und lachen. gendeine Zentrale, die damit nach Gutdünken ver- Das macht mir auch Freude. fahren wird. Aber die Liebe zum Zentralismus Also: Einsparvorschläge. Norbert Blüm hat mal ge- steckt leider allen roten Regierungen in den Genen sagt: „Alle wollen den Gürtel enger schnallen, aber – nicht wahr? Wenn man dieses Programm mal jeder fummelt am Gürtel des Nachbarn herum.“ evaluiert, dann muss man auch schauen, wie das Norbert Blüm. mit dem gewaltbereiten Linksextremismus ist. Wir haben gerade diese furchtbaren Ausschreitungen (Heiterkeit und Beifall AfD) am 18.03. in Frankfurt erlebt. Dort wurde mit brutal- Ich denke, liebe Kollegen, wir sollten bei uns selber ster Gewalt gegen Sachen und Menschen vorge- anfangen mit dem Sparen und wir sollten selber ein gangen. Schwer verletzte Polizisten, abgebrannte wirkmächtiges Zeichen in die Öffentlichkeit setzen. Polizeiwagen und ein hoher privater Sachschaden In Thüringen kommt auf 24.000 Einwohner ein sind dort zu beklagen. Landtagsabgeordneter. In Baden-Württemberg (Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) kommt auf 76.000 Einwohner ein Landtagsabge- ordneter. In Bayern sind es noch 66.000. Hier müs- Ja, Frau Henfling, dort wurden sogar Tote in Kauf sen wir den Gürtel enger schnallen, alle zusam- genommen – Tote! Das muss man mal in aller men, sehr verehrte Kollegen. Deutlichkeit sagen. Aber die linken Kasper haben ja Narrenfreiheit in diesem Land. Das ist doch das (Beifall AfD) Problem. Nach Ansicht der AfD reicht es aus, wenn wir in Zu- (Beifall AfD) kunft ein Verhältnis von eins zu 35.000 abbilden. Deswegen fordern wir eine Reduzierung des Land- (Unruhe DIE LINKE) tags von jetzt 91 auf 62 Abgeordnete. (Beifall AfD) Vizepräsidentin Jung: Herr Höcke! Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 813

Abgeordneter Höcke, AfD: Wir machen die Arbeit unserer Polizisten unmöglich und gefährden unsere Polizisten an Leib und Le- Ach, Kasper ist doch nicht so schlimm! ben, indem Sie die Eskalationsspirale steuerfinan- (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Jetzt ist aber ziert auch noch beschleunigen. Das ist ein Unding, gut!) das muss aufhören, ganz klar! (Beifall AfD) Vizepräsidentin Jung: Und wenn irgendwelche Regierungsmitglieder zu „Linke Kasper“ – dafür erhalten Sie einen Ord- Gegendemonstrationen reisen – das muss auch nungsruf. Das geht nicht. mal deutlich hier gesagt werden in diesem Hohen Haus –, dann verletzten sie damit ihre Neutralitäts- Abgeordneter Höcke, AfD: pflicht. Gut. Entschuldigung! Da bin ich übers Ziel hinaus- (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS geschossen. 90/DIE GRÜNEN: Nein, sie vertreten die Werte der rot-rot-grünen Regierung!) (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Wieder 50 Euro weg!) Da müssen wir sehr, sehr vorsichtig sein. Wenn Sie dann noch den eigenen Dienstwagen nehmen, wird (Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE es besonders problematisch, Frau Rothe-Beinlich. GRÜNEN) (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS Und auch die Zielsetzung mancher Projekte ist, ge- 90/DIE GRÜNEN: Ich habe nur ein Fahrrad!) linde gesagt, fragwürdig. Sie ist mehr als fragwür- dig. Da müssen wir ganz genau hinschauen. Es (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE gibt Projekte in diesem Programm für Toleranz, GRÜNEN: Wollen Sie uns einschüchtern?) Weltoffenheit und Demokratie, die finanzieren Fahr- (Beifall AfD) ten zu Gegendemonstrationen. Jetzt kommen wir wirklich in eine Sphäre, die sehr, sehr bedenklich Ich sage nur, ich bin auch nicht einverstanden, wel- ist. Unser demokratischer Rechtsstaat verbrieft je- che Willensbekundungen hier in die Öffentlichkeit dem Bürger in diesem Land das Recht auf Mei- getragen werden, aber ein demokratischer Rechts- nungsfreiheit und Versammlungsfreiheit. Aus die- staat muss tolerant sein, egal ob linke Spinner oder sen Rechten ist das Demonstrationsrecht abgeleitet rechte Spinner demonstrieren, das muss ein demo- und jeder Mensch hat die Möglichkeit, jede Gruppe kratischer Rechtsstaat ertragen können. hat die Möglichkeit, diese Rechte wahrzunehmen. (Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dieser demokratische Rechtsstaat darf nicht fra- gen, mit welchen Meinungen oder mit welchem Wil- (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: 6 Mil- len die Menschen auf die Straße gehen und ent- lionen ermordete Juden!) sprechend diese Rechte wahrnehmen. Dieser de- Solange sich die Demonstranten an die Versamm- mokratische Rechtsstaat muss neutral sein. lungsauflagen halten, haben wir uns in die Arbeit (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE der Polizei überhaupt nicht einzumischen. Ende der GRÜNEN: Aber nicht wertfrei!) Durchsage, sehr verehrte Damen und Herren. (Beifall AfD) (Beifall AfD) Die Willensbildung muss in diesem Land endlich (Unruhe SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wieder von unten nach oben funktionieren und nicht Wenn ich jetzt auf die staatlich organisierten Ge- von oben nach unten. gendemonstrationen zu sprechen komme, dann (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE muss ich mich natürlich auch an das erinnern, was GRÜNEN: Das sagt der Richtige!) der Prof. Hoff hier gestern kundgetan hat. Weil Sie gerade von dem Recht auf Wertung durch den Das ist doch ein Grund für die Politikverdrossenheit Staat reden, bin ich natürlich gestern sehr, sehr in diesem Land, Herr Adams, ich bitte Sie. hellhörig geworden. Herr Prof. Hoff hat gestern nun (Beifall AfD) wirklich ganz tief in die Mottenkiste linker Klassen- kampfrhetorik gegriffen. Das ist sicherlich jedem Lieber Herr Adams, es kann doch nicht sein, dass aufgefallen. wir mit Steuergeldern Gegendemonstrationen zu genehmigten und entsprechend erlaubten Demon- (Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- strationen fahren, um dort Blockaden zu organisie- NEN) ren. Das kann doch nicht sein! Wir eskalieren mit (Beifall AfD) Steuergeldern die Situation vor Ort. Der Extremismus: Eine beliebte Begrifflichkeit ist (Beifall AfD) der Extremismus der Mitte. Nach Ansicht von 814 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Höcke) Prof. Hoff, den ich für einen sehr intelligenten und Eine weitere Sparquelle wäre ... gebildeten Mann halte – (Unruhe DIE LINKE) (Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Wir (Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Keine sprechen eigentlich über den Haushalt!) Diskussion – das ist ein Demokratieverständ- und deswegen tut es mir besonders leid, dass er nis!) hier so undifferenziert argumentiert und seine eige- Ich bin ja jetzt nicht in einer Diskussionsveranstal- ne Standortgebundenheit absolut setzt. Das tut mir tung, sondern ich halte hier vorne eine Rede, Frau wirklich leid. Wenn man in dieser Begrifflichkeit Henfling. Das müssen Sie leider akzeptieren. denkt und operiert und den Extremismus der Mitte postuliert (Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Wir Können Sie mir bitte noch einen Schluck Wasser reden vom Haushalt!) bringen? Herzlichen Dank! und diesen Extremismus der Mitte automatisch (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Nein! Der gleichsetzt mit Narzissmus, dann habe ich wirklich kriegt kein Wasser mehr!) Sorge um einen wertenden Staat, (Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ (Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) DIE GRÜNEN) denn die Denke von Herrn Prof. Hoff ist so ange- (Beifall DIE LINKE) legt, dass, wer nicht links ist, automatisch ein Nazi Ein Bier wäre mir auch lieber. ist, und das kann so nicht sein, sehr verehrte Kolle- gen. Vizepräsidentin Jung: (Beifall AfD) Meine Damen und Herren, Abgeordneter Höcke hat Herr Prof. Hoff würde wahrscheinlich hier die jetzt bitte das Wort. Grenzlinie zwischen den roten und den grünen Fraktionen und den schwarzen und blauen Fraktio- (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Das ist ja das nen in diesem Haus ziehen und würde sagen, das Problem!) sind die Bürgerlichen, das sind schon alles ver- kappte Nazis. Das geht so tatsächlich nicht. Das ist Abgeordneter Höcke, AfD: unerträglich! Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielen Dank. (Beifall AfD) Eine weitere Sparquelle – jetzt ist die Frau Finanz- (Unruhe SPD) ministerin weg, wo ist sie denn hin? Frau Finanzmi- nisterin? (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Das ist eine Unterstellung!) Ich werde ihr die Rede noch einmal zuschicken. Die bekommt sie schon noch, die Sparvorschläge. Herr Kollege, analysieren Sie doch mal seinen Vor- trag. Ich muss Ihnen doch jetzt nichts über die Be- (Unruhe DIE LINKE, SPD) griffsherrschaft dozieren. Jetzt beruhigen Sie sich mal wieder. (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Reden Sie Eine weitere Sparquelle ist das einfache Einhalten doch zum Haushalt!) des Rechts. Konsequentes Abschieben von illegal Das mache ich ja, ich rede doch gerade darüber, ins Land eingereisten Menschen, dass dieses Programm, so, wie es angelegt ist, (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS nicht zielführend ist und dass Gelder hier veraus- 90/DIE GRÜNEN: Jetzt reicht es aber, Herr gabt werden, die in einer Art und Weise verausgabt Höcke!) werden, die ich so nicht unterstützen kann, wo ich sage, das muss beendet werden. Das spart natür- also der reine, rechtsstaatlich gebotene Gesetzes- lich dann Geld, das ist doch ganz klar haushaltsbe- vollzug würde uns Millionen einsparen helfen. Ja, zogen. Wo ist denn das kein Haushaltsbezug? Ich das ist tatsächlich so. bitte Sie. (Beifall AfD) (Beifall AfD) Die Kommunen erhalten zwar eine Pauschale, Entweder wird dieses Programm konsequent auch doch die Kosten für den enormen Verwaltungsauf- auf den Linksextremismus ausgeweitet oder dieses wand erhalten sie nicht. Natürlich hat Ihr Ideologie- Programm muss abgeschafft werden – gar keine projekt Winterabschiebestopp das Land belastet. Diskussion. Wer das in Zweifel zieht, der kann nicht ganz bei Sinnen sein. (Unruhe DIE LINKE, SPD) Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 815

(Abg. Höcke) Wir haben eine Änderung des Thüringer Geoda- Vizepräsidentin Jung: teninfrastrukturgesetzes eingebracht. Leider wurde Für die SPD-Fraktion hat sich Abgeordneter Hey zu das gestern schon in den Orkus der Geschichte ge- Wort gemeldet. worfen – leider, muss ich sagen, denn dieses neue, geänderte Geodateninfrastrukturgesetz hätte die- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE sem Land 100 Millionen Euro Initialkosten und in GRÜNEN) den Folgejahren mindestens 45 Millionen Euro Fol- (Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Er hat doch gekosten erspart, aber vielleicht kann die Regie- noch gar nichts gesagt!) rung sich doch noch einmal in unsere Richtung öff- nen. Ich glaube, der Kollege Krumpe steht weiterhin als Ansprechpartner für die Regierung zur Verfü- Abgeordneter Hey, SPD: gung. Danke, Jens Krumpe. Ja, aber es ist schon schön, wenn ich hier vorn ste- (Beifall AfD) he und Beifall bekomme. (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Schon wieder Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Prä- ein Schluck!) sidentin, vielen Dank. Liebe Besucher auf der Be- suchertribüne, ich habe im Vorfeld dieser Plenarsit- (Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ zung schon einmal prophezeit, dass das eine sehr DIE GRÜNEN: Was das kostet!) interessante Debatte wird. Was zumindest diesen Gönnen Sie mir doch wenigstens das Wasser, ich Tagesordnungspunkt angeht, habe ich auch schon bitte Sie. So ein bisschen Menschenwürde und recht behalten. Wobei bei meinem Vorredner Herrn Menschenrechte habe ich doch auch, Herr Kollege. Höcke – ein Kollege von mir hat hinter mir in der Parlamentsbank gesagt, er wünscht sich die FDP (Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zurück –, der beste Teil Ihrer Rede war, dass Sie Dieser Appell, den ich jetzt noch einmal abschlie- sich selbst infrage gestellt haben. Wir haben alle ßend an Sie richte, geht wirklich an alle Parteien. gedacht, vielleicht machen Sie es einmal konse- Ich möchte hier in diesem hohen Haus abschlie- quent! Noch eines zu dem Zitat, was Sie gebracht ßend noch einmal an unsere Verantwortung für die haben: Es heißt richtigerweise, auch das habe ich Kommenden erinnern. Versuchen Sie die eigene von meiner Oma: „Spare in der Zeit, dann hast du Betriebsblindheit zu überwinden und unkonventio- in der Not“ und nicht umgedreht. nell zu denken und entdecken Sie die alten hansea- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE tischen Kaufmannstugenden wieder. GRÜNEN) Frau Rothe-Beinlich, geht’s Ihnen noch gut? Bei Ihnen muss ich sagen, Herr Höcke – er ist lei- (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS der jetzt gar nicht da –: Spare an der Redezeit, 90/DIE GRÜNEN: Wenn Sie nicht reden, dann ist die Zuhörnot beendet. geht es mir besser!) (Heiterkeit und Beifall DIE LINKE, SPD, (Heiterkeit AfD) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sie fangen so langsam an zu wippen, ich mache Aber zurück zu dem, was uns eigentlich heute hier mir Sorgen um Ihren Gesundheitszustand. Ich ans Pult geführt hat, zur Haushaltsdebatte und da- möchte jetzt nicht, dass Sie vom Stuhl fallen, des- mit zu Ihnen, sehr geehrter Herr Mohring, lieber wegen nehmen Sie vielleicht mal einen Schluck Kollege. Ich habe Ihren Ausführungen zum vorlie- Wasser, das regt den Kreislauf an. genden Haushaltsentwurf ja sehr gespannt ge- lauscht. Und wer bereits länger hier in diesem Ho- (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS hen Hause ist oder sich generell im Freistaat für 90/DIE GRÜNEN: Solche vergifteten Ange- Politik interessiert, hat vor allem bei Ihrer Person zu bote können Sie stecken lassen!) schätzen gelernt, dass Sie eine große Sachkennt- Entdecken Sie die alten hanseatischen Kaufmanns- nis besitzen und ein anerkannter Experte in Haus- tugenden wieder, geben Sie nur das Geld aus, das haltsfragen sind. Heute haben Sie es allerdings Sie noch haben bzw. versuchen Sie wirklich, den stellenweise geschafft, das sehr gut zu verbergen. eigenen Gürtel enger zu schnallen. Das gilt für alle, Ich habe mich stellenweise gefragt: Von welchem die in Regierungsverantwortung in Thüringen und Haushaltsentwurf haben Sie eigentlich hier vorhin auch in Deutschland sind. Der US-amerikanische gesprochen? Vieles von dem, was Sie heute hier Politiker Paul Ryan sagte, ich zitiere: „Wenn wir angeführt haben, ist bereits in den vergangenen heute keine harten Entscheidungen treffen, müssen Wochen in den verschiedensten Facetten und in unsere Kinder noch viel härtere [Entscheidungen] den schillerndsten Farben von Ihnen beschrieben treffen.“ Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. worden. Diese kritischen Äußerungen, die Sie da- mals und auch heute wieder hier vorn am Pult ge- (Beifall AfD) macht haben, will ich jetzt gern einmal zurecht- rücken, damit sich da gar nichts festsetzt von dem, 816 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Hey) was Sie uns als Meinung über diesen Haushalt prä- (Unruhe CDU) sentieren, und hinterher hier solche Dinge im Raum Wir müssen hier auch noch folgende Geschichte stehen bleiben, die so nicht stehen bleiben sollten, erzählen, Herr Mohring: Dieser Haushalt ist noch weil sie dann immer wiederholt werden oder nach- unter der alten Landesregierung angearbeitet wor- geplappert werden von anderen. Das ist nämlich so den; Frau Taubert ist bereits darauf eingegangen. ein bisschen wie mit dem Tomatensaft im Flug- Das zum Zeitpunkt der Regierungsübernahme zeug: Einer fängt mit dem Blödsinn an und dann durch die Ressorts angemeldete Mittelvolumen lag machen alle mit. allerdings um 800 Millionen Euro über den verfüg- Sie reden öffentlich von einer Kapitulationserklä- baren Finanzmitteln. rung der Landesregierung. Das ist eine bemerkens- (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE werte Wortwahl – eine Kapitulationserklärung die- GRÜNEN: Hört, hört!) ser Landesregierung. (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wer war (Heiterkeit DIE LINKE, SPD) es?) Man könnte meinen, irgendwie befinden wir uns in Da war alles mit dabei, Herr Mohring, der gesamte einer Schlacht. Vielleicht ist diese Rhetorik, lieber Kladderadatsch, alles war da mit dabei und rausge- Herr Kollege Mohring, ja auch ganz absichtlich so kommen ist eine ausgeglichene Vorlage eines Lan- gewählt worden. Aber mir soll hier mal einer erklä- deshaushalts. ren, wer hier eigentlich vor wem kapituliert. Für Sie stellt dieser Haushaltsentwurf – wenn ich das richtig Also noch einmal: Das Finanzministerium schafft verfolgt habe – ein einziges Versagen dar. Ich sage es, mehr als eine Dreiviertelmilliarde Mehrbedarfe Ihnen: Sechs Bundesländer werden in diesem Jahr wieder einzudampfen, einen ausgeglichenen Haus- ohne Nettoneuverschuldung auskommen. Thürin- halt vorzulegen, der zum ersten Mal bei einem Re- gen zählt dazu. gierungswechsel keine neuen Schulden verursacht und sogar Schulden tilgt. Deshalb kann man das (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE drehen und wenden, wie man will – eine Kapitulati- GRÜNEN) onserklärung sieht anders aus, ganz anders. Vier von diesen sechs werden in diesem Jahr (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Schulden tilgen. Thüringen zählt dazu. GRÜNEN) (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Dann gleich einmal zur nächsten Kritik, die ich im- GRÜNEN) mer wieder in den vergangenen Wochen und auch Eine Zahl, Herr Kollege, haben Sie hier noch gar heute hier vorn mit vernommen habe: Dieser Haus- nicht aufgeführt. Ich will Ihnen da gern weiterhelfen: halt sei viel zu spät auf den Weg gebracht worden, 369,4 Millionen Euro. Das ist eine sehr interessante es hätte viel zu lange gedauert mit der Erarbeitung. Zahl. Wir zwei, Herr Mohring, kennen die sehr gut. Nach der Wahl der Ministerpräsidentin im Das ist nämlich exakt die Summe, die die schwarz- Jahr 2009 benötigte die Koalition 182 Tage bis zur rote Landesregierung zu Beginn ihrer Koalition vor Verabschiedung des Haushalts 2010 – der eine gut fünf Jahren an neuen Schulden aufgenommen oder andere erinnert sich vielleicht noch, das war hat. damals am 30.04.2010. Die rot-rot-grüne Koalition hat den Ministerpräsidenten am 5. Dezember 2014 Ich habe das genauso zu verantworten wie Sie, gewählt – daran erinnern wir uns alle hier noch sehr Herr Mohring. Ich zeige da auch gar nicht mit dem lebhaft – und wird 195 Tage danach, also am Finger auf irgendjemand anderen, weil wir diese 18.06., den Haushalt beschließen. Das heißt, das Koalition und auch die damit verbundene Haus- ist insgesamt nur 13 Tage länger. Auch das ist eine haltspolitik gemeinsam getragen haben. Und natür- Wahrheit, die man in diesem Hause aussprechen lich waren es damals andere Bedingungen und wir muss. standen alle unter dem Druck einer Weltwirtschafts- krise. Aber damals hat auch niemand von Kapitula- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE tion oder dergleichen gesprochen. Deshalb will ich GRÜNEN) das noch einmal ganz deutlich hier vorn an dieser Aus meiner Sicht unter der Vorgabe all dessen, Stelle sagen: Noch nie, meine sehr geehrten Da- was ich zuvor schon aufgezählt habe, ist das eine men und Herren, ist eine Landesregierung seit beachtliche Leistung. Ich möchte an dieser Stelle 1990, seit Bestehen dieses Freistaats nach der allen Beteiligten, insbesondere der Finanzministerin Wende, ohne neue Schulden in eine neue Legisla- und ihrem Team, dafür danken. tur gestartet. Diese Landesregierung ist die erste, die das macht. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dann gibt es noch die Kritik – auch das habe ich immer wieder vernommen –, dieser Haushalt sei Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 817

(Abg. Hey) unambitioniert, in seinem Volumen ist er viel zu beispielsweise des Einzelplans 01 eine einzigartige hoch. Herausgekommen ist ein Haushalt mit einem Zumutung gegenüber dem Parlament. Vom „Tabu- Gesamtvolumen in Höhe von rund 9,27 Milliar- bruch“ haben Sie gesprochen – einmalig sei das al- den Euro. Gegenüber dem Haushalts-Soll 2014 ist les. das eine deutliche Steigerung. Allerdings muss Lieber Herr Kollege Mohring, dann darf ich Sie mal man wissen, dass das Haushalts-Soll 2014 durch an andere Merkwürdigkeiten erinnern, die wir da- das später verabschiedete schwarz-rote Haushalt- mals gemeinsam im Wege der Haushaltsgestaltung sicherungsprogrammgesetz auch um mehr als zu verantworten hatten. Denken Sie bitte an das 100 Millionen Euro nach oben korrigiert wurde. Auf Jahr 2010. Im Dezember haben wir den Haushalt die unterschiedlichen Vergleiche zwischen dem für die Folgezeit beschlossen und erst danach, erst Haushalts-Soll und dem Haushalts-Ist will ich an danach im Januar den Kommunalen Finanzaus- dieser Stelle gar nicht weiter eingehen. Diese Ver- gleich, also das Geld, was den Kommunen im Frei- gleiche können zugegebenermaßen auch ein staat zusteht. Das gab es auch noch nie zuvor. Das bisschen verwirren. Aber warten wir doch mal bitte war schon fast systemwidrig. Das war auch ein No- das Haushaltsjahr 2015 ab. Dann wird sich heraus- vum. Wir als SPD haben das zwar damals in der stellen, wie sich die Veränderungen im Istvergleich Debatte kritisiert, aber tun Sie doch bitte nicht so, beider Jahre darstellen. Erst dann können wir das als sei früher immer alles sonnig gewesen und jetzt auch mit Sicherheit sagen. stecken wir im dicksten Unwetter. Bleiben Sie bitte Bei der gewählten schnellen Haushaltsaufstellung – auch da bei der Wahrheit! haben Sie gesagt, das wäre fast wie das Parlament (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE überfahren –, innerhalb von fünf Wochen usw. usf., GRÜNEN) die im Übrigen bei den einzelnen Ressorts mittels Budgetverfahren gemacht wurde, sind die Istausga- Zurück zum Haushalt, der jetzt vorliegt: Zahlreiche ben des Jahres 2014 um Sondereffekte bereinigt gesetzliche Leistungen waren im Haushalt 2014 und dann einfach überwälzt worden. Der rot-rot- auch schlicht unterveranschlagt und wir müssen grüne Anfang muss also mit besonders vielen Vor- deshalb im Jahr 2015 nach oben korrigieren. Wir lagen auch der alten Landesregierung vorliebneh- müssen seriös veranschlagen. Sie haben gesagt, men. Herr Mohring, genau das ist der Grund, wes- das sei so ein Klein-Klein, was hier vorgerechnet halb ich mich an Ihrer statt vielleicht ein wenig mit wird, um das erhöhte Ausgabenvolumen zu recht- Kritik zurückhalten würde. Denn bei Haushaltspoli- fertigen. Aber das ist nun mal nicht wegzuwischen. tik und bei Dingen, die man da verabsäumt hat, or- Neben den 102,4 Millionen Euro, die die neue Lan- dentlich zu regeln, ist es wie mit Camembert-Käse: desregierung nunmehr an dem sogenannten fri- Wenn man Probleme lange liegen lässt, beginnen schen oder neuen Geld an die Kommunen überwei- sie komisch zu riechen und drohen, einem davon- sen wird, müssen noch 33 Millionen Euro aus dem zulaufen. Hilfspaket der schwarz-roten Landesregierung abfi- nanziert werden. Gegenüber dem Haushaltssoll (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE 2014 steigen die Personalausgaben um circa GRÜNEN) 63,2 Millionen Euro, was zum größten Teil dem Im rot-rot-grünen Haushalt sind mehr Hinterlassen- jüngsten Tarifabschluss und der damit verbunde- schaften der Vergangenheit verborgen, als uns al- nen finanziellen Vorsorge in diesem Haushalt 2015 len lieb ist. Sie haben, Herr Mohring, mächtige Wor- zuzuschreiben ist. Um 57 Millionen Euro steigen die te gefunden über vorausschauende Haushaltspoli- veranschlagten Ausgaben für die Flüchtlinge ge- tik. Sie haben fast jeden Absatz Ihrer Rede fast genüber dem Haushaltsansatz 2014. Es gibt zu- schon gebetsmühlenartig beendet mit der Aussage: sätzliche 13,8 Millionen Euro, die gegenüber dem Die Koalition ist auf dem falschen Weg. Ich habe Ist 2014 für die Schulen in freier Trägerschaft zu genau mitgezählt. Aber wir alle haben auch genau verbuchen sind. Der Heimkinderfonds schlägt sich aufgepasst. Sie haben nicht ein einziges Wort ver- mit plus 5 Millionen Euro genauso mit zusätzlichen loren über die als Sondervermögen getarnten Son- Ausgaben nieder wie die Mittel aus dem Hoch- derschulden oder die vernachlässigten Pensionsla- schulpakt mit einem Plus in Höhe von 36 Millio- sten. Dabei wissen Sie am besten, wie diese Belas- nen Euro. tungen zustande kamen und auch, wer sie zu ver- Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbst die antworten hat. 23 Millionen Euro, die der Bund dem Land bzw. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE dann den Kommunen ab 2015 zusätzlich für die GRÜNEN) Kosten der Eingliederungshilfe gibt und die, wie zu- gesagt, ohne Anrechnung an die Kommunen durch- Es geht noch weiter: Sie veranstalten hier ein be- gereicht werden, führen zu Steigerungen des Haus- sonderes Schauspiel, wenn Sie sagen, der Herr haltsvolumens. Auch das muss man an dieser Stel- Primas soll doch jetzt bitte mal die zwei Einzelpläne le mit betonen. Für die Inanspruchnahme aus Bürg- in die Höhe halten – wir haben das hier alle vorhin schaften musste wegen einer bevorstehenden Zah- miterlebt –, dieser Haushalt sei auch bei Erstellung 818 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Hey) lungsverpflichtung der Haushaltsansatz um 17 Mil- rung der Kommunen für Flüchtlinge, freie Schulen, lionen Euro gegenüber 2014 angehoben werden. Langzeitarbeitslose, Hochschulen, Krankenhäuser, Bei der Krankenhausfinanzierung sinken die Ein- viele, viele andere Bereiche, die hier auch mal mit nahmen wegen des Wegfalls von Zahlungsver- angesprochen werden, und das Ganze – ich sage pflichtungen der Sozialversicherungsträger um es noch einmal – ohne neue Schulden und sogar 19,5 Millionen Euro. Die Ausgaben steigen aber so- mit Schuldenabbau. Die Investitionsausgaben des gar um eine Million, weil das Land auch weiterhin Landes werden mit dem vorliegenden Haushalts- den Investitionsbedarf bei den Krankenhäusern entwurf wieder steigen. Damit steigt die Investiti- sieht und mit Landesmitteln kompensierend ein- onsausgabenquote von 12,4 Prozent im Haushalts- springt. Allein diese genannten und nur zum Teil plan 2014 auf 13,5 Prozent im Haushaltsplanent- beeinflussbaren Ausgabepositionen umfassen wurf 2015. Und auch das ist eine klare, eine gute einen Umfang in Höhe von mehr als 350 Millio- Ansage an die heimische Wirtschaft, an viele heimi- nen Euro und das ist kein Klein-Klein, das sind Din- sche Betriebe, die von dieser Investitionsquote ge, die wir berücksichtigen müssen, und genau das demnächst auch profitieren werden. Wenn man die- haben wir auch getan. Deshalb lohnt auch ein ge- sen Haushalt um die erhebliche Steigerung gesetz- nauer Blick in den Haushalt. Wer die Steigerung licher Ausgaben wie jede andere Koalition auch zu des Haushaltsvolumens undifferenziert nur der neu- tragen gehabt hätte, ganz gleich, welches Farben- en Koalition zuschreibt, der hat nicht recht und spiel hier heute in diesem Hause vorherrschen wür- macht es sich auch verdammt einfach. de, wenn das also bereinigt wird, dann wird klar: Es ist ein Haushalt der Vorsicht, mit dem die Steige- Mit welchen schnellen Maßnahmen die rot-rot-grü- rung des Gesamtbudgets trotz Regierungswechsel ne Landesregierung dem Ansteigen der gesetzli- auf das unumgängliche Maß begrenzt worden ist. chen Leistungen hätte begegnen können, war bis- Die Regierung hat nach meinem Dafürhalten ihre her auch noch von keinem Kritiker im Vorfeld dieser Arbeit gut gemacht, jetzt kommt der Part des Parla- Debatte und auch heute zu erfahren. Da habe ich ments, damit wir am 18. Juni – das ist dann der Tag immer noch keine Lösungsansätze gehört. Dass der Plenarsitzung – hier in diesem Haus das Lan- sich Thüringen diese Ausgabensteigerungen mo- desbudget 2015 beschließen können. Ich habe mit mentan ohne neue Schulden leisten kann, das Freude gehört, Herr Mohring, dass Sie sich als Op- muss immer wieder hier stehen bleiben – ohne positionspartei einer guten Debatte in dieser Haus- neue Schulden, liegt zweifellos an der guten Kon- haltsberatung nicht verschließen wollen. Ich bin ge- junktur und an den damit in Verbindung stehenden spannt, wie das aussehen wird. Es ist hoffentlich – guten Steuereinnahmen. Diese können mit der Mai- sage ich aber auch – mehr als das, was Sie heute Steuerschätzung, also das, was jetzt im Mai 2015 hier vorgebracht haben. Es ist hoffentlich konstruk- auf den Tisch kommt, aller Voraussicht nach sogar tiver. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. noch ein ganzes Stück nach oben korrigiert wer- den. Zudem fließen dem Land an verschiedenen (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Stellen zusätzliche Bundesmittel zu, für die der GRÜNEN) Bund aber entsprechend auch zusätzliche Ausga- ben erwartet. Hier sind die gestiegenen Ausgaben Vizepräsidentin Jung: für den Hochschulpakt 2020 oder die zusätzlichen Bildungsausgaben wegen der Übernahme der Das Wort erhält Abgeordneter Adams, Fraktion BAföG-Kosten durch den Bund zu nennen. Darüber Bündnis 90/Die Grünen. hinaus gibt es zusätzliche Bundesgelder für die ge- stiegenen Kosten zur Unterbringung der Asylbewer- Abgeordneter Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ber und Flüchtlinge sowie zur Entlastung bei der NEN: Eingliederungshilfe. Ein Teil der zusätzlichen Kos- Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr ge- ten, das sind nämlich 80 Millionen Euro, wird durch ehrte Frau Präsidentin, liebe Besucher hier auf der eine Entnahme aus der Rücklage finanziert. Auch Tribüne, die Haushaltsdebatte ist immer eine be- das ist hier sehr kontrovers diskutiert worden. Hier- sondere Debatte in einem Parlament. Somit glaube bei handelt es sich um Kosten, die für das kommu- ich, haben Sie einen guten Überblick gesehen über nale Hilfspaket 2015 entstehen, so wie es auch im das, was Politik argumentativ, manchmal ein wenig Koalitionsvertrag vereinbart war und an den, meine über das Ziel hinaus schießend, aber manchmal sehr geehrten Damen und Herren, halten wir uns. auch sehr treffend formulierend, manchmal in Kon- Von den Fraktionen liegen jetzt nun die intensiven flikt geratend und manchmal erhellend in Thüringen und dicht gedrängten Haushaltsberatungen in den zu leisten fähig ist. Terminlisten vor uns. Meine Fraktion wird den Re- Ich möchte deshalb sehr gern Herrn Huster und gierungsentwurf gründlich prüfen, natürlich auch Herrn Hey für ihre Beiträge danken. Ich möchte hinterfragen. Der vorgelegte Haushalt greift wichti- auch ganz kurz darauf eingehen, was Herr Höcke ge Probleme des Landes auf und sorgt mit zusätzli- hier für die AfD-Fraktion vorgetragen hat. Ich glau- chen Ausgaben für eine verlässlichere Finanzie- be, es war sehr deutlich geworden, dass das alles Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 819

(Abg. Adams) mit dem Haushalt wenig zu tun hatte. Aber in eine tig, weil wir ein besonderes Wirtschaftswachstum Haushaltsrede alles hineinzulegen, was man sowie- haben. Allein die Thüringer Industrie zum Beispiel so schon in jeder Rede zu jedem Thema immer hat ein Auftragsplus von 5,7 Prozent im Vergleich wieder sagt – immer wieder sich selbst umwälzend, zum Vorjahr, liegt damit 3 Prozent über dem Durch- revolvierend hier vorzutragen –, das war der Debat- schnitt in der Bundesrepublik – also eine günstige te nicht ganz zum Guten gereichend. wirtschaftliche Lage. Wir haben auch eine Lage, meine sehr verehrten Damen und Herren, die von Ich will nur auf einen Aspekt eingehen, sehr geehr- besonders niedrigen Zinsen geprägt ist. Das macht ter Herr Höcke. Sie haben gesagt, den hanseati- auch die Besonderheit dieses Haushalts deutlich. schen Kaufmann, dessen Tugenden würden Sie Ich will es noch einmal sagen – Herr Kollege Hey sich wieder wünschen. Ich kenne den hanseati- hat es schon angesprochen: 370 Millionen Euro, schen Kaufmann vor allen Dingen als weltoffenen Herr Mohring, hatte die CDU-Finanzministerin im Meinungspluralisten. Das, meine sehr verehrten ersten Jahr der letzten Koalition auf den Weg ge- Damen und Herren, ist in diesem Landtag fest ver- bracht und ausgegeben. Sie hatten sich aber auch ankert. Da werden uns auch zehn Stimmen nicht das Go geholt, um 820 Millionen Euro Kredit aufzu- daran hindern, meine sehr verehrten Damen und nehmen, neue Schulden zu machen, und Sie sind Herren. heute hier am Pult und tun so, als ob wir nur einen (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Cent aufnehmen würden. Im Gegenteil – wir tilgen, GRÜNEN) meine sehr verehrten Damen und Herren, und ge- hören zu den besonderen vier Ländern in dieser Ich habe eine humorvolle Rede mit spritzigen Zwi- Bundesrepublik, die das tun. Sie versuchen das zu schenrufen von Herrn Mohring gehört. Sie erinnerte kritisieren und zu diskreditieren. Das zeigt eigent- mich eher an einen übermütigen Jugendlichen als lich, welche Substanz die Haushaltsrede von Herrn an einen verantwortungsvollen Oppositionsführer. Mohring hatte. Ich finde, Sie hatte eine dünne Sub- (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: So ein stanz. Die Zahlen sprechen Bände. Schwachsinn!) (Unruhe CDU) (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Oberlehrer!) NEN) Dennoch, sehr geehrte Frau Ministerin, vielen Dank Herr Hey ist schon darauf eingegangen. Sie sagen, dafür, dass Sie einen Haushalt vorgelegt haben, dieser Haushalt sei eine Kapitulation. Wir würden der angesichts der positiven Situation nicht unvor- hier die weiße Fahne hissen. Das ist doch in Wirk- sichtig wird und nicht die Umsicht verliert. Sie ha- lichkeit einfach nur ein rotes Tuch, ein rotes Tuch ben einen Haushalt vorgelegt, der uns den Über- für Sie, weil Sie sich die Platze darüber ärgern, gang zu einem Doppelhaushalt ermöglicht, mit dem dass wir einen Haushalt aufstellen, und zwar den wir auch wirklich eine strukturelle Entwicklung in ersten Haushalt nach einer neuen Regierungsbil- Thüringen mit neuen Ansätzen voranbringen kön- dung, der ohne Schulden auskommt. nen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall SPD) (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: ... es ver- Ohne Schulden kommt dieser Haushalt aus. Das geigt.) ärgert Sie ganz, ganz furchtbar, meine sehr verehr- Da wird nichts vergeigt, lieber Herr Heym. Ich glau- ten Damen und Herren. Ich finde auch einen be, Sie ärgern sich nicht nur darüber, dass wir kei- Aspekt sehr interessant und erhellend. Sie haben ne Schulden machen, Sie ärgern sich auch da- der Finanzministerin vorgeworfen, dass sie die Ein- rüber, dass diese Koalition eines erkannt hat, dass stellung in die Rücklage auch als eine Ausgabe ver- es nämlich vernünftig ist, der Wirtschaft, den Verei- bucht. Ich frage mich: Wie hat es denn die CDU ge- nen und Verbänden, den Kommunen große Pla- macht? Haben Sie es zweimal als Einnahme – ein- nungssicherheit zu geben. Deshalb wird diese Ko- mal als Steuereinnahme und dann noch mal als alition im Jahr 2015 drei Haushalte auf den Weg Einnahme in die Rücklage – verbucht? Oder wie bringen, um in Thüringen nämlich Planungssicher- haben Sie das gemacht? Das würde mich mal sehr heit zu schaffen, um eine gute Entwicklung Thürin- interessieren, wie Sie das gemacht haben, wenn gens voranzutreiben. Sie hier heute diese Kritik ansprechen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Beim Ers- ten sind Sie schon zu spät gekommen!) (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Der weiß doch nicht, von was er redet. Nein, weiß der Auch das ärgert Sie, auch da haben Sie nie die nicht!) Kraft dazu gehabt, meine sehr verehrten Damen und Herren, das voranzubringen! Die wirtschaftliche Lage – Frau Ministerin Taubert hat es beschrieben – ist eine günstige, aber es ist (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ist gar auch eine besondere. Es ist nicht einfach nur güns- nicht wahr!) 820 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Adams) Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Eck- uns dieser Situation und wir, meine sehr verehrten werte sind alle benannt. 9,3 Milliarden Euro ist der Damen und Herren, werden diese Probleme lösen. Haushalt insgesamt groß. Wir haben eine Steuer- Mit einem guten Stück Erstaunen schaue ich auf quote von 60,59 Prozent, die wir hier im Entwurf die Tagesordnung dieses Plenums. Während die realisieren wollen. Wir haben sinkende Bundeszu- CDU sagt, dieser Haushalt sei eine Kapitulation vor weisungen und wir kommen damit dennoch klar. der Zukunft, dann ist die CDU, die die Schulden in Herr Mohring – das war vorhin Ihr Vergleich gewe- den letzten 24 Jahren angehäuft hat, die immer die sen, der, wie ich meine, auch hinkt. Wer von vor Haushaltsverantwortung im Kabinett hatte, diese zehn Jahren, war es, glaube ich, eine Zahl nimmt CDU ist in diesem Plenum auf die Idee gekommen, und sagt, was da die Steuerquote war, und dann endlich mal über eine hinreichende Ausstattung bei nicht sagt, wie viel wir damals auch noch an Trans- den Schulleitern zu diskutieren. Sie wollen, dass ferleistungen bekommen haben, der argumentiert Schulleiterstellen nicht mehr länger als drei Monate eigentlich nur zur Hälfte, ich will nicht sagen unred- unbefristet sind. Ich frage Sie: Was haben Sie denn lich, aber der lässt einen wesentlichen Teil der in den letzten Jahren davor gemacht? Haushaltswahrheit wirklich im Dunkeln, meine sehr (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- verehrten Damen und Herren. NEN) (Unruhe CDU) Sie fordern uns noch in diesem Plenum auf, die Fast 28 Prozent ist die Höhe der Personalausga- Landesregierung solle doch steuerrechtliche For- ben, ich werde darauf an verschiedenen Stellen schungsförderung voranbringen oder diskutieren. noch einmal zurückkommen. Das ist wichtig, dass Was haben Sie denn in den letzten 24 Jahren ge- wir das nicht aus dem Blick verlieren. Und macht? Und Sie fordern uns auf, endlich den BOS- 13,51 Prozent – Frau Ministerin Taubert hat es Funk einzusetzen, umzusetzen. Aber wer hat es schon ausgeführt – ist die Investitionsquote und denn liegen lassen? Das waren doch die Innenmi- auch diese steigt moderat. Kleine Schritte, aber wir nister der CDU. Grüne sind davon überzeugt, dass wirtschaftliches Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind Wachstum und finanzpolitische Klarheit eher damit alles nur kleine Punkte, aber sie zeigen plastisch, gestaltet werden, dass man in kleinen Schritten vor- dass es die CDU schafft, in einer Parlamentssit- angeht, aber konsequent in die richtige Richtung. zung an zwei Parlamentstagen das eine zu fordern Die großen Haushalte oder die großen Einzelpläne, und das andere ganz schnell zu vergessen. in die wir investieren werden, ist einmal der Einzel- Schauen wir noch einmal auf das sogenannte blaue plan 07, das Ministerium für Wirtschaft, Wissen- Wunder, den Bericht der Expertenkommission. Alle, schaft und Digitale Gesellschaft. Hier haben wir ein meine sehr verehrten Damen und Herren, waren Investitionsvolumen von 378 Millionen Euro; Geld, sich einig, dass es dringend eine Verwaltungsstruk- das investiert wird in die Thüringer Wirtschaft, Geld, turreform brauche. Sie haben nicht die Kraft ge- das investiert wird in die Hochschulen und For- habt. Sie haben mit Blick auf die Wahl nicht die schungseinrichtungen. Diesen Kurs werden wir Kraft gehabt, das, was in der Staatskanzlei unter auch fortsetzen, meine sehr verehrten Damen und Führung von Frau Lieberknecht erarbeitet wurde, Herren. Die Allgemeine Finanzverwaltung mit umzusetzen. Sie haben nicht die Kraft gehabt. Und 170 Millionen Euro – hier sind vor allen Dingen die es ist unsere Aufgabe, meine sehr verehrten Da- Kommunen diejenigen, die von diesen Investitionen men und Herren, die Aufgabe von Rot-Rot-Grün, profitieren werden, und das Ministerium für Infra- die Kraft zu haben, dieses Land zu gestalten. Das struktur mit 275,83 Millionen Euro – das sind Mittel, werden wir mit dem nächsten Haushalt dann, den die im Bereich des Städtebaus, im Bereich des wir im Spätsommer dieses Jahres vorlegen werden, Straßenbaus vorgesehen sind. Es geht voran in in einer guten Diskussion hier für dieses Land auf Thüringen und das ohne Schulden, sehr geehrter den Weg bringen. Herr Mohring. Noch ein weiterer Punkt, sehr geehrter Herr Die CDU hat – und das, glaube ich, haben Sie auch Mohring, die konsequente Aufgabenkritik und die vergessen, Herr Hey hat das sehr gut ausgeführt – Absenkung von Standards auch flankiert mit einem in ihren haushaltspolitischen, in ihren vergangenen Personalabbau, auf den ich noch mal verweisend Haushaltsjahren nie gestaltet. Gestaltung war im- nachher eingehe, das sind Forderungen, die vom mer ein Fremdwort. Sie haben verwaltet, Sie haben Landesrechnungshof gestellt wurden. Sie haben versucht, das alles irgendwie am Rollen zu halten sich bei einer Forderung des Landesrechnungshofs und am Laufen zu halten, und Sie haben dabei viel dahinter gestellt und haben gesagt: Ja, das ist rich- kaputt gemacht, Herr Mohring. Die Kritik der Kom- tig, was der Herr Dette da fordert. Aber Sie überse- munen und die Notwendigkeit, ein kommunales hen die anderen Forderungen, die Anforderungen Hilfspaket zu schnüren, beweisen, dass die Kom- des Landesrechnungshofs. Ich sage hier nur ein munen in Thüringen durch die CDU-Finanzminister paar Stichworte: Das eine ist die Gebietsreform, nicht hinreichend ausgestattet waren. Wir stellen das andere ist die Aufgabenkritik und das Nächste Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 821

(Abg. Adams) sind natürlich auch die Funktionszulagen, meine Solidität dessen, was die CDU hier finanzpolitisch sehr verehrten Damen und Herren von der CDU. vorangebracht hat. Auch hier sollten Sie das Wort des Herrn Dette, un- Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU, seres Präsidenten vom Landesrechnungshof, sehr das sind finanzpolitische Freischwimmer in der ernst nehmen. Nacht und der Kompass ist auch weg. Meine sehr verehrten Damen und Herren, zur Ein- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) führung des BOS-Funks habe ich schon einiges ge- sagt. Wir, Rot-Rot-Grün – Wolfgang Fiedler hat da- Meine sehr verehrte Damen und Herren, wir haben nach gefragt, was denn im Bereich der inneren Si- mehrere Projekte in diesem Haushalt definiert, cherheit geschieht – bringen endlich 188 Stellenhe- auch wenn er ein Übergangshaushalt ist, ein wichti- bungen auf den Weg, damit unsere Polizistinnen ger Haushalt ist. Das sind die freien Schulen, Frau und Polizisten auch ordentlich verdienen, damit sie Kollegin Rothe-Beinlich hat alles Wesentliche dazu ihre Arbeit gewürdigt bekommen. Alles das ist gesagt. Herr Mohring, dass Sie sich hier hinstellen schleifen gelassen worden und wir begeben uns an und so tun, als ob Sie die freien Schulen immer un- den Start, das hier auf den Weg zu bringen, meine terstützt hätten und damit leugnen, dass mit den sehr verehrten Damen und Herren. Stimmen der CDU im Jahr 2010 den freien Schulen die Luft abgedrückt wurde, Die Haushaltsstrukturkommission, an sie erinnert sich schon fast keiner. Finanzministerin Marion (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Walsmann – es ist gerade erst fünf Jahre her – hat- und dass unser Wahlversprechen, ihr bekommt te diese Kommission auf den Weg gebracht. Sie mindestens 10 Millionen mehr im nächsten Haus- tagte, tagte, tagte, hatte Zwischenberichte und all halt, nur deshalb von uns gemacht werden musste die Sachen, an die erinnert sich heute niemand – einer musste sich ja der freien Schulen anneh- mehr, weil es eine Liste von mehr oder weniger men –, weil Sie eine falsche Politik im Jahr 2010 kleinen Schritten unbedeutender Maßnahmen war, auf den Weg gebracht haben die alle nicht der Erwähnung mehr wert sind. Wir erinnern uns aber sehr gut, sehr geehrte Damen (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Herren von der CDU, dass Sie kurz vor der – eine falsche Politik, die den freien Schulen die Wahl, nicht nur, wie damals bei , der Entwicklung von reformpädagogischen Ansätzen eine 180-Grad-Drehung bei den Abwasser- und aufgedrückt hat. Dass Sie sich heute hier hinstellen Wasserbeiträgen gemacht hat, sondern dass Sie und sich so darstellen, als ob Ihnen die freien vor der letzten Wahl 130 Millionen Euro fix in die Schulen am Herzen liegen würden, und als ob Sie Hand genommen haben, um sich ein besseres die schützen wollen würden und uns nachsagen, es Wahlergebnis zu erhoffen, und es den Kommunen sind nicht 10 Millionen, sondern nur 12,9 – ich weiß schnell gegeben haben, nicht zum Wohle Thürin- überhaupt nicht, was Ihr Argument dabei ist, wir ha- gens, sondern ganz allein zum eigennützigen Sinn, ben sogar noch was draufgelegt, ich weiß über- ein besseres Wahlergebnis zu bekommen. Solche haupt nicht, was ihr Argument dabei sein soll –, uns Politik werden Sie von Rot-Rot-Grün, meine sehr das vorzuwerfen, das zeigt auch, wie substanziell verehrten Damen und Herren, nicht erleben. bzw. nicht substanziell das ist, was Sie hier vorge- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) tragen haben. Wir kommen zum Kommunalen Finanzausgleich. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Aufgrund der im Gesetz vorgesehenen Kopplung Meine sehr verehrten Damen und Herren, zwischen Landes- und Kommunaleinnahmen stieg 51.000 Schülerinnen und Schüler gibt es in Thürin- die regelgebundene Finanzausgleichsmasse um gen. 18,3 Prozent davon gehen in freie Schulen. circa 15 Millionen auf 1,853 Milliarden Euro. Flan- Ich weiß, dass in der Debatte um eine ordentliche kiert von unserem Haushaltsprogramm, um die finanzpolitische Ausstattung dieser freien Schulen größten Härten aus dem CDU-KFA abzufedern, oft die Frage gestellt wird: Warum kriegen die denn meine sehr verehrten Damen und Herren, flankiert jetzt noch mehr, sind das nicht die Eliteschulen? von diesen 102 Millionen Euro, hoffen wir die Kom- 18 Prozent, meine sehr verehrten Damen und Her- munen hinreichend auszustatten. ren, der Thüringer Schüler und Schülerinnen sind Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß, an diesen Schulen. Es wäre beachtlich, wenn wir dass wir in einem Tagesordnungspunkt, der nach eine Elite von fast 20 Prozent hätten. Das ist keine 13.00 Uhr wahrscheinlich anstehen wird, von der Elite, sondern das ist eine Schulform, in der vieles CDU gescholten werden, dass wir nicht genügend ausprobiert werden kann. Wo hoch motivierte Leh- Geld für die Kommunen zur Verfügung stellen, aber rerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schullei- vorhin um 11.00 Uhr, sehr geehrter Herr Mohring, ter einen Freiraum schaffen, unter der Trägerschaft haben Sie diese Regierung gescholten, dass sie zu freier Träger, die Möglichkeit schaffen, Dinge aus- viel Geld ausgibt. Ich finde, das spricht Bände über zuprobieren, die allen in allen Schulformen in Thü- Ihre Haushaltspolitik, das spricht Bände über die ringen am Ende zugutekommen, weil hier die Kon- 822 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Adams) zepte geschnürt werden, die allen zugutekommen, aufzustellen. Wir sagen, vorsichtig investierend, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Ver- aber klar in der Zielrichtung werden wir für die tretungsreserve, sehr geehrte Frau Dr. Klaubert – nächsten drei Jahre durch Verpflichtungsermächti- ein wichtiger Punkt. Wir haben – davor hat die CDU gungen sicherstellen, dass wir 17 Millionen Euro immer die Augen verschlossen – die Situation, 786 hier investieren, um das voranzubringen. Das nützt dauerkranke Lehrer zu haben. Das muss man be- Thüringen, weil wir sonst nämlich einem Vertrags- dauern, aber man muss auch irgendwann anfangen verletzungsverfahren der EU gegenüberstehen. zu sagen: Wie reagieren wir denn darauf? Deshalb Einfach eine Aufgabe, liegengelassen von der brauchen wir eine Vertretungsreserve. Diese Lan- CDU, teuer für Thüringen geworden, Herr Huster desregierung bringt diese Vertretungsreserve auf hatte verschiedene Sachen hier schon angespro- den Weg und ich finde, das ist der richtige Weg, chen. Wir gehen das an, wir bringen das auf den weil Bildung das einzige Investitionsvolumen ist, Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren. das sich vertausendfachen kann, meine sehr ver- Ich wollte eigentlich noch ganz kurz auf die Kritik, ehrten Damen und Herren, wenn man es gut an- die Herr Kowalleck in der letzten Woche in einem setzt, und das machen wir, meine sehr verehrten Interview über uns ausgebreitet hat, eingehen. Sie Damen und Herren. hatten kritisiert, dass die Steuerdeckungsquote – Ich bin an der Stelle, weil es auch oft diskutiert wur- ich weiß gar nicht mehr, was Sie da gestört hatte – de, der Personalabbaupfad wird hier ausgesetzt. zu hoch sei oder dass sie höher sei als es Herr Voß 2005 war es gewesen, als die CDU-Alleinregierung geplant hatte oder was eigentlich Ihr Problem dabei den Abbaupfad auf den Weg gebracht hat, und ist. Wir haben eine gute Steuerdeckungsquote, zwar hat man gesagt, im Rasenmäher, wo viele meine sehr verehrten Damen und Herren, und da sind, wird viel gekürzt und wo weniger sind, wird beißt die Maus keinen Faden ab. Das hilft Ihnen weniger gekürzt. Also komplett den statistischen auch nicht weiter, das immer wieder zu kritisieren Rasenmäher angesetzt. Wir von Rot-Rot-Grün sa- oder zu versuchen, das lächerlich zu machen. Herr gen, wir halten an diesem Personalabbaupfad fest, Mohring, ich freue mich, dass Sie dem Vortrag wie- wir wissen, wo wir hinkommen müssen, aber wir er- der folgen. lauben uns das einfach mal, nach zehn Jahren die (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Nein, Frage zu stellen: Ist denn diese Rasenmäherme- nein!) thode, wie sie die CDU angesetzt hat, wirklich die richtige Methode? Es ist vollkommen richtig, dass Das ist immer eine Freude für mich. Aber Sie wer- der Innenminister Herr Poppenhäger ganz klar den es nicht schaffen, das habe ich in verschiede- sagt, wir müssen den Stellenabbau hier in Thürin- nen Punkten auch dargestellt, wie dünn Ihre Argu- gen für ein Jahr aussetzen, um die Luft zu haben, mentation ist, mit der Sie eine Kritik an diesem um entscheiden zu können, wie wir dort weiterma- Haushalt begründen wollen. Kritik gibt es natürlich chen, um die Luft zu haben, ein Personalentwick- immer, sie kann auch sinnvoll sein, aber sie sollte lungskonzept auf den Weg zu bringen, für das Sie konstruktiv sein und sie sollte nicht ins Leere lau- nicht die Kraft hatten, weil Sie dann nämlich hätten fen, meine sehr verehrten Damen und Herren. gestehen müssen, wo Sie alles Fehlinvestitionen (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Da geleistet haben. Wir werden das auf den Weg brin- klatscht nicht mal jemand!) gen, wir werden das Personalentwicklungskonzept hier im Landtag debattieren und dann werden wir Herr Mohring, Sie waren nicht da, als ich angefan- auch wissen, wie wir mit dem Personalabbau fort- gen habe, als ich gesagt habe, dass Ihre Rede fahren können. Es gibt keine Alternative dazu, aber mich eher an einen übermütigen Jugendlichen erin- es gibt viele alternative Wege zu diesem Ziel, mei- nert hat, nicht aber an den verantwortungsvollen ne sehr verehrten Damen und Herren, und wir wer- Oppositionsführer. den sie gehen. (Heiterkeit CDU) (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nicht zuletzt, meine sehr verehrten Damen und NEN) Herren, zeigt rot-rot-grüne Investitionspolitik, wie Wissen Sie, Herr Mohring, es würde mir nicht im fruchtbar sie sein kann. Natura 2000: Natura 2000 Traum einfallen, mir Applaus zu bestellen, so wie ist eine Aufgabe der Europäischen Union zur Ver- Sie das offensichtlich nötig hatten. vielfältigung unserer Natur. Wir wollen Biodiversität anregen, wir wollen Biodiversität erhalten. Thürin- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen hat dazu 244 FFH-Gebiete gemeldet und zu je- NEN) dem dieser FFH-Gebiete brauchen Sie natürlich (Unruhe CDU) dann einen Managementplan, wie wir die Situation verbessern. Das ist eine Vorgabe der EU. Thürin- (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Es gab ja gen hat es bisher geschafft für 13 – für 13 von 244 auch nichts zu klatschen bei Ihrer Rede!) – FFH-Gebiete wirklich solche Managementpläne Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 823

(Abg. Adams) In diesem Sinne vielen Dank an die Landesregie- der Koalitionsfraktionen haben am heutigen Tag rung, meine sehr verehrten Damen und Herren. gezeigt, dass auch Sie diesen Satz unterstützen, Vielen Dank an die Landesregierung für diesen dass dies am Ende auch Ihr Motto für den aktuellen Haushalt, der bringt uns auf den richtigen Weg. Vie- Haushaltsplan ist. Aber da muss man sagen, wenn len Dank dafür, Frau Taubert, Herr Ministerpräsi- Sie das so weiterverfolgen, haben Sie ganz klar dent! das Klassenziel nicht erreicht. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE (Beifall CDU) GRÜNEN) (Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Sie wollen es nicht wahrhaben!) Vizepräsidentin Jung: Wann, wenn nicht jetzt in diesen Zeiten sollte man Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Kowal- den Abbau der Schulden vorantreiben? Wenn Herr leck zu Wort gemeldet. Huster von einem Dreiklang mit Konsolidierung spricht, dann muss ich auch hier an der Stelle sa- Abgeordneter Kowalleck, CDU: gen, das Wort Konsolidierung können Sie aus die- sem Dreiklang herausnehmen, denn 26,5 Millio- Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und nen Euro für die Schuldentilgung, das ist kein Zei- Herren, man hat jetzt auch an der Rede meines chen für die heutige Zeit. Vorredners gesehen, durch Beleidigung steigt nicht die finanzpolitische Kompetenz – im Gegenteil. (Beifall CDU) (Beifall CDU, AfD) (Unruhe DIE LINKE) Ich denke, wir werden das eine oder andere an die- Wenn ich dann noch mal auf die gestrige Presse- ser Stelle auch noch mal zurechtrücken. Eines ist veröffentlichung der „Thüringischen Landeszeitung“ auch klar, das zeigt die heutige Presse. Rot-Rot- zurückgreife, hier wurde errechnet, dass Sie mit Grün verlässt den Stellenabbaupfad. Vor einigen dieser Tilgung in 596 Jahren in Thüringen schul- Tagen hieß es: Rot-Rot-Grün gegen neue Schul- denfrei wären. Das sagt schon viel. den, aber für viel teurere Projekte. – Es ist nicht nur (Heiterkeit Ramelow, Ministerpräsident) so, dass die CDU-Fraktion diesen Haushalt kriti- siert, die Kritik kommt auch vom Landesrechnungs- Wenn wir jetzt schon gering tilgen, was kommt hof, sie kommt vom Steuerzahlerbund. Gerade dann in den kommenden Jahren? Was ist, wenn heute im Pressespiegel können Sie lesen, dass der die Konjunktur einbrechen sollte? Frau Taubert hat Steuerzahlerbund sagt: „Das Verlassen des Ab- das heute an Beispielen erwähnt. Und was ist, baupfades bedeutet höhere Ausgaben für Thürin- wenn das Zinsniveau entsprechend steigt? Mit die- gen bei weniger Einnahmen“, und es sei „sträflich“, sem Haushaltsplanentwurf zeigt die Landesregie- diesen Pfad zu verlassen. Herr Adams, die Ausre- rung, dass sie eben keine Antworten auf die drän- den, die Sie an dieser Stelle gebracht haben, kann genden Fragen hat. man dann auch nicht gelten lassen. Auch der Präsi- (Beifall CDU) dent des Thüringer Rechnungshofs sagt, Thüringen habe im Bundesvergleich die höchste Personalquo- (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: So ein te im Landesdienst. Bereits jetzt müssen Haushalte Quatsch!) so aufgestellt werden, dass sie ab 2020 ohne neue Meine Damen und Herren, Herr Huster hatte auch Schulden auskommen. Sondervermögen angesprochen und hat vom Erbe (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE der CDU erzählt. Da muss ich Ihnen auch ganz klar GRÜNEN: Machen wir ja!) sagen: Von wem haben wir dieses Erbe erhalten? Das war doch am Ende das Erbe der DDR. Weiter möchte ich zitieren: „Mit dem Thüringer Haushalt 2015 lässt sich nicht erkennen, dass das (Unruhe DIE LINKE) klappt.“ Sie wissen doch auch, wie es hier vor über 25 Jah- (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE ren aussah in dem Land und wie der Aufbau erfol- GRÜNEN: Sie haben gekürzt!) gen musste. Hier hat die CDU Verantwortung in die Hand genommen und das war auch mit einem ent- Also auch von höchster Stelle die Warnung, was sprechenden finanziellen Aufwand zu rechtfertigen. den aktuellen Haushaltsplanentwurf angeht, und Dieser finanzieller Aufwand war notwendig. Wenn das sollten Sie sich auch entsprechend annehmen. Sie uns dies heute vorwerfen, dann müssen Sie in Ich möchte hier auch noch mal auf das Zitat vom Ihren eigenen Reihen nachfragen: Wer war dafür gestrigen Tag in der „Thüringischen Landeszeitung“ verantwortlich? eingehen: „Es ist jetzt nicht die richtige Zeit, um (Beifall CDU) Schulden zu tilgen“ steht über dem Interview von Frau Finanzministerin Taubert. Die Wortmeldungen 824 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Kowalleck) (Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ weiterhin beobachten und in den Ausschüssen die DIE GRÜNEN: In Ihren aber auch!) entsprechenden Fragen stellen. (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Meine Damen und Herren, zu den freien Schulen Wolfgang Fiedler war auch dabei!) hat Herr Adams hier klare Worte gefunden. Da muss man aber auch sagen, die CDU steht hier für Noch mal zur Haushaltsaufstellung: Wir sehen es eine verlässliche Finanzierung der Schulen in freier ganz klar als ein Unding an, dass erst 130 Tage Trägerschaft und unser Gesetzentwurf sieht ohne notwendig sind, um den Haushalt vorzulegen und Anrechnung der steigenden Schülerzahlen eine so- der Landtag ihn in 57 Tagen beraten soll. fortige Mehrleistung von 17,5 Millionen Euro und ei- Wir sagen aber auch ganz klar aus Verantwortung ne jährliche Steigerung von 3 Prozent vor. Hier ist für dieses Land: Wir werden konstruktiv in die Bera- Rot-Rot-Grün weit hinter den Erwartungen geblie- tungen gehen und wir wollen ganz klar auch weite- ben und da müssen Sie nachsteuern, wenn Sie ren Schaden vom Land abwenden. Denn ohne Wort halten wollen. Gerade auch, was die Schulsa- Haushalt können letztendlich weder das Land noch nierungsprogramme angeht, die sind wichtig für die die Kommunen investieren und viele Unternehmen Schulen, für die Lehrer und Schüler vor Ort, aber warten vergeblich auf öffentliche Aufträge. Ebenso gerade in Bezug auf die freien Schulen müssen Sie – das kennen Sie auch aus den Wahlkreisen, aus hier klare Zeichen erkennen lassen. Ihren Heimatgemeinden – warten viele Einrich- Meine Damen und Herren, Konsolidierung ist weit tungen und Vereine auf die Förderung. Sie sind mehr, als nur auf neue Schulden zu verzichten. Die darauf angewiesen. Da ist es wichtig, hier auf die steigende Pro-Kopf-Verschuldung und die bei langfristigen Folgen zu achten, und deswegen auch wachsenden Steuereinnahmen sinkende Steuer- unser Angebot, hier konstruktiv in den entsprechen- deckungsquote sind untrügliche Zeichen dafür, den Ausschüssen zusammenzuarbeiten. dass Thüringen mit Rot-Rot-Grün den Pfad solider An dieser Stelle wurde auch noch mal auf das Haushalts- und Finanzpolitik verlässt. Die CDU- Haushaltsvolumen eingegangen. Hier sprechen die Fraktion steht für solide Haushalte und Schuldentil- Zahlen ganz klar für sich. Wir haben eine Steige- gung und das ist auch die Geschichte in diesem rung auf 9,3 Millionen Euro Land und da sprechen die Zahlen für sich, egal, was dann an dieser Stelle behauptet wird. Wir wer- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Milli- den auch weiter darauf achten, dass unser Land arden!) hier eine solide Haushaltspolitik macht. Kriterien – Milliarden – der nachhaltigen Haushalts- und Finanzpolitik sind für uns die Pro-Kopf-Verschuldung, die sinken (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sind muss, und die Berücksichtigung der absehbaren nur ein paar Nullen mehr!) Entwicklung und ein Risikoabschlag auf die Steuer- und damit lebt die Linkskoalition nach dem Prinzip schätzungen. Hoffnung, nur dass mit dem Rückgriff auf die Not- Meine Damen und Herren, zur weiteren finanzwirt- groschen und der Annahme, dass mehr eingenom- schaftlichen Entwicklung müssen wir beachten, men wird, als die Steuerschätzer voraussagen, un- dass die Steuermehreinnahmen schneller als ge- ter dem Strich eine Null steht. dacht Geschichte sein können. Die guten Haus- Hier möchte ich auch noch einmal auf den Punkt haltsabschlüsse der Vorjahre und die momentan Steuerdeckungsquote eingehen. Herr Adams hat positive Einnahmeprognose dürfen nicht dazu füh- das hier an dieser Stelle auch gebracht. Der Haus- ren, dass die Landesregierung bei der Konsolidie- halt zeigt an der Steuerdeckungsquote, denn diese rung nachlässt. Wir werden konstruktiv in den Aus- sinkt trotz steigender Einnahmen und das ist auch schüssen beraten und auch weiterhin den Finger in ein Zeichen, dass hier der Freistaat einen großen die Wunde legen. Schritt weiter bei der Konsolidierung gehen muss. (Beifall CDU, AfD) Gerade die 200 Millionen Euro, die von der Finanz- ministerin rückgängig gemacht wurden, die für die Schuldentilgung vorgesehen wurden, sind ein Zei- Vizepräsidentin Jung: chen, dass hier nicht auf Konsolidierung geachtet Für die Fraktion der AfD hat sich Abgeordneter wird. Kießling zu Wort gemeldet. Meine Damen und Herren, hier an dieser Stelle wurde auch noch einmal das Arbeitsmarktpro- Abgeordneter Kießling, AfD: gramm vorgestellt. Hier muss aber auch gesagt Liebe Präsidentin, liebe Abgeordnete, sehr verehrte werden, das Arbeitsmarktprogramm muss vor Ort Damen und Herren, liebe Zuschauer und Zuhörer, entsprechend Wirkung zeigen. Es darf nicht nur ein nun endlich liegt uns der Mittelfristige Finanzplan Kostenfaktor sein, sondern es muss auch ganz klar für die Jahre 2014 bis 2018 für den Freistaat Thü- den Betroffenen geholfen werden. Da werden wir ringen vor. Dieser Plan ist nach Einschätzung der Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 825

(Abg. Kießling) AfD-Fraktion sehr knapp kalkuliert und beruht auf BIP-Wachstum im Jahr 2004 für Thüringen. Hier ist einigen überoptimistischen Annahmen. Wir sind anzumerken, dass viele Thüringer Unternehmen uns sicher, dass der Finanzplan gemäß § 9 Abs. 3 unter den Sanktionsauflagen der EU im Rahmen des Stabilitätsgesetzes jährlich anzupassen ist. Wir der Ukraine- und Russlandkrise zu leiden haben wollen hoffen, dass die Abweichungen nicht zu und somit die benötigten Erträge aufgrund der an- groß sind, die es anzupassen gilt. geordneten Sanktionen fehlen. Wie kommen wir zu der Einschätzung? Dem Plan Wie sehen das andere EU-Partner? In einem Pres- liegt die Einschätzung zugrunde, dass die deutsche seartikel vom 28.04.2015 kann man nachlesen, Ita- Wirtschaftsleistung spürbar angezogen hat und lien positioniert sich öfter kritisch zu den Sanktio- weiter steigen wird. Es gab eine Steigerung von nen, weil die eigene Exportwirtschaft die Folgen 1,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, welches mehr als deutlich spürt. Auch Frau Sahra Wagen- hauptsächlich auf die Erholung der Konjunktur in knecht von den Linken – man höre und staune – der zweiten Jahreshälfte von 2014 zurückzuführen sagte beim jüngsten EU-Gipfel, ich zitiere: „Die von ist. Wie kam dies? Der Brent Ölpreis hatte seinen Washington angetriebene Sanktionspolitik gegen Höchstkurs im Jahr 2013 bei 119,15 US-Dollar und Russland wirkt sich dabei immer schmerzhafter auf seinen Tiefstkurs zu Beginn dieses Jahres mit ei- die deutsche Wirtschaft aus.“ Weiter wird ausge- nem Preis von circa 47,81 US-Dollar. So hatte der führt: „Sie schaden natürlich in erster Linie der fallende Ölpreis maßgeblich zur konjunkturellen Er- europäischen Wirtschaft. Sie schaden auch der holung beigetragen. Doch leider ist die Tendenz deutschen Wirtschaft. Die USA sind da relativ fein wieder steigend und aktuell liegen wir bei einem Ni- raus, weil sie ohnehin nicht allzu viele wirtschaftli- veau von circa 65,09 US-Dollar. Dies bedeutet Ver- che Beziehungen zu Russland haben.“ In Thürin- teuerung der Produktionskosten und somit Ver- gen sind aufgrund der Historie viele wirtschaftliche knappung der finanziellen Mittel in Unternehmen, Beziehungen zu Russland vorhanden, was sich was sich wiederum auf die Verbraucherpreise aus- auch weiter negativ auf unsere Finanzplan auswir- wirken wird. Dies wird auch eine Auswirkung auf ken wird. Die EU hat eine Verschärfung der Sank- die Beschäftigungsquote in Unternehmen haben, tionen bereits angekündigt. Auch wenn wir in Thü- was auch zu sinkenden Steuereinnahmen bei der ringen kaum Einflussmöglichkeiten auf diese EU- Einkommensteuer führen wird, denn das ist die Sanktionen haben, so sollte man doch hier vorhan- Grundlage dieser Schätzungen. Generell ist hier dene Möglichkeiten nutzen, dort zu widersprechen eher mit einer Stagnation der Konjunkturlage zu und entsprechend hier das positiv zu beeinflussen. rechnen, jedoch sieht der Finanzplan eine weitere Die positive Entwicklung des BIP lag in Thüringen steigende Konjunkturlage vor. im Jahr 2014 bei 1,8 Prozent und damit unter dem Der Ölpreis ist ein aussagekräftiger Indikator, von Durchschnitt von 2,1 Prozent der neuen Länder. Al- dem man Rückschlüsse auf die Weltwirtschaft zie- so sind wir hier schon etwas Schlusslicht. hen kann. Der Ölpreis wirkt sich auf die gesamte in- Was weiterhin als Risiko eingeschätzt werden dustrielle Produktion aus, da er als Grundlage bzw. muss, ist der demografische Wandel in Thüringen. Öl als Bestandteil von Plastik, der Chemieindustrie Das wurde ja schon mehrfach angesprochen. Laut und weiteren Treibstoffen gebraucht wird. Kraftstof- Zensus hat sich die Bevölkerung in Thüringen von fe, Schiffe und Lastwagen usw., alles das hängt da- 2012 auf 2013 um 9.620 Menschen verringert, was mit zusammen, was in die Produktionskosten ein- einen Rückgang um 0,4 Prozent bedeutet. Der Be- fließt. Ist das schwarze Gold teuer, bremst das die völkerungsrückgang wird in den kommenden Jah- gesamte Weltwirtschaft. Da ist es in unseren Augen ren anhalten, sofern nicht gravierende Änderungen gefährlich, den Haushalt so zu planen, obwohl be- in der Familienförderungspolitik gemacht werden reits im vorliegenden Plan das Risiko einer schwie- und Bedingungen für Familien deutlich verbessert rigen wirtschaftlichen Entwicklung im Euroraum und werden, so wie wir das schon oft genug kritisiert auch die gestiegenen geopolitischen Unsicherhei- und angesprochen haben. Daraus ergeben sich ten für die Zukunft bekannt sind, welche gegen die- weitreichende finanzielle Konsequenzen, da auch se Wachstumsaussichten sprechen. Der deutsche Bundesmittel pro Kopf in Thüringen zugewiesen Kaufmann hätte hier vorsichtiger kalkuliert! werden. Somit ist mit sinkenden Einnahmen zu Für die geopolitischen Unsicherheiten sind hier nur rechnen und nicht mit steigenden Einnahmen! beispielhaft die Krisen im Iran, in Syrien, Afghani- Die Gesamteinnahmen in der mittelfristigen Finanz- stan, der Ukraine und natürlich auch die Griechen- planung sehen aber für 2015 Einnahmen in Höhe landkrise zu nennen, wo wir logischerweise haften. von 9.272,4 Millionen Euro vor, welche bis auf Da gibt es einige Fonds, in denen wir mit drin- 9.321,8 Millionen Euro in 2018 ansteigen sollen – stecken. wohlgemerkt: sollen. Der Bereich Lohnsteuer soll Eine Entspannung der Lage ist momentan noch von 1,039 Milliarden Euro auf 1,224 Milliarden Euro nicht in Sicht. Die Differenz von Exporten und Im- steigen, was unter anderem auch mit der kalten porten lag rechnerisch bei 0,4 Prozentpunkten zum Progression im Rahmen der Tariferhöhungen ein- 826 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Kießling) hergeht. Es ist auch ein Thema: „kalte Progression“ auch eine Neuregelung des Asylrechts erfolgen, um – Enteignung unserer Arbeitnehmer und Angestell- die Kosten im Rahmen des Gesetzes zu halten! ten. Die geplanten Steuermehreinnahmen werden nicht Die Umsatzsteuereinnahmen sollen von 3,714 Milli- konsequent zur Schuldentilgung eingesetzt, was sie arden Euro auf 3,774 Milliarden Euro steigen. Die eigentlich sollten, sondern sind bereits mit Ausga- Grunderwerbsteuer soll von 102 Millionen Euro in ben unterlegt. Dadurch wird der Konsolidierungs- 2014 steigen auf 112 Millionen Euro im Jahr 2015. kurs, was die Vorredner bereits mehrfach ange- Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Grunder- sprochen haben, im Jahr 2015 leider verlassen. werbsteuer für die Häuslebauer und Hauskäufer im Im letzten derzeit statistisch erfassten Jahr 2013 er- April 2011 von 3,5 auf 5 Prozent bereits angehoben reichte die Verschuldung des Landes Thüringen – wurde. Zum Vergleich beträgt in Sachsen die in Klammern: inklusive der Bürgschaften – einen Grunderwerbsteuer nach wie vor noch 3,5 Prozent. Wert von 18,42 Milliarden Euro. Das entspricht ei- Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer erschwert nem Wert von 8.513 Euro je Einwohner des Lan- gerade Jungfamilien den Erwerb von Wohneigen- des, wobei die Einwohnerzahlen zum 30.06.2013 tum. Sollte sich die Konjunktur jedoch verschlech- zugrunde gelegt werden. tern, so ist auch die Nachfrage der Immobilien ge- Die Landesverschuldung ohne Bürgschaften er- ringer, was einhergeht mit einer geringeren Einnah- reichte zum 31.12.2013 einen geringeren Wert von me aus der Grunderwerbsteuer und nicht mit einer 16,57 Milliarden Euro, was eine Pro-Kopf-Verschul- steigenden. Dennoch sind hier steigende Einnah- dung von 7.660 Euro pro Einwohner entspricht. men eingeplant im Haushalt, was wir als Risiko se- hen. Schauen wir uns mal das Nachbarland Sachsen an, zum Vergleich: Die sächsische Landesverschul- Welche Risiken sind noch nicht im Haushalt mitbe- dung ohne Bürgschaften erreicht zum 31.12.2013 rücksichtigt? Das ist zum Beispiel klar das Thema einen geringeren Wert, nämlich nur 10,31 Milliar- „Altlasten bei Kali und Salz AG“. Seit 2012 ist klar, den Euro, was eine Pro-Kopf-Verschuldung von nur dass Thüringen wieder Millionen für die Altlasten 2.552 Euro je Einwohner entspricht. Hier hat Thü- des Kalibergwerks der ehemaligen DDR zahlen ringen noch sehr viel Nachholbedarf, was die Pro- muss aufgrund des im Jahre 1999 abgeschlosse- Kopf-Verschuldung anbelangt. Sicher ist auch hier nen fatalen Vertrags. Diese künftigen Kosten sind die CDU nicht ganz unschuldig dabei gewesen, heute nicht genau bezifferbar, das hatten wir schon denn sie hatte ja damals jahrelang Zeit gehabt, hier in den letzten Debatten festgestellt. Kali und Salz diese Schulden mit aufzubauen. geht von einem Betrieb der Kaligruben Unterbreiz- bach bis zum Jahr 2032 aus, was auch die Kosten- Die Sachinvestitionen sind laut Finanzplan abneh- beteiligung für mindestens diesen Zeitraum bedeu- mend. 2014 wurden noch 288,8 Millionen Euro in- ten wird. Hier fallen die Kosten für das Abpumpen vestiert. In 2015 sollen es ja nur noch 258,2 Millio- des Wassers an. Insgesamt geht K+S von einer Er- nen Euro sein. Zwar ist 2017 ein Anstieg auf schöpfung der Lagerstätten voraussichtlich bis um 280,7 Millionen, jedoch in 2018 wiederum eine fal- das Jahr 2060 aus. Hier hätten definitiv Rückstel- lende Investition in Höhe von 267,7 Millionen Euro lungen gebildet werden müssen! Jedoch sieht der geplant. Zum Beispiel, sehen wir uns das mal im Plan 2015 eine Entnahme aus den Rücklagen in Detail an, was da in dem Plan steht, bei Straßen- Höhe von 89 Millionen vor. Das ist in unseren Au- und Brückenbaumaßnahmen sowie sonstigen Tief- gen mehr als fahrlässig! Hier hätte ich mir eigentlich baumaßnahmen: Hier wurden im Jahr 2014 noch gewünscht, dass dort gerade für diesen Punkt 193,502 Millionen angesetzt, so sind im Jahr 2015 Rücklagen gebildet werden statt Rücklagen aufzu- nur 163,184 Millionen geplant. Dies bedeutet klar, lösen. dass hier wohl die Substanz angegriffen werden wird, was nicht gut sein kann. Das Deutsche Institut Eine weitere Kostenfalle sind die Kosten im Bereich für Urbanistik beziffert den Anteil an Brücken, die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern. bundesweit bis zum Jahr 2030 ersetzt werden müs- Dass wir die aufnehmen müssen, ist klar, aber wir sen, auf 10.000. Das entspricht 15 Prozent aller müssen immer schon schauen, wer hier kommt. kommunalen Straßenbrücken. Die Studie, die unter Hier kann nicht mit einer vollständigen Deckung der anderem auch vom Hauptverband der Deutschen Kosten durch den Bund gerechnet werden, was Bauindustrie in Auftrag gegeben wurde, kommt zu Frau Taubert ja auch bereits gegenüber der TLZ dem Ergebnis, dass sich jede zweite Brücke in ei- am 29.04.2015 bestätigte. Auch ist aufgrund der nem schlechten Zustand befindet und dringend sa- ganzen Krisenherde in der ganzen Welt noch nicht niert werden müsste. Bundesweit beläuft sich der mit einer Entspannung, im Gegenteil, eher mit ei- Investitionsbedarf allein für den Ersatzneubau bis nem Anwachsen des Flüchtlingsstroms zu rechnen. 2030 auf 11 Milliarden Euro. In der Region Mittel- Da die Regeln im Asylrecht nicht konsequent ange- deutschland, zu der wir dazugehören, Sachsen, wendet werden, sind Ausgaben zu erwarten, die Sachsen-Anhalt, Thüringen, weist die Hälfte der über den Planungen liegen. Hier müsste dringend kommunalen Straßenbrücken die drei schlechtes- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 827

(Abg. Kießling) ten Zustandsklassen auf. Um den fortschreitenden Ramelow, Ministerpräsident: Werteverzehr zu stoppen, muss der Investitions- Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich dan- rückgang endlich gestoppt werden. Die Investitio- ke für die spannende Debatte. Der erste Haushalt nen in Deutschland sind mittlerweile so gering, ge- von Rot-Rot-Grün nimmt Fahrt auf und es sind eini- ringer als die Abschreibungen. Diese Entwicklung ge erstaunliche Wortmeldungen dabei gewesen. beeinträchtigt die Funktionsfähigkeit der kommuna- Ich danke ausdrücklich Herrn Mohring. Herr len Verkehrsnetze und damit mittelfristig auch den Mohring hat ja eine deutliche Aussage getroffen, Wirtschaftsstandort Deutschland, was auch für un- nämlich dass er davon ausgeht, dass Rot-Rot-Grün seren Standort Thüringen zutrifft. Denn auch die noch viereinhalb Jahre vor sich hat und erfolgreich Zuweisungen an die Kommunen sind rückläufig. So regiert. Danke für das Vertrauen! fordern die kommunalen Spitzenverbände 200 Mil- lionen Euro, um die dringend zu tätigenden Aufga- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ ben zu erfüllen. Ausgehandelt haben Sie mit den DIE GRÜNEN) kommunalen Spitzenvertretern damals 135 Millio- Ich will aber erwähnen, lieber Herr Mohring, als ich nen Euro als Minimallösung. Sie hören zu, Frau noch Opposition vertreten habe und Sie Regierung, Taubert? Ja? haben wir die Reden auch so gehalten, nur mit ver- (Zwischenruf Taubert, Finanzministerin: Ja, teilter Rolle. Ich hatte allerdings noch einen ande- immer gern!) ren Part dabei, also mein Textbaustein war noch mehr auf Steuergerechtigkeit und Steuereinnahmen Immer gern. gerichtet. Das haben Sie heute abgelehnt und ge- Davon sind im Gesetzentwurf nach der letzten sagt, das hat der Bund zu regeln. Ich sage aber, Nachbesserung 103 Millionen Euro geplant. Sie als zum Beispiel Erbschaftsteuer wäre etwas, was end- Regierung behaupten gegenüber der TLZ, Sie wür- lich gerecht geregelt werden müsste, weil dann den den Kommunen 132,4 Millionen als frisches auch die Länder etwas davon hätten. Geld geben, tricksen so noch die bereits zugesag- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ten rund 30 Millionen Euro aus der Vorgängerregie- NEN) rung hinein. In einem Gespräch mit der „Thüringi- schen Landeszeitung“ vom 29.04. spricht die Fi- Aber das setzt dann eine offensive Steuerdebatte in nanzministerin sogar davon, dass 2016 kein fri- ganz Deutschland voraus. sches Geld mehr in die Kassen der Kommunen flie- Lieber Herr Mohring, wir beide waren uns sogar ßen soll. Frau Taubert, wie soll das gehen und wie mal einig, dass wir eigentlich gemeinsam der Bun- wollen Sie bei den kommenden Zusatzbelastungen deskanzlerin einen Brief schreiben wollten. Als Sie verhindern, dass die Kommunen da in Massen in Vorsitzender der CDU-Fraktionsvorsitzendenkonfe- die Pleite rutschen? Das ist die Frage. Darüber soll- renz wurden und ich es zu der Zeit bei uns war, te man stark nachdenken, sich mit den kommuna- hatten wir mal überlegt, ob wir nicht zur Föderalis- len Spitzenverbänden noch mal an den Tisch set- muskommission III eine gemeinsame Initiative er- zen, um hier das Gespräch wieder aufzunehmen. greifen müssten, weil wir der Meinung sind, die Hier sollten andere Einsparmöglichkeiten geprüft Bund-Länder-Beziehungen brauchen eine dringen- werden, wir würden da auch gern mithelfen. Denn de Überarbeitung. Denn es geht nicht, was wir in wie gesagt, auch die Frau Hennig-Wellsow sagte der Föderalismuskommission II erlebt haben, dass gegenüber der TA, was wir nur begrüßen können, nämlich die Schuldenbremse in die Verfassung ge- Personalabbau, da ist es ein bisschen konträr, Per- schrieben wurde – die wollen Sie ja immer. Herr sonalabbau soll jetzt hier nicht unbedingt gerade Seehofer hat sich damals durchgesetzt. Er hatte bei Polizei und Lehrern stattfinden. Das finden wir damals den Ländern am Ende der Föderalismus- gut, da sind wir auf alle Fälle mit dabei. Da können kommission II zugesagt, dass es von Bayern keine wir entsprechend nicht zustimmen, wenn das so Klage gegen den Länderfinanzausgleich gibt, wenn sein sollte, Personalabbau bei Polizei und Lehrern. die Schuldenbremse in das Grundgesetz kommt. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Verabredet, vereinbart, im die Mehrhei- (Beifall AfD) ten dafür dann genutzt und hinterher das Wort ge- brochen, denn Bayern hat sofort die Klage in Karls- Vizepräsidentin Jung: ruhe auf den Weg gebracht. Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt Das ist das Gegenteil von Solidarität. Das ist, sich keine weiteren Wortmeldungen vor. Wünscht die die Vorteile herausnutzen, um aus einem Nehmer- Landesregierung noch einmal das Wort? Minister- land, das ein Geberland geworden ist, hinterher die präsident Ramelow. Solidarität aufzukündigen. Insoweit, lieber Herr Mohring, haben wir alle Gründe – denn Sie haben da so eine Bemerkung gemacht: Der Ministerpräsi- dent sei bei der Bund-Länder-Finanzbeziehung im Moment so unambitioniert. 828 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Ministerpräsident Ramelow) (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ja!) Ich wollte damit einfach nur sagen, ich nehme gern Ihre Hilfe an und wir sollten diesen Weg gern ge- Der Ministerpräsident ist dort genauso ambitioniert meinsam gehen, denn nach 2019 haben wir tat- wie Herr Tillich, der Ihrer Partei angehört, und Herr sächlich ein Delta, das immer größer wird. Wir sind Haseloff, der auch Ihrer Partei angehört, denn wir immer noch bei 54 Prozent der Pro-Kopf-Steuer- haben uns vereinbart: quote in ganz Deutschland, gemessen am Durch- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schnitt. Wir sind bei 72 Prozent der Wirtschaftskraft ganz Deutschlands, das heißt, der Abstand zwi- Alle fünf Bundesländer plus Berlin gehen gemein- schen uns und dem Durchschnitt aller Länder ist sam in der Frage Benachteiligungsausgleich vor. noch zu hoch, das heißt, die deutsche Einheit, die Sie kennen das Papier, es liegt Ihnen vor, wir ha- erreicht worden ist, hat in den letzten 25 Jahren viel ben es auch allen Abgeordneten geschickt, wir ha- Positives auf den Weg gebracht – überhaupt keine ben es auch allen Bundestagsabgeordneten ge- Frage. Aber bei der Steuerkraft sind wir noch lange schickt. Wir haben einfach die Bitte an den CDU- nicht angekommen. Uns dann so zu behandeln, als Parteivorsitzenden Mike Mohring, dass er vielleicht hätten wir eine Steuerkraft wie Bayern, Baden- mal mit seinen CDU-Bundestagsabgeordneten da- Württemberg oder Hessen, das wird nicht funktio- rüber redet, dass Solidarität mit Thüringen bedeu- nieren. Das heißt, dass man uns die Beine zusam- tet, die gleichen Forderungen, die Herr Tillich stellt, menbindet und dann sagt, rennt mal los. Deswegen die Herr Haseloff stellt, auch als Thüringer für Thü- sage ich, lieber Herr Mohring, lassen Sie uns an ringen zu stellen. Das wäre ambitioniert und da der Stelle nicht ideologische Grabenkriege führen, würde ich mich freuen, wenn Sie, lieber Herr wer mehr oder weniger ambitioniert ist. Da brauche Mohring, als Oppositionsführer und als Parteivorsit- ich auch die Unterstützung im CDU-Vorstand und zender uns unterstützen, wenn die fünf neuen Län- auf der obersten CDU-Ebene wie auch bei allen an- der und Berlin eine gemeinsame Tonart anlegen deren Parteizentralen, denn der Länderfinanzaus- gegen den Systemwechsel beim Länderfinanzaus- gleich muss ein solidarischer Länderfinanzaus- gleich – der würde nämlich nur Nordrhein-Westfa- gleich sein, den wir dringend brauchen, damit wir len dienen. Das muss man sich dann wirklich mal unsere Hausaufgaben auch nach 2019 noch ma- genau anschauen. Beim Länderfinanzausgleich soll chen können. Zum Soli gehört die Wahrheit einfach der Umsatzsteuervorwegabzug herausgenommen dazu. Im Soli sind zurzeit 14 Milliarden Euro Ein- werden. Das würde NRW um 1 Milliarde Euro be- nahmen drin. Davon kassiert zurzeit der Bund seit günstigen und uns um 1 Milliarde Euro benachteili- diesem Jahr, seit 1. Januar, mehr als die Hälfte. gen, weil wir keine großen Firmenzentralen haben, Bislang waren es 7 Milliarden Euro, die an die Län- weil bei uns kein großer Umsatzsteuervorwegabzug der gingen, und 7 Milliarden beim Bund. Ab sofort stattfindet, weil das ein Teil unserer Schwäche ist, sinkt der Teil der Länder. Das heißt, wenn 2019 dass wir nach 25 Jahren deutscher Einheit immer noch behauptet wird, der Soli sei für den Benachtei- noch keine gleichmäßige Entwicklung zwischen ligungsausgleich und die teilungsbedingten Sonder- Deutschland Ost und Deutschland West haben, aufgaben, die überwunden werden sollen – da, lie- wenn es um Produktion, um Forschung und um ber Herr Mohring, habe ich Ihnen in den letzten Konzerne und Unternehmen geht, die hier ihren Jahren immer genau zugehört. An der Stelle habe Konzernsitz haben und damit auch zum Steuersys- ich Sie auch nie kritisiert. tem beitragen. (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ging ja (Beifall DIE LINKE) auch nicht!) Auch das gehört zur Wahrheit. Der Benachteili- In der Logik habe ich gesagt, ja, diesen Soli brau- gungsausgleich – lieber Herr Mohring, seien Sie chen wir zur Weiterentwicklung, um die Aufholjagd doch ehrlich: In der Landesregierung von Christine zum Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland Lieberknecht hieß das der Deutschlandfonds. Jetzt endlich kraftvoll starten zu können. Die letzten Me- haben wir ihn den Benachteiligungsausgleich ge- ter sind möglicherweise die schwersten, die, die am nannt. Die Vorarbeiten, mit denen Herr Tillich arbei- meisten Kraft kosten. Wenn dann 2019 der Bund tet, sind in der Amtszeit von Christine Lieberknecht vom Soli 100 Prozent allein vereinnahmt, ist das ein in der Staatskanzlei vorbereitet worden. Ich wende Griff in unsere Taschen. Der Bevölkerung im Wes- sie immer noch an, weil sie einfach richtig waren. ten erzählt man, das sei für den Osten. Nur, der Ich werde mich doch ideologisch und parteipolitisch Osten bekommt es gar nicht. Deswegen, meine Da- jetzt nicht hinstellen und sagen: Alles, was richtig men und Herren, werben wir dafür, dass wir eine war, muss mit einem Federstrich weggewischt wer- Offensive in der Debatte brauchen. Wir müssen den. Aber dass Sie mich dafür „unambitioniert“ nen- den Mut haben, nach draußen zu gehen, und das nen, das finde ich drollig, Herr Mohring, das finde haben die fünf Ministerpräsidenten und der Berliner ich einfach drollig. gemeinsam über alle Parteigrenzen hinweg be- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE schlossen und verabredet; wir lassen uns nicht aus- GRÜNEN) einanderbringen, wir lassen uns auch nicht ausein- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 829

(Ministerpräsident Ramelow) anderkaufen, weder der CDU-Kollege Tillich noch eine Land von Anfang an noch ausgeplündert wor- Haseloff noch die anderen Kollegen von der SPD den ist und das andere viel dazubekommen hat. oder der Linken. Sie haben immer öffentlich kund- Dass wir heute die Mitte-Deutschland-Bahn immer getan, der neue Ministerpräsident wird Thüringen noch nicht zweispurig, zweisystemisch und mit isolieren. Jetzt steht er in der Mitte zwischen Hase- Elektrifizierung ausgestattet haben, hat etwas damit loff, Tillich und allen anderen. Ist das Isolation? zu tun, dass die Sowjets abgebaut haben. In mei- nem Heimatland hat es das alles gegeben und wir (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das haben noch viel dazubekommen. Auch das gehört wurmt den nur!) zur historischen Wahrheit, Ja, kann sein. Ja, denn ich gehöre der blockfreien (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Abteilung an. Gemessen an A- und B-Ländern ha- NEN) be ich den Luxus, mit beiden Seiten ohne Schaum vor dem Maul reden zu können und auch zuzuhö- deswegen sage ich: Unseren Teil der Verantwor- ren, was sie sagen, und darüber nachzudenken, ob tung für diesen Teil würde ich immer gern überneh- es bessere Ideen gibt. men und mich überhaupt nicht davor drücken, dass da viele Menschenrechtsverletzungen mit der deut- (Beifall DIE LINKE) schen Teilung einhergingen und die Grenze tödlich Wenn wir für Thüringen bessere Ideen hinbekom- war und jeder Tote ein Einwohner war, der sein men, bitte ich um Unterstützung, insbesondere Land verlassen wollte. auch von der Union, denn dieses Thema, was ich Also, darüber politisch-historisch zu reden ist rich- gerade angesprochen habe, Länderfinanzausgleich tig, aber den ökonomischen Teil einfach auszublen- und Soli, bekommen wir nur gemeinsam gestemmt. den macht es schwierig. Deswegen, meine sehr Wenn wir uns dort auseinanderdividieren lassen, verehrten Damen und Herren, der Kollege Huster auch hier im Land, auch gegenüber der Öffentlich- hat von keit, dann haben wir verloren. So weit dazu. (Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das waren An Herrn Kowalleck: Lieber Herr Kowalleck, ich ha- …) be Ihnen aufmerksam zugehört. Es hat mir gut ge- fallen. Ich hätte einen Tipp: Nicht nur die Sekundär- – nein, ich wollte es gerade erklären, lieber Egon literatur „Pressespiegel“ lesen. Manchmal ist Pri- Primas – CDU-spezifischen Altlasten gesprochen märliteratur „Haushalt“ besser. und auf die komme ich gern zurück. Wenn Sie mit mir einen Diskurs über die Firma Pilz/LCA und die (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Insolvenz der LCA führen wollen, ich glaube, Sie NEN) wissen, dass ich gut im Thema bin, und ich weiß, Dann weiß man, was tatsächlich im Haushalt drin- wer damals gefingert hat – ich sitze heute in dem steht, und nicht, was andere glauben von Ihnen Haus, in dem damals diejenigen saßen, die gefin- eventuell gehört zu haben. gert haben – und dass das alles heute vom Steuer- zahler zu bezahlen ist. Wenn dann die Frage der Erbschaft von der SED von Ihnen angesprochen worden ist – ja, der Unter- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE schied zwischen DDR und BRD war signifikant, der GRÜNEN) Zustand der Betriebe und der Zustand der Infra- Als ich noch da drüben in der Opposition saß, habe struktur waren signifikant, das will doch keiner leug- ich immer wieder gesagt: Liebe Landesregierung, nen. Dass wir heute gute Straßen und ein verbes- sorgt für Klarheit, sorgt für Wahrheit! Pilz wird uns sertes Infrastruktursystem haben und dass wir auch irgendwann mal um die Ohren fliegen und es wird Krankenhäuser haben und Pflegeeinrichtungen, die uns nicht Herr Pilz um die Ohren fliegen, sondern sich sehen lassen können – ja, vielen Dank, dass die Altlasten, die durch erteilte Bürgschaften ent- sich die deutsche Einheit in 25 Jahren so gut hat standen sind, weil man immer verschleiern wollte, entwickeln können. Dass das Ganze ohne jeden an welchen Fingern die Staatskanzlei am zuständi- Schuss passiert ist, macht mich noch dankbarer, gen Wirtschaftsminister vorbei falsche Entscheidun- dass hier kein Ukraine-Russland-Konflikt aufgetre- gen getroffen hat. Das sind die spezifischen Altlas- ten ist, der hier hätte vor 25 Jahren auch auftreten ten, auf die der Kollege Huster hingewiesen hat. Ich können. Ich bin allen Akteuren dankbar, dass wir ei- danke ihm dafür, denn jetzt müssen wir die 25 Mil- ne friedliche Veränderung unseres Landes hatten. lionen zahlen. Das ist ein Teil der Summen, die zu Aber zur Wahrheit, lieber Herr Kowalleck, gehört der sogenannten Aufblähung führen. Die haben auch dazu: Das Land, aus dem ich komme, ist mit einen ganz konkreten Absender. Sie können von Marshallplan-Geldern gestartet und ist exzellent im mir gern alle Namen hören, denn ich habe alle Ak- Westen eingebunden gewesen, um sich sehr gut ten geprüft, ich weiß, was damals in den Akten ge- entwickeln zu können. Das Land, in dem Sie gelebt standen hat. haben, hat die Reparationszahlungen zahlen müs- sen. Niemand hat darüber reden wollen, dass das 830 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Ministerpräsident Ramelow) (Zwischenruf Abg. Marx, SPD: Das würde ich das Wahlversprechen zum 2004er-Wahlkampf ge- auch gern wissen!) macht und hat gesagt: Das ganze Thema „Trink- wasser“ wird jetzt vom Land gestemmt. 700 Millio- (Zwischenruf Abg. Scherer, CDU: Dann sag’s nen – der Kollege Huster hat darauf hingewiesen – doch!) müssen wir allein aus diesem Trinkwasserverspre- Es gab einen Untersuchungsausschuss, lieber Herr chen stemmen. Es wäre doch schön, wenn wir we- Scherer, der hat das alles bearbeitet. Sie können nigstens gemeinsam mit Ihrer Hilfe eine Änderung es gern nachlesen. Aber es gab einen Namen, der der zugrunde liegenden Gesetze hinbekommen die Finger da immer drin hatte, und der hieß Andre- würden, damit nicht die Trinkwasserzweckverbände as Trautvetter. einfach weiterbauen, einfach weiterplanen, einfach Kläranlagen und Ähnliches immer weiter auf den (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Weg bringen und nicht endabrechnen. Wir können Das war bei Simson, das war bei SAMAG, bei all ja dieses Versprechen zurzeit haushalterisch nicht den Geschichten. Und der zuständige Wirtschafts- mehr schlussabrechnen, weil es als offenes Ver- minister Bohn hat nichts gehabt, Sie erinnern sich, sprechen gestaltet worden ist, und wir brauchten Ih- Herr Scherer, ich wäre ganz zurückhaltend an Ihrer re Hilfe, um es mal zu beenden. Wir hätten gute Stelle. Sie erinnern sich, da hat mal ein Richter zu Lust darauf. Wenn Sie gewillt sind, lassen Sie uns viel telefoniert, als die Staatskanzlei Hausbesuch das machen! Ganz freundlich draufgucken. Das von einem Richter bekam, der Beschlagnahmung Geld, das schon raus ist, das bekommen wir nicht von Akten und Kartons gemacht hat und vorher im wieder. Aber wenigstens könnten wir zukünftige Wirtschaftsministerium war. Und im Wirtschaftsmi- Fehlplanungen gemeinsam reduzieren und da bin nisterium hat man gesagt: Wir haben keine Akten, ich gespannt, ob Sie uns unterstützen. Ich bin auch die zuständigen Akten sind wahrscheinlich alle in gespannt, ob wir über das Thema „Schmalwasser“ der Staatskanzlei. Als der Richter dann dort die ein- eine gemeinsame Perspektive bekommen, denn ir- zige Hausdurchsuchung, die es jemals nach 1945 gendwann muss Schmalwasser bezahlt werden. in einer Staatskanzlei gab, gemacht hat, zu Ihrer 3 Millionen Euro Kosten verursacht Schmalwasser Zeit, in Ihrer Staatskanzlei, hatte die den Namen Jahr für Jahr – wird alles gegen die Rücklagen ge- Pilz. Deswegen einfach so zu tun, als wäre das kei- bucht. Keiner kümmert sich mal darum, wie man ne Altlast, das ist doch albern. Entschuldigung, las- Schmalwasser wieder aktiviert. Ich kann mir vor- sen Sie uns da ganz entspannt sein. stellen, wie man es aktiviert. Dafür werde ich hinter dem Rennsteig, auch von Parteifreunden von Ih- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE nen, dann öffentlich des Wortbruchs bezichtigt. GRÜNEN) (Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, Diesen Teil werden wir bearbeiten und auch aus- DIE LINKE: Richtig!) halten, aber wir lassen uns den von Ihnen nicht vor- halten. Sie sind der falsche Absender. Deswegen Ich sage, lieber Schmalwasser zum Geldverdienen sage ich: Wir haben es im Haushalt jetzt drinste- einsetzen, als Schmalwasser weiter zum Geldver- hen, denn wir müssen es bezahlen. Weitere dieser zehr einfach liegen zu lassen. Besonderheiten hat Kollege Huster auch mit Na- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE men und Hausnummer genannt. Das eine heißt GRÜNEN) Leibis, das andere heißt Schmalwasser – das gan- ze Fernwassersystem, das in Ihrer Amtszeit und Meine Damen und Herren, ganz klare Ansage an Ägide gebaut worden ist. Also haben Sie irgendwie die Bediensteten im öffentlichen Dienst, unsere An- vergessen, dass Leibis am Ende der DDR noch gestellten, unsere Arbeiter, unsere Beamten: Einen nicht gebaut worden war? Das war eine Planung in großen Dank an all die vielen Menschen, die für der DDR. Das sollte im Westen Geld verdienen. Thüringen arbeiten; die Polizisten, die den Kopf hin- Das sollte das Chemiedreieck mit Wasser versor- halten; die Feuerwehrleute, die jeden Tag ihren gen. Und die Kompensation sollte durch westdeut- Dienst machen; die Verwaltung, die sich um Be- sche Devisen kommen. Dann war die DDR weg scheide und das Verwalten kümmert – einfach und Leibis wurde trotzdem gebaut. Ja, und danach einen ganz großen Dank. Dass da ein Tarifvertrag haben wir jetzt das höchste Trinkwasserüberange- abgeschlossen worden ist, der für Kolleginnen und bot in ganz Deutschland – danke schön – und den Kollegen, die dort tätig sind, relativ niedrig er- höchsten Trinkwasserpreis. Danke, CDU! Das ist scheint, die dann auch noch VBL abgezogen krie- eine tolle Hinterlassenschaft. gen, und all diese Dinge, ja, das ist für mich, sagen wir mal, aus meiner Perspektive schmerzhaft. Aus (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE der Perspektive von Heike Taubert das genaue Ge- GRÜNEN) genteil, dann einzukalkulieren, was dieser Tarifver- Meine sehr verehrten Damen und Herren, dasselbe trag endgültig kostet und dass dann die Beamten war das berühmte Wahlversprechen von Dieter Alt- sagen: Wir hätten gern die Übernahme. Aber da haus am 1. Mai. Das jährt sich jetzt. Da hat er dann kommen wir auf ein Problem: Reden wir dann von Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 831

(Ministerpräsident Ramelow) wirkungsgleicher Übernahme, reden wir von zeit- sind lediglich ein Dynamisierungsfaktor auf alle im gleicher Übernahme oder reden wir von inhaltsglei- Faktorenmodell gerechneten Werte, die darauf Ein- cher Übernahme? Denn Beamtenrecht mit An- fluss nehmen, wie die freie Schule abrechnet. Aber gestelltenrecht zu vergleichen, ist Äpfel mit Birnen tatsächlich bekommen die freien Schulen in Sum- zu vergleichen. Der Beamte und der Angestellte me 34 Prozent mehr auf die Summe, die Sie von machen dieselbe gute Arbeit, es gibt keinen Unter- der CDU zu verantworten hatten. Deswegen sage schied zwischen dem, der im Status des Arbeiters, ich: Ja, von der CDU/SPD ist das Gesetz vollzogen also des gewerblichen Arbeitnehmers, des An- worden, wir korrigieren es jetzt. Ja, es gibt eine Dis- gestellten oder des Beamten ist. Das ist nicht der kussion durch die Schulträger, und ja, ich finde es Unterschied. Aber der Unterschied ist, ob ich in ein unangenehm, dass jetzt Schüler zum Demonstrie- staatliches Rentensystem einzahle, das von allen ren geschickt werden, weil ihnen ihre Schulträger Schultern getragen wird, oder ob wir Sondervoraus- sagen, ihre Schule sei unterfinanziert. Die Schüler setzungen schaffen müssen. Dann heißt es immer, können das gar nicht nachkontrollieren, die können das ist die Last, die Pensionslast. Die Schuld mit das gar nicht prüfen. dem Wort schiebt man dem Beamten in die Schu- Meine Damen und Herren, und da nehme ich Sie he. Tatsächlich ist es eine Verantwortung, die wir dann beim Wort, wenn die Frage gleichmäßige Ent- als Pensionsverpflichtung eingehen. Deswegen re- wicklung zwischen staatlichen und nicht staatlichen de ich lieber von der Pensionsverpflichtung. Lieber Schulen abgerechnet wird, wenn der Schulausfall, wäre mir allerdings eine Diskussion über eine allge- der Stundenausfall in den staatlichen Schulen dra- meine Bürgerversicherung, in die alle einzahlen, matisch zunimmt, wenn die Schüler-Lehrer-Relation (Beifall DIE LINKE) sich immer weiter zuungunsten der staatlichen Schulen verschiebt und dann verlangt wird, wir sol- keine Sondersysteme in drei, vier, fünf, sieben ver- len mehr Lehrer einstellen, aber gleichzeitig Perso- schiedenen Geschichten. Dann hätten wir nicht die nal abbauen. Diese Quadratur des Kreises mögen Ausspielerei der Angestellten gegen die Beamten Sie mir bitte mal erklären. Das ist wohlfeil. Das ha- und der Beamten gegen die Angestellten. Das ist ben Sie uns früher immer vorgeworfen, wenn wir genau das Problem. als Opposition so etwas vorgetragen haben. Des- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wegen lasse ich es Ihnen jetzt nicht durchgehen, NEN) weil wir das Spiel 24 Jahre lang andersrum gespielt haben. Jetzt müssen wir tatsächlich den Dingen auf Deswegen werden wir nach dem 5. Mai die Voraus- den Grund gehen und ich lade Sie gern ein, das setzungen schaffen, Kollegin Taubert wird uns die staatliche Schulsystem so umzugestalten, dass die Modelle vorlegen, wie wir den Angestelltenab- Einspareffekte, die notwendig sind, in beiden kom- schluss auf die Beamten übertragen können, und munizierenden Röhren – staatliches Schulsystem, bis zum Ende, wenn die Steuerschätzung vorliegt nicht staatliches Schulsystem – parallel erfolgen. und die Voraussetzungen von uns geklärt sind, Denn es darf keine Unterscheidung für den Schüler werden wir Ihnen allen und den Beamten, die dar- geben, bei dem derjenige, der bei der Staatsschule auf sehnlichst warten, einen qualifizierten Vor- ist, am Ende dadurch schlechtergestellt wird. Auch schlag machen, wie wir das einpreisen. das dürfen Sie nicht zulassen. Aber was nicht geht, ist, immer weiter an der Kos- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE tenschraube, jetzt aus der Opposition, der CDU, zu GRÜNEN) drehen und hinterher schreien: Ihr macht die Schul- den! Das ist paradox. Lieber Herr Mohring, an der Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Her- Stelle werfe ich Ihnen wirklich paradoxes Verhalten ren, wir haben zu Beginn unserer Amtszeit gehört: vor. Die Welt geht unter. Ich habe einmal den Scherz mit den Bananen gemacht. Danach habe ich ihn Beim Thema „freie Schulen“ gehe ich gern darauf nicht mehr gemacht. Herr Mohring, Sie können ihn ein. Sie beginnen mit sage und schreibe 17 Millio- aber auch immer wiederholen. Die Welt ist nicht un- nen Euro Plafond-Erhöhung, nachdem Sie vorher tergegangen. bei der Absenkung mitgearbeitet haben. Und wir haben im Koalitionsvertrag 10 Millionen Euro drin- (Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Noch stehen. 10 Millionen Euro Plafond-Erhöhungen ha- nicht!) ben wir garantiert. Wir starten mit 12 Millionen Euro Ach, es gibt Leute. – Die Welt geht nicht unter, sie Erhöhung als Landesregierung und steigern dann ist nicht untergegangen, meine sehr verehrten Da- von 133,9 Millionen Euro, damit das jeder Zuhörer men und Herren. Sie haben gehofft und Zuschauer mal gehört hat, wir steigern von 133,9 auf 179,2 Millionen Euro im Jahr 2019. Das (Zwischenruf Abg. Heym, CDU) ist eine Steigerung um 34 Prozent. Dass hier ein- – ach, Herr Heym –, Sie haben doch darauf gehofft, fach mit 0,25 abzutun und wegzudiskutieren, das ist dass wir nach zwei Monaten gescheitert sind, das – Entschuldigung – nicht sachgerecht. Die 0,25 haben Sie jedem erzählt. Jetzt sind wir immer noch 832 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Ministerpräsident Ramelow) hier und ich bin dankbar, dass Herr Mohring heute wollen. Wenn Sie dann aber noch sagen, wie der gesagt hat: viereinhalb Jahre Rot-Rot-Grün mit Er- Schuldenberg, den Sie hinterlassen haben, abge- folg voraus. baut wird, dann kämen wir einen Schritt weiter. Also bitte nicht in die Taschen anderer greifen! Wenn (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE man dann schon vom Gürtel-enger-Schnallen re- GRÜNEN) det, sollte man nicht immer dem anderen den Gür- Wir nehmen die Zusammenarbeit an, da, wo wir zu- tel enger schnallen. Wir wollen mit den Menschen sammenarbeiten wollen und können. Wenn wir das tatsächlich diesen Weg des Umbaus gehen. Wir Land umbauen, wenn wir der Gestaltung des Lan- wollen ehrlich darüber reden, auch wenn es mal des, wenn wir der Richtung des Umbaus wirklich Probleme gibt. Dann werden wir auch Probleme öf- sozial verträglich ein Gesicht geben wollen, dann fentlich kommunizieren und wir werden an Stellen, brauchen wir jeden, der da mittut. Denn tatsächlich wo wir uns geirrt haben, dies auch zugeben. Aber – das Beispiel Trinkwasser und Abwasser habe ich ausprobieren wollen wir es, denn Wasser so weiter- gerade aufgeführt, das Beispiel Fernwasser habe laufen zu lassen, die Energieproduktion einfach so ich gerade erwähnt, das Beispiel Schulen habe ich weiterlaufen zu lassen, die Strukturen einfach so gerade benannt –, meine sehr verehrten Damen weiterlaufen zu lassen, den ländlichen Raum nicht und Herren, wir haben eine Verwaltung, die immer zu stärken, das alles einfach zu machen, das wäre noch so aufgebaut ist, dass die verloren gegange- der falsche Weg. In diesem Sinn sage ich Danke an nen 350.000 Einwohner immer noch mitverwaltet die Haushälter, die sich bisher mit dem Haushalt werden könnten. Rein statistisch wären wir in der beschäftigt haben. Ich sage Danke dem Parlament, Lage, sehr effizient mit den Strukturen, die wir ha- dass wir heute die Einbringung beschließen und ben, auch 1 Million Einwohner mehr verwalten zu damit der Haushalt an Fahrt aufnimmt. Wir haben können. Wir hätten dann für 1 Million Einwohner gehört, in diesem Jahr wird es noch zwei weitere pro Kopf den niedrigsten Schuldenstand Deutsch- geben, das heißt, im Jahr 2015 wird das Prinzip lands. Wenn mir jemand sagt, wo wir die 1 Million dreier Haushalte erneut durch das Parlament zu herkriegen, werden wir uns darum kümmern. In der bearbeiten sein. Lieber Herr Mohring, jede Kritik, Zwischenzeit sind wir froh um jeden Menschen, der die Sie an unserem Haushalt hatten, fällt auf Sie hierherkommt. Deswegen brauchen wir eine Will- zurück, denn der Haushalt ist in der Struktur der kommenskultur, damit am Beispiel der Flüchtlinge Haushalt von 2014. Und wer hat ihn erfunden? Wir schon deutlich wird, dass auch derjenige, der als waren es nicht, sondern wir haben geschaut, wie Fachkraft angeworben wird, sich hier nicht unwohl wir mit ihm jetzt eine Vorlage liefern, um die Debat- fühlt. Wir brauchen ein anderes Klima in Thüringen, te zu führen. Den Rest machen wir dann als Dis- damit dieses Land weltoffen ist. kussion in den Ausschüssen. Deswegen sage ich Danke an alle Ministerien, an alle Ministerinnen und (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Minister für die gute Kooperation. Ich sage: Liebe GRÜNEN) Heike Taubert, herzlichen Dank für deine sehr gute Das gilt für die Menschen, die wir hierher einladen Arbeit. wollen, und das gilt für die Menschen, die hier als (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Touristen auch Wertschöpfung hinterlassen und GRÜNEN) sich wohlfühlen und unsere Kultureinrichtungen nutzen. Also alles das, was wir haben, ist der Reichtum dieses Landes. Jeder Mensch, den wir Vizepräsident Höhn: bekommen, ist ein Stück Fortschritt für dieses Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Mir liegt eine Land. Deswegen lassen Sie uns der Veränderung weitere Wortmeldung vor. Jetzt hat das Wort Abge- eine ordentliche Richtung geben. Wir wollen den ordneter Mohring, CDU-Fraktion. Umbau des Landes gestalten. Wir wollen auch mit den Beamtenvertretern darüber reden, wie wir Be- (Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Ge- amtenstellen in Zukunft weiterentwickeln können. kränkte Eitelkeit!) Was nicht geht, ist, 3 Prozent bei den freien Abgeordneter Mohring, CDU: Schulen zu versprechen, sehr geehrter Herr Mohring. 3 Prozent steht in Ihrem Gesetzentwurf. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Diese 3 Prozent hätten anschließend die Kommu- Herren, Ihr Rufen eben zeigt ja das, was wir von nen als Recht auch. Diese 3 Prozent hätten die links kennen, Toleranz ist bei Ihnen nur eine Ein- Theater und Orchesterbeschäftigten auch. Man bahnstraße. Das leben Sie vorzüglich aus und erst kann nicht hingehen und sagen, die einen kriegen recht in Regierungsverantwortung. die 3 Prozent automatisiert per Gesetz – in Italien (Beifall CDU) nannte man das „Scala mobile“. Das wollen Sie ein- führen. Insoweit sind Sie dann eher im sozialisti- (Heiterkeit DIE LINKE) schen Sinn unterwegs, weil Sie die Wohlfahrten des Landes automatisiert übers Land verstreuen Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 833

(Abg. Mohring) Herr Ministerpräsident, ich will gern zu einigen Din- haben für Fehlinvestitionen anderer oder die Ent- gen noch mal Stellung nehmen, damit das für die scheidung aus dem Land von Dieter Althaus und Bücher, für die Zuschauer, für die Öffentlichkeit von uns, wir solidarisieren diese Last und verteilen richtig bleibt. Ich will beginnen mit Wasser/Abwas- sie auf alle Thüringer Steuerzahler, das kostet uns ser und den Sondervermögen. Das haben Vorred- eine Menge Geld, das kostet uns Jahrzehnte Geld, ner von Rot-Rot-Grün schon angesprochen, Sie aber es war die richtige solidarische Entscheidung auch noch mal. Natürlich will ich beginnen mit dem, für dieses Land und für den Frieden in diesem was Herr Kowalleck gesagt hat, weil er recht hat. Land. Deswegen verteidigen wir diese Entschei- Zunächst: Nach dem friedlichen Herbst 1989 und dung, die 2004 getroffen wurde. der Wiederbegründung des Freistaats Thüringen (Beifall CDU) haben wir ein Erbe aus der DDR übernommen. Wir haben ein Erbe von zwei Diktaturen übernommen, Sie wird nicht besser, wenn man sie heute kritisiert die man nicht miteinander vergleichen kann, die – es gab keine andere Lösung. aber hier zeithistorisch nacheinander stehen. Fakt (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: ist, wir haben ein erheblich – und da bleibe ich mal Doch, es gab andere Lösungen!) nur bei Wasser/Abwasser – rückständiges, wasser- verlierendes, umweltbelastendes System von Was- Wenn Sie das heute ablehnen, was im Sonderver- ser/Abwasser in diesem Land übernommen. Es war mögen gemacht wird, dann müssen Sie den Leuten nichts gemacht, es war desaströs, es war das Erbe sagen, dann wird es wieder auf die Beitragszahler der DDR. umgelöst. Dann sagen Sie es den Leuten ehrlich, lehnen Sie das Sondervermögen ab, dann kriegen (Beifall CDU) die Leute ihre Bescheide wieder auf den Küchen- Dann haben in den Aufbaujahren natürlich viele tisch und dann müssen Sie diese Debatte führen. vermeintlich klug beratend und offensichtlich auch Wir wollen das nicht, wir sind für die solidarische, viele Geld verdienend die kommunalen Abwasser- weil gerechtere Lösung an dieser Stelle. anlagen geplant und aufgeschrieben und bauen (Beifall CDU) lassen, die zu erheblichen Milliardenbelastungen geführt haben. Die großen Verbände wurden zer- (Unruhe DIE LINKE) schlagen, es wurden kleine dezentrale Verbände Erster Punkt! Zweiter Punkt: Kommunalfinanzen, gemacht, weil jeder gemeint hat, er packt jetzt damit das nicht falsch hängenbleibt. Nicht wir ha- selbst an und will es besser machen als das, was ben versprochen im Wahlkampf, dass die Kommu- ihm hinterlassen wurde. Es gab diese ominöse ab- nen 100 Millionen Euro – und noch mehr dann am wassertechnische Zielplanung, die viel verursacht Ende beim Innenminister ohne Prokura von Ihnen hat von dem, was wir heute auch gemeinsam aus- vorgeschickt –, 135 Millionen Euro frisches Geld baden müssen. bekommen. Das finden Sie nicht in unserem Wahl- Aber mit Blick auf das, was dann 14 Jahre später programm, weil wir gesagt haben, man kann sich eine Landesregierung in Thüringen unter der Füh- das nicht leisten. Mit den Zukunftsherausforderun- rung von Dieter Althaus im Jahr 2004 gemacht hat gen, die dieses Land hat, ist es schwierig, so etwas – und darauf will ich zu sprechen kommen und da zu versprechen. Aber Sie müssen sich als Koalition finde ich es verhöhnend, was Sie heute so im anrechnen lassen, wenn Sie vor die Kommunen Nachhinein betrachtend sagen –, Folgendes: Die treten und versprechen den Kommunen 135 Millio- Investitionen waren getätigt durch Entscheidungs- nen Euro frisches Geld, dann müssen Sie liefern träger vor Ort, durch Berater von außen und es gab und dann werden wir das für die Kommunen hier im genau zwei Varianten für eine Landesregierung im Landtag thematisieren und einfordern. Sie stehen Jahr 2004, nach Protesten von Hunderttausenden im Wort! Sie begehen Wortbruch! Wir machen das Thüringern, wie wir es nicht mehr erlebt haben seit hier zum Thema. So läuft das Geschäft. dem Herbst 1989. Es gab genau zwei Wege: Ent- (Beifall CDU, AfD) weder werden diese Belastungen, die schon getä- tigt wurden, solidarisiert aus dem Steuerhaushalt (Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- des Landes oder sie werden den einzelnen Betrof- NEN) fenen auf ihren Küchentisch durch Abwasserbe- (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE scheide präsentiert. Deswegen sind die Menschen GRÜNEN: Wer hat den KFA beschlossen?) auf die Straße gegangen, weil sie Angst hatten vor ihrer Zukunft und Angst hatten um ihr Eigentum. Und deshalb gilt doch ganz klar, das ist doch ganz Den Abwasserbescheid zum Teil von 60.000 Euro selbstverständlich: Vorher denken und dann ver- auf dem Küchentisch liegen zu sprechen! Aber dann gilt hinterher auch, das einzu- halten, Herr Adams. Dann messen wir Sie bei je- (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE dem Wort, was Sie vorher gemacht haben, und GRÜNEN: Die haben Sie doch verschickt!) auch wenn Sie es nicht gern hören: Jeden Wort- (Unruhe CDU) bruch von Ihnen werden wir hier zum Thema ma- 834 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Mohring) chen, sei es bei den freien Schulen, sei es bei den ziehung. Natürlich gilt auch eines zunächst vorweg falschen Versprechen zur Erstaufnahmeeinrich- noch einmal genommen: Jedes Bundesland steht tung, für sich selbst, und wenn die Freunde in Berlin se- hen und gucken auf die Haushaltsbetrachtung hier (Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: in Thüringen und sehen, das Land lässt nach bei Was für ein Schwachsinn!) der Pro-Kopf-Verschuldung, das Land lässt nach sei es bei den Kommunalfinanzen, sei es bei der bei der Steuerdeckungsquote, das Haushaltsvolu- Schuldentilgung, sei es beim verspätet vorgelegten men steigt, die Finanzierungsdefizite werden grö- Haushalt, sei es bei anderen Themen, die noch ßer, die Rücklagen werden verbraucht in dieser kommen werden. Wir lassen Ihnen keinen Ihrer Zeit, dann machen die sich natürlich ihre Sorgen Wortbrüche hier in diesem Parlament durchgehen! und speisen das in ihre Verhandlungsangebote mit Definitiv! ein, weil sie natürlich eines sagen: Wenn wir den Ländern helfen, damit sie auf eigenen Beinen ste- (Beifall CDU) hen können, dann erwarten wir und wir übrigens (Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) auch, dass jedes Bundesland seine Hausaufgaben macht. Wer aber den Konsolidierungspfad verlässt, Ich weiß ja, dass es Ihnen schwerfällt, aber ich will kann nicht erwarten, dass das, was er nicht konsoli- es Ihnen erklären. Die eigenen Landeszuweisun- diert und an Defiziten vorlegt, der Bund ausfinan- gen aus dem Haushalt 2014 und die reinen Lan- ziert. So läuft das solidarische Geschäft auch zwi- deszuweisungen im Haushalt 2015 – trotz zwei ver- schen Bund und Ländern definitiv nicht. geblicher Korrekturversuche von Ihnen, wir erleben heute Nachmittag noch einen weiteren, sinken die (Beifall CDU) Landeszuweisungen in die kommunalen Kassen, Deswegen müssen Sie Ihre Hausaufgaben ma- die reinen Landeszuweisungen, das wird Ihnen je- chen, deswegen helfen wir Ihnen, wenn es um die der Haushälter bestätigen können, um immerhin Interessen Thüringens geht, aber deswegen muss trotzdem noch 26 Millionen Euro im Jahr 2015 ge- man natürlich auch schauen: Was hat Schäuble genüber 2014. Und 26 Millionen Euro Minus ist weit jetzt vorgelegt? Was haben die ostdeutschen Län- weg von Ihren versprochenen 135 Millionen Euro der gemeinsam vorgelegt? Wo gibt es da große Di- Plus. Es fällt Rot-Rot-Grün schwer, richtig zu rech- vergenzen? Wo gibt es auch Übereinstimmung? Da nen, aber wir sagen es Ihnen, ein Minus von 26 ist muss man das der Reihe nach abschälen. Deswe- kein Plus von 135. Das ist Wortbruch, was Sie be- gen geht so eine Bund-Länder-Finanzbeziehung gangen haben! halt nicht am Kamin an einem Abend und dann ist (Beifall CDU, AfD) alles erledigt, weil ja dauernd auch die neuen Minis- terpräsidenten sich erst einmal erklären lassen Und es wird nicht besser, wenn Sie das Engage- müssen, was sie da eigentlich verhandeln. Das ist ment des Bundes von Schwarz und Rot in Berlin, auch kein Vorwurf, das ist ein kompliziertes Ge- was auch Thüringen betrifft, hier mit einrechnen flecht, aber es spielt eine Rolle und und damit Ihre Leistung an die kommunale Familie kaschieren wollen. Es ist gut, dass der Bund uns (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE hilft, es ist richtig, dass der Bund uns hilft, es ist GRÜNEN: Sie wissen Bescheid!) zum Teil auch notwendig, dass er uns hilft, denn da ist es ganz entscheidend, ein Erfolg ist bei wer auf Bundesebene bestimmte Sozialgesetze auf Schäuble erzielt. Ich mache das wirklich ganz lang- den Weg bringt, der muss uns dann bei den Kosten sam, damit man das auch auseinanderdividiert, und der Eingliederungshilfe und Kosten der Unterkunft Sie haben das in verschiedenen Stellungnahmen helfen. Das ist selbstredend, das ist das Konnexi- auch schon gemacht, aber hier nicht so zum Aus- tätsprinzip, so steht es in unserem Grundgesetz. druck gebracht: Dass künftig die kommunale Steu- Und dass wir das eingefordert haben, dass unsere erkraft zu 100 Prozent angerechnet wird in den Kollegen mitgeholfen haben, auch die von der SPD, Bund-Länder-Finanzbeziehungen, ist für sich ge- in der Koalition, dass der Bund das an dieser Stelle nommen, dieser einzelne Fakt, ein Erfolg. Es waren umsetzt, ist folgerichtig, ist konsequent, hat aber die ostdeutschen Länder, die jetzt fast ein Jahr- mit Ihrem rot-rot-grünen Regierungshandeln bei zehnt darauf gedrängt haben, dass die unterpropor- Weitem und – noch besser gesagt – gar nichts zu tionale Steuerkraft der ostdeutschen Kommunen tun. Das muss man trennen. Der Bund hilft uns. Sie Berücksichtigung findet. Dieser Fakt ist für sich al- lassen die Kommunen im Stich. lein genommen, singulär, zunächst ein Erfolg. Des- (Beifall CDU) wegen teile ich nicht, wenn unsere Landesregie- rung im Brief an die ostdeutschen und Thüringer (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE Bundestagsabgeordneten dann schreibt: Wir leh- GRÜNEN: Sie erzählen einen Quark!) nen komplett dieses Schäuble-Paket ab. – Das Und dann will ich zu dem dritten Punkt noch etwas mag Verhandlungstaktik sein, ist an diesem Punkt sagen, nämlich zu dem der Bund-Länder-Finanzbe- aber falsch. Darüber reden muss man, was passiert Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 835

(Abg. Mohring) mit dem Umsatzsteuervorausgleich tatsächlich im er Mensch wärst bei den Linken, würdest du noch Volumen von knapp 8 Milliarden Euro, was bisher viel öfter zustimmen. immer aufgeteilt wurde, bevor sie die Verrech- (Beifall CDU) nungsmechanismen umgehen – das ist jetzt kom- pliziert, das will ich nicht alles erklären –, aber wur- (Heiterkeit DIE LINKE) de vorher so verteilt: 75 Prozent nach Einwohnern Aber man muss halt auch darüber reden: Wann und 25 Prozent auch nach Finanzschwäche. Jetzt kommt man zum Ergebnis bei den Verhandlungen? sagen die in Berlin, wir schaffen diesen Umsatz- Seit Jahren reden wir hier davon – ich mache das steuervorabausgleich komplett ab, dass diese auch oft, aber andere natürlich auch –, reden wir 8 Milliarden Euro gar nicht vorher verteilt werden, davon, erst einmal verstehen müssen, Solizuschlag und sie finden hinterher statt, nach den Ausgleichs- bei den Leuten, Zufluss in den Bundeshaushalt hat mechanismen, und dann mit dem Thema, dass mit dem Solidarpakt II zunächst überhaupt nichts zu 100 Prozent auf die Einwohner, das System, ange- tun, außer dass der Wortstamm gleich ist. Es gibt wandt wird. Da müssen wir gemeinsam diskutieren viele Berichterstatter, die scheitern schon daran, in Berlin, weil das Länder benachteiligt, die eine ne- das auseinanderzuhalten. gative Bevölkerungsentwicklung haben. Das trifft nicht nur ostdeutsche, trifft aber auch uns. Wir fin- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ein den, ein Punkt muss in den Bund-Länder-Finanzbe- Glück, dass wir Sie haben!) ziehungen in der Zukunft verhandelt werden, das Aber so ist es schwieriger. ist, dass ein Demografiefaktor eine Rolle spielt – das hat die Vorgängerlandesregierung auch schon Entscheidend ist Folgendes: Jetzt, außer das So- angemerkt und müssen wir jetzt auch noch einmal lidarzuschlagsvolumen 15 Milliarden Euro dieses anmerken –, sonst benachteiligt uns das System Jahr – manche prognostizierten in der Zukunft bis natürlich auf Dauer. Da rede ich gar nicht über die 18, 19 Milliarden Euro –, das fließt in den Bundes- Umsatzsteuerverteilung, sondern zunächst nur da- haushalt. Früher war das fast identisch mit dem Zu- rüber, wenn sie gekoppelt ist an die Einwohnerent- fluss an den Solidarpaktmitteln im Osten, jetzt wird wicklung. Das bevorteilt die einwohnerstarken Län- es immer weniger. Herr Ministerpräsident hat es der und benachteiligt deutlich die einwohnerschwä- gerade beschrieben. Aber das hat logisch erst ein- cheren Länder. mal nichts miteinander zu tun. Was aber faktisch ist, ist natürlich auch klar: Nicht nur im Thüringer Das ist ein Thema, über das man reden muss. Na- Landtag sitzen Ausgabepolitiker, die sitzen auch im türlich muss man auch reden, wenn der Umsatz- Deutschen Bundestag. Und natürlich, in jedem steuerausgleich nur noch nachträglich stattfindet Jahr, wo die Bund-Länder-Finanzbeziehungen nicht und dann auch noch gedeckelt wird, dann benach- für die Zeit auf 2020 neu geordnet werden, wird der teiligt das uns tatsächlich an der Stelle, nämlich so Anteil dessen, was aus dem Solizuschlag in den lange, wie im Steuerrecht nach wie vor die Steuer- Bundeshaushalt zufließt und an freier Finanzmasse ströme so fließen, dass bei der Muttergesellschaft zur Verfügung steht, weil es nicht für den Aufbau die Steuern hinfließen und nicht dorthin, wo produ- Ost abgezogen werden muss, wird dieses Volumen ziert wird. Deswegen kann man natürlich ein Bund- immer größer und kann verausgabt werden. Wenn Länder-Finanzsystem entwickeln, wo der Umsatz- man erst zum Ergebnis kommen würde, weil die steuerausgleich im Nachgang stattfindet. Das ist Verhandlungen scheitern und erst 2018 vielleicht gar nicht das Problem, wenn man gleichzeitig im zum Ergebnis kommen, dann ist es tatsächlich so, Steuerrecht die Frage der Zerlegung und wo es zu- dass dann die prognostizierten 18 Milliarden Euro fließt, wo auch produziert wird, mitregelt. Deswegen aus dem Solizuschlag komplett beim Bundesfinanz- muss man darüber verhandeln. So, wie es jetzt vor- minister sind und dann natürlich dort auch schon in gelegt ist, reicht es nicht aus, benachteiligt es uns allen Mittelfristigen Finanzplanungen verbraucht auf Dauer sogar, weil natürlich dann immer so klar und verplant sind. Deswegen muss man jetzt zum ist, dass bei konjunkturell guten Phasen uns die rei- Ergebnis kommen, damit man jetzt im Bund daran chen Länder mit den Umsatzsteueranteilen vorweg- erinnern kann: Das, was in den Aufkommen zu- laufen und wir gar nicht mehr aufholen können, fließt, kann man auch einsetzen für die Zeit der Fi- selbst wenn nach unten hin eine Grenze eingezo- nanzbeziehungstransfers im nächsten Jahrzehnt. gen ist. In schwachen Jahren sind wir geschützt, Das ist ganz entscheidend und wichtig, dass man aber in starken Jahren laufen uns die starken Län- das sieht. der davon. Das wäre das Ergebnis dieses Systems. Deswegen muss man darüber reden. Aber dass man als Ostdeutscher jetzt die Finanzsi- tuation vom 2020er-Jahr mit 2014 vergleicht und in (Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Das den Stellungnahmen unserer Landesregierung stimmt. Das ist das Erste, dem ich zustim- schreibt, dass uns das dann im Vergleich – so me!) stand es heute noch mal drin, ich habe nachgele- Mindestens bei dem Punkt stimmst du mir zu. Es ist sen – um 664 Millionen Euro gegenüber 2014 be- eigentlich noch mehr; wenn du dürftest und ein frei- nachteiligen würde, das greift natürlich viel zu kurz, 836 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Mohring) denn die Solidarverträge, die wir auch mitmachen Für die Wahrheit, liebe Freunde der SPD, der Thü- als Thüringer, die müssen wir uns auch anhalten ringer Sozialdemokratie: Die Wahrheit wollen wir lassen, auch wenn es uns schwerfällt und auch doch mal nicht verstecken. Im Jahr 2014 für 2015 wenn es 15 Jahre nach den Vereinbarungen ist. Je- haben die Ressorts, alle Ressorts, aber insbeson- dem verantwortlichen Politiker in Deutschland und dere haben sich sozialdemokratische Ressortminis- in Ostdeutschland muss klar sein: Der Solidarpakt II ter nicht lumpen lassen, 900 Millionen Euro mehr läuft aus und er ist degressiv und es fällt uns angemeldet und für 2016 800 Millionen Euro mehr schwer und es ist genau das, was wir immer mei- angemeldet. Das kann man alles nachlesen, ich ha- nen, wenn wir sagen: Dieser Haushalt kapituliert be das auch gerade noch mal getan, das steht alles vor den Herausforderungen der Zukunft, weil er schwarz auf weiß da. eben keine Vorsorge trifft, was ist, wenn das Soli- Der Unterschied ist nur: Wenn es nach Wolfgang darsystem ausgelaufen ist. Aber dass es degressiv Voß gegangen wäre, hätten auch noch im Herbst vereinbart ist, ist ganz klar. Jetzt kommt es nur dar- des Jahres 2014 Chefgespräche stattgefunden und auf an. Jedes Jahr gehen die Schritte um 100 Mil- dann hätten wir einen fertig ausverhandelten Haus- lionen Euro zurück. Das war allen klar, die Finanz- halt für 2015 auf den Weg bringen können. Es war politik in diesem Land machen, dass das definitiv aber eure Strategie bei der Sozialdemokratie in so sein wird. Und es ist unredlich, sich in 2014 mit Thüringen mit Blick auf mögliche rot-rot-grüne den SoBEZ zu vergleichen im Jahr 2020, wo die Bündnisse, keine Vorfestlegung haushalterischer SoBEZ nicht zur Verfügung stehen, weil wir eigent- Art zu treffen. Es gab einen Minister – ich will ihn lich am Ende des Solidarsystems stehen wollen, jetzt nicht nennen, aber er war ziemlich frisch im dass wir mit den Einnahmen und Ausgaben selbst- Amt –, der war bereit zu Chefgesprächen. Der wur- bewusst auf eigenen Füßen stehen können, eben de aber von seinen sozialdemokratischen Ressort- das war ja das Ziel, dass teilungsbedingte Lasten kollegen zurückgepfiffen und es wurde gesagt: kei- beseitigt sind. Wenn man merkt, es dauert länger – ne Chefgespräche der SPD mit dem Finanzminis- deswegen haben Christine Lieberknecht und Wolf- ter, keine Vorfestlegung auf 2015. Aber sich heute gang Voß den „Deutschlandfonds“ vorgeschlagen, hier im Landtag hinzustellen und zu sagen: „Wir ha- andere stellen andere Modelle vor –, muss man ben einen unvorgefertigten Haushalt von Voß vor- schauen: Wie stellt man sich ab 2020 auf und wel- gefunden für 2015 und deshalb legen wir erst im ches Referenzjahr nimmt man? Da erwarte ich von Sommer den Haushalt vor“, das ist unredlich und unserer Landesregierung, dass als Referenzjahr das muss Ihnen hier deutlich gesagt werden. natürlich über 2019 geredet wird und nicht über 2020, weil da die letzte Stufe des Solidarpakts auch (Beifall CDU) noch mal wirkt, bevor wir von 300 Millionen auf null Meine Damen und Herren, ganz zum Schluss, weil springen. Und da ist ganz entscheidend, dieses es noch keiner beantragt hat: Wir beantragen natür- Wort auch beim Bund so zu machen: Wir wollen lich, dass der Haushalt im Haushalts- und Finanz- nicht bessergestellt werden als im Rahmen der So- ausschuss beraten wird und wir dort dann auch in lidarpaktmittel jetzt 2014 im Vergleich zu 2020. Wir den nächsten fünf Wochen, die Sie uns in dieser wollen aber nicht schlechtergestellt werden gegen- Schmalspurversion zugestehen, auch darüber re- über 2019, das muss unser Verhandlungsziel sein. den. Ich hoffe, Sie stehen zur Verfügung für alle Wir wollen mindestens die letzte Stufe des Solidar- Beratungen, die im Haushaltsausschuss anstehen, systems für die Zukunft auf Dauer gesichert haben, und Rede und Antwort für alle Fragen, die wir ha- weil wir darauf dann auch aufbauen und selbststän- ben. Und natürlich werden wir unsere Markierungen dig stehen können. für den Haushalt 2015 hier vorlegen. Aber im Ge- Solange Sie das so machen, sind wir gern bei den schäft bleibt das ganz klar: Zunächst legt die Regie- Verhandlungen dabei, auch ich persönlich, auch mit rung einen ausgeglichenen Haushalt vor. Zunächst all den Möglichkeiten, die wir vielleicht auf Unions- reagiert die Regierung auf das, was für uns global seite haben. Aber die Konsequenz, die schält sich und auch lokal sozusagen an Erwartungsrahmen nur ab, wenn man zunächst seine eigenen Haus- da ist. Und in dem Rahmen hat auch die Opposition aufgaben macht. Und das muss dieser Haushalt die Möglichkeit, in diesem knappen Zeitraum von leisten und da muss man auch schauen: Wurde ein fünf Wochen, eigene Vorschläge zu machen. Natür- Defizit ausgewiesen? Wo steigt das Ausgabevolu- lich debattieren wir darüber, aber unser Blick geht men? Wo gibt es keine Konsolidierungsmaßstäbe? auch schon zum Doppelhaushalt 2016/17. Ich hof- Und das ist der Punkt, über den man reden muss. fe, Ihr Blick geht auch dahin, Da meine ich schon – das haben einige SPD-Red- (Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS ner auch gesagt: Die Hausaufgaben der letzten 90/DIE GRÜNEN: Natürlich!) Landesregierung waren gemacht. Wolfgang Voß hat ein Haushaltsaufstellungsverfahren auf den weil es notwendig ist, dass rechtzeitig ein Haushalt Weg gebracht, hat die Ressorts aufgefordert, ihre vorliegt, damit wir nicht wie in diesem Jahr 2015 Mittel anzumelden, um anschließend in Chefge- erst im Sommer mit Haushalt beginnen können, spräche zu gehen. sondern wissen, es geht ab 2016 los mit einem Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 837

(Abg. Mohring) neuen Haushalt, der hoffentlich alle Zukunftserwar- in Anspruch genommen werden, die sogenannten tungen erfüllt, der hoffentlich Thüringen nicht weiter Überkapazitäten. Denn ich darf daran erinnern, im zurückwirft und der hoffentlich auch markiert, Sie Abwasserbereich werden sozusagen privilegiert sind im Amt, aber ich will das noch mal präzisieren, Durchschnittsgrundstücke gebildet und die Hinzu- falls es in Ihren Ohren nicht richtig angekommen rechnung erfolgt nur dann, wenn eine bauliche Nut- ist, maximal viereinhalb Jahre und dann ist Schluss zung erfolgt. Unbebaute, aber bebaubare Grund- mit diesem Budenzauber, dann wird wieder ordent- stücke bleiben bis zum Zeitpunkt beitragsfrei und, lich gearbeitet in diesem Land. Vielen Dank. wie gesagt, es wird nur die Ist-Bebauung zugrunde gelegt. Das hat dazu geführt, dass zwischenzeitlich (Heiterkeit im Hause) 300 Millionen Abwasserbeiträge dauerhaft zinsfrei (Beifall CDU) gestundet werden müssen, weil dafür zwar die An- lagen da sind, aber nicht das Abwasser. Was das Vizepräsident Höhn: mit der DDR zu tun hat, das erschließt sich mir bis- her nicht. Aber, Herr Mohring, ich gebe auch Ihnen Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. Ich erteile die Möglichkeit, mich davon zu überzeugen. Im Ge- das Wort dem Abgeordneten Kuschel, Fraktion Die gensatz zu Ihnen bin ich kein Dogmatiker. Das ha- Linke. ben die letzten zehn Jahre ja bewiesen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Was- Abgeordneter Kuschel, DIE LINKE: serbereich haben wir ja die Wasserbeiträge abge- Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und schafft. Aber auch das hatte nichts mit der DDR zu Herren, Herr Fiedler hat gestern schon gefragt, tun, denn zum Zeitpunkt der Abschaffung hatten wann ich einsteige. Das war jetzt noch gar nicht ge- von den 103 Aufgabenträgern der Wasserversor- plant, gung nur 43 Wasserbeiträge. Das heißt, zu dem Zeitpunkt hat schon mehr als die Hälfte der Aufga- (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Ist auch nicht benträger alles über die Gebühren finanziert. Und nötig!) das waren übrigens die, die nicht die höchsten Ge- (Heiterkeit CDU) bühren hatten, sondern es gab nämlich den Effekt, wenn man alles über die Gebühr refinanziere, dann aber nach den vielen Un- und Halbwahrheiten des überlege der Aufgabenträger jede Investition, weil CDU-Fraktionsvorsitzenden macht sich doch hier jede Investition sofort auf die Gebühr durchschlägt. schon an dieser Stelle ein Redebeitrag von mir er- Besteht aber das Instrument der Beiträge unabhän- forderlich. gig von der Inanspruchnahme, dann ist das ein Ein- (Beifall DIE LINKE) laden zum Investieren, koste es, was es wolle. Und das müssen wir jetzt gegenfinanzieren. Damals ha- Herr Mohring hat gesagt, er redet für die Geschich- ben wir in zähen Verhandlungen mit den Bürger- te und für die jetzige Öffentlichkeit und insofern ist initiativen ein Finanzierungsmodell auf den Weg ge- einfach eine sachliche Richtigstellung und Klarstel- bracht und vorgeschlagen, was Sie abgelehnt ha- lung an dieser Stelle geboten. Wir haben dann ben. Sie haben das Finanzierungsmodell genom- noch ausreichend Zeit, in den Haushaltsdebatten men, das nichts anderes ist als ein Förderpro- im Ausschuss die eine oder andere Frage zu erör- gramm für Banken, denn wegen 600 Millionen Euro tern. Herr Mohring, Sie haben auf das Sonderver- zurückgezahlter und dauerhaft gestundeter Beiträ- mögen Wasser/Abwasser verwiesen und die Altlas- ge bezahlen wir über die gesamte Laufzeit letztlich ten aus DDR-Zeiten als Ursache für den Investiti- 1,5 Milliarden Euro. Der Rest sind nur Zinsen. Also onsaufwand benannt. Das ist unstrittig. Das haben wegen 600 Millionen bezahlen wir wir nie infrage gestellt. Was wir infrage gestellt ha- 1,5 Milliarden Euro. ben, ist die Art und Weise der Investitionen und die gewählten technischen Systeme. Das hat im Ab- Wir hatten mit den Bürgerinitiativen ein Verrech- wasserbereich dazu geführt, dass wir bisher, ge- nungsmodell vereinbart, dass wir gesagt haben, wir messen an den Pro-Kopf-Investitionen, in Thürin- führen zwei Gebühren ein – für die, die Beiträge be- gen doppelt so viel in abwassertechnische Anlagen zahlt haben, und für die, die noch keine bezahlt ha- investiert haben als andere neue Bundesländer. ben – und verrechnen das über einen Zeitraum von Und trotzdem haben wir den geringsten Anschluss- 20 bis 25 Jahren. Das hätte dazu geführt, dass wir grad. Wir haben noch 280.000 Grundstücke in Thü- den Landeshaushalt im Jahr nicht mit 33 Millionen ringen, die nicht an eine öffentliche Abwasseranla- durchschnittlich belasten, sondern nur mit 5 Millio- ge angeschlossen sind. Und das war unsere Kritik, nen. Das wären nur die Korrekturbeträge für die Bi- also die Art und Weise, wie in Thüringen investiert lanz gewesen. Das haben Sie abgelehnt. Dann er- wurde. Dieses Sondervermögen oder der Paradig- zählen Sie hier, das hätte alles irgendwas mit DDR menwechsel 2004 zum 01.01.2005 betraf dann üb- zu tun. Nein, das war Ihr Versagen, Ihr wirtschaftli- rigens nicht die gesamten abwassertechnischen ches und finanzpolitisches Versagen. Anlagen, sondern nur die, die gegenwärtig gar nicht 838 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Kuschel) (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- als auch die Belange des Landes, meine sehr ge- NEN) ehrten Damen und Herren. Danke. Andere Beispiele sind hier letztlich genannt worden. (Beifall DIE LINKE) Jetzt schüren Sie Ängste, indem Sie behaupten, wer dieses Finanzdesaster, was Sie veranlasst ha- Vizepräsident Höhn: ben, kritisiert, will zurück zur Beitragsfinanzierung. Das wollen wir nicht, aber wir wollen noch mal in Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus Ruhe darüber debattieren, ob wir das jetzige Sys- den Reihen der Abgeordneten vor. Aus der Regie- tem umstellen können, tatsächlich hin zu einem rungsbank sehe ich auch kein Signal. Damit schlie- Verrechnungssystem. Wir halten die Beiträge im ße ich die Aussprache. Wasser- und Abwasser- und auch im Straßenaus- Es ist Ausschussüberweisung beantragt. Ich gehe baubereich für nicht mehr zeitgemäß. Das ist ein mit Ihrem Einverständnis, verehrte Abgeordnete, Modell aus dem 19. Jahrhundert. Damit sind Pro- davon aus, dass das die Punkte 5 a, b und c um- bleme des 21. Jahrhunderts nicht zu lösen. fasst, also die Vorlagen in den Drucksachen 6/513, (Beifall DIE LINKE) 6/514 und 6/515. Dann würde ich jetzt in dieser Ge- samtheit darüber abstimmen lassen. Wer der Über- Zu Ihren Auslassungen hinsichtlich der Kommunal- weisung der eben genannten Vorlagen an den finanzen, da will ich nur auf einige Fakten verwei- Haushalts- und Finanzausschuss zustimmt, den bit- sen. Die CDU hat in der Vergangenheit mit Luftbu- te ich um sein Handzeichen. Danke schön. Gegen- chungen gearbeitet, die wir jetzt ausfüllen müssen. stimmen? Stimmenthaltungen? Sehe ich nicht. Sie haben im vergangenen Jahr den Kommunen für 2015 30 Millionen Bedarfszuweisungen verspro- Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt. chen – zusätzlich –, haben sie aber nicht finanziert. Wir treten jetzt in eine 30-minütige Mittagspause Das müssen wir finanzieren, die kommen zu den ein und setzen dann mit der Fragestunde fort. Nur 102 Millionen Euro hinzu. Sie haben im Finanzaus- noch als Hinweis: Die Fragestunde umfasst diesmal gleichssystem geregelt, dass jede Bundeszuwei- zwei Zeitstunden. Guten Appetit! sung und jeder Euro Steuermehreinnahmen mit Meine Damen und Herren, wir setzen die Sitzung den Landeszuweisungen verrechnet wird. Das ha- fort. ben Sie geregelt. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15 Wir machen mit dieser Art von Politik Schluss. Zum ersten Mal lassen wir die Bundeszuweisungen und die Steuermehreinnahmen im kommunalen Be- Fragestunde reich. Das ist kein frisches Geld, gehört aber zur Nur noch der Hinweis ganz zu Beginn, dass wir Wahrheit dazu, weil es dazu führt, dass die Kom- diesmal nicht nur eine, sondern zwei Zeitstunden munen letztlich mehr Geld haben – zumindest mehr für diesen Tagesordnungspunkt verwenden. Geld, als wenn wir Ihr System einfach fortgeführt hätten. Jetzt fordern Sie noch mehr frisches Geld. Die erste Frage in der Drucksache 6/410 – Herr Ab- Damit sind wir ja einverstanden, wir haben das geordneter Wirkner, CDU-Fraktion. Ich kann ihn schon beim Kommunalpaket – das behandeln wir ja aber nicht entdecken. Da kommt er. Herr Wirkner, heute noch – debattiert. Da haben wir die CDU auf- Sie dürfen. gefordert zu sagen, wo dieses Geld herkommen soll. Abgeordneter Wirkner, CDU: Sie kritisieren, dass bei den geplanten Steuerein- Ich bitte um Entschuldigung. Ich stelle folgende nahmen 40 Millionen mehr drin sind als nach der Frage an die Landesregierung: Steuerprognose November 2014. Also scheidet das aus Ihrer Sicht als Finanzierungsquelle aus. Eine Finanzierung des Theaters in Rudolstadt weitere Entnahme aus der Rücklage bewerten Sie Bisher wird das Theater mit den Sparten als unseriös – scheidet also aus. Eine Nettokredit- Schauspiel und Orchester mit mindestens 6,57 Mil- aufnahme ist aus Ihrer Sicht unseriös – scheidet lionen Euro jährlich bezuschusst. Davon finanziert aus. Dann machen Sie bitte einen Vorschlag – dar- der Freistaat Thüringen bisher 2,4 Millionen Euro auf warten wir. jährlich, der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt 2,07 Mil- Zum Kommunalpaket haben Sie nicht einen Vor- lionen Euro jährlich, die Stadt Rudolstadt 1,6 Millio- schlag gemacht, wie das zu finanzieren ist. Dann nen Euro jährlich, die Stadt Saalfeld 0,5 Millio- können wir darüber debattieren. Wir haben aus un- nen Euro jährlich. Fraglich ist die Weiterfinanzie- serer Sicht eine sehr verantwortungsvolle Entschei- rung. dung getroffen und einen Kompromiss als Über- Ich frage daher die Landesregierung: gang zum neuen Finanzausgleich 2016/2017, der sowohl die Belange der Kommunen berücksichtigt Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 839

(Abg. Wirkner) 1. Hat sich die Landesregierung bereits mit der gen worden. Man kann hier über sehr unterschiedli- Weiterfinanzierung über das Jahr 2016 hinaus be- che Modelle nachdenken, die aber auch wieder von fasst? den Spielräumen im Landeshaushalt abhängen und von der Gesamtbetrachtung der zukünftigen Thea- 2. Plant die Landesregierung eine weitere Finanzie- ter- und Orchesterfinanzierung bzw. Theater- und rung durch das Land in der bisher gezahlten För- Orchesterstruktur in Thüringen. Dabei steht die Si- derhöhe oder plant sie, ihren Anteil um 1,5 Millio- cherung von Angebot und Qualität der Theater und nen Euro jährlich zu erhöhen, damit eine längst fäl- Orchester unter der Beachtung ihrer Finanzierbar- lige Tarifangleichung für die Kulturschaffenden er- keit durch die Zuwendungsgeber im Mittelpunkt. möglicht werden kann? Das heißt, wir müssen eine Struktur finden, von der 3. Oder plant die Landesregierung, die Förderung wir überzeugt sind, dass sie für die nächsten 10, derart zu erhöhen, dass der bereits jetzt schon vom 15 Jahre hält auf der einen Seite. Wir müssen uns Landkreis und von den Städten Rudolstadt und auch überlegen, wie die Arbeitsteilung zwischen Saalfeld gezahlte Förderanteil reduziert werden den Landestheatern und den Orchestern ist und fi- kann? nanzieren wir in eine Struktur, die auch für die nächsten 10, 15 Jahre haltbar ist. Dann können wir Danke. über die Laufzeit von Finanzierungsverträgen spre- chen, die möglicherweise auch ein bisschen länger Vizepräsident Höhn: sind, als sie jetzt sind. Saalfeld-Rudolstadt ist eines Für die Landesregierung antwortet die Staats- der Häuser, die in einem Gesamtkonzert – um ein kanzlei, Herr Prof. Dr. Hoff. bisschen im Bild zu bleiben – der Theater- und Or- chesterstruktur in Thüringen insgesamt stehen. Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staats- Abgeordneter Wirkner, CDU: kanzlei: Gestatten Sie noch eine Nachfrage? Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Lieber Herr Wirkner, die Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Landesregierung führt seit Februar 2015 Gesprä- Europaangelegenheiten und Chef der Staats- che mit den Trägern und Intendanten der Thüringer kanzlei: Theater und Orchester über die Finanzierungsver- Sehr gern. träge ab 2017. Dazu haben bereits folgende Run- den stattgefunden: Wir haben uns einmal mit den Intendantinnen und Intendanten getroffen, wir ha- Vizepräsident Höhn: ben dann eine Runde mit den Trägern gemacht als Die Frage müssen Sie mir schon überlassen, Herr Auftakt, haben uns wieder mit den Intendantinnen Wirkner. Gibt es eine Nachfrage? und Intendanten getroffen und es fanden Einzelge- spräche mit allen Trägerkommunen statt, also auch Abgeordneter Wirkner, CDU: beispielsweise mit Saalfeld-Rudolstadt Landkreis und der Stadt. Es ist vorgesehen, die Gespräche Ja, bitte. bis Herbst 2015 abzuschließen und anschließend entsprechende Finanzierungsverträge vorzuberei- Vizepräsident Höhn: ten. Bitte schön. Zu Ihrer Frage 2: Wir werden im Rahmen der Ver- handlungen auch über eine Verbesserung der Be- Abgeordneter Wirkner, CDU: zahlung der am Theater Beschäftigten sprechen. Unser Ziel ist es, den Abstand zum Flächentarif zu Dazu noch mal grundsätzlich die Frage: Hat die verringern. Der Punkt ist, dass dies bedeutet, ein Landesregierung trotzdem vor, den Finanzierungs- Modell zu finden, das sich auch im Rahmen des rahmen so zu gestalten, dass die Sparten am Landeshaushalts abbildet auf der einen Seite und Theater – also Schauspiel und Orchester – erhalten das quasi eine Zukunftsfähigkeit der Theater- und bleiben können? Orchesterstrukturen langfristig voraussetzt. Insofern müssen wir uns über die dafür erforderlichen Mehr- Vizepräsident Höhn: aufwendungen zwischen den Trägern des Theaters und dem Land verständigen, auch über die gerech- Herr Prof. Hoff, bitte schön. te Verteilung dieser Mehrausgaben. Zu Ihrer Frage 3: Der Wunsch nach einer Verände- rung des Finanzierungsschlüssels ist an die Lan- desregierung auch nicht das erste Mal herangetra- 840 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und 1. Auf welchen Inhalten sowie auf welchen Finan- Europaangelegenheiten und Chef der Staats- zierungsgrundlagen und Finanzierungsquellen ba- kanzlei: siert dieses Projekt? Sie haben gefragt: Bleibt das Orchester, bleibt das 2. Welche Voraussetzungen müssen die Asylbe- Schauspiel? Ja, der entscheidende Punkt für uns werberinnen und Asylbewerber erfüllen, um an die- ist: Sind die Strukturen in allen Theatern und Or- sem Projekt teilnehmen zu können? chestern, sind die Arbeitsbeziehungen, die es zwi- 3. Ist vorgesehen, dieses Pilotprojekt auch auf an- schen den sehr unterschiedlichen Theatern und Or- dere Regionen zu übertragen, und wenn ja, unter chestern gibt, derzeit in Thüringen so, dass sie welchen Voraussetzungen? auch wirklich zukunftsfest sind? Funktioniert also beispielsweise die Kooperation zwischen Meinin- 4. Gibt es weitere ähnliche Projekte von Kammern gen und Eisenach so gut, wie sie beispielsweise in Zusammenarbeit mit Landkreisen, die Asylbe- zwischen Rudolstadt und Nordhausen ja schon seit werber aufnehmen, und wenn ja, welche? langer Zeit funktioniert? Wie sieht es mit der Ge- Herzlichen Dank. samtbetrachtung der Ballettstrukturen beispielswei- se aus? Wie sieht es mit Schwerpunktsetzungen und Arbeitsteilung aus? Insofern, ich verstehe, dass Vizepräsident Höhn: Sie als mit einem bestimmten Regionalfokus orien- Für die Landesregierung antwortet Frau Werner, tierter Abgeordneter den Blick vor allem auf Saal- Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen feld-Rudolstadt – exzellentes Haus, hervorragender und Familie. Intendant – richten. Meine Aufgabe als Kulturminis- ter liegt nun darin, die Gesamtlandesentwicklung im Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesund- Blick zu haben. Insofern ist Saalfeld-Rudolstadt ein heit, Frauen und Familie: – und auch ein ganz hervorragendes – Element, aber eines unter verschiedenen Landestheatern. Danke. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete Vizepräsident Höhn: Frau Leukefeld, namens der Landesregierung be- antworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt: Vielen Dank. Gibt es weitere Nachfragen? Die kann ich nicht erkennen. Wir kommen zur nächsten Fra- Zu Frage 1: Auf welchen Inhalten sowie welchen Fi- ge, die in der Drucksache 6/411. Frau Abgeordnete nanzierungsquellen basiert dieses Projekt? Das Leukefeld. „Vocational Training Center“ ist eine Eigeninitiative der Industrie- und Handelskammer Erfurt und arbei- tet selbstverantwortlich in seiner Aufgabengestal- Abgeordnete Leukefeld, DIE LINKE: tung. Die Kammer beabsichtigt, Flüchtlinge und Mi- Herzlichen Dank, Herr Präsident. grantinnen und Migranten über eine gezielte Bera- tung und mithilfe von Informationen an eine duale Die Medien berichteten, dass Anfang März dieses Ausbildung in den Kammerberufen heranzuführen. Jahres die Industrie- und Handelskammer Erfurt Nach meinem Kenntnisstand ist das Projekt mit ei- gemeinsam mit der Thüringer Landesregierung das ner Personalstelle besetzt. Allerdings sind darüber Pilotprojekt „Vocational Training Center“ startete. hinaus auch weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Dessen Ziel ist die Begleitung junger Flüchtlinge ter der Kammer mit konkreten Beratungsaufgaben und Einwanderer in die duale Berufsausbildung. betraut. Die IHK Erfurt finanziert das Vorhaben Damit wollen Wirtschaft und Politik in Thüringen selbst. zwei Herausforderungen meistern: die steigende Flüchtlingszahl und die Besetzung freier Lehrstel- Zu Frage 2, welche Voraussetzungen erfüllt werden len. Mit gezielter Betreuung sollen Asylbewerber müssen, um an dem Projekt teilhaben zu können: künftig besser in den Arbeitsmarkt finden. Bei die- Da das Projekt eine Eigeninitiative der IHK Erfurt sem Projekt liege der Schwerpunkt auf der zielge- ist, nimmt die Landesregierung auf die von der richteten Betreuung junger Menschen von der An- Kammer gestellten Voraussetzungen keinen Ein- kunft in Thüringen bis hinein in den Beruf. Wie der fluss. Die Kammer ist darüber hinaus aber an die IHK-Geschäftsführer in den Medien wissen ließ, gesetzlichen Vorgaben zum Arbeitsmarkt und Aus- könne man ohne Zuwanderung freie Lehrstellen im bildungsgang der jeweiligen Interessenten gebun- Land künftig nicht mehr besetzen. den. Die Kammer hat selbstverständlich das Ab- stimmungsgespräch und die Vernetzung mit den an Das Projekt soll zunächst sechs Monate testweise der Flüchtlingsbetreuung beteiligten Akteuren ge- laufen und bis zu 120 Asylbewerbern in der Region sucht, damit das Projekt effektiv arbeiten kann. Die Erfurt eine bessere Chance auf eine erfolgreiche IHK Erfurt möchte insbesondere 16- bis 25-jährige Ausbildung im Freistaat ermöglichen. Flüchtlinge im Raum Erfurt für eine Ausbildung ge- Ich frage die Landesregierung: winnen bzw. zumindest in vorbereitende Strukturen Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 841

(Ministerin Werner) integrieren. Grundsätzlich sind die Beratungsstruk- der Kammern, sondern es gibt auch Signale von turen auch für alle anderen Migrantinnen und Mi- anderen Kammern, dass sie sich vorstellen könn- granten mit einem Interesse an einer dualen Ausbil- ten, in dem Bereich der Integration von Flüchtlingen dung in den Kammerberufen offen. und Migranten in den Arbeitsmarkt da auch einzu- steigen und andere Projekte vielleicht zu starten. Zu Frage 3: Nach Aussage der Industrie- und Han- Da gibt es, denke ich, einen regen Austausch un- delskammer sei vorstellbar, den Ansatz auch auf tereinander und es gab ja auch schon den Aus- andere Regionen ausweiten, wenn sich das Projekt tausch im Rahmen des Flüchtlingsgipfels zu be- bewährt. stimmten neuen Projekten, die gestartet werden Zu Frage 4: Das Projekt der IHK Erfurt läuft erst an, könnten. darüber hinaus sind ähnliche Projekte der Kam- Und zur zweiten Frage: Wenn das Landesarbeits- mern nicht bekannt. Allerdings sind in Thüringen marktprogramm, so wie es im Haushalt eingestellt die Akteure und Institutionen der Betreuung von Mi- ist, natürlich auch durch den Haushaltsgesetzgeber grantinnen und Migranten mit bestimmten Schwer- abgestimmt wird, könnten wir uns sehr gut vorstel- punkten des Arbeits- und Ausbildungsmarkts auch len, im Rahmen beispielsweise dieser Richtlinie bisher schon aktiv und vernetzt. Zu nennen sind Projekte zu unterstützen, die die Integration von hier beispielsweise das Thüringer Bleiberechtsnetz- jungen Flüchtlingen, aber auch Migrantinnen und werk, das Netzwerk Integration und Qualifizierung, Migranten in den Arbeitsmarkt ermöglichen. das Welcome Center , Stellen in den Kommunen und Landkreisen sowie generell die je- weiligen Agenturen für Arbeit. Soweit Asylbewerbe- Vizepräsident Höhn: rinnen und Asylbewerber die rechtlichen Vorausset- Es gibt eine weitere Nachfrage. Frau Abgeordnete zungen zum Arbeitsmarkt- und Ausbildungszugang Berninger, bitte. erfüllen, werden diese von den bestehenden Institu- tionen betreut und beraten. Danke schön. Abgeordnete Berninger, DIE LINKE: Vizepräsident Höhn: Vielen Dank, Frau Ministerin. Für Flüchtlinge mit dem Aufenthaltspapier, der Aufenthaltsgestattung, Herzlichen Dank. Gibt es Nachfragen? Frau Abge- gilt ja bis zum 3. Aufenthaltsmonat das Arbeitsver- ordnete Leukefeld zunächst. bot und ab dem 3. bis zum 15. wird eine Arbeitser- laubnis nur nach der sogenannten Vorrangprüfung Abgeordnete Leukefeld, DIE LINKE: erteilt. Nun wird es für dieses Projekt der IHK keine bevorrechtigten deutschen oder europäischen Aus- Ja, erst einmal herzlichen Dank für die Antwort. Die länderinnen geben. Aber ist trotzdem eine Art An- Initiative, die hier die IHK Erfurt gestartet hat, ist ei- tragsverfahren notwendig oder ist formlos einfach ne sehr gute. Meine Rückfrage ist: Wenn ich Sie durch die IHK die Teilnahme an diesen Kursen richtig verstanden habe, Frau Ministerin, erwarten möglich? Sie dann von anderen Kammern auch eine solche Eigeninitiative? Das meine ich als Frage. Vizepräsident Höhn: Und die zweite Frage, die ich dann gleich anschlie- ßen würde: Werden – wir haben ja heute den Ein- Frau Ministerin. stieg in die Haushaltsdebatte gemacht – möglicher- weise solche Projekte auch unterstützt werden oder Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesund- teilweise auch finanziell unterstützt werden, damit heit, Frauen und Familie: wir schneller eine größere Breite auch unter dem Meines Wissens wird auf verschiedenste Flüchtlin- Gesichtspunkt der vielen Flüchtlinge, die wir haben, ge auch zugegangen im Rahmen des Projekts. Wie wo wir auch viele gern hier behalten möchten, errei- das genau umgesetzt wird, das kann ich Ihnen lei- chen? Wird es also auch über den Haushalt Unter- der nicht sagen. Das müsste man dann bei der stützung geben, damit Kammern und andere Trä- Kammer noch einmal ganz gezielt nachfragen. An- ger solche Projekte starten können? sonsten, denke ich, werden auf Bundesebene auch Unternehmungen diskutiert, die es ermöglichen, so- Vizepräsident Höhn: wohl Ausbildungen als auch Teilhabe am Arbeits- Das war eine etwas lange Frage. Aber bitte schön, markt schon eher zu ermöglichen. Frau Ministerin. Vizepräsident Höhn: Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesund- Vielen Dank, Frau Ministerin. Weitere Nachfragen heit, Frauen und Familie: sehe ich nicht. Dann kommen wir zur nächsten Fra- Ja, es waren sogar zwei Fragen. Zunächst möchte ge. Fragesteller ist Herr Abgeordneter Korschew- ich sagen, wir erwarten nicht nur die Eigeninitiative sky, Fraktion Die Linke, in der Drucksache 6/412. 842 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

Abgeordneter Korschewsky, DIE LINKE: entsprechend so ändern, dass eine Zweckbindung entsteht. Ich will für die Landesregierung wie folgt Vielen Dank, Herr Präsident! die Lage einschätzen und antworten: Effekte bei der Einführung einer Bettensteuer bzw. Wir sehen momentan kein Erfordernis, eine Zweck- Kulturförderabgabe im Freistaat Thüringen – nach- bindung auf dem Weg einer Satzungsänderung gefragt herzustellen. Das hat eigentlich im Kern zwei Grün- Aus der Antwort zur Kleinen Anfrage 127 „Effekte de. Der eine Grund ist, dass eine Bettensteuer oder bei der Einführung einer sogenannten Bettensteuer eine Kulturförderabgabe im Kern eine Leistung bzw. Kulturförderabgabe im Freistaat Thüringen“ in nach – wenn ich recht erinnere – § 3 der Abgaben- der Drucksache 6/377 haben sich Nachfragen erge- ordnung ist, die im Kern eine Steuereinnahme ist, ben. Entsprechend der Antwort der Landesregie- die sich ausgestaltet als eine Leistung, Geldleis- rung enthalten die Satzungen zur Erhebung einer tung, die der Bürger, der Steuerzahler erbringt, der Bettensteuer bzw. Kulturförderabgabe keine Anga- aber keine Gegenleistung gegenüberstehen muss. ben zur Verwendung der Abgaben. Das heißt, wir würden diesen Grundsatz verletzen, dass eine Steuer im Prinzip eine allgemeine Steuer Ich frage die Landesregierung: ist bzw. dem allgemeinen Haushalt zufließt. Aus 1. Welche Möglichkeiten und welches Erfordernis diesem Grund sehen wir keine Notwendigkeit, das sieht die Landesregierung zur Änderung der ent- zu ändern. sprechenden Satzungen dahin gehend, dass eine Der zweite Grund ist folgender: Wir führen den Zweckbindung für die erzielten Einnahmen festge- Kommunen – und auf die zielt letztlich Ihre Frage – schrieben wird? in zweierlei Hinsicht eine Möglichkeit zu, auch tat- 2. Sieht die Landesregierung einen Zusammen- sächlich etwas zweckgerichtet für Fremdenverkehr hang zwischen der Erhebung von Kulturförderabga- zu tun. Wenn Sie sich das Kommunalabgabenge- be/Tourismusförderabgabe/Übernachtungssteuer setz anschauen, dann ist – wenn ich es richtig weiß und der Entwicklung der Übernachtungszahlen seit – in § 8 etwas zur Fremdenverkehrsabgabe, in § 9 der Einführung der entsprechenden Steuer bzw. etwas zur Kurabgabe/Kurbeitrag/Kurtaxe gesagt. Abgabe, und wenn ja, welchen? Beide Quellen werden ganz spezifisch eingesetzt zur Organisation des Fremdenverkehrs, um Leis- 3. Wie konkret könnte nach Ansicht der Landesre- tungen, die mit Fremdenverkehr zusammenhängen, gierung eine Zweckbindung der Kulturförderabga- indirekt und direkt zu finanzieren. Die kommunale be/Tourismusförderabgabe/Übernachtungssteuer Selbstverwaltung hat auf dem Weg ihrer Haushalts- an kulturelle und touristische Projekte formuliert beschlussfassung die Möglichkeit, diese Gelder tat- und umgesetzt werden? sächlich zweckgerichtet in die prioritären Projekte 4. Wird die Landesregierung gegenüber den Kom- einfließen zu lassen. munen anregen, im Rahmen ihrer kommunalauf- Der zweite Teil ist die ganz normale Finanzierung, sichtlichen Tätigkeit die Verwendung bzw. die die das Land den Kommunen, zum Beispiel über Zweckbindung der Abgaben in die kommunalen den Kommunalen Finanzausgleich, zur Verfügung Satzungen aufzunehmen, wenn ja, wann und mit stellt. Hier fließen, wie Sie sich denken können, im Empfehlungen welchen Inhalts, und wenn nein, aus Prinzip auch die Einnahmen – siehe erstens – ein, welchen Gründen nicht? die sich zum Beispiel aus einer Bettensteuer oder Danke schön. einer Kulturförderabgabe ergeben. Diese beiden Säulen sind also der kommunalen Selbstverwaltung Vizepräsident Höhn: und damit der Hoheit der Kommunalparlamente zur Verfügung gestellt. Für die Landesregierung antwortet der Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, Allgemeine Bewertung: Wenn man das im Rahmen Herr Tiefensee. des Haushaltsrechts des Bundes sieht, ist es immer wieder die Kernfrage, ob Steuern eine Zweckbin- dung haben sollen. Wir erleben das – wenn ich et- Tiefensee, Minister für Wirtschaft, Wissenschaft was freundlich darauf hinweisen darf, und es spielte und Digitale Gesellschaft: in der Haushaltsdebatte eine große Rolle – gerade Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete, meine bei der Frage Solidarzuschlag, was im Kern nichts sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrter anderes ist als eine Steuer. Auch dieser unterliegt Herr Korschewsky, danke für die Nachfrage! Wir entgegen der öffentlichen Meinung keine Zweckbin- haben versucht, recht umfangreich auf die Kleine dung. Diese rund 13 Milliarden Euro fließen dem Anfrage zu reagieren, aber ich habe volles Ver- allgemeinen Haushalt zu und sollen möglichst dem ständnis, dass es noch mal Nachfragen gibt. Im Aufbau strukturschwacher Gebiete im Osten zuflie- Kern zielen die Fragen 1, 2 und 4 auf denselben ßen; das tun sie aber nur indirekt über den allge- Tatbestand, nämlich die Frage, ob wir eine Satzung meinen Haushalt. Aus diesem Grund also keine Än- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 843

(Minister Tiefensee) derung, wenngleich ich es immer für wünschens- in diese Richtung, ob man möglicherweise damit wert und auch erforderlich halte, dass in den Kom- solche Effekte erzielen könnte. munen auf kommunaler Ebene sehr viel getan wird, um die touristische Infrastruktur, den Fremdenver- Tiefensee, Minister für Wirtschaft, Wissenschaft kehr zu fördern. und Digitale Gesellschaft: Zu Frage 2: Sie fragen nach einer Korrelation zwi- Vielen Dank, Herr Korschewsky. Ich will der Frage schen der Einführung dieser Steuern und der Ent- gern noch mal nachgehen, weil ich jetzt aus der Er- wicklung der Übernachtungszahlen. Die können wir innerung heraus nichts Falsches sagen will. Sie nicht feststellen. Das liegt allein daran, dass sich sprechen die sächsischen Städte an. Nach meiner die Übernachtungen oder auch die Gästeankünfte Erinnerung ist es aber gerade umgekehrt gewesen, in den vergangenen Monaten und Jahren in Thürin- dass die Tourismusabgabe, die beispielsweise die gen sehr unterschiedlich entwickelt haben. Ich hatte Stadt Dresden erheben wollte, gerichtlich untersagt Gelegenheit, im Landtag unlängst darüber zu be- wurde – wenn ich mich richtig erinnere. Ich will das richten, dass wir eine sehr erfreuliche Entwicklung gern noch mal nachschauen. Der Hintergrund ist of- haben, aber so ist das mit Statistiken im negativen fensichtlich, dass man lediglich solche Abgaben, Fall, der Fluss war einen halben Meter tief und solche Steuern, wie wir sie momentan haben, sei- trotzdem ist die Kuh ertrunken. Wir haben statis- tens der Gerichte akzeptiert, aber dass nach mei- tisch gesehen einen Aufwuchs. Sie wissen, dass ner Kenntnis eine Klage von Hoteliers aus Dresden wir mittlerweile über 3,7 Millionen Gästeankünfte dazu geführt hat, dass es eine solche allgemeine und fast 10 Millionen Übernachtungen verfügen. Im Abgabe nicht gegeben hat. Wenn ich nicht richtig ersten Fall eine Steigerung um 3 Prozent, im zwei- informiert bin, revidiere ich mich gern und überlege ten um 6 Prozent, das sind sehr gute Werte. dann auch, ob wir dem guten sächsischen Beispiel Schauen wir aber genauer hin, dann sind es insbe- in diesem Fall mal folgen. sondere die Städte, einige Landkreise, die hier die Zahlen ganz besonders erfreulich in die Höhe trei- Vizepräsident Höhn: ben, aber in anderen Landkreisen macht uns die Entwicklung Sorge. Da komme ich wieder zum Ers- Vielen Dank, Herr Minister. Gibt es weitere Nach- ten: Nur im Verein zwischen kommunaler Selbst- fragen? Das kann ich nicht erkennen. Dann kom- verwaltung und der Priorität, im Haushalt auch et- men wir zur nächsten Anfrage, eine der Abgeordne- was für den Tourismus zu tun – einerseits –, und ten Mitteldorf, Fraktion Die Linke, in der Drucksa- andererseits durch Unterstützung des Freistaats che 6/424. durch Geldleistungen allgemeiner Art und durch Schaffung der Rahmenbedingungen ist es möglich, Abgeordnete Mitteldorf, DIE LINKE: den Tourismus weiter nach vorn zu bringen. Er ist eine ganz entscheidende Säule bei der Wertschöp- Vielen Dank, Herr Präsident. fung im Freistaat Thüringen. Volontariatsprogramm des Landes Im Koalitionsvertrag ist ausgeführt, dass sich die Vizepräsident Höhn: Koalition verpflichtet, die Museumslandschaft zu- Herr Korschewsky, eine Nachfrage? sammen mit den Kommunen zu erhalten und wei- terzuentwickeln. Zur Gewinnung von qualifiziertem Abgeordneter Korschewsky, DIE LINKE: Nachwuchs beabsichtigt die Koalition, ein Volontari- atsprogramm des Landes zu initiieren. Ja, sehr gern. Vielen Dank, Herr Minister, erst mal für die Antwort. Nur noch eine Nachfrage: Das Land Ich frage die Landesregierung: Thüringen ist im Bundesvergleich das Land mit der 1. Welcher Stand ist hinsichtlich der Erarbeitung ei- höchsten Anzahl von Städten, die mittlerweile eine nes Volontariatsprogramms für die Thüringer Muse- Bettensteuer erhoben haben. Sie wissen ja, dass umslandschaft zu verzeichnen? von Touristikerinnen und Touristikern diese Form der Bettensteuer – ich sage es mal vorsichtig – kri- 2. In welcher Höhe werden zur Umsetzung dieses tisch gesehen wird. Wäre es nicht eine denkbare Programms finanzielle Mittel auf der Grundlage Variante, statt einer sogenannten Bettensteuer eine welcher Förderrichtlinie zur Verfügung gestellt? „Tourismusabgabe“ zu machen, die auch tatsäch- 3. Auf welche voraussichtliche Anzahl der Perso- lich den touristischen Einrichtungen, der Entwick- nalstellen soll dieses Programm ausgerichtet sein? lung der touristischen Infrastruktur positive Effekte geben würde, um die Anzahl der touristischen Gäs- 4. Wie sollen sich die zu fördernden Personalstellen te in den jeweiligen Kommunen auch zu erhalten? auf welche Museen des Freistaats verteilen? Ich weiß, im Freistaat Sachsen gibt es Kommunen, Vielen Dank. die so etwas haben, deshalb meine Frage noch mal 844 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

Vizepräsident Höhn: Begriff des Operationellen Programms hier ange- führt hatte – gefördert werden. Grundlage dafür ist Für die Landesregierung antwortet Herr die Weiterbildungsrichtlinie des ehemaligen Wirt- Prof. Dr. Hoff. schafts- und Arbeitsministeriums, des heutigen Wirtschafts- und Wissenschaftsministeriums. Die Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und genauen Kosten werden derzeit durch den Thürin- Europaangelegenheiten und Chef der Staats- ger Museumsverband, der voraussichtlich als Bil- kanzlei: dungsträger fungieren wird, ermittelt. Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben angefragt, auf welche voraussichtliche Liebe Frau Abgeordnete, der Thüringer Landesre- Anzahl der Personalstellen dieses Programm aus- gierung ist der hohe Fachkräftebedarf in den Muse- gerichtet sein wird. Wir gehen nach derzeitigem en resultierend aus der Altersstruktur und den fi- Stand davon aus, dass in einem zweijährigen Tur- nanziellen Zwängen der Museen und ihrer Träger nus jeweils zwölf Volontariate unterstützt werden. sehr bewusst. Aus diesem Grund wurde bereits be- Jetzt könnte man der Annahme sein, dafür, dass ginnend in der vergangenen Wahlperiode ein Vo- wir ein Kulturland sind und eine ganze Reihe von lontariatsprogramm initiiert. Nun sind sowohl Frau Museen haben, sind zwölf ganz wenig. Dem will ich Ministerin Werner als auch ich in unseren Funktio- ein bisschen entgegentreten, denn insgesamt re- nen – als Arbeits- und Sozialministerin Frau Werner den wir derzeit nach dem mir vorliegenden Stand und ich als Kulturminister – neu und haben an den über Anmeldungen von 43 Personen, wobei wir ursprünglichen Verhandlungen über die konkrete noch nicht bei allen wissen, ob das tatsächlich för- Ausgestaltung des Operationellen Programms der derfähig wäre, sodass zwölf in so einem entspre- Europäischen Union selbst nicht teilgenommen. Wir chenden Turnus im Prinzip sehr nahe an dem sind, hätten möglicherweise aus dem, was wir heute wis- was dann letztlich mit Ablauf des Gesamtpro- sen, in der Gestaltung des Operationellen Pro- gramms an Anmeldungen vorliegt. gramms versucht, den Grundgedanken des Volon- tariatsprogramms stärker, als das in der vergange- Die Förderung der Volontariate erfolgt auf Antrag nen Wahlperiode geschehen ist, dort zu verankern. der Museumsträger; die Entscheidung wird durch Nun hat bei dem OP, bei dem es so ist, dass das das zuständige Fachreferat in der Kulturabteilung Land quasi ein Operationelles Programm entwickelt der Staatskanzlei nach fachlicher Beratung mit dem und es dann zur Notifizierung bei der Kommission Museumsverband Thüringen getroffen. Zu berück- in Brüssel einreicht, bereits der Prozess stattgefun- sichtigende Kriterien sollen unter anderem der kon- den und es hat eine entsprechende Notifizierung krete Bedarf an wissenschaftlichem Nachwuchs in gegeben, sodass wir bestimmte Änderungen an den Museen, die Absicherung der Betreuung des diesem Operationellen Programm erst durchführen Volontariats durch die Einrichtung und das perspek- könnten, indem wir es ändern und dann noch ein- tivisch orientierte Engagement des Trägers für sein mal zur Notifizierung mit einem Laufzeitverfahren Museum sein. von ungefähr einem Jahr und einem ungewissen Ich hoffe, Ihre Frage damit ausreichend beantwortet Ausgang, ob die Kommission tatsächlich diesen zu haben. Vorstellungen folgen würde, geben. Insofern müs- sen wir bei den eingeschränkten Rahmenbedingun- Vizepräsident Höhn: gen, die wir derzeit haben und die wir tatsächlich erst mit dem nächsten Operationellen Programm Vielen Dank, Herr Minister. Gibt es eine Nachfra- wirklich werden ändern können, darüber reden, wie ge? Frau Mitteldorf. der Grundgedanke des Volontariatsprogramms in dem, was wir wollen, realisiert werden kann. Dazu Abgeordnete Mitteldorf, DIE LINKE: führen wir derzeit Gespräche mit dem TMASGFF, also dem Arbeits- und Sozialministerium, der Vielen Dank. Ich habe nur zwei Verständnisnach- GFAW als dem Förderträger, dem Museumsver- fragen. Sie haben gesagt, die Anmeldungen für die band Thüringen und den am Volontariatsprogramm Volontariatsstellen liegen de facto vor. Erstens: Ist interessierten Museen und deren Trägern. das so? Im Entwurf des Landeshaushalts sind im Bereich Zweitens haben Sie gesagt, dass die Anmeldungen Kultur für 2015 110.000 Euro vorgesehen und für über die Träger laufen. Das heißt, es läuft also über die Jahre ab 2016 jährlich 225.000 Euro angemel- die Kommunen, wenn Museen in kommunaler Trä- det. Damit sollen die Personalkosten der Träger für gerschaft sind, und nicht über den Museumsver- die Volontäre bis zu 75 Prozent auf Grundlage der band? Richtlinie zur Förderung von Kultur und Kunst vom 10. Oktober 2013 bezuschusst werden. Die zentra- Vizepräsident Höhn: len Fortbildungsveranstaltungen für die Volontäre Herr Minister, bitte schön. sollen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds – das ist genau das Programm, für das ich eben den Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 845

Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und den die Energiewende und die Errichtung von Europaangelegenheiten und Chef der Staats- Windkraftanlagen befürwortet, andererseits be- kanzlei: fürchten die Bürger eine Zerstörung der Naturland- schaft durch den Bau solcher Anlagen. Ein Teil der Ja, vielen Dank. Wir haben einmal abgefragt, wie „Vorranggebiete für Windenergie“ aus dem Regio- viel Interesse gäbe es denn tatsächlich. Daraus ist nalplan Ostthüringen wurde gerichtlich annulliert. die Zahl von 43 uns jetzt genannt worden. Dadurch, Seitdem gibt es eine Vielzahl von Anträgen zum dass wir das Volontariatsprogramm noch nicht qua- Bau von Windkraftanlagen. In der Gemeinde Heu- si mit Pistolenschuss gestartet haben, kann es kewalde (Landkreis Altenburger Land) waren bis auch noch keine konkreten Anmeldungen geben. zur Annullierung keine Vorranggebiete ausgewie- Aber dadurch, dass wir als Kulturabteilung und ich sen. Dennoch gibt es mittlerweile wohl verschiede- als Kulturminister ja nun im ständigen Austausch ne Versuche, dort derartige Anlagen zu errichten. mit den Institutionen und Kultureinrichtungen sind, sind wir natürlich auch darüber im Gespräch, weil Ich frage die Landesregierung: man ja versucht, so ein Gefühl für den Bedarf zu 1. Wie viele Anträge für die Errichtung von Wind- kriegen. Ansonsten ist, wie gesagt, unsere Überle- kraftanlagen in der Gemarkung der Gemeinde Heu- gung so, dass die Förderentscheidung durch das kewalde sind der Landesregierung bislang be- Fachreferat getroffen wird in Abstimmung mit dem kannt? Museumsverband, der dort ein beratender Partner ist. Wir haben ja auch in anderen Förderlinien der 2. Wie wird angesichts der gerichtlichen Annullie- Kultur in Thüringen die Situation, dass wir immer rung eines Teils der Vorranggebiete für Windener- versuchen, uns mit Fachbeiräten abzustimmen, gie aus dem Regionalplan Ostthüringen gegenwär- weil wir versuchen, mit einer empowermentorien- tig bei der Beantragung für Ostthüringer Gemein- tierten Förderung natürlich auch eine sehr partizipa- den verfahren? tiv orientierte Förderentscheidung zu treffen, weil 3. Gibt es einen ministeriellen Erlass zum Ausset- das, glaube ich, auch dem Kultursektor angemes- zen der Genehmigung von Windkraftanlagen bis sen ist. zur Neufestlegung der Vorranggebiete? Ansonsten ist es tatsächlich so, dass die Träger der 4. Wenn nein, ist ein derartiger Erlass vorgesehen? Museen auch die Entscheidung darüber treffen müssen, ob sie das so wollen. Ich finde das auch Danke. richtig, denn auch in anderen Bereichen der Kultur halten wir das so, dass wir auch wollen, dass die Vizepräsident Höhn: Träger – und das sind in der Regel die Kommunen – sich auch zu ihren Einrichtungen bekennen müs- Vielen Dank. Für die Landesregierung antwortet sen. Das machen wir beim Kulturlastenausgleich Frau Ministerin Keller, Ministerium für Infrastruktur so. Wir setzen eben voraus, dass die Träger sich und Landwirtschaft. für ihre Institutionen einsetzen, und da müssen sie auch die Entscheidung treffen, wollen sie ein sol- Keller, Ministerin für Infrastruktur und Landwirt- ches Volontariat, und das heißt natürlich auch, sich schaft: nach dem Ablaufen einer bestimmten Förderung zu Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter entscheiden, wie eine solche Förderung auch nach- Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Lukasch, die haltig wirkt, das heißt also, wie Träger möglicher- Mündliche Anfrage beantworte ich für die Thüringer weise das dann aus eigenen Mitteln weiter finanzie- Landesregierung wie folgt: ren. Vielen Dank. Zu Frage 1: Wie viele Anträge für die Errichtung Vizepräsident Höhn: von Windkraftanlagen in der Gemarkung der Ge- meinde Heukewalde sind der Landesregierung bis- Vielen Dank, Herr Minister. Weitere Nachfragen se- lang bekannt? Der oberen Landesplanungsbehörde he ich nicht. Wir kommen zur nächsten Frage, die liegen derzeit keine Anträge zur Errichtung von Drucksache 6/435. Die Fragestellerin ist Frau Ab- Windenergieanlagen nach Bundes-Immissions- geordnete Lukasch. schutzgesetz bzw. auch keine direkten Anfragen auf raumordnerische Vorprüfungen von Windener- Abgeordnete Lukasch, DIE LINKE: gieanlagen in der Gemarkung Heukewalde vor. Danke schön. Windkraftanlagen sind ja das bren- Zu Frage 2: Wie wird angesichts der gerichtlichen nende Thema der letzten Tage und Wochen gewe- Annullierung mit dem Regionalplan verfahren? sen. Nach dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsge- richts vom 8. April 2014 und der nachfolgenden Das Thema „Windkraftanlagen“ verfolgen seit ge- Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom raumer Zeit die Bürger in Thüringen mit Interesse, 9. Februar 2015 ist der Regionalplan Ostthüringen aber auch mit Sorgen und Ängsten. Einerseits wer- unwirksam, sobald er Vorranggebiete Windenergie 846 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Ministerin Keller) festlegt und vorsieht, dass außerhalb dieser Vor- den. Eine Untersagung kommt also dann in Be- ranggebiete Windenergie raumbedeutsame Wind- tracht, wenn die Regionale Planungsgemeinschaft energieanlagen nicht zulässig sind. Damit entfaltet Ostthüringen den Entwurf eines Regionalplans bzw. der Regionalplan Ostthüringen nicht mehr die ihm eines sachlichen Teilplans Windenergie beschlos- eigentlich landesplanerisch zugedachte Steue- sen hat. Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur rungswirkung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 Bau- und Landwirtschaft wird – wie angekündigt – jede gesetzbuch für raumbedeutsame Windenergieanla- fachliche Hilfe gewährleisten, um die vorhandene gen. Nunmehr greift die Privilegierung der Errich- Regelungslücke so schnell wie möglich zu schlie- tung von Windenergieanlagen gemäß § 35 Abs. 1 ßen. Auch die schon veröffentlichte Präferenzstudie Nr. 5 Baugesetzbuch. Als privilegierte Vorhaben zu Windenergie, die im Netz steht, soll dazu eine sind Windenergieanlagen zulässig, wenn öffentliche erste Arbeitshilfe leisten. Vielen Dank. Belange nicht entgegenstehen und die ausreichen- de Erschließung gesichert ist. Die Prüfung dieser Vizepräsident Höhn: Tatbestände erfolgt für alle Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe größer 50 Meter im immissions- Vielen Dank, Frau Ministerin. Nachfragen sehe ich schutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Zurzeit nicht, herzlichen Dank. Die nächste Frage stellt aktuell gibt es auch gar keine anderen Größenord- Frau Abgeordnete Müller, Fraktion Die Linke, in der nungen als die über 50 Meter. Zuständig für diese Drucksache 6/436. Verfahren sind die Landkreise und kreisfreien Städ- te als untere Immissionsschutzbehörden. Abgeordnete Müller, DIE LINKE: Die gerichtliche Annullierung der Festlegung von Ja, vielen Dank. Vorranggebieten für Windenergie im Regionalplan Straßenbauvorhaben Bundesstraße (B) 62 Ostthüringen führt aus immissionsschutzrechtlicher Sicht zu keiner Änderung der Vorgehensweise im Am 1. August 2014 gab das ehemalige Thüringer Rahmen eines Genehmigungsverfahrens. Belange Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Ver- der Raumordnung werden – wie bisher – in diese kehr in der Medieninformation 201/2014 die Nach- Verfahren durch die Beteiligung der oberen Lan- richt heraus, dass der Bund für zwei Projekte in desplanungsbehörde als Träger öffentlicher Belan- Thüringen, die B 90n und die B 62, grünes Licht ge- ge eingestellt. Dies geschieht in der Regel durch ei- geben habe. Beide Maßnahmen sind Bestandteil ne raumordnerische Vorprüfung vor dem eigentli- des Bundeshaushalts. chen Genehmigungsverfahren. Dabei erfolgt die Am 15. Dezember 2014 wurde durch das Straßen- raumordnerische Bewertung als Einzelfallprüfung bauamt Südwestthüringen Zella-Mehlis der Auftrag unter Zugrundelegung der räumlich und sachlich für das erste Brückenbauwerk, Leimbachtalbrücke, betroffenen Ziele und Grundsätze der Landes- und erteilt. In den Planfeststellungsunterlagen der B 62 Regionalplanung „Landesentwicklungsprogramm Umgehung Bad Salzungen, 4. Bauabschnitt ist auf Thüringen 2025“, Regionalplan Ostthüringen betref- Seite 19, Nummer 8.2 eine Bauzeit von zwei Jah- fend. ren genannt. Darüber hinaus heißt es in Num- Maßstab der Bewertung bildet dabei insbesondere mer 8.1, dass „der Bau der B 62 neu (ab Bau- der Grundsatz G5.2.10 des LEP 25, wonach in km 9+715)“ in einem Zuge erfolgen soll. Thüringen der Ausbau der Windenergienutzung Ich frage die Landesregierung: den landschaftsgebundenen, naturräumlichen und siedlungsstrukturellen Gegebenheiten Rechnung 1. Wird nach Kenntnis der Landesregierung die tragen soll. oben genannte Bauzeit eingehalten oder ist mit ei- ner späteren Fertigstellung der Maßnahme zu rech- Zu Frage 3: Gibt es einen ministeriellen Erlass? nen, und wenn ja, voraussichtlich zu welchem Ter- Nein, eine solche verwaltungsinterne Weisung wür- min? de den Genehmigungsanspruch des Antragstellers unberührt lassen. 2. Wenn die geplante Bauzeit von zwei Jahren nicht eingehalten werden kann, welche Ursachen liegen Zu Frage 4, also, wenn Nein: Ein derartiger Erlass der Verlängerung der Bauzeit zugrunde? ist auch nicht vorgesehen. Planerisch ungeordneter Wildwuchs lässt sich in geeigneter Weise durch das 3. Wird die Bauzeit nicht eingehalten, warum lagen Instrument der Untersagung nach § 14 Bundesrau- die Erkenntnisse, die zur Verlängerung der Bauzeit mordnungsgesetz verhindern. Die Untersagung der führen, nicht während der Erarbeitung der Planfest- Genehmigungserteilung im Einzelfall für bis zu drei stellungsunterlagen und zum Zeitpunkt des Plan- Jahre setzt voraus, dass sich ein Regionalplan in feststellungsverfahrens vor? Aufstellung befindet und zu befürchten ist, dass die 4. Entspricht der oben genannte „Bau der B 62 neu beabsichtigten Windenergieanlagen die Verwirkli- in einem Zuge“ dem heutigen Sachstand, und falls chung der im Regionalplan vorgesehenen Ziele un- nein, welche neuen Erkenntnisse, die während der möglich machen oder wesentlich erschweren wür- Planung und des Planfeststellungsverfahrens nicht Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 847

(Abg. Müller) vorlagen, zwingen zu einer Änderung der Vorge- gere Unterbrechung bis zum Abschluss der Maß- hensweise? nahme fortgesetzt werden. Das entspricht dem heutigen Sachstand. Vizepräsident Höhn: Vizepräsident Höhn: Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Keller. Vielen Dank, Frau Ministerin. Gibt es Nachfragen? Das kann ich nicht erkennen. Dann kommen wir zur Keller, Ministerin für Infrastruktur und Landwirt- nächsten Frage, die Drucksache 6/439, Herr Abge- schaft: ordneter Malsch, CDU-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen Abgeordneter Malsch, CDU: und Herren! Sehr geehrte Frau Müller, ich beant- worte Ihre Frage für die Landesregierung wie folgt: Doppelabsicherung der Thüringer Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz Zu Frage 1: Wird nach Kenntnis der Landesregie- rung die oben genannte Bauzeit eingehalten oder In der 11. Plenarsitzung am 27. März 2015 haben ist mit einer späteren Fertigstellung zu rechnen? der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow und Die Verkehrsfreigabe der Straße ist nach jetzigem die Thüringer Ministerin für Bildung, Jugend und Stand bis Ende 2018 vorgesehen. Voraussetzung Sport, Dr. Birgit Klaubert, angekündigt, zum Ende ist, dass die notwendigen finanziellen Mittel des des Monats ihre Abgeordnetenmandate niederzule- Bundes auch in den Folgejahren im erforderlichen gen. Damit wurden die öffentlichen Ankündigungen Umfang zur Verfügung stehen. Die finanziellen der Regierungskoalition zur Trennung von Regie- Rahmenbedingungen werden mit den jährlichen rungsamt und Abgeordnetenmandat erfüllt. Haushaltsplänen entsprechend definiert. Bei Ministerin Siegesmund steht die Erfüllung der Zu Frage 2: Wenn die geplante Bauzeit von öffentlichen Ankündigung noch aus. Die Ankündi- zwei Jahren nicht eingehalten werden kann, welche gung wird durch einen Beschluss der Landesdele- Ursachen liegen der Verlängerung der Bauzeit zu- giertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen Thü- grunde? Generell ist zu sagen, dass die Festlegung ringen vom 29. November 2014 in Apolda zusätz- der Bauzeit nicht zum Regelungsinhalt der Plan- lich untermauert. feststellung gehört. Die Aussagen über die geplante Ich frage die Landesregierung: Bauzeit in den Planfeststellungsunterlagen stellen nur eine Grobschätzung dar, die informativen Cha- 1. Beabsichtigt Ministerin Siegesmund die öffentli- rakter hat. Erst in der dem Planfeststellungsverfah- che Ankündigung zur Trennung von Amt und Man- ren nachfolgenden Ausführungsplanung wird die dat zu vollziehen, und falls ja, zu welchem Zeit- Bauausführung im Detail unter Beachtung technolo- punkt? gischer und finanzieller Randbedingungen sowie 2. Ist der Landesregierung bekannt, ob bzw. ab der Auflagen aus dem Planfeststellungsverfahren welchem Zeitpunkt die sechsjährige Wartezeit ge- geplant werden. Das bauzeitbestimmende Bauwerk mäß § 13 des Thüringer Abgeordnetengesetzes für ist die Leimbachtalbrücke. Durch den vorgezoge- den Anspruch auf Altersentschädigung von Ministe- nen Bau des Brückenbauwerks kann der Erdstoff- rin Siegesmund erfüllt ist? transport durch die Ortslagen und die daraus resul- tierende Belastung der Anwohner vermieden wer- 3. Welche konkreten Aufgaben erfordern zwingend den. Mit dem Streckenbau kann deshalb erst nach die Beibehaltung des Mandats bis zu dem nach Fertigstellung des Brückenbauwerks auch begon- Frage 1 bestimmten Zeitpunkt? nen werden, sodass sich hieraus eine etwas länge- re Bauzeit für die Straßenbaumaßnahme ergibt. Vizepräsident Höhn: Zu Ihrer Frage 3: Wird die Bauzeit nicht eingehal- Für die Landesregierung antwortet das Ministerium ten, warum lagen die Erkenntnisse, die zur Verlän- für Umwelt, Energie und Naturschutz, Herr Staats- gerung der Bauzeit führen, nicht während der Erar- sekretär Möller. beitung der Planfeststellungsunterlagen und zum Zeitpunkt der Planfeststellung vor? Ich verweise auf Möller, Staatssekretär: die Antwort zu den Fragen 1 und 2 entsprechend. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Zu Ihrer Frage 4: Entspricht der oben genannte Malsch, Ihre Mündliche Anfrage beantworte ich für „Bau der B 62 neu in einem Zuge“ dem heutigen die Thüringer Landesregierung wie folgt: Sachstand, und falls nein, welche Erkenntnisse, die während der Planung und des Planfeststellungsver- Zu Frage 1: Ja, Frau Abgeordnete Siegesmund fahrens nicht vorlagen, zwingen zu einer Änderung wird ihr Landtagsmandat spätestens ein Jahr nach der Vorgehensweise? Der Bau in einem Zuge bein- Übernahme des Ministeramts niederlegen. haltet, dass die Bauarbeiten kontinuierlich ohne län- 848 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Staatssekretär Möller) Zu Frage 2: Der Vollzug des Thüringer Abgeordne- (Zwischenruf Abg. Malsch, CDU: Ich bin froh, tengesetzes obliegt der Verwaltung des Landtags. dass ich der CDU angehöre!) Zu Frage 3: Frau Siegesmund ist eine frei gewählte Abgeordnete. Sie erfüllt seit ihrer Wahl in den Vizepräsident Höhn: 6. Thüringer Landtag alle mit diesem Mandat über- Herr Abgeordneter Malsch, Ihr Fragenkontingent ist tragenen Rechte und Pflichten. erfüllt. Gibt es weitere Nachfragen aus den Reihen der Abgeordneten? Das kann ich nicht erkennen. Vizepräsident Höhn: Dann vielen Dank, Herr Möller. Wir kommen zur nächsten Anfrage, die Drucksache 6/456, eine des Vielen Dank. Gibt es Nachfragen? Herr Malsch, bit- Herrn Abgeordneten Walk, CDU-Fraktion. te. Abgeordneter Walk, CDU: Abgeordneter Malsch, CDU: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolle- Die Frage besteht darin, warum es ein Jahr dauert ginnen und Kollegen und werte Schüler, die jetzt bis zur Abgabe des Mandats, da Frau Ministerin aber leider den Saal verlassen bzw. die Tribüne, Siegesmund in der OTZ im Januar verkündet hat, denn sie sind ja dann auch Gegenstand meiner An- dass es bestimmt nicht so lange dauern wird und frage. dass ein geeigneter Nachfolger bereits zur Verfü- gung steht. „Besuch von Thüringer Schulklassen in Gedenk- stätten, hier: Point Alpha – Fehlende Unterstützung Vizepräsident Höhn: im Jubiläumsjahr der Deutschen Einheit 2015“ Herr Staatssekretär. Gedenkstätten – unter anderem die Gedenkstätte Point Alpha als einzigartiger und authentischer Lernort der Geschichte – stehen in der Verpflich- Möller, Staatssekretär: tung, sich aktiv am Bildungsauftrag zu beteiligen. Es liegt vollständig im Ermessen der Abgeordneten Die Förderung von Gedenkstättenbesuchen im Siegesmund, wann sie ihr Mandat niederlegt. Sie Rahmen des Unterrichts als mehrtägiges Projekt haben ja dankenswerterweise die Beschlüsse der oder als Tagesfahrt gestaltet sich bundesweit sehr Grünen-Landesdelegiertenkonferenz ausführlich unterschiedlich. Bedingt durch die vorläufige Haus- studiert. In diesem Beschluss ist von einer Frist von haltsführung und der daraus resultierenden fehlen- einem Jahr nach Übernahme des Ministeramts die den Genehmigungen für Besuche an außerschuli- Rede und sie wird diesem Beschluss der Landes- schen Lernorten befürchtet der Direktor der Point- delegiertenkonferenz natürlich Folge leisten. Alpha-Stiftung, dass es ausgerechnet im Jubilä- umsjahr der deutschen Einheit zu einem weiteren Vizepräsident Höhn: Rückgang des ohnehin schon geringen Besucher- anteils von Thüringer Schülerinnen und Schülern – Eine weitere Nachfrage? Herr Malsch. jährlich 9.000, davon 950 aus Thüringen – bis zum Beginn des neuen Schuljahres kommen könnte. Abgeordneter Malsch, CDU: Ich frage die Landesregierung: Zeugt das Verhalten der Ministerin davon, dass sie 1. Sind der Landesregierung die angegebenen Be- sich nicht in ihrem Amt gesichert fühlt und das Ab- fürchtungen der Thüringer Gedenkstätten – hier: geordnetenmandat beibehalten muss oder um ihre Point Alpha – bekannt? Absicherung nach § 13 des Abgeordnetengesetzes zu erhalten? 2. Wie gestalten sich die Besucherzahlen Thüringer Schulklassen in Gedenkstätten aktuell im Möller, Staatssekretär: Jahr 2015? Über die Motive der Abgeordneten Siegesmund lie- 3. Sieht die Landesregierung im Fall von rückläufi- gen mir keine Informationen vor. Sehr geehrter Herr gen Entwicklungen einen Zusammenhang mit dem Abgeordneter Malsch, sollten Sie in irgendeiner nicht verabschiedeten Haushalt 2015? noch fernen Zukunft einmal in die Lage kommen, 4. Falls ja, welche Möglichkeiten sieht die Landes- gleichzeitig Ministeramt und Abgeordnetenmandat regierung, dieser negativen Tendenz zeitnah entge- innezuhaben, dann wird Ihnen vielleicht deutlich genzuwirken? werden, dass es – neben der von Ihnen mit der Frage suggerierten trivialen Implikation – auch noch Vizepräsident Höhn: andere Dinge gibt, die da eventuell eine Rolle spie- len könnten. Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Prof. Dr. Hoff. Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 849

Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Abgeordneter Walk, CDU: Europaangelegenheiten und Chef der Staats- Eine geht noch, die nutze ich gern. Halten Sie es kanzlei: für sinnvoll, weil Sie ausgeführt haben zu Frage 1, Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! dass Ihnen die Befürchtungen hier im Fall Point Al- Lieber Herr Abgeordneter, ich war vor Kurzem im pha nicht bekannt sind … Grenzlandmuseum Teistungen, da habe ich ähnli- che Fragen gestellt und als Antwort bekommen: Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Nein, solche Befürchtungen sind nicht bekannt und Europaangelegenheiten und Chef der Staats- sie sind auch von der Point-Alpha-Stiftung in Ver- kanzlei: bindung mit der vorläufigen Haushaltsführung nicht bekannt. Nein, ich habe – Entschuldigung. Nehmen Sie es als Engagement, ich wollte gleich antworten. Aber Wir haben zu Ihrer zweiten Frage eine Telefonab- bitte – Entschuldigung. frage zur aktuellen Entwicklung 2015 durchgeführt. Die Besuchszahlen Thüringer Schulklassen in den Abgeordneter Walk, CDU: Gedenkstätten sind ähnlich denen im Vergleichs- zeitraum des Vorjahres bzw. zeigen sogar einen Ich habe es so aufgefasst, dass Ihnen die Befürch- leichten Aufwärtstrend. tungen rückläufiger Schülerzahlen nicht bekannt sind, dann wäre es hilfreich, das ist meine Frage, Ihre Frage 3 möchte ich mit Nein beantworten. wenn Sie entsprechende Zuschriften von Gedenk- Zu Ihrer Frage 4 verweise ich auf die Antwort zu stätten, Museumsverband bzw. von Point Alpha er- Frage 2. hielten, damit Sie sich vielleicht noch einmal ein Bild machen können. Die Frage wäre: Zuschrift er- Vizepräsident Höhn: forderlich und hilfreich? Vielen Dank, Herr Minister. Gibt es Nachfragen? Vizepräsident Höhn: Herr Abgeordneter Walk. Herr Professor! Abgeordneter Walk, CDU: Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Danke erst mal für die Beantwortung, Herr Minister. Europaangelegenheiten und Chef der Staats- Ich habe zunächst noch eine weitere Nachfrage: kanzlei: Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass lediglich etwa nur jeder zehnte Schülerbesuch Warum ich engagiert reagierte, ist, dass Sie der An- aus Thüringen kommt? Sehen Sie hier entspre- nahme unterliegen, wir hätten uns mit den Gedenk- chenden Handlungsbedarf? stätten und auch den Grenzlandmuseen nicht in Verbindung gesetzt. Wir stehen aber regelmäßig Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und mit denen im Gespräch. Ich hatte letztens erst das Europaangelegenheiten und Chef der Staats- Glück, mit Herrn Emde einen Vormittag im Grenz- kanzlei: landmuseum Teistungen zu verbringen, und wir ha- ben genau die Frage gestellt. Wir sind grundsätzlich immer daran interessiert, dass die Beteiligung bzw. Nutzung durch Schulklas- Wir haben dann auch noch einmal eine telefonische sen – seien es Gedenkstätten, seien es Kulturein- Umfrage, das habe ich in meiner Antwort auch richtungen – erhöht werden kann. Dazu stehen deutlich gemacht, bei den Gedenkstätten gemacht ganz unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung und es gibt nicht nur keine Befürchtungen, sondern – über Eintrittspreise bis zur Bereitstellung von be- im Vergleichszeitraum zum Vorjahr haben wir keine stimmten Fahrtkostenunterstützungen etc. Mit dem Veränderung und in Teilen sogar einen leichten Kulturmanagerprogramm versuchen wir genau die Aufwärtstrend, das heißt also, die Suggerierung, Schnittstelle zwischen Kultur und Schule zu aktivie- die vorläufige Haushaltsführung würde hier zu Pro- ren. Insofern: Ja, wir sind immer daran interessiert, blemen führen, können wir nicht bestätigen, nach dass unsere Gedenkstätten, Theaterhäuser, Muse- den Informationen, die uns die Gedenkstätten en etc. einen noch höheren Nutzungsgrad durch selbst gegeben haben. Das heißt, meine Antwort Schülerinnen und Schüler aufweisen. resultiert nicht aus Unkenntnis, sondern aus einer anderen Information als die, die Ihrer Frage zugrun- de liegt. Vizepräsident Höhn: Eine weitere Nachfrage? Eine geht noch. Vizepräsident Höhn: Herzlichen Dank, Herr Minister. Wir kommen zur nächsten Frage in Drucksache 6/459. Die Fra- 850 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Vizepräsident Höhn) gestellerin ist Frau Abgeordnete Liebetrau, CDU- bedeutsame Ziele hingewiesen wird. Werbung oder Fraktion. Inhalte, die als solche missverstanden werden kön- nen, sind hier unzulässig. Abgeordnete Liebetrau, CDU: Nunmehr zur Beantwortung Ihrer Fragen. Beschilderung der 3. Thüringer Landesgartenschau Zu Frage 1: Wurde die Möglichkeit der Ausschilde- in Schmalkalden rung an der A 71 konkret geprüft, und wenn ja, mit Im Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und welchem Ergebnis? Folgende Antwort: Entspre- Forsten hat die Landesregierung zum Stand der chend dem Antrag der Landesgartenschau Schmal- Vorbereitungen der Landesgartenschau 2015 in kalden 2015 GmbH vom 9. April 2014 wurden die Schmalkalden informiert und auf Nachfrage über ei- Möglichkeiten einer Ausschilderung an der A 71 ne Vereinbarung zur Ausschilderung mit touristi- durch das Thüringer Landesamt für Bau und Ver- schen Hinweistafeln an der Autobahn (A) 4 berich- kehr geprüft. Ergebnis dieser Prüfung ist, dass auf tet. In der Region besteht ein hohes Interesse, eine der Autobahn A 71 in Fahrtrichtung Schweinfurt an solche Werbung auch auf der A 71 (Anbindungen der Anschlussstelle Suhl/Zella-Mehlis eine Aus- der Abfahrten bei Oberhof und Meiningen) zu er- schilderung erfolgen kann. Da in Fahrtrichtung Er- möglichen. furt an der Anschlussstelle Meiningen Nord der Au- tobahn A 71 im betreffenden Zeitraum Baumaßnah- Ich frage die Landesregierung: men durchgeführt werden, entfiel im Einvernehmen 1. Wurde die Möglichkeit der Ausschilderung an der mit der Landesgartenschau Schmalkalden 2015 A 71 konkret geprüft, und wenn ja, mit welchem Er- GmbH eine Ausschilderung. gebnis, und wenn nein, warum nicht? Zu Frage 2: Wer ist für die Ausschilderung verant- 2. Wer ist für die Ausschilderung verantwortlich? wortlich? Dafür ist die Landesgartenschau Schmal- kalden 2015 GmbH als Antragsteller verantwortlich. 3. Wird eine Ausschilderung erfolgen, und falls ja, wann? Zu Frage 3: Wird eine Ausschilderung erfolgen, und falls ja, wann? Die Ausschilderung erfolgt im Zeit- 4. Wo genau sollen sich die Standorte der Hinweis- raum vom 16. April bis 9. Oktober 2015. schilder befinden? Zu Frage 4: Wo genau sollen sich die Standorte der Hinweisschilder befinden? Die Standorte der Hin- Vizepräsident Höhn: weisschilder befinden sich auf der Autobahn A 4 in Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Fahrtrichtung Dresden bei Kilometer 249/15 vor Keller. dem 1.000-Meter-Schild zur Ausfahrt Gotha-Box- berg, auf der Autobahn A 4 in Fahrtrichtung Frank- Keller, Ministerin für Infrastruktur und Landwirt- furt bei Kilometer 245/5 vor dem 1.200-Meter-Schild schaft: zur Ausfahrt Gotha-Boxberg und auf der Autobahn A 71 in Fahrtrichtung Schweinfurt bei Kilome- Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen ter 124/5 kurz nach dem Hochwaldtunnel. und Herren! Sehr geehrte Frau Liebetrau, bevor ich zur Beantwortung der einzelnen Fragen komme, Vizepräsident Höhn: möchte ich grundsätzlich auf Folgendes hinweisen: Bei der in Rede stehenden Ausschilderung handelt Vielen Dank, Frau Ministerin. Es gibt offensichtlich es sich um sogenannte nichtamtliche Hinweiszei- eine Nachfrage. Frau Liebetrau, bitte. chen. Grundlage hierfür sind die Richtlinien für die Aufstellung von nicht amtlichen Wegweisern für Abgeordnete Liebetrau, CDU: Messen, Ausstellungen, sportliche und ähnliche temporäre Großveranstaltungen. Diese Schilder Wurde auch die Möglichkeit, so ein Hinweisschild sind also weder Werbung noch touristische Hin- an der Abfahrt Oberhof aufzustellen, geprüft? Kön- weistafeln, sondern sie dienen den Verkehrsteilneh- nen Sie dazu etwas sagen, weil direkt über die Ab- mern für den Zeitraum der Veranstaltung der Lan- fahrt Oberhof ein großer Verkehrsstrom Richtung desgartenschau zur besseren Orientierung. Die in Zella-Mehlis/Schmalkalden erfolgt? der Mündlichen Anfrage angesprochenen touristi- schen Hinweistafeln, oft auch als braune Unterrich- Keller, Ministerin für Infrastruktur und Landwirt- tungstafeln bezeichnet, unterliegen anderen ge- schaft: setzlichen Regelungen. Für die Aufstellung von tou- Das kann ich so jetzt nicht sagen. Die Überprüfun- ristischen Unterrichtungstafeln sind die Richtlinien gen, die durchgeführt wurden, sind genannt wor- für die touristische Beschilderung aus 2008 zu be- den. Ich kann aber gern dort auch noch mal nach- achten. In diesen ist geregelt, dass auf Autobahnen fragen lassen. mit den touristischen Hinweistafeln (Zeichen 386.3 der Straßenverkehrs-Ordnung) nur auf touristisch Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 851

Vizepräsident Höhn: den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft ist ein wichtiger Aspekt der Arbeit der Landesregierung. Ich könnte die Frage zwar jetzt beantworten, aber Der Ministerpräsident hat an einer Demonstration ich darf es nicht, weil ich da jeden Tag lang fahre. teilgenommen. Diese fand am 7. Februar 2015 in Vielen Dank, Frau Ministerin. Andere Nachfragen statt und stand unter der Überschrift „Wei- sehe ich in diesem Zusammenhang nicht. Wir kom- mar gegen Rechts“. men zur nächsten Frage in der Drucksache 6/478, Fragesteller Herr Abgeordneter Brandner, AfD- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Fraktion. Der Ministerpräsident befand sich auf der Rückfahrt der Mitteldeutschen Handwerksmesse in Abgeordneter Brandner, AfD: und hätte in jedem Fall die Anschlussstelle Weimar Herr Vizepräsident, meine Damen und Herren! passiert. Auch Herr Minister Tiefensee hat an einer Demonstration teilgenommen. Es handelte sich da- Nutzung von Dienstfahrzeugen zur Demonstrati- bei um die Gegendemonstration zur Legida-De- onsteilnahme durch Mitglieder der Landesregie- monstration in Leipzig am 12. Januar 2015. Er ist rung? an diesem Tag von Erfurt angereist und anschlie- Es ist zu vernehmen, dass Mitglieder der Thüringer ßend nach Bitterfeld abgereist. Zudem hat Frau Mi- Landesregierung in ihrer Eigenschaft als solche bei nisterin Dr. Klaubert am 12. Januar an einer Kund- öffentlichen Versammlungen in geschlossenen gebung des Bündnisses „Südthüringen bleibt bunt“ Räumen, unter freiem Himmel und Aufzügen (nach- teilgenommen. Ihre Anreise erfolgte von Erfurt nach folgend „Demonstrationen“ genannt) zugegen wa- Suhl und die Abreise von Suhl nach . ren. Schließlich habe auch ich, Ministerin Taubert, als Vertreterin der Landesregierung am 12. Januar und Ich frage die Landesregierung: 9. Februar 2015 in Suhl jeweils an der Kundgebung 1. Welche Mitglieder der Thüringer Landesregie- des Bündnisses „Südthüringen bleibt bunt“ teilge- rung haben vom 5. Dezember 2014 bis heute an nommen. Ich bin jeweils von und nach Erfurt an- welchen Demonstrationen (nach Ort, Zeit und Ge- und abgereist. Darüber hinaus hat der Minister für genstand) teilgenommen oder waren bei Demon- Migration an folgenden Demonstrationen teilge- strationen anwesend? nommen: Am 12. Januar 2015 an der No-Sügida- Veranstaltung in Suhl, 2. Von wo nach wo erfolgte wie die An- bzw. Abrei- se von Mitgliedern der Thüringer Landesregierung? (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) 3. Falls eine An- bzw. Abreise mit dem Pkw erfolg- te, handelte es sich hierbei um Dienstfahrzeuge mit am 20. April 2015 am bunten Fest in der Erstauf- beim Freistaat Thüringen beschäftigten Fahrern? nahmestelle und am Friedensgebet in Eisenberg 4. Welche Mitglieder der Landesregierung sind, be- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zogen auf Frage 3, mit einem Dienstfahrzeug an- NEN) bzw. abgereist? und am 23. März 2015 an der Veranstaltung „No Thügida“ in Erfurt. Die An- und Abreise erfolgte Vizepräsident Höhn: jeweils von bzw. nach Erfurt. Vielen Dank. Übrigens nur zur Information, wenn Zu Fragen 3 und 4: Die genannten Mitglieder der Sie das Präsidium ansprechen, dann bitte mit „Herr Landesregierung sind jeweils mit Dienstfahrzeugen, Präsident“, das ist so nach Protokoll – kein Pro- welche von vom Freistaat beschäftigten Fahrern blem. Jetzt hat das Wort Frau Ministerin Taubert geführt wurden, zu den Veranstaltungen an- und vom Finanzministerium zur Antwort der Landesre- abgereist. gierung. Vizepräsident Höhn: Taubert, Finanzministerin: Es gibt eine Nachfrage vom Abgeordneten Brand- Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und ner. Bitte schön. Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Brandner beantworte ich für die Lan- Abgeordneter Brandner, AfD: desregierung wie folgt: Frau Ministerin, sind Sie der Auffassung, dass das Die Fragen 1 und 2 beantworte ich zusammen: Das im Grundgesetz verankerte Demonstrations- oder Kabinett hat sich darauf verständigt, dass möglichst Versammlungsrecht eher ein Recht ist, das dem ein Vertreter der Landesregierung an den Demon- Bürger eingeräumt, oder eher ein Recht ist, das der strationen gegen Ausländer und islamfeindliche De- Exekutive zugestanden wird? monstrationen teilnimmt, um sich der Auseinander- setzung vor Ort zu stellen. Das Engagement für 852 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Brandner) (Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Nur chennummer 6/486, Herr Abgeordneter Kowalleck dem Bürger, die sich aber in der Exekutive von der CDU-Fraktion. auch wiederfinden!) Abgeordneter Kowalleck, CDU: Vizepräsident Höhn: Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Ministerin. Finanzierung einer Drehleiter für die Freiwillige (Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie müssen Feuerwehr Gräfenthal die Frage nicht beantworten, Sie sind noch Die vorhandene Drehleiter der Freiwilligen Feuer- kein Minister, Gott sei Dank!) wehr Gräfenthal, Baujahr 1981, musste laut Pres- Die Frau Ministerin hat das Wort. seberichten aufgrund erheblicher Mängel stillgelegt werden. Die Vorhaltung einer Drehleiter ist jedoch Taubert, Finanzministerin: aufgrund der Risikogruppeneinstufung dringend er- forderlich. Die Stadt Gräfenthal ist wegen der ange- Ich nehme an, Sie gehen auf die Neutralitätspflicht spannten Haushaltssituation nicht in der Lage, die … Ist das so Ihre Intention dazu? Eigenmittel für ein Neufahrzeug aufzubringen. (Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Auch!) Nachdem im Januar 2015 ein Wohnhaus im Stadt- kern in Flammen stand, sind die Kameraden der Ja. Trotz der Neutralitätspflicht des Staates oder Freiwilligen Feuerwehr mit verschiedenen Aktionen richtigerweise das Gebot der Nichtidentifikation des um Spenden bemüht, damit zumindest ein ge- Staates dürfen auch Staatsorgane, also auch die brauchtes Drehleiterfahrzeug angeschafft werden Landesregierung, Öffentlichkeitsarbeit betreiben, kann. das heißt, sich und die eigene Arbeit der Bevölke- rung vorstellen. Diese Öffentlichkeitsarbeit findet Ich frage die Landesregierung: erst ihre Grenzen dort, wo die Wahlwerbung be- 1. Wie beurteilt die Landesregierung die aktuelle ginnt. Das bedeutet, sie können sich dazwischen Fahrzeugsituation der Freiwilligen Feuerwehr Grä- überall bewegen. fenthal? 2. Welche zusätzlichen Möglichkeiten sieht die Lan- Vizepräsident Höhn: desregierung, die Stadt Gräfenthal und die Freiwilli- Eine weitere Nachfrage, Herr Abgeordneter Brand- ge Feuerwehr bei der Lösung des Finanzierungs- ner. problems der Drehleiter zu unterstützen? 3. Warum wird die Anschaffung einer gebrauchten Abgeordneter Brandner, AfD: Drehleiter für die Freiwillige Feuerwehr Gräfenthal Und wie schätzen Sie die Tatsache ein, dass die nicht vom Freistaat Thüringen gefördert? Mitglieder der Landesregierung auf Steuerzahler- 4. Welchen Änderungsbedarf sieht die Landesre- kosten, nämlich durch Benutzung ihrer Dienstwa- gierung hinsichtlich der Fördermöglichkeiten für gen und der Fahrer, an solchen Demonstrationen Feuerwehrfahrzeuge? teilnehmen? (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Aber Vizepräsident Höhn: die Demonstranten müssen dann bezahlen!) Für die Landesregierung antwortet vom Ministerium für Inneres und Kommunales Herr Staatssekretär Vizepräsident Höhn: Götze. Frau Ministerin, bitte schön. Götze, Staatssekretär: Taubert, Finanzministerin: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen Da es Dienstfahrten sind, also das heißt, dass sie und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordne- im Dienst sind, steht ihnen natürlich als Ministerin ten Kowalleck beantworte ich für die Landesregie- und Minister auch der Dienstwagen mit Fahrer zu. rung wie folgt: (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Wie Zu Frage 1: Der zuständigen unteren Aufsichtsbe- können Sie der Finanzministerin so eine Fra- hörde liegt ein Stadtratsbeschluss der Einheitsge- ge stellen?) meinde Stadt Gräfenthal vor, dass diese gemäß der Feuerwehr-Organisationsverordnung in die Risiko- klasse BT 2 eingestuft wurde und derzeit über die Vizepräsident Höhn: danach geforderte Mindestausrüstung verfügt. Auf- Vielen Dank. Gibt es weitere Nachfragen? Das se- grund des bisherigen Vorhandenseins eines Hub- he ich nicht. Die nächste Frage mit der Drucksa- rettungsfahrzeugs hat die zuständige Bauaufsicht Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 853

(Staatssekretär Götze) des Landkreises Erleichterungen im Rahmen des Gewährleistung noch überholt werden, ist nicht ab- Baugenehmigungsverfahrens hinsichtlich eines sehbar, ob sie für die Dauer der mit der Zuwendung zweiten baulichen Rettungswegs bei verschiedenen auferlegten Bindungsfrist von zehn Jahren auch Objekten zugelassen, da das gemeindliche Einver- noch eingesetzt werden können. Mit dieser bisher nehmen zu diesem Sachverhalt hergestellt war. Da- geübten Förderpraxis wurden bislang nur positive mit hat sich die Gemeinde im Rahmen der kommu- Erfahrungen gemacht. Letztlich sollte nicht verges- nalen Selbstverwaltung zur Vorhaltung eines Hub- sen werden, dass moderne, zeitgemäße Technik rettungsfahrzeugs für Rettungshöhen über 8 Meter sowohl Motivation für das Ehrenamt als auch Aus- positioniert bzw. verpflichtet. druck dessen Wertschätzung ist. Zu Frage 2: Da der abwehrende Brandschutz origi- Zu Frage 4: Es ist beabsichtigt, die geltende Richtli- näre Aufgabe der kommunalen Gebietskörper- nie zur Gewährung von Zuwendungen des Frei- schaften ist, haben die Gemeinden nach § 44 staats Thüringen für die Förderung des Brandschut- Abs. 1 Thüringer Brand- und Katastrophenschutz- zes und der Allgemeinen Hilfe unter anderem hin- gesetz alle notwendigen Kosten grundsätzlich sichtlich einer Anpassung der Festbeträge für Feu- selbst zu tragen. Das Land kann gemäß Thüringer erwehrfahrzeuge an die aktuelle Preisentwicklung Brand- und Katastrophenschutzgesetz den kommu- auf dem Markt anzupassen. Vielen Dank für Ihre nalen Aufgabenträgern nach Maßgabe des Haus- Aufmerksamkeit. haltsplans aus Landesmitteln auf Antrag Zuwen- dungen gewähren. Die Gemeinde kann gemäß der Vizepräsident Höhn: Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen des Freistaats Thüringen für die Förderung des Brand- Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Gibt es Nachfra- schutzes und der Allgemeinen Hilfe Fördermittel für gen? Herr Abgeordneter Kowalleck. die nach der Thüringer Feuerwehr-Organisations- verordnung notwendigen Fahrzeuge beantragen. Abgeordneter Kowalleck, CDU: Ein entsprechender Zuwendungsantrag wurde bis- Danke, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung her beim Landesverwaltungsamt durch die Gemein- der Fragen. Inwieweit sieht denn die Landesregie- de Gräfenthal nicht eingereicht. Darüber hinaus rung die Anmietung von Feuerwehrtechnik wie im besteht grundsätzlich für die Gemeinden die Mög- Fall von Gräfenthal als eine vertretbare Lösung an? lichkeit, eine Bedarfszuweisung zur Haushaltskon- solidierung nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 Thüringer Fi- nanzausgleichsgesetz zu erhalten, sofern die erfor- Götze, Staatssekretär: derlichen Voraussetzungen vorliegen. Eine unab- Die Anmietung von Feuerwehrtechnik – mir ist nicht dingbare Voraussetzung hierfür ist die Vorlage ei- bekannt, dass so etwas förderfähig wäre. Ich habe nes beschlossenen und genehmigten Haushaltssi- schon darauf hingewiesen, dass es möglich ist, mit cherungskonzepts. Im Rahmen des Konzepts kön- anderen Gemeinden eine Zusammenarbeit einzu- nen unabweisbare Investitionen im Pflichtaufgaben- gehen. Unbedingte Voraussetzung dafür ist natür- bereich wie der Kauf einer Drehleiter berücksichtigt lich, dass die Hilfsfristen bei den anderen Gemein- werden. Zudem besteht im Rahmen der gegenseiti- den eingehalten werden können. Wenn Sie da gen Hilfe die Möglichkeit, mit Nachbargemeinden, einen konkreten Beispielfall jetzt vor Augen haben, die über die jeweilige Technik verfügen, entspre- würde ich Sie bitten, mir den einfach mal mitzutei- chende Vereinbarungen zu treffen. Dies setzt aller- len, damit das geprüft werden kann. dings voraus, dass die jeweiligen Einsatzgrundzei- ten eingehalten werden. Vizepräsident Höhn: Zu Frage 3: Der Freistaat setzt bei der Förderung Danke sehr. Eine Nachfrage, Herr Kowalleck? vor allem auf eine nachhaltige Ausrüstung und Aus- stattung bei den Feuerwehren. Die Aufgabenträger sollen dadurch angehalten werden, moderne, leis- Abgeordneter Kowalleck, CDU: tungsfähige und langfristig einsetzbare Fahrzeug- Ja, danke, Herr Präsident. Sie hatten schon das technik zu beschaffen. Lassen Sie mich kurz dazu Thema „Bedarfszuweisungen“ in der Beantwortung die Beweggründe erläutern. Der Kauf von ge- erwähnt. Inwieweit hat denn die Stadt Gräfenthal brauchten Sonderfahrzeugen ist immer mit Unwäg- die Möglichkeit einer Kreditaufnahme für dieses barkeiten verbunden. Es gibt in diesem Segment Feuerwehrfahrzeug bzw. einer gezielten Bedarfszu- keinen Zweitmarkt wie bei handelsüblichen Nutz- weisung für die Anschaffung eines Feuerwehrfahr- fahrzeugen. Es handelt sich meist um Fahrzeuge zeugs? von Kommunen, die in der Regel nach erheblicher Nutzungsdauer aufgrund von Verschleiß oder we- gen überalterter Technik von der jeweiligen Ge- Vizepräsident Höhn: bietskörperschaft ausgesondert wurden. Auch Herr Staatssekretär. wenn die Gebrauchtfahrzeuge zur Absicherung der 854 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

Götze, Staatssekretär: 4. Ist in der geplanten Verdreifachung der für die Windkraftnutzung verfügbaren Landesfläche von Die Kreditaufnahme hängt von der haushalteri- 0,3 auf 1 Prozent bereits der Flächenverbrauch für schen Situation der Gemeinde ab. Wenn das ge- den notwendigen Netzanschluss einschließlich der nehmigungsfähig ist, dürfte dem nichts im Weg ste- Zuwegungen für den Bau der Anlagen, begehbare hen. Ich vermute aber, dass hier haushalterische Flächen für Erdkabel, zusätzliche Freileitungs- Schwierigkeiten da sind, sonst hätte die Gemeinde, schneisen für 20-kV- und 110-kV-Stromleitungen, was ihre Pflicht ist, schon vor längerer Zeit so ein Umspannwerke, Transformatoren sowie Energie- Fahrzeug angeschafft. Das ist kein Ereignis, was speicher wie Pumpspeicher oder Druckluftspeicher von heute auf morgen eintritt, sondern man weiß ei- inbegriffen? gentlich, wann Fahrzeuge in diesem Bereich außer Dienst gestellt und neu beschafft werden müssen. Zu den konkreten Förderungen kann ich nur sagen: Vizepräsident Höhn: Die Gemeinde muss es prüfen und einen entspre- Für die Landesregierung antwortet Herr Staatsse- chenden Antrag dann beim Landesverwaltungsamt kretär Möller. stellen, dann wird es dort geprüft und beschieden werden. Wir haben selbstverständlich auch ein Möller, Staatssekretär: großes Interesse daran, dass die Gemeinde die notwendige Technik beschaffen kann. Wir werden Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren das auch unterstützen, aber nur im Rahmen des Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Krumpe, die gesetzlich Möglichen. Mündliche Anfrage beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt: Vizepräsident Höhn: Zu Frage 1: Die Versorgung der Allgemeinheit mit Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Weitere Nachfra- Elektrizität ist nach dem Energiewirtschaftsgesetz gen sehe ich nicht. Die nächste Anfrage in der natürlich zuallererst einmal Aufgabe der Energie- Drucksache 6/487 kommt von Herrn Abgeordneten versorgungsunternehmen. Diese sorgen unter den Krumpe, AfD-Fraktion. von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen für den Ausgleich von Stromangebot und Stromnach- frage. Regulierungsaufgaben in diesem Zusam- Abgeordneter Krumpe, AfD: menhang obliegen der Bundesnetzagentur und den Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen Regulierungsbehörden der Länder. Die Länder sind und Herren Abgeordnete! in den Planungen zur Sicherung der Grundlast in keiner Weise initiativ. Aus Sicht der Landesregie- Energie- und umweltpolitische Konsequenzen aus rung stehen zur Deckung der Nachfrage neben dem Ausbau erneuerbarer Energien Wind und Photovoltaik weitere erneuerbare Ener- Die Landesregierung plant eine Verdreifachung der gieträger wie zum Beispiel Biomasse sowie ver- Stromerzeugung aus Windenergie. 2040 soll der schiedene Speichertechnologien zur Verfügung. Freistaat Thüringen seinen Stromverbrauch kom- Dazu gehören natürlich auch Pumpspeicherwerke plett aus erneuerbaren Energien decken. Stromer- ebenso wie neue Technologien, zum Beispiel zeugung aus Windkraft ist nicht grundlastfähig und Power to Gas, an deren Erforschung sich Thürin- führt zu einer sporadischen Stromeinspeisung in gen seit Langem aktiv beteiligt. die Netze. Ich würde die Fragen 2 und 3 gemeinsam beant- Ich frage die Landesregierung: worten: Pumpspeicher- und langfristig auch Druck- luftkraftwerke können neben den erneuerbaren 1. Mit welcher Speichertechnik will die Landesregie- Energien und weiteren Speichertechnologien ein rung im Falle von Wetterlagen, bei denen die Baustein sein, um die Grundlast zu sichern. Spei- Stromeinspeisung durch Windkraft- und Photovol- chertechnologien der unterschiedlichsten Art haben taik-Anlagen nicht gewährleistet werden kann, die darüber hinaus im Rahmen der Sicherung der Sys- Grundlast sichern? temstabilität unterschiedliche aus ihren jeweils spe- 2. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass zifischen Eigenschaften resultierende Aufgaben, durch Errichtung von Pumpspeicher- und Druckluft- die vom Ausgleich von Aufkommensenken oder kraftwerken eine dauerhafte Sicherung der Grund- -spitzen bis hin zum Neustart zum Beispiel nach last ohne Zukauf von Strom aus konventionellen Systemausfällen bei der sogenannten Schwarz- Kraftwerken gewährleistet werden kann, und wie startfähigkeit reichen. begründet die Landesregierung ihre jeweilige Auf- Zu Frage 4: Das Ziel der Landesregierung besteht fassung? in der geplanten – wie Sie es auch richtig gesagt 3. Sofern Frage 2 bejaht wird, wie viele Pumpspei- haben – Verdreifachung der für die Windkraftnut- cher- und Druckluftkraftwerke wären notwendig, um zung zur Verfügung stehenden Landesfläche von die Grundlast in Thüringen zu sichern? rund 0,3, wie es in den bisher geltenden Regional- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 855

(Staatssekretär Möller) plänen vorgesehen war, auf etwa 1 Prozent. Diese tiger Aufgabenbereiche (Hartz IV, Sonderbedarfs- Aussage bezieht sich ausschließlich auf das Flä- Bundesergänzungszuweisungen, Sozialhilfelasten- chenvolumen vorhandener und noch auszuweisen- ausgleich und Familienleistungsausgleich) beim der Windvorranggebiete in den Regionalplänen mit Kommunalen Finanzausgleich gibt. der Eigenschaft von Eignungsgebieten im Rahmen Ich frage die Landesregierung: der regionalen Entwicklungspläne. 1. Aus welchen Gründen wurde solch eine Ver- Vizepräsident Höhn: schlüsselung eingeführt? Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Eine Nachfrage, 2. Plant die Landesregierung die Abschaffung der Herr Abgeordneter Krumpe. Verschlüsselung, um für eine erhöhte Transparenz beim Kommunalen Finanzausgleich zu sorgen? Abgeordneter Krumpe, AfD: Vizepräsident Höhn: Herr Staatssekretär Möller, habe ich Sie richtig ver- standen, dass es Aufgabe der Bundesnetzagentur Für die Landesregierung antwortet Herr Staatsse- ist, Ideen aufzuzeigen, wie die Landesregierung bis kretär Götze. 2040 vollständig aus erneuerbaren Energien den Energiebedarf decken kann? Götze, Staatssekretär: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen Möller, Staatssekretär: und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordne- Nein, Sie haben mich nicht richtig verstanden. ten Henke beantworte ich für die Landesregierung wie folgt: Abgeordneter Krumpe, AfD: Zu Frage 1: Vor der Systemumstellung im Kommu- nalen Finanzausgleich ab dem Jahr 2013 wurde ein Können Sie es bitte noch einmal ausführen? großer Teil der Mittel der Finanzausgleichsmasse völlig unabhängig von der Finanzkraft verteilt. Im Möller, Staatssekretär: Rahmen der Reform des Kommunalen Finanzaus- Es war von Ihnen gefragt worden, mit welcher Spei- gleichs wurden die Zuweisungen für die Bereiche chertechnik will die Landesregierung im Fall von SGB II und SGB XII in die Schlüsselmasse für die Wetterlagen usw. – die Landesregierung sieht da Kreisaufgaben überführt. Ziel der Reform der kom- nicht die Aufgabe, Speichertechnik zu betreiben, munalen Finanzbeziehungen war, durch stärkere sondern es ist in erster Linie Aufgabe der Energie- Berücksichtigung der eigenen kommunalen finanzi- versorgungsunternehmen, an der Stelle initiativ zu ellen Leistungsfähigkeit der Kommunen, insbeson- werden und eben diesen Ausgleich von Stromange- dere der eigenen Steuern, den Finanzausgleich bot und Stromnachfrage zu organisieren, und die verteilungsgerechter zu gestalten. Damit wurde ei- Politik setzt Rahmenbedingungen dafür. Das hat ne Empfehlung des Gutachtens des Niedersächsi- sie ja mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zum schen Instituts für Wirtschaftsforschung zur Über- Beispiel gemacht und dort auch natürlich bestimmte prüfung des Kommunalen Finanzausgleichs im Entwicklungen angeregt. Aber die Umsetzung ob- Freistaat Thüringen aus dem Jahr 2012 aufgegrif- liegt nicht der Landesregierung, sondern den Ener- fen, die vorsah, künftig verschiedene besondere Er- gieversorgungsunternehmen. gänzungszuweisungen in die Schlüsselmasse zu integrieren und damit finanzkraftabhängig auszurei- chen. Finanzschwache Kommunen profitieren von Vizepräsident Höhn: dieser größeren Umverteilungswirkung. Um den- Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Weitere Nachfra- noch neben der Finanzkraft auch die unterschiedli- gen sehe ich nicht. Die nächste Frage trägt Herr chen Belastungen im Sozialbereich zu berücksichti- Abgeordneter Henke von der AfD-Fraktion in der gen, wurde ein Soziallastenansatz im Schlüsselzu- Drucksache 6/489 vor. weisungssystem eingeführt. Dieser beinhaltete, dass neben der Finanzkraft und den Einwohnern Abgeordneter Henke, AfD: seither auch die Bedarfsgemeinschaften und die Hilfeempfänger von Eingliederungshilfen für behin- Vielen Dank, Herr Präsident. derte Menschen entscheidend für die Höhe der Verschlüsselung wichtiger Aufgabenbereiche im Schlüsselzuweisungen sind. Kommunalen Finanzausgleich Ein weiterer Grund für die Verschlüsselung ist auch Den Forderungen des Thüringischen Landkreistags in der Rechtsprechung des Thüringer Verfassungs- 2014 (vergleiche Forderungen des Thüringischen gerichtshofs zu finden. Wird wie im vorliegenden Landkreistags 2014, Seite 19) habe ich entnom- Fall auf einzelne zweckgebundene und selbstver- men, dass es seit 2013 eine Verschlüsselung wich- waltungsbeeinträchtigende Zuweisungen zuguns- 856 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Staatssekretär Götze) ten allgemeiner frei verfügbarer Zuweisungsmittel 1. Wie ist der Stand und wie ist die Zeitschiene der der einzelnen Kommunen verzichtet, werden die Ei- Planung, die eine dauerhafte Lösung für die betrof- genverantwortung und die Selbstverwaltung der fenen Bürgerinnen und Bürger in Rositz finden soll? einzelnen Kommunen gestärkt. Der Verzicht auf 2. Wie werden die betroffenen Bürgerinnen und Zweckbindung bedeutet mehr Flexibilität für die Bürger in Rositz über diesen Prozess informiert und kommunalen Haushalte. Mit dem Wegfall verschie- daran beteiligt? dener Zuweisungsstränge wird zudem noch ein Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung bei Land und 3. Wie werden die vom Land angebotenen Lottomit- Kommunen geleistet. tel als Umzugskostenhilfe wahrgenommen? Zu Frage 2: Die Überlegungen zur Novellierung des 4. Wie ist der Stand der Verhandlungen mit dem Thüringer Finanzausgleichsgesetzes sind noch Bund und was wurde dabei bislang erreicht? nicht abgeschlossen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Präsident Carius: Für die Landesregierung antwortet das Ministerium Präsident Carius: für Umwelt, Energie und Naturschutz, Herr Staats- sekretär Möller. Ich sehe noch eine Frage von Herrn Henke. Bitte. Möller, Staatssekretär: Abgeordneter Henke, AfD: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen Ich verstehe Sie richtig: Sie beschäftigen sich da- und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Rothe- mit, um das wieder in den Urzustand zu setzen? Beinlich, im Namen der Landesregierung beantwor- te ich die Mündliche Anfrage wie folgt: Götze, Staatssekretär: Zu Frage 1: Die Erstellung der Planungsgrundlagen Wir beschäftigen uns damit. Das Ergebnis will ich wurde von den Planern fristgemäß abgeschlossen hier nicht vorwegnehmen. und vor drei Tagen, am 27. April, an die Auftragge- ber, in diesem Fall die LMBV – die Lausitzer und Abgeordneter Henke, AfD: Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH – und das Thüringer Ministerium für Umwelt, Okay. Ich habe das erkannt. Danke. Energie und Naturschutz, übergeben. Nachdem diese Grundlage, die jetzt übergeben wurde, ge- Präsident Carius: prüft und einvernehmlich akzeptiert wurde, steht als Vielen Dank. Wir kommen damit zur Anfrage der nächster Schritt die Erarbeitung einer Vorzugsvari- Frau Abgeordneten Rothe-Beinlich in der Drucksa- ante an. Ziel ist die bautechnische Sicherung von che 6/494. den vom Grundwasserwiederanstieg beeinflussten Gebäuden sowie die langfristige Sicherung des Gerstenbachs. Vertraglich ist hierfür das Ende des Abgeordnete Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE II. Quartals 2015 geplant. GRÜNEN: Zu Frage 2: Die Bürgerinitiative, die Gemeinde und Aktueller Stand der Planungen beim Altlastengroß- die Wohnbaugesellschaft wurden seit Auftragsertei- projekt Rositz lung im November 2014 über Ziel, Umfang und Ver- Der Petitionsausschuss des Thüringer Landtags hat lauf der Planung und dann auch über den Stand je- sich am 23. März 2015 im Rahmen einer öffentli- weils ausführlich informiert. Das Thüringer Ministe- chen Anhörung mit einem Anliegen zum Altlasten- rium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat mit problem der ehemaligen Teerverarbeitung in Rositz den Beteiligten eine Planergruppe eingerichtet, die beschäftigt. Das Thüringer Ministerium für Umwelt, die bisherigen Arbeiten und detaillierten Untersu- Energie und Naturschutz hat im Nachgang der Aus- chungen begleitet und auch natürlich mit der Orts- schusssitzung mitgeteilt, dass die Landesregierung kenntnis und den eigenen Kenntnissen, die da in Mietern in einem von starker Raumluftbelastung be- den letzten Jahren entstanden sind, und Informatio- troffenen Wohnblock finanzielle Hilfe für einen Um- nen, die vorhanden sind, unterstützt. Es fanden mit zug in unbelastete Wohnungen zur Verfügung stellt. den Planern gemeinsam mehrere Treffen in ver- Dazu sollen zunächst 40.000 Euro aus Lottomitteln schiedenen Konstellationen in großen und kleinen bereitgestellt werden. Zudem hat die Landesregie- Runden statt. rung erklärt, dass sie beabsichtigt, vom Bund die Die nun vorgelegten Planungsgrundlagen werden Mitfinanzierung für den Ortsteil Schelditz zu bekom- selbstverständlich in der Planergruppe erörtert. Die men. Fragen der Bürgerinnen und Bürger werden beant- Ich frage die Landesregierung: wortet. Im Ergebnis der Fragen und Diskussionen kann es auch möglich sein, dass eine Überarbei- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 857

(Staatssekretär Möller) tung dieser Planungsgrundlagen erforderlich wird. Abgeordneter Kummer, DIE LINKE: Dieses Prozedere der Beteiligung der Bürgerinnen Herr Staatssekretär, Sie sprachen an, dass es zu und Bürger kann natürlich auch zu einer Verzöge- den Planungsgrundlagen jetzt eine transparente rung bei der Abnahme der Planungsgrundlagen Diskussion gibt und eventuell noch eine Überarbei- und dann auch zu einer Verzögerung in den Folge- tung erfolgen kann. Wie sehen Sie denn in dem Zu- schritten führen. Aber im Sinne der Transparenz sammenhang gerade auch bezüglich der Zustän- und auch der Akzeptanz des Vorgehens ist es aus digkeit für die Sanierung der Altlast in Rositz die unserer Sicht notwendig und auf jeden Fall auch zu Aufgabenverteilung zwischen Ministerium und dem tolerieren. zuständigen Landratsamt? Zu Frage 3: Die Landesregierung hat sich bereit er- klärt, im Rahmen einer freiwilligen Leistung den Möller, Staatssekretär: Umzug von elf betroffenen Mietparteien – das sind die, die jetzt noch unmittelbar betroffen sind – in un- Die Frage der Zuständigkeit wird im Koalitionsver- belastete Wohnungen zu ermöglichen. Um zeitin- trag eindeutig angesprochen. Wir streben die Rück- tensive Abstimmungen zu vermeiden, wurde inner- übertragung der Zuständigkeit auf das Land an. Da- halb der Landesregierung besprochen, dass unser zu gibt es im Moment Untersuchungen und wir wer- Ministerium das gesamte Antrags- und Bewilli- den da Schritt für Schritt vorangehen. gungsverfahren übernimmt. Mit Bewilligungsbe- scheid vom 17. April hat das Thüringer Ministerium Präsident Carius: für Umwelt, Energie und Naturschutz der Rositzer Weitere Fragen sehe ich nicht, sodass ich Ihnen Wohnungsbaugesellschaft eine Zuwendung in Hö- herzlich danke, Herr Staatssekretär. Dann kommen he von bis zu 40.000 Euro aus Lottomitteln ge- wir zur Frage des Abgeordneten Kuschel in der währt. Die Rositzer Wohnungsbaugesellschaft hat Drucksache 6/496. Sie haben das Wort, Herr Ku- die Unterstützung der Landesregierung sehr positiv schel. aufgenommen und es ist beabsichtigt, dass die be- troffenen Mietparteien zügig, bis spätestens zum Sommer 2015, umziehen werden. Abgeordneter Kuschel, DIE LINKE: Zu Frage 4: Der Bund hat stets die Auffassung ver- Danke, Herr Präsident. treten, dass Gespräche über die konkrete Ausge- Bedarfszuweisungen für die Erstellung von Haus- staltung einer finanziellen Beteiligung bei künftigen haltssicherungskonzepten Maßnahmen in Rositz und auch in Schelditz nicht vor Abschluss der Grundlagenermittlung geführt Unter bestimmten Voraussetzungen müssen Kom- werden können. Diese Auffassung der Bundesre- munen Haushaltssicherungskonzepte aufstellen. gierung kann man auch nachlesen in der Antwort Die Erstellung derartiger Haushaltssicherungskon- vom 29.12.2014 zu einer Kleinen Anfrage der Frak- zepte kann auch durch Dritte erfolgen, ist dann tion Die Linke im Deutschen Bundestag, dort aber mit Kosten verbunden. Drucksache 18/3668. Die Abnahme und der Ab- Die erstellten Haushaltssicherungskonzepte bedür- schluss der Grundlagenermittlung stehen, wie be- fen der Genehmigung durch die zuständige Rechts- reits zu Frage 1 ausgeführt, unmittelbar bevor. Die aufsichtsbehörde. Landesregierung plant deshalb, mit der Geschäfts- führung der Bundesgesellschaft LMBV Ende 2015 Die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde hat der ein entsprechendes Gespräch zu führen. Hier soll Stadt Arnstadt mit Schreiben vom 27. März 2015 neben Fragen zum Umfang einer finanziellen Betei- mitgeteilt, dass es möglich ist, diese Kosten für die ligung auch die Frage der Projektträgerschaft noch Erstellung von Haushaltssicherungskonzepten einmal besprochen werden. durch Dritte mithilfe von ergänzenden Bedarfszu- weisungen zu decken. Präsident Carius: Ich frage die Landesregierung: Sind Sie fertig, Herr Möller? 1. Welche Thüringer Gemeinden haben 2014/2015 Haushaltssicherungskonzepte durch Dritte erstellen Möller, Staatssekretär: lassen? Ja. 2. Welche dieser nachgefragten Konzepte wurden wie und in welcher Höhe durch das Land gefördert? Präsident Carius: 3. Unter welchen Voraussetzungen können die Kosten für die Erstellung von kommunalen Haus- Gibt es noch weitere Nachfragen? Herr Abgeordne- haltssicherungskonzepten durch Dritte über die ter Kummer, bitte, Sie haben das Wort. Ausreichung von Bedarfszuweisungen gefördert werden? 858 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Kuschel) 4. Wie ist – bezogen auf Frage 3 – das Antrags- Abgeordneter Kuschel, DIE LINKE: und Genehmigungsverfahren ausgestaltet? Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, danke für die Antworten. Sind bei der Bewilligung von die- Präsident Carius: sen ergänzenden Bedarfszuweisungen für derartige Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Konzepte Eigenmittel erforderlich oder werden die- Staatssekretär Götze. se zu 100 Prozent gefördert? Darf ich gleich die zweite Frage stellen, Herr Präsi- Götze, Staatssekretär: dent? Die zweite Frage wäre: Sie hatten darauf ver- wiesen, dass ein Ausschreibungsverfahren ge- Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen macht werden muss. Welche Ausschreibungsform und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordne- ist dabei zu wählen? Ist es zwingend, öffentlich ten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung auszuschreiben, oder ist auch eine freihändige Ver- wie folgt: gabe oder eine beschränkte Ausschreibung mög- Zu Frage 1: Der Landesregierung liegt keine voll- lich? ständige Übersicht darüber vor, welche Gemeinden einen externen Dritten zur Erstellung eines Haus- Götze, Staatssekretär: haltssicherungskonzepts beauftragt haben. Die Ant- wort zu dieser und den nächsten Fragen bezieht Zu der ersten Frage: Nach meinen Erinnerungen sich daher nur auf solche Konzepte, für die ein An- werden die vollständig finanziert. Das würde ich trag auf Ausreichung einer ergänzenden Bedarfszu- noch mal prüfen lassen wie auch die Frage 2 und weisung nach § 4 Thüringer Kommunalhaushaltssi- Ihnen das ergänzend schriftlich beantworten. cherungsprogrammgesetz gestellt wurde. Im Jahr 2014 haben die Gemeinden Brunnharts- Präsident Carius: hausen und Wölfis, die Stadt Weida sowie der Vielen Dank, Herr Staatssekretär Götze. Wir kom- Landkreis Nordhausen einen Antrag auf Gewäh- men nun zur Anfrage des Herrn Abgeordneten rung einer ergänzenden Bedarfszuweisung nach Fiedler in der Drucksache 6/498. Herr Kollege Fied- § 4 Thüringer Kommunalhaushaltssicherungspro- ler, Ihre Anfrage 6/498. Wenn die jungen Kollegin- grammgesetz für die Beauftragung eines Dritten zur nen so ablenken ... Erstellung eines Haushaltssicherungskonzepts gestellt. Abgeordneter Fiedler, CDU: Zu Frage 2: Es wurden folgende ergänzende Be- darfszuweisungen bewilligt: für Brunnhartshausen Ja, es ging auf einmal so schnell, Herr Präsident. 4.998 Euro, für Wölfis 5.950 Euro, für die Stadt Haltung der Landesregierung zur Einführung eines Weida 9.044 Euro, für den Landkreis Nordhausen „Schutzparagraphen 112“? 59.404,80 Euro, also insgesamt 79.396,80 Euro. Medienberichten zufolge hat das Land Hessen eine Zu Frage 3: Voraussetzung, neben den erforderli- Bundesratsinitiative zur Einführung eines „Schutz- chen Antragsunterlagen, ist ein Nachweis der Kom- paragraphen 112“ im Strafgesetzbuch beschlossen, mune, dass diese zur Erstellung eines Haushaltssi- um der zunehmenden Gewalt gegenüber Polizeibe- cherungskonzepts nach § 53 a Thüringer Kommu- amten und Rettungskräften entgegenzutreten. Da- nalordnung bzw. § 4 Thüringer Gesetz über die nach sollen körperliche Angriffe auf Polizisten, Feu- kommunale Doppik verpflichtet ist. Weiterhin ist erwehrleute oder Rettungskräfte künftig mit Frei- grundsätzlich eine Auswahl im Rahmen einer Aus- heitsstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren schreibung unter Beachtung der Grundsätze der geahndet werden, in besonders schweren Fällen Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erforderlich. sogar mit bis zu zehn Jahren Haft. Zu Frage 4: Das Antrags- und Bewilligungsverfah- Ich frage die Landesregierung: ren wurde im Rundschreiben des Thüringer Finanz- ministeriums vom 8. Juli 2014 geregelt. Dieses wur- 1. Wird die Landesregierung die Bundesratsinitiati- de im Thüringer Staatsanzeiger Nr. 32 vom 11. Au- ve Hessens unterstützen und wie begründet sie ih- gust 2014, Seite 959 ff. veröffentlicht. Ich danke für re Antwort? Ihre Aufmerksamkeit. 2. Teilt die Landesregierung die Auffassung des Landes Hessen, dass die körperliche Gewalt ge- Präsident Carius: genüber Polizeibeamten deutschlandweit zugenom- men hat, und wie begründet sie ihre Antwort? Gibt es eine weitere Anfrage? Herr Kuschel, Sie ha- ben das Wort. 3. Welche zusätzlichen oder anderen Maßnahmen sieht die Landesregierung als adäquates Mittel, um die Achtung und den Respekt vor Polizeibeamten Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 859

(Abg. Fiedler) und Rettungskräften in der Gesellschaft wieder Absatzes 3 an § 114 Strafgesetzbuch, mit dem Hil- stärker zu verankern? feleistende der Feuerwehr und des Rettungsdiens- tes in den Anwendungsbereich des § 113 Strafge- Präsident Carius: setzbuch einbezogen werden. Für die Landesregierung antwortet das Ministerium Damit wurde der strafrechtliche Schutz von Polizis- für Inneres und Kommunales, Herr Staatssekretär ten sowie andere Einsatzkräfte gegen gewalttätige Götze. Übergriffe stark verbessert. Um die auch im aktuel- len Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbarte Verbesserung des Schutzes von Polizisten sowie Götze, Staatssekretär: anderen Einsatzkräften bei gewalttätigen Übergrif- Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen fen zu erreichen, ist die von Hessen vorgeschlage- und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordne- ne Einführung eines neues Straftatbestands nicht ten Fiedler beantworte ich für die Landesregierung erforderlich. Gefordert ist allerdings eine konse- wie folgt: quente Anwendung des bestehenden Rechts durch die Strafverfolgungsbehörden. Die Umstände des Zu Frage 1: Hessen setzt sich für die Einführung ei- Einzelfalls können zudem im Rahmen der Strafzu- nes neuen Schutzparagraphen im Strafgesetzbuch messung bei den Körperverletzungsdelikten nach ein, der tätliche Angriffe auf Polizisten und Ret- § 323 ff. Strafgesetzbuch hinreichend gewürdigt tungskräfte besonders unter Strafe stellt. Eine ent- werden. sprechende Bundesratsinitiative hat Hessen durch Schreiben vom 14. April 2015 beim Deutschen Zu Frage 2: Die Polizeiliche Kriminalstatistik zeigt Bundesrat eingereicht. Beantragt wird eine Bera- seit 2011 – erst seit diesem Jahr werden Delikte mit tung in der 933. Plenarsitzung am 8. Mai 2015. Der Bezug zu Vollzugsbeamten gesondert erfasst – Gesetzentwurf schafft in § 112 des Strafgesetz- einen Anstieg der Fallzahlen von bundesweit buchs eine eigene Strafvorschrift, die Polizeibeam- 54.842 auf 62.770, wobei allerdings im Jahr 2013 te vor tätlichen Angriffen schützen soll, denen sie in ein leichter Rückgang zu verzeichnen war. Tenden- Beziehung auf ihren Dienst ausgesetzt sind. Sie gilt ziell wird somit durch die vorliegenden Zahlen die unabhängig davon, ob die Beamten eine Voll- Grundannahme der hessischen Gesetzesinitiative streckungshandlung durchführen. Den Polizeibe- gestützt, wobei allerdings der Zeitraum zu kurz ist, amten gleichgestellt werden sonstige Einsatzkräfte, um wirklich verlässliche Zahlen zu liefern. Auch die tätlich angegriffen werden. Zweck der neuen lässt sich nicht sagen, ob sich das seit 2011 vor- Strafbestimmung ist nicht vorrangig die Strafbarkeit handene Schlagwort „PVB“ – also Polizeivollzugs- bislang straffreier Handlungsweisen, da praktisch beamte – erst im Laufe der Zeit im Bewusstsein der alle von § 112 Strafgesetzbuch erfassten Fallge- Eingebenden verfestigt hat und sich dadurch eine staltungen zumindest als versuchte einfache Kör- leichte Erhöhung der erfassten Fälle ergibt. perverletzung von § 223 Abs. 2 Strafgesetzbuch er- Zu Frage 3: Wesentlich erscheint mir – wie bereits fasst werden sollen. Der geplante § 112 Strafge- bei Frage 1 angeführt – eine konsequente Anwen- setzbuch stellt als Sanktionsmittel ausschließlich dung der bestehenden gesetzlichen Regelungen die Freiheitsstrafe zur Verfügung und ordnet dabei durch die Strafverfolgungsbehörden. Darüber hin- eine Mindeststrafe von sechs Monaten an. Damit ist aus werden zu einer Verbesserung des Schutzes zugleich der Weg zur Geldstrafe versperrt. von Polizisten sowie anderen Einsatzkräften nach Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die wissenschaftlichen Studien verstärkt präventive Landesregierung wird die hessische Bundesratsini- Maßnahmen empfohlen, wie zum Beispiel die Erhö- tiative nicht unterstützen. Zwar ist die Zielsetzung hung des Bekanntheitsgrades von Einrichtungen der Initiative, Polizeibeamte sowie Feuerwehrleute zur Betreuung und Beratung für Polizeibeamte, die und andere Rettungskräfte im Hilfseinsatz besser Sensibilisierung von Führungskräften, das Anbieten zu schützen, grundsätzlich zu begrüßen, allerdings von psychologischer Betreuung und verhaltensori- ist eine Strafbarkeitslücke nicht ersichtlich. Dies entierter Fortbildung im Sinne eines deeskalieren- gesteht selbst Hessen zu, sodass eine Notwendig- den Einschreitens sowie eine effektive Einsatz- keit für die vorgeschlagene Gesetzesänderung nachbereitung. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. nicht besteht. Bereits mit dem 44. Strafrechtsände- rungsgesetz vom 1. November 2011 wurden im Präsident Carius: Wesentlichen folgende Strafverschärfungen bzw. - erweiterungen eingeführt: Zum einen sind es die Eine weitere Nachfrage des Abgeordneten Fiedler. Erhöhung der in § 113 Abs. 1 Strafgesetzbuch an- gedrohten Höchststrafe von zwei auf drei Jahre Abgeordneter Fiedler, CDU: Freiheitsstrafe, im Weiteren die Ergänzung des Re- Herr Staatssekretär, vielen Dank. Woher nehmen gelbeispiels des § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Strafge- Sie die Erkenntnis, obwohl Hessen das eingereicht setzbuch und das Beisichführen von gefährlichen hat, wie Sie vorhin, wenn ich Sie richtig verstanden Werkzeugen und zum anderen die Anfügung eines 860 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Fiedler) habe, ausgeführt haben, dass sie selber nicht rich- Zu Frage 1: Wie viele Ärzte und Zahnärzte aus tig daran glauben, die Hessen? Das würde ich gern Nicht-EU-Ländern haben seit 2009 einen Antrag einmal hören. auf Anerkennung der Abschlüsse auf dem Wege der Gleichwertigkeitsprüfung gestellt? Seit dem Götze, Staatssekretär: Jahr 2009 haben insgesamt 1.572 Ärzte und 17 Zahnärzte einen Antrag auf Anerkennung ihrer Das habe ich so nicht gesagt, Herr Fiedler. im Ausland erworbenen Berufsqualifikation gestellt. (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich habe Dabei sind die Abschlüsse in EU-Ländern und das so verstanden!) Nicht-EU-Ländern abgelegt worden. Für die Anträ- ge der 1.572 Ärzte erfolgte keine getrennte statisti- sche Erfassung nach EU-Ländern und Nicht-EU- Präsident Carius: Ländern, sodass eine Aussage dazu, wie viele An- Weitere Nachfragen? Weitere Nachfragen sehe ich träge auf Anerkennung von in Nicht-EU-Ländern er- nicht. Dann kommen wir zur Frage der Abgeordne- worbenen ärztlichen Abschlüssen gestellt worden ten Herold der AfD-Fraktion in Drucksache 6/501. sind, nicht möglich ist. Von den 1.572 Anträgen wurden 102 Anträge im Jahr 2009, 154 Anträge im Abgeordnete Herold, AfD: Jahr 2010, 201 Anträge im Jahr 2011, 549 Anträge im Jahr 2012, 285 Anträge im Jahr 2013 und Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen 281 Anträge im Jahr 2014 gestellt. Insgesamt ha- und Herren, im Zuge der aktuellen Zuwanderungs- ben seit dem Jahr 2009 17 Zahnärzte Anträge auf und Flüchtlingsdebatte war mehrfach die Rede da- Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Berufs- von, dass sich unter den Neuankömmlingen viele qualifikation gestellt. Davon wurden acht Abschlüs- medizinische Fachkräfte befinden. se in Nicht-EU-Ländern erworben. Von diesen acht Daher frage ich die Landesregierung: Anträgen wurden in den Jahren 2009, 2010 und 2011 jeweils zwei Anträge und in den Jahren 2012 1. Wie viele Ärzte und Zahnärzte aus Nicht-EU- und 2013 jeweils ein Antrag gestellt. Ländern haben seit 2009 einen Antrag auf Aner- kennung der Abschlüsse auf dem Wege der Gleich- Zu Frage 2: Wie viele von ihnen haben die Gleich- wertigkeitsprüfung gestellt (bitte in Jahresscheiben wertigkeitsprüfung bestanden? Von den 205 Ärzten aufschlüsseln)? und Zahnärzten, die zunächst eine Berufserlaubnis erhalten haben, haben seit 2013 142 Ärzte und 2. Wie viele von ihnen haben die Gleichwertigkeits- acht Zahnärzte die Kenntnisprüfung absolviert. prüfung bestanden? 90 Prozent der Ärzte und alle Zahnärzte haben die 3. Wie viele Ärzte und Zahnärzte aus Nicht-EU- Kenntnisprüfung, einige von ihnen auch erst im Ländern haben einen Sprachtest absolviert und ei- Rahmen der Wiederholungsprüfung, erfolgreich be- ne Approbation in Thüringen beantragt? standen. Zu den Jahren 2009 bis 2012 konnte das Landesverwaltungsamt keine Angaben machen, da 4. Wie viele der Antragsteller hatten zuvor einen die Informationen nicht unmittelbar bereitstehen Asylantrag zur Bearbeitung in Thüringen gestellt? und mit einem hohen Verwaltungsaufwand ermittelt werden müssten. Es ist jedoch davon auszugehen, Vielen Dank. dass in diesem Zeitraum nur wenige Kenntnisprü- fungen stattgefunden haben, da vor Inkrafttreten Präsident Carius: des Anerkennungsgesetzes des Bundes Ärzte und Zahnärzte aus Drittstaaten, die eine abgeschlosse- Vielen Dank. Es antwortet für die Landesregierung ne ärztliche bzw. zahnärztliche Ausbildung haben, das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, in der Regel eine Berufserlaubnis erhalten haben. Frauen und Familie. Frau Ministerin Werner, Sie haben das Wort. Zu Frage 3: Wie viele Ärzte und Zahnärzte aus Nicht-EU-Ländern haben einen Sprachtest absol- Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesund- viert und eine Approbation in Thüringen beantragt? heit, Frauen und Familie: Alle Ärzte und Zahnärzte, die einen Antrag auf An- erkennung ihrer im Ausland erworbenen Berufsqua- Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen lifikationen und auf Approbation stellten, also auch und Herren Abgeordnete, namens der Landesregie- die Ärzte und Zahnärzte mit Abschluss in einem rung beantworte ich die Mündliche Anfrage der Ab- Nicht-EU-Land, und keinen geeigneten Sprach- geordneten Corinna Herold wie folgt: nachweis vorlegen können, müssen vor Erteilung Ich möchte aber voranstellen, dass die nachfolgen- der Approbation einen fachspezifischen Sprachtest den Angaben mein Haus von der zuständigen Be- absolvieren, denn gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 Bundes- hörde, dem Thüringer Landesverwaltungsamt, ein- ärzteordnung bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes geholt hat. über die Ausübung der Zahnheilkunde muss der Antragsteller vor Erteilung der Approbation auch die Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 861

(Ministerin Werner) für die ausübende Berufstätigkeit erforderlichen Abgeordnete Muhsal, AfD: Kenntnisse der deutschen Sprache nachweisen. Danke, Herr Präsident. Zu Frage 4: Wie viele Antragsteller hatten zuvor Neuausrichtung der Familienpolitik in Thüringen einen Asylantrag zur Bearbeitung in Thüringen gestellt? Zu der Frage liegen der Landesregierung Die Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Ge- keine Informationen vor. sundheit, Frauen und Familie kündigte an, die Fa- milienpolitik in Thüringen neu auszurichten. Presse- Herzlichen Dank. berichten zufolge soll im Jahr 2015 eine Bestands- aufnahme und im Jahr 2016 eine Auswertung der Präsident Carius: Bestandsaufnahme erfolgen. Es gibt eine Nachfrage der Abgeordneten Herold. Ich frage die Landesregierung: Bitte. 1. Wer führt die Bestandsaufnahme für die Landes- regierung durch? Abgeordnete Herold, AfD: 2. Mit welchen Methoden wird die Bestandsaufnah- Was tut die Landesregierung, um eventuell vorhan- me durchgeführt? dene Ärzte, Zahnärzte in den Erstaufnahmeeinrich- tungen zu identifizieren und ihnen zügig zu einer 3. Welche Aspekte der Familienpolitik werden im deutschen Approbation zu verhelfen? Rahmen der Bestandsaufnahme untersucht? 4. Welche Aspekte sind für die Landesregierung bei Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesund- der Bestandsaufnahme von besonderer Bedeu- heit, Frauen und Familie: tung? Im Rahmen des Flüchtlingsgipfels wurden verschie- dene Maßnahmen aufgestellt, um tatsächlich die Präsident Carius: Qualifikation von Menschen, die in den Erstaufnah- Vielen Dank, Frau Muhsal. Es antwortet für die Lan- meeinrichtungen zu uns kommen, abzufragen. Da- desregierung das Ministerium für Arbeit, Soziales, zu wird die Bundesagentur für Arbeit eigene Tage Gesundheit, Frauen und Familie, Frau Ministerin zur Verfügung stellen, wo diese Abfragen geleistet Werner. werden können und wo man sich auch Beratung holen kann. Dann wird entsprechend auch ein Weg aufgezeigt, wie man diese Approbation auch für Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesund- Deutschland leisten kann. heit, Frauen und Familie: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen Präsident Carius: und Herren Abgeordnete, namens der Landesregie- rung beantworte ich die Mündliche Anfrage der Ab- Eine weitere Nachfrage? geordneten Wiebke Muhsal wie folgt: Abgeordnete Herold, AfD: Zu Frage 1: Wer führt die Bestandsaufnahme für die Landesregierung durch? Die Bestandsaufnah- Kann man diese Maßnahmen katalogisiert irgend- me wird von dem fachlich zuständigen Ministerium wo abrufen, sind die irgendwo aufgeführt? für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Fami- lie in enger Zusammenarbeit mit der kommunalen Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesund- Ebene und anderen familienpolitischen Akteurinnen heit, Frauen und Familie: und Akteuren durchgeführt. Ich denke, es gibt eine Dokumentation des Flücht- Zu Frage 2: Mit welchen Methoden wird die Be- lingsgipfels, aber wir können es auch noch einmal standsaufnahme durchgeführt? Zunächst werden nachfragen und Ihnen zur Verfügung stellen. die vorhandenen Informationen, wie zum Beispiel aus dem Familienbericht und dem Seniorenbericht, (Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Ja, ausgewertet bzw. bei Bedarf weitere Informationen auf der Ministeriumsseite!) eingeholt. Gleichzeitig wird ein Beteiligungsprozess mit den familienpolitischen Akteurinnen und Akteu- Präsident Carius: ren organisiert, um letztlich ein realistisches und Vielen Dank, Frau Ministerin Werner. Wir kommen umfassendes Gesamtbild zu erhalten. nun zur Frage der Frau Abgeordneten Muhsal von Zu Frage 3: Welche Aspekte der Familienpolitik der Fraktion der AfD in der Drucksache 6/502. Sie werden im Rahmen der Bestandsaufnahme unter- haben das Wort. sucht? Die Bestandsaufnahme wird nach einem umfassenden Ansatz durchgeführt, das heißt, es werden sowohl die monetären familienpolitischen 862 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Ministerin Werner) Leistungen untersucht, Landesleistungen unter- desregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage sucht als auch die strukturellen Gegebenheiten des Abgeordneten Stefan Möller wie folgt – auch analysiert. Gleichzeitig muss geprüft werden, wie hier möchte ich voranstellen, dass mein Haus die bestimmte Prozesse effektiver gestaltet werden nachfolgenden Angaben von der zuständigen Be- können. Um nur ein Beispiel zu nennen, werden hörde, Thüringer Landesverwaltungsamt, eingeholt hierfür die Arbeit der Stiftung FamilienSinn und der hat –: Elternakademie, aber auch Angebote in den Bera- Zu Frage 1: In wie vielen Fällen waren seit 2009 bei tungsstrukturen bewertet. Ärzten und Zahnärzten aus Nicht-EU-Ländern auf- Zu Frage 4: Welche Aspekte sind für die Landesre- grund festgestellter Unterschiede in der Ausbildung gierung bei der Bestandsaufnahme von besonderer zwischen Thüringen und den Herkunftsländern An- Bedeutung? Von besonderer Bedeutung für die passungskurse erforderlich? Anpassungskurse für Landesregierung ist, dass die Bestandsaufnahme Ärzte und Zahnärzte haben bisher nicht stattgefun- realitätsnah stattfindet. Aus diesem Grund soll sie den. Die bei der Prüfung der Gleichwertigkeit einer unter Beteiligung derer stattfinden, die Familienpoli- in einem Nicht-EU-Land erworbenen Ausbildung tik gestalten. Hierbei ist die Zusammenarbeit zwi- festgestellten defizitären Fachbereiche wurden und schen der kommunalen Ebene, den verschiedenen werden von den Ärzten und Zahnärzten in der Zeit Trägern und auch des Landes von entscheidender der Tätigkeit mit einer Berufserlaubnis ausgegli- Bedeutung. Danke schön. chen und im Rahmen der Kenntnisprüfung nachge- wiesen. Präsident Carius: Zu den Fragen 2 bis 4: Entsprechende Anpas- Vielen Dank, Frau Ministerin. Weitere Nachfragen sungskurse sind uns nicht bekannt. sehe ich nicht, sodass wir nun zur Frage des Abge- ordneten Möller der AfD-Fraktion in der Drucksa- Präsident Carius: che 6/503 kommen. Herr Möller, Sie haben das Weitere Fragen sehe ich nicht, sodass wir nun zur Wort. – denke ich mal – letzten Anfrage, eine des Herrn Abgeordneten Kobelt von der Fraktion Bündnis Abgeordneter Möller, AfD: 90/Die Grünen, in der Drucksache 6/504 kommen. Sehr geehrter Herr Präsident! Abgeordneter Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Weiterbildungsbedarf von Ärzten und Zahnärzten NEN: aus Nicht-EU-Ländern Ich frage an zum Thema „Regulierung der Anwen- Ich frage die Landesregierung: dung der Fracking-Technologie“ 1. In wie vielen Fällen waren seit 2009 bei Ärzten Das Bundeskabinett hat am 1. April 2015 Gesetz- und Zahnärzten aus Nicht-EU-Ländern aufgrund und Verordnungsentwürfe zur Änderung wasser-, festgestellter Unterschiede in der Ausbildung zwi- naturschutz- sowie bergrechtlicher Vorschriften be- schen Thüringen und den Herkunftsländern Anpas- schlossen. Diese stehen im Zusammenhang mit sungskurse erforderlich (bitte in Jahresscheiben der Regulierung der Anwendung der Fracking- aufschlüsseln)? Technologie. Die Bundesregierung hat die beiden 2. Über welche Bildungsträger werden diese An- Gesetzentwürfe, die das Kernstück der geplanten passungskurse durchgeführt? Regelungen zum Thema „Fracking“ darstellen, am 1. April 2015 an den Bundesrat weitergeleitet. 3. Welchen Stundenumfang haben diese Anpas- sungskurse? Ich frage die Landesregierung: 4. Wie erfolgt die Finanzierung der Anpassungskur- 1. Welche Position vertritt die Landesregierung in se (bitte aufschlüsseln)? Bezug auf die Fracking-Technologie und ihre Um- weltauswirkungen? Danke. 2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung Präsident Carius: zu den aktuellen Vorschlägen der Bundesregierung zur Ermöglichung der Fracking-Technologie? Frau Ministerin Werner, Sie antworten wieder für die Landesregierung. 3. Wie wird sich die Landesregierung im Bundesrat zu den geplanten Änderungen im Zusammenhang mit der Regulierung der Anwendung der Fracking- Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesund- Technologie verhalten? heit, Frauen und Familie: Gern. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Lan- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 863

Präsident Carius: des Wasserhaushaltsgesetzes gelten soll, ist aus fachlicher Sicht weder nachvollziehbar noch be- Für die Landesregierung antwortet das Ministerium gründbar. Die mit der Fracking-Technologie verbun- für Umwelt, Energie und Naturschutz. Herr Staats- dene Gefährdung des Grundwassers besteht unab- sekretär Möller, Sie haben das Wort. hängig von der Tiefe ihres Einsatzes und ihres Zwecks. Mit der Fracking-Technologie können so- Möller, Staatssekretär: wohl Erdgas als auch Erdöl erschlossen werden. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen Die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesre- und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Ko- gierung rechtfertigt das Verbot des Einsatzes der belt, die Mündliche Anfrage beantworte ich für die Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewin- Thüringer Landesregierung wie folgt: nung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstät- ten mit fehlenden notwendigen Erkenntnissen. Dies Zu Frage 1: Der Einstieg in die Förderung von so- trifft gleichermaßen auch auf Erdöl zu. Da die mit genanntem Schiefergas ist mit den Zielen einer ver- der Fracking-Technologie verbundene Gefährdung antwortlichen und in die Zukunft gerichteten Ener- des Grundwassers sowohl bei Erdgas als auch bei gie- und Ressourcenpolitik nicht vereinbar. Die der Förderung von Erdöl besteht, ist eine Gleichbe- Fracking-Technologie, mit der das Gestein im Un- handlung für alle Kohlenwasserstoffe geboten. Der tergrund großflächig aufgesprengt und das Erdgas Gesetzentwurf wird den Erfordernissen insgesamt erst freigesetzt werden muss, ist hinsichtlich der Ri- nicht gerecht und muss deshalb aus Sicht der Lan- siken für die Umwelt, insbesondere für unser desregierung dringend nachgebessert werden. Grundwasser, unkalkulierbar. Für die Energiewen- de brauchen wir kein Fracking, denn es verlängert Zu Frage 3: Thüringen wird sich im Bundesrat für lediglich das fossile Zeitalter. deutliche Nachbesserungen der Gesetzentwürfe einsetzen. Die vorgesehene Tiefenbegrenzung von 3.000 Metern muss aus dem Änderungsgesetz zum Präsident Carius: Wasserhaushaltsgesetz gestrichen werden und das Herr Staatssekretär, ich darf mal ganz kurz den Verbot muss zusätzlich auch auf Erdöl aus unkon- Saal um Ruhe und die notwendige Aufmerksamkeit ventionellen Lagerstätten erweitert und die Erpro- für Ihre Antwort bitten. bungsmaßnahmen dürfen aus Sicht der Landesre- gierung nicht zugelassen werden. (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Nicht den Saal, die CDU!) Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Möller, Staatssekretär: Präsident Carius: Das Risiko, unsere Grund- und Trinkwasservorräte Eine weitere Frage des Abgeordneten Kobelt gibt schwer und dauerhaft durch den Einsatz der es nicht, auch sonst nicht, sodass ich Ihnen herz- Fracking-Technologie zu beeinträchtigen, rechtfer- lich danke, Herr Staatssekretär Möller. tigt in keiner Weise die kurzzeitige Förderung von Ich darf darauf hinweisen, dass die aufgrund des vergleichsweise sehr geringen Gasmengen. Wir Zeitmangels heute nicht beantworteten Mündlichen fordern deshalb seit Langem den Verzicht auf die Anfragen innerhalb einer Woche dann beantwortet Förderung von Schiefergas und eine deutlich stär- werden. Damit schließe ich die Fragestunde. kere Berücksichtigung der Umweltbelange bei der laufenden Erdgasförderung. Wir haben uns darauf verständigt, die Wahlen in den Tagesordnungspunkten 13 und 14 direkt im Zu Frage 2: Der Gesetzentwurf der Bundesregie- Anschluss der Fragestunde zu machen. rung zur Untersagung und Risikominimierung bei der Anwendung der Fracking-Technologie eröffnet Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13 zielgerichtet neue Möglichkeiten, noch die letzten Reste von klimaschädlichen fossilen Brennstoffen Wahl eines weiteren stimmbe- umweltschädlich aus dem Boden zu pressen. Der rechtigten Mitglieds des erwei- Gesetzentwurf sieht nur ein teilweises Verbot die- terten Gremiums nach § 4 des ser Technologie vor. Er beinhaltet verschiedene Thüringer Gesetzes zur Über- Ausnahmetatbestände, die eine Erforschung und prüfung von Abgeordneten so- die Anwendung dieser Technologie in unkonventio- wie dessen Ersatzmitglieds nellen Lagerstätten gerade erst ermöglichen sollen. Wahlvorschlag der Fraktion der Lediglich in einigen Gebieten und in bestimmten AfD Tiefen sollen die Aufsuchung und Gewinnung von - Drucksache 6/541 - unkonventionellem Erdgas mittels der Fracking- Technologie ausgeschlossen werden. Die Festle- Die erforderliche Mehrheit liegt bei 46 Stimmen. Ich gung einer pauschalen Tiefe von 3.000 Metern, frage Sie, ob es Wortmeldungen gibt. Das, sehe oberhalb derer das Verbot des neuen § 13 a Abs. 1 ich, ist nicht der Fall, sodass ich darauf hinweise, 864 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Präsident Carius) dass wir gemäß § 46 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordneten Engel, Gruhner und Floßmann – um Aus- die Wahl mit Handzeichen bestreiten können, so- zählung. weit kein Widerspruch erfolgt. Wir haben ein Ergebnis. Ich wäre Ihnen dankbar, Es gibt Widerspruch, sodass wir nun eine geheime wenn auch im Präsidium die notwendige Aufmerk- Wahl stattfinden lassen. Dazu wird wie folgt verfah- samkeit bestünde. Wir haben ein Ergebnis: abge- ren; ich erläutere den Stimmzettel: Für die Wahl er- gebene Stimmzettel 88, gültige Stimmzettel 88, an- hält jede und jeder Abgeordnete einen Stimmzettel. wesende Abgeordnete zu Sitzungsbeginn auch 88. Es kann entweder „Ja“ oder „Nein“ oder „Enthal- Auf den Wahlvorschlag der Fraktion der AfD in der tung“ angekreuzt werden. Als Wahlhelfer berufe ich Drucksache 6/541 entfielen 46 Jastimmen, 33 Nein- die Abgeordneten Herold, Kobelt und Gruhner. stimmen, 9 Enthaltungen. Damit ist die Mehrheit der Mitglieder des Landtags erreicht. Herzlichen Ich eröffne die Wahlhandlung und bitte die Schrift- Glückwunsch. Ich gehe davon aus, dass die Kolle- führer, sobald sie eine Namensliste vorliegen ha- gen die Wahl annehmen. ben, diese vorzulesen. (Zuruf Abg. Herold, AfD: Ja!) Abgeordneter Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ich schließe den Tagesordnungspunkt 13. NEN: Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungs- Adams, Dirk; Becker, Dagmar; Berninger, Sabine; punkts 14 Blechschmidt, André; Brandner, Stephan; Bühl, An- dreas; Carius, Christian; Dittes, Steffen; Emde, Vol- ker; Engel, Kati; Fiedler, Wolfgang; Floßmann, Kri- Wahl einer neuen Schriftführe- stin; Geibert, Jörg; Gentele, Siegfried; Grob, Man- rin fred; Gruhner, Stefan; Hande, Ronald; Harzer, Stef- Wahlvorschlag der Fraktion DIE fen; Hausold, Dieter; Helmerich, Oskar; Henfling, LINKE Madeleine; Henke, Jörg; Hennig-Wellsow, Susan- - Drucksache 6/467 - ne; Herold, Corinna; Herrgott, Christian; Hey, Matt- hias; Heym, Michael; Höcke, Björn; Höhn, Uwe; Frau Mitteldorf hat überraschenderweise darum ge- Holbe, Gudrun; Holzapfel, Elke; Huster, Mike; Jung, beten, von ihrer Funktion als Schriftführerin entbun- Margit; Kalich, Ralf; Kellner, Jörg; Kießling, Olaf; den zu werden. Die Fraktion Die Linke hat dieser Kobelt, Roberto; König, Katharina; Korschewsky, Bitte wohl entsprochen und hat Frau Abgeordnete Knut; Kowalleck, Maik; Kräuter, Rainer; Krumpe, Dr. Iris Martin-Gehl vorgeschlagen, auf die wir uns Jens; Kubitzki, Jörg; Kummer, Tilo; Kuschel, Frank; sehr freuen. Ich frage noch einmal: Wird Ausspra- che gewünscht? Das sehe ich nicht. Gemäß § 46 Abgeordneter Tischner, CDU: Abs. 2 der Geschäftsordnung kann bei Wahlen durch Handzeichen abgestimmt werden, wenn kein Lehmann, Annette; Lehmann, Diana; Leukefeld, Mitglied des Landtags widerspricht. Ich frage: Gibt Ina; Lieberknecht, Christine; Liebetrau, Christina; es hier Widerspruch? Das sehe ich nicht, sodass Lukasch, Ute; Lukin, Gudrun; Malsch, Marcus; Mar- wir per Handzeichen abstimmen. Wer für den Wahl- tin-Gehl, Iris; Marx, Dorothea; Matschie, Christoph; vorschlag der Fraktion Die Linke stimmt, den bitte Meißner, Beate; Mitteldorf, Katja; Mohring, Mike; ich jetzt um das Handzeichen. Vielen Dank. Gegen- Möller, Stefan; Mühlbauer, Eleonore; Muhsal, Wieb- stimmen? Enthaltungen? Dann offensichtlich mit ke; Müller, Anja; Pelke, Birgit; Pfefferlein, Babett; absoluter, übergroßer Mehrheit des Landtags ge- Pidde, Werner; Primas, Egon; Reinholz, Jürgen; wählt. Herzlichen Glückwunsch, Frau Dr. Martin- Rosin, Marion; Rothe-Beinlich, Astrid; Rudy, Tho- Gehl. Ich gratuliere und gehe davon aus, dass Sie mas; Schaft, Christian; Scherer, Manfred; Scherin- die Wahl annehmen. Wir freuen uns dann auf Ihre ger-Wright, Johanna; Schulze, Simone; Sieges- Tätigkeit hier oben. mund, Anja; Skibbe, Diana; Stange, Karola; Tasch, Christina; Taubert, Heike; Thamm, Jörg; Tischner, Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 14 Christian; Dr. Voigt, Mario; Walk, Raymond; Wals- und rufe auf den Tagesordnungspunkt 2 mann, Marion; Warnecke, Frank; Wirkner, Herbert; Wolf, Torsten; Worm, Henry; Wucherpfennig, Ge- Erstes Gesetz zur Änderung rold; Zippel, Christoph. des Thüringer Kommunalhaus- haltssicherungsprogrammge- Präsident Carius: setzes Wahlhelfer sind die Kollegen Engel, Gruhner und Floßmann. Hat jeder die Gelegenheit zur Stimmabgabe ge- habt? Davon gehe ich aus. Dann schließe ich die Wahlhandlung und bitte die Wahlhelfer – die Abge- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 865

(Präsident Carius) Gesetzentwurf der Fraktionen zweitens die Investitionspauschale für Städte und DIE LINKE, der SPD und BÜND- Gemeinden auf 40 Millionen anzuheben, was laut NIS 90/DIE GRÜNEN Antragsteller einem Zahlbetrag an die Gemeinden - Drucksache 6/221 - in Höhe von 18,51 Euro pro Einwohner entspricht. dazu: Beschlussempfehlung des Auch hier solle die Flexibilisierung gelten. Drittens Innen- und Kommunalaus- schlugen die Fraktionen vor, dass das Land den schusses zehnprozentigen Anteil, den die Kommunen im - Drucksache 6/538 - Rahmen des geplanten Kommunalinvestitionsförde- dazu: Änderungsantrag der Frak- rungsfonds des Bundes als Eigenanteil mindestens tionen DIE LINKE, der aufzubringen haben, trägt. SPD und BÜNDNIS 90/ In der Anhörung nahmen dann die Präsidenten des DIE GRÜNEN Landkreistags sowie des Gemeinde- und Städte- - Drucksache 6/552 - bunds Stellung. Für den Gemeinde- und Städte- ZWEITE BERATUNG bund nahmen darüber hinaus ergänzend die Bür- Das Wort hat Herr Abgeordneter Dittes aus dem In- germeister der Gemeinden Leinatal, Wutha-Farnro- nen- und Kommunalausschuss zur Berichterstat- da und Bad Blankenburg Stellung und im Übrigen – tung. darüber darf ich Sie in Kenntnis setzen – wurde die öffentliche Anhörung von mehr als 100 Kommunal- politikerinnen und Kommunalpolitikern hier in die- Abgeordneter Dittes, DIE LINKE: sem Saal verfolgt. Herr Präsident, meine Damen und Herren, den Be- In der Anhörung wurden Fragen der Kommunalfi- richt des Innenausschusses will ich gern geben. nanzierung grundsätzlicher Art erörtert, die weit Mit dem heute in zweiter Beratung vorliegenden über den engen Regelungsinhalt des Gesetzent- Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, SPD und wurfs hinausgingen. Bündnis 90/Die Grünen soll das Kommunalhaus- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Hört, hört!) haltssicherungsprogrammgesetz aus dem Jahr 2014 verändert werden. Im Kern geht es den Vor diesem Hintergrund, nämlich der unzureichen- drei antragstellenden Fraktionen mit ihrem Gesetz- den Kommunalgrundfinanzierung aus Sicht der Ge- entwurf in Drucksache 6/221 darum, kreisangehöri- meinden, wurde die Gesamthöhe des Gesetzent- gen Gemeinden und kreisfreien Städten im wurfs als nicht ausreichend angesehen. Gleichwohl Jahr 2015 eine investive Zuweisung zukommen zu wurde in der Anhörung auch durch den Gemeinde- lassen, den Schulträgern eine Schulinvestitionspau- und Städtebund dargestellt, dass es sich um einen schale auszureichen sowie Mittel für Bedarfszuwei- richtigen Schritt in die richtige Richtung handeln sungen anzuheben. wird. Der Thüringer Landtag hat den Gesetzentwurf am In der abschließenden Beratung im Innenaus- 25. Februar an den Innenausschuss federführend, schuss in der vergangenen Woche stimmte dann den Haushalts- und Finanzausschuss sowie den der Innenausschuss der Annahme des Änderungs- Justizausschuss überwiesen. Der Innenausschuss antrags der Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis beschloss in seiner Sitzung am 26. Februar die 90/Die Grünen zu. Der Änderungsantrag der Frak- Durchführung einer mündlichen Anhörung in öffent- tion der AfD wurde abgelehnt. Somit liegt Ihnen die licher Sitzung der kommunalen Spitzenverbände. Beschlussempfehlung in Drucksache 6/538 vor. Nach Vorabübersendung der schriftlichen Stellung- Der Innenausschuss empfiehlt Ihnen die Annahme nahmen von Landkreistag und Gemeinde- und des Gesetzentwurfs unter Berücksichtigung der be- Städtebund wurde jeweils durch die Fraktionen Die schlossenen Änderungen der Fraktionen Die Linke, Linke, SPD und Grüne gemeinsam sowie der Frak- SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Die mitberaten- tion der AfD ein Änderungsantrag zum Gesetzent- den Ausschüsse – wie gesagt, Haushalts- und Fi- wurf eingereicht. Diese Änderungsanträge waren nanzausschuss sowie der Justizausschuss – ka- dann gleichfalls Teil der öffentlichen Anhörung, die men zu keiner hiervon abweichenden Auffassung. am 16. April hier in diesem Saal stattgefunden hat. Vielen Dank. Der Änderungsantrag der Fraktion der AfD sah vor, Mittel kreisangehörigen Gemeinden, kreisfreien Präsident Carius: Städten zur Deckung ihrer Verwaltungshaushalte zukommen zu lassen sowie Mittel für die ergänzen- Das Wort hat nun Abgeordneter Höhn für die Frak- den Bedarfszuweisungen anzuheben. tion der SPD. Der Änderungsantrag der Fraktionen Die Linke, Abgeordneter Höhn, SPD: SPD und Grüne sah vor, die Schulinvestitionspau- schale für Schulträger auf 36 Millionen Euro festzu- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und setzen, dabei die Verwendung zu flexibilisieren, Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu diesem 866 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Höhn) Tagesordnungspunkt hatten ja einige Redner heute in sehr ausdrucksstarker Art und Weise argumen- Vormittag Gelegenheit, schon während der Debatte tiert, dann würde ich mir doch wünschen, dass wir zur Einbringung des Haushalts 2015 einiges zu sa- uns in Zukunft eine etwas sachlichere Ebene dafür gen. Ich muss ehrlich gestehen, es treibt mich gera- aussuchen. Jedenfalls, das mit dem „neuen fri- dezu, dazu auch noch ein paar Sätze zu verlieren. schen Geld“, das ist alles relativ. Es ist auf jeden Fall, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das glau- sätzliches Geld, was wir den Kommunen für den be ich gern!) Haushalt 2015 zukommen lassen, nämlich im Ver- Lieber Kollege Mike Mohring – auch wenn er gera- gleich, was die alte Landesregierung mit dem KFA de den Telefonhörer in der Hand hat –, er hat ja schon vorgesehen hatte. Und zusätzliches Geld, heute Vormittag oder heute Mittag in sehr lautstar- lieber Kollege Mohring, ist zusätzliches Geld. Ich ker Art und Weise dieses Kommunalpaket kritisiert. hätte gern mal gewusst, wie hoch Ihre Summe ge- Ich möchte ihm mit einem Psalm antworten, lieber wesen wäre, wären Sie jetzt an unserer Stelle. Kollege, Psalm 37, vielleicht kennen Sie ihn sogar: (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Da hättest „Des Gerechten Mund ist es, der mit gedämpfter du mit uns regieren müssen!) Stimme Weisheit äußert.“ (Unruhe CDU) (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ich weiß, das kann man immer noch nicht verwin- den, das ist mir klar, dass das wehtut, und das wird (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Jetzt aber, auch noch eine Weile wehtun. Aber letztendlich Uwe!) bleibt es eine Tatsache, dass sich diese Landesre- Mit seiner Weisheit, lieber Kollege, war es im Zu- gierung gemeinsam mit den sie tragenden Fraktio- sammenhang mit dem Kommunalpaket nicht so nen sehr bemüht hat und ein sehr respektables Er- weit her. Er hat eine Rechnung, eine Vergleichs- gebnis letztendlich aufweisen kann. rechnung angestellt, die unter das Motto „Nicht al- (Unruhe CDU) les, was hinkt, ist ein Vergleich“ zu subsumieren wäre. Nämlich er hat die Degression, die wir beide Denn zu den 102,5 Millionen Euro gehören fairer- zusammen, beide Fraktionen der vormaligen Re- weise auch noch einige Positionen, die hier an die- gierung, im Kommunalen Finanzausgleich verein- ser Stelle nicht unerwähnt bleiben sollen. Das sind bart hatten, nämlich die 33 Millionen, die haben wir gemeinsam in der letzten Legislatur schon beschlossen, die Ab- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: … da wird finanzierung aus dem Hilfspaket des sogenannten wieder genölt. Zwangs-OP!) Garantiefonds. Dann haben wir, was die Finanzmi- nämlich die Degression der Verbundmasse für die nisterin durchaus hätte tun können, nämlich die An- Jahre 15 und 16, als Vergleich hergenommen zu rechnung von Bundesmitteln auf den kommunalen dem, was wir jetzt obendrauf packen. Ich sage mal Bedarf, darauf haben wir verzichtet, dieses zu tun. ganz vorsichtig, das ist mehr oder minder – mit der Insgesamt, meine Damen und Herren, damit Sie Betonung auf „minder“ – seriös, eine solche Rech- die Zahl auch noch mal verinnerlichen können, er- nung anzustellen, meine sehr verehrten Damen gibt sich damit ein Mehr im Vergleich zur Verbund- und Herren. Und die geradezu abenteuerliche oder masse des letzten Jahres von 242,5 Millionen Euro. steile These hier zu vertreten, dass das dann im- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist eine mer noch eine Differenz von – ich glaube, mich zu abenteuerliche Zahl!) erinnern – 26 Millionen Euro aufweist, Das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben, (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das meine Damen und Herren. stimmt!) Wir haben in den vergangenen Wochen von den wie gesagt, das weise ich an dieser Stelle gern zu- verschiedensten Akteuren durchaus schon sich völ- rück. Wir haben es insgesamt – und an dieser Stel- lig widersprechende Wortmeldungen gehört. Das ist le möchte ich einen Begriff gebrauchen, den ich heute schon einmal thematisiert worden. Auf der während der Anhörung der kommunalen Spitzen- einen Seite sagt man, das kommunale Hilfspaket verbände hier in diesem Plenarsaal gelernt habe der Regierungsfraktionen ist völlig unzureichend, bzw. auch aus deren schriftlichen Stellungnahmen viel zu klein, womit man übrigens auch die Qualität – mit 102,5 Millionen „neuem frischen Geld“ für die dessen, was man Jahre vorher selbst vertreten hat, Kommunen zu tun. Dann habe ich mir so meine in Abrede stellt. Aber das nur nebenbei, liebe Kolle- Gedanken gemacht zu dem „neuen frischen Geld“. ginnen und Kollegen von der CDU. Die Gelddruckmaschine im Finanzministerium muss gut versteckt sein. Die Gelddruckmaschine in (Beifall DIE LINKE, SPD) der Staatskanzlei ist möglicherweise gar nicht vor- Auf der anderen Seite und im gleichen Atemzug die handen und im Landtag ist mir ein solches Gerät Verwendung der Mittel aus der Rücklage für das auch nicht bekannt. Wie gesagt, wenn man schon Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 867

(Abg. Höhn) Hilfspaket zu kritisieren, dass das angeblich zu Präsident Carius: klein geratene Hilfspaket dann auch noch den Herr Kollege Höhn, es gibt eine Anfrage des Abge- Haushalt steigert und das Soll ansteigen lässt, wird ordneten Fiedler. Erlauben Sie diese? als Skandal gegeißelt. Meine Damen und Herren, stellen Sie sich doch Abgeordneter Höhn, SPD: mal die Frage nach den Alternativen. Welche Alter- nativen gibt es objektiv und welche Alternativen ha- Ein anderes Mal. Heute nicht, Wolfgang! ben Sie eigentlich hier in dieser ganzen Debatte (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU) aufzuweisen? Genau, ich berücksichtige den Psalm 37, so ist das. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das habe ich mir gedacht!) Wenn ich bei Ihnen nach diesen Alternativen schaue – also außer ziemlich lauten Wortmeldun- Also noch einmal zu den kommunalen Spitzenver- gen, um nicht einen anderen Begriff hier verwenden bänden: Die Kritik kann ich natürlich nachvollzie- zu wollen, habe ich da nichts vernommen. Im Übri- hen. Das gehört zu ihrem Aufgabenbereich dazu, gen, meine Damen und Herren, es könnte sein, wir für die Interessen der Kommunen um so viel Geld haben ihn übersehen, aber ich glaube nicht, es liegt wie möglich zu kämpfen und auch so hart wie mög- kein Änderungsantrag Ihrer Fraktion vor, der mögli- lich zu kämpfen. Das ist in Ordnung. Ich bleibe da- cherweise eine andere Zahl in dieses System hätte bei: Die Qualität des einen oder anderen Argu- einspeisen können. ments auch derer, die wir hier in dieser Anhörung in diesem Plenarsaal gehört haben, war durchaus un- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das Ge- terschiedlich, meine Damen und Herren. setz ist schlecht!) (Beifall DIE LINKE) Also Reden und Tun, das sind bei Ihnen mittlerwei- le zwei verschiedene Paar Schuhe. Wir haben uns nun wirklich viel Mühe gemacht, wir haben im Grunde genommen zwei Anhörungen Ich lobe die AfD an dieser Stelle nun nicht gern – durchgeführt, was insofern unüblich ist. Entweder das sage ich ganz offen –, aber die haben sich we- macht man eine schriftliche oder eine mündliche. nigstens noch die Mühe gemacht, Änderungen vor- Wir haben in diesem Falle beides gemacht. Auch zuschlagen, meine Damen und Herren. Allerdings, das will ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. was die Qualität dieser Anträge betrifft, da schweigt Wir sind also keiner Diskussion – und sei sie noch an dieser Stelle des Sängers Höflichkeit. so aufgeheizt – aus dem Weg gegangen. Ich will Ihnen eines sagen – ich meine, ich habe im Meine Damen und Herren, was können nun die Thüringer Landtag vor ziemlich genau etwas mehr Kommunen von dem Gesetz ganz konkret erwar- als 15 Jahren als Sprecher für Haushalt und Finan- ten? Es fließt eine Investitionspauschale von zen angefangen, und was ich schnell lernen durfte 40 Millionen Euro an die Städte und Gemeinden, und musste und mir auch vorher aus meiner kom- das sind – nicht nur über den Daumen, sondern munalen Tätigkeit natürlich schon bekannt war: ganz exakt berechnet – 18,51 Euro pro Einwohner Wenn man Vorschläge unterbreitet, mehr Geld aus- für Investitionen. Die Schulträger, also Landkreise, zugeben, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann ge- kreisfreie Städte und einige wenige kreisangehörige hört es nicht nur zum guten Ton in diesem Hohen Kommunen, erhalten zu der bestehenden Schulin- Haus, sondern es gehört zur Seriosität, zur Glaub- vestitionspauschale noch eine weitere für Schulin- würdigkeit und zum Beweis der fachlichen Kennt- vestitionen in Höhe von insgesamt nisse auch dazu, entsprechende Deckungsvor- 36 Millionen Euro. Wir wissen alle, gerade auf die- schläge zu unterbreiten. sem Sektor gibt es durchaus großen Nachholbe- (Beifall SPD) darf. Daran hat es in Ihren Anträgen gemangelt, liebe Dann haben wir etwas gemacht, was insofern auch Kolleginnen und Kollegen. ein Novum bei der Ausgestaltung solcher Gesetze ist: Wir haben diese Investitionspauschalen im Ge- (Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Da haben setzestext so gestaltet, dass die von uns natürlich Sie nicht zugehört!) auch zur Kenntnis genommene, vielerorts herr- Meine Damen und Herren, natürlich kann ich die schende Not in den Verwaltungshaushalten der Kritik der kommunalen Spitzenverbände nachvoll- Kommunen entsprechend ausgeglichen werden ziehen. kann. Damit haben wir im Übrigen nicht nur einen Hinweis, sondern eine Forderung der kommunalen Spitzenverbände aufgegriffen. Natürlich, meine Da- men und Herren – die meisten von uns hier sind auch kommunalpolitisch nach wie vor verortet und 868 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Höhn) verwurzelt –, ist uns diese Problematik auch aus (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE persönlichem Erleben mehr als bekannt. Ich sage GRÜNEN) das an der Stelle noch einmal, genau wie wir das im Ausschuss getan haben: Wir verbinden diese Präsident Carius: Regelung im Gesetz mit der Erwartung an das Mi- nisterium, dass bei der Handhabung solcher Anträ- Danke schön, Herr Höhn. Jetzt hat Abgeordneter ge das Ganze sehr pragmatisch und unbürokratisch Kalich für die Fraktion Die Linke das Wort. geschieht. Abgeordneter Kalich, DIE LINKE: Meine Damen und Herren, wir haben dann noch einen weiteren Baustein in diesem Gesetz inte- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und griert, nämlich 18 Millionen Euro ergänzende Be- Herren! Die Botschaft, welche mit der heutigen Be- darfszuweisungen für genau jene in Not geratene schlussfassung von diesem Haus ausgeht, heißt: Kommunen zur Verfügung gestellt, und wir haben, Diese rot-rot-grüne Koalition nimmt Anhörungsver- meine Damen und Herren, als ein weiteres Element fahren ernst, sie hört zu und vor allen Dingen be- dieses Gesetzentwurfs eine Regelung aufgenom- wegt sie sich auch. men, die nach unserer Auffassung jedenfalls Klar- (Beifall DIE LINKE) heit über die Verteilung der Mittel aus dem geplan- ten Kommunalinvestitionsfonds des Bundes schafft. Mit dem jetzt gefundenen Kompromiss erhalten die Diese Mittel, meine Damen und Herren, das sind Thüringer Kommunen im Jahr 2015 zur Verbesse- insgesamt 84 Millionen Euro, darunter sind 8 Millio- rung ihrer Finanzausstattung zu den bisher zuge- nen Euro Landesanteil, auch das rechnen wir den sagten Geldern weitere 24,4 Millionen Euro aus Kommunen nicht an. Die werden vom Land zur Landesmitteln. So können die Kommunen in die- Verfügung gestellt, also der zehnprozentige Eigen- sem Jahr mit 102,4 Millionen Euro frischem Geld anteil wird vom Land übernommen. Da kamen aus den Landesmitteln rechnen. In Auswertung der selbst die kommunalen Spitzenverbände nicht um- schriftlichen und mündlichen Anhörung – der Kolle- hin, so etwas wie den Ansatz eines Lobs zu dieser ge Höhn hat es ja hier schon gesagt, dass das Regelung in der Anhörung zum Ausdruck zu brin- selbst doppelt durch uns durchgeführt wurde – gen. konnten wir uns aufgrund der Hinweise der kommu- nalen Spitzenverbände zu diesem Kompromiss (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) durchringen bzw. haben ihn wirklich gemeinsam er- Meine Damen und Herren, nun gab es ein bisschen arbeitet. Die Koalitionsfraktionen waren sich einig, Streit – Streit ist vielleicht nicht der ganz korrekte insbesondere Investitionen zu fördern, weshalb die Ausdruck – oder teilweise unterschiedliche Auffas- zugesagte Investitionspauschale für die Städte und sungen juristischer Art, ob es nun legitim ist, dass Gemeinden und die Schulträgerkommunen noch et- wir in unserem Gesetzentwurf für die anrechnungs- was aufgestockt wurde. Gleichzeitig wird deren freie Durchreichung dieser Bundesmittel auf ein Verwendung aber flexibel gestaltet, damit auch Gesetz des Bundes verweisen können, das es klamme Gemeinden das Geld nutzen können. Auch noch gar nicht gibt. In der Tat, meine Damen und das war eine wesentliche Forderung aus der Anhö- Herren, ist das eine nicht ganz unkomplizierte Vor- rung. Die zusätzlichen Hilfen des Landes sind gehensweise. Wir haben aber im Verbund zwi- durch Entnahmen aus der Rücklage und durch schen Justizministerium mit dem Thüringer Innen- Steuermehreinnahmen des Landes solide finan- ministerium und der Landtagsverwaltung einen For- ziert. Das Wichtigste ist, dass die Kommunen mit mulierungsvorschlag gefunden, der Ihnen in einem der Änderung auch zusätzliche Mittel – wenn es Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vorliegt, notwendig ist – für ihre Verwaltungshaushalte be- für den wir um Zustimmung bitten. Das ist sozusa- kommen können. gen die Gewähr dafür, dass wir dann, wenn das Ich will nochmals auf die erfolgten Ergänzungen Bundesgesetz beschlossen wird – wir rechnen also des kommunalen Finanzpakets der rot-rot-grünen ganz fest damit, dass dieses Bundesgesetz in weni- Koalition kurz eingehen. Die Gesamtmittel, die für gen Wochen wirksam wird –, sagen können, jetzt die zusätzliche Investitionspauschale für die Städte stehen den Kommunen die Bundesmittel zur Verfü- und Gemeinden vom Land zur Verfügung gestellt gung. werden, sollen von 30 auf 40 Millionen Euro anstei- Insgesamt, meine Damen und Herren, komme ich gen. Damit erhöht sich die je Einwohner zu zahlen- zu dem Urteil, dass das, was die Koalitionsfraktio- de Investitionspauschale von 13,88 Euro auf nun- nen hier als Gesetzespaket, als zusätzliche Hilfe für mehr 18,51 Euro. Zudem wird auf Anregung des die kommunale Familie im Jahr 2015 auf den Weg Gemeinde- und Städtebunds die Verwendung der gebracht haben, keinen Vergleich scheuen braucht Mittel flexibel gestaltet. Die geplante Schulinvestiti- und sich wirklich sehen lassen kann. Herzlichen onspauschale wird um 6 Millionen auf 36 Millio- Dank, meine Damen und Herren. nen Euro angehoben. Von ihr profitieren insbeson- dere die Landkreise und die kreisfreien Städte als Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 869

(Abg. Kalich) Schulträger. Im Jahr 2015 werden zu den von der (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Oh, schwarz-roten Koalition bereits zugesagten circa ist das jetzt die Jungfernrede? Viel Erfolg!) 30 Millionen Euro für ergänzende Bedarfszuweisun- gen für Haushaltsnotlagegemeinden 18 Millio- Abgeordneter Thamm, CDU: nen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wird das Land die hundertprozentige Kofi- Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen nanzierung des Kommunalinvestitionsförderungs- und Herren, sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrter fonds des Bundes sicherstellen. Dafür werden circa Herr Kuschel, ja, es ist richtig festgestellt, das erste 8,4 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Unter Be- Mal heute hier. Aber besser so als nie. Das ist ja rücksichtigung dieser Veränderung stellt die rot-rot- auch richtig. grüne Landesregierung den Kommunen im Wir befassen uns heute mit der zweiten Beratung Jahr 2015 die von mir bereits genannte Summe von des Gesetzentwurfs der drei Regierungsfraktionen 102,4 Millionen Euro aus Landesmitteln zusätzlich zur finanziellen Unterstützung der Thüringer Kom- zur Verfügung. Hinzu kommen die anrechnungsfrei- munen im Jahr 2015 in der Fassung der Be- en Durchreichungen der Bundesmittel in Höhe von schlussempfehlung des Innenausschusses vom 41 Millionen Euro. Zudem sichert die rot-rot-grüne 24. April 2015 und des übrigens mit Mehrheit von Koalition die vollständige Auszahlung der von der den Regierungsfraktionen beschlossenen Be- Vorgängerregierung für das Jahr 2015 bereits zu- schlusses. Um es gleich vorwegzunehmen: Meine gesicherten Hilfe in Höhe von 43 Millionen Euro. Fraktion wird dem Gesetzentwurf auch in der geän- Die kommunale Finanzausgleichsmasse erhöht derten Fassung nicht zustimmen. Lassen Sie mich sich durch das Wirken des Partnerschaftsgrund- insoweit kurz an Ihren eigenen Wahlkampf erin- satzes im Jahr 2015 um weitere 14 Millionen Euro. nern. Sie versprachen eine umfassende und aus- Laut Steuerschätzung vom November 2014 können kömmliche Ausfinanzierung der Gemeinden und die Thüringer Kommunen in diesem Jahr zudem mit Städte. Im Koalitionsvertrag zwischen den Linken, Steuermehreinnahmen in Höhe von 50 Millio- SPD und Bündnis 90/Die Grünen finden wir dazu: nen Euro rechnen. Zu guter Letzt hilft auch das von „Die Koalition strebt an, die finanzielle Situation der der schwarz-roten Bundesregierung beschlossene Kommunen nachhaltig zu verbessern.“ Dieses kommunale Investitionspaket den Thüringer Kom- selbstgesteckte Ziel haben Sie mit dem Gesetzent- munen. Wie bekannt werden ja 75,8 Millionen Euro wurf nicht nur weit verfehlt, sondern genau genom- Bundesmittel für die Jahre 2015 bis 2018 erwartet. men auch vereitelt. Dies hat vor allem die Anhörung Ein Teil davon wird bereits 2015 an die Thüringer der kommunalen Spitzenverbände sehr deutlich ge- Kommunen fließen. zeigt, da die von der Landesregierung ursprünglich Herr Präsident, meine Damen und Herren, mit der abgegebenen Finanzierungszusagen später revi- heutigen Beschlussfassung hält diese Koalition diert wurden. Die Spitzenverbände machten in ihrer Wort und setzt die im Koalitionsvertrag zugesagten Anhörung mehrfach deutlich, dass die auszufinan- Dinge um. Darin heißt es, dass für das Haushalts- zierende Summe 200 Millionen Euro beträgt. jahr 2015 mögliche Haushaltsüberschüsse in einer Zum besseren Verständnis erlaube ich mir an die- festzulegenden Höhe unter anderem für die Erhö- ser Stelle auch noch einmal kurz die zeitliche Abfol- hung des KFA und für die Unterstützung von struk- ge zu beleuchten. Da gab es zunächst die Aussage turell belasteten Kommunen verwendet werden. des Ministerpräsidenten Ramelow: Die Kommunen Genau das geschieht. Wenn Sie Ihre Kritik an un- werden einen dreistelligen Millionenbetrag erhalten. serem Gesetzentwurf ernst gemeint hätten, dann hätten Sie praktische Vorschläge machen können (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wort und Änderungsvorschläge und nicht wie Sie, Herr gehalten!) Fiedler, im Innenausschuss sagen, dann nehmt Darüber kann man streiten. doch mehr Geld aus der Rücklage. Das war die ein- zige platte Antwort, die dort gekommen ist. Stim- Dann äußerte der Kommunalminister Poppenhäger men Sie dem Gesetz zu, stimmen Sie für die Thü- gegenüber den kommunalen Spitzenverbänden, es ringer Kommunen! Dann können wir sie im nächs- werde 135 Millionen Euro frisches Landesgeld ge- ten Monat mit diesem Geld nicht beglücken, son- ben. dern können weiterhelfen, dass die Kommunen in (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wort Thüringen sich weiterentwickeln können. Danke gehalten zum Zweiten!) schön. Das war ja der ausgehandelte Kompromiss mit den (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Spitzenverbänden. Aber dann folgt am 30.01.2015 GRÜNEN) eine Pressemitteilung der Regierungsfraktionen mit dem Inhalt, dass es im Jahr 2015 für die Kommu- Präsident Carius: nen nur 84 Millionen Euro und im Jahr 2016 10 Mil- lionen Euro frisches Landesgeld geben werde. Dem Danke schön. Das Wort hat nun der Kollege wiederum folgt am 18.02.2015 der Gesetzentwurf Thamm aus der CDU-Fraktion. 870 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Thamm) von Rot-Rot-Grün, der im Vergleich zu der vergan- hen oder Einrichtungen vorübergehend oder ganz genen Pressemitteilung eine erneute Reduzierung zu schließen, um ihre Pflichtaufgaben erfüllen und auf nunmehr 78 Millionen Euro zum Gegenstand sicherstellen zu können. Dies ist nicht hinnehmbar hatte. Im Gegensatz zu der Zusage von Minister und kann auch nicht unser Ziel sein, denn gerade Poppenhäger in Höhe von 135 Millionen Euro blieb die sogenannten weichen Standortfaktoren sind für im Gesetzentwurf damit nur noch ein Bruchteil für unsere Kommunen wichtig, um der Bevölkerung die Kommunen übrig. Aber auch das ursprüngliche auch in den kleinen Städten und Gemeinden eine Versprechen des Ministerpräsidenten Ramelow, es gute Zukunft bieten zu können und damit der Ab- werde 2015 einen dreistelligen Millionenbetrag ge- wanderung entgegenzuwirken. ben, war bei genauer Betrachtung fehlerhaft, denn (Beifall CDU, DIE LINKE) die Kofinanzierungsmittel des Landes in Höhe von 8 Millionen Euro sollen gerade die Förderung mit (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Bundesmitteln ermöglichen in den Kommunen – Richtig erkannt!) und dies ist über drei Jahre gestreckt. Neben der Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Tatsache, dass dieses Gesetz noch nicht existiert, kommunalen Hilfspaket der CDU im Jahr 2014 wur- werden daher in 2015 auch keine 8 Millionen Euro de den Kreisen geholfen, auch Unstrut-Hainich- an die Kommunen fließen, sondern – wenn über- Kreis, Altenburger Land, Nordhausen, da hat die haupt – nur ein Bruchteil. CDU mehr getan als Rot-Rot-Grün mit diesem Ge- Diese Augenwischerei und Trickserei hat die kom- setzentwurf. Die Thüringer Kommunen werden mit munale Familie ebenso registriert wie die Unverfro- offenem und kritischem Blick auf die heute hier renheit, mit einem Paket in Höhe von angeblich – mehrfach angesprochene Erarbeitung des FAG mit und wir haben es wieder gehört – dem Doppelhaushalt 2016/17 verfolgen und beglei- 242 Millionen Euro zu werben, welches Bundesmit- ten und werden wieder Ihre Wahlversprechen als tel, steigende Zuweisungen und das schwarz-rote Maßstab für das Ergebnis nehmen. Und ich bin mir Hilfspaket aus dem Jahr 2014 und nicht zuletzt sicher, wir werden auch hier wieder streiten um die auch die Steuermehreinnahmen der Kommunen auskömmliche Ausfinanzierung der Gemeinden und beinhaltet. Neben diesem Schmücken mit fremden Städte. Letztlich handelt es sich auch nicht um ein Federn verschweigen Sie zudem die Ausgabenstei- Änderungsgesetz, sondern um ein Aufhebungsge- gerung, der die kommunale Familie ausgesetzt ist. setz, denn die zielgerichtete Unterstützung nach Wahrscheinlich ist hier auch wieder der Ruf nach dem Hilfspaket von 2014 wird dadurch abgeschafft dem Bund, aber, meine Damen und Herren, das und die Förderung 2015 nur noch nach dem Gieß- müssen Sie allein für sich lösen. kannenprinzip ermöglicht. Im Ergebnis bleibt es bei meiner Aussage vom Anfang, die CDU-Fraktion (Beifall CDU) lehnt diesen Gesetzentwurf ab. Ich danke für Ihre Ebenso verschweigen Sie der kommunalen Familie Aufmerksamkeit. und den Bürgern, dass die Verwendung der Mittel (Beifall CDU) aus dem Kommunalinvestitionsfonds an weiteren Kriterien orientiert sein kann, als dies einfach an- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wie hand von Schlüsselzuweisungen zu definieren. wollen Sie das denn den Bürgern erklären?) Führt man sich Ihr gesamtes Verhalten im Kontext des Gesetzentwurfs vor Augen, muss man sich un- Präsident Carius: weigerlich die Frage stellen, wie ernst es Ihnen ei- gentlich mit der zu Beginn der Legislatur gemach- Vielen Dank, Herr Kollege Thamm. Das Wort hat ten Aussage – nicht alles anders, aber alles besser nun Kollege Adams von der Fraktion Bündnis 90/ machen zu wollen – ist. Meiner Einschätzung nach Die Grünen. wollen die Regierungsfraktionen mit diesem Ge- setzentwurf die Landkreise finanziell schlechterstel- Abgeordneter Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- len und aushungern, um auf diesem Weg die mit NEN: falschen Argumenten propagierte Kreisgebietsre- Ja, meine sehr geehrten Kollegen, sehr geehrter form voranzubringen. Dieses Vorhaben betreiben Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Sie nun auch noch auf dem Rücken der Kommunen Herren hier im Thüringer Landtag, dieses Gesetz ist und Städte, denn es wird keine Lösung aufgezeigt, lange beraten worden. Es ist intensiv diskutiert wor- wie die Kreise von einer Anhebung der Kreisumla- den in der Öffentlichkeit, noch bevor die erste Le- ge aufgehalten werden. Unterm Strich werden es sung hier im Thüringer Landtag stattgefunden hat. nun die Städte und Gemeinden sein, die wiederum Die erste Lesung hat stattgefunden, da haben wir ihre Haushalte 2015 mit den eigenen Einnahmen das Gesetz intensiv beraten und wir haben im Aus- auf den Prüfstand stellen werden. Die Kommunen schuss intensiv beraten. Wir hatten eine öffentliche werden ihren Bürgerinnen und Bürgern höhere For- Anhörung, die man extra hier in den Raum verlegen derungen erklären müssen. Sie werden gezwungen musste, um allen die Möglichkeit zu geben, auch sein, Steuern, Eintrittsgelder oder Beiträge zu erhö- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 871

(Abg. Adams) daran teilnehmen zu können. Es war eine sehr gute Abgeordneter Fiedler, CDU: Anhörung gewesen. Herr Kollege Adams, ich möchte fragen: Wie beur- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ja, da se- teilen Sie denn, dass über 100 Bürgermeisterinnen hen Sie mal, wie viele Bürgermeister da wa- und Bürgermeister aus dem gesamten Land hierher ren!) gereist sind, Herr Kollege Fiedler, wir haben beide daran teilge- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sehr nommen. Sie werden mir zustimmen, dass das eine gut!) sehr gute Anhörung gewesen ist. um die Spitzenverbände zu unterstützen, dass es (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) doch den Kommunen wirklich am Herzen liegt, dass die 135 Millionen, die mit dem zuständigen Umso mehr erstaunt mich, um das gleich sagen zu Kommunalminister ausgehandelt wurden – der ist wollen, was der Kollege Thamm gerade eben ge- eigentlich zuständig, dem haben Sie nur das weg- sagt hat. Er sagte, die CDU-Fraktion wird nicht zu- genommen –, wie beurteilen Sie das? stimmen. (Unruhe CDU) Abgeordneter Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Das kann man machen, das liegt auch meist auf NEN: der Hand, dass die Opposition selten der Koalition Ich beurteile es absolut positiv, dass so viele Bür- zustimmt. Aber stellen Sie sich einfach mal vor, germeisterinnen und Bürgermeister hier nach Erfurt wenn sich das, was Sie zu Ihrer Maxime machen, gekommen sind. Das zeigt die Stärke nicht nur des durchsetzen würde. Würde dieses Gesetz jetzt kei- Gemeinde- und Städtebunds, sondern auch des ne Mehrheit haben, dann würden die Bürgerinnen Landkreistags. Das Einzige, wo ich Ihnen wider- und Bürger in den Kommunen, dann würden die sprechen würde, dass alle hinter der Forderung Bürgermeister wenig Geld bekommen, weniger standen, dass es genau 135 Millionen Euro sein Geld bekommen. Und das wäre ja wohl schlecht. müssen oder nichts. Das ist ja Ihre Politik. (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Unruhe CDU) NEN) Sie sagen: 135 Millionen oder gar nichts. Präsident Carius: (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nein, nein, nein!) Herr Kollege Adams, es gibt eine Anfrage des Kol- legen Kuschel. So ist die CDU. Jetzt sind es nicht 135, es sind nur 102, da sagen Sie, dann bitte den Kommunen gar (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: nichts geben. Das ist die Argumentation von Herrn Nein, nein, ich habe mich für eine Rede ge- Thamm, und diese Koalition wird nicht mitmachen. meldet. Ganz ruhig, Herr Präsident!) (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Abgeordneter Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) NEN: Ich habe es heute gegen 12.00 Uhr gesagt: Die Ich hatte mich schon gefreut, dass vielleicht Herr CDU wirft uns in der Rede von Herrn Mohring – ich Kollege Fiedler mir die Ehre einer Zwischenfrage glaube, die war so gegen 10.00 Uhr gewesen – vor, gibt. Deshalb habe ich ganz gebannt dahin ge- wir würden zu viel Geld ausgeben. Jetzt ist es guckt, wann es denn kommt. 17.00 Uhr geworden, jetzt sagen Sie, wir geben zu wenig Geld aus. Merken Sie es noch? Merken Sie es noch, meine sehr verehrten Damen und Herren! Präsident Carius: (Unruhe CDU) Vielleicht kommt das noch. Ich glaube, er möchte Ihnen eine stellen. Herr Adams, würden Sie die er- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lauben? NEN) (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Wir müssen Abgeordneter Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- uns ja Sorgen machen um den Zustand!) NEN: Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Sehr gern. Jahr 2015 werden die Kommunen zusätzlich zur re- gulären Ausgleichsmasse 250,4 Millionen Euro er- Präsident Carius: halten. Wir haben einen aus diesem Gesetz heraus erhalten. Nach der schriftlichen Anhörung haben Bitte, Herr Kollege Fiedler. wir drei Punkte – meine Kollegen Vorredner haben das schon deutlich gemacht – auf den Weg ge- 872 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Adams) bracht. Wir haben die Schulinvestitionspauschale (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Was? Wie angehoben, die Investitionspauschale für Städte viel?) und Gemeinden auch noch einmal um 10 Millio- 135 Millionen. nen Euro angehoben und wir haben zusätzliche Ko- finanzierungsmittel für die Bundesmittel übernom- (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Noch mal!) men, sodass die Kommunen hier investieren kön- Das wurde offiziell verkündet, davon spricht keiner nen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir mehr. haben die allgemeine Investitionspauschale da- rüber hinaus flexibilisiert, sodass ausnahmsweise (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: auch die Mittel in den Verwaltungshaushalt mit hin- Doch!) über genommen werden können. Herr Fiedler, da, Die von Rot-Rot-Grün im Innen- und Kommunal- glaube ich, stimmen Sie mir zu, dass das auf ein- ausschuss beschlossenen Empfehlungen zuguns- hellige Zustimmung der Bürgermeisterinnen und ten ihres Kommunalfinanzübergangsgesetzes 2015 Bürgermeister gestoßen ist. Umso mehr verstehe bezeugen vor allem eines: Ihren Unwillen, sich in ich nicht, dass die CDU dazu Nein sagen will, mei- der politischen Debatte von besseren Argumenten ne sehr verehrten Damen und Herren. überzeugen zu lassen, Die Finanzierung aus der Rücklage, die von einigen (Beifall AfD) kritisiert wurde, entspricht dem Koalitionsvertrag. Die CDU hat uns ja sonst auch nichts übrig gelas- und Ihr Unvermögen, notleidenden Kommunen zu sen. Woher hätten wir es denn nehmen sollen, mei- helfen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf versto- ne sehr verehrten Damen und Herren? ßen Sie gegen Ihre eigenen deklamatorisch vorge- tragenen Prinzipen wie Solidarität und soziale Ge- Insofern darf ich für Bündnis 90/Die Grünen sagen: rechtigkeit. Sie schaffen Rechtsunsicherheit und Wir haben hier ein schnelles Gesetz auf den Weg stehen für eine Unverlässlichkeit in der Politik. gebracht, das sichert, dass ab 31. Mai investiert werden kann. Nicht so, wie die CDU durch das Doch im Einzelnen: Der von Ihnen im Innen- und Land fährt, die sagt, erst in der zweiten Jahreshälfte Kommunalausschuss abgelehnte Änderungsantrag könne man irgendetwas investieren – so ist es der AfD sah zusätzliche 40 Millionen Euro für den nicht. Ab 31. Mai kann in Thüringen investiert wer- Vermögens- und Verwaltungshaushalt der Kommu- den, insbesondere – um das auch zu sagen – aus nen vor. Diese 40 Millionen Euro wären auch drin- den Mitteln Schulinvestitionen und allgemeine In- gend nötig gewesen, damit Kommunen überhaupt vestitionen. Ein guter Start für die Kommunen. in die Lage versetzt werden, zu investieren, denn Nichts ist so gut, dass man es nicht noch besser zuerst muss der Verwaltungshaushalt ausgeglichen machen kann. Insbesondere die Ausgestaltung des werden, um dann aus den Überschüssen des Ver- KFA wird die große Aufgabe für dieses Jahr sein. waltungshaushalts Investitionen aufbringen zu kön- Dann brauchen wir im nächsten Jahr auch nicht nen. Ihre Investitionspauschalen nutzen nichts, diese Hilfskrücke, wie sie die CDU geschaffen hat- wenn kein ausgeglichener Verwaltungshaushalt te, um die Kommunen halbwegs vernünftig ausstat- hergestellt werden kann. Dass Sie nun die Möglich- ten zu können, meine sehr verehrten Damen und keit schaffen, wonach Kommunen ausnahmsweise Herren. Wir werden dem Gesetz zustimmen und auch die Investitionspauschalen für den Verwal- freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit. Vielen tungshaushalt nutzen können, ist kein Ausweg. Da- Dank. mit heizen Sie nur den Streit um die Verwendung der Finanzmittel, zum Beispiel zwischen den Bür- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE germeistern der kreisangehörigen Gemeinden und GRÜNEN) den Landräten, an und tragen den Spaltkeil in die kommunale Familie. Kommunen werden gezwun- Präsident Carius: gen sein, zu entscheiden, ob das gewährte Geld für Vielen Dank, Herr Kollege Adams. Das Wort hat Investitionen oder für die Haushaltskonsolidierung nun Kollege Henke von der AfD-Fraktion. ausgegeben werden soll. Vor dem Hintergrund der Haushaltsnotlagen vieler Kommunen ist es eigent- lich klar, wie diese Entscheidung im Regelfall aus- Abgeordneter Henke, AfD: fällt. Dass Kommunen überhaupt in eine solche Sehr geehrter Herr Präsident, werte Abgeordnete, schwierige haushalterische Lage kommen, meine werte Gäste, ich freue mich, dass der Herr Höhn Damen und Herren, ist damit maßgeblich dem Land uns heute mal lobend erwähnen konnte, obwohl er zu verdanken. Das Land hat immer neue Standards immer noch ein Haar in der Suppe gefunden hat, gesetzt, ohne den Gemeinden, Landkreisen und aber das finde ich auch bei Ihnen. Das ist die Zahl, kreisfreien Städten auch die entsprechenden finan- die Sie in Ihren Vorträgen so wunderbar umschifft ziellen Mittel zu geben, um den Mehraufwand an haben, nämlich 135 Millionen. Verwaltung und Personal überhaupt bewältigen zu können. Ständig steigende Personal- und Sozial- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 873

(Abg. Henke) ausgaben sind die Folge. Wenn Sie sich also hin- wirklich für Solidarität, soziale Gerechtigkeit, stellen und sagen, das hat nichts mit dem vorlie- Rechtssicherheit und Verlässlichkeit in der Politik genden Gesetzentwurf zu tun, dann ergibt das un- stehen, übernehmen Sie die von der AfD vorge- gefähr genauso viel Sinn, wie Windräder in den schlagenen Änderungen, wie es im Rahmen der öf- Thüringer Wald stellen zu wollen und zu behaup- fentlichen Anhörung auch der Präsident des Ge- ten, dass dies keine Auswirkungen auf die Natur meinde- und Städtebunds Thüringen, Herr Brychcy, hätte. empfahl, und legen Sie einen Gesetzentwurf vor, dem auch Sie mit gutem Gewissen zustimmen kön- (Beifall AfD) nen. Das Ergebnis einer solchen Politik verstößt gegen (Beifall AfD) Ihre Grundwerte und Prinzipien, die Sie sonst wie einen Schild vor sich hertragen. Ohne zusätzliche Ich möchte da anfügen: Ich stehe hier auch als Mittel für den Verwaltungshaushalt der Kommunen, stellvertretender Bürgermeister von Crossen – Herr deren Finanzkraft gering ist, werden bei steigen- Ramelow war letztens dort und hat unsere wunder- dem finanziellen Bedarf die Kommunen den Rotstift schöne Gemeinde besucht – und ich muss Ihnen bei sogenannten freiwilligen Ausgaben ansetzen sagen, mit diesem Geld, was wir hätten kriegen müssen. Kultur und außerschulische Bildung wer- können, hätten wir Infrastrukturmaßnahmen durch- den also dem Rotstift zum Opfer fallen. Eine Erhö- führen können, die leider nun nicht mehr gehen. Ich hung von Eintrittspreisen für Museen bzw. die musste unserem Bürgermeister sagen, dass wir lei- Schließung von kommunalen Einrichtungen wie der nicht mehr Geld bekommen. Vielen Dank. Schwimmbädern würden gerade die sozial Schwä- (Beifall AfD) cheren treffen, die Lebensqualität erheblich senken und für die weitere Abwanderung gerade junger (Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Weil Fachkräfte und Familien aus dem ländlichen Raum Sie es leider nicht begriffen haben!) sorgen. So sieht also Solidarität und soziale Ge- rechtigkeit nach rot-rot-grüner Lesart im Thüringen Präsident Carius: des Jahres 2015 aus. Das Wort hat nun Abgeordneter Kuschel für die Auch mit dem Rechtsstaat hat diese Koalition offen- Fraktion Die Linke. sichtlich ein paar Probleme. Statt einer klaren Tren- nung zwischen den Investitionspauschalen und den Abgeordneter Kuschel, DIE LINKE: in unserem Änderungsantrag zusätzlich gewährten Schlüsselzuweisungen für die Verwaltungshaushal- Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und te gibt Rot-Rot-Grün, wie erwähnt, die Verwendung Herren, wir befassen uns gern auch mit Änderungs- der Investitionspauschalen auch als Schlüsselzu- anträgen, soweit sie einen Finanzierungsvorschlag weisung für die Verwaltungshaushalte frei. Ohne beinhalten. einen schnellen Beschluss von Umsetzungsrichtlini- (Unruhe AfD) en ist eine unterschiedliche Rechtsanwendung zu befürchten. Den Kommunen wird es erschwert, sich Daran hat es bei Ihnen gefehlt und insofern waren rechtstreu zu verhalten. Somit ist der vorliegende Ihre Änderungsanträge zum vorliegenden Gesetz- Gesetzentwurf auch eine Arbeitsbeschaffungsmaß- entwurf nicht debattierbar. Das heißt, da müssen nahme für Verwaltungsgerichte, wobei die bekannt- Sie noch lernen und nachbessern. lich schon heute nicht unter Untätigkeit leiden. Rot- Meine sehr geehrten Damen und Herren, es waren Rot-Grün konnte sich in Sondierungsgesprächen viele Bürgermeister zur Anhörung da – darauf ist auf eine gute, innovative, aber auch verlässliche Herr Fiedler eingegangen – und manche sind ent- Politik für Thüringen verständigen. Herr Kuschel, täuscht gegangen, weil sie darauf gesetzt hatten, Sie hätten die Chance gehabt, im Ausschuss da- dass die größte Oppositionspartei natürlich Ände- rüber etwas zu sagen; hier haben Sie das Ding ein- rungsanträge fach abgelehnt, heißt es in einem Artikel der Abge- ordneten König vom 30. Oktober 2014. Zu diesem (Beifall DIE LINKE) Zeitpunkt haben Sie den Kommunen noch 135 Mil- und ihre eigenen Vorschläge damit zur Debatte lionen Euro an frischem Landesgeld versprochen. stellt. Es ist Aufgabe von Oppositionen – es sind ja Wie eine verlässliche Politik für Thüringen aussieht, drei –, die Regierung zu kontrollieren, Öffentlichkeit haben Sie danach hinreichend bewiesen, indem herzustellen und Alternativen aufzuzeigen. In die- Sie den Kommunen erst überhaupt nur 78 Millio- sem Fall haben Sie keine Alternativen aufgezeigt nen Euro gewähren wollten und dann nach den be- und Sie waren auch nicht fertig oder nicht in der La- rechtigten und lautstarken Protesten der Kommu- ge dazu, derartige Alternativen aufzuzeigen. Aber nen und unserem Änderungsantrag 102,4 Millio- auch Kritik ist zulässig und wir setzen uns damit in- nen Euro geben wollen. „Wie versprochen, so ge- tensiv auseinander. brochen“ müsste eigentlich das Motto Ihrer Koaliti- on lauten. Daher appelliere ich an Sie, wenn Sie 874 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Kuschel) (Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Das ist die macht, sind diese beiden Summen mit enthalten. Alternative!) Wenn man jetzt zusammenzählt, 102 plus 30 plus 3 – ist nicht zu schwer – ist 135. Das hat auch der Änderungsantrag der drei Regie- rungsfraktionen gezeigt, dass wir sowohl die Anhö- (Beifall DIE LINKE) rungen als auch die in der Öffentlichkeit geäußerten Insofern weiß ich nicht, wo Ihre Kritik hier ist. Und Kritiken ernst nehmen. wir ermöglichen den Kommunen, dass sie die Steu- Meine Damen und Herren, wir hatten den Mut, eine ermehreinnahmen und die Zuweisungen des Bun- solche öffentliche Anhörung durchzuführen. Ich er- des eins zu eins behalten können. Nach Ihren von innere daran, dass die CDU diesen Mut für öffentli- Ihnen auf den Weg gebrachten Regelungen hätten che Anhörungen in den vergangenen 24 Jahren nur wir das alles anrechnen müssen und mit dieser Po- ab und an mal hatte. Im Regelfall hat man es auf litik machen wir Schluss. schriftliche Anhörungen beschränkt und diese Er- Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Thü- gebnisse der schriftlichen Anhörungen im Papier- ringer Kommunen bekommen also tatsächlich fri- korb verschwinden lassen. sches Geld in Höhe von 135 Millionen Euro. Sie ha- (Beifall DIE LINKE) ben ihnen im vergangenen Jahr 103 Millionen Euro zur Verfügung gestellt als CDU. Hinzu kam der Ga- Wir haben uns dieser öffentlichen Auseinanderset- rantiefonds, aber das war eine andere Säule. Den zung gestellt und Garantiefonds hat die CDU formuliert als Anpas- (Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das glaube sung vom alten zum neuen Finanzausgleich und ich jetzt nicht, was Sie hier erzählen!) hat ihn so formuliert, dass Steuermehreinnahmen de facto gegengerechnet sind. Und jetzt ist dieser einiges, was dort an Hinweisen gekommen ist, Prozess, den Sie so definiert haben, abgeschlos- steht auch heute hier zur Abstimmung. sen, sodass der Garantiefonds eben in diesem Jahr Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr schon auf null ist, obwohl nach Ihrer Prognose Sie Thamm hat in seiner ersten Rede hier den Koaliti- davon ausgegangen sind, dass er möglicherweise onsvertrag zitiert, hat aber vergessen hinzuzufü- bis 2017 wirken muss. Da können Sie aber doch gen, dass dieser Koalitionsvertrag für den Zeitraum nicht den Kommunen jetzt einreden und sagen, das bis 2019 gilt, also nicht alles für die ersten vier Mo- ist Geld, das fehlt, sondern Sie haben ein System nate – diesen Anspruch haben wir gar nicht –, und auf den Weg gebracht mit einem Anpassungspro- deshalb bezeichnen wir das Jahr 2015 als Über- zess und der Anpassungsprozess ging schneller gangsjahr. Sie hätten weiterlesen sollen, denn in und ist in diesem Jahr eben abfinanziert. Aber das diesem Abschnitt, den Sie zitiert haben, waren heißt doch nicht, dass wir damit den Kommunen auch einige Vorgaben für das Jahr 2015 enthalten Geld entziehen. Also auch hier haben wir Wort ge- und die haben wir mit dem jetzt vorliegenden Ge- halten und keine Rechentricks angewandt. setzentwurf aber genau so umgesetzt, wie sie im (Unruhe CDU) Koalitionsvertrag formuliert sind. Wir haben nämlich formuliert, dass wir den Kommunen aus den Über- Meine Damen und Herren, Herr Thamm hat auch schüssen einen dreistelligen Betrag zur Verfügung zu Recht auf das Problem der Kreisumlagen ver- stellen, das hat der Ministerpräsident gesagt. Jeder, wiesen. Und da will ich noch mal sagen, was Sie der nur rechnen kann – das ist nicht mit Mathematik als CDU gemacht haben: Im Jahr 2011 haben Sie vergleichbar –, wird feststellen, dass die jetzigen in das Gesetz geschrieben, dass ab 01.01.2015 die Summen einen dreistelligen Betrag darstellen. Wir sogenannten nivellierten Hebesätze der Grund- und sagen aber auch, dass die Vereinbarung und die Gewerbesteuer zur Ermittlung der Umlagekraft der Zahl, die hier immer wieder genannt wurde, kreisangehörigen Gemeinden angehoben werden, 135 Millionen, finanziert und dargestellt sind. und zwar bei der Grundsteuer B von 300 auf 389 und bei der Gewerbesteuer von 300 auf 357. Da- Ich versuche noch einmal, es Ihnen zu erläutern: durch haben die Kommunen, ohne dass sie Mehr- 102 Millionen Euro enthält jetzt der Gesetzentwurf. einnahmen haben, aber bei der Berechnung der Und wir mussten die Luftnummern und die Luftbu- Kreisumlage eine höhere Umlagekraft von insge- chungen, die die CDU uns hinterlassen hat, gegen- samt 108 Millionen Euro. Bei gleichbleibenden He- finanzieren. Die CDU hat im vergangenen Jahr be- besätzen der Kreisumlage müssen damit die kreis- schlossen, in diesem Jahr den Kommunen 33 Mil- angehörigen Gemeinden 43 Millionen Euro mehr an lionen Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen, hat die Landkreise zahlen, ohne dass sie über Mehrein- es aber versäumt, dafür finanzielle Absicherungen nahmen verfügen. Das haben Sie gemacht, kein vorzunehmen. Das sind die 30 Millionen Euro Be- anderer als Sie! Wir werden das mit dem neuen Fi- darfszuweisungen und die 3 Millionen Euro Unter- nanzausgleich 2016 noch mal zur Debatte stellen, stützung der Gemeinden für die Winterdienstaufga- aber bitte reden Sie nicht von einer Finanzkrise der ben. Im jetzt vorliegenden Entwurf des Landes- kreisangehörigen Gemeinden. haushalts, also die Landesregierung hat das ge- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 875

(Abg. Kuschel) (Unruhe CDU) Rest müssen wir mit dem Finanzausgleich 2016 auf den Weg bringen. Da bin ich mal gespannt, ob Sie Die haben Sie verursacht. Sie haben sie verur- dazu bereit sind, ob Sie mitmachen, dass wir über sacht, Sie haben den Brand gelegt und wollen jetzt den Finanzausgleich deutliche Anreize schaffen hin Feuerwehr spielen. zu effizienten und leistungsfähigen Kommunalstruk- (Beifall DIE LINKE) turen, da bin ich mal gespannt, oder ob Sie dort wieder sagen: Jede Kleinstgemeinde, selbst die mit Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Immer ist 55 Einwohnern, muss erhalten bleiben. Und wir als noch der Brandstifter schuld und nicht das Streich- Land sollen sie finanzieren. Das wird so nicht funk- holz. Sie haben diesen Flächenbrand gelegt und tionieren, weil es dauerhaft nicht finanzierbar ist. haben ein Chaos hinterlassen. Sie durchdringen es Das heißt, wenn Sie gegen ein Gießkannenprinzip noch nicht mal, das ist ja das Problem. Sie haben sind, da haben Sie uns auf Ihrer Seite. Dann müs- nicht mal Leute, die Ihnen das erklären können, sen Sie aber auch den zweiten Schritt mitgehen, deswegen können Sie das ja auch hier nicht debat- dass wir dort Strukturen schaffen, wo ein Gießkan- tieren. Das ist das Schlimme, das ist wirklich das nenprinzip in der Art und Weise wie gegenwärtig Schlimme. nicht mehr wirkt. Danke. (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Sie sind der (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Einzige, der das kann!) NEN) (Unruhe CDU) Und wir müssen ja wirklich mal hier darüber disku- Präsident Carius: tieren. Herr Kollege Kuschel, für den Begriff der „Brandstif- (Unruhe DIE LINKE) tung“ muss ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen. Sie haben ja auch eine kommunalpolitische Vereini- (Unruhe DIE LINKE) gung, ich weiß nur nicht, warum die aus dem Lan- Ja, so ist es. Ich rufe auf den Abgeordneten Fiedler deshaushalt Geld bekommt, wenn sie Ihren Leuten von der CDU-Fraktion. nicht mal solche einfachen Zusammenhänge erklä- ren kann. Aber Sie können ja gern zu uns kommen. (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ich habe nicht mal eine Person benannt! Anony- (Beifall DIE LINKE) misiert!) Aber Sie müssen 10 Euro Teilnehmergebühr be- (Unruhe DIE LINKE) zahlen, weil Sie bei uns nicht Mitglied sind. Ich nehme an, dass Sie mein Verhalten hier oben (Heiterkeit DIE LINKE) jetzt nicht kritisieren wollen. Aber für 10 Euro erhalten Sie da eine Topschulung (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: und nach zwei Stunden haben Sie es begriffen. Nein, der Präsident hat immer recht!) (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Dann rech- Wunderbar. Bitte, Herr Kollege Fiedler. nen wir es Ihnen vor!) (Unruhe DIE LINKE) Ich habe extra für CDU-Landtagsabgeordnete ein einfaches Drei-Säulen-Modell entwickelt, das be- Abgeordneter Fiedler, CDU: greifen sogar Sie. Also, alles klar! Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach die- Meine sehr geehrten Damen und Herren, hinzu ser Arroganzrede von Herrn Kollegen Kuschel (IM kommt, dass Herr Thamm ja darauf verwiesen hat, Kaiser) muss ich noch mal hier vorgehen. wir wenden das Prinzip der Gießkanne an. Da ist was dran. Aber das Feld, das haben Sie bestellt. (Beifall CDU, AfD) Sie haben diese Gemeindestruktur hinterlassen. Also so was Arrogantes, Hochnäsiges, Freches ha- 570 der 840 Gemeinden haben weniger als be ich lange nicht erlebt in diesem Thüringer Land- 1.000 Einwohner – 570. Wir haben nur noch tag. 120 Gemeinden mit mehr als 3.000 Einwohnern. Das ist die Lage und da können wir als Land noch (Beifall CDU) so viel Geld reinpumpen, das wird nichts. Aber wir So ist es, wenn man auf einmal Macht bekommt. können natürlich nicht in einem Zug in den ersten Sie haben sie ja nicht bekommen, Sie haben sie Monaten das alles korrigieren, sich genommen, indem sich zwei Verlierer mindes- (Unruhe CDU) tens zusammengetan haben mit einem, der ordent- liche Ergebnisse hat. Das wollen wir erstmal fest- deswegen mussten wir jetzt eine Regelung finden, halten. Und dann stellen Sie sich hier vorn hin mit dass auch alle Gemeinden in dieser Struktur in die- einer Arroganz sondergleichen. Ich kann nur sagen, sem Jahr als Übergang Geld bekommen, und den 876 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Fiedler) es sind ja Gott sei Dank einige hier, die schon seit lich bist du nicht wieder angetreten, weil du ge- längerer Zeit kommunal verankert sind. Ich glaube, wusst hast, dich wählen sie einmal nicht. die sind zusammengezuckt, was Sie hier alles los- (Unruhe DIE LINKE) gelassen haben, denn es ist doch wohl klar gewe- sen, dass die über hundert Bürgermeister und VG- Also, meine Damen und Herren, ich will noch mal Chefs etc. hierhergekommen sind, doch nicht aus ganz deutlich machen, so einfach kann man es sich Lust und Tollerei hierhergekommen sind nach Er- nicht machen. Und ich sage ausdrücklich, das habe furt, sondern dass Sie ganz klar dokumentiert ha- ich schon mal gesagt, auch zu unseren Zeiten, wo ben, wir unterstützen unsere Vertretung, das sind wir noch regiert haben oder mit regiert haben oder der Gemeinde- und Städtebund und der Landkreis- die Regierung getragen haben, tag. Das war doch der Grund, warum sie hier sind. (Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Da Und wir haben selten erlebt – ich glaube, ich kann gab es noch weniger Geld!) mich gar nicht richtig entsinnen –, dass zu den Aus- führungen von Gemeinde- und Städtebund und auch da gab es immer wieder Kompromisse auch Landkreistag drei Bürgermeister ausdrücklich noch mit den Spitzenverbänden. Ich erinnere noch mal mal dort vorgetragen haben. Es ist Ihnen wahr- an das Jahr 2014, wo wir 170 Millionen, entgegen scheinlich entgangen. Es war sogar einer von den dem, was die Landesregierung vorgelegt hat, wie- Linken dabei. Also ich will nur sagen, wie weit sind der draufgepackt haben, weil wir der Meinung wa- wir denn gekommen, dass wir solche Dinge – oder ren, das war zu viel, was dort der damalige Finanz- Sie versuchen, sie einfach in den Skat zu drücken, minister vorhatte. Das haben wir wieder draufge- und das findet alles nicht statt. So einfach geht die packt. Und jetzt ist ein Kompromiss gefunden wor- Welt wirklich nicht. Und ich will Sie daran erinnern, den und man – oh nein, das darf ich gar nicht sa- weil ja immer gesagt wird, wir legen nichts vor usw. gen, dafür bekomme ich einen Ordnungsruf – hat usf., ich will Sie daran erinnern, wen soll man denn dem zuständigen Innenminister und dem zweiten in diesem Land noch vertrauen, Mann im Haus, der Finanzministerin, einfach sämt- liche Befugnisse weggezogen. Das ist auch einma- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: lig, dass so etwas passiert, und das stimmt mich Uns!) sehr, sehr traurig. Es stimmt mich, liebe Kollegin, sage ich mal, wenn nicht dem Kommunalminister, sehr, sehr traurig, denn auf was soll denn ein Ge- Minister Poppenhäger, wenn nicht dem Staatsse- meinde-, Städte- und Landkreistag noch vertrauen, kretär aus dem Finanzministerium, wenn nicht dem wenn die Regierung – die wird natürlich getragen Gemeinde- und Städtebund und dem Landkreistag, von den Fraktionen – hier so handelt? Das ist kein die sich gemeinsam hingesetzt haben, gemeinsam guter Beginn, den Sie hier geleistet haben. verhandelt haben und – Sie haben es in der Anhö- Herr Kollege Adams, ich würde Ihnen raten, mal mit rung gesagt, 200 Millionen war das, was Sie eigent- der Kollegin Keller zu sprechen – die ist gerade lich erreichen wollten. Und dann hat man das, wie nicht da –, die ja Landrätin für circa zwei Jahre war. das so üblich ist, ausgehandelt und hat sich getrof- Sie sind ja dort angetreten. Wenn Sie es geworden fen bei 135 Millionen, unter dem Motto: Damit kön- wären, dann hätten Sie mal gesehen, wie es ist, nen wir leben. Das war in der kommunalen Familie wenn man dann – ja, die Landkreise müssen sich schon des Öfteren, dass man quasi das sich aus- das Geld von den Kommunen holen, die Kommu- gehandelt hat. Und dann kommt auf einmal die nen haben dann nur noch die Hundesteuern und so Rückruderung, nein, der Innenminister, der hatte ein bisschen Zeug. Da muss man wissen, wie das keine Prokura, der hat nichts zu sagen, alles zu- Gefüge geht. Aber die Grünen sind ja nun mal nicht rückgerudert, jetzt übernehmen das mal die Koali- kommunal verankert, deswegen kann ich da auch tionsfraktionen. nichts anderes erwarten. Sie haben es zwar ver- (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE sucht. Ich hätte es Ihnen fast gegönnt, damit Sie GRÜNEN: Wo geht es denn jetzt?) mal sehen, wie es in der Kommunalpolitik zugeht. (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wie hast du (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE es denn früher gemacht?) GRÜNEN: Dann hätten Sie für mich werben müssen!) Du wolltest doch ganz ruhig sein. Du hast hier vor- hin vorne gesagt, man soll hier schön säuseln, hast Fast, ich habe gesagt, fast gegönnt. Da hätte er deinen Spruch gebracht, ich habe ihn mir nicht ge- mal gesehen, wie das so zugeht, meine sehr ver- merkt, aber es war was mit: ruhig bleiben, bleib ehrten Damen und Herren. schön ruhig. Es geht also einfach nur darum, meine (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS Damen und Herren. 90/DIE GRÜNEN: Jetzt werden Sie auch ar- (Unruhe DIE LINKE) rogant!) Du warst auch mal Bürgermeister, du müsstest wis- Herr Kuschel, Sie haben sich ja so groß hingestellt, sen, wie es den Kommunen geht, aber wahrschein- Mut zur Anhörung usw., also es ist das Normalste Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 877

(Abg. Fiedler) von der Welt, dass man… Erst mal sind die kom- alten Länder. Wenn wir uns Dinge hier erlauben, munalen Spitzenverbände immer zu hören, das ist die in Altländern da und dort überhaupt nicht mög- laut Verfassung festgeschrieben, da gibt es gar lich sind und wo die Klagen anhängig sind von den kein Vertun. Es gab natürlich auch ab und an mal, sogenannten reichen Ländern, dann steht es uns dass man nicht mündlich angehört hat, nur schrift- gut zu Gesicht, wenn wir dort ein kleines bisschen, lich. Das wird es so bei Ihnen in Zukunft da und nur ein kleines bisschen Demut zeigen. dort geben, bin ich mir ziemlich sicher, aus den un- Ich bin keiner, der sagt: Wir müssen jeden Tag drei- terschiedlichsten Gründen. Aber eines ist auch mal Danke sagen. Aber Fakt ist auch eines: Wenn Fakt: Ich bin ja nun fast 25 Jahre Innenpolitiker. Wir sich andere Flächenländer in der Bundesrepublik haben immer mit den Spitzenverbänden geredet, alt das nicht leisten können, was wir uns teilweise immer. Unabhängig, was die Landesregierung ge- leisten, kriegen wir haarige Probleme. Das darf tan hat, haben wir in den Fraktionen intensiv mit ih- man nicht einfach verdrängen, sondern das muss nen gesprochen und haben intensiv mit ihnen ver- man auch zur Kenntnis nehmen. Weil Sie, Herr Kol- handelt. lege Kuschel, auch vorhin natürlich wieder süffisant (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE auf die Kommunen eingegangen sind: Sie haben GRÜNEN: Wie haben Sie es denn ge- doch mitbekommen – davon gehe ich mal aus –, macht?) dass in der letzten Legislatur über 300 Kommunen sich freiwillig gefunden haben, freiwillig. Die kom- Da sind nicht alle Blütenträume wahr geworden, munalen Vertreter sind doch nicht beschränkt, son- das ist richtig, aber wir haben geredet und verhan- dern die wissen schon, worum es geht. Sie haben delt. Deswegen sich so hinzustellen, wir sind jetzt sich freiwillig gefunden und wenn ich die Koalition die Großen, die hören wir an, dann wird aus den richtig verstanden habe oder zumindest den Innen- Luftbuchungen ... Es lohnt sich nicht, noch mal auf minister – ob das noch gilt, weiß man ja nicht, aber alles einzugehen. Mein Kollege Thamm und andere der Innenminister hat gesagt, dass die Freiwilligkeit haben es ja schon gesagt, bis zu Mike Mohring. Es erst einmal weitergeht. Ich finde, das ist ein guter ist einfach nur eine Verhöhnung der Kommunen, Ansatz, ist auch in unserem Interesse. Ich hoffe, was heute hier stattfindet, meine sehr verehrten dass es auch umgesetzt wird, dass die Freiwilligkeit Damen und Herren. fortgesetzt wird. Denn so einfach zu sagen, jetzt (Unruhe SPD) nehmen wir die Gießkanne, ich kann mir gut vor- stellen – wir werden das aufmerksam betrachten –, Es ist eine Verhöhnung der Kommunen, die heute dass man insbesondere Eisenach damit versorgt, hier stattfindet. dort sitzt eine Genossin, und es fallen mir noch ein (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Kein paar ein. Ich erinnere – da sitzt zwar keine Genos- Missbrauch meines Namens!) sin – an Gera. Da hat Bodo Ramelow, als er noch nicht Ministerpräsident war, hier in dem Landtag Bleib doch nur ruhig, sonst kriegst du noch einen gefordert, da muss doch was getan werden und da Ordnungsruf, sei vorsichtig! Auch Vizepräsidenten muss Geld hin usw. kriegen Ordnungsrufe, wenn sie auf der Bank sit- zen. (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Nein, gehandelt werden muss, nicht Geld (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Du reinschmeißen!) missbrauchst meinen Namen, das lasse ich nicht zu!) Ich lese noch einmal nach, was du gesagt hast; sinngemäß war es so, wie ich es gesagt habe. Nein, überhaupt nicht. Präsidiale Entscheidungen Sinngemäß war es so. muss man nicht immer teilen, aber in der Regel nimmt man sie ja hin. (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Nein! Nein! Nein! Die Insolvenz abgeben und Meine Damen und Herren, ich will noch mal – weil nicht Geld reinschmeißen.) das auch genannt wurde – zu den ganzen Fragen „Hebesätze“ sprechen. Auch das war ein heiß um- Und auf einmal war Bodo Ramelow Regierungschef strittenes Thema mit dem damaligen Finanzminister und auf einmal habe ich nichts mehr gehört, dass Voß und der Landesregierung. Ich entsinne mich da alle immer hineilten und die Scheffel voll Geld dunkel, dass die SPD – damals mit noch ein paar hingeschafft haben. mehr Leuten – mitregiert hat, dass dies am Ende (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Ihr durchgegangen ist, weil man entsprechend der Flä- habt die Insolvenz zugelassen. Ihr habt das chenländer und vergleichbare Dinge dort genom- Geld zum Fenster rausgeschmissen!) men hat. Das war bei uns auch heiß umstritten. Ich konnte es nicht hören, dass ... Lieber Herr Mi- Aber bei vielen Dingen dürfen wir nicht vergessen – nisterpräsident, lieber Bodo Ramelow, Fakt ist eins und das auch in Richtung Bodo Ramelow –, wir le- – auch das gestehe ich zu und ich hoffe, dass sich ben in vielen, vielen Dingen von Zuweisungen der dort einiges verändert –: Unsere Kommunalaufsich- 878 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Fiedler) ten im Land der unterschiedlichen Ebenen haben Haushalte nicht mehr ausgleichen konnten, dass an vielen Punkten schmählich versagt. Das muss Kommunen die Kindertagesstättengebühren erhö- man einfach so sagen. Ich weiß, dann kommt das hen mussten, dass Kommunen keine Straßen mehr Klopfen hier von zwei, drei Linken. bauen konnten, dass sie keine Schlaglöcher mehr reparieren konnten, dass sie Kultur und Kunst ab- (Beifall DIE LINKE) bauen mussten. Aber man muss auch das zur Kenntnis nehmen, (Unruhe CDU) dass dort durchaus auch versagt wurde. Sonst wä- ren manche Dinge überhaupt nicht möglich gewe- Das haben Sie in Ihren 24 Jahren Regierungszeit sen und so etwas wie Gera, wenn dort das Landes- erreicht, lieber Wolfgang Fiedler, wenn Sie in dieser verwaltungsamt und die entsprechend Zuständigen Zeit innenpolitischer Sprecher waren. Als Bürger- – wir kennen die Stufen, wer zuständig ist – dort meister hätten Sie wissen müssen, welche Auswir- besser gehandelt hätten, wäre es zu so etwas gar kungen diese Gesetzgebung hat. nicht gekommen. Ich will noch einmal in Richtung (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Im Unter- Eisenach schauen und ich könnte noch ein paar schied zu Ihnen ehrenamtlich!) Beispiele nennen. Aber da Sie nur ehrenamtlich Bürgermeister sind Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will und sich die meiste Zeit im Landtag in Erfurt herum- einfach noch einmal deutlich machen, dass meine treiben, wissen Sie natürlich nicht, was vor Ort pas- Fraktion nicht diejenige ist, die hier etwas vorlegen siert. Das wird vielleicht so sein. Wir als kommunale muss, sondern Sie regieren. Wir haben dem, was Familie waren hier im Landtag zu einer Anhörung. die Spitzenverbände mit den zuständigen Kommu- Der Landtag war voll mit Bürgermeisterinnen, Bür- nalministern und der Hälfte des Finanzministeriums germeistern, Landrätinnen, Landräten, mit Mitarbei- ausgehandelt haben, ausdrücklich zugestimmt und tern aus Kommunalverwaltungen. Was ist von die- dabei bleiben wir auch. sen Vorschlägen aufgenommen worden? (Beifall CDU, AfD) (Zwischenruf Abg. Floßmann, CDU: Ein Glasfahrstuhl in Hildburghausen!) Vizepräsidentin Jung: Nichts! Nichts ist aufgenommen worden. Liebe Frau Für die Fraktion Die Linke hat sich Abgeordneter Floßmann, wenn Sie mal in Kommunalpolitik ma- Harzer zu Wort gemeldet. chen, dann können Sie vielleicht auch mal mitre- den. Aber solange Sie sich da nicht auskennen, Abgeordneter Harzer, DIE LINKE: sind Sie besser ein bissel leise. Eigentlich wollte ich heute nicht noch einmal hier (Unruhe CDU) vor, aber der Kollege Fiedler – bis vor Kurzem auch (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: So ein Thea- Kollege als Bürgermeister – ter!) (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Immer Aus dieser Sicht heraus ist es einfach Frevel, zu noch! Seit 25 Jahren! Immer noch!) sagen, diese Koalition veralbert die Kommunen. hat es doch geschafft, mich dazu zu bringen. Ja, Das ist ein Frevel. Kollege Fiedler, das unterscheidet uns voneinan- (Unruhe CDU, SPD) der, denn wenn man zu lange im Amt ist, verliert man die Bodenhaftung, wird betriebsblind und das Denn bleiben wir doch mal bei der Wahrheit: Wer hat man an Ihrer jetzigen Rede auch gesehen. Ich hat denn den Zustand der Kommunen herbeige- hoffe nicht, dass Sie als Bürgermeister auch so ar- führt, dass für die Kommunen ein Programm aufge- beiten. legt wird, ein Notprogramm, damit sie überhaupt überleben können? (Unruhe CDU) (Unruhe CDU) Sie haben in den letzten Jahren für die Kommunen im Freistaat Thüringen nach dem Spruch von Nor- Wer hat denn diesen KFA gestrickt? Das war doch bert Blüm – den werden Sie kennen, ist ein Partei- Ihr Finanzminister, der für kommunale Finanzen zu- freund von Ihnen – gehandelt: Alle wollen den Gür- ständig war. Ich war auf der Messe dabei, als er tel enger schnallen, aber jeder fummelt am Gürtel sein Programm verteidigt hat, wo die Kommunen des Nachbarn herum. Sie als Landesregierung ha- gesagt haben, das ist unser Tod. Niemand hat es ben am Gürtel der Kommunen rumgefummelt, geglaubt. Dann kommen Sie her und sagen voriges Jahr in einem Großakt der Güte, es ist ja Wahljahr: (Beifall DIE LINKE) Wir müssen den Kommunen mal helfen. Dann le- haben ihn eng geschnallt, haben ihn so eng ge- gen wir schnell was auf. Es hört sich gut an, weil, schnallt, dass den Kommunen die Luft zum Leben 30 Millionen schieben wir ins neue Jahr, dafür müs- nicht mehr geblieben ist, dass Kommunen ihre sen wir ja nicht mehr geradestehen. Jetzt sagen Sie Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 879

(Abg. Harzer) uns – die Ihr Gesetz haben verbessern müssen, (Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das ist ge- damit die Kommunen überhaupt in diesem Jahr gendert!) Haushalte auf die Beine kriegen –, wir machen das Zunächst mal vorweg: AfD wirkt, habe ich den Ein- verkehrt, wir veralbern die Kommune und kommu- druck, auch wenn Sie das vielleicht gar nicht so nale Familie. Gerade die, die das verbockt haben, merken. Aber wie oft Sie heute allein die Gürtel-Me- was in diesem Land passiert, dass wir Investitions- tapher bemüht haben und das Wort „betriebsblind“ rückstände in Milliardenhöhe in öffentlicher Infra- verwendet haben, was ja heute der Kollege Höcke struktur in den Kommunen haben, dass wir Kultur- dankenswerterweise in die Debatte eingeführt hat, abbau in Größenordnung haben, dass wir da muss ich Ihnen sagen, danke, Björn Höcke, für Schwimmbäder geschlossen haben in den Kommu- deine Rede, es setzt sich hier durch, teilweise auch nen, Sie behaupten, wir sind dafür verantwortlich. deine Art und Weise, sich auszudrücken. Schönen Das schlägt dem Fass den Boden aus, was Sie hier Dank. sagen und was Sie hier behaupten. Von der Warte aus sollten Sie sich mal einen Spiegel vor die Au- (Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Sie gen halten und sagen: Was haben wir verkehrt ge- überschätzen sich!) macht? Vieles haben Sie verkehrt gemacht. Ich ha- (Unruhe im Hause) be es an dieser Stelle schon mal gesagt: Allein als Sie in Alleinregierung waren, 2005 das Kinderta- Kollege Fiedler, Sie haben mir aus der Seele ge- gesstättenfinanzierungsgesetz geändert haben, das sprochen, als Sie davon redeten, dass die Arroganz hat dazu geführt, dass sich die Kosten der Kommu- der Macht hier im Spiel war. Ich komme gleich da- nen verdoppelt haben bis heute, verdoppelt für die- zu. Zunächst mal zum Kollegen Adam, dem knapp selbe Kinderzahl in den Kindertagesstätten. gescheiterten Landratskandidaten im Norden Thü- ringens. (Unruhe CDU) (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE Dass die Gebühren massiv nach oben gegangen GRÜNEN: Adams!) sind, das haben Sie zu verantworten. Dafür haben Sie auch die Verantwortung zu tragen und wir las- Herr Adams, nach wie vor wird Ihnen ja jetzt leider sen es Ihnen nicht durchgehen, dass Sie sich hier die kommunalpolitische Komponente fehlen. Viel- hinstellen als Retter der Kommunen, die die Kom- leicht wird es in ein paar Jahren anders. munen erst in den Tempel hineingetreten haben. (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ge- GRÜNEN: Im Gegensatz zu Ihnen habe ich hen Sie mal ins stille Kämmerchen, schauen Sie eine politische Kompetenz!) sich mal Ihre Gesetze an, auch die neuen Kollegin- Sie haben davon gesprochen, Sie haben ein nen und Kollegen, die im Landtag sind, die bisher schnelles Gesetz gemacht, was Sie uns hier vorge- nicht kommunal verankert waren, die daher nicht legt haben, ein schnelles Gesetz, da gebe ich Ihnen wissen, was passiert ist, weil sie nicht in Verantwor- recht. Aber es war nicht nur ein schnelles Gesetz, tung waren. Ich war 18 Jahre in Verantwortung und es ist auch ein schlechtes Gesetz und es ist ein ich kenne die Situation, wie wir jedes Jahr darum peinliches Gesetz, was Sie hier vorgelegt haben. kämpfen mussten, dass wir überhaupt unsere Haushalte zukriegen, dank der CDU in Thüringen. (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE Damit ist es jetzt vorbei und ab nächstes Jahr gibt GRÜNEN: Peinlich ist nur eins!) es ein neues Kommunalfinanzausgleichsgesetz. Der Kollege Henke hat es ja schon inhaltlich zer- Sie werden sehen, die Kommunen werden uns pflückt, das ist ihm gut gelungen, finde ich. Eigent- dankbar sein. Danke. lich kann man als normal denkender Mensch die- (Beifall DIE LINKE) sem Gesetz gar nicht mehr zustimmen. Worauf ich eingehen möchte, ist, und da komme ich zur Arro- Vizepräsidentin Jung: ganz der Macht des Kollegen Fiedler, wie dieses Gesetz in den Ausschüssen behandelt wurde. Mit Mir liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr aus den Ihrer Arroganz der Macht haben Sie sich sämtli- Reihen der Abgeordneten – es gibt noch eine Wort- chem Sachlichen widersetzt. Ich kann mich an die meldung des Abgeordneten Brandner. Diskussion im Justizausschuss erinnern, als wir mit Engelszungen – mit „wir“ meine ich jetzt meine ehe- Abgeordneter Brandner, AfD: malige Partei, die CDU, und meine derzeitige Par- tei, die AfD –, als wir mit Engelszungen und mit gu- Frau Präsidentin – auch wenn mir gesagt wurde, ten Argumenten versucht haben, Sie davon zu ich soll immer „Herr Präsident“ sagen, aber in dem überzeugen, dass Sie davon, was als Änderungs- konkreten Fall: Frau Präsidentin, meine Damen und antrag auch durch eine Sechs-zu-fünf-Abstimmung Herren! im Innenausschuss bei uns gelandet ist, die Finger lassen sollen, weil Sie ein peinliches Gesetz vorge- 880 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Brandner) legt haben, was wissentlich Bezug nimmt auf ein Dr. Poppenhäger, Minister für Inneres und Kom- Gesetz des Bundes, das es noch gar nicht gibt – munales: verstehen Sie? Sie wollten ein Gesetz durch- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und drücken, das einfach formell gar nicht veröffentli- Herren Abgeordneten, eine muntere Debatte, das chungsfähig war. Wir haben es versucht, Frau Gesetz ist natürlich kein Murks. Es ist ein wirklich Walsmann, ich habe es versucht; es war hoffnungs- respektabler Gesetzentwurf der Fraktionen und ist los. Sie haben abgestimmt. ein Hilfspaket zur finanziellen Unterstützung der (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wo Thüringer Kommunen in den Jahren 2015 bis 2018, haben Sie denn Ihr zweites Staatsexamen das wollen wir doch noch mal feststellen. Ich will her?) auch noch ein Wort zu Herrn Abgeordneten Fiedler sagen, den ich ja sehr schätze. Sechs zu fünf. Arroganz der Macht, sage ich. Dann gucke ich heute in meine Post und sehe hier – ups Herr Abgeordneter Fiedler, ich bedanke mich für Ih- – einen Änderungsantrag. Jetzt frage ich mich, Herr re Wertschätzung. Ich weiß ja auch, dass die ernst Adams, ich frage mich und Sie frage ich auch: gemeint ist. Aber das Wort von der Verhöhnung der Kommunen, das weise ich doch mit aller Entschie- (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE denheit zurück, mit aller Entschiedenheit. GRÜNEN: Es war eine Beschlussvorlage des Innenausschusses!) (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wie kam denn das Argument in den Ausschuss? Ja, wir haben unseren Änderungsantrag, der durch (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das waren den Innenausschuss kam, zuvor doch mit dem, ich Kuschel & Co.!) zitiere, „Justizministerium abstimmen lassen“. Ers- Nein, die Koalitionsfraktionen setzen eine wesentli- tens habe ich mich da sofort gefragt: Wieso stim- che Zusage aus dem Koalitionsvertrag um und sor- men Sie Änderungsanträge mit dem Justizministeri- gen dafür, dass die Thüringer Kommunen gerade in um ab? Und zweitens habe ich mich dann gefragt, diesem Jahr unter Berücksichtigung der eigenen wie das Innenministerium Ihnen so einen Murks zu- Steuereinnahmen und der höheren finanziellen rückgeben und sagen kann, das sei in Ordnung. Ausstattung insgesamt über eine höhere Ausstat- (Beifall AfD) tung verfügen als 2014. Ziel des Gesetzentwurfs ist es auch, bestehende Hilfestellungen für die Kom- Wie können Sie dann auf Ihrem Standpunkt behar- munen zu erweitern und möglichst vielen Kommu- ren, obwohl Ihnen alle Experten hätten sagen müs- nen mit spezifischen Bedarfszuweisungen auszu- sen, so ein Gesetz kann man nicht machen, das helfen und auf konkrete Probleme reagieren zu geht nicht? können. (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE Vorhin kam der Vorwurf, wir sollten denn auch mal GRÜNEN: Wissen Sie, was es in Thüringen konkret vor Ort helfen und der Ministerpräsident alles gibt?) hätte auch Hilfszusagen für Gera gemacht. Herr Gott sei Dank haben Sie jetzt die Kurve noch be- Abgeordneter Fiedler, wir arbeiten, wir helfen, aber kommen und es heimlich durch die Hintertür wahr- wir reden nicht immer darüber. Ich will Ihnen an die- scheinlich auch im Justizministerium fertigen las- ser Stelle sagen, sen, (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Unruhe DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE dass wir vor gar nicht langer Zeit, es ist, glaube ich, GRÜNEN) keine 14 Tage her, für die Stadt Gera fast 10 Millio- ich weiß es nicht, einen weiteren Änderungsantrag nen Euro Überbrückungshilfe gegeben haben. Ich vorgelegt, der zumindest formell die Geschichte be- rede nur nicht über alles, was wir tun. Aber Sie sol- endet. Peinlich und schlecht bleibt Ihr schnelles Ge- len wissen, natürlich arbeiten wir. setz trotzdem, das muss ich Ihnen sagen. Verant- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wortungsvolle Politik, meine Damen und Herren, die sieht anders aus. Die orientiert sich an dem Ich will noch darauf hinweisen, dass die kommuna- Sachlichen und an dem, was gemacht werden le Investitionstätigkeit natürlich mit diesem Hilfspa- muss, und nicht daran, was ich sechs zu fünf in den ket ganz besonders auch gefördert werden soll, die Ausschüssen durchsetzen kann. Danke schön. finanziellen Hilfen dienen nicht allein der Abmilde- rung finanzieller Engpässe. Und mit den vorgese- (Beifall AfD) henen Investitionszuschüssen wird gerade auch dem Petitum der Spitzenverbände Rechnung getra- Vizepräsidentin Jung: gen, die immer wieder den Sanierungsstau in den Das Wort hat jetzt die Landesregierung, Minister Kommunen angemahnt haben. Insofern, meine ich, Poppenhäger. sollte das auch unterstützt werden. Weiterhin erhal- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 881

(Minister Dr. Poppenhäger) ten die Kommunen vom Bund voraussichtlich weite- Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und re rund 76 Millionen Euro für Investitionen, die nach SPD und den Gegenstimmen aus den Fraktionen der Beschlussempfehlung des Innen- und Kommu- der CDU und AfD der Änderungsantrag angenom- nalausschusses mit Landesmitteln in Höhe von men. 8 Millionen Euro kofinanziert werden. Je nach Ab- Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Be- fluss dieser zusätzlichen Bundesmittel werden die schlussempfehlung des Innen- und Kommunalaus- Thüringer Kommunen im Jahr 2015 damit sogar zu- schusses in Drucksache 6/538 unter Berücksichti- sätzliche Mittel von Land und Bund bekommen, die gung des Ergebnisses der jetzigen Abstimmung ursprünglich überhaupt nicht absehbar waren. des Änderungsantrags in Drucksache 6/552. Wer Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- dieser die Zustimmung gibt, den bitte ich um das neten, auch sehe ich die Möglichkeit, Investitions- Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltun- mittel des Landes zur Deckung der Verwaltungs- gen? Bei keinen Stimmenthaltungen, der Zustim- haushalte einzusetzen, als guten Kompromiss. Die mung der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die entsprechende Regelung behält den Fokus näm- Grünen und SPD und den Gegenstimmen der Frak- lich, wie von Anfang an beabsichtigt, auf der Förde- tionen CDU und AfD ist die Beschlussempfehlung rung kommunaler Investitionstätigkeit. Sie ermög- des Innen- und Kommunalausschusses angenom- licht jedoch im Ausnahmefall gerade die flexible men. Problemlösung, die eben auch von den kommuna- Wir stimmen deshalb über den Gesetzentwurf ab. len Spitzenverbänden immer wieder gefordert wor- Herr Primas? den ist. Hinsichtlich der Frage der Kita-Finanzie- rung, die uns in den letzten Wochen auch ausführ- lich beschäftigt hat, darf ich Ihnen versichern, dass Abgeordneter Primas, CDU: diese bei der Reform des Kommunalen Finanzaus- Wir beantragen namentliche Abstimmung zum Ge- gleichs berücksichtigt werden wird. setzentwurf. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf gelingt den Fraktionen damit aus meiner Sicht erfolgreich der Vizepräsidentin Jung: Spagat zwischen einer allgemeinen Hilfe, die Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Herr schnell und umfassend in Form von Investitions- Höhn, war das ein Geschäftsordnungsantrag? pauschalen bei den Kommunen ankommt, und ei- ner zielgerichteten Hilfe für Kommunen, die Haus- (Zuruf Abg. Höhn, SPD: Nein, nein!) haltsnotlagen haben und denen auch gerade durch Gut. Wir stimmen in namentlicher Abstimmung über die weiteren Mittel für ergänzende Bedarfszuwei- den Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, der sungen geholfen werden kann. SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksa- Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- che 6/221 in zweiter Beratung unter Berücksichti- neten, die Landesregierung begrüßt daher den Ge- gung des Abstimmungsergebnisses über die Be- setzentwurf und ist den regierungstragenden Frak- schlussempfehlung ab. Ich bitte die Schriftführer tionen auch dankbar dafür, dass der Gesetzentwurf und eröffne die Abstimmung. von den Fraktionen aus der Mitte des Landtags vor- Hatten alle Gelegenheit, ihre Stimme abzugeben? gelegt wird. Das ermöglicht eine schnelle Be- Ich bitte, meine Stimmkarte noch einzusammeln. schlussfassung. Dieses unkomplizierte Verfahren Damit schließe ich die Abstimmung und bitte um ermöglicht eben auch, dass die Mittel den Kommu- Auszählung. nen möglichst bald zur Verfügung gestellt werden können. Ich glaube, dass eine solche schnelle Hilfe Sehr geehrte Abgeordnete, ich gebe Ihnen das Er- – da richte ich mein Wort auch an die Opposition – gebnis bekannt: Anwesende Abgeordnete 87, es nicht nur im Interesse der Bürgerinnen und Bürger wurden abgegeben 87 Stimmen, mit Ja stimmten unseres Freistaats ist, sondern im Interesse aller 46, mit Nein 41 (namentliche Abstimmung siehe Beteiligten. Vielen Dank. Anlage 1). Damit ist der Gesetzentwurf angenom- men. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Jung: Wir kommen zur Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, Wir kommen jetzt zur Abstimmung, als Erstes über sich von den Plätzen zu erheben. Wer dem Gesetz- den Änderungsantrag der Fraktionen Die Linke, der entwurf zustimmt, den bitte ich jetzt um seine Stim- SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksa- me. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Die kann che 6/552. Wer dem Änderungsantrag die Zustim- ich nicht erkennen. Doch, 1 Stimmenthaltung. Da- mung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. mit ist der Gesetzentwurf angenommen und ich Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Die kann ich schließe den Tagesordnungspunkt. nicht erkennen. Damit ist mit den Stimmen von den 882 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Vizepräsidentin Jung) (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Recht auf informationelle Selbstbestimmung der GRÜNEN) Bürgerinnen und Bürger und entlasten die Verwal- tung sowie die Wirtschaft. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4 Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, las- sen Sie mich Ihnen hier die fünf wichtigsten Punkte Thüringer Gesetz zur Ausfüh- aus dem Gesetz benennen. Im Rahmen einer ein- rung des Bundesmeldege- fachen Melderegisterauskunft, die für gewerbliche setzes und zur Anpassung von Zwecke beantragt wird, muss künftig angegeben Landesvorschriften werden, dass die Auskunft für einen gewerblichen Gesetzentwurf der Landesregie- Zweck benötigt wird – vergleiche § 44 Abs. 1 Satz 2 rung in Verbindung mit § 44 Abs. 4 Nr. 1 Bundesmelde- - Drucksache 6/495 - gesetz. Die im Rahmen der Auskunft erlangten Da- ERSTE BERATUNG ten dürfen dann nur für diese Zwecke verwendet Wünscht die Landesregierung das Wort zur Be- werden. Auskünfte für Zwecke der Werbung oder gründung? Herr Staatssekretär, Sie haben das des Adresshandels sind künftig nur noch zulässig – Wort. und das ist besonders zu unterstreichen –, wenn die Betroffenen in die Übermittlung ihrer Meldeda- ten für diese Zwecke ausdrücklich eingewilligt ha- Götze, Staatssekretär: ben. Mit dem neuen Melderecht wird die Melde- Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Da- pflicht in Krankenhäusern und ähnlichen Einrich- men und Herren Abgeordneten, die Landesregie- tungen abgeschafft, solange Bürgerinnen und Bür- rung legt Ihnen heute einen Gesetzentwurf zur Aus- ger für eine Wohnung in Deutschland gemeldet führung des Bundesmeldegesetzes und zur Anpas- sind. Das Gesetz sieht zudem eine Vereinfachung sung von Landesvorschriften vor. Der Kern dieses der Hotelmeldepflicht vor. Der sogenannte voraus- Gesetzes ist ein neues Thüringer Ausführungsge- gefüllte Meldeschein ist nunmehr bis zum 1. Mai setz zum Bundesmeldegesetz. Mit der Föderalis- 2018 von allen Bundesländern verpflichtend einzu- musreform im Jahr 2006 ging das bisher rahmen- führen und damit ein Verfahren zur elektronischen rechtlich geregelte Melderecht in die ausschließli- Anforderung von Meldedaten bei der Anmeldung in che Gesetzgebungskompetenz des Bundes über. der Meldebehörde. Im Falle einer Anmeldung wer- den die Meldedaten von der bisher zuständigen Vizepräsidentin Jung: Meldebehörde bereitgestellt. Damit wird eine erneu- te Datenerfassung bei der Anmeldung unnötig. Das Herr Staatssekretär, entschuldigen Sie bitte. Ich bit- Verfahren führt somit zu einer erheblichen Arbeits- te wirklich die Abgeordneten, dem Redner die not- erleichterung bei der Verwaltung und entlastet die wendige Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen. Bürgerinnen und Bürger, da sie bei der Meldebe- hörde in diesem Verfahren den Meldeschein nicht Götze, Staatssekretär: mehr selbst ausfüllen müssen. Gleichzeitig werden mit dem neuen Verfahren Fehler bei der Datenver- Das Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens arbeitung verhindert. Die Meldedaten, die in der vom 3. Mai 2013, das die Regelungen des Melde- bisher zuständigen Meldebehörde bereits gespei- rechtsrahmengesetzes und des Landesmeldege- chert sind, machen sich buchstäblich elektronisch setzes in einem neuen Bundesmeldegesetz zusam- auf den Weg zur Zuzugsmeldebehörde – sicher, menführt, tritt am 01.11.2015 in Kraft. Die Vorschrif- schnell und aktuell. ten des derzeitigen Meldegesetzes Thüringen, für die das Land nach Inkrafttreten des Bundesmelde- Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es gesetzes keine Regelungsbefugnis mehr hat, wer- ist selbstverständlich, dass durch den Einsatz be- den damit gegenstandslos. Mit dem Bundesmelde- währter IT-Standards eine sichere Datenübertra- gesetz sind nunmehr erstmals bundesweit und un- gung gewährleistet ist. Zum Einsatz kommt ein Ver- mittelbar geltende Vorschriften für die Bürgerinnen fahren, das auch von dem Datenschutzbeauftrag- und Bürger und die mit dem Vollzug des Melde- ten des Bundes und der Länder empfohlen wird, rechts befassten Behörden geschaffen worden. Mit nicht zuletzt für die im Jahr 2002 abgeschaffte Mit- dem Bundesmeldegesetz werden besonders die wirkungspflicht des Wohnungsgebers bzw. des Ziele verfolgt, die Daten der Bürgerinnen und Bür- Wohnungseigentümers bei der Anmeldung und Ab- ger noch besser zu schützen, weiterhin die Büro- meldung wieder eingeführt. Dies aus dem Grund, kratiekosten zu senken und Verwaltungsabläufe zu um sogenannte Scheinanmeldungen wirksamer vereinfachen. Da das Bundesmeldegesetz im We- verhindern zu können. sentlichen auf den Regelungen des bisherigen Sehr geehrte Damen und Herren, die dem Land zu- Rahmenrechts und den Landesmeldegesetzen be- stehenden Regelungsbefugnisse sollen mit dem ruht, finden sich viele in der Praxis bewährte Rege- vorliegenden Gesetzentwurf in dem Umfang ge- lungen darin wieder. Neuregelungen stärken das nutzt werden, der nötig ist, um ein modernes und Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 883

(Staatssekretär Götze) an den Bedürfnissen der Praxis ausgerichtetes Mel- Kostenträgern/den Kommunen gegenüber das et- dewesen in Thüringen zu gewährleisten. Ich möch- was ungerecht erscheint. Also den Mehraufwand te Sie daher um Ihre Unterstützung zu diesem Ge- und die Mehrkosten mit bisherigen Mitteln zu ent- setzentwurf bitten und danke für Ihre Aufmerksam- schädigen, geht natürlich nicht und widerspricht keit. jeglicher Logik. Wir hoffen also, dass auch in Bezug auf die Finanzierung der Folgen dieses Gesetzes (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE der gesunde Menschenverstand siegt, und beantra- GRÜNEN) gen die Überweisung an den zuständigen Aus- schuss. Ich hoffe, Sie haben sich über die sachliche Vizepräsidentin Jung: Rede von mir gefreut. Danke schön. Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat sich Ab- (Beifall AfD) geordneter Brandner von der Fraktion der AfD zu Wort gemeldet. Vizepräsidentin Jung: Abgeordneter Brandner, AfD: Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abge- ordneter Adams das Wort. Meine Damen und Herren, in diesem inzwischen doch sehr intimen Kreis ein paar kurze Anmerkun- Abgeordneter Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen von mir. Im Halbfinale der Europameisterschaft NEN: 2012 unterlag Deutschland Italien 2:1. Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehr- (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Das war ein ten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staats- Ding!) sekretär, vielen Dank für Ihre Einführung in die De- Ja. – Sie fragen sich vielleicht, warum ich das er- batte hier in dieses Landesgesetz, das zur Umset- wähne. Aber Sie erinnern sich vielleicht, das war zung des Bundesmeldegesetzes auf den Weg ge- am 28.06.2012, da hat Deutschland gleich zweimal bracht werden muss. Die Geschichte dieses Ge- verloren, nämlich einmal das Fußballspiel in War- setzes ist lang, sie ist bekannt, sie ist oft durchdis- schau und zum anderen im Deutschen Bundestag. kutiert worden. Insofern war das jetzt nicht viel Neu- Zwei Sieger gab es auch, in Warschau die Italiener es. und im Deutschen Bundestag die gewerblichen Ad- Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben resshändler. Den Sieg der Italiener konnten wir den Änderungen, die der Staatssekretär Götze nicht rückgängig machen, den Sieg der Adress- schon hier angesprochen hat, gab es allerdings händler hatte keiner gemerkt, weil über 90 Prozent auch in der Geschichte dieses Gesetzes einen der Abgeordneten des Deutschen Bundestags an Streit um die Frage, was am Ende gespeichert und diesem Abend lieber Fußball guckten, als ihren übermittelt werden soll. Eine Überarbeitung hier Pflichten nachzukommen als Volksvertreter. Ich se- war an verschiedenen Stellen nötig, denn in den he aber, das ist hier, ich glaube, fraktionsübergrei- ersten Vorlagen war es ja so, dass auch Religions- fend gar nicht anders. Das Thema scheint die Leute gemeinschaften etwaige Familienstandsänderun- weniger zu fesseln als Fußball. Im Bundesrat fan- gen zur Verfügung gestellt wurden und es nicht klar den sich dann doch noch verantwortungsvolle Poli- war, ob das nicht auch arbeitsrechtlich am Ende tiker, die den Ausverkauf der Daten der Meldebe- Konsequenzen haben könnte. hörden an gewerbliche Geschäftemacher unterbun- den haben, und der gesunde Menschenverstand Meine sehr verehrten Damen und Herren – mit hat da gesiegt. Das konkrete Gesetz jetzt hier bietet Blick auf die Uhrzeit –, dieses Gesetz wird heute an eigentlich keine Grundlage dafür, groß zu schimp- den Ausschuss überwiesen, wir werden eine gute fen. Die Vereinfachung und Vereinheitlichung des Beratung führen. Dann wird man sehen, ob das Melderechts hat gute Gründe. Wir als AfD – wir ha- Struck‘sche Gesetz auf dieses Gesetz anzuwenden ben es heute schon ein paar Mal deutlich gemacht ist oder ob es so wieder in unseren Landtag hier – stehen für die Vereinfachung von Verwaltungsab- zurückkommt und dann schnell auf den Weg ge- läufen, für die Verschlankung von Verwaltungen, bracht werden kann. Vielen Dank, auf Wiederhören. den Aufbau von Demokratie und die Senkung von (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Verwaltungskosten. Darauf zielt dieses Gesetz ab. GRÜNEN) Es sind allerdings erhebliche Investitionen in die Datenverarbeitungssysteme erforderlich. Die kon- kreten finanziellen Auswirkungen auf die Kommu- Vizepräsidentin Jung: nen sind nach dem Gesetzentwurf nicht abschätz- bar, sollen jedoch über den Kommunalen Finanz- Für die Fraktion der CDU hat sich Abgeordneter ausgleich, wenn ich das richtig gelesen habe, aus- Walk zu Wort gemeldet. geglichen werden. Das ist aus unserer Sicht aller- dings mindestens konkretisierungsbedürftig, da den 884 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

Abgeordneter Walk, CDU: Natürlich haben im Bundestag und auch in Zusam- menarbeit mit dem Bundesrat die Politikerinnen Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolle- dort das Meldegesetz korrigiert, haben es aktuali- ginnen und Kollegen, die Besuchertribüne – sehr siert und haben es auch optimiert, so zumindest im geehrte Besucher – ist noch nicht ganz leer, die Juli 2014. Im Deutschen Bundestag wurde die No- Zeit ist fortgeschritten, deswegen mache ich es vellierung charakterisiert. auch kurz. Die Vorredner sind schon zum Teil dar- auf eingegangen und Herr Staatssekretär hat es – Aber es bleiben eben aus unserer Sicht noch Kritik- denke ich – auch von der Intention und vom Inhalt punkte, auch aus der Sicht der Länder, die es hier plausibel erläutert. Zusammenfassend: Bei dem anzusprechen gilt. Es ist nicht unsere Sache, nur Gesetzentwurf handelt es sich neben redaktionellen weil das Bundesgesetz in Kraft getreten ist, hier Anpassungen in erster Linie um klassische Ge- diese kritischen Anmerkungen zu unterlassen und setzestechnik, also die Anpassung an die Änderung einfach in ein Ausführungsgesetz für Thüringen zu von Landesrecht infolge einer bevorstehenden überführen. Es wurde angesprochen, der Wider- Neuregelung auf Bundesebene. Dem vorausgegan- spruchsvorbehalt wurde ersetzt im Jahr 2014 durch gen war eine Änderung unseres Grundgesetzes mit den Einwilligungsvorbehalt. Aber es ist eben nicht der Konsequenz, dass dem Bund ab dem 1. No- so, dass der Bürger gegenüber der Meldebehörde vember 2015 im Bereich des Meldewesens die so- seine Zustimmung zur Übermittlung von Daten ge- genannte „ausschließliche Gesetzgebung“ zufallen ben muss, sondern es ist vielmehr so geregelt, wird. Hierdurch verfolgt der Bund das Ziel, das dass das Unternehmen, was ja jetzt ökonomische bestehende Meldewesen in Deutschland zu harmo- Interessen hat, gegenüber der Meldebehörde doku- nisieren, und wir finden, das ist nachvollziehbar und mentieren muss, dass ihm die Einwilligung des Bür- das Ganze macht auch Sinn. gers vorliegt. Und ich glaube, das ist eben tatsäch- lich ein problematischer Vorgang, wenn das Unter- Kurzum: Da mit dem Inkrafttreten des neuen Bun- nehmen selbst, was ökonomische Ziele verfolgt, die desmeldegesetzes die Befugnis der Länder endet Einwilligung an die Meldebehörde überträgt, für den und ein dauerhaftes Nebeneinander von Landes- nämlich diese personenbezogenen und damit sen- und Bundesrecht eben vermieden werden soll, ist siblen Daten angefordert werden. Hier haben wir es richtig und auch wichtig, dass die beabsichtigten auch nach der Änderung, nach der Optimierung, Änderungen zeitnah vom Thüringer Landtag auf nach der Aktualisierung des Bundesmeldegesetzes den Weg gebracht werden. Daher wird meine Frak- deutliche Kritik zu formulieren. tion einer Überweisung des Entwurfs an den Innen- ausschuss zustimmen. Herzlichen Dank für die Auf- Es gibt darüber hinaus auch noch weitere Kritik- merksamkeit. punkte im Bundesmeldegesetz. Ich denke da etwa an die Meldepflichten im Hotelgewerbe oder die (Beifall CDU) Mitwirkungspflichten für Hauseigentümer und Ver- mieter. Vizepräsidentin Jung: Aber auf einen dritten kritikwürdigen Bereich will ich Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordneter Dittes kommen, der auch die Umsetzungsvorschrift in das Wort. Thüringen selbst betrifft. Das sind eben die Über- mittlung von personenbezogenen Daten an die Re- Abgeordneter Dittes, DIE LINKE: ligionsgemeinschaften. In der Tat, Herr Kollege Adams, wurde das im Bundesgesetz dahin gehend Meine Damen und Herren Abgeordneten, es ist verändert, dass Familienstandsänderungen zwar schon einiges zur Entstehungsgeschichte und zum weiterhin an die Religionsgemeinschaften übermit- verfassungsrechtlichen Ursprung dieses Gesetzes telt werden dürfen, nur soll gesetzlich ausgeschlos- gesagt. sen werden, dass die Religionsgemeinschaften Nur, Herr Kollege Walk, der Hinweis auf die fortge- dies in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen schrittene Zeit sollte uns nicht verleiten, ausgerech- verwenden dürfen. Nun frage ich mich allerdings: net beim Meldegesetz sehr kurz darüber zu gehen. Wenn denn der christliche oder kirchliche Arbeitge- Denn welche Auswirkungen eine nur 57 Sekunden ber in Kenntnis der Familienstandsänderung ist, lang andauernde Befassung im Deutschen Bundes- welche Möglichkeiten er dann nutzt auch außerhalb tag hatte, das ist, glaube ich, den Abgeordneten der Anwendung dieser konkreten Kenntnis, um tat- auch in diesem Landtag noch gut in Erinnerung: sächlich in die arbeitsrechtliche Vertragsgestaltung Herauskam im Juni 2012 ein Gesetz, was eher ein einzugreifen? Wenn man den Arbeitnehmer im Datenhandelsgesetz denn ein Datensparsamkeits- kirchlichen Arbeitsverhältnis hätte schützen wollen, gesetz im Meldewesen gewesen ist. Und es sollte dass Familienstandsänderungen Auswirkungen auf uns zumindest ein Stück weit auch davor bewah- sein Arbeitsverhältnis haben, dann hätte man im ren, einfach auch über so sensible Themen, die im- Bundesgesetz die Übermittlung von Familien- mer grundrechtsrelevant sind, hinwegzugehen. standsänderungen an Religionsgemeinschaften grundweg ausschließen müssen. Aber das war Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 885

(Abg. Dittes) eben nicht im Interesse der Mehrheit des Deut- es jetzt halt erst mal so umgesetzt werden, wie es schen Bundestags und auch des Bundesrats. ist. Wir können natürlich als Landesgesetzgeber dann vielleicht in der einen oder anderen Verord- Und es stellt sich natürlich die Frage, warum im nung noch gucken, dass wir es doch etwas ver- Rahmen des Melderechts geklärt werden muss braucherfreundlicher gestalten. Es ist jetzt schon oder klargestellt werden muss, dass an Religions- sehr vieles gesagt worden, deswegen möchte ich gemeinschaften Anschriften, Namen von früheren mich jetzt nur noch auf einen Punkt beschränken, Familienangehörigen übermittelt werden müssen. Kollege Dittes hat ja auch aufgehört mit der Befug- Das hat nichts mit Datensparsamkeit zu tun, das ist nis des Landesrechenzentrums unter der schon ein datenschutzrechtlicher Grundsatz in der Bun- jetzt vorgenommenen Zuordnung, dass dort Daten desrepublik, und das hat auch nichts mit Erfüllung zusammengeführt werden und Verfügbarkeit der der Aufgaben des Meldewesens, aber es hat auch Meldedaten dann auch für öffentliche Stellen und gar nichts mit Erfüllung der Aufgaben der Religions- optional auch für Private besteht. Der Staatssekre- gemeinschaften zu tun, weil die Familienangehöri- tär hat dankenswerterweise darauf hingewiesen, gen und insbesondere die früheren überhaupt nicht dass im Bund den Empfehlungen der Datenschutz- in ihren Wirkungsbereich und Aufgabenbereich fal- beauftragten gefolgt werden soll mit einer sicheren len. Und wir sehen insbesondere auch vor diesem Verschlüsselung. Die Ende-zu-Ende-Verschlüsse- Hintergrund die Erweiterung der Ordnungsmerkma- lung ist aber dann in Thüringen auch etwas, was le in § 4 Abs. 1 im Thüringer Ausführungsgesetz noch gesondert geregelt werden müsste für diesen sehr kritisch und werden die in den Ausschussbera- Datenabfluss zwischen dem Landesrechenzentrum tungen natürlich hinterfragen und gemeinsam mit und den Abfragebefugten. Das würden wir gern hier dem Innenministerium diskutieren. Wir haben aber auch noch mal in der Diskussion schon jetzt an- auch Fragen zum Regelungsinhalt in § 5 Abs. 2 mahnen, dass in die Rechtsverordnung, die wir hier Nr. 7. Dort wird dem Landesrechenzentrum die Auf- nicht mehr im Parlament sehen werden, weil die al- gabe der Auswertung des Datenbestands übertra- lein in die Kompetenz des Innenministeriums fällt, gen, wenn bei den einzelnen Meldebehörden ein die sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung dann unverhältnismäßig hoher Aufwand entsteht. Hier auch aufgenommen werden muss. – Herr Fiedler stellt sich für uns die Frage, wie weitreichend diese wird unruhig, es ist schon spät. Auswertungskompetenzen für das Landesrechen- zentrum tatsächlich ausgestaltet sein werden und (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Er unter welchen und vor allem auch unter welchen verschlüsselt gerade!) überprüfbaren Voraussetzungen die Meldebehör- Er verschlüsselt gerade. Er spricht auch so ver- den die Aufgaben an das Landesrechenzentrum schlüsselt. übertragen können oder zumindest unter welchen Voraussetzungen die Überlastung erklärt wird, so- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Fürchterlich dass das Landesrechenzentrum in diesen Verant- … wenn ihr so weitermacht, habt ihr bald wortungsbereich gerät. Das, meine Damen und kein Innenministerium mehr!) Herren, werden Fragen sein, die wir auch beim Nein, das ist doch abgesprochen bereits, dass die Ausführungsgesetz hier in den Ausschüssen zu Verordnung entsprechend diese Ende-zu-Ende- thematisieren haben. Wir schließen uns als Frak- Verschlüsselung beinhalten soll. Und das ist doch tion Die Linke den Antragstellern zur Überweisung auch nur gut so. Natürlich stimmt auch meine Frak- an den Innenausschuss an. Vielen Dank. tion der Überweisung an den Innenausschuss zu. (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ NEN) DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Jung: Vizepräsidentin Jung: Für die Fraktion der SPD hat die Abgeordnete Marx Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen das Wort. vor. Es ist Ausschussüberweisung an den Innen- und Kommunalausschuss beantragt worden. Wer Abgeordnete Marx, SPD: dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kolle- Die Gegenstimmen frage ich noch ab. Stimmenthal- gen, möglicherweise ist es schon so, dass mit dem tungen? Damit ist die Ausschussüberweisung be- Bundesmeldegesetz noch nicht das Optimale er- stätigt. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt. reicht ist, was man sich als datenschutzrechtlich In- Der Tagesordnungspunkt 6 ist unbesetzt und ich teressierter oder unter dem Aspekt der Datenspar- rufe auf den Tagesordnungspunkt 7 samkeit vorstellt, nur haben wir das Problem auf- grund der Föderalismusreform, und es ist jetzt ein Bundesgesetz, es würde dann kein eigenes Thürin- Bürgerwillen respektieren – ger Meldegesetz mehr geben und deswegen muss Thüringer Wald ohne 886 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Vizepräsidentin Jung) Pumpspeicheroberbecken am sichtigt und warum? Meine sehr geehrten Damen Rennsteig und Herren! Antrag der Fraktion der CDU Herr Primas, hören Sie doch ganz gelassen zu! - Drucksache 6/506 - (Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Ich höre Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Be- doch zu!) gründung? Das ist nicht der Fall. Die Landesregie- rung hat angekündigt, einen Sofortbericht zu Num- Die im Verfahren vorgebrachten Einwendungen be- mer III des Antrags zu halten. Für die Landesregie- zogen sich schwerpunktmäßig auf die mit der Er- rung erteile ich das Wort Frau Ministerin Sieges- richtung des Oberbeckens in unmittelbarer Nähe mund. zum Rennsteig befürchteten Auswirkungen, wie die Zerschneidung eines bisher störungsarmen, unzer- schnittenen Raums, die Beeinträchtigung des Siegesmund, Ministerin für Umwelt, Energie Rennsteigs in seiner Funktion als Kulturgut und als und Naturschutz: wichtigstes touristisches Infrastrukturelement, die Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehr- Veränderung des Landschaftsbilds und des Mikro- ten Damen und Herren, „Bürgerwillen respektieren klimas, die Zerstörung von Quellbereichen, die Auf- – Thüringer Wald ohne Pumpspeicheroberbecken hebung von Trinkwasserschutzzonen und die Be- am Rennsteig“, das ist der Titel des Antrags der einträchtigung von Wasserdargeboten sowie die CDU-Fraktion und zu Punkt III möchte ich gern Lärmbelastungen durch den Baustellenverkehr. einen Sofortbericht abgeben. Lassen Sie mich je- Zu diesen Themen wurden in der landesplaneri- doch vor die Klammer folgende Bemerkung ziehen: schen Beurteilung mehr als die Hälfte aller Maßga- Was ist eigentlich der Bürgerwillen und was macht ben formuliert. Diese sind einsehbar. Zahlreiche diesen denn aus? Die rot-rot-grüne Koalition hat Fragestellungen von den Bürgerinnen und Bürgern sich nicht ohne Grund eine neue Art von Politik in betrafen die energiewirtschaftliche Begründung des ihr Pflichtenheft für diese Legislatur geschrieben. Vorhabens, Standortalternativen sowie verfahrens- Damit meinen wir nicht nur andere Schwerpunkte, rechtliche Fragen. Die Empfehlungen des Runden sondern auch in der Sache einen anderen Stil. Da Tisches bzw. deren Entwürfe zu den Themen Was- geht es eben auch um Entscheidungsfindung, die ser, Energiewirtschaft, Rückbaualternativen, Klima natürlich den Bürgerwillen mit einbezieht. Mitspra- und Waldumbau sowie Baustellenlogistik wurden che jetzt für sich zu entdecken, finde ich sehr span- der oberen Landesplanungsbehörde zur Kenntnis nend, dass die CDU meint, den Bürgerwillen in die- gegeben und sind – sofern sie von raumordneri- ser Überschrift festzuschreiben. Damit, dass der scher Bedeutung waren – als sonstige Erkenntnis- Thüringer Wald ohne Pumpspeicheroberbecken am se inhaltlich in die Abwägungen zu den einzelnen Rennsteig nur dann tragfähig wäre, wenn man die- Fachbelangen eingeflossen. se Haltung vertritt, halte ich für durchaus sehr mu- tig. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es hat ei- ne intensive vorförmliche Beteiligung gegeben. Da- Die Frage ist ja: Was ist der Bürgerwillen und wie zu hat sich das Stadtwerkekonsortium Trianel be- artikuliert man den? Meine sehr geehrten Damen kannt. Zwölf Sitzungen haben alles in allem stattge- und Herren, um das Vorhaben Schmalwasser ganz funden. Der überwiegende Teil der Empfehlungen konkret anzusprechen: Ich bin der Auffassung, wer des Runden Tisches geht über den im Raumord- den Bürgerwillen respektiert, führt jede Stimme an, nungsverfahren zu betrachtenden Detailierungs- und zwar vorurteilsfrei zum einen. Wer den Bürger- grad hinaus. In den Empfehlungen hat der Runde willen respektiert, entscheidet nicht aufgrund der Tisch deshalb überwiegend Formulierungen ge- Lautstärke oder der Art und Weise, wie ein Hinweis wählt, die bereits an das nachfolgende Genehmi- ausgesprochen wird, sondern er erwirbt sich Sach- gungsverfahren anbinden. Unabhängig davon hat kenntnis in der Sache. Wer den Bürgerwillen re- der Vorhabenträger, veranlasst durch den Runden spektiert, macht auch Folgendes: Er pinselt nicht ei- Tisch, zu weiteren Themen Konzepte bzw. Gutach- ne Position auf einen Antrag, die er dann hinterher ten erarbeitet und auch darüber informiert. zum Bürgerwillen deklariert. So viel vor der Klam- mer. 2. Welche Gründe waren für die positive landespla- nerische Beurteilung ausschlaggebend? (Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Ich finde das unverschämt!) Im Raumordnungsverfahren wurde geprüft, ob das geplante Vorhaben mit den Erfordernissen der Nun möchte ich gern zu den einzelnen zehn Punk- Raumordnung in Übereinstimmung zu bringen war. ten, die in dem Antrag genannt werden, Stellung Darin eingeschlossen war selbstverständlich die nehmen: raumordnerische Umweltverträglichkeitsprüfung. Zu Punkt 1: Welche Forderungen der Bürgerinitiati- Nach dem Landesentwicklungsprogramm 2025 soll ve und des Runden Tisches wurden nicht berück- die Errichtung von Pumpspeicherkraftwerken im Land Thüringen einen Beitrag zur Erhöhung der Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 887

(Ministerin Siegesmund) Speicherkapazitäten leisten. Lassen Sie mich an Die Hochwasserschutzfunktion erwähnte ich be- dieser Stelle sagen: Schon jetzt, schon jetzt wis- reits. Es muss auch nachgewiesen und sicher- send, dass in der Bundesrepublik insgesamt eine gestellt werden, dass das Vorhaben zu keinem Speicherleistung durch Pumpspeicherkraftwerke Zeitpunkt die sichere Trinkwasserversorgung der von 6,5 Gigabyte zur Verfügung steht, und schon Bevölkerung gefährdet. Eingriffe in den Waldbe- jetzt wissend, dass Thüringen über 30 Prozent die- stand sind auf das unvermeidbare kleinste Maß zu ser Leistung vorhält, ist es auch richtig, sich vor Au- beschränken. Die Netzanbindung soll so weit wie gen zu führen, wie wichtig wir gerade in der Debat- möglich durch Erdverkabelung mit vorhandenen te um Versorgungssicherheit hier in Thüringen als Straßen und Wegen realisiert werden. Beeinträchti- Teil einer Speicherkapazitätsvorsorge auch wirklich gungen von natürlichen Zug- und Wanderwegen sind. sowie von Rastplätzen wandernder Tierarten, wie zum Beispiel Wildkatze, Luchs und Rotwild, sind in Sogleich wird verlangt, dass den Belangen des Na- größtmöglichem Umfang zu vermeiden. Und – last, tur- und Landschaftsschutzes sowie des Tourismus but not least – die Kompensationsplanung ist unter besonders Rechnung getragen werden soll. Dies Berücksichtigung der Belange von Naturschutz, wurde in der landesplanerischen Beurteilung auch Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft und – Herr Pri- berücksichtigt. mas – Landwirtschaft zu optimieren. Die Neuaus- Punkt 3: Welche Auflagen hat das Landesverwal- weisung von Kompensationsflächen auf landwirt- tungsamt im Ergebnis des Raumordnungsverfah- schaftlich genutzten Flächen ist zu vermeiden. Eine rens für das Trianel Wasserspeicherkraftwerk vollständige Übersicht kann man auf der Website Schmalwasser erteilt? Dazu antwortet die Landes- des Landesverwaltungsamts nachschlagen. Die Ar- regierung wie folgt: beit des Runden Tischs ist im Übrigen auch im Netz dokumentiert. Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat das Vor- haben in einem umfangreichen Verfahren und unter Punkt 4: Die Landesregierung wird gebeten zu be- breiter Beteiligung der betroffenen Kommunen, Ver- richten, wie sie die energiepolitischen Rahmenbe- bände, Vereine, Behörden sowie Bürgerinnen und dingungen für ein PSW im Thüringer Wald ange- Bürger geprüft und festgestellt, dass sowohl der sichts des derzeitigen Strommarktdesigns ein- Standort – also Oberbecken, Unterbecken, Wasser- schätzt. Das ist in der Tat eine spannende Frage. wege, Kavernen, Stollen und Betriebsgelände – als Bereits heute existieren gesetzliche Bestimmungen, auch die 380-kV-Netzanbindung des geplanten die den Bau neuer oder aber die Ertüchtigung Wasserspeicherkraftwerks mit den Plänen und Pro- bestehender PSWs anreizen, jedoch deutlich aus- grammen der Landes- und Regionalplanung in Ein- baufähig sind. Sie wissen, dass Pumpspeicherkraft- klang gebracht werden können, wenn 38 Maßnah- werke von der EEG-Umlage befreit sind, von der men im Zuge einer späteren Genehmigungspla- Stromsteuer und Netznutzungsentgelten für neue nung umgesetzt werden. Anlagen in den ersten 20 Jahren, wenn diese bis Zu den Maßgaben zählen beispielsweise die Redu- zum Jahr 2023 in Betrieb genommen werden. Da- zierung der Höhe der Dammkrone des Ober- rüber hinaus genießen Speicher entflechtungs- beckens und die Verdopplung des Oberbeckenab- rechtliche Privilegien, soweit sie zur Stabilisierung stands zum Rennsteig auf 200 Meter. Das ent- des Netzbetriebs eingesetzt werden. Nichtsdesto- spricht unter anderem auch den Forderungen der trotz haben wir im Augenblick durch die Debatte, Regionalen Planungsgemeinschaft Südwestthürin- die die Bundesrepublik insofern mitverfolgt, als gen. dass es um das sogenannte Strommarktdesign, die Frage des erweiterten Strommarkts EOM 2.0 oder Zahlreiche im Raumordnungsverfahren vorgebrach- die Frage des Kapazitätsmarkts und die Erstellung te Stellungnahmen wurden aufgegriffen – Stichwort des sogenannten Weißbuchs geht, eine Situation, Bürgerwillen, vorförmliche Beteiligung, die Art und in der sehr viele, auch die Betreiber von Pumpspei- Weise, wie miteinander diskutiert wurde – und cherkraftwerken, erst schauen, wie sich die Land- zwingen Trianel geradezu zur Anpassung seines schaft politisch sortiert. Vorhabens im Fall einer Genehmigungsplanung bis hin zum Verkehrskonzept für die Baustellentrans- Deswegen haben wir hier bei der Frage der Siche- porte und – was mir auch sehr wichtig war bei einer rung der volatilen Stromerzeugung und bei der Fra- Begehung vor Ort, um sich darüber zu informieren ge, wie die Zukunft für Pumpspeicherkraftwerke – zum Erhalt der Hochwasserschutzfunktion der aussieht, im Augenblick, wenn Sie so wollen, ein Talsperre Schmalwasser. retardierendes Moment; alles schaut auf die Ent- scheidung der Bundesregierung. Die wichtigsten weiteren Maßgaben lauten: Alle Möglichkeiten zur landschaftlichen Einpassung und Insofern stellt die Landesregierung wiederholt fest, zur Reduzierung der in Anspruch genommenen dass die jetzigen energiewirtschaftlichen Rahmen- Flächen sind auszuschöpfen. Es muss ein detail- bedingungen nicht ausreichen, um derzeit neue liertes Verkehrskonzept für die Bauphase geben. Pumpspeicherkraftwerke ans Netz zu bringen, son- 888 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Ministerin Siegesmund) dern es wird abgewartet, wie die grundlegende zu gestalten. Wir wollen, dass Pumpspeicherwerke Marktbereinigung in den nächsten Jahren in Kombi- auch künftig ihren Beitrag zur Netzstabilität wirt- nation mit wachsendem Volumen volatiler Erzeu- schaftlich leisten können.“ Das ist der Koalitionsver- gung aussieht und wie auch eine gewisse Entspan- trag von CDU, CSU und SPD im Bund. Noch mal: nung in diese Situation gebracht werden kann. „Wir wollen, dass Pumpspeicherwerke auch künftig ihren Beitrag zur Netzstabilität wirtschaftlich leisten Punkt 5 – die Wirtschaftlichkeit von Pumpspeicher- können.“ Das können wir nur unterstreichen, da werken allgemein und die gegenwärtige Situation: sind wir nah beieinander. Da schließe ich an die eben gemachten Aussagen an. Der Betrieb bestehender Pumpspeicherkraft- (Beifall DIE LINKE) werke befindet sich im Augenblick an der Grenze Punkt 8: Welche technologischen Entwicklungen der Wirtschaftlichkeit. Generell ist festzustellen, bei Energiespeichern erwarten wir? Wir denken, dass Pumpspeicher im Vergleich zu anderen Tech- das eine ist die Frage der Klärung – auch lokal –, nologien die günstigste großtechnische Speicher- was Schmalwasser und übrigens auch andere Vor- option darstellen, und zwar sowohl im Hinblick auf haben angeht, Stichwort Leutenberg und andere. die Kostenstruktur als auch auf die Einsatzmöglich- Das andere ist aber die Forschungsdynamik im Be- keiten. Dicht gefolgt werden sie in dieser techni- reich der Speicher. Zu oft wird im Bereich der Er- schen Frage aber von Druckluftspeichern und an- neuerbaren nur über den Ausbau, Einsparung und deren möglichen Technologien. Insbesondere bei Effizienz geredet und die Frage der Speicher einem verzögerten Netzausbau geht es darum, kommt zum Schluss. Das ist etwas, was aber min- dass wir die im Augenblick hohe Netzdienlichkeit destens genauso wertvoll in der Debatte ist und wo von Pumpspeicherkraftwerken hervorheben sollten. wir sehr genau schauen müssen, dass wir auf be- Punkt 6: Welche Maßnahmen plant die Landesre- stimmten Forschungsfeldern auch wieder Spitze gierung zu ergreifen, um den von Investor Trianel werden wollen und übrigens auch Spitze sind in geforderten langfristig stabilen politischen Rahmen Thüringen. für die notwendigen Investitionen zu schaffen? Die Schwerpunkte sind zum Beispiel in Thüringen das Schaffung eines langfristig stabilen Rahmens für CEEC und andere. In der breiten Palette der aktuel- die notwendigen Investitionen hängt in erster Linie len Energiespeicherforschungen stehen in Thürin- von den Entscheidungen zur Ausgestaltung des gen drei unterschiedliche Batterietypen im Fokus, künftigen Strommarktdesigns – ich erwähnte es be- auch das will ich erwähnen. Das sind organische reits – ab. Die Thüringer Landesregierung hat sich Batterien und Hochtemperaturbatterien. Besonders zur Anhörung des Grünbuchs geäußert. Wir haben die beiden letztgenannten Batterietypen sollen die eine Stellungnahme nach Anhörung der Fachleute Speicherung von großen Energiemengen ermögli- im Ministerium im Februar 2015 an das Bundeswirt- chen, wie bei Windparks oder Solaranlagen not- schaftsministerium gesandt und haben uns im Kon- wendig. Hier gibt es also durchaus Forschungsvor- zert mit 13 anderen Bundesländern für ein Prä zur haben, die uns weiterbringen. „Power-to-Gas“ Schaffung der notwendigen Flexibilität durch die möchte ich nennen, auch das ist ein Stichwort. Na- Ausgestaltung des sogenannten Energy-only- hezu alle diese Technologien haben aber trotz ge- Markts ausgesprochen. Wir sind der Überzeugung, zielter Unterstützung von Forschung und Entwick- dass die Einführung von Kapazitätsmärkten die lung noch einen weiten Weg zur Marktreife und vor Strompreisspitzen verringern und Investitionen in allem auch zur Netzrelevanz. Vorsicht deswegen, Flexibilität verhindern wird und am Ende des Tages das eine tun, das andere nicht lassen, nämlich an vor allen Dingen teurer wird. Deswegen haben wir dieser Stelle die 38 Maßgaben durch Trianel prüfen uns für Wettbewerb, Flexibilitätsoption mit aus- lassen, die nächsten Schritte einleiten und trotzdem kömmlichem Ertrag und den Abbau von Hindernis- intensiv im Bereich FuE unterwegs sein, das ist die sen einer Flexibilisierung eingesetzt. Linie von Rot-Rot-Grün. Punkt 7: Die Landesregierung wird hier gebeten zu Ich komme zur vorletzten Frage, Frage 9, welche berichten, wie in diesem Zusammenhang die Aus- Erkenntnisse wir über Forschungs- und Entwick- sage des Ministerpräsidenten zu verstehen ist, das lungsaktivitäten für neue Speichertechnologien in Geschäftsmodell Stromspeicher müsse neu justiert der Bundesrepublik haben. Es ist schön, dass die werden. Natürlich ist der Ministerpräsident exakt in CDU-Fraktion uns dazu fragt, da könnte man viel- der Debatte und äußert sich in dem Sinne, dass die leicht auch mal in Berlin anrufen, aber ich antworte Frage der Wettbewerbsvorteile von Pumpspeicher- gern: kraftwerken geklärt werden muss. Im Übrigen hat die Koalition auf Bundesebene sich selbst in ihr Die künftig erforderliche noch größere systemische Stammbuch geschrieben, dass sie das Ganze klä- Flexibilität, die zur erfolgreichen Ausgestaltung der ren will. Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag der Energiewende erforderlich ist, macht die Entwick- Großen Koalition: „Künftig wird ein Mix verschiede- lung und den Einsatz neuer Technologien zu einer ner Stromspeicher erforderlich sein. Die dafür nöti- der wichtigsten Zukunftsaufgaben. Deswegen brau- gen Rahmenbedingungen sind technologieneutral chen wir vor allen Dingen Technologien mit einem Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 889

(Ministerin Siegesmund) hohen Wirkungsgrad und die, die Kostenoptimie- schwankende Einspeisung Erneuerbarer Energien rung im Blick haben. Deshalb wird gerade auf Bun- erfordert einen Ausgleich durch verschiedene Flexi- desebene im Rahmen des 6. Energieforschungs- bilitätsoptionen, wie z. B. Lastmanagement, power- programms mit dem Titel „Energiespeicher für sta- to-heat und Speicher.“ Damit, meine sehr geehrten tionäre und mobile Anwendungen“ und anderer Damen und Herren, schließe ich die Frage Initiativen mit einem Aufwand von fast einer halben Pumpspeicherkraftwerke durchaus ein. Milliarde geforscht. Auch da will natürlich Thüringen Ich habe jetzt auf die zehn Fragen der CDU-Frak- sein Stück vom Kuchen haben und wird in den neu- tion viele technische Informationen gegeben und en Speichertechnologien in der ersten Liga spielen. ausführlich ausgeführt. Die Frage des Bürgerwil- Rund 20 Forschungseinrichtungen widmen sich im lens, die bleibt in der Tat. Ich freue mich auf eine Land diesem Thema. Ich will einige nennen, weil es spannende Debatte jetzt hier im Haus. Herzlichen mir auch wichtig erscheint, an dieser Stelle deutlich Dank. zu machen, wo wir wirklich schon Champions (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE League sind. Das ist beispielsweise das Kompe- GRÜNEN) tenzzentrum Energie und Umweltchemie, das CEEC Jena, ich erwähnte es schon, was gemein- sam von der Universität und dem Fraunhofer-Insti- Vizepräsidentin Jung: tut in Hermsdorf IKTS getragen wird und vom Fonds der Chemischen Industrie sowie die Carl- Gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung Zeiss- und die Abbe-Stiftung gemeinsam auf dem werden Beratungen zu Berichten der Landesregie- Weg sind, um im Bereich Energiespeicherung zu rung grundsätzlich in langer, also doppelter Rede- forschen. Allein in dieses Hightech-Projekt fließen zeit verhandelt. Ich frage: Wer wünscht die Bera- bis zu 42 Millionen Euro. Das ist eine gelungene Art tung zum Sofortbericht zu Nummer III des Antrags? und Weise, wie hier miteinander Zukunft auf den (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Da feiern Weg gebracht wird. wir noch bis in den 1. Mai rein!) Die Forschung auf Themengebieten wie neue kera- Das sind alle Fraktionen, wie ich das erkennen mische Materialien und neue polymere Materialien kann. Auf Verlangen aller Fraktionen eröffne ich die für effiziente und elektrische Speicher wird dabei Beratung zum Sofortbericht zu Nummer III des An- auch mit massiv gefördert. Bekannt ist hier, denke trags und gleichzeitig eröffne ich die Aussprache zu ich, in den Reihen der Abgeordneten beim Stich- Nummern I und II des Antrags. Zu Wort gemeldet wort „Langzeitspeicherung“ auch die Power-to-Gas- hat sich Abgeordneter Gruhner von der CDU-Frak- Technologie. tion. Der letzte Punkt, ob die Landesregierung einen Nachweis der energiewirtschaftlichen Notwendig- Abgeordneter Gruhner, CDU: keit eines Pumpspeicherkraftwerks in Thüringen Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! anführen kann und wie dies begründet wird: In der Zunächst, Frau Ministerin, herzlichen Dank für Ih- Tat ist die Frage nach der energiepolitischen Not- ren Sofortbericht. Ich will eine zentrale Frage auf- wendigkeit von Pumpspeichern unabhängig von ih- greifen, die im Mittelpunkt Ihres Vortrags stand. Sie rem Standort eine immer wiederkehrende Diskussi- haben gefragt: Was ist eigentlich der Bürgerwille? on. Ich habe vorhin den Anteil von Thüringen an Wenn Sie nach dem Bürgerwillen fragen, kann ich der Leistung von Speicherkraft im Gesamtanteil, Sie nur einladen: Morgen, also direkt am 1. Mai, fin- wenn es darum geht, Pumpspeicherkraftwerksleis- det eine Sternwanderung der Bürgerinitiative gegen tung zu messen, dargelegt; da sind wir bei gut ei- das Pumpspeicherwerk statt. Dort können Sie sich nem Drittel und da haben wir die Nase vorn. Auf vom Bürgerwillen in Südthüringen überzeugen und der anderen Seite gibt es einen sich immer weiter eine Antwort auf die hier gestellte Frage finden. verändernden Angebotsmarkt durch die Einspei- sung Erneuerbarer und damit eine steigende Volati- (Beifall CDU) lität der eingespeisten Strommengen aus erneuer- Ich will aber zunächst einmal sagen, dass, wenn wir baren Quellen, das wissen Sie, und ihre begrenzte heute über unseren Antrag reden, wir vor allem Grundlastfähigkeit. Ich denke, es ist bekannt, dass über eines reden, nämlich über einen erneuten die Notwendigkeit einer größtmöglichen Netzstabili- Wortbruch des Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. tät und Verfügbarkeit für uns alle ebenfalls hier Un- derstatement sind. (Beifall CDU) Übrigens hat die gegenwärtige Koalition auf Bun- Wir reden darüber, dass der Ministerpräsident nur desebene nach ihrem Koalitionsvertrag aus 2013 wenige Monate nach seinem Amtsantritt erneut offenbar dazu einen sehr klaren Standpunkt. Ich zi- Versprechen aus dem Wahlkampf einkassiert und tiere auch wieder aus dem Koalitionsvertrag von offensichtlich sein ganz persönliches Rendezvous CDU, CSU und SPD, da heißt es: „Die stark mit der Realität erlebt. 890 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Gruhner) (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident) um wirklich noch mal zu untermauern, dass eben nicht gilt, was Sie sagen: „Auf jeden Fall muss Und wir reden auch darüber – doch, Herr Minister- Schmalwasser auf 110 kV umgestellt werden und präsident, wir müssen es wiederholen, weil Sie wie- das Oberbecken weiter vom Rennsteig weg.“ Wenn derholt das Wort gebrochen haben. das kein Wortbruch ist, Herr Ministerpräsident, (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Es dann leiden offensichtlich sehr, sehr viele Bürger in ist einfach gelogen! Es ist einfach gelogen!) Südthüringen, die das kritisieren, unter Realitäts- verlust. Wir reden außerdem bei diesem Thema darüber, dass die Bürger in Südthüringen jetzt eines erfah- (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: ren haben: Wenn man sich auf Ministerpräsident Nein, nur Sie!) Ramelow verlässt, dann ist man verlassen. Ich habe eher den Eindruck, dass es nicht Hunder- (Beifall CDU) te Bürger sind, die unter Realitätsverlust leiden, sondern dass Sie sich schlichtweg nicht mehr an (Unruhe DIE LINKE) das erinnern wollen, was Sie vor wenigen Wochen Es gilt: versprochen – gebrochen. Das müssen Sie und vor der Landtagswahl gesagt haben. Das ist sich anhören. die Realität. (Beifall CDU, AfD) Vizepräsidentin Jung: Da kann ich nur sagen, das haben wir im letzten Herr Abgeordneter Gruhner, gestatten Sie eine Zwi- Plenum auch besprochen: Nachdem Sie bei der schenfrage des Abgeordneten Adams? 380-kV-Trasse eine 180-Grad-Wende vollzogen ha- ben, machen Sie das auch in dieser Frage. Abgeordneter Gruhner, CDU: (Unruhe DIE LINKE) Nein. Deswegen können wir einfach nur feststellen, dass (Beifall CDU) Ihre energiepolitische Glaubwürdigkeit binnen kur- zer Zeit regelrecht erodiert ist. Ich will Ihnen gern auch noch mal, weil Sie sagen, das wäre alles gelogen, Herr Ministerpräsident (Beifall CDU) (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Als ob das nicht genug wäre, Wortbruch, kommt Ja! Ja! Sie stehen hier und lügen!) noch ein Zweites hinzu, nämlich dass in dieser Lan- desregierung offensichtlich gar nicht klar ist, was – ja, ja, gut. Also ich will Ihnen mal belegen, was die eigentliche Linie zum Thema „Pumpspeicher- Sie gesagt haben, weil Sie sich offensichtlich nicht technologie“ ist. Denn während der Ministerpräsi- mehr erinnern können. Am 15.05.2014 zitiert das dent sich mittels Wortbruch für die Umsetzung des „Freie Wort“, Ausgabe Schmalkalden, Sie persön- Pumpspeicherkraftwerks am Rennsteig einsetzt, lich: „Wenn bleibt, was Planung ist, dann sagen wir, spricht seine zuständige Energieministerin von den das ist nicht unser Weg. Mit mir als Thüringer Mi- Grünen, Frau Siegesmund, auf öffentlichen Veran- nisterpräsident wird es kein Oberbecken am Renn- staltungen mit Bezug auf Pumpspeicher von, ich zi- steig geben.“ Zitat Bodo Ramelow. tiere, „Fred-Feuerstein-Technologie“. Ich glaube, (Beifall CDU; Abg. Gentele, fraktionslos) das ist offensichtlich der Grund, warum Sie heute auch hier so lustlos vorgetragen haben, denn von (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE der Energieministerin, das will ich schon sagen, GRÜNEN: Wo fängt denn der Rennsteig an hätte ich etwas mehr Energie in dieser Frage er- und wo hört er auf?) wartet. (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Er (Beifall CDU, AfD) verlegt ihn gerade neu!) Diese sehr unterschiedlichen Auffassungen zeigen Am 10.01.2015 sagen Sie erneut im „Freien Wort“: offensichtlich nur eins und das lässt die Frage zu: „Wenn die Bürgerinitiative sagt: ‚Ruiniert uns nicht Was ist die Linie dieser Regierung? Gilt die Haltung den Rennsteig!‘ bin ich ganz an ihrer Seite. Ich bin der Energieministerin – Fred-Feuerstein-Technolo- für ein kleineres Pumpspeicherwerk mit nur gie – oder die des Ministerpräsidenten oder – an- 600 MW Leistung, dessen Oberbecken nicht am ders gesagt – gilt Bodo Ramelow oder Fred Feu- Rennsteig, sondern weiter nördlich errichtet werden erstein? Wofür stehen Sie eigentlich? Das ist nicht soll und auch nur dann, wenn es der Region dient.“ so ganz klar, wenn man Ihre öffentlichen Äußerun- Und dann nehmen wir mal noch ein drittes Zitat, gen verfolgt. (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Kön- (Beifall Abg. Gentele, fraktionslos) nen Sie auch reden oder nur zitieren?) Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 891

(Abg. Gruhner) Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die auch im Bereich der Flexibilität im Stromerzeu- CDU-Fraktion ist ganz klar, dass die Energiewende gungssystem. Dennoch sagen wir ganz klar, Frau natürlich nicht ohne Speichertechnologien funktio- Ministerin, tatsächlich, der Bürgerwille muss deut- nieren kann. lich bei solchen Großprojekten Beachtung finden. Und wir können solche Projekte vor allem nur dann (Unruhe DIE LINKE) durchsetzen, wenn die Eingriffe in die Natur verhält- (Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- nismäßig sind. welt, Energie und Naturschutz: Aber für Sie Deswegen – das will ich hier auch noch mal zentral nicht in Thüringen, Herr Gruhner!) ausführen – geht es bei dieser Frage eben beson- Speicher sind notwendig, weil der schnell wachsen- ders auch um die Wirtschaftlichkeit dieses Projekts. de und der dezentrale Ausbau fluktuierender, er- Herr Ministerpräsident, Sie haben auch mehrfach neuerbarer Energieträger zu erhöhten Anforderun- ausgeführt, dass dieses Projekt wichtig ist, um gen an unser Energiesystem führt. Das ist, denke Wertschöpfung vor Ort zu erzeugen. Wir sind ganz ich, auch hier unbestritten und ist auch ausgeführt bei Ihnen. Wertschöpfung vor Ort muss vorhanden worden. Auch in sonnen- und windarmen Zeiten sein, wenn man so ein Großprojekt durchsetzen muss die Versorgungssicherheit zuverlässig sicher- will. Nur – und das hat auch der Bericht der Ministe- gestellt sein. rin gezeigt – muss man ganz, ganz große Fragezei- chen setzen, wenn es eben um das Thema „Wirt- (Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- schaftlichkeit“ geht. welt, Energie und Naturschutz: Wenn Sie Si- cherheit wollen!) Da will ich auch mal die Seite 148 des Raumord- nungsverfahrens der landesplanerischen Beurtei- Es ist klar, dass wir auf eine gesicherte Leistung lung, die das Landesverwaltungsamt hier vorgelegt und eine hohe Flexibilität von Angebot und Nach- hat, zitieren. Da steht: „Da bei Pumpspeicherwer- frage angewiesen sind, und eben neben konventio- ken aufgrund der Abhängigkeit vom Energiemarkt nellen Kraftwerken, Netzausbau, Lastmanagement und wegen der dynamischen Entwicklung von können diese Aufgaben tatsächlich auch Speicher- Technologien im Bereich der Energieerzeugung technologien erfüllen. Das bestreitet niemand. und Versorgung grundsätzlich Risiken für eine dau- Wenn jetzt der Ministerpräsident davon redet, dass erhafte Wirtschaftlichkeit bestehen, ist es im Sinne am Rennsteig die Thüringer Strombatterie entste- des Nachhaltigkeitsprinzips und unter Berücksichti- hen solle, dann weist unser Antrag doch noch mal gung des besonderen Wertes der Landschaft im klar darauf hin, dass eben – und das haben Sie Bereich des Standorts erforderlich, für eine natur- selbst auch noch mal ausgeführt – heute schon ein raumverträgliche Folgenutzung zu sorgen.“ Also, Drittel der deutschen PSW-Kapazitäten in Thürin- wenn selbst das Landesverwaltungsamt feststellt, gen zur Verfügung steht. Deswegen leistet Thürin- dass wir heute schon über Folgenutzungen nach- gen heute schlichtweg hier schon einen gewaltigen denken sollten, weil die Wirtschaftlichkeit nicht ge- Beitrag und deswegen stellen wir einfach fest, wir geben ist, dann muss man sich doch wirklich wun- müssen nicht erst irgendwas zur Thüringer Strom- dern, wenn Sie davon sprechen, man könne hier batterie ausbauen, Thüringen ist heute schon groß Wertschöpfungen vor Ort erzeugen. Das ist Deutschlands Strombatterie. nun wirklich überhaupt nicht der Fall, wenn wir uns die gegenwärtigen Bedingungen anschauen. Selbst (Beifall CDU) aktuell wird von denjenigen, die die Pumpspeicher Das kommt – das will ich auch mal sagen – nicht betreiben, klar gesagt, dass die Wirtschaftlichkeit von ungefähr. Wir haben uns ja hier auch nie vor nicht gegeben ist. Die Wirtschaftlichkeit von Flexibi- Verantwortung gedrückt. Ich erinnere nur mal dar- litäten von Pumpspeichern hängt eben tatsächlich – an, dass wir es gewesen sind, die Goldisthal auch das ist ja beschrieben worden – von der Volatilität gegen erhebliche Widerstände seinerzeit durchge- am Strommarkt, also dem Preisunterschied zwi- setzt haben, und dass Goldisthal, dass diese Ent- schen dem Strompreis in den Tag- und Nachtstun- scheidung und diese Investition heute sehr ent- den ab, es wird auch von Peak-Strompreis und Off- scheidend dazu beigetragen haben, dass wir die Peak-Strompreis gesprochen, und weil dieser Energiewende vernünftig angehen können. Ich erin- Preis-Spread infolge der Energiewende nicht mehr nere Sie nur mal an den 28. März 2012. Da hätten vorhanden ist, kommen wir hier nicht zu einer Wirt- wir kurz vor einem Blackout gestanden, da hat Gol- schaftlichkeit. Dafür gibt es drei Gründe: Erstens – disthal einen entscheidenden Beitrag zur Netzstabi- das wissen Sie selbst auch –, weil die hohen Ein- lität gebracht. Deswegen will ich hier noch mal fest- speisungen aus Photovoltaikstrom besonders in stellen, dass sich hier auch niemand vor Verantwor- den Mittagsstunden den Peak-Strompreis deutlich tung drückt. Wir sind nicht prinzipiell gegen senken. Zweitens, weil die Abschaltung der Kern- Pumpspeicher und wir sehen natürlich auch die kraftwerke dazu zwingt, dass in der Nacht teure Vorteile, die es hier gibt im Bereich des Netzwieder- fossile Kraftwerke eingesetzt werden müssen und aufbaus, im Bereich der Netzstabilisierung und damit der Off-Peak-Strompreis enorm steigt. Drit- 892 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Gruhner) tens, weil die bessere Marktkopplung mit unseren Ich fasse noch einmal zusammen, das ist der zen- europäischen Nachbarn zu einem großräumigen trale Punkt: Sie haben den Menschen in Südthürin- Ausgleich von Erzeugung und Nachfrage führt und gen vor der Landtagswahl wiederum etwas anderes damit der angesprochene Preis-Spread hier nicht erzählt als das, was Sie jetzt erzählen. mehr vorhanden ist. Deswegen müssen wir, ob es (Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Sie uns gefällt oder nicht, einfach konstatieren, dass hören nicht zu!) das Geschäftsmodell Pumpspeicher gegenwärtig im Rahmen unseres Strommarktdesigns nicht wirt- (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: schaftlich ist. Falsch!) (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen. Richtig!) (Zwischenruf Abg. Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE Ja, Sie haben nichts anderes gesagt, aber wir müs- GRÜNEN: Was erzählen Sie?) sen uns dann schon die Frage stellen, wenn wir Ihre Politik bedeutet vor allem im Bereich der Ener- wissen, dass es keine Wirtschaftlichkeit gibt, wie giepolitik Wortbruch und das ist der Punkt, den Sie wir dann so eine Investition verantworten können. nicht so einfach loswerden. Schönen Dank. Natürlich ist es richtig, dass für Neuanlagen Letzt- verbraucherabgaben wie EEG-Umlage und auch (Beifall CDU) Netzentgelte nicht gelten, (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Vizepräsidentin Jung: Dafür müssen Sie keinen Antrag stellen!) Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich aber das wird nichts daran ändern, dass Sie infol- Abgeordneter Kobelt zu Wort gemeldet. gedessen, was ich beschrieben habe, die drei Punkte, hier zu einer Wirtschaftlichkeit kommen, Abgeordneter Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- selbst wenn Sie diese Letztverbraucherabgaben NEN: abschaffen. Ich bin sehr dafür – deswegen ist es ja Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolle- auch richtig im Koalitionsvertrag des Bundes be- ginnen und Kollegen! Herr Gruhner, erst einmal schrieben –, dass wir das machen, weil unsere Be- muss ich nur ganz kurz etwas zu dem Satz von Ih- standsanlagen genau darunter leiden, und wir sind nen sagen. Immerhin ist es so, dass nicht die Lan- doch dafür, dass unsere Thüringer Bestandsanla- desregierung das Pumpspeicherkraftwerk baut, gen auch ordentlich laufen. Aber wenn Sie in den dass es da auch keine Gelder von der Landesregie- Bericht des Landesverwaltungsamts selbst hinein- rung gibt. Dass eine Landesregierung mitbaut, das schreiben, dass wir heute über Nachfolgenutzun- war vielleicht bei einer Pilz-Fabrik so, aber hier ist gen nachdenken müssen, dann ist zumindest das, es in dem Projekt nicht so, Herr Gruhner. was Sie hier befördern wollen, schon ziemlich un- glaubwürdig. Diesen Vorwurf müssen Sie sich ge- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE fallen lassen. GRÜNEN) (Beifall CDU, AfD) Aber vielen Dank erst einmal an die CDU dafür, dass Sie sich zumindest auf dem Papier hier zur Ich sage auch als letzten Punkt – da sind wir uns Energiewende bekennen. Das ist der erste Satz in mit Ihnen, Frau Ministerin, einig –, wir müssen vor Ihrem Antrag. Aber wie sieht die Energiewende im allem über Forschung und Entwicklung und alterna- wahren Leben aus? Solarenergie ist in den letzten tive Speichertechnologien nachdenken. Sie haben zwei Jahren nach den Beschlüssen der CDU-ge- das gesagt, die Bundesregierung hat allein in den führten Bundesregierung zum Erneuerbare-Ener- letzten zehn Jahren 500 Millionen, eine halbe Milli- gien-Gesetz um zwei Drittel zurückgegangen. arde Euro, in diesen Bereich gesteckt. Wir haben Windenergie wollen Sie mit extremen Abstandsre- enorme Fortschritte erzielt und wir wissen, dass wir geln – war heute wieder zu hören – wie in Bayern, bei diesem Projekt über einen Investitionszeitraum in Thüringen ganz zum Erliegen bringen. von zehn bis 15 Jahren reden. Wenn ich allein se- he, was wir in den letzten zehn Jahren im Bereich (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Wer be- Energiespeicherung erreicht haben, dann bin ich zahlt‘s denn?) aber zutiefst davon überzeugt, dass wir an dieser (Beifall AfD) Stelle ein bisschen optimistischer sein sollten, was den technologischen Fortschritt betrifft, und dann Die Bioenergie hat Ihre Ministerpräsidentin in der bin ich auch zutiefst davon überzeugt, dass wir hier Vergangenheit und ganz besonders am 1. April weiterkommen. Ich kann Sie nur darin ermutigen, 2014 – das war aber kein Scherz – beim gemeinsa- dass Thüringen alles dafür tut, dass Forschung und men Energiegespräch mit der Kanzlerin über die Entwicklung in Speichertechnologien weiter erfolg- Klinge springen lassen. reich vollzogen werden. Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 893

(Abg. Kobelt) Sie ist in Thüringen seitdem quasi zum Erliegen ge- nehmigungsbehörden vom Landesverwaltungsamt bracht. Dafür hat sich die Thüringer CDU ebenfalls betrieben hätten, das von Ihnen eingeleitete Raum- 2014 vehement für die Braunkohle in Sachsen, ordnungsverfahren negativ zu bescheiden. Mit so Brandenburg und Sachsen-Anhalt eingesetzt – zum einer Praxis wollen wir als Rot-Rot-Grün eigentlich Schaden für Thüringen übrigens. Jetzt verstopft der nichts mehr zu tun haben, meine Damen und Her- Braunkohlestrom zunehmend unsere Leitungen ren. und macht Leitungsausbau nötig zulasten der Thü- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ringer Stromkunden und blockiert den Ausbau der erneuerbaren Energien. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Sie wollten das Pumpspeicherkraftwerk am Rennsteig und die rot- (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE rot-grüne Koalition muss jetzt das Beste im Sinne GRÜNEN: Genau!) der Bürgerinnen und Bürger und des Naturschutzes Außer einem Alibibekenntnis und heißer Luft tun daraus machen. Sie als CDU nichts, aber auch gar nichts für den Ihr Antrag liest sich bei genauer Betrachtung wie Ausbau der erneuerbaren Energien. fortgesetzter Wahlkampf, der von einer eigenen (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Verantwortung der Vergangenheit ablenkt. Sie GRÜNEN) sprechen von vollumfänglicher Akzeptanz und Bür- gerbeteiligung und bemühen den Runden Tisch. Kommen wir nun aber zum Pumpspeicherkraftwerk Schmalwasser: Hier zündet Herr Gruhner – ich Jetzt habe ich Ihnen einmal etwas mitgebracht, das nehme an, er hat den Antrag geschrieben – förm- sind die Protokolle vom Runden Tisch und die Teil- lich ein Feuerwerk an Vorschlägen und Forderun- nehmerlisten. In 13 Sitzungen des Runden Tisches gen, dass man im ersten Moment denkt: Wow, das seit dem Juli 2012 im „Schwarzen Bären“ in Tam- ist gute Oppositionsarbeit! bach-Dietharz war zu einer Sitzung ein CDU-Ver- treter aus dem Landtag anwesend. (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Der bremst eure Energie!) (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das mag ja auch für Herrn Gruhner so sein, er ist neuer Abgeordneter und ich kann das in gewissem Ich sage Ihnen, es hätte sich gelohnt auch im Sinne Maße auch verstehen. Leider vergessen Sie aber Ihres Antrags, der heute kommt. Wenn ich mir an- als CDU-Fraktion, dass Sie – die CDU-geführte schaue, wie oft Sie beim Runden Tisch waren, Landesregierung – bis zum Regierungswechsel alle dann kommt es mir so vor, als ob der Bürgerwille Entscheidungsbefugnisse zum Pumpspeicherkraft- gar nicht so richtig interessiert hat. werk Schmalwasser hatten. Wo war Ihre Kritik, wo (Unruhe CDU) waren Ihre Anträge vor der Einleitung des entschei- denden Raumordnungsverfahrens? (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Leute reden lassen am Runden Tisch!) Wie ist es sonst zu erklären, dass zum Beispiel Ihr Minister – er ist sogar da – und Landtagsabgeord- Das können Sie ja mal sagen, prima. Jetzt in der neter Jürgen Reinholz am 17. November 2011 an Oppositionsrolle bemühen Sie ihn, ganz wie es Ih- dieser Stelle im Plenum sagte – hören Sie doch nen gefällt. einmal zu, jetzt wird es spannend: „… als der dafür zuständige Fachminister unterstütze ich […], zu- Vizepräsidentin Jung: sammen mit der Trianel GmbH die Talsperre Schmalwasser als Standort für ein Pumpspeicher- Der Abgeordnete Kobelt hat jetzt das Wort. Sie kraftwerk zu entwickeln. Mit diesem Vorhaben bie- können sich dann gern zu Wort melden. Es gibt ei- tet sich die seltene Möglichkeit, einer vorhandenen ne Anfrage des Abgeordneten Gruhner. Gestatten Stauanlage eine neue Funktion zu geben und Sie die? gleichzeitig damit einen wichtigen Beitrag zum Ge- lingen der Energiewende zu liefern.“ Abgeordneter Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: (Unruhe CDU) Zum Schluss dann. Das ist doch nicht mein Zitat, sondern das von Herrn Reinholz. Denken Sie wirklich, Sie können Dabei hat gerade der Runde Tisch für wichtige Ver- die Menschen für dumm verkaufen, wenn Sie als änderungen der Planung gesorgt. Er hat Beschlüs- Regierungs-CDU Ja rufen und als Oppositions- se erzeugt, die in die Planung eingeflossen sind. CDU genau das Gegenteil fordern? Aber wir als rot- Zusätzliche Expertisen, wie das Gutachten zum Mi- rot-grüne Landesregierung, als Fraktionen sollen kroklima und zu Auswirkungen auf den Wintersport Ihre Fehler der Vergangenheit grundsätzlich rück- am Rennsteig, wurden erst durch den Runden gängig machen. Das wäre nur gegangen, wenn wir Tisch auf den Weg gebracht. Was können wir aber, massiven Druck und quasi Rechtsbeugung der Ge- sehr geehrte Damen und Herren, nun als jetzige 894 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Kobelt) Regierungskoalition zu einem Projekt tun, welchem Tür ins Haus zu fallen: Wenn es bei der Überschrift Sie den Teppich ausgerollt haben? des Antrags der CDU geblieben wäre, dann könn- ten wir uneingeschränkt zustimmen. Zunächst muss erst einmal klar gesagt werden, dass neue Pumpspeicherkraftwerke – da muss ich (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Dies Herrn Gruhner recht geben – momentan nicht wirt- entspricht so Ihrer inhaltlichen Qualifikation!) schaftlich sind. Es bedarf einer circa zehnfach hö- Den Bürgerwillen zu respektieren, das ist eines der heren Preisschwankung an den Börsen, und das Kernziele der AfD, dafür sind wir gewählt worden über 20 Jahre garantiert, ehe überhaupt die 1,4 Mil- und das möchten wir gern mit mehr Elementen der liarden Euro investiert werden. Falls jemals diese direkten Demokratie in der Politik erreichen. Die Bedingungen geschaffen sind oder Ihre CDU-ge- Kollegen der CDU waren da ja bisher, was die Ein- führte Bundesregierung öffentliche Gelder dafür führung von Volksentscheiden, Volksbegehren an- einsetzt, erst dann wird überhaupt die Arbeit an ei- geht, doch etwas konservativer. Aber es freut uns nem Planfeststellungsverfahren weiterbetrieben. natürlich, wenn wir jetzt in der Überschrift entspre- Wir als Grüne-Fraktion werden darauf drängen, chende Ansätze erkennen können. dass die Latte für eine eventuelle Umsetzung sehr hoch gesetzt wird. Dazu gehören hohe Standards Und wenn der Herr Kobelt sagt, die CDU macht gu- beim Biotop- und Artenschutz sowie beim naturna- te Oppositionsarbeit, dann, Herr Kobelt, spitzen Sie hen Waldumbau, Versetzen des Oberbeckens, da- die Ohren, jetzt geht es erst richtig los. mit der Rennsteig nicht negativ beeinflusst wird – (Beifall AfD) das ist übrigens, wenn Sie genau zugehört haben, was Herr Ramelow gesagt hat, auch genau seine Denn unserer Bereitschaft, dem Antrag zuzustim- Aussage gewesen –, ökologische Ausgleichsmaß- men, ist schon bei Punkt I des Antrags wieder der nahmen möglichst nördlich und südlich des Renn- Boden unter den Füßen weggezogen worden. steigs durchzuführen, eine Erdverkabelung einer (Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS neuen Anschlussleitung. Außerdem muss eine ver- 90/DIE GRÜNEN: Das ist aber schade!) bindliche Lösung für eventuell wegfallende Trink- wasserquellen gefunden werden. Ich erkläre Ihnen auch, warum. Ich muss Ihnen nämlich sagen: Die AfD-Fraktion wird nicht zustim- Sehr geehrte CDU-Fraktion, Sie haben das Projekt men, dass Thüringen weiter Vorreiter bei der Ener- Pumpspeicherkraftwerk Schmalwasser auf den giewende bleiben soll. Denn von der Energiewen- Weg gebracht. Falls das Projekt von Trianel irgend- de, also der Energiepolitik der letzten 15 Jahre, hal- wann weiterverfolgt wird, werden wir als rot-rot-grü- ten wir ausgesprochen wenig. ne Koalition gemeinsam mit den betroffenen Ge- meinden und Bürgern hohe Anforderungen an das (Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, Projekt stellen, für Umwelt, für Natur und für die DIE LINKE: So viel zum Bürgerwillen!) Menschen. Das ist verantwortungsvolle und ehrli- Sie gefährdet nach unserer festen Überzeugung che Politik, die ich mir auch von Ihnen in der neuen das Ziel einer sicheren, umweltschonenden, zuver- Oppositionsrolle wünsche. Ihr Antrag geht hierbei lässigen, bezahlbaren Energieversorgung. jedoch in eine vollkommen andere Richtung, was mit Offenheit, Transparenz und Ehrlichkeit nichts zu (Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: tun hat. Deshalb lehnen wir ihn ab. Braunkohle und Atomstrom!) (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Ich erkläre es Ihnen gleich weiter, warum. GRÜNEN) Ein Grund dafür ist nämlich, dass der Zubau der so- genannten erneuerbaren Energien weitgehend un- Vizepräsidentin Jung: gesteuert erfolgt. Er führte gerade in den vergange- Für die Fraktion der AfD hat Abgeordneter – ach, nen Jahren zu einem rasanten Anstieg der Kosten Entschuldigung, Sie hatten eine Frage zugelassen, der Energieversorgung, welcher bereits aktuell Herr Kobelt. Lassen Sie die zu? nicht nur die Haushaltskunden, sondern auch die inländische Wirtschaft erheblich belastet, und da- (Zuruf Abg. Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- durch droht Deutschland und auch Thüringen die NEN: Machen wir dann!) Deindustrialisierung und damit verbunden der Ar- Also die Frage findet jetzt nicht mehr statt und der beitsplatz- und Kompetenzverlust in unserer Volks- Abgeordnete Möller von der Fraktion der AfD hat wirtschaft. das Wort. (Beifall AfD) Zudem kam es aufgrund der fehlenden bedarfsori- Abgeordneter Möller, AfD: entierten Integration der Erzeugung erneuerbarer Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Da- Energie bereits seit Längerem vermehrt zu kriti- men und Herren Abgeordnete, um gleich mit der schen Situationen im deutschen Energieversor- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 895

(Abg. Möller) gungsnetz, weil zum Beispiel bei entsprechenden mit dem EEG die erforderlichen Impulse von der Witterungsbedingungen trotz geringer Stromnach- Politik gekommen sind, um die konventionelle frage eine Überspeisung des Energieversorgungs- Grund-, Mittel- und Spitzenlast zukünftig sicherzu- netzes mit Windenergie oder Solarenergie erfolgte. stellen. Denn dazu sind Anlagen zur Erzeugung er- Ein gutes Beispiel dafür ist übrigens der Kyffhäu- neuerbarer Energien, die durch das EEG gefördert serkreis, in dem dank der an jeden Bedarf vorbei- werden, weder heute noch morgen in der Lage. Die geplanten Errichtung von Windkraftanlagen zum einzigen halbwegs gesicherten Erneuerbare-Ener- Teil eine achtfache Überspeisung im Vergleich zur gien-Kapazitäten haben ihre Grenzen des Ausbaus Netzbezugslast zu verzeichnen ist. Die Aufrufe zur längst erreicht. Das gilt einerseits für das Biogas Abriegelung von Energie durch die Übertragungs- oder die Biomasse, die ist in Thüringen komplett er- netzbetreiber haben sich derart deutlich erhöht, ledigt, das hätten Sie erfahren können, wenn Sie dass schon jetzt, also im Frühjahr des Jahres 2015, beim ThEGA-Forum gewesen wären. Neubaupro- die Zahl der Abriegelungsaufrufe – jedenfalls in jekte gibt es für Biomassekraftwerke überhaupt Thüringen – deutlich überschritten wurde. Das zeigt nicht mehr und Wasserkraft können Sie auch ver- uns, dass der Ausnahmezustand durch die erneu- gessen, denn Wasserkraft ist dadurch limitiert, dass erbaren Energien auch in Thüringen immer mehr das Wasserrecht ganz bestimmte Voraussetzungen zur Regel wird. an die Genehmigung einer Wasserkraftanlage knüpft, und die werden Sie bei Neurechten nicht (Beifall AfD) mehr erreichen, sondern nur noch bei Altrechten. (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Kön- Dass die Speichertechnologie nicht dazu in der La- nen Sie das erklären, ohne abzulesen?) ge ist, diese konventionelle Energie zu ersetzen, das erkläre ich Ihnen später noch an anderer Stelle. Später, später. Durch die Energiewendepolitik und das beschriebe- (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE) ne Problem bei der konventionellen Erzeugung, al- Na ja, Sie verstehen es ja eh nicht, Frau König. so der Unwirtschaftlichkeit der konventionellen Er- zeugung, tritt die paradoxe Situation ein, dass um- Damit ist die Liste der Probleme dieser Energie- weltschädliche Altkraftwerke, Ölkraftwerke zum Bei- wende noch lange nicht am Ende. Der zur Entlas- spiel, nicht außer Betrieb genommen werden kön- tung erforderliche Netzausbau stockt und wird nen, weil sie für die Systemstabilität weiter benötigt durch Widerstände begleitet, und das zum Teil aus werden. Beim besten Willen: Eine Energiepolitik, demselben Lager, aus dem die Apologeten der die so einen energie- und volkswirtschaftlichen Un- Energiewende kommen, die den Netzausbau ei- sinn fördert, werden wir weder als gelungen be- gentlich erst erforderlich macht. zeichnen noch deren Fortsetzung fordern. Ein weiteres Problem ist die Unwirtschaftlichkeit der (Beifall AfD) konventionellen Kraftwerke, die zwingend erforder- lich sind. Dem nach wie vor erforderlichen Betrieb Kommen wir zum Punkt II des Antrags. Da greift die für insbesondere moderne, emissionsarme, neue CDU zumindest teilweise eine wichtige Forderung Gas- und Kohlekraftwerke fehlt die wirtschaftliche auf, nämlich die Akzeptanz der Bevölkerung für die Grundlage deshalb, weil der Strompreis am Groß- Energiewende, für die Energiepolitik sicherzustel- handelsmarkt durch die Überförderung der erneuer- len. Wir möchten das durchaus weiter begreifen als baren Energien derart stark unter Druck geraten ist, nur bezogen auf die Entscheidung, ob jetzt bei dass man nicht mehr wirtschaftlich produzieren Tambach-Dietharz ein Pumpspeicherkraftwerk ge- kann. Dies ist übrigens auch ein Grund für die In- baut werden soll oder nicht. Nach unserer festen solvenz der Stadtwerke Gera Holding, die nämlich Überzeugung muss auch der zukünftige Anteil der Wertberichtigungen auf ihr konventionelles Stadt- erneuerbaren Energien am Energiemix unter Be- kraftwerk vornehmen musste. nennung der Folgen für die Versorgungssicherheit und die Kosten der Energieversorgung für Wirt- (Beifall AfD) schafts- und Haushaltskunden offen und ideologie- Das ist überhaupt nicht abenteuerlich, da informie- frei erörtert werden. Die Befürwortung eines mög- ren Sie sich bitte mal, Frau Siegesmund. lichst großen Anteils erneuerbarer Energien an der gesamten Stromerzeugung steht nämlich im Wider- (Zwischenruf Abg. Mühlbauer, SPD: Das ist spruch zur Ablehnung des dafür erforderlichen sehr abenteuerlich, Herr Möller!) Netzausbaus, weiterhin der Errichtung der fehlen- Das können Sie alles nachlesen. Wenn wir gerade den Speicherkapazitäten – dieses Thema haben dabei sind, Ihr Wissen aufzufrischen, möchte ich wir ja gerade – und auch entsprechender Erzeu- noch einen kleinen Exkurs zu den Ausführungen gungsanlagen. Kein Mensch oder kaum einer des Staatssekretärs im Umweltministerium, Herrn möchte nämlich eine Biogasanlage in seinem Dorf Möller, machen, der auf die Mündliche Anfrage von haben. Die stinkt nämlich. Fahren Sie mal nach meinem Fraktionskollegen Krumpe heute Nachmit- Nohra. tag geantwortet hat. Es ist also keinesfalls so, dass 896 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Möller) (Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Erzählen Bereich. Davon konnte ich mich beim letzten Run- Sie doch nicht!) den Tisch in Tambach-Dietharz überzeugen. Da haben mich Herr Trautvetter und seine Mitstreiter Fahren Sie mal nach Nohra, Herr Primas, und un- über diverse Probleme aufgeklärt, die sie mit dem terhalten Sie sich mal mit den Leuten in Nohra. Ich Pumpspeicherkraftwerk haben, unter anderem den war selbst schon dort und habe es gerochen. Es geologisch schwierigen Grund für das Oberbecken, riecht wie auf dem Klo. weitere Probleme zu den Abstands- und Höhenvor- (Beifall und Heiterkeit AfD) gaben und dann auch noch über den Ärger, den die Bürgerinitiative mit dem Zielabweichungsverfahren Aber ganz genau. hatte. Bevor Sie jetzt, liebe Frau Kollegin Rothe- (Unruhe SPD) Beinlich, mir wieder Kriegsrhetorik vorwerfen, das ist keine Kurskorrektur für Marschflugkörper, son- (Zwischenruf Abg. Kobelt, BÜNDNIS 90/ dern einfach eine verfahrensrechtliche Besonder- DIE GRÜNEN: Wie machen Sie denn Ihren heit. Strom?) (Beifall AfD) Hieran zeigt sich, dass die herausragende zukünfti- ge Rolle der erneuerbaren Energien vor allem ein Ich habe aber durchaus auch erstaunt zur Kenntnis Projekt der etablierten Politik und interessierter Tei- genommen, dass es in der Bevölkerung vor Ort ei- le der Wirtschaft ist. Der erforderliche Konsens in ne Menge Zustimmung für das Projekt gibt. Die Ar- der Gesellschaft besteht jedoch nur scheinbar. Da- gumentation – ja, wir sind ja die Partei des gesun- her müssen wir den Diskurs über die zukünftige den Menschenverstands, Frau Siegesmund; wir energiewirtschaftliche Ausrichtung, also insbeson- können durchaus beiden Seiten zuhören – dere über den Energiemix, offen, ehrlich, ergebnis- (Beifall AfD) offen führen, und das nicht nur bezogen auf Pumpspeicherkraftwerke. ist dabei durchaus beachtlich. Das beginnt also bei den Gewerbesteuermehreinnahmen, die man er- Kommen wir zum Pumpspeicherkraftwerk selbst. wartet, obwohl es da natürlich auch Wehrmutstrop- Da gibt es durchaus viel Pro und Kontra für den fen gibt. Bau von Pumpspeicherkraftwerken. Was gegen das Pumpspeicherkraftwerk in Tambach-Dietharz (Unruhe SPD) spricht, das hat die CDU-Fraktion ja schon ausge- Das geht dann weiter bei der Tatsache, dass Anlie- arbeitet. Pumpspeicherkraftwerke sind unter den ger von anderen Pumpspeicherkraftwerken – gera- momentanen energiewirtschaftlichen Bedingungen de auch hier in Thüringen – diese als Touristenma- kaum wirtschaftlich zu betreiben, zumal, wenn es gnete schätzen und diese Touristenmagnete teil- um einen Neubau geht. Auch das ist übrigens auf weise relativ lange Besichtigungsanmeldezeiten ha- die Energiewendepolitik zurückzuführen, auf die ben. Das ist eine sehr interessante Sache. Ich habe Übersubventionierung der erneuerbaren Energien, dort sozusagen den O-Ton erfahren. Die Leute die Auswirkungen auf den Strompreis hat, der so kommen nicht trotz der Pumpspeicherkraftwerke, sehr gesunken ist und der Spread so gering ist, sondern wegen der Pumpspeicherkraftwerke. Ganz dass es sich also nicht mehr lohnt, mit Pumpspei- interessante Aussage! cherkraftwerken am Markt zu agieren. Nicht zuletzt können Pumpspeicherkraftwerke – Der Bau von Pumpspeicherkraftwerken ist auf der auch das ist mir als ehemaligem Energiewirtschaft- anderen Seite natürlich auch ein erheblicher Eingriff ler natürlich klar – abseits aller Energiewendepolitik in die Natur. Das ist übrigens auch der Grund, ihren netzstabilisierenden Sinn machen. Besonders warum wir als AfD den Bau von Pumpspeicherkraft- wichtig ist das bei immer instabiler werdenden Net- werken ablehnen, wenn dies ausschließlich mit der zen, die die Energiewende ja nun mal verursacht. Begründung erfolgt, man brauche das als Baustein Da spielt nämlich die Schwarzstartfähigkeit von für eine vermeintlich umweltfreundliche Energiever- Pumpspeicherkraftwerken eine herausragende Rol- sorgung. Es ist ein nicht auflösbarer Widerspruch le. rot-rot-grüner Energiepolitik und ein bisschen auch schwarzer Energiepolitik, das Ziel, umweltfreundli- (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Herr Abgeord- che Energieversorgung damit zu erreichen, dass neter, Ihre Redezeit!) man die Vernichtung von Naturlandschaften und Na ja, machen Sie sich keine Sorge, die habe ich Biotopen in Kauf nimmt, die bisher vom Flächen- im Blick. fraß der Industrialisierung verschont geblieben sind. Für Pumpspeicherkraftwerke spricht letzten Endes (Beifall AfD) auch, dass es die einzige Speichertechnologie ist, Ein weiteres Kontra hat die CDU-Fraktion auch be- die derzeit – jedenfalls annähernd – im wirtschaftli- nannt, das ist die fehlende Akzeptanz oder jeden- chen Bereich gefahren werden kann. Alle anderen falls zum Teil fehlende Akzeptanz im regionalen technischen Alternativen, so interessant die auch Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 897

(Abg. Möller) sein mögen, ob das jetzt der Druckluftspeicher ist, Ihnen und Ihrem Halbwissen herum und arbeiten ob das Redox-Flow-Batterien sind, ob das Blei- am Bildungsprinzip mit Ihnen die nächsten Jahre, Säure-Akkus sind, Lithium-Ionen-Akkus oder ob es als dass Sie tatsächlich auf die Wirtschaft auch die Wasserelektrolyse ist mit nachgeschalteter Me- noch Zugriff und Eingriff haben. thanisierung, all diese Technologien sind interes- (Unruhe AfD) sant, aber sie verfügen ohne Subventionierung über Kosten, die jenseits von Gut und Böse liegen. Werter Herr Kollege Möller, ich bin mit Ihnen noch Da sind Sie im Bereich von 20, 30, 40 Cent die Ki- gar nicht fertig, reden Sie hinterher. Sagen Sie ein- lowattstunde, und zwar eingerechnet des wissen- mal, auf welchem Paralleluniversum sind Sie ei- schaftlichen Fortschritts bis zu einer Markteinfüh- gentlich unterwegs? rung im Jahr 2020 und später. Das können Sie (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE nachlesen, da gibt es wissenschaftliche Untersu- GRÜNEN) chungen, unter anderem beispielsweise der Fach- hochschule Stendal, die sich mit diesem Thema be- Ich bin eigentlich bass erstaunt. Wir beide treffen schäftigt hat. Das ist alles im Internet ablesbar. Der uns in Tambach-Dietharz am Runden Tisch, wir Erkenntnisgewinn steht Ihnen offen. beide sitzen nebeneinander – ich glaube, zweiein- halb bis drei Stunden –, wir beide saßen Seite an (Beifall AfD) Seite, es passte kein Blatt zwischen uns. Wir beide Im Ergebnis: Welcher Umgang empfiehlt sich also (Heiterkeit und Beifall AfD) mit dem Antrag der CDU? Ich habe es schon ge- sagt, er gibt teilweise richtige Antworten. Die vor- hörten den Ausführungen zu, wir beide waren zeit- rangige Berücksichtigung des Naturschutzes und gleich an einem Ort, zeitgleich in einem Universum von Tourismusbelangen vor wirtschaftlichen Inter- und haben zeitgleich die gleiche Veranstaltung mit- essen ist auch uns sehr wichtig, die Intensivierung bekommen. Wir haben mitbekommen, wie sich Bür- der Beteiligung von betroffenen Bürgern und Ge- ger dafür einsetzen, dass es gebaut wird, wir haben meinden ebenso. Daneben weist der Antrag aber, die Abwägungsargumente des Landesverwaltungs- wie gesagt, in einer grundlegenden Sache in eine amts zur Kenntnis genommen. Wir haben gehört, völlig falsche Richtung, indem er eben an der Ener- wie sich Bürgermeister und Bürger bedankt haben giewendepolitik grundsätzlich festhält und die erfor- für diesen offenen Bürgerdialog, der einmalig war. derliche Diskussion über die bereits festzustellen- (Beifall DIE LINKE) den gravierenden Fehlentwicklungen, zu denen ich ausgeführt habe, leider die Diskussion nicht in der Wir beide haben mitgekriegt, dass außer Herrn erforderlichen Grundsätzlichkeit führen möchte. Trautvetter, den man aber als Politikaktivisten be- Das ist der Grund, warum wir als AfD diesen Antrag zeichnen kann in dem Punkt, die tatsächliche Bür- leider ablehnen müssen. gerinitiative gar nicht bereit war, gegen diese Maß- nahmen mit uns an diesem Tisch zu diskutieren. Ja (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Was?) – ich habe es entgegengenommen. Ich fand es ei- (Beifall AfD) ne fachlich sehr kompetente Veranstaltung. Ich möchte mich hier von dieser Stelle aus noch einmal Danke schön. ganz herzlich beim Landesverwaltungsamt bedan- ken, das sehr intensiv, sehr fachlich kompetent hier Vizepräsidentin Jung: abgearbeitet hat und Für die Fraktion der SPD hat sich die Abgeordnete (Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Schreiben Sie Mühlbauer zu Wort gemeldet. mal einen Brief!) (Beifall SPD) Abgeordnete Mühlbauer, SPD: auch zu Aussagen gekommen ist, die für Investo- Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehr- ren – Trianel oder andere – Rechtsgrundlagen bil- ten Damen und Herren am Livestream, werte Kolle- den. Wir haben noch gemeinsam Bratwurst geges- ginnen und Kollegen, lassen Sie mich vorab einmal sen, glaube ich – ja, um da noch ein paar Dinge etwas Positives sagen. Ich denke, es gibt immer et- beizusteuern. Andere Kollegen waren auch mit da- was Positives, das man hier benennen sollte. Herr bei, haben auch Bratwurst gegessen. Dann stieg Möller, es ist gut, dass Sie heute unter uns sind und ich in mein Auto und fuhr gen Osten. Wo Sie hin- die Energiewirtschaft nicht weiter durcheinanderwir- gingen, wusste ich nicht. Ich las dann eine Presse- beln mit Ihrem Halbwissen. mitteilung, die da hieß: AfD fordert Bürgerbeteili- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gung am Pumpspeicher Schmalwasser. Da dachte NEN) ich mir: Guten Morgen, Herr Möller, wo waren Sie an dem Tag, zumindest geistig? Dies kann ich nur ausdrücklich begrüßen an die- sem Punkt und lieber schlagen wir Kollegen uns mit 898 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Mühlbauer) (Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Herr Möller sogar der Kommentator im „Freien Wort“ als ge- war nicht dabei!) setzliche Grundlage. Aha! Also, Herr Möller und die AfD fanden, dass die (Unruhe CDU) anderen circa 60 Personen, die im Raum anwe- Und weiter: „Das Landesverwaltungsamt hat die send waren, keine Bürger waren. Ich möchte das vom Investor eingereichten Unterlagen daraufhin hier auch mal über die Mikrofone zur Kenntnis ge- untersucht, ob sie mit den Grundsätzen der Raum- ben. Also diesbezüglich, vielleicht einigen wir uns ordnung und der Landesplanung in Einklang zu einmal auf ein Raum-Zeit-Kontinuum, bis wir viel- bringen sind.“ Die Behörden haben also geschaut, leicht die gleichen Ansätze zum gleichen Zeitpunkt ob bei der zu Zeiten des Antrags geltenden Rechts- auch in gleichen Reden reden können. Danke, Herr lage Gründe gegen den Bau sprechen. Möller. (Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Nicht zu Herr Gruhner, bei Ihnen war ich auch ein bisschen fassen!) verwundert, denn ich muss jetzt einmal ganz deut- lich sagen: Wir haben hier den ganzen Tag Debat- Ganz offensichtlich ist dies nicht der Fall. Und, wer- ten über: Wer ist schuld mit dem Abwasser, wer hat te Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, davor was gemacht und wer danach? Dann kom- das Verfahren haben wir vor der Wahl eingeleitet. men wir zu Goldisthal – und wer hat es gemacht? Diesbezüglich – hoffentlich – befinden Sie sich Die CDU! Ja – meine Güte, meines Wissens war es noch auf dem Boden der Rechtsprechung. Ich glau- diese deutsche Vorgängersituation, die wir vor be, es wundert Sie nicht, wenn ich Ihnen sage, 1989 hatten, die diesen Beschluss hier gefasst hat, dass wir Ihren Antrag ablehnen werden, weil er mit der Sie überhaupt nichts zu tun hatten, weil Sie überflüssig, weil er tendenziös, weil er geschichts- ja tatsächlich auch als Demokraten erst nach 1989 vergessen und weil er noch – das Schlimmste – erweckt worden sind und mit diesen bösen Men- wirtschaftsfeindlich ist und – ich finde – für Ihre schen noch nie irgendwelche Gedanken geteilt ha- Fraktion und das, was Sie geleistet haben, eigent- ben. lich peinlich. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Werte Landtagsverwaltung, lassen Sie mich die GRÜNEN) kleine Anmerkung machen: Ich habe Zeiten mitge- kriegt, in denen Sie doch etwas effektiver bei der Aber – Herr Gruhner, ich habe es heute gelernt. Prüfung von Titeln und von Anträgen waren, und Wer hat’s gemacht – die CDU! Es ist fast so wie bei ich wünsche, wir kommen wieder zu einer sachlich- Ricola – heißt das, glaube ich –: Wer hat’s erfun- fachlicheren Beurteilung dieser ganzen Sache zu- den? In dem Fall waren es nicht Sie, vor 1989 hat rück. Ich freue mich zwar, dass Sie nun endlich, es hier tatsächlich nicht die CDU erfunden, also meine sehr geehrten Damen und Herren von der den Pumpspeicher. Wer Ricola erfunden hat, weiß CDU, Ihr Herz für die Natur entdeckt haben, ich ha- ich nicht. Um es mal festzustellen: Wäre es die be lange darum gekämpft und lange daran gearbei- heutige Landesregierung – Rot-Rot-Grün – bei die- tet und es war auch immer eines meiner Lieblings- ser Maßnahme Goldisthal gewesen, die uns we- themen, aber darüber haben Sie vergessen, dass sentlich auch für die Region ist – fahren Sie mal Sie Verantwortung, die Sie jahrelang als Regie- hin, fragen Sie mal die Bürger vor Ort, die finden rungspartei hier mitgetragen haben, nun aber auch das gar nicht so ungünstig –, wären die Eingriffe, in Ihrer Oppositionsrolle übernehmen müssen. die nicht schön sind, in Natur und Landschaft, die durchaus heute auch anders betrachtet werden (Beifall DIE LINKE) müssen und sollen, anders ausgefallen. In diesem In der letzten Legislatur haben Sie sich der Verant- Verfahren befinden wir uns, meine sehr geehrten wortung noch gestellt und waren bei dem Damen und Herren. Last, but not least, ich darf Pumpspeicherwerk Schmalwasser am Ende der heute auch mal zitieren, es haben heute so viele zi- Legislatur nur mit Blick auf die Wahl zu einer für tiert. „Freies Wort“ Suhl vom 14.03., Herr Gruhner, mich nicht nachvollziehbaren Wende gekommen. Sie haben – glaube ich – auch zitiert, ich bin jetzt Deutlich wird für mich und hoffentlich auch für die dran mit zitieren. Bürger und Bürgerinnen, Sie interessiert der Natur- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Prä- und Landschaftsschutz nur dort, wo Sie – auf Wäh- sidentin fragen!) lerpotenzial schielend – unerwünschte Vorhaben verhindern. Ich frage mich ernsthaft: Welche Ener- Darf ich? „Bei der CDU, so der Eindruck, hat der giepolitik wollen Sie denn eigentlich? Bezüglich der Wähler nach 25 Jahren Dauerregierung schon nicht Energiepolitik ist die CDU die neue Dagegen-Par- mehr erwartet, dass die Versprechen aus dem tei. Da hatte man klarere Vorstellungen, ich erinne- Wahlkampf wirklich gehalten werden.“ Diesbezüg- re Sie gern: Unter Federführung unseres ehemali- lich wundert es keinen, dass sie davor das gesagt gen SPD-Wirtschaftsministers Machnig und dem haben und danach jenes gesagt haben, das findet Eindruck von Fukushima haben wir hier in diesem Raum in der letzten Legislatur verbindliche Verein- Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 899

(Abg. Mühlbauer) barungen zur Energiewende beschlossen und woll- cher am Rennsteig“ zu einer Sternwanderung auf- ten die und wollen die, da stehe ich heute noch da- macht und Sie, meine Damen und Herren von der zu, auch gemeinsam voranbringen. CDU, hier vermeintlich das richtige Signal mitbrin- gen, damit Sie den Sternweg vielleicht beleuchten (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE können. GRÜNEN) (Beifall SPD) Die Landesregierung unter Ihrer Führung, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, Das ist Ihnen unbenommen, aber das macht Ihren beschloss, bis 2020 den Anteil der regenerativen Antrag nicht besser. Denn Sie fordern zum Beispiel Energien am Nettostromverbrauch von damals 24 unter Ziffer II, „im weiteren Verfahren Belange des auf 45 Prozent zu steigern. Auch der gemeinsam Natur- und Landschaftsschutzes sowie der touristi- getragene Trendatlas Thüringen 2020 unterstrich schen Entwicklung vor wirtschaftlichen Einzelinter- die Anstrengung des Freistaats, die vereinbarten essen einzuordnen und den von Bürgern am Run- Ziele zügig umzusetzen. Eines dieser gemeinsa- den Tisch erarbeiteten Vorschlägen mehr Gewicht men Ziele lautete: den Ausbau der Netzinfrastruktur zu verleihen.“ Gerade die Vereinbarungen mit den und der Energiespeicher zu forcieren. Zielen der Landesplanung waren doch der Gegen- stand des Runden Tisches, meine sehr geehrten An dieser Stelle eine kleine Anmerkung an den Kol- Damen und Herren. Und meines Wissens und mei- legen Kellner. nes Gehörs und meines Gedächtnisses waren Ist das frisch hier? Nicht, dass ich aus Herrn Möller 38 gemeinsam abgestimmte Auflagen auch ins seinem Glas trinke! Raumordnungsverfahren aufgenommen worden und sie spielen natürlich auch im weiteren Verfah- (Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ ren eine wesentliche, wichtige Rolle. Ich frage mich, DIE GRÜNEN) ob Ihnen denn nicht auch zu Ohren gekommen ist, Aber so weit sind wir noch nicht, das Glas und das dass die Art und Weise der Bürgerbeteiligung, die Brot teilen wir noch nicht. frühzeitige Information, die Finanzierung des Run- den Tisches nicht nur keinerlei Anlass für Kritik, Herr Kollege Kellner, sprechen Sie mit der Wissen- sondern sogar vielerorts als vorbildlich gewürdigt schaft, sprechen Sie! Was ist Stand der Technik? wird. Das einzig Falsche an dem bisherigen Verfah- Wir sind leider momentan noch nicht so weit, dass ren ist doch, dass aus Ihrer Sicht und aus Sicht der es einen gleichwertigen Ersatz bei der großen Spei- oben genannten BI das falsche Ergebnis herausge- chertechnologie gibt zum Pumpspeicherwerk. Ich kommen ist. Hier verlassen Sie aber, meine sehr kann Ihnen gern Adressen an der TU Ilmenau ge- geehrten Damen und Herren, deutlich den Boden ben, die Ihre Defizite hier etwas ausgleichen kön- des Rechtsstaats nen. (Beifall DIE LINKE, SPD) (Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Haben Sie noch was?) und auch den wirtschaftsfreundlichen Kurs, den die CDU sonst immer wie eine Monstranz vor sich Und ich erinnere Sie daran, die Herausforderung, trägt. Chancen, die sich aus der Energiewende für Thü- ringen ergeben, hat die damalige CDU-Ministerprä- (Beifall DIE LINKE, SPD) sidentin – vorhin saß sie noch unter uns – im Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch in März 2011 in ihrer Regierungserklärung deutlich dieser und besonders in dieser Regierung haben aufgezeigt und dazu stehen wir Sozialdemokraten Antragsteller einen Anspruch darauf, dass ihre An- noch immer, aber Sie, meine Herren und Damen träge nach den geltenden Rechts- und Gesetzes- von der CDU, anscheinend nicht. Denn wenn ich grundlagen bearbeitet und entschieden werden. mir Ihre Anträge und Ihre Presseaussagen so an- schaue, sei es zu Windenergie oder sei es zu (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Pumpspeicherwerken, drängt sich der Verdacht GRÜNEN) auf, dass Sie noch nie mit dem Herzen dahinter- Hier geht es, und das möchte ich noch einmal deut- standen, sondern nur aus wahltaktischen Gründen lich unterstreichen, schlichtweg um einen Verwal- die Dinge forcierten. tungsakt, um nicht mehr und nicht weniger. Damit Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Grund haben die Antragsteller ein Recht darauf, dass nicht Ihres Antrags ist wohl zum einen der Abschluss des politischer Einfluss auf das Ergebnis genommen Raumordnungsverfahrens, das vom Landesverwal- wird. Das ist der Kern nämlich unseres Rechts- tungsamt vor rund vier Wochen mit einer positiven staats und das lassen Sie mich an dieser Stelle Ih- landesplanerischen Beurteilung und zahlreichen nen mal entgegenrufen. Und wenn Sie dann da- Auflagen abgeschlossen wurde. Vielleicht ist aber rüber nachdenken, dann sollten sie gerade jetzt, wo der wahre Grund Ihres Antrags, dass sich morgen sie nicht mehr in der Regierung sind, besonders im Vorfeld die Bürgerinitiative „Kein Energiespei- froh darüber sein. Und der Vollständigkeit halber: 900 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Mühlbauer) Dieser Verwaltungsakt hat lange vor Amtsantritt der Stunde, bitte um Ablehnung dieses nicht zielführen- jetzigen Regierung begonnen, also zu einem Zeit- den Antrags. punkt, wo Sie, meine sehr geehrten Damen und (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Herren von der CDU, regiert haben. Und schon die GRÜNEN) Forderung nach einer volkswirtschaftlichen Prüfung solcher Vorhaben ist mitnichten, mitnichten, meine sehr geehrten Damen und Herren, Aufgabe in einer Vizepräsidentin Jung: demokratisch orientierten Politik. Die Investoren Frau Abgeordnete Mühlbauer, der Abgeordnete selbst haben doch wenig Interesse daran, ihr Geld Brandner bittet um eine Nachfrage. sinnlos zu versenken. Doch selbst wenn sie es tun würden, hätten wir lediglich zu prüfen, inwieweit Abgeordnete Mühlbauer, SPD: Recht und Gesetz, berechtigte Interessen dadurch beeinträchtigt wären. Ich bin schon etwas über- Ich habe keine Redezeit mehr. rascht, dass Sie sich das von einer Sozialdemokra- tin ins Stammbuch schreiben lassen müssen, mei- Abgeordneter Brandner, AfD: ne Herren und Damen von der AfD und meine Her- ren und Damen von der CDU, die doch marktwirt- War das jetzt ein Ja oder Nein? schaftliche Gesetze als Monstranz und Glaubens- Frau Mühlbauer, wir haben zwar noch keine Brat- grundsatz vor sich hertragen. wurst zusammen gegessen, aber ich habe eine (Zwischenruf Abg. Gruhner, CDU: Wir sind Frage: Der Verwaltungsakt, von dem Sie da gerade unendlich dankbar!) mehrfach gesprochen haben, was meinen Sie ge- nau damit, mit diesem Verwaltungsakt? In Ihrem Antrag reden Sie weiter davon, unter den derzeitigen energiewirtschaftlichen Rahmenbedin- (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist kein gungen am Rennsteig wäre eine Investitionsruine Akt in der Verwaltung, Herr Brandner!) zu erwarten. Während die einen darin wahrhaft pro- 35 VwVfG meinen Sie, ja? Was soll der Verwal- phetische Gabe erkennen, sage ich Ihnen, dass der tungsakt bewirken? Investor von Beginn an unmissverständlich klarge- macht hat, dass sich für eine Realisierung des Vor- habens zunächst die energiewirtschaftlichen Rah- Abgeordnete Mühlbauer, SPD: menbedingungen ändern müssen und dass eben Herr Brandner, es ist, wie der Kollege schon gesagt dies erwartet werde, man aber die Planung bereits hat, nicht der Akt in der Verwaltung. Das ist die Vor- so weit wie möglich vorantreiben möchte, um zu prüfung des Landesverwaltungsamts, ob dort ein prüfen, ob es denn denkbar wäre. Sie behaupten Verfahren eingeleitet werden kann und mit welchen auch, dass das Vorhaben Pumpspeicherwerk Bedingungen. Das ist der Verwaltungsakt. Des Schmalwasser den Bürgerwillen, Naturschutz und Weiteren erlaube ich mir, Ihnen vielleicht zum touristische Ziele am Rennsteig nicht berücksich- Nachlesen die Protokolle des Runden Tisches der tigt. Zum Naturschutz habe ich mich schon mehr- vergangenen Legislatur zu geben, damit auch Sie fach geäußert. Auch die touristischen Zielstellungen Ihr Wissen mehren können. Ich bedanke mich. und die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in das Planungsverfahren sind sichergestellt. Aber (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE ich frage mich, woran Sie den Bürgerwillen – groß GRÜNEN) geschrieben, unterstrichen – ableiten. Oder glau- ben Sie, den wahrhaft zu kennen? Nehmen Sie bit- Vizepräsidentin Jung: te von diesem Platz hier zur Kenntnis, dass es nicht Für die Fraktion Die Linke hat sich Abgeordneter nur Gegner gibt, sondern auch zahlreiche Befür- Kummer zu Wort gemeldet. worter, und lassen Sie mich einen Befürworter aus Ihren Reihen nennen, das ist der CDU-Kreisver- (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Tilo, da kom- band Gotha, men aber keine Fische rein!) (Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Wer?) Abgeordneter Kummer, DIE LINKE: (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Der Bürgermeister von Tambach-Dietharz!) Herr Heym, die Idee hatten wir schon, aber darüber reden wir mal unter vier Augen. der Bürgermeister von Tambach-Dietharz und noch mehrere andere. Bürgerwillen gegen das Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frak- Pumpspeicherwerk gibt es mithin ebenso wenig wie tion Die Linke unterstützt ein Pumpspeicherwerk an das eindeutige Nein der CDU. der Talsperre Schmalwasser und, Herr Gruhner, um in Ihrem Sinne zu reden, als naturraumverträgli- Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich be- che Folgenutzung der Talsperre Schmalwasser, die danke mich für Ihre Aufmerksamkeit zu der späten eingeweiht hat, die wenige Jahre Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 901

(Abg. Kummer) danach für die Trinkwasserversorgung nicht mehr aber Sie waren an dieser Regierung geringfügig be- benötigt wurde. Trotz dieser nicht mehr benötigten teiligt. Talsperre Schmalwasser, die die Kapazität der Tal- (Unruhe CDU) sperre Leibis hat, hat Ihre Partei den Bau der Tal- sperre Leibis anschließend auf den Weg gebracht, In diesem Pumpspeicherkataster war Schmalwas- weil wir angeblich so einen Trinkwassermangel in ser der beste Standort und dieses Pumpspeicher- Thüringen hätten. Das ist das Problem, vor dem im kataster ist der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Moment unsere Thüringer Fernwasserversorgung Wir hatten also hier auch eine frühzeitige Öffentlich- steht, die 300 Millionen Euro im Jahr Miese macht, keitsbeteiligung. Am 08.11.2011 gab es eine erste bei der man dringend überlegen muss, wie man sie Vorstellung zum Projekt Pumpspeicherwerk von Lasten wie der Talsperre Schmalwasser be- Schmalwasser durch den Investor Trianel. Ich habe freit, indem man solche Objekte in eine neue Nut- es noch nie erlebt in diesem Land, wo ich seit zung bringt. 16 Jahren Abgeordneter bin, dass ein Großprojekt so frühzeitig öffentlich gemacht und vorgestellt wur- (Beifall SPD) de. Trianel hat damals eine 400-Megawatt-Variante Meine Damen und Herren, das Pumpspeicherwerk geplant, die sechs Stunden bei Volllast arbeitet, Schmalwasser wird aber nicht so hässlich werden und sie hatten drei Oberbeckenvarianten ins Auge wie das Pumpspeicherwerk Goldisthal, weil man gefasst, eins am Rennsteig und zwei in der Nähe eben nicht einen Berg oben wegsprengt und dann von Gräfenhain. Am 17.01.2012 geschah dann et- ein Oberbecken draufsetzt, sondern das Ober- was, das muss ich Ihnen vorlesen. „Thüringer All- becken wird in die Landschaft eingepasst, nach den gemeine“, ein Zitat von Herrn Staatssekretär Rich- Planungen, die gegenwärtig vorliegen, sodass es wien, CDU: „Die Vorteile der Schmalwassertalsper- sich also im positiven Sinne von dem, was die CDU re, so Thüringens Umweltstaatssekretär Roland in Goldisthal geleistet hat, unterscheiden wird. Richwien zu unserer Zeitung, seien auch jenen Kommunalpolitikern erläutert worden, die sich bis- (Unruhe CDU) lang für den Bau an der Ohratalsperre einsetzten.“ Herr Gruhner, bei Ihnen hat die Frage von Wort- Also damals war noch ein Pumpspeicherwerk an bruch und von Glaubwürdigkeit eine große Rolle der Ohratalsperre von Ihnen ins Gespräch gebracht gespielt. Deshalb möchte ich zuerst mal zur Glaub- worden. „Erfreulicherweise haben sich alle Ge- würdigkeit Ihrer Rede und zur Glaubwürdigkeit der sprächsteilnehmer grundsätzlich zur Nutzung rege- CDU kommen. nerativer Energiequellen und der Notwendigkeit von Speichermöglichkeiten bekannt, sagte Richwien. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dem von den Ohrabefürwortern geforderten Varian- Seit wann ist Wirtschaftlichkeit ein Kriterium in ei- tenvergleich beider Standorte stehe er skeptisch nem Genehmigungsverfahren? Wenn Sie das den gegenüber. Man könne vom Investor nicht verlan- Leuten ernsthaft vermitteln, da muss ich Ihnen die gen, den erheblichen Mehraufwand zu betreiben, Frage stellen, ob Sie in Zukunft beim Einfamilien- der zu zeitlichen Verzögerungen und finanziellen hausbauantrag auch noch hinterfragen wollen, ob Mehrbelastungen führe, warnte Richwien. Von der denn der Antragsteller die wirtschaftliche Leistungs- Fernwasserversorgung seien drei mögliche Stand- fähigkeit hat, das zu bauen, was er denn da bean- orte für das Oberbecken eines Pumpspeicherwerks tragt. Was ist denn das für eine Rechtsauffassung? in Betracht gezogen worden. Von der Leistung her bietet dabei ein Becken in der Nähe des Renn- (Unruhe AfD) steigs beste Voraussetzungen. Es sei kaum anzu- Das hat mit dem Genehmigungsverfahren nichts zu nehmen, dass ein Investor, der einen dreistelligen tun. Millionenbetrag in ein derartiges Großprojekt flie- ßen lässt, nicht darauf aus sei, die Maximalleistung Ich will auch noch etwas anderes in der Hinsicht sa- zu bekommen. Bei der Standortentscheidung ist gen. Bodo Ramelow ist Wortbruch vorgeworfen aus Sicht Richwiens jede zusätzliche Verzögerung worden bezüglich der Frage: Abstand des Ober- nicht ganz ungefährlich. Wir sind nicht die Einzigen, beckens vom Rennsteig. Die Rahmenbedingungen, die um ein solches Großprojekt kämpfen, sagte die die CDU gesetzt hat im Genehmigungsverfah- Richwien.“ ren, hat er optimal ausgenutzt, was den Abstand vom Rennsteig anging, indem die Anlage/das Ober- Meine Damen und Herren, was war die Folge? Die becken 200 Meter vom Rennsteig wegkam. Welche Folge war am 27.04. im Umweltausschuss des Rahmenbedingungen waren das? Es hat nur einen Thüringer Landtags die Vorstellung der überarbeite- Antrag auf ein Oberbecken gegeben und das lag in ten Variante von Trianel, ein Potenzial von der Genese der Antragstellung. Dazu will ich mal 1.000 Megawatt, ein Oberbecken am Rennsteig. kurz kommen. Zuerst gab es ein Pumpspeicherka- Und Herr Hirte, CDU, sagte anschließend dazu, taster der Landesregierung, Ihrer Landesregierung. dass es sich hierbei um ein Schlüsselprojekt der Auch wenn Minister Machnig es vorgestellt hat, Energiewende handeln würde – 28.01.2013 im 902 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Kummer) „Freien Wort“. Damit ging man ins Raumordnungs- te. Ein Zielabweichungsverfahren, weil durch das verfahren. Pumpspeicherwerk ein unzerschnittener großer Raum Wald zerschnitten würde, Meine Damen und Herren, jetzt sind wir wieder bei der Frage Bürgerbeteiligung. Begleitend seit dem (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Mehrere Zie- 07.07.2012 fand der Runde Tisch dazu statt auf le!) Einladung des Bürgermeisters Marco Schütz aus das war das wesentliche Kriterium – die Zerschnei- Tambach-Dietharz und des Investors Trianel. Ich dung eines bisher unzerschnittenen Raums. Das möchte Herrn Schütz ganz herzlich danken und ich Umweltministerium, damals noch CDU-geführt, hat möchte auch Trianel danken für diesen Runden auf meine Nachfrage sehr klargemacht, dass der Tisch, Bau eines Oberbeckens eines Pumpspeicherwerks (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE keinen Raum zerschneidet. Wenn man sich dann GRÜNEN) nämlich diesen Raum anguckt, in dem sich mehre- re Talsperren befinden, dann wäre er bereits zer- der wirklich erstens intensiv geklärt hat, wer alles schnitten, wenn das denn so wäre. Es wird auch einzuladen ist, damit die Beteiligung da ist. Die keine Stromleitung geben, die den Raum zer- Kommunen südlich des Rennsteigs waren am An- schneidet, weil Trianel erstaunlicherweise – wenn fang etwas spärlich beteiligt, das hat man noch er- ich an die 380-kV-Leitung über den Thüringer Wald gänzt und dort haben wirklich Bürger teilgenom- denke – gesagt hat, dass die 380-kV-Leitung men. Ich habe fast alle Sitzungen dieses Runden selbstverständlich in die Erde kommt. Tisches mitgemacht. Das, was dort an Wünschen kam an den Investor bezüglich Gutachten, um be- (Zwischenruf aus dem Hause) stimmte Bedenken zu untersuchen, zum Beispiel 110-kV-Leitung, klar, dazu komme ich nachher die Frage Klimaauswirkung, ist in hervorragender noch. Weise aufgegriffen worden. Die Bürgerinitiativen, die Vertreter am Runden Tisch haben sogar Gut- Ich will noch auf ein paar Punkte der CDU eingehen achter mit ausgesucht. Manchem haben die Ergeb- in ihrem Antrag. Sie wünschen Feststellungen vom nisse dann nicht gefallen, aber selbst eine volks- Landtag, zum Beispiel die Feststellung, dass die wirtschaftliche Gesamtbetrachtung des Pumpspei- Forschung und Entwicklung neuer Speicher ge- cherwerks hat dort stattgefunden. Es ist alles im In- stärkt werden soll und dass die energiewirtschaftli- ternet nachzulesen, die Sitzungen sind im Internet chen Rahmenbedingungen geklärt werden sollen. noch aufgezeichnet, auch das können Sie sich an- Wer hat es denn in der Hand? Wer hat es denn in gucken. Sie werden feststellen, eine überwältigen- der Hand, ob Speicher wirtschaftlich sind oder de Mehrheit des Runden Tisches war die ganze nicht? Und da rede ich generell von Speichern. So- Zeit dem Projekt gegenüber positiv aufgeschlossen. lange ein Pumpspeicherwerk als Erzeugungskraft- Da, meine Damen und Herren, kommen wir natür- werk behandelt wird und EEG-Umlage für den lich auch zu dem Punkt, wo die CDU-Fraktion in ih- Strom zahlen muss, der rausgeht, sind es politische rem Antrag deutlich macht, worum es ihr geht, Rahmenbedingungen, die verhindern sollen, dass wenn sie nämlich in einem Punkt spricht, dass „von ein solcher Speicher gebaut wird. Das ist doch das Bürgern am Runden Tisch erarbeiteten Vorschlä- Hauptproblem. Und wenn ich mir mal ansehe, mei- gen mehr Gewicht“ verliehen werden soll. Sie ne Damen und Herren, was CDU-Politik an Glaub- schreiben nicht, dass den Vorschlägen des Runden würdigkeit im Bereich erneuerbarer Energien in der Tisches mehr Gewicht verliehen werden soll, son- Vergangenheit auf den Weg gebracht hat, wenn ich dern „von Bürgern am Runden Tisch [unterbreite- an die landwirtschaftlichen Unternehmen denke, die ten] Vorschlägen“, nämlich denen, die Ihnen hier Biodieselanlagen errichtet haben, anschließend die wichtigsten sind. wurde Biodiesel versteuert und er rechnete sich nicht mehr und einige Betriebe mussten dann in In- Meine Damen und Herren, es gab eine Bürgerinitia- solvenz gehen, weil sie ihre Anlagen nicht mehr ab- tive gegen und zwei Bürgerinitiativen für ein finanzieren konnten, da überlegt sich ein Investor Pumpspeicherwerk – eine dafür, dass es an einem heute sehr, sehr gründlich, ob er sich denn auf Aus- anderen Standort sein sollte. Es gab eine Petition sagen der Politik verlässt. einer Bürgerinitiative, der Bürgerinitiative „Kein Energiespeicher am Rennsteig“, womit wir uns Die zweite Geschichte: Wenn ich an Herrn Altmaier auch hier beschäftigt haben, wo es eine öffentliche denke, der rückwirkend die Einspeisevergütung re- Sitzung des Petitionsausschusses mit Anhörung duzieren wollte, auch das führte dazu, dass es eine dazu gab. Dabei ist eines klargemacht worden: Die massive Verunsicherung gab. Woran liegt es denn, Bürgerinitiative hat gesagt, wir brauchen ein Zielab- dass gegenwärtig der Ausbau von Solar- und Wind- weichungsverfahren in der Regionalen Planungsge- kraft nicht vorankommt in Thüringen? Es liegt ein- meinschaft Südwestthüringen. Das war das Anlie- fach an der fehlenden Glaubwürdigkeit von Politik, gen der Petition. Sie war der Auffassung, dass das an der fehlenden Glaubwürdigkeit Ihrer Politik, mei- Landesverwaltungsamt das berücksichtigen müss- ne Damen und Herren. Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 903

(Abg. Kummer) (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ramelow, Ministerpräsident: Es gab die Forderung der CDU im Antrag, dass ein Werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben gelernt Nachweis der energiepolitischen Notwendigkeit des – dank der CDU –, dass, wenn ein Linker Minister- Pumpspeicherwerks erfolgen soll. Das erinnert präsident wird, die Unternehmer davongaloppieren, mich ein bisschen an die Debatte um die 380-kV- das Kapital das Land verlässt, die Welt untergeht Leitung über den Thüringer Wald. Da haben wir und alles schiefgeht. auch den Nachweis der energiepolitischen Notwen- (Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Das habt ihr digkeit gefordert. Die CDU löste das damals ganz wirklich gelernt!) einfach: Die machten im Bundestag ein Gesetz, wo sie die Notwendigkeit einfach festgeschrieben ha- Der Umgang mit Investoren macht sich an dem ben, ohne eine Zahl dafür vorzulegen. Das ist nicht Umgang mit der Firma Trianel fest. Das ist für mich die Art und Weise, wie wir mit solchen Fragen um- ein interessanter Vorgang, dass eine Landesregie- gehen wollen. Wir, meine Damen und Herren, ha- rung, die Investoren einlädt – und die Zitate hat Tilo ben aber eines vor Augen: Ein Pumpspeicherwerk Kummer alle gerade vorgetragen –, auf einer Be- kann Überschüsse erneuerbarer Energien spei- schlusslage der Landesregierung agiert hat, den In- chern und sie dann abgeben, wenn erneuerbare vestoren eine Garantie gegeben hat, eine faire Be- Energien nicht zur Verfügung stehen. Die Alternati- gleitung im Investorenprojekt. Es war eine Minister- ve dazu wäre, dass Braunkohle im Braunkohlekraft- präsidentin, die hier an diesem Pult nach Fukushi- werk verbrannt wird und dass diese Braunkohle aus ma eine sehr gute Regierungserklärung abgegeben einem Tagebau stammt, wo Landschaft einfach hat. Nach Fukushima haben wir in diesem Hohen weggebaggert wurde. Das ist die Alternative zu ei- Haus angefangen, an einem anderen Projekt zu ar- nem Pumpspeicherwerk. Aus diesem Grund, denke beiten. Diese Einbildung hatte ich jedenfalls. ich, ist die Notwendigkeit auch gegeben. (Beifall DIE LINKE) Meine Damen und Herren, unser Ziel, das Ziel un- Da war Herr Gruhner noch der persönliche Refe- serer Koalition, ist, in absehbarer Zeit Thüringen zu rent dieser Ministerpräsidentin. Deswegen arbeitet 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu versor- er, glaube ich, ein Trauma ab, mit dem er kämpft. gen. Wir wollen Sonnen- und Windstrom massiv voranbringen und wir wollen dafür einen Thüringen- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Speicher auf 110-kV-Basis. Wir wollen weniger Ab- GRÜNEN) schaltung erneuerbarer Energien, wir wollen eine Es gab das Kataster, um herauszufinden, welche bessere Netzauslastung des Stromnetzes in Thü- Kapazitäten und welche Ressourcen da sind, um ringen und wir wollen neue Nutzungen für nicht Pumpspeicherwerke zu bauen. Das hat Ihre Lan- mehr benötigte Talsperren. Damit wollen wir eine desregierung beauftragt. Es kann sein, dass Herr verbesserte Wirtschaftlichkeit der Thüringer Fern- Gruhner das nicht mitgekriegt hat, weil er viel zu wasserversorgung erreichen. Wir haben eine Visi- sehr mit anderen Dingen beschäftigt war. Solche on: ein gemeinsames Projekt mit der Fernwasser- Details müssen einen persönlichen Referenten ei- versorgung, mit der TEAG, vielleicht die Bildung ei- ner Ministerpräsidentin offenkundig nicht interessie- nes Thüringenfonds, um so mit Trianel gemeinsam ren. Darauf gab es eine Reihe von Verfahren, die ein verträgliches Pumpspeicherwerk für Thüringen sind alle gerade von Tilo Kummer exakt erläutert auf den Weg zu bringen, nicht für Braunkohlestrom worden. Jetzt könnte ich ganz platt sagen: Lieber aus irgendwelchen anderen Ecken dieser Bundes- Herr Gruhner, die CDU hat mich mal überzeugt. Da republik. Mit einem solchen Pumpspeicherwerk lie- gab es eine Christine Lieberknecht, die hat mich als ße sich in Thüringen viel Wertschöpfung gewinnen. Ministerpräsidentin – den Oppositionsführer – an- Ich bin der Überzeugung, dass das in Übereinstim- gerufen und gesagt, sie fährt jetzt hoch und wan- mung mit dem Schutz des Rennsteigs und mit der dert das ganze Gebiet ab. Ich habe gesagt: Bitte in- Aufwertung des dort vorhandenen Waldes möglich formieren Sie mich darüber, welchen Eindruck Sie ist. Daran sollten wir arbeiten. Ich hoffe, dass es haben und ob Sie glauben, dass das eine gute Ent- uns gelingt, das Projekt besser umzusetzen, als es wicklung ist. Danach kriegte ich den Hinweis von die CDU ursprünglich geplant hat. Danke. Christine Lieberknecht, sie teilt die Auffassung von Matthias Machnig, das ist eine gute Entwicklung. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Daraufhin habe ich meine Landtagsfraktion genö- GRÜNEN) tigt, einen ganzen Wandertag mit mir da oben zu machen. Wenn die Ministerpräsidentin da oben Präsident Carius: wandert, dann kann die Opposition da oben auch Vielen Dank, Herr Kummer. Das Wort hat nun der wandern. Ministerpräsident, Herr Ramelow. (Heiterkeit DIE LINKE, SPD) Und dann haben wir da oben von Trianel erläutert bekommen, welche Abwägungsverfahren alle mög- 904 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Ministerpräsident Ramelow) lich sind. So, lieber Herr Gruhner, Sie können Ihr (Beifall DIE LINKE) Verfahren mit dem Wortbruch noch endlos verlän- Deswegen habe ich gesagt, ich würde mir wün- gern, ich halte das gelassen aus. schen, wenn es irgendeine Chance gäbe, das Ab- (Zwischenruf Abg. Gruhner, CDU: Das merke weichungsverfahren noch in das Verfahren hinein- ich gerade!) zubekommen. Das setzt aber voraus, dass Trianel überhaupt einen Wald erwerben kann, denn man Denn es fällt alles auf Sie ganz persönlich zurück, kann nicht auf fremdem Wald bauen. Und da, mei- weil Sie der Brandstifter sind. Sie sind derjenige, ne Damen und Herren, will ich Ihnen sagen: Mit der mit diesen, genau diesen Methoden umgeht. Ausnahme von Schloss Reinhardsbrunn hat diese (Unruhe CDU) Landesregierung nicht vor, irgendetwas zu enteig- nen, auch keinen Kommunalwald, auch nicht nur, Herr Gruhner, ich finde Ihr Verhalten unerträglich, damit Sie dann hinterher wieder „Wortbruch“ schrei- und zwar Ihr ganz persönliches Verhalten, en können. Insoweit ist die Frage: Kann man ein (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE 600-MW-Becken überhaupt bauen, wenn der Wald GRÜNEN) nicht zur Verfügung gestellt wird? Nein, man kann es nicht bauen und das wissen Sie, verwaltungs- weil Sie so tun, als hätte es alle diese Beschlüsse technisch wissen Sie es, abweichungstechnisch ist der Landesregierung, der Sie angehört haben, für es nicht in Gang gesetzt worden, die Grundstücke die Sie gearbeitet haben, nicht gegeben. Und wenn sind nie angeboten worden. Da kann man hinterher man so mit Investoren umgeht, wenn man so mit ei- behaupten, was man will! nem Investor, der 1,3 bis 1,5 Milliarden in Thürin- gen anlegen will, umgeht, dann jagt man Investoren Und da, lieber Herr Heym, gibt es einen Punkt, den vor die Tür und macht den Standort Thüringen zur ich überhaupt nicht verstehe. Bürgerbeteiligung Katastrophe. Man macht ihn völlig unglaubwürdig. scheint bei Ihnen nur dann maßgeblich zu sein, wenn die ablehnende Meinung von hinter dem (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE Rennsteig das entscheidende Element ist. Offen- GRÜNEN) kundig spielen die Menschen vor dem Rennsteig Und zu der inhaltlichen Frage: Offenkundig haben gar keine Rolle. Das verstehe ich nicht, das ist mir Sie sich mit dem Inhalt nie beschäftigt. Denn die unbegreiflich. Frage des 600-MW-Oberbeckens auf der Nordseite ist etwas, das nur funktioniert, wenn die Stadt Ohr- Vizepräsidentin Jung: druf ihren Stadtwald abgibt und veräußert. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, gestatten Sie (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das hat sie eine Anfrage? angeboten!) Nein, hat sie nicht. Nein, hat sie nicht, das ist eine Ramelow, Ministerpräsident: Behauptung, die jetzt in die Öffentlichkeit gestellt Selbstverständlich. wird und falsch ist. Da können Herr Holland-Moritz oder Sie als CDU-Vertreter jetzt öffentlich erklären, was Sie wollen. Ich habe sofort Trianel gebeten, mir Abgeordneter Heym, CDU: eine Auskunft zu geben, und meine Äußerung habe Herr Ministerpräsident, welchen Vorgang verstehen ich erst gemacht, nachdem Trianel mir eine schriftli- Sie unter der Maßnahme Zielabweichungsverfah- che Aussage gemacht hat, dass Ohrdruf den Stadt- ren? Denn Ihren Ausführungen jetzt konnte ich wald nicht angeboten hat. Und die zuständige Mi- nicht so richtig folgen. Was verstehen Sie unter nisterin und ich haben es noch mal geprüft, nach- Zielabweichungsverfahren? dem es dann öffentlich in der Welt war, dass es so gewesen sei – und es ist nicht wahr, es ist nicht Ramelow, Ministerpräsident: wahr. Trianel bestätigt uns noch mal, ein Kaufange- bot hat es an Trianel zu keinem einzigen Zeitpunkt Die festgelegten Ziele des Raumordnungsplans gegeben. und davon die Abweichung. Und davon gab es die Frage, ob das Oberbecken oben zum Rennsteig Daraufhin hat Ihre Landesregierung – nicht die, die hochkommt – Tilo Kummer hat es doch gerade wir heute zu vertreten haben –, Ihre Landesregie- ausgeführt – oder ob die Alternativplanung auf dem rung hat das Raumordnungsabweichungsverfahren 600-MW-Nordbecken gemacht wird. Und das ist nie für das 600-MW-Verfahren – Kollege Kummer hat in Gang gesetzt worden, weil das 600-MW-Becken soeben richtig zitiert, das waren doch Ihre Minister, gar nicht in die Planung kam, weil das Eigentum er hat doch alle Namen genannt, alle mit CDU-Par- dem Investor gar nicht angeboten worden ist. Und teibuch –, das Raumzielabweichungsverfahren zum wie soll etwas geplant und geprüft werden, wenn 600-MW-Oberbecken hat es nie gegeben. Und es das Eigentum gar nicht angeboten wird, es sei ist nie in Gang gesetzt worden. denn, Sie preisen ein Enteignungsverfahren mit ein. Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 905

(Ministerpräsident Ramelow) Und das kann ich nicht erkennen, dass die alte Ohratalsperre und aktivieren wieder die Schmal- Landesregierung das wollte, und die neue Landes- wassertalsperre. Aber, meine Damen und Herren, regierung war damit überhaupt nicht befasst. Ich die Entscheidungen sind in Ihrer Verantwortung alle habe lediglich noch einmal Trianel gefragt, ob ihnen anders getroffen worden. Das habe ich zur Kennt- der Stadtwald angeboten worden ist oder nicht, und nis zu nehmen. Jetzt komme ich noch mal zu dem Trianel hat mir schriftlich mitgeteilt, dass es ein An- Punkt, und da bleibe ich ganz konsequent. Das ha- gebot nie gegeben hat. Im Stadtrat von Ohrdruf, als be ich alles der Bürgerinitiative vor der Wahl, wäh- die Trianel-Vertreter dort waren, ist ihnen gesagt rend der Wahl und nach der Wahl immer wieder in worden, jeder Baum des Stadtwaldes von Ohrdruf Veranstaltungen gesagt. Ich habe denen nicht ge- sei heilig. Und deswegen haben sie keinerlei Anträ- sagt, dass ich gegen ein Pumpspeicherwerk bin. ge auf Änderung des Verfahrens gestellt. Ich habe ihnen immer gesagt, dass ich für ein Pumpspeicherwerk bin. Auch das von Ihnen, Herr Vizepräsidentin Jung: Gruhner, genannte Zitat aus dem „Freien Wort“: Diese Veranstaltung ist sogar aufgezeichnet wor- Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine weitere den, da habe ich das alles detailliert vorgetragen Anfrage? und es gab einen Dissens zwischen der Bürger- initiative und uns, nämlich dass wir für ein Abgeordneter Heym, CDU: Pumpspeicherwerk sind und die Bürgerinitiative prinzipiell gegen jede Form von Pumpspeicherwerk. Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen? Das kann ich nicht auflösen. Deswegen kann ich gar nicht erkennen, welches Wort ich gebrochen Ramelow, Ministerpräsident: haben soll, wenn ich erkennbar schon vor der Wahl Selbstverständlich. für ein Pumpspeicherwerk Schmalwasser eingetre- ten bin. Ich habe zugesagt, dass man schauen muss, wie weit wir vom Rennsteig selber wegkom- Abgeordneter Heym, CDU: men, und es ist in das Verfahren eingeflossen. Da- Der Frage eine Bemerkung vorausgeschickt: Der zu gab es unmittelbar nach der Wahl einen Diskus- Standort Ohrdruf hat mit dem Zielabweichungsver- sionsprozess mit dem Antragsteller, wie weit wir die fahren nichts zu tun. Meine Frage: Wäre denn ein Höhenmeter nach unten bekommen, wie weit es positiver Bescheid des Planfeststellungsverfahrens überhaupt physikalisch-technisch möglich ist, an möglich gewesen, wenn kein Zielabweichungsver- dieser Seite das Oberbecken weiter zu reduzieren. fahren – und es ist nicht nur ein Ziel gewesen, es Deswegen ist es 15 Meter weiter unten und sind mehrere Ziele gewesen, von denen abgewi- 200 Meter entfernt. Das ist der letzte Weg, der noch chen wurde – durchgeführt worden wäre? geht, und das Oberbecken wird kleiner. Es gibt eine weitere Geschichte, die ich vor der Ramelow, Ministerpräsident: Wahl immer deutlich thematisiert habe: Keine Möglicherweise wäre das so. Das ist das, was An- 380-kV-Technologie, kein Waschen von dreckigem dreas Trautvetter immer öffentlich vertreten hat. Atomstrom oder Kohlestrom, um es dann als grü- Deswegen war ich mit Andreas Trautvetter an die- nen Ökostrom aus Thüringen in die Welt zu brin- ser Stelle einer Meinung; wenn das 600-MW- gen. Auch da sagt Trianel, sie können diesen Pro- Becken möglich wäre, wäre das ein möglicher zess mitgehen, wenn die regenerativen Energie- Kompromiss, den auch er begrüßen würde. Deswe- quellen aus der Region mit eingebunden werden in gen sage ich – Tilo Kummer hat darauf hingewie- das Pumpspeicherwerk Schmalwasser. Insoweit, sen, das ist ganz spannend –, wenn ich dann höre, meine sehr verehrten Damen und Herren, lohnt es dass Herr Trautvetter derjenige ist, der jetzt in Süd- sich vielleicht, etwas gründlicher über das Thema thüringen unterwegs ist und erklärt, wie sehr in die nachzudenken, nämlich die Frage – jetzt werden Natur eingegriffen wird – das war derjenige, der Sie gleich wieder lachen –, ob man vom Rennsteig ganz massiv die Umwidmung der Ohratalsperre tatsächlich einen Weg auf das Oberbecken baut, vorgeschlagen hatte, um, vielleicht erinnern Sie von oben Balkone mit einbaut, damit das, was der sich noch, den Schneekopf zum Skizirkus zu ma- Rennsteig an Mangel hat, nämlich keine Fernsich- chen. ten, da oben sogar ermöglicht wird, mit einbezogen wird. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) Da sollten die entsprechenden Beschneiungsanla- gen hin, da sollten entsprechende Schneedepots Und, meine Damen und Herren, ich habe das heute angelegt werden. Das würde ich mir gern noch mal Morgen gesagt, zu der Haushaltsrede – da haben vorstellen, was das in Bezug auf Naturschutz be- Sie offenkundig nicht zugehört oder da passte es deutet hätte. Deswegen hat Andreas Trautvetter Ihnen nicht –, es ist doch ein Unding, dass Thürin- immer gesagt, ich stelle mir vor, wir nehmen die gen das höchste Trinkwasserüberangebot Deutsch- 906 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Ministerpräsident Ramelow) lands und den höchsten Trinkwasserpreis hat. Des- der Einzäunung und die Tambacher Talsperre zum wegen, meine Damen und Herren, muss man doch Teil des Tourismusgebiets in Tambach zu machen, darüber reden, wie wir tatsächlich aus einer kosten- wenn es gelingen würde, die Schmalwassertalsper- fressenden Schmalwassertalsperre einen Geldver- re zum Energiespeicher zu machen, wenn es gelin- diener machen. Darüber mal nachzudenken muss gen würde, dass das, was in der Erde ja längst ver- es sich doch lohnen. Das ist die Herangehenswei- baut ist, die Kaverne, die das gesamte Trink- und se. Rohwasser von der Schmalwasser sammelt und in die Ohratalsperre fließen lässt – das ist ja alles da, (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das ist ja alles mit eingebaut –, dazu führen würde, NEN) dass die zuständigen Behörden mal darüber nach- In einem Punkt, Herr Gruhner, bin ich ganz bei Ih- denken, dass die Trinkwasserschutzzone von nen. Ja, Sie können lachen, es gibt sogar etwas, Oberhof aufgehoben wird und die vom Schmalwas- bei dem ich mal bei Ihnen bin. Das Ganze muss ein ser endlich genutzt wird als Ersatz und als Kom- Geschäftsmodell haben. Das Ganze müsste aber pensation für den abzugebenden Teilschutzstatus dann Schwarz-Rot in Berlin organisieren. Das wäre von Oberhof, dann könnten wir in Oberhof gleich- die Frage, ob Pumpspeicher eingebettet werden in zeitig noch ein Hotel in dieses Stadtzentrum hinein die Netzkosten und ob Pumpspeicher endlich als bauen und den uralten Golfplatz endlich wieder ak- das betrachtet werden, was sie eigentlich sind, tivieren. nämlich eine Netzstabilisierung, und als ein Teil des (Beifall SPD) Netzes betrachtet werden. Das ist eine Möglichkeit. Die Frage ist nur: Wird das in Berlin so entschieden Das wäre doch mal ein Plan. Wenn dann Akteure oder wird das nicht so entschieden? Das ist eine dazu mitmachen, dann wäre es nicht der vordere Frage. Deswegen bleibt es dabei: Nicht die Landes- Teil gegen den hinteren Teil des Rennsteigs, son- regierung baut dieses Pumpspeicherwerk, den Ein- dern es wäre ein gemeinsamer Entwicklungspro- druck muss man bei Herrn Gruhner ja haben, son- zess, über den wir gemeinsam reden müssen. Da- dern es ist ein Investor. Wir gehen nur fürsorglich rüber wollte ich wenigstens öffentlich reden, statt mit dem Investor um, dass er nach rechtsstaatli- immer nur zu schreien: Das wollen wir nicht, wir chen Prinzipien hier so behandelt wird, wie ich hof- sind die Dagegen-Partei. Lieber Herr Gruhner, ich fe, dass mit jedem Investor in Thüringen rechts- bin, wenn die Saalekaskaden im Angebot sind, staatlich korrekt umgegangen wird. Wir ändern nur dann auf Ihr Verhalten gespannt. Ich bin dann neu- nicht mittendrin unsere Meinung, um dann das Ge- gierig, ob Sie dabei sind oder ob wir dann die genteil zu behaupten, was wir vorher gesagt haben. Chance ziehen lassen, auch aus den Saalekaska- Deswegen, meine Damen und Herren von der den etwas Besseres zu machen. Vielen Dank. CDU, Sie sind wirklich der falsche Absender. Sie (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE sind wirklich der falsche Absender. Ich würde mich GRÜNEN) mal freuen, wir würden insgesamt über die Tamba- cher Talsperre reden, über die Schmalwassertal- sperre reden, über die Ohratalsperre reden, über Vizepräsidentin Jung: die Lütschetalsperre reden. Ich würde mich freuen, Lieber Bodo Ramelow, wenn Sie noch Abgeordne- wir würden wirklich über ein Sport-, Tourismus- und ter gewesen wären, hätte ich Ihnen energiepolitisches Konzept für die ganze Renn- steigregion reden. Ich würde mich freuen, wenn das (Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: von Herrn Trautvetter beantragte Windrad in Ober- Deswegen habe ich abgegeben!) hof zum Eigenstrom genutzt werden kann, um tat- für die Äußerung „Brandstifter“ einen Ordnungsruf sächlich die Energiefresser in Oberhof mit Eigen- erteilt. strom zu versorgen. Ja, da sind Sie dann Ideolo- gen, da kriegen Sie dann Schaum vor das Maul, Ich erteile jetzt der Abgeordneten Liebetrau von der wenn Sie nur das Wort „Wind im Wald“ hören. CDU-Fraktion das Wort. (Unruhe CDU) (Unruhe im Hause) Aber wenn Herr Trautvetter Wind im Wald will, Jetzt hat die Abgeordnete Liebetrau das Wort. dann sind Sie dagegen. Ja, das ist eben der Unter- schied. Wir hören zu und sagen: Wenn es gelingt, Abgeordnete Liebetrau, CDU: für den Skitunnel und für die Therme die Ach, ich höre auch gern noch ein bisschen zu. Sehr 700.000 Euro Stromkosten wenigstens um einige geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen Hunderttausend Euro reduzieren zu können, dann und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren am könnten wir da oben auch besser investieren. Livestream, denn ich bin davon überzeugt, dass wir Wenn es jetzt noch gelingen würde – und den Ge- einige heute am Livestream haben werden. dankengang will ich wenigstens mal ausspre- chen –, die Tambacher Talsperre zu befreien von Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 907

(Abg. Liebetrau) (Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Jetzt nicht Ebenso wenig dürfen wir zulassen, dass durch un- mehr!) überlegte Handlungen eines Investors und der Lan- desregierung die Schlagader unseres grünen Her- Doch, mit Sicherheit jetzt auch noch. Nur um vorne- zens durchtrennt wird. Deshalb plädieren wir, die weg mal eines zu sagen, die Bürgerinitiative heißt CDU-Fraktion unseres Landtags, gegen diesen genau: Bürgerinitiative e. V. gegen die Zerstörung Kurs und gegen dieses Oberbecken am Rennsteig. des Rennsteigs zwischen Neuen Hof und Wach- senrasen durch das geplante Oberbecken des (Beifall CDU) Pumpspeicherwerkes Schmalwasser. Nur so viel Ich werde nun anhand einiger bekannter Zeilen un- dazu. Wir haben jetzt schon viel zu Wirtschaftlich- serer sogenannten Thüringer Hymne nochmals ver- keit, Nutzen, Für und Wider, zum Runden Tisch, deutlichen, welchen Einschnitt der Bau des Ober- zum Raumordnungsverfahren, Naturschutz usw. beckens direkt am Rennsteig darstellt. Ich denke, gehört, über die Notwendigkeit von Wasserspei- auch 200 Meter neben dem Wanderweg ist direkt cherkraftwerken usw. Deshalb möchte ich in dem am Wanderweg. 200 Meter sind nicht viel, und Fall auch jetzt nicht mehr darauf weiter eingehen, wenn Sie entlanggewandert sind, haben Sie das sondern mich ein bisschen zu dem geplanten auch gesehen. Standort des Oberbeckens äußern, denn das sind Punkte, die die Bürger der Region vor allem südlich „Mein Lied erklingt durch Busch und Tann“ – wohl des Rennsteigs bewegen, einer Region, die laut wird es das nicht mehr. Denn die geplante Errich- Aussage unseres Ministerpräsidenten räumlich gar tung des Oberbeckens in einem der größten unzer- nicht betroffen ist. Hier muss ich sagen: Mitnichten, schnittenen Naturräume geht mit einer gewaltigen Herr Ministerpräsident! Auch die Region südlich Zerstörung dieser einmaligen Landschaft einher. oder – wie Sie es in einem Zeitungsinterview formu- Das Naturensemble am bekanntesten Thüringer liert haben – hinter dem Rennsteig, wobei es immer Fernweg würde es in seiner Geschlossenheit so darauf ankommt, von welchem Punkt aus ich den nicht mehr geben. Führen Sie sich doch mal genau Rennsteig betrachte, ist sehr wohl betroffen. Dies vor Augen: Für den Bau des Oberbeckens ein- zeigen gerade auch die enorme Bürgerbeteiligung schließlich der Baustelleneinrichtung und Zwi- und der Widerstand, der diesem Jahrhundertprojekt schenlagerflächen muss eine Waldfläche mit einer und besonders diesem Standort des Oberbeckens Größe von 135 Hektar gerodet werden. Wie viel ist entgegenschlägt. das? Das entspricht etwa 190 Fußballfeldern oder 1.350 mal unserem Plenargebäude. Ja, Frau Sie- Vizepräsidentin Jung: gesmund, so ist es. Ich bin in dieser Region groß geworden und ich kann nur sagen: Jeder Baum ist Frau Abgeordnete Liebetrau, gestatten Sie eine ein Baum. Und wenn der BUND in dem ersten Ver- Zwischenfrage des Abgeordneten Harzer? fahren im März 2012 sagt, das ist minderwertiger Wald, kann ich das nicht verstehen. Abgeordnete Liebetrau, CDU: (Unruhe SPD) Nein. – Deshalb fordert die CDU-Fraktion auch klar: (Beifall CDU) Bürgerwillen respektieren – Thüringer Wald ohne Pumpspeicheroberbecken am Rennsteig! Viele Dauerhaft entzogen werden diesem durch das kennen das Lied „Ich wandre ja so gerne am Renn- Oberbecken 80 Hektar Waldfläche, wobei wir im- steig durch das Land“. Keine Angst, ich singe jetzt mer noch bei 112 Fußballfeldern sind oder 800 mal nicht, nicht, dass Sie den Saal verlassen. Nein, Ih- dieses Plenargebäude. Das ist sicherlich nicht we- nen soll vor Augen geführt werden, welches Kultur- nig, ganz zu schweigen von dem damit verbunde- gut unserer Heimat die jetzige Landesregierung nen Lebensraumverlust für verschiedene Wild- und durch ihre Favorisierung des Baus eines Ober- Vogelarten. beckens direkt am Rennsteig zerstören will. Unser Kommen wir zur Wasserversorgung. Herbert Roth Rennsteiglied, die heimliche Nationalhymne Thürin- dichtete auch über silberklare Bäche, an denen sich gens, wird von vielen Bewohnern geliebt und ist die Wanderer erfrischen. An den Quellen hinter überregional bekannt, sicherlich kennen Sie es alle. dem Rennsteig, ich betrachte es einmal von hier Auch Sie, Herr Ministerpräsident, kamen am ver- aus, erfrischen sich heute mehr als 10.000 Men- gangenen Samstag bei der Eröffnung der 163 Tage schen. Man bangt dort besonders auch um die andauernden Landesgartenschau in Schmalkalden Trinkwasserversorgung. Südlich des Rennsteigs ist an den Klängen dieses Liedes nicht vorbei. Können man – und hier widerspiegelt es sich und ich wider- Sie dieses Lied einfach umdichten und zerstören? spreche noch einmal dem Ministerpräsidenten ent- So wie die Natur? Nicht ohne weitreichende Fol- schieden – von den Folgen des Pumpspeicher- gen! werks bzw. dem Bau des Oberbeckens durchaus (Unruhe DIE LINKE) betroffen. Im Umfeld des geplanten Oberbecken- standorts befinden sich die quantitativ und qualitativ bedeutendsten Wassergewinnungsanlagen Hellen- 908 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

(Abg. Liebetrau) bach und Zimmerbach. Diese Quellen sind für die Vizepräsidentin Jung: zuverlässige Trinkwasserversorgung im Hasel- Meine Damen und Herren Abgeordneten, hier gibt grund, insbesondere auch für die Ortschaften Ober- es eine Rednerin und ich bitte einfach um Aufmerk- und Unterschönau, Rotterode, Altersbach, Viernau samkeit. und die Stadt Steinbach-Hallenberg, unabdingbar und nicht zu ersetzen. Um eine sichere Wasserver- sorgung der genannten Ortschaften zu erreichen, Abgeordnete Liebetrau, CDU: wurden in den vergangenen 20 Jahren viele Euros Ich komme auch bald zum Ende. Ich quäle Sie investiert. Sollte dieses Geld umsonst ausgegeben nicht mehr lange. worden sein? Sie betonen es ja immer wieder. Oder gibt es nicht doch einen erheblichen Einfluss In diesem Zusammenhang sei noch ein anderes Er- auf den Tourismus in dieser Region? Wie ist das zu eignis erwähnt, was direkten Einfluss hatte. Und vereinbaren mit den in der Vergangenheit getätig- zwar gab es 1975 einen Stollendurchschlag ober- ten enormen Investitionen im Rahmen der Projekte halb Oberschönaus zur Talsperre Schmalwasser. des Regionalverbunds Thüringer Wald? Wozu sol- Und was ist da passiert? Es kam zu einem Rück- len denn unter anderem die Rennsteigleitern, die gang des Wasserdargebots um 77 Prozent im Be- Rennsteighäuser, die Aussichtstürme, von denen reich der Kienbachquellen und damit zu einer enor- man durchaus einen schönen Blick auch über die men Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung. Landschaft und in die Ferne hat, dienen? Doch si- Es wird auch bei diesem geplanten Bau dieses cherlich auch dazu, mehr Touristen anzulocken und Oberbeckens nicht ohne Sprengungen abgehen. unser Lebensgefühl und die starke Bindung zur Na- Und wer kann garantieren, dass diese wichtigen tur zu vermitteln. Müssen wir in Zukunft wirklich das Quellen nicht auch davon betroffen sind? Es geht, Erbe Herbert Roths umdichten und „Buchen, Fich- und das hatten Sie auch gesagt, um das Gesamt- ten, Tannen“ in „Beton, Beton, Beton“ verwandeln? system Rennsteig. Man kann weder bei Naturzer- Die Antwort lautet klar und deutlich nein, nein zum störung noch bei Wasserversorgung und Tourismus geplanten Oberbecken des Pumpspeicherwerks einfach in eine Meinung vor und hinter dem Renn- Schmalwasser am Rennsteig. Und ja, den Bürger- steig teilen. So einfach ist das eben nicht. willen respektieren: Thüringer Wald ohne das Kommen wir noch mal auf unsere Thüringenhymne Pumpspeicherbecken am Rennsteig. Vielleicht hat zurück. „Diesen Weg auf den Höhn bin ich oft ge- der eine oder andere doch morgen die Gelegenheit, gangen“ – Sie sind ihn auch schon gegangen, man- sich auf den Weg zum Rennsteig zu begeben, un- che sind ihn gefahren bis hin zur Ausspanne, die abhängig von Parteigrenzen – so sage ich das mal sind das nicht gelaufen. Und nun frage ich an die- jetzt –, um gemeinsam mit vielen Hundert, ja, es ser Stelle: Wie lange werden wir diesen Rennsteig sind immer mehrere Hundert und es ist nicht die noch unbeschwert gehen können in diesem Be- erste Sternwanderung, sondern es ist bereits die reich? Immer wieder bestätigen mir Wanderer, die vierte Wanderung, vielleicht hat doch der eine oder den gesamten Rennsteig abgelaufen sind, dass der andere Lust, sich auf den Weg zu begeben und betroffene Abschnitt der schönste dieses Weges sich auch mal vor Ort zu überzeugen, die vielleicht ist. Wie jedes Jahr kommt auch am 9. Mai, das ist noch nicht dort waren, in welchem herrlichen Stück nächste Woche, also in ein paar Tagen, wieder ein Landschaft und Natur wir eigentlich wohnen. Vielen Großteil der mehr als 15.000 in- und ausländischen Dank. Teilnehmer des Rennsteiglaufs, des größten Land- (Beifall CDU) schaftslaufs Europas, am geplanten Oberbecken- standort vorbei. Sollen die in Zukunft einen kurzen Vizepräsidentin Jung: Abstecher machen und sich hier diese Wasserflä- chen anschauen können? Oder im Winter vielleicht Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen mal dort in dem Bereich die Ski abschnallen und vor. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichts- ein Stück Skiroller dranschnallen, zwei Kilometer ersuchen zu Nummer III des Antrags erfüllt ist, oder laufen und mit Ski wieder weiter? Und nicht nur erhebt sich Widerspruch? Das kann ich nicht erken- das: Als historischer Verkehrsweg und historische nen. Da keine Ausschussüberweisung beantragt Territorialgrenze ist der Rennsteig ein eingetrage- wurde, kommen wir zur Abstimmung. Herr Primas. nes Kulturdenkmal – und somit geschützt. (Unruhe CDU) Abgeordneter Primas, CDU: Wird das auch in Zukunft noch sein? Für die CDU-Fraktion beantrage ich namentliche Abstimmung. (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das ist Ih- re Fraktion, die so laut ist – bei aller Freund- schaft!) Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 909

Vizepräsidentin Jung: abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anla- ge 2). Wir kommen zur Abstimmung zu den Nummern I und II des Antrags. Ich bitte die Schriftführer und er- Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und die öffne die Abstimmung. heutige Plenarsitzung und wünsche Ihnen einen er- folgreichen 1. Mai, einen kämpferischen 1. Mai und Haben alle Abgeordneten von ihrem Stimmrecht ein gutes Wochenende. Gebrauch gemacht? Dann bitte ich noch darum, meine Stimme abgeben zu können, und schließe dann die Abstimmung und bitte um Auszählung. Ende: 20.22 Uhr Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: Es haben 82 Abgeordnete ihre Stimme abgegeben. Mit Ja stimmten 30, mit Nein 52, damit ist der Antrag 910 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015

Anlage 1 Namentliche Abstimmung in der 13. Sitzung am 30.04.2015 zum Tagesordnungspunkt 2 Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalhaushaltssicherungsprogrammgesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/221 -

1. Adams, Dirk ja 49. Lieberknecht, Christine (CDU) nein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 50. Liebetrau, Christina (CDU) nein 2. Becker, Dagmar (SPD) ja 51. Lukasch, Ute (DIE LINKE) ja 3. Berninger, Sabine (DIE LINKE) ja 52. Lukin, Dr. Gudrun (DIE LINKE) ja 4. Blechschmidt, André (DIE LINKE) ja 53. Malsch, Marcus (CDU) nein 5. Brandner, Stephan (AfD) nein 54. Martin-Gehl, Dr. Iris (DIE LINKE) ja 6. Bühl, Andreas (CDU) nein 55. Marx, Dorothea (SPD) ja 7. Carius, Christian (CDU) nein 56. Matschie, Christoph (SPD) ja 8. Dittes, Steffen (DIE LINKE) ja 57. Meißner, Beate (CDU) nein 9. Emde, Volker (CDU) 58. Mitteldorf, Katja (DIE LINKE) ja 10. Engel, Kati (DIE LINKE) ja 59. Mohring, Mike (CDU) nein 11. Fiedler, Wolfgang (CDU) nein 60. Möller, Stefan (AfD) nein 12. Floßmann, Kristin (CDU) nein 61. Mühlbauer, Eleonore (SPD) ja 13. Geibert, Jörg (CDU) nein 62. Muhsal, Wiebke (AfD) nein 14. Gentele, Siegfried (Fraktionslos) nein 63. Müller, Anja (DIE LINKE) ja 15. Grob, Manfred (CDU) nein 64. Pelke, Birgit (SPD) ja 16. Gruhner, Stefan (CDU) nein 65. Pfefferlein, Babett ja 17. Hande, Ronald (DIE LINKE) ja (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 18. Harzer, Steffen (DIE LINKE) ja 66. Pidde, Dr. Werner (SPD) ja 19. Hausold, Dieter (DIE LINKE) ja 67. Primas, Egon (CDU) nein 20. Helmerich, Oskar (AfD) 68. Reinholz, Jürgen (CDU) nein 21. Henfling, Madeleine ja 69. Rosin, Marion (SPD) ja (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 70. Rothe-Beinlich, Astrid ja 22. Henke, Jörg (AfD) nein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 23. Hennig-Wellsow, Susanne ja 71. Rudy, Thomas (AfD) nein (DIE LINKE) 72. Schaft, Christian (DIE LINKE) ja 24. Herold, Corinna (AfD) nein 73. Scherer, Manfred (CDU) nein 25. Herrgott, Christian (CDU) nein 74. Scheringer-Wright, Dr. Johanna ja 26. Hey, Matthias (SPD) ja (DIE LINKE) 27. Heym, Michael (CDU) nein 75. Schulze, Simone (CDU) nein 28. Höcke, Björn (AfD) nein 76. Siegesmund, Anja ja 29. Höhn, Uwe (SPD) ja (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 30. Holbe, Gudrun (CDU) nein 77. Skibbe, Diana (DIE LINKE) ja 31. Holzapfel, Elke (CDU) nein 78. Stange, Karola (DIE LINKE) ja 32. Huster, Mike (DIE LINKE) ja 79. Tasch, Christina (CDU) 33. Jung, Margit (DIE LINKE) ja 80. Taubert, Heike (SPD) ja 34. Kalich, Ralf (DIE LINKE) ja 81. Thamm, Jörg (CDU) nein 35. Kellner, Jörg (CDU) nein 82. Tischner, Christian (CDU) nein 36. Kießling, Olaf (AfD) nein 83. Voigt, Dr. Mario (CDU) nein 37. Kobelt, Roberto ja 84. Walk, Raymond (CDU) nein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 85. Walsmann, Marion (CDU) nein 38. König, Katharina (DIE LINKE) ja 86. Warnecke, Frank (SPD) ja 39. Korschewsky, Knut (DIE LINKE) ja 87. Wirkner, Herbert (CDU) nein 40. Kowalleck, Maik (CDU) nein 88. Wolf, Torsten (DIE LINKE) ja 41. Kräuter, Rainer (DIE LINKE) ja 89. Worm, Henry (CDU) nein 42. Krumpe, Jens (AfD) 90. Wucherpfennig, Gerold (CDU) nein 43. Kubitzki, Jörg (DIE LINKE) ja 91. Zippel, Christoph (CDU) nein 44. Kummer, Tilo (DIE LINKE) ja 45. Kuschel, Frank (DIE LINKE) ja 46. Lehmann, Annette (CDU) nein 47. Lehmann, Diana (SPD) ja 48. Leukefeld, Ina (DIE LINKE) ja Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode - 13. Sitzung - 30.04.2015 911

Anlage 2 Namentliche Abstimmung in der 13. Sitzung am 30.04.2015 zum Tagesordnungspunkt 7 Bürgerwillen respektieren – Thüringer Wald ohne Pumpspeicheroberbecken am Rennsteig Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/506 -

1. Adams, Dirk nein 49. Lieberknecht, Christine (CDU) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 50. Liebetrau, Christina (CDU) ja 2. Becker, Dagmar (SPD) nein 51. Lukasch, Ute (DIE LINKE) nein 3. Berninger, Sabine (DIE LINKE) nein 52. Lukin, Dr. Gudrun (DIE LINKE) nein 4. Blechschmidt, André (DIE LINKE) nein 53. Malsch, Marcus (CDU) ja 5. Brandner, Stephan (AfD) nein 54. Martin-Gehl, Dr. Iris (DIE LINKE) nein 6. Bühl, Andreas (CDU) ja 55. Marx, Dorothea (SPD) nein 7. Carius, Christian (CDU) ja 56. Matschie, Christoph (SPD) nein 8. Dittes, Steffen (DIE LINKE) nein 57. Meißner, Beate (CDU) ja 9. Emde, Volker (CDU) 58. Mitteldorf, Katja (DIE LINKE) nein 10. Engel, Kati (DIE LINKE) nein 59. Mohring, Mike (CDU) ja 11. Fiedler, Wolfgang (CDU) ja 60. Möller, Stefan (AfD) nein 12. Floßmann, Kristin (CDU) ja 61. Mühlbauer, Eleonore (SPD) nein 13. Geibert, Jörg (CDU) ja 62. Muhsal, Wiebke (AfD) nein 14. Gentele, Siegfried (Fraktionslos) ja 63. Müller, Anja (DIE LINKE) nein 15. Grob, Manfred (CDU) ja 64. Pelke, Birgit (SPD) nein 16. Gruhner, Stefan (CDU) ja 65. Pfefferlein, Babett nein 17. Hande, Ronald (DIE LINKE) nein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 18. Harzer, Steffen (DIE LINKE) nein 66. Pidde, Dr. Werner (SPD) nein 19. Hausold, Dieter (DIE LINKE) nein 67. Primas, Egon (CDU) ja 20. Helmerich, Oskar (AfD) 68. Reinholz, Jürgen (CDU) 21. Henfling, Madeleine nein 69. Rosin, Marion (SPD) nein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 70. Rothe-Beinlich, Astrid nein 22. Henke, Jörg (AfD) nein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 23. Hennig-Wellsow, Susanne nein 71. Rudy, Thomas (AfD) nein (DIE LINKE) 72. Schaft, Christian (DIE LINKE) nein 24. Herold, Corinna (AfD) 73. Scherer, Manfred (CDU) ja 25. Herrgott, Christian (CDU) ja 74. Scheringer-Wright, Dr. Johanna nein 26. Hey, Matthias (SPD) nein (DIE LINKE) 27. Heym, Michael (CDU) ja 75. Schulze, Simone (CDU) ja 28. Höcke, Björn (AfD) nein 76. Siegesmund, Anja nein 29. Höhn, Uwe (SPD) nein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 30. Holbe, Gudrun (CDU) ja 77. Skibbe, Diana (DIE LINKE) nein 31. Holzapfel, Elke (CDU) ja 78. Stange, Karola (DIE LINKE) nein 32. Huster, Mike (DIE LINKE) nein 79. Tasch, Christina (CDU) 33. Jung, Margit (DIE LINKE) nein 80. Taubert, Heike (SPD) nein 34. Kalich, Ralf (DIE LINKE) nein 81. Thamm, Jörg (CDU) ja 35. Kellner, Jörg (CDU) ja 82. Tischner, Christian (CDU) ja 36. Kießling, Olaf (AfD) nein 83. Voigt, Dr. Mario (CDU) ja 37. Kobelt, Roberto nein 84. Walk, Raymond (CDU) ja (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 85. Walsmann, Marion (CDU) ja 38. König, Katharina (DIE LINKE) nein 86. Warnecke, Frank (SPD) nein 39. Korschewsky, Knut (DIE LINKE) nein 87. Wirkner, Herbert (CDU) ja 40. Kowalleck, Maik (CDU) ja 88. Wolf, Torsten (DIE LINKE) nein 41. Kräuter, Rainer (DIE LINKE) nein 89. Worm, Henry (CDU) ja 42. Krumpe, Jens (AfD) 90. Wucherpfennig, Gerold (CDU) ja 43. Kubitzki, Jörg (DIE LINKE) nein 91. Zippel, Christoph (CDU) ja 44. Kummer, Tilo (DIE LINKE) nein 45. Kuschel, Frank (DIE LINKE) nein 46. Lehmann, Annette (CDU) 47. Lehmann, Diana (SPD) nein 48. Leukefeld, Ina (DIE LINKE)