Thüringer Landtag Plenarprotokoll 5/159 5. Wahlperiode 17.07.2014

159. Sitzung

Donnerstag, den 17.07.2014

Erfurt, Plenarsaal

Regierungserklärung der Mi- 14869, nisterpräsidentin „Bilanz 2009 bis 2014 - gemeinsam erfolg- reich für Thüringen“ Die Regierungserklärung wird durch Ministerpräsidentin Lieber- knecht abgegeben. Die Aussprache zur Regierungserklärung wird durchgeführt.

Lieberknecht, Ministerpräsidentin 14869, 14928, Ramelow, DIE LINKE 14883, 14888, 14889, 14889, 14931, Dr. Pidde, SPD 14892, Barth, FDP 14897, 14922, 14927, 14927, 14927, Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14903, Mohring, CDU 14908, Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit 14916, 14925, 14926, 14926, Hennig-Wellsow, DIE LINKE 14919, 14919, 14921, 14921, 14921, 14921, 14921, Kummer, DIE LINKE 14923, Fiedler, CDU 14926, Dr. Kaschuba, DIE LINKE 14927,

Fragestunde 14931, 14862 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

a) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Klaubert (DIE LINKE) 14931, Mittel der Kulturstiftung des Bundes für Thüringer Projekte - Drucksache 5/7924 - wird von Staatssekretär Prof. Dr. Deufel beantwortet. Zusatzfragen. Dr. Klaubert, DIE LINKE 14931, 14932, Prof. Dr. Deufel, Staatssekretär 14931, 14932, 14932, Jung, DIE LINKE 14932, b) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Korschewsky (DIE LINKE) 14933, Stand der Antikorruptionsaktivitäten der Landesregierung - Drucksache 5/7953 - wird von Staatssekretär Rieder beantwortet. Zusatzfragen. Korschewsky, DIE LINKE 14933, 14934, Rieder, Staatssekretär 14933, 14934, 14934, Kuschel, DIE LINKE 14934, c) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel (DIE LINKE) 14934, Verkehrstechnische Erschließung der neuen Jugendstrafanstalt Arnstadt-Rudisle- ben - erneut nachgefragt - Drucksache 5/7959 - wird von Staatssekretärin Klaan beantwortet. Zusatzfrage. Kuschel, DIE LINKE 14934, 14935, Klaan, Staatssekretärin 14935, 14935, d) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bergner (FDP) 14935, Demokratieerklärung bei der Ausschreibung von Leistungen durch den Landesbe- trieb Thüringer Liegenschaftsmanagement - Drucksache 5/7966 - wird von Staatssekretärin Klaan beantwortet. Zusatzfragen. Bergner, FDP 14935, 14936, 14936, Klaan, Staatssekretärin 14936, 14936, 14937, e) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Lukin (DIE LINKE) 14937, Verkauf einer landeseigenen Liegenschaft in Jena-Zwätzen - Drucksache 5/7972 - wird von Staatssekretärin Klaan beantwortet. Zusatzfragen. Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14863

Dr. Lukin, DIE LINKE 14937, 14938, 14938, Klaan, Staatssekretärin 14937, 14938, 14938, f) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Leukefeld (DIE LINKE) 14938, Einrichtung einer Außenstelle des Aufnahmelagers Eisenberg in Suhl - Drucksache 5/7973 - wird von Staatssekretär Rieder beantwortet. Zusatzfragen. Leukefeld, DIE LINKE 14938, 14939, Rieder, Staatssekretär 14938, 14939, 14940, Berninger, DIE LINKE 14940, g) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Meyer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 14940, Umsetzung der Strategie für E-Government und IT des Freistaats Thüringen - Drucksache 5/7978 - wird von Staatssekretär Diedrichs beantwortet. Zusatzfrage. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14940, 14941, Diedrichs, Staatssekretär 14940, 14941, h) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Siegesmund (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 14941, Überwachung des Protestcamps gegen das Rechtsrock-Konzert in Gera - Drucksache 5/7979 - wird von Staatssekretär Rieder beantwortet. Zusatzfragen. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14941, 14941, 14942, Rieder, Staatssekretär 14941, 14942, 14942, i) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Rothe-Beinlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 14942, NEN) und der Abgeordneten Hennig-Wellsow (DIE LINKE) Aktivitäten von Burschenschaften im Umfeld von Thüringer Hochschulen - Drucksache 5/7980 - wird von dem Abgeordneten Meyer vorgetragen und von Staatssekretär Prof. Dr. Deufel beantwortet. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14942, Prof. Dr. Deufel, Staatssekretär 14942, j) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Augsten (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 14943, EEG-Novelle 2014 - Konsequenzen für die Biogasbranche in Thüringen - Drucksache 5/7981 - 14864 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

wird von Staatssekretär Richwien beantwortet. Zusatzfragen. Dr. Augsten, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14943, 14944, Richwien, Staatssekretär 14943, 14945,

Mitgliedschaft von Mitgliedern 14945, der Landesregierung in Lei- tungs- und Aufsichtsgremien auf Erwerb gerichteter Unter- nehmen hier: Zustimmung des Land- tags gemäß Artikel 72 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen Antrag der Landesregierung - Drucksache 5/7968 - Der Antrag wird angenommen.

Zweites Gesetz zur Änderung 14945, des Thüringer Verfassungsge- richtshofsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregie- rung - Drucksache 5/7454 - dazu: Beschlussempfehlung des Justiz- und Verfassungs- ausschusses - Drucksache 5/7975 - ZWEITE BERATUNG Die Beschlussempfehlung wird angenommen. Der Gesetzentwurf wird in ZWEITER BERATUNG unter Berücksichtigung der Annahme der Beschlussempfehlung sowie in der Schlussabstimmung jeweils angenommen.

Berninger, DIE LINKE 14945, 14947, Scherer, CDU 14946, Bergner, FDP 14946, Marx, SPD 14947, Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14948, Dr. Poppenhäger, Justizminister 14949,

Thüringer Gesetz zur Neurege- 14950, lung der als Maßregel angeord- neten Unterbringung und ähn- licher Unterbringungsmaßnah- men Gesetzentwurf der Landesregie- rung - Drucksache 5/7580 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 5/8032 - Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14865

dazu: Änderungsantrag der Frak- tionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/8040 - ZWEITE BERATUNG Der Änderungsantrag wird angenommen. Die Beschlussempfehlung wird unter Berücksichtigung des Änderungsantrags angenommen.

Der Gesetzentwurf wird in ZWEITER BERATUNG unter Berücksich- tigung der Annahme der Beschlussempfehlung in namentlicher Ab- stimmung bei 69 abgegebenen Stimmen mit 41 Jastimmen, 24 Nein- stimmen und 4 Enthaltungen (Anlage) und in der Schlussabstim- mung angenommen.

Eckardt, SPD 14950, Gumprecht, CDU 14951, Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14952, 14953, 14953, Dr. Hartung, SPD 14953, 14955, 14955, 14955, Kubitzki, DIE LINKE 14955, Sparmberg, FDP 14955, Bärwolff, DIE LINKE 14956, 14958, 14958, 14958, Fiedler, CDU 14958, Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit 14959, Emde, CDU 14960, 14960,

Thüringer Gesetz zur Ände- 14961, rung von Rechtsvorschriften im Bereich der Thüringer Jus- tiz Gesetzentwurf der Landesregie- rung - Drucksache 5/7741 - dazu: Beschlussempfehlung des Justiz- und Verfassungs- ausschusses - Drucksache 5/7976 - ZWEITE BERATUNG Die Beschlussempfehlung wird angenommen. Der Gesetzentwurf wird in ZWEITER BERATUNG unter Berücksichtigung der Annahme der Beschlussempfehlung sowie in der Schlussabstimmung jeweils angenommen.

Meißner, CDU 14961, 14961, Berninger, DIE LINKE 14961, 14962, 14964, Scherer, CDU 14963, Sparmberg, FDP 14963, 14866 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

Marx, SPD 14963, 14964, 14964, 14964, Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14964, Dr. Poppenhäger, Justizminister 14965,

Netzneutralität endlich gesetz- 14966, lich festschreiben Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/6013 - hier: Nummer I dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirt- schaft, Technologie und Arbeit - Drucksache 5/7964 - Die Nummer I des Antrags wird abgelehnt.

Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14966, Dr. Voigt, CDU 14967, Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14967, Baumann, SPD 14968, König, DIE LINKE 14969, Höhn, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie 14970,

Mietobergrenzen als Mittel der 14971, Marktregulierung Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/6184 - Neufas- sung - hier: Nummer II dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau, Lan- desentwicklung und Ver- kehr - Drucksache 5/7977 - dazu: Alternativantrag der Frak- tionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/8037 - Die Nummer II des Antrags wird abgelehnt.

Der Alternativantrag wird angenommen.

Wetzel, CDU 14971, 14971, 14972, Sedlacik, DIE LINKE 14973, Doht, SPD 14975, 14976, 14976, 14976, Untermann, FDP 14977, Schubert, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14978, Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14867

Carius, Minister für Bau, Landesentwicklung und Verkehr 14979, 14980, 14980, Dr. Lukin, DIE LINKE 14980, 14868 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

Anwesenheit der Abgeordneten: Fraktion der CDU:

Bergemann, Carius, Emde, Fiedler, Grob, Groß, Gumprecht, Heym, Holbe, Holzapfel, Kellner, Kowalleck, Krauße, von der Krone, Lehmann, Lieberknecht, Meißner, Mohring, Primas, Reinholz, Scherer, Schröter, Tasch, Dr. Voigt, Walsmann, Wetzel, Worm, Wucherpfennig

Fraktion DIE LINKE:

Bärwolff, Berninger, Blechschmidt, Hausold, Hellmann, Hennig-Wellsow, Huster, Jung, Kalich, Dr. Kaschuba, Dr. Klaubert, König, Korschewsky, Kubitzki, Kummer, Kuschel, Leukefeld, Lukasch, Dr. Lukin, Möller, Nothnagel, Ramelow, Dr. Scheringer-Wright, Sedlacik, Skibbe, Stange

Fraktion der SPD:

Baumann, Döring, Doht, Eckardt, Gentzel, Dr. Hartung, Hey, Höhn, Kanis, Künast, Marx, Matschie, Mühlbauer, Pelke, Dr. Pidde, Scheerschmidt, Taubert, Weber

Fraktion der FDP:

Barth, Bergner, Hitzing, Kemmerich, Sparmberg, Untermann

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Adams, Dr. Augsten, Meyer, Rothe-Beinlich, Schubert, Siegesmund

Anwesenheit der Mitglieder der Landesregierung: Ministerpräsidentin Lieberknecht, die Minister Matschie, Carius, Geibert, Höhn, Dr. Poppenhäger, Reinholz, Taubert, Dr. Voß Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14869

Beginn: 9.05 Uhr ein Blickfeld geboten wird, welches nicht in unse- rem Interesse ist. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: (Beifall im Hause) Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- Wir werden uns morgen bei der Beratung des Ab- neten, liebe Gäste auf der Zuschauertribüne, liebe schlussberichts des Untersuchungsausschus- Vertreter der Medien, ich heiße Sie ganz herzlich ses 5/2 wieder intensiv mit den Fragen rechtsradi- willkommen zur heutigen Plenarsitzung und bitte kaler Strukturen in unserem Land befassen, aber um Verständnis dafür, dass wir diese Veranstaltung heute kommen wir, wie vereinbart, zunächst zum mit einer leichten Verzögerung beginnen. Aufruf des Tagesordnungspunktes 1, der Regie- Wie die meisten von Ihnen wissen, haben Mitglie- rungserklärung. der der NPD für heute eine Demonstration und ihr Ich gebe vor Eintritt in diese Tagesordnung noch Erscheinen auf der Besuchertribüne angekündigt. bekannt, dass als Schriftführerin Frau Abgeordnete Dieser Auftritt vor und im Parlament ist ein unwürdi- Berninger neben mir Platz genommen hat und die ges Schauspiel, das hoffentlich auch ein Gastspiel Rednerliste Frau Abgeordnete Holzapfel führt. bleiben wird, welches sich nicht wiederholt. Für die heutige Sitzung haben sich Herr Abgeord- (Beifall im Hause) neter Koppe, Herr Abgeordneter Günther, Herr Ab- Gleichwohl wollen wir nicht auf unseren deutlichen geordneter Metz, Herr Minister Geibert - zeitweise - Protest gegen die NPD und deren Ideologie ver- steht hier auf meiner Liste, er ist aber da, und Herr zichten. Aus diesem Grund haben wir gerade Müll- Minister Dr. Voß - zeitweise -, er ist auch da, steht tonnen in der Jürgen-Fuchs-Straße aufgestellt und auf meiner Rednerliste. ein deutliches, unmissverständliches Zeichen ge- (Heiterkeit im Hause) setzt, dass Nazis in diesem Haus keinen Platz ha- ben. Frau Abgeordnete Diezel - das musste ich jetzt ex- tra noch einmal fragen - ist immer noch erkrankt (Beifall im Hause) und kann an dieser Sitzung nicht teilnehmen. Dieser Landtag hat von Anfang an deutlich ge- Die Landespressekonferenz hat für heute zu einem macht, dass wir uns gegen rechtsextremistische, parlamentarischen Abend eingeladen. Sie haben fremdenfeindliche Ideologie zur Wehr zu setzen alle höchstpersönlich eine Einladung dazu bekom- wissen und eben hat draußen eine Journalistin ge- men. Dieser wird gegen 19.00 Uhr beginnen. sagt, das zeichnet diesen Landtag aus, dass er in dieser Frage immer ein deutliches und auch sehr Ich weise auch darauf hin, dass zum Tagesord- buntes Zeichen setzt. Ganz herzlichen Dank an alle nungspunkt 6 ein Änderungsantrag der Fraktionen Fraktionen, die sich an dieser Aktion beteiligt ha- der CDU und der SPD in der Drucksache 5/8040 ben. verteilt wurde. (Beifall im Hause) Ich frage nun, fast der Form halber: Wird der nun vorliegenden Tagesordnung widersprochen? Das Die autoritären Ideen der NPD, ihre Unwahrheiten, ist nicht der Fall. Verzerrungen und populistischen Forderungen sind unvereinbar mit den freiheitlichen und demokrati- Demzufolge komme ich zum Aufruf des Tagesord- schen Grundprinzipien unseres Parlaments. Des- nungspunkts 1 halb darf die NPD nicht in diesen Landtag einzie- hen. Dafür treten wir als demokratische Parteien Regierungserklärung der Mi- unseres Landes gemeinsam ein. Thüringen ist ein nisterpräsidentin „Bilanz 2009 weltoffenes und ein tolerantes Land. Das lassen wir bis 2014 - gemeinsam erfolg- uns nicht von der NPD oder anderen Rechtsradika- reich für Thüringen“ len zerstören und zerreden. Ich bitte Frau Ministerpräsidentin Lieberknecht um (Beifall im Hause) die Regierungserklärung. Die NPD wird uns auch nicht davon abhalten, ver- nünftige Politik für unser Land zu machen, im Wett- Lieberknecht, Ministerpräsidentin: streit um die besten Ideen, aber immer in der Wah- rung vor der Würde des Menschen und in der Wah- Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Meine rung der Akzeptanz voreinander. Weder heute noch sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, in Zukunft wird es der NPD gelingen, uns dabei zu gestatten Sie auch mir am Beginn ein persönliches stören, auf dem Weg der Konsensfindung politische Wort zu den Ereignissen gerade eben. Ich erinnere, Probleme zu lösen. Deshalb setzen wir nun unsere am Beginn der Legislaturperiode stand fraktions- reguläre Beratung fort, denn wir wollen auch nicht, übergreifend der Beschluss für Demokratie, Tole- dass durch übermäßige Aufmerksamkeit der NPD ranz und Weltoffenheit in unserem Land. Er ist kon- 14870 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) stitutiv geworden für unsere gemeinsame Arbeit in des. Wir wollen Rahmenbedingungen schaffen und diesem Hohen Haus über fünf Jahre. Wir leben De- erhalten, damit die Thüringerinnen und Thüringer mokratie, wir streiten für die Demokratie. Mit brau- ihre Talente entfalten können, dass sie in unserem nem Ungeist wollen wir nichts zu tun haben. Auch Land eine Perspektive für sich und ihre Familien ich danke allen, die heute die Stirn geboten haben. sehen, dass sie auch von dem, was sie erarbeitet haben, von ihrem Einkommen, leben können. Auch (Beifall im Hause) das muss in Thüringen möglich sein und auch dar- Lassen Sie uns auch heute eine Debatte führen, um haben wir uns bemüht. die die Vorzüge der Demokratie erlebbar macht, Wir wollten Thüringen auf die Zukunft vorbereiten. nämlich das offene Wort in Rede und Gegenrede. Das ist uns gelungen. Das Land steht besser da als Darum geht es. Es geht um das beste Argument. je zuvor. Heute können wir sagen: Thüringen ist in- Darum wollen wir streiten hier im Hohen Haus. In novativer, nachhaltiger, sozialer und weltoffener ge- diesem Geist möchte ich auch meine Regierungs- worden. Das ist die Leistung der Thüringerinnen erklärung Ihnen, den Damen und Herren Abgeord- und Thüringer zunächst selbst, die alle die Ärmel neten dieses Hohen Hauses, abgeben. hochgekrempelt haben, die Hand angelegt haben, Ich gebe diese Regierungserklärung im Namen der die jeden Tag ihre Leistung erbracht haben. Aber Landesregierung ab, um dem Parlament Rechen- es ist auch Leistung der gemeinsamen Arbeit in der schaft abzulegen über diese Legislaturperiode. Es Koalition, in der wir dafür Rahmen setzend für das ist eine Frage der politischen Kultur, dass wir die Land tätig gewesen sind. Diskussion über Bilanz der Regierungsarbeit auch (Beifall CDU, SPD) im Thüringer Landtag führen. Wir stellen uns dieser Diskussion selbstbewusst, denn es waren fünf gute Die letzten fünf Jahre gehören zu den erfolgreichs- Jahre für Thüringen. ten Jahren seit der Wiederbegründung des Frei- staats. Sie waren trotz aller Beschwernisse, die es (Beifall CDU, SPD) bei Regierungsantritt noch gab, eine Zeitenwende „Starkes Thüringen - innovativ, nachhaltig, sozial und ein guter Start in das nächste Thüringer Jahr- und weltoffen“, so lautet der Titel des Koalitionsver- zehnt. In den zentralen Debattenfeldern der Gegen- trages, den CDU und SPD zu Beginn der Legisla- wart - Beschäftigung bei fairen Löhnen, Schulden- turperiode vereinbart haben. Fast 400 Ziele und freiheit, Antworten auf die demografische Entwick- Initiativen hatten die Koalitionspartner formuliert. lung, Infrastruktur, Bildung, Forschung - sind wir er- Davon sind fast 90 Prozent abgearbeitet. In diesen heblich vorangekommen. An diesem Erfolg haben Tagen gehen die letzten Gesetzgebungsinitiativen auch die Fraktionen der Koalitionspartner hier im durch das Parlament, wie gestern die Änderung Landtag großen Anteil. Sie haben unsere Regie- des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes oder die rungsarbeit getragen und auch dafür bedanke ich Dienstrechtsreform - grundlegende Gesetzeswerke mich bei den Koalitionsfraktionen ausdrücklich. für die Arbeit in den kommenden Jahren. (Beifall CDU, SPD) Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mei- neten, wir hatten uns viel vorgenommen und wir ha- lensteine, die wir erreicht haben, sind keine Selbst- ben gemeinsam für Thüringen viel erreicht. Die Ko- verständlichkeit. Erinnern wir uns: Als die Koalition alition hat in den vergangenen fünf Jahren gut und im Jahr 2009 die Verantwortung für das Land über- erfolgreich zusammengearbeitet. nommen hat, steckte die Welt in einer schweren Fi- (Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Der eine sagt nanz- und Wirtschaftskrise. Auch die Thüringer es so, der andere so.) Wirtschaft wurde in diesen Abwärtssog hineingezo- gen. Binnen Monaten waren vier Jahre Wirtschafts- Ich verhehle nicht: Diese Koalition war keine Lie- wachstum dahin. Viele Thüringer Unternehmen besheirat. Darum geht es auch gar nicht. Die politi- mussten ihre Beschäftigten in Kurzarbeit schicken. schen Positionen lagen 2009 längst nicht in allen Erstmals seit vier Jahren stieg 2009 die Arbeitslo- Punkten beieinander. Wir mussten uns auf beiden sigkeit wieder an. Ich erinnere nur an das Stichwort Seiten bewegen, um uns anzunähern. Aber auch Opel. Die erste Landtagssitzung hier gemeinsam das macht eine Demokratie aus: Es gibt eine ge- nach der Regierungsbildung war unter anderem der meinsame Basis, die wir schließlich gefunden ha- Situation bei Opel gewidmet. Der ganze Konzern ben zum Wohle des Landes. Das ist Verantwor- General Motors und mit ihm das Werk in Eisenach tung, die Politik wahrnehmen muss, und diese Ver- standen auf der Kippe. Die Thüringer Landesregie- antwortung haben wir wahrgenommen. rung hat hier gemeinsam mit den Landesregierun- (Beifall CDU, SPD) gen der anderen Opel-Standorte in Rheinland- Pfalz, in Hessen und Nordrhein-Westfalen an ei- In diesen fünf Jahren haben wir bisweilen hart um nem Strang gezogen. Die guten Erfolge, die bereits die Sache gerungen. Aber es geht ja auch um viel: von der Vorgängerregierung erzielt worden waren - um die verantwortungsvolle Gestaltung des Lan- ausgeglichene Haushalte, stabiles Wirtschafts- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14871

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) wachstum -, wurden durch die schwere globale (Beifall CDU, SPD) Wirtschafts- und Finanzkrise, die ich eben exempla- Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeord- risch für Opel genannt hatte, wieder zunichtege- neten, wir sparen allerdings nicht um des Sparens macht. Der Aufbruch ins nächste Jahrzehnt fand willen. Sparen ist kein Selbstzweck. Bildung und unter schwierigen Bedingungen statt. Dennoch ist Forschung genießen hohe Priorität. Verantwortliche Thüringen gestärkt aus dieser Krise hervorgegan- Ausgaben in diesem Bereich kommen auch künfti- gen. Als sich mit dem Jahr 2010 die wirtschaftlichen gen Generationen zugute. Auch Investitionen in In- Rahmendaten wieder zu bessern begannen, war frastruktur und Wirtschaft stiften nachhaltigen Nut- der richtige Zeitpunkt für den Kurswechsel gekom- zen. Sie schaffen die Basis für dauerhaftes Wirt- men, den ich mit dem Leitbild „Thüringen 2020“ ein- schaftswachstum, für eine hohe Beschäftigung und geleitet habe. Es war der richtige Zeitpunkt, den gesellschaftlichen Wohlstand. neuen Herausforderungen, vor denen unser Land stand, konkret zu begegnen: Dem demografischen Obwohl die Gelder aus dem Aufbau Ost in den letz- Wandel, zurückgehenden Finanzmitteln vom Bund ten fünf Jahren um über 500 Mio. € zurückgegan- und aus Europa, der Globalisierung und später - gen sind, investiert Thüringen weiterhin fast 50 Pro- nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im zent mehr als vergleichbare westdeutsche Länder. Jahr 2011 - galt es auch, mit Bundeskanzlerin An- Mit einer Investitionsquote von 13 Prozent schaffen gela Merkel die eingeleitete Energiewende mit aller wir gute Perspektiven für unser Land. Kraft zu stemmen. (Beifall CDU) Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- Das Land ist finanzpolitisch auf einem guten Weg, neten, der Maßstab für unser Handeln war klar: um 2020 selbstbewusst und unabhängig auftreten Wer sich unter diesen Bedingungen Handlungs- zu können. Klar ist aber auch: Dieser Kurs muss spielräume erhalten will, wer die Zukunft gestalten fortgesetzt werden! will, wer auch in Zukunft eigenständig sein will, der braucht zuallererst eine solide finanzielle Grundla- Auch die wirtschaftspolitische Bilanz kann sich se- ge. Das war der erste Schritt nach der Wirtschafts- hen lassen. Thüringen ist heute ein wirtschaftlich krise, den Landeshaushalt nachhaltig zu konsolidie- stärkeres Land als vor fünf Jahren. Kurz zusam- ren. Das haben wir getan, und zwar mit großem Er- mengefasst: Wir haben mehr Wirtschaftskraft. Die folg. Wirtschaftsleistung hat enorm zugelegt. Das Brutto- (Beifall CDU, SPD) inlandsprodukt ist gegenüber 2009 bis 2013 um ins- gesamt 7 Mrd. € gewachsen - ein nominales Plus Wir haben den Rückenwind der anziehenden Kon- von 15 Prozent. Thüringen ist damit das Bundes- junktur nicht für zusätzliche Ausgaben genutzt. land mit der größten wirtschaftlichen Dynamik. Nein, wir haben unsere Ausgaben in dieser Legisla- turperiode sogar deutlich zurückgefahren. Das ist (Beifall CDU, SPD) bundesweit in dieser Dimension einmalig. Wir ge- Dass wir mehrfach hintereinander in ausländischen hören finanzpolitisch mittlerweile zur Spitzengruppe Investorenmagazinen - ich erinnere nur an das US- aller Länder. Das ist ein klarer Erfolg der Koalition. amerikanische Investorenmagazin „Site Selection“ - Auch hier danke ich den Fraktionen ausdrücklich, als dynamischster vorzugswürdigster Investitions- denn es war ein Gemeinschaftswerk von uns allen, standort Nummer 1 in ganz Westeuropa gelten, ge- die wir hier Verantwortung wahrgenommen haben. hört auch zur Wahrheit unserer wirtschaftlichen (Beifall CDU, SPD) Entwicklung. Die Ausgaben folgen den Einnahmen - das haben Es gibt mehr Lohn: Menschen haben heute deutlich wir erreicht - und nicht umgekehrt. Das ist unsere mehr Geld in der Tasche, und das bei stabilen Prei- Leitlinie für eine nachhaltige Finanzpolitik. Seit dem sen. Der durchschnittliche Brutto-Stundenlohn ist Jahr 2012 haben wir keine neuen Schulden mehr im Vergleich von 2009 zu 2012 um 7 Prozent ge- aufgenommen. Wir haben begonnen, Verbindlich- stiegen. Damit haben wir keineswegs an Wettbe- keiten abzubauen. Bleiben die Rahmenbedingun- werbsfähigkeit verloren. Nein, es ist Geld, was sich gen so günstig wie im vergangenen Jahr, könnten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erarbeitet wir erstmals in der Geschichte dieses Landes eine haben, das wirtschaftlich erwirtschaftet wurde und ganze Legislaturperiode in Summe ohne neue das auch bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeit- Schulden abschließen. Das wäre eine historische nehmern ankommen muss. Leistung, ein Gemeinschaftswerk, dieses Land Es gibt mehr Arbeit in Thüringen. Deutlich mehr fünf Jahre gestaltet zu haben, und zwar ohne die Thüringerinnen und Thüringer haben einen Arbeits- nachkommende Generation zu belasten, nein, un- platz: Mit 56,8 Prozent hat Thüringen deutschland- sere Mittel zugunsten der nachfolgenden Generati- weit die höchste Beschäftigungsquote. on eingesetzt zu haben. Das ist Politik, das ist Ver- antwortung und dafür stehen wir. Es gibt weniger Arbeitslose: Die durchschnittliche Jahresarbeitslosenquote ist zwischen 2010 und 14872 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) 2013 von 9,8 auf im Durchschnitt 8,2 Prozent ge- te, aber immer noch mit deutlichem Abstand zu ei- sunken. Im Juni dieses Jahres lag die Arbeitslosen- nigen westlichen Flächenländern. quote in Thüringen bei 7,5 Prozent. Das ist gleich- Die Kapitalkraft der Unternehmen in den jungen auf mit der Freien und Hansestadt Hamburg, die ei- Ländern ist noch immer deutlich geringer als in den ne prosperierende Stadt in der Bundesrepublik alten, auch in Thüringen. Noch immer bleibt der An- Deutschland, in Europa ist. Damit können wir uns teil der Forschungsausgaben aus den Unterneh- inzwischen messen. Wir sind auch arbeitsmarktpoli- men selbst heraus hinter denen in den alten Län- tisch in der Mitte Deutschlands angekommen. dern zurück. Umso wichtiger ist es, dass wir den öf- (Beifall CDU, SPD) fentlichen Sektor in Thüringen hochgehalten haben und auch weiter hochhalten werden. In Thüringen gibt es am Ende der Legislaturperiode also deutlich mehr Menschen in Arbeit und deutlich Ich erinnere auch an die Krise der Solarwirtschaft, weniger Arbeitslose als vor fünf Jahren. Dabei die noch längst nicht überwunden ist. Auch hier hat kommt uns nicht allein die stabile Konjunktur zugu- sich die Landesregierung zum Beispiel erfolgreich te, die die deutsche Wirtschaft insgesamt trägt. Wir gemeinsam für die Rettung des Standorts in Arn- haben auch für die richtigen Rahmenbedingungen stadt starkgemacht und Perspektiven geschaffen. gesorgt. Das sieht man daran, dass nicht überall in Und wir haben uns eingesetzt für die Anti-Dumping- Deutschland bei dem Wirtschaftswachstum, das wir Maßnahmen auf Bundes- und EU-Ebene, um faire haben, bei der Konjunktur, die in Gesamtdeutsch- Wettbewerbsbedingungen zu erreichen. land auf dem Aufwärtstrend ist, jedes Land auch für Die noch bestehenden Defizite in der Wirtschafts- sich diese Rahmenbedingungen hat nutzen kön- struktur Thüringens gehen wir systematisch an. nen, nein, es gehört auch eine aktive Landespolitik Auch mit Blick auf den zunehmenden Fachkräftebe- dazu. Das sieht man am größten Flächenland der darf ist es wichtig, Menschen, die arbeiten können Bundesrepublik Deutschland Nordrhein-Westfalen - und wollen, auch in Arbeit zu bringen. Unterneh- sie haben heute mehr Arbeitslose als in früheren men fällt es immer schwerer, freie Stellen mit ge- Jahren trotz des Wirtschaftswachstums. eigneten Fachkräften zu besetzen. Das ist ein The- So hat die Landesregierung in den vergangenen ma, was man allenthalben im Lande hört. Aus die- fünf Jahren knapp 750 Mio. € allein für die Investiti- sem Grund hat die Landesregierung unter anderem onsförderung zur Verfügung gestellt. Allerdings die Fachkräfteinitiative „Thüringen braucht dich“ ge- nicht, ohne diese Mittel im Sinne des Prinzips „Gute startet. Mit der Thüringer Agentur für Fachkräftege- Arbeit“ auch an klare Bedingungen zu knüpfen - et- winnung und dem „Welcome Center “ ha- wa an eine geringere Leiharbeitsquote, eine hohe ben wir zudem Strukturen geschaffen, die die The- Qualität der geschaffenen Arbeitsplätze und die Ta- men Fachkräftesicherung und Zuwanderung von rifbindung der Unternehmen. All das macht für uns ausländischen Arbeitskräften effektiv aufgreifen und Wirtschaft aus. Arbeitgebern und Unternehmen soll abdecken. Auch in der öffentlichen Verwaltung ge- es gut gehen, aber die Beschäftigten sollen auch hen wir das Thema Fachkräftesicherung an, denn etwas davon haben. eine effektive, bürgernahe Verwaltung ist ein wichti- ger Standortfaktor. Deshalb reformieren wir bei- Aber wir dürfen nicht vergessen: Entscheidend für spielsweise das Dienstrecht, wie wir es am gestri- die Lohnhöhe ist letztlich die Fähigkeit des Unter- gen Tage gemeinsam hier im Landtag getan haben. nehmens, Gewinne zu erwirtschaften. Deswegen Das Ziel lautet, das Leistungsprinzip und die Wett- werden wir auch weiter hart daran arbeiten müs- bewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes als Ar- sen, die Rahmenbedingungen für eine gute wirt- beitgeber zu stärken. Wir sind Dienstleister für die schaftliche Entwicklung, für mehr Produktivität und Menschen im Land und Dienstleister auch für die für mehr nachhaltiges Wachstum in den Unterneh- weitere wirtschaftliche Entwicklung. Das ist unser men zu festigen und weiter auszubauen. Das habe Verständnis. ich gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister vor ei- nigen Wochen der Thüringer Öffentlichkeit vorges- (Beifall CDU, SPD) tellt. Es geht darum, jetzt auch vor allen Dingen im Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- Bestand unserer Thüringer Unternehmen mehr Pro- neten, für die Thüringer Wirtschaftsförderung haben duktivität, mehr gute Arbeit zu ermöglichen. wir eine Reihe von Kernzielen formuliert: (Beifall CDU, SPD) 1. Nach dem Jahr 2020 muss eine selbsttragende Aber es gibt auch nach wie vor Bereiche, wo wir Weiterentwicklung der Thüringer Wirtschaft möglich weiter nachholen müssen. Es gibt noch immer sein. Dementsprechend müssen die vorhandenen deutliche Unterschiede bei den Einkommen, trotz Fördermittel eingesetzt werden. Für den Zeitraum allen Wachstums, was wir hier haben, aber auch 2014 bis 2020 muss gelten, dass die hierfür zur bei den Exportquoten. Auch hier sind wir auf dem Verfügung stehenden Bundes- und EU-Mittel vom richtigen Weg, das zeigen die Meldungen von heu- Land kofinanziert werden. Das haben wir in der Ko- alition auch so verabredet. Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14873

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) 2. Wir stellen uns dem ehrgeizigen Ziel, dass wir Photonics“ in Jena, dem „GreenTech-Campus“ in am Ende der nächsten Legislaturperiode Vollbe- Hermsdorf schäftigung erreichen können. Das ist realistisch (Beifall CDU) möglich bei der Dynamik, bei der Entwicklung der Arbeitsmarktzahlen, die wir in Thüringen haben. Wir - ja, ein bisschen Bekenntnis aus der Region ist im- wollen künftig einen noch stärkeren Fokus auf qua- mer angesagt - oder dem „Thüringer Zentrum für lifizierte und dabei auch besser bezahlte Arbeits- Maschinenbau“ in Südthüringen haben wir in Thü- plätze legen. Dabei ist klar: In Zeiten des zuneh- ringen neue „Denkfabriken“ eröffnet. Auch hier rau- menden Fachkräftebedarfs brauchen wir vor allem chen die Köpfe und nicht wie in früheren Jahrzehn- produktivitätssteigernde Investitionen in den Unter- ten die Schlote. nehmen. Genau das haben wir auch gemeinsam in Meine sehr verehrten Damen und Herren, die res- der Landesregierung beschlossen. sortübergreifende Forschungsstrategie der Landes- 3. Wir unterstützen die in Thüringen ansässigen regierung setzt einen passgenauen Rahmen: Unternehmen - das heißt, nicht nur, aber vor allem Schwerpunkte sind die wichtigen Zukunftstechnolo- kleine und mittelständische Unternehmen - in ihren gien, darunter Photonik, Mikro- und Nanotechnolo- Wachstumsbemühungen. Darum geht es. Wirt- gie sowie erneuerbare Energien. Seit 2009 hat das schaft, die in der Region verankert ist, die Mitspie- Land mehr als 135 Mio. € für den Ausbau der For- ler, die bei vielen gesellschaftlichen Fragen bis hin schungsinfrastruktur bereitgestellt. zur Stärkung des Ehrenamtes in unseren Kommu- Darüber hinaus haben wir das Landesprogramm nen tätig sind, die wollen und müssen wir als blei- „ProExzellenz“ zur Förderung der Spitzenforschung bende Mitspieler in unserem Land und für unsere in Höhe von 20 Mio. € bis 2019 neu aufgelegt. Mit Heimat unterstützen. der Forschungsinitiative „E hoch 4“ entwickelt sich (Beifall CDU, SPD) Thüringen zum grünen Motor der erneuerbaren Energietechnologien. Auch der Ausbau des For- 4. Über die reine Zuschussförderung hinaus geht schungscampus Beutenberg in Jena und die Auf- es uns auch darum, gute Finanzierungsbedingun- nahme des Instituts für Photonische Technologi- gen für die Unternehmen sicherzustellen und den en e.V. in die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Zugang zu Wagnis- und Beteiligungskapital zu si- Wilhelm Leibniz sind eindrucksvolle Belege einer chern. erfolgreichen Thüringer Forschungspolitik, die Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- längst auch im Bund, die nicht nur in Berlin, son- neten, allerdings nutzt auch der größte Fördermit- dern die international angekommen ist. telbescheid wenig, wenn es am Ende an guten Ide- Undenkbar wäre das Wissenschaftsland Thüringen en fehlt. Ideen, aus denen Innovationen und letzt- ohne seine Hochschulen. In den vergangenen Jah- lich gute Produkte entstehen können. Darum geht ren haben wir die nötigen Entscheidungen getrof- es letztlich. Gute Ideen, nicht Fördermittel, sind der fen, um sie auch für die Zukunft gut aufzustellen. Treibstoff für unsere Wirtschaft. So erhalten alle neun Thüringer Hochschulen eine Neben den klassischen Wirtschaftsförderprogram- Zukunftsgarantie. men ist deswegen vor allem die Forschungs- und Mit der Rahmenvereinbarung III stellt das Land bis Technologieförderung für die hiesigen Unterneh- 2015 insgesamt 1,56 Mrd. € zur Verfügung - men von besonderer Bedeutung. Wir wollen, dass 121 Mio. € mehr als in der vorangegangenen Fi- in Thüringen Innovationen entstehen und auf dieser nanzierungsperiode. Somit ist für eine stabile Basis Basis noch mehr Wertschöpfung in Thüringen statt- gesorgt. findet. Die Rahmenbedingungen dafür haben wir in den vergangenen fünf Jahren noch weiter verbes- Mit der Hochschulstrategie 2020 richten beide Part- sert. Die Förderung wurde noch stärker strategisch ner - Land und Hochschulen - jetzt das Augenmerk ausgerichtet. Letztes Glied in der Kette dieser Ent- auf das Jahr 2020 und darüber hinaus. Damit jede wicklung ist die vor Kurzem von der Landesregie- Hochschule nationale und internationale Sichtbar- rung verabschiedete und auch schon mit dem EU- keit erreicht, sollen zukunftsträchtige Bereiche ge- Kommissar Dr. Hahn, als er hier war, dem Regio- zielt entwickelt und Kooperationen zwischen den nalkommissar, Regionale Innovationsstrategie Hochschulen weiter ausgebaut werden. „RIS3“. Das Land sorgt im Gegenzug für eine verlässliche Wir haben noch mehr Raum für neue Ideen gege- Finanzierung der neu geschaffenen Strukturen, in- ben. Thüringen hat sich zu einem etablierten Wis- dem den Hochschulen ab 2016 die wissenschafts- senschafts- und Forschungsstandort entwickelt, der spezifischen Kostensteigerungen vollständig ersetzt national und auch international wahrgenommen und zusätzlich ein Strategiebudget in Höhe von wird. Mit dem „Thüringer Innovationszentrum Mobi- 1 Prozent des jährlichen Zuschusses zur Verfügung lität“ in Ilmenau, dem Innovationscluster „Green gestellt werden. Das ist eine tolle Leistung. Ich fra- ge Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren 14874 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) Abgeordneten, wo gibt es das sonst in einem deut- Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- schen Flächenland? Wir sind hier Spitze für unsere neten, jedes Kind ist einzig und hat seine Stärken, Hochschulen, für unsere Forschung, denn das ist die es zu entdecken und zu fördern gilt. Deshalb Zukunft für Thüringen. wurde im Thüringer Schulgesetz und in der Schul- ordnung die individuelle Förderung eines jeden (Beifall CDU, SPD) Schülers in das Zentrum der pädagogischen Arbeit Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- gerückt. Ziel ist, den bestmöglichen Lernerfolg bei neten, wir setzen bei unseren Ausgaben klare Prio- allen Kindern und Jugendlichen zu sichern. Dabei ritäten, und das bei insgesamt sinkenden Haus- gehen das Fördern und das Fordern Hand in Hand. haltsvolumina. Dazu zählt neben Wissenschaft und Dass sich die Anstrengungen lohnen, bestätigen Forschung insbesondere auch die Bildung. Denn die unterschiedlichen Schulleistungsstudien, die Bildung schafft Chancen. Frühkindliche Bildung, in- Thüringen an der Spitze der Länder sehen, so der dividuelle Förderung als zentrales Prinzip an den „Chancenspiegel 2013“ der Bertelsmann Stiftung, Schulen, leistungsfähige Hochschulen und eine in- der „Bildungsmonitor 2013“ des Instituts der deut- novative Forschungslandschaft machen Thüringen schen Wirtschaft und die IQB-Ländervergleichsstu- zu einem erfolgreichen Bildungsland, und zwar in die der Kultusministerkonferenz. der gesamten Kette von der frühkindlichen Bildung Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- über unsere berufliche Bildung, über die akademi- neten, Qualität in der Bildung wird auch durch diffe- sche Bildung bis hin zu den Professoren und Aka- renzierte Schulformen und durch ein breites Ange- demikern, die für unser Land arbeiten. bot an freien Schulen gewährleistet. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- (Beifall CDU) neten, mit dem neuen Kita-Gesetz von 2010 hat Thüringen bundesweit Maßstäbe gesetzt. Als ers- Neben den klassischen Schulzweigen der Grund- tes Bundesland hat der Freistaat den kleinsten Thü- schule, der Regelschule und des Gymnasiums hat ringerinnen und Thüringern einen Rechtsanspruch die Landesregierung das Modell der Thüringer Ge- auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten vollen- meinschaftsschule als gleichberechtigte Schulart deten Lebensjahr und eine Betreuungszeit von neben der Regelschule und dem Gymnasium eben- 10 Stunden täglich garantiert. 2.500 zusätzliche Er- so eingeführt wie das Prädikat „Oberschule“. Zu zieherinnen und Erzieher wurden neu eingestellt. Beginn dieses Schuljahres 2014/2015 gibt es in Dank des verbesserten Personalschlüssels und kla- Thüringen 47 Gemeinschaftsschulen. Wo Lehrer, ren Regelungen für die räumliche Ausstattung der Schulträger und Eltern das gemeinsam wollen, Kitas hat sich die Qualität der frühkindlichen Be- kann auch eine Gemeinschaftsschule entstehen, so treuungs- und Bildungsangebote in Thüringen deut- haben wir es im Koalitionsvertrag verabredet. Ziel lich erhöht. Mit der Weiterentwicklung des Thürin- ist es, die Freiheit muss es ermöglichen, die Frei- ger Bildungsplans für Kinder bis zehn Jahre wird heit von Eltern, Schülern und Schulkonferenzen, sich die Qualität der Bildung weiter erhöhen. Schulträgern, die darüber bestimmen, wie ihre Schulform aussehen soll. (Beifall CDU, SPD) Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- Der Kindergarten, eine Thüringer Erfindung - wie so neten, letztlich kommt es aber auf die Menschen vieles, wo ich immer sage, aus dem Land der Origi- an. Engagierte und gut ausgebildete Lehrerinnen nale, auch der Thüringer Kindergarten ist ein Zei- und Lehrer sind der Garant für gute Bildung. Seit chen für dieses Land der Originale -, ist eine Thü- 2009 hat die Thüringer Landesregierung deshalb ringer Erfolgsgeschichte. Mehr als 88.000 Kinder die Einstellungszahlen für Lehrer systematisch er- besuchen einen Kindergarten oder werden von ei- höht. In den Jahren 2013 und in diesem Jahr 2014 ner Tagesmutter betreut. Das ist jedes zweite Kind werden jeweils 400 Lehrer neu eingestellt. unter drei Jahren sowie 97 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen. Auch dies ist ein Spitzenwert in Zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonventi- Deutschland. Zugleich haben wir das Angebot ei- on und zum Gelingen des gemeinsamen Unter- nes Thüringer Erziehungsgeldes für jene Eltern auf- richts von Kindern mit und ohne Behinderung hat rechterhalten, die sich dafür entscheiden, ihr Kind die Thüringer Landesregierung gemeinsam mit den überwiegend oder ganz zu Hause zu betreuen. Schulträgern den Entwicklungsplan Inklusion erar- beitet. Dieser analysiert die unterschiedlichen Aus- (Beifall CDU) gangslagen in den einzelnen Landkreisen und Damit haben wir eines unserer zentralen Ziele in kreisfreien Städten und enthält spezifische, für die der Bildungs- und Familienpolitik erreicht: Wahlfrei- Region abgestimmte Maßnahmen und Entwick- heit für die Eltern. Sie treffen die Entscheidung, der lungsschritte. Derzeit besuchen - mit großen regio- Staat stellt die Rahmenbedingungen zur Verfügung, nalen Unterschieden - landesweit 27 Prozent der die diese Entscheidungsfreiheit überhaupt erst er- Schüler mit sonderpädagogischem Bedarf den ge- möglichen. meinsamen Unterricht. Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14875

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- tionale und europäische Zusammenarbeit haben neten, im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir wollen un- werden lassen. Herzlichen Dank deshalb auch an terschiedliche Lebensentwürfe und -erfahrungen in das Parlament. gegenseitigem Respekt und gesellschaftlicher Ver- (Beifall CDU, SPD) antwortung zusammenbringen.“ Dieser Satz ist kein leeres Versprechen. So, wie wir uns zum Beispiel Schüler und Studierende lernen wie selbstverständ- im Bildungswesen um eine faire Teilhabe und Inklu- lich fremde Sprachen und Kulturen kennen und sion von Kindern und Jugendlichen mit Behinderun- schätzen. Auch Thüringen ist zum Beispiel als Stu- gen einsetzen, aber auch den bewährten Zweig der dienort international bekannt und begehrt gewor- Förderschulen selbstverständlich weiter im Bil- den: 10,4 Prozent der Studierenden an Thüringer dungsgesetz haben, weiter auch mit einer Zukunft Hochschulen kommen aus dem Ausland. Die Zahl versehen, so setzen wir uns auch insgesamt für ei- ist steigend. ne tolerante und weltoffene Gesellschaft ein. Erfreulich: Auch die Zahl der Einbürgerungen ist in Bereits im Jahr 2012 hatte der Thüringen-Monitor Thüringen in den letzten Jahren leicht gestiegen. die Weltoffenheit und Internationalisierung in unse- Seit 2009 wurden mehr als 2.000 Menschen einge- rem Freistaat untersucht. Die Wissenschaftler ka- bürgert. Auch hier haben wir mit einer guten Traditi- men damals zum Ergebnis, dass - so wörtlich - on sehr würdiger Einbürgerungsveranstaltungen, „sich die Thüringer Bevölkerung mit großer Mehr- Festveranstaltungen begonnen. heit […] zur Offenheit gegenüber anderen Kulturen, Thüringen ist schon aus demografischen Gründen zur Aufnahmebereitschaft gegenüber Zuwanderern immer stärker auch auf Arbeitskräfte aus dem Aus- und […] [zu den] Chancen internationaler wirt- land angewiesen. So manche Arztstelle wäre nicht schaftlicher Verflechtung bekennt.“ besetzt, wenn nicht Mediziner aus anderen Ländern Die wachsende Thüringer Wirtschaft drängt auf die zu uns gekommen wären. Diese neuen Thüringer internationalen Märkte. Russland, China, Indien sind aber nicht nur begehrte und notwendige Ar- standen in dieser Legislaturperiode unter anderem beitskräfte und Fachkräfte - nein, lassen Sie es im Fokus großer Wirtschaftsdelegationen. Durch mich deutlich sagen: Sie sind auch eine menschli- diese internationalen Verflechtungen werden dauer- che und kulturelle Bereicherung unseres Landes, haft neue Arbeitsplätze auch in Thüringen gesi- auf die wir nicht verzichten möchten. chert. Mit Blick auf die weitere Öffnung Thüringens (Beifall im Hause) spielt auch die Internationale Bauausstellung, die IBA, eine wichtige Rolle. Die IBA ist bereits erfolg- Dennoch müssen wir auch feststellen, dass Ängste reich gestartet. Sie hat in diesem Jahr mit den Pro- und Ressentiments gegenüber Ausländern - eben- jektaufrufen begonnen und wird zu einem Aushän- so wie gegenüber anderen Gruppen - leider noch geschild unseres Landes werden. immer weitverbreitet sind und mitunter auch ge- schürt werden. Auch das zeigen die Ergebnisse In den vergangenen fünf Jahren haben wir die Part- des jährlichen Thüringen-Monitors immer wieder. nerschaften insbesondere nach Malopolska und in Aus diesem Grund hat die Landesregierung beson- die Picardie weiter intensiviert. Erst vor wenigen deren Wert darauf gelegt, die Willkommenskultur Wochen haben wir zum Beispiel in der Staats- weiter zu stärken. So wird das Weimarer Auslände- kanzlei gemeinsam mit unseren polnischen Freun- ramt in einem bundesweiten Pilotprojekt zu einer den das 15-jährige Bestehen der Partnerschaft mit „Willkommensbehörde“ ausgebaut. Asylbewerber Kleinpolen gefeiert. können in der Landeserstaufnahmestelle in Eisen- Besonders freut mich, dass die grenzüberschreiten- berg an einem Erstorientierungskurs teilnehmen, den Kontakte zwischen jungen Menschen immer in- um ihr Gastland und den Ablauf des Asylverfahrens tensiver werden. Alle Schüler in Thüringen lernen kennenzulernen. Mit der Änderung der Residenz- ab der Grundschule eine Fremdsprache, denn die pflichtverordnung haben alle Asylbewerber nun die Beherrschung von Fremdsprachen ist eine der Möglichkeit, sich im gesamten Freistaat Thüringen wichtigsten Voraussetzungen zum Verständnis an- frei zu bewegen. Solche Maßnahmen erleichtern derer Kulturen. das Eingewöhnen und Zurechtfinden von Fremden, die zu uns finden. (Beifall CDU) Förderung der Willkommenskultur beginnt aber 398 Schulen des Freistaats haben Partnerschulen letztlich bei uns selbst, bei den Thüringerinnen und in Europa und in der Welt. Ich danke auch den Ab- Thüringern. Das Landesprogramm für Demokratie, geordneten des Thüringer Landtags, namentlich Toleranz und Weltoffenheit setzt hier an. Es sichert des Europaausschusses, die immer wieder vonsei- landesweite und flächendeckende Beratungsstruk- ten des Landtags, auch mit den Freundeskreisen, turen und fördert Initiativen und Projekte, die insbe- ich blicke in Ihre Gesichter, die Partnerschaften von sondere den Kampf gegen extremistische Tenden- parlamentarischer Seite pflegen und auch da Thü- zen aufnehmen und die sich für ein weltoffenes ringen zu einem guten Botschafter für die interna- Thüringen einsetzen. Die Evaluierung hat gezeigt, 14876 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) dass das Landesprogramm gut angenommen wor- zess. Nach diesem Prozess haben wir vorbildlich den ist. Allein 2013 wurden über 360 lokale und re- im Vergleich der deutschen Parlamente für Thürin- gionale Projekte für Demokratie, Toleranz und gen miteinander verhandeln und beschließen kön- Weltoffenheit gefördert. Der Kampf gegen Rechts- nen. Es ist wichtig, die Meinung der Thüringer Ab- extremismus hat dabei einen besonderen Schwer- geordneten, von Ihnen, meine sehr verehrten Da- punkt gebildet. Das stärkt die Zivilgesellschaft und men und Herren, auch bei unserem Verhalten im die Verwaltungen bis in das letzte Dorf und fördert Bundesrat und gegenüber der Europäischen Union die Sensibilität für extremistische Entwicklungen. mit einzusetzen. Vielen Dank. Gerade in unserem Zeitalter der Globalisierung wä- (Beifall CDU, SPD) re das Zurückfallen in nationalistische Denkweisen ein fataler Irrtum. Zusammenfassend lässt sich also sagen, Thürin- gen ist heute weltoffener, ja, internationaler gewor- Die Zukunft unseres Landes liegt - trotz aller den. Wir wissen unsere Interessen auch auf euro- Schwierigkeiten in manchem Detail - in Europa. Auf päischer Ebene zu wahren. Thüringen ist heute, diesem Grundverständnis hat die Landesregierung 25 Jahre nach der friedlichen Revolution, längst in auch ihre europapolitische Strategie „Für Thüringen der Mitte Europas angekommen. Ein Land, das sich in Europa“ aufgebaut. Sie enthält ein klares Be- Europa und der Welt offen zuwendet. kenntnis zur Europäischen Union und zum Euro, Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- die im zentralen Interesse Deutschlands und Thü- neten, Thüringen ist auch reich an großen Natur- ringens liegen und die der Rahmen unserer erfolg- schätzen. Der wirtschaftliche Erfolg zahlreicher reichen Entwicklung der letzten Jahre sind. In den Branchen, wie die Agrar-, Ernährungs- und Forst- vergangenen fünf Jahren haben wir unsere Interes- wirtschaft oder der Tourismus, gründet auf diesem sen in Brüssel konsequent verfolgt. Eines der wich- Reichtum. Doch langfristig kann Wohlstand in Thü- tigsten europapolitischen Ziele, eine angemessene ringen nur gedeihen, wenn wir die natürlichen Res- Förderung durch die EU-Strukturfonds auch nach sourcen bewahren. Wir sind wichtige Schritte auf 2013 sicherzustellen, haben wir erreicht. Das war, diesem Weg gegangen. Wir haben eine Biodiversi- weiß Gott, nicht einfach. tätsstrategie erstellt. Wir setzen uns für eine erfolg- (Beifall CDU, SPD) reiche Landwirtschaft ein, die im Einklang mit der Natur arbeitet, unter anderem mit dem „Zukunftska- Thüringen wird bis 2020 auf diesem Weg insge- talog Thüringer Landwirtschaft 2020“, den wir be- samt rund 1,66 Mrd. € aus dem Europäischen reits als Landesregierung im Jahr 2012 gemeinsam Fonds für Regionale Entwicklung, dem EFRE, und mit dem Thüringer Bauernverband, mit den Land- dem Europäischen Sozialfonds, dem ESF, erhalten. wirten erarbeitet haben. Darüber hinaus fließen aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländli- (Beifall CDU) chen Raums, also dem ELER-Fonds, noch einmal Wir haben der Gentechnik in der Landwirtschaft rund 680 Mio. € aus Brüssel nach Thüringen. Ins- ebenso eine klare Absage erteilt wie dem Fracking gesamt konnten wir die Einschnitte deutlich gerin- zur Gewinnung von fossilen Energieträgern. Auch ger halten, als wir anfangs befürchtet hatten. Es da ist eine große Übereinstimmung mit den Abge- bleibt aber unter dem Strich: Es ist rund ein Drittel ordneten hier im Thüringer Landtag. weniger, als wir bisher hatten. (Beifall CDU, SPD) Hierfür haben fast alle Mitglieder der Landesregie- rung in Brüssel immer wieder geduldig und beharr- Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- lich verhandeln müssen. Allen, die zu dem Ver- neten, unser Land ist regional überschaubar. Der handlungserfolg in Brüssel beigetragen haben, des- Klimawandel dagegen ist ein globales Phänomen. halb an dieser Stelle meinen herzlichen Dank! Mancher Kritiker meint daher, was wir in Thüringen für die Umwelt tun, rettet das Weltklima nicht vor (Beifall CDU, SPD) dem Umkippen. Wozu also dieser Einsatz? Wahr Die Europapolitik, meine sehr verehrten Damen ist, Thüringen allein kann freilich nicht die Welt ret- und Herren Abgeordneten, nimmt - nicht nur wegen ten, das zu meinen, wäre auch vermessen. Aber es der finanziellen Bedeutung, sondern auch wegen geht uns um die Verantwortung, die wir tragen, die der weitreichenden Gesetzgebung - an Bedeutung jeder Einzelne für die Umwelt trägt, unseren Nach- immer weiter zu. Aus diesem Grund haben die Lan- kommen eine Umwelt zu hinterlassen, die mindes- desregierung und der Landtag 2011 eine Vereinba- tens genauso schön und lebensdienlich ist wie die, rung über die Unterrichtung und die Beteiligung des die wir im Moment genießen. Wir sind gefordert, Landtags in Angelegenheiten der Europäischen diese Verantwortung anzunehmen und unseren Union getroffen. Dadurch ist die Mitwirkung des Beitrag zu leisten, und zwar jeder von uns. Landtags an europapolitischen Entscheidungen, (Beifall CDU, SPD) insbesondere am Subsidiaritätsfrühwarnsystem, si- chergestellt. Das war uns ein ganz wichtiger Pro- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14877

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) Wir müssen davon ausgehen, dass Wetterextreme (Beifall CDU) auch Thüringen immer häufiger treffen. Darauf die Biosphärenreservate Vessertal, Thüringer Wald müssen wir uns vorbereiten. Die Thüringer Klima- oder auch die Rhön, wo sich eine wichtige Entwick- agentur, das Klimaanpassungsprogramm des Frei- lung und vor allen Dingen auch eine touristisch gute staats, der Klimagipfel in diesem Jahr 2014 und der Entwicklung abzeichnet. Klimabeirat, all das sind Instrumente, mit denen wir den Klimaschutz und die Klimaanpassung im Land (Beifall CDU, SPD) vorantreiben. Hinzu kommt: Unsere Landesforstverwaltung - seit Uns allen ist in diesem Zusammenhang auch das der Forstreform als ThüringenForst eine Anstalt des schwere Hochwasser vom Juni vergangenen Jah- öffentlichen Rechts - betreibt bereits einen großflä- res in Erinnerung. Trotz aller Schäden, die entstan- chigen Waldumbau hin zu standortgerechten, ar- den sind, hat sich aber auch gezeigt: Noch Schlim- tenreichen und stabilen Mischwäldern, die den Kli- meres konnte verhindert werden. Der Freistaat hat maänderungen besser widerstehen können. in der Legislaturperiode etwa 85,5 Mio. € in den 100.000 Hektar Wald sollen insgesamt umgebaut Hochwasserschutz und Gewässerbau investiert. werden. Damit wollen wir nachhaltig dafür sorgen, Zugleich erhalten die Betroffenen die Hilfe, die sie dass die Artenvielfalt von Flora und Fauna in Thü- brauchen, die Hilfe, die mit den Antragsverfahren ringen erhalten bleibt. Und wenn ich so selbstver- noch läuft. Aber bei der Soforthilfe, die unbürokra- ständlich davon spreche, ThüringenForst, wir ha- tisch und sofort ausgezahlt wurde an die Betroffe- ben in dieser Legislaturperiode auch die umfas- nen, haben wir als Thüringer Landesregierung sendste Forstreform vorgenommen, die es in Thü- Handlungsfähigkeit - und zwar binnen weniger Ta- ringen je gab, und haben dabei ge - bewiesen. Derzeit sind bereits 73 Prozent der (Beifall SPD) Anträge bearbeitet und über 44 Mio. € an die Be- troffenen ausgezahlt. - auch ganz wichtig - unser Einheitsforstamt, was unsere forstliche Leistungsfähigkeit auszeichnet, Selbstverständlich wollen wir aus diesem Hochwas- erhalten und das soll auch weiter so bleiben. ser weitere Schlüsse ziehen. Wir wollen präventiv handeln. So haben Land und Kommunen intensiv (Beifall CDU) das neue Landesprogramm für Hochwasserschutz Das mit Abstand größte Nachhaltigkeitsprojekt der vorbereitet, das ab 2015 umgesetzt wird. Die dazu- Landesregierung ist aber ohne Zweifel die Energie- gehörigen Hochwasserrisiko- und Gefahrenkarten wende. Thüringen hat sich hier ambitionierte und sind bereits erstellt und für jedermann im Internet realistische Ausbauziele gesteckt. Wir haben uns zugänglich. Prävention allein reicht in mancher Not- von Anfang an aktiv und gestaltend in die Energie- situation aber nicht aus. Deshalb prüfen wir auch wende eingebracht. Ich erinnere insbesondere an auf Bundesebene weiter die Einführung einer Ele- die grundlegende Weichenstellung von mit mentarschadenversicherung, die eine Pflichtversi- der Ministerpräsidentenkonferenz unter Thüringer cherung sein sollte, damit auch hier Risiken zusätz- Vorsitz im Oktober 2012. Damals haben wir maß- lich abgesichert werden können. geblich die Erarbeitung einer nationalen Aus- Zerstörungen zu reparieren ist stets teurer, als sie baustrategie erneuerbarer Energien vorangebracht. von vornherein zu vermeiden - wenn ein Ersatz Bund und Länder ziehen seitdem an einem Strang. überhaupt möglich ist. Dieses Prinzip gilt für den Sie stimmen ihre Ausbaustrategien nun besser auf- Hochwasserschutz und es gilt auch für den Schutz einander ab und auch das gerade am Freitag be- der biologischen Vielfalt. schlossene, novellierte Erneuerbare-Energien-Ge- setz ist ein Zeugnis davon. Wir wollen unser Naturerbe erhalten: Tiere, Pflan- zen und die einzigartigen Naturlandschaften. Alle Das gilt auch für unsere eigenen energiepolitischen acht Nationalen Naturlandschaften im Freistaat sind Ziele, die wir uns in Thüringen gesetzt haben. Wir in den vergangenen Jahren aufgewertet und weiter- wollen bis 2020 einen Anteil der erneuerbaren entwickelt worden und auch das sind zusätzliche Energien am Nettostromverbrauch von 45 Prozent Potenziale in den Regionen. Es lohnt sich, dieses erreichen und einen Anteil an erneuerbaren Ener- Engagement, nicht zuletzt am UNESCO-Weltnatur- gien am Endenergieverbrauch von 30 Prozent. Zu- erbe Hainich merken wir das. Die Entwicklungen gleich wollen wir die Energieproduktivität als Maß- waren richtig, die wir hier vor Jahren eingeschlagen stab der Energieeffizienz bis zum Jahr 2020 um haben. 20 Prozent gegenüber 2010 erhöhen. Auch Ener- gieeffizienz ist letztlich die beste Form von Energie- (Beifall CDU) einsparung und Senkung des Energieverbrauchs. Daneben setzt Thüringen mehrere Naturschutz- Mit dem Landesentwicklungsprogramm 2025 haben großprojekte mit um, beispielsweise am Grünen wir die Weichen richtig gestellt, um die energiepoli- Band oder auf der Hohen Schrecke und nicht zu tischen Ziele zu erreichen. Thüringen bleibt damit vergessen auch Vorreiter der Energiewende. Insgesamt hat die Lan- 14878 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) desregierung - auch um die Wertschöpfungspoten- Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- ziale der GreenTech-Branche zu erschließen - eine neten, im Koalitionsvertrag haben wir festgehalten, Reihe von Initiativen gestartet. Mit der Thüringer wir wollen Vorreiter für eine nachhaltige Energiepo- Energie- und GreenTech-Agentur wurde bereits litik und Naturnutzung, Forst- und Landwirtschaft 2010 das zentrale Kompetenzzentrum für den Aus- werden. Das war die Maßgabe unseres Handelns. bau der erneuerbaren Energien und der grünen Um „gute Arbeit“ im wahrsten Sinne des Wortes Technologien im Freistaat Thüringen eingerichtet. ging es auch in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Darüber hinaus haben wir im Jahr 2011 die Thürin- Gute Arbeit und faire Löhne - an diesem Grundsatz ger Energieeffizienzoffensive für Unternehmen er- haben wir uns in den vergangenen fünf Jahren ori- griffen. Im Rahmen der Initiative „Energetischer entiert. Die Thüringer Landesregierung hat nicht zu- Stadtumbau 2025“ wurden mit Thüringer Kommu- letzt die bundespolitische Debatte um die Einfüh- nen, der Wohnungswirtschaft, Energieunternehmen rung eines Mindestlohns maßgeblich mitgeprägt. und zahlreichen Verbänden wichtige Projekte zur Das Thüringer Mindestlohn-Modell hat erstmals ge- Steigerung der Energieeffizienz und zur Senkung zeigt, dass ein parteiübergreifender, mehrheitsfähi- des Energieverbrauchs angeschoben. Der Freistaat ger Kompromiss in dieser Frage möglich ist. geht mit gutem Beispiel voran: Seit 2014 erfolgt die Dass nun ein bundesweit gültiger, flächendecken- Stromversorgung aller Landesimmobilien zu der Mindestlohn mit pragmatischen Übergangsre- 100 Prozent aus Ökostrom. Auch das ist eine Ver- gelungen eingeführt wird, ist damit auch ein Ver- pflichtung, die wir uns gegeben haben. Wir haben dienst unserer Arbeit, die wir im Vorfeld hier in Thü- sie eingehalten. ringen geleistet haben, ein Erfolg, der direkt bei den (Beifall CDU, SPD) Menschen ankommt. Mit dem Mindestlohn verbes- sert sich gerade die Situation von Menschen mit ei- Zuletzt sind allerdings immer mehr die Energieprei- nem niedrigen Einkommen deutlich. se in den Blick der Diskussion geraten. Klar ist: Wir dürfen sie sich nicht ungebremst weiter nach oben Mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt und vor entwickeln lassen. Verbraucher und Unternehmer allen Dingen mehr Chancen für Frauen im Berufsle- gerade in den jungen Ländern dürfen nicht überfor- ben war bei der Neufassung des Thüringer Gleich- dert werden. stellungsgesetzes unser Ziel. Auch die Teilhabe- chancen für Menschen mit Behinderungen sind ver- (Beifall CDU) bessert worden - nicht zuletzt durch die Erhöhung Darauf müssen wir achten, denn sonst droht die des Blindengeldes, was wir gleich zu Beginn der Energiewende zu Recht die Akzeptanz bei den Legislaturperiode vorgenommen haben. Menschen zu verlieren und das wollen wir nicht. (Beifall CDU) Mit der Reform des Erneuerbaren-Energien-Ge- Jenen, die sich nicht selbst helfen können, reichen setzes, die gerade erst beschlossen wurde, sind wir wir immer wieder die Hand zur Hilfe. So hat die ein gutes Stück vorangekommen. Vor allem können Landesregierung die Thüringer Initiative zur Inte- wir nun die Kostendynamik der EEG-Umlage durch- gration und Armutsbekämpfung mit Nachhaltigkeit, brechen. Dies entspricht einer wesentlichen Forde- TIZIAN, finanziell abgesichert, weiterentwickelt und rung, die wir als Freistaat Thüringen von der Thü- ab 2015 um den Schwerpunkt Armutsprävention er- ringer Landesregierung, aber eben auch aus Rei- weitert. TIZIAN ist damit ein wichtiges Instrument hen des Parlaments erhoben haben. zur Bekämpfung von Kinderarmut und Familienar- Außerdem liegt mit der grundlegenden Reform des mut in Thüringen. Das Programm richtet sich an EEG erstmals ein verlässlicher Ausbaurahmen für Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende, gering quali- alle Erzeugungsarten der erneuerbaren Energieträ- fizierte Menschen und diejenigen, die schon seit ger vor. Für die Biomasse, den wichtigsten erneuer- Jahren keinen Zugang zu geregelter Arbeit finden baren Energieträger in Thüringen, hätten wir uns konnten. Es ist ein Projekt, was flächendeckend in zwar noch bessere Ergebnisse gewünscht. Auch Thüringen zum Einsatz kommt. hier werden wir weiter unsere Interessen vertreten. Die positive Beschäftigungsentwicklung in Thürin- Wir werden auch den Zeitraum bis zur Evaluierung gen in den vergangenen Jahren habe ich bereits 2017 - dann muss es ohnehin noch mal ein erneu- beschrieben. Die Landesregierung hat erhebliche ertes Gesetz geben - nutzen, um hier unsere Kreis- Anstrengungen unternommen, auch Langzeitar- läufe im ländlichen Bereich zu fördern, um sie stabil beitslosen wieder eine Perspektive zum ersten Ar- zu halten, denn alles das sind Einnahmequellen, beitsmarkt zu eröffnen. Neben dem sozialpoliti- das sind Attraktivitätsfaktoren für den ländlichen schen Ansatz über die TIZIAN haben wir auch mit Raum. Aber insgesamt ist die EEG-Reform, wie ge- dem Landesarbeitsmarktprogramm gezielt auf eine sagt, ein wichtiger Schritt für die Energiewende, noch bessere Integration Langzeitarbeitsloser hin- den wir unterstützen. gearbeitet. Die Landesregierung hat bezüglich der ESF-Förderperiode 2014 bis 2020 entschieden, die Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14879

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) Anstrengungen zur Integration aller Arbeitslosen in unsere besondere Aufmerksamkeit: Denn Thürin- den Arbeitsmarkt fortzusetzen und weiter auszu- gen ist zu 90 Prozent ländlicher Raum. Rund bauen und dazu eben auch die europäischen Mittel 75 Prozent der Bevölkerung leben nicht in einer zu nutzen. Großstadt, sondern in unseren Dörfern und Klein- städten. Denen gilt ebenso unsere Aufmerksamkeit. Außerdem haben wir die Finanzierung der Jugend- pauschale auf einem Niveau von 11 Mio. € stabili- (Beifall CDU) siert. Das sind Mittel für Kinder- und Jugendarbeit 25 Jahre nach der friedlichen Revolution sind die in den Kommunen, Jugendsozialarbeit und Kinder- Städte und Dörfer durch einen engagierten Stadt- schutz. umbau und vielfältige Maßnahmen der Dorferneue- (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: rung wieder lebenswert geworden. Gerade hier ist 15 Mio. €.) aber auch der demografische Wandel eine zentrale Herausforderung, die uns alle fordert: Politik, Wirt- Zu nennen ist hier auch das 2013 gestartete Lan- schaft, Gesellschaft insgesamt. Wir lassen die klei- desprogramm Schulsozialarbeit: Mehr als 200 Stel- nen Städte und Gemeinden nicht allein. Im Rahmen len für Schulsozialarbeiter werden aus diesem Pro- der Städtebauförderung haben wir darüber hinaus gramm mit 10 Mio. € im laufenden Jahr finanziert. rund 400 Mio. € für etwa 430 Städte und Gemein- Die Kommunen erhalten damit ein zusätzliches In- den bereitgestellt. Hinzu kamen 130 Mio. € aus EU- strument, um an der Nahtstelle von Jugendhilfe und Mitteln. Um die Herausforderungen des demografi- Schule benachteiligte Kinder und Jugendliche und schen Wandels noch besser gestalten zu können, deren Familien zu unterstützen. hat Thüringen unter anderem die Einführung eines Ein weiterer Baustein eines sozialen Thüringens ist Sanierungsbonus vorgeschlagen; ein Thüringer Pi- ein funktionierendes Gesundheitswesen. Im Frei- lotprojekt zur Wiedernutzung leer stehender Immo- staat nimmt der Anteil älterer und pflegebedürftiger bilien soll noch in diesem Jahr starten. Mit der Menschen rasch zu. Gleichzeitig sinkt das Angebot Schaffung des Thüringer Wohnungsbauvermögens, potenzieller Fachkräfte beträchtlich. Schon heute dem neuen Wohnraumfördergesetz und dem wissen wir, dass im Jahr 2025 fast 70.000 Arbeits- Wohneigentumsprogramm stehen leistungsfähige kräfte im Gesundheits- und Sozialwesen benötigt Instrumente für eine nachhaltige Entwicklung des werden, auch in der Pflege. Das kann Auswirkun- Thüringer Wohnungsmarktes zur Verfügung. gen auf die Qualität der Pflegeversorgung im Frei- (Beifall CDU) staat haben, wenn es uns nicht gelingt, die hier ausgebildeten Fachkräfte im Land zu halten. Wir Wer Wandel im ländlichen Raum gestalten will, tun hier also alles, um gemeinsam vom Sozialmi- muss aber auch die Menschen einbeziehen, die nisterium mit den wichtigsten Akteuren der Sozial- von den Entscheidungen betroffen sind. Bürger- wirtschaft den Thüringer Pflegepakt, der beschlos- schaftliches Engagement, Kommunikation und Ver- sen worden ist, auch Tag für Tag in der Praxis um- netzung der Akteure vor Ort sind die wesentlichen zusetzen. Dadurch sollen das Image der Pflegebe- Antriebskräfte für eine erfolgreiche Entwicklung. rufe, das Ausbildungsangebot, die Arbeitsbedingun- Deshalb fördert die Landesregierung Eigeninitiative gen, die Entlohnung und die Pflegesätze in der und Ideen der lokalen Akteure, zum Beispiel auch Pflegebranche weiterentwickelt und verbessert wer- über die Akademie Ländlicher Raum und die Ser- den. Ohne ein Anheben der Löhne und Gehälter viceagentur Demografischer Wandel. In der EU- wird es auch hier nicht gehen, um die Attraktivität Förderperiode 2007 bis 2013 wurden zudem knapp des Pflegeberufs in Thüringen weiter zu steigern. 44 Mio. € Fördermittel über LEADER für rund 800 Projekte ausgereicht. Übrigens, die Servicestelle (Beifall CDU, SPD) Demografischer Wandel ist die erste ihrer Art, die Weiterhin haben wir Weichen gestellt, um die ärztli- es in einem deutschen Flächenland gibt. Auch das che Versorgung im ganzen Land, besonders im ist positiv notiert worden und ist im Bund als vor- ländlichen Raum, zu sichern. Wir reagieren auf die bildlich angekommen. Auch hier wurde wirklich Gu- drohende Unterversorgung mit einem Bündel von tes geleistet. Maßnahmen; unter anderem können Ärzte seit dem (Beifall CDU) 1. Juli 2014 eine Förderung in Höhe von bis zu 20.000 € in Anspruch nehmen, wenn sie sich in Massiv investiert haben wir auch in die Verkehrsin- ländlichen Regionen niederlassen. Die Stärkung frastruktur, die auch dem ländlichen Raum zugute- und der Ausbau der Stiftung zur Förderung der am- kommt. Allein für den Bau und die Sanierung von bulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thürin- Straßen wurden rund 2,6 Mrd. € zur Verfügung gen gehört ebenso zu diesen Maßnahmen wie die gestellt. Weiterentwicklung des bestehenden Netzwerks zur (Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hausärztlichen Nachwuchsförderung. Damit wurde die Mobilität der Thüringerinnen und Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- Thüringer in allen Regionen spürbar verbessert. neten, der ländliche Raum verdient in jeder Hinsicht 14880 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) Freistaats bildet dabei das in diesem Jahr be- Auch die Fertigstellung der neuen ICE-Strecken schlossene Landesentwicklungsprogramm 2025. und des ICE-Knotenpunkts Erfurt rücken näher. Der Thüringen wird in den gewachsenen Strukturen neu Bau liegt im Plan, der Großteil der Tunnel und gedacht, Stadt und Land als regionale Einheit be- Brücken konnte inzwischen fertiggestellt werden. handelt. Das Landesentwicklungsprogramm legt al- Insgesamt flossen ca. 5,5 Mrd. € in die Thüringer so nicht allein die Grundlagen für die Umsetzung Bauprojekte, die ab 2015 eine völlig neue Fernver- der Energiewende in Thüringen; es zeigt vor allem kehrsqualität ermöglichen. eine nachhaltige Zukunftsperspektive für den Frei- Ergänzend kommt hinzu, dass durch eine Finanzie- staat auf und stärkt unsere Wettbewerbsfähigkeit. rungsvereinbarung mit dem Ausbau der Mitte- Dabei lassen wir ausdrücklich Raum für freiwillige Deutschland-Verbindung ebenfalls begonnen wer- Neugliederungen der Gemeinden. Seit 2009 wur- den konnte und ab 2016 eine leistungsfähige An- den fünf Gesetzentwürfe zu freiwilligen Neugliede- bindung Ostthüringens an den Fernverkehr und ei- rungen kreisangehöriger Gemeinden und fünf ne deutliche Ausweitung der Nahverkehrsangebote Rechtsverordnungen zur Änderung von Kreisgren- ermöglicht wird. Auch das ist nicht selbstverständ- zen bzw. zur Änderung von Verwaltungsgemein- lich. schaften erarbeitet. Die Landesregierung hat dem (Beifall CDU, SPD) Landtag 54 Neugliederungsmaßnahmen vorgelegt. An den Neugliederungen waren 298 Städte und Auch da wurde klug geplant: Rund 200 Mio. € für Gemeinden beteiligt, die wir zwischen 2009 und neue Busse und Straßenbahnen hat die Landesre- 2011 mit insgesamt 15 Mio. € gefördert haben. Wir gierung in dieser Legislaturperiode ausgereicht, da- reden hier, meine sehr verehrten Damen und Her- mit wir eine neue Qualität von Fern- und Nahver- ren Abgeordneten, nicht von einer Kleinigkeit: Fast kehr haben werden. Und es bleibt dabei, 2017 wird 600.000 Einwohner Thüringens waren von den mit dem ICE-Knotenpunkt hier in Erfurt ein weiteres Neugliederungen direkt oder indirekt betroffen. Das Zeichen modernster Infrastruktur in Europa gesetzt ist ein Viertel der Bevölkerung. Wir haben die größ- - ein Kampf, der dann über zwei Jahrzehnte geführt te Gemeindegebietsreform in dieser Legislaturperi- worden sein wird und der die richtigen Weichenstel- ode gemacht. Aber wir haben sie nicht mit einem lungen damals in den 90er-Jahren bestätigt. Auch großen Radau, mit großen Demonstrationen ge- das ist etwas, von dem wir Früchte ernten können macht, sondern wir haben sie mit den Menschen von dem, was früher grundgelegt worden ist. gemacht - von daher relativ geräuschlos. (Beifall CDU) (Beifall CDU) Meine sehr verehrten Damen und Herren, im digita- Zugleich haben wir mit der Novelle des Thüringer len Zeitalter ist nicht nur eine funktionsfähige Ver- Kommunalabgabengesetzes zu den Straßenaus- kehrsinfrastruktur eine Grundbedingung für Wachs- baubeiträgen einen großen Konflikt befriedet, der in tum und Wohlstand, sondern auch das Breitband- Thüringen seit Jahren schwelte. Mit der Reform des Internet. Hier sind wir ein gutes Stück vorangekom- Kommunalen Finanzausgleichs im Jahr 2013 ha- men: Seit dem Jahr 2010 ist der Anteil der Thürin- ben wir darüber hinaus die enge finanzielle Partner- ger Haushalte mit einer Grundversorgung von min- schaft zwischen Land und Kommunen festgeschrie- destens zwei Megabit pro Sekunde von 71 auf ben. Das Ergebnis ist eine faire Verteilung der Mit- 92 Prozent gestiegen. Mit der neuen „Breitband- tel und Verlässlichkeit für beide Seiten. Ein wesent- strategie Thüringen 2020“ hat die Landesregierung licher Grund ist: Steuereinnahmen und zusätzliche noch deutlich weiter gehende Ziele gesteckt und ich Bundesmittel verbleiben weitgehend bei den Kom- bin mir auch ganz klar, dass wir, die Koalitionsfrak- munen. Ein Garantiefonds erleichtert den Übergang tionen, die Koalitionspartner im Bund mit der Koali- in das neue System. Auch hier haben wir hart ge- tionsvereinbarung, die dort beschlossen worden ist, rungen, aber wir haben Lösungen gefunden für un- mit der vollen Breitbandversorgung 2018 in die sere Kommunen, für unsere Landkreise und für uns Pflicht nehmen auch für Thüringen. Es war nicht zu- als Land, denn wir sind hier in einer gemeinsamen letzt eine Thüringer Forderung, die wir in diese Ver- Partnerschaft. handlung auf Bundesebene eingebracht haben. (Beifall CDU) (Beifall CDU, SPD) Das alles spricht für Stabilität und Solidität. Aller- Thüringen als Ganzes: Jede Region in Thüringen dings haben wir auch Problemfälle, auch das möch- soll sozusagen „Deutschlands schnelle Mitte“ sein te ich nicht verschweigen. Einige Kommunen haben können - gut erreichbar, attraktiv als Ort zum Leben erhebliche finanzielle Lasten aus der Vergangen- und zum Arbeiten für die Menschen; da ist die heu- heit zu tragen. Deshalb hat die Landesregierung - tige Infrastruktur sowohl in Beton, aber auch digital auch in enger Abstimmung mit den Landtagsfraktio- unverzichtbar. nen der Koalition von CDU und SPD - ein weiteres Den Zukunftskompass für eine lebenswerte Heimat starkes Programm aufgelegt mit 136 Mio. € zu Be- und ein gutes Miteinander in allen Regionen des ginn dieses Jahres, das den betroffenen Kommu- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14881

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) nen den Weg ebenfalls erleichtert. Auch das ist ein dennoch die Finanzierung auf ein sicheres Funda- Ausdruck gelebter Partnerschaft. ment gesetzt. Bis 2016 steigen die Landeszuschüs- se auf insgesamt rund 65 Mio. €. Das sichert die (Beifall CDU) Vielfalt und die Strahlkraft unserer Theater und Or- Dass wir uns um ganz gravierende Einzelfälle so- chester, wenngleich es auch noch keine dauerhafte wohl auf der Landkreisebene als auch auf der kom- wirkliche Lösung ist. Auch hier gilt es in Zukunft, munalen Ebene ganz spezifisch kümmern, das ist weitere Aufgaben wahrzunehmen. nicht verborgen geblieben, auch das ist notwendig. Darüber hinaus haben wir auch Medien wie Film Es braucht im Einzelfall Konsolidierungskonzepte, und Fernsehen in Thüringen zukunftsfest aufges- Haushaltskonsolidierungskonzepte, langfristige We- tellt: Mit dem neuen Thüringer Landesmedienge- ge. Auch dafür stehen wir und da nehmen wir Ver- setz wird der Bürgerrundfunk gestärkt, mit Initiati- antwortung wahr. ven wie „Fernsehen aus Thüringen“ oder der Spring Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- School wird der Freistaat als attraktiver Medien- neten, wie wichtig diese Partnerschaft zwischen standort ausgebaut. Land und Kommunen ist, zeigt sich beispielhaft auf Meine sehr verehrten Damen und Herren, viele von dem weiten Feld der Thüringer Kulturlandschaft. uns gehen freilich gern ins Theater oder zu einem Die Kultur ist in Thüringen so gegenwärtig wie in Konzert der Thüringer Orchester oder zu einem der kaum einem anderen Land der Bundesrepublik. Ja, vielen Freilichttheater bis hin zu den Domstufen, die Thüringen ist Kulturland in der Mitte Deutschlands. wir in diesen Tagen wieder grandios erleben. Ande- (Beifall CDU, SPD) re gehen vielleicht lieber ins Kino oder in ein Muse- um. Dass wir das aber gefahrlos bei Tag und Nacht Gerade die Kommunen als Träger von Orchestern, tun können, ohne Sorge vor einem Überfall, das Theatern und Museen stehen vor der Frage, wie sie verdanken wir vor allen Dingen der Thüringer Poli- dieses in Thüringen so reiche Erbe angemessen zei, den Polizistinnen und Polizisten, die täglich im pflegen und bewahren können. Das Land sieht sich Einsatz sind. in der Verantwortung, hier stützend zur Seite zu stehen. Mit dem Leitbild Kultur und dem darauf auf- (Beifall CDU, SPD) bauenden Kulturkonzept hat die Landesregierung Sie sorgen dafür, dass der Freistaat Thüringen zu Perspektiven und Entwicklungslinien aufgezeigt. einem der sichersten Länder bundesweit zählt: Die Darüber hinaus haben wir aber vor allem seit 2009 Aufklärungsquote war 2013 mit 64,5 Prozent die die Kulturausgaben um ca. ein Viertel erhöht. höchste aller Bundesländer. (Beifall CDU) (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Aller Bun- Das bedeutet mehr Geld für Literaturförderung, für desländer.) Musik, Theater und Museen sowie für unsere Ge- (Beifall CDU) denkstätten und kulturellen Bauwerke und mehr Besucher aus ganz Deutschland und aller Welt. Ich In den vergangenen Jahren haben wir mit der Poli- habe wiederholt gesagt und will es hier gern noch- zeistrukturreform die Weichen gestellt, damit dieses mals unterstreichen: Ich schließe in Thüringen kein hohe Niveau an Sicherheit auch in Zukunft, auch Theater unter den Herausforderungen von Demografie und von knappen Kassen gewährleistet wird. Auch das (Beifall CDU, SPD) war keine Kleinigkeit. Wir wissen, wie viele Jahre und natürlich auch kein Orchester. Diese historisch an dieser Reform gearbeitet wurde. Wir haben sie gewachsene Theater- und Orchesterlandschaft in hier zu einem guten Ende gebracht. Thüringen zeichnet sich durch eine außerordentli- (Beifall CDU) che Dichte, Vielfalt und Qualität aus. Jedes Theater und jedes Orchester ist ein kultureller Mittelpunkt in Wir haben die Strukturen der Polizei gestrafft, damit der Region. Sie sind längst zu Bildungszentren ge- mehr Beamte ihre eigentliche Arbeit „draußen“ auf worden, sind wichtige künstlerische Aushängeschil- der Straße verrichten können. Wir hatten uns zum der für das Kulturleben in Thüringen. Sie sind Bot- Ziel gesetzt, „mehr Blau auf die Straße“ zu bringen, schafter unseres Landes, auch über die Grenzen und wir haben dieses Ziel erreicht. Im Rahmen der Thüringens hinaus, sie gilt es zu erhalten. Polizeistrukturreform sind nun der in Erfurt neu er- richteten Landespolizeidirektion sieben Landespoli- (Beifall SPD) zeiinspektionen zugeordnet. Thüringen ist eines der Das war angesichts knapper Haushaltsmittel keine ersten Flächenländer, in dem von einer zentralen einfache Aufgabe gewesen. Mehrfach haben wir Leitstelle aus alle Polizeieinsätze landesweit koordi- miteinander gerungen - der Kulturminister des Lan- niert werden. Dieser Bau, diese Fertigstellung, die- des, ich als Ministerpräsidentin mit dem Finanzmi- se Einrichtung, die dort zur Verfügung steht, ist nister -, jeweils Lösungen zu finden. In einem inten- wirklich beispielgebend. Es lohnt sich, sie anzuse- siven Dialog gemeinsam mit den Trägern haben wir hen. 14882 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) (Beifall CDU) chen. Die Entdeckung dieser Terrorzelle Ende 2011 bedeutete eine tiefe Zäsur für unser Land, für Thü- Die Landeseinsatzzentrale hat das polizeiliche Not- ringen wie für Deutschland. Wir haben uns das Wü- ruf- und Einsatzmanagement für den gesamten ten des Rechtsterrorismus in diesem Ausmaß Freistaat übernommen. Allein in die technische schlicht nicht vorstellen können und wir sind immer Ausstattung wurden 7 Mio. € investiert. Rund noch tief darüber betroffen. In der Folge haben wir 80 Bedienstete übernehmen hier die Aufgaben des intensive Debatten über das Versagen von Polizei, polizeilichen Notruf- und Einsatzmanagements, Justiz und Verfassungsschutz auch in Thüringen 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Sie leisten geführt. Und wir haben entsprechende Konsequen- zusammen mit ihren Kollegen in den anderen zen gezogen. Dienststellen eine hervorragende Arbeit. Dafür möchte ich ihnen an dieser Stelle einmal herzlich Ich bin auch dankbar, dass wir in dieser letzten Ple- Dankeschön sagen! narsitzung der Legislaturperiode die gesetzliche Grundlage für die Neuausrichtung des Verfas- (Beifall CDU, SPD) sungsschutzes mit dem gestrigen Tag beschlossen Auch der Justizvollzug ist in dieser Legislaturperi- haben. Der Verfassungsschutz wird künftig zu einer ode modernisiert worden. Das Justizvollzugsge- selbstständigen Organisationseinheit unter dem setzbuch ist neu geschaffen worden und mit der Dach des Thüringer Innenministeriums. Die inner- neuen Jugendstrafanstalt Arnstadt ist vor wenigen behördliche Kontrolle wird durch ein unabhängiges Tagen die modernste Vollzugseinrichtung Deutsch- Controlling gestärkt. Gerade weil der Verfassungs- lands für Jugendliche in Betrieb gegangen. Für die schutz ein unverzichtbares Instrument unserer geplante gemeinsame Justizvollzugsanstalt mit wehrhaften Demokratie ist, muss er auch in der La- Sachsen in Zwickau wurde der Staatsvertrag unter- ge sein, Radikalisierungstendenzen und Gewaltori- schrieben, die Zustimmung durch den Landtag ist entierung frühzeitig zu erkennen. Darüber hinaus erfolgt. Auch das waren umfangreiche Verhandlun- haben wir auch bei den Polizei- und Justizbehörden gen, die zu einem guten, erfolgreichen Ergebnis, zu die Arbeitsgrundlagen verändert, Arbeitsabläufe op- einer Win-win-Situation für beide Länder gekom- timiert und die Zusammenarbeit ressortübergrei- men sind. fend verbessert. Ich halte es für eine Selbstver- ständlichkeit: Wenn es darum geht, Verbrechen, Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- wenn es darum geht, menschenfeindliche Tenden- neten, eine der großen Herausforderungen für Poli- zen und Extremismus zu bekämpfen, müssen Be- zei und für den Verfassungsschutz ist und bleibt der hörden in diesem Freistaat, aber auch bundesweit, Kampf gegen jede Form des Extremismus. Wir alle zusammenarbeiten. müssen wachsam gegenüber Tendenzen sein, die darauf angelegt sind, unsere freiheitlich-demokrati- (Beifall CDU) sche Grundordnung abzuschaffen. Das verstehe Neben diesen Reformen hat die Landesregierung ich übrigens unter dem Prinzip der wehrhaften De- die Entscheidung getroffen, gemeinsam mit ande- mokratie. Nicht zuletzt aus diesem Grund erhebt ren Ländern vor dem Bundesverfassungsgericht ein die Friedrich-Schiller-Universität Jena jedes Jahr im Verbotsverfahren gegen die NPD anzustrengen. Auftrag der Staatskanzlei eine Studie zur politi- schen Kultur in Thüringen, den Thüringen-Monitor. (Beifall DIE LINKE) Es ist eine gute Tradition, dass ich als Ministerprä- Ich bin mir aber auch bewusst, Verbote sind das ei- sidentin dieses Landes wie auch meine Vorgänger ne, aber noch wichtiger ist, dass unsere Demokra- im Amt darüber im Landtag eine Regierungserklä- tie auch aus der Mitte unserer Gesellschaft heraus rung abhalte und die Ergebnisse zur Diskussion im gestützt wird. Je mehr die Menschen bereit sind, Plenum stelle. Der Thüringen-Monitor bestätigt im- sich zu engagieren, sei es im örtlichen Gemeinde- mer wieder, dass die Demokratie in Thüringen auf rat, in der Kirche, in Vereinen, im Sport, bei freiwilli- einem festen Grund steht. Aber dennoch erkennen gen Feuerwehren, umso lebendiger, vielfältiger und die Wissenschaftler immer auch eine Minderheit, auch wehrhafter wird sie sein. In Thüringen haben die unserer Demokratie und unserem Rechtsstaat wir heute nicht zuletzt auch dank der Thüringer Eh- grundsätzlich ablehnend gegenübersteht. renamtsstiftung eine Kultur des Ehrenamts. Die In den vergangenen Jahren haben wir diese Debat- Menschen fühlen sich für ihre Heimat, für ihren Ort, ten insbesondere unter dem Eindruck der schreckli- für ihre Stadt verantwortlich und sie sind bereit, sich chen Taten des sogenannten „Nationalsozialisti- auch aktiv einzubringen. schen Untergrundes“ geführt. Die drei mutmaßli- Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- chen Täter aus Thüringen haben über Jahre hin- neten, deshalb kann ich unter dem Strich eine gute, weg unerkannt in ganz Deutschland aus fremden- ja, eine sehr gute Bilanz unter die vergangenen fünf feindlichen Motiven heraus schreckliche Morde an Jahre ziehen. Das Land steht heute so gut da wie acht türkischstämmigen und einem griechischen noch nie in seiner Geschichte. Den Menschen geht Kleinunternehmer begangen. Auch der Mord an ei- es gut und sie bringen es auch zum Ausdruck. Im ner Polizistin gehört zu ihren mutmaßlichen Verbre- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14883

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) letzten Thüringen-Monitor haben 93 Prozent der gestoßen. Angesichts des demografischen Wan- Befragten angegeben, dass sie mit ihrem Leben dels müssen wir auch die Strukturen der Landes- insgesamt zufrieden seien und sie gern in Thürin- verwaltung - soweit wir sie nicht bereits angepasst gen leben. Fast drei Viertel der Thüringer sagten, haben - weiter verschlanken. Der Freistaat wird mit- dass ihre Zukunft eher gut aussieht. Ich finde, das telfristig mit rund 8.800 Planstellen und zahlreichen ist ein guter Ausweis unserer Thüringerinnen und Behörden weniger auskommen. Am Ende der Ver- Thüringer zu ihrem Land. waltungsreform 2020 wird eine effektive, aber moderne Behördenlandschaft entstehen. Allein bis (Beifall CDU, SPD) 2020 werden dadurch Einsparungen von 340 Mio. € Wir sind ein gutes Stück vorangekommen. Das ist realisiert. ein Erfolg aller Thüringerinnen und Thüringer und Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung. neten, in zwei Monaten wird der Souverän den neu- (Beifall CDU, SPD, FDP) en Thüringer Landtag wählen. Die neu gewählten Abgeordneten werden dann auch die Spitze der Auch die Landesregierung hat dazu ihren Beitrag neuen Landesregierung bestimmen. Wer auch im- geleistet. Wir haben investiert, in die Wirtschaft, in mer in der kommenden Legislaturperiode Verant- Bildung und Infrastruktur. Wir haben modernisiert wortung tragen wird: Die Ausgangsbedingungen und reformiert, um Thüringen zukunftsfest zu ge- des Jahres 2014 sind erheblich besser, als sie es stalten. Wir haben uns engagiert für Thüringen, ob im Jahr 2009 im Zeichen der Wirtschafts- und Fi- in Berlin oder Brüssel, ob im Falle großer, ein- nanzkrise waren. Wir haben in den vergangenen schneidender Ereignisse wie der Wirtschaftskrise fünf Jahren ein solides Fundament gelegt für eine oder dem Hochwasser des vergangenen Jahres weitere gute Entwicklung in Thüringen. Zukunft und oder im Alltag in ungezählten Bund-Länder-Gesprä- Tradition - dieser Claim für Thüringen bewahrheitet chen. Aber klar ist auch, wir sind nicht am Ende des sich jeden Tag. Thüringen ist ein wunderbares Weges angekommen. Herausforderungen wie der Land in der Mitte Deutschlands, in der Mitte Euro- demografische Wandel, die zurückgehenden Fi- pas. Ich danke allen, die an der Gestaltung unseres nanzmittel aus Berlin und Brüssel oder die Energie- Landes mitgewirkt haben und auch weiterhin mit- wende können nicht in fünf Jahren gelöst werden. wirken werden - im Parlament, in der Landesregie- Sie reichen weit über die Legislaturperiode hinaus. rung, in der Verwaltung, vor allem aber überall, wo Manches ist sogar eine Generationenaufgabe. Aus sich Menschen einsetzen im Land, in ihrer Arbeit, diesem Grund habe ich auch das Leitbild „Thürin- im Ehrenamt, in der Familie, in der Gesellschaft - gen 2020“ vorgegeben. Wir wollen unser Handeln jeden Tag. Darauf lässt sich immer wieder aufbau- bewusst nicht am nächsten Wahltag ausrichten, en. Deswegen sage ich: Gemeinsam erfolgreich für sondern an den Zeiträumen, die zur Lösung bzw. Thüringen. zu notwendigen Anpassungen gebraucht werden. Das Jahr 2020 erscheint mir als Zielmarke beson- (Beifall CDU, SPD) ders geeignet, weil bis dahin auch der Solidarpakt II ausgelaufen ist. Dann ist der Aufbau Ost formal ab- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: geschlossen. Einen Solidarpakt III wird es nicht ge- ben, das wissen wir. Ich gehe davon aus, dass alle Fraktionen mit ihren Redeanmeldungen die Aussprache zur Regie- Erst in der vergangenen Woche haben sich die ost- rungserklärung gewünscht haben. Dem wird nicht deutschen Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin widersprochen. So rufe ich in der Aussprache als Angela Merkel getroffen. Dort habe ich meinen Vor- Ersten den Abgeordneten Ramelow für die Fraktion schlag für einen Deutschlandfonds erneuert und DIE LINKE auf. konkretisiert, mit dem die gesamtdeutsche Regio- nalförderung ab 2020 finanziert werden könnte. Die Abgeordneter Ramelow, DIE LINKE: Arbeit an den Kriterien für eine gesamtdeutsche Strukturförderung beginnt nämlich bereits jetzt. Sie Werte Kolleginnen und Kollegen, werte Frau Minis- soll in die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbe- terpräsidentin, zum Abschluss einer Legislatur eine ziehungen einfließen. Die Verhandlungen laufen Regierungserklärung darzulegen, heißt, Bilanz zu und wir müssen gut aufpassen, dass diese Reform ziehen, gemessen an den Koalitionsvereinbarun- nicht zulasten der neuen Länder geht. Alles in allem gen, also den Zielen, die zwei Partner miteinander sind für Thüringen bis zu 4 Mrd. € von den derzeiti- vereinbart haben, und dann eine Abrechnung über gen Reformüberlegungen betroffen, also 44 Pro- das, was man konnte oder was man nicht konnte. zent des derzeitigen Haushaltsvolumens, und da An einem Tag wie heute aber zu beginnen, ohne ei- gilt es, Verantwortung wahrzunehmen, und zwar ne Bemerkung zu machen, und da will ich auch frühzeitig, für eine richtige Weichenstellung. noch einmal bei Ihnen anknüpfen, welcher Krawall gerade draußen vor dem Landtag gemacht wird, Zugleich haben wir mit der Verwaltungsreform 2020 auch in Thüringen ein großes Reformvorhaben an- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 14884 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Ramelow) zeigt, dass da draußen Menschen stehen, die of- Wir wollen die Bürger einladen und den Bürgern sa- fenkundig die parlamentarische Demokratie mit Fü- gen, bei der Wahlentscheidung am 14. September ßen treten wollen und die hier ein Interesse daran kommt es darauf an, eine Trennlinie zu ziehen zwi- haben, mit lauter Musik so zu tun, als wenn sie sich schen den Ideen, die wir unterschiedlich sehen und durchsetzen mit ihren Stiefeln und mit dem Getöse, die wir im demokratischen Diskurs nach außen prä- das teilweise in Orten, Dörfern und Städten von die- sentieren, und denen, die die demokratischen sen Menschen ausgeht. Deswegen bin ich ausge- Grundstrukturen zerstören wollen, den Menschen sprochen dankbar, Frau Lieberknecht, dass Sie Angst machen und deutlich machen wollen, wer in nach Ihrem Amtsantritt gezielt auf mich als Opposi- dieses Land gehört und wer nach ihrem Dafürhal- tionsvertreter zugekommen sind und gesagt haben: ten nicht in dieses Land gehört. Da draußen wird Lassen Sie uns in Pößneck gemeinsam Gesicht die Zukunft des Landes zerstört und denen darf zeigen gegen Nazis. man den Zugang in das Haus nicht gestatten. (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) NEN) Dafür darf ich herzlichen Dank sagen, weil das zu Aber man muss auch den Wählerinnen und Wäh- der damaligen Zeit Ihre Amtsvorgänger jedenfalls lern deutlich machen mit klarer Sprache und mit so nie praktiziert haben und - ich muss es deutlich eindeutigen Signalen, deswegen ist das Landespro- sagen - die CDU sich immer schwergetan hat da- gramm für Toleranz eine ordentliche Herangehens- mit, gemeinsam Zeichen zu setzen gegen den weise, aber leider sprachlich nicht so deutlich, wie braunen Ungeist. Das ist in dieser Legislatur es sein müsste. Deswegen danke ich an dieser durchaus völlig anders geworden und deswegen Stelle der Sozialministerin Heike Taubert, die hier danke ich dem ganzen Haus, der Landesregierung im Landtag immer deutlich dann von Rechtsextre- und Ihnen, dass dieser Umgang miteinander ein mismus gesprochen hat und die Sprache auch verbindendes Element war und dass das Erste, deutlich verbunden hat mit dem, was das Landes- was dieser Landtag beschlossen hat, ein Be- programm eigentlich ausmachen müsste. schluss, ein Text gegen Extremismus und gegen (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Fremdenfeindlichkeit war. NEN) Da, liebe Frau Ministerpräsidentin, beginnt meine Ich hoffe, dass in einer zukünftigen Legislatur diese Kritik. Es wäre mir, unserer Fraktion und, ich glau- Sprache auch Eingang nimmt in die Programmatik be, auch anderen Fraktionen durchaus lieber gewe- und in das Handeln der ganzen Landesregierung. sen, wenn diese Haltung, die Sie persönlich an den Tag legen, auch Eingang genommen hätte in die Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, Sie haben Programmatik der Landesregierung in klarer Spra- eine Bilanz gezogen von einer Landesregierung, che, dass ein Landesprogramm nicht verschwurbelt bei der ich verdutzt gestern Abend mir die Augen umschrieben werden muss, sondern dass das Lan- gerieben und gedacht habe: Waren wir bei den desprogramm das beschreibt, um was es geht, Sommertheatern der letzten Jahre nicht dabei? War nämlich nationalsozialistische, neonationalsozialisti- das ein anderes Parlament, eine andere Landesre- sche, rechtsextreme Bedrohungen unserer offenen gierung? Es gab keinen Beginn der Sommerferien, und freien Gesellschaft, und dass das den Men- bei dem die Landesregierung nicht im tiefen Streit schen Angst macht, dass das auch ein Stück weit war und wir jedes Mal in die Sommerferien gegan- heftig die Weltoffenheit mit Füßen tritt, wenn sich in gen sind und wir nicht wussten, ob nach den Som- Orten Nazis breitmachen, Häuser kaufen und von merferien diese Landesregierung noch besteht oder dort aus wie in konzentrischen Kreisen Angst um- nicht besteht. geht. In Pößneck war das so, in Fretterode ist es (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- noch so. Die, die da draußen stehen, einer von de- tin: Ich wusste das.) nen saß wegen einem Gewaltanschlag, wegen ei- nem Sprengstoffanschlag gegen einen „Döner“ in Sie wussten das, also heißt das, Sie praktizieren ei- Eisenach im Gefängnis und der steht jetzt da drau- ne Propagandapolitik für die Öffentlichkeit nur für ßen und möchte sich um 11.00 Uhr da oben hinset- das Schauspiel. Das heißt aber, die Regierungs- zen und dann möchte man hier im Landtag Wahl- bank zum Schauspielhaus umzuwandeln, wenn Sie kampf von diesen Menschen absolvieren und den es wussten. Ich erinnere an die Auseinanderset- Landtag missbrauchen als Wahlkampfbühne. Da zungen um den Doppelhaushalt: Da hat die eine sollten wir gemeinsam auch deutlich machen, der Koalitionsseite gesagt, wir werden keinen Doppel- Landtag eignet sich nicht als Wahlkampfbühne für haushalt abschließen, und die andere hat gesagt, diese rechtsextremen Gedankenträger. das wird am Ende ein Doppelhaushalt. Dann zog der Finanzminister an seiner Pfeife und das Ergeb- (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE nis war, dass alle anderen nach seiner Pfeife ge- GRÜNEN) tanzt haben. Das war ein erbärmliches Schauspiel zumindest für uns Parlamentarier. Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14885

(Abg. Ramelow) (Beifall DIE LINKE) ist deutlich gesagt worden, dass die Information, die Herr Geibert eigentlich ausgelöst hatte, bei den Wir waren außen vor, wir konnten das alles in der Stadtverordneten nie angekommen ist. Nur so ein Zeitung nachlesen und diese Landesregierung tat Detail: Verkauft man 6.000 Wohnungen an einen so, als wenn das Sommertheater eingepreist wäre öffentlichen Träger oder an den privaten Markt, das wie die Domstufenfestspiele. Nur die Domstufen- ist doch ein erheblicher Unterschied. Der Innenmi- festspiele sind ein kulturelles Highlight, Sie haben nister sagt, die Empfehlung war, an einen öffentli- darauf hingewiesen, diese Landesregierung war es chen Träger, dann hätten die Stadträte mitgemacht. nicht. Übertragen an die Stadträte wurde aber, an jeden (Beifall DIE LINKE) Träger. Damit war der Spekulation Tür und Tor ge- öffnet und 6.000 Familien wurden dem Spekulati- Deswegen glaube ich, dass wir Ihre Arbeit an den onsmarkt zur Verfügung gestellt. Darum ging es im Realitäten messen müssen. Konflikt. Deswegen ist die Frage, wenn man sa- (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Das niert, hätte man einen Sanierer vor einem Jahr in Ergebnis zählt.) die Stadtwerke stecken müssen und hätte eine Haushaltskonsolidierung machen müssen, an die, (Beifall DIE LINKE) werte Kolleginnen und Kollegen, sich alle hätten Das Ergebnis zählt. Darauf komme ich jetzt, Herr halten müssen. Dann nutzt es nichts, jetzt den In- Voß, Sie sind ja Wahlkämpfer, Sie haben jetzt den solvenzverwalter die Drecksarbeit machen zu las- Kampf um Ihren Direktwahlkreis in Oberhof und sen und sich dann hinter dem Insolvenzverwalter Umgebung. Deswegen haben Sie jetzt schnell zu verstecken, denn der ist nur dem Gläubiger ver- Oberhof gerettet. pflichtet und niemand anderem. Ich glaube, dass ein Stadtwerk in Thüringen, das in Insolvenz ge- (Unruhe DIE LINKE, FDP) gangen ist, unsere größte Bedrohung für die Ge- Ich würde mir wünschen, Sie hätten auch Gera ge- meinwirtschaft ist, weil damit alle anderen Stadt- rettet und nicht nur Ihren Wahlkreisbezirk. werke in ihrem Ruf und in ihrem Ansehen stark be- schädigt und geschädigt worden sind. Es ist eben (Beifall DIE LINKE) deutlich mehr als nur ein lokales Ereignis. (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- Da, lieber Herr Voß, weil Sie sagen, die Realitäten tin: … Gera …) sind so toll - die Gemeinden in Thüringen, 841 Ge- Ja, Frau Ministerpräsidentin, den Hilferuf unserer meinden, Frau Ministerpräsidentin, das ist das de- Fraktionskollegen aus Gera haben Sie vor einem mokratische Gemeinwesen, das ist das, was das Jahr bekommen als offenen Brief. Seit einem Jahr Zentrum der Demokratie ausmacht, diejenigen, die wissen Sie, dass sich in Gera eine große Katastro- sich im Gemeinderat engagieren, die sich zur Wahl phe anbahnt. stellen, die bei der Kommunalwahl mitmachen, von diesen Gemeinden haben 97 im Jahr 2013 keinen (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Also, Haushaltsabschluss gehabt. Das heißt, jede achte Herr Ramelow, bei dem Thema wäre ich lie- Gemeinde - ber ruhig.) (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Das Ja, ich an Ihrer Stelle, Herr Voß, wäre da ganz ru- stimmt nicht.) hig. Im Gegensatz zu dieser selbstgerechten, zu- rückgelehnten Haltung darf ich darauf hinweisen, da schüttelt er den Kopf und sagt, stimmt nicht -, dass wir den Oberbürgermeister in Gera nicht das sagt der Gemeinde- und Städtebund, Herr Voß gestellt haben, aber dass wir deutlich gesagt ha- weiß es besser als die Selbstorganisation der Ge- ben, alle Oberbürgermeister haben voll die Kata- meinden. Die Zahl ist vom Gemeinde- und Städte- strophe gefahren. bund, ist eine prüfbare, überprüfbare Zahl, heißt, je- de achte Gemeinde steht ohne Haushalt im Jahr (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: … aber 2013. Im Jahr 2014 - insoweit ist es wohlfeil, dass manchmal …) Sie sagen, wir werden in diesem Jahr keine Schul- Ja, das habe ich doch gerade gesagt. Zuhören, den machen. Nein, die Schulden machen andere. Kollege, einfach zuhören. Aber vor einem Jahr hat Sie haben die Schulden einfach verlagert auf die Margit Jung einen Brief geschrieben mit Dieter kommunale Ebene, liebe Frau Ministerpräsidentin. Hausold und Mike Huster und öffentlich darauf hin- Im Jahr 2014, heute, an diesem Tag, an dem Sie gewiesen, dass es voll auf die Katastrophe zuläuft. so wohlfeil über das Land gesprochen haben, ha- Sie haben Ihre Frau Hahn einfach weitermachen ben 400 Gemeinden, das heißt, jede zweite Ge- lassen und dann am Ende musste die Insolvenz an- meinde in Thüringen, keinen derzeitig beschlosse- gemeldet werden. Liebe Frau Ministerpräsidentin, nen Haushalt. Das heißt, jede zweite Gemeinde wir hatten ja noch ein Sechs-Augen-Gespräch, be- steht in einer Situation, dass ihr Gemeindeprivileg, vor die Insolvenz angemeldet worden ist und auch das höchste Privileg eines Gemeinderats, eines in dem Sechs-Augen- oder Acht-Augen-Gespräch 14886 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Ramelow) Stadtrats, eines Kreistags nicht umgesetzt worden (Beifall DIE LINKE) ist. Das sind die harten Zahlen. Und 200 Gemein- Meine sehr verehrten Damen und Herren, 200 Ge- den in Thüringen … meinden in Thüringen … (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Die (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister) will ich aber mal sehen.) Herr Voß, warten Sie doch, ob Sie Abgeordneter Ja, das ist so. Wissen Sie, Herr Voß, wenn Sie im- werden, ob das Volk Sie in Suhl wählt, wenn Sie mer so dazwischenquaken, das kommt mir so vor genügend Geschenke dort verteilen, ob diese Me- wie Mike Mohring, der zu Herrn Matschie sagt, mit thode überhaupt noch funktioniert. Herrn Matschie sei Margot Honecker in die Schule gekommen. (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin) (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Schwach- sinn, Schwachsinn!) Frau Ministerpräsidentin, ich habe Sie ausreden lassen, ich habe sozusagen Ihre Schönfärberei er- Ich finde das empörend, dass überhaupt so ein tragen, habe dazu fröhlich gelächelt, habe gesagt, Vergleich herangezogen wird. Ich finde es empö- jetzt verstehe ich langsam, was meine Kollegen im- rend. mer sagen, wie es früher gewesen ist. (Beifall DIE LINKE) 200 Gemeinden in Thüringen, Frau Ministerpräsi- Sie schämen sich ja nicht einmal, Sie twittern das ja dentin, haben alle Rücklagen verbraucht. 200 Ge- sogar und machen genau auf dieser Ebene weiter. meinden! Das heißt, jede vierte Gemeinde in Thü- ringen hat keine Rücklagen mehr. 400 Gemeinden (Unruhe CDU) in Thüringen mussten 2013 den Haushalt abschlie- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: So eine ßen und ausgleichen, indem sie die letzten Rückla- Großfresse, Junge, zitieren Sie richtig und lü- gen verbraucht haben. Das heißt, wir fahren das gen Sie nicht das Parlament an.) gesamte demokratische System völlig auf Ver- schleiß, damit Sie im Wahlkampf sagen können, Ihr Junge bin ich nicht! Wissen Sie, Herr Mohring, Sie haben keine Schulden gemacht. Sie sollten Herr Ihrer eigenen Emotionen sein. (Beifall DIE LINKE) (Beifall DIE LINKE) Und dann, werte Frau Ministerpräsidentin, sagen Ja, wenn Frau Taubert also von Selbstverliebten Sie gestern beim Landkreistag voller Stolz und Em- gesprochen hat, die sich nicht im Griff haben, pathie. 17 Freunde müsst ihr sein, 17 Landkreise (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Hör auf!) sein, der Garant für den Erfolg in Thüringen, und reden kein Wort darüber, wie es dann mit Eisenach habe ich eine ungefähre Vorstellung, was Frau weitergeht, wie es mit Suhl weitergeht, wie es mit Taubert gemeint hat. Deswegen habe ich gesagt, der Kreisfreiheit weitergeht. ich nehme den Ball gerne auf und denke darüber nach. Ich glaube, sie hat im Nahbereich Erfahrun- (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- gen sammeln müssen, die mir durchaus kulturell tin: Die waren da!) nicht ganz bekannt sind, deswegen beobachte ich Die waren da. Na klar waren die da, nur, der Punkt Sie und merke, wie Sie hochgehen wie ein HB- ist, die Hilfe, die Sie hätten organisieren müssen, Männchen und Ihren Tweet nicht einmal aushalten, nämlich wenn man Rückeinkreisung von Gemein- dass Sie Herrn Matschie beleidigen bei der Schul- den vornimmt, gegen die Sie Gemeindebeschlüsse politik und damit alle Lehrer öffentlich annageln, öf- gefasst haben, da werde ich gleich drauf kommen, fentlich ins Rampenlicht stellen und sagen, dieser die Rückeinkreisung führt dazu, dass Suhl ausge- Kultusminister ist daran schuld. Ich nehme es zur rechnet hat und dass Eisenach ausgerechnet hat, Kenntnis. wenn Sie wieder dem Landkreis angehören, spart Aber, Herr Voß, wenn Sie immer dazwischenrufen als Einziger das Land, statt die Spareinnahmen für und sagen, die Zahlen vom Gemeinde- und Städte- die Rückeinkreisung für die Gemeinde zur Verfü- bund stimmen nicht, die Realitäten stimmen nicht, gung zu stellen, damit sie ihre Aufgaben erfüllen das, was der Gemeinde- und Städtebund aufge- kann. Sie haben eben gesagt, Sie haben kein Or- schrieben hat, ist nicht zutreffend, Entschuldigung, chester geschlossen. Nein, Frau Ministerpräsiden- dass ich dann als Westdeutscher mal sagen muss, tin, Sie lassen Eisenach gerade verhungern. jetzt verstehe ich langsam, was das mit den Be- (Beifall DIE LINKE) schlüssen von „Überholen ohne einzuholen“ ist und wer mir hier tatsächlich hilft zu erleben, wie es frü- Die ganze Strategie, was da passiert ist, Eisenach, her mal gewesen sein muss, Realitäten zu be- das Orchester, hat einen Streiktag hingelegt, jetzt schließen und Nicht-Realitäten abzubilden. So lässt man hochherrschaftlich einen Sonderbonus funktioniert das bei Ihnen. herausgeben und lässt ein Streichorchester in dem Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14887

(Abg. Ramelow) Zustand 25 Prozent unter dem üblichen Tarif, die hausen ist die Gemeinde, ich sage immer scherz- müssen jetzt irgendwie gucken, wie sie durchkom- haft, die können jetzt - men. Die Stadt Eisenach kann das nicht finanzie- (Unruhe CDU) ren, sie kann auch nicht den Busbahnhof finanzie- ren, es fehlt auch der Eigenanteil. Das lassen Sie ich komme gleich auf Wachsenburg, ich weiß, wie alles zu und dann kommen irgendwann wieder Ge- es genau heißt -, aber Ichtershausen verlängert schenke, wohlfeile Geschenke, denn da muss sich sich seine Laternen, damit sie noch genügend Blu- jemand ranwanzen und sagen, liebe Landesregie- menampeln dranhängen können. rung, habt ihr mal irgendwas, wir selber können gar (Heiterkeit CDU) nicht mehr handeln. Deswegen ist die Frage von 17 Landkreisen eine aus meiner Sicht politisch mo- Dann sagen die den Bürgern in der Gemeinde im tivierte Wahlkampfstrategie, um zu sagen, die an- Amt Wachsenburg: Wenn ihr mit uns fusioniert, be- deren wollen die Landkreise kaputtmachen. Nein, kommt ihr die Kita-Beiträge gesenkt. Die Frage, wie wir wollen nicht die Landkreise kaputtmachen, wir Arnstadt die Aufgaben erfüllen will, klären Sie gar wollen, dass die kommunale Familie handlungsfä- nicht. Also die Frage, ob man die Region zugunsten hig ist. der beiden Städte, nämlich Erfurt und Arnstadt, so sortiert, dass Arnstadt handlungsfähig ist, diese (Beifall DIE LINKE) Aufgaben haben Sie nicht erfüllt. Ja, Sie haben sich Ihre Form von Strukturänderung hat dazu geführt, um die Landkreise gekümmert, soweit die Ihr Par- dass die Handlungsfähigkeit von innen her zerstört teibuch haben, den Rest lassen Sie faktisch vor die worden ist. Jetzt bleibe ich noch mal am Beispiel. Hunde gehen. Sie haben es voller Stolz gesagt. Die Gemeindefu- (Beifall DIE LINKE) sionen sind von den Bürgern getragen worden. Das, meine Damen und Herren, ist ein innerer Zer- (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: So ist störungsprozess. Da können Sie sich gar nicht aus es. Realitäten.) der Affäre ziehen, das ist einfach so. Ja, so ist es, Herr Voß, so ist es. Na klar, das Ge- (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- werbegebiet Eisenach, ja - die Realität, Herr Voß, tin: Also das ist ja wohl die Höhe.) die Realität an den Tatsachen messen und nicht an Ihrem Geschwätz, sehr geehrter Herr Voß. (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Des- wegen geht es dem Land auch so gut, ja.) (Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Wenn Sie … die kommunale Familie repräsentieren, dann Deswegen geht es dem Landtag so gut, na klar. gäbe es …) Wissen Sie, dass Sie so verächtlich über die Sor- gen von Arnstadt reden, dass Sie so verächtlich Das Gewerbegebiet Eisenach, das den Namen Ei- über die Sorgen von Eisenach reden, senach trägt, gehört wem, Herr Voß, wem? (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Auch (Zuruf Dr. Voß, Finanzminister: Kraut- Unsinn.) hausen.) das, finde ich, ist das eigentlich Empörende, mit Genau, der Gemeinde Krauthausen. Und wo zah- welcher Arroganz Sie hier sitzen und sagen: „Alles len die Gewerbetreibenden des Gewerbegebiets Ei- Unsinn, alles Unsinn!“ senach ihre kommunalen Steuern hin? Nicht nach Eisenach, aber Eisenach muss das Theater finan- (Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das ist em- zieren, Eisenach muss das Krankenhaus finanzie- pörend.) ren, muss die Schulen finanzieren, muss alles fi- (Unruhe CDU) nanzieren. Die Stadträte von Eisenach können keine Entschei- (Unruhe DIE LINKE) dungen treffen, weil sie faktisch handlungsunfähig Aber Sie haben zugelassen, dass Gemeinden als gemacht worden sind. Die Stadträte von Gera, die Kragengemeinden gegen die Stadt gebildet worden um Hilfe gebeten haben, hat man ein Jahr lang in sind. Das ist Ihre Form von selbstorganisierter De- Ruhe gelassen, hat man ein Jahr in die Irre laufen mokratie und Sie gefährden damit das demokrati- lassen, nur damit Frau Dr. Viola Hahn, die auf dem sche Gemeinwesen. Dasselbe gilt hier, sehr geehr- CDU-Ticket Oberbürgermeisterin wurde, am Ende ter Herr Voß: Das Erfurter Kreuz trägt den Namen sagen kann, wir haben jetzt Insolvenz angemeldet. Erfurt. Sie wissen, wer die Gewerbesteuern be- Die Frage, wie Ernst & Young mittlerweile kommt. Das Erfurter Kreuz ist ausgelastet, komplett 1,8 Mio. € aus dem Stadtwerkeverbund hat abzie- ausgelastet und die Gemeinde Ichtershausen - der hen können und niemand, keine Kommunalauf- Bürgermeister ist da, erfolgreiche Stadtpolitik, gön- sicht, niemand hat das zur Kenntnis nehmen wol- ne ich dieser Gemeinde Ichtershausen. Ichters- len, obwohl unsere Gemeinde- und Stadträte das 14888 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Ramelow) deutlich angemeldet haben, deutlich gesagt haben, nicht. Jetzt will ich mal auf Straßenausbaubeiträge was da passiert. gehen, weil das für mich auch demokratiepoliti- sches Thema ist. Das Verfassungsgericht hat ent- (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Herr schieden, 12 Jahre rückwirkend Straßenausbaubei- Ramelow.) träge zu erheben, sei verfassungswidrig. Was be- Dann erzählt mir Herr Geibert, es gibt kein Wertgut- schließt Ihre Landesregierung? 30 Jahre rückwir- achten für die GWB „Elstertal“, mit der man tatsäch- kend, lich einen Verkauf an einen öffentlichen Träger hät- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: te vornehmen können. Da frage ich mich nur, wofür Sauerei.) hat Ernst & Young die Gutachten geschrieben? Nein, das ist Selbstbedienungsmentalität par excel- faktisch 30 Jahre rückwirkend, und erst im Jahr lence und Weggucken, solange es nützt, um dann 2021 soll die zwölfjährige Frist gelten. Selbst die hinterher zu sagen: Wir sind die Sparweltmeister Abgabenordnung kennt ein vierjähriges Verfri- und wer hat es gemacht? Dieser Finanzminister! stungsgebot und das BGB, das Bürgerliche Gesetz- Da sage ich: Sparen auf dem Rücken der gesam- buch, kennt ein dreijähriges Verfristungsgebot. Nur ten kommunalen Familie ist eine Unverschämtheit, wenn es titulierte Forderungen gibt, darf man Herr Voß! 30 Jahre einen Titel einklagen. Hier gibt es über- haupt keine Titel. Hier ist noch gar nichts abgerech- (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Herr net. Hier werden Gemeinden mit der Landesregie- Ramelow, war ich an den 230 Mio. Schulden rung, mit der Keule eines Landesgesetzes gezwun- der Stadtwerke beteiligt?) gen, gegen die Bürger 240 Mio. € einzutreiben. Sie (Beifall DIE LINKE) haben das so organisiert - und das, Herr Geibert, nehme ich Ihnen übel -, dass es erst nach der Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Landtagswahl vollzogen werden soll. Herr Abgeordneter Ramelow, Sie haben das Wort (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Hört, und ich bitte die Ministerbank, die Zwischenrufe in hört.) dem Maß zu lassen. Sie können jederzeit einen Re- Sie haben es mit auf den Weg gebracht, dass die debeitrag anmelden, wenn die Fraktionen die Aus- Anweisungen und Empfehlungen gekommen sind, sprache durchgeführt haben. diese drohende Schuld bei den Bürgern erst nach (Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, der Landtagswahl beizutreiben, weil dann könnte Arbeit und Technologie: Ich sage doch gar der Satz, den Sie hier so wohlfeil angeboten haben, nichts.) nicht mehr ausgesprochen werden, dass Ruhe ein- getreten wäre. Wie kann denn Ruhe eintreten, wenn Straßen, die im vorigen Jahrtausend gebaut Abgeordneter Ramelow, DIE LINKE: worden sind, von den Bürgern jetzt bezahlt werden Wir waren beim Thema kommunale Demokratie, sollen? Die Gemeinden müssen es durchsetzen, weil es für mich ein Demokratiethema ist. Es ist ein die, von denen ich gerade sprach, dass sie keine wirtschaftspolitisches Thema, es ist ein Regional- Haushalte haben, dass sie in Haushaltsnotlage entwicklungsthema und es ist ein demokratiepoliti- sind, dass sie sich nicht erlauben können, finanziell sches Thema. Dazu gehört auch ein Gesetzeswerk, große Sprünge zu machen. Dann sagen die Bürger, das Ihre Regierung in Ihrer Amtszeit auf den Weg es war unser Gemeinderat. Und der kann gar nichts gebracht hat: Straßenausbaubeiträge. Sie haben dafür. Der wird gesetzlich gezwungen durch Ihr gesagt, Sie hätten damit eine Beruhigung erfolgen Handeln. Deswegen, liebe Frau Lieberknecht, Ruhe lassen, es wäre eine Beruhigung durch Ihr Regie- ist hier überhaupt nicht eingetreten. rungshandeln erfolgt. (Beifall DIE LINKE) (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- Hier ist nur ein Etikett darüber geklebt worden, wie tin: Ja.) kommen wir unfallfrei über die Landtagswahl und Ja, sagen Sie. Das Erstaunliche ist, ich darf es ein- wie schaffen wir es, dass die Bürger gar nicht mer- fach mal erwähnen, die Frage der rückwirkenden ken, dass sie hinterher brutalst zur Kasse gebeten Straßenausbaubeiträge hat das Verfassungsgericht werden. Selbst der VDGN, der zuständige Fachver- am Beispiel von Bayern geklärt. Ich habe mal von band, sagt, es gibt in Deutschland kein anderes früheren Landesregierungen gehört, dass man sich Bundesland, das ein derartiges Gesetz erlassen an Bayern orientieren soll, wie man erfolgreiche hat. Landespolitik macht. Das sagten jedenfalls früher (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- immer CDU-Vertreter, wenn es darum ging. Wenn tin: Die Bürger haben es doch gar nicht ge- wir dann konkrete Vorschläge aus Bayern hier ein- merkt, aber Sie haben es gemerkt.) mal vorgelegt haben, nämlich Vergabegesetz, hat man gesagt, so viel Bayern wollen wir hier doch Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14889

(Abg. Ramelow) Natürlich haben sie es nicht gemerkt. Ich lese Ihre (Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Ich ha- Gesetze und ich verstehe sie sogar, im Gegensatz be ein Geschäft, Herr Ramelow. Aber selbst zu Ihnen. Ich verstehe sie. dazu sind Sie nicht in der Lage.) (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Jetzt Frau Ministerpräsidentin, ich will das wirklich per- hören Sie aber auf!) sönlich sagen. Sie haben ein Gesetz erlassen - und Sie sind die Chefin dieser Regierung -, da steht Entschuldigung, Frau Lieberknecht, da werde ich drin, dass 30 Jahre rückwirkend Straßenausbaubei- jetzt persönlich. Er kann schreien, wie er will. träge erhoben werden müssen. Sie müssen wissen, (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Das ist dass eine Aufbewahrungsfrist der Gemeinden nur eine Beleidigung, was Sie hier machen.) für zehn Jahre existiert. (Beifall DIE LINKE) (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Ist doch in Ordnung, was soll es dann?) Frau Präsidentin, könnten Sie mal den Ministern zurufen, dass ich am Reden bin. Was sagen Sie da, bitte? Das macht mich fas- sungslos. Also, wenn das die Haltung der Regie- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: rung ist, es ist egal, was wir für ein Gesetz machen, wir beschließen Gesetzesuntreue und sagen, wir Das habe ich ihnen schon gesagt. Ich würde trotz- preisen schon die Gesetzesuntreue ein. Was ist dem darum bitten, dass jetzt dem Abgeordneten denn das, Frau Ministerpräsidentin? Da kann ich Ramelow für die Fraktion DIE LINKE zugehört wird. nur sagen, Sie haben fertig. Da muss man wirklich (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Er soll sagen, eine solche Grundhaltung gegenüber den nicht beleidigen.) Bürgern ist so unerträglich, dass man Gesetze schafft, bei denen man sagt, die Unterlagen zu den Ich habe gerade gesagt, dass ihm zugehört wird. Gesetzen sind nicht mehr vorhanden, (Beifall DIE LINKE) Abgeordneter Ramelow, DIE LINKE: sie existieren gar nicht mehr. Aber die Gemeinden Liebe Heike Taubert, jetzt verstehe ich langsam Ih- sollen es vollziehen und die sollen den Beitragsbe- re Bemerkung. scheid erlassen. Und die Bürger müssen dagegen klagen. Erst im Klageweg kann man dann sagen, Vizepräsidentin Dr. Klaubert: wir stoppen das. Das hätte die Regierung stoppen Einen kleinen Moment bitte, Herr Abgeordneter Ra- können und wir hätten es als Parlament stoppen melow. müssen. Deswegen, meine Damen und Herren, auch das Thema Straßenausbaubeiträge ist eine (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das gehört Katastrophe, die Ihre Regierung zu verantworten sich nicht.) hat. (Unruhe CDU) (Beifall DIE LINKE) Einen weiteren Bereich will ich ansprechen: das Abgeordneter Ramelow, DIE LINKE: Thema Wirtschaft. Sie haben hier vorgetragen, wie Einmal schreit er, ich sei ein Junge, dann sei ich ein wunderbar sich dieses Land entwickelt hat. Ich bin Mann. Dann darf ich nicht ausreden. Es ist ein begeistert. Ich habe einmal nachgeschaut, aber merkwürdiger Stil, den die CDU am Ende ihrer wahrscheinlich wird Herr Voß jetzt wieder sagen, Amtszeit an den Tag legt. Offenkundig macht Sie das sind die falschen Statistiken, die vom Statisti- die Angst davor, die Staatskanzlei zu verlassen, schen Bundesamt: 15,08 € Brutto-Stundenlohn, doch sehr nervös. den im Durchschnitt in Thüringen jeder Arbeitneh- mer verdient, im Durchschnitt mit Arbeitgeberanteil. (Unruhe FDP) Das ist, werte Frau Ministerpräsidentin, das (Beifall DIE LINKE) Schlusslicht aller Löhne in Deutschland. Wie Sie daraus die höchste Dynamik ableiten können - ja, (Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Wie der wenn man vom untersten Punkt kommt und dann hier auftritt …) 5 Prozent zulegt oder 6 Prozent zulegt, dann ist das Auf diesen Friseur brauchen wir nicht eingehen, dynamisch. Aber dynamisch von nichts, dynamisch meine sehr verehrten Damen und Herren. von der Position der Altersarmut, die mit eingepreist ist und bei Kenntnisnahme … Deswegen fällt mir (Unruhe FDP) immer so der Scherz ein, als in Amerika einmal ge- 3,28 € Stundenlohn, Friseurhandwerk. Ich glaube, sagt wurde, wir haben eine Arbeitsmarktoffensive da sollte sich jeder an seine eigene Nase fassen. und dann meldet sich einer und sagt, ja, von den Arbeitsplätzen habe ich drei - wenn das die Haltung ist, dass wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass wir 14890 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Ramelow) in Thüringen 35 Prozent aller Beschäftigten als pre- Systemen, bei denen die Akteure der sozialen kär beschäftigt haben; prekär heißt zeitlich befristet, Markwirtschaft wieder gestärkt werden. niedriger Lohn, Aufstocker, alles das, woran sich (Beifall DIE LINKE) Herr Kemmerich auch bereichert hat. 35 Prozent der Beschäftigten sind in der prekären Beschäfti- Das kann ich durchaus zumindest in der Haltung gung. der CDU wenig bis gar nicht erkennen, dass das gemeint ist. Deswegen, meine Damen und Herren - (Unruhe FDP) und noch einmal, Frau Ministerpräsidentin, Sie ha- (Zwischenruf Abg. Barth, FDP: … Ein kleines ben gesagt, die Wirtschaftsleistung in Thüringen sei und ein großes Arschloch.) so toll gestiegen; das Bruttoinlandsprodukt pro Ein- wohner - das ist ein harter Fakt, eine harte Kenn- Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, zufrieden zahl - ist das zweitletzte in ganz Deutschland. Bei mit einem Arbeitsplatz ist das eine, die Frage der den Löhnen sind wir Letzter und beim Bruttoinland- Entlohnung und der Lebensperspektive das andere. sprodukt pro Einwohner sind wir Zweitletzter und Deswegen, Frau Ministerpräsidentin, bedrückt es bei dem produzierenden Gewerbe und Dienstleis- mich, dass 22 Prozent aller Betriebe, aller Unter- tungsgewerbe sind wir Zweitletzter. nehmen in Thüringen nur noch tariflich gebunden sind. Das heißt: 78 Prozent aller Betriebe in Thürin- (Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, gen sind nicht mehr tarifvertraglich geregelt, nicht Arbeit und Technologie: Was habt Ihr denn mehr tarifvertraglich gebunden. Da erwarte ich, für Zahlen?) dass eine Landesregierung deutliche Sprache Könnte man einmal dem Kollegen Höhn die Zahlen spricht. Wenn man das Hohelied auf die Tarifauto- geben, die liegen da - Statistisches Landesamt und nomie singt, muss man es auch deutlich machen, Bundesamt für Statistik. dass man die Tarifautonomie würdigt und dass man sie haben will und dass man sie in den Vordergrund (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Herr stellt und dass Betriebe, die angeworben werden, Ramelow, ich bin ruhig.) auch danach angeworben werden, ob sie einen Ta- (Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, rifvertrag einhalten. Arbeit und Technologie: Ich kann dir mal mei- (Beifall DIE LINKE) ne geben.) Wenn ein Betrieb nach Erfurt kommt und Tausende Ja, ich wäre vorsichtig, wenn ich meine eigenen von Arbeitsplätzen schafft und die einzige Bedin- Zahlen nehme. Auch das hatten wir schon mal in gung, die er erfüllen muss - zu Recht -, ist etwas diesem Land, meine sehr verehrten Damen und mehr als der jetzt beschlossene gesetzliche Min- Herren. destlohn. Das hat der damalige Wirtschaftsminister (Heiterkeit DIE LINKE) in den Förderbescheid hineingeschrieben. Da hat Ihre Fraktion und auch die FDP schon geschrien (Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das sind kei- und die IHK hat protestiert. Das ist aber Kannibalis- ne offiziellen Zahlen, Herr Kollege.) mus in der Branche. Ich hätte mir eine noch mutige- Ach, die LDPD war daran nicht beteiligt, Kollege re SPD gewünscht. Aber ich habe gesehen, wie sie Barth? Nein, sie war nicht Blockpartei. bekämpft worden ist und wie alle gesagt haben, diese Sozialdemokraten zerstören die Wirtschaft. Also, meine Damen und Herren, ich bin begeistert, Jetzt sehen wir, dass dieser Betrieb andere Bran- dass Thüringen so dynamisch ist wie Hamburg - chenbetriebe zerstört durch wirtschaftliche Macht. habe ich heute gelernt, ganz eindrucksvoll. Die Ver- Wer nämlich keinen Betriebsrat hat, keinen Be- mögen von Hamburg sind durchaus andere. Und triebsrat will und keinen Tarifvertrag zahlt, ist der die Besitzenden in Hamburg und das, was wir an wirtschaftlich Stärkere, der auf eine brutale Art die Industriebesatz in Hamburg haben, sind durchaus gesamte Branche auseinanderfledert. Deswegen ist auch andere, und wenn wir dann über das Thema der Tarifvertrag Versand und Einzelhandel, für den Erbschaftsteuern reden, würden wir wirklich über ich einmal viele Jahre gestanden habe, die Grund- Hamburg reden. Aber da hilft ja immer Ihre Partei lage einer solchen Beschäftigung und nicht ein er- dazu, dass das Thema Erbschaftsteuer nicht strin- fundener Begriff von dem, was sich Logistik nennt. gent auf die Tagesordnung gesetzt wird. Deswe- gen, meine Damen und Herren, Erhaltung der Kul- Deswegen ist der geringste Anteil von Mitbestim- turlandschaft, da kann ich nur sagen, das Beispiel mung in geordneten Betrieben in Thüringen kein Eisenach, liebe Frau Ministerpräsidentin, lässt grü- Markenzeichen, meine Damen und Herren, son- ßen. Die Orchestermusiker in Eisenach würden dern ein Zeichen dafür, dass Demokratie in Thürin- sich freuen, wenn Sie denn mal ein deutliches Wort gen wieder am Werkstor endet. Deswegen ist mein ergriffen hätten, wie es denn weitergeht mit der Be- Credo, unser Credo: mehr direkte Demokratie. Das zahlung in den Orchestern und Theatern. Ich glau- heißt auch Mitbestimmung, Mitbeteiligung, Tarifver- be, dass die Frage von Kulturraumfinanzierung träge und ein entsprechendes Ordnen von sozialen über den Kommunalen Finanzausgleich nicht aus- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14891

(Abg. Ramelow) reichend geklärt ist. Die Stadt Gera, die Stadt Alten- das wäre die Herangehensweise, die ich mir ge- burg und der Landkreis Altenburg finanzieren das wünscht hätte. Dann kommt das Beispiel, jetzt einzig übrig gebliebene Fünfspartenhaus und der schmeißen Sie sich im Wahlkampf vor jede Bürger- Landkreis Greiz legt keinen Cent dazu. Aber die initiative, bei der HGÜ-Leitung sogar noch mit Frau Hälfte der Besucher in Gera kommt aus Greiz. Schweinsburg, der Landrätin. Der Landkreis hat so- Warum ist es nicht möglich, dass sich auch die be- gar vergessen, überhaupt nur einen Einspruch zu nachbarten Regionen an der Finanzierung beteili- erheben. Aber sie demonstrieren vorne mit, weil gen? das so schick ist, wenn die Bürger draußen sind. Dolle Geschichte! Nur, wenn wir Investoren einla- Ein letztes Beispiel: Als Erfurter sage ich mal, ich den, hierherzukommen, und das hat Ihre Landesre- gönne es Weimar. Weimar kriegt einen Kulturzu- gierung getan, wenn man mit Trianel darüber redet, schuss von 60 Prozent. Das ist völlig berechtigt. ob sie Schmalwasser zu einem Pumpspeicherwerk Aber ich würde mir wünschen, dass Erfurt dann bauen, dann - aus populistischen Gründen - in Ih- auch 60 Prozent kriegt. Warum kriegt Erfurt 40 Pro- rem Wahlprogramm zu schreiben, dass wir keinen zent und Weimar 60 Prozent? Warum heißt es in Wind im Wald und kein Pumpspeicherwerk wollen, Eisenach „Landestheater“ und bekommt nicht mal heißt ja, dass Sie über Ihr Wahlprogramm als CDU ansatzweise so viel Geld, um das Theater finanzie- einem Investor, der über 1 Mrd. € nach Thüringen ren zu können? So weit Ihr Satz, Sie haben kein bringen will, sagen, er ist nicht willkommen, obwohl Theater geschlossen. Nein, Sie haben es weiter Sie ihn selber eingeladen haben. Wie gehen Sie aushungern lassen und warten dann, was nach der denn mit Investoren um? Wie gehen Sie denn mit Wahl passiert, damit es vorher nicht bemerkt wird. Zukunft um? Eine letzte Bemerkung: Das Thüringer Erziehungs- (Beifall DIE LINKE) geld haben wir hier mehrfach debattiert. Ich bin ge- spannt, wann endlich mal eine Mehrheit in diesem Dann kann ich sagen, ja, Trianel, das Projekt ist Landtag zustande kommt, damit dieses Erzie- umstritten und wir müssen gründlich über das Pro- hungsgeld, das doppelt gezahlt wird, endlich abge- jekt reden und am Ende müssen wir - da hat Trianel schafft wird zugunsten der Kita-Finanzierung. am runden Tisch eine hervorragende Arbeit ge- macht, die haben mit allen Bürgern permanent je- (Beifall DIE LINKE) den Planungsschritt erarbeitet. Wenn das jetzt um- Ich denke, wir warten jetzt mal ab, was der Rech- gesetzt wird, da gibt es einen Vorschlag der Grü- nungshof dazu zu sagen hat. Angeknüpft an das, nen, den ich sehr sympathisch finde, eine Volksab- was der Bund macht, wäre es längst notwendig, stimmung in Thüringen, damit man sagt, wenn wir das Geld umzulenken zugunsten einer besseren Ki- denn über Fernwasserpreise und über Pumpspei- ta-Finanzierung. cherwerke reden wollten, dann soll das Volk, dann soll der Souverän entscheiden. Aber was Sie ma- Dann zur Energiewende, Frau Ministerpräsidentin: chen, Sie sagen der Geschäftsführung von Trianel Sie haben voller Stolz die Energiewende genannt. im persönlichen Gespräch, nehmt das nicht so Sie haben sich persönlich eingebracht, dass die ernst, was im Wahlprogramm steht, das wird ja HGÜ-Leitung, Hochspannungs-Gleichstrom-Über- doch nicht umgesetzt oder jedenfalls nicht ganz. tragungsleitung, in Ostthüringen nicht kommen soll. Aber in der Zwischenzeit sagt Trianel, auf der Basis Sie haben jetzt verkündet, sie kommt anders. Ich kann man politisch als Investor nicht arbeiten. Da habe jetzt nachgelesen und stelle fest, ja, sie sage ich: Ja. Wer die Energiewende will, muss mit kommt anders. Auf den Anfang kommt es an, Chri- Schmalwasser ein vernünftiges Projekt haben, stoph Matschie, das würde ich sonst immer nur bei muss aus der stillgelegten Trinkwassertalsperre ein Bildung sagen. Auf den Anfang kommt es an. Jetzt Energiezentrum machen, damit Geld verdient wird startet diese HGÜ-Leitung in der neuen Planung in und auch damit der Fernwasserpreis reduziert wird. Mecklenburg-Vorpommern. Auf den Anfang kommt Die Bürger in Thüringen haben ein Recht darauf, es an. In Thüringen wird sie immer noch den glei- dass der Fernwasserpreis als ein Element deutlich chen Weg gehen. Die Frage der Energiewende und gesenkt wird. Wir haben das höchste Trinkwasser- der Energiearchitektur, liebe Frau Ministerpräsiden- dargebot aller Bundesländer und den höchsten tin, der Masterplan für die Energiewende für Thürin- Wasserpreis. Den Widerspruch erklären Sie mir bit- gen, den habe ich vermisst. Ein einheitliches Han- te mal. Ich verstehe ihn nicht, die Bürger verstehen deln, dass alle Ministerien und alle nachgeordneten ihn nicht, die Industrie und die Wirtschaft verstehen Dienststellen und Behörden daran arbeiten, damit ihn nicht, das ist ein Standortnachteil. Da kann ich wir einen einheitlichen Masterplan für die Energie- nur sagen: Vielen Dank, CDU. 24 Jahre haben Sie wende haben, dass Energieproduktion die Wert- hier die Richtlinienkompetenz gehabt. Es bleibt üb- schöpfung in Thüringen lässt und jede Region so rig der höchste Schuldenberg - vielen Dank, CDU - viel Energie und Wärme selber produziert, wie sie und es bleibt übrig eine zertrümmerte Energieland- verbraucht, schaft, bei der Investoren vor das Land gejagt wer- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) den, weil Sie in billigem Populismus - kein Wind im 14892 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Ramelow) Wald, keine HGÜ-Leitung, wenigstens nicht in Thü- senschaften, Bürgergenossenschaften selbst an- ringen, Hauptsache, sie kommt in Sachsen. Man fangen, den ländlichen Raum zu füllen. Deswegen, sollte Ihnen den Heiligen Sankt Florian verleihen, meine Damen und Herren, ich glaube, es wird Zeit, liebe Frau Ministerpräsidentin. Das ist bitte im Wahl dass nach 24 Jahren der Richtlinienkompetenz der ... CDU der Wähler entscheiden sollte, wie der Weg in Zukunft ist. Ich finde, liebe Frau Ministerpräsidentin, (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- zur Demokratie gehört der Wechsel. Und der tin: Reden Sie mal mit Ihrer Frau Enders!) Wechsel hat es auch in sich, dass man der CDU Das kann ich Ihnen sagen, liebe Frau Ministerpräsi- gestattet, sich in der Opposition zu erholen. Vielen dentin, mit Frau Enders rede ich regelmäßig. Sie Dank. haben immer geschwiegen. Hier im Landtag haben (Beifall DIE LINKE) Sie immer geschwiegen. Frau Enders hat den kon- sequenten Weg mit den Bürgern begangen und klagt derzeit beim Bundesverfassungsgericht, Vizepräsident Gentzel: (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Ab- tin: Ja, wogegen?) geordneter Dr. Pidde von der SPD-Fraktion. ob die - ja, aber Sie haben doch als Ministerpräsi- Abgeordneter Dr. Pidde, SPD: dentin dazu geschwiegen. Jetzt berufen Sie sich doch bitte nicht auf Frau Enders, die heute Landrä- Herr Präsident, meine Damen und Herren, fünf Jah- tin ist und vor den Bürgern gestanden hat, re Schwarz-Rot waren gut für die Menschen in Thü- ringen. Thüringen ist besser geworden, familien- (Beifall DIE LINKE) freundlicher, bürgerfreundlicher. mit den Bürgern gekämpft hat und den Bürgern im- (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ mer wieder gesagt hat, es geht nicht darum, die DIE GRÜNEN: Ist das noch mal die gleiche Leitung nicht hier zu bauen, sondern es geht dar- Erklärung?) um, eine andere Energiearchitektur zu haben. Und dann muss für jede Leitung nachgewiesen werden, Wir haben die besten Kindertagesstätten in ganz ob sie überhaupt gebraucht wird. Im Moment kom- Deutschland geschaffen. In den Brennpunkten Re- men die Investoren der Hochspannungsgleich- gelschule und Berufsschule haben wir 250 Stellen stromübertragung und sagen, für 7 bis 9 Prozent für Schulsozialarbeiter eingerichtet. Wir haben da- Garantierendite bauen wir durch das Land für gesorgt, dass das Erststudium an den Thüringer zehn Leitungen, Hauptsache, die Rendite stimmt. Hochschulen wieder frei jeglicher Gebühren ist. Da- von profitieren insbesondere die Familien mit Kin- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Hört die- dern. sen Mann.) Meine Damen und Herren, die Regierungskoalition Dazu, liebe Frau Ministerpräsidentin, haben Sie in hat Thüringen vorangebracht und wichtige Wei- der MPK-Runde, als Sie Vorsitzende waren, ge- chenstellungen für die Zukunft vorgenommen. Wir schwiegen. Ihr Land hat dazu geschwiegen, es gibt haben die Weichen dafür gestellt, dass Menschen keine Einsprüche. Es gab keinen Einspruch, als Arbeit haben mit Löhnen, von denen sie vernünftig das Bundesgesetz zum Ausbau von Energieleitun- leben können. Wir haben mit dem Thüringer Verga- gen kam, das sogenannte EnLAG - Energielei- begesetz absolutes Neuland betreten. Wir haben tungsausbaugesetz -, dagegen klagt nämlich Frau durch die Einführung der Gemeinschaftsschule die Enders. Sie hat Sie immer wieder eingeladen, Weichen gestellt für längeres gemeinsames Lernen auch, als sie noch hier im Landtag war, mit ihr ge- bis zur 8. Klasse. meinsam den Kampf zu führen. Sich jetzt hinter Frau Enders zu verstecken, um in Ostthüringen ge- (Beifall SPD) gen die Hochspannungsgleichstromleitung zu pro- Die Früchte mancher Maßnahmen werden wir erst testieren, das ist der Heilige Sankt Florian. Sie in Jahren einfahren. Es ist aber wichtig, dass die schmeißen sich im Moment nur vor Bürgerinitiati- Koalition die Weichen richtig gestellt hat. ven, wenn Sie glauben, damit Wahlkampf machen zu können. Hören Sie auf, den Wahlkampf auf dem Meine Damen und Herren, natürlich sehen das die Rücken der Bürger und mit den Ängsten der Bürger Oppositionsfraktionen ganz anders. Das ist auch ih- zu machen. re Rolle als Kontroll- und Kritikinstanz im Plenum und in den Ausschüssen. Ich finde es auch immer (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das ma- wichtig, sich mit den Argumenten der Opposition chen Sie die ganze Zeit. Junge, Junge, Jun- auseinanderzusetzen, weil das produktiv für die ei- ge.) gene Arbeit ist. Ich hätte aber eben bei der Rede Laden Sie die Bürger ein zur Energiewende und von Kollege Ramelow erwartet, dass wir mehr über lassen Sie uns dafür sorgen, dass Energiegenos- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14893

(Abg. Dr. Pidde) Ideen und deren Umsetzung hören, als nur morali- aber auch, dass ich unser Regierungshandeln ehr- sierende Appelle und Schwarzmalerei. lich bewerten möchte. Dazu gehört ein kritischer Blick darauf, wo es uns an Weitblick gefehlt hat, (Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: was wir noch vor uns haben und was wir hätten Das ist aber die Realität.) besser machen können. Ihre Rolle nutzen die Oppositionsfraktionen aber Meine Damen und Herren, grundsätzlich bleibt fest- auch immer häufiger zum Nutzen der eigenen Profi- zustellen, die Bilanz der Regierungskoalition kann lierung, sonst werden sie ja oft nicht wahrgenom- sich sehen lassen. Wir haben Meilensteine in der men. Arbeitsmarktpolitik, in der Bildungspolitik und der (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ Familienpolitik gesetzt. Den Herausforderungen in DIE GRÜNEN: Das gehört, glaube ich, zum den Bereichen der Wirtschaftspolitik, der Finanzpo- Geschäft.) litik und der Energiepolitik sind wir mit zukunftswei- senden Konzepten begegnet. Meine Damen und Herren, die gemeinsame Bilanz von CDU und SPD kann sich sehen lassen. In den Meine Damen und Herren, Thüringen ist auf gutem Jahren der nun zu Ende gehenden Legislaturperi- Wege. Ein großer Kurswechsel ist uns gelungen. ode haben wir in vielen Bereichen Reichliches be- Wir haben Neues gewagt und wir können heute sa- wegen und erreichen können. Von einem zu gen, in keiner Legislaturperiode zuvor hat Thürin- 90 Prozent abgearbeiteten Koalitionsvertrag träu- gen so eine erfolgreiche Wirtschafts- und Arbeits- men andere Regierungen. Das spricht für sich. Klar marktpolitik betrieben. In keiner Legislaturperiode muss man sich aber auch darüber sein, dass dies zuvor hat Thüringen so erfolgreich gewirtschaftet ohne den weitsichtigen, nach vorn gerichteten Poli- und Schulden getilgt, so dass die laufende Wahlpe- tikansatz von uns Sozialdemokraten nicht möglich riode im Saldo als erste Legislaturperiode ohne gewesen wäre. Für gute Politik reicht es nicht aus, neue Schulden in die Geschichte Thüringens einge- einfach nur zu reagieren. Man muss stattdessen hen wird. vor allem vorausschauend agieren und die langfris- (Beifall SPD) tigen Ziele über die Wahlperiode hinaus im Blick haben. Diesem Grundsatz sind wir schon beim In keiner Legislaturperiode gab es so viele Neuein- Aushandeln des Koalitionsvertrags gefolgt. Deshalb stellungen von Lehrerinnen und Lehrern. In keiner sehen wir uns als Motor der Koalitionsregierung. Legislaturperiode wurde so viel auf frühkindliche Bildung gesetzt. In keiner Legislaturperiode zuvor (Beifall SPD) hat der Thüringer Justizvollzug so große Fortschrit- Meine Damen und Herren, trotzdem bleibt klar fest- te gemacht. zustellen, dass die erfolgreiche Reformpolitik der (Beifall SPD) vergangenen fünf Jahre das Ergebnis gemeinsa- mer konstruktiver Arbeit ist. Dafür möchte ich mich Und in keiner anderen Legislaturperiode zuvor zuallererst bei den Abgeordneten der CDU-Frak- sprach sich der gesamte Landtag so deutlich gegen tion, insbesondere bei meinem Fraktionsvorsitzen- antidemokratische, rechtsextremistische Kräfte aus. denkollegen Mike Mohring, bedanken. Wir pflegten (Beifall DIE LINKE, SPD) eine streitbare Diskussionskultur. Im Interesse der Thüringer Bürgerinnen und Bürger haben wir keine Meine Damen und Herren, wir können mit Zuver- Auseinandersetzungen gescheut, um vernünftige sicht sagen, dass sich die Lebenssituation in Thü- Kompromisse zu erzielen. Mein Dank gilt aber auch ringen in den letzten fünf Jahren spürbar verbessert der Ministerpräsidentin und dem gesamten Kabinett hat und die Thüringerinnen und Thüringer mit Opti- für die gute Zusammenarbeit und für die Einbezie- mismus in die Zukunft blicken können. hung der Fraktionsvorsitzenden in die Regierungs- Lassen Sie mich auf einige Bereiche konkreter ein- arbeit. Der Thüringen-Trend, der gerade vorgelegt gehen. Am Anfang der Legislaturperiode haben wir worden ist, zeigt uns: Für unsere Arbeit bekommen ein großes Gerechtigkeitsdefizit auf dem Arbeits- wir von den Bürgerinnen und Bürgern zwar kein ex- markt vorgefunden. Mit einer Arbeitslosenquote von zellentes, aber ein gutes Zeugnis. 11,4 Prozent und einer Jugendarbeitslosigkeit von Meine Damen und Herren, der berühmte französi- 10,4 Prozent - bei einem Bundesdurchschnitt von sche Schriftsteller und politische Publizist Victor 8,1 Prozent - stand es nicht gut um die Zukunftsfä- Hugo sagte einmal: „Genau zu wissen, wie viel von higkeit des Thüringer Arbeitsmarktes. Mit den richti- der Zukunft in die Gegenwart eingehen kann, das gen Initiativen der Minister Matthias Machnig und ist das Geheimnis einer guten Regierung.“ Dieses Uwe Höhn konnte eine Trendwende eingeleitet Selbstverständnis von Politik bedeutet, über den werden. Heute steht der Freistaat auf dem 3. Platz Tellerrand zu schauen und auf einen Weitblick nicht im Dynamikranking der Entwicklung der Arbeitslo- verzichten zu wollen. Ich möchte mich im Folgen- senquote in den Bundesländern. Prekäre Beschäfti- den auf das konzentrieren, was für die Gestaltung gungsverhältnisse, die in der letzten Legislaturperi- unserer Zukunft besonders wichtig war. Das heißt ode noch rasch angewachsen waren, sind zudem 14894 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Dr. Pidde) inzwischen erheblich zurückgegangen. Die Thürin- scheidend verbessert. Das Landesarbeitsmarktpro- ger Wirtschaftsminister haben mit einer ganzen gramm wird im Vergleich zu den 16 Bundesländern Reihe von Initiativen für die Steigerung der Attrakti- unter Arbeitsmarktexperten gelobt und als ein er- vität des Lebens- und Arbeitsortes Thüringen ge- folgreiches Programm herausgestellt. Dieses und sorgt. Wir haben ein Vergabegesetz geschaffen, weitere Initiativen wie „Thüringen braucht dich“ sind das sich nach sozialen und ökologischen Kriterien das beste Beispiel dafür, wie sozialdemokratische bei der Vergabe von staatlichen Aufträgen ausrich- Arbeitsmarktpolitik wirkt. tet und tarifrechtliche Standards einfordert. Für Meine Damen und Herren, ein Großteil dieser Pro- neue Impulse in der Wirtschafts-, Innovations- und gramme wäre ohne den gelungenen Einsatz von Forschungspolitik wurde durch eine gezielte An- europäischen Mitteln nicht umzusetzen gewesen. siedlung des Thüringer ClusterManagements bei Allein die Tatsache, dass die regierungstragenden der LEG gesorgt. So können Potenziale durch die Koalitionsfraktionen alles daran gesetzt haben, ein Bildung von Netzwerken in diesem Bereich besser zentrales Versprechen des Koalitionsvertrags ein- ausgeschöpft werden. Die für Thüringen typischen zuhalten und umzusetzen, nämlich die vollständige kleinen und mittleren Unternehmen sind dadurch in Kofinanzierung aller EU- und Bundesmittel, zeigt, Fragen der Investitionen, der Technologieentwick- welchen Stellenwert dieser Bereich für uns hat. Oh- lung und der Fachkräftegewinnung besser aufges- ne jeglichen Zweifel kann festgestellt werden: Thü- tellt. Von diesen Clustern gehen erhebliche Wachs- ringen hat mit der Gesetzesinitiative für einen flä- tumsimpulse aus. chendeckenden Mindestlohn einen wichtigen Dis- Weitere Maßnahmen, die durch das Wirtschaftsmi- kurs eröffnet und damit die Grundlage für die Ein- nisterium initiiert worden sind, dienen der Steige- führung des gesetzlichen Mindestlohns auf Bundes- rung des Wirtschaftswachstums in Thüringen. Ein ebene gelegt. Gut ist, was faire Arbeit ermöglicht, markantes Beispiel dafür ist die Wirtschaftsförde- und gut sind nur Beschäftigungsverhältnisse, wo rung. Fast 750 Mio. € wurden in den vergangenen Arbeit fair entlohnt wird. Deshalb werden auch in Jahren aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesse- Thüringen seit 2011 Lohnkostenzuschüsse für Ar- rung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ an Unter- beitsplätze aus dem Europäischen Sozialfonds nur nehmen zur Verfügung gestellt. noch bei Entlohnung nach Tarif oder bei einem Min- destlohn von über 8,33 € ausgezahlt. Das ist Ar- Ebenso positiv wirkt die Breitbandinitiative, auf die beitsmarktpolitik, die sich sehen lassen kann. die Ministerpräsidentin in ihrer Regierungserklärung hingewiesen hat. Schnelles Internet ist heutzutage Für die Zukunft müssen wir diese Politik der fairen ein Standortfaktor, ohne den eine dynamische Wirt- und höheren Entlohnung und der guten Arbeit fort- schaftsregion nicht auskommen kann. Die Koali- führen. Darüber hinaus muss es Thüringen gelin- tionsfraktionen haben die Zeichen der Zeit erkannt gen, 280.000 Fach- und Arbeitskräfte bis 2025 zu und gehandelt. rekrutieren, um die gute wirtschaftliche Entwicklung des Landes fortzusetzen. Wie immer zeichnen sich Meine Damen und Herren, klimatische und geogra- die Aufgaben für die nächste Legislaturperiode fische Standortfaktoren können wir nicht ändern, schon jetzt ab. wir können den Wind nicht ändern, aber wir können die Segel richtig setzen. Deshalb ist es umso wich- Meine Damen und Herren, die Koalition hat dafür tiger, einen Standort mit guten Verkehrsanbindun- gesorgt, dass Thüringen ein Familienland ist. Mit gen, mit einem differenzierten Förderangebot, mit der Kita-Reform haben wir die zentralen Ziele des guten Energienetzen und mit guter lokaler Vernet- Volksbegehrens „Für eine bessere Familienpolitik“ zung der Akteure vorweisen zu können. umgesetzt. Wir haben im Thüringer Kindertagesein- richtungsgesetz einen Rechtsanspruch auf die Be- (Beifall SPD) treuung für Kinder ab dem ersten Geburtstag bis Unser Ansatz von guter Wirtschaftspolitik hat sicht- zum Grundschulalter im Umfang von täglich 10 bare Spuren hinterlassen. Stunden gesetzlich verankert. Gleichzeitig ist der Betreuungsschlüssel erheblich verbessert worden, Meine Damen und Herren, wir haben mit dem neu so dass seit 2010 mehr als 2.500 zusätzliche Erzie- eingeführten Landesarbeitsmarktprogramm 13.900 herinnen, es sind auch ein paar Erzieher dabei, im Menschen, die zuvor keine Chance auf dem Ar- Thüringer Kita-Bereich arbeiten. Das ist in Deutsch- beitsmarkt hatten, neue Perspektiven eröffnet. Seit land Spitze. 2010 setzte Thüringen zusammen mit Geldern aus dem Europäischen Sozialfonds jährlich jeweils Meine Damen und Herren, nicht nur bei der früh- 15 Mio. € für dieses Programm ein. So gelang es kindlichen Bildung haben wir Thüringen vorange- uns, rund 4.700 Menschen in sozialversicherungs- bracht. Die Erfolge in der Bildungspolitik ziehen pflichtige Beschäftigung oder in eine Ausbildung zu sich wie ein roter Faden vom Kindergarten über die vermitteln. Damit haben wir die Bedingungen und Schule bis hin zu den Hochschulen und der Wis- die Möglichkeiten für den Zugang zum Arbeitsmarkt senschaftsförderung. Seit 2010 haben wir die Zahl und der beruflichen und sozialen Integration ent- der Neueinstellungen in den staatlichen Schuldienst Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14895

(Abg. Dr. Pidde) deutlich erhöht. Mit diesem großen Einstellungskor- Krankenhausgesetzes, des Wohn- und Teilhabege- ridor tragen wir wesentlich zur besseren Unter- setzes und der Erarbeitung des Landesprogramms richtsabsicherung bei, minimieren den Stundenaus- Schulsozialarbeit erreichen. fall und bieten Thüringer Nachwuchspädagogen Meine Damen und Herren, all diese Maßnahmen mehr Beschäftigungsperspektiven in ihrem Heimat- zum Wohle der Menschen in Thüringen wurden von land. der Koalition realisiert, ohne neue Schulden auf die (Beifall SPD) alten Schuldenberge zu packen. Dabei hätten die fi- nanzpolitischen Rahmenbedingungen für den Be- Dementsprechend haben wir auch für den Gemein- ginn unserer gemeinsamen Regierung nicht un- samen Unterricht die notwendigen Ressourcen be- günstiger sein können. Es war die Zeit des Höhe- reitgestellt und die fachliche Beratung verbessert. punkts der Wirtschafts- und Finanzkrise. Aber CDU Damit sind wir in Thüringen auf einem guten Weg, und SPD haben dafür gesorgt, dass in Thüringen in die UN-Behindertenrechtskonvention im Schulbe- der Krise mit Augenmaß und Weitblick gehandelt reich schrittweise umzusetzen. Die Ausweitung des wurde. Durch gezielte Investitionen hat das Land Einstellungskorridors auf 500 Stellen im aktuellen die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2010 Haushaltsjahr war mit dem Koalitionspartner aller- und 2011 gut gemeistert. Mit dem Schwung dieser dings nicht zu vereinbaren, sie wäre aber zum Förderung ist es uns gelungen, gestärkt aus der schrittweisen Aufbau einer Vertretungsreserve in Krise hervorzugehen. den einzelnen Schulamtsbezirken notwendig gewe- sen. (Beifall SDP) (Beifall SPD) Meine Damen und Herren, die wirtschaftliche Erho- lung Deutschlands insgesamt, aber auch die gute Meine Damen und Herren, die Finanzzuweisungen Entwicklung Thüringens machten es bereits 2012 an die Thüringer Hochschulen haben wir deutlich wieder möglich, einen Haushalt ohne neue Schul- erhöht. Mit der Rahmenvereinbarung III werden den den aufzustellen. Hochschulen für die Jahre 2012 bis 2015 zusätzlich 121 Mio. € zur Verfügung gestellt. Damit nicht ge- (Beifall SPD) nug: Durch die Festschreibung in der Hochschul- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das strategie 2020 hat die Koalition bereits jetzt dafür ist doch aber kein Wert an sich.) gesorgt, dass die Thüringer Hochschulen vom Land auch ab 2016 nachhaltig und verlässlich ausfinan- Sparanstrengungen bei der Aufstellung des aktuel- ziert werden. Dabei sind wir den Empfehlungen des len Doppelhaushalts, strikte Ausgabendisziplin aller Wissenschaftsrats gefolgt und haben den Hoch- Ministerien und natürlich auch die guten Steuerein- schulen jährlich die wissenschaftsspezifischen Kos- nahmen führten 2013 zu einem hohen Überschuss, tensteigerungen plus 1 Prozent als Aufwuchs ga- der eine zusätzliche Schuldentilgung ermöglichte. rantiert. Das entspricht etwa einem jährlichen Mitte- Somit ist es in Thüringen erstmals zu verzeichnen, laufwuchs von 4 Prozent. Das ist bundesweit bei- dass eine Regierung ihrer Nachfolgeregierung nicht spielhaft. mehr Schulden überlässt, als sie selbst zu Beginn der Legislatur vorgefunden hat. Wenn das kein fi- (Beifall SPD) nanzpolitischer Erfolg ist! Meine Damen und Herren, wer unterstützt mich, (Beifall SPD) wenn ich Angehörige pflegen muss, wer hilft mir, wenn ich gepflegt werden muss? Diese Fragen ge- Meine Damen und Herren, die Novellierung des winnen durch den zunehmend sichtbar werdenden Kommunalen Finanzausgleichs war eine Aufgabe, demografischen Wandel immer mehr an gesell- die sich die Koalitionsfraktionen im Koalitionsver- schaftlicher Bedeutung. Zur guten Pflege gehört der trag für diese Wahlperiode vorgenommen haben. Einsatz für eine adäquate tarifliche Entlohnung. Um Nach intensiver Vorarbeit durch den Finanzminister diesem Anspruch im Koalitionsvertrag gerecht zu wurde der Kommunale Finanzausgleich schließlich werden, hat die Sozialministerin Heike Taubert durch die Regierungskoalition auf eine neue ge- einen wichtigen Schritt unternommen. Nach intensi- setzliche Grundlage gestellt. ven Beratungen mit Anbietern von Pflege, den Kos- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Er tenträgern im Bereich der Pflege und den Sozial- wurde verschlimmbessert.) verbänden wurde im November 2012 der soge- nannte Thüringer Pflegepakt erarbeitet und unter- Die SPD-Fraktion hat hierbei unter anderem die zeichnet. Dieser hat die Sicherung von Fachkräften Einführung eines Anpassungsfonds gefordert, der in der Pflege, eine Verbesserung des Images der später auch kam, und eines Kulturlastenausgleichs Pflegeberufe und vor allem eine bessere Entloh- durchgesetzt. Im Frühjahr 2014 wurde nach Forde- nung der in der Pflege Tätigen zum Ziel. rung meiner Fraktion bei der kommunalen Finanz- ausstattung auch noch einmal nachgebessert. Das Weitere strukturelle Verbesserungen im sozialen Land greift klammen Kommunen in den Jahren Bereich konnten wir durch die Modernisierung des 14896 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Dr. Pidde) 2014 und 2015 im Rahmen eines kommunalen die weiter gehenden zukünftigen Reformvorhaben Hilfspakets mit 136 Mio. € zusätzlich unter die Ar- zumindest nicht im Wege stehen. Hier wäre mehr me. möglich gewesen. Meine Damen und Herren, es hat sich insgesamt (Beifall SPD) herauskristallisiert, dass die Thüringer Kommunen Meine Damen und Herren, fünf Jahre CDU-SPD- derzeit nur mit den aufgelegten Hilfspaketen über Regierungskoalition in Thüringen zeigen uns, es ist die Runden kommen. Es hat sich gezeigt, dass der enorm viel erreicht worden. KFA in der Umsetzung nicht die Wirkung zeigt, die wir uns wünschen. (Beifall SPD) (Beifall DIE LINKE, SPD) Aber wir richten auch den Blick nach vorn auf die kommende Legislaturperiode. Noch stärker als bis- Deshalb ist eine Revision des Kommunalen Finanz- her werden wir uns auf den Zukunftsfeldern wie ausgleichs dringend erforderlich. Nach der Land- wirtschaftliche Innovation, Fachkräftegewinnung, tagswahl wird meine Fraktion das angehen. Wir Gestaltung des demografischen Wandels, gute Bil- werden den KFA nachbessern und den tatsächli- dung und Ausbildung, handlungsfähige Kommunen, chen Finanzbedarf moderne Infrastruktur engagieren und dort die poli- (Beifall SPD) tischen Schwerpunkte setzen der Kommunen sicherstellen. (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Da müssen Sie wieder Geld ausgeben.) (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Herr Hey sieht verfassungsrechtliche Bedenken.) mit neuen Konzepten und im Dialog mit allen Betei- ligten. Die Menschen in Thüringen haben es auch Wichtig ist dabei, einen realistischen Ansatz für verdient, dass es endlich auch hierzulande wie in Kostensteigerungen bei Personal, Energie und im 12 anderen Bundesländern ein Bildungsfreistel- Sozialbereich zu berücksichtigen. Den bestehen- lungsgesetz gibt. Für die weitere Verbesserung der den Investitionsstau an kommunalen Einrichtungen Kinderbetreuung und der Familienfreundlichkeit werden wir stärker berücksichtigen. Wir werden müssen die Mittel eingesetzt werden, die wir durch darauf achten, dass spezielle Leistungen, zum Bei- die Abschaffung des Landeserziehungsgelds ein- spiel die Mittel für die Kinderbetreuung, auch unmit- sparen wollen. telbar vor Ort ankommen. Wir wollen Sonderbedar- fe von Städten und Gemeinden wie zum Beispiel (Beifall SPD) den finanziellen Mehrbedarf von Kur- und Fremden- Der Rechnungshof schreibt uns ins Stammbuch, verkehrsorten im Kommunalen Finanzausgleich genauer gesagt in den aktuellen Rechnungshofbe- besser berücksichtigen. richt: Eine Verwaltungs- und Gebietsreform würde (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das helfen, die finanzpolitischen wie demografischen habt Ihr doch von uns abgeschrieben, Herausforderungen zu meistern. Verwaltungsein- Mensch. Das geht mit Herrn Voß aber nicht.) heiten müssen ausreichend groß sein, um effektiv arbeiten zu können. Für die Sozialdemokraten sind Das Land soll zukünftig die Kosten des Winter- diese Punkte ein Ansporn für die nächste Legisla- dienstes in Ortsdurchfahrten von Bundes- und Lan- turperiode. desstraßen komplett übernehmen. Das ist effizient und gerecht, denn es befreit die Kommunen in den Meine Damen und Herren, zum Abschluss möchte Höhenlagen Thüringens von einer überproportiona- ich aus aktuellem Anlass auf den Kampf gegen len finanziellen Last. rechtsextremistische Kräfte zu sprechen kommen. In dieser Legislaturperiode bestürzte die Enthüllung (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Jetzt von bundesweit neun rechtsmotivierten Morden an lasst uns doch auch noch etwas übrig. Das ausländischen Mitbürgern jeden von uns. Die Mord- ist alles von uns abgeschrieben.) taten des Nationalsozialistischen Untergrunds er- (Beifall SPD) schütterten auch unsere Wahrnehmung und unser Sicherheitsgefühl. Die Enthüllungen zum Behörden- Meine Damen und Herren, beim Umbau der Ver- versagen im Fall der NSU-Mordserie zerstörte un- waltung in Thüringen sind wir leider nicht so voran- ser Vertrauen in die Arbeit der Thüringer Sicher- gekommen, wie wir uns das vorgenommen hatten. heitsbehörden und ließ uns an dessen Funktionsfä- Eine in sich geschlossene Verwaltungs-, Funktio- higkeit zweifeln. Nichts gehört, nichts gesehen, nal- und Gebietsreform war vom Koalitionspartner nichts gesagt - das ist wohl zu einem Sinnbild des nicht gewünscht. So hatte die eingesetzte Gutach- Verfassungsschutzes geworden. Eine Behörde oh- terkommission mit ihren guten Ideen im Grunde nie ne Erinnerungsvermögen, und zwar ausgerechnet eine echte Chance. Am Ende wurden auf Basis der dort, wo es am nötigsten gebraucht wird. Hier Kommissionsergebnisse die Strukturreformen in möchte ich noch einmal betonen, dass es die SPD- der Verwaltung vereinbart und in die Wege geleitet, Fraktion war, die als erste Fraktion des Thüringer Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14897

(Abg. Dr. Pidde) Landtags im Januar 2012 die Einsetzung eines par- Residenzpflicht diskutieren müssen, sondern mehr lamentarischen Untersuchungsausschusses forder- und mehr den Gedanken der Vielfalt leben. te, um ein Fehlverhalten der Thüringer Sicherheits- (Beifall SPD) und Justizbehörden im Umgang mit der rechtsterro- ristischen Vereinigung NSU aufzuklären und daraus (Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS Konsequenzen für die zukünftige Arbeit der Sicher- 90/DIE GRÜNEN: Da müssen Sie auch ent- heitsbehörden zu ziehen. Bis dahin unvorstellbare sprechend abstimmen heute.) Defizite wurden durch die akribische Arbeit der Heute sind die ewig Gestrigen vor den Türen des Ausschussmitglieder aufgedeckt. Nicht nur der Vor- Landtags gewesen. Rassismus und Menschenver- sitzenden Dorothea Marx, sondern allen Mitgliedern achtung haben jedoch keinen Platz hier im Landtag des Untersuchungsausschusses gilt dafür mein be- und ganz besonders an diesem Rednerpult. Und sonderer Dank. das muss so bleiben. (Beifall SPD) (Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS Meine Damen und Herren, erste Ergebnisse aus 90/DIE GRÜNEN) den Untersuchungen zum Behördenversagen bei der Aufdeckung der sogenannten NSU-Affäre wur- Vizepräsident Gentzel: den in die Reform des Thüringer Verfassungs- schutzgesetzes einbezogen. Die Reform konnten Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Ab- wir gestern mit der Verabschiedung der Gesetzes- geordneter Barth von der FDP-Fraktion. novelle auf den Weg bringen. Darin haben wir die wirksame Kontrolle der Tätigkeit des Verfassungs- Abgeordneter Barth, FDP: schutzes durch das Parlament sichergestellt und Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und dafür gesorgt, dass sich der Geheimdienst im Rah- liebe Kollegen! Frau Ministerpräsidentin, Sie haben men seiner Tätigkeit künftig auf die Ausforschung uns über 83 Minuten lang eine gefühlt 71 Seiten gewaltbereiter rechtsextremistischer Strukturen be- lange, aus meiner Sicht relativ uninspirierte Anein- schränkt. Das ist ein großer Erfolg. anderreihung der Zuarbeiten aus den verschiede- (Beifall SPD) nen Häusern Ihrer Landesregierung vorgetragen. Das hieß Regierungserklärung. Meine Damen und Herren, unsere Arbeit ist damit nicht getan. Thüringen wird internationaler und un- (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ sere Kultur ist genauso im Wandel wie unsere Ge- DIE GRÜNEN: Vorgelesen war die.) sellschaft. Migrationskulturen sind ein dynamischer Hier 200 Mio. € mehr für Busse, dort einen Klima- und integraler Bestandteil der Gesamtkultur und beirat und einen Klimagipfel, da 10 Mio. für Schul- kein Randphänomen. Der Thüringen-Monitor zeigt sozialarbeiter, TIZIAN, ThAFF, ThEGA, ThEO, über uns in dieser Legislaturperiode, dass ein erhebli- eine Stunde lang. Das war ganz schön anstren- cher Teil von Thüringerinnen und Thüringern Denk- gend, mustern folgt, die dem rechten Spektrum nahe sind. Er hat uns aber auch gelehrt, worauf wir Sozialde- (Beifall FDP) mokraten immer wieder aufmerksam gemacht ha- nicht nur für Sie, das hat man auch gemerkt. Aber ben: Rechtsextremistische Umtriebe sind keine ich will mit dem beginnen, in dem wir übereinstim- Randerscheinungen, auch wenn der Monitor kon- men. Das dauert nicht lange, ist aber wichtig, gera- statierte, dass die rechtsextremen Einstellungen zu- de auch nach der Rede von Herrn Ramelow. rückgegangen seien und demzufolge unsere ge- meinsamen Anstrengungen in gewissem Maße wir- Meine Damen und Herren, vor 25 Jahren, im kungsvoll waren. Gesetzesinitiativen reichen nicht Herbst 1989, da hat der Sturm der Friedlichen Re- aus, um Menschen das Gefühl zu geben, willkom- volution das menschenverachtende, kommunisti- men und angekommen zu sein. Hier setzt das Lan- sche Regime der SED mit Stasi, Mauer, Stachel- desprogramm für Demokratie an, welches das bür- draht und Schießbefehl hinweggefegt. Seit Sommer gerschaftliche Engagement gegen den Rechtsex- 1989 ist in Thüringen wirklich viel geschehen. Wir tremismus stärken soll. alle, jedenfalls die, die älter als 30 oder vielleicht 35 Jahre sind, haben viel gelernt und mehr erlebt, (Beifall SPD) als wir das je für möglich gehalten haben. Meine Damen und Herren, ich bedanke mich bei (Beifall FDP) den vielen engagierten Menschen in unserem Frei- staat, die ihr Gesicht gegen rechts zeigen. Ich wün- Wobei das mit dem Lernen nicht für jeden stimmen sche mir, dass eines Tages hier im Hohen Haus mag, auch das hat Kollege Ramelow in seiner Re- das Wort Rechtsextremismus nicht mehr fällt, dass de eindrucksvoll belegt. wir nicht mehr über einen Wintererlass oder über (Beifall CDU, FDP) 14898 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Barth) Schauen Sie sich, meine Damen und Herren, die Die hat sich auch in den letzten fünf Jahren fortge- Bilder von 1989 an und vergleichen Sie sie mit schrieben, das stimmt, Frau Ministerpräsidentin. Al- dem, was man heute in unserem Land sieht und lerdings - und hier ist Schluss mit den Gemeinsam- findet. Sie werden feststellen, unser Land hat sich keiten - sage ich, Thüringen ist nicht wegen ihrer wunderbar entwickelt. Auf das, was wir seit der Regierung so erfolgreich, diese erfolgreiche Ent- Wiedervereinigung erreicht haben, was sich ent- wicklung hat sich trotz Ihrer Regierung in den letz- wickelt hat, darauf können die Menschen in Thürin- ten fünf Jahren so vollzogen. gen, darauf können wir alle wirklich stolz sein. (Beifall FDP) (Beifall CDU, FDP) „Gemeinsam erfolgreich für Thüringen“, das war Dabei übersehe ich überhaupt nicht, dass es viel der Titel Ihrer Regierungserklärung, das ist Ihre gibt, was man besser machen kann, was man auch Überschrift, das ist Ihre Lesart der letzten fünf Jah- besser machen muss. Aber wenn wir in die Welt re. Sie meinen mit „gemeinsam“ CDU und SPD. Es um uns herum schauen, dann muss man feststel- gäbe eine gemeinsame Basis, die Sie gefunden len, wir leben in einem schönen Land in großer Si- hätten, haben Sie gesagt, Sie hätten sich angenä- cherheit und großem Wohlstand. Das ist das Er- hert und Sie hätten gut zusammengearbeitet. Das gebnis der Arbeit von vielen Millionen fleißigen ist Ihre Sicht der Koalition. Menschen überall in Deutschland, auch hier in Thü- Jetzt machen wir einmal einen Perspektivwechsel: ringen. Ich finde, das muss auch einmal gesagt Sie haben gezeigt, dass Sie es nicht können, Sie werden. sind gescheitert, führungsschwach, grundsätzlich (Beifall CDU, FDP) unzuverlässig, Sie betreiben durchsichtigen Popu- lismus und haben politisch versagt. Das sind nicht Es stimmt, auch Thüringen ist wirtschaftlich stark meine Worte, meine sehr verehrten Damen und aufgestellt. Wir haben einen robusten, einen star- Herren, das sind die Ihrer Kabinettskollegin, Frau ken Mittelstand. Unter den ostdeutschen Ländern Ministerpräsidentin, das sind die Worte von Frau nimmt Thüringen heute in vielen Bereichen einen Taubert, deren Arbeit Sie vorhin auch so tapfer als Spitzenplatz ein und muss auch den Vergleich mit gemeinsamen Erfolg verkauft haben. Das ist das vielen alten Ländern nicht scheuen. Das, Frau Mi- Bild Ihres Koalitionspartners von Ihnen als Minister- nisterpräsidentin, haben Sie gesagt. Wobei ich da- präsidentin. zu sagen will, weil Sie sich so an Hamburg orien- tiert haben, unter der roten Regierung in Hamburg (Beifall FDP) hat sich Hamburg vom Geberland zum Nehmerland Das ist das Bild von Frau Taubert über den gemein- im Länderfinanzausgleich entwickelt. samen Weg, den Sie beschrieben haben. Das hat (Beifall FDP) Frau Taubert nämlich nicht vor sechs Jahren ge- sagt, sondern vor sechs Tagen. Wir sollten den Anspruch haben, den anderen Weg, die andere Richtung zu beschreiten. Darüber habe (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- ich von Ihnen nichts gehört, nur über die Verlänge- tin: Ja, weil Wahlkampf ist.) rung der Leistungen, die wir vom Bund haben wol- Liebesentzug kann es nicht sein, denn eine Liebes- len. Aber unterm Strich ist das eine Entwicklung, heirat ist es ja nicht gewesen, das haben Sie hier die zeigt, es lohnt sich, nach Thüringen zu kom- auch gesagt. Weil gerade Fußball war, würde ich men, es lohnt sich, hier zu bleiben, hier zu leben mal sagen, im Fußball nennt man so etwas ein gro- und hier zu arbeiten. bes vorsätzliches Foul. Dafür gibt es eine Rote Kar- Diese Entwicklung ist in allererster Linie den Men- te, schen in unserem Land zu verdanken, die sich (Beifall CDU, FDP) nach dem Fall der Mauer mit Mut, mit Ideenreich- tum, mit Tatkraft, mit Unternehmergeist und auch aber die verteilen Sie ja nicht, weil dieser Umgang mit Durchhaltevermögen aufgemacht haben, die in der Regierung keine Neuigkeit ist. Verantwortung übernommen haben und fleißig ge- (Beifall FDP) arbeitet haben. Dieser Umgang hat in Ihrer Koalition durchaus Tra- (Beifall FDP) dition. Eine „politische Doppelnulllösung“, so hat Unternehmerinnen und Unternehmer, Arbeitnehme- Herr Machnig Herrn Reinholz und seinen Staatsse- rinnen und Arbeitnehmer und auch Selbstständige kretär mal bezeichnet. Ihr ehemaliger Wirtschafts- und viele Hunderttausend ehrenamtlich Tätige, das minister hat, glaube ich, überhaupt keine Gelegen- sind die wahren Mütter und Väter der Thüringer Er- heit ausgelassen, jedes Ihrer Kabinettsmitglieder, folgsgesichte in den letzten 25 Jahren. außer sich selbst natürlich, als mehr oder weniger minderbemittelten Statisten zu bezeichnen. (Beifall FDP) Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14899

(Abg. Barth) (Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS vorgetragen hat, in den laufenden Haushaltsbera- 90/DIE GRÜNEN: Herr Barth, Sie haben ein tungen aufgemacht haben. bisschen Sehnsucht nach Herrn Machnig.) (Beifall FDP) Ein bisschen Sehnsucht hatte ich, das gebe ich zu. Frau Ministerpräsidentin, Sie haben diese Woche Dass Sie ihn in seinen Tiraden nicht ein einziges bei einem Unternehmensbesuch, das habe ich in Mal gebremst haben, das mag Frau Taubert auch der Zeitung gefunden, gesagt, Zitat: „... wir haben durchaus dazu ermuntert haben, sich jetzt eben ge- Rahmenbedingungen geschaffen, die es den Leu- nau in dieser Weise zu äußern. ten ermöglichen, die Ärmel hochzukrempeln und et- (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Der Post- was anzupacken.“ Zurückblickend auf die Thüringer Machnig-Effekt.) Wirtschaftspolitik der letzten fünf Jahre muss ich sagen: Sie irren. Die Leute, wie Sie es nennen, die Von „Geiselhaft“ war die Rede. Das war nicht von haben die Ärmel nicht wegen Ihrer Politik hochge- Herrn Machnig. Das hat gestern hier der Fraktions- krempelt. Kleine und mittlere Betriebe in Thüringen, vorsitzende der SPD-Fraktion gesagt und er hat da- also fast alle Betriebe in unserem Land, die sind mit die CDU-Fraktion gemeint, die Lehrer in Geisel- nicht so erfolgreich, weil Sie und Ihr Kabinett diese haft genommen habe, um andere politische Lösun- Wirtschaftspolitik gemacht haben. Die Wirtschaft in gen zu erpressen. Der Geist von Margot Honecker Thüringen hat sich trotz dieser Wirtschaftspolitik schwebt durch den Raum innerhalb der Koalition. und auch trotz dieser Bildungspolitik so entwickelt, Das sind nur ein paar Beispiele dafür, auf welcher wie sie sich entwickelt hat. gemeinsamen Basis, Frau Ministerpräsidentin, sich (Beifall FDP) Ihre Koalition tatsächlich bewegt. Das ist die Reali- tät außerhalb Ihrer Wahrnehmung. Die Ausrichtung und übrigens auch die Ausgestal- tung der Wirtschaftspolitik in den letzten Jahren (Beifall FDP) kann man nur als mittelstandsfeindlich bezeichnen. In dieser Realität ist der Weg der Ministerpräsiden- Ihre Regierung hat die Vergabe öffentlicher Aufträ- tin durch die fünf Jahre personalpolitisch mit einer ge an vergabefremde Kriterien gebunden, die von Reihe von Namen gepflastert, die inzwischen fast vielen kleinen Betrieben schlicht und ergreifend gar jedem Thüringer geläufig sein dürften: Zimmer- nicht erfüllt werden können. mann, Schöning, Machnig, Gnauck. Mit all diesen (Beifall FDP) Namen, meine Damen und Herren, verbinden wir besondere Leistungen, allerdings nicht solche, die Verlässlichkeit ... diese Herren erbracht haben, sondern solche, die (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- sie erhalten. tin) (Beifall FDP) Nein, die kriegen sie nicht. Die bewerben sich im All diese Herren, meine Damen und Herren, waren Moment nicht darum, weil die private Nachfrage gut der Ministerpräsidentin lieb. Für den Thüringer genug ist. Warten wir mal ab, wenn sich das mal Steuerzahler werden sie teuer. anders entwickelt. (Beifall FDP) (Beifall FDP) Das waren die Personalien, nicht alle, aber die pro- Verlässlichkeit, unbürokratische Förderkriterien, all minentesten. das, was für kleine und mittlere Betriebe wichtig ist, fehlt der Wirtschaftspolitik Ihrer Landesregierung in Im Rückblick auf die inhaltliche Arbeit Ihrer Landes- den fünf Jahren. regierung, Frau Ministerpräsidentin, muss man sa- gen, Sie haben Abschied genommen von einer Po- (Beifall FDP) litik der wirtschaftlichen Vernunft und auch der ord- Willkürlich ideologisch motivierte Veränderungen nungspolitischen Grundsätze eines leistungsorien- der Richtlinien, wie wir es 2012 bei der GRW-För- tierten Bildungssystems usw. usf. derung erlebt haben, Investitionsförderung auf der (Beifall FDP) Basis von Absichtserklärungen, sogenannten Let- ters of intent, all das gefährdet die Chancengleich- Wenn Sie von 90 Prozent Abarbeitung des Koaliti- heit beim Zugang zu Fördermitteln gerade für kleine onsvertrags sprechen, dann muss ich sagen, dass und mittlere Betriebe. Die machen aber 90 Prozent Ihr Koalitionspartner eben einen ganz anderen Ein- unserer Wirtschaft aus. druck vermittelt hat, der hier erzählt hat, was er al- les gern noch gemacht hätte, was er alles tun wird. (Beifall FDP) Ich will ihn nur mal daran erinnern, Thema Winter- Und die haben die Ärmel hochgekrempelt, aber das dienst, wie er uns von hier aus, die FDP-Fraktion, hat nichts mit der Wirtschaftspolitik Ihrer Regierung verprügelt hat, verbal natürlich nur, wie sich das ge- zu tun, Frau Ministerpräsidentin. hört, als wir diese Forderungen, die er eben hier 14900 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Barth) Ein Beispiel mag das belegen. Die jährliche Zahl an für kämpfen, dass Sie sich unsere unbequeme Mei- Unternehmens- und Existenzgründungen ist im nung in den nächsten fünf Jahren auch wieder an- Vergleich zu 2009 in Thüringen um über 30 Prozent hören müssen. zurückgegangen und jedes Jahr werden in Thürin- (Beifall FDP) gen auch mehr Unternehmen abgewickelt als neu gegründet. Damit ist Thüringen übrigens bundes- Auch in der Bildungspolitik erleben wir seit fünf Jah- weit gemeinsam mit Sachsen-Anhalt das Schluss- ren aus einer CDU-geführten Landesregierung her- licht. Der Mittelstand verschwindet aus Thüringen, aus eine dramatische Entwicklung, eine aus meiner er ist dann mal weg. Das ist das Ergebnis Ihrer Re- Sicht ebenso plan-, aber auch unheilvolle Abkehr gierung, Ihrer Wirtschaftspolitik. vom Leistungsgedanken. Die Thüringer Bildungs- politik von Herrn Matschie ist die Geschichte vom (Beifall FDP) Kampf gegen das Sitzenbleiben, vom Kampf gegen Die FDP hat in den letzten fünf Jahren viele Anträ- die Schulnoten und auch vom Kampf gegen die ge in den Landtag eingebracht, deren Ziel es gewe- Förderschulen. Ich habe da heute ein schönes Bei- sen ist, Thüringen als Land des Mittelstandes zu spiel - ein dramatisches Beispiel - in der Zeitung stärken. Wir haben immer für die Zukunft Thürin- gefunden. Das ist die Realität der Schulverwaltung gens auf den Mittelstand gebaut und das Handwerk unter Herrn Matschie. Da müssen Eltern darum als Rückgrat unserer Wirtschaftspolitik gesehen. kämpfen, die von der Schulverwaltung belogen und Denn man kann natürlich mit wirtschaftlichen Rah- behindert werden, wenn ihre Kinder auf ein Förder- menbedingungen Einfluss nehmen. Man kann zentrum gehen sollen. Ich kann den Leuten nur sa- Handlungsspielräume erweitern oder man kann sie gen: Herzlichen Glückwunsch, es ist gut, dass Sie einengen, man kann Entwicklungen hemmen oder auch andere ermutigen, diesen Kampf aufzuneh- ermöglichen, man kann auch unternehmerische men. Freiheit erhalten oder eben beschneiden. Aber statt (Beifall FDP) zu ermöglichen und das Bild des sozial verantwort- lichen Unternehmers in die Öffentlichkeit zu tragen, (Zwischenruf Abg. Nothnagel, DIE LINKE: das sind die allermeisten unserer Unternehmer Unerhört.) nämlich, haben Sie es zugelassen, dass maßgeb- Das ist unerhört, das ist wirklich so. Diese Bildungs- lich Verantwortliche Ihrer Regierung den Wirt- politik ist der Beginn des Weges, weg von der schaftsstandort Thüringen schlechtgeredet haben. Grundschule, weg von der Regelschule, weg vom Ich erinnere nur an den Staatssekretär Sta- Gymnasium, hin zur Einheitsschule, zur sogenann- schewski, der hier im Thüringer Landtag davon ge- ten Schule für alles. Das ist das Ziel dieser Bil- sprochen hat, dass die Realität in Thüringen die dungspolitik, die aus Ihrer Regierung heraus ge- sei, dass Geschäftsmodelle auf Ausbeutung grün- macht wird. TMBWK: Trotz Matschie bilden wir Kin- den. Wohlgemerkt, er hat nicht von ein paar der. schwarzen Schafen, von Ausnahmen gesprochen, sondern von der Mehrheit, vom Regelfall in Thürin- (Beifall FDP) gen. Und wer geglaubt oder vielleicht sogar gehofft Darauf bin nicht ich gekommen, schade eigentlich, hat, dass Sie sich als CDU-Ministerpräsidentin da- das ist die Beschreibung von Lehrern über ihr Mi- von distanzieren würden oder diese regierungsamt- nisterium. Eine große Gemeinsamkeit - gemeinsam liche Diffamierung wenigstens irgendwie abschwä- erfolgreich - sieht aus meiner Sicht deutlich anders chen würden, der hat sich schwer getäuscht. aus. Die CDU steht daneben und schaut zu, wie (Beifall FDP) unser Bildungssystem gründlich, ideologisch umge- staltet wird und sagt nichts dazu. Das ist das Bild, das Ihre Regierung von unseren Betrieben hat. Die zurückgehenden Gründungen (Beifall FDP) sind dafür auch eine Quittung. Wir reden nicht von Ein Zitat aus dem Schulgesetz: Ein Verzicht auf die den Heuschrecken, wir reden nicht über Manager, Versetzungsentscheidung zugunsten eines Auf- sondern wir reden in Thüringen von persönlich haf- rückens kann auch in den Schularten Regelschule tenden und eben oft auch mitarbeitenden Unterneh- und Gymnasium vorgesehen werden. Weil uns im- mern. Das sind die 90 Prozent der Betriebe. Sie ha- mer gesagt wird, es würde alles nicht stimmen, was ben diese Diffamierung nicht verdient, meine sehr wir hier erzählen. Das steht seit 2010 im Schulge- verehrten Damen und Herren. setz, ist also von dieser Regierung hineingeschrie- (Beifall FDP) ben worden. Wir haben als FDP immer für die kleinen und mittle- Frau Ministerpräsidentin, ich muss sagen, es glaubt ren Betriebe gekämpft und gestritten. Wir sind dafür Ihnen keiner mehr, wenn Sie jetzt so tun, als hätten beschimpft worden. Da hat hier mal einer gestan- Sie nicht gemerkt, was da passiert. Sie haben das den und mit einer Gurke gewedelt. Der ist weg, wir alles mitgemacht. Sie hätten das am Kabinettstisch sind noch da. Ich verspreche Ihnen, wir werden da- verhindern müssen und tun jetzt - Sie haben es Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14901

(Abg. Barth) eben gesagt, weil Wahlkampf ist -, als hätten Sie (Unruhe SPD) nichts davon mitbekommen und fangen an, sich (Beifall FDP) von den Ergebnissen Ihrer eigenen Regierungsar- beit zu distanzieren. Ich sage Ihnen ganz deutlich, wir haben keine Ein- heitskinder, (Beifall FDP) (Unruhe DIE LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE Jetzt kurz vor Ende der Legislaturperiode in der Öf- GRÜNEN) fentlichkeit laut das Ende der Schreibschrift, laut den Verfall des Leistungsgedankens zu beklagen, also brauchen wir auch keine Einheitsschule. Des- ist erstens zu spät, das ist zweitens zu wenig und halb darf es auch keine Einheitsschule geben. es ist drittens hoffentlich auch so durchsichtig, dass (Beifall FDP) die Leute das merken. Eine Schule für alle, eine Schule, die wenig fordert (Beifall FDP) und Leistung nicht belohnt, die hilft unseren Kin- Meine Damen und Herren, in der Gemeinschafts- dern und die hilft damit letztlich auch unserem Land schule, die auch von der CDU mit auf den Weg ge- nicht. bracht wurde, ist es möglich, von Klasse 1 bis Klas- (Beifall FDP) se 8 nicht mehr sitzen zu bleiben. Das ist so, als wenn Sie in eine Stadt fahren und Sie brauchen an Ziel der Schule ist die Vermittlung von Wissen, mei- den ersten acht Ampeln nicht mehr anzuhalten, ne Damen und Herren. Wir tun unseren Kindern auch wenn die rot sind. Dass dabei nichts Gutes keinen Gefallen, wenn wir sie acht, zehn oder zwölf herauskommt, liegt doch auf der Hand. Jahre in Watte packen, so tun, als sei die Welt da draußen rosarot, und sie dann nach der Schule in (Beifall FDP) eine Arbeitswelt loslassen, in der neben Kreativität Diese Schulform, die Gemeinschaftsschule, soll und Sozialkompetenz nach dem Willen von Herrn Matschie in den nächs- (Zwischenruf Abg. Döring, SPD: So ein Un- ten Jahren die vorherrschende Schulform in Thürin- sinn!) gen werden. Das ist der Plan, den er hat. Und nach dem Sitzenbleiben werden die Schulnoten abge- eben auch Leistung und Wissen gefragt werden. schafft. Den Grundstein hat diese Regierung ge- (Beifall CDU, FDP) legt. Die nächste Landesregierung - völlig egal, ob die rot-rot, rot-rot-grün, schwarz-rot oder sonst was Und wir bereiten unsere Kinder immer schlechter für eine Farbe hat - wird diesen Weg weitergehen. darauf vor. Die Linken haben es im Programm stehen und die (Zwischenruf Abg. Döring, SPD: So ein CDU wird das mit der SPD und sonst irgendjeman- Quatsch!) den im Zweifelsfall mitmachen. Das haben Sie in den letzten Jahren gemacht und Sie werden das Das ist Quatsch und Sie machen es trotzdem. Das wieder tun. ist ja das Schlimme daran. (Beifall FDP) (Beifall FDP) Die Noten und der Leistungsgedanke sind dann Meine sehr verehrten Damen und Herren, gesunde mal weg aus unseren Schulen. Gute Nacht Thürin- Staatsfinanzen sind ein Garant für die Zukunftsfä- gen, kann ich da nur sagen. higkeit eines Landes. Die ausgezeichnete wirt- schaftliche Situation Deutschlands hat zur Folge, (Beifall FDP) dass sich der Finanzminister mit seinen Kollegen Auch der Weg zur leistungslosen Einheitsschule, über sprudelnde Steuereinnahmen freuen darf. Im den CDU und SPD eben schon ein ganzes Stück Vergleich zu 2010 nimmt Thüringen 2014 1 Mrd. € beschritten haben, meine Damen und Herren, ist mehr an Steuern ein, pro Jahr 1 Mrd. € mehr. Das aber ein Irrweg. heißt, das Land, die öffentlichen Kassen profitieren von den Fleißigen, von den Tüchtigen in unserer (Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das ist eine Gesellschaft. Sie profitieren vom starken Thüringer Diffamierung, pfui! Pfui!) Mittelstand, der in Zeiten konjunkturellen Wachs- (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Unglaublich.) tums und hoher Beschäftigung natürlich die Kas- sen, die staatlichen Kassen füllt. Es sind die Steu- Die Linken erzählen ständig, jedes Kind sei ein Indi- ern, die die Bürgerinnen und Bürger, die die Unter- viduum. Das stimmt. Da hört man, die Schule müs- nehmen an den Staat bezahlen, die die Kassen des se zum Kind passen, nicht das Kind zur Schule. Finanzministers füllen und die es uns hier in diesem Wie aber bitte soll denn das funktionieren, dass lau- Hohen Haus ermöglichen, verschiedene Dinge zu ter verschiedene Kinder alle zur selben Schule pas- bezahlen. Das ist das Geld, das die Politik ausgibt sen? und verteilt. 14902 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Barth) (Beifall FDP) (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Ja, haben wir auch.) Aber ich muss Ihnen auch in diesen Wein Wasser gießen, Frau Ministerpräsidentin. Sie sparen nicht. Nein, haben Sie nicht. Sie haben höchstens genau- In der Bilanz, in der geschriebenen Bilanz der Lan- so viele, Sie haben in der Summe vielleicht keine desregierung kommt das Wort „sparen“ gar nicht neuen gemacht. Mit der Lesart, dass man Schulden mehr vor. In ihrer Jenaer Rede im Frühjahr 2010 getilgt hat, wenn man am Ende mehr Schulden hat hat die Ministerpräsidentin gesagt: Es hat keinen oder genauso viele wie vorher, da müssen Sie mal Sinn, die dringend erforderliche Konsolidierung des zu Ihrer Bank gehen, die erklärt Ihnen das vielleicht Haushalts ein um das andere Jahr zu verschieben. besser als ich. Dem ist ausdrücklich zuzustimmen. Allerdings (Beifall FDP) muss man dazu sagen, dass sie zu dem Zeitpunkt, als sie diesen Satz gesagt hat, das erste Mal genau Die FDP-Fraktion hat in den Haushaltsberatungen diese Verschiebung schon gemacht hat. Das war über 2.500 Anträge hier eingebracht, meine Damen nämlich nach der Verabschiedung des Haus- und Herren - mit geringem Erfolg, das ist das Los halts 2010, der hier mit großer Mehrheit und mit von Oppositionsanträgen. Aber wir haben mit die- den Stimmen von SPD und CDU verabschiedet sen Anträgen gezeigt, Frau Ministerpräsidentin, worden ist und der am Ende auch in der Abrech- auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen, auch nung, nicht nur in der Planung, sondern in der Ab- Herr Pidde hat das immer nicht wahrhaben wollen, rechnung 370 Mio. € neue Schulden gebracht hat. dass man Konsolidieren, Investieren und Sparen unter einen Hut hätte bringen können, wenn man (Beifall FDP) nur gewollt hätte. 2011 - weil es so schön war, haben Sie es gleich (Beifall FDP) noch mal verschoben - haben wir hier 260 Mio. €, etwas mehr als 260 Mio. € sogar, neue Schulden Sie haben es nicht gewollt. Das ist der Punkt. Mike gemacht in der Endabrechnung. Mohring hat 2010 gesagt, die 1 Mrd. €, die geplant war als Neuverschuldung im Haushalt, die sieht (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Herr man gar nicht, wenn man durchs Land fährt. Ge- Barth, und dann?) plant haben Sie es trotzdem, 370 Mio. € Schulden Die Sondervermögen, Herr Minister, haben Sie sind am Ende übriggeblieben. Deswegen sage ich, 2010, 2011, 2012 mit mehr Schulden versehen. mit etwas mehr Anstrengung könnte Thüringen Vermögen ist an der Stelle ein deutlich irreführen- heute tatsächlich weniger Schulden haben, als wir der Begriff. im Jahre 2009 hatten. Aber das wollte außer uns in diesem Haus niemand. (Beifall FDP) (Beifall FDP) Und dann? Jetzt kommt es: Trotzdem, Sie sagen, Sie haben Schulden zurückgezahlt, und ich sage, Jetzt könnte man natürlich defätistisch sein und sa- es stimmt nicht. Denn Sie zahlen seit 2012 nur die gen, wenigstens ist damit gesichert, dass unsere Schulden zurück, die diese Regierung selbst ge- Kinder, Enkel und Urenkel noch etwas von dieser macht hat - nicht Sie, Herr Minister, da waren Sie Regierung haben. Das sind die Schulden, mit de- noch nicht da. Aber diese Ministerpräsidentin ist es nen Sie sich die politische Zustimmung erkauft ha- gewesen. ben. Die haben Sie auf Kosten der kommenden Generationen gemacht. Da hatten Sie eine gemein- (Beifall FDP) same Basis, da waren Sie sich wirklich mal einig. Unter Verantwortung dieser Ministerpräsidentin (Beifall FDP) sind heute aus den Jahren seit 2010 noch 200 Mio. € Schulden übrig. Meine Damen und Herren, in zwei Monaten wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. Es ist unsi- (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- cher, ob dem Landtag wieder eine FDP-Fraktion tin: Es ist auch Geld übrig.) angehören wird. Wenn es die nicht geben wird, Selbst wenn Sie die bis zum Ende zurückzahlen dann sind Sie mit Ihrer Gefälligkeitspolitik hier allei- sollten, Herr Minister, dann haben Sie in der Zeit ne. Dann können Sie Schulnoten abschaffen, dann immer noch Zinsen bezahlt für diese Schulden, die können Sie das Sitzenbleiben abschaffen, dann Sie selber gemacht haben. können Sie Schulden machen und dann können Sie die Wirtschaft behindern, ohne dass Ihnen ir- (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Wir gendjemand hier im Hohen Hause den Spiegel vor- haben 600.000 € getilgt.) hält. Das wird bequemer für Sie - vielleicht sogar Wenn man Schulden tilgt, wenn ich hergehe und auch bequemer für mich, aber ich will es nicht be- sage, ich habe Schulden getilgt, dann habe ich am quem haben -, aber es schadet dem Land. Deswe- Ende weniger Schulden als am Anfang. gen verspreche ich Ihnen, dass wir kämpfen wer- den, damit Sie sich auch in den nächsten fünf Jah- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14903

(Abg. Barth) ren diese unbequeme Meinung immer mal anhören stückskabinett, doch schon sehr lange vor sich hin. müssen. Vielen Dank. Sonntagsfrühstückskabinett, was meine ich damit? Die CDU bringt die Brötchen, die SPD die rote Mar- (Beifall FDP) melade, dann sorgt man für gute Stimmung, das Protokoll ist beschäftigt und das Land ist egal. Vizepräsident Gentzel: (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das Wort hat jetzt Abgeordnete Siegesmund von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Mit Ambiente, meine sehr geehrten Damen und Herren, konnten Sie immer gut glänzen, das haben Sie auch 2009 gezeigt bei den Koalitionsverhand- Abgeordnete Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE lungen oder beim 20. Jahrestag der Verfassung auf GRÜNEN: der Wartburg. Aber Ambiente reicht eben nicht, re- Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und gieren muss man wollen. Dazu braucht man Inhalte Herren und Gäste, sehr geehrte Frau Ministerpräsi- und tragbare Entscheidungen und da kam doch in dentin, das waren jetzt ganz schön viele Phrasen. den letzten Jahren überhaupt nichts mehr. Die Phrasendreschmaschine war ordentlich gefüllt. (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Böse war das.) tin: 400 Initiativen, 400 muss man erst mal haben.) Die Ministerpräsidentin fing an: Mit voller Kraft in Richtung Zukunft. Das ist als Erstes aus der Phra- Entschlossen regieren, vertrauensvoll Personal sendreschmaschine gekommen. Herr Pidde: Wir auswählen oder dieses Land führen, das können sind auf einem guten Weg. Sie nicht. Das haben Sie gezeigt. Oder ehrlich den Koalitionsvertrag bilanzieren, das wollten Sie heute (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- nicht. Sie hatten die Gelegenheit. Oder sich mal an tin: Nichts als Wahrheiten.) Ihre Jenaer Rede erinnern, was Sie 2010 vorhatten, Nein, und das ist eben der Punkt, Frau Ministerprä- auch das haben Sie sich heute nicht getraut. sidentin, „nichts als Wahrheiten“ ist falsch. Das sind (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- maximal Halbwahrheiten. tin: Sie haben es nicht gehört.) (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Was Sie wollten, ist weichzeichnen, und wir wollen Deswegen stimme ich dem Kollegen Barth auch klarmachen, was alles schiefgelaufen ist in den ver- ausnahmsweise mal zu, es gibt eine Bilanz immer gangenen Jahren an verschiedenen Stellen, Frau von zwei Seiten zu betrachten und das wollen wir Ministerpräsidentin. an dieser Stelle tun. Ich war überrascht, Frau Minis- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) terpräsidentin, dass Sie überhaupt den Mut hatten, am Ende dieser viereinhalb, zum Teil sehr quälen- Das müssen Sie sich auch anhören. Ich komme zu- den Jahre, für Sie vor allen Dingen quälend, über- erst zum Koalitionsvertrag. Sie haben behauptet, haupt hier Bilanz zu ziehen. Dann komme ich zum vollmundig behauptet, erneut weichgezeichnet, Stichwort Halbwahrheiten. Sie haben geflissentlich aber diesmal mit einer Zahl, 90 Prozent des Ver- viele Dinge einfach weggelassen, bewusst wegge- trags wurden abgearbeitet - 90 Prozent. Dann frage lassen, denn wenn man aus der Staatskanzlei in ich Sie, ob die 10 Prozent, die fehlen, wirklich nur den vergangenen 12 Monaten irgendwas gehört das Bildungsfreistellungsgesetz sind und etwas we- hat, dann vor allen Dingen Versorgungsskandale. niger Straßen oder was da eigentlich tatsächlich fehlt? (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Damit komme ich zum Stichwort Halbwahrheiten. Diese Landesregierung ist vor allen Dingen darüber Zitat, im Koalitionsvertrag steht: Grüne Technologi- wahrgenommen worden, welchen Staatssekretär en „wollen die Koalitionspartner ausbauen. Thürin- oder welchen Minister Sie mal wieder in die Wüste gen soll führender Standort einer der wichtigsten schicken mussten. Leitmärkte zu Beginn des 21. Jahrhunderts wer- (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- den.“ tin: Wir haben gearbeitet.) (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- Darüber haben wir nichts gehört. Das gehört aber tin: Das haben wir gemacht.) auch zu Ihrer Bilanz, Frau Ministerpräsidentin. Fünf Jahre später: Die Thüringer Solarbranche ist (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) größtenteils insolvent, auch aufgrund Ihrer Untätig- keit. Weil Sie so furchtbar viel mit dem Personal be- schäftigt waren, das zu ordnen, kamen auch keine (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) politischen Impulse mehr und so dümpelte diese (Unruhe CDU) schwarz-rote Regierung, dieses Sonntagsfrüh- 14904 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Siegesmund) Einen industriepolitischen Dialog zum Schutz der Weise, Energiepolitik in Thüringen zu machen, Solarbranche gibt es von Ihnen nicht. trotzdem mutig selber in die Hand genommen. (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- Wenn Sie vorhin darüber reden, dass es darum tin: Das ist doch der Oberhammer.) geht, in Thüringen Klimaanpassung zu betreiben, dann haben Sie wieder nicht verstanden, worum es (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE geht. Umweltpolitik heißt, dass man aktiv Klima- GRÜNEN: Nur Briefe für die Braunkohle.) schutz betreibt. Klimaanpassungspolitik ist, dem Der Studiengang Photovoltaik und Halbleitertech- Klimawandel hinterherzulaufen. Solange Sie das nologie bricht zusammen - Sie wissen genau, in nicht verstanden haben, wissen Sie nicht, was Um- welch schwierigem Fahrwasser der in Jena gerade weltpolitik ist. ist -, so bauen Sie doch keine grünen Technologien (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- aus, Halbwahrheit. tin: Beides muss man tun.) Zum Stichwort Energiewende: Sie haben gesagt, Sie liegen völlig daneben. Klimaanpassung ist ein- Sie hätten die Energiewende mit voller Kraft ange- fach eine defensive Strategie, wo klar ist, dass Sie packt. Wie kommt es denn dann, dass wir beim Ziele von vor 30 Jahren hier referieren, aber nicht LEITSTERN deutlich zurückgefallen sind? wissen, was eigentlich wirklich dran ist und was zu- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) kunftsfähig ist. „Volle Kraft“, wie Sie es nennen, sieht offensichtlich Jetzt gehen wir mal ins Detail. Im Koalitionsvertrag ganz anders aus. Ihre Programme, die Sie ange- steht: „Die Koalitionspartner vereinbaren (...), dass schoben haben, sorgen doch nicht für mehr Akzep- die Landesregierung bis 2012 die Einrichtung eines tanz der Energiewende. Was Sie gemacht haben, Biosphärenreservats Südharz prüft.“ Prüfaufträge ist, zu verhindern, dass es einen dezentralen Aus- sind immer etwas ganz Tolles, das kann man sich bau in Thüringen bei der Energiewende gibt. auch im Koalitionsvertrag auf Bundesebene an- gucken. Wenn man keine gemeinsamen Ziele hat, (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schreibt man einen Prüfauftrag. Genauso ist es Sie haben sich eben nicht engagiert, sondern alles auch gekommen. Minister Reinholz, der der Debat- getan, dass Ziele, die machbar sind - und wir Grü- te jetzt lieber fernbleibt, und die CDU-Fraktion nen sagen, es ist machbar, bis 2020 60 Prozent blockierten an dieser Stelle, weil sie wahrscheinlich selber in Thüringen zu erzeugen -, da haben Sie auch lieber Jagdfotos aus dem Ministerium sortie- sich nicht aktiv eingesetzt, sondern dagegenges- ren und ins Fotoalbum kleben wollten, als sich wirk- tellt. Das ist Ihre Politik. lich zu engagieren. Frau Ministerpräsidentin, der Umweltschutz bei Ih- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) rer Landesregierung ist noch nicht mal greenwa- (Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: So eine shing. Das sagen nicht nur die Grünen, das sagt Frechheit.) heute auf seiner Pressekonferenz auch der BUND. Der BUND hat sich Ihre 90-10-Mathematik auch Das ist doch der Punkt. Wir sind dem Biosphären- mal sehr genau angesehen. Der BUND sagt, reservat Südharz nicht einen Meter nähergekom- 90 Prozent der Umweltziele, die sich diese Landes- men, weil Sie es nicht wollten, Frau Tasch. Sie kön- regierung gesetzt hat - die finden wir ja schon banal nen es ja richtigstellen. genug -, sind nicht erfüllt. Also Sie sehen mal, von (Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Die Men- außen betrachtet - Kritik sollte man sich auch an- schen vor Ort wollen es nicht.) nehmen -, Sie haben an dieser Stelle völlig versagt. Sie behaupten im Koalitionsvertrag übrigens auch (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gemeinsam - und jetzt kommt es, das ist nicht mal Was meint der BUND und was sagen wir zu diesem mehr eine Halbwahrheit, das ist eine handfeste Lü- Thema? Sie sorgen doch nicht dafür, dass es in ge, wenn man sich die Umsetzung ansieht -, dass Thüringen eine nachhaltigere Lebensqualität gibt, Sie den ökologischen Landbau gleichberechtigt ne- wenn Sie gemeinsame Briefe schreiben mit dem ben der traditionellen Landwirtschaft fördern wollen. sächsischen Ministerpräsidenten und sich für die Das ist, wenn Sie sich die Umsetzung anschauen, Braunkohle aussprechen schlicht gelogen. Sie wissen, dass der Ökolandbau sträflich vernachlässigt wurde. Die Anbaufläche ist (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zurückgegangen und die Umstellungsförderung ist und wenn Sie sich darum kümmern, dass an dieser 2013 ausgesetzt worden. Ich muss Ihnen nicht von Stelle wieder völlig falsche Standpunkte geäußert Kaltensundheim berichten, wo am Ende der Um- werden, anstatt die Menschen zu ermutigen, bei stieg auf konventionelle Landwirtschaft der einzige der Energiewende mitzumachen - denn das wollen Ausweg war, weil Sie sich nicht gekümmert haben. Sie an verschiedenen Stellen in Thüringen und das (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) haben Sie Gott sei Dank auch gegen Ihre Art und Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14905

(Abg. Siegesmund) Ich komme zum Hochwasserschutz. Im Koalitions- Meine sehr geehrten Damen und Herren, reden wir vertrag steht bei Ihnen: Ziel ist es, „das Thüringer darüber, was diese Koalition sich im Bildungsbe- Hochwasserschutzprogramm fortzuschreiben und reich vorgenommen hat. Wenn die Ministerpräsi- finanziell angemessen auszustatten“. Ein beschlos- dentin als Spitzenkandidatin, als die sie eingeladen senes Thüringer Hochwasserschutzprogramm gibt war, bei dem vom Mitteldeutschen Rundfunk initiier- es nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren. ten gemeinsamen ersten Interview und dem an- Was es gibt, sind hier und da vollmundige Bekun- schließenden Chat teilgenommen hätte, hätte sie dungen und eine Reise der Ministerpräsidentin mitbekommen, hätte sie wahrgenommen, dass bil- durch das Land und die Tatsache, dass sie sich an dungspolitische Fragen die Menschen in Thüringen der einen oder anderen Stelle umschaut. Es gibt besonders umtreiben, dass Lehrermangel, Schul- aber auch jene, die sie nicht besucht hat, weil die stundenausfall und Hortkommunalisierung den El- offenbar noch kein Geld bekommen haben und tern Sorgenfalten ins Gesicht treiben. Aber Sie ha- nicht entsprechend in die Kamera lächeln wollen. ben an der Stelle lieber gekniffen, deswegen haben Das gehört nämlich zur Wahrheit auch dazu. Sie auch nicht mitbekommen, dass den Eltern sehr wohl aufgefallen ist, dass Sie die freien Schulen im Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Regen stehen lassen haben und dass wir als Grüne Umweltpolitik können Sie also nicht mal 10 Prozent vor das Verfassungsgericht in Weimar ziehen Umsetzung in Ihre Bilanz schreiben und das Glei- mussten, um für diese freien Schulen zu kämpfen, che gilt zum Stichwort Massentierhaltung. und wir bleiben auch an der Seite der freien (Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Sie können Schulen. nicht rechnen.) (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Es ist gerade eben eine Meldung des LKA rausge- Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbeson- gangen, dere Frau Ministerpräsidentin, Sie haben die SPD (Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Gut, dass mit Ihrem etatistischen Staatsverständnis an dieser wir euch haben.) Stelle laufen lassen und haben der SPD geholfen, dass es eine sich selbst erfüllende Prophezeiung wo Beamte im Augenblick im Saale-Holzland-Kreis gibt, nämlich dass natürlich, wenn an freien eine Schweinezuchtanlage - heißt es in der LKA- Schulen weniger Mittel zur Verfügung stehen, diese Pressemitteilung, eine Schweinemastanlage wird Schulen Schulgeld erheben müssen. Das ist doch es sein - durchsuchen, weil Sie jedem, der in Thü- ganz klar, dass das nicht anders funktioniert und ringen eine Mastanlage eröffnen wollte, auch noch damit in dem Fall auch die Zugangshürden größer die Tür richtig weit aufgehalten haben und mit För- werden. Das haben Sie unterstützt und dafür müs- dermitteln in sechsstelliger Höhe dafür gesorgt ha- sen Sie sich auch verantworten, Frau Ministerpräsi- ben, dass es noch mehr Massentierhaltungsanla- dentin. Das Gericht hat Ihnen und Ihrem Kabinett gen gibt. bescheinigt, dass die Gesetze, die Sie verabschie- (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE det haben, in Teilen auch noch verfassungswidrig GRÜNEN: Skandal!) sind, das gehört nämlich auch zur Bilanz dazu, da- rüber muss man reden. Dazu sagen wir Nein. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kom- Wir sagen Nein zu mehr Antibiotikaeinsatz in der me zur Verkehrspolitik. Im Koalitionsvertrag schrie- Landwirtschaft; Sie haben sich nicht darum geküm- ben Sie: „Das Land nutzt alle Möglichkeiten, um mert. Wir sagen auch Nein zu mehr Nitrateintrag den Bau von Ortsumgehungen zu beschleunigen.“ auf Thüringens Böden; auch das war Ihnen egal. Jetzt ist „alle Möglichkeiten“ ein sehr dehnbarer, in- Das ist Ihre Art und Weise einer nicht zukunftsfähi- terpretierbarer Begriff. Scheinbar haben Sie da- gen Umweltpolitik. Auch bei der Reduzierung des mals, 2009, noch die Sorgen der Bürgerinnen und Flächenverbrauchs treten wir nach wie vor auf der Bürger bei Straßenlärm und Ortsumgehung wahr- Stelle. genommen, das haben Sie dann aber ganz schnell Ein Wort noch zur Frage des Naturschutz- und vergessen, denn ernst genommen haben Sie diese Wassergesetzes: Das haben Sie einfach ausgeses- Sorgen nie - Großengottern beispielsweise lässt sen, auch hier keine Initiative. Und Sie wollen mir grüßen, Frau Ministerpräsidentin. erzählen, dass Sie mit der Nachhaltigkeits- und (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- Biodiversitätsstrategie, die Sie einfach nur fortge- tin: Da war ich mehrfach vor Ort.) schrieben haben, auch nur einen Akzent gesetzt haben, um das Artensterben in Thüringen aufzuhal- Ja, vor Ort sein reicht aber nicht. Einmal vorbei- ten. Das ist Märchenstunde de luxe, das lassen wir kommen, guten Tag sagen und nach 30 Minuten Ihnen nicht durchgehen. wieder ins Auto steigen, hilft doch den Menschen (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 14906 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Siegesmund) dort nicht, die dem Lärm ausgesetzt sind, meine (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sehr geehrten Damen und Herren. NEN) (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- unsere Kultur, unsere Demokratie lebendig halten NEN) und stärken, wenn wir gegen die NPD auftreten und für Demokratie eintreten. Es ist uns schon aufgefal- (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- len, dass in den letzten viereinhalb Jahren, wenn es tin: Dauerbefassung!) um das Stichwort Willkommenskultur ging, wir als Bei der Planung und dem Ausbau der Infrastruktur Stichwortgeber auch offenbar jemand waren, der herrschen doch weiter Konzeptlosigkeit und leere da durchdringen konnte. Von Willkommenskultur Versprechen. reden inzwischen ganz viele in diesem Land, aber ich sage Ihnen auch, der Weg ist noch weit. Der (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ Weg ist noch sehr weit und damit, Frau Ministerprä- DIE GRÜNEN: Prioritäten setzen.) sidentin, dass Sie Stichworte übernehmen, kom- Es gab nie eine Prioritätensetzung, weil Sie sich es men Sie nicht weiter. Wenn man wirklich Willkom- nicht getraut haben. Davon, dass im Koalitionsver- menskultur will, gehört auch dazu, ehrlich Bilanz zu trag etwas von einem attraktiven Nahverkehr steht, ziehen und in Richtung SPD zu schauen. Herr Pid- will ich gar nicht reden. Wir haben als Grüne ein de, das war vorhin auch ein bisschen Verhöhnung Konzept vorgelegt, „ThüringenTakt“ heißt das. Da- der Flüchtlinge, denen wir immer helfen wollten in von ist dieses Land sehr weit entfernt. Wir sagen, diesem Land. wie es geht. (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) NEN) Auch in der Verkehrspolitik haben Sie unter dem Wenn man Willkommenskultur will, muss man bei Strich, bei dem, was Sie versprochen haben, keine einem Antrag zum Winterabschiebestopp auch mal 90 Prozent erfüllt, sondern nicht mal 10. Das spricht Rückgrat zeigen und dem Koalitionspartner zeigen, auch an dieser Stelle für eine echte Matheschwä- was Humanität ist und nicht jedes Mal kneifen. che. (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Ihrer NEN) Jenaer Rede haben Sie gesagt, Frau Ministerpräsi- Wenn man Willkommenskultur will, wenn man eine dentin, dass Thüringen vor großen Reformen steht, humane Gesellschaft will, muss man sich hier vorn vor Anstrengungen, die Thüringen unternehmen auch hinstellen und muss sich von Nützlichkeitsde- muss. Da bin ich ganz bei Ihnen. Aber Ihnen war - batten distanzieren. und das merkt man auch, wenn man diese vierein- halb Jahre mal Revue passieren lässt - von Anfang (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Lass doch an der Widerstand klar. Sie haben damals gesagt - mal den Werner in Ruhe.) ich war mit dabei, als Sie die Rede gehalten ha- Herr Pidde, auch das haben Sie nicht gemacht. ben -, Sie haben einen Kollegen zitiert und haben gesagt: „Reformiert werden darf, aber ändern darf (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sich nichts“ - das darf nicht das Motto sein. Es ist Und wenn man Willkommenskultur will, muss man aber das Motto geworden, kleine Reförmchen und auch mal das Rückgrat haben zu sagen, wir sagen ändern soll sich möglichst nichts. Da sieht man, Nein in den zwei Landkreisen zu dieser Praxis, was von der Jenaer Rede am Ende übrig geblieben dass es nach wie vor Gutscheine statt Bargeld gibt. ist. Bestes Stichwort dafür: die Funktional- und Ge- bietsreform. Die hat dankenswerterweise Herr Pid- (Beifall DIE LINKE) de vorhin selbst angesprochen, da kann ich der Das ist entwürdigend, meine sehr geehrten Damen SPD an der Stelle ausnahmsweise beipflichten, zu- und Herren, und ich bin froh und dankbar dafür, stimmen, weil es dazu überhaupt nicht gekommen dass die sieben Länder, in denen Grüne in der Lan- ist, weil Sie die gemeinsame Kraft dazu nicht hat- desregierung sitzen, es geschafft haben, im Bun- ten, das Einsehen nicht und weil es der CDU an der desrat die Verschärfung des Asylrechts, die die Stelle nach wie vor darum geht, ihre Pfründe zu si- CDU auf Bundesebene wieder durchdrücken wollte, chern, aufzuhalten. Das ist ein gutes Zeichen, weil es dar- (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE um geht, dass nämlich das Motto der evangeli- GRÜNEN: Mutlos wie die CDU.) schen Kirche, Nächstenliebe, Klarheit verlangt und an der Stelle muss man auch ein klares Zeichen nichts anderes. setzen und das war richtig so. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) dankbar für all jene, die heute gemeinsam draußen vor dem Landtag klargemacht haben, dass wir un- Da sind wir auf dem richtigen Weg. ser Gemeinwesen, Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14907

(Abg. Siegesmund) Ich komme zum Ländervergleich Ihrer Bilanz, näm- rer Bilanz auf der Habenseite für sich verbuchen lich der Frage, die Sie vorhin immer wieder ange- können. Ich will noch einen Blick in die alten Länder sprochen haben: Sind wir jetzt eigentlich Klassen- werfen. Im grün-rot regierten Baden-Württemberg primus oder sind wir Durchschnitt? Da zieht man ist das Plus sogar deutlich größer, was bedeutet, natürlich als Landesregierung gern vor allen Dingen dass sich der Abstand zwischen Ost und West Punkte heran, bei denen man immer besser ist als 25 Jahre nach der friedlichen Revolution zum Teil die anderen. Die CDU rühmt sich sehr gern, solide auch wieder vergrößert. Das muss man sich sehr beim Haushalten zu sein und angesichts von genau ansehen und darüber auch zwischen den 16 Mrd. € Schulden in den letzten Jahren Regie- Ländern diskutieren. rungsverantwortung ist das eine ziemlich mutige Meine sehr geehrten Damen und Herren, was These. Ist ja völlig richtig, dass Thüringen angefan- dementsprechend nicht geht und worauf man nicht gen hat, Schulden abzubauen, wie es übrigens das stolz sein kann, wenn das Land wirtschaftlich, wenn Gesetz verlangt, und es ist auch lobenswert, dass der Motor wieder „angesprungen“ ist, ist, dass Sie es einen entsprechenden Überschuss gab. Dazu dann auch sehenden Auges die Investitionsquote muss man aber auch sagen - das war wieder nur auf 13 Prozent gesenkt haben. Somit werden wir je- die halbe Wahrheit -, dass die konjunkturelle Lage denfalls den Aufholprozess, der in den letzten zwei, das Ganze auch begünstigt hat, und dafür hat Poli- drei Jahren gestartet ist, nicht beibehalten können. tik weiß Gott nicht gesorgt, sondern es ist Ihnen in Darüber müssen Sie auch nachdenken und disku- den Schoß gefallen. tieren, wenn es darum geht, eine echte Bilanz zu (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ziehen. Es ist aber nicht nur, meine sehr geehrten Damen Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu einer und Herren - es geht noch weiter, hören Sie mal zu Bilanz gehört eben auch zu sagen, worüber Sie - Thüringen in den Schoß gefallen. Man hat in Thü- nicht geredet haben - ich habe es am Anfang schon ringen 340 Mio. € erwirtschaftet, das ist der Über- gesagt -, der schwarze Himmel über der Staats- schuss, in Sachsen waren das 820 Mio. €, in Meck- kanzlei, schwärzer geht es nicht, das sind die Ver- lenburg-Vorpommern 320 Mio. €, Sachsen-Anhalt sorgungsskandale, Filz und Korruption. Es gehört 250 Mio. € und jetzt kommt es, alle halten sich an natürlich auch dazu, diese lange Liste weiterzufüh- ihren Stühlen fest, Rot-Rot, Brandenburg hat ren, was eigentlich diese Koalition nicht geschafft 700 Mio. € Überschuss geschafft. hat. Ich habe vorhin insbesondere von Herrn Pidde ganz viele Projekte gehört, die ab 2015 zum Tragen (Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: 500.) kommen sollen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie dann Da sieht man, dass offensichtlich an vielen Stellen nicht in dieser Koalition in Verantwortung stehen, Haushaltspolitik wenig mit einem Parteibuch, jeden- um die durchzuführen, damit Sie dann fünf Jahre falls an dieser Stelle, zu tun hat, später wieder hier stehen und sagen, übrigens fünf Jahre später wollen wir Folgendes tun. Überle- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gen Sie genau, ob Sie das möchten, Herr Pidde, sondern einfach mit haushaltspolitischer Vernunft, denn viel geschafft haben Sie tatsächlich nicht. einer guten Konjunkturlage und der Tatsache, dass (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) man Wahrheiten ausspricht. Bei den Finanzen war Thüringen deswegen im ostdeutschen Länderver- Denn was doch mal sehr klar ist: Große Koalitionen gleich okay, aber keine Spitze. Herr Voß, das muss lösen doch keine großen Aufgaben. Die großen man Ihnen auch so klar sagen. Nicht mehr und Aufgaben sind für die nächste Legislatur allesamt nicht weniger. übrig geblieben. Die Ministerpräsidentin hat zwei weitere Kernthe- (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ men ihrer derzeitigen Regierung genannt: Wirt- DIE GRÜNEN: Die machen vor allem große schaft und Arbeit. Die wirtschaftliche Erholung Thü- Probleme.) ringens war seit 2009 natürlich, nach dem Tief- Große Koalitionen erzeugen große Probleme, Ver- punkt, den wir 2009 hatten, rasant, aber wenn man sorgungsskandale und Große Koalitionen finden in sich das BIP anguckt, ist ganz klar, dass wir auch der Regel den kleinsten gemeinsamen Nenner. Mir hier im Vergleich zu anderen Ländern einfach wie- reicht das nicht. Ich finde, Thüringen hat 24 Jahre der nur Mittelfeld sind. Denn diese Zahlen muss nach der friedlichen Revolution mehr verdient, weil man sich sehr genau ansehen gegenüber den an- wir eine lebendige Demokratie deren Ländern. Das Plus unterscheidet sich einfach nicht so sehr von den Ergebnissen in anderen ost- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) deutschen Ländern, dass Sie sich die Medaille ans - da gehört ein Politikwechsel dazu - mit frischen, Revers heften können und sagen können, wir wa- grünen Ideen dabei haben. Darum geht es in der ren es. Sie waren es eben nicht, weil in anderen Tat, um eine lebendige Demokratie, viel lebendiger ostdeutschen Ländern die Entwicklung ähnlich war. als jede der einzelnen Ideen, Frau Ministerpräsi- Deswegen ist das auch nicht etwas, was Sie in Ih- 14908 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Siegesmund) dentin, die Sie vielleicht in den Koalitionsvertrag ge- ganz persönlich alles Gute und viel Kraft und viel schrieben haben, aber wo Sie die Kraft nicht hatten, Gesundheit. auch nur 10 Prozent davon entschlossen umzuset- (Beifall im Hause) zen. Vielen Dank. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Meine Damen und Herren, vielen Dank will ich na- mens unserer Fraktion der Ministerpräsidentin sa- Vizepräsident Gentzel: gen für ihre Regierungserklärung und damit auch dem gesamten Kabinett für die fünf Jahre gemein- Das Wort hat jetzt Abgeordneter Mohring von der same Arbeit, für die Erklärung dazu und für die Bi- CDU-Fraktion. lanz, die gezogen wurde. Wir unterstützen aus- drücklich diese gemeinsame Erklärung als Arbeit Abgeordneter Mohring, CDU: von CDU und SPD in diesen fünf Jahren. Und ich will sagen, rückblickend auf diese fünf Jahre: Thü- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und ringen ist ein gutes, starkes Stück Deutschland. Wir Herren, am 14. September dieses Jahres wählt können stolz darauf sein, dass wir dieses Land wei- Thüringen einen neuen Landtag in freier, in gehei- ter gemeinsam voranbringen konnten. mer, in gleicher und in unmittelbarer Wahl. Dass wir das machen können, das ist dem Mut der Frauen (Beifall CDU, SPD) und Männer zu verdanken, die sich im friedlichen Wir können uns die finanzielle Basis anschauen, Herbst des Jahres 1989 aufgemacht haben, um für die Ministerpräsidentin hat davon gesprochen: Sie Freiheit zu kämpfen. Das haben wir denen zu ver- ist solide, sie ist nachhaltig aufgestellt. Wir sind ge- danken. rüstet für die Zukunft. Unsere Wirtschaftsdaten sind (Beifall CDU, SPD, FDP) in Ordnung. Wir haben dafür, aufbauend auf den Grundlagen der letzten Jahrzehnte, jetzt gemein- Diesen Wert sollten wir schätzen. Wir, weil wir wie- sam weitergearbeitet. Thüringen steht solide da. der kandidieren, aber auch die, die die Möglichkeit Wir haben ein Land, in dem sich die Menschen haben, am 14. September wählen zu gehen. Dass wohlfühlen, gern da sind, in dem gute Schule statt- wir heute Bilanz ziehen, ist nur der Rückblick auf finden kann, in dem die Einheit von Stadt und Land, die letzten fünf Jahre. Wenn wir wählen gehen, in der Landwirtschaft, aber auch von städtischer blicken wir nach vorn, um dafür zu werben, mit den Entwicklung berücksichtigt wird, in dem die Infra- besten Ideen für den Freistaat Thüringen und seine struktur vorangekommen ist. Wir haben im Rahmen Zukunft zu streiten. Viele Frauen und Männer aus der Möglichkeiten, wie sie einem kleinen Nehmer- den ersten Stunden nach dem friedlichen Herbst land gesetzt sind, Bestmögliches geleistet. Wir sind 1989 haben sich in die Pflicht nehmen lassen und solide aufgestellt. Es ist das gemeinsame Werk von haben von Anfang an in Thüringen mitgeholfen, Po- CDU und SPD. Ich bin dankbar, dass wir das so gut litik zu gestalten. Einige von denen scheiden jetzt in dieser Gemeinsamkeit tun konnten. aus dem Thüringer Landtag aus. Ich will gern diese Stunde und diesen Tag nutzen, auszugsweise eini- (Beifall CDU, SPD) gen Danke zu sagen: Hans-Jürgen Döring, Heiko So eine Bilanzziehung ist auch eine gute Gelegen- Gentzel, der Präsident hinter mir, Fritz Schröter, heit, zu sehen, für was stehen die einen, für was Siegfried Wetzel, Gustav Bergemann. Ob als Abge- stehen die anderen, wo gibt es gemeinsame ordnete seit 1990 hier in diesem Landtag oder als Schnittpunkte und wo hat man offensichtlich eine Mitarbeiter in der Landesverwaltung oder als Volks- Fehleinschätzung. Ich bin froh, dass sich heute kammerabgeordnete der ersten frei gewählten auch Mitbewerber der Ministerpräsidentin zu Wort Volkskammer, dann als Landräte - diese Fünf ste- gemeldet haben. , auch wenn er hen stellvertretend für viele, die sich in diesen 25 jetzt nicht im Saal ist, aber ich rufe es ihm gern zu, Jahren engagiert haben, Demokratie und parlamen- will ich eines sagen: Gut, dass Sie geredet haben tarische Demokratie aufzubauen. Danke diesen und gut, dass hoffentlich viele Thüringer zuge- Vertretern für ihren Dienst für unseren Freistaat schaut haben. Nach Ihrer Rede ist eines klar: Sie, Thüringen! Herr Ramelow, sind ungeeignet, dieses Land zu (Beifall im Hause) führen. Und ich will auch ganz persönlich Klaus von der (Beifall CDU, FDP) Krone, Horst Krauße und Gerhard Günther, der uns Sie haben sich disqualifiziert und vor allen Dingen am Internet zuschaut, Danke sagen, die gerne ih- haben Sie eines gezeigt, lieber Herr Ramelow, das ren Dienst weitermachen würden, aber krankheits- rufe ich Ihnen gerne auch im Protokoll zu: Mit Ihrer bedingt ausscheiden aus ihrem Dienst. Wir sind persönlichen Arroganz scheitern Sie an jeglichen euch als CDU-Fraktion ganz persönlich verbunden Ansprüchen, Verantwortung für dieses Land über- und dankbar, dass ihr viele Jahre Politik für diesen nehmen zu dürfen. Freistaat mitgestaltet habt. Wir wünschen euch Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14909

(Abg. Mohring) (Heiterkeit DIE LINKE) dentin schon vor einem Jahr geschrieben hätten und sie auf die Finanzlage von Gera, so, wie wir sie (Beifall CDU, FDP) jetzt gerade zur Kenntnis nehmen, aufmerksam ge- Wir haben ja Verständnis dafür, dass man als Op- macht hätten. Das ist falsch. In dem offenen Brief positionsführer die Ministerpräsidentin nicht lobt für heißt es wörtlich, dass die drei Abgeordneten aus ihre Regierungserklärung, Gera die Ministerpräsidentin bitten und sich darüber empören, dass ein weiterer Kredit für die Stadt Ge- (Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ra von 15,8 Mio. € seitens des Innen- und des Fi- was wir aber wollen, ist, dass man ehrlich und nanzministeriums nicht gewährt wurde, um den wahrhaftig die Fakten zu diesem Land zur Kenntnis Ausbau des ÖPNV, für die Straßenbahn neue Lini- nimmt en zu finanzieren, weil damit 50 Mio. € Fördermittel des Bundes und des Landes nicht gezogen werden (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE können. In dem Brief ist nicht davon die Rede, dass GRÜNEN: Dann fangen Sie doch einmal an.) die drei Kollegen auf die schwierige Finanzlage der und nicht Wahrheiten verdreht und hier in diesem Stadt Gera, wie wir sie jetzt kennen, bis hin zur Hohen Haus lügt und die Tatsachen leugnet Kenntnisnahme der Insolvenz aufmerksam ge- macht haben. Sie haben sich darüber empört, dass (Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auf den Schuldenberg der Stadtwerke von NEN) 200 Mio. € und auf den Schuldenberg von und nicht zur Kenntnis nimmt, wie sich dieser Frei- 100 Mio. € der Stadt Gera nicht weitere 15,8 Mio. € staat Thüringen entwickelt hat. Das erwarte ich kommen. Danke Innenministerium, dass Ihr so auch von einem Oppositionsführer. Wenn er es einen weiteren Kredit nicht genehmigt habt. weiter sein will, muss er sich in der Zukunft mehr (Beifall CDU) anstrengen. Und die Schlussfolgerung: Tatsächlich gehen sie in (Beifall CDU) dem offenen Brief auf den Gesamtverbund der (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ Stadtwerke Gera ein, dass sie ernsthaft gefährdet DIE GRÜNEN: Hauptsache, Sie entscheiden wären, aber sagen, weil das Innenministerium die- das.) sen Kredit nicht genehmigt, sei der Gesamtverbund der Stadtwerke Gera gefährdet. Das ist etwas ganz Ich will das gerne an einigen Fakten zu Beginn auf- anderes als die Situation, wie wir sie gerade zur zählen. Bodo Ramelow hat sich in seiner Rede hier Kenntnis nehmen und wie die Ministerpräsidentin in hingestellt und hat gesagt, jede zweite Kommune in dieser Woche mit dem Finanzminister versucht hat, Thüringen hat in diesem Jahr keinen Haushalt. Das eine zukunftsfähige Lösung für diese Stadt zu fin- ist eine Lüge. den. Aber klar ist auch, schuld sind die Kommunal- (Beifall CDU) politiker in dieser Stadt, die diesen Schuldenberg zu verantworten haben. Dann hilft das Land, aber Der Finanzminister hat dazwischengerufen, hat das nicht umgekehrt: Das Land ist schuld, weil die Kom- auch schon gemacht, ich habe mich in der Zwi- munalpolitik ihre Hausaufgaben gemacht habe. schenzeit beim Gemeinde- und Städtebund erkun- digt und die Zahl von Bodo Ramelow ist falsch. Und (Beifall CDU) sie ist nicht besser geworden, weil er dem Finanz- Deswegen, meine Damen und Herren, die Wahrheit minister widersprochen hat; er verwechselt nur die muss schon hier konkret bleiben. Tatsachen. Man muss auch lesen und lernen kön- nen, was es heißt. Natürlich gibt es in Thüringen (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Aber 450 Kommunen - das ist im Übrigen die Hälfte aller du lügst doch wie gedruckt.) Kommunen -, die haben ihre Haushalte dadurch Dann kommt der Oppositionsführer hier vor und ausgeglichen, dass sie auf Rücklagen zurückgegrif- sagt, … fen haben. Aber daraus falsch den Schluss zu zie- hen, sie haben keine Haushalte, und das hat er ja (Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Da ist keiner. mehrmals, auch auf Nachfrage und Widerspruch Ich werde nicht von dem geführt.) geäußert, dieser Lüge muss man in diesem Hause (Beifall CDU) widersprechen. Er hat nicht recht. Ich bin froh über diesen Zwischenruf. Ich nehme ihn (Beifall CDU) gerne auf, lieber Uwe Barth. Ihr stimmt zwar oft mit Ich will einen zweiten Punkt nennen: Er hat zur Fi- den Linken ab, aber ich nehme zur Kenntnis, dass nanzsituation von Gera gesprochen und hat hier in du nicht von Ramelow geführt werden willst. diesem Haus behauptet, es gab einen Brief von (Heiterkeit CDU, FDP) drei seiner Kollegen. Den gibt es tatsächlich, es ist übrigens ein offener Brief vom 1. Juli 2013. Er hat Aber die Grunderwerbssteuer ist ein gutes Stich- gesagt, dass diese drei Kollegen der Ministerpräsi- wort für ein anderes Thema, das ich ansprechen 14910 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Mohring) wollte mit Blick auf Gewerbegebiete. Bodo Rame- Dass er versucht hat, die rote Fahne zu hissen, das low hat versucht, das Thema Gebietsreform in sei- zeigt sich an einem Kampfbegriff, den er hier ge- ner Erwiderung auf die Regierungserklärung zum sagt hat. Als er zum Schluss seiner Rede davon Thema zu machen und hat dann gesagt - folgende gesprochen hat, 24 Jahre Richtlinienkompetenz Logik: Weil es neben der Stadt Eisenach ein Ge- CDU. Das kann nur einer sagen, der aus der Nach- werbegebiet mit dem Namen Eisenach gibt, stün- folgepartei der Staatspartei SED kommt. Nur die den der Stadt Eisenach die Gewerbesteuereinnah- haben gesagt, Schild und Schwert und die Partei ist men zu. Wenn das so wäre, müssten bei der Logik das Oberste, was es gibt, und die bestimmt. Das ist auch beim Flughafen Erfurt-Weimar die Flugzeuge nicht so in diesem Land. Es gibt eine Richtlinien- in Weimar landen. Auch das ist nicht so. Deswe- kompetenz der Ministerpräsidentin. Aber das gen, meine sehr verehrten Damen und Herren, Staatsverständnis von Bodo Ramelow offenbart al- nicht überall, nur weil einer seinen Namen darauf les. Es gibt keine Richtlinienkompetenz einer Partei schreibt, gibt es auch eine Logik dahinter, dass ihm oder einer Fraktion, das sieht unsere Verfassung auch die Einnahmen zustehen. nicht vor. Ihr wollt unsere Verfassung und Grund- ordnung abschaffen. (Beifall CDU) (Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Dass die Finanzsituation in Eisenach schwierig ist, Nein, überhaupt nicht.) das erkennen wir sehr wohl an. Sehr wohl muss da- für eine Lösung gefunden werden und sehr wohl ist (Unruhe DIE LINKE) es schwierig, wenn dort ein Gewerbegebiet neben Deswegen redet ihr so davon, der Wähler und Gott der Stadt ist, wo die Einnahmen sozusagen von der mögen es verhüten und im Übrigen auch die SPD. Stadt ferngehalten werden und die Stadt selbst große Aufgaben hat. Das ist alles richtig, aber ich (Unruhe DIE LINKE) will einen Satz sagen. Ich nehme auch uns davon (Beifall CDU) nicht aus, aber wenn ich zurückblicke auf die Ge- schichte dieses Thüringer Landtags, nehme ich zur Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute vor Kenntnis, dass es in den 90ern Kommunalpolitiker 1.782 Tagen, am 30. August 2009 haben die Wäh- aus Eisenach waren, die die Kreisfreiheit von Eise- ler diesen Thüringer Landtag in seiner Zusammen- nach wollten. setzung gewählt und haben, wenn auch mit verän- dertem Ergebnis, der CDU einen Regierungsauf- (Beifall CDU) trag erteilt. Ich nehme heute zur Kenntnis, dass es Kommunal- (Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Aber politiker aus Eisenach sind, die die Kreisfreiheit was für einen.) nicht mehr haben wollen. Auch das gehört zur Wahrheit. Heute dem Land vorzuwerfen, kümmert (Unruhe DIE LINKE) ihr euch um Eisenach, weil wir nicht zurechtkom- Ich mache keinen Hehl daraus, wir waren dankbar men mit unserer Kreisfreiheit, da will ich gern erin- dafür, dass die SPD sich nach einem langen inne- nern, dass frühere Kommunalpolitiker das Land ge- ren Prozess und nach Sondierungs- und Koalitions- drängt haben bis zum Letzten, endlich den Kreis- gesprächen entschieden hat, mit uns gemeinsam freiheitsstatus herzurichten und heute kommen sie Verantwortung für diesen Freistaat Thüringen über- damit nicht zurecht. Andere haben damals schon nehmen zu können. Ich will ausdrücklich sagen, lie- gesagt, seid vorsichtig, so eine kleine Stadt, das be Sozialdemokraten, an euch gerichtet, in die Ab- geht nicht gut auf. arbeitung des Koalitionsvertrags geblickt, ihr müsst (Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) euch vor eurer Basis nicht verstecken, (Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Das (Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE waren doch eure Leute.) GRÜNEN) (Beifall CDU) wir haben die gemeinsamen Punkte gut abgearbei- tet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Bodo Ramelow hat vorhin in seiner Rede versucht, hier (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE eine rote Fahne zu hissen und das große Portfolio GRÜNEN: Warum glauben Sie das sagen zu aufzumachen, was DIE LINKE in diesem Wahl- müssen?) kampf vorhat. Ich will gern sagen, es gibt nur eine Es war eine richtige Entscheidung der Sozialdemo- einzige Stelle, wo die rote Fahne weht, wo es auch kratie in Thüringen, mit uns gemeinsam Verantwor- vorwärts geht: Das ist die rote Fahne am Langholz- tung für diesen Freistaat Thüringen zu überneh- transporter. Sonst trifft das alles nicht zu. Das will men. ich gern ausdrücklich an dieser Stelle einmal sa- gen. (Beifall CDU) (Beifall CDU) Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14911

(Abg. Mohring) (Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, ziell so aufzustellen - auch natürlich dank guter Arbeit und Technologie: Danke, Mike.) konjunktureller Rahmenbedingungen, das gehört doch immer dazu -, dass wir jetzt sagen können, Darauf warte ich schon so lange, lieber Christoph, wir haben einen Anschluss gefunden, von 2007 bis wenn diese Einladung jetzt ausgesprochen ist, 2014, im Durchschnitt der Jahre es zu schaffen, komme ich sehr gern und halte auch eine gute Re- keine Schulden mehr in diesem Freistaat Thüringen de. Ihr werdet zufrieden sein und Tränen in den Au- zu machen. Das ist eine Glanzleistung für ein Land, gen haben vor Freude, das zur Hälfte aus Drittmitteln besteht, ohne Schul- (Heiterkeit im Hause) den Haushalte aufzustellen, sogar die Schulden zu tilgen, die wir in dieser Wahlperiode aufnehmen was ich alles sagen kann. mussten und damit die Bilanz vorzulegen: Wir ha- (Heiterkeit CDU, SPD) ben den Schuldenberg nicht vergrößert, sondern wir haben nachhaltig generationengerecht gewirt- (Beifall CDU) schaftet und das gemeinsam, das kann sich sehen Wir haben unseren Koalitionsvertrag überschrie- lassen, ben: „Starkes Thüringen - innovativ, nachhaltig, so- (Unruhe DIE LINKE) zial und weltoffen.“ Und an all diesen Punkten kann man sehen, Thüringen ist stark, Thüringen ist inno- eine gute finanzielle Basis für die Zukunft in diesem vativer, nachhaltiger, sozialer und auch weltoffener. Freistaat Thüringen. Diese fünf Jahre, (Beifall CDU, SPD) (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE Dass es uns auch noch gelungen ist, Rücklagen zu GRÜNEN: Woran machen Sie das fest?) bilden, Vorsorge zu treffen mit den guten Einnah- darauf komme ich zu sprechen, Dirk Adams, keep men in diesem Jahr und dem Abschluss des letzten cool, alles zu seiner Zeit, darauf will ich zu spre- Jahres, auch möglicherweise Konjunkturdellen, die chen kommen. Aber es war der Auftrag unseres uns am Anfang der nächsten Wahlperiode vielleicht Koalitionsvertrags, an dem haben wir uns messen einholen, entgegenzusteuern und trotzdem dabei lassen und geschaut, wie wir dieses Land gut auf- zu bleiben, ohne Schulden auszukommen, die Er- stellen können. Der beste Maßstab, woran man das fordernisse einer Schuldenbremse, die wir für rich- bemessen kann, ist, dass man am Ende einer tig halten in der Thüringer Landesverfassung, aber Wahlperiode prüfen kann, ob es den Menschen in zu erfüllen, darauf kann man schon auch aus- dem Land, für die wir Politik gestalten, besser als blicken, das haben nicht alle deutschen Bundeslän- zu Beginn der Wahlperiode geht. Ich will mit wirk- der geschafft. Wenn ich nach Baden-Württemberg lich felsenfester Überzeugung sagen: Den Thürin- schaue, wenn ich nach Nordrhein-Westfalen ger Bürgern geht es in diesem Freistaat 2014 bes- schaue, wo im Wettbewerb um die größte Schul- ser, seit wir 2009 die Verantwortung gemeinsam für denkrone 3 Mrd. oder 4 Mrd. Neuverschuldung in dieses Land übernommen haben. Das war unsere einem Jahr sich die jeweiligen Finanzminister, die gemeinsame Arbeit. nicht unser Parteibuch tragen, sondern andere - ich lasse mal weg, welches -, wenn man da mal (Beifall CDU) schaut, dass die im Wettbewerb stehen, wer macht Die drei Basics dafür machen sich fest bei Finan- die meisten Milliarden Neuschulden, und wir es zen, Wirtschaft und Bildung. Das große Thema der schaffen, ohne Schulden auszukommen als Neh- Finanzpolitik ist das Entscheidende. Die Minister- merland, als junges aufstrebendes Land, dann will präsidentin hat es in ihrer Rede beschrieben. Als ich sagen, bin ich lieber in Thüringen als in Baden- wir in diese gemeinsame Regierung eingetreten Württemberg oder Nordrhein-Westfalen und werde sind, waren wir mitten in einer weltweiten Wirt- von denen regiert. Lieber hier in Thüringen gemein- schaftskrise, mitten in einer weltweiten Finanzkrise. sam so weiter als von den Brüdern dort in dieser 20 Prozent Einbrüche konnten wir verzeichnen, die Konstellation. Steuereinnahmen sind zurückgegangen, Export ist (Beifall CDU) zurückgegangen. Es war schwierig auf dem Ar- beitsmarkt, die Konjunktur ist nicht so gelaufen, wie Meine sehr verehrten Damen und Herren, daraus wir es gebraucht hätten für Rahmenbedingungen die richtigen Schlussfolgerungen für Wirtschaftspo- gerade als junges Nehmerland, was zu dem Zeit- litik zu ziehen, ist uns auch in dieser Wahlperiode punkt, zu Beginn dieser Wahlperiode, noch weit gelungen. Die Arbeitslosigkeit ist seit 2009 in Thü- über 50 Prozent von Drittmitteln abhängig war, weil ringen um 30 Prozent gesunken. Das ist auch Er- wir damals nur eine Steuerdeckungsquote von folg unserer gemeinsamen Arbeit. Natürlich wurden 47 Prozent hatten; sie hat es auch beschrieben, in vorher auch Grundlagen gelegt - ich will das gar welchem schwierigen Umfeld wir gemeinsam Politik nicht verhehlen als CDU-Fraktionsvorsitzender, gestaltet haben. Wer hätte 2009 gedacht, dass wir, dass die Weichenstellungen wichtig waren -, aber CDU und SPD, es gemeinsam schaffen, uns finan- dass es uns gelungen ist, gemeinsam die Arbeitslo- 14912 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Mohring) sigkeit um 30 Prozent zu drücken, dass wir mit un- löst sich nur mit anständiger Bezahlung. Da muss serer Quote, wie sie die Ministerpräsidentin be- die Wirtschaft ihren Beitrag leisten, da kommt sie in schrieben hat, Nordrhein-Westfalen überholt haben Thüringen nicht drumherum. an dieser Stelle, dass wir Anschluss gefunden ha- (Beifall CDU) ben an so ein starkes Bundesland wie Hamburg als Freie Hansestadt, dass wir davor sind, dass wir bei (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE den neuen Ländern Spitzenreiter bei der niedrigen GRÜNEN: Wer hat denn den Niedriglohn ge- Arbeitslosenquote sind, das ist unser Ergebnis. macht?) Dass sich die Jugendarbeitslosigkeit halbiert hat Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie re- seit 2009, das sollen doch mal andere zeigen, den hier alte Kamellen von den 90er-Jahren, das ist wenn sie Bilanz ziehen in diesen Tagen. Wir haben lange vorbei. das erfüllt: Arbeitslosigkeit minus 30 Prozent, die niedrigste Quote der ganzen ostdeutschen Bundes- (Heiterkeit DIE LINKE) länder, Jugendarbeitslosigkeit halbiert. Wir haben Schauen Sie sich in diesem Bundesland um, es gute wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen ge- war eine Strategie dieser Landesregierung, setzt. Das ist unsere Bilanz in dieser Wahlperiode. (Unruhe DIE LINKE) (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und was verdienen die Leute?) des damaligen Wirtschaftsministers, des jetzigen Wirtschaftsministers, unserer Ministerpräsidentin, (Beifall CDU) auch des Vizeministerpräsidenten, jeder hat es in Genau die richtige Zwischenfrage stellen Sie an der seinen Reden gesagt, wo er nur konnte in dieser richtigen Stelle, lieber Herr Adams. 8,6 Prozent Wahlperiode, es gibt keine Niedriglohnstrategie von Wirtschaftswachstum seit 2009, auch mithilfe von Schwarz und Rot in Thüringen. Hören Sie auf mit 1,2 Mrd. € Wirtschaftsförderung durch EU-Mittel, ollen Kamellen. Wir haben uns in dieser Wahlperi- durch Bundesmittel und durch Landesmittel, tragen ode bemüht, eine andere Weichenstellung zu ma- dazu bei, dass die Wirtschaft die Kraft hat, bessere chen. Löhne zu zahlen. Unsere Aufgabe ist es jetzt, auch (Beifall CDU) für die Zukunft, dass wir es schaffen müssen, dass gute Arbeit auch gute Löhne nach sich zieht. Das Natürlich regieren wir mit, also ist es auch immer ist ganz wichtig. Die Menschen, die jeden Tag als mit der CDU. Der Erfolg geht gemeinsam, die Leistungsträger der Gesellschaft früh und abends Schwierigkeiten gehen gemeinsam, aber wir stellen auf Arbeit gehen und 40 Stunden schrubben und uns dieser Debatte. Das ist doch entscheidend. Wir mehr leisten müssen, ob im Dreischichtsystem oder haben einen realistischen Blick auf dieses Land. in Vollzeit am ganzen Tag, die müssen in die Lage Sie können nicht wegreden, dass es in Thüringen versetzt werden, von ihrem Geld, was sie verdie- der Fall ist, dass wir die höchste Industriebeschäf- nen, auch ihre Familie ernähren zu können. Das tigtenquote in den deutschen Ländern haben, dass bleibt ein politischer Anspruch. Dafür strengen wir wir vorangekommen sind, dass die Thüringer zu- uns gemeinsam an. rückkommen, dass wir erstmalig mehr Thüringer haben, die nach Hause kommen als weggehen, (Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, und weniger Wochenendpendler haben. Darauf Arbeit und Technologie: Mache ich schon, kann man doch aufbauen. Wer hat denn das ge- Mike.) dacht? Früher haben uns die Schwarzmaler erzählt, (Beifall CDU) wir haben unter 2 Mio. Einwohner, wenn das so weitergeht. Jetzt kommen die Thüringer wieder, Das müssen wir auch tun, weil unsere Leute natür- weil Sie sich wohlfühlen in diesem starken Stück lich auch außerhalb von Thüringen schauen. Wenn Deutschland. Die Thüringer wollen in Thüringen zu die lesen, dass ein Bauarbeiter in Hamburg 2.700 € Hause sein. Sie wollen hier ihre Arbeit haben, sie brutto im Monat verdient und ein Bauarbeiter in wollen hier mit ihren Familien zusammen sein und Thüringen 1.000 € brutto weniger, dann haben die sie wollen auch hier im Alltag sein. Dafür haben wir Leute Fragezeichen, dann fragen die, sind wir rich- die Rahmenbedingungen geschaffen und das las- tig aufgestellt, ist es gerecht, was da passiert. Des- sen wir uns nicht schwarzmalen. halb ist das eine ganz zentrale Aufgabe für die nächsten Verantwortlichen in der nächsten Regie- (Beifall CDU) rung, dass wir uns diesen Problemen gemeinsam Natürlich wissen wir - als dritten Punkt -, Wissen ist widmen. Die Mindestlohndebatte hat eine Grundla- unser wertvollster Rohstoff, den wir in Thüringen ge geschaffen, darauf aufzubauen. Aber den Leu- haben. Deshalb ist es eine gemeinsame Aufgabe ten, wenn sie 2.700 € wie der Bauarbeiter in Ham- gewesen, zu schauen, vom Kindergarten, vom früh- burg verdienen wollen, reicht hier dann kein Min- sten Kleinkindalter an bis hin zur Hochschule, auch destlohn. Dann müssen sie fach- und sachgerecht unsere Hochschul-, unsere Bildungslandschaft in bezahlt werden. Die Facharbeiterfrage der Zukunft Thüringen ganzheitlich weiterzuentwickeln. Deswe- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14913

(Abg. Mohring) gen war es gut, dass wir gemeinsam das Kinderta- das nicht. Wir haben hier eine gute Bilanz vorzu- gesstättengesetz novelliert haben, dass wir den weisen. Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr festge- (Beifall CDU) schrieben haben, dass wir mithilfe des Bundes un- sere Kindergärten in Thüringen ausbauen konnten. Meine Damen und Herren, es lohnt sich auch dar- Das waren die Ausbauprogramme von der damali- auf zu schauen, wir haben das beste Lehrer-Schü- gen Familienministerin von der Leyen und von ihrer ler-Verhältnis. Jeder vierte Euro aus dem Haushalt Nachfolgerin Kristina Schröder. Wir hatten im Thü- fließt in Bildungsausgaben. Das muss uns Ansporn ringer Landeshaushalt nicht das Geld für weitere sein, diese finanzielle Leistung, die wir schultern in Ausbauprogramme für Kindertagesstätten und die diesem 9-Milliarden-Landeshaushalt, dass wir es Kommunen erst recht nicht. Der Bund hat uns mit auch schaffen, dass wir mit diesen immensen Aus- Millionenbeträgen unterstützt, dass wir heute sagen gaben jedes Kind zum Schulabschluss führen. Ich können, wir haben einen Topzustand bei Kindergär- will ganz klar sagen: 7,8 Prozent Schulabbrecher- ten. Der Rechtsanspruch ab einem Jahr ist möglich. quote, dass fast 8 Prozent Kinder in Thüringen Wer sein Kind frühestmöglich in die Betreuung, in 2014 die Schule ohne Abschluss verlassen, das die Kindertagesstätten geben will, der hat einen kann uns nicht befriedigen. Das hinzubekommen ist Rechtsanspruch und der hat bestmögliche Bedin- eine Aufgabe für die nächste Wahlperiode. Es kann gungen und vorzügliche, moderne Kindertagesstät- uns nicht befriedigen, obwohl wir jeden vierten Euro ten. für Bildungsausgaben ausgeben, dass jede zehnte Schulstunde ausfällt oder fachfremd besetzt wird. (Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Ach Das müssen wir gemeinsam besser machen. Das ja?) bleibt eine Aufgabe für die Zukunft, Danach schlecken sich andere Bundesländer die (Beifall CDU) Finger, wenn sie nur die Hälfte des Zustands hät- ten. Bei uns findet beste Betreuung von klein auf aber die Rahmenbedingungen haben wir gemein- statt, da sind wir Spitzenreiter in Deutschland. sam gesetzt. Das ist ganz wichtig. Es gibt auch Übereinstimmungen in den Programmen und wir (Beifall CDU, SPD) haben es für uns festgeschrieben, wir stellen ab Natürlich war es uns immer wichtig, Familien zu för- nächstem Jahr nach 400 Lehrern im letzten Jahr, dern, auch Wahlfreiheit zu ermöglichen. Das haben nach 400 Lehrern in diesem Jahr 500 neue Lehrer, wir gemacht. Da haben wir unterschiedliche Ansät- das heißt, für die nächste Wahlperiode 2.500 neue, ze. Für uns gilt immer, Wahlfreiheit hat immer zwei junge Lehrer ein, damit wir der demografischen Seiten einer Medaille, das ist die beste Betreuung Entwicklung bei den Lehrern entgegentreten kön- in den Einrichtungen, aber das ist auch die Ermögli- nen, damit wir eine hohe Lehrer-Schüler-Relation chung der Wahlfreiheit für die Eltern, wenn sie sa- halten, aber auch dazu beitragen, höchstmöglich gen, sie wollen die Betreuung des Kindes länger motivierte Lehrer zu haben, Kinder zum Schulab- übernehmen oder auch das Modell der Tagesmut- schluss zu führen und Unterrichtsgarantie abzuge- ter nutzen, damit sie mehr Zeit verwenden können. ben. Das ist unser Ziel, was wir uns als CDU auch In Thüringen schaffen wir es, diesen Anspruch viel- vornehmen für die nächste Wahlperiode, das schaf- fältig zu untermauern und vorauszusetzen, damit fen wir mit den Rahmenbedingungen, und dafür alle die Eltern sich entscheiden können. Das ist doch Bildungsanstrengungen zu unternehmen, das lohnt der erste Blick, die Eltern sollen sich entscheiden sich allemal. und nicht der Staat soll das festlegen, wo die beste (Beifall CDU) Betreuung möglich ist. Thüringen leistet das hervor- ragend. Dass wir uns gemeinsam dafür eingesetzt Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn haben, schon vom Bildungsplan, den wir in der letz- diese Eckpunkte stimmen, wenn die finanzielle Ba- ten Wahlperiode auf den Weg gebracht und jetzt sis gut gelegt ist, wenn die wirtschaftlichen Rah- weiterentwickelt haben, dass wir Kindertagesstätten menbedingungen stimmen, wenn die Bildung die als Bildungseinrichtungen verstehen und wir es richtige Weichenstellung erfährt, wir Qualitätsdebat- deshalb geschafft haben, dass 98 Prozent der Kin- ten führen und uns nicht mit Strukturdebatten auf- der ab dem dritten Lebensjahr die Kindertagesstät- halten, dann ist es auch wichtig, dass die Leute te besuchen, das zeigt doch, dass der Anspruch, wissen, sie können sich in einem Bundesland wie den wir haben, Kindergärten als Bildungseinrich- Thüringen, im Freistaat Thüringen, sicher fühlen, tung zu verstehen, in keinem Bundesland besser sie können sich wohlfühlen. Sie wissen, dass es gewährleistet wird als in Thüringen. Denn wenn alle hier Menschen gibt, Frauen und Männer, die sich Kinder in der Betreuung in der Kindertagesstätte tagtäglich in ihrem Dienst, ob in der Feuerwehr, sind, dann geht auch in der Vorschule beste Bil- beim Katastrophenschutz oder bei unserer Thürin- dung im Vorfeld, damit alle gleiche Startchancen ger Polizei einsetzen, um unsere Sicherheit zu ga- haben. Thüringen ermöglicht das, andere schaffen rantieren. Wir sind dankbar, dass es diese Frauen und Männer gibt. Thüringen ist deshalb so sicher, 14914 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Mohring) weil diese Menschen uns tagtäglich mit ihrem Le- die wir gemeinsam auch geschultert haben, da ben schützen und sich einsetzen. muss sich doch niemand verstecken. Wer hätte denn 1990 gedacht, nachdem es eigentlich nur die (Beifall CDU, SPD) A 4 gab, was wir an Autobahnnetz dreispurig zum Dass 93 Prozent sagen, sie wohnen gern in ihrer Teil ausgebaut haben. Die A 4 ist heute die Schlag- Heimat Thüringen, ist Ausweis dieses Sicherheits- ader, die Achse in Thüringen an wirtschaftlicher gefühls. Wir haben dafür auch eine Menge inves- Entwicklung. Man kann sich Thüringen in der wirt- tiert. Die Polizeireform des Innenministers, die die schaftlichen Dynamik ohne diese Achse A 4 gar Ministerpräsidentin angesprochen hat, hat es er- nicht vorstellen. Alle, die immer gesagt haben, was möglicht, dass 300 Polizisten mehr auf der Straße wir vorausgesagt haben, auch frühere Wirtschafts- für ein Sicherheitsgefühl in Thüringen beitragen minister, wenn die Achse Autobahn läuft, daran Ge- können. Das war uns wichtig und ist übrigens auch werbegebiete sich ansiedeln können, dann strahlen ein Beitrag dafür, dass wir mit 64 Prozent Aufklä- die ins Land aus, dann schaffen die dort neue rungsquote an der Spitze aller deutschen Länder Facharbeitskräftepotentiale, dort siedeln sich Unter- stehen. In keinem Land werden Straftaten besser nehmen an und die strahlen weit über Thüringen, und schneller aufgeklärt, nicht mal in Bayern, Thü- weltweit hinaus. Das kann man sehen an der A 71, ringen ist der Spitzenreiter. Wir halten diese Spit- das kann man sehen an der A 73, das sieht man zenposition. Unsere Innenpolitik hat in diesen vie- auch an der neuen A 38 und wenn alle Lücken- len Jahren gute Rahmenbedingungen gelegt. Wir schlüsse bei der A 71 mal fertig sind, dann sieht danken unserem Innenminister, aber ich sage als man, dieses Land ist infrastrukturell an den großen Fraktionschef auch, danke unseren Innenpolitikern Achsen gut aufgestellt. Die Grundlage für gute wirt- für diese Rahmensetzung. Thüringen ist ein siche- schaftliche Entwicklung haben wir gelegt durch gute res Bundesland, das ist unsere gemeinsame An- Infrastruktur. strengung gewesen. (Beifall CDU) (Beifall CDU) Natürlich in demselben Moment, in dem ich vom (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE Autoverkehr spreche, müssen wir auch vom ÖPNV GRÜNEN: Die einen sagen so, die anderen sprechen, weil beides immer zusammengehört. Mo- so.) bilität geht auch nur, wenn ÖPNV stattfindet. Aber ich will das ganz klar sagen, in dieser Wahlperiode Wenn wir mal schauen, wir haben seit 1990 - ich hat unser Verkehrsminister 200 Mio. € investiert für habe das nachgelesen - 220 Mio. € investiert in un- Busse und für Bahnen. Er kann in seiner Bilanz vor- sere freiwilligen Feuerwehren, in die Infrastruktur, weisen, 412.000 mehr Thüringer sind auf Bus und Feuerwehrgerätehäuser, Einsatzfahrzeuge, damit Bahn umgestiegen, weil die Investitionen richtig wa- überall in Thüringen die Rettungswege eingehalten ren und sich gelohnt haben. Allen, die immer davon werden können, im kleinsten Ort Feuerwehrgeräte- reden, man muss die Versöhnung von Verkehr und häuser saniert stehen im Topzustand, im Wesentli- ÖPNV stattfinden lassen, von Auto und Bus und chen die modernsten Fahrzeuge stehen. Wir spü- Bahn und Schiene und Straße, dass es in einen gu- ren natürlich, nach 20 Jahren gibt es wieder Er- ten Einklang gebracht wird: Die Voraussetzungen neuerungsbedarf. Wir haben überall Leute, die sich legt man durch solche Weichenstellungen, durch engagieren, die mithelfen wollen, damit Sicherheit Investitionen. Knapp eine halbe Million, die umge- gewährleistet ist. Wir haben da einen riesengroßen stiegen ist auf den ÖPNV in Thüringen, auf Bus und Beitrag geleistet und wir sind Vorbild für viele ande- Bahn, dafür haben wir die Weichenstellung in die- re Bundesländer. Ich sage das noch einmal deut- ser Wahlperiode gelegt. Das kann man auch sagen lich: 220 Mio. € alleine in die Struktur von Feuer- in dieser Bilanz, die Infrastruktur ist gut vorange- wehr, in Infrastruktur und Fahrzeuge, das kann sich kommen. Wir sind nicht am Ende, aber die Wei- sehen lassen. Das haben wir geschultert aus dieser chenstellungen dafür waren auch in dieser Wahlpe- schwierigen, engen finanziellen Situation, aber wir riode sehr richtig. wissen, wir sind dankbar, dass die Kameradinnen und Kameraden sich tagtäglich für uns einsetzen. (Beifall CDU, SPD) Deswegen geben wir ein Stück zurück, damit wir Weil wir wissen, dass es schwierig ist, müssen wir morgen wieder Sicherheit haben können. uns auch vornehmen, Landesstraßen weiter auszu- (Beifall CDU) bauen, Ortsumgehungen auszubauen, Bundesstra- ßen auszubauen. Da brauchen wir die Hilfe des Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Thü- Bundes, das ist doch ganz klar. Wir Thüringer ringer kommen deshalb wieder gern zurück, weil schaffen diese große Last an Aufgaben nicht allein. sie wissen, es gibt hier gute Rahmenbedingungen Deshalb ist es richtig, dass auch geschaut wird, wie in der Infrastruktur. Da kann man doch schauen, man zu neuen Finanzierungsmodellen kommt, die was wir geschaffen haben. Wir wissen das doch al- auch uns Thüringer so ausstatten, damit wir diese le, die hier Verantwortung in diesem Freistaat Thü- Investitionsbedarfe der Zukunft auch erfüllen kön- ringen in den letzten Jahrzehnten getragen haben, Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14915

(Abg. Mohring) nen. Wenn die Ministerpräsidentin in ihrer Regie- zung, damit der Freistaat zukunftsfest wird, und das rungserklärung davon spricht, dass wir uns vorneh- nehmen wir uns auch für die Zukunft vor. Aber wir men, in den nächsten Jahren auch weiter können bilanzieren für diese Wahlperiode: Schaut 1,2 Mrd. € zu investieren, dann geht das nur mit Hil- in unsere Dörfer in Thüringen! fe anderer. Die Strukturdaten unseres Landeshaus- Schaut in unsere Dörfer in Thüringen und schaut in halts werfen einen ganz schnellen Blick darauf, al- andere Bundesländer und seht euch da die Unter- lein können wir die 1,2 Mrd. € nicht schultern. Aber schiede an! Und wenn man zurückblickt, alle hatten wir müssen sie schultern, deswegen hat sie voll- dieselben Startchancen nach 1989. Jeder kann kommen recht mit dieser Zukunftsaussage. Wenn schauen, was hat er aus diesen Startchancen ge- der Bund uns dabei durch verschiedene Program- macht. Wir haben unsere Chance zum Aufbau Thü- me hilft, wenn wir EU-Mittel weiter klug einsetzen - ringens genutzt, auch im ländlichen Raum. Eine dafür haben wir in dieser Wahlperiode die Weichen- konsequente ländliche Entwicklungspolitik hat dazu stellung gemacht -, dann gelingt es uns auch, die beigetragen, auch das gehört zu unserer Bilanz, Investitionsbedarfe abzusichern, die wir brauchen, dass wir das im ländlichen Raum geschafft haben. damit hier unsere Infrastruktur so vollständig gut aufgestellt ist, damit auch die Kommunen uns zuru- (Beifall CDU) fen, dass sie zufrieden sind, wie sie ausgestattet Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir sind, mit der Sanierung ihrer Straßen, dass sie gut in die Zukunft schauen, dann ist es wichtig, dass vorankommen, und dass auch wir sagen können wir wissen, dass wir diese Nachhaltigkeitsidee, die- als Land, unsere Brücken, unsere Landesstraßen se Strategie, generationengerecht Politik zu ma- sind in einem guten Zustand. Es gibt also immer In- chen, auch verankern müssen in unserer Verfas- vestitionsbedarfe, deshalb ist unser Ruf nach Ber- sung. Wir plädieren sehr dafür, dass man Genera- lin: Regelt die neuen Finanzierungsmodelle, damit tionengerechtigkeit als Verfassungsziel in Thürin- wir ab nächstem Jahr mit neuer Hilfe zusätzliches gen festschreibt. Dazu gehört für uns auch die Geld bekommen, damit wir unsere Infrastrukturauf- Schuldenbremse. gaben in Thüringen lösen können - eine Zusatz- und Zukunftsaufgabe, aber dafür in Thüringen ge- (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE meinsam zu streiten, das lohnt sich allemal. GRÜNEN: Und was noch?) (Beifall CDU, SPD) Aber klar muss sein, Politik in der Zukunft muss sich in Thüringen verpflichtet fühlen zu wissen, Schauen wir in unseren ländlichen Raum, sehen dass Politik nur dann gelingt, wenn man sparsam wir, dass nur die Versöhnung von Stadt und Land mit seinen Ressourcen umgeht, wenn man weiß, dieses Land voranbringt. Die Ministerpräsidentin dass man nur das Geld ausgeben kann, was man hat zu Recht davon gesprochen, drei Viertel der hat, und wenn man die Weichenstellung so macht, Thüringer wohnen im flachen Land. Die sehen sich dass auch nachfolgende Generationen noch eigene nicht alle als Dörfler, aber sie leben in diesen klei- Spielräume zur Politikgestaltung haben. Dafür set- nen Einheiten und sie leben gern in diesen kleinen zen wir uns ein, es ist ein Ziel für die Zukunft. Aber Einheiten. die Voraussetzungen dafür, dass man diese Ziele (Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, formulieren kann und dass sie realistisch erschei- Arbeit und Technologie: Das stimmt!) nen, haben wir in dieser Wahlperiode geleistet. Ich bin auch meiner Fraktion im Zusammenhalt mit der Und es gibt Erfurter und Jenaer, die leben auch SPD-Fraktion dankbar, dass wir das gemeinsam gern in ihrer Stadt - warum auch nicht, soll es ge- gemacht haben. ben. Aber das Wichtigste ist, dass es keine Politik gibt, die sagt, nur in den Städten ist das Leben le- (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ benswert. Natürlich ist der Umkehrschluss auch DIE GRÜNEN: Wurde auch Zeit.) nicht richtig, dass es Politiker gibt, die sagen, nur Ich habe am Beginn dieser Wahlperiode gesagt, als auf dem flachen Land ist es schön und alles andere dein Vorgänger, Werner, Uwe Höhn Fraktionsvor- kann vernachlässigt werden. Die Versöhnung von sitzender geworden ist, wir beide sind die linke und Stadt und Land ist eine der zentralen Aufgaben, rechte Herzkammer dieser Koalition. wenn wir es schaffen wollen, dieses Land zukunfts- fest zu machen. Deswegen muss es immer auch (Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ziel aller Förderung des ländlichen Raums sein, NEN) beides zu berücksichtigen, Stadtentwicklung zu ma- Das war ein bildhafter Ausdruck dafür, dass es chen, Dorferneuerung zu machen. Und da hat un- wichtig ist, dass wir uns in unserer Arbeit so verste- ser Minister im ländlichen Raum dafür wichtige hen, dass wir die Regierung gemeinsam tragen, Weichenstellungen gemacht, auch erhalten, dass aber dass wir die Regierung nur dann tragen kön- wir diese Fördermöglichkeiten weiter haben, das ist nen, wenn die Fraktionen miteinander funktionie- ganz wichtig. Lebenswertes Leben in Thüringen ren. Wenn die Menschen, die täglich gemeinsam auch im ländlichen Raum ist die Grundvorausset- Politik machen in den Arbeitskreisen, in den Koaliti- 14916 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Mohring) onsausschüssen zusammensitzen und wir uns täg- dass man trotzdem immer noch weiß, das geht lich abstimmen müssen, dann muss dafür eine hart, aber es geht um dieses Land, und dafür zu menschliche Basis da sein, das ist die Grundlage streiten und zu wissen, die Bürger dieses Landes eines gemeinsamen Erfolgs. Ich will sagen, lieber entscheiden das in freien Wahlen, in geheimen Uwe, mit dir über die vielen Jahre, aber auch mit Wahlen, in unmittelbaren Wahlen und sie tun das in dir, Werner, in der Nachfolge, ich will Danke sagen, dieser Freude, weil sie dieses Land weiter voran- das ist uns gut gelungen mit all den Friktionen, die bringen können. Dafür zu streiten und dafür Teil manchmal da sind, weil wir in unterschiedlichen dieser Mannschaft zu sein, das ist doch allemal Parteien zu Hause sind. Das soll auch in der Zu- wert, sich für diese Demokratie, für den Aufbau die- kunft so bleiben. Aber danke für diese Gemeinsam- ses schönen Freistaats Thüringen, für dieses starke keit, es hat sich gelohnt, Thüringen ist gut vorange- Stück Deutschland weiter einzusetzen. Wir haben kommen. eine gute Bilanz, Schwarz-Rot hat eine erfolgreiche Arbeit gemacht. Auf geht es für eine neue Zeit. Vie- (Beifall CDU, SPD) len Dank. Ich schließe in diesen Dank natürlich das gesamte (Beifall CDU, SPD) Kabinett ein, aber ich sage auch den Dank an alle Fraktionen in diesem Haus. Ich will das gern rück- blickend sagen: Ich finde, wir 88 Parlamentarier in Vizepräsidentin Hitzing: diesen fünf Fraktionen müssen uns nicht Vielen Dank, Herr Abgeordneter Mohring. Es hat verstecken. Wir haben bei allem politischen Streit sich jetzt Frau Ministerin Taubert zu Wort gemeldet. gute parlamentarische Arbeit gemacht und wir ha- ben einen Dienst an der parlamentarischen Demo- Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Ge- kratie geleistet, weil wir es geschafft haben, in den sundheit: Grundsatzfragen für dieses Land von der ersten Landtagssitzung, auch heute bis zu Beginn der Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Landtagssitzung vor den Türen dieses Landtags zu Herren Abgeordneten, die Regierungsbilanz kann beweisen, wenn es darauf ankommt, wenn es dar- sich sehen lassen und die Diskussion dazu, finde um geht, die Demokratie zu verteidigen, wenn es ich, auch. Das ist ein Wechselbad der Gefühle, das darum geht, den Wert der parlamentarischen De- ich heute so nach fünf Jahren hatte, jeder hat noch mokratie hochzuhalten, dann haben wir uns nicht mal seines herausgestrichen. Ich möchte zunächst von außen erschrecken lassen, sondern haben hier der Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht herz- gemeinsam unsere Arbeit gemacht. Deshalb gilt lich danken, dass sie mit neuem Schwung und Elan namens meiner Fraktion der Dank allen Fraktionen in die Legislaturperiode gegangen ist und dass sie für diese gemeinsame gute Arbeit hier in diesem sich ausdrücklich dafür ausgesprochen hat, dass Hause. Wir sind dankbar dafür, dass wir Teil dieser wir eine andere politische Kultur als die zehn Jahre Mannschaft hier in diesem Hohen Haus sein durf- zuvor in diesen Landtag bringen müssen. Es gibt ten. zwei Bilder von ihr, am Anfang und am Ende der Legislaturperiode, das ist mir heute so aufgefallen, (Beifall CDU, SPD) die waren beide Male mit Bodo Ramelow gewesen, Jetzt, meine Damen und Herren, wenn das Plenum um diese Kultur zu unterstreichen. Das erste Mal zu Ende ist - wir treffen uns noch mal zum Sonder- hatte ich subjektiv emotional den Eindruck, sie will plenum, ganz klar -, kämpfen wir alle selbst um un- uns nur ein kleines bisschen ärgern. Aber ich denke sere Stimmen, jetzt kämpfen wir um die beste Idee heute nach fünf Jahren, das war eine aufrechte für dieses Land, jetzt kämpfen wir darum, die Thü- Geste, unter Demokratinnen und Demokraten zu ringer davon zu überzeugen, wer hat die beste Idee zeigen, dass wir hart streiten - da bin ich bei Mike und wer überzeugt die Thüringer mit seinen Ideen Mohring -, aber dass wir hinterher, wenn wir dann davon, dass 2019 Thüringen noch besser dasteht, den Wahlkampf beendet haben, nicht alle auch das als wir 2014 dieses Land der nächsten Regierung Messer im Rücken haben. zur Verantwortung übergeben. Deshalb sind wir je- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Können Sie den Tag unterwegs, wir auch, Sie auch, aber es ist das noch mal erläutern? Ich habe das nicht die hohe Zeit des Wahlkampfs, da finden noch har- verstanden mit dem Bild.) te Auseinandersetzungen statt, das ist ganz klar. Aber wichtig ist, dass man sich trotzdem noch in die Ich habe jetzt nur meine subjektive Wahrnehmung Augen sehen kann, dass man harte Debatte führt hier kundgetan und ihr konntet das heute früh auch sehen. (Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, Technologie und Arbeit: Denk immer dran!) Die Legislaturperiode hat mit demselben Bild ange- fangen. Wir haben fünf Jahre Regierungskoalition - ja, du auch -, hinter uns und ich will auch für den sozialdemokrati- (Beifall CDU) schen Teil der Landesregierung, für meine Kolle- gen, sagen, das war harte und schwere Arbeit, Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14917

(Ministerin Taubert) nicht nur, weil wir uns oft hart miteinander ausein- Die 18- bis 30-Jährigen stimmen uns da sehr stark andergesetzt haben zwischen den Koalitionspart- zu, dass wir eine gute Schulpolitik gemacht haben nern und auch zwischen den Regierungsmitglie- und die haben es auf alle Fälle noch in lebhafter Er- dern, sondern weil wir tatsächlich eine ganz schwe- innerung. Ich will aber an der Stelle natürlich auch re Ausgangssituation gehabt haben. Deswegen den Lehrerinnen und Lehrern herzlichen Dank sa- können wir mit Fug und Recht sagen, dass wir in gen. Auf die strömt viel ein. Das ist nicht nur in den schlechten wie in guten Zeiten, unter schlechten letzten fünf Jahren gewesen, das liegt nicht nur an wie unter guten Bedingungen regieren können und uns in Thüringen, egal wer schließlich auch davor auch regieren wollen. Kultusminister war, er hatte die sogenannte, nicht die Schreibschrift, sondern die Schulausgangs- (Beifall SPD) schrift mitbeschlossen und hat sie mit eingeführt. Ich will das Bild von Werner Pidde noch einmal auf- Da merken wir, wir liegen auch mit äußeren Einflüs- greifen, dass die SPD der Motor der Koalition war. sen nicht immer auf der Linie dessen, was unsere Natürlich verbuchen wir das als Sozialdemokratin- Menschen im Lande wollen, aber trotz alledem nen und Sozialdemokraten für uns, warum denn müssen wir das akzeptieren. Ich will noch einmal auch nicht. Bei der Rede, die Mike Mohring gehal- unterstützen und es war kein leichter Gang - im ten hat, weiß ich nicht, ob das jetzt eine Bewer- Jahr 2008 hat Thüringen ganze 9 Lehrerinnen und bungsrede für die sozialdemokratische Fraktion ge- Lehrer eingestellt, im Jahr 2013/14 sind es jeweils wesen ist oder was das war. Unstrittig ist, ich will 400 Lehrerinnen und Lehrer. Dass wir in Zukunft überhaupt nicht widersprechen, er hat das bildlich 500 Lehrerinnen und Lehrer pro Jahr neu einstellen sehr gut gemacht. Er hat gesagt, dass wir auf die können, denke ich, ist ein Erfolg, den wir auch auf Menschen im Lande gehört haben, ich kann mich die Koalition, auf die SPD in der Koalition, projizie- an viele Unterstützerinnen und Unterstützer aus al- ren können. len Fraktionen hier im Raum erinnern bei dem (Beifall SPD) Volksbegehren für eine bessere Kindertagesstät- tenpolitik, aber es war auch hartes Brot, dem Fi- Ich will aber auch noch auf etwas anderes hinwei- nanzminister am Ende klarzumachen, das kostet sen. mindestens 150 Mio. € pro Jahr. Es war nicht so (Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Man hält es einfach, diese Thematik umzusetzen und natürlich kaum aus, so viele Gemeinsamkeiten.) ist es auch mir ganz besonders wichtig, noch ein- mal zu sagen, die 2.500 Erzieherinnen und Erzie- Ja, das ist schön, Herr Barth. Sie können auch wie- her, die waren viel bestritten worden und wenn wir der raus. Es gibt gar keinen Grund, Herr Barth, die aber im Lande auch mehr halten wollen, dann dass wir uns heute streiten. Warum? Weil Sie et- haben wir auch in den nächsten Jahren eine richti- was anderes von der Koalition halten? Sie haben ge Herausforderung. Wir müssen erreichen, dass in das mitgeteilt, das ist völlig okay, das ist richtig. dem Bereich wie in anderen Bereichen auch die Aber Sie kennen mein Bild von den - Möglichkeit besteht, gerade bei den Wohlfahrtsver- (Unruhe FDP) bänden, die zum Teil in diesem Bereich tätig sind, dass sie auch angelehnt und gleich dem TVöD be- Herr Barth, Sie müssen genau hinhören. Sie kön- zahlen können, dass Erzieherinnen und Erzieher nen noch einmal nachlesen, was ich gesagt habe. bei uns bleiben können. Das wird ein immenser Die Worte sind von mir nicht unbewusst gewählt Kraftaufwand werden. Ich hoffe, dass das Papier, worden. Ich habe Sie doch mal verglichen mit den das mal irgendwo im Finanzministerium das Licht kleinen Hähnen, die sich ein bisschen aufplustern. der Welt erblickt hat, auch dort wieder verschwindet Es sei Ihnen gegönnt. und es keiner mehr herausholen will. Denn das sind (Beifall Lieberknecht, Ministerpräsidentin) wir unseren Kindern auf alle Fälle und unseren El- tern natürlich auch schuldig, dass wir Kindern die Das ist Ihr gutes Recht als Mitbewerberin in diesem besten Möglichkeiten und Entwicklungschancen ge- Geschäft. ben. (Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ich bin Mitbe- (Beifall SPD) werber.) Ich will auch ganz bewusst auf das in der Koalition (Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) oft strittige Projekt Gemeinschaftsschule hinweisen Die FDP ist Mitbewerberin. Sie sind ja nicht allein, und eine Parallele oder eine Verbindung ziehen zu Sie haben viele Mitstreiter. der Infratest-dimap-Umfrage, die wir in den letzten Tagen hatten. Wenn Sie da mal schauen, was gute (Beifall SPD) Schulpolitik ist, geht das eindeutig mit den Sozial- Ich will aber auch noch mal auf den Mindestlohn demokratinnen und Sozialdemokraten anheim und hinweisen, weil es uns in Thüringen in den kom- das sagen die 18- bis 30-Jährigen. menden Jahren richtig guttun wird, dass wir mit (Beifall SPD) dem Mindestlohn Menschen die Möglichkeit geben, 14918 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Ministerin Taubert) aus dem Bezug von Sozialleistungen herauszu- low sagen: Man muss sich vor der Wahl dann wirk- kommen. Das wird nicht für alle gelten, auch das ist lich positionieren. Die Linke ist vom Masterplan ab- uns voll bewusst, aber das wird uns helfen. Deswe- gewichen, weit weg. Ich kann erkennen, dass die gen habe ich dazu eine andere Auffassung als die SPD in guten wie in schlechten Zeiten immer ge- FDP, die der Auffassung ist, dass das nicht tauglich sagt hat, wir brauchen eine Gemeindegebietsre- ist, um die Wirtschaft weiter voranzubringen. form, wir brauchen eine Kreisgebietsreform, wir brauchen auch eine Funktionalreform und eine Ver- Ich will aber auch auf den Bereich hinweisen, der waltungsreform. Gerade bei Letzterem will ich deut- vielen hier im Haus so am Herzen liegt, dass es so- lich sagen, wir haben kein Erkenntnisdefizit. Wir gar parteiübergreifend immer wieder auch Treffen wissen alles! Die Bürgerinnen und Bürger, die Bür- gibt: Das ist der Sport. Was wir erreicht haben im germeisterinnen und Bürgermeister warten darauf, Bereich Entwicklung von Oberhof, im Bereich Biath- dass wir dort ganz konkret etwas tun, lon und Rodeln, das hat keine Regierung vor uns hinbekommen. Das war ein ganz schwerer Schritt (Beifall SPD) und viele haben uns hineingeredet und haben ge- aber auch im Verwaltungsbereich ganz konkret wei- sagt: Das muss wieder aufgelöst werden, wir dürfen terarbeiten. Da sage ich deutlich, das sollten wir vor das nicht machen. Wir haben uns da gemeinsam der Wahl auch richtig gut formulieren, damit alle gegen alle Widrigkeiten durchgesetzt. Und wir ha- wissen, woran sie sind. ben eines gemacht, das sage ich voller Stolz, wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten - Abschließend, meine sehr geehrten Damen und ich habe zu meinem Staatssekretär immer gesagt: Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Thü- Lass dich überhaupt nicht beeinflussen von all den ringer Landtag, wir brauchen für all die Vorhaben, Einflüssen, die da sind; wir kriegen das durch -, wir die die Parteien in unterschiedlicher Qualität und haben den Oberhofern und der Region am Renn- Größe in ihren Regierungs- und Wahlprogrammen steig gezeigt, dass wir Verantwortung für diese uns haben, natürlich auch Geld. Deswegen ist es auch außerordentlich wichtige Region übernehmen wol- mir ein besonderes Anliegen, weil Sozialdemokra- len, und zwar dauerhaft. Das, denke ich, ist ein ten natürlich in der Regierung sehr deutlich ge- sehr hohes Gut. macht haben, wir haben nicht nur ein soziales Ge- wissen, wir können auch mit Geld umgehen. Und (Beifall SPD) das reklamiere ich für mich ganz besonders. Denn Ich will einen Punkt ansprechen, wo der sogenann- die Verhandlungen, die ich mit dem Finanzminister te Haken schon wieder dran ist, das sind das Thü- geführt habe, die waren auch für den Landeshaus- ringer Gleichstellungsgesetz und die Auswirkungen halt durchaus gut gewesen. des Gleichstellungsgesetzes. Da haben auch viele (Beifall SPD) gemosert und gesagt, das brauchten wir alles nicht, das käme von ganz allein. Die Verwaltung in Thü- Aber deswegen ist es unsere Pflicht in den kom- ringen, ob Kommunal- oder ob Landesverwaltung, menden Jahren, in der nächsten Legislaturperiode, sei so gut aufgestellt, da gibt es so viele Frauen, da wo es ganz besonders wichtig ist, im Bund bei den gibt es keine Probleme. Jede Frau, die das kann Bund-Länder-Finanzen noch einmal sehr deutlich und möchte, die kann auch in Führungspositionen. zu machen: Die Thüringerinnen und Thüringer, die Ich bin der festen Überzeugung, dass mit diesem Ostdeutschen sind keine Bittsteller. Gleichstellungsgesetz jetzt das umgesetzt wird, (Beifall Höhn, Minister für Wirtschaft, Arbeit was viele behauptet haben, aber was eben doch und Technologie) nicht so Realität geworden ist, dass wir an der Stel- le die Möglichkeit haben, das jeweils unterreprä- Wir haben ein Recht darauf, wie in anderen Län- sentierte Geschlecht - unser Koalitionspartner hat dern eine Entwicklung zu erfahren, und wir wollen darauf bestanden, dass auch die Männer die uns auch anstrengen dabei. Auch das ist richtig. Gleichstellungsbeauftragte mit wählen können. Ich Aber wir sind keine Bittsteller, denen nach 25 Jah- habe mich mit Frau Arenhövel an der Stelle durch- ren endlich einmal der Hahn zugedreht werden gesetzt. Da hat sich bei uns Normalität eingestellt. muss, damit für die anderen noch mehr da ist, son- Das wird wichtig sein, denn wenn wir Familienpolitik dern wir sind gleichberechtigt im Gleichklang der in Thüringen auch aus der staatlichen Verwaltung Bundesländer. Und so muss am Ende der neue heraus gut leben wollen, dann ist es einfach wich- Länderfinanzausgleich aussehen, dass wir gleich- tig, dass beide Geschlechter in allen Positionen berechtigt dastehen gleichermaßen vertreten sind, um die Politik, die wir (Beifall SPD) als SPD wollen, zu unterstützen. und dass die Defizite, die wir haben, für die müssen Ich will kurz etwas zum ländlichen Raum sagen. wir ja auch stehen und für die Abschaffung müssen Wir wollen, dass in Stadt und Land die Kraft wieder wir kämpfen, dass diese Defizite eben auch in den da ist, das bedeutet, eben auch für die Städte im nächsten Jahren weiter abgeschmolzen werden. ländlichen Raum. Ich will in Richtung Bodo Rame- Herr Barth hat es, glaube ich, angesprochen, dass Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14919

(Ministerin Taubert) wir Geberland werden sollen. Ich muss sagen, mein (Unruhe CDU, DIE LINKE) Ziel ist, kein Nehmerland mehr zu sein. Aber wir müssen uns auch wirklich ehrlich in die Augen Vizepräsidentin Hitzing: schauen. Wir haben noch viele Defizite auf dem Weg zu einem Geberland zu überwinden. Und des- Meine Damen und Herren, ich würde vorschlagen, wegen, wenn wir kein Nehmerland mehr sind, ha- wir lassen die Rednerin erst einmal reden. Danke. ben wir schon außerordentlich viel erreicht. Herzli- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chen Dank. NEN) (Beifall SPD) Abgeordnete Hennig-Wellsow, DIE LINKE: (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wir sind ja schon Geberland - für Sachsen-Anhalt.) Aber das zeigt ja schon, dass Sie über Geheimnis- se verfügen, die anderen Abgeordneten wahr- Vizepräsidentin Hitzing: scheinlich nicht zur Verfügung stehen. Vielen Dank, Frau Ministerin Taubert. Es hat sich (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Sie haben jetzt zu Wort gemeldet die Frau Abgeordnete Hen- doch keine Ahnung!) nig-Wellsow für DIE LINKE. Wer hier Ahnung und recht hat, das können wir gern diskutieren, aber, Mike Mohring, Sie sind es Abgeordnete Hennig-Wellsow, DIE LINKE: nicht. Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Frau Präsidentin, eine Abrechnung mit dem Koaliti- NEN) onspartner sieht durchaus anders aus, Bei Generationengerechtigkeit wünsche ich mir für (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) unsere Generation und die uns folgenden nicht die Schuldenbremse. Ich wünsche mir, dass wir anfan- aber man konnte es schon verstehen, wenn man es gen, ein Bildungssystem aufzubauen, was qualitativ wollte, und man konnte zwischen den Zeilen lesen. hochwertig ist und was jeden mitnimmt. Ich möchte, Zunächst muss ich einmal ein paar Sachen richtig- dass jeder von seiner Arbeit leben kann, und ich stellen: Wenn hier ein Fraktionsvorsitzender den möchte es generationengerecht auch verstanden anderen als Lügner bezeichnet, dann sollte er sich haben, dass wir einen sozial-ökologischen Umbau vorher informieren. Und es war die eigene Landes- schaffen und nicht Versprechen machen, die Sie regierung, die uns auf Anfrage mitgeteilt hat, näm- überhaupt nicht halten können. lich in der Drucksache 5/7763, dass 400 Gemein- den derzeit ohne Haushalt sind. (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist die Wahrheit.) Da bin ich schon beim ersten großen Punkt, Bil- dungspolitik. Bei Kindern mit hohem sozioökonomi- In diesem Punkt stellt sich wohl die Frage, wer hier schen Status wissen wir, sie gehen seltener zur der Lügner ist, Hauptschule; Kinder mit hohem sozioökonomi- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schen Status jedoch dreimal so viel auf das Gym- NEN) nasium. Was will ich damit sagen? Wir haben nach wie vor eine soziale Auslese im Schulsystem, die bzw. ist es ein sehr hohes und großes und sehr seinesgleichen sucht, schönes Indiz dafür, dass Mike Mohring die Welt gern nicht zur Kenntnis nehmen möchte, wie sie ist, (Unruhe CDU) (Unruhe CDU) und Sie halten an der Dreigliedrigkeit des Schulsys- tems fest, was genau diesen Zustand weiter beför- sondern sich sie selbst malt. dert. (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- stimmt nicht, 274 Kommunen zum 30.06. Sie NEN) haben nicht recht.) Was machen Sie stattdessen? Themen wie Ein anderer Punkt - Thüringen ist der ländliche Schreibschrift. Darf ich Sie daran erinnern, dass es Raum. Was für eine Weisheit, festzustellen, dass Ihr CDU-Minister war, der 2004 dem Kultusminister- der ländliche Raum und die Städte ausgeglichen konferenzbeschluss zugestimmt hat, eine gut les- werden müssen und dass es da eine ausgegliche- bare Handschrift flüssig schreiben zu können - für ne Politik geben muss. Ja, selbstverständlich. Und alle Schüler? wenn Sie von Generationengerechtigkeit sprechen ... (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 14920 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Hennig-Wellsow) Es war Ihr Minister. Und jetzt machen Sie einen Po- zufrieden. Aber wir haben im Koalitionsvertrag panz auf, um populistisch die Wähler zu überzeu- 2.500 festgeschrieben. Wir sind nach unserer gen, aber Sie sind nicht an den Problemen der Rechnung bei 1.200. Ich kann nicht erkennen, dass Menschen dran. das die Erfüllung des Koalitionsvertrages ist, und ich kann nicht erkennen, dass es den Lehreranteil (Beifall DIE LINKE) ausgleicht, den wir schon aus altersbedingtem Ab- (Unruhe CDU) gang ersetzen müssen. Wenn wir darüber reden, gute Bedingungen von (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Anfang an - ja, wir haben es gemeinsam geschafft, NEN) mehr Kita-Erzieherinnen einzustellen. Aber es geht Genau da ist eine Unterlassung Ihrer Koalition. Die noch um mehr. Wir sind im Moment bei 16 Kindern CDU redet davon, 500 Lehrerinnen einzustellen; al- auf eine Erzieherin. Die EU-Norm sagt 5 bis 8 je Er- lein das Geld wird nicht zur Verfügung gestellt. zieherin maximal. Das heißt, es ist hervorragend, dass wir uns gemeinsam verständigt haben und Wir haben Unterrichtsausfall von 4 bis 8 Prozent, je über 2.000 Erzieherinnen eingestellt haben, aber es nachdem, wie man Unterrichtsausfall berechnet. reicht nicht. Um gute Bildung von Anfang an zu ge- 4 Prozent beim einfachen Ausfall, 8 Prozent, wenn währleisten, müssen wir weitergehen und das müs- man „fachfremd unterrichtet“ dazurechnet. Wir ha- sen wir zusammen tun. ben Mangelfächer in Englisch, Deutsch, Sport, Ma- thematik. Wir haben in dem Lehrerbildungsgesetz (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- keinen Gemeinschaftsschullehrer geschaffen, ob- NEN) wohl wir diese Schulart Gemeinschaftsschule in Dabei ist es keine, wirklich keine Lösung, auf Sozi- Thüringen eingeführt haben, was wir im Übrigen alassistenten zu setzen, die in den Bildungsbereich sehr begrüßen. gehen sollen, auf Betreuung zu setzen statt auf Bil- Hier wird vom Lehrer-Schüler-Verhältnis gespro- dung. Das ist ein fataler Zug gewesen, den Sie dort chen, das total fantastisch ist. Aber wissen Sie, wie in die Bildungsdiskussion gebracht haben. viele Langzeitkranke wir haben, die alle in der Be- (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rechnung drin sind, die, die in Ruhezeit sind. Meine NEN) Kollegin erzählte mir gerade, auch die, die in Ruhe- zeit sind, werden angefragt, ob sie nicht wieder in Sobald wir in den Schulbereich schauen, sehen wir den Dienst zurückkommen können, weil sie ge- die Baustellen, die Sie als Koalition hinterlassen ha- braucht werden. Dieses Zusammenspiel ist eine ka- ben. tastrophale Unterlassung Ihrerseits im Bildungsbe- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wo denn?) reich, die nicht zu entschuldigen ist. (Unruhe CDU) (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) Wir wissen von John Hattie, dass es auf den Lehrer ankommt, und das wird Ihnen jeder bestätigen. Dann kann ich gleich weitermachen. Investitionen Deswegen bekennen wir uns zum Personalentwick- in Schulen, Schulbausanierung haben Sie herunter- lungskonzept, das das Kultusministerium zusam- gefahren von 22 auf 15 Mio. € im Jahr. Unserem men mit Gewerkschaftern ausgehandelt hat. Wer Gesetzentwurf, auf 50 Mio. € zu erhöhen, sofort zu aber dagegen stimmt, ist der Finanzminister, der Fi- beginnen, jedes Jahr, dem haben Sie nicht - nanzminister, der in diesem Land der Kultusminis- (Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ter ist und nicht das Geld dafür bereitstellt, dass wir NEN) eine Vertretungsreserve aufbauen können, ich dachte immer, ihr seid in einer Koalition, das (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hatte ich hier so verstanden. NEN) (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wir wer- dass wir Gesundheitsförderung bei den Lehrerin- den 125 Mio. investieren.) nen und Lehrern machen können und es schaffen, tatsächlich eine notwendige Zahl einzustellen, die (Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: wir im Lehrerbereich brauchen. Da nützt es nichts, Wer brüllt denn hier am lautesten?) wenn Sie sich dafür loben, dass jetzt 400 Lehrerin- Getroffene Hunde bellen, das ist das ewige Prinzip. nen und Lehrer eingestellt werden sollten. Ich sage mit Absicht „sollten“. (Unruhe im Hause) (Zwischenruf Prof. Dr. Merten, Staatssekre- tär: Die sind eingestellt.) Vizepräsidentin Hitzing: Wir hatten in der letzten Anfrage 279. Ich freue Zur Sache bitte. mich, wenn Sie jetzt sagen: 400. Da bin ich auch Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14921

Abgeordnete Hennig-Wellsow, DIE LINKE: schulen neben den bestehenden Schularten alle Abschlüsse anbieten können. Das ist auch jetzt Unserem Gesetzentwurf von 50 Mio. € haben Sie schon gesetzlich nicht zugestimmt. (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das heißt (Unruhe im Hause) Abschaffung der Gymnasien.) Vizepräsidentin Hitzing: festgeschrieben. Herr Ramelow und Herr Mohring, ihr pöbelt ja bei- (Unruhe CDU, DIE LINKE) de. Deshalb würde ich vorschlagen, beide Herren lassen jetzt die Dame hier vorn reden. Danke. Vizepräsidentin Hitzing: Herr Mohring, bitte! Abgeordnete Hennig-Wellsow, DIE LINKE: Um es noch mal zusammenzufassen ... Abgeordnete Hennig-Wellsow, DIE LINKE: So könnte man im Bildungsbereich weitergehen. Vizepräsidentin Hitzing: (Unruhe DIE LINKE) Entschuldigung, Frau Hennig, jetzt muss ich Sie noch mal unterbrechen. Herr Ramelow, ich habe Ja, weil du es nicht mehr hören kannst, Mike. das schon einmal gemacht, da waren Sie nicht im (Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Er Raum, deshalb konnten Sie das nicht mitbekom- soll aufhören mit der Lügerei!) men. Jetzt habe ich es wiederholt. Jetzt würde ich vorschlagen, Frau Hennig kann ihre Rede fortset- Du solltest einfach mal zuhören, dann könntest du zen. Danke. deine Politik auch darauf ausrichten, und nicht im- mer nur populistischen Scheiß erzählen, ganz ernsthaft. Abgeordnete Hennig-Wellsow, DIE LINKE: (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Um es noch mal zusammenzufassen, auch bei den NEN) Schulbaumitteln haben Sie die Bäume nicht ausge- rissen, sondern haben gekürzt auf 15 Mio. Wir ha- ben einen Sanierungsstau an den Schulen von et- Vizepräsidentin Hitzing: wa 400 Mio. €, wenn man den Zahlen glauben Frau Hennig, der „populistische Scheiß“ war nicht kann. Das verhindert tatsächlich, barrierefreie angemessen! Schulen einzurichten, mehr auf Inklusion setzen zu können, schon im Bau von Schulen oder in der Sa- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ordnungs- nierung. Das muss man sich damit immer vor Au- ruf!) gen halten. Und manchmal sogar mehr, wir wollen Herr Mohring, jetzt werden Sie sich bitte mal zu- Regelschulen abschaffen oder Gymnasien. Ja, wir rückhalten. Die Präsidentin bin jetzt ich und nicht wollen Gemeinschaftsschulen konsequenter in Thü- Sie. ringen einführen als bisher. Die Ministerpräsidentin hat es heute Morgen gesagt, 47 Gemeinschafts- (Beifall DIE LINKE) schulen bei 812 staatlichen Schulen in Thüringen. Ich habe Frau Hennig darauf hingewiesen, dass Das ist im Grunde nichts. das nicht in Ordnung ist, und wenn Sie einfach in (Beifall DIE LINKE) der Lage wären - alle -, mal zuzuhören, dann könn- te Frau Hennig auch zum Ende kommen. Ich glaube, das ist ein Zustand, den können wir nicht weiter hinnehmen. Und auch die SPD - also in Abgeordnete Hennig-Wellsow, DIE LINKE: Person von Hans-Jürgen Döring - hat uns darin be- stärkt, indem sie gesagt hat, sie möchten, dass alle Aber zwei, drei Sachen habe ich natürlich noch zu Schüler auf Gemeinschaftsschulen unterrichtet wer- sagen und die muss ich auch sagen. Es reicht den können. Und genau das wollen wir. Wir wollen nicht, dass wir immer am Status quo arbeiten, son- Gemeinschaftsschulen als eine sehr gleichberech- dern wir müssen auch vorausdenken. tigte Schulart und wir wollen, dass jeder und jede (Beifall DIE LINKE) längeres gemeinsames Lernen umsetzen kann für sich selbst und dass jede und jeder auch die Mög- Wenn wir dann die Ausbildungsbereiche ansehen, lichkeit hat, gibt es einen Punkt, den wir nicht geschafft haben und auch morgen nicht schaffen werden, als Parla- (Beifall DIE LINKE) ment zu diskutieren. Das ist das Thüringer Ausbil- frühzeitig auf das Abitur vorbereitet werden zu kön- dungsticket. nen, und wir wollen, dass auch Gemeinschafts- (Beifall DIE LINKE) 14922 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Hennig-Wellsow) Daran arbeiten Kammern, Gewerkschaften, Fraktio- (Beifall FDP) nen in diesem Landtag, da gibt es eine hohe Über- Frau Taubert, Sie haben hier eine Rede gehalten, einstimmung. Allein das Parlament hat es nicht dis- in der Sie so ziemlich alles kurz angerissen haben, kutieren können. Wenn wir in den Hochschulbe- wofür die Sozialdemokraten zuständig sind, inklusi- reich sehen, wir haben es vor vier Wochen ausrei- ve Oberhof. Bezeichnenderweise gefehlt hat ein chend diskutiert, aber was ich hier auch noch mal Kernbereich, ein Schlüsselbereich aus Ihrem eige- sagen muss: Wir lassen es zu, dass wir über nen Ministerium. Zum Thema Gesundheit haben 80 Prozent Befristungen mittelbar an den Hoch- Sie überhaupt nichts gesagt. schulen haben. Es folgt keine politische Strategie, diesen Zustand zu ändern. Also, um es kurz und (Beifall FDP) knapp zu machen: Die Regierungserklärung, die da Das ist bezeichnend. heißt, in Thüringen ist alles in Ordnung und alles schön und alles bunt, die kann ich so nicht teilen. (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- Es gibt genug Aufgaben und ich hoffe tatsächlich, tin: Sie meinen jetzt nicht mich?) dass wir in Thüringen ab dem 15.09. einen politi- Sie haben das gesagt, Frau Ministerpräsidentin, in schen Wechsel erreichen können. Ihrer Regierungserklärung. (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- NEN) tin: Ach ja.) Vizepräsidentin Hitzing: Frau Taubert hat nichts dazu gesagt. Nein, ich schaue Sie doch an, wenn ich mit Ihnen rede. Jetzt Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hennig. Es meldet rede ich mit Frau Taubert. Deswegen gucke ich hin- sich jetzt der Abgeordnete Barth zu Wort. ten auf die Referentenbank, bewege meinen Blick jetzt nach vorn. Sie hat zur Gesundheit nicht ein Abgeordneter Barth, FDP: einziges Wort gesagt. Das fügt sich nahtlos in das ein, was Sie in den letzten fünf Jahren auch ge- Vielen Dank, Frau Präsidentin. macht haben. Sie wussten immer, wenn es hier um (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das Gesundheit ging, sehr genau, wer in Berlin gerade letzte Mal!) Verantwortung trägt. Das war erst Herr Rösler, dann war es Herr Bahr. Jetzt ist es, wenn ich das Lieber Herr Kuschel, ob das das letzte Mal ist, das richtig weiß, Herr Gröhe. Von dem nimmt man noch werden die Wähler am 14. September entscheiden. weniger wahr als von Ihnen, aber immerhin hat sich Kann schon sein. Aber dazu habe ich vorhin schon der Name bis zu uns rumgesprochen. Jetzt schau- was gesagt. Es treibt mich noch mal nach vorn, weil en wir mal, was hier in den letzten Jahren in Thürin- ich noch mal meiner Freude darüber Ausdruck ver- gen zum Thema Gesundheitspolitik gelaufen ist. leihen will, wie groß die Gemeinsamkeit in Ihrer Re- Sie wussten immer den Namen des Bundesge- gierung ist, Frau Ministerpräsidentin. Es freut mich sundheitsministers - Punkt 1. Wir hatten den Streit wirklich und ist auch eindrucksvoll belegt worden. um den 6. Thüringer Krankenhausplan, da ging es Ich stelle mir vor, wie das auf Bundesebene wäre, um den Erhalt kleiner Fachabteilungen in den Kran- wenn die Bundeskanzlerin eine Regierungserklä- kenhäusern in der Fläche. Den haben Sie in einer rung hält und der SPD-Vorsitzende hinterher hin- Art und Weise geführt, ähnlich wie es Ihrem Ex-Kol- geht und noch mal erklärt, wie alles richtig zu legen Machnig mit den Kammern gegangen ist, verstehen ist. dass die Krankenhäuser die Verhandlungen mal ei- Man muss das sicherlich nicht alles so weit treiben ne Zeitlang auf Eis gelegt haben. Sie haben die In- wie in Berlin, aber das war nicht mal Ihr Stellvertre- vestitionspauschalen für die Krankenhäuser ge- ter, sondern dass die sozialdemokratische Spitzen- kürzt. Sie haben einen Alleingang versucht bei den kandidatin hierher geht und die Regierungserklä- Qualitätsanforderungen. Darüber haben wir hier rung aus Sicht der sozialdemokratischen Mitglieder ausführlich debattiert. Den Referentenentwurf ha- des Kabinetts hier noch mal ein bisschen ergänzt ben Sie im Ergebnis zurückgezogen und wollen es oder garniert, nachdem Sie sich so eine Mühe ge- jetzt mit einer Rechtsverordnung am Landtag vorbei geben haben, die Gemeinsamkeit hier herauszu- machen, die es noch nicht gibt. Einer der herausra- stellen und wirklich brav die ganzen Zuarbeiten aus genden Dinge, die ich auch im Haushaltsausschuss den Ministerien hier auch abgearbeitet haben, das mitbekommen habe: Es gibt ein Problem in Thürin- ist schon ein bemerkenswerter Vorgang. Das muss gen mit Landärzten und Fachärzten. Da gibt es ein ich mal sagen. Förderprogramm, ein Programm, bei dem mit An- siedlungshilfen jungen Ärzten geholfen werden soll, (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- sich niederzulassen. In dieses Programm waren tin: War doch richtig.) 2013 300.000 € eingestellt, davon haben Sie nicht Mit Gemeinsamkeit ist da ganz offenbar nicht viel. einen einzigen verbraucht. Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14923

(Abg. Barth) (Zwischenruf Taubert, Ministerin für Soziales, (Beifall CDU, FDP) Familie und Gesundheit: Weil wir sparsam sind.) Vizepräsidentin Hitzing: 600.000 € waren 2014 eingestellt für dasselbe Pro- Danke, Herr Abgeordneter Barth. Es hat sich jetzt gramm. Verbraucht davon wurde nicht ein einziger. zu Wort gemeldet der Herr Abgeordnete Tilo Kum- Für den nächsten Haushalt sind jetzt, glaube ich, mer. 900.000 € vorgesehen. So etwas nennt man Spar- büchse. Das ist die Leistung, die Sie als Gesund- Abgeordneter Kummer, DIE LINKE: heitsministerin gebracht haben. Ihr Auftritt hier hat sich nahtlos eingefügt. Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Barth, jetzt muss ich doch mit Ihnen noch mal anfangen. Wenn (Beifall FDP) Sie den umweltpolitischen Sprecher unserer Bun- Sie reden über Oberhof und über Gott und die Welt, destagsfraktion bemühen, um uns hier im Bildungs- aber über Ihre ureigensten Zuständigkeiten reden wesen Vorwürfe zu machen, die wirklich jeglicher Sie hier nicht und dafür gibt es einen Grund, weil Grundlage entbehren, finde ich das schon ein star- Sie sie nämlich fünf Jahre lang nicht wahrgenom- kes Stück. men haben. (Beifall DIE LINKE) Dann will ich, Frau Hennig, noch etwas ergänzen. (Unruhe FDP) Kollege Mohring hat mehrfach versucht, Sie dazu zu bewegen, sich hier mal zu bekennen, was Sie (Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Sie schieben eigentlich mit der gegliederten Schullandschaft in ihn doch in die Verantwortung.) Thüringen so vorhaben. Kollege Mohring und ich Herr Barth, Sie wissen ganz genau, dass längeres sind bei einer Diskussionsrunde vor vier, fünf, gemeinsames Lernen, wie wir es meinen und wie sechs Wochen mit einer Unternehmerrunde in Jena es viele andere hier im Haus meinen, einen ande- gewesen. Ich weiß nicht mehr genau, wer der Ver- ren Hintergrund hat. anstalter gewesen ist, ich glaube, TowerByte war das, aber ich weiß es nicht mehr genau. Da war der (Beifall DIE LINKE) Herr Lenkert da. Du erinnerst dich vielleicht, lieber Da geht es nämlich nicht um die Abschaffung von Kollege Mike Mohring. Da ging es natürlich auch Gymnasien, sondern um längeres gemeinsames um Bildungspolitik, weil ich schon immer dafür sor- Lernen mit einem späteren Übergang ans Gymna- ge, dass das auf die Tagesordnung kommt bei sol- sium. chen Gesprächen. (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Unruhe DIE LINKE) NEN) Der Kollege Lenkert hat dort auf Nachfrage explizit Das ist der Punkt. bestätigt - Ralph Lenkert ist Bundestagsabgeordne- ter für die Linken, falls das nicht alle wissen, auch (Unruhe CDU) für die, die uns draußen zuhören. Mich haben aber zwei andere Dinge hier vorgeru- (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das war fen, Herr Mohring. Frau Ministerpräsidentin, zu zwei wichtig zu erklären.) Themen möchte ich kurz was sagen. Das eine: Es ist heute ganz massiv die Schuldenfreiheit geprie- Das ist mir gerade aufgefallen, man lebt ja so in sen worden, also zumindest Freiheit an Neuver- seiner eigenen Welt. Herr Lenkert hat also dort auf schuldung, die in dieser Legislatur wichtiges Ziel Ih- Nachfrage bestätigt, dass natürlich Gymnasien ab- rer Regierungsarbeit war. Sie haben keine neuen geschafft werden sollen, dass natürlich auch die Finanzschulden gemacht. Aber das, was in dieser Spezialschulen abgeschafft werden sollen, das Legislatur passiert ist, sind trotzdem Lasten, die für Sprachengymnasium in Schnepfental, dass natür- die Zukunft aufgehäuft wurden. lich auch das Zeiss-Gymnasium in Jena überflüssig ist, weil alles in eine Einheitsschule eingegliedert Ich will das an ein paar Beispielen schildern. Die werden soll. Das ist die Politik, die Sie erwartet, Legislatur davor endete mit einem Untersuchungs- meine Damen und Herren, ausschuss zur Situation der Fernwasserversor- gung, wo unter anderem von einem fortschreiten- (Beifall CDU) den Versagensrisiko des Absperrbauwerks der Tal- wenn hier der ausgesprochen ausgeglichene Kolle- sperre Weida die Rede war. Wenn Sie sich mal an- ge Ramelow irgendwann mal auf diesem Stuhl sehen, 2012 sollte diese Talsperre saniert werden. Platz nehmen sollte. Das möge jeder verhindern, Es ist bis heute nicht passiert. Wir haben einen In- der irgendwie die Möglichkeit dazu hat. Ganz herzli- vestitionsrückstau, gerade in diesem wichtigen Be- chen Dank. reich, der gigantisch ist. Wenn der ländliche Raum gepriesen wird und wie schön unsere Dörfer ausse- (Unruhe im Hause) 14924 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Kummer) hen: Wir haben noch 500.000 Menschen, die nicht mich ein wesentliches Problem. Diese Legislatur an die Abwasserbehandlung angeschlossen sind. begann mit Knattern der Kettensägen von protestie- Es wird davon ausgegangen, dass noch 3 Mrd. € renden Waldarbeitern. Eine Waldarbeiter GmbH Investitionsvolumen hier anstehen, und die Landes- sollte gegründet werden, wo allen im Haus bewusst gelder, die Sie an Förderung noch zur Verfügung war, dass das ein Unternehmen geworden wäre, stellen wollen, sind so gering, dass wir lange nicht das keinen Bestand am Markt gehabt hätte. an den bisher üblichen Fördersätzen anknüpfen (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Du redest können, obwohl die Anschlusskosten pro Kopf we- doch von alten Kamellen.) sentlich höher sein werden als in der Vergangen- heit. Herr Primas hat neulich, dafür bin ich sehr Es gab dann anschließend ein Umschwenken nach dankbar, gesagt, dass der ländliche Raum gleich- den Protesten und Dank der Proteste, wo eine An- behandelt werden muss. Aber mit den Geldern, die stalt öffentlichen Rechts gegründet wurde, Thürin- Ihre Regierung in den letzten Jahren für die Investi- genForst. Diese Anstalt, der man die Zuführungen tionen zur Abwasserbehandlung zur Verfügung gekürzt und gesagt hat, ihr könnt neue Geschäfts- gestellt hat, werden wir noch lange nicht dahin felder betreiben, um in Zukunft wieder zu mehr Per- kommen. Sie haben auch für die Zukunft nichts an- sonal zu kommen, bekam diese neuen Geschäfts- deres geordnet, auch das ist eine Last für die Zu- felder, wie zum Beispiel erneuerbare Energien, kunft im ländlichen Raum. nicht genehmigt. (Unruhe CDU) (Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Rede doch nicht so viel dummes Zeug!) Die allergrößte Last für die Zukunft, damit werden wir uns heute oder morgen noch beschäftigen, die Dementsprechend muss diese Anstalt weiterhin Altlastenfrage: Zu Beginn dieser Legislatur sind wir Personal abbauen, obwohl es bei Weitem nicht im Umweltausschuss aus allen Wolken gefallen, als mehr reicht. Kali+Salz uns mitgeteilt hat, dass noch 2 Mrd. € In- Wenn hier gesagt wird, dass uns die Visionen feh- vestitionen in Altlasten aus dem DDR-Kalibergbau len: Eine Anstalt öffentlichen Rechts, Thüringen- auflaufen könnten. Vor dem Verwaltungsgericht in Forst, die im Energiesektor unterwegs wäre und da- Meiningen haben sie diese Zahl inzwischen auf mit ihre Einnahmen erhöhen würde, ist zum Bei- 4,6 Mrd. € korrigiert. Wenn man sich das Verfahren spiel eine solche Vision für ein künftiges Handeln in um die Werra-Versalzung, das Vertragsverlet- diesem Land. zungsverfahren der EU, ansieht und wie hilflos wir dort agieren, wie hilflos diese Landesregierung dort (Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Bäume agiert, um diesem Konzern mal Grenzen aufzuzei- pflanzen!) gen, dann gehen die davon aus, dass ihren Forde- Ich will zur Behördenstrukturreform kommen. Ich rungen in alle Ewigkeit Rechnung getragen wird. habe das hier im Haus schon einmal angespro- (Zwischenruf Abg. Primas, CDU: 300 Mio. €.) chen. Frau Lieberknecht, Sie hatten allen Mitarbei- tern eine E-Mail geschickt. Hinterher ging Herr Mi- (Zwischenruf Carius, Minister für Bau, Lan- nister Reinholz durch die Gegend und sagte, das desentwicklung und Verkehr: Unsinn!) stimmt alles so nicht, was da drinsteht, das hat die Herr Carius, das ist kein Unsinn. Obwohl Thüringen Ministerpräsidentin wahrscheinlich nicht richtig ge- gesagt hat, es darf keine weitere Versenkerlaubnis lesen. geben, ist sie natürlich vom Regierungspräsidium (Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- Kassel erteilt worden, und der EU wird versucht in tin: Sie wissen aber, was die Ministerpräsi- dieser Hinsicht etwas vorzumachen. Thüringen hat dentin geschrieben hat?) keine Schritte dagegen unternommen, um hier Hes- sen zu sagen: So geht es nicht weiter! Es ist nicht geschehen, was die Ministerpräsidentin geschrieben hat, zum Glück, Frau Lieberknecht. (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Das neue Versuchsgewächshaus in der Landesan- NEN) stalt für Gartenbau ist eingeweiht worden, in der Dieser Konzern ist es natürlich gewohnt, alle Ge- leeren Versuchsanstalt. Es wird hoffentlich weiter- nehmigungen zu bekommen. Ich habe die Befürch- hin betrieben werden. Es werden hoffentlich dort tung, dass sie mit der Vertragsgestaltung, die wir auch in Zukunft Versuche stattfinden, obwohl Sie hier im Moment haben, versuchen werden, das Ma- geschrieben haben, dass Sie die abschaffen wol- ximum rauszuholen. Dagegen muss man sich weh- len. Wenn ich an die Landesanstalt für Landwirt- ren, da hilft kein hilfloses Agieren. schaft denke und das landwirtschaftliche Versuchs- wesen, das abgeschafft werden soll - was dort ge- Ein weiterer Punkt, über den ich reden möchte, ist schrieben wurde, das darf nicht passieren. Aber Sie der Umgang mit den Mitarbeitern in der Landesver- haben gesagt, Sie wollen es auf den Weg bringen. waltung. Im Moment habe ich den Eindruck, nur je- In seiner Bilanzpressekonferenz hat Herr Reinholz de gestrichene Stelle ist eine gute Stelle. Das ist für sogar gesagt, dass er es noch in dieser Legislatur Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14925

(Abg. Kummer) auf den Weg bringen will. Passiert ist zum Glück (Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ja, ja …) nichts. Vielleicht liegt es ja daran, dass Sie warten, Doch, wir zahlen den Zuschuss aus, Herr Barth, die dass Herr Wedekind aus seinem Urlaub wieder- Richtlinie ist durch und damit kann ausgezahlt wer- kommt und dann der neue Gründungspräsident den. Die Stiftung übernimmt das. Alles ist geklärt. wird, aber, meine Damen und Herren, das darf Wir werden in diesem Jahr auszahlen, natürlich, nicht passieren, das führt dieses Land nicht weiter. Herr Barth, in jedem Fall. Das ist doch wesentlich (Unruhe DIE LINKE) besser, als einen Kredit zu geben, der auch so auf dem Markt zu bekommen ist. Da haben wir doch Ich will noch eins sagen zu der Frage des Aushun- nichts gekonnt. Mich verwundert an der Thematik gerns von Fachverwaltung. Wir haben im Moment nach wie vor, dass Ihnen, die immer so sehr auf zu verzeichnen, dass erstens sehr viele Abordnun- Sparen schauen und damit Ihren Finanzsachver- gen durchgeführt worden sind, so dass der Haus- stand auch darstellen, unbekannt ist, dass das haltsgesetzgeber gar nicht mehr unterscheiden Geld, was nicht ausgegeben werden kann, im kann, ist das Personal wirklich an der Stelle, wo es nächsten Jahr durchaus ausgegeben werden kann. geführt wird oder nicht. Das ist ein völliges Chaos. Es geht halt in dem Moment zurück in den Landes- Und wir haben in wichtigen Bereichen nicht mehr haushalt und wird dann wieder ausgegeben. Also genügend Mitarbeiter in den Fachverwaltungen. Ich insofern ist nirgendwo Geld verlorengegangen, son- denke hier zum Beispiel an den Bereich Wasser- dern wir haben es nur so gemacht, wie es meines wirtschaft. Die Aufgaben, die im Hochwasserschutz Erachtens auch richtig ist. mit den ganzen neuen Investitionen, die kommen sollen, anstehen, sind so groß, dass wir gar nicht Dass die Investitionstätigkeit bei den Pauschalin- wissen, ob wir die europäischen Mittel im vollen vestitionen zurückgegangen ist, das ist richtig. Aber Umfang umsetzen können. Gegenwärtig wird ver- die steigt auch wieder und die steigt auf ein stärke- sucht, mit viel Kraft in der Landgesellschaft eine res Niveau als vorher, und das verbindlich jetzt neue Truppe aus dem Boden zu stampfen, die das schon festgestellt, auch festgelegt durch den Lan- managen soll. Wären wir bei der TLUG geblieben, desgesetzgeber bis 2020. Das, denke ich, ist et- hätten wir dort die vorhandenen Fachleute aufge- was, was die Krankenhäuser schätzen lernen wer- stockt, dann wären wir viel preiswerter und viel den, weil sie heute schon für die nächsten zwei, sinnvoller dazu gekommen, diese Maßnahmen zu drei Jahre den Bescheid bekommen haben. Und schaffen. Das ist nur ein Beispiel. Wenn dieses dass das Sonderinvestitionsprogramm, was in den Land seinen fachlichen Sachverstand verliert, wenn vergangenen Legislaturperioden im Krankenhaus- wir uns immer mehr auf Gutachten fixieren müssen, bereich stattgefunden hat, eines war, um nachzu- wo letzten Endes die Frage ist, ob der Gutachter holen, was nachzuholen ist, und dass das nicht auf überhaupt weiß, worüber er schreibt, dann werden dem Niveau bleiben kann, Herr Barth - auch wenn wir nicht weiterkommen. Sie mir jetzt freundschaftlich den Rücken drehen -, ich denke mal, das ist auch finanzielle Vernunft und Auch deshalb kann ich nur sagen, diese Personal- die verlangen Sie doch auch von uns und unterstel- politik Ihrer Landesregierung, Frau Ministerpräsi- len uns doch immer, dass wir mit Geld nicht umge- dentin, muss ein Ende haben. Wir müssen auch hen können. den Mut haben, wieder Fachpersonal dort einzu- stellen, wo wir es brauchen. Danke schön. (Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ja, das stimmt.) (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) Ich kann mit Geld umgehen und ich habe das auch in diesem Ministerium gezeigt und gerade im Ge- Vizepräsidentin Hitzing: sundheitswesen. Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kummer. Es hat Da will ich Ihnen noch ein Drittes sagen - Kranken- sich jetzt Frau Ministerin Taubert zu Wort gemeldet. hausgesetz, da haben Sie ja gerade dran rumge- mäkelt. Das ist einfach Mäkelei gewesen und die noch unqualifiziert. Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Ge- sundheit: (Beifall SPD) Ich beschränke mich nur auf Herrn Barth. Meine Dass wir die Möglichkeit in das Gesetz hineinge- Damen und Herren, Frau Präsidentin! Lieber Herr schrieben haben, Qualitäts- und Strukturparameter Barth, ich brauche die Bundespolitik jetzt nicht für die Krankenhausplanung zu nehmen, da sind mehr zu bemühen im Gesundheitsbereich, das wir doch dem Bundesgesetzgeber ein ganzes macht ja jetzt die CDU. Ich möchte Folgendes sa- Stück voraus. Wenn Sie genau hinschauen würden, gen: Was ist denn besser? Dass wir ein Programm würden Sie wissen, dass wir deswegen mit der entwickelt haben, dass Ärztinnen und Ärzte, die Richtlinie noch warten, mit den Qualitäts- und sich im unterversorgten Bereich niederlassen, jetzt Strukturparametern, weil wir eine gemeinsame Ent- einen Zuschuss von 20.000 € bekommen können? scheidung in den Bundesländern wollen, weil wir 14926 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Ministerin Taubert) eben nicht wollen, dass unsere Krankenhäuser in Vizepräsidentin Hitzing: den Nachteil kommen, wenn sie bestimmte Para- Bitte, Herr Abgeordneter. meter einzuhalten haben, um gerade da, gerade bei den ... Abgeordneter Fiedler, CDU: (Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Genau, des- wegen hatten Sie ja auch einen eigenen Ge- Ja, Frau Ministerin, ich unterstütze ja ausdrücklich setzentwurf eingebracht und dann zurückge- Ihre Arbeit und auch die der Krankenhausfinanzie- zogen.) rung, was alles damit im Zusammenhang steht. Aber auf der einen Seite geben wir Geld aus, um Ich habe ihn doch nicht wieder zurückgezogen im Ärzte ranzuholen. Ich erlebe gerade vor Ort bei Krankenhausgesetz. Nein, habe ich nicht, Herr uns, dass einem Computertomographen, einem Barth, das ist einfach falsch, was Sie sagen. Wir CT, im Krankenhaus Stadtroda die Ermächtigung haben aus dem „müssen“ ein „können“ gemacht, entzogen wird. Das hat das Land bezahlt, die Sta- aber wir haben nicht den Gesetzentwurf zurückge- tionären können weiter versorgt werden und das zogen. Das wäre mir doch aufgefallen, kann ich Ih- Umland, die können 30 Kilometer fahren, weil näm- nen sagen. Ich habe ja schließlich mit allen gere- lich in Jena neun sind, in Gera sind neun und an- det. Es ist natürlich auch nicht wahr, dass die Kran- geblich in Eisenberg drei, ich sage nur das Verhält- kenhausgesellschaft und die Krankenhäuser das nis. Ich kann es nicht nachvollziehen, ich will es verhindert haben. Natürlich wäre denen lieber - der nicht nachvollziehen. Wie können Sie uns, mir hel- Krankenhausgesellschaft allemal -, wenn alles so fen - ich habe Ihnen noch einen Brief geschrieben bleibt, wie es ist. Sie müssen sich auch mal vorstel- und gesprochen haben wir auch schon darüber -, len, in welcher Zwickmühle die sind. Die vertreten wie kriegen wir die Kassenärztliche Vereinigung, das 300-Betten-Krankenhaus, die vertreten die die Kassen dazu? Die machen das einfach, die fra- Geriatrie mit 110 Betten und die vertreten das gen keine Politik, das wird bei uns nur abgeladen. 1.000-Betten-Krankenhaus bei einem privaten An- Wie können wir da was unternehmen, 1.700 Unter- bieter. Das heißt, die können gar nicht einheitlich schriften sind da, die übergebe ich nächste Woche. sagen, was sie denn für Ansprüche haben, weil die Wie können Sie mir helfen? Ansprüche und die Erwartungshaltungen ganz un- terschiedlich sind. Deswegen sage ich, das werden Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Ge- Sie in ein paar Jahren merken, dass unser Gesetz sundheit: außerordentlich mutig war an der Stelle. Alle ande- ren Bundesländer müssen nachziehen und Sie Ja, Herr Fiedler, da muss ich Ihnen ganz offen sa- müssen sich dazu stellen, ob Sie Struktur- und gen, da kann ich Ihnen leider nicht helfen. Das ist ja Qualitätsparameter im Krankenhaus haben wollen. nicht nur bei Ihnen so, Frau Leukefeld nickt, es ist Sie haben doch immer gesagt, dass es sein muss - in Suhl so gewesen, die Radiologie kann nicht mehr und da stimme ich Ihnen zu 100 Prozent zu -, dass röntgen. Was wir gefördert haben, haben wir für wir schauen müssen, wie können wir auch die klei- den stationären Bereich gefördert. Die Kassenärztli- nen Krankenhäuser am Netz halten, wie können wir che Vereinigung hat zusätzlich dazu auch eine am- auch die kleinen Krankenhäuser in der Fläche am bulante Ermächtigung gegeben. Wir müssen viel- Netz halten. Das sind zum einen kommunale Kran- mehr versuchen, dass die Möglichkeit besteht - da kenhäuser und das sind die Krankenhäuser, die muss ich leider wieder sagen -, mit einer bundesge- eben in der Grundversorgung auch weiterhin beste- setzlichen Regelung, denn die kann ich nicht auf hen müssen; das geht mit dem Rettungsdienst und Landesebene treffen, auf bundesgesetzlicher Ebe- vielen anderen Dingen weiter. Deswegen, denke ne zu erreichen, dass da, wo solche hochwertigen ich, ist es außerordentlich wichtig, sich über Quali- Gerätschaften stehen … täts- und Strukturparameter ein kleines bisschen (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das war ei- mehr einen Kopf zu machen, als sie nur in das Ge- ne Grunderklärung der Politik.) setz zu schreiben. Nein. Lieber Wolfgang Fiedler, dein Ansprechpart- Vizepräsidentin Hitzing: ner ist an der Stelle Herr Gröhe. Der Herr Abgeordnete Fiedler hat eine Frage. Las- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Bei dem sen Sie die zu? war ich ja.) Und was hat der zu dir gesagt? Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Ge- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU) sundheit: Wenn ich aber nicht die Person bin, die Gesetzge- Ja. bungskompetenz an der Stelle hat, was soll ich denn da tun? Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14927

(Ministerin Taubert) (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Man kann doch verantwortlich dafür, was der dort erzählt, und sich wenigstens bemühen.) nicht ich. Ich bemühe niemanden, ich zitiere ihn, das ist alles. Wir mühen uns seit Jahren darum, lieber Wolfgang Fiedler. Du hast jetzt eine Notbaustelle. Wie ge- sagt, in Suhl ist das Gleiche mit der Mammografie Vizepräsidentin Hitzing: gewesen. Da haben wir genauso versucht zu ver- Herr Abgeordneter Barth, es gibt den Wunsch auf mitteln. Wenn der niedergelassene Arzt das will, eine Zwischenfrage. steht ihm nach dem Gesetz das Recht zu, dann kann der dem Krankenhaus verbieten und in Suhl Abgeordneter Barth, FDP: gibt es einen Rechtsstreit dazu. Das heißt, es bleibt nichts anderes übrig, als auf Bundesebene - und da Gleich. Ich gehe mal davon aus, dass er lesen bist du genauso mit im Boot in der Großen Koaliti- kann. Ich kenne ihn ein paar Jahre, also ich weiß, on, wie ich das bin - an der Stelle zu sagen, wenn dass er lesen kann, das will ich gar nicht despek- Großgeräte optimal ausgenutzt werden können, tierlich meinen, der wird Ihr Programm schon ken- dann sollen die das tun. Da müsstest du den Vor- nen, wenn er so etwas erzählt. Das war kein Bemü- rang der ambulanten Versorgung im stationären hen, das war nur ein Zitieren. So, Frau Präsidentin, Bereich vor den freien Niederlassungswillen der KV sehr gerne. setzen. Das muss eine bundesgesetzliche Rege- lung sein. Ich denke, da sollte man den Leuten vor Vizepräsidentin Hitzing: Ort nicht versprechen, dass man da irgendwas tut. Da muss man auch sagen, das kann eben nur der Frau Dr. Kaschuba. Bund regeln und da muss genügend Kraft und Druck im Kessel sein, sonst wird da überhaupt Abgeordnete Dr. Kaschuba, DIE LINKE: nichts passieren. Herzlichen Dank. Herr Kollege Barth, Sie haben doch viel Erfahrung, (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wenn ich auch mit Kommunalpolitik in Jena. Sie haben auch dann die gemeinsamen Unterschriften über- kandidiert für den Stadtrat und einer Ihrer Kollegen gebe, haben wir was.) ist Vorsitzender des Schulentwicklungsausschus- ses. Ist Ihnen bekannt, dass jemand von unserer Vizepräsidentin Hitzing: Partei in diesem Ausschuss sich jemals für eine solche strategische Ausrichtung eingesetzt hat, und Danke, Frau Ministerin Taubert. Das Wort hat jetzt ist Ihnen bekannt, dass es in Jena nur noch noch einmal der Abgeordnete Barth. Schulen gibt, die durchlässig sind in allen Schular- ten und Schulstufen? Oder können Sie uns in ir- Abgeordneter Barth, FDP: gendeiner Form sagen, dass wir sagen, wir wollen die Gymnasien abschaffen, wir wollen Spezial- 35 Minuten habe ich noch, na dann. Ich will nicht schulen abschaffen. Haben Sie jemals eine solche nur beweisen, dass ich Spaß an der Aufgabe habe, Äußerung in der Praxis des Lebens gehört? die ich hier mache, sondern ich will auch noch mal etwas richtigstellen, Herr Kollege Kummer. Als ich vorhin hier mal offengelegt habe, was Ihre Partei Abgeordneter Barth, FDP: bildungspolitisch vorhat, als ich vorhin hier noch Liebe Frau Kollegin Kaschuba, Punkt 1: Es ist mir mal offengelegt habe, dass Ihre Partei natürlich bekannt, dass mein Parteifreund der Vorsitzende Grundschulen, Regelschulen, insbesondere auch dieses Ausschusses ist. Punkt 2: Es ist mir nicht Gymnasien und die Spezialgymnasien abschaffen berichtet worden, dass einer von Ihren Kollegen in will, dem Ausschuss oder in irgendwelchen Gremien in (Unruhe DIE LINKE) der Stadt mal so einen Plan geäußert hat. Und Punkt 3: Ja, es ist mir bekannt, wie die Schulsituati- (Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: on in Jena ist, auch dass es zum Beispiel in Jena Das ist doch Schwachsinn.) keine Regelschule mehr gibt, das ist mir auch be- da habe ich nicht etwa den umweltpolitischen Spre- kannt. Aber um die Frage ging es jetzt gerade gar cher Ihrer Bundestagsfraktion bemüht, sondern da nicht, liebe Frau Kaschuba, sondern es ging darum, habe ich den Linke-Politiker zitiert, den Ihre Partei was der Kollege Ralph Lenkert als von Ihrer Partei in Wahlveranstaltungen schickt, den Ihre Partei in dorthin geschickter Veranstaltungen, wo es um die Landtagswahl und (Unruhe DIE LINKE) um die Positionierung der Thüringer Parteien zur Landtagswahl geht, hinschickt. Sie haben hier eine Kollege, Parteifreund, Genosse in diesen Wahlver- Fraktion mit 26 Kollegen sitzen. Sie schicken den anstaltungen in den bildungspolitischen Punkten zu umweltpolitischen Sprecher Ihrer Bundestagsfrak- den Inhalten gesagt hat. Da war nicht die Frage, tion in solche Diskussionsrunden, also sind Sie wie ist die Situation in Jena, sondern die Frage war: Was will Ihre Partei, wenn sie an die Macht kommt, 14928 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Barth) in den nächsten fünf Jahren in Thüringen tun? Er jedem Fall immer gut, dafür haben wir auch die hat das geantwortet und gesagt: Wir werden die Kommunalaufsicht. Da sind wir auch im Gespräch. Spezialgymnasien abschaffen. Da ging es gerade Aber in den allermeisten Fällen ist es so, dass die in Jena mit den Unternehmen in der Hightech-Bran- Menschen im Land vor Ort wissen, wie sie ihr Le- che natürlich ganz zentral um das Zeiss-Gymnasi- ben gestalten wollen, dass die Menschen in den um, Mike Mohring ist auch dabei gewesen. Ralph Familien wissen, wie sie ihr Familienleben gestalten Lenkert hat gesagt, dass das natürlich abgeschafft wollen, und dass die Lehrerinnen und Lehrer auch wird, dass diese Gymnasien nicht mehr gewollt in den Schulen selbst wissen, wie sie die Kinder sind. Das ist die Wahrheit aus dieser Runde und bestmöglich fördern. Darauf vertrauen wir, darauf das hat überhaupt nichts damit zu tun, wie sich Ihre vertraue ich als Ministerpräsidentin dieses Landes Leute kommunalpolitisch in Jena positionieren. Vie- und darauf haben wir auch vertraut bei vielen Tei- len Dank. len, die wir im Koalitionsvertrag miteinander - auch mit der Handschrift der CDU - verabredet haben. (Beifall FDP) Weil es so ist, dass wir für die Leistungen der Men- (Unruhe DIE LINKE) schen diese Freiheit brauchen, hat das auch Kon- sequenzen. Es hat Konsequenzen darin, dass wir Vizepräsidentin Hitzing: nicht alles und jedes im Land regeln wollen und auch nicht regeln müssen und dass wir damit eine Danke, Herr Abgeordneter Barth. Das Wort hat jetzt Leistung erbracht haben, dass wir es den Men- Frau Ministerpräsidentin Lieberknecht. schen ermöglicht haben, eine Leistung zu erbrin- gen, die bei Weitem nicht überall selbstverständlich Lieberknecht, Ministerpräsidentin: ist. Uns in Thüringen geht es gut, ja, aber wie gut es uns geht, wird vor allen Dingen im Kontrast deut- Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Meine Da- lich, wenn wir in andere Regionen in Europa blicken men und Herren Abgeordneten, ich denke, am En- oder wenn wir gar einen Blick auf die Welt werfen. de einer langen, auch einer lebhaften Debatte Es wird aber auch deutlich, dass das, was wir in möchte ich noch ein Wort der Replik auch von mei- Thüringen geleistet haben, was die Menschen ge- ner Seite geben. leistet haben, wofür wir die politischen Rahmenbe- Sie haben alle die unterschiedlichen Perspektiven dingungen gestellt haben, auch nicht in Deutsch- auf die Regierungsarbeit der letzten fünf Jahre hier land überall in gleichem Maße erfolgt ist in den letz- deutlich gemacht, aber eines ist auch bei den völlig ten Jahren. Jawohl, die Kennzeichen in Deutsch- verschiedenen Perspektiven trotzdem unbestritten: land, die Konjunkturentwicklung war nach der Fi- Thüringen geht es gut. nanz- und Wirtschaftskrise positiv, richtig. Aber das heißt nicht, dass in allen Ländern konsolidiert wor- (Beifall CDU) den ist. Ich kenne große westdeutsche Flächenlän- Den Menschen geht es gut. Es bleibt bei dem, was der - Nordrhein-Westfalen, rot-grün; Baden-Würt- der Thüringen-Monitor erhoben hat, 93 Prozent der temberg, Musterländle, jetzt grün-rot; Niedersach- Thüringer leben gern in Thüringen und sind mit ih- sen, unter der neuen Regierung -, da werden rem Leben in Thüringen zufrieden. Das freilich ist Schulden aufgenommen, obwohl die Gesamtent- nicht allein Verdienst einer Landesregierung, ist wicklung genauso positiv deutschlandweit ist wie nicht allein Verdienst eines Parlaments, sondern ist bei uns. Trotzdem wird nicht konsolidiert, sondern vor allem die Leistung der Thüringerinnen und Thü- man braucht mehr Geld, ja, in Milliardenhöhe sind ringer selbst. neue Schulden aufgenommen, während wir sie ein- gespart haben. Das gehört auch zur Wahrheit, es (Beifall CDU) ist nicht selbstverständlich. Auch das habe ich in meiner Regierungserklärung (Beifall CDU) betont. Ich möchte aber auch sagen, dass diese Er- kenntnis, es ist die Leistung der Menschen selbst, So kann man es auch an den wirtschaftspolitischen eine politische Entsprechung braucht. Diese politi- Kennzahlen noch einmal deutlich machen. Natür- sche Entsprechung finde ich wieder in meinem Cre- lich gibt es unterschiedliche Statistiken, aber unter do, aus dem ich auch hier im Hohen Hause keinen dem Strich bleibt, mit dem Trend - sicher einer gu- Hehl machen möchte, dieses Credo, was da heißt: ten bundeswirtschaftlichen Entwicklung insgesamt - Der Sinn von Politik ist Freiheit. Der Sinn von Politik ist sie in Thüringen noch einmal besonders gut und ist Freiheit, die genau darin besteht, den Menschen ganz besonders auf dem Arbeitsmarkt. Auch da ist Vertrauen im Land entgegenzubringen, den Unter- es nicht so, dass das überall in Deutschland gleich- nehmerinnen und Unternehmern, den Belegschaf- mäßig gut passiert ist. Auch da gibt es Länder, die ten in Unternehmen, dass sie wissen, was richtig ist haben heute eine höhere Arbeitslosigkeit als vor für ihre weitere wirtschaftliche Entwicklung, den Jahren. Auch da nenne ich große westdeutsche Kommunalpolitikern im Land, dass sie wissen, was Flächenländer, Nordrhein-Westfalen, wir haben es für ihre Kommune am besten ist. Das geht nicht in Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14929

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) überholt, was die Frage der Arbeitsmarktzahlen be- sehr schnell handlungsfähig. Dass wir über andere trifft. Dinge gestritten haben, und zwar um die besten Lö- sungen auch gestritten haben, das gehört wohl zu Nun haben wir einen Koalitionsvertrag, auch das ist jeder Demokratie dazu. Und das unterscheidet uns deutlich geworden, ich bleibe dabei, er ist zu auch von denen Gott sei Dank, die heute hier drau- 90 Prozent abgearbeitet. Er ist zu 90 Prozent abge- ßen auf dem Platz standen und die am Ende viel- arbeitet. Die Rechnung von Frau Siegesmund, glatt leicht noch mit der Faust im Gesicht irgendwo agie- mal die Zahlen auf den Kopf zu stellen, kann ich ren würden, aber die nicht in der Lage sind, Argu- nicht nachvollziehen. Wir haben auch nicht nur ab- mente zu ertragen. gearbeitet, was im Koalitionsvertrag vereinbart war, wir haben gerade energiepolitisch Ziele erhöht, (Beifall CDU, SPD) auch unter Protest. Ich habe mir da auch nicht nur Deswegen sage ich: Auch den Streit haben wir Freunde gemacht. Aber jetzt, nach etwa drei Jah- nicht um des Streites Willen geführt, sondern wir ren Energiewende, zeigt es sich, wir halten auch haben ihn geführt, um Gesetzgebungsvorhaben die erhöhten energiepolitischen Maßnahmen und weiter zu qualifizieren. Das ist uns auch regelmäßig Zielsetzungen ein, nämlich diese 45 Prozent vom gelungen. Da gibt es natürlich auch verschiedene Nettostromverbrauch mit Erneuerbaren, 30 Prozent Perspektiven. Machen wir einen Doppelhaushalt, Endenergieverbrauch. Das waren nicht die Werte machen wir keinen Doppelhaushalt, damit sind wir aus dem Koalitionsvertrag. Die waren geringer, die mal in die Sommerpause gegangen. Am Ende hat- lagen bei 35 und bei 20 Prozent. Wir haben die Zie- ten wir einen Doppelhaushalt. Aber der Finanzmi- le erhöht. Wir haben große Dinge geschultert, die nister hat auch noch ein paar Kompromisse einge- habe ich in der Regierungserklärung gar nicht ge- hen müssen und am Ende haben wir einen Doppel- nannt. Aber wenn Sie sagen, Sie müssten uns haushalt gehabt, der uns keine neuen Schulden energiepolitisch auf die Beine helfen - in diesem und der trotzdem weitere Gestaltungsmöglichkeiten Land ist die Energieversorgung kommunalisiert brachte. Also wir haben um der Qualifizierung Wil- worden. Das war ein Riesenkraftakt, aber wir haben len von Gesetzgebungsvorhaben auch miteinander ihn gemeinsam gestemmt, auch mit parlamentari- gestritten, so wie das in einer Koalition und über- scher Begleitung, haupt in der Politik, meine ich, eine gute und eine (Beifall CDU, DIE LINKE) wichtige Sache ist. Wenn es darum geht - es war offen in der Koalition. Wir haben Prüfaufträge ver- mit den verschiedenen Ministerien der Landesre- abredet, was eine Funktional-, Gebiets- und Ver- gierung. Wir haben ihn gestemmt. Andere Länder waltungsreform betrifft. Da gibt es auch Unterschie- stehen da schlicht vor dem Scheitern. Dort gelingt de unter den Koalitionspartnern. Aber am Ende ha- es nicht. Wir haben auch dieses bewältigt. ben wir uns auf das in dieser Koalition sinnvoll Dass die Flutkatastrophe in keinem Koalitionsver- Machbare geeinigt im Interesse der Menschen und trag stand und dass wir dieses natürlich auch nicht haben auch unabhängig von Gutachten schon vor- auf unserem Plan hatten - bei allen Gefahren, die her die größte Forstreform, darüber haben wir Katastrophen immer in sich bergen -, auch das war schon gesprochen, die größte Polizeireform in der zu stemmen, und zwar neben allem, was wir sonst Geschichte des Freistaats Thüringen bewältigt. Und auf der Tagesordnung hatten. Genauso wie Regie- fortwährend, Verwaltung ist immer in Reformpro- rung und Parlament gemeinsam, glaube ich, mit zessen. Da haben wir noch einen draufgesetzt mit großem Bedacht nach einem anfänglichen Schock, den Bausteinen, die wir dann in der Verwaltungsre- der uns tief in den Gliedern saß und der uns immer form abschließend nach der Regierungskommissi- noch berührt, was die Bearbeitung der schreckli- on vorgelegt haben und wo ich den Menschen ge- chen Erkenntnisse aus dem Nationalsozialistischen sagt habe, darüber lasst uns jetzt auch sprechen. Untergrund mit insgesamt zehn Morden betrifft, Wenn es da weitere Erkenntnisgewinne gibt, wer- auch das hatte von uns niemand auf dem Plan. den die selbstverständlich einbezogen. Genau das Auch das ist geleistet worden, zunächst einmal in tun wir jetzt. Und dass auf der einen Seite hier der Regierung mit der Schäfer-Kommission, im In- Fraktionen im Hohen Haus sagen, das ist alles viel nenministerium, aber auch in Gemeinsamkeit mit zu wenig, das ist ein kleines Bausteinchen, was ist dem Justizministerium, dem Landtag, den Parla- das überhaupt - natürlich, es ist nicht der ganz mentariern, die schnell reagiert haben mit dem Un- große Wurf. Der sollte und konnte es auch nicht tersuchungsausschuss, der jetzt zum Abschluss sein, bei all dem, was in Thüringen schon gesche- gekommen ist und dessen Abschlussbericht hier hen ist, wo andere Außenstehende auch nur stau- auch in dieser Legislaturperiode, auch vor den nen, was wir alles schon gemacht haben. Aber es Wahlen, in den letzten Tagen gemeinsam be- war genau die richtige Reform für Thüringen. Die schlossen worden ist, hier behandelt wird. gehen wir jetzt auch Schritt für Schritt, aber auch nicht blind, sondern mit den Menschen, mit denjeni- All das sind Dinge, die gezeigt haben, diese Regie- gen, die dort arbeiten, die betroffen sind, die wissen rung war handlungsfähig und sie war immer hand- um ihre Qualitäten und wo auch Erkenntnisprozes- lungsfähig, wenn es darauf ankam, zum Teil auch 14930 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) se natürlich von einem Hochwassermanagement in Probleme lösen, die an der Basis dabei sind, weil die TLUG einfließen, wo Kenntnisse in das Landes- sie in den Kommunalparlamenten ihr Wort machen bergamt natürlich einfließen mit dem, was wir jetzt (Beifall CDU) auch an Altlastensanierung weiter zu betreiben ha- ben. Da will ich auch mal sagen, da hilft uns Ge- und jetzt wieder guter Dinge sind, weil diese Kom- spenstermalerei nicht weiter. Da hilft uns nur weiter, munalwahlen ja gerade erst gewesen sind. nüchtern, sachlich abzuschichten, was im Ministeri- Da will ich auch sagen - Herr Barth ist jetzt nicht um seit Jahren geschieht, was alles auf der Tages- mehr da -, gerade die FDP-Fraktion, ich sehe da ordnung steht. Es kann bei Kali+Salz, bei Merkers, schon einen großen Widerspruch zwischen dem, bei den Verfüllungen, bei dem Laugenabpumpen was Sie sagen, was wir an wirtschaftspolitischem Schritt für Schritt dokumentiert werden, was ist dort Versagen angeblich in der Landesregierung zu ver- geschehen. Nichts ist geschehen, was nicht berg- antworten hätten. Die Zahlen weisen es aus, der baurechtlich von Landes-, aber auch von Bundes- Wirtschaft geht es gut. Und wenn ich dem Thürin- seite als notwendig dokumentiert wird. Es ist doch gen-Trend folgen darf, ist meine Partei da auch nicht so, dass hier mit irgendwelchen Euros irgend- nicht so ganz welche Rachen von DAX-Unternehmen gefüllt wer- den, überhaupt nicht. Gleichzeitig stellen wir fest, (Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Mit Ver- es gibt auch Kumpel in Unterbreizbach und auch laub, trotzdem geht es ihr gut.) dort haben wir Verantwortung für Arbeitsplätze. Ge- schlecht dabei. Über die Hälfte aller Thüringerinnen rade nach der Geschichte, die vor über 20 Jahren und Thüringer sprechen uns in diesem Bereich mit in Bischofferode geschehen ist. Dort haben wir Ar- großem Abstand die Kompetenz zu. Die FDP finde beitsplätze, auch dort gibt es neue Sorgen, auch ich da gar nicht. damit müssen wir uns befassen. Damit werden wir uns morgen noch einmal befassen. Wir sind bei (Beifall CDU) den Kumpeln, kann ich nur sagen, den Kumpeln Das kann man schade finden, aber das ist ein Be- von heute, die in Unterbreizbach beispielsweise ih- fund. Deswegen können wir da, denke ich, auch ren Job haben und die dort auch weiter gute Arbeit nicht alles so ganz schlecht gemacht haben. Ich machen möchten. danke noch einmal ausdrücklich für diese Debatte, (Beifall CDU) die wir natürlich auch, in welcher Konstellation auch immer, weiterführen werden. Deswegen, es gab unterschiedliche Perspektiven, die hier ausgedrückt worden sind. Ich danke den Ich will noch einmal ein Wort sagen, damit das Koalitionsfraktionen ausdrücklich - Mike Mohring für auch nicht untergeht: Konsolidierung jawohl, keine die CDU-Fraktion, aber auch Werner Pidde für die neuen Schulden, und zwar in Summe für diese Le- SPD-Fraktion, auch in Nachfolge von Uwe Höhn, er gislatur. Wir haben, weil es Herr Kummer gesagt hat uns ja immerhin auch vier Jahre als Fraktions- hat, auch nebenbei noch 100 Mio. € in die Fonds vorsitzender begleitet, die beiden Herzkammern, an eingezahlt, auch dort Schulden runtergenommen. die Mike Mohring noch einmal erinnert hat -, dass Das wissen wir sehr wohl, dass wir da eine Verant- sie diese Koalition in ihrer Regierungsarbeit in ei- wortung haben. Deswegen ist es auch nicht egal, nem guten Miteinander, auch nicht in einem Streit- wer weiter diese Finanzpolitik verantwortet, dass fall miteinander, auch da ging es um das Ringen je- das in einer guten, seriösen und zielführenden Wei- weils, um die Qualifizierung von Lösungen, dass sie se weitergeht. Natürlich, den großen Berg, den wir uns getragen haben und dass sie das heute noch abzutragen haben, aber auch die Fonds, die Sie einmal deutlich zum Ausdruck gebracht haben. Es aus verschiedenen Gründen im Landeshaushalt waren erfolgreiche fünf Jahre für Thüringen. noch immer finden oder neben dem Landeshaus- halt, auch die haben wir im Blick, auch da haben Auf der anderen Seite, den Oppositionsfraktionen wir etwas getan; wir haben mehr eingezahlt als auf- kann ich es nicht verübeln, ich glaube nur nicht, gewachsen ist. Auch das gehört dazu. dass das durchdringt. Denn Schwarzmalerei, egal ob kommunalpolitische Schwarzmalerei, wirt- Nun sage ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, mei- schaftspolitische Schwarzmalerei, kulturpolitische ne Damen und Herren Abgeordneten, es war eine Schwarzmalerei oder wie das von den Grünen kam, intensive Debatte, fast fünfeinhalb Stunden hier im klimapolitisch, umweltpolitisch, verkehrspolitisch, Saal; ich denke einmal, draußen scheint die Sonne, ich glaube nicht, dass sich das bei den Menschen wir sind hier bei den Neonscheinwerfern. Draußen verfängt. Es ist auch nicht anders. Ich sehe auch, scheint die Sonne, es ist Sommer, die Deutschen wer draußen bei den Menschen ist. Ich sehe auch, haben die Daumen gedrückt - sie sind Weltmeister! wer die kommunalen Mandate in Mehrheit gewon- (Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nen hat. Das sind nicht diejenigen, die hier im Land immer wieder sagen, wie schlecht es den Men- Ich denke, man kann für Thüringen mit Fug und schen geht, sondern das sind die, die vor Ort die Recht sagen, es ist ein Land in so vielen Bereichen inzwischen wieder von Weltklasse. Wir haben die Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14931

(Ministerpräsidentin Lieberknecht) Weltmarktführer, es ist vieles Weltklasse. Ich bin Meine Damen und Herren, ich rufe die Tagesord- einfach stolz und dankbar und glücklich, einem nung wieder auf. Ich rufe auf den Tagesordnungs- starken Stück Deutschland, Thüringen dienen zu punkt 32 dürfen. Herzlichen Dank. (Beifall CDU, SPD) Fragestunde Wie üblich rufe ich die Fragen in der Reihenfolge Vizepräsidentin Hitzing: auf, wie sie Ihnen vorliegen, bitte die Abgeordne- Danke, Frau Ministerpräsidentin. Es hat sich jetzt ten, ihre Fragen vorzutragen. Der Anfragende hat zu Wort gemeldet Herr Abgeordneter Ramelow. das Recht auf zwei Zusatzfragen, und zwei weitere Zusatzfragen dürfen aus der Mitte des Landtags Abgeordneter Ramelow, DIE LINKE: gestellt werden. Werte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte den Die erste Frage wird gestellt von der Frau Abgeord- Hinweis vom Kollegen Mike Mohring noch einmal neten Dr. Klaubert für die Fraktion DIE LINKE. Das aufgreifen und darf auch im Namen meiner Fraktion Ganze ist die Drucksache 5/7924. Bitte, Frau Abge- mich bei allen fünf Fraktionen für die fünfjährige ordnete. streitige, aber sehr demokratisch geprägte Parla- mentsarbeit bedanken. Abgeordnete Dr. Klaubert, DIE LINKE: (Beifall DIE LINKE, SPD) Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich möchte, und deswegen bin ich jetzt noch einmal Mittel der Kulturstiftung des Bundes für Thüringer vorgegangen, mich bei allen fünf Fraktionen für den Projekte heutigen Tag bedanken, einmal unabhängig von Kürzlich hat der Haushaltsausschuss des Deut- der Debatte um die Regierungserklärung, wo wir schen Bundestages die Mittel der Kulturstiftung des uns nicht immer einig waren. Gut, das gehört zum Bundes für das Jahr 2014 um 2,5 Mio. € erhöht. Streit von Demokraten, unterschiedliche Sichten zu zeigen. Aber dass fünf Fraktionen heute gemein- Ich frage die Landesregierung: sam draußen gestanden haben und Antidemokra- 1. Welche Thüringer Projekte, Initiativen und/oder ten das Gesicht gezeigt haben, dafür meine hohe Einrichtungen wurden bzw. werden in welcher Hö- Anerkennung, meinen Dank an alle hier im Haus. he seit 2009 mit Mitteln der Kulturstiftung des Bun- (Beifall im Hause) des gefördert? Während wir hier die ernsthafte Diskussion geführt 2. Welche Thüringer Projekte, Initiativen und/oder haben, haben Mitglieder aus fünf Fraktionen drau- Einrichtungen sind der Landesregierung bekannt, ßen auf der Treppe gesessen und deutlich ge- die sich seit 2009 vergeblich um Mittel der Kultur- macht: Dieser Landtag, dieses Parlament ist das stiftung des Bundes bemüht haben? Hohe Haus der vom Volk gewählten Abgeordneten 3. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung und wir lassen es nicht für Wahlkampfzwecke be- zum Zusammenwirken der Kulturstiftung des Bun- schmutzen. Meinen ganz persönlichen Dank für des und der Kulturstiftung des Freistaats hinsicht- die, die draußen gesessen haben, und deshalb lich der Förderung von Kunst und Kultur in Thürin- auch am Abschluss der spannenden Debatte eben gen? auch ein guter Tag für die Demokratie. Hoffen wir, dass die Wählerinnen und Wähler so klug entschei- den, dass Menschen, die die Demokratie zerstören Vizepräsidentin Hitzing: wollen, hier im Hohen Haus keinen Platz bekom- Vielen Dank. Für die Landesregierung antwortet men. Vielen Dank. das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kul- (Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS tur. Herr Staatssekretär Prof. Deufel, Sie haben das 90/DIE GRÜNEN) Wort.

Vizepräsidentin Hitzing: Prof. Dr. Deufel, Staatssekretär: Ich sehe jetzt keine weitere Wortmeldung. Das Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Herren und heißt, ich schließe jetzt die Aussprache zur Regie- Damen Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der rungserklärung und damit den Tagesordnungs- Abgeordneten Frau Dr. Klaubert beantworte ich na- punkt 1. mens der Landesregierung wie folgt: Wir gehen jetzt in eine Mittagspause, wenn auch et- Zu 1: Das Gesamtfördervolumen der Kulturstiftung was verspätet. Ich erwarte Sie 14.55 Uhr hier wie- des Bundes für Thüringer Projekte bzw. Einrich- der zurück und dann eröffne ich die Fragestunde. tungen beläuft sich zwischen dem 1. Januar 2009 bis dato auf knapp 3,3 Mio. €. Das sind jetzt auch 14932 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Staatssekretär Prof. Dr. Deufel) relativ viele und sehr kleinteilige Förderungen zum Prof. Dr. Deufel, Staatssekretär: Teil, die an dieser Stelle zu benennen, denke ich, Ganz grundsätzlich haben die Stiftungen zwar ähn- wohl zu weit ginge. Ich habe eine Aufstellung da, liche Namen, aber durchaus völlig unterschiedliche die ich Ihnen gern aushändigen kann. Da sind sehr Wirkprofile. Die Kulturstiftung des Bundes ist für die schöne Sachen drin, die Sie freuen werden - „Die Förderung von Kunst und Kultur im Rahmen der Frauen von Troja“ haben Sie intensiv begleitet. Zuständigkeit des Bundes zuständig und hat einen Mein absolutes Lieblingsprojekt: „Über den Dilettan- ganz klaren Schwerpunkt auf der Förderung inno- tismus“ am ACC Weimar, aber auch Dinge wie vativer Programme und Projekte im internationalen MAMBO MOTO MOTO, die wir kürzlich auf dem Kontext. Die Kulturstiftung des Freistaats Thüringen TFF hören konnten, oder die sehr eindrucksvolle - ganz andere Dimension, ganz andere Größenord- Ausstellung „Spuren des Gulag“, die die Stiftung nung auch der Volumina, also der Mittel, die da be- Buchenwald gemacht hat - nur als völlig willkürliche wegt werden - verfolgt den Zweck der Förderung Beispiele. Ich händige es Ihnen gerne aus. und Bewahrung von Kunst und Kultur hier in Thü- Zu 2. muss die Antwort lauten: Keine. Einfach des- ringen. Das sind zwei relativ unterschiedliche Stif- wegen, weil weder die Kulturstiftung selbst noch wir tungszwecke. Hier liegt der Schwerpunkt auf der eine Erfassung der eingereichten Projekte führen. Förderung zeitgenössischer Kunst und Kultur von Künstlern, die in Thüringen leben, Stipendien und Zu 3: Es ist festzustellen, inhaltliche Berührungs- ähnliche Dinge. punkte zwischen den Kulturstiftungen des Bundes und der Kulturstiftung des Freistaats Thüringen gibt Die Kulturstiftung des Bundes hat demgegenüber, es kaum. Bisher wurden von den beiden Stiftungen wie gesagt, einen deutlich weiteren Fokus und ist nur wenige gemeinsame Projekte gefördert. Ein in- jetzt nicht strikt auf Bundesländer und auf gemein- tensiveres Zusammenwirken der beiden Stiftungen same Projekte fixiert. ist allenfalls bei einzelnen Vorhaben in Thüringen Sie hatten die Frage zu den Partnern gestellt. Das möglich. Auch die Einflussmöglichkeiten des Frei- ist in der Übersicht, die ich Ihnen aushändige, mit staats Thüringen bei der Kulturstiftung des Bundes aufgeführt. Es ist wirklich ein bunter Strauß. Ich hat- bestehen nur über die Vertreter der Kultusminister- te ein paar Projekte rausgegriffen, das geht von konferenz, wobei diese dann gleichsam von dorti- Theater & Philharmonie Thüringen/Altenburg über ger Seite die Länderinteressen in ihrer Gesamtheit das Lindenau-Museum, über das ACC in Weimar zu wahren haben. Auch im Hinblick auf die Größe bis hin zur Stadt Rudolstadt für das TFF oder auch der geförderten Projekte und der damit verbunde- der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittel- nen finanziellen Fördervolumina bestehen erhebli- bau Dora. Das ist ein bunter Strauß derjenigen in che Unterschiede zwischen beiden Stiftungen, so Thüringen, die mit solchen Projekten mit der Bun- dass gemeinsame Projekte, die mit den jeweiligen deskulturstiftung in deren Förderfokus enthalten Vorgaben vereinbar sind, nur schwierig zu finden sind. Das ist hier mit drauf und das würde ich Ihnen sein dürften. So weit meine Antwort. übergeben. Vizepräsidentin Hitzing: Ich glaube, das waren die Fragen, die Sie gestellt hatten. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es gibt den Wunsch auf Nachfrage durch die Fragestellerin. Vizepräsidentin Hitzing: Abgeordnete Dr. Klaubert, DIE LINKE: Ja. Vielen Dank. Jetzt kommt die Frage aus den Reihen der Abgeordneten. Bitte, Frau Abgeordnete. Ich würde zwei Nachfragen stellen, die erste be- zieht sich auf die Partner, die Mittel der Bundesstif- Abgeordnete Jung, DIE LINKE: tung in Anspruch nehmen können. Können Sie einen Überblick geben, wer im Wesentlichen die Herr Staatssekretär, wäre es nach Ihren Ausführun- Partner sind? gen aus Ihrer Sicht, aus Sicht der Landesregierung nicht auch sinnvoll, den Stiftungszweck zu ändern? Dann hätte ich gern noch eine Antwort zur Situation der Kulturstiftung des Freistaats. Sie haben gesagt, es gibt kaum Berührungsmöglichkeiten und kaum Prof. Dr. Deufel, Staatssekretär: gemeinsame Projekte. Wie schätzen Sie das ein, Nein, ich denke, die Kulturstiftung Thüringen hat liegt das an der Art und Weise der Strukturierung einen ganz klaren Stiftungszweck und sie erfüllt der Kulturstiftung des Landes oder an fehlender Fi- diesen Zweck auch in hervorragender Weise, weil nanzausstattung oder an fehlenden Ideen? Ich tatsächlich Künstler und Kulturschaffende in Thürin- kann es im Moment für mich nicht bewerten. gen - ich glaube, wenn Sie nachfragen - mit sehr guter Resonanz sehr konkret hier unterstützt wer- den. Das widerspricht sich nicht, sondern das er- gänzt sich mit dem, was die Kulturstiftung des Bun- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14933

(Staatssekretär Prof. Dr. Deufel) des anbieten kann. Ich würde eher sagen, dass in 4. Für welche staatlichen Bereiche und Ebenen be- dieser Ergänzung durchaus viele Chancen liegen. fürwortet die Landesregierung die gesetzliche Ein- führung eines Antikorruptionsregisters und wie be- Vizepräsidentin Hitzing: gründet sie dies jeweils? Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Die Liste hätte Vizepräsidentin Hitzing: das Präsidium dann auch gern, weil das Ganze ei- ne öffentliche Angelegenheit ist, und wir brauchen Vielen Dank. Herr Staatssekretär Rieder, Sie haben es für das Protokoll auch. Danke schön. Wir kom- das Wort. men zur Frage des Abgeordneten Korschewsky der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/7953. Hier Rieder, Staatssekretär: wird für die Landesregierung das Innenministerium antworten. Bitte, Herr Abgeordneter. Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehr- ten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündli- che Anfrage des Abgeordneten Korschewsky be- Abgeordneter Korschewsky, DIE LINKE: antworte ich für die Landesregierung wie folgt: Vielen Dank, Frau Präsidentin. Zu Frage 1: Das Thüringer Innenministerium hat Stand der Antikorruptionsaktivitäten der Landesre- den ersten Entwurf zur Änderung der Antikorrupti- gierung onsrichtlinie überarbeitet und zwischenzeitlich den Ressorts zur erneuten Abstimmung zugesandt. Es In der Antwort der Landesregierung in der 149. Ple- ist beabsichtigt, das Abstimmungsverfahren noch in narsitzung am 21. März 2014 auf meine Mündliche dieser Legislaturperiode abzuschließen und den Anfrage in Drucksache 5/7450 mit dem Titel „Aktu- Richtlinienentwurf dem Kabinett zur Zustimmung eller Arbeitsstand bei Reform im Bereich der politi- zuzuleiten. Über die Antikorruptionsrichtlinie hinaus schen Beamten und Überarbeitung der Antikorrupti- hat das Thüringer Innenministerium den Entwurf ei- onsrichtlinie“ kündigte Innenminister Geibert auf ner Sponsoring-Richtlinie erarbeitet, der ebenfalls meine Nachfrage hin an, dass die Überarbeitung den Ressorts zur Abstimmung zugeleitet wurde. und Veröffentlichung der überarbeiteten Fassung der Antikorruptionsrichtlinie „zeitnah“ erfolgen wer- Zu Frage 2: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 ver- de. Außerdem sagte der Innenminister sinngemäß wiesen. zu, dass alle Stellungnahmen, „von denen man Zu Frage 3: Die Richtlinie soll, wie auch bisher sinnhafte Erläuterungen und Informationen erwar- schon, für die Behörden, Einrichtungen, Betriebe ten kann“, in die Erarbeitung der neuen Richtlinie und Unternehmen des Freistaats Thüringen und die einbezogen werden sollen. Bis zum Zeitpunkt der seiner Aufsicht unterstehenden Körperschaften, An- Einreichung dieser Anfrage ist eine Überarbeitung stalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gel- der Antikorruptionsrichtlinie nicht erfolgt. Hinzu ten. Deshalb gibt es keine Veranlassung, ein exter- kommt, dass kürzlich die Frühjahrskonferenz der nes Anhörungsverfahren durchzuführen. Justizministerinnen und Justizminister des Bundes und der Länder in einem Beschluss die Einführung Zu Frage 4: Ein Korruptionsregister soll verhindern, eines bundesweiten Antikorruptionsregisters befür- dass öffentliche Aufträge an Unternehmen verge- wortet hat und der Thüringer Justizminister diesen ben werden, die in der Vergangenheit korrupt oder Beschluss offensichtlich unterstützt. wirtschaftskriminell auffällig wurden. Die öffentliche Hand erhält so vor der Zuschlagserteilung Kenntnis Ich frage die Landesregierung: von natürlichen und juristischen Personen, die sich 1. Ist mit der im März angekündigten Veröffentli- als unzuverlässig und unredlich erwiesen haben. chung einer geänderten bzw. neuen Antikorrupti- Ziel ist es also, unseriöse Unternehmen von vorn- onsrichtlinie noch vor Ende der Wahlperiode zu herein vom Vergabeverfahren auszuschließen. Die rechnen? Landesregierung hat im Februar 2014 beschlossen, künftige Initiativen des Bundes oder einzelner Län- 2. Was sind die Gründe für die bislang nicht abge- der, die die Einführung eines Korruptionsregisters schlossene Überarbeitung bzw. bislang nicht erfolg- auf Bundesebene zum Ziel haben, oder Bestrebun- te Veröffentlichung? gen anderer Bundesländer oder des Bundes, auf 3. Welche Positionen in den Stellungnahmen von Ebene der Europäischen Union ein Korruptionsregi- Verbänden, Organisationen und Stellen aus der An- ster einzuführen, vorbehaltlich einer eingehenden hörung der Landesregierung im Überarbeitungspro- fachlichen Bewertung grundsätzlich zu unterstüt- zess sind für die Übernahme in die veränderte bzw. zen. Die diesjährige Frühjahrskonferenz der Justiz- neue Richtlinie vorgesehen und welche Punkte sol- ministerinnen und Justizminister hat zudem die len im Vergleich zur bisherigen Richtlinie überhaupt Bundesregierung auf Vorschlag Thüringens aufge- geändert werden? fordert, ein bundesweites Korruptionsregister einzu- richten. 14934 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

Vizepräsidentin Hitzing: unterliegt, so wie das etwa bei Verordnungen der Fall ist. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es gibt den Wunsch auf Nachfrage durch den Fragesteller. Vizepräsidentin Hitzing: Abgeordneter Korschewsky, DIE LINKE: Danke, Herr Staatssekretär Rieder. Damit kommen wir zu Frage 3. Das ist die Frage des Herrn Abge- Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Sie sagten, dass ordneten Kuschel für die Fraktion DIE LINKE in der das derzeitig noch mal zur Abstimmung in den ein- Drucksache 5/7959. Hier antwortet für die Landes- zelnen Ressorts liegt und dann dem Kabinett zuge- regierung das Ministerium für Bau, Landesentwick- leitet wird. Ich frage trotzdem noch einmal: Ist in lung und Verkehr. Bitte, Herr Abgeordneter. dieser Legislaturperiode noch mit einer Veröffentli- chung für die Abgeordneten zu rechnen, so dass wir auch davon Kenntnis kriegen? Abgeordneter Kuschel, DIE LINKE: Zweite Frage: Sie sagten, dass es dazu keine ex- Danke, Frau Präsidentin. terne Anhörung geben soll. Gibt es aber von Stel- Verkehrstechnische Erschließung der neuen Ju- len, von Verbänden, Organisationen überhaupt gendstrafanstalt Arnstadt-Rudisleben - erneut nach- Stellungnahmen zur Erarbeitung einer Antikorrupti- gefragt onsrichtlinie? In der Kleinen Anfrage 3228 vom 5. Juli 2013 hat- ten die Abgeordneten Berninger und Kuschel (DIE Rieder, Staatssekretär: LINKE) die Landesregierung nach der verkehrs- Das kann sein. Das ist mir nicht bekannt, das technischen Erschließung der neuen Jugendstraf- müsste ich Ihnen gegebenenfalls nachreichen, falls anstalt Arnstadt-Rudisleben gefragt, insbesondere es solche Stellungnahmen von anderen außerhalb hinsichtlich des Anschlusses an den öffentlichen der Landesverwaltung gibt. Natürlich ist es beab- Personennahverkehr und das Geh- und Radwege- sichtigt, diese Korruptionsrichtlinie im Staatsanzei- netz. Nach Antwort der Landesregierung in Druck- ger zu veröffentlichen und damit allen zugänglich sache 5/6485 vom 9. August 2013 ist eine Anbin- zu machen. dung der Liegenschaft an das innerörtliche Geh- wegnetz bauplanungsrechtlich nicht vorgesehen. (Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Es sei aber geplant, diese Anbindung für Fußgän- Also noch vor Ende der Wahlperiode?) ger und Radfahrer außerhalb der bauplanungs- Das ist beabsichtigt. rechtlichen Vorgaben bis zur Inbetriebnahme der Einrichtung herzustellen. Innerhalb des Baugebiets, Vizepräsidentin Hitzing: so die Auskunft der Landesregierung, ist nach bestehendem Bebauungsplan eine Bushaltestelle Danke schön. Moment, jetzt gibt es noch die Nach- für die Anbindung an den öffentlichen Personen- frage aus den Reihen der Abgeordneten. Ist das so nahverkehr zu schaffen. Mittlerweile wurde die Ju- richtig verstanden worden, Herr Abgeordneter Ku- gendstrafanstalt in Betrieb genommen. schel? Dann haben Sie jetzt das Wort. Ich frage die Landesregierung: Abgeordneter Kuschel, DIE LINKE: 1. Welchen Herstellungszustand haben die Geh- weg- bzw. Radwegeanbindung der JSA Arnstadt- Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, in- Rudisleben an das innerörtliche Gehweg- und Rad- wieweit soll diese Richtlinie für den kommunalen wegenetz in Arnstadt, insbesondere hinsichtlich der Bereich gelten? Wenn sie für den kommunalen Be- Asphaltierung/Pflasterung und der Straßenbeleuch- reich gelten soll, inwieweit gibt es da Abstimmun- tung? gen mit den beiden kommunalen Spitzenverbän- den? 2. Inwiefern ist nach Einschätzung der Landesre- gierung für eine gegebenenfalls noch nicht herges- Rieder, Staatssekretär: tellte Geh- und Radweganbindung auch die Tatsa- che verantwortlich, dass im vorliegenden Fall für Es ist, wie bisher auch schon, beabsichtigt, die An- Geh- und Radweganbindung keine verbindlichen wendung den Kommunen zu empfehlen. Es ist bauplanungsrechtlichen Vorgaben bestehen? dann eine Frage der kommunalen Selbstverantwor- tung, inwieweit sie diese Empfehlungen aufgreifen. 3. Wie ist der Umsetzungsstand hinsichtlich der An- bindung der JSA an das öffentliche Personennah- (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: verkehrsnetz, insbesondere hinsichtlich der Fertig- Zweite Frage?) stellung der bauplanungsrechtlich vorgesehenen Die zweite Frage stellt sich damit nicht, weil es kei- Haltestelle und deren Einbindung in die Linien- und ne verbindliche Regelung ist, die der Abstimmung Fahrplangestaltung? Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14935

(Abg. Kuschel) 4. Für den Fall, dass zu Besuchszeiten in der JSA Zu Frage 4: Auswertungen zur Inanspruchnahme die „Haltestellenanbindung“ nicht ausreichend sein von ÖPNV-Fahrplanangeboten und Schlussfolge- sollte: Inwiefern werden der Einsatz von „Anrufta- rungen hierzu können erst nach einem ausreichend xen“ im Pendelverkehr zum Bahnhof Arnstadt oder bemessenen Betriebszeitraum erfolgen. Über das ähnliche Angebote als Ausgleich für die etwaigen in Antwort zu Frage 3 genannte Busangebot hin- ÖPNV-Lücken ins Auge gefasst? ausgehende ÖPNV-Leistungen sind durch den Auf- gabenträger Ilm-Kreis nach Kenntnis der Landesre- Vizepräsidentin Hitzing: gierung daher derzeit nicht geplant. Vielen Dank. Frau Staatssekretärin Klaan, Sie ha- Vizepräsidentin Hitzing: ben das Wort. Vielen Dank. Es gibt den Wunsch auf Nachfrage Klaan, Staatssekretärin: durch den Fragesteller. Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr ge- Abgeordneter Kuschel, DIE LINKE: ehrte Präsidentin, die Mündliche Anfrage des Abge- ordneten Kuschel beantworte ich für die Thüringer Danke, Frau Präsidentin. Frau Staatssekretärin, Sie Landesregierung wie folgt: hatten zu Frage 1 gesagt, dass die Restarbeiten noch realisiert werden können. Können Sie da Zu Frage 1: Der Unterbau bzw. die Schottertrag- einen Zeitpunkt benennen? Die Frage stellt sich schicht des Geh- und Radweges zur JSA wurde im auch deshalb, weil die jetzige Verkehrsanbindung Rahmen der Erschließungsarbeiten auf Basis der über den Autobahnzubringer A 71 zur Anschluss- mit der Stadt Arnstadt und dem Straßenbauamt Mit- stelle Arnstadt-Nord erfolgt und damit die Radfahrer telthüringen abgestimmten Planung bis zur Straße und Fußgänger praktisch über diesen Zubringer nur „Am Schulplan“ in Arnstadt hergestellt. Die Asphalt- einen Zugang zu der neuen Jugendstrafanstalt ha- arbeiten sowie die vorgesehene Baumbepflanzung ben mit einem erheblichen Gefährdungspotenzial. sollen noch erfolgen. Ebenso ist die Anbindung von Deshalb die Frage: In welchem Zeitraum soll der der Straße „Am Schulplan“ bis zum Geraer Radweg Geh- und Radweg fertiggestellt werden, so dass die noch zu realisieren. Eine Beleuchtung des anstalts- Fußgänger und Radfahrer nicht mehr die Fahrbahn eigenen Geh- und Radweges ist planerisch nicht des Autobahnzubringers nutzen müssen? vorgesehen und auch nicht gefordert. Zu Frage 2: Die Vorgaben für den Geh- und Rad- Klaan, Staatssekretärin: weg wurden mit den zuständigen Behörden erörtert und sind in der vorliegenden Genehmigungspla- Die Antwort muss ich im Moment schuldig bleiben, nung berücksichtigt. Die noch offene Fertigstellung weil ich im Moment die Zeiträume der Ausschrei- ist darin begründet, dass vorrangig die Leistungen, bung und die Abläufe nicht im Detail kenne. Das die zur Fertigstellung bzw. Inbetriebnahme der An- würden wir nacharbeiten. stalt zwingend notwendig waren, beauftragt und realisiert wurden. Vizepräsidentin Hitzing: Zu Frage 3: Die planungsrechtlich vorgesehene Vielen Dank, Frau Klaan. Wir kommen jetzt zur Haltestelle ist fertiggestellt. Die ÖPNV-Erschließung Mündlichen Anfrage des Herrn Abgeordneten ist Sache des kommunalen Aufgabenträgers für Bergner für die FDP-Fraktion in der Drucksache den Straßenpersonennahverkehr. Dieses ist im vor- 5/7966. Hier antwortet für die Landesregierung das liegenden Fall der Ilm-Kreis und nach Kenntnis der Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Ver- Landesregierung wurde durch den Ilm-Kreis ge- kehr. Bitte, Herr Abgeordneter Bergner. meinsam mit der Anstaltsleitung der JSA ein Be- dienkonzept für den ÖPNV entwickelt und zum Abgeordneter Bergner, FDP: 15. Juli 2014 umgesetzt. Dabei wurde der Fahrplan auf die Bedürfnisse der Freigänger, der Besucher Vielen Dank, Frau Präsidentin. und - soweit möglich - auf die der Bediensteten ab- Demokratieerklärung bei der Ausschreibung von gestimmt. Die Buslinie D 345, die von Rudisleben Leistungen durch den Landesbetrieb Thüringer Lie- über das Gewerbegebiet Erfurter Kreuz und dem genschaftsmanagement Bahnhof Neudietendorf nach Apfelstädt führt, wur- de werktags und am Wochenende um eine erhebli- Nach Informationen des Fragestellers wird bei Aus- che Anzahl von Stichfahrten von und zur JSA er- schreibungen von Dienstleistungen, insbesondere gänzt. In Rudisleben ist Anschluss an die Buslinie Reinigungsdienstleistungen, durch den Landesbe- B 343/Stadtverkehr Arnstadt gewährleistet. Die Fi- trieb Thüringer Liegenschaftsmanagement als Anla- nanzierung der zusätzlichen ÖPNV-Leistungen er- ge eine Bietererklärung 2.4 beigelegt. In dieser Bie- folgt durch den Ilm-Kreis. tererklärung, auch als Demokratieerklärung be- zeichnet, muss der Unternehmer erklären, dass ihm nicht bekannt ist, ob bei eingesetzten Mitarbeitern 14936 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Bergner) Zweifel am Bekenntnis zur freiheitlichen demokrati- Zu Frage 3: Die Erklärung stellt auf die positive schen Grundordnung bestehen. Weiterhin muss er Kenntnis des Bieters ab. In der Regel beschäftigen erklären, dass ihm nicht bekannt ist, ob das einge- Reinigungsfirmen für öffentliche Auftraggeber nur setzte Personal Mitglied in einer extremistischen/ Personal, welches durch sie selbst intern einer Si- verfassungsfeindlichen Partei, Organisation oder cherheitsüberprüfung unterzogen worden ist. Im sonstigen Vereinigung ist bzw. diesen nahesteht Bereich Sicherheit muss es sich bei einem Bieter und Schriftgut extremistischen oder sonstigen ver- für solche Leistungen um ein qualifiziertes Unter- fassungsfeindlichen Inhalts besitzt und/oder derarti- nehmen nach § 34 a Gewerbeordnung handeln. ges Schrift- oder Gedankengut weiterverbreitet. Die Der Bieter ist gehalten, nur zuverlässige Personen Abgabe der Bietererklärung ist zwingende Voraus- zu beschäftigen, die das 18. Lebensjahr vollendet setzung für die Teilnahme an der Ausschreibung. haben und über die notwendigen rechtlichen Vor- schriften zur Ausübung dieses Gewerbes unterrich- Ich frage die Landesregierung: tet wurden und mit ihnen vertraut sind. Sie müssen 1. Seit wann und bei welchen Ausschreibungen eine Sachkundigenprüfung nach § 34 a Gewerbe- wird vom Freistaat Thüringen oder Landesbetrieben ordnung erfolgreich absolviert haben. Der Auftrag- vom Bieter die Abgabe einer sogenannten Demo- nehmer muss dem Auftraggeber Nachweise zur kratie- oder Bietererklärung verlangt (bitte Aus- Person der Wachschutzkraft, zum Kurzlebenslauf, schreibungen einzeln auflisten)? Lichtbild, polizeiliches Führungszeugnis ohne Ein- träge und Ausbildungsnachweise vorlegen. Darüber 2. Wie wird die Notwendigkeit und die rechtliche hinaus ist nach dem Thüringer Sicherheitsüberprü- Zulässigkeit (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und fungsgesetz jede Person, die aufgrund eines Be- Bestimmtheitsgebot) einer derartigen sogenannten schäftigungsverhältnisses an einer sicherheitsemp- Demokratie- oder Bietererklärung begründet? findlichen Stelle tätig ist und dort tätig werden soll, 3. Wie soll nach Auffassung der Landesregierung zu überprüfen. Damit kommt es nicht darauf an, ob ein Unternehmer solche Kenntnisse von seinen Mit- es sich dienst- oder arbeitsrechtlich um eigenes arbeitern erlangen? Personal der Behörde oder solches von Fremdfir- men handelt. Zuständige Stelle für Sicherheitsüber- 4. Welche Konsequenzen ergeben sich bei einem prüfungen nicht öffentlicher Stellen ist das für Wirt- Verstoß gegen die sogenannte Demokratie- oder schaft zuständige Ministerium. Bietererklärung? Zu Frage 4: Wird die Bietererklärung nicht vollstän- Vizepräsidentin Hitzing: dig vorgelegt, erfolgt ein Ausschluss vom Verfah- ren. In bestehenden Verträgen hat der Auftragge- Frau Staatssekretärin Klaan, Sie haben das Wort. ber das Recht, bei einem Verstoß von Unterneh- men die Auswechselung des betroffenen Personals Klaan, Staatssekretärin: zu verlangen. Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Vizepräsidentin Hitzing: Bergner beantworte ich für die Thüringer Landesre- Vielen Dank. Es gibt den Wunsch auf Nachfrage gierung wie folgt: durch den Fragesteller. Zu Frage 1: Insbesondere in den Bereichen Reini- gungsdienste und Sicherheit wird vom Thüringer Abgeordneter Bergner, FDP: Liegenschaftsmanagement seit dem Jahr 2013 eine Vielen Dank, Frau Präsidentin, vielen Dank, Frau entsprechende Bietererklärung abgefordert. In den Staatssekretärin. Habe ich Sie richtig verstanden, Jahren 2013 und 2014 wurden im Bereich Reini- wenn Sie sagen, dass diese Demokratieerklärung gungsdienste bei insgesamt 29 Ausschreibungen ausschließlich bei sicherheitsrelevanten Objekten und im Bereich Sicherheit bei 10 Ausschreibungen verlangt wird? Bietererklärungen nach dem genannten Formblatt 2.4 abgefordert. Klaan, Staatssekretärin: Zu Frage 2: Anlass für die Aufnahme einer solchen Erklärung war das Bekanntwerden eines Vorfalls im Nein, sie wird bei Diensten innerhalb unserer Lan- Bereich des Sicherheitsdienstes des Thüringer Mi- desimmobilien nach dem Standard der Sicherheits- nisteriums für Wirtschaft, Arbeit und Technologie. vorschriften verlangt. Dort war ein Wachmann mit rechtsextremistischer Gesinnung und Mitgliedschaft aufgefallen. Ziel der Abgeordneter Bergner, FDP: Bietererklärung ist der Schutz der Landesverwal- Dann hätte ich noch eine zweite Frage. Es klingt für tung vor extremistischen Gefahren; Zweifel an der mich möglicherweise an manchen Stellen schon et- rechtlichen Zulässigkeit der Erklärung bestehen was überzogen und es gab etliche Diskussionen nicht. um eine ähnlich gelagerte Demokratieerklärung bei Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14937

(Abg. Bergner) Fördermittelprogrammen. Wäre es dann nicht auch Zu Frage 1: Nach einem durch das Thüringer Lie- mit Blick auf die Dinge, die ein Unternehmer von genschaftsmanagement initiierten Gespräch mit seinen Mitarbeitern aus der privaten Lebensführung dem Oberbürgermeister der Stadt Jena am 7. Au- erfahren kann, sinnvoller, in solchen Fällen schlicht gust 2013 hatte die Stadt mit Schreiben vom und einfach ein polizeiliches Führungszeugnis zu 19. August 2013 ihr Interesse bekundet. Dabei verlangen? schlug die Stadt vor, die Liegenschaft in ein noch zu klärendes Tauschpaket zum Flächentausch In- Klaan, Staatssekretärin: selplatz in Jena einzubeziehen. Darüber hinaus hat die Stadt Jena im Zuge der Verkaufsausschreibung Die Demokratieerklärung geht von der positiven zum 15. Februar 2014 über die Kommunale Immo- Kenntnis des Bieters aus, das heißt, er erklärt, dass bilien Jena als Eigenbetrieb der Stadt Jena ein An- er keine Kenntnis hat. Insofern wird das Prinzip um- gebot zum Grundstückstausch mit einer noch zu gekehrt. Wie gesagt, auf Anlass eines Einzelfalls, klärenden Aufpreiszahlung bis zu einer Gesamthö- der sich auch jederzeit … he des Angebots von maximal 1.230.000 € vorge- legt. Auch die stadteigene jenawohnen GmbH als Vizepräsidentin Hitzing: Teil der örtlichen Stadtwerke hat ein Angebot zum Grundstückstausch bis zu einer Gesamthöhe des Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Wir kommen Angebots von maximal 1.230.000 € vorgelegt. damit zur Frage der Abgeordneten Dr. Lukin für die Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/7972. Bitte, Zu Frage 2: Die Stadt Jena wurde von dem THÜLI- Frau Dr. Lukin. MA in dem Gespräch am 7. August 2013 darauf hingewiesen, dass die Liegenschaft im Wege eines Abgeordnete Dr. Lukin, DIE LINKE: Angebotsaufrufs zum Verkauf angeboten werden soll. Über die hierzu ab Dezember 2013 laufende Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ausschreibung wurde die Stadt Jena gesondert in- Verkauf einer landeseigenen Liegenschaft in Jena- formiert. Zwätzen Zu Frage 3: Von den Interessenten wird ein Nut- Gegenwärtig steht eine Liegenschaft in Jena-Zwät- zungskonzept und ein Finanzierungsnachweis ver- zen, die mit ehemaligen Studentenbaracken bebaut langt. Nutzungskonzept und Finanzierungsnach- ist, zum Verkauf. Die Gesamtgröße soll ca. 26.000 weis dienen der Beurteilung der Seriosität und Sol- Quadratmeter betragen. Eigentümer ist der Frei- venz des Erwerbers und des beabsichtigten Vorha- staat Thüringen. bens. Ich frage die Landesregierung: Zu Frage 4: Das Bündnis für gutes Wohnen in Thü- ringen wurde am 19. Juni 2014 gegründet. Die Ent- 1. Hat sich die Stadt Jena für den Erwerb dieser scheidung zum Verkauf der Liegenschaft wurde be- Liegenschaft interessiert? reits im Jahr 2012 im Rahmen der Aufstellung des 2. Wurde der Stadt Jena ein Angebot zum Erwerb Doppelhaushaltes 2013/2014 getroffen. Die Ver- der Liegenschaft unterbreitet? kaufsverhandlungen begannen im Jahr 2013. Im Zusammenhang mit der Aufstellung des Haushalts 3. Wird von den Kaufinteressenten ein Konzept für wurde zudem eine entsprechende Veranschlagung den Wohnungsbau/Sozialen Wohnungsbau auf die- des Verkaufserlöses als Ausgabemittel für den Stu- ser Fläche vorgelegt bzw. verlangt? dentenwohnheimbau bis zu einer Höhe von 4. Welche Rolle spielt diese Liegenschaft im Rah- 1.800.000 € aufgenommen. Infolge dieser haus- men der Vereinbarungen des „Bündnisses für gutes haltsrechtlichen Bindung kann die Liegenschaft Wohnen in Thüringen“ (insbesondere Nummer 6 kein Bauland im Sinne der oben genannten Verein- zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus)? barung sein. Vonseiten der Stadt Jena wurde bei Abgabe ihrer in der Antwort zu Frage 1 genannten Angebote nicht die Absicht geäußert, das Grund- Vizepräsidentin Hitzing: stück für sozialen Wohnungsbau zu nutzen. Im Üb- Vielen Dank. Für die Landesregierung antwortet rigen steht es der Stadt Jena frei, mit dem Erwerber das Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Absprachen zur Förderung des sozialen Woh- Verkehr. Frau Staatssekretärin Klaan, Sie haben nungsbaus zu treffen. das Wort. Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Klaan, Staatssekretärin: Vielen herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin. Es Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Her- gibt eine Nachfrage durch die Fragestellerin. ren, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Lukin beantworte ich für die Thüringer Landes- regierung wie folgt: 14938 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

Abgeordnete Dr. Lukin, DIE LINKE: sprechende Benachrichtigung darüber, die keine gute Vorbereitung und Information an die Bürgerin- Vielen Dank, Frau Präsidentin. Während das Land nen und Bürger ermöglichte. eine Liegenschaft in der Nähe des Beutenberges für Forschungszwecke zum Bodenrichtwert erwarb, Ich frage die Landesregierung: wird hier dieses Grundstück in Zwätzen im Bieter- 1. Wann und durch wen wurde kurzfristig entschie- verfahren meistbietend veräußert. Wie erklärt das den, eine Außenstelle der Landesaufnahmestelle Ministerium die unterschiedliche Verfahrensweise Eisenberg in Suhl einzurichten und zu eröffnen? bei Kauf und Verkauf von Liegenschaften? 2. Wann, wie und durch wen wurde die Stadtver- Klaan, Staatssekretärin: waltung Suhl informiert und auf die Unterbringung der Flüchtlinge vorbereitet? Den zweiten Fall kenne ich nicht, deshalb muss ich die Antwort schuldig bleiben, würde ich nacharbei- 3. Welche Anforderungen und Aufgaben ergeben ten. sich aus Sicht der Landesregierung für die Stadt Suhl in Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen, insbesondere hinsichtlich der sozia- Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: len, medizinischen und kulturellen Betreuung? Vielen herzlichen Dank. Es gibt eine weitere Nach- 4. Welche Angebote sollte es mit Blick auf die Be- frage durch die Fragestellerin. dürfnisse der Flüchtlinge hinsichtlich ihres Gesund- heitszustandes, ihrer kulturellen Identität, einer Abgeordnete Dr. Lukin, DIE LINKE: sprachlichen Ausbildung und einer möglichen Inte- Vielen Dank, Frau Präsidentin. Nur eine kurze gration/Inklusion geben? Nachfrage: Gibt es generell eine Art Vorkaufsrecht Herzlichen Dank. für Kommunen beim Kauf von Landesliegenschaf- ten, die sich auf ihrem Territorium befinden? Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Klaan, Staatssekretärin: Vielen Dank, Frau Leukefeld. Für das Innenministe- rium antwortet Herr Staatssekretär Rieder. Nein, soweit ich weiß, nein. Rieder, Staatssekretär: Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehr- Vielen herzlichen Dank. Dann rufe ich jetzt die ten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündli- nächste Frage auf. Es handelt sich hierbei um die che Anfrage der Abgeordneten Leukefeld beant- Anfrage der Abgeordneten Leukefeld von der Frak- worte ich für die Landesregierung wie folgt: tion DIE LINKE in der Drucksache 5/7973. Für die Landesregierung wird das Innenministerium ant- Zu Frage 1: Die Zahl der in Deutschland um Asyl worten. Frau Leukefeld. nachsuchenden Menschen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Während im Jahr 2011 noch rund 52.000 Personen einen Asylantrag in Abgeordnete Leukefeld, DIE LINKE: Deutschland stellten, lag die Zahl der Asylantrag- Danke schön, Frau Präsidentin. steller im Jahr 2013 bereits bei etwa 127.000 Per- sonen. Die Tendenz ist weiterhin steigend. Das Einrichtung einer Außenstelle des Aufnahmelagers Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechnet Eisenberg in Suhl für dieses Jahr mit insgesamt ca. 200.000 Asylan- In Suhl wurde kurzfristig eine Außenstelle des Auf- tragstellern. Thüringen ist verpflichtet, entspre- nahmelagers Eisenberg eingerichtet. Seit dem chend dem sogenannten Königsteiner Schlüssel et- 7. Juli 2014 sind auf dem Neuen Friedberg ca. 100 wa 2,8 Prozent der Asylbegehrenden aufzuneh- Asylbewerber untergebracht. men. Im Jahr 2013 wurden in der Landesaufnah- mestelle in Eisenberg insgesamt 3.084 ausländi- Wie die Tageszeitung „Freies Wort“ am 8. Juli 2014 sche Flüchtlinge aufgenommen. Sofern die Progno- vermeldete, stammen die Flüchtlinge aus den ost- se des Bundesamts zutrifft, ist in diesem Jahr mit afrikanischen Staaten Eritrea und Somalia. Sie sei- einem Zuzug von rund 5.600 Asylbewerbern nach en nur übergangsweise in Suhl untergebracht, be- Thüringen zu rechnen. Vor dem Hintergrund der zu vor sie auf die regulären Unterkünfte in den Thürin- erwartenden Zugangszahlen war auch für Thürin- ger Landkreisen und kreisfreien Städten verteilt gen absehbar, dass die 521 Unterbringungsplätze werden. Selbstverständlich ist die Stadt Suhl gern der Landesaufnahmestelle in Eisenberg nicht mehr bereit, Asylbewerber und Flüchtlinge unterzubrin- ausreichen. Deshalb sucht das Land seit Monaten gen. Da es sich bei der Unterbringung um eine Lan- ein Objekt, das als Außenstelle von Eisenberg ge- desaufgabe handelt, gab es jedoch Unverständnis eignet ist. Ein Krankenhausgebäude in Rudolstadt über die Kurzfristigkeit der Entscheidung und ent- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14939

(Staatssekretär Rieder) kommt hierfür in Betracht. Es wird jedoch erst im Rieder, Staatssekretär: nächsten Jahr freigezogen. Zur Überbrückung hat Ich fange erst einmal an mit der Frage, wer verant- das Land das Objekt in der Weidbergstraße in Suhl wortlich ist für die Ausländer in Suhl. Das ist in ers- gemietet. Es soll zunächst für einen Zeitraum von ter Linie das Land. Auf die Stadt Suhl kommen, von neun Monaten genutzt werden. der Zuständigkeit her betrachtet, auch Aufgaben Zu Frage 2: Am 30. Juni 2014 telefonierte Herr In- zu, aber nur im geringeren Maße. Also zum Bei- nenminister Geibert mit Herrn Oberbürgermeister spiel die melderechtliche Erfassung der Personen, Dr. Triebel, um ihn über die Planung des Landes die untergebracht sind, ist Aufgabe der Stadt Suhl. zur Unterbringung von Asylsuchenden in Suhl- Sie sehen daran, das ist eher eine periphere Aufga- Friedberg zu informieren. Am 4. Juli 2014 fand eine be, die die Stadt Suhl nur in geringem Maße in An- gemeinsame Begehung mit Vertretern des Thürin- spruch nimmt und fordert. ger Liegenschaftsmanagements und der Stadt Suhl Jetzt zu der Frage des Konzepts: Das ist eine statt. Ziel der Begehung war die brandschutzrechtli- große Frage für eine Mündliche Anfrage. Ich will che Prüfung des Objekts. Sie wurde bestätigt. einmal versuchen, darauf zu antworten. Man muss Zu Frage 3: Die in Suhl eingerichtete Außenstelle die Personengruppen, um die es geht, trennen. Es der Landesaufnahmestelle Eisenberg ist eine Ein- gibt Personen, die werden aus humanitären Grün- richtung des Landes. Das Land ist damit auch für dern aufgenommen, siehe die Syrer. Wir hatten bis- die medizinische Versorgung und die soziale Be- her zwei Kontingente von jeweils 5.000, die nach treuung der aufgenommenen Asylbewerber zustän- Deutschland kommen konnten. Jetzt hat die Innen- dig. ministerkonferenz beschlossen, dass ein weiteres Kontingent aufgelegt wird von 10.000. Diese Perso- Zu Frage 4: Die in der Außenstelle Suhl aufgenom- nen bekommen von vornherein eine Aufenthaltser- menen Asylbewerber werden bereits nach einem laubnis und haben damit alle Möglichkeiten der In- Aufenthalt von mehreren Wochen auf die Landkrei- tegration in Deutschland, auch der Sprachkurse, se und kreisfreien Städte verteilt. Dennoch ist beab- die etwa das Bundesamt für Migration und Flücht- sichtigt, den in Eisenberg mit großem Erfolg ange- linge anbietet. Dann haben wir hier die Erstaufnah- botenen Erstorientierungskurs kurzfristig auch in meeinrichtung. Da muss man immer sehen, die der Außenstelle Suhl einzuführen. Menschen sind nur für kurze Zeit in der Erstaufnah- meeinrichtung. Das geht von vier, fünf, sechs Wo- Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: chen bis drei Monate. Dann ist die Befragung durch Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Gibt es Nachfra- die Außenstellen des Bundesamts für Migration und gen? Ich sehe zunächst eine Nachfrage durch die Flüchtlinge abgeschlossen und sodann werden sie Fragestellerin. verteilt auf die Landkreise und kreisfreien Städte. Dennoch haben wir vor einem guten Jahr Erstorien- tierungskurse angeboten, um sie ein Stück vorzu- Abgeordnete Leukefeld, DIE LINKE: bereiten auf ihr Leben in Deutschland. Das ist sehr Herzlichen Dank. Ich habe zwei Nachfragen. Die gut angenommen worden in Eisenberg. Es ist eine erste: Wenn Sie sagen, als Landeseinrichtung er- Vorbereitung für die schulpflichtigen Kinder auf die geben sich für die Stadt gar keine Aufgaben und Schule. Aber auch die Eltern sollen darüber infor- gar keine Kosten, würden Sie das so bestätigen, miert werden, was Schule in Deutschland bedeutet. weil Sie in dieser Stadt leben und ich ein bisschen Und schließlich haben wir die große Gruppe der an- bezweifle, dass sich gar keine Aufgaben daraus er- deren, die also die Erstaufnahmeeinrichtung verlas- geben? Das wäre die eine Nachfrage und die zwei- sen haben und auf die Kreise verteilt sind. Und für te, vielleicht ein bisschen umfassendere: Herr die haben sich ja die Rahmenbedingungen in den Staatssekretär, Sie haben dargelegt, dass mehr letzten Jahren erheblich verbessert. Wenn Sie be- Flüchtlinge nach Deutschland respektive dann auch denken, dass es vor Jahren geltendes Recht war, nach Thüringen kommen. Das sehe ich auch so, dass Asylbewerber über mehrere Jahre nicht arbei- wenn man so den Blick in die Welt richtet. Gibt es ten durften und heute die Frist auf neun Monate denn ein Konzept der Landesregierung, wie strate- verkürzt ist, dann ist das eine deutliche Verbesse- gisch mit einer wachsenden Anzahl umzugehen ist, rung und ermöglicht natürlich auch, sich schneller auch unter dem Gesichtspunkt, dass sie nur drei während des laufenden Asylverfahrens einzufinden Monate maximal in der Erstaufnahmeeinrichtung in die deutsche Gesellschaft. So weit vielleicht im bleiben und dann, sofern sie hier in Thüringen ver- Rahmen einer Mündlichen Anfrage. Ansonsten gibt bleiben, auf Landkreise und kreisfreie Städte ver- es da solche Packen an Konzepten. teilt werden? Es geht, glaube ich, um eine humani- täre Flüchtlingsaufnahme und eine gemeinsame Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Aufgabe, die da zu lösen ist. Also gibt es ein sol- ches Konzept oder ist das in Arbeit? Vielen Dank. Es gibt eine erste Nachfrage durch die Abgeordnete Berninger. 14940 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

Abgeordnete Berninger, DIE LINKE: Umsetzung der Strategie für E-Government und IT des Freistaats Thüringen Ich habe zwei, wenn Sie gestatten, Frau Präsiden- tin. Herr Rieder, mich würde interessieren, ob das Die Landesregierung hat kürzlich die Strategie für Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das ja ei- E-Government und IT des Freistaats Thüringen be- ne Regionalstelle in Hermsdorf hat, in Suhl auch ei- schlossen. Darin wird festgestellt, dass die Trans- ne Regionalstelle eröffnet, bzw. wie gesichert wird, parenz des Haushalts und das Management der IT- dass das Asylverfahren zum Beispiel mit dem Inter- Haushaltsmittel durch die bisher uneinheitliche Ver- view ablaufen kann. anschlagung der Mittel nicht gewährleistet sind. Meine zweite Frage: Sie hatten im Innenausschuss Ich frage die Landesregierung: vorige Woche von zwei Sozialarbeiterinnenstellen 1. Ist es zutreffend, dass die IT-Titel der gesamten gesprochen, die es dort gäbe. Unmittelbar nach der Landesverwaltung unter Einbeziehung des Land- Sitzung habe ich gehört, dass die potenziellen Sozi- tags im Zuge der Umsetzung der Strategie für E- alarbeiterinnen, die sich dort bewerben sollen, erst Government und IT des Freistaats Thüringen in ei- angeschrieben würden durch das Arbeitsamt. Des- nem Einzelplan zusammengefasst werden sollen? wegen frage ich Sie: Wie ist die soziale Betreuung derzeit dort abgesichert? 2. Wenn ja, wie begründet die Landesregierung die Einbeziehung der IT-Titel des Landtags in die zen- Rieder, Staatssekretär: trale Veranschlagung? Zur ersten Frage: Die Außenstelle des Bundesamts 3. Wie wird gewährleistet, dass die Arbeits- und für Migration und Flüchtlinge ist in Eisenberg. Sie Funktionsfähigkeit des Landtags als Verfassungsor- wird auch dort bleiben. Die medizinische Prüfung ist gan sichergestellt ist? abgeschlossen. Aber das eigentliche Befragungs- verfahren der Menschen, die jetzt in Suhl sind, Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: muss noch durchgeführt werden. Und dafür wird Für die Landesregierung antwortet das Finanzmi- man eine Lösung finden, sei es, dass jemand aus nisterium, vertreten durch Herrn Staatssekretär Eisenberg nach Suhl fährt, sei es, dass die Men- Diedrichs. schen jetzt aufgefordert werden, nach Eisenberg zu fahren. Das muss man sehen, das weiß ich nicht genau, wie es abgewickelt wird. Diedrichs, Staatssekretär: Und ansonsten, zur zweiten Frage: Es ist richtig, Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehr- dass die soziale Betreuung durch Sozialarbeiterin- ten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündli- nen übernommen werden soll. Ich muss einmal che Anfrage des Abgeordneten Meyer beantworte schauen, ob ich das jetzt in meinen Unterlagen hier ich im Namen der Landesregierung wie folgt: habe, dann kann ich es Ihnen gleich beantworten. Zur Frage 1: Die Frage einer Zusammenführung Ansonsten würde ich es Ihnen nachreichen. der gesamten IT-Ausgaben des Freistaats Thürin- (Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: gen in einem separaten Einzelplan wird im Rahmen Und das hätte man im Innenausschuss nicht der Haushaltsgespräche zum Doppelhaushalt schon sagen können?) 2015/2016 erörtert. Eine Festlegung der Landesre- gierung besteht hierzu noch nicht. Ich habe Ihnen im Innenausschuss auf jede Frage geantwortet. Zur Frage 2: Es werden Vorteile bei der Haushalts- transparenz für die stetig ansteigenden und im (Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Rahmen der Verwaltungsmodernisierung bedeutsa- Aber offenbar nicht auf alle.) men Ausgaben und Investitionsfelder gesehen. Die zentralen IT-Steuerungsmechanismen können Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: möglicherweise besser und durchgängig wirken. Gute Erfahrungen liegen bereits mit den zentral Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es sind jetzt kei- veranschlagten Mitteln in den Einzelplänen 17 „All- ne weiteren Nachfragen möglich. gemeine Finanzverwaltung“ und 18 „Staatliche Wir kommen zur Anfrage vom Abgeordneten Car- Hochbaumaßnahmen“ vor. Der Thüringer Rech- sten Meyer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE nungshof hat diese Überlegungen begrüßt. GRÜNEN in der Drucksache 5/7978. Zur Frage 3: Bei den erörterten Umstrukturierungen handelt es sich lediglich um haushalterische Veran- Abgeordneter Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schlagungsfragen, die die Arbeitsfähigkeit der be- NEN: troffenen Organisationseinheiten keinesfalls beein- Vielen Dank, Frau Präsidentin. trächtigen sollen, aber die zentrale Steuerung der IT-Entwicklung verbessern können. Ein gesonderter Einzelplan erlaubt die Nutzung haushaltsrechtlich Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14941

(Staatssekretär Diedrichs) gegebener Möglichkeiten einer flexiblen Bewirt- Ich frage die Landesregierung: schaftung nach der Thüringer Landeshaushaltsord- 1. Über welchen Zeitraum erfolgte eine Überwa- nung und dem jeweiligen Haushaltsgesetz. Die für chung des Protestcamps durch Beamte und Be- die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der jeweiligen dienstete des Landes? Organisationseinheiten erforderlichen Mittel würden auch weiterhin ausgebracht, lediglich in einer ande- 2. Auf welche Weise erfolgte die Überwachung (ins- ren, abweichenden Systematik. besondere unter Einsatz welcher technischen Mittel oder anderen Formen der Überwachung)? Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: 3. Zu welchem Zweck erfolgte gegebenenfalls die Vielen herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Es Überwachung mit den eingesetzten technischen gibt eine Nachfrage durch den Fragesteller. Mitteln? 4. In welcher Form werden die bei der Überwa- Abgeordneter Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chung gesammelten Daten gespeichert und weiter- NEN: verwendet? Ihnen ist bestimmt nicht verborgen geblieben, dass wir dieser Idee grundsätzlich sehr positiv gegen- Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: überstehen. Trotzdem noch einmal meine Frage: Ich hatte nicht nach Organisationseinheiten gefragt, Vielen Dank, Frau Siegesmund. Für die Landesre- sondern in diesem konkreten Fall nach dem Land- gierung antwortet das Innenministerium, vertreten tag als Verfassungsorgan. Es dürfte sowohl Ihnen durch Staatssekretär Rieder. als auch mir bekannt sein, dass dazu durchaus Irri- tationen seitens der Präsidentin des Landtags vor- Rieder, Staatssekretär: liegen. Deshalb vielleicht noch einmal die konkrete Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehr- Frage: Ist auch das Problem der Tatsache, dass ten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündli- der Landtag als Verfassungsorgan davon betroffen che Anfrage der Abgeordneten Siegesmund beant- sein soll, berücksichtigt? worte ich für die Landesregierung wie folgt: Diedrichs, Staatssekretär: Zu Frage 1: Die Polizei baute in einem leer stehen- den Gebäude des ehemaligen Thüringer Technik- Die besonderen Belange des Landtags als Verfas- handels Kamera- und Tontechnik an. Sie war vom sungsorgan sind auf jeden Fall im Rahmen der wei- 05.07.2014, 11.00 Uhr, bis 05.07., 19.30 Uhr, be- teren Gespräche zu berücksichtigen. triebsbereit. Es wurden jedoch keine Bildaufnah- men erstellt. Der voreingestellte Aufnahmebereich Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: war auf den Versammlungsraum der NPD gerichtet. Das Protestcamp war nicht erfasst. Vielen Dank. Ich sehe hier keine weiteren Nachfra- gen. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Zu Frage 2: Ich verweise auf die Antwort zu Frage 1. Dann rufe ich jetzt auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Anja Siegesmund von der Fraktion Zu Frage 3: Die technischen Mittel wurden vorge- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/ halten, um Bildübertragungen in den Polizeifüh- 7979. rungsstab zu ermöglichen und Straftaten von Teil- nehmern der NPD-Versammlung dokumentieren zu Abgeordnete Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE können. GRÜNEN: Zu Frage 4: Es wurden keine Daten gespeichert. Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Überwachung des Protestcamps gegen das Rechtsrock-Konzert in Gera Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es gibt eine Nachfrage durch die Fragestellerin. Am 5. Juli 2014 fand in Gera das Neonazi-Festival „Rock für Deutschland“ statt. Einige Tage zuvor or- ganisierten die Gewerkschaften in Ostthüringen zu- Abgeordnete Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE sammen mit dem Aktionsbündnis „Gera gegen GRÜNEN: Rechts“ ein Protestcamp vor dem Geraer Haupt- Vielen Dank. Herr Staatssekretär, noch mal die bahnhof. Dieses wurde laut Augenzeugen von Nachfrage, weil es jetzt recht schnell ging. Sie sa- mehreren Dokumentationsteams mit fest installier- gen, ab 05.07., 11.00 Uhr, waren die Kameras be- ten Kameras und möglicherweise Richtmikrofonen triebsbereit, sind aber nie angeschaltet worden. Ha- aus einem leer stehenden Gebäude heraus über- be ich das richtig verstanden? wacht. 14942 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

Rieder, Staatssekretär: 3. Welche konkreten Kooperationen und Unterstüt- zungsleistungen von Thüringer Hochschulen, wie Sie waren betriebsbereit ab 05.07., 11.00 Uhr, sie zum Beispiel die Zurverfügungstellung von Räum- wurden aber nie eingeschaltet. lichkeiten für Aktivitäten von Burschenschaften, sind der Landesregierung bekannt? Abgeordnete Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 4. Inwieweit bestehen an den Hochschulen Hand- lungsrichtlinien zum Umgang mit Burschenschaf- Zweite Nachfrage: Genau das Gleiche gilt auch für ten, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Zur- die Richtmikrofone, die nicht aufgezeichnet haben? verfügungstellung von Räumen, der Teilnahme an Feierlichkeiten der Hochschulen sowie öffentlichen Rieder, Staatssekretär: Veranstaltungen der Hochschule? Es wurde überhaupt nichts eingeschaltet. Sie wa- ren zwar betriebsbereit, aber es gab keine Übertra- Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: gung. Vielen Dank, Herr Meyer, für die Verlesung meiner Anfrage. Für die Landesregierung antwortet das Mi- Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: nisterium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, ver- treten durch den Staatssekretär Herrn Prof. Deufel. Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Dann kommen wir zur 9. Mündlichen Anfrage, und zwar der Abgeordneten Astrid Rothe-Beinlich der Prof. Dr. Deufel, Staatssekretär: Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abge- Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und ordneten Susanne Hennig-Wellsow der Fraktion Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der DIE LINKE in der Drucksache 5/7980, vorgetragen Abgeordneten Rothe-Beinlich und Hennig-Wellsow, durch den Abgeordneten Carsten Meyer. vorgetragen vom Abgeordneten Meyer, beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt: Abgeordneter Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zu Frage 1: Bei den Burschenschaften in Thüringen NEN: handelt es sich um privatrechtliche Vereinigungen. Vielen Dank, Frau Präsidentin Astrid Rothe-Bein- Der Landesregierung liegen über die allgemein be- lich. Namens der Abgeordneten Astrid Rothe-Bein- kannten und zugänglichen Erkenntnisse hinaus kei- lich und der Abgeordneten Hennig-Wellsow frage ne besonderen Informationen zu Aktivitäten, politi- ich die Landesregierung. scher Gesinnung, Aufnahmekriterien oder Ähnli- ches zu Burschenschaften vor. Eine pauschale Be- Aktivitäten von Burschenschaften im Umfeld von wertung der verschiedenen Aktivitäten der Bur- Thüringer Hochschulen schenschaften ist somit nicht möglich. Burschenschaften, Studentenverbindungen und Zu Frage 2: Der Landesregierung sind auf Nachfra- Corps sind zwar privatrechtliche Vereinigungen, ge bei den Hochschulen in dieser Legislaturperiode dennoch erhalten sie bei ihren Aktivitäten oft auch nur Einzelfälle an einzelnen Hochschulen bekannt die Unterstützung von Thüringer Hochschulen. So geworden. So erhält der Rektor der Friedrich-Schil- wird auf den Webseiten mehrerer Thüringer Hoch- ler-Universität von den Burschenschaften Arminia schulen zu den Angeboten von Burschenschaften auf dem Burgkeller und Germania, die beide aus verlinkt. Auch räumliche Unterstützung bei Veran- dem Dachverband Deutsche Burschenschaften staltungen ist keine Seltenheit. Von Studierenden ausgetreten sind, halbjährlich deren Semesterpro- wurde uns zudem berichtet, dass es Burschen- gramm. Zu der Burschenschaft Normannia beste- schaften im Vergleich zu Hochschulgremien oder hen keine Kontakte. Die Deutsche Burschenschaft rein studentischen Vereinen vergleichsweise leicht war Gründungsmitglied der Gesellschaft der Freun- haben, sich die Unterstützung der Hochschulleitun- de und Förderer der FSU Jena. Sie wurde auf der gen zu sichern, die ihnen beispielsweise öffentliche Verwaltungsratssitzung vom 27. Juni 2014 auf ein- Auftritte bei Immatrikulations- und Absolventinnen- stimmigen Beschluss aus dem Förderverein ausge- und Absolventenfeiern ermöglichen. schlossen. Die anderen Thüringer Hochschulen ha- Wir fragen die Landesregierung: ben zu dieser Fragestellung eine Fehlmeldung er- teilt. 1. Welche grundsätzliche Auffassung vertritt die Landesregierung zu den Aktivitäten von Burschen- Zu Frage 3: Es ist generell klarzustellen, dass schaften im Umfeld von Thüringer Hochschulen? selbstverständlich die Hochschulen durch das TMBWK nicht angehalten werden, mit Burschen- 2. Welche Aktivitäten durch welche Burschenschaf- schaften zu kooperieren. Der Landesregierung sind ten im Umfeld von Thüringer Hochschulen sind der sehr wenige, auf einzelne Hochschulen bezogene Landesregierung bekannt? Fälle bekannt, in denen eine Hochschule mit einer Burschenschaft kooperiert hat. Zu großen Festver- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14943

(Staatssekretär Prof. Dr. Deufel) anstaltungen der Burschenschaften Arminia und am 11. Juli 2014 behandelt - das Gesetz ist nicht Germania, beispielsweise zum 200-jährigen Beste- zustimmungspflichtig. hen der Studentenverbindungen im Jahr 2015, wer- Auf der Thüringer Bioenergiekonferenz am 3. Juli den von der Friedrich-Schiller-Universität gelegent- 2014 in Bösleben wurde das neue Erneuerbare- lich gegen Inrechnungstellung der vollen Kosten Energien-Gesetz vor allem im Bereich Biogas von Räumlichkeiten bereitgestellt. Zudem werden auf allen Referenten heftig kritisiert. Praktiker und Wis- dem Internet-Auftritt der Friedrich-Schiller-Universi- senschaftler waren sich einig, dass der tät Jena unter „Campus/Studentische Hochschul- der Biogasbranche einen Bärendienst erwiesen hat. gruppen“ Verbindungen, unter anderem auch Bur- Nach Ansicht der Experten ist die Rentabilität schenschaften, genannt. Die Aufnahme auf die In- bestehender Anlagen gefährdet und der Neubau ternetseite erfolgt nach Auskunft der Friedrich- von Biogasanlagen kommt wahrscheinlich zum Er- Schiller-Universität Jena auf Antrag. Bevor dem An- liegen. trag stattgegeben wird sowie sodann fortlaufend, etwa jährlich, wird seitens der Hochschule geprüft, Sowohl der Thüringer Agrar- und Umweltminister ob verfassungsschutzrechtliche Bedenken gegen Jürgen Reinholz (CDU) als auch der Vorsitzende die Burschenschaften bestehen. des Fachbeirats Nachwachsende Rohstoffe Egon Primas (CDU) betonten kürzlich im Zusammenhang Aktivitäten der Burschenschaften an der TU Il- mit der Vorstellung des Thüringer Bioenergiepro- menau sind die Teilnahme an öffentlichen Veran- gramms 2014 die Bedeutung der Biogasbranche für staltungen der TU Ilmenau, die Präsentation in ei- den Freistaat. nem Schaukasten im Humboldtbau, ein Stand am Tag der offenen Tür sowie gelegentlich die Organi- Ich frage die Landesregierung: sation von kulturellen Veranstaltungen wie Konzer- 1. Welche Bedeutung hat die Nutzung von Biogas ten. Weiterhin lädt die Burschenschaft Baltia-Gotia aus wirtschaftlicher und klimapolitischer Sicht für das Rektorat der TU Ilmenau anlässlich der Imma- den Freistaat? trikulation neuer Studierender zum Essen ein. Der Rektor stellt sich je nach Veranstaltungscharakter - 2. Wie beurteilt die Landesregierung vor dem Hin- so Auskunft der Hochschule - wie jeder anderen tergrund der Antwort auf Frage 1 die am 27. Juni Gruppierung auch gelegentlich für ein Grußwort 2014 vom Bundestag verabschiedete EEG-Novel- oder eine Rede zur Verfügung. Wie andere Grup- le? pierungen auch können die Verbindungen an der 3. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung TU Ilmenau Räume für öffentliche Veranstaltungen zu der Tatsache, dass sich die Bundesregierung zu entsprechend der Raumvergaberichtlinie der TU Il- den 23 Änderungsvorschlägen der Länder im Bun- menau nutzen. Auch auf der von der Studienbera- desrat in ihrer Stellungnahme nur in sechs Fällen tung betreuten Internetseite „Studieninteressierte/ zustimmend geäußert hat? Freizeit/Vereine“ der TU Ilmenau werden Burschen- schaften genannt. Die anderen Thüringer Hoch- 4. Wie hat sich Thüringen im Bundesrat bezüglich schulen haben zu dieser Frage eine Fehlmeldung der Einberufung des Vermittlungsausschusses und erteilt. bei der Schlussabstimmung verhalten? Zu Ihrer vierten und letzten Frage: Spezielle Hand- lungsrichtlinien gibt es nach unserer Kenntnis an Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: keiner Thüringer Hochschule. Vielen herzlichen Dank, Herr Dr. Augsten. Für die Landesregierung antwortet der Staatssekretär des Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz, Herr Richwien. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich sehe keine Nachfragen. Ich rufe für heute die letzte Mündliche Anfrage auf, und zwar die vom Abgeordneten Richwien, Staatssekretär: Dr. Augsten von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielleicht vorab, GRÜNEN in der Drucksache 5/7981. Herr Dr. Augsten: In Ihrer Mündlichen Anfrage hat- ten Sie geschrieben „Bioenergiekonferenz“; es war Abgeordneter Dr. Augsten, BÜNDNIS 90/DIE eine Fachtagung Biogas, das nur am Rande als GRÜNEN: Richtigstellung. EEG-Novelle 2014 - Konsequenzen für die Biogas- Zu Ihrer ersten Frage: Die Nutzung von Bioenergie branche in Thüringen insgesamt spielt durch die weitestgehende Vermei- dung von CO -Emissionen eine entscheidende Rol- Der Deutsche Bundestag hat am 27. Juni 2014 die 2 le im Hinblick auf die Erreichung der Klimaschutz- Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ziele. Außerdem erhöht sie die Wertschöpfung im verabschiedet. Der Bundesrat hat die EEG-Novelle ländlichen Raum und unterstützt die Durchsetzung der vielfältigen Strategien des Bundes und des 14944 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Staatssekretär Richwien) Freistaats wie beispielsweise die Biodiversitäts- fähig. Die Landesregierung bedauert, dass die Bun- und die Nachhaltigkeitsstrategie. Der Anteil regene- desregierung die konstruktiven Änderungsvorschlä- rativer Energie am Energieverbrauch in Thüringen ge der Länderkammer nur teilweise berücksichtigt beträgt derzeit etwa 20 Prozent. Den größten Teil hat. davon liefert die Bioenergie, das ist Ihnen ja auch Zu Ihrer vierten Frage: Ein Antrag auf Anrufung des bekannt - mehr als 80 Prozent. Bioenergie besitzt Vermittlungsausschusses lag dem Bundesratsple- ein großes Potenzial hinsichtlich der Bereitstellung num nicht zur Entscheidung vor. Dem Gesetz des von Regelenergie und Systemdienstleistungen so- Deutschen Bundestages hat der Bundesrat in sei- wie bei der Weiterentwicklung einer flexiblen Strom- ner Sitzung am 11.07.2014 bei Unterstützung von versorgung. Gerade die Biogastechnologie bietet Thüringen zugestimmt. Darüber hinaus hat Thürin- die Möglichkeit, die erzeugte Energie nicht nur im gen in der Abstimmung im Bundesratsplenum am Strombereich, sondern auch im Wärme- und Kraft- 11.07.2014 eine Empfehlung des Agrarausschus- stoffbereich zu nutzen und dort fossile Energieträ- ses für eine Entschließung unterstützt. Diese war ger zu ersetzen. Die Biomasse wird in Thüringen von Rheinland-Pfalz eingebracht worden und hob insbesondere durch den Einsatz von Waldrestholz die Bedeutung der Biomasse noch einmal hervor. in Heiz- und Heizkraftwerken und in mittlerweile et- Ebenso hat Thüringen einen Antrag Nordrhein- wa 250 Biogasanlagen im ländlichen Raum ge- Westfalens unterstützt, der ebenfalls als Entschlie- nutzt. Das zur Verfügung stehende Gesamtpotenzi- ßungstext das Potenzial der Biomasse im Zusam- al an Biomasse wird bereits zu rund 60 Prozent ver- menhang mit der Weiterentwicklung des Strom- wertet. Eine weitere Steigerung des Anteils der Bio- marktes betont hat. Beide Entschließungen waren energie ist durch eine energetische Nutzung des aber leider im Bundesrat nicht mehrheitsfähig. In Kopplungsproduktes Stroh, durch die weitere Er- der Debatte hat Frau Ministerpräsidentin Lieber- schließung von Holzreserven, durch die verstärkte knecht in ihrer Rede im Bundesrat am 11.07.2014 Nutzung der anfallenden Wirtschaftsdünger sowie zu diesem Tagesordnungspunkt ausdrücklich auf die Nutzung von Energiepflanzen in landwirtschaftli- die Bedeutung der Biomasse hingewiesen. chen Biogasanlagen möglich. Zu Ihrer zweiten Frage: Das EEG hat seit dem Jahr Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: 2000 erfolgreich den Ausbau der erneuerbaren Energien unterstützt. Eine Novellierung war jedoch Vielen herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Es aufgrund der veränderten Bedingungen unter ande- gibt eine Nachfrage durch den Fragesteller. rem auf dem Strommarkt erforderlich. Die EEG-No- velle wird von der Landesregierung deshalb grund- Abgeordneter Dr. Augsten, BÜNDNIS 90/DIE sätzlich befürwortet. Zum Bereich Biomasse ist an- GRÜNEN: zumerken, dass sich die Landesregierung intensiv Ich habe eine ganze Menge Fragen, da muss wahr- für Änderungen am Gesetzentwurf eingesetzt hat, scheinlich eine Kleine Anfrage noch einmal herhal- um den weiteren Ausbau der Bioenergie auch zu- ten. Aber für jetzt zwei Fragen, wenn erlaubt, das künftig zu ermöglichen. Für den Biogasbereich be- Erste: Beantwortung der Frage 4, es kam zu keiner deuten die Regelungen der EEG-Novelle 2014, Überweisung an den Vermittlungsausschuss. Kön- dass Bestandsanlagen weiterhin wirtschaftlich be- nen Sie darlegen, welche Länder hauptsächlich - es trieben werden, bei Flexibilisierung auch erweitert müssen ja mehr Länder dagegen gestimmt haben, werden können. Einen nennenswerten Zubau von wenn es Initiativen gab, die Thüringen unterstützt Neuanlagen wird es unter den Vergütungsbedin- hat -, wie dabei die Gemengelage war? Ich hatte gungen des EEG 2014, das sage ich auch so deut- darauf hingewiesen, dass sowohl Herr Primas als lich, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr ge- auch Herr Reinholz der CDU angehören, und ich ben. Das verfügbare Potenzial an Wirtschaftsdün- frage mich, was auf Bundesebene und auf Landes- ger und Energiepflanzen kann für die Biogaserzeu- ebene zwischen den Ländern abläuft. gung in Thüringen somit nicht optimal ausgeschöpft werden. Die Landesregierung wird sich deshalb auf Eine zweite Frage: Bestandsschutz, es wird immer Bundesebene weiter dafür einsetzen, dass ein wieder kolportiert, dass der Bestandsschutz ge- nachhaltiger Ausbau von Bioenergie als ein Beitrag währleistet ist. Wie sehen Sie denn das Problem, zur Energiewende Akzeptanz findet. Im Thüringer dass es jetzt keine Einsatzstoffklassen mehr gibt Bioenergieprogramm 2014 sind die hierfür erforder- und dadurch die Einspeisevergütung auch nicht lichen Maßnahmen und Handlungsempfehlungen mehr die gleiche ist. Gehört das bei Ihnen immer umfassend beschrieben. noch zu einem Bestandsschutz oder muss man von einem eingeschränkten Bestandsschutz sprechen, Zu Ihrer dritten Frage: Voranstellen möchte ich, wenn doch bestimmte Gelder, die damals gewährt dass Bestandsschutz für bereits installierte Anlagen wurden, als die Anlagen gebaut wurden, jetzt nicht gewährt wird. Getätigte Investitionen sind damit ge- mehr da sind? Ist das ein vollständiger Bestands- sichert, das kann man als Erfolg verzeichnen, und schutz oder ein eingeschränkter? sind unter bestimmten Bedingungen auch ausbau- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14945

Richwien, Staatssekretär: gen? Das ist nicht der Fall. Dann ist dieser Antrag mit großer Mehrheit so beschlossen. Ich komme zu Ihrer ersten Frage: Wie die Stimmab- gabe der einzelnen Länder war, kann ich Ihnen jetzt Wir kommen jetzt zum Aufruf des Tagesordnungs- nicht sagen, das kann ich Ihnen nur zuarbeiten. punkts 5 Das weiß ich jetzt nicht. Das habe ich nicht dabei. Aber wie ich in der Antwort zu Frage 4 mitgeteilt ha- Zweites Gesetz zur Änderung be, der Vermittlungsausschuss ist durch die Länder des Thüringer Verfassungsge- nicht angerufen worden und das muss man erst richtshofsgesetzes einmal zur Kenntnis nehmen. Es ist so wie bei Gesetzentwurf der Landesregie- Agrarministerkonferenzen, da gilt das Einstimmig- rung keitsprinzip und man kann noch einmal eine Proto- - Drucksache 5/7454 - kollnotiz und dergleichen machen. Wenn jemand dazu: Beschlussempfehlung des nicht zustimmt, ist die maximale Variante, dass er Justiz- und Verfassungs- dann eine Protokollaktivität entwickelt und sagt: Ich ausschusses habe folgende Position. Es ist nun mal so, die Län- - Drucksache 5/7975 - der haben nun in der Sache, das wissen Sie, eine ZWEITE BERATUNG unterschiedliche Position. Also Sachsen-Anhalt dürfte eine andere Position haben als Mecklenburg- Zunächst hat das Wort die Abgeordnete Sabine Vorpommern oder Thüringen und wir hatten uns in Berninger aus dem Justiz- und Verfassungsaus- der Sache für Biomasse stark gemacht. schuss zur Berichterstattung. Zu der letzten Frage: Ich gehe davon aus, dass der Bestandsschutz für die bestehenden Anlagen Abgeordnete Berninger, DIE LINKE: besteht. Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehr- ten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsi- Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: dent, das Zweite Gesetz zur Änderung des Thürin- Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es gibt jetzt kei- ger Verfassungsgerichtshofsgesetzes vom ne weiteren Nachfragen. Mit Blick auf die Uhr darf 12. März 2014 in der Drucksache 5/7454 wurde in ich jetzt auch die Fragestunde für heute beenden. der 149. Landtagssitzung am 21. März 2014 in ers- ter Lesung beraten und an den Justiz- und Verfas- Ich rufe nunmehr auf den Tagesordnungspunkt 5, sungsausschuss überwiesen. Kernpunkte des Ge- es handelt sich hier um - Verzeihung. Es stimmt, es setzentwurfs sind die Neugestaltung der Amtszei- folgt jetzt zunächst die Wahl - Danke für den Hin- ten, insbesondere die Begrenzung der Wiederwahl- weis -, und zwar darf ich Tagesordnungspunkt 28 möglichkeiten auf eine sowie die Anhebung der ab- aufrufen. Es war vereinbart, diesen nach der Frage- soluten Altersgrenze für die Ausübung des Richter- stunde aufzurufen. amtes auf 70 Jahre, die Lückenschließung bei der Dienstunfallabsicherung für die Verfassungsrichte- Mitgliedschaft von Mitgliedern rinnen und Verfassungsrichter, die Anpassung der der Landesregierung in Lei- Möglichkeiten bei der Auswahl der Prozessvertrete- tungs- und Aufsichtsgremien rinnen an europäische Vorgaben. So ist es nun auf Erwerb gerichteter Unter- möglich, Hochschullehrerinnen und Hochschulleh- nehmen rer aus anderen EU-Staaten zu benennen. Ein wei- hier: Zustimmung des Land- terer Punkt im Gesetzentwurf ist die Einführung ei- tags gemäß Artikel 72 Abs. 2 ner Kammerentscheidung in kleinerer Besetzung der Verfassung des Freistaats und ein letzter die Anhebung der sogenannten Thüringen Missbrauchsgebühr. In der 69. Sitzung des Justiz- Antrag der Landesregierung und Verfassungsausschusses am 2. April 2014 - Drucksache 5/7968 - wurden vom Ausschuss für den vorliegenden Ge- setzentwurf die Durchführung einer schriftlichen An- Ich frage zunächst: Wünscht die Landesregierung hörung und die Veröffentlichung im Online-Diskus- das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. sionsforum des Thüringer Landtags beschlossen. In Ich frage: Ist eine Aussprache gewünscht? Das ist der schriftlichen Anhörung nahmen als Sachver- auch nicht der Fall. Wird Ausschussüberweisung ständige die Verfassungsgerichte bzw. Verfas- beantragt? Das ist auch nicht der Fall. Dann kom- sungsgerichtshöfe der Länder Brandenburg, Meck- men wir direkt zur Abstimmung über den Antrag der lenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sach- Landesregierung in der Drucksache 5/7968. Wer sen sowie der Staatsgerichtshof Hessen sowie die zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Professoren Brenner, Jutzi und Morlok Stellung, Handzeichen. Das sind die Stimmen aller Fraktio- ebenso der Thüringer Verfassungsgerichtshof in ei- nen. Gibt es Gegenstimmen? Es gibt 1 Gegenstim- nem Schreiben. Ohne näher ins Detail gehen zu me aus der Fraktion DIE LINKE. Gibt es Enthaltun- wollen, gab es in den Stellungnahmen zu den oben 14946 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Berninger) genannten Kernpunkten des Gesetzentwurfs so- denten gewählt, kann er eben nur noch fünf Jahre wohl zustimmende als auch ablehnende Stellung- amtieren. nahmen, so zum Beispiel, inwiefern die demografi- Bei der Lebensaltersgrenze sind wir in der Tat bei sche Entwicklung der Gesellschaft die Anhebung den 68 Jahren geblieben. Derzeit gehen Berufsrich- der absoluten Altersgrenze für die Amtsausübung ter mit 65 Jahren in Pension und wenn dann noch rechtfertige bzw. welche Kriterien wie zu gewichten weitere drei Jahre als ehrenamtliche Richter mög- sind bei Festlegung der Länge der Amtszeit. Die lich sind, dann halten wir das für angemessen. Lückenschließung bei der Dienstunfallfürsorge und die Anpassung der Prozessvertretungsregelungen Wichtig war uns die Möglichkeit, dass Eilentschei- an EU-Vorgaben waren Dinge, die von allen Anzu- dungen bei Einstimmigkeit durch drei Richter ge- hörenden als notwendig bzw. sinnvoll bezeichnet troffen werden können, weil das sicher eine we- wurden. sentliche Erleichterung für den Verfassungsge- richtshof ist. Ein Änderungsantrag der FDP-Fraktion, die unter anderem Veränderungen der personellen Zusam- Jetzt noch ein Satz zum FDP-Antrag: Man kann ja mensetzung bei der Kammerentscheidung bean- schon über die Sinnhaftigkeit der in § 52 a einge- tragt hatte, fand im Ausschuss keine Mehrheit. Eine führten Verzögerungsbeschwerde gerade beim Mehrheit im Ausschuss fand aber der von der CDU, Verfassungsgerichtshof geteilter Meinung sein. SPD, von den Abgeordneten der Koalitionsfraktio- Meiner Meinung nach braucht man so etwas nicht, nen eingereichte Änderungsantrag, der unter ande- aber wenn man es dann schon macht, das dann rem entgegen der erklärten Absicht des Justizmi- aber so weit zu treiben, dass man dann noch die nisters die absolute Altersgrenze für die Übernah- Beschwerde so gestaltet, dass nicht die Verfas- me des Verfassungsrichterinnenamtes von 70 Jah- sungsrichter über die Beschwerde entscheiden sol- ren wieder auf die derzeit schon geltenden 68 Jah- len, sondern die Stellvertreter, das führt dann wirk- re senkt und für die ordentlichen Mitglieder des Ge- lich zu weit. Stellvertreter haben keine originäre Zu- richts eine neue Gesamtamtsdauer nach einmaliger ständigkeit, und eine solche extra einzuführen, ist Wiederwahlmöglichkeit von 14 Jahren festlegt. ein durch nichts gerechtfertigter Systembruch. Dieses Abstimmungsergebnis liegt dem Land- Wir werden dem Gesetz der Landesregierung ent- tagsplenum jetzt in der Beschlussempfehlung des sprechend der Beschlussempfehlung des Aus- Justiz- und Verfassungsausschusses in Drucksa- schusses zustimmen. Danke schön. che 5/7975 zur Entscheidung vor. Herzlichen Dank. Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Vielen Dank, Herr Scherer. Als Nächster hat jetzt Vielen herzlichen Dank, Frau Berninger, für die Be- das Wort der Abgeordnete Dirk Bergner für die richterstattung. Ich eröffne nunmehr die Ausspra- FDP-Fraktion. che und es liegen Wortmeldungen aus allen Frak- tionen vor. Zuerst hat das Wort der Abgeordnete Abgeordneter Bergner, FDP: Manfred Scherer für die CDU-Fraktion. Vielen Dank. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident Prof. Asch- Abgeordneter Scherer, CDU: ke, ich muss sagen, die Koalition schafft es ja nicht Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen allzu oft, mich zu überraschen, aber mit dem Ände- und Kollegen, ich will nur noch kurz zu den wichtig- rungsantrag im Ausschuss und der Rücknahme der sten Änderungen Stellung nehmen, die im Aus- Altersgrenze von 70 wieder auf 68 Jahre haben Sie schuss beraten worden sind, nämlich zum einen - es geschafft, mich zu überraschen. was eben angesprochen wurde - die Begrenzung Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die der Amtszeit auf höchstens 14 Jahre, und zwar Überraschung kommt daher, da - soweit ich die auch bei einer Wiederwahl die Höchstgrenze für or- Stellungnahme des Verfassungsgerichtshofs richtig dentliche Mitglieder. Deshalb gehe ich darauf noch verstanden habe - es überhaupt keine Bedenken mal ein, um das zu betonen. Diese Höchstgrenze, gegen die Anhebung der Altersgrenze gegeben hat. verehrter Herr Präsident, gilt auch für den Präsiden- Warum man es nun wieder rückgängig gemacht ten, weil wir den Präsidenten unter die Mitglieder hat, bleibt wahrscheinlich das Geheimnis der Koali- des Verfassungsgerichtshofs zählen. Das heißt, um tion, oder vielleicht hören wir ja noch was dazu. es zu verdeutlichen: Wird ein Mitglied des Verfas- sungsgerichtshofs nach einer Mitgliedschaft von (Zwischenruf aus dem Hause: Jugendwahn!) drei Jahren zum Beispiel zum Präsidenten gewählt, Ja, Jugendwahn könnte eine Erklärung sein. dann ist noch eine Amtszeit auch bei Wiederwahl von höchstens elf Jahren möglich. Wird er zum Bei- Eines muss ich ja der Koalition zugestehen, sie ist spiel nach neun Jahren Mitgliedschaft zum Präsi- zumindest hier mal konsequent in dem, was sie tut, denn wenn sie schon Anregungen ignoriert, dann Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14947

(Abg. Bergner) konsequenterweise alle, auch die Anregungen, die zögerungsbeschwerde beim Verfassungsgerichts- vom Verfassungsgerichtshof selbst kommen. Die hof einzuführen, und dort wurden dann auch Vorbe- FDP-Fraktion hat im Justizausschuss einen Ände- halte auf der anderen Seite aufgegeben. Das ha- rungsantrag eingebracht, der leider abgelehnt wur- ben wir nun drin. Dass Herr Bergner es nun so de. Wir wollten, dass bei der nun neu normierten schlimm findet, dass die Beschwerdekammer nicht Verzögerungsbeschwerde nicht, wie jetzt vorgese- extra eingerichtet wird für diese Verzögerungsbe- hen, neun Richter darüber entscheiden; wir hatten schwerden, kann ich schlecht nachvollziehen. Wir vor, dass aus Effizienzgründen eine Beschwerde- glauben nicht, dass wir bei dem doch übersichtli- kammer mit drei stellvertretenden Mitgliedern über chen Anfall von Beschwerden oder überhaupt von die Verzögerungsbeschwerde entscheiden kann. Verfahren beim Thüringer Landesverfassungsge- Wie schon gesagt, hat man unseren Antrag leider richtshof unbedingt eine Beschwerdekammer brau- abgelehnt. Die verfassungsrechtlichen Bedenken, chen, bei der Richter, die eigentlich im Wartestand die geäußert wurden, teilen wir an dieser Stelle stehen und gar nicht ständig am Gerichtshof aktiv ausdrücklich nicht, da Artikel 80 Abs. 5 der Thürin- sind, über die aktiven Richter urteilen müssten. Die ger Verfassung ausdrücklich erklärt, dass Näheres Notwendigkeit haben wir schlicht nicht gesehen. durch Gesetze geregelt werden kann. Als sinnvolle Ergänzung haben wir gemeinsam klar- Meine Damen und Herren, wir gehen davon aus, stellende Regelungen zur Amtszeit und Mitglied- dass wir für eine Verzögerungsbeschwerde somit schaft beim höchsten Thüringer Gericht hinzufor- auch eine Beschwerdekammer einrichten können, muliert, die auch das Thüringer Justizministerium aber es ist offensichtlich nicht gewollt, wie wir auch positiv begleitet hat. Meinen Dank dafür. Es ging gerade wieder gehört haben. Weitere Neuerungen auch teilweise mehr um technische Dinge, wie, des Gesetzes wurden in der ersten Lesung und dass auch bei den Stellvertretern klar ist, dass Sie auch heute schon genannt und ich will Sie deswe- sozusagen im Wartestand nicht Zeit verbrauchen, gen auch jetzt nicht auf die lange Folter spannen. die sie dann als Richter im aktiven Amt nicht mehr Wir haben heute auch schon sehr viel Zeit ver- haben würden. Der Justizausschuss hat mit 6 Ja- braucht. stimmen bei 3 Enthaltungen unserem Änderungs- antrag bereits seine deutliche Zustimmung signali- Meine Damen und Herren, wir werden aufgrund der siert. Der Änderungsantrag der Koalition ist dann genannten Umstände uns bei diesem Gesetzent- auch in die Beschlussfassung des Justizausschus- wurf enthalten. Ich bedanke mich für Ihre geteilte ses eingegangen. In diesem Sinne bitte auch ich Aufmerksamkeit. Sie um Zustimmung zum Entwurf des Zweiten Ge- (Beifall FDP) setzes zur Änderung des Thüringer Verfassungsge- richtshofsgesetzes in der Form der Beschlussemp- Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: fehlung des Justiz- und Verfassungsausschusses und möchte Ihre Zeit nicht länger beanspruchen. Vielen herzlichen Dank, Herr Bergner. Als Nächste Vielen Dank. hat jetzt das Wort die Abgeordnete Dorothea Marx für die Fraktion der SPD. (Beifall SPD)

Abgeordnete Marx, SPD: Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, Vielen Dank, Frau Marx. Als Nächste hat jetzt das nach den Worten, auch insbesondere der Berichter- Wort die Abgeordnete Sabine Berninger für die statterin Frau Berninger, die noch einmal ausführ- Fraktion DIE LINKE. lich die wichtigsten Regelungen des Gesetzent- wurfs bzw. des jetzt zur Abstimmung stehenden Abgeordnete Berninger, DIE LINKE: Gesetzes benannt hat, möchte auch ich mich kurz- Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehr- fassen. ten Damen und Herren, ich kann nicht versprechen, Wir haben, Herr Bergner hat gerade darauf Bezug mich kurz zu fassen, es geht um das Verfassungs- genommen, von der Koalition einen Änderungsan- gerichtshofsgesetz und wir haben schon gekürzte trag eingereicht, der einen Kompromiss darstellt. Redezeit. Wir hätten uns als SPD durchaus vorstellen kön- Es gibt in dem Gesetzentwurf eine notwendige Än- nen, einer sanften Erhöhung der Altersgrenze der derung: die Anpassung an EU-Vorschriften hin- Richter am Verfassungsgerichtshof zuzustimmen, sichtlich der Personen, die für die Übernahme der aber ich denke, das ist nicht so eine elementare Prozessvertretung beim Verfassungsgerichtshof in- Frage, dass man deswegen die anderen wichtigen frage kommen. Auch die Einführung einer Verzöge- und guten Änderungen in dem Gesetz kleinreden rungsbeschwerde sieht DIE LINKE als notwendig müsste. Wir haben uns dann erst mal auf eine und sinnvoll, weil auch bei diesem Gerichtszweig Streichung in der geplanten Neuregelung geeinigt. für Betroffene der Zeitfaktor über dem faktischen Uns war andererseits wichtig, die sogenannte Ver- 14948 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Berninger) Behalt oder Verlust einer Rechtsposition entschei- (Zwischenruf Abg. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE den kann und es daher auch hier den Schutz ge- GRÜNEN: Niemals, niemals!) genüber langen Verfahren braucht, den auch ande- Dazu passt dann auch meines Erachtens, dass sich re Verfassungsgerichte als notwendig ansehen, die Koalitionsmehrheit im Ausschuss mit ihrem Vor- wenn auch das Verfassungsgericht Brandenburg, schlag auf eine siebenjährige Amtszeit - bisher wa- Herr Scherer, mit wenig überzeugenden Argumen- ren es fünf Jahre - mit einer einmaligen Wieder- ten, meine ich allerdings, hier anders argumentiert. wahlmöglichkeit durchsetzte, so dass nun die Län- Sicherlich unstreitig, nicht nur nach Auffassung der ge der Amtszeit bei insgesamt 14 Jahren gedeckelt Anzuhörenden, auch nach unserer Auffassung, ist, ist. Bisher war die Wiederwahl unbegrenzt zulässig. dass der gesetzliche Lückenschluss bei der Dienst- Es bleibt nach unserer Ansicht daher stark zu hof- unfallversorgung der Verfassungsrichterinnen und fen, dass diese Neuregelung die auch bei einem Verfassungsrichter sehr sinnvoll ist. Mehr noch, mit Verfassungsgericht notwendige Personalerneue- Blick auf die Fürsorgepflicht der öffentlichen Hand rung weiter gewährleisten kann. ist unseres Erachtens dieser Lückenschluss gebo- ten. Mit Blick auf die aktiven Berufsrichterinnen und Zum Abschluss möchte ich noch anmerken: Die Berufsrichter, die zusätzlich ein Amt beim Verfas- Fraktion DIE LINKE lehnt die Möglichkeit der Kam- sungsgerichtshof innehaben, ist dann in der Praxis merentscheidung in einer kleineren Besetzung nicht bei solchen Vorkommnissen für eine klare Zuord- ab, soweit sichergestellt ist, dass auch in der Kam- nung zu der einen bzw. der anderen Tätigkeit zu mer ordentliche Mitglieder aus der Gruppe der Be- sorgen. Die Zusammenstellung der Änderungs- rufsrichterinnen und Berufsrichter vertreten sind. punkte wirkt auf uns bis auf die beiden schon ge- Aber für uns stellt sich doch die Frage, ob ange- nannten Punkte eher beliebig, da die Notwendigkeit sichts der Überschaubarkeit der Thüringer Verhält- und Sinnhaftigkeit nicht aller Änderungen, die vor- nisse auch beim Verfassungsgerichtshof diese geschlagen wurden, sich zwingend erschließen. neue, verkleinerte Eilentscheidungsvariante tat- Die Fraktion hat sich daher im Ausschuss enthalten sächlich gebraucht wird. Wir werden es mit der Er- und wir werden das auch hier in der Schlussabstim- fahrung sehen. Sie werden Ihre Mehrheit nutzen, mung tun. Inhaltlich klar abzulehnen als Einzelän- das Gesetz jetzt so abzustimmen. Vielen Dank für derung ist die Anhebung der sogenannten Ihre Aufmerksamkeit. Missbrauchsgebühr für angeblich offensichtlich un- (Beifall DIE LINKE) begründete Klagen. Hier wird nach unserer Ansicht eine unnötige finanzielle Hürde auf dem Rechtsweg aufgestellt. Wir meinen, es ist in einem sozialen Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Rechtsstaat gutes Recht, wenn Menschen den voll- Vielen Dank, Frau Berninger. Als Nächster hat jetzt ständigen Rechtsweg zur Durchsetzung ihrer Rech- der Abgeordnete Carsten Meyer für die Fraktion te nutzen. Die Einführung von Missbrauchsgebüh- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. ren verletzt nach unserer Ansicht diese Rechtsweg- garantie. Für wirklich offensichtlich unbegründete Abgeordneter Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Verfahren gibt es die Möglichkeit einer schnellen NEN: Bearbeitung, denn die Falllösung ist schnell ersicht- lich, sonst könnte man nicht von „offensichtlich un- Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich werde auch bei begründet“ sprechen. Dann braucht man aber für diesem Tagesordnungspunkt meinem Grundsatz die Sicherung der Verfahrenseffektivität keine treu bleiben, wenn möglich keine Doppelungen in Missbrauchsgebühr. Verfahren, die zu ihrer Bewer- Wortmeldungen zu machen. Dementsprechend tung eine etwas intensivere Bearbeitung benötigen, wird meine sehr kurz werden, denn Sie haben zu können dann auch nicht „offensichtlich unbegrün- Recht alle wesentlichen Inhalte genannt. Ich denke, det“ sein. In einem solchen Fall darf eine solche es ist guter Brauch und auch vernünftig und es wä- Gebühr dann ohnehin nicht verhängt werden. re auch ein schlechtes Zeichen, wenn wir bei dem Thema des Verfassungsgerichtshofsgesetzes Bei der Ausgestaltung der Amtszeit der Richterin- große Uneinigkeit in diesem Raum hätten, dann nen und Richter konnte schon der Eindruck entste- hätten wir in unserer Verfassung irgendein Pro- hen, dass sich hinter dem Argument mancher Ver- blem. Das haben wir aber nicht. treterinnen der Koalition, man müsse mit der Aus- gestaltung der Amtszeit auch die Kontinuität der Er- Nun gibt es zwei Grundsätze, warum man hier vorn fahrung und Rechtsprechung sichern, die leise Be- redet. Heute Morgen haben wir einen erlebt: Sym- fürchtung verbirgt, dass andere Mehrheiten im bolik. Landtag irgendwann auch andere qualifizierte Be- (Heiterkeit DIE LINKE) werberinnen und Bewerber für den Verfassungsge- richtshof wählen könnten, als das die jetzigen Dann gibt es einen zweiten, der heißt Effizienz. Die- Mehrheiten getan haben. ses Gesetz hier lebt von seiner Effizienz und wenn wir uns heute auch nur der Stimme enthalten bei diesem Gesetz, bei dem man 90 Prozent zustim- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14949

(Abg. Meyer) men kann, dann hat das etwas mit Symbolik zu tun, Wissenschaftler gut geeignet ist, das Thüringer in diesem konkreten Fall mit dem Thema der Alters- Verfassungsgerichtshofsgesetz zu modernisieren grenze. Wer an diesem Punkt nicht auch sagt, dass und das verfassungsgerichtliche Verfahren in Thü- an diesem harmlosen einfachen Beispiel die Reali- ringen effektiver auszugestalten. Im Ergebnis der täten der Gesellschaft abgebildet werden könnten - Stellungnahmen wurde ein Änderungsantrag der niemand. Niemand würde heute behaupten, dass Fraktionen SPD und CDU durch den Justiz- und es nicht möglich ist, in bestimmten Berufsgruppen Verfassungsausschuss beschlossen. Auf diesen mit 70 Jahren noch zu arbeiten; das tun Menschen möchte ich auch meine Ausführungen beschrän- sogar mit 80 Jahren. Das hat nichts mit der Proble- ken. Dabei handelt es sich erstens um eine Klar- matik zu tun, dass es viele Menschen gibt, die mit stellung, dass die Wahl eines weiteren Mitglieds 63 bereits in Rente gehen wollen und auch können des Verfassungsgerichtshofs zum Präsidenten kei- sollen, aber die Flexibilisierungsproblematik, die ne Wiederwahl ist und dass die Amtszeit der Mit- steht an. Die symbolische Vermutung, dass die Fra- glieder des Verfassungsgerichtshofs höchstens 14 ge der Altersgrenze genauso wie die Verlängerung Jahre beträgt, zweitens eine Nivellierung der im der Amtszeit der Richter nicht ganz uneigennützig Gesetz vorgesehenen Unterschiede bei der Nach- passiert sein könnte - so etwas hat man in anderen wahl im Fall des Endes der regulären Amtszeit und Landtagen schon erlebt -, ist auch nicht von der bei der Nachwahl im Fall des vorzeitigen Ausschei- Hand zu weisen. Aus diesem symbolischen Grund dens eines Mitglieds und drittens die Streichung der wird es von uns eine Enthaltung geben, sonst hät- durch den Regierungsentwurf vorgesehenen Erhö- ten wir zugestimmt. Schöne Grüße an das Verfas- hung der bisherigen Altersgrenze auf 70 Jahre. sungsgericht. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) neten, jetzt ist es tatsächlich so weit, kurz vor dem Ende der Legislatur - ich habe schon das eine oder Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: andere Mal auch der Auffassung der Grünen zuge- stimmt, aber heute stimme ich auch der Auffassung Vielen herzlichen Dank, Herr Meyer. Es liegen jetzt der FDP zu. Die geplante Streichung keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten vor. Für die Landesregierung hat (Beifall Abg. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sich Herr Minister Poppenhäger zu Wort gemeldet. NEN) der Anhebung der gesetzlichen Altersgrenze auf Dr. Poppenhäger, Justizminister: 70 Jahre bedaure ich, eine älter werdende Gesell- schaft sowie die vorgesehene Begrenzung der Frau Präsidentin, Herr Präsident des Verfassungs- Amtszeit auf eine Wiederwahl, also maximal gerichtshofs, meine sehr verehrten Damen und 14 Jahre, hätten nach meinem Dafürhalten gut für Herren Abgeordneten, ich freue mich, dass wir heu- eine Erhöhung der Altersgrenze gesprochen. Ich te in der Tat noch ein wichtiges Gesetz auf der Ta- gehe davon aus, dass wir in der nächsten Legisla- gesordnung stehen haben, und will mich bedanken, turperiode noch einmal über das Thema sprechen dass dies noch möglich gewesen ist. Wir wollen mit werden. Die beiden anderen vorgesehenen Ände- dem vorliegenden Änderungsgesetz das Thüringer rungen begrüße ich ausdrücklich. Die Regelung ei- Verfassungsgerichtshofsgesetz modernisieren und nes einheitlichen Verfahrens für die Wahl von das verfassungsgerichtliche Verfahren in Thüringen Nachfolgern beim Ablauf der Amtszeit sowie bei Er- effektiver ausgestalten. Wir haben verschiedene reichen der Altersgrenze verbessert die Funktions- notwendige Änderungen, insbesondere aufgrund fähigkeit des Verfassungsgerichtshofs, weil die europarechtlicher Vorgaben, die ich Ihnen im Detail Wahl eines Nachfolgers künftig auch drei Monate bereits in meiner Einbringungsrede im März im Ple- vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze durch num vorgestellt hatte, zum Anlass genommen, in- ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofs erfolgen haltliche und auch, das stimmt, redaktionelle Ände- kann. So wird zukünftig auf sehr effektive Art und rungen des Thüringer Verfassungsgerichtshofsge- Weise erreicht, dass der Verfassungsgerichtshof je- setzes vorzuschlagen, die im Wesentlichen auf An- derzeit ordnungsgemäß besetzt ist. regungen und Vorschläge des Verfassungsge- richtshofs selbst zurückgehen. (Beifall SPD) Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- Die Klarstellung, dass die Amtszeit der Mitglieder neten, im Justiz- und Verfassungsausschuss haben des Verfassungsgerichtshofs maximal 14 Jahre be- wir über das Gesetz in drei Sitzungen konstruktiv trägt, entspricht dem, was die Landesregierung mit beraten und ein schriftliches Anhörungsverfahren dem Gesetzentwurf beabsichtigt, eine Begrenzung durchgeführt. Die Anhörungen haben ergeben, der Amtszeit mit der Intention, die Unabhängigkeit dass der Gesetzentwurf sowohl aus Sicht der Prak- der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs zu stär- tiker - befragt wurden der Thüringer Verfassungs- ken. Und, Frau Abgeordnete Berninger, dass neue gerichtshof und weitere Verfassungsgerichtshöfe Mehrheiten auch neue Mehrheiten für die Wahl des anderer Länder - als auch aus Sicht der angehörten Verfassungsgerichtshofs bedeuten würden, ist so 14950 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Minister Dr. Poppenhäger) ausgemacht nicht. Ich erinnere daran, dass Verfas- neten Unterbringung und ähn- sungsrichter in diesem Hohen Haus mit der Mehr- licher Unterbringungsmaßnah- heit von zwei Dritteln aller Mitglieder gewählt wer- men den. Auch das bürgt für eine bestimmte Qualität Gesetzentwurf der Landesregie- des Verfassungsgerichtshofs. rung - Drucksache 5/7580 - Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- dazu: Beschlussempfehlung des neten, ich freue mich, wenn Sie dieses so wichtige Ausschusses für Soziales, Gesetz kurz vor dem Ende der Legislaturperiode Familie und Gesundheit heute noch beschließen. Es stärkt das Thüringer - Drucksache 5/8032 - Verfassungsgericht und es verbessert den effekti- dazu: Änderungsantrag der Frak- ven Rechtsschutz für die Bürgerinnen und Bürger tionen der CDU und der unseres Landes. Vielen Dank. SPD (Beifall SPD) - Drucksache 5/8040 - ZWEITE BERATUNG Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Eckardt Vielen Dank, Herr Minister Dr. Poppenhäger. Es lie- aus dem Ausschuss für Soziales, Familie und Ge- gen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sundheit zur Berichterstattung. kommen wir zur Abstimmung, und zwar zuerst über die Beschlussempfehlung des Justiz- und Verfas- Abgeordneter Eckardt, SPD: sungsausschusses in der Drucksache 5/7975. Wer dieser zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Frak- das Thüringer Gesetz zur Neuregelung der als tionen CDU und SPD. Gibt es Gegenstimmen? Das Maßregel angeordneten Unterbringung und ähnli- ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Es cher Unterbringungsmaßnahmen - kurz Maßregel- enthalten sich die Abgeordneten der Fraktionen vollzugsgesetz - wurde am 2. April dieses Jahres DIE LINKE, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. durch die Landesregierung in das Parlament einge- Damit ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich an- bracht und in der Plenarsitzung am 10. April in ers- genommen. ter Beratung gelesen. Es erfolgte die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Ge- Wir stimmen zum Zweiten über den Gesetzentwurf sundheit als federführenden Ausschuss sowie den der Landesregierung in der Drucksache 5/7454 in Justizausschuss zur Mitberatung. In einer Sonder- zweiter Beratung unter Berücksichtigung des Er- sitzung des Sozialausschusses am 11. April wur- gebnisses der Abstimmung der Beschlussempfeh- den eine mündliche und schriftliche Anhörung so- lung in der Drucksache 5/7975 ab. Wer diesem zu- wie die Liste der Anzuhörenden beschlossen. Die stimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Hand- mündliche Anhörung fand in der Sitzung des Aus- zeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen CDU schusses für Soziales, Familie und Gesundheit am und SPD. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der 15. Mai statt. In der Anhörung kamen unter ande- Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Es enthalten sich rem Vertreter der drei Maßregelvollzugseinrich- die Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE, tungen, Vertreter von Angehörigen im Maßregel- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. Damit ist vollzug, Gewerkschaftsvertreter und Experten für dieser Gesetzentwurf mehrheitlich angenommen. Verfassungsrecht zu Wort. In der Anhörung wurden Wir kommen nunmehr zur Schlussabstimmung. Da- vor allem die Gesetzespassagen zur Beleihung der für bitte ich Sie, sich von den Plätzen zu erheben. Chefärzte, zu den Interventionsbeauftragten und Wenn Sie dafür stimmen möchten, bitte jetzt. Das zum Besuchsrecht diskutiert. sind die Abgeordneten der Fraktionen SPD und Der Thüringer Datenschutzbeauftragte Dr. Lutz CDU. Vielen herzlichen Dank. Gibt es Gegenstim- Hasse gab eine schriftliche Stellungnahme zum men? Das ist nicht der Fall. Wer sich enthalten Gesetzentwurf ab. Die Anhörung wurde im Aus- möchte zu diesem Gesetzentwurf, den bitte ich schuss für Soziales, Familie und Gesundheit aus- jetzt, sich von den Plätzen zu erheben. Das sind die führlich ausgewertet. Auch wurde der Verfassungs- Abgeordneten der Fraktionen FDP, BÜNDNIS rechtler Prof. Dr. Würtenberger, durch den das Gut- 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Vielen herzlichen achten zu den Schlussfolgerungen für Thüringen Dank. Damit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich be- aus dem Urteil zum hessischen Maßregelvollzug schlossen und ich schließe diesen Tagesordnungs- verfasst worden war, in der Sitzung am 12. Juni an- punkt. gehört, da er an der Sitzung im Mai, zur regulären Ich rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 6 mündlichen Anhörung, nicht hat teilnehmen kön- nen. Im Anschluss wurden auf Bitten des Abgeord- neten Christian Gumprecht durch die Landtagsver- Thüringer Gesetz zur Neurege- waltung einzelne Punkte des Gesetzentwurfs er- lung der als Maßregel angeord- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14951

(Abg. Eckardt) neut überprüft und in einer Ausschuss-Sitzung am terventionsbeauftragten vor, der bei freiheitsentzie- 27. Juni erörtert und beraten. Durch die CDU und henden Maßnahmen entscheiden soll. In der Anhö- die SPD wurde in der Ausschuss-Sitzung am rung und in einzelnen Gesprächen wurde die eben 10. Juli ein Änderungsantrag zum Gesetzentwurf genannte Lösung angezweifelt. der Landesregierung eingebracht, welcher mit Meine Damen und Herren, die Frage ist: Worauf Mehrheit beschlossen wurde. soll sich nun ein Abgeordneter verlassen, der we- Der Ausschuss empfiehlt die Annahme des Ge- der Verfassungsrechtler noch Facharzt für forensi- setzes und ich darf auch Sie bitten, dann dem Ge- sche Psychiatrie ist? Der eine Jurist sagt, die Rege- setz zuzustimmen. Ich danke Ihnen. lung ist verfassungswidrig, ein anderer meint, die ist selbstverständlich verfassungsgemäß. Aus diesem Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Grunde habe ich mit Schreiben vom 5. Juni die Landtagsverwaltung gebeten, nochmals die Verfas- Vielen herzlichen Dank, Herr Eckardt, für die Be- sungsmäßigkeit des Interventionsbeauftragten zu richterstattung. prüfen. Das Ergebnis wurde mir und dem ganzen Es ist extrem laut hier im Saal und es wäre höflich, Sozialausschuss in der 62. Sitzung mit einem kla- immer den Rednerinnen oder Rednern die gebüh- ren Ja vorgetragen. Ich hatte eben die Frage rende Aufmerksamkeit zu schenken und Gesprä- gestellt: Worauf soll sich ein Abgeordneter nun ver- che, die nichts mit dem Plenum zu tun haben, nicht lassen? Ihm bleibt also nur die Entscheidung, sich im Plenarsaal zu führen. erstens seines gesunden Menschenverstandes zu bedienen und zweitens nach umfangreicher fachli- (Beifall CDU, SPD) cher Beratung zu prüfen, wem vertraue ich. Ich ha- Ich eröffne jetzt die Aussprache. Es liegen Wort- be für mich diese Entscheidung getroffen und emp- meldungen aus allen Fraktionen vor. Als Erster hat fehle Ihnen daher, das Gesetz mit den vorliegenden das Wort für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Änderungen und der heute noch eingebrachten Än- Christian Gumprecht. derung anzunehmen. Meine Damen und Herren, die von uns eingebrach- Abgeordneter Gumprecht, CDU: ten Änderungen haben verschiedene Ausgangs- punkte. Da sind zunächst drei Änderungen, die wir Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und selbst als Koalitionspartner eingebracht haben. Die Herren, der Maßregelvollzug in Thüringen wurde erste Änderung stellt klar, dass zur Entscheidungs- 2002 in private Trägerschaft überführt. Die Gründe befugnis auch die Verantwortung gehört. Das ist mit waren vielschichtig. Sie waren, und darauf möchte der Ergänzung in § 5 Abs. 3 geschehen. Das heißt, ich nochmals hinweisen, nicht wirtschaftlicher Art. für die Entscheidung, die letztendlich der Chefarzt Konkret ging es erstens um eine Verbesserung der trifft, kann nur er verantwortlich sein, die der Inter- baulichen Bedingungen, die wahrlich nicht zufrie- ventionsbeauftragte dann trifft, nur er. Dies haben denstellend waren. Es ging zweitens um eine bes- wir damit klargestellt. sere Personalgewinnung und eine Verbesserung für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen und drittens Die zweite Änderung betrifft die Evaluierung des ging es um Synergieeffekte, die durch die Verbin- Gesetzes. Wir haben da zuerst gedacht: nach drei dung von forensischer und allgemeiner Psychiatrie Jahren. Heute schlagen wir Ihnen vor, dieses vor- entstehen. Diese Ziele, meine Damen und Herren, zuziehen auf zwei Jahre. Deshalb der Änderungs- wurden zweifelsohne erreicht. antrag. Anlass nun für das vorliegende Gesetz ist ein Urteil Die dritte Änderung betrifft die Personalbesetzung des Bundesverfassungsgerichts zum Maßregelvoll- in § 32. Meine Damen und Herren, mit den Neu- zug in Hessen - Hessen, nicht Thüringen. Dennoch baumaßnahmen im Maßregelvollzug wurde zwei- hat die Landesregierung gehandelt und den Ge- felsohne eine Qualitätsverbesserung erreicht. Die setzentwurf vorgelegt. Sie will damit die Anforde- Patienten werden nun in wesentlich kleineren Sta- rungen des Urteils vom 12. Januar 2012 berück- tionen, hier in Thüringen maximal 16 Patienten, un- sichtigen. Die Grundüberlegungen wurden in einem tergebracht. In Deutschland sind die Stationen we- Gutachten von Prof. Würtenberger angestellt. Im sentlich größer, 24 Patienten. Zusätzlich wurde die Wesentlichen geht es erstens um die Sicherung der Personalausstattung erhöht, mit der Konsequenz, parlamentarischen Mitwirkung und zweitens um dass es einerseits zu einem Anstieg im Pflegesatz den sogenannten Beamtenvorbehalt nach Arti- kam, aber auch mit der positiven Folge, dass sich kel 33 Abs. 4 des Grundgesetzes, der besagt, dass die Verweildauer der Patienten in Thüringen ver- alle Eingriffe in Grundrechte, die seitens des Staa- bessert hat und inzwischen ca. ein halbes Jahr un- tes erfolgen, nur von Beamten ausgeführt werden ter dem Bundesdurchschnitt liegt, was man berück- dürfen. Das heißt, Beamte, Gerichte oder Polizei sichtigen muss. müssen in diesen Fällen entscheiden. Das vorlie- Meine Damen und Herren, darum wurde auch sei- gende Gesetz schlägt hierfür den sogenannten In- tens der Betreiber in der Anhörung, aber auch in 14952 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Gumprecht) mehreren Gesprächen mit Abgeordneten - konkret Dieses Gesetz ist so unglaublich schlecht, dass wir meines Abgeordnetenkollegen Wolfgang Fiedler - als diejenigen, die sagen, wir geben durchaus in die Bitte an uns gerichtet, die Psychiatriepersonal- den Ausschüssen und auch wenn es um Ände- bemessung Forensik in den Gesetzestext aufzu- rungsanträge geht, viel bei, aber an dieser Stelle ist nehmen. Wir haben dies nicht direkt in den Text die Grenze auch erreicht. schreiben können, denn die sogenannte PV Foren- Herr Gumprecht, so sehr Sie dafür werben, diesem sik ist kein offizielles Dokument, sondern eine Auf- Gesetz zuzustimmen, so sehr weiß ich, dass Sie im listung der gewünschten Bemessung durch Chef- Tiefsten Ihres Herzens damit nicht zufrieden sein ärzte im Maßregelvollzug, die zwar in verschiede- können. Ich werde begründen, warum meine Frak- nen Vereinbarungen auftaucht, aber nie durch eine tion diesen Gesetzentwurf ablehnen wird. gegenseitige Unterschrift ein offizielles Dokument geworden ist. Darum haben wir eine Ergänzung in Wir haben einen Gesetzentwurf vor uns liegen, der den Text eingebracht mit dem Wortlaut - und ich in einer unglaublichen Geschwindigkeit durch das darf ihn zitieren: „Nach Vereinbarung kann eine an- parlamentarische Verfahren gepeitscht wurde. Herr dere Personalbemessungsgrundlage in den Ein- Eckardt hat vorhin davon gesprochen, dass am richtungen gewählt werden.“ Die derzeitige Perso- 2. April 2014 das Gesetz vorlag. Es gab eine aus- nalbemessung lehnt sich natürlich an der PV Fo- führliche Anhörung, in der nicht nur die drei betrof- rensik an, die auch in vielen Bereichen beibehalten fenen Kliniken ihre Unzufriedenheit äußerten, son- werden soll. Wir wollen keine Standarderhöhung, dern so ziemlich alle, die an der Anhörung teilge- wenn dies nicht geboten ist. Wir wollen aber auch nommen haben. Es war, um es kurz zu sagen, de- nicht, dass es zu einer Verschlechterung kommt, saströs. Wir haben nach der Anhörung der Landes- die dann zu einer höheren Abbrecherquote führen regierung, dem Sozialministerium nahegelegt, den würde. Wir wollen, dass zwischen Land und dem Gesetzentwurf zurückzuziehen. Sie wollten unbe- Betreiber Finanzierungsvereinbarungen geschlos- dingt daran weiterarbeiten. Ich finde, offen gestan- sen werden, die sich am Patienten orientieren. den, auch nicht, dass der Änderungsantrag von SPD und CDU das Gesetz besser macht, er ver- (Beifall CDU, SPD) schlimmbessert das Ganze nur. Meine Damen und Herren, zahlreiche weitere Än- (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Sie haben gar derungen, auf die ich jetzt nicht noch mal eingehen keinen.) werde, sind durch die Einwendungen des Petitions- ausschusses entstanden. Wir haben sie im We- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sentlichen berücksichtigt. Darin geht es um rechts- Es gab, meine sehr geehrten Damen und Herren, konforme Regelungen zum Therapieabbruch und mehrere Ausschussberatungstermine. Es gab eine zur Behebung von Missständen bei Besuchsrege- extra Anhörung mit dem Verfassungsrechtler lungen. Prof. Würtenberger. Es gab ein juristisches Gutach- Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, dieses Ge- ten der Landtagsverwaltung, vom Datenschutzbe- setz zu unterstützen, und bitte um Annahme. Vielen auftragten eine Einlassung und selbst der Vorsit- Dank. zende der Strafvollzugskommission hat sich bemü- ßigt gefühlt, sich zu äußern und Bedenken beizuge- (Beifall CDU, SPD) ben. Allein ich sage Ihnen, es wurde nicht besser und deswegen ist dieses Gesetz etwas, mit dem wir Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: nicht einverstanden sind. Herr Gumprecht, Sie sa- Vielen herzlichen Dank, Herr Gumprecht. Als Näch- gen: Worauf vertraue ich? Ich vertraue darauf, dass ste hat jetzt die Abgeordnete Anja Siegesmund für durch diese Expertise, die wir als Abgeordnete be- die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. kommen haben, ganz klar ist, dass der Maßregel- vollzug keinen guten Weg gehen wird mit dem Ge- setz, was Sie heute hier beschließen werden. Wir Abgeordnete Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE haben nach der Anhörung empfohlen, den Gesetz- GRÜNEN: entwurf zurückzuziehen, das wäre das Richtige ge- Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und wesen, um wirklich umfassend darüber zu diskutie- Herren! ren, wie Therapie und Unterbringung psychisch kranker Menschen künftig aussehen sollen, weil (Beifall Abg. Hey, SPD) das derzeitige und auch das kommende Verfahren Danke, Herr Hey, für den frenetischen Jubel. Der nicht den Herausforderungen entspricht, vor die wird aber gleich nicht von Ihnen fortgesetzt werden, uns dieses sensible Thema „Unterbringung im weil ich Ihnen sagen muss, konstruktive Opposition Maßregelvollzug“ stellt, hat ihre Grenzen. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Ja, ja, ja.) besonders, wenn man den Aspekt der Privatisie- rung berücksichtigt. Herr Gumprecht, Sie haben Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14953

(Abg. Siegesmund) vorhin gesagt, was das Ziel 2002 war. Ich glaube, gen? Immer noch viele Fragen, die offen sind. Es es gibt nicht nur eine Fraktion, nämlich unsere, son- bestehen aus unserer Sicht viele Unklarheiten. In dern auch andere, die der festen Überzeugung der Stellungnahme hat Dr. Kammeier - wir haben sind, die Privatisierung 2002 war ein Fehler, und mit ihm auch zu Ihrem Änderungsantrag telefoniert, sobald es geht, muss man das Ganze im Rahmen der hält seine Bedenken auch danach aufrecht, er der entsprechenden Verträge rückgängig machen. ist einfach ausgewiesener Experte -, ich wiederhole es noch mal, grobe Bedenken, dass Thüringen hier Grundsätzlich sehen wir Grüne im Bereich der Stär- gegen Bundesrecht, genauer gesagt, gegen kung von Beteiligungsrechten und in der Transpa- § 61 StGB verstößt. Das heißt, Sie gehen hier auf renz von Erarbeitungsprozessen für Thüringen ganz dünnes Eis mit dem Gesetzentwurf; ich kann deutlichen Nachholbedarf. Wir werden auch nicht Ihnen davon nur abraten. Wir sagen, dass das Mo- müde, dafür einzutreten. Aber ich muss Ihnen sa- dell des Interventionsbeauftragten falsch und unan- gen, wenn Sie wirklich eine ernst gemeinte Reform gemessen ist, dass sich Thüringen hier auf dem hätten machen wollen, wären Sie es schlicht und Holzweg befindet. ergreifend anders angegangen. Es ist bedauerlich, dass das nicht passiert ist. Zum Schluss drei Punkte: Es braucht verlässliche und klare Rahmenbedingungen, damit die Versor- Ich will zum Gesetz selbst kommen. Die Unterbrin- gung der Patientinnen und Patienten gesichert ist. gung im Maßregelvollzug in Thüringen erfolgt in drei forensischen Kliniken, Stadtroda, Mühlhausen und Hildburghausen. Sie haben die Urteile benannt, Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: aufgrund derer es eine Novellierung geben muss. Frau Siegesmund, Sie müssen zum Schluss kom- Das Bundesverfassungsgericht fordert Änderungen men. insbesondere im Bereich Funktionsvorbehalt und beim Demokratisierungsprinzip. Das heißt, bei der Abgeordnete Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE privatrechtlichen Unterbringung muss die Beleihung GRÜNEN: der medizinischen Zwangsbehandlung in Thüringen in Zukunft anders geregelt werden. Dann gab es Sofort. Es braucht die Stärkung der Selbstbestim- das Gutachten von Prof. Dr. Würtenberger, der sich mungsrechte und es braucht eine differenzierte intensiv mit den Besonderheiten des Thüringer Mo- Verhältnismäßigkeitsprüfung. dells auseinandergesetzt hat. Es gab aber darüber hinaus auch noch ein Gutachten von Dr. Kammeier, Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: der an deutlich vielen Stellen und Eckpunkten des Gesetzentwurfs massive verfassungsrechtliche Be- Sie müssen jetzt wirklich zum Schluss kommen. Ih- denken gesehen hat, bis heute sieht, und dem Sie re Redezeit ist zu Ende. schlicht nicht zuhören wollten. Abgeordnete Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE (Beifall Abg. Jung, DIE LINKE) GRÜNEN: An dieser Stelle, Herr Gumprecht, machen Sie Aber all das macht das Gesetz nicht und deswegen doch aus Ihrem Herzen keine Mördergrube. Erwäh- lehnen wir den Gesetzentwurf ab. Danke. nen Sie wenigstens denjenigen, der sich intensiv, nicht nur in Thüringen, sondern in vielen Bundes- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ländern, mit Maßregelvollzug beschäftigt hat und dem Sie nicht mal zuhören wollten, nur weil er auf Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: grünem Ticket in die Anhörung eingeladen war. Das finde ich immer schade, dass die Diskussion Als Nächster hat jetzt der Abgeordnete Dr. Hartung dann so läuft. für die SPD-Fraktion das Wort. Meine sehr geehrten Damen und Herren - gerne am Ende, Herr Gumprecht -, so ziemlich das Einzi- Abgeordneter Dr. Hartung, SPD: ge, was in dem Gesetzentwurf klar ist, ist, dass drei Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Beamte im höheren oder gehobenen Dienst beim grundsätzlich habe ich zu dem Gesetz bei der Ein- Landesverwaltungsamt eingestellt werden sollen. bringung schon einiges gesagt, ich möchte mich Herr Prof. Würtenberger nennt sie Interventionsbe- deswegen zunächst noch einmal kurz auf die drei auftragte, Dr. Kammeier nennt sie Sanktionsbeauf- fachlichen Änderungen, die wir als Koalitionsfrak- tragte und dabei bleibt es auch. Es ist nicht geklärt, tion eingebracht haben, beziehen. Die hat Herr was die eigentlich tun sollen. Wie stellt sich das So- Gumprecht mir dankenswerterweise überlassen. zialministerium die Arbeit dieser Sanktionsbeauf- Das eine ist die Stellung von Patienten oder Insas- tragten also vor? Wie und wann genau sind diese in sen des Maßregelvollzuges, die nicht aus eigenem den jeweiligen Kliniken präsent? Welche Form der Willen, sondern auf Intention der Klinik aus dem Indikation wird zur Informationsgewinnung über den Maßregelvollzug entlassen werden sollen. Hier war Zustand der Patientinnen und Patienten herangezo- es bislang so, dass diese Leute sofort keine Thera- 14954 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Dr. Hartung) pie mehr bekamen, dass sie in eine Abbrecherstati- dung, ohne Körperhöhlendurchsuchung und Ähnli- on verlegt wurden. Diese Abbrecherstation hatte ches, und in dem Moment, in dem die Betreiber schon so einen gewissen Strafhaftcharakter und oder in dem das Personal des Maßregelvollzugs dort sind diese Menschen untergebracht worden. einen Anhalt hat, dass dort jemand unerlaubte Sub- Es war nicht einmal klar, ob die Zeit, die sie dort stanzen oder Ähnliches einschmuggeln möchte, verbracht haben, tatsächlich zum Beispiel auf ihre dann ist die Polizei einzuschalten, die natürlich Haftdauer angerechnet wurde. Da gibt es entspre- dann diese Straftat entsprechend aufklären und chende Fälle und hier gab es eine Rechtsunsicher- verfolgen kann. Ein Besuch darf nicht mehr davon heit und deswegen waren dort neue Regelungen zu abhängig gemacht werden, ob ein Besucher bereit treffen. Die haben wir in zweierlei Hinsicht getrof- ist, ein Drogenscreening, einen Alkoholtest oder et- fen. Das eine: Wir haben ganz klargestellt, dass der was Ähnliches durchzuführen, weil ich es unerträg- Anspruch auf eine medizinische Behandlung erst lich finde, dass Menschen dann eventuell in irgend- dann erlischt, wenn diese Person, die nicht aus ei- einer Weise diskriminiert werden, nur weil sie viel- genem Antrieb die Behandlung abbricht, rechtsgül- leicht anders aussehen, weil sie einem Umfeld an- tig aus dem Maßregelvollzug in die Strafhaft oder in gehören, das nicht das der Angestellten des Maß- die Freiheit entlassen wird. Das heißt, nicht die Kli- regelvollzugs ist. Das einzige Mittel, das einzige nik kann entscheiden, wir entziehen dem jetzt die Sanktionsmittel, das wir übriglassen, ist die Mög- medizinische Behandlung, sondern erst, wenn tat- lichkeit, einer Person, die offenkundig berauscht ist sächlich festgestellt wird, der Maßregelvollzug wird oder die Rauschzeichen zeigt, den Besuch in die- beendet, dann ist es so, dass hier eine medizini- sem Moment zu verwehren. Diese Verwehrung sche Behandlung auch beendet werden kann. muss schriftlich begründet werden, es muss ein Gleichzeitig möchten wir aber auch, dass in diesen Protokoll angefertigt werden, das umgehend dem Fällen des Therapieabbruchs, also wenn es nicht Besucher ausgehändigt werden muss, damit dieser auf den Insassen zurückgeht, dass diese Therapie auch die Möglichkeit hat, sich gegen genau diese beendet wird, vor Verlegung auf diese sogenannte Entscheidung zur Wehr zu setzen. Damit ist aus Abbrecherstation ein externes Gutachten eingeholt unserer Sicht eine Stärkung der Rechte des Besu- wird, und dieses Einholen des Gutachtens soll der chers zu verzeichnen. Ich glaube, das ist eine ganz Interventionsbeauftragte einleiten und er soll dann wichtige Anregung, die vom Petitionsausschuss im Prinzip in diese Entscheidung direkt mit einbezo- bzw. von der Strafvollzugskommission an uns her- gen werden. Damit stärken wir die Position der In- angetragen worden ist. Deswegen ist es auch wich- sassen des Maßregelvollzugs deutlich. Wir schlie- tig, dass wir das aufgegriffen haben. ßen aus, dass Kliniken quasi in eigener Regie Pati- Die dritte Änderung will ich nur kurz erwähnen. Es enten an diese Abbrecherstation übergeben und ih- geht da um einen möglicherweise missverständli- nen die Behandlung ihrer Krankheit vorenthalten chen Satz, der im Prinzip Zwangsmaßnahmen - ich und damit gegebenenfalls einen Zustand herbeifüh- verkürze das jetzt mal - auch dadurch rechtfertigt, ren, der eine nachträgliche Begutachtung dieser dass das Behandlungsziel durch denjenigen, der im Menschen schwieriger macht, weil der Zustand in Maßregelvollzug einsitzt, gefährdet wird. Wir haben der Abbrecherstation in der Regel nicht demselben diesen Satz als missverständlich erachtet und des- Zustand entspricht, der vorher bestanden hat, als wegen aus dem Gesetzestext gestrichen. Auch das sie noch therapiert worden sind. Ich halte das für ei- ist, glaube ich, eine Klarstellung, die an dieser Stel- ne ganz, ganz wichtige Ergänzung und deswegen le notwendig war. haben wir das auch so eingebracht. Ich möchte jetzt noch zwei, drei Sachen zu den all- Die zweite ganz wichtige Ergänzung ist - das hat gemeinen Vorwürfen, auch von Frau Siegesmund Frau Siegesmund angesprochen, worauf auch Herr geäußert, sagen: Ja, Frau Siegesmund, ich wäre Heym uns hingewiesen hat - die Frage, wie ist mit auch mit einer anderen Situation glücklicher, gebe Besuchern im Maßregelvollzug umzugehen. Da ha- ich völlig unumwunden zu. Der entscheidende Feh- ben sich diverse Praktiken eingeschliffen. Das fing ler in diesem ganzen Verfahren ist die Privatisie- damit an, dass Besucher sich teilweise einer qualifi- rung des Maßregelvollzugs. Das ist das Problem, zierten Durchsuchung durch das Klinikpersonal bis an dem alles andere krankt. Gäbe es eine Möglich- hin zur Entkleidung unterziehen mussten. Das geht keit, dass man den Schalter umlegt und das Ganze so überhaupt nicht aus unserer Sicht. Gleichzeitig zurücknimmt, wäre das hundertmal besser als die- sollte bei bestimmten Besuchern ein Besuch davon ses Gesetz, gebe ich Ihnen völlig unumwunden zu. abhängig gemacht werden, ob sie einem Drogen- Wir müssen uns aber mit der Situation auseinan- screening zustimmen, entweder durch einen Urin- dersetzen, dass das im Moment so nicht geht. Ich test oder einen Speicheltest oder etwas Ähnliches. habe das eingangs hier gesagt: Pacta sunt servan- Auch das ist durch einen privaten Träger so nicht da - Verträge müssen eingehalten werden. Das gilt hinnehmbar und deswegen haben wir Veränderun- für uns, das gilt auch für die Betreiber. Deswegen gen herbeigeführt, und zwar Folgendes: Der Besu- brauchen wir ein Maßregelvollzugsgesetz, das im cher kann dann - wie das in jeder dieser Einrich- Prinzip zumindest die Verfassungsmäßigkeit der tungen üblich ist - durchsucht werden, ohne Entklei- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14955

(Abg. Dr. Hartung) Durchführung sicherstellt. Alle Juristen, die wir jetzt zeugung, dass das zumindest den Zeitraum über- noch einbezogen hatten, sei es im Justizministeri- brücken kann bis zur ersten Evaluierung und dann um, sei es von der Landtagsverwaltung, haben uns bis eventuell andere Tatsachen geschaffen werden diese Verfassungsmäßigkeit bestätigt. Ich bin da können und wir den Maßregelvollzug dahin bringen, bei Herrn Gumprecht, ich glaube, da kann man ver- wo er hingehört, nämlich wieder in öffentliche Hand. trauen. Es ist aber nun mal so, wenn man fünf Juri- Vielen Dank. sten fragt, hat man ungefähr sechs Meinungen. Am (Beifall SPD) Ende bleibt Ihnen natürlich der Klageweg. Sie kön- nen gegen das Gesetz, Sie können im Prinzip kla- gen und können das überprüfen. Möglicherweise Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: führt das zu einer gänzlich anderen Sicht auf die Vielen Dank, Herr Dr. Hartung. Als Nächste hat Privatisierung des Maßregelvollzugs, auch das ist jetzt das Wort die Abgeordnete Giesela Sparmberg möglich, das ist eine Konsequenz. Das muss man für die FDP-Fraktion. machen, wenn man meint, dass das alles nicht in Ordnung ist. Abgeordnete Sparmberg, FDP: Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolle- ginnen und Kollegen, mit dem hier vorliegenden Herr Dr. Hartung, gestatten Sie eine Zwischenfrage Gesetzentwurf wurde sich intensiv auseinanderge- des Abgeordneten Kubitzki? setzt. Ich kann festhalten, dass nahezu jede vorge- legte Regelung in der Bewertung durch die Anzuhö- Abgeordneter Dr. Hartung, SPD: renden unterschiedlich betrachtet wurde. Frau Sie- gesmund hat das deutlich dargestellt. Genau das Aber natürlich. muss eben wirklich stutzig machen. Ich möchte aber nur auf zwei Schwerpunkte eingehen. Abgeordneter Kubitzki, DIE LINKE: Grundsätzlich muss erst einmal festgestellt werden, Danke, Kollege Dr. Hartung. Meine Frage geht da- dass Thüringen im Bereich des Maßregelvollzugs hin: Frau Siegesmund hat auf die zwei unterschied- gut aufgestellt ist. Auch wenn wir sonst mit Kosten- lichen Meinungen der Rechtsgutachter in der Anhö- faktoren als FDP immer kritisch umgehen, hier rung hingewiesen. Es geht um den Interventionsbe- lohnt sich jeder investierte Euro. auftragten. Es wurde aufgezeigt, dass es außer der Möglichkeit des Interventionsbeauftragten auch die (Beifall CDU, FDP) Möglichkeit der Beleihung der Chefärzte durch das Im 3. Psychiatriebericht des TMSFG aus dem Jahr Land gegeben hätte. Wie ist Ihre Haltung dazu? 2012 kann man nachlesen, dass Thüringen eine überdurchschnittliche Personalausstattung, bezo- Abgeordneter Dr. Hartung, SPD: gen auf Ärzte/Ärztinnen, Psychologinnen/Psycholo- gen sowie sonstige Therapeutinnen und Therapeu- Ich glaube, die Interventionsbeauftragten - meine ten sowie bei den Pflegekräften der Maßregelvoll- persönliche Meinung - sind die bessere Lösung. zugseinrichtungen im Freistaat, hat. Und, wissen Wir haben aber glücklicherweise da eine Evaluie- Sie was, das ist auch gut so, denn auf derselben rung eingebaut und können eventuell in zwei Jah- Seite steht auch, dass man gerade durch die guten ren zu einer anderen Haltung kommen. Ich bleibe Bedingungen in Thüringen beim Therapieerfolg trotzdem dabei, die Privatisierung des Maßregel- ganz weit vorn ist. Unsere Einrichtungen sind vor- vollzugs war der Fehler und es ist - das möchte ich bildlich sowohl bei den Leistungsmerkmalen, noch mal ganz klar sagen - ein handwerkliches Un- Lockerungen je 100 Fälle sowie bei der Anzahl der ding, bei dieser Privatisierung keinerlei gesetzliche Entweichungen je 100 Fälle. Das heißt konkret, bei Rahmenbedingungen zu schaffen, nicht mal im uns werden erstens die Patienten schneller erfolg- PsychKG irgendeine Anpassung vorzunehmen, kei- reich therapiert und zweitens flüchten sie auch weit nen Paragrafen einzufügen, handwerklich derart weniger aus dem Maßregelvollzug als in anderen unsauber, dass man jetzt im Prinzip den Realitäten Bundesländern. Der Zusammenhang zwischen Per- hinterherläuft und im Moment gar nichts anderes sonalbestand, Therapiemöglichkeiten und Thera- machen kann, als hier zu handeln. pieerfolg ist also evident. Deshalb kann ich nur hof- fen, dass die Personalengpässe, die die Ursache Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: einiger Petitionen der letzten Jahre waren, Ausnah- Herr Hartung. men waren und bleiben. Umso unverständlicher ist die Änderung in § 32 Abgeordneter Dr. Hartung, SPD: „Kosten der Unterbringung“. Hier haben die Prakti- ker im Maßregelvollzug Befürchtungen geäußert, Ich bin gleich fertig. Dass Ihnen das nicht so gefällt, dass es künftig zu massiven Einschnitten kommen kann ich nachvollziehen. Ich bin trotzdem der Über- 14956 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Sparmberg) wird. Ich zitiere, Frau Präsidentin, Sie erlauben: „In entsprechen, und zweitens es sich um eine in der der Funktion als Mitarbeitervertretung“ - hier die Praxis auch umsetzbare Lösung handelt. Auch bei Vertretung des ökumenischen Hainichklinikums in dieser Bewertung liegen die Meinungen weit aus- Mühlhausen - „setzen wir uns im Hinblick auf die einander. Bei der Frage der Rechtmäßigkeit hat Arbeitsbedingungen für unsere Kollegen im MRV das Gutachten der Landesverwaltung unsere Be- ein. Mit Fokus auf § 32 ist aus Sicht der Mitarbeiter- denken zunächst zerstreuen können. Bei der Frage vertretung zu befürchten, dass mit den hier ge- der Praktikabilität sind wir uns jedoch nicht sicher. schaffenen Regelungen Möglichkeiten geschaffen Hier ist es dringend geboten, die Praxistauglichkeit werden, um Einsparungen für das Land als Kosten- abzuwarten und gegebenenfalls bei etwaigen Ein- träger zu generieren. Die Gefahr, den damit in den wänden der Ärzte und Mitarbeiter im Maßregelvoll- letzten Jahren begonnenen positiven Weg des zug nachzusteuern. Insofern werden wir als FDP Maßregelvollzugs in Thüringen in Lähmung, Sta- dem geänderten Gesetzentwurf nicht zustimmen gnation bzw. Rückschritt zu versetzen, würde sich können, da nicht alle unsere Bedenken ausgeräumt in weitreichender und vielfältiger Weise negativ werden können. Wir werden uns aber enthalten. auswirken. Davon betroffen wären insbesondere (Beifall FDP) die Mitarbeiter, die Patienten, aber auch letztlich die Allgemeinheit.“ Dem ist aus unserer Sicht nichts hinzuzufügen, denn man muss sich klarmachen, Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: worüber wir hier reden und über welchen Perso- Vielen herzlichen Dank, Frau Sparmberg. Als nenkreis. Nächster hat jetzt das Wort der Abgeordnete Matt- Man unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei hias Bärwolff für die Fraktion DIE LINKE. Gruppen, zum einen jene, die nach § 63 Strafge- setzbuch in einem psychiatrischen Krankenhaus Abgeordneter Bärwolff, DIE LINKE: untergebracht sind. Diese Unterbringungsform be- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, als ich zieht sich auf schuldunfähige oder vermindert den Kollegen jetzt zugehört habe, da habe ich mich schuldfähige Straftäter, die aufgrund ihrer Erkran- so ein wenig gefragt, ob sie wirklich wissen, worum kung als für die Allgemeinheit gefährlich gelten und es eigentlich geht, denn wir mussten kein neues von denen weitere erhebliche Straftaten wie Ge- Maßregelvollzugsgesetz machen, damit wir die waltdelikte, aber auch Sexualdelikte zu erwarten Drogenkontrollen beim Einlass infrage stellen und sind. Diese Maßregel ist unbefristet, zum anderen neu regeln, wir mussten kein neues Gesetz ma- jene, die nach § 64 Strafgesetzbuch der Unterbrin- chen, um die Therapieabbrüche neu zu regeln, und gung in der Entziehungsanstalt anheim fallen. Dies wir mussten auch kein Gesetz machen, um den bezieht sich auf suchtkranke Straftäter. Diese Maß- Rechtsanspruch auf die Therapie festzulegen. regel ist grundsätzlich auf zwei Jahre befristet, wo- Nein, das ist gar nicht das Thema. Das ist gut, dass bei sich die Aufenthaltsdauer in der Maßregel durch wir darüber gesprochen haben im Sozialausschuss entsprechende Höchstfristberechnungen verschie- und auch im Justizausschuss, aber das Thema ist ben bzw. verlängern kann. eigentlich ein ganz anderes. Das Thema ist näm- Die Personen, die gerichtlich angeordnet nach lich, dass das Bundesverfassungsgericht feststellt, §§ 63 bzw. 64 Strafgesetzbuch unterzubringen dass der Maßregelvollzug nur unter ganz, ganz en- sind, sind grundsätzlich weiterhin dauerhaft gefähr- gen Bedingungen privatisiert werden kann. Darum lich, anders als solche, die für eine Straftat in den geht es heute eigentlich. Es geht um die Frage: Wie JVAs untergebracht sind. Genau deshalb muss der gehen wir mit der Privatisierung des Maßregelvoll- Freistaat angemessene Finanzierungen des Maß- zugs um? Da gibt es drei Punkte, auf die ich gerne regelvollzugs sicherstellen, damit sich ein nachhalti- eingehen möchte. Das ist zum einen der Funktions- ger Behandlungserfolg überhaupt einstellen kann. vorbehalt nach Artikel 33 Grundgesetz. Zum Zwei- Kurzfristige Einsparungen könnten hier langfristig ten geht es aus meiner Sicht um die Frage der Pri- teuer werden für den Freistaat und die Gesellschaft vatisierung an sich und es geht zum Dritten um die im Ganzen. Finanzierung. Artikel 33 Abs. 4 Grundgesetz lautet, Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich: „Die Ein weiterer Aspekt ist die Rechnung der Landesre- Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als gierung, dass sich rund 300.000 € über Selbstbetei- ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öf- ligung der Untergebrachten selbst erwirtschaften fentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öf- lassen. Da bleiben auch wir skeptisch, denn viele fentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis ste- Betroffene leben in sozial schwierigen Verhältnis- hen.“ - also Beamte. Das bekommen wir mit dem sen. heutigen Gesetz nicht so richtig geregelt, denn das Aber die Hauptfrage der bisherigen Diskussion be- Verfassungsgericht sagt, dieser Funktionsvorbehalt zog sich fast in Gänze auf die Frage, ob die Inter- gilt, Grundrechtseingriffe darf nur der Staat vorneh- ventionsbeauftragten das richtige Mittel sind, um men. Das Bundesverfassungsgericht argumentiert erstens dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zu mit der sogenannten durchgehenden Legitimations- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14957

(Abg. Bärwolff) und Kontrollkette. Das bedeutet, dass diese Grund- tes, die will ich Ihnen kurz zitieren, Frau Präsiden- rechtseingriffe - so haben sie es formuliert, ich zitie- tin: „1. Art. 33 Abs. 4 GG gilt auch für die Wahrneh- re - „bis in die Tiefe des ärztlichen, pflegerischen mung hoheitlicher Aufgaben in privatrechtlicher Or- und therapeutischen Handelns“, muss diese Legiti- ganisationsform.“, sprich einem privatisierten Maß- mationskette gewährleistet sein. Meine Kollegin regelvollzug. „2. Abweichungen vom Grundsatz des Stange beispielsweise hatte vor Kurzem einen Brief Funktionsvorbehalts bedürfen der Rechtfertigung an einen Insassen in der Maßregelvollzugseinrich- durch einen spezifischen, dem Sinn der Ausnah- tung in Mühlhausen geschrieben. Gestern gab es memöglichkeit entsprechenden Ausnahmegrund.“ einen Anruf von dem entsprechenden Empfänger Das zielt ab auf die Qualität, die dort im Maßregel- des Briefes und er durfte den Brief öffnen, aber nur vollzug geleistet werden kann. Der dritte Leitsatz im Beisein eines Pflegers, der den Inhalt gleich des Urteils: „Die Übertragung von Aufgaben des kontrolliert hat. Das ist die Tiefe des ärztlichen, pfle- Maßregelvollzuges auf formell privatisierte Träger gerischen und therapeutischen Handelns. Bis dahin kann mit Art. 33 Abs. 4 GG sowie mit dem Demo- geht der Grundrechtseingriff und bis dahin muss al- kratieprinzip und den Grundrechten der Unterge- so auch eine Demokratie- und Legitimationskette brachten vereinbar sein.“ - kann vereinbar sein gewährleistet werden. Das erreichen Sie aber mit beim formell privatisierten Maßregelvollzug. diesem Gesetz nicht. In der Praxis ist es also nicht Unser Maßregelvollzug ist nicht nur formell privati- angekommen. Die Verantwortung für die Grund- siert, er ist vollinhaltlich privatisiert. Sie haben nicht rechtseingriffe wird also de facto auch mit diesem nur 75 Prozent verkauft, Sie haben alles verkauft. Gesetz weiterhin auf den Ärzten und Pflegern und Therapeuten belassen und der Interventionsbeauf- (Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, tragte, den die Frau Ministerin ins Gesetz reinge- Arbeit und Technologie: Wir haben gar nichts schrieben hat, ist aus unserer Sicht nur eine Hilfs- verkauft.) konstruktion, denn der Interventionsbeauftragte Der Freistaat Thüringen, Sie sind die Landesregie- sitzt in Weimar, weit weg von den Maßregelvollzug- rung, Herr Höhn, und allem Anschein nach haben seinrichtungen, und ist nicht an die Praxis ange- Sie das gemacht. Sie machen die Gesetze, nicht schlossen, sondern sitzt in Weimar, weit weg von ich. Also Sie setzen sie um, die Gesetze machen der Praxis. wir hier. (Beifall DIE LINKE) (Zwischenruf Taubert, Ministerin für Soziales, Hinzu kommt, dass im gesamten Gesetz nichts, Familie und Gesundheit: Das war aber nicht überhaupt nichts von Intervention steht, sondern die SPD.) nur, dass der Interventionsbeauftragte dieses und Das heißt also, den Leitsätzen, die das Bundesver- jenes zu genehmigen hat, und wenn er gerade fassungsgericht aufstellt, genügen Sie nach Sicht nicht da ist oder gerade nicht genehmigen kann, der Linken leider nicht. Private kommen also dann dann wird es nachträglich genehmigt oder man nur infrage, wie das Bundesverfassungsgericht muss zum Richter und zum Gericht gehen. Von In- sagt, für solche hoheitlichen Eingriffe, wenn sie die tervention lese ich an dieser Stelle leider nichts. Ein geforderte Qualität besser erbringen können als die Grund, warum die Linke diesem Gesetz nicht zu- öffentliche Hand. Da machen wir ein großes Frage- stimmen kann, denn den Maßstäben, die das Bun- zeichen dahinter, denn bis 2002 hatte die öffentli- desverfassungsgericht in seinem Urteil aufgestellt che Hand genau die Verantwortung für den Maßre- hat, genügt der Interventionsbeauftragte aus unse- gelvollzug und es hat funktioniert. Es ging auch. rer Sicht nicht. Der Leitsatz 147 aus dem Urteil des Bundesverfas- (Beifall DIE LINKE) sungsgerichts, den möchte ich Ihnen auch mittei- Auch die Frage, ob man die Chefärzte in den Maß- len, denn der ist für die Privatisierung ganz, ganz regelvollzugseinrichtungen beleiht, heilt dieses Pro- wichtig. Da sagt nämlich das Bundesverfassungs- blem nicht, denn auch die Chefärzte sind nicht 24 gericht: „Ausnahmen vom Funktionsvorbehalt kön- Stunden am Tag, 7 Tage die Woche in den Einrich- nen danach nicht allein mit dem rein fiskalischen tungen vorhanden. Die Tiefe des pflegerischen, Gesichtspunkt begründet werden, dass eine Aufga- ärztlichen und therapeutischen Handelns, das ist benwahrnehmung durch Nichtbeamte - sei es auch der Maßstab, worauf es aus unserer Sicht an- nur durch Ersparnisse, die der Aufgabenwahrneh- kommt, diese zu garantieren. mung anderweitig zugute kommen ...“ Das heißt al- so, fiskalische Argumente dürfen nicht die Hauptrol- Ich will auf den zweiten Punkt eingehen, die Frage le spielen, aber genau das haben Sie getan. Genau der Privatisierung. An dieser halten Sie fest, Frau das hat bei der Privatisierung eine Rolle gespielt. Taubert, mit dem Gesetzentwurf halten Sie an der Auch heute wird wieder mit den fiskalischen Argu- Privatisierung fest. Das Bundesverfassungsgericht menten argumentiert und das Bundesverfassungs- hat hohe Hürden aufgesetzt, um die Privatisierung gericht hat dazu eindeutig gesagt: Gewinninteres- solcher hoheitlichen Aufgaben zu ermöglichen. Da sen dürfen bei denjenigen, die die Leistung erbrin- gibt es die Leitsätze des Bundesverfassungsgerich- 14958 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Bärwolff) gen, nicht im Fokus stehen. Aber genau das pas- Abgeordneter Bärwolff, DIE LINKE: siert ja, denn die Gewinninteressen sind vorhan- Frau Präsidentin? den, ausweislich der Anhörung im Sozialaus- schuss, das, was die drei Träger dort gesagt ha- ben, ausweislich der Berichte des Landesrech- Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: nungshofs, die genau diese Thematik immer wieder Ja, Sie müssten zum Schluss kommen. Ihre Rede- in den Fokus gestellt haben, ausweislich diverser zeit ist leider um. Zeitungsartikel, ausweislich der Aktionärsversamm- lung der Rhön-Klinikum AG. Das sind aus unserer Abgeordneter Bärwolff, DIE LINKE: Sicht die Argumente, die an dieser Stelle gegen die Privatisierung sprechen. Ja, ich werde zum Schluss kommen, Frau Präsi- dentin. Ein kleiner Tipp von mir als dienstältester (Beifall DIE LINKE) jüngster Abgeordneter hier im Hohen Haus. Ich will zum dritten Argument kommen, nämlich der (Heiterkeit DIE LINKE) Frage der Finanzierung. Auch da ändert sich nichts. Das, was man 2002 als Entscheidungsgrundlage Ich bin also jetzt schon zehn Jahre lang jüngster genommen hatte, ist der pure Neoliberalismus - Pri- Abgeordneter. Erstens, Herr Hartung, ja, dieser vat vor Staat. Man hat gesagt, wir geben das an die Landtag ist ein Kontrollgremium, kein Vertrauens- Träger und die machen das für uns. Ich hatte gera- gremium. Wenn wir den Verträgen einfach so ver- de schon den Leitsatz 147 des Urteils zitiert. Selbst trauen wollen - wenn man akzeptiert, dass fiskalische Einsparun- (Beifall DIE LINKE) gen oder fiskalische Mehrwerte für die öffentliche Hand ein Argument dafür sein könnten, den Maßre- wir müssen hier das Geld beschließen mit dem gelvollzug zu privatisieren, selbst die werden ja Haushalt für Leistungen, für Verträge, die wir nicht nicht eingehalten. Wenn man sich vor Augen führt, kennen. Das ist, glaube ich, ein ganz großes De- 2014 haben wir insgesamt über 30 Mio. € in den mokratieproblem. Maßregelvollzug hineingesteckt. Wenn man sich (Zwischenruf Abg. Gumprecht, CDU: Sie ha- anschaut, wie sich die Kosten entwickelt haben, ben es nur nicht eingesehen.) Frau Taubert, wir sind 1995 bei 6,6 Mio. € gewesen und im Jahr 2014 sind wir schon bei 36,3 Mio. € nach Plan gewesen. Wenn man sich allein die Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Summen mal vor Augen führt, die von 2002, also Sie müssten wirklich zum Schluss kommen. dem Beginn der Privatisierung, bis 2014 gezahlt worden sind, sind es 354 Mio. € und für diese 354 Mio. € hätte ich Ihnen auch drei Kliniken ge- Abgeordneter Bärwolff, DIE LINKE: baut und einen Haufen Personal bezahlt. Das heißt Und Ihnen, Frau Taubert, möchte ich nur sagen: also, auch diese Kostenargumente sind nicht zum Dieses Gesetz bitte besser bleiben lassen. Vielen Tragen gekommen. Dank. Insgesamt muss ich sagen für die Fraktion: Dem (Beifall DIE LINKE) Argument des Funktionsvorbehalts haben Sie nichts entgegenzubringen. An der Privatisierung Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: wird festgehalten und die Finanzierung ist weiterhin ungeklärt. Vielen herzlichen Dank, Herr Bärwolff. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus den Rei- (Unruhe CDU) hen der Abgeordneten vor. Doch, es gibt eine wei- Für uns als Linke ist dieser Gesetzentwurf nicht zu- tere Wortmeldung aus der CDU-Fraktion, und zwar stimmungsfähig. Alle Hürden und alle Forderungen, vom Abgeordneten Fiedler. Sie haben noch zwei- die das Bundesverfassungsgericht aufgestellt hat einhalb Minuten Redezeit. auch hinsichtlich der Privatisierung, werden von Ih- nen nicht erfüllt. Abgeordneter Fiedler, CDU: (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Das fasse Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehr- ich nicht.) ten Damen und Herren, Sie werden sich wundern, Deshalb können wir diesem Gesetz nicht zustim- ich möchte für mich persönlich sprechen. Ich kann men, Frau Taubert. Ein kleiner Tipp von mir noch. diesem Gesetz nicht zustimmen, weil ich nicht da- von überzeugt bin, dass die Beleihung und die In- terventionsbeauftragten in der Praxis funktionieren. Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: (Beifall DIE LINKE) Kommen Sie bitte zum Schluss. Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14959

(Abg. Fiedler) Sie müssen sich einmal vorstellen, es gibt im Land Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Ge- drei bis fünf Interventionsbeauftragte. Diese sollen sundheit: für drei Kliniken, für 300 und soundso viele - Sie ha- Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und ben das Wort Insassen, ich nehme es auf - Insas- Herren Abgeordneten, es ist in der Tat so, dass wir sen rund um die Uhr und feiertags und so weiter tä- eine sehr intensive Diskussion zu diesem Gesetz tig werden. Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich hatten, sowohl im Thüringer Landtag, in den Bera- stehe seit vielen Jahren im Klinikum Stadtroda mit tungen, in der Anhörung, nach der Anhörung als den Trägern und mit den Mitarbeitern in engstem auch natürlich schon davor. Weil es mir persönlich Kontakt. Ich kann nur sagen, so sehr ich Prof. Wür- ein besonderes Bedürfnis war, nicht erst einen Ent- tenberger schätze, aber Würtenberger ist ein Ver- wurf aus dem Kabinett in den Thüringer Landtag zu fassungsrechtler, Kammeier ist ein ausgewiesener bringen, der von all den Diskussionen, die mir not- Mann, der sich wie auf dem Gebiet der Forensik wendig erschienen, freigestellt worden ist, deswe- etc. auskennt. gen haben wir uns beizeiten mit den Kliniken zu (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dieser Thematik beschäftigt, das heißt, wir reden NEN) mittlerweile fast drei Jahre, auch mit den Klinikbe- treibern, über die Notwendigkeit, wie wir mit dem Mir ist es einfach nicht nur unverständlich, dass der uns zur Verfügung stehenden mildesten Mittel ge- vorliegende Gesetzentwurf die originäre Beleihung nau die grundgesetzlichen Fragen regeln. Ich kann des hoheitlichen Handelns an das Personal, bei- verstehen, warum Rednerinnen und Redner aus spielsweise die Chefärzte und ihrer Stellvertreter, unterschiedlichen Gründen hier am Tisch so ge- nicht einmal als eine Option vorsieht. Ich könnte sprochen haben, gleichwohl bleibt: Es ist richtig, noch viele Dinge aufführen, was hier alles ist. Es ist was Herr Fiedler gesagt hat, wir sind im Vertrags- die Quadratur des Kreises, die hier versucht wird. verhältnis, wir können vom Grundsatz sagen, ich Diese Quadratur wird nicht gelingen. Ich will aber will das auch noch einmal wiederholen, dass die eines auch hinzufügen. Ich könnte noch viele Dinge Kliniken im psychiatrischen Bereich, also außerhalb hier anfügen, ich habe sie alle vor mir liegen. Es des Maßregelvollzugs, eine gute Arbeit leisten, geht unter anderem auch darum, dass man mit ei- dass wir auch überlegt haben, Herr Bärwolff, ob wir nem privaten Träger oder mit privaten Trägern Ver- den Maßregelvollzug wieder zurücknehmen sollten. träge über 30 Jahre abgeschlossen hat. Denn, Herr Da gibt es einen entscheidenden Punkt, den wir be- Bärwolff, da haben Sie nicht recht, wir hätten näm- denken müssen, wenn es einmal so weit wäre, lich die entsprechenden Einrichtungen überhaupt dass Verträge änderbar oder auflösbar sind oder zu nicht bauen können, weil wir das Geld nicht gehabt Ende sind. Was passiert dann mit der Möglichkeit hätten. Deswegen ist es im Grundsatz richtig. Wer des variablen Personaleinsatzes zwischen der „nor- sich intensiv damit beschäftigt: Es hat sich bewährt, malen“ Psychiatrie und dem Maßregelvollzug? Und dass Private das Ganze durchsetzen. Denn es hat aus dem Grunde oder aus den Ergebnissen, die wir sich die Quote deutlich verkürzt, dass die Leute al- aus Hessen zur Beurteilung der Frage, wie muss so eher wieder rausgekommen sind, spart Kosten ich Grundrechtseingriffe auch absichern und die, und Geld, was alles nicht berechnet wird. Aber ich die diesen Grundrechtseingriff durchführen müs- will nur eins noch anmerken, weil, meine Zeit läuft sen, wie muss ich auch den absichern, haben wir davon, dieser Gesetzentwurf ist so etwas von un- uns an die Empfehlungen von Herrn Prof. Dr. Wür- ausgegoren, dass ich es mit meinem Gewissen tenberger gehalten. Natürlich ist es richtig - das ha- nicht vereinbaren kann, diesem Gesetzentwurf zu- ben wir im Ausschuss auch besprochen -, es geht zustimmen. Er ist zu schnell über die Runden ge- um die verfassungsrechtlichen Fragen dieses be- bracht worden. Er hat viele Dinge drin, wo also ent- sonderen Grundrechtseingriffs. Es geht nicht dar- sprechend nur noch Befehlsempfänger sind. Ich ha- um, dass viele andere Entscheidungen, die Ärztin- be es angesprochen, mit den Interventionsbeauf- nen und Ärzte im Maßregelvollzug treffen, die tag- tragten, das funktioniert nicht. Ich persönlich kann täglich getroffen werden, unter dieser besonderen dem und werde dem nicht zustimmen. Kontrolle stehen müssen. Deswegen, Herr Fiedler, ich will Ihnen an der Stelle gern widersprechen. Es Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: geht nicht darum, alle Maßnahmen, die da täglich Vielen herzlichen Dank, Herr Fiedler. Es gibt jetzt stattfinden, zu überwachen, sondern es geht nur keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der um bestimmte, grundrechtsrelevante Eingriffe, die Abgeordneten. Für die Landesregierung, möchte wir überwachen müssen. die Ministerin das Wort haben? Ja. Frau Taubert, Wir haben all die Dinge, die heute angeführt wur- Sie haben jetzt die Gelegenheit. den und von denen auch behauptet wurde, wir hät- ten sie nicht diskutiert, natürlich gemeinsam disku- tiert und wir haben manche Fragen auch wieder an- ders entschieden. Wir haben mit den Beleihungs- verträgen jetzt in dem neuen Gesetz stehen - das 14960 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Ministerin Taubert) ist auch völlig unstrittig mit den Kliniken -, dass die ventionsbeauftragten, die beim Landesverwaltungs- Chefärzte und deren Stellvertreter nur im Einver- amt sein sollen, weil da schon Fachkompetenz vor- nehmen mit dem zuständigen Ministerium einges- handen ist, treffen können. tellt werden können. Das heißt, wir haben ein er- Ich werbe trotz alledem für die Zustimmung von al- höhtes Maß an Möglichkeiten zu schauen, ist diese len, weil ich glaube, es ist wichtig, dass das Gesetz Person geeignet, um aus medizinisch-qualitativer, eine lange Zeit Gültigkeit hat. Das war gut geübte therapeutischer Sicht zunächst einmal festzustel- Praxis und deswegen, meine Damen und Herren, len, ob ein Eingriff notwendig ist, und die Form zu bitte ich noch einmal um Zustimmung zu dem Ge- wählen, inwieweit ein Eingriff stattzufinden hat. Das setz. Herzlichen Dank. sollen Ärztinnen und Ärzte auch in Zukunft weiter durchführen dürfen und auch durchführen müssen. (Beifall SPD) Ich will zur Frage des Geldes noch ein Wort sagen, Herr Bärwolff. Sie haben das so schön gesagt, aber Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Ihrer Jugend sei es zugestanden - Vielen Dank, Frau Ministerin Taubert. Es liegen (Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Hin- jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor und somit ter Ihnen.) kommen wir zur Abstimmung, und zwar zunächst über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU ach, er sitzt hinter mir, okay, er kann mich ja auch und der SPD in Drucksache 5/8040. so sehen -, es ist so Pi mal Daumen, Pi mal Dau- men hätte es preiswerter sein können. So können (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Geschäfts- wir es nicht machen, sondern wir müssen es be- ordnungsantrag!) rechnen. Sie kennen meine Aussagen aus früheren Es gibt einen Geschäftsordnungsantrag von Herrn Zeiten. Ich fand das auch außerordentlich teuer, Emde für die CDU-Fraktion. deswegen haben wir im Ministerium - der zuständi- ge Beamte ist auch hier im Raum - natürlich ge- Abgeordneter Emde, CDU: schaut, wie können wir mit den Kliniken in Verhand- lung treten, um diese Kosten für die Zukunft stabil Ich möchte zu dem Gesetzentwurf namentliche Ab- zu halten, die Aufwüchse nicht mehr zu haben und stimmung beantragen. am Ende da trotzdem eine gemeinsame Lösung hinzubekommen. Da haben wir mit einem Teil der Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: Kliniken auch Einverständnis und Einvernehmen er- zielen können, mit anderen nicht. Das ist Verhand- Sie beantragen namentliche Abstimmung, aber lung, das will ich gar nicht beanstanden, sondern zum Gesetzentwurf? das ist einfach die Aufgabe, die wir auch als Minis- terium haben. Abgeordneter Emde, CDU: Dann ist die Frage: Was machen wir? Für uns ist Ja. tatsächlich das Mittel der Interventionsbeauftragten das geeignete Mittel, genau in dem Bereich, wo wir (Beifall DIE LINKE) das wollen, tätig werden zu können; das heißt, dem (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Weil Chefarzt quasi einen an die Hand zu geben, der be- die Opposition gerade die Mehrheit hat.) urteilt, ob dieser Eingriff, dieser Grundrechtseingriff auch grundrechtskonform ist. Etwas anderes darf Vizepräsidentin Rothe-Beinlich: der Interventionsbeauftragte nicht machen. Der kann sich zwar mit dem Arzt unterhalten, kann sa- Gut, vielen herzlichen Dank. Wir stimmen jetzt gen, du, das hat sich nicht bewährt, wir wollen zu- trotzdem erst ab über den Änderungsantrag der künftig etwas anderes machen, das schon, aber er Fraktionen der CDU und SPD in Drucksa- kann die medizinische Frage an der Stelle nicht au- che 5/8040. Wer diesem zustimmen möchte, den ßer Kraft setzen oder die medizinische Entschei- bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die dung des Arztes nicht so außer Kraft setzen, dass Stimmen der Abgeordneten der CDU- und der er jetzt eine andere in Kraft setzen kann, sondern SPD-Fraktion. Gibt es Gegenstimmen? Das sind sie können nur entscheiden, ist das richtig oder war die Stimmen aus den Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE das richtig und muss es auch jetzt oder in Zukunft GRÜNEN und DIE LINKE. Gibt es Stimmenthaltun- anders gemacht werden. gen? Die Fraktion der FDP enthält sich. Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich angenommen. Damit sind wir der Überzeugung, dass wir genau den Knackpunkt, den wir in der jetzigen Gesetzge- Jetzt stimmen wir ab über die Beschlussempfeh- bung haben, nämlich dass wir keine Möglichkeit ha- lung des Ausschusses für Soziales, Familie und ben, diese Entscheidung grundrechtskonform zu Gesundheit in Drucksache 5/8032 unter Berück- treffen, diese Entscheidung jetzt in Zukunft mit dem sichtigung des Ergebnisses der Abstimmung so- Gesetz, mit der Gesetzesänderung, mit den Inter- eben. Wer dieser folgen möchte, den bitte ich jetzt Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14961

(Vizepräsidentin Rothe-Beinlich) um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Frau Abgeordnete Meißner, Sie haben zunächst Fraktionen der CDU und der SPD. Jetzt frage ich das Wort zur Berichterstattung aus dem Justiz- und nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen Verfassungsausschuss. der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Abgeordnete Meißner, CDU: Das sind die Stimmen der FDP-Fraktion. Damit ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenom- Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Da- men. men und Herren Abgeordnetenkollegen, sehr ver- ehrte Gäste! Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Ge- setzentwurf der Landesregierung in der Drucksa- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: che 5/7580 in zweiter Beratung unter Berücksichti- gung des Ergebnisses der Abstimmung zur Be- Frau Meißner, einen kleinen Moment bitte. Offen- schlussempfehlung in Drucksache 5/8032. Hier sichtlich haben noch nicht alle mitbekommen, dass wurde namentliche Abstimmung beantragt. Ich er- der Bericht aus dem Ausschuss gegeben wird. Das öffne hiermit die Abstimmung. wird sich aber sicher gleich ändern. Ich bitte um die nötige Aufmerksamkeit. Sie haben jetzt das Wort. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Abgeordnete Meißner, CDU: Ich gehe davon aus, dass jeder die Möglichkeit hat- te, seine Stimmkarte abzugeben. Damit kann aus- Es ist schön, dass man auch der jüngsten Abgeord- gezählt werden. neten zuhört. Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstim- Der Gesetzentwurf zum Thüringer Gesetz zur Än- mung zum Gesetzentwurf der Landesregierung in derung von Rechtsvorschriften im Bereich der Thü- der Drucksache 5/7580 vor. Es wurden 69 Stimmen ringer Justiz wurde am 21. Mai 2014 erstmals im abgegeben, mit Ja haben 41 gestimmt, mit Nein 24 Landtag beraten und an den Justiz- und Verfas- und es gab 4 Enthaltungen (namentliche Abstim- sungsausschuss überwiesen. Dieser hat den Ge- mung siehe Anlage). Damit ist der Gesetzentwurf setzentwurf nicht öffentlich in seiner 71. Sitzung am angenommen. 11. Juni beraten und dazu ein schriftliches Anhö- rungsverfahren beschlossen. Darüber hinaus wurde Ich bitte, das nun in der Schlussabstimmung zu be- auch beschlossen, diesen Gesetzentwurf im Onli- kunden. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustim- ne-Diskussionsforum des Thüringer Landtags ein- mung gibt, den bitte ich jetzt, sich vom Platz zu er- zustellen, um dann mit Fragen zum Gesetzentwurf heben. Das sind die Mitglieder aus den Fraktionen Stellung nehmen zu können. Leider wurde diese der SPD und der CDU. Vielen Dank. Ich frage jetzt Möglichkeit von keinem Bürger wahrgenommen, so nach den Gegenstimmen. Das sind die Mitglieder dass es keine Einträge und Beiträge über das Onli- aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE ne-Forum gab. Letzte Woche in seiner 73. Sitzung GRÜNEN und der Abgeordnete Fiedler. Ich frage am 9. Juli wurde der Gesetzentwurf im Ausschuss nach den Stimmenthaltungen. Stimmenthaltungen abschließend beraten. Die Beschlussempfehlung kommen aus der Fraktion der FDP. Das Gesetz ist lautet, den Antrag mit folgenden Änderungen anzu- demzufolge auch in der Schlussabstimmung ange- nehmen: 1. Artikel 3 wird gestrichen. 2. Die Artikel 4 nommen worden. bis 9 werden somit zu den Artikeln 3 bis 8. (Beifall SPD) Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und rufe (Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) auf den Tagesordnungspunkt 7

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Thüringer Gesetz zur Ände- rung von Rechtsvorschriften Ich eröffne die Aussprache. Es hat als Erste Frau im Bereich der Thüringer Jus- Abgeordnete Berninger für die Fraktion DIE LINKE tiz das Wort. Gesetzentwurf der Landesregie- rung Abgeordnete Berninger, DIE LINKE: - Drucksache 5/7741 - Vielen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine dazu: Beschlussempfehlung des Damen und Herren, die Linke unterstützt mit Blick Justiz- und Verfassungs- auf die fachliche Qualitätssicherung der gerichtli- ausschusses chen Arbeit in Wirtschaftsstrafsachen die Konzen- - Drucksache 5/7976 - tration der Zuständigkeit für diese Verfahren am ZWEITE BERATUNG Landgericht Mühlhausen für ganz Thüringen. Aller- dings müssen diese gesetzlichen Festlegungen 14962 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Berninger) dann auch mit den entsprechenden personellen Kleider weder Leute machen, das heißt, Roben ein- und logistischen Mitteln abgesichert werden, damit fach Gerechtigkeit machen, bloß weil sie getragen zum Beispiel nicht durch überlange Verfahren der werden. Ein tatsächlich wirksamer sozialer Rechts- Rechtsschutz leidet, meine Damen und Herren. staat, der diesen Namen wirklich verdient, hängt Aus der Stellungnahme des Präsidenten des Land- nicht an der Robenfrage, sondern er hängt ab von gerichts - stimmt etwas nicht mit dem Ton? fachlich-inhaltlichen Entscheidungen, die zu einer langfristig gerechten Lösung der Konflikte zwischen Vizepräsidentin Dr. Klaubert: den Verfahrensparteien führen. Er hängt an zeitna- her wirksamer Rechtsdurchsetzung und an einer Der Ton ist etwas hallend, aber was schlechter ist, verständlichen und in ihren Interessenabwägungen das ist immer noch die ungeheure Geräuschkulisse sinnvollen, das heißt auch sozial ausgewogenen im Saal. Ich stelle nur fest, dass offensichtlich die Rechtsordnung, also nicht am Recht des Stärkeren, Aufmerksamkeit - auf der Ministerbank sind wir jetzt sondern an der Stärke des Rechts, um soziale mal ganz ruhig. Nachteile vor allem mit Blick auf die ungleiche Ver- (Heiterkeit CDU) teilung gesellschaftlicher Macht auszugleichen. Ich bitte doch wirklich, der Rednerin zuzuhören und Meine Fraktion befürwortet auch die Beibehaltung vielleicht ein bisschen mit dem Ton nachzuregeln. der Bearbeitungszuständigkeit der Richterinnen und Richter bei der Erstbewilligung der Prozesskos- tenhilfe. Die Position des Rechtspflegerbundes Abgeordnete Berninger, DIE LINKE: Thüringen, sinngemäß heißt sie, wer letztlich ent- Genau. Vielen Dank, Frau Präsidentin. Der Stel- scheidet, soll den Fall auch prüfen, ist konsequent lungnahme des Präsidenten des Landgerichts und fachlich nachvollziehbar. Dass die Berufsgrup- Mühlhausen in der schriftlichen Anhörung ist sehr pe der Rechtspflegerinnen fachlich auch in der La- deutlich zu entnehmen, dass für Wirtschaftsstrafsa- ge wäre, diese PKH-Fälle zu bearbeiten, das wollen chen mehr als in anderen Verfahrensbereichen in- wir damit nicht infrage stellen, aber die Rechtspfle- haltliche Fachkompetenzen gebraucht werden, die gerinnen und Rechtspfleger müssten dann, wenn in einem normalen rechtswissenschaftlichen Studi- man es ihnen überließe, konsequenterweise auch um nicht vermittelt werden. Deswegen sind nach die Entscheidungsbefugnis und nicht nur die Prü- unserer Ansicht drei Wege zu beschreiten: fungs- und Vorerarbeitungspflicht erhalten. Das hie- ße dann, darauf verweisen die Thüringer Rechts- 1. Klassisch ausgebildete Juristinnen und Juristen pflegerinnen in ihrer Stellungnahme zu Recht, auch sollten als Richterinnen oder Staatsanwältinnen die mehr personeller und logistischer Bedarf und auch notwendigen Nachqualifizierungen bekommen kön- eine bessere Bezahlung meines Erachtens. Die nen, eingeschlossen des dafür notwendigen Zeit- Linksfraktion hat sich im Ausschuss letztlich beim kontingents. Die Personalausstattung und die Ge- Gesetzentwurf enthalten, und zwar aus dem Grund, schäftsverteilung müssen das dann in der Praxis dass von der Koalitionsmehrheit im Ausschuss in berücksichtigen. den Gesetzentwurf die Kostenerleichterungen für 2. sind im Bereich Wirtschaftsstrafsachen auch Notarinnen und Notare hineinformuliert wurden. Quereinsteigerinnen gefragt, also beispielsweise Das können wir in dieser Form so nicht mittragen, Steuerprüferinnen, Steuerfahnderinnen, Menschen da wir meinen, dass diese Berufsgruppe insoweit mit betriebswirtschaftlichen, bilanztechnischen und als finanziell leistungsfähig genug angesehen wer- IT-Kenntnissen. Der Freistaat muss daher auch für den kann. Deshalb werden wir uns jetzt enthalten. eine verstärkte Beschäftigung solcher Quereinstei- An dieser Einstellung ändern auch die Hinweise der gerinnen sorgen. beiden berufsverbandlichen Strukturen, der Notar- kammer und des Notarbundes Thüringen, auf die 3. ist zu prüfen, inwieweit die Ausbildung der Juri- Ausgestaltung des Berufs in Thüringen als Nurnotar stinnen und Juristen an den Hochschulen und im ohne weitere Aufgabenfelder nichts. Auch die Be- Vorbereitungsdienst für eine bessere frühzeitige zu- rufsfreiheit ist, entgegen der Einschätzung der bei- sätzliche Spezialisierung bzw. Qualifizierung in Sa- den Organisationen, unseres Erachtens nicht unzu- chen Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafsa- lässig beeinträchtigt, würden die Kostenerleichte- chen weiterentwickelt werden kann bzw. muss. Das rungen nicht in das Gesetz hineinformuliert. Denn gilt bundesweit, aber besonders auch mit Blick auf auch die neuen Antrags- und Bearbeitungsgebüh- die rechtswissenschaftliche Ausbildung in Thürin- ren stellen keine unüberwindlichen Hürden für die gen. Die Frage der Ausgestaltung der Kleiderord- Berufsausübung dar, sondern vielmehr eine Rege- nung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte lung der bloßen Ausgestaltung der Berufsaus- vor Gericht den Rechtsanwaltskammern als Berufs- übung. Dazu kommt, dass sich die meisten Notare vertretungen zu überlassen und diese Frage nicht aus einer vorausgehenden Berufstätigkeit weiter mehr gesetzlich zu regeln, das begrüßen wir eben- zum Notar qualifizieren, und auch das erleichtert falls. Dabei, das habe ich auch schon in der ersten die Zahlung dieser Gebühren für das Zulassungs- Lesung angedeutet, ist immer zu bedenken, dass verfahren. Sollte es atypische Fälle geben, in de- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14963

(Abg. Berninger) nen Antragstellerinnen doch nicht die Gebühr be- meinem Vorredner gesagt. Der Gesetzentwurf wur- zahlen können, so gibt es Ratenzahlung, Stundung de in der notwendigen Schnelligkeit, aber auch und Erlass und wir meinen, das ist ausreichend. Gründlichkeit noch im Justizausschuss beraten. Wir werden uns also zu dem Gesetzentwurf enthal- Leider gab es ein paar andere Gesetze der Opposi- ten. Wir hätten ohne diese Kostenerleichterung so- tion, wie das Abgabenfreistellungsgesetz der FDP, gar zustimmen können. Vielen Dank. welches wahrscheinlich so gut war, dass die Koaliti- on aus CDU und SPD es nicht geschafft haben, (Beifall DIE LINKE) dies abschließend zu beraten, und das somit nun der Diskontinuität unterfällt. Das ist mehr als scha- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: de. Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Scherer (Beifall FDP) das Wort. Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf war es gut, dass wir noch Stellungnahmen von der Notarkam- Abgeordneter Scherer, CDU: mer Thüringen, vom Thüringer Notarbund, vom Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen Bund Deutscher Rechtspfleger und vom Präsiden- und Kollegen, ich habe nur einen kleinen Zettel. Es ten des Landesgerichts Mühlhausen eingeholt ha- geht hier nicht um die Rechtsordnung im Allgemei- ben. Dadurch wurde der Inhalt des Gesetzentwurfs nen, liebe Frau Kollegin Berninger, und es geht hier im Wesentlichen bestätigt, wie beispielsweise die auch nicht um die Justizausbildungsordnung, son- Zuständigkeitskonzentration in Mühlhausen für dern es geht schlicht um ein justiztechnisches Ge- Wirtschaftsstrafsachen, was wir als FDP auch für setz, über das man gar nicht viele Worte machen richtig und sinnvoll erachten. Die Verfahren in Wirt- muss. schaftsstrafsachen sind meist sehr komplex. Um solche Verfahren zügig, aber auch qualitativ hoch- (Unruhe DIE LINKE) wertig zu bearbeiten, sind eine besondere Sach- Die Wirtschaftsstrafkammer, Berufung in Wirt- kompetenz und eine gewisse Erfahrung notwendig. schaftsstrafsachen, das ist jetzt schon so und der Ich habe gesagt, im Wesentlichen. Deswegen gab einzige Grund, warum das jetzt gesetzlich geregelt es auch einen Kritikpunkt, und zwar die Gebühren- wird, ist, dass ein Obergericht meinte, eine Rechts- erhebung für Notarverwaltungsangelegenheiten. verordnung reiche dafür nicht aus. Punkt. Mehr Dieses wurde nun aufgrund der Kritik der Notar- braucht man dazu nicht sagen. Es ist auch richtig kammer Thüringen und des Thüringer Notarbundes so, dass diese Konzentration aufrechterhalten durch Änderungsantrag von CDU und SPD wieder bleibt. Bei der PKH-Prüfung finden wir es auch rich- aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Wir halten die- tig, dass weiterhin der Richter über beide Punkte se Streichung ebenfalls für sinnvoll. entscheidet, nämlich über die finanzielle Notwen- Sehr geehrte Damen und Herren, ich will es nicht digkeit der PKH und über die Erfolgsaussichten des länger ausdehnen, wir werden dem Gesetzentwurf Rechtsbehelfs, der da eingelegt werden soll, ge- in seiner durch die Beschlussempfehlung gefunde- meinsam durch eine Entscheidung. Dann bleiben nen Fassung so zustimmen. noch die Notare. Bei den Notaren geht es nicht um Kostenerleichterungen, sondern es geht darum, (Beifall FDP) Kostengebühren neu einzuführen. Wir halten das einfach nicht für richtig. Ich habe das Beispiel das Vizepräsidentin Dr. Klaubert: letzte Mal schon gebracht, es gibt, glaube ich, sonst nirgends eine Gebühr dafür, dass man bei einer Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Marx Bewerbung abgelehnt wird, und so etwas hier ein- das Wort. zuführen, sehen wir nicht ein. Danke. Abgeordnete Marx, SPD: (Beifall CDU) Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen Vizepräsidentin Dr. Klaubert: und Kollegen, bereits in der ersten Lesung des Ge- setzes hatten wir als SPD-Fraktion mögliche Kritik- Für die FDP-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete punkte an der ursprünglich vorgesehenen Einfüh- Sparmberg zu Wort gemeldet. rung von Gebührentatbeständen in Notarverwal- tungsangelegenheiten aufgezählt. Kollege Scherer Abgeordnete Sparmberg, FDP: hat schon ein Beispiel einer nicht unbedingt einseh- baren Gebühr genannt, einer Ablehnungsgebühr, Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Da- wenn jemand die Zulassung als Notar beantragt, men und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzent- sie nicht bekommt. Wir hatten uns dann die Frage wurf geht es im Großen und Ganzen um Anpassun- gestellt bzw. sie wurde auch aufgeworfen von den gen an die aktuelle Rechtsprechung und an bun- angehörten Gutachtern, ob die vorgesehenen Ge- desgesetzliche Vorgaben. Das wurde bereits von bühren gegenüber dem Aufwand adäquat sind, der 14964 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Marx) normalerweise von Gebühren gedeckt werden soll, Problem, dass es nicht immer vergleichbar ist, da oder es sich da um eine Art Sonderopfer für Notare wir in anderen Ländern Anwaltsnotare und in Thü- handelt. Da wir in der schriftlichen Anhörung unsere ringen Berufsnotare haben. Deswegen haben wir Bedenken nicht oder nur sehr kleinteilig ausräumen jetzt gesagt, wir nehmen das erst einmal heraus konnten, haben wir dann diesen umstrittenen Ände- und schauen es uns möglicherweise zu einem spä- rungsartikel zusammen mit dem Koalitionspartner teren Zeitpunkt wieder an, aber es ist nicht jetzt er- einfach wieder aus dem Gesetz herausgestrichen, forderlich, als Schnellschuss Gebühren einzufüh- und zwar nicht, weil wir generell für alle Zukunft kei- ren, die sich möglicherweise als Sonderopfer für ei- nerlei Gebühren in Notarverwaltungsangelegenhei- ne Berufsgruppe darstellen. ten erheben wollen, sondern aus Zeitgründen und um die Verabschiedung dieses Artikelgesetzes mit Vizepräsidentin Dr. Klaubert: seinen zahlreichen anderen und zum Teil sehr not- wendigen Änderungen jetzt noch zeitnah auch zu Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat ermöglichen. Abgeordneter Meyer das Wort. Der entsprechende Änderungsantrag der Koali- Abgeordneter Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tionsfraktionen fand mit 7 Jastimmen bei 2 Enthal- NEN: tungen eine deutliche Zustimmung im Ausschuss und so hoffe ich auch, dass das Plenum dem vorlie- Vielen Dank, Frau Präsidentin. Oh, wenn ihr doch genden Gesetz in der Form der Beschlussempfeh- geschwiegen hättet! lung des Justiz- und Verfassungsausschusses eine (Beifall und Heiterkeit DIE LINKE) vergleichbar deutliche Mehrheit geben wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. So eine Art von durchsichtigem Wahlkampfmanö- ver habe ich in den letzten Jahren überhaupt noch (Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: nicht gehört wie in diesem Fall, Entschuldigung. Können Sie die Zeitfolge mal erklären?) (Heiterkeit DIE LINKE) (Beifall SPD) Ich dachte, es wäre ein ganz harmloses Gesetz. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Fünf Stunden lang höre ich mir von diesen Bänken an, wie supertoll die Herren und Damen hier vorne Frau Abgeordnete Berninger möchte Ihnen eine gearbeitet haben. Frage stellen, Frau Abgeordnete Marx. Gestatten Sie das? (Beifall DIE LINKE) Aber bei der Frage, ob Notare auch mal ein paar Abgeordnete Marx, SPD: Euro fünfzig bezahlen sollen, da waren sie zu doof, alle diese Ziselierungen auch mal zu durchdenken Bitte. und entsprechend im Gesetz anzupassen. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: (Unruhe CDU) Sie gestattet es. (Beifall DIE LINKE) Das war hundertprozentig genau an diesem Punkt; Abgeordnete Marx, SPD: gerade, Frau Marx, das Justizministerium ist be- kannt dafür, schnell und schludrig zu arbeiten. Das Ich war ja eigentlich schon fertig. ist bekannt, das machen alle Justizminister. Das ist ein Klassiker, die können gar nicht langsam, bedeu- Abgeordnete Berninger, DIE LINKE: tend und gründlich arbeiten, die machen es immer Ich habe es mir ein bisschen spät überlegt. Können nur wischiwaschi. Deshalb müssen die dringend Sie die Zeitgründe bitte noch einmal erklären? Das „noch ein paar Jahre Zeit brauchen“, um das Pro- hat jetzt bei mir auf völliges Unverständnis getrof- blem zu ändern. fen. (Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie: Herr Meyer, was ha- Abgeordnete Marx, SPD: ben Sie denn genommen?) Es ging uns darum, bei der Tatsache, wie sollen (Heiterkeit DIE LINKE) Gebührentatbestände in Notarverwaltungsangele- Meinen Sie nicht? Noch einmal zu dem einen Punkt genheiten eventuell ausgestaltet sein, um kein Son- und das ist auch der Grund, warum wir uns bei die- deropfer darzustellen, hätten wir noch einmal in ei- sem Gesetz leider nur enthalten werden, ansonsten ne Feinjustierung eintreten müssen, wie genau, wie ist alles vernünftig darin, dass die Rechtsanwälte hoch sollen sie sein. Wir hätten das mit anderen selbst darüber bestimmen, wann sie Roben anzie- Ländern vergleichen müssen. Dann ist aber das hen oder nicht, alles vernünftig, keine weitere Frage Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14965

(Abg. Meyer) dazu. Aber bei den Gebührentatbeständen für die nehme an, Herr Justizminister möchte jetzt für die Notarangelegenheiten ist natürlich die Argumentati- Landesregierung sprechen. on von Frau Berninger nicht zutreffend. Es geht nicht um ein Sonderopfer von einer vermögenden Dr. Poppenhäger, Justizminister: Bevölkerungsgruppe, sondern es geht um einen Grundsatz - Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich über die wider Erwarten (Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: muntere Diskussion, erlaube mir an dieser Stelle, Das habe ich so auch nicht gesagt.) nichts zu Artikel 3 zu sagen, mit einer Ausnahme. nein, aber Sie haben sinngemäß gesagt, es trifft Das verehrte Parlament mag den Gesetzentwurf keine Armen und darauf kommt es auch nicht an. der Landesregierung anschauen, der innerhalb der Landesregierung, insbesondere auch einvernehm- (Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Die lich mit dem Finanzminister abgestimmt worden können sich das leisten.) war. Auch das, glaube ich, kommt möglicherweise Gebühren dürfen sogar Arme treffen, Gebühren ha- dann auf Wiedervorlage in der nächsten Legislatur. ben einen anderen Hintergrund. Gebühren werden (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) dann genommen, wenn der Staat eine Leistung er- bringt und die einem Einzelnen für wirtschaftliche Ich will mich kurzfassen und möchte nur in knapper Tätigkeit zugeordnet werden kann. Das ist hier der Weise auf die Ergebnisse der im Justiz- und Ver- Fall und das wissen Sie auch. Sie wollen es nur fassungsausschuss durchgeführten schriftlichen nicht wissen, Sie haben sich dem Druck der Lobby Anhörung eingehen. Die lässt sich resümieren, gebeugt, Frau Marx, und Sie auch, Herr Scherer, dass die im Gesetzentwurf angestrebten Änderun- Sie auch. gen von Rechtsvorschriften im Bereich der Justiz ganz überwiegend begrüßt worden sind. Es wurde (Zwischenruf Abg. Scherer, CDU: Das muss ausdrücklich von dem Präsidenten des Landge- man dann aber auch für viele andere Sachen richts Mühlhausen - die Rede war schon davon - übernehmen können.) herausgestellt, dass die Berufungen gegen straf- 25.000 € standen in Rede, lächerliche, symbolhafte richterliche Urteile in Wirtschaftsstrafsachen künftig 25.000 € pro Jahr. Da haben Sie mal eben ganz wieder - muss man sagen - beim Landgericht Mühl- locker, weil Sie ein bisschen Wahlkampf machen hausen konzentriert werden sollen. Zu Recht betont wollten, den Grundsatz von Wirtschaftlichkeit und er, dass Strafrichter selbst bei vermeintlich kleinen Sparsamkeit über Bord geworfen, den Ihnen in die- Wirtschaftsstrafsachen komplexe rechtliche Fragen sem Fall der Herr Justizminister auf dem Silberta- bearbeiten müssen, bei denen besondere Kenntnis- blett serviert hat, und haben Tätigkeiten für Dritte in se bestimmter Rechtsgebiete wie Steuerrecht, In- diesem konkreten Fall jetzt nicht mit einer Gebühr solvenzrecht, Gesellschaftsrecht usw. oder auch belegt. Das sollte Ihnen - deshalb habe ich es hier kaufmännische Grundkenntnisse erforderlich sind. vorne sagen wollen - im Wahlkampf ordentlich auf Richter mit entsprechenden Zusatzqualifikationen die Füße fallen von all denen, die für ähnliche Tat- und ausschließlicher Verwendung in diesem Be- bestände Gebühren entrichten müssen, die aber reich gewährleisten im Übrigen eine zusätzlich er- nicht zu wirtschaftlich wohl solventen Bevölke- höhte Qualität der Rechtsprechung für unsere Bür- rungsgruppen gehören. Das ist der Grund, warum gerinnen und Bürger. wir uns heute leider nur enthalten können, ansons- Frau Abgeordnete Berninger, Sie haben vorhin ge- ten wäre das Gesetz ganz prima gewesen. Aber sagt, eine Wirtschaftsprüfgruppe, wie wir sie beim diese Art von Janusköpfigkeit - Sie grinsen mich die Landgericht Mühlhausen haben, sollte interdiszipli- ganze Zeit hier vorne an, Sie wissen genau, dass när zusammengesetzt sein, so ist das auch. Dort ich recht habe bei dem Thema arbeiten Juristen, IT-Fachleute, Wirtschaftsprüfer (Beifall DIE LINKE) Hand in Hand gegen die besondere Form der orga- nisierten Kriminalität, wie sie Wirtschaftsstraftäter und Sie tun es natürlich trotzdem nicht Kraft Ihrer nun einmal darstellen. Wassersuppe, diesen Artikel wieder reinzuholen. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- (Unruhe CDU, SPD) neten, die im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Vergessen Sie es! Änderung des Prozesskosten- und Beratungshilfe- rechts vorgesehene Regelung, die Erstbewilligung (Beifall DIE LINKE) der Prozesskostenhilfe in den Verfahren der Fach- gerichtsbarkeit in der Richterzuständigkeit zu belas- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: sen, fand einhellige Unterstützung durch den Bund Deutscher Rechtspfleger, Landesverband Thürin- Sie lächeln natürlich. Ich habe keine weiteren Re- gen. Eine Übertragung dieser Aufgaben wird in demeldungen aus den Reihen der Fraktionen. Ich Thüringen nicht für sinnvoll erachtet. Insbesondere wurde vor einer Zuständigkeitssplittung und damit 14966 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Minister Dr. Poppenhäger) verbundenen erheblichen Verfahrensverzögerun- Antrag der Fraktion BÜNDNIS gen gewarnt. Da Stellenmehrungen im Thüringer 90/DIE GRÜNEN Landesdienst aufgrund des Stellenabbaukonzepts - Drucksache 5/6013 - der Landesregierung ausgeschlossen sind, be- hier: Nummer I fürchtet der Bund Deutscher Rechtspfleger, dass dazu: Beschlussempfehlung des anderenfalls die Rechtspfleger wegen Personalun- Ausschusses für Wirt- terausstattung zu stark belastet würden. schaft, Technologie und Arbeit Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeord- - Drucksache 5/7964 - neten, alles in allem ist dieses Gesetz ein, wie ich finde, gutes Beispiel dafür, dass Fachpolitik sachli- Frau Abgeordnete Siegesmund, Sie haben zu- che und konstruktive Behandlung im Thüringer nächst das Wort zur Berichterstattung aus dem Landtag findet. Im Justiz- und Verfassungsaus- Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. schuss ist das Gesetz auf keine Gegenstimme ge- stoßen und ich bitte daher nun auch um Ihre Zu- Abgeordnete Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE stimmung an dieser Stelle. Vielen Dank. GRÜNEN: (Beifall SPD) Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, gern absolviere ich heute noch die Premie- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: re, erstmals als Berichterstatterin des Ausschusses Ich sehe keine weiteren Redeanmeldungen und für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu dem schließe die Aussprache. Wir kommen zunächst Bündnisgrünen-Antrag „Netzneutralität endlich ge- zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung setzlich festschreiben“ vorzutragen. des Justiz- und Verfassungsausschusses in der Mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE Drucksache 5/7976. Wer dafür ist, den bitte ich um GRÜNEN wird die Landesregierung aufgefordert, das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den eine Bundesratsinitiative zur gesetzlichen Veranke- Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP. Ich fra- rung der Netzneutralität zu initiieren, um sich auf ge nach den Gegenstimmen. Die gibt es nicht. europäischer Ebene für eine entsprechende ge- Stimmenthaltungen? Die kommen aus den Fraktio- meinsame Regelung einzusetzen. Darüber hinaus nen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. soll sich der Landtag für mehr Transparenz bei Vo- Die Beschlussempfehlung ist angenommen wor- lumenpaketen mit anschließender Drosselung aus- den. sprechen, damit diese nicht mehr als Flatrate ver- Wir stimmen nun über den Gesetzentwurf der Lan- kauft werden dürfen. Der Änderungsantrag der desregierung in Drucksache 5/7741 in zweiter Be- Fraktion DIE LINKE fordert eine Verankerung der ratung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Netzneutralität im Thüringer Landesmediengesetz. Annahme der Beschlussempfehlung ab. Wer die- Der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Ar- sem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, den bit- beit hat den Antrag in seiner 45. Sitzung am 2. Juli te ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stim- 2013, in seiner 49. Sitzung am 12. November 2013, men aus den Fraktionen der SPD, der CDU und der in seiner 53. Sitzung am 11. März 2014 und in sei- FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die gibt ner 55. Sitzung am 13. Mai 2014 aufgerufen. Eine es nicht. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. inhaltliche Beratung wurde mehrmals verschoben, Die kommen aus den Fraktionen DIE LINKE und um zunächst die Ergebnisse des Koalitionsvertra- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Vielen Dank. ges auf Bundesebene, dann die Debatte auf euro- päischer Ebene und schließlich die Beratungen Der Gesetzentwurf ist damit angenommen. Das bit- zum Thüringer Landesmediengesetz abzuwarten. te ich in der Schlussabstimmung zu bekunden. Wer In seiner 57. Sitzung am 8. Juli 2014 erklärte der dem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, den bit- Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit te ich jetzt, sich vom Platz zu erheben. Das sind die die Punkte II und III des Antrags der Fraktion Mitglieder der Fraktionen der SPD, der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie den Änderungs- der FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die antrag der Fraktion DIE LINKE für erledigt. Mit Hin- gibt es nicht. Ich frage nach den Stimmenthaltun- weis auf die knappe Zeit bis zum Ende der Legisla- gen. Das sind die Mitglieder der Fraktionen DIE tur empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich, den ver- LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Mit der bleibenden Punkt I des Antrags „Netzneutralität Annahme des Gesetzentwurfs schließe ich den Ta- endlich gesetzlich festzuschreiben“ abzulehnen. gesordnungspunkt 7. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8 Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Ich eröffne die Aussprache. Es hat für die CDU- Netzneutralität endlich gesetz- Fraktion der Abgeordnete Dr. Voigt das Wort. lich festschreiben Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14967

Abgeordneter Dr. Voigt, CDU: tain der Deutschen Telekom, in Thüringen natürlich auch weiterhin Nutzer bleiben wollen und sollen. In- Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen sofern haben wir bei den Managed Services, glau- und Kollegen, ein Antrag aus dem letzten Jahr. be ich, einen ganz guten Kompromiss gefunden. In Netzneutralität war damals eine Debatte über die allem gesehen kann ich sagen, Ihr Antrag hat da- Ankündigung der Telekom, neue Tarife aufzuset- mals im Juni 2013 einen wichtigen Punkt aufgegrif- zen, künftig keine Flatratetarife mehr für das Inter- fen, aber es ist alles in Ruhe schon erledigt worden net anzubieten, sondern neue Tarifstrukturen auf- mit hoher Solidität und Augenmaß. Insofern kann zurufen. Darüber ist viel hier im Thüringer Landtag ich Ihnen sagen, dass sich der Antrag damit auch und auch im Bundestag diskutiert worden. Die Dis- erledigt hat. Schönen Dank. kussion um Netzneutralität hat sowohl auf europäi- scher als auch auf Bundesebene im letzten Drei- (Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vierteljahr wichtige Beschlüsse gesehen: Erstens (Beifall CDU) im September 2013 einen Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission, dann den Koaliti- (Zwischenruf Abg. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE onsvertrag CDU/SPD, Einhaltung der Netzneutrali- GRÜNEN: Herr Voigt, wer hat Ihnen das auf- tät beschlossen, bisher aber noch nicht in eine kon- geschrieben?) krete Rechtsverordnung gegossen und dann - Punkt Nummer 3 - jetzt im April 2014 eine Ent- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: schließung im Europäischen Parlament. Im Zusam- menspiel mit der Bundesnetzagentur als zuständige Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Regulierungsbehörde können wir feststellen, dass der Abgeordnete Meyer das Wort. die CDU und die Koalition im Bund das Prinzip der Netzneutralität schon gesetzlich verankert haben. Abgeordneter Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- So heißt es im Telekommunikationsgesetz in § 41 a NEN: - Netzneutralität -, dass die Bundesregierung er- Vielen Dank, Frau Präsidentin, für das prompte Auf- mächtigt wird, eine Rechtsverordnung mit Zustim- rufen. Also Herr Voigt, wirklich! mung des Bundestages und des Bundesrates ge- genüber Unternehmen etc. herbeizuführen. Inso- (Heiterkeit DIE LINKE) fern ist der Impuls, der sich im Antrag von BÜND- Sie haben sich selbst widersprochen, heute und vor NIS 90/DIE GRÜNEN findet, schon längst aufge- vier Wochen. Das ist ja grauenvoll. griffen und es bedarf keiner Bundesratsinitiative mehr. Vielmehr noch, wir haben als Land Thüringen (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Der wider- mit der Novellierung des Landesmediengesetzes in spricht sich nie.) der letzten Parlamentssitzung auch dafür Sorge ge- Der widerspricht sich nie - ja, das ist klar, General- tragen, dass wir Netzneutralität auch in unseren sekretäre widersprechen sich nie. Das ist klar, lo- Landesgesetzen wieder auffinden und das vor allen gisch. Man kann es wirklich nicht glauben. Dingen auch zum ersten Mal konkret festgeschrie- ben im Vergleich zu anderen Bundesländern. Es Ich fange mal mit dem größten Problem an. Ich ha- war ein Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen be „nur“ 6 Minuten, anders als Sie, halbe Redezeit. und ich darf daraus noch einmal zitieren: „Bei der Verbreitung von Rundfunk und Telemedien im Zu- (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das reicht ständigkeitsbereich der Länder über öffentliche Te- auch für Sie.) lekommunikationsrechte ist Netzneutralität zu ge- Das reicht mir schon aus, ich kann prägnant formu- währleisten.“ Für uns geht es da auch um die lieren. Vielen Dank dafür. Gleichbehandlung aller Daten im Internet, unabhän- gig von Inhalt, Dienst, Anwendung, Anbieter, Her- Das größte Argument, mit dem Sie versucht haben, kunft oder Ziel. Insofern sehen Sie, dass wir auch das Thema totzumachen, heißt: Wir haben jetzt kei- diesen zweiten Punkt Ihres Antrags schon vollum- ne Zeit mehr. Darauf ist hingewiesen worden. Wir fänglich erfüllt und das Ganze trotzdem auch mit haben daraus gelernt, mit der CDU kann man nicht Augenmaß betrieben haben, denn wir müssen na- vernünftig Sachthemen verhandeln. Wir haben im türlich auch darauf achten, dass telekommunikati- April letzten Jahres diesen Antrag gestellt. Wir ha- onsrechtliche Anwendungen besonders bundesge- ben ihn freundlicherweise dreimal verschoben. Zu- setzlich geregelt sind. Es betrifft insbesondere die erst musste der Koalitionsvertrag auf Bundesebene Individualkommunikation über Internet und auch E- abgewartet werden. Man weiß ja nie, was da drin- Commerce-Angebote. Und last, but not least haben steht. Daran muss man sich ja halten auf Landes- wir auch dafür Sorge getragen, dass die Mana- ebene, man ist hier also abhängig von der Bundes- ged Services, die im Änderungsantrag der Oppositi- ebene. Dann wollte man eine Entscheidung der onsfraktion drin waren, dort sensibel aufgegriffen Europäischen Union abwarten und zum aller- wurden, weil wir natürlich nicht wollten, dass Anbie- schlimmsten Fall war dann noch die Debatte im ter von IPTV-Plattformen, wie zum Beispiel T-Enter- Landesmediengesetz. Und da, Herr Voigt, wird es 14968 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Meyer) dann richtig ärgerlich. Da muss ich mir von Ihnen schönes Mediengesetz, wie wir das letzte Mal hier hier vorn zweimal sagen lassen: Herr Meyer, wir diskutiert haben, ist so lange nichts wert, solange definieren Netzneutralität, aber bitte nur so, wie es man es nicht durchsetzt. Sie sind zurzeit noch nicht im Landesgesetz gebraucht wird, und wir werden mal ein zahnloser Tiger. Sie sind maximal eine auf gar keinen Fall über Geräte und solche schö- zahnlose Stubenkatze, wenn es um die Durchset- nen Sachen mit Ihnen reden. Jetzt machen wir zung der Netzneutralität in Thüringen geht. Das einen Bundesratsinitiativenvorschlag, darin steht wissen Sie auch. Jede Methode, das zu verhindern, als letzter Satz: „Insbesondere sollen Nutzerinnen nutzen Sie, um sich Zähne wachsen zu lassen. Das und Nutzer die freie Wahl über den Inhalt und die wollen Sie nicht, noch nicht einmal Milchzähne. Sie von Ihnen verwendete Hard- und Software haben.“ wollen weiterhin Brei schlürfen und darauf hoffen, Sie sagten gerade selbst, das ist Bundesangele- dass andere für Sie die Arbeit machen und dafür genheit. Und was schreiben wir hier rein? Wir wol- aufpassen, dass die Verbraucherinnen und Ver- len auf Bundesratsebene eine Initiative machen. braucher irgendwann einmal wirklich vor dem Pro- Warum? Weil der Bund eben gerade nicht das tut, blem geschützt sind, dass die Netzneutralität auch was Sie behauptet haben. Er wartet nämlich ein- wirklich durchgesetzt werden kann. Schade eigent- fach nur ab. Typisches Verhalten: Vogel Strauß, ich lich, Herr Voigt, schade. Ich hätte echt gedacht, hör‘ dir trapsen. Das macht die CDU bei dem The- man könnte mit Ihnen das Thema Internet ein ma gern. Die sind immer hintendran, wenn es dar- bisschen anders diskutieren hier in diesem Raum. um geht, der Wirtschaft auch mal Grenzen aufzu- Das hat sich fünf Jahre nicht bewahrheitet. Viel zeigen, die die Verbraucher dringend brauchen. Al- Spaß in der Zukunft. Danke. les das tun Sie nicht und dann sagen Sie: Danke (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) für den schönen Antrag, der vor einem Jahr viel- leicht interessant gewesen wäre; jetzt ist er es nicht mehr, denn wir haben schon so lange abgewartet, Vizepräsidentin Dr. Klaubert: manches erledigt sich dadurch, schlimmstenfalls Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Bau- durch Neuwahlen. Das will ich nur hoffen, dass die mann das Wort. Debatte sich hier mit Mehrheit durch Neuwahlen dann verändert. Abgeordneter Baumann, SPD: (Beifall DIE LINKE) Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Dass Ihr Koalitionspartner dann mit zusammenge- Herren, die Ursache hatte der Antrag von BÜND- bissenen Zähnen dann dasitzen muss, weil er fest- NIS 90/DIE GRÜNEN in der Ankündigung der Deut- stellt, dass in Schleswig-Holstein die SPD zusam- schen Telekom vor über einem Jahr, die Netze men mit den Grünen und den Piraten genau diese drosseln zu wollen. Damit einher ging auch relativ Initiative auch gestartet hat, das sei nur nebenbei schnell eine Diskussion um die gleichberechtigte erwähnt. Mal schauen, was die Kolleginnen und Übertragung von Daten. Ich will jetzt den ganzen Kollegen von der SPD gleich zu dem Thema sagen. Hergang der vergangenen Monate nicht noch ein- mal wiederholen. Mein Kollege Mario Voigt hat das Ich habe noch mehr als drei Minuten und will we- ausgiebig erläutert. Ich will nur so viel dazu sagen, nigstens für das Protokoll deutlich machen, Herr dass eine Bundesratsinitiative dieser Landesregie- Mohring, was wir eigentlich fordern, damit vielleicht rung jetzt eher unwahrscheinlich ist. Ich glaube, bis mal irgendwann, wenn der nächste Skandal zum zum 14. September findet gar kein Bundesrat mehr Thema Netzneutralität auftaucht und die lächerliche statt. Von daher fällt dieser Punkt schon allein we- Frage, ob denn auch die Telekom in unserem gen Nichtumsetzbarkeit eigentlich weg. Das nur großen Flächenland irgendwelche Managed Ser- zum Organisatorischen. vices anbietet oder nicht, dass es dann noch einmal wieder herausgezogen werden kann. Wir wollten ei- Die Argumentation des Unternehmens Telekom ist ne Verpflichtung der Anbieter, alle übermittelten einfach, es gibt immer mehr Datenverkehr und der Datenpakete gleichberechtigt zu behandeln - nach Ausbau kommt nicht hinterher beziehungsweise er wie vor aktuell. Wir wollen ein Verbot der Packet In- ist zu teuer. Das war die Argumentation. Der näch- spection. Auch darüber haben wir beim letzten Mal ste Schritt wäre eine Differenzierung nach schon geredet, dass die Anbieter nicht wissen sol- Dienstanbietern und Kunden gewesen. Das wäre len, was in den Daten verschlüsselt transportiert natürlich in der heutigen Zeit fatal gewesen. Gleich- wird. Wir wollen Ausnahmen nur dann zulassen, zeitig würde eine Aufhebung der Netzneutralität un- wenn sie technisch oder rechtlich unbedingt not- ternehmerische Innovation unterbinden. Denn, da wendig sind. Wir sind gar nicht so vermessen zu wären auf der einen Seite die großen Konzerne, die behaupten, dass es nicht begründete Ausnahmen bereits ihre Dienste anbieten und auf schnelles In- geben kann. Wir wollen den Bereich des mobilen ternet setzen können. Auf der anderen Seite gäbe Internets ausdrücklich mit einbeziehen und eine es kleine Start-Ups, die sich durch ein langsameres Aufsichtsbehörde einrichten, die eine wirksame Netz durchkämpfen müssten und dann wahrschein- Rechtsdurchsetzung gewährleistet. Denn ein so lich relativ schnell sterben werden. Ich darf auch Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14969

(Abg. Baumann) wiederholen, was mein Fraktionsvorsitzender Wer- die hier in Thüringen für die Netzneutralität gesorgt ner Pidde heute Morgen schon sagte: Schnelles In- hätten, und das ist eine Lüge. Alles andere hier zu ternet schafft Innovation. Ein schneller Internetan- behaupten, wäre falsch. schluss ist ein Standortfaktor für Unternehmensan- (Beifall DIE LINKE) siedlung in der Fläche. Der Herausforderungen nehmen wir uns an. Deswegen investieren wir auch (Unruhe CDU, SPD) in Thüringen in leistungsfähige Netze. Im Rahmen Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Breitbandstrategie 2020, insbesondere für den NEN stammt von April 2013. Mittlerweile haben wir ländlichen Raum, werden Gemeinden seit 2012 Juli 2014. Vielleicht erkläre ich Ihnen einmal kurz systematisch mit Breitband-Internetanschlüssen ein paar Jahreszeitabläufe. Natürlich, ein Jahr und versorgt, wo sie noch fehlen. Seit dem Start konn- zwei, drei Monate später hat sich das erledigt. Es ten 57.000 Privathaushalte und 6.600 Unternehmen hat sich aber nicht erledigt, weil Sie so viel dafür in fast 300 Ortschaften angeschlossen werden. Die- getan haben, sondern es hat sich erledigt, weil aus ses Programm war und ist erfolgreich. Wir werden der Opposition a) von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das auch nach der Landtagswahl fortsetzen. b) aber auch von der Fraktion DIE LINKE und c) Wir haben vor drei Wochen, auch das wurde schon auch von der Fraktion der FDP immer wieder die gesagt, das Landesmediengesetz neu gefasst. Den Hinweise und die Forderungen nach der Veranke- Regierungsentwurf haben wir im Rahmen des par- rung von Netzneutralität gekommen sind. lamentarischen Verfahrens angepasst und in die- (Beifall DIE LINKE) ses haben wir explizit die Netzneutralität mit aufge- nommen. Wir haben Netzneutralität im Gesetz defi- Letztendlich sollten Sie auch einmal anerkennen, niert. Ich erlaube mir zu zitieren „Netzneutralität: die dass es aus der Opposition gute Vorlagen gibt, gu- Gleichbehandlung aller Daten im Internet, unabhän- te Anträge gibt, die man dann auch entsprechend gig von Inhalt, Dienst, Anwendung, Anbieter, Her- übernimmt, anstelle sich alles anzueignen, womit kunft oder Ziel“. Und wir haben in § 37 Abs. 2 fest- Sie meinen, positive Presse oder positive Reso- geschrieben, dass die Internetdienstanbieter bei nanz erhalten zu können. Das bekommen Sie nicht, der Datenübertragung verschiedener Dienste nicht denn wir kennzeichnen das als Lügen, was Lügen differenzieren dürfen. Ich gehe deswegen davon sind. aus, dass unter anderem mit dem Beschluss der Ich möchte ein Zitat von einem Ihrer Netzexperten Novelle des Landesmediengesetzes ihr Antrag erle- der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bringen, der digt ist. Dementsprechend sehen wir auch keinen nämlich jetzt erst letzte Woche, am 07.07., gesagt Grund mehr dafür, Ihrem Antrag zuzustimmen. Die hat: „Wir wollen kein Einheitsinternet.“ Das stellt anderen Punkte, ich hatte es bereits gesagt, be- das dar, was die CDU/CSU-Fraktion unter Netzneu- trachten wir als erledigt. Ich bedanke mich für die tralität versteht, nämlich Sie wollen keine wirkliche Aufmerksamkeit. Netzneutralität, Sie wollen in der Konsequenz Netz- (Beifall CDU, SPD) neutralität für diejenigen, die es bezahlen können. Hier versuchen Sie, sich irgendwie drum herumzu- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: wringen, drum herumzureden und versuchen so zu tun, als ob Sie diejenigen wären, die Netzneutralität Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete im Landesmediengesetz verankert hätten. Vielleicht König das Wort. schauen Sie sich einmal (Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Wer denn?) Abgeordnete König, DIE LINKE: entsprechende Änderungsanträge und die Daten Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen und auf den Änderungsanträgen an, um festzustellen, Kolleginnen, in den Reden von Herrn Dr. Voigt wa- aus welchen Fraktionen wann entsprechende For- ren viele große Wörter, die höchstwahrscheinlich derungen gekommen sind die Wenigsten verstehen. Ich weiß nicht, ob Sie das alles so verstanden haben, Herr Voigt, was Sie hier (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vorne dargestellt haben. Herr Baumann hat das er- und stellen sich nicht hier hin und tun so, als ob Sie zählt, was Frau Marx normalerweise erzählen wür- die innovativste Fraktion oder Fraktionen und die de, wenn sie denn anwesend sein könnte. Innovativsten und netzpolitisch Kompetentesten in (Zwischenruf Abg. Baumann, SPD: Gesagt, Thüringen wären. Dem ist nämlich nicht so. nicht erzählt.) (Unruhe CDU) Inwieweit Sie selbst die ganzen einzelnen Punkte, (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die ganzen einzelnen Beratungen dazu auf dem NEN) Schirm haben, weiß ich nicht. Grundsätzlich kann ich nur eins sagen, das war der Versuch, so zu tun, Dass dem nicht so ist, lässt sich übrigens auch an als ob die CDU bzw. die Koalition diejenigen wären, einem ganz anderen Beispiel festhalten. Das werde 14970 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. König) ich höchstwahrscheinlich in den nächsten Tagen (Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Das ist immer wieder erzählen, hier vorne, bei Freunden Kompetenz, was er vorgetragen hat.) oder in Gesprächen, mit wem auch immer ich die weil ich Sie als kompetenten Kollegen schätzen ge- habe. Wir hatten einmal den Antrag für ein Modell- lernt habe. Aber Ihre Ausführungen, die Sie nun projekt für kostenfreies WLAN hier in Thüringen. hier mit einer Vehemenz vorgetragen haben, wer- Damals wurde von Herrn Emde, seines Zeichens den dem Thema, so wie es sich derzeit darstellt, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Frak- auch Thüringen und der Thüringer Landesregierung tion, gesagt, das wäre der Kommunismus, der dann darstellt, nun weiß Gott nicht gerecht. Zu Frau Kö- ausbrechen würde. Die CSU fordert mittlerweile ein nig: Ja, natürlich, auch Oppositionen machen gute komplettes kostenfreies, zugängliches WLAN für Vorlagen. Das will ich nicht weiter vertiefen. Das Gesamtbayern und Edmund Stoiber, den ich nun soll tatsächlich vorkommen. Es gibt aber eben auch wirklich nicht für den netzkompetentesten Men- Zeitabläufe und es gibt Ereignisse, die selbst gute schen halte, aber scheinbar ist er das zumindest in- Vorlagen ab einem bestimmten Zeitpunkt zumin- nerhalb der CDU/CSU, ruft dazu auf, endlich die Di- dest obsolet erscheinen lassen. Das ist ein Punkt, gitalisierung zu meistern. Das wünsche ich mir den wir hier erreicht haben. auch von der CDU-Fraktion. Von der SPD-Fraktion zumindest erhoffe ich es mir; da weiß ich, dass (Zwischenruf Abg. Hausold, DIE LINKE: War Frau Marx auch zum Teil sehr andere Positionen das in Monaten oder Jahren?) vertritt, als Sie hier als Koalition darstellen. Ansons- Es ist schon daran erinnert worden, und im Übri- ten kann ich nur sagen, natürlich ist es notwendig, gen, das mache ich nicht aus Gefälligkeit, da bin dem Punkt I des Antrags der Fraktion BÜNDNIS ich nicht bekannt dafür, aber Herr Kollege Voigt hat 90/DIE GRÜNEN zuzustimmen und was ist das die Dinge jedenfalls auch aus meiner Sicht so denn für ein Argument, es gibt keine Bundesratssit- dargestellt, wie sie tatsächlich sind. Ich darf noch zung mehr. Im Verschleppen sind Sie Meister, einmal daran erinnern, am 26.06. haben wir hier im nämlich wenn Sie über ein Jahr warten, um über- Thüringer Landtag mit der Novellierung des Lan- haupt das Ganze noch zu thematisieren. desmediengesetzes auch eine Regelung zur Netz- Wir werden zumindest diesem Punkt der Fraktion neutralität beschlossen. Ich will Ihnen mal eine klei- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen, weil wir ne Begebenheit sagen, Herr Kollege Meyer, das ist der Meinung sind, das, was im Landesmedienge- vor allen Dingen an Sie gerichtet, weil Sie sagen, setz zum Thema Netzneutralität steht, reicht noch es wäre ein zahnlose Tiger, was wir da beschlos- lange nicht aus, wir wollen die Digitalisierung meis- sen hätten. Parallel - also fast parallel, zeitlich an tern, wir wollen eine wirkliche Netzneutralität und diesem Tag, dafür konnte ich nichts, das waren alte dafür muss man heute auch entsprechend abstim- Planungen - fand der sogenannte Breitbandgipfel men. Danke schön. statt. Ich weiß nicht, ob Sie selbst dort waren, gleichzeitig war ja hier Plenum. Ungefähr zwei (Beifall DIE LINKE) Stunden vor der Abstimmung hier über das Landes- mediengesetz mit dieser Regelung zur Netzneutra- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: lität hat mich der Regionaldirektor oder der Regio- Ich habe keine weiteren Redemeldungen aus den nalleiter der Telekom angesprochen und war im Fraktionen. Für die Landesregierung Herr Wirt- höchsten Maße aufgeregt, diese Regelung ginge schaftsminister Höhn. also viel zu weit und würde sie in ihrer unternehme- rischen Freiheit - ich überspitze jetzt, um das Pro- blem deutlich zu machen - beschränken. Das zeigt, Höhn, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tech- dass diese Regelung, die wir hier für Thüringen in nologie: unserem Mediengesetz gefunden haben, sehr wohl Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und wirkt. Sie wirkt aber so, dass Angebote, so wie sie Herren, ich hatte mir eigentlich vorgenommen, mich von Herrn Voigt beschrieben worden sind - es ist bei meinen Ausführungen so kurz zu halten, damit nicht nur Entertain, es gibt mittlerweile auch noch ich die vereinbarte kurze Redezeit nicht unnötig andere Angebote auf diesem Sektor, so viel zum verlängere, obwohl ich es könnte, aber wenn ich Werbeblock -, dass das also auch noch möglich ist. mir hier doch die eine oder andere Wortmeldung Das zeigt mir, dass wir und die anderen Länder mit von diesem Pult aus noch mal zu Gemüte führe, dieser gefundenen Regelung durchaus auf dem dann bleibe ich trotzdem bei meiner Linie. richtigen Weg sind. Vielleicht ist es auch für den Bund eine kleine Blaupause. Lieber Herr Meyer, ich weiß auch nicht, was mit Ih- nen los ist. Ihnen merkt man offenkundig die Fru- Dann darf ich darauf verweisen, ganz formal, wie stration darüber an, dass das jetzt offenkundig Ihre hier die Abläufe im Thüringer Landtag sind, meine letzte Landtagssitzung ist. Es tut mir wirklich leid für Damen und Herren, der Ausschuss - das ist von Sie, ich hätte Sie gerne länger hier gesehen, der Berichterstatterin dargelegt worden - hat sich nun, ich habe es nicht mitgezählt, etliche Male da- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14971

(Minister Höhn) mit befasst. Nach der erfolgten Entwicklung hat der Mietobergrenzen als Mittel der Ausschuss zwei Forderungen des Antrags nebst Marktregulierung Änderungsantrag schon mal für erledigt erklärt, mit Antrag der Fraktion BÜNDNIS einem Teil hätte man sich nicht mehr befassen 90/DIE GRÜNEN müssen. Das sind genau die Regelungen oder die - Drucksache 5/6184 - Neufas- Forderungen, dass der Landtag sich für EU-einheit- sung - liche Regelungen und für mehr Transparenz bei hier: Nummer II entsprechenden Internetangeboten einsetzen mö- dazu: Beschlussempfehlung des ge. Erledigt, Haken dran. Die Forderung, wir - also Ausschusses für Bau, Lan- die Landesregierung - sollten im Bundesrat eine desentwicklung und Ver- Änderung des Telekommunikationsgesetzes initiie- kehr ren, damit auch dort die Netzneutralität gesetzlich - Drucksache 5/7977 - fortgeschrieben wird, hat der Ausschuss abgelehnt. dazu: Alternativantrag der Frak- Ich nehme das zur Kenntnis, aber er hat es abge- tionen der CDU und der lehnt, meine Damen und Herren. Damit, für mich je- SPD denfalls, erkennt der Ausschuss zumindest die Tat- - Drucksache 5/8037 - sache an, dass die Bundesnetzagentur den Entwurf einer Transparenzverordnung für Telekommunikati- Der Abgeordnete Wetzel hat die Berichterstattung onsdienstleistungen vorgelegt hat und die tritt auch aus dem Ausschuss für Bau, Landesentwicklung in den nächsten Wochen in Kraft. Der Ausschuss und Verkehr übernommen. Sie haben das Wort. hat meiner Ansicht nach mit dieser Ablehnung einer Initiative auch anerkannt, dass das EU-Parlament Abgeordneter Wetzel, CDU: mittlerweile ein sogenanntes Telekom-Paket, wie sagt man so schön, in der Pipeline hat. Es ist zwar Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe noch nicht in Kraft, das ist wahr, aber das neue Kolleginnen und Kollegen! So einfach kann ich es Parlament fängt nun hoffentlich auch seine Arbeit nicht machen, lieber Fraktionsvorsitzender, das wä- an und auch da ist eine Beschlussfassung in Sicht. re zu einfach. Wir haben Dann haben wir bzw. die Bundesrepublik die Aufga- (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ be, das in nationales Recht hier umzusetzen. Des- DIE GRÜNEN: Das ist kein einfaches The- halb, muss ich sagen, begrüße ich ausdrücklich die ma.) Entscheidung des Wirtschaftsausschusses des Thüringer Landtags, wegen der - das kann man heute die Neufassung der Drucksache 5/6184 vom nun nicht bestreiten - durchaus grenzüberschreiten- 12.06.2013 zu beraten - das ist auch schon ein den Wirkung des Internets, dass eine europaweite paar Tage her. Nun könnte man meinen, es wäre oder europäische Regelung auf diesem Sektor alle- im Ausschuss - wie bezeichnen wir das gern - dritte mal angezeigter ist, als wenn jeder Mitgliedstaat Garnitur. Das war es nicht, sondern wir haben im oder vielleicht auch jedes Bundesland oder jede Ausschuss insgesamt - und das will ich gern deut- Region seine eigene Regelung macht. In diesem lich machen - in der 46. Sitzung am 11. September Sinne, denke ich, ist dieses Thema, jedenfalls für 2013, in der 47. Sitzung am 9. Oktober 2013, in der die Thüringer Landesregierung, für erledigt zu er- 48. Sitzung am 13. November 2013, in der 50. Sit- klären. Herzlichen Dank. zung am 15. Januar 2014, in der 52. Sitzung am 12. März 2014, in der 53. Sitzung am 14. Mai 2014 (Beifall CDU, SPD) und in der 55. Sitzung am 9. Juli darüber beraten sowie ein schriftliches Anhörungsverfahren durch- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: geführt. Ich schließe jetzt die Aussprache. Wir kommen di- Meine Damen und Herren, so viel zur Einbringung. rekt zur Abstimmung über die Nummer I aus dem Danke. Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/6013. Wer dieser seine Zustim- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: mung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE Wollten Sie noch das Ergebnis aus der Be- und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage nach schlussempfehlung bekannt geben? Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der (Heiterkeit DIE LINKE) SPD- und CDU-Fraktion. Ich frage nach Stimment- haltungen. Das sind die Stimmen aus der FDP- Wollten Sie in der Berichterstattung das Ergebnis Fraktion. Damit ist die Nummer I aus diesem Antrag noch bekannt geben? in der Drucksache 5/6013 mehrheitlich abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8. Abgeordneter Wetzel, CDU: Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9 Frau Präsidentin, Entschuldigung, ich wollte fertig werden. 14972 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Wetzel) (Heiterkeit DIE LINKE) (Beifall CDU, DIE LINKE) Wir sind ja kurz vor 19.00 Uhr. Die Beschlussemp- denn Wohnen ist das sozialste Gut, was wir uns fehlung des Ausschusses für Bau, Landesentwick- letztendlich in Deutschland, denke ich, erarbeitet lung und Verkehr in der Drucksache 5/7977 liegt haben. Ich sage das heute bestimmt zum zwanzig- uns ebenfalls vor. Die Beschlussempfehlung lautet: sten Mal hier an diesem Ort, das mit dem „sozial- Die Nummer II des Antrags wird abgelehnt. Danke sten Gut“. Das ist also nichts Neues. Der Woh- schön. nungsmarktbericht 2012 hat eigentlich deutlich ge- zeigt, dass kein flächendeckender Anstieg der Miet- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: preise in Thüringen droht, sondern in vielen Regio- nen zukünftig mit einem wachsenden Leerstand zu Ich möchte jetzt die Fraktionen der CDU und der rechnen sei. SPD fragen, ob es gegebenenfalls eine Begrün- dung des Alternativantrags geben soll. Das scheint Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, ich nicht der Fall zu sein. darf aus der Landespresse zitieren, (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ab (Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, welchem Alkoholspiegel ist denn Reden im Arbeit und Technologie: Warum eigentlich?) Saal verboten?) (Heiterkeit DIE LINKE) So eröffne ich die Aussprache und als Erstes hat Weil es eigentlich schön ist, was da drinsteht. Es das Wort wird deutlich, über was wir hier reden. (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Nicht schon Herr Minister, es ist ungewöhnlich, dass man mich wieder.) hier von der Ministerbank mit Zwischenrufen stört. für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Wetzel. Meine Damen und Herren, da hat zum Beispiel in (Heiterkeit DIE LINKE, SPD) der Presse vorgestern gestanden, in Thüringen ge- be es keine Wohnungsnot, sondern in allen Städten noch Wohnungsleerstand. Das sagte der Direktor Abgeordneter Wetzel, CDU: des Verbandes der Thüringer Wohnungs- und Im- Man könnte das als Mobbing bezeichnen. mobilienwirtschaft e.V., Hans-Joachim Ruhland. Bis zum Jahr 2030 müssten daher im Freistaat mindes- (Heiterkeit CDU) tens noch 80.000 Wohnungen vom Markt genom- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der men werden. Eine Mietpreisbremse mache für so Gegenstand des jetzigen Tagesordnungspunkts ist große Städte wie München oder Berlin Sinn, sagte die Drucksache 5/6184. Es ist ein Antrag der Frak- Herr Ruhland, dessen Verband 194 Wohnungsun- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit dem Begriff ternehmen in Thüringen vertritt - also nicht irgendje- „Mietobergrenzen als Mittel der Marktregulierung“. mand, sondern jemand, der sich in Thüringen ei- Der Antrag, ich sagte das schon, wurde am 12. Juli gentlich auskennt. Dann sage ich dazu, wir haben 2013 an den Bauausschuss überwiesen und dort in den letzten 14 Jahren bereits 48.000 Wohnein- bereits siebenmal beraten. Mit dem Antrag soll die heiten vom Markt genommen, um bestimmte Situa- Landesregierung aufgefordert werden, von der seit tionen des Leerstands und damit Konkurrenzfähig- Mai 2013 durch das Mietrechtsänderungsgesetz keiten von Wohnungsunternehmen am Markt erhal- bestehenden Möglichkeit einer Senkung der Kap- ten zu können. Ich denke, das ist uns in Thüringen pungsgrenze bei Bestandsmieten in den Städten bisher ganz gut gelungen. Erfurt, Jena und Weimar Gebrauch zu machen. Zu- Um jetzt aber deutlich zu machen, um was es ei- dem soll die Landesregierung aufgefordert werden, gentlich geht, da gibt es auch die andere Meldung, sich im Bundesrat für die Schaffung weiterer markt- die da heißt: Die Mietpreisbremse muss kommen, regulierender Instrumente auf dem Wohnungsmarkt forderte der Mieterbundvorsitzende Frank War- einzusetzen. necke. Wir haben Beispiele, dass Miete bei einer Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, ge- Neuvermietung von 3,50 € pro Quadratmeter auf statten Sie mir zunächst ein paar allgemeine Be- 7,00 € angehoben wurde. merkungen zur Wohnraumsituation in Thüringen. Nun kennen wir die Situation und die Aussagen des Nach Angaben des Statistischen Landesamtes und Wohnungsmarktes in Thüringen speziell vom Ver- auch nach dem Wohnungsmarktbericht, den wir im band der Thüringer Wohnungswirtschaft, der da vergangenen Jahr, Mai/Juni, hier in diesem Hohen sagt: Wenn wir in den nächsten Jahren energetisch Haus beraten haben, hat die Entwicklung der Miet- sanieren, dann wird eine Miete von etwa 10,00 € preise in den vergangenen 15 Jahren unterhalb der erreicht werden. Im Moment haben wir in Thüringen Inflationsrate in Thüringen gelegen. Für die CDU- eine Durchschnittsmiete von 5,00 €, 5,20 €, 5,25 €, Fraktion steht eines fest: Wohnen muss auch künf- 5,30 € in Erfurt und Umgebung. Natürlich gibt es tig in Thüringen bezahlbar bleiben, auch andere Größenordnungen. Das ist doch ganz Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14973

(Abg. Wetzel) klar. Aber die Masse der Thüringer Mieten liegt bei Wohnungen in den nächsten drei Jahren bei kom- Weitem auf einem Tiefpunkt. munalen Wohnungsunternehmen; Meine Damen und Herren, in den Städten, wo den- 4. die Bereitstellung von mindestens 50 Mio. € aus noch eine angespannte Wohnungslage herrscht, ist dem Thüringer Wohnungsbauvermögen in den der Wohnungsnotstand zumeist auf mangelhafte nächsten drei Jahren, vorrangig für den sozialen Bautätigkeit zurückzuführen. Damit steigen natür- Wohnungsbau in Thüringer Städten mit angespann- lich auch die Mietpreise, das ist auch daher be- ter Wohnungsmarktlage; dingt. Der Ball liegt also bei den Kommunen, sie 5. die bedarfsorientierte Bereitstellung von Bauland müssen als Investor oder mit einem Investor zu- für den sozialen Wohnungsbau durch die Kommu- sammen tätig werden, um neuen Wohnraum zu nen sowie Straffung der Genehmigungsverfahren; schaffen. Das wäre der logischste Schluss, um ei- ner Mietexplosion entgegenzuwirken. Die Landes- 6. die Erhaltung und Stärkung der Finanzkraft der regierung kann dabei eigentlich nur unterstützend kommunalen Wohnungsunternehmen; tätig werden. Als Beispiele könnte man nennen: 7. die Aufstellung eines Mietspiegels, qualifizierten erstens Wohnungsbauvermögen schaffen und Mietspiegels oder auch einer Mietdatenbank, das zweitens die bestehenden Förderinstrumentarien, möge den Städten überlassen sein; die genannt werden, völlig ausschöpfen. Wir sind der Auffassung, dass in Thüringen kein regulieren- 8. die Evaluierung zum 31. Dezember 2015 und die der Eingriff in den Wohnungsmarkt notwendig ist, Prüfung der Notwendigkeit ordnungsrechtlicher Ein- so wie es im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE griffe in die regionalen Wohnungsmärkte. GRÜNEN gefordert wird. Sie wollen durch die Ein- Mit dieser Vereinbarung bekennen sich die Beteilig- führung einer flächendeckenden Mietobergrenze ten klar zu einem Grundprinzip der sozialen Markt- marktregulierend tätig werden. Das wahrscheinliche wirtschaft, nämlich: Investitionen haben Vorrang vor Ergebnis staatlich verordneter Mietpreise wird sein: marktregulierenden Eingriffen. Nur so gelingt es, weniger Investitionen in neuen Wohnraum. die Aufwärtsentwicklung beim Um- und Neubau (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ fortzuführen und die Mietpreise in Thüringen weiter- DIE GRÜNEN: Das stimmt doch gar nicht, so hin bezahlbar zu halten, weshalb meine Fraktion ein Quatsch.) Punkt II des vorliegenden Antrags ablehnt. Stattdessen brauchen wir ein breit gefächertes, der Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir bit- differenzierten Nachfrage entsprechendes Woh- ten unserem gemeinsamen Alternativantrag zuzu- nungsangebot. Zudem ist eine deutliche Erhöhung stimmen. Herzlichen Dank. von Investitionen in Neubau und Sanierung bezahl- (Beifall CDU, SPD) baren Wohnraums nötig.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, das Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Ziel meiner Fraktion ist es, die Kommunen dabei zu unterstützen, das Wohnungsangebot in den nächs- Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete ten Jahren bedarfsgerecht weiterzuentwickeln und Sedlacik das Wort. die Investitionen für sozialen Wohnungsbau deut- lich zu verstetigen. Deshalb begrüßen wir in unse- Abgeordnete Sedlacik, DIE LINKE: rem gemeinsamen Alternativantrag das geschlos- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir sene „Bündnis für gutes Wohnen in Thüringen“. sprechen heute über die Mietpreisbremse. Ja, das Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, mit hat immer so ein Geschmäckle an sich, wenn ich dem Bündnis, das zwischen dem Ministerium für etwas bremsen will, kommt ja nichts vorwärts. Also Bau, Landesentwicklung und Verkehr und den ist es schon mal negativ. Aber wir sind uns alle hier Städten Erfurt, Jena, Gera und Weimar sowie dem in dem Haus einig, und da haben wir auch applau- Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirt- diert, als Herr Wetzel sagte: Jawohl, wir wollen be- schaft e.V. geschlossen wurde, sollen geeigneten zahlbares Wohnen in Thüringen. Da muss man Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnraumsi- aber auch was tun und da reicht mir so ein Wohn- tuation ergriffen werden. Konkret bedeutet das: gipfel, wie wir ihn vor einigen Wochen erlebt haben, nicht aus. 1. die Gründung einer Arbeitsgruppe „Gutes Woh- nen in Thüringen“; Der Antrag der Grünen wurde im Ausschuss abge- lehnt. Wir sagen, es war ein guter Antrag und es 2. die Erarbeitung einer Fortschreibung kommuna- waren auch realistische Forderungen. Was die in- ler Maßnahmepakete durch die Stadt selbst; tensive Befassung betrifft, na ja, da würde ich eher 3. der Verzicht auf Mieterhöhungen über 15 Pro- sagen, es war ein Dahingezerre, bis man endlich so zent in Bestandswohnungen und neu vermieteten weit war, den Wohnungsgipfel hier kurz vor der Wahl zu offerieren. Stattdessen man sich ernsthaft 14974 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Sedlacik) Gedanken macht, wie man mit diesem Antrag im nehmen und die Genossenschaften einbezogen Ausschuss umgeht, wie man die Landesregierung werden. Wenn ich das Papier aber lese, wie unkon- dazu bringt, diesen Schritten zu folgen, erleben wir kret die Forderungen hier sind - es ist ja keine For- die Unterzeichnung, richtig in Szene gesetzt, eines derung, es ist ein Wünsch-dir-was-Papier, würde Bündnisses für gutes Wohnen in Thüringen. ich sagen. In neun Punkten wird hier dargelegt, was man nun mit den Bürgermeistern und dem VdW so (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Das war ei- ausgehandelt hat: Arbeitsgruppen arbeiten fleißig, ne Inszenierung.) sie appellieren, also die Bürgermeister appellieren Es war eine tolle Inszenierung, wir waren alle be- an die Sicherstellung fairer Wohnverhältnisse in geistert. Es war Presse da, ist klar, aber die anwe- den kommunalen Wohnungsunternehmen der be- senden Wohnungsunternehmen, die kommunalen, teiligten Städte, auf Mieterhöhungen über 15 Pro- die waren alle so ein bisschen perplex, ja, was zent in Bestandswohnungen und neu vermieteten steht denn da nun eigentlich drin, denn einbezogen Wohnungen für die nächsten Jahre zu verzichten. in dieses Bündnis waren die Oberbürgermeister Na, Appell ist toll! Warum ist man nicht den Schritt gegangen, zu dem sich die Bürgermeister in einer (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Aber die Pressekonferenz verständigt hatten und wozu wir Oberbürgermeister waren da.) der Meinung sind, was die Regierung tun sollte, und der Verband der Thüringer Wohnungswirt- und zwar die gesetzlichen Möglichkeiten in den schaft, die es eigentlich so gar nicht betrifft, denn Städten Erfurt, Weimar, Jena und Gera auszunut- hier sind die Mieten relativ moderat. Die Mietpreis- zen. In diesem Bündnis steht auch, dass man auf- erhöhungen kommen aus anderer Ecke, wie wir al- stocken will, Zuschussförderung für Förderprogram- le wissen. me, altersgerechter Umbau, alles richtig und wich- tig. Was stand denn nun eigentlich in dem Antrag der Grünen drin? Im Punkt 8 will man eine transparente und aktuelle Übersicht über die Entwicklung der Mietpreise si- (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ cherstellen und die Städte werden aufgefordert, DIE GRÜNEN: Steht trotzdem noch drin.) einen Mietspiegel, qualifizierten Mietspiegel und ei- Steht trotzdem noch drin - gut, deshalb will ich es ne Mietdatenbank aufzustellen. Genau da waren hier noch einmal sagen. Von der Landesregierung die Forderungen im Antrag der Grünen, was wir, haben wir natürlich einige Ausführungen gehört, die Linken, unterstützen, im Punkt 2. d, doch bitte was der erste Punkt war, und der Wohnungsgipfel die Berechnung des Mietspiegels auf Basis der sollte dazu auch beitragen. Der Punkt II, dass wir Preise der letzten zehn Jahre als Grundlage zu die Landesregierung auffordern, gemeinsam im nehmen, denn die jetzigen Mietspiegel umfassen Bundesrat einige Forderungen aufzumachen, um eben wirklich nur die schon gestiegenen und die das Gesetz insgesamt zu verbessern, den haben höheren Mieten. wir eigentlich gar nicht diskutiert. Der wurde auch Wie gesagt, die Forderungen gehen bei Weitem wohlwissend immer wieder zur Seite geschoben, nicht weit genug. Deshalb frage ich die Landesre- obwohl es gerade diese Punkte sind, die wir hier gierung, ob man hier nicht doch sehr halbherzig als Landtag jetzt nicht mehr klären können, aber die herangegangen ist. Wie ist denn die Wohnungssi- auf Bundesebene unbedingt weiter zu klären sind, tuation derzeit? Die Wohnungssituation ist derzeit um auch soziales Wohnen oder gutes Wohnen in so, dass Gering- und Normalverdiener sich kaum Thüringen zu verwirklichen. Ich bedauere das sehr mehr die Mieten leisten können, und wenn dann ei- und, Herr Minister, das Bündnis für gutes Wohnen ne Mieterhöhung kommt, die ohne die Deckelung ersetzt eben die Forderungen in Punkt II nicht und alle drei Jahre um 20 Prozent erfolgen darf, wird es das bedauern wir sehr. finanziell eng. Die „Thüringer Allgemeine“ vom (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 14.07. schreibt, einer Familie mit zwei Kindern in NEN) Jena bleiben nach Abzug der Miete rund 666 € im Monat übrig. In keiner der 100 größten Städte Stattdessen bekommen wir einen sogenannten Al- Deutschlands liegt dieser Wert niedriger. Weiter ternativantrag vorgesetzt - er ist aber keine Alterna- wird dargestellt, für einkommensschwache Familien tive. Das ist für mich Wischiwaschi, also wir sind al- ist nur 1 Prozent der Wohnungen finanzierbar. le schön verbündelt und wir wollen ja eigentlich alle Auch in Erfurt können sich gerade mal 2 Prozent Gutes und jetzt werden wir mal sehen, was wir En- der einkommensschwachen Familien noch die der- de 2015 mit diesem Bündnis und den Arbeitsgrup- zeitigen Durchschnittsmieten leisten. In der Landes- pen da so erreicht haben. Als Wahlgeschenk kündi- hauptstadt bleiben ihnen nach Abzug der Miete gen wir da mal 100 Mio. € an, das klingt schon mal noch 906 € vom Haushaltsbudget übrig. So schön alles ganz gut. die Idee des Bündnisses für gutes Wohnen und Ich bin gespannt, wie aktiv diese Arbeitsgruppen ar- dessen Finanzierung ist, die Wohnungen werden in beiten, wie aktiv die kommunalen Wohnungsunter- diesem oder auch im nächsten Jahr nicht mehr be- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14975

(Abg. Sedlacik) reitstehen und damit heute keine Entlastung der schuss. Diese Antworten, wenn man sich die an- Betroffenen bei den Mietpreisen ermöglichen. schaut, liefern ein sehr differenziertes Bild und un- terscheiden sich auch gegenüber dem, was in Der Verband Thüringer Wohnungswirtschaft als Wahlkampfzeiten auf Pressekonferenzen öffentlich Partner des Bündnisses vertritt nur einen Teil der verkündet wurde. Ich muss hier sehr deutlich sa- Vermieter, aber die anderen sitzen nicht mit am gen, der Erfurter Oberbürgermeister ist zweispurig Tisch. Diese sehen sich nicht in der Pflicht des gefahren, zweigleisig gefahren. Er hat öffentlich die Wohnens als Daseinsvorsorge. Nach dem Woh- Mietpreisbremse für seine Stadt gefordert nungsmarktbericht der Landesregierung von 2009 gehörten rund 46 Prozent der Thüringer Wohnun- (Beifall CDU) gen privaten Vermietern. Jetzt frage ich Sie: Wie und uns liegt eine umfangreiche Stellungnahme der kommen diese mit an den Tisch für das Bündnis für Stadt Erfurt vor, die zu dem Fazit kommt, „wir wol- gutes Wohnen? Die Mieten dieser privaten Vermie- len die Mietpreisbremse nicht“, unterzeichnet von ter sind doch die erheblichen Preistreiber beim demselben Oberbürgermeister. Das nur mal hier so Wohnen. nebenbei. (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall CDU) NEN) Bislang war es immer eine schöne Tugend der Wir alle wollen wissen, wie die ortsübliche Ver- SPD-Fraktion, dass wir Sachpolitik gemacht haben gleichsmiete für diese errechnet wird. Es ist daher und nicht nur Populismus, und deswegen haben wir in den nächsten Jahren nicht mit einer Entlastung uns sehr intensiv mit dem Thema auseinanderge- zu rechnen. Die Preisspirale nach oben geht auch setzt und ich kann sagen, eine Mietpreisbremse weiter. Die gesetzlich möglichen 5 Prozent weniger kann letztendlich immer nur das letzte Mittel, die Ul- wären damit ein Tropfen auf den heißen Stein ge- tima Ratio, sein. wesen. (Beifall FDP) Was hätten wir erwartet? Wir hätten von der Lan- desregierung erwartet, dass sie wenigstens die ge- Eine Mietpreisbremse allein wird auch nicht dazu setzlichen Möglichkeiten ausnutzt, den Städten Je- beitragen, Wohnungsnot, die hier immer herbeige- na, Weimar und Erfurt die Möglichkeit zu geben, ei- redet wird, zu verhindern. Nein, hier brauchen wir ne Deckelung der Mieten bei bestehenden Mietver- ganz andere Maßnahmen, um zu Entspannungen hältnissen zu begrenzen und damit den derzeitigen an Wohnungsmärkten zu kommen. Wir haben die Preisdruck zu entschärfen. Leider hat sie es nicht Stellungnahmen der Stadt Weimar und der Stadt getan. Jena gelesen, die sagen, ja, sie könnten sich eine Mietpreisbremse vorstellen, aber auch darauf auf- (Beifall DIE LINKE) merksam machen, Mietpreisbremse allein hilft nicht, man brauche ein ganzes Bündel von Maß- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: nahmen. Die Stadt Weimar hat uns noch eine sepa- Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Doht rate Stellungnahme ihrer Wohnungsgesellschaft zu- das Wort. kommen lassen, die die Mietpreisbremse ablehnt, so wie das auch der Verband der Thüringer Woh- nungswirtschaft in seiner Gänze tut. Die kommuna- Abgeordnete Doht, SPD: len Wohnungsunternehmen und die Wohnungsge- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, den nossenschaften sind nun einmal die, die auch in Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Größenordnungen den Wohnungsbestand für ein- zum Thema „Mietobergrenzen als Mittel der Markt- kommensschwächere Mieter anbieten. regulierung“ haben wir im Ausschuss sehr intensiv (Beifall CDU) beraten, da muss ich Frau Sedlacik auf jeden Fall widersprechen. Wir haben eine schriftliche Das sind in der Regel nicht die privaten Vermieter, deswegen ist es auch falsch, sich jetzt nur auf die (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ Privaten zurückzuziehen. DIE GRÜNEN: So hat jeder eine andere Wahrnehmung.) Der VdW hat uns auch mit Zahlen versorgt. Danach hat die Stadt Erfurt immer noch 4,1 Prozent Leer- Anhörung dazu durchgeführt, die Städte Erfurt, Je- stand, die Stadt Weimar 6,2 Prozent, lediglich Jena na und Weimar um ihre Meinung gebeten, auch auf mit 1,8 Prozent Leerstand hat einen angespannten Grundlage eines sehr umfangreichen Fragenkata- Wohnungsmarkt. Wenn man sich dann die Mieten logs, und bezeichnend ist auch, dass zum Beispiel anschaut, dann sind die auch nicht in dem Bereich, die Stadt Jena erst eine zweite Aufforderung benö- dass man sagen könnte, hier kann sich niemand tigt hatte, bevor man uns alle Fragen beantwortet mehr eine Wohnung leisten. Wenn man sich dann hat. Insofern hat sich das auch etwas hingezogen, einmal die Entwicklung der Nettokaltmieten seit aber das war sicherlich nicht das Problem im Aus- dem Jahr 2000 anschaut, dann sind die bis 2012 14976 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Doht) um 16 Prozent gestiegen. Demgegenüber sind im brauchen Sanierung, wir brauchen aber auch wei- gleichen Zeitraum die Kosten für Strom um 79 Pro- terhin Gelder für die Stadtentwicklung, für die Städ- zent gestiegen und die Kosten für Wärme und tebauförderung. Wir müssen weitere Stadtteile Haushaltsenergie ohne Strom um 117 Prozent. Das städtebaulich aufwerten, denn das Wohnumfeld hat macht schon klar, wo die eigentlichen Preistreiber oftmals einen größeren Einfluss auf die Wohnquali- liegen. Diese Preissteigerung kann mit einer Miet- tät als die Wohnung an sich. Wir müssen preiswer- preisbremse nicht gedeckelt werden. Die Mietpreis- tes Bauland ausweisen und wir müssen auch noch bremse wird aber zur Folge haben, dass sie Inves- weiter daran arbeiten, das selbst genutzte Wohnei- toren abschreckt, die zumindest vorsichtiger wer- gentum zielgerichtet zu fördern. Das alles sind den, sich überlegen: Gehe ich hier noch her, inve- Maßnahmen und Instrumente, die dazu beitragen stiere ich hier noch, rechnet sich das für mich werden, auch in einer Stadt wie Jena, die ange- noch? Denn bei allem, was wir hier diskutieren, es spannte Wohnungssituation zu entspannen. Hier muss sich für einen privaten Investor auch noch sind wir mit diesen Forderungen nicht allein. Der rechnen, sonst sind wir nämlich ganz schnell an Gemeinde- und Städtebund hat einen Forderungs- dem Punkt, den wir aus DDR-Zeiten kennen und katalog veröffentlicht, der diese Forderungen ent- den die Linke hier immer nahtlos fortführen will, die hält. Der Gesamtverband der Wohnungswirtschaft staatliche Wohnraumlenkung, wo nicht mehr inves- hat das ebenso getan, der GdW, und auch der tiert wurde, weil die Mieten bei Weitem nicht ausge- VdW hat diese Forderungen auf seiner letzten Ver- reicht haben, um den Sanierungsbedarf abzu- bandstagung in Suhl aufgemacht. All diese Dinge decken. Nein, wir müssen alles tun, um Neubau sind in dem Bündnis für gutes Wohnen vereinbart und Sanierung am Laufen zu halten, worden. Wir halten eine freiwillige Vereinbarung auch für zielführender, denn an etwas, was man (Beifall FDP) freiwillig vereinbart, hält man sich meistens auch. und gerade in angespannten Wohnungsmärkten Bei dirigistischen Maßnahmen und Gesetzen wie Jena, Weimar oder Erfurt ist das besonders nö- besteht immer die Gefahr, dass sie umgangen wer- tig. Deswegen ist es sehr genau zu überlegen, grei- den, zumal ein Mietvertrag letztendlich auch eine fen wir zu dem Instrument der Mietpreisbremse zivilrechtliche Vereinbarung zwischen zwei Parteien oder tun wir nicht erst einmal das, was die Landes- ist und Sie da auch nicht alle Probleme mit einem regierung jetzt mit dem Bündnis für gutes Wohnen Gesetz lösen können. Lassen Sie mich zu guter getan hat. Im Übrigen kann man diese Städte auch Letzt noch etwas sagen. nicht als Inseln betrachten, sondern man muss auch einen Blick in die Region, ins Umfeld werfen. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Dort haben wir Leerstände. Dort haben wir Woh- nungsleerstand. Was erreichen wir denn, wenn wir Jetzt ist aber die Redezeit abgelaufen, wir haben in den Städten, die auf jeden Fall eine höhere Le- sogar ein bisschen dazugegeben, weil wir vorhin ... bensqualität aufzuweisen haben als die umliegen- den Orte, wenn ich kulturelle, soziale Einrich- Abgeordnete Doht, SPD: tungen, Sporteinrichtungen etc. nehme, wenn wir Ja, Sie haben mich vorhin völlig irritiert. Deswegen dort die Mieten deckeln, das im Umfeld aber nicht lassen Sie mich noch sagen, ich kann tun? Der Druck auf die Städte wird noch mehr zu- nehmen und innerhalb der Städte, wenn wir da zu Lösungen kommen wollen, einzelne Stadtviertel mit Vizepräsidentin Dr. Klaubert: einer Mietpreisbremse zu überziehen, wird letztend- Frau Abgeordnete Doht, deswegen haben Sie doch lich nur der Druck auf die 1a-Wohnlagen wachsen. 30 Sekunden mehr bekommen. Deswegen halten wir es für richtig, den Weg zu ge- hen, den die Landesregierung mit diesem Bündnis Abgeordnete Doht, SPD: gegangen ist - ich gehe jetzt auf die Inhalte nicht noch einmal ein, das hat mein Kollege Wetzel nicht verstehen, dass die Grünen hier immer Berlin schon getan - und dem nächsten Landtag dann Be- als leuchtendes Beispiel gebracht haben, die eine richt zu erstatten, wie es weitergehen soll - ich hätte Mietpreisbremse haben - hat Frau Schubert so ge- jetzt doch gern gewusst, ob meine Redezeit zu En- sagt. Dann muss man aber sagen, die Stadt Berlin de war. will zum Beispiel in Tempelhof auf dem ehemaligen Flughafengelände 4.700 Wohnungen bauen und Vizepräsidentin Dr. Klaubert: die Grünen sind an vorderster Front, die dagegen auf die Straße gehen. Das kann ich dann nicht Nein, das war ein Versehen. mehr verstehen. (Beifall CDU) Abgeordnete Doht, SPD: Gut. Dann lassen Sie mich noch eines sagen: Wir brauchen auf jeden Fall Wohnungsneubau. Wir Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14977

(Abg. Doht) (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ sondere für den sozialen Wohnungsbau. In der Ver- DIE GRÜNEN: Es wird schon Gründe geben, einbarung wird an die Kommunen appelliert, für die warum sie das machen.) nächsten drei Jahre auf Mieterhöhungen von über 15 Prozent für Bestandswohnungen und neu ver- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: mietete Wohnungen zu verzichten. Den Ländern wird die Möglichkeit eingeräumt, in Gemeinden Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Unter- oder Teilen von Gemeinden, in denen eine ausrei- mann das Wort. chende Versorgung mit Wohnraum besonders ge- fährdet ist, die bestehende Kappungsgrenze der Abgeordneter Untermann, FDP: Mieterhöhung bei Bestandsmietverträgen von 20 Prozent auf 15 Prozent zu senken. Die beteilig- Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und ten Partner beabsichtigen, einen Mietspiegel oder Herren, kurz vor oder um 19.00 Uhr. Die Mietpreis- eine Mietdatenbank einzustellen, welche ein wichti- bremse ist keine Erfindung der Sozialdemokraten, ges Instrument ist, um hier Klarheit zu schaffen. Die wie es der letzte Bundestagswahlkampf vermuten Vereinbarung für gutes Wohnen enthält nichts Re- lässt. Nein, das muss ich hier sagen, die Grünen volutionäres und auch nichts Neues. fordern einen solchen ordnungspolitischen Eingriff in den Immobilienmarkt schon seit 2011. Nun wird (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ sogar auf Bundesebene die Notbremse zu den ur- DIE GRÜNEN: Da kann man einmal klopfen.) sprünglich gemachten Vorschlägen gezogen. In (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Großbritannien, Frankreich, Spanien oder Öster- reich wurden Mietdeckelungen abgeschafft, weil sie Jedoch werden einige Ihrer Forderungen teilweise ihr Ziel deutlich verfehlt haben. Dies ist nachzule- umgesetzt. Der Punkt 2. a beinhaltet eine Begren- sen in Ausführungen des Instituts der Deutschen zung der Mietsteigerung bei Wiedervermietung auf Wirtschaft, Juli 2014. In keinem dieser Länder ist es maximal 10 Prozent der Vergleichsmiete. Diese gelungen, durch staatlich regulierte Mietpreise den Forderung ist Bestandteil des neuen Referenten- Wohnungsmarkt zu entschärfen. entwurfs. Das wird auf Bundesebene zukünftig dis- kutiert. (Beifall FDP) Zum Punkt f: Eine Mitpreiserhöhung ist nur bei Ich wiederhole meine Aussagen von 2013: Stark energetischer Sanierung im Sinne des geltenden steigende Mieten sind ein Hinweis darauf, dass das Gesetzes von 11 Prozent gerechtfertigt. Die Frak- Angebot an Wohnungen hinter der Nachfrage zu- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchte den Pro- rückbleibt. Um diesem entgegenzuwirken, sind pri- zentsatz auf 9 Prozent senken. Einer elfprozentigen vate Investitionen in Mietwohnungen unbedingt not- Erhöhung steht jedoch die jährliche Einsparung bei wendig. den Energiekosten gegenüber. Die Kaltmieten sind (Beifall FDP) nicht das Problem, wie eben schon von der Frau Doht gesagt, sondern die gestiegenen Preise, vor Auch im Bereich des Mietrechts sind die Grundsät- allem für Öl und Strom. Weiterhin darf man keines- ze der Marktwirtschaft einzuhalten. Dazu müssen wegs außer Acht lassen, dass die Baupreise eben- die erforderlichen Rahmenbedingungen geschaffen falls gestiegen sind. werden, was jedoch nur eingeschränkt über das Mietrecht erfolgen kann. Ich denke da an eine de- Sehr geehrte Damen und Herren, die Wiedereinfüh- gressive Abschreibnorm, welche leider nicht in den rung einer Mietminderung bei einer energetischen Koalitionsvertrag aufgenommen wurde, sowie an Sanierung von bis zu drei Monaten tragen wir nicht eine Vereinfachung von baulichen Verordnungen. mit. Für mich ist Ihr Antrag kontrovers zu Ihrer Energiesparpolitik. Statt Sie Wohnungseigentümer Zum Teil II Punkt 1 Ihres Antrags: Auf dem 2. Woh- bei ihrer Absicht der energetischen Sanierung un- nungsgipfel wurde betont, dass in Thüringen keine terstützen, fordern Sie die Vermieter erneut zur Wohnungsnot besteht. Der Wohnungsmarkt ist ge- Kasse. Liberale stehen für Freiwilligkeit bei der spalten. Das wurde schon gesagt. Eine angespann- energetischen Sanierung, ein faires, modernes te Wohnungssituation gibt es in den Städten Erfurt, Mietrecht und einen fairen Wettbewerb. In Deutsch- Jena und Weimar. Auf dem Land ist genau das Ge- land gibt es ca. 40 Millionen Wohnungen. Knapp genteil der Fall. 2013 wurde das Wohnungsbauge- 24 Millionen sind Mietwohnungen. Die Versorgung setz beschlossen, wo es gerade im Bereich des so- mit qualitativ gutem Wohnraum zu angemessenen zialen Wohnungsbaus darum ging, für betroffene Preisen wird demzufolge überwiegend durch die Zielgruppen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. privat organisierte Wohnungswirtschaft gewährleis- Weiterhin wurde jüngst eine Vereinbarung „Bündnis tet. Ihre Forderungen führen dazu, dass sich diese für gutes Wohnen in Thüringen“ unter Beteiligung aus der Immobilienwirtschaft zurückziehen wird. der betroffenen Städte Erfurt, Weimar und Jena ge- Die FDP-Fraktion will dieses auf keinen Fall. Nach troffen. Inhalt ist unter anderem die Mobilisierung Angaben von Wohnungsbauunternehmen liegen in möglicher Flächen zur Baulandausweisung, insbe- Thüringen die Durchschnittsmieten, wie eben schon 14978 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Abg. Untermann) gesagt, bei ca. 5,60 €. Um wirtschaftlich zu arbei- Wir haben im Ausschuss tatsächlich eine Anhörung ten, sind jedoch 9 bis 10 € pro Quadratmeter not- durchgeführt und es gab umfangreiche Stellung- wendig. Die Mietpreisobergrenze und die Mietpreis- nahmen. Es gab auch die Ansage, man müsse bremse stellen für Thüringen keine Lösung dar, le- möglicherweise auch nur für einzelne Quartiere so diglich einen ordnungspolitischen Eingriff bei der eine Kappungsgrenze prüfen, es ging mal um Prü- Immobilienwirtschaft, und sind für mich nicht akzep- fung, mit der Ankündigung, sich dazu die Zahlen tabel. Den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN genau anzuschauen. Irgendwann war auch einmal werden wir ablehnen und beim Alternativantrag, der die Rede davon, dass das jetzt Geheimgespräche mir zu schwammig und eigentlich nichts Neues ist, mit den Kommunen seien. Das ist schon ein bizar- werden wir uns enthalten. Ich danke Ihnen für die rer Werdegang, den dieser Antrag dort genommen Aufmerksamkeit. hat. (Beifall FDP) (Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Geheim- gespräche machen ja viele.) Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Ja, das kann sein, Herr Mohring. Auch die Landes- Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat regierung führt offensichtlich Geheimgespräche. Frau Abgeordnete Schubert das Wort. Wir sind der Meinung, wir müssen für die Men- schen jetzt etwas tun. Es ist auch gar keine Frage, Abgeordnete Schubert, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass wir Wohnungsneubau brauchen, aber der NEN: greift eben nicht von heute auf morgen. Ich finde es einfach ungerecht, wenn diese Menschen - Frau Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Sedlacik hat es zitiert, die Bertelsmann-Studie sagt Herren, heute Vormittag war viel die Rede davon, es auch -, dass arme Menschen nur ein paar hun- dass es den Menschen in Thüringen besserginge dert Euro zum Leben haben, weil sie so viel für die als vor fünf Jahren. Das mag sogar zutreffen. Ich Miete bezahlen. Das ist eine Situation, die ist, rela- kenne die Quellen für diese Behauptung nicht. Für tiv zum Einkommen gesehen, genauso schlimm wie einige Menschen, die anlasslose Mietsteigerungen in München. Den Menschen in Jena, denen das so hinnehmen mussten, ist das definitiv nicht so. geht, ist ziemlich wurscht, dass sie nicht in einem (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ballungsraum wohnen, wo das sozusagen flächen- deckend der Fall ist. Und wir als Grüne wollen uns auch um diese, wenn Sie so wollen, Minderheit kümmern, die es definitiv (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ist in Thüringen, das ist gar keine Frage. Aber im- Es geht hier möglicherweise um viele Einzelfälle; mer wieder beim Urschleim anzufangen und hier das wissen wir nicht, denn diese Prüfung mit ge- die Durchschnittsmieten in Thüringen zu bemühen, nauen Zahlen ist am Ende nicht erfolgt. Es war eine das finde ich schon mühsam. Da geht viel von der Absichtserklärung, hier eine genaue Prüfung vorzu- Rede eben dabei drauf, wieder aufzuklären, anstatt nehmen, um dann auch zu einem belastbaren Er- Argumente auszutauschen. gebnis zu kommen. Am Ende ist das Bündnis für Man muss trennen: Es gibt eine Mietpreisbremse gutes Wohnen übrig geblieben. Ich habe dann hin- für Neu- und Wiedervermietung und die wird gera- terher überlegt, dass es möglicherweise auch dem de von CDU und SPD auf Bundesebene verhan- Minister vielleicht zu peinlich war, diese zweite Sei- delt. Das, was wir in Thüringen wollen, ist die Aus- ten Papier, die entstanden sind. Beim Wohnungs- nutzung einer Ermächtigung, die es schon seit über gipfel jedenfalls wurden sie nicht verteilt, da wusste einem Jahr gibt - so lange wurde ja auch der Antrag das Publikum gar nicht, worüber die vorn reden. im Ausschuss geparkt - und die im Bestand eine Die Moderatorin und die OBs hatten es, sonst hatte Kappungsgrenze einführen will, damit die Mieten es niemand und auf der Homepage ist es auch nicht so stark steigen, einfach nur, weil der Markt nicht zu finden. Es könnte ein Hinweis darauf sein, es hergibt, ohne dass der Vermieter an der Woh- dass man auf dieses Papier nicht allzu stolz sein nung irgendetwas besser gemacht hat. Darum geht kann. es. Das Verhalten der Oberbürgermeister, ich glaube, (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) alle mit SPD-Parteibuch, Frau Doht, ist in der Tat nicht besonders rühmlich, keine Frage. Da haben Die SPD wollte sich da immer gern einen schlanken die Kommunen sich nicht mit Ruhm bekleckert. Fuß machen mit dem Verweis, das sei alles auf Man kann jetzt als Landesregierung hergehen und Bundesebene. Das ist eben nicht so; diese Verord- sagen, na ja, wenn die Kommunen nicht danach nung gibt es seit einem Jahr und Thüringen nutzt schreien, warum sollen wir uns dann aus dem Fen- sie nicht. ster lehnen. Auf diese Position kann man sich stel- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) len. Es hat nur einen Haken: Die Mieter und Miete- rinnen, die das betrifft, die sehen in die Röhre. Ich Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14979

(Abg. Schubert) finde, die haben zumindest den Anspruch, dass Carius, Minister für Bau, Landesentwicklung man diese genaue Prüfung einfach einmal vor- und Verkehr: nimmt. Möglicherweise kommt man dann bei Ein- Wenn Sie mich jetzt so auffordern, dann mache ich zelquartieren zu dem Ergebnis, es ist wirklich nicht es auch ganz kurz, meine sehr verehrten Damen sinnvoll. Aber wir sind ja nicht einmal so weit ge- und Herren. Das Bündnis für gutes Wohnen, was kommen. wir zwischen den Thüringer Städten und der Woh- Frau Doht, Sie sagen, der Druck auf die Städte nungswirtschaft abgeschlossen haben, ist ein gutes würde dann zunehmen. Das ist nun wirklich kein Bündnis. Daran war in der Sache überhaupt nichts Argument, denn Sie wollen ja im Prinzip das Glei- geheim zu halten, Sie haben das Papier bekom- che. Sie wollen die Entspannung des Wohnungs- men. Wir sind stolz darauf, dass es gelungen ist, marktes mit Wohnungsneubau, der möglicherweise uns mit den Städten darauf zu verständigen, tat- kommt, aber erst in ein paar Jahren. Dann ist der sächlich etwas für Wohnungsbau zu tun, tatsächlich Druck auf die Städte genauso, weil es den Men- etwas für die Entspannung am Wohnungsmarkt zu schen ziemlich egal ist, warum die Miete gering ist, tun. ob durch eine Mietpreisbremse oder durch mehr (Beifall CDU) Wohnungsbau. Von daher sind wir der Meinung, das ist absolut kein Argument, hier auf eine genaue Ich glaube, das ist auch ein wichtiges Signal, weil Prüfung zu verzichten. nach den Beiträgen, zumindest von der Seite, an- gefangen von Frau Doht bis zu Herrn Untermann Die anderen Punkte, darauf hat auch Frau Sedlacik und Herrn Wetzel, völlig klar ist, wenn wir Woh- hingewiesen, sind leider untergegangen und da nungsmangel an der einen oder anderen Stelle ha- muss ich mich auch schon fragen, wo hier die SPD ben und etwas dagegen tun wollen, dann jedenfalls ist. Im Moment ist es so, jemand hat einen Mietver- nicht so, dass wir Eigentümer vergrätzen und de- trag, darin steht eine gewisse Quadratmeterzahl. nen komplett den Spaß am Investieren verderben. Jetzt stellt der oder die irgendwann fest, die tat- sächliche Größe der Wohnung ist bis zu 10 Prozent (Beifall CDU) geringer. Nach geltendem Recht muss dieser Das ist nämlich das, was im Kern in dem Antrag, Mensch das hinnehmen. Wo bleibt da der Verbrau- cherschutz? (Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Der Neubau ist ausgenom- (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) men. Das haben wir doch schon oft gesagt.) Die SPD hat sich dafür starkgemacht und hat ge- auch in dem Punkt b, den Sie hier haben, und im sagt, das kann nicht sein. In dem Entwurf von Hei- zweiten Punkt drinsteht. Deswegen, meine sehr ko Maas ist das leider nicht zu finden, ist nicht ent- verehrten Damen und Herren, sind wir ganz stolz, halten. Die anderen vier Punkte will ich ganz kurz dass wir dieses Bündnis haben. Wir erwarten, dass erwähnen, drei davon kann man subsumieren unter wir mit den Kommunen gemeinsam etwas in Woh- dem Anspruch, wir wollen nicht die Energiewende nungsraum investieren können, dass wir damit dadurch forcieren - weil das gar nicht geht -, indem wirklich etwas dafür tun, die Situation am Woh- wir die Rechte der Mieter und Mieterinnen ein- nungsmarkt zu entspannen. schränken. Das ist der falsche Weg. Den Mietspie- gel auf Basis eines längeren Zeitraums zu erstellen, Dann darf ich vielleicht noch abschließend sagen, macht Sinn, weil er sonst, wenn er auf Mietsteige- meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau rungen von wenigen Jahren beruht, dazu führen Sedlacik, ich weiß immer nicht, in welcher Welt Sie wird, dass die Mieten in Zukunft noch stärker stei- eigentlich leben. Hier zu behaupten, nur 1 Prozent gen. der sozial Schwachen könnten sich ihre Wohnung noch leisten - also, ich weiß nicht. Wir haben Woh- Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich plä- nungsbauförderung, wir haben Wohngeld, was wir diere noch einmal dafür, sich hier bewusst zu wer- den Menschen zur Verfügung stellen. Ich weiß den, um was es geht, und bitte um Zustimmung zu nicht, woher Sie diese Beispiele nehmen, aus dem unserem Antrag. Vielen Dank. Kommunistischen Manifest oder sonst woher, (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Unruhe DIE LINKE) Vizepräsidentin Dr. Klaubert: wo Sie Ihre wohnungspolitische Agenda immer wie- der abschreiben. Ich glaube, wir haben hier keinen Für die Landesregierung möchte Herr Minister Cari- Wohnungsmangel, sondern wir haben eine gute Si- us sprechen? Ja. tuation. Wir haben in den meisten Städten auch noch wirklich einen Leerstand, mit dem wir uns her- umschlagen müssen. Wir wären gut beraten, wenn wir tatsächlich mit den Kommunen gemeinsam Maßnahmen ergreifen. Sie halten mir vor, dass das 14980 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014

(Minister Carius) etwas zu dürftige Appelle wären. Ich hätte von den bürgermeister das Bündnis für gutes Wohnen mit Kommunen auch gern noch mehr fordern können, unterschrieben haben, selbst ein großes Interesse aber es ist am Ende so, dass die Kommunen ge- haben, sich hier auch selbst in die Verantwortung sagt haben, lasst uns das mal ein bisschen sanfter begeben und ihre Mitarbeiter zu den Beratungen formulieren, damit wir damit auch vernünftig zu- schicken. rechtkommen. Ich sehe doch überhaupt gar keinen (Beifall CDU) Grund darin. Wenn Kommunen von sich aus sagen, wir wollen etwas tun, wir sehen auch, dass wir uns hier mit der Mietobergrenze am Ende gar nicht rich- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: tig helfen, dann sollten wir sie auf diesem Weg un- Ich schließe jetzt die Aussprache. Wir kommen zur terstützen und ihnen nicht noch vorschreiben, dass Abstimmung - als Erstes zu Nummer II aus dem wir das noch stärker formulieren, nur damit viel- Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in leicht Frau Sedlacik Gefallen daran findet. Insofern, der Drucksache 5/6184 in der Neufassung. Wer herzlichen Dank. dieser Nummer II zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage durch die die Stimmen aus der SPD-, der CDU- und der FDP- Frau Abgeordnete Dr. Lukin? Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthal- tungen gibt es nicht. Damit ist diese Nummer II aus Carius, Minister für Bau, Landesentwicklung dem Antrag abgelehnt. und Verkehr: Ich rufe den Alternativantrag auf. Hier ist natürlich Bitte schön. keine Ausschussüberweisung beantragt worden, sondern die direkte Abstimmung. Wer diesem Alter- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: nativantrag in der Drucksache 5/8037 zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind Bitte schön. die Stimmen aus der SPD- und der CDU-Fraktion. Ich frage nach den Gegenstimmen. Gegenstimmen Abgeordnete Dr. Lukin, DIE LINKE: gibt es nicht. Jetzt frage ich nach den Stimmenthal- Vielen Dank, Frau Vorsitzende. Herr Minister, eine tungen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen kurze Fachfrage, hier wurde eine zu gründende Ar- DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. beitsgruppe Wohnen erwähnt. In der gestrigen Damit ist dieser Alternativantrag angenommen wor- Stadtratssitzung in Jena wurde gesagt, dass der den. erste Termin dieser Arbeitsgruppe der 08.07. gewe- Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9 und ver- sen wäre, außer den Jenaern sei aber niemand an- einbarungsgemäß auch den heutigen Plenarsit- gereist. Könnten Sie bitte sagen, wann diese Ar- zungstag. Wir sehen uns morgen um 9.00 Uhr wie- beitsgruppe ins Leben gerufen wird, ob das eine Art der. Ich wünsche einen wunderbaren Abend. Fehlalarm war oder wann es losgeht?

Carius, Minister für Bau, Landesentwicklung Ende: 19.16 Uhr und Verkehr: Wir haben einen ersten Termin bereits durchgeführt und es sind weitere Termine vereinbart worden, worüber alle Städte noch einmal informiert wurden. Ich gehe davon aus, dass die Städte, deren Ober- Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode - 159. Sitzung - 17.07.2014 14981

Anlage Namentliche Abstimmung in der 159. Sitzung am 17.07.2014 zum Tagesordnungspunkt 6 Thüringer Gesetz zur Neuregelung der als Maßregel angeordneten Unterbringung und ähnlicher Unterbringungsmaßnahmen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/7580 -

1. Adams, Dirk nein 47. Künast, Dagmar (SPD) ja (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 48. Kummer, Tilo (DIE LINKE) nein 2. Augsten, Dr. Frank nein 49. Kuschel, Frank (DIE LINKE) nein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 50. Lehmann, Annette (CDU) ja 3. Bärwolff, Matthias (DIE LINKE) nein 51. Leukefeld, Ina (DIE LINKE) nein 4. Barth, Uwe (FDP) 52. Lieberknecht, Christine (CDU) 5. Baumann, Rolf (SPD) ja 53. Lukasch, Ute (DIE LINKE) nein 6. Bergemann, Gustav (CDU) ja 54. Lukin, Dr. Gudrun (DIE LINKE) nein 7. Bergner, Dirk (FDP) 55. Marx, Dorothea (SPD) ja 8. Berninger, Sabine (DIE LINKE) nein 56. Matschie, Christoph (SPD) ja 9. Blechschmidt, André nein 57. Meißner, Beate (CDU) ja (DIE LINKE) 58. Metz, Peter (SPD) 10. Carius, Christian (CDU) ja 59. Meyer, Carsten nein 11. Diezel, Birgit (CDU) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 12. Döring, Hans-Jürgen (SPD) ja 60. Möller, Dirk (DIE LINKE) nein 13. Doht, Sabine (SPD) ja 61. Mohring, Mike (CDU) ja 14. Eckardt, David-Christian (SPD) ja 62. Mühlbauer, Eleonore (SPD) ja 15. Emde, Volker (CDU) ja 63. Nothnagel, Maik (DIE LINKE) 16. Fiedler, Wolfgang (CDU) nein 64. Pelke, Birgit (SPD) 17. Gentzel, Heiko (SPD) ja 65. Pidde, Dr. Werner (SPD) ja 18. Grob, Manfred (CDU) ja 66. Primas, Egon (CDU) ja 19. Groß, Evelin (CDU) ja 67. Ramelow, Bodo (DIE LINKE) 20. Günther, Gerhard (CDU) 68. Reinholz, Jürgen (CDU) ja 21. Gumprecht, Christian (CDU) ja 69. Rothe-Beinlich, Astrid nein 22. Hartung, Dr. Thomas (SPD) ja (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 23. Hausold, Dieter (DIE LINKE) 70. Scheerschmidt, Claudia (SPD) ja 24. Hellmann, Manfred (DIE LINKE) 71. Scherer, Manfred (CDU) ja 25. Hennig-Wellsow, Susanne 72. Scheringer-Wright, Dr. Johanna nein (DIE LINKE) (DIE LINKE) 26. Hey, Matthias (SPD) ja 73. Schröter, Fritz (CDU) ja 27. Heym, Michael (CDU) ja 74. Schubert, Jennifer nein 28. Hitzing, Franka (FDP) Enthaltung (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 29. Höhn, Uwe (SPD) ja 75. Sedlacik, Heidrun (DIE LINKE) 30. Holbe, Gudrun (CDU) ja 76. Siegesmund, Anja nein 31. Holzapfel, Elke (CDU) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 32. Huster, Mike (DIE LINKE) 77. Skibbe, Diana (DIE LINKE) 33. Jung, Margit (DIE LINKE) nein 78. Sparmberg, Gisela (FDP) Enthaltung 34. Kalich, Ralf (DIE LINKE) nein 79. Stange, Karola (DIE LINKE) nein 35. Kanis, Regine (SPD) ja 80. Tasch, Christina (CDU) ja 36. Kaschuba, Dr. Karin nein 81. Taubert, Heike (SPD) ja (DIE LINKE) 82. Untermann, Heinz (FDP) Enthaltung 37. Kellner, Jörg (CDU) ja 83. Voigt, Dr. Mario (CDU) ja 38. Kemmerich, Thomas L. (FDP) Enthaltung 84. Walsmann, Marion (CDU) 39. Klaubert, Dr. Birgit (DIE LINKE) nein 85. Weber, Frank (SPD) ja 40. König, Katharina (DIE LINKE) nein 86. Wetzel, Siegfried (CDU) ja 41. Koppe, Marian (FDP) 87. Worm, Henry (CDU) ja 42. Korschewsky, Knut (DIE LINKE) 88. Wucherpfennig, Gerold (CDU) ja 43. Kowalleck, Maik (CDU) ja 44. Krauße, Horst (CDU) ja 45. Krone, Klaus von der (CDU) ja 46. Kubitzki, Jörg (DIE LINKE) nein