(Ausgegeben am 12. Mai 2010)

Niedersächsischer Landtag

Stenografischer Bericht

71. Sitzung

Hannover, den 30. April 2010

Inhalt:

Tagesordnungspunkt 30: Christian Wulff, Ministerpräsident ...... 8880, 8884, 8886, 8888 Mitteilungen des Präsidenten ...... 8871 Marianne König (LINKE) ...... 8881, 8892 (GRÜNE) ...... 8881, 8891 Zur Geschäftsordnung: (GRÜNE) ...... 8882 Heiner Bartling (SPD)...... 8871, 8874 Klaus Schneck (SPD)...... 8883 Hartmut Möllring, Finanzminister ...... 8871, 8872 (GRÜNE)...... 8883 Stefan Wenzel (GRÜNE) ...... 8872 Kreszentia Flauger (LINKE) ...... 8884 Björn Thümler (CDU) ...... 8873 (GRÜNE)...... 8885 Christa Reichwaldt (LINKE) ...... 8874 Hans-Jürgen Klein (GRÜNE)...... 8885 Christian Grascha (FDP)...... 8875 (GRÜNE)...... 8885, 8890 Kurt Herzog (LINKE)...... 8887 Tagesordnungspunkt 31: Dieter Möhrmann (SPD)...... 8888, 8890 Heinrich Aller (SPD)...... 8888 Mündliche Anfragen - Drs. 16/2415...... 8875 (GRÜNE) ...... 8889 Helmut Dammann-Tamke (CDU)...... 8891 Frage 1: Heiner Schönecke (CDU)...... 8892 Virtuelle Wälder für tierisch echte Mastställe? ... 8876 Renate Geuter (SPD)...... 8892 Karin Stief-Kreihe (SPD) ...... 8876, 8880, 8889 (Beantwortung der Fragen 2 bis 55 im Anhang zum Stenografi- schen Bericht) Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Klimaschutz ...... 8876 bis 8893 Tagesordnungspunkt 32: Rolf Meyer (SPD)...... 8877, 8878 Karl Heinz Hausmann (SPD) ...... 8877 Erste Beratung: Brigitte Somfleth (SPD) ...... 8878, 8889 Gerecht, leistungsfähig, krisenfest: Die Kranken- Wiard Siebels (SPD)...... 8878, 8886 und Pflegeversicherung zur solidarischen Bür- Ronald Schminke (SPD) ...... 8878 gerversicherung weiterentwickeln - Antrag der Sigrid Rakow (SPD)...... 8879, 8887 Fraktion der SPD - Drs. 16/2406 ...... 8893 (GRÜNE)...... 8879 Uwe Schwarz (SPD) ...... 8893, 8899 Wolfgang Jüttner (SPD)...... 8879, 8886 Clemens Lammerskitten (CDU) ...... 8896 Christian Meyer (GRÜNE)...... 8880, 8888 Ursula Helmhold (GRÜNE) ...... 8897 Andrea Schröder-Ehlers (SPD) ...... 8880, 8882 Roland Riese (FDP)...... 8898, 8900, 8901

Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

Patrick-Marc Humke-Focks (LINKE) ...... 8900, 8902 Karl-Heinz Klare (CDU)...... 8926 Aygül Özkan, Ministerin für Soziales, Frauen, Fa- Ausschussüberweisung (TOP 35 und TOP 36)...... 8927 milie, Gesundheit und Integration...... 8902 Ausschussüberweisung...... 8902 Tagesordnungspunkt 37:

Tagesordnungspunkt 33: Erste Beratung: Sexuellen Missbrauch an Kindern verhindern - Erste Beratung: Charité-Präventionsprojekt "Dunkelfeld" als Sport in Niedersachsen - Antrag der Fraktionen der einen Baustein in der Präventionsarbeit auch in CDU und der FDP - Drs. 16/2407...... 8903 Niedersachsen etablieren - Antrag der Fraktion Angelika Jahns (CDU) ...... 8903 Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2416 ...... 8927 Hans-Werner Schwarz (FDP) ...... 8905 Miriam Staudte (GRÜNE)...... 8927, 8930 Karl Heinz Hausmann (SPD) ...... 8905 Dorothee Prüssner (CDU) ...... 8929 Ralf Briese (GRÜNE)...... 8907 Roland Riese (FDP) ...... 8930 Hans-Henning Adler (LINKE)...... 8908 Petra Tiemann (SPD) ...... 8931 Uwe Schünemann, Minister für Inneres und Patrick-Marc Humke-Focks (LINKE)...... 8932 Sport ...... 8909 Ausschussüberweisung...... 8933 Ausschussüberweisung...... 8911 Tagesordnungspunkt 38: Tagesordnungspunkt 34: Erste Beratung: Erste Beratung: Kommunalverfassungsrecht demokratisieren - Internetkriminalität konsequent bekämpfen! - Kommunalfinanzen reformieren - Antrag der Frak- Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - tion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2417...... 8933 Drs. 16/2408...... 8911 Ralf Briese (GRÜNE) ...... 8933 Rudolf Götz (CDU) ...... 8911 Johanne Modder (SPD) ...... 8935 Jürgen Krogmann (SPD) ...... 8912 Hans-Henning Adler (LINKE) ...... 8937 Ralf Briese (GRÜNE)...... 8914 Heinz Rolfes (CDU)...... 8938 Kreszentia Flauger (LINKE) ...... 8915 Jan-Christoph Oetjen (FDP)...... 8940 Jan-Christoph Oetjen (FDP)...... 8916 Uwe Schünemann, Minister für Inneres und Uwe Schünemann, Minister für Inneres und Sport ...... 8940 Sport ...... 8916, 8918 Ausschussüberweisung...... 8942 Helge Limburg (GRÜNE) ...... 8918 Ausschussüberweisung...... 8918 Persönliche Bemerkung: Bernd-Carsten Hiebing (CDU) ...... 8942 Tagesordnungspunkt 35: Nächste Sitzung ...... 8942 Erste Beratung: Schülerinnen und Schüler an berufsbildenden Schulen und in Ausbildungsbetrieben für den eu- Anlagen zum Stenografischen Bericht ropäischen Arbeitsmarkt fit machen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/2409.....8918 Tagesordnungspunkt 31: und

Tagesordnungspunkt 36: Mündliche Anfragen - Drs. 16/2415

Erste Beratung: Anlage 1: Alle allgemeinbildenden Schulen des Sekundar- Polizeieinsatz in Afghanistan - Betreuung der bereichs müssen Verantwortung übernehmen für Polizisten die Berufsorientierung und für den Übergang der Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport auf Schülerinnen und Schüler in Berufsausbildung die Frage 2 der Abg. Jan-Christoph Oetjen und und Studium - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Christian Grascha (FDP) ...... 8943 Grünen - Drs. 16/2413...... 8919 Frank Mindermann (CDU)...... 8919 Anlage 2: Was tut die Landesregierung, um sexuellen Ina Korter (GRÜNE)...... 8920, 8923, 8925, 8926 Missbrauch an Schulen, Internaten und Kinder- Christa Reichwaldt (LINKE)...... 8921, 8925 tageseinrichtungen zu verhindern? Claus Peter Poppe (SPD) ...... 8922, 8924 Antwort des Kultusministeriums auf die Frage 3 der Björn Försterling (FDP) ...... 8924 Abg. Ina Korter (GRÜNE)...... 8947

II Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

Anlage 3: Anlage 12: Ist der Einsatz der Überwachungsdrohne recht- Werden die Abiturienten des Doppeljahrganges mäßig? 2011 in ihren Chancen auf einen Medizinstu- Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport auf dienplatz benachteiligt? die Frage 4 der Abg. Pia-Beate Zimmermann (LIN- Antwort des Ministeriums für Wissenschaft und KE)...... 8948 Kultur auf die Frage 13 der Abg. Dr. Gabriele Andretta, Daniela Behrens, Dr. Silke Lesemann, Anlage 4: Matthias Möhle, Jutta Rübke, Stefan Schostok und „Verpolizeilichung kommunaler Feuerwehren“? Wolfgang Wulf (SPD) ...... 8960 Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 5 des Abg. Reinhold Coenen (CDU)...... 8949 Anlage 13: Was macht eigentlich Dignitas? Anlage 5: Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, Warum behandelt das Land Horte und Ganz- Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage tagsgrundschulen finanziell unterschiedlich? 14 des Abg. Ralf Briese (GRÜNE)...... 8961 Antwort des Kultusministeriums auf die Frage 6 der Abg. Jutta Rübke und Frauke Heiligenstadt (SPD).. 8951 Anlage 14: Persönlichkeitsrecht und Hubschrauberdrohne Anlage 6: - Wie verträgt sich das? Schwangerschaftsabbrüche in Niedersachsen Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport auf Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, die Frage 15 des Abg. Ralf Briese (GRÜNE)...... 8962 Familie und Gesundheit auf die Frage 7 des Abg. Ronald Riese (FDP)...... 8952 Anlage 15: Gattin ist Gattin, und Schnaps ist Schnaps - Anlage 7: Wie beurteilt die Landesregierung die Vermark- Meldungen nach § 74 Abs. 3 des Bundesberg- tung des „Titels“ „Ehefrau des Ministerpräsi- gesetzes zum Bergwerk Asse bei der nieder- denten Christian Wulff“ für Imagezwecke eines sächsischen Bergaufsicht Schnapsherstellers? Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei auf schutz auf die Frage 8 des Abg. Stefan Wenzel die Frage 16 der Abg. Ursula Helmhold und Helge (GRÜNE) ...... 8953 Limburg (GRÜNE) ...... 8963

Anlage 8: Anlage 16: Sind oder waren Angehörige und V-Leute des „Frischer Fisch unzureichend gekennzeichnet“ niedersächsischen Verfassungsschutzes im - Was weiß die Landesregierung? Niedersächsischen Landtag, im Deutschen Antwort des Ministeriums für Ernährung, Landwirt- Bundestag oder in anderen Parlamenten tätig? schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport auf auf die Frage 17 der Abg. Ronald Schminke und die Frage 9 der Abg. Kreszentia Flauger und Victor Wiard Siebels (SPD)...... 8964 Perli (LINKE)...... 8955 Anlage 17: Anlage 9: Schlaglöcher und Bodenwellen: Warum ist der Ausschreibungspflicht von Kommunen bei Baulastträger noch immer in Unkenntnis der Immobiliengeschäften Lage der L 143? Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 10 des Abg. André Wiese Verkehr auf die Frage 18 der Abg. Daniela Behrens (CDU)...... 8956 (SPD)...... 8967

Anlage 10: Anlage 18: Kostenloses Mittagessen in Werkstätten für Wie geht es weiter mit dem geplanten Land- behinderte Menschen: Ignoriert die Landesre- tagsabriss? gierung höchstrichterliche Rechtsprechung? Antwort des Finanzministeriums auf die Frage 19 Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, der Abg. Ursula Helmhold und Enno Hagenah Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage (GRÜNE) ...... 8968 11 der Abg. Uwe Schwarz, Markus Brinkmann, Marco Brunotte, Ulla Groskurt, Stefan Klein, Mat- Anlage 19: thias Möhle, Petra Tiemann und Ulrich Watermann Wann wird die Barrierefreiheit auf der Heide- (SPD)...... 8958 bahn (KBS 123) umgesetzt, und bleiben die Haltepunkte Suerhop, Wintermoor und Büsen- Anlage 11: bachtal im neuen Fahrplankonzept enthalten? Steht das geplante ethnologische Landesmu- Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und seum in Göttingen vor dem Aus? Verkehr auf die Frage 20 des Abg. Dieter Möhr- Antwort des Ministeriums für Wissenschaft und mann (SPD)...... 8969 Kultur auf die Frage 12 der Abg. Dr. Gabriele Andretta und Daniela Behrens (SPD) ...... 8959

III Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

Anlage 20: Anlage 28: Erweiterung von Kavernen in Niedersachsen - Aussagen der FDP zum Kinder- und Jugend- Werden die Bedenken der Menschen in der schutz in der Netzwelt: Wird die Landesregie- Region durch die Behörden ausreichend be- rung den neuen Jugendmedienschutz-Staats- rücksichtigt? vertrag unterzeichnen? Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei auf Verkehr auf die Frage 21 der Abg. Sigrid Rakow, die Frage 29 der Abg. Stefan Klein, Daniela Beh- Olaf Lies und Wiard Siebels (SPD)...... 8971 rens und Uwe Schwarz (SPD)...... 8983

Anlage 21: Anlage 29: „Ein Minister gibt Gas“ Quo vadis Familienerholung und Familienfrei- Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und zeiten in Niedersachsen? Verkehr auf die Frage 22 des Abg. Enno Hagenah Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, (GRÜNE) ...... 8973 Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage 30 der Abg. Matthias Möhle, Markus Brinkmann, Anlage 22: Marco Brunotte, Ulla Groskurt, Stefan Klein, Uwe Provoziert eine fehlende Zusage der Landesre- Schwarz, Petra Tiemann und Ulrich Watermann gierung beim Ausgleich der Regionalisie- (SPD) ...... 8985 rungsmittel Angebotskürzungen beim ÖPNV? Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Anlage 30: Verkehr auf die Frage 23 des Abg. Enno Hagenah Handel mit Passersatzpapieren in Niedersach- (GRÜNE) ...... 8974 sen: Wann beantwortet die Landesregierung die Fragen zu den Passersatzpapieren? Anlage 23: Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport auf Alles nur heiße Luft? - Die zahlreichen Ankün- die Frage 31 der Abg. Klaus-Peter Bachmann, digungen der Landesregierung zur Rauchmel- Daniela Behrens und Johanne Modder (SPD) ...... 8986 derpflicht in Niedersachsen Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, Anlage 31: Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage „Gülle wird zum Trinkwasserproblem“ - Was tut 24 der Abg. Marco Brunotte, Markus Brinkmann, die Landesregierung? (Teil 1) Ulla Groskurt, Stefan Klein, Matthias Möhle, Uwe Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- Schwarz, Petra Tiemann und Ulrich Watermann schutz auf die Frage 32 der Abg. Sigrid Rakow, (SPD)...... 8975 Renate Geuter und Dieter Möhrmann (SPD) ...... 8987

Anlage 24: Anlage 32: Situation von Contergangeschädigten in Nie- „Gülle wird zum Trinkwasserproblem“ - Was tut dersachsen: Stillstand statt umfassender Teil- die Landesregierung? (Teil 2) habe? Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, schutz auf die Frage 33 der Abg. Renate Geuter, Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage Sigrid Rakow und Dieter Möhrmann (SPD)...... 8989 25 der Abg. Ulrich Watermann, Markus Brinkmann, Marco Brunotte, Ulla Groskurt, Stefan Klein, Mat- Anlage 33: thias Möhle, Uwe Schwarz und Petra Tiemann Straßenverkehrssicherheit in Europa (SPD)...... 8976 Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 34 der Abg. Björn Thümler, Anlage 25: Ernst-August Hoppenbrock, Karsten Heineking, Zukunftsvertrag mit den Hochschulen - Lässt Karl-Heinz Bley, Jörg Hillmer, Carsten Höttcher, die Landesregierung die Hochschulen im Re- Gisela Konrath und Axel Miesner (CDU)...... 8990 gen stehen? Antwort des Ministeriums für Wissenschaft und Anlage 34: Kultur auf die Frage 26 der Abg. Dr. Gabriele Hei- E-Learning in Niedersachsen nen-Kljajić (GRÜNE)...... 8978 Antwort des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf die Frage 35 der Abg. Prof. Dr. Emil Anlage 26: Brockstedt, Christoph Dreyer, Rudolf Götz, Swantje Modellprojekte AQB und VBOP laufen aus - Hartmann, Jörg Hillmer, Jens Nacke, Dorothee Gibt es eine Weiterführung nur auf Kosten der Prüssner, Dirk Toepffer, Karl-Heinz Bley, Norbert Kommunen? Böhlke, Ursula Ernst, Karl-Heinz Klare, Anette Antwort des Kultusministeriums auf die Frage 27 Meyer zu Strohen, Axel Miesner, Heidemarie der Abg. Renate Geuter (SPD)...... 8979 Mundlos und Kai Seefried (CDU) ...... 8993

Anlage 27: Anlage 35: Erfahrungen mit der EU-Dienstleistungsricht- Mehr Kultur - Mehr Europa! linie Antwort des Ministeriums für Wissenschaft und Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Kultur auf die Frage 36 der Abg. Jens Nacke und Verkehr auf die Frage 28 der Abg. Hans-Jürgen Dorothee Prüssner (CDU) ...... 8994 Klein und Enno Hagenah (GRÜNE) ...... 8981

IV Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

Anlage 36: Anlage 45: Abschiebung von zur Ausreise verpflichteten Anforderungen an die planungsrechtliche Er- Personen schließung von Schlachtviehbetrieben im Au- Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport auf ßenbereich - Wie verhält sich die oberste Bau- die Frage 37 des Abg. Reinhold Coenen (CDU)...... 8996 aufsichtsbehörde? Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, Anlage 37: Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage Vorratsdatenspeicherung - Wie geht es weiter? 46 des Abg. Ralf Borngräber (SPD) ...... 9013 Antwort des Justizministeriums auf die Frage 38 des Abg. Hans-Christian Biallas (CDU) ...... 8999 Anlage 46: Dauer des Einbürgerungsverfahrens wegen Anlage 38: linker politischer Ansichten: Ist Janine Menger- Begünstigt der Klimawandel die Verbreitung Hamilton die Einzige? von Tierseuchen? Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport auf Antwort des Ministeriums für Ernährung, Landwirt- die Frage 47 der Abg. Johanne Modder, Klaus- schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung Peter Bachmann, Heiner Bartling, Karl-Heinz auf die Frage 39 der Abg. Martin Bäumer, Clemens Hausmann, Jürgen Krogmann, Sigrid Leuschner, Große Macke und Karl-Heinrich Langspecht (CDU) 9000 Jutta Rübke und Ulrich Watermann (SPD) ...... 9014

Anlage 39: Anlage 47: Partnerschaftlicher Naturschutz - Weiterhin das Welche präventiven Maßnahmen werden im Zukunftsmodell? Rahmen der Arbeit zur Verhinderung von Miss- Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- brauch von Kindern vonseiten des Landes fi- schutz auf die Frage 40 der Abg. Martin Bäumer, nanziell unterstützt? Clemens Große Macke, Karl-Heinrich Langspecht Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, (CDU)...... 9003 Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage 48 der Abg. Miriam Staudte (GRÜNE)...... 9016 Anlage 40: „Hire and Fire“ bei niedersächsischen Lehre- Anlage 48: rinnen und Lehrern? Werden die Sicherheitsanforderungen für die Antwort des Kultusministeriums auf die Frage 41 Lagerung hoch radioaktiven, wärmeent- der Abg. Ina Korter (GRÜNE) ...... 9005 wickelnden Atommülls im stillen Kämmerlein fertiggestellt? Anlage 41: Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- Sicherheitsnachweise für atomare Anlagen bei schutz auf die Frage 49 der Abg. Miriam Staudte Terrorangriffen ausreichend? und Stefan Wenzel (GRÜNE) ...... 9017 Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- schutz auf die Frage 42 der Abg. Dr. Gabriele Hei- Anlage 49: nen-Kljajić, Ursula Helmhold, Miriam Staudte, Ina Finanzhilfe für neue/alte Privatschule in Hanno- Korter und Stefan Wenzel (GRÜNE) ...... 9007 ver Antwort des Kultusministeriums auf die Frage 50 Anlage 42: der Abg. Christa Reichwaldt (LINKE) ...... 9019 Fachtagung zum Salzstock Gorleben Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- Anlage 50: schutz auf die Frage 43 des Abg. Stefan Wenzel Welche Genehmigungen hat die Firma Eckert & (GRÜNE) ...... 9009 Ziegler in Braunschweig zum Umgang mit ra- dioaktiven Stoffen und Abfällen? Anlage 43: Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- Denkmalschutz und Solarenergienutzung schutz auf die Frage 51 der Abg. Ursula Weisser- Antwort des Ministeriums für Wissenschaft und Roelle und Victor Perli (LINKE) ...... 9020 Kultur auf die Frage 44 der Abg. (GRÜ- NE) ...... 9010 Anlage 51: Ist der wiederholte Versuch, der Bürgerinitiative Anlage 44: Lüchow-Dannenberg die Gemeinnützigkeit Wie nachhaltig sind Bioerdbeeren aus Spa- abzuerkennen, ein Fall politisch gewollter Be- nien? hinderung? Antwort des Ministeriums für Ernährung, Landwirt- Antwort des Finanzministeriums auf die Frage 52 schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung des Abg. Kurt Herzog (LINKE)...... 9022 auf die Frage 45 des Abg. Jan Christoph Oetjen (FDP) ...... 9011 Anlage 52: Qualvolle Tiertransporte in Niedersachsen die Regel? Antwort des Ministeriums für Ernährung, Landwirt- schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 54 der Abg. Christian Meyer und Miriam Staudte (GRÜNE) ...... 9023

V Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

Anlage 53: Rechtsextremistische Straftaten in Niedersach- sen im ersten Quartal 2010

Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 55 des Abg. Helge Limburg (GRÜNE)...... 9025

VI Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

Vom Präsidium:

Präsident Hermann D i n k l a (CDU) Vizepräsident Dieter M ö h r m a n n (SPD) Vizepräsident Hans-Werner S c h w a r z (FDP) Vizepräsidentin Astrid V o c k e r t (CDU) Schriftführerin Ursula E r n s t (CDU) Schriftführerin Ulla G r o s k u r t (SPD) Schriftführer Wilhelm H e i d e m a n n (CDU) Schriftführer Hans-Jürgen K l e i n (GRÜNE) Schriftführer Lothar K o c h (CDU) Schriftführerin Gabriela Kohlenberg (CDU) Schriftführerin Gisela K o n r a t h (CDU) Schriftführerin Dr. Silke L e s e m a n n (SPD) Schriftführerin Brigitte S o m f l e t h (SPD) Schriftführerin Dörthe Weddige-Degenhard (SPD) Schriftführerin Ursula W e i s s e r - R o e l l e (LINKE)

Auf der Regierungsbank:

Ministerpräsident Christian W u l f f (CDU)

Minister für Inneres und Sport Uwe Schünemann (CDU)

Finanzminister Staatssekretärin Cora H e r m enau , Hartmut M ö l l r i n g (CDU) Finanzministerium

Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit Staatssekretär Heinrich P o t t , und Integration Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit Aygül Ö z k a n (CDU) und Integration

Kultusminister Staatssekretärin Dr. Christine H a w i g h o r s t , Dr. Bernd A l t h u s m a n n (CDU) Kultusministerium

Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Staatssekretär Dr. Oliver L i e r s c h , Jörg Bode (FDP) Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Justizminister Staatssekretär Dr. Jürgen O e h l e r k i n g , Bernhard B u s e m a n n (CDU) Justizministerium

Ministerin für Wissenschaft und Kultur Professorin Dr. Johanna W a n k a (CDU)

Minister für Umwelt und Klimaschutz Staatssekretär Dr. Stefan B i r k n e r , Hans-Heinrich Sander (FDP) Ministerium für Umwelt und Klimaschutz

VII

Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

Beginn der Sitzung: 9.00 Uhr. Präsident Hermann Dinkla: Ich erteile Herrn Minister Möllring das Wort. Präsident Hermann Dinkla: (Wolfgang Jüttner [SPD]: Gibt Herr Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich Möllring jetzt die Erklärung ab? Sehr eröffne die 71. Sitzung im 23. Tagungsabschnitt gut!) des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahl- periode. Hartmut Möllring, Finanzminister: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Tagesordnungspunkt 30: Herren! Die dort zitierte Liste gibt es nicht. Sie ist Mitteilungen des Präsidenten daher nicht existent. (Lachen bei der SPD - Wolfgang Jütt- ner [SPD]: Herr Wallbaum, was Die Beschlussfähigkeit stelle ich zu einem späte- schreiben Sie denn da? Sie sollen die ren Zeitpunkt fest. Wahrheit sagen! Das gibt es doch Geburtstag hat heute der Abgeordnete Patrick- nicht! - Zurufe von der LINKEN - Un- Marc Humke-Focks. Alles Gute im neuen Lebens- ruhe - Glocke des Präsidenten) jahr im Namen des Parlaments! Ich habe Herrn Wallbaum gestern gesagt, dass es (Beifall) eine solche Liste nicht gibt und deshalb über eine derartige Liste nicht diskutiert werden kann. Ich Zur Geschäftsordnung hat sich der Kollege Bart- weiß, dass er vorgestern Herrn McAllister gebeten ling gemeldet. Bitte! hat, diese Liste zu bekommen. Ich habe Herrn McAllister gesagt, eine derartige Liste gibt es nicht, Heiner Bartling (SPD): und deshalb kann man sie auch nicht herausge- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und ben. Es ist richtig, dass wir seit - - - Herren! Ich beantrage im Namen der SPD-Fraktion (Kreszentia Flauger [LINKE]: Dann die Aufnahme eines Tagesordnungspunktes „Re- kann Herr Wulff ja eine Nichtregie- gierungserklärung Teil II im Detail“, der heute be- rungserklärung halten! - Unruhe - handelt werden sollte. Glocke des Präsidenten) (Beifall bei der SPD und bei der LIN- - Nein, wir regieren schon. KEN) (Lachen bei der LINKEN) Was wir heute Morgen in einer großen hannover- schen Zeitung lesen konnten, war das, was uns Zum Regieren gehört eben auch, dass man einen am Mittwoch vorenthalten worden ist. Wir haben Haushaltsplanentwurf vorlegt, der beratungsfähig am Mittwoch Inhaltsleeres, nichts Konkretes ge- ist. An diesem Haushaltsplanentwurf arbeiten wir hört. Heute steht in einer dieser großen Zeitungen, sehr intensiv. Sie kennen das Verfahren - Sie ha- was alles die Landesregierung vorhat. Eine ben ja zum Teil selbst Regierungserfahrung -, Staatssekretärsrunde soll sich schon einig gewor- (Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist lange den sein. Herr Bode ist noch nicht ganz dabei. her!) Meine Damen und Herren, das wäre Inhalt einer dass zunächst die Beamtengespräche zwischen Regierungserklärung gewesen! den Häusern stattfinden und dass es dann, soweit darin keine Einigung erzielt wird, (Starker Beifall bei der SPD und bei der LINKEN) (Wolfgang Jüttner [SPD]: Dann wird es politisch: Staatssekretäre!) Deshalb stelle ich noch einmal formell den Antrag, dass die Tagesordnung um einen entsprechenden Ministergespräche gibt, an denen regelmäßig Mi- Tagesordnungspunkt erweitert wird und sich der nister, Staatssekretär, Haushaltsabteilungsleiter Herr Ministerpräsident zu den Themen äußert. und Haushaltsreferent des einen Ressorts auf der einen Seite und die entsprechenden Personen aus (Beifall bei der SPD und bei der LIN- dem Finanzressort auf der anderen Seite teilneh- KEN) men. Wenn man dort keine Einigung erzielt, trägt

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man den Sachstand dem Kabinett vor. Letztendlich (Beifall bei den GRÜNEN, bei der muss das Kabinett entscheiden. Das wird das Ka- SPD und bei der LINKEN) binett auf seiner Haushaltsklausur im Juni auch Dann haben Sie angekündigt, dass im Januar auf tun. Bis dahin gibt es keine Listen. Es kann solche der Klausur Beschlüsse fallen. Dort haben Sie eine Listen auch gar nicht geben, weil sie nicht mitein- großartige globale Minderausgabe beschlossen. ander abgestimmt sind. Das war wirklich ein heroischer Entschluss. Und (Wolfgang Jüttner [SPD]: Was?) jetzt erfahren wir, zwei Tage nach der Regierungs- erklärung des Ministerpräsidenten, plötzlich die Es gibt vorbereitende Gespräche, aber keine Ge- Details Ihrer Pläne aus der Zeitung. - Meine Da- spräche auf Ministerebene und schon gar nicht men und Herren, so stelle ich mir die Zusammen- einen Vorschlag für das Kabinett. arbeit, die Herr Wulff der Opposition angeboten (Beifall bei der CDU und bei der FDP) hat, nicht vor!

Präsident Hermann Dinkla: (Starker Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN) Zur Geschäftsordnung erteile ich dem Kollegen Wenzel das Wort. Insofern, meine Damen und Herren, unterstütze ich mit aller Kraft den Vorschlag des Kollegen Bart- (David McAllister [CDU] - zu Christian ling von der SPD-Fraktion. Dürr [FDP] -: Christian, gib mir mal die Liste! - Heiterkeit bei der CDU und bei Ich danke Ihnen. der FDP) (Beifall bei den GRÜNEN, bei der Stefan Wenzel (GRÜNE): SPD und bei der LINKEN) Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Präsident Hermann Dinkla: Herr Finanzminister, Sie haben sehr lange hier geleugnet, dass es irgendwelche Auswirkungen Herr Minister Möllring, bitte! der Finanzkrise auf den Haushalt in Niedersachsen gibt. Hartmut Möllring, Finanzminister: (Widerspruch bei der CDU - Karl-Heinz Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Klare [CDU]: Hast du gestern nicht zu- Herren! Herr Wenzel, ich habe hier immer das gehört? - Ulf Thiele [CDU]: Das, was vorgetragen, was Fakt war. Sie hier machen, ist unredlich! - Unruhe Die Finanzkrise hat vor drei Jahren, im Jahre 2007, - Glocke des Präsidenten) begonnen. Im Sommer 2007 ist als Erstes die IKB - Herr Thiele, wir können uns im Detail angucken, in Bedrängnis gekommen und musste dann geret- wie lange der Finanzminister hier im Plenum ge- tet werden. 2007 ist die Sachsen LB in Bedrängnis leugnet hat, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise, gekommen und musste dann gerettet werden. Sie der Zusammenbruch der Lehman-Brothers-Bank musste letztlich von der WestLB übernommen irgendwelche Auswirkungen auf den Haushalt des werden. Die Weser-Bank, die die meisten von Landes Niedersachsen hat. Ihnen gar nicht kennen werden, ist einfach vom Markt verschwunden. Lehman Brothers war 2008. (Ulf Thiele [CDU]: Sie wissen, dass das nicht stimmt!) In den Haushaltsplänen 2007 und 2008 und auch Laufe des Jahres 2009 waren die Steuereingänge Dann haben wir festgestellt, dass Sie im letzten so wie erwartet. Ende 2009 brachen sie ein. Sie Jahr 2,3 Milliarden Euro Neuverschuldung vorge- alle wissen, weil Sie die Quartalszahlen über die sehen haben, jeweiligen Steuereinnahmen kriegen - zumindest (Ulf Thiele [CDU]: Meinen Sie den der Ausschuss für Haushalt und Finanzen; ich Haushalt 2009, oder was meinen nehme an, dass der jeweilige finanzpolitische Sie?) Sprecher oder Mitglieder des Haushaltsausschus- ses dann, wenn der Fraktionsvorsitzende Interesse in diesem Jahr noch einmal und für das nächste daran hat, ihm diese Zahlen zur Verfügung stellen; Jahr 3,6 Milliarden Euro. Das reicht in drei Jahren das sind ja auch keine Geheimzahlen -, dass wir fast an 10 Milliarden Euro heran. bis November letzten Jahres gute Steuereinnah- men hatten und im Dezember letzten Jahres ent-

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sprechend der Steuerschätzung über 700 Millionen Präsident Hermann Dinkla: Euro in den Länderfinanzausgleich haben zurück- Die Mitglieder der Landesregierung können jeder- zahlen müssen. Wir sind kein Zahlerland gewor- zeit Stellung nehmen. Das brauche ich hier, wie ich den, sondern wir mussten zurückzahlen. glaube, nicht weiter zu erläutern.

Im März dieses Jahres haben wir 611 Millionen (Wolfgang Jüttner [SPD]: Das war ei- Euro - ebenfalls für das Jahr 2009 - zurückzahlen ne Geschäftsordnungsdebatte!) müssen. Das macht zusammen zwischen 1,3 und 1,4 Milliarden Euro, die wir haben zurückzahlen Ich erteile Herrn Kollegen Thümler zur Geschäfts- müssen, weil wir diesen Betrag aufgrund unserer ordnung das Wort. Steuereinnahmen zu viel hatten. Ich habe hier mehrfach erklärt, dass die Umsatzsteuereingänge (Wolfgang Jüttner [SPD]: Aufgewacht, deutlich über dem Soll lagen. Das hat mehrere Herr Thümler? Sehr gut!) Ursachen. Auch diese habe ich hier schon erklärt. Björn Thümler (CDU): Wir haben in der Zukunftsklausur im Januar be- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr schlossen, dass wir im Haushalt 2 % einsparen Kollege Jüttner, ich bin sehr viel ausgeschlafener, wollen, und zwar nicht als globale Minderausgabe, als Sie vielleicht glauben mögen. Dies vorweg. sondern im Rahmen einer ressortspezifischen Um- setzung. Das ist in der Vorbereitung. Das habe ich Zweitens. Sie haben hier gerade wieder bewiesen, vorhin schon gesagt. Diese 2 % entsprechen etwa wie unseriös Sie als Opposition eigentlich sind. 349 Millionen Euro. Warum nicht 500 Millionen, Gerade kam der Zwischenruf: Aber Herr Wallbaum denn der Haushalt umfasst ja 2,5 Milliarden? - Weil hat doch geschrieben! - Herr Wallbaum ist ein sehr wir vorher natürlich den kommunalen Finanzaus- geschätzter Mensch, aber nicht Mitglied der Lan- gleich herausrechnen müssen. desregierung. Sie mögen bedauern, dass das so ist. Von daher müssen Sie ihn vielleicht selber (Wolfgang Jüttner [SPD]: Reden Sie einmal in einer stillen Stunde fragen, woher er zur Geschäftsordnung?) seine Informationen hat. Wir haben diese Informa- tionen nicht. Nach unserer Kenntnis gibt es solche - Sie hatten eine Frage gestellt, und nun habe ich Papiere nicht. Das zeigt - ich habe es gerade sie beantwortet. schon gesagt -, wie unseriös Sie sich hier als Op- position verhalten. (Wolfgang Jüttner [SPD]: Wir haben zur Geschäftsordnung geredet!) Eine dritte Bemerkung: Der Finanzminister hat gerade versucht - das haben Sie, wie ich glaube, Ich dachte, dadurch würde sich das erledigen. Herr aber nicht zur Kenntnis nehmen wollen -, Ihnen Jüttner, der Landtag ist doch völlig frei, über etwas darzustellen, wie Haushaltsberatungen in Nieder- zu diskutieren, was es nicht gibt. Sie können aber sachsen in seriöser Form ablaufen. Wir beschlie- nicht verlangen, dass die Regierung eine Regie- ßen, anders als zu Ihrer Regierungszeit, nicht rungserklärung zu etwas abgibt, was nicht existent Doppelhaushalte, sondern beraten Haushalte im- ist. mer im Jahresvorlauf, die wir im Dezember dann beschließen und in Kraft setzen, damit das jeweili- (Zuruf von der SPD) ge Haushaltsjahr vernünftig ablaufen kann. Zur Vorbereitung finden zwischen Januar und Juni Das wäre eine Phantomdebatte. Es ist gar kein Haushaltsgespräche statt. Danach findet eine Problem, wenn Sie eine solche haben wollen. Sie Klausurtagung des Kabinetts statt, bei der die ein- dürfen sich hinterher aber nicht darüber beschwe- schlägigen Beschlüsse gefasst werden. In der ren, dass der Landtag über eine Regierungserklä- Sommerpause werden dann die ersten Papiere rung debattiert, die ein Thema betrifft, das nicht vervielfältigt. Nach der Sommerpause kann dar- existent ist; denn es können zu diesem Thema über sodann in den Fraktionen und in den Aus- noch keine Erklärungen gegeben werden, weil die schüssen beraten werden. Danach befasst sich entsprechenden Zahlen noch nicht auf dem Tisch das Plenum damit in erster Lesung. In der zweiten liegen. Lesung - normalerweise ist das im Dezember - erfolgt im Plenum dann die Verabschiedung. Vor (Beifall bei der CDU und bei der FDP) diesem Hintergrund kann ich überhaupt nicht er-

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kennen, warum es einer Regierungserklärung be- nen den Antrag nur unterstützen, den Ministerprä- darf. sidenten hier tatsächlich noch einmal zu hören.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das haben (Beifall bei der LINKEN, bei der SPD wir uns auch am Mittwoch gefragt!) und bei den GRÜNEN)

- Wir haben vorgestern hier eine ganz hervorra- Offensichtlich gibt es zumindest schon Vorüberle- gende Regierungserklärung gehört. gungen. Darüber würden wir gern informiert wer- (Beifall bei der CDU und bei der FDP - den. Wir wollen nicht auf eine Kabinettsklausur im Kreszentia Flauger [LINKE]: Wieso Juni warten. Dann beginnt nämlich die lange das denn?) Sommerpause, und das Parlament hätte vorerst nicht mehr die Möglichkeit, sich mit den Plänen - Frau Flauger, Ihr Problem ist doch, dass Sie nicht auseinanderzusetzen. zuhören können. Das beweisen Sie hier jeden Tag aufs Neue. Wir haben es gerade gestern wieder Vielen Dank. erleben dürfen. Sie brauchen heute nur in die ge- (Beifall bei der LINKEN und bei der schätzte HAZ zu schauen. Dort können Sie alles SPD) noch einmal nachlesen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Und Sie Präsident Hermann Dinkla: glauben das?) Herr Kollege Bartling hat noch einmal zur Ge- - Das heißt nicht, dass ich das glaube. Ich war ja schäftsordnung das Wort. dabei. Von daher kann ich bestätigen, was dort steht. Heiner Bartling (SPD): Hören Sie doch einfach einmal zu! Hören Sie auf Herr Thümler, Sie können sicher sein, dass wir uns das, was gesagt wird und wie es gesagt wird! auf eine lange Strecke eingerichtet haben. Dann werden Sie auch verstehen, dass die Regie- rungserklärung alles das, worüber Sie hier jetzt (Heiterkeit und Beifall bei der CDU diskutieren wollen, aufgenommen hat, nämlich den und bei der FDP) Faden gezeigt hat: Niedersachsen hält Kurs 2020. - Täuschen Sie sich nicht darüber, welche Proble- Wir sind, wie der Fraktionsvorsitzende ausführte, me wir Ihnen auf dieser langen Strecke noch berei- auf der Langstrecke unterwegs. Daran müssen Sie ten werden. sich halt gewöhnen. Ich weiß, dass das für Sie schwierig ist. Sie werden aber auch das wahr- Ich sage Ihnen hier nur eines: Es ist völlig korrekt, scheinlich überleben. Dementsprechend lehnen dass der Herr Präsident nach unserer Geschäfts- wir den Antrag ab. ordnung der Regierung jederzeit das Wort erteilen kann. Die Regierung hat hier für die Regierungs- (Beifall bei der CDU und bei der FDP) fraktionen in die Geschäftsordnungsdebatte einge- griffen. Nachdem der Herr Minister hier fast eine Präsident Hermann Dinkla: Regierungserklärung abgegeben hat, möchte ich jetzt den Antrag stellen, dass wir die Debatte über Frau Kollegin Reichwaldt hat zur Geschäftsord- die Haushaltsentwicklung in Niedersachsen eröff- nung das Wort. nen.

Christa Reichwaldt (LINKE): (Lebhafter Beifall bei der SPD, bei Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und den GRÜNEN und bei der LINKEN - Herren! Ich stelle wieder einmal fest, dass Herr Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich melde Thümler offensichtlich eine andere Regierungser- mich schon einmal als erster Redner klärung gehört hat als ich. Uns reicht das, was wir in der Debatte!)) gehört haben, nicht. Das Thema war Vision 2020. Über diese Vision haben wir wenig gehört. Wir Präsident Hermann Dinkla: haben aber viel über die angeblichen Leistungen in Zur Geschäftsordnung erteile ich dem Kollegen der Vergangenheit gehört. Heute haben wir nun Grascha das Wort. den erwähnten Zeitungsbericht gelesen. Wir kön-

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Christian Grascha (FDP): tisch eine Eröffnung der Debatte verbunden. Es Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und obliegt jetzt meiner Entscheidung, ob wir das An- Herren! Wir lehnen beide Anträge ab, und zwar liegen verfolgen wollen oder nicht. aus einem sehr einfachen Grund. Ich lasse zunächst über den zuerst gestellten An- Wir haben eine Regierungserklärung unseres Mi- trag abstimmen. Über den zweiten Antrag werde nisterpräsidenten gehört, die sehr zukunftsweisend ich nicht abstimmen lassen, weil die Vorausset- war und aufgezeigt hat, welche Themen CDU und zung nach § 78 Abs. 3 der Geschäftsordnung nicht FDP bis 2020 in unserem Land angehen werden, erfüllt ist. Insofern stellt sich die Frage einer Eröff- bei denen wir Lösungen anbieten wollen. Das ist nung der Debatte dann nicht. doch ein ganz natürliches Verfahren. Die Landes- Ich lasse jetzt über den Antrag des Kollegen Bart- regierung arbeitet sehr intensiv an den Vorberei- ling abstimmen und frage, ob der Antrag auf Erwei- tungen der Haushaltsberatung. Das ist selbstver- terung der Tagesordnung hier eine Mehrheit findet. ständlich. Wer diesem Antrag des Kollegen Bartling folgen Dass es in einem freien Land, in dem wir eine freie möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ge- Presse haben, Spekulationen in dieser Hinsicht genstimmen? gibt, darf uns nicht verwundern. Wir praktizieren (Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Nackte das übliche Verfahren. Im Juni wird es eine Klau- Angst!) surtagung der Landesregierung geben, in der die Prüfaufträge, die im Januar erteilt wurden, ent- Stimmenthaltungen? - Damit hat der Antrag auf sprechend weiterbearbeitet werden. Wir werden Erweiterung der Tagesordnung keine Mehrheit dann Weiteres darüber erfahren, wie es mit dem gefunden. Landeshaushalt 2011 weitergeht, wie es mit der Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, möchte mittelfristigen Finanzplanung weitergeht. ich noch einige ergänzende Informationen geben. Eines ist doch ganz klar: Diese Debatte zeigt wie- Nach dem Plan soll die heutige Sitzung gegen der einmal, dass Sie der Regierung hinterherlaufen 15.15 Uhr enden. müssen, weil Sie nicht in der Lage sind, eigene Vorschläge zu machen. Ich darf Sie herzlich bitten, Ihre Reden rechtzeitig an den Stenografischen Dienst zurückzugeben. (Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Weil Sie sich im Keller versteckt haben!) Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ih- nen nunmehr die Schriftführerin mit. Sie hätten diesen Tagesordnungspunkt ja im Ältes- tenrat beantragen können. Wir hätten gerne über Schriftführerin Ursula Weisser-Roelle: Ihre Haushaltsvorschläge diskutiert. Wir wären darauf gespannt gewesen. Jetzt laufen Sie uns Guten Morgen, sehr verehrte Kolleginnen und allerdings wieder hinterher. Kollegen! Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung die Ministerin für Ernährung, Vielen Dank. Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landes- entwicklung, Frau Grotelüschen, von der Fraktion (Beifall bei der FDP und bei der CDU - der CDU Herr Ahlers, von der Fraktion der SPD Wolfgang Jüttner [SPD]: Wissen Sie, Herr Tonne und von der Fraktion DIE LINKE Herr was „Bringschuld“ heißt?) Perli. Präsident Hermann Dinkla: Präsident Hermann Dinkla: Zur Klärung: Es liegt ein Antrag des Kollegen Bart- Vielen Dank. - Wir kommen zu Tagesordnungs- ling auf Erweiterung der Tagesordnung vor. Es punkt 31: liegt ein weiterer Antrag vor, die Debatte nach § 78 Abs. 3 zu eröffnen. Letzteres ist nur möglich, wenn Ausführungen im Sinne von § 78 Abs. 3 gemacht Mündliche Anfragen - Drs. 16/2415 worden sind. Herr Minister Möllring hat hier darge- legt, dass er auf eine konkrete Frage des Kollegen Bartling Ausführungen im Rahmen der Debatte zur Hierzu teile ich mit, dass die Frage 53 von den Geschäftsordnung gemacht hat. So kann man es Fragestellern zurückgezogen worden ist. interpretieren. Damit wäre aber noch nicht automa-

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Die für die Fragestunde geltenden Regelungen gehung des Immissionsschutzes. Auch mit dem unserer Geschäftsordnung setze ich als allgemein Landeswaldgesetz sei das nicht vereinbar. bekannt voraus. Wir fragen die Landesregierung: Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, 1. Welche Position - politisch und rechtlich - vertritt bitte ich Sie, sich schriftlich zu Wort zu melden, die Landesregierung zu dem oben genannten Er- wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten. lass, und wie verhält sie sich nach dem Gutachten Ich stelle fest: Es ist 9.19 Uhr. des GBD hierzu?

Wir beginnen mit dem Aufruf der Fragen. (Unruhe)

Wir kommen zu Frage 1: Präsident Hermann Dinkla: Frau Kollegin, kurze Unterbrechung! - Ich bitte, dass die Gespräche in den Fraktionen eingestellt, Virtuelle Wälder für tierisch echte Mastställe? aber zumindest reduziert werden. - Bitte!

Karin Stief-Kreihe (SPD): Dazu erteile ich der Kollegin Stief-Kreihe von der 2. Welchen Denkgesetzen folgt die Hausspitze des SPD-Fraktion das Wort. ML, dass eine Maßnahme durch ihre Unterlassung ausgeglichen werden kann, insbesondere im Hin- Karin Stief-Kreihe (SPD): blick auf die tatsächliche Belastung der Umwelt Meine Damen und Herren! Die Überschrift der durch Emissionen und den Flächenverlust? ersten Frage lautet: „Virtuelle Wälder für tierisch 3. Welche Ziele werden mit dem o. g. Erlass tat- echte Mastställe?“ sächlich verfolgt, bzw. wer wird hierdurch zulasten Die Hannoversche Allgemeine Zeitung titelt am des Allgemeinguts Umwelt bevorteilt, und warum Mittwoch, dem 31. März: „Ehlens Maststalltrick ist ist der Erlass noch nicht zurückgezogen worden? rechtswidrig“. Dies sei das Ergebnis einer gutacht- (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- lichen Überprüfung durch den Gesetzgebungs- NEN und bei der LINKEN) und Beratungsdienst des Niedersächsischen Land- tags. Der Erlass habe zum Ziel, die Genehmigung Präsident Hermann Dinkla: neuer Maststallanlagen zu erleichtern. Bei derarti- Für die Landesregierung antwortet jetzt Herr Minis- gen Neubauten müssen nach Bundes-Immissions- schutzgesetz 150 m Abstand zu Wäldern eingehal- ter Sander. Bitte! ten werden, um diese vor Emissionen, wie z. B. Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Ammoniak, zu schützen. Klimaschutz: Die TAZ vom 31. März 2010 führt hierzu aus, dass Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und bei geplanten Neubauten, die in Waldgebieten Herren! Erlasse der Ministerien sind keine Rechts- liegen, der Erlass folgenden Ausweg hierfür bietet: normen, sondern Anweisungen eines Ministeriums „Der Landwirt beantragt eine Abholz- an die nachgeordneten Behörden oder aber auch genehmigung. Mit dieser darf er sei- reine Hinweise. nen Stall bauen - auch wenn er den (Lachen bei der SPD und bei den Wald nicht abholzt. Der Wald sei ‚als GRÜNEN - Unruhe - Glocke des Prä- nicht vorhanden zu bewerten’, heißt sidenten) es im Erlass, in dem von einer ‚fiktiven Waldumwandlungsgenehmigung’ die Zu den Letzteren gehört der Erlass des ML vom Rede ist.“ 17. Februar 2010, der Hinweise zur Rechtslage bei der Waldumwandlung nach Änderung des Nieder- Fakt ist, dass der zur Abholzung genehmigte Wald sächsischen Gesetzes über den Wald und die stehen bleibt und gleichzeitig als Ausgleichsmaß- Landschaftsordnung vom März vergangenen Jah- nahme angerechnet werden kann. Diese sei vom res enthält. Diese Hinweise schienen erforderlich Waldgesetz für die Beseitigung von Wald vorge- zu sein, weil zahlreiche Landkreise Anfragen zum schrieben. Die HAZ zieht das Fazit, mit dem Erlass Verständnis der Vorschriften und des Verhältnis- würde nur ein Ziel verfolgt: die rechtswidrige Um- ses von Baurecht, Immissionsschutzrecht und

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Waldrecht gestellt hatten. Dieser Erlass scheint in Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und der allgemeinen Öffentlichkeit Missverständnisse Klimaschutz: und Irritationen hervorgerufen zu haben. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und (Zuruf von den GRÜNEN: Auch beim Herren! Herr Kollege Meyer, natürlich war das GBD! - Unruhe - Glocke des Präsi- Umweltministerium eingebunden; denn der Antwort denten) auf die Anfrage können Sie entnehmen, dass es auch um das Immissionsschutzrecht ging. Insofern Der im Erlass beschriebene Sachverhalt hätte waren wir eingebunden. sicherlich mit anderen Worten allgemeinverständli- cher beschrieben werden können. Präsident Hermann Dinkla: Der Erlass vom 17. Februar 2010 wurde am Der Kollege Hausmann von der SPD-Fraktion stellt 28. April 2010 aufgehoben. die nächste Zusatzfrage. (Ah! bei der SPD und bei den GRÜ- NEN - Beifall bei den GRÜNEN und Karl Heinz Hausmann (SPD): bei der LINKEN - Wolfgang Jüttner Herr Minister, ja, ich komme vom Lande. Sie ha- [SPD]: Das ist ja ein Ding!) ben gerade Erlasse und Hinweise in einen Topf Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen geworfen. im Namen der Landesregierung zusammenfas- Wenn ich irgendwo hinfahren will, dann sehe ich send wie folgt: unterwegs Verkehrszeichen und auch Hinweis- Der Erlass vom 17. Februar 2010 sollte eine Hilfe- schilder, z. B. wie ich nach Hannover fahren kann. stellung für die nachgeordneten Behörden sein, Das ist für mich ein Hinweis. Ein Erlass ist für mich um Anträge zur Waldumwandlung zügig und mög- dagegen etwas Bindendes. Erklären Sie mir doch lichst unbürokratisch bearbeiten zu können. einmal den Unterschied: (Lachen bei der SPD und bei den (Ulf Thiele [CDU]: Der Unterschied ist, GRÜNEN - Unruhe - Glocke des Prä- dass es keine Erlassschilder gibt! - sidenten) Gegenruf von Wolfgang Jüttner [SPD]: Das stimmt!) Kernpunkt der Änderung des Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung im Jahr 2009 Wenn ich nach Hannover fahre und ein Hinweis- war, die Voraussetzungen zur Waldumwandlung schild sehe, dann bedeutet das, dass ich so fahren klarer zu fassen und den zuständigen Waldbehör- kann, aber nicht so fahren muss. Ist das beim Er- den einen Ermessensspielraum einzuräumen. lass genauso? Muss ich die auch nicht befolgen?

Die Änderungen bei der Waldumwandlung verfol- (Heiterkeit und Beifall bei der SPD gen das Ziel, einen wirksamen Ausgleich zwischen und bei den GRÜNEN) wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten im ländlichen Raum und dem öffentlichen Interesse Präsident Hermann Dinkla: an der Erhaltung des Waldes sicherzustellen. Herr Minister Sander! (Zustimmung bei der FDP und bei der CDU) Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Klimaschutz: Präsident Hermann Dinkla: Sehr geehrter Herr Kollege Hausmann, Ihre Dar- Der Kollege Meyer von der SPD-Fraktion stellt eine stellung ist nicht ganz richtig. Sie müssen wissen, erste Zusatzfrage. dass jedes Schreiben einer oberen Behörde an eine untere Behörde ein Erlass ist. Insofern gibt es Rolf Meyer (SPD): erhebliche Unterschiede zwischen einem Erlass Ich frage die Landesregierung: Inwieweit war das und Hinweisen. niedersächsische Umweltministerium in die Erar- beitung dieses Erlasses eingebunden? (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Welchen denn? - Wolfgang Jüttner [SPD]: Vor- Präsident Hermann Dinkla: hin haben Sie das Gegenteil erzählt Herr Minister Sander, bitte! und jetzt die Wahrheit!)

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Präsident Hermann Dinkla: Präsident Hermann Dinkla: Herr Kollege Meyer stellt eine weitere Zusatzfrage. Herr Kollege Siebels von der SPD-Fraktion stellt die nächste Zusatzfrage. (Wolfgang Jüttner [SPD]: Heute ist die Landesregierung irgendwie nicht gut Wiard Siebels (SPD): sortiert! - Unruhe - Glocke des Präsi- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau denten) Grotelüschen hat am Dienstag gegenüber dem NDR erklärt, der Waldumwandlungserlass werde Rolf Meyer (SPD): nicht zurückgenommen, sondern bleibe bestehen. Wenn das Umweltministerium in die Formulierung Wer hat Frau Grotelüschen im Vorfeld ihres NDR- des Erlasses eingebunden war, so frage ich, wa- Statements beraten? Hat es eigentlich System, rum es nicht darauf hingewiesen hat, dass diese dass diese Landesregierung eine Ministerin nach Formulierung ein eklatanter Widerspruch zur der anderen vor der Öffentlichkeit bloßstellt? TA Luft ist, zu Ihrem eigenen Erlass aus Ihrem (Beifall bei der SPD und Zustimmung eigenen Hause, Herr Minister Sander. bei der LINKEN)

Präsident Hermann Dinkla: Präsident Hermann Dinkla: Herr Minister Sander! Herr Minister Sander!

Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Klimaschutz: Klimaschutz: Herr Kollege Meyer, nochmals: Das Umweltminis- Herr Kollege Siebels, ich kann Ihnen nicht sagen, terium war eingebunden, als es um Fragen des wer die Ministerin beraten hat. Ich kann Ihnen aber Immissionsschutzrechts ging. Ihre Frage hebt im sagen, dass ich mit der Ministerin noch am Übrigen auf einen Erlass ab, den es nicht mehr 28. April über die Hinweise gesprochen habe. gibt; ich will es aber trotzdem erklären. - In diesem Erlass ging es nur um die Waldumwandlung, die Präsident Hermann Dinkla: ganz klar die Kompetenz des Landwirtschaftsmi- Herr Kollege Schminke von der SPD-Fraktion stellt nisteriums betrifft. die nächste Zusatzfrage.

Präsident Hermann Dinkla: Ronald Schminke (SPD): Frau Kollegin Somfleth von der SPD-Fraktion stellt Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und die nächste Zusatzfrage. Herren! Es gibt nicht nur den Waldumwandlungser- lass, sondern auch das Waldpositionspapier. Wel- Brigitte Somfleth (SPD): che Auswirkungen hat die Tatsache, dass sich die Verbände bis jetzt - über ein Jahr lang - geweigert Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich haben, dieses Waldpositionspapier zu unterzeich- frage die Landesregierung: Welche Bedenken nen? Steht das im Zusammenhang mit der Wald- haben aus den Rechtsabteilungen der Ministerien umwandlung, die gründlich schiefgegangen ist? gegen diesen Erlass vorgelegen? (Beifall bei der SPD) Präsident Hermann Dinkla: Präsident Hermann Dinkla: Herr Minister Sander! Herr Minister Sander! Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Klimaschutz: Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Klimaschutz: Frau Kollegin, Sie wissen aus der Praxis, dass es Herr Präsident! Mein sehr geehrter, lieber, ge- unter Juristen oftmals unterschiedliche Auffassun- schätzter Kollege Schminke! gen gibt. Ich kann mir vorstellen, dass es diese gegeben hat. Letztendlich ist man aber zu diesen (Oh! bei der SPD) Hinweisen gekommen, die den unteren Behörden Dieses Positionspapier steht in keinerlei Zusam- die Arbeit erleichtern sollten. menhang mit diesem Fragenkomplex.

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Präsident Hermann Dinkla: Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Klimaschutz: Frau Kollegin Rakow von der SPD-Fraktion stellt die nächste Zusatzfrage. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hagenah, nach meinem Wis- Sigrid Rakow (SPD): sen und nach dem Wissen meiner Fachleute gab es keinen Einfluss. Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung und beziehe mich dabei auf die Definition von Erlas- (Ina Korter [GRÜNE]: Hat sich keiner sen, die Herr Minister Sander vorhin gegeben hat, nach Ihrem Erlass gerichtet?) dass ein Erlass nur ein Hinweis sei und, wie es angeklungen ist, ein solcher Hinweis relativ locker Präsident Hermann Dinkla: genommen werden dürfe: Dürfen wir den Kollegin- Herr Kollege Jüttner stellt die nächste Zusatzfrage. nen und Kollegen an den Schulen jetzt mitteilen, dass sie mit den Erlassen, die ihnen in reichlicher Wolfgang Jüttner (SPD): Zahl vorliegen, relativ locker umgehen dürfen? Das Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus wäre ihnen sicher eine Freude. meiner Ministerzeit weiß ich, dass ein Erlass (Beifall bei der SPD) rechtsverbindlich ist und ein Schreiben des Minis- ters, in dem er darum bittet, dieses oder jenes zu tun, die gleiche Rechtsqualität hat. Ich frage den Präsident Hermann Dinkla: Niedersächsischen Ministerpräsidenten: Haben wir Herr Minister, bitte! die Bemerkung Ihres Umweltministers so zu ver- stehen, dass Erlasse in Zukunft nicht mehr ver- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und bindlich sind, oder gilt diese von meiner Kollegin Klimaschutz: Rakow als locker bezeichnete Vorgehensweise ausschließlich für das Umweltministerium? Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin, hierbei handelt es sich um (Beifall bei der SPD und Zustimmung behördeninterne Hinweise. So habe ich es Ihnen bei den GRÜNEN) auch in der Antwort der Landesregierung darge- legt. Präsident Hermann Dinkla: Herr Minister Sander! (Wolfgang Jüttner [SPD]: Bei Schule ist das anders, müssen Sie jetzt sagen!) Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Klimaschutz: Präsident Hermann Dinkla: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herr Kollege Hagenah von der Fraktion Bünd- Herren! Herr Kollege Jüttner, aus Ihrer Ministertä- nis 90/Die Grünen stellt die nächste Zusatzfrage. tigkeit müssten Sie aber auch wissen, dass Erlas- se keine Gesetze ersetzen können. Insofern han- Enno Hagenah (GRÜNE): delt es sich in diesem Fall lediglich um Hinweise Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und zwischen der obersten Landesbehörde und den Herren! Es gab zwei Hinweise bzw. Erlasse zu Kommunen, die für die Umsetzung des Waldge- diesem Thema, einen vom 21. Januar dieses Jah- setzes zuständig sind. Ich weiß nicht, wie Sie in res und einen vom 17. Februar dieses Jahres, die Ihrer Zeit Erlasse interpretiert haben. Ich kann jetzt beide zumindest bis zum 28. April Gültigkeit hat- nicht auf die Schnelle überprüfen, was da alles bei ten. Ihnen gelaufen ist. Bitte nehmen Sie es einfach einmal so hin. Ich verstehe Sie wirklich nicht. Ich frage die Landesregierung, ob diese Erlasse (Unruhe - Heiner Bartling [SPD]: Das Einfluss auf entsprechende Bauanträge oder Ge- merken wir! - Glocke des Präsidenten) nehmigungsverfahren gehabt haben. Wenn ja, wie viele waren das im Stallbaubereich? Wir machen eine kommunenfreundliche Politik. Wenn es Schwierigkeiten bei der Auslegung von Präsident Hermann Dinkla: Schreiben der oberen Landesbehörden an die unteren Landesbehörden gibt, dann geben wir Herr Minister Sander! Hinweise zur Anwendung. Insofern gestalten wir

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unsere Politik meines Erachtens kommunalfreund- Präsident Hermann Dinkla: lich. Herr Minister Sander! (Zustimmung bei der FDP und bei der CDU) Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Klimaschutz: Präsident Hermann Dinkla: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Frau Kollegin Stief-Kreihe stellt die nächste Zu- Herren! Nochmals: Die unteren Waldbehörden satzfrage. haben bei der Landesregierung - in diesem Fall beim ML - nachgefragt, wie sie dies in der Praxis Karin Stief-Kreihe (SPD): handhaben sollen. Daraufhin sind diese Hinweise entstanden, um ihnen Hilfen zu gewähren. Diese Herr Minister, welche Gründe haben zu der so Hinweise wiederum haben zu Irritationen geführt, kurzfristigen Rücknahme des Erlasses geführt? weil sie möglicherweise nicht klar verständlich Gab es besondere Hinweise oder Vorkommnisse? waren oder von den unteren Behörden nicht richtig Seien Sie bitte ein bisschen genauer! aufgenommen worden sind. Herr Kollege, Sie ver- Präsident Hermann Dinkla: stehen es immer als Letzter. Herr Minister, bitte! (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wen spricht er jetzt an?) Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Man kann es drei Mal wiederholen, und dann fra- Klimaschutz: gen Sie immer wieder das Gleiche. Außerdem Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und stellen Sie Fragen zu einem Erlass, der gar nicht Herren! Ich meine, in der Antwort auf die Frage mehr besteht. habe ich das ganz klar und deutlich gesagt. Bei der Auslegung dieser Hinweise hat es Irritationen Präsident Hermann Dinkla: gegeben. Deshalb gab es Gespräche mit der Mi- Frau Kollegin Schröder-Ehlers stellt die nächste nisterin, aber auch mit den Fachbeamten. Dabei ist Zusatzfrage. die Bitte geäußert worden, diesen Erlass zunächst einmal zurückzuziehen. Andrea Schröder-Ehlers (SPD): Wichtig ist, dass man nicht nur Hinweise gibt. Herr Präsident! Herr Minister Sander, vor dem Wenn diese zu Irritationen führen, weil es unter Hintergrund, dass wir heute Morgen hier ein be- Umständen sprachliche Schwierigkeiten gibt, muss sonderes Kapitel der Rechtsgeschichte und eine man das in einer Dienstbesprechung dann noch sehr interessante Interpretation von Erlassen ge- einmal nachbearbeiten. Das soll geschehen. Ich hört haben, frage ich den Ministerpräsidenten: glaube, das ist der bessere Weg. Teilen Sie die Rechtsauffassung Ihres Ministers in dieser Sache? Sind Erlasse in Niedersachsen in (Zustimmung bei der FDP und bei der Zukunft wirklich nichts mehr wert? CDU) (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- Präsident Hermann Dinkla: NEN und bei der LINKEN) Herr Kollege Meyer von der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen stellt die nächste Zusatzfrage. Präsident Hermann Dinkla: Herr Ministerpräsident, bitte! Christian Meyer (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich Christian Wulff, Ministerpräsident: möchte die Landesregierung nach dem Grund für Ich wäre dankbar, Herr Präsident, wenn wir be- diese beiden Erlasse fragen. Haben Betreiber von rücksichtigen würden, dass Fragen immer nur an Mastanlagen, Abgeordnete der Regierungsfraktio- die Landesregierung gerichtet werden können. nen oder die Landwirtschaftslobby Einfluss ge- Darauf haben wir uns verständigt; und daran soll- nommen und solche Erlasse gefordert? Ich ver- ten wir uns auch halten. weise auf einen Artikel in der Land & Forst, in der Ich begrüße sehr, dass Erlasse in guter Absicht, das Landvolk genau diese Forderung gestellt hat die sich als missverständlich herausstellen, außer unter der Überschrift: Gehen Bauern die Standorte Kraft gesetzt werden, weil das Festhalten - das Sie aus?

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hier zu erwarten scheinen - an Erlassen, die nicht unterschiedliche Meinungen. klar formuliert sind, keinen Sinn macht. Das heißt, (Unruhe bei der SPD, bei den GRÜ- Sie sollten - das muss ja möglich sein - begrüßen, NEN und bei der LINKEN) dass eine Regierung einen Erlass außer Kraft setzt, der missverständlich formuliert ist, und das Präsident Hermann Dinkla: war beispielsweise bei der Formulierung „virtuell“ ganz sicher der Fall. Frau Kollegin Helmhold stellt die nächste Zusatz- frage. Deswegen begrüße ich, dass die Ministerin diesen Erlass zurückgenommen hat. Ich glaube, das war (Anhaltende Unruhe - Glocke des auch ein bisschen Ihr Petitum. Von daher verstehe Präsidenten) ich Ihren Frust, aber nicht Ihre Verärgerung. Ursula Helmhold (GRÜNE): (Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Frust ist das Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und nicht! - Silva Seeler [SPD]: Es wäre Herren! Nach meiner Meinung war es immer so, nett, wenn der Herr Ministerpräsident dass die Verwaltung durch den Gesetzgeber er- die Frage beantworten würde!) mächtigt wird, einen Erlass herauszugeben, der für die nachgeordneten Behörden bindend ist. Jetzt Präsident Hermann Dinkla: müssen wir hören, dass es sich um eher unver- bindliche Hinweise handele. Ich möchte gerne Frau Kollegin König von der Fraktion DIE LINKE einmal eine Auskunft von der Landesregierung, stellt eine weitere Zusatzfrage. und zwar von dem juristisch qualifizierten Teil der Marianne König (LINKE): Landesregierung, Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich frage die Lan- (Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- desregierung, ausgehend von der Tatsache, dass stimmung bei der SPD und bei der vom gesetzgebenden Dienst des Landtages dieser LINKEN) Erlass als rechtswidrig eingestuft wird: Wird die darüber, ob sie in Zukunft damit einverstanden Landesregierung jetzt eine Untersuchung durch- sein wird, wenn alle nachgeordneten Behörden im führen, um herauszufinden, wie es überhaupt dazu Land die Erlasse so interpretieren, wie das heute kommen konnte, dass eine solche Interpretation von diesem Minister vorgeschlagen wird, nämlich der Gesetzeslage durchgeführt wurde, dass in als unverbindliche Hinweise, und was den nach- einem Erlass zur Rechtsbeugung aufgerufen wur- geordneten Behörden, den Schulen zum Beispiel, de? passiert, wenn sie das tatsächlich so tun und sa- (Beifall bei der LINKEN) gen: Wir haben das einmal als Hinweis aufgefasst. (Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- Präsident Hermann Dinkla: stimmung bei der SPD und bei der Für die Landesregierung antwortet Herr Minister LINKEN) Sander. Präsident Hermann Dinkla: Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Klimaschutz: Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Sander. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin, dieses Instrument „Gesetz- (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Der juris- gebungs- und Beratungsdienst“ - Gesetze, meine tische Fachmann!) Damen und Herren, Frau König, beschließen Sie - berät lediglich die Fraktionen in Fragen, aber auch Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und unter Umständen - - - Dieses Beratungsinstrument Klimaschutz: haben Sie ja in Anspruch genommen. Da gibt es Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten drei Juristen, und wenn es drei Juristen gibt, dann Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Helmholtz, gibt es immer (Lachen bei der SPD, den GRÜNEN (Wolfgang Jüttner [SPD]: Vier Mei- und bei der LINKEN - Ursula Helm- nungen!) hold [GRÜNE]: Mit „d“! Bitte mit „d“!)

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Sie haben eben als juristische Laienspielerin eine Präsident Hermann Dinkla: Deutung vorgenommen, die dem nicht entspricht. Herr Minister Sander! (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das sagt Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und der Volljurist! - Unruhe bei der SPD, Klimaschutz: bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Glocke des Präsidenten) Sehr geehrte Damen und Herren Frau Kollegin Schröder-Ehlers, Sie sind ja nun Juristin. Sie haben auch wieder durcheinander geschmis- sen, welche Rechtswirkungen Verordnungen und Erstens. In meinem Hause nicht, und wenn Sie das Erlasse haben. Erlasse - oder in diesem Falle Hil- andere Haus meinen, dann müssen Sie wis- fen - wollen innerhalb der Behörden eine Unter- sen - - - stützung geben. (Zuruf von Andrea Schröder-Ehlers [SPD]) (Lachen und Unruhe bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN) - Entschuldigung! Sie fangen immer schon an, bevor die Antwort da ist. Präsident Hermann Dinkla: (Björn Thümler [CDU]: Das ist so! Wie Herr Minister Sander, ich darf Sie kurz unterbre- gestern!) chen. - Sie müssen die Auffassung des Redners Das ist unmöglich! nicht teilen, aber wenigstens zuhören sollten Sie. (Zustimmung bei der CDU - Unruhe Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und bei der SPD, bei den GRÜNEN und Klimaschutz: bei der LINKEN - Glocke des Präsi- denten) Herr Präsident, was den Unterschied zwischen Verordnungen und Erlassen angeht, würde ich Daher wissen Sie ganz genau oder sollten Sie als sagen, wollen wir der Frau Kollegin Helmhold noch Juristin einer ehemaligen Bezirksregierung wissen, einmal Hinweise geben, wie es sich richtig verhält. dass die Rechtslage die gleiche ist. Mit Halbwahrheiten oder Unwissen hier immer (Lachen und Unruhe bei der SPD, bei irgendwelche Dinge in den Raum zu stellen, das ist den GRÜNEN und bei der LINKEN - unerträglich. Enno Hagenah [GRÜNE]: Er kann (Beifall bei der FDP und bei der CDU - doch nicht irgendetwas erzählen, Lachen bei den GRÜNEN - Gerd wenn eine Frage gestellt wird!) Ludwig Will [SPD]: Wie wahr! Wie wahr!) Präsident Hermann Dinkla: Herr Kollege Wenzel stellt die nächste Zusatzfra- Präsident Hermann Dinkla: ge. Frau Kollegin Schröder-Ehlers stellt die nächste (Anhaltende Unruhe) Zusatzfrage. - Noch einmal die dringende Bitte, dass hier im Plenarsaal mehr Ruhe einkehrt! - Herr Kollege Andrea Schröder-Ehlers (SPD): Wenzel! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass wir eben so intensiv über Stefan Wenzel (GRÜNE): die angespannte Finanzsituation gesprochen ha- Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren! ben, frage ich: Gibt es schon Erkenntnisse in Ihrem Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ich an- Hause, Herr Sander, was dieser Erlasswirrwarr nehme, dass der Landesregierung auch einige gekostet hat, was gegebenenfalls an Schadenser- Volljuristen angehören, frage ich die Landesregie- satzansprüchen ansteht, was an zusätzlichem rung: Wie sind denn „Verwaltungsakt“ und „Erlass“ Aufwand in Ihrem Hause entstanden ist? Gibt es in der Geschäftsordnung der Landesregierung da konkrete Zahlen? definiert? (Zurufe von der SPD: Es waren doch (Zustimmung bei den GRÜNEN und nur Hinweise! Alles nur Hinweise!) bei der SPD)

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Präsident Hermann Dinkla: Präsident Hermann Dinkla: Für die Landesregierung nimmt Stellung Herr Mi- Herr Minister Sander, bitte! nister Sander. Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und (Unruhe bei der SPD, bei den GRÜ- Klimaschutz: NEN und bei der LINKEN - Dr. Man- Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und fred Sohn [LINKE]: Der Star der FDP! Herren! Herr Kollege Schneck, als Erstes könnte - Glocke des Präsidenten) ich gleich Nein sagen. Aber als Zweites muss ich Ihnen ganz klar und deutlich sagen: Abgekartete Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Spiele gibt es in dieser Landesregierung nicht. Klimaschutz: (Zustimmung bei der FDP und bei der Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und CDU - Lachen bei der SPD, bei den Herren! Sie legen immer sehr großen Wert darauf, GRÜNEN und bei der LINKEN) dass die Landesregierung auf Fragen konkret ant- wortet, die auch der Fragen Gegenstand sind. Wir Präsident Hermann Dinkla: sind doch hier kein juristisches Seminar, um dieses länger zu erörtern. Das können wir aber auch dem- Die nächste Zusatzfrage stellt die Kollegin Korter. entsprechend machen. Ina Korter (GRÜNE): (Beifall bei der FDP und bei der CDU - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach- Lachen und Unruhe bei der SPD, bei dem wir eine mehr als peinliche Vorstellung von den GRÜNEN und bei der LINKEN - Teilen der Landesregierung über die Rechtsauf- Olaf Lies [SPD]: Das hier ist eine Re- fassung zu Verordnungen und Erlassen erleben gierungsauflösung, keine Erklärung!) mussten

Präsident Hermann Dinkla: (Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN) Herr Kollege Schneck von der SPD-Fraktion stellt die nächste Zusatzfrage. und offensichtlich niemand in der Landesregierung die Aufgabe übernehmen möchte, Herrn Minister Klaus Schneck (SPD): Sander damit bloßzustellen, dass er sich damit offensichtlich nicht auskennt - oder hat sich die Herr Präsident! Vor dem Hintergrund der Ausfüh- Rechtslage vielleicht geändert? -, frage ich jetzt die rungen von Minister Ehlen - - - Landesregierung - und hoffe, dass wir jetzt endlich (Lachen bei der CDU und bei der FDP eine Antwort bekommen -: Ist ein Erlass in Nieder- - Zurufe) sachsen aus einem Ministerium mit der Unter- schrift des Ministers oder der Ministerin - Entschuldigung für den Versprecher. (Wolfgang Jüttner [SPD]: Auch ohne (Unruhe - Glocke des Präsidenten) die Unterschrift!)

Vor dem Hintergrund der Ausführungen des Minis- - oder auch ohne die Unterschrift - lediglich ein ters Sander auf die sehr detaillierten Fragen und hilfreicher Hinweis, oder hat er eine rechtsverbind- seiner sehr ausweichenden Antworten möchte ich liche Wirkung? In meinem Bereich, im Schulbe- eine Frage weitergeben, die gestern mir als Abge- reich, möchte ich den Zeugniserlass, den Notener- ordnetem von einem Bürger gestellt wurde. Er hat lass, die Grundsatzerlasse über die Arbeit in der mich gefragt: Könnte es sein, dass es aufgrund der Hauptschule und die Grundsatzerlasse über die Lobbyinteressen, die hinter solch einem Erlass zu Arbeit in der Realschule erwähnen, die gerade vermuten sind, ein abgekartetes Spiel zwischen strittig in der Diskussion sind. Kann man sie befol- dem ML und dem MU gegeben hat, um neue Mög- gen, muss das aber nicht? Das wäre toll; denn lichkeiten von Erweiterungsbauten zu schaffen? - dann könnten die Schulen damit machen, was sie Ich habe nicht geantwortet und würde die Landes- wollen. Das wäre eigenverantwortlich. Oder muss regierung darum bitten, mir zu helfen. man sie befolgen?

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- (Beifall bei den GRÜNEN, bei der NEN und bei der LINKEN) SPD und bei der LINKEN)

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Präsident Hermann Dinkla: dass damit etwa ein Fünftel der vorhandenen Herr Ministerpräsident, bitte! Kompetenz dieser Landesregierung an diesem Erlass mit gearbeitet hat, frage ich die Landesre- Christian Wulff, Ministerpräsident: gierung, ob wir damit rechnen müssen, dass in Zukunft die gleiche Qualität bei Ihren Erlassen, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Gesetzen und weiteren Dingen auftreten wird und Herren! Natürlich sind die Fragen nicht einfach. Ich ob Sie Ihren eigenen Qualitätsanspruch in dieser bin als Ministerpräsident an der Berufsausübung Art von Arbeit erfüllt sehen. als Anwalt gehindert und muss, wenn ich hier als Volljurist Antworten gebe, immer beachten, ob ich Präsident Hermann Dinkla: das kostenlos tun darf, weil das Rechtsberatungs- gesetz hier entsprechende Vorschriften enthält. Herr Ministerpräsident!

(Beifall bei der FDP - Ursula Helmhold Christian Wulff, Ministerpräsident: [GRÜNE]: Müssen wir hinterher etwa Verehrter Herr Präsident! Ich weise alle Vorbemer- auch noch bezahlen?) kungen mit Entschiedenheit zurück. Es ist wenig Aber selbstverständlich muss ich als Ministerpräsi- hilfreich, wenn hier Vorbemerkungen über Ausfüh- dent jede Antwort geben. rungen der Landesregierung gemacht werden, die von der Landesregierung nicht gemacht wurden. (Unruhe - Glocke des Präsidenten) Die Ausführungen, die Sie gerade referiert haben, Hier kann ich nur sagen, dass Gesetze, Verord- haben wir hier nicht gemacht. Es ist einfach kein nungen, Erlasse, Allgemeinverfügungen und Ver- Stil, Dinge vorzutragen und zu behaupten, die waltungsakte zwingend zu beachten sind. Das gilt vorher nicht behauptet worden sind. Damit kann für alle Ministerinnen und Minister. man sich nicht sinnvoll auseinandersetzen. (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- Sie hatten noch nach der Definition von Erlassen NEN und bei der LINKEN) gefragt. Man wundert sich, mit wie wenig Auskunft man wie (Kreszentia Flauger [LINKE]: Ich habe viel Freude hier erzeugen kann. nicht danach gefragt!) (Wolfgang Jüttner [SPD]: Gute Ant- Es gibt drei Arten von Erlassen: Runderlasse - das wort!) ist ein Schreiben an mehrere Behörden, z. B. an alle Behörden des Geschäftsbereichs, oft auch an Präsident Hermann Dinkla: alle Behörden einer bestimmten Art -, gemeinsame Frau Kollegin Flauger stellt die nächste Zusatzfra- Erlasse - gemeinsame Schreiben mehrerer Bun- ge. des- oder Landesbehörden an eine unterstellte Behörde - und schließlich den gemeinsamen Kreszentia Flauger (LINKE): Runderlass - ein gemeinsamer Erlass an mehrere Behörden, oft auch an alle Behörden einer be- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor stimmten Art. dem Hintergrund, dass Frau Grotelüschen noch am Dienstag gesagt hat, dass der Erlass bestehen (Wolfgang Jüttner [SPD]: Wikipedia!) bleibt, Sie hatten die Definition gewünscht, also bekom- (Wolfgang Jüttner [SPD]: Sie hat es men Sie sie auch. noch gestern im Rundfunk gesagt!) Für mich ist entscheidend, dass Erlasse, die nicht - auch das noch - und er kurz darauf zurückgezo- allen Anforderungen entsprechen, die man an gen wurde, vor dem Hintergrund, dass hier gerade Erlasse haben muss, außer Kraft gesetzt werden. ausgeführt wurde, er sei etwas undurchdacht ge- (Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist richtig!) wesen und es müsse jetzt noch nachgearbeitet werden, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Mehr kann man wirklich nicht erwarten. sich das Umweltministerium in seiner Zuständigkeit (Beifall bei der CDU und bei der FDP - für Immissionsschutz und das Landwirtschaftsmi- Zuruf von Olaf Lies [SPD]) nisterium in seiner Zuständigkeit für Waldflächen mit dem Entwurf dieses Erlasses auseinanderge- - Herr Lies, wenn Sie der Meinung sind, dass Sie setzt haben und wir davon ausgehen müssen, in ferner Zukunft einmal Verantwortung tragen

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könnten und dann niemals Erlasse zurückgenom- Präsident Hermann Dinkla: men werden müssten, weil sie sich als nicht zurei- Für die Landesregierung antwortet Herr Minister chend klar erwiesen haben, muss ich sagen: Dann Sander. sind Sie noch eher Utopist als Visionär.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP) Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Klimaschutz: Präsident Hermann Dinkla: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herr Kollege Briese stellt die nächste Zusatzfrage. Herren! Zumindest der zweite Teil Ihrer Frage hat mit diesem Fragenkomplex nichts zu tun. Ralf Briese (GRÜNE): Herr Präsident! Ich habe zwei Fragen. Meine erste Zur ersten Frage: Herr Kollege, da muss ich als Frage: Ich möchte gerne wissen, wer diesen un- Minister aus einem anderen Ressort nachfragen, verständlichen oder auch rechtswidrigen Erlass - wer es gemacht hat. Ich halte es allerdings nicht den ersten Erlass und den zweiten Erlass zu den für fair, nun eine Person aus einer qualitativ guten fiktiven Wäldern - konkret zu verantworten hat. Hat Verwaltung herauszuziehen und für schuldig zu die Hausspitze eigentlich durch Anmerkungen erklären, wenn so etwas als Hinweis in einem Ge- darauf Einfluss genommen? samtprozess überlegt worden ist.

Meine zweite Frage: Wie bewertet die Landesre- (Beifall bei der FDP und bei der CDU - gierung die Tatsache, dass es offenkundig gänz- Wolfgang Jüttner [SPD]: Da hat er lich unterschiedliche rechtliche Bewertungen hin- recht! Sich vor seine Leute zu stellen, sichtlich der Anwendung von Erlassen in Nieder- ist immer richtig!) sachsen gibt? (Beifall bei den GRÜNEN) Präsident Hermann Dinkla: Frau Kollegin Staudte stellt die nächste Zusatzfra- Präsident Hermann Dinkla: ge. Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Sander. Miriam Staudte (GRÜNE): Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Sehr geehrter Herr Präsident! Zunächst muss ich Klimaschutz: sagen, auch ich habe, wie Herr Klein, den Ein- Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und druck, dass bei der Erstellung dieses Erlasses Herren! In den Ministerien machen das die zustän- eventuell psychoaktive Substanzen im Spiel gewe- digen Abteilungsleiter. sen sein könnten. (Heiterkeit bei den GRÜNEN, bei der Präsident Hermann Dinkla: SPD und bei der LINKEN) Herr Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt die nächste Zusatzfrage. Aber ich habe eine andere Frage. Hier ist bereits häufiger - auch vom Herrn Ministerpräsidenten - Hans-Jürgen Klein (GRÜNE): gesagt worden, der Erlass sei nur missverständlich Ich würde es gern noch ein bisschen genauer wis- formuliert. Wenn er nur missverständlich formuliert sen. Selbstverständlich begrüßen wir, dass dieses ist und wir alle zu dumm waren und der GBD nicht surrealistische Gesamtkunstwerk jetzt vom Tisch kompetent genug war, diesen Erlass zu verstehen, ist. Aber ich muss gestehen, ich fand diese Mi- warum ist er dann nicht umformuliert worden? Ich schung aus Kreativität und Absurdität so interes- habe eher den Eindruck, dass es sich um eine sant, dass mich ernsthaft interessiert: Wer ist ei- Schutzbehauptung handelt; denn es ist eindeutig gentlich auf diese Idee gekommen, und könnte ein rechtswidriger Erlass. Oder schlummert ir- man ihn oder sie nicht auch einmal mit den fiktiven gendwo in der Schublade bereits der überarbeitete Haushaltskürzungslisten befassen? Vielleicht fin- Erlass? det er oder sie dafür auch eine Lösung. Präsident Hermann Dinkla: (Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD) Herr Minister Sander!

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Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und aufgrund der Diskussion an und entscheidet: Der Klimaschutz: Erlass wird zurückgezogen. - Ich kann ihr dazu nur Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau gratulieren. Kollegin, natürlich hätte man den Erlass auch um- (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Zunächst arbeiten können. Aber man ist zu dem Ergebnis hat sie aber noch gesagt, er bleibt!) gekommen, dass es besser ist, diesen Fragen- komplex in einer Dienstbesprechung zu erörtern. Präsident Hermann Dinkla: Insofern erübrigt sich der zweite Teil Ihrer Frage. Herr Kollege Jüttner stellt eine weitere Zusatzfra- (Miriam Staudte [GRÜNE]: Aha, also ge. gibt es eine Neuauflage! - Enno Ha- genah [GRÜNE]: Aufgeschoben ist Wolfgang Jüttner (SPD): nicht aufgehoben!) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wulff, wir haben keinen Frust, weil dieser rechts- Präsident Hermann Dinkla: widrige Erlass zurückgezogen worden ist, sondern Herr Kollege Siebels stellt seine zweite Zusatzfra- wir sind voller Genugtuung, dass Sie wenigstens ge. dazu in der Lage waren. Ich will das einmal ganz deutlich sagen. Wiard Siebels (SPD): (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der NEN und bei der LINKEN) Waldumwandlungserlass, der jetzt zurückgenom- Ich verbinde das mit der Frage an die Landesregie- men wurde, ist nicht der erste Erlass, der, weil rung, ob die Steuerungsinstanz in der Landesre- offenkundig rechtswidrig, zurückgenommen wer- gierung, nämlich die Staatskanzlei, nach dieser den musste, sondern wir haben vor einiger Zeit Debatte den erkennbar überforderten oder falsch erlebt, dass auch der Legehennenerlass zurück- positionierten beteiligten Ressorts Hinweise dazu genommen werden musste, weil er offenkundig gibt, damit in Zukunft derartige Peinlichkeiten nicht rechtswidrig gewesen ist. wieder vorkommen. Ich frage die Landesregierung, ob es angesichts (Beifall bei der SPD) dieser Tatsachen und auch angesichts der Biogra- fie der neuen Landwirtschaftsministerin eine be- Präsident Hermann Dinkla: sondere Nähe zu den Betreibern solcher Massen- Herr Ministerpräsident, bitte! tierhaltungsanlagen geben könnte. (Beifall bei der SPD und bei den Christian Wulff, Ministerpräsident: GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Kei- Mit Verlaub: Genugtuung, Herr Jüttner, sieht bei ne Diskriminierung aufgrund der Her- Menschen, die ich sonst um mich herum habe, kunft!) immer ganz anders aus als bei Ihnen.

Präsident Hermann Dinkla: Richtige Genugtuung kann man bei Ihnen nicht fühlen. Aber vielleicht ist das auch eine Form von Herr Minister Sander! - Ich verbinde das mit dem besonderer Genugtuung. Hinweis an die Fragesteller, dass wir uns auf die eigentliche Frage konzentrieren müssen. (Wolfgang Jüttner [SPD]: Tiefe Ge- nugtuung!) Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Gegenüber den Ressorts gilt für uns der Grundsatz Klimaschutz: des Vertrauens, und das Vertrauen wird tagtäglich, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und stündlich Herren! Herr Kollege Siebels, da bei Ihnen in der (Wolfgang Jüttner [SPD]: Miss- Fraktion so viele gute Juristen sind, müssten Sie braucht!) eigentlich wissen, dass dieser Erlass nicht rechts- widrig war. Er war missverständlich formuliert und gerechtfertigt. ist deshalb zurückgezogen worden. (Heiterkeit bei der SPD und bei den Zu der zweiten Frage muss ich Ihnen sagen: Eine GRÜNEN) Ministerin ist neu im Amt, guckt sich den Erlass

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Das macht besondere Freude beim Regierungs- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und handeln. Wir agieren dann, wenn uns Hinweise Klimaschutz: erreichen, die Anlass geben, einer Sache noch Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und einmal nachzugehen. Herren! Frau Kollegin Rakow, ich sagte ja bereits, (Wolfgang Jüttner [SPD]: Das war ja dass mir und den Fachleuten keine Erkenntnisse hier nicht der Fall!) vorliegen, dass Kreisbehörden nach diesen - Doch. Sie sehen ja, es wird sofort unverzüglich (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Hinwei- gehandelt. Das Land ist in allerbesten Händen. Sie sen!) können sicher sein, dass wir uns nicht nur angu- Hinweisen entsprechende Genehmigungen erteilt cken, wie man per Erlass Dinge vernünftig regeln haben. Ich sagte auch bereits, weil es diese Irrita- kann, sondern dass wir uns auch die Rechtsgrund- tionen in der Auslegung gab, dass das Instrument lagen, das Waldgesetz und Ähnliches, genau dar- einer Dienstbesprechung sehr sinnvoll ist, um alle auf hin anschauen, dass vernünftige, verlässliche, Fragen, die sich aus dieser Gesetzgebung erge- handhabbare, verständliche Regelungen getroffen ben, auch mit den unteren Behörden zu erörtern. werden. (Vizepräsidentin Astrid Vockert über- Vizepräsidentin Astrid Vockert: nimmt den Vorsitz) Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Herzog von der Fraktion DIE LINKE. Bitte! Die Landesverwaltung in Niedersachsen ist so vielgestaltig, dass wir mit einer Vielzahl von Erlas- Kurt Herzog (LINKE): sen arbeiten müssen. Aber dass nun bei allen Erlassen die Staatskanzlei zu beteiligen wäre, ist Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor nicht meine Konsequenz aus diesem Fall, sondern dem Hintergrund, dass wir ganz am Anfang der das System scheint ganz offensichtlich zu funktio- heutigen Plenarsitzung ja schon über fiktive Listen nieren, wenn man in der Lage ist, einen Erlass gesprochen haben, über die in der Zeitung berich- auch außer Kraft zu setzen. tet wird, die aber dann nicht existieren, würde ich gerne auf diesen Fall bezogen jetzt noch einmal (Beifall bei der CDU und bei der FDP) nachfragen. Im Kopf dieses Erlasses steht ja „im Einvernehmen mit MU“. Ein Einvernehmen ist ja Vizepräsidentin Astrid Vockert: klar definiert. Um das zu konkretisieren, möchte ich Herzlichen Dank. - Die nächste Frage stellt Frau noch einmal nachfragen, ähnlich wie es die Kolle- Kollegin Rakow von der SPD-Fraktion. Bitte! gin Staudte getan hat: Sie haben gesagt, Herr Minister, Sie haben diesen Erlass zurückgezogen, Sigrid Rakow (SPD): weil er unverständlich war. Sie haben nicht gesagt, Frau Präsidentin! Wir haben eben von Hinweisen, er war inhaltlich falsch. Deswegen frage ich: Arbei- von Erlassen und vor allen Dingen von Irritationen tet das MU im Einvernehmen mit dem ML an ei- gehört, die zwischen den Landesministerien und nem neuen Erlass gleichen Inhalts, der verständli- den unteren Landesbehörden hin und her wan- cher ist? dern. Das macht uns schon bis zu einem gewissen (Beifall bei der LINKEN) Grade besorgt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: Welche Auswirkungen hat Vizepräsidentin Astrid Vockert: denn dieses Schriftstück - ob Erlass oder was auch Danke schön. - Herr Minister Sander, Sie haben immer - bei den Landkreisen ausgelöst? Gibt es das Wort. Ergebnisse? Gibt es möglicherweise sogar schon Genehmigungsverfahren aufgrund dieses Erlas- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und ses? Über die Reaktionen würden wir jetzt gerne Klimaschutz: etwas hören. Sehr geehrter Herr Kollege Herzog, das MU hat (Clemens Große Macke [CDU]: Das sein Einverständnis zu dem Erlass, den es nicht hat er doch schon beantwortet!) mehr gibt, im Hinblick auf den Immissionsschutz gegeben. Insofern war da Einverständnis. Vizepräsidentin Astrid Vockert: (Christian Meyer [GRÜNE]: Beim Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung hat zweiten aber nicht mehr!) Herr Minister Sander das Wort.

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Ihre zweite Frage habe ich nun des Öfteren be- vor sicher ist, dass er mit seiner Kabinettsumbil- antwortet. Auf einer Dienstbesprechung wird das dung 2 die richtigen Personalentscheidungen ge- ML diesen Fall mit den unteren Naturschutz- und troffen hat und - zweite Frage - ob es nicht ein Waldbehörden erörtern. sinnvoller Einsparvorschlag wäre, die Spitze des Umweltministeriums vielleicht einzusparen und Vizepräsidentin Astrid Vockert: eine Ressortumbildung vorzunehmen, damit dann Herzlichen Dank. - Für die nächste Zusatzfrage Klarheit bei Erlass- und Hinweisfragen besteht. erteile ich Herrn Möhrmann das Wort. (Beifall bei der SPD - Christian Meyer [GRÜNE]: Aber nicht nur virtuell!) Dieter Möhrmann (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor Vizepräsidentin Astrid Vockert: dem Hintergrund, dass der Ministerpräsident nach Herzlichen Dank, Herr Aller. - Für die Landesregie- dem Hinweis von Minister Sander, Erlasse seien rung Herr Ministerpräsident Wulff, bitte schön! eigentlich nur Hinweise, dies richtiggestellt hat und dass die zuständige Ministerin noch vor wenigen Christian Wulff, Ministerpräsident: Tagen erklärt hat, der Erlass solle so kommen und er habe schon seit Februar Bestand, frage ich die Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Wir werden der Landesregierung: Kann man einmal darlegen, was Anregung der Sozialdemokraten, das Umweltmi- mit diesem Erlass erreicht werden sollte und was nisterium abzuschaffen, nicht folgen. Wir halten die man jetzt nicht mehr erreichen will? Umweltpolitik für eines der zentralen Felder. (Beifall bei der CDU und bei der FDP) Vizepräsidentin Astrid Vockert: Ich habe - sicherlich mit nicht ungeteilter Aufmerk- Herzlichen Dank, Herr Möhrmann. - Für die Lan- samkeit - darauf hingewiesen, dass neben der desregierung Herr Minister Sander! demografischen Veränderung und der Finanzkrise die Umweltpolitik, vor allem die Klimapolitik, zu den Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und zentralen Feldern der von mir geführten Landesre- Klimaschutz: gierung gehört. Deswegen bin ich sehr froh dar- Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und über, dass wir einen Minister für Umwelt und Kli- Herren! Herr Kollege Möhrmann, es geht um das maschutz haben. Waldgesetz und um die Waldumwandlung. In die- ser Form waren es Hinweise, die wir den unteren (Beifall bei der CDU und bei der FDP) Behörden geben wollten. Vizepräsidentin Astrid Vockert: Vizepräsidentin Astrid Vockert: Die nächste Zusatzfrage von der Fraktion Bünd- Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Aller von der nis 90/Die Grünen stellt Herr Meyer. Sie haben das SPD-Fraktion. Wort.

Heinrich Aller (SPD): Christian Meyer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor habe mit großem Interesse als Fachfremder die dem Hintergrund, dass Landkreise ja schon mit Diskussion verfolgt und will mich nicht auf die Aus- diesem Walderlass werben, man könne jetzt ganz einandersetzung über Hinweis, verbindlicher Er- nahe an Wäldern bauen, frage ich die Landesre- lass und Umsetzung von Erlassen konzentrieren. gierung, wie denn jetzt die Rechtslage aussieht. Denn - ich hoffe, der Herr Umweltminister weiß (David McAllister [CDU]: Sondern?) es - es gibt einen Erlass vom 17. März 2008 aus Ich habe aber festgestellt, dass der Ministerpräsi- dem niedersächsischen Umweltministerium, in dent sich als der bessere Ressortchef für den Be- dem es heißt, dass es diese Mindestabstände zu reich Umwelt dargestellt hat, Stallbauten wegen der Ammoniakemissionen gibt und dass keine Kompensation vorgesehen ist. Es (Wolfgang Jüttner [SPD]: Mit über- stellt sich die Frage, ob jetzt nach diesem Erlass, nehmen!) der ja nicht aufgehoben ist, weiter zu verfahren ist und frage deshalb die Landesregierung, ob sich oder ob es einen neuen Erlass geben soll, der der in der Landesregierung Zuständige nach wie wieder irgendeine fiktive Waldumwandlung oder

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eine Anrechnung oder irgendeine Kompensation Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und vorsieht. Ich frage das auch vor dem Hintergrund, Klimaschutz: dass der erste Erlass im Januar - das weiß der Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Minister anscheinend nicht - im Einvernehmen mit Herren! Nein. dem MU und der im Februar ohne Einvernehmen mit dem MU herausgegeben worden ist. So steht Vizepräsidentin Astrid Vockert: es jedenfalls auf dem Schreiben an die Landkrei- Ihre ebenfalls zweite Zusatzfrage stellt jetzt Frau se, die diese Erlasse ja befolgen müssen. Kollegin Stief-Kreihe von der SPD-Fraktion. Bitte (Beifall bei den GRÜNEN) schön!

Vizepräsidentin Astrid Vockert: Karin Stief-Kreihe (SPD): Herr Sander hat hier mehrfach darauf hingewie- Danke schön, Herr Meyer. - Für die Landesregie- sen, dass Dienstbesprechungen mit den Mitarbei- rung hat Herr Minister Sander das Wort. tern erfolgen sollen. Meines Erachtens sind auch schon Einladungen an die Kommunen zu einem Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Gespräch herausgegangen. Ich möchte gern wis- Klimaschutz: sen, welche Inhalte diese Gespräche haben wer- Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und den. Sie haben ja gesagt, dass man darüber reden Herren! Herr Abgeordneter, die Erlasse, die jetzt will, wie künftig vorzugehen ist. Könnten Sie bitte aufgehoben worden sind, konkret darlegen, wie bei Waldumwandlungen bzw. Stallerweiterungen in der Nähe von Wäldern (Zuruf von der SPD: Mehrere?) künftig verfahren werden soll? beziehen sich auf den ganzen Bereich Baurecht, Immissionsschutzrecht und Waldgesetzgebung. Vizepräsidentin Astrid Vockert: Herzlichen Dank. Die Frage ist verstanden worden. (Christian Meyer [GRÜNE]: Sind das - Herr Minister Sander, Sie haben das Wort. Bitte mehrere?) schön! Irritationen gibt es einzig und allein im Zusammen- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und hang mit der Waldumwandlung. Wir werden in Klimaschutz: einer Dienstbesprechung mit den Landkreisen erörtern, wie das Waldgesetz zu verstehen ist. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehr- ten Damen und Herren! Die Fachleute des ML (Hans-Henning Adler [LINKE]: Wieder sagen mir: Eine solche Einladung zu Gesprächen keine Antwort!) gibt es nicht. - Es gibt aber eine Rechtsgrundlage. Diese Rechtsgrundlage wird in den Dienstbespre- Vizepräsidentin Astrid Vockert: chungen, in diesem Fall mit den unteren Natur- schutzbehörden, besprochen. Ihre zweite und damit letzte Zusatzfrage stellt jetzt Frau Kollegin Somfleth von der SPD-Fraktion. Bitte (Wolfgang Jüttner [SPD]: Es gibt doch schön! keine! Ihr habt die Rechtslage doch gerade abgeschafft!) Brigitte Somfleth (SPD): Vizepräsidentin Astrid Vockert: Frau Präsidentin! Nachdem die Landesregierung auf die Fragen von Herrn Schneck und Herrn Die nächste Frage an die Landesregierung wird Möhrmann mehr als ausweichend geantwortet hat, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt. frage ich die Landesregierung: Sollte mit dem neu- Herr Kollege Limburg, bitte! en Erlass gegebenenfalls eine Lex Massentierhal- tung geschaffen werden? Helge Limburg (GRÜNE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich möchte noch Vizepräsidentin Astrid Vockert: einmal auf das Zustandekommen der Änderung des Erlasses zu sprechen kommen. Ich frage die Danke schön. - Für die Landesregierung hat Herr Landesregierung, ob sie bei ihrer Darstellung Minister Sander das Wort. Bitte schön! bleibt, dass an der Änderung des Erlasses weder

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die Hausspitze des ML - also Staatssekretär oder Vizepräsidentin Astrid Vockert: Minister - noch die Hausspitze des MU beteiligt Herzlichen Dank. - Diese Frage ist an die Landes- war. regierung gerichtet. Für die Landesregierung ant- (Beifall bei den GRÜNEN - Christian wortet Herr Minister Sander. Bitte schön! Meyer [GRÜNE]: Gute Frage!) Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Klimaschutz: Vizepräsidentin Astrid Vockert: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung ant- Herren! Ich kann für das MU insofern nur sagen: wortet Herr Minister Sander. Bitte schön! Für uns gibt es keine fiktiven Wälder. Ich gehe davon aus, dass dies in den Dienstbesprechun- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und gen, in denen wir die Waldumwandlung erörtern Klimaschutz: werden, ebenfalls so gesehen wird. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte es bereits erläutert: Wenn unter- Vizepräsidentin Astrid Vockert: schiedlichste Rechtskreise, wie z. B. das Immissi- Danke schön. - Jetzt stellt Herr Möhrmann von der onsschutzrecht, das Wasserrecht, das Natur- SPD-Fraktion seine zweite und damit letzte Zu- schutzrecht oder wie in diesem Falle die Waldge- satzfrage. Bitte schön! setzgebung betroffen sind, werden auch diejenigen Ministerien beteiligt, die dafür zuständig sind. Inso- Dieter Möhrmann (SPD): fern waren auch unsere Fachleute und auch die Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor Hausspitze beteiligt und haben für ihren Be- dem Hintergrund, dass der Minister auf meine reich - - - konkrete Frage nicht geantwortet hat, möchte ich (Zuruf von Ralf Briese [GRÜNE]) diese Frage gerne noch einmal präzisieren. Die HAZ titelte am 31. März: Ehlens Maststalltrick ist - Herr Kollege Briese, ich habe immer wieder ge- rechtswidrig. - Weiter heißt es in dem betreffenden sagt: Für das Immissionsschutzrecht sind wir zu- Artikel, dass der GBD zu der Auffassung gekom- ständig. Dazu haben wir auch unsere Auffassung men sei, dass der Erlass zum Ziel habe, die Ge- vorgetragen. nehmigung neuer Maststallanlagen zu erleichtern.

(Zustimmung bei der FDP und bei der In der taz vom 31. März 2010 heißt es weiter, dass CDU) der Erlass bei geplanten Neubauten, die in Wald- gebieten liegen, folgenden Ausweg dafür biete: Vizepräsidentin Astrid Vockert: „Der Landwirt beantragt eine Abholz- Nun hat Frau Kollegin Staudte von der Fraktion genehmigung. Mit dieser darf er sei- Bündnis 90/Die Grünen für ihre zweite und damit nen Stall bauen - auch wenn er den letzte Zusatzfrage das Wort. - Herr Kollege Briese Wald nicht abholzt. Der Wald sei ‚als sollte sich wieder etwas beruhigen, damit wir sei- nicht vorhanden zu bewerten’, heißt ner Kollegin zuhören können. - Danke schön. es im Erlass …“ Herr Minister, vielleicht sagen Sie uns doch noch Miriam Staudte (GRÜNE): einmal, was erreicht werden sollte und was Sie Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter jetzt nicht mehr erreichen wollen. Das ist ja die Herr Umweltminister, Sie haben hier wiederholt entscheidende Frage, die uns hier umtreibt. darauf hingewiesen, dass es eine Dienstbespre- (Beifall bei der SPD) chung gebe, in der es vor allem um die Waldum- wandlung gehen soll. Alle haben sich am Begriff Vizepräsidentin Astrid Vockert: der fiktiven Wälder gestört. Müssen wir denn nun Herzlichen Dank, Herr Kollege Möhrmann. Sie erwarten, dass das MU künftig die Position vertre- haben Ihre Frage an die Landesregierung gerich- ten wird, dass es erlaubt und vielleicht sogar ge- tet. Für die Landesregierung antwortet Herr Minis- wünscht ist, die Wälder nicht nur fiktiv, sondern ter Sander. Bitte schön! tatsächlich abzuholzen? (Wolfgang Jüttner [SPD]: Eine ziem- (Beifall bei den GRÜNEN) lich präzise Frage war das!)

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Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und worden ist, durchaus verstehen. Unserer Auffas- Klimaschutz: sung nach gibt es aber keinen fiktiven Wald. Dass Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und dieser Erlass dazu geführt haben könnte, dass Herren! Das war eine präzise Frage. Das ist richtig. mehr Wald entsteht, will ich nicht bezweifeln. Sie haben aus der HAZ zitiert. Herr Kollege Möhr- mann, ich habe in vielen Antworten aber immer Vizepräsidentin Astrid Vockert: wieder dargelegt - gerade auch in der letzten Ant- Herzlichen Dank, Herr Minister. - Für die Fraktion wort -, dass es für das MU keinen fiktiven Wald Bündnis 90/Die Grünen stellt ihre zweite und damit gibt. Alle Beschreibungen, die Sie eben mit Blick letzte Zusatzfrage die Kollegin Helmhold. Bitte! auf Waldumwandlungen abgegeben haben, sind auch von Ihnen unter diesem Begriff so behandelt Ursula Helmhold (GRÜNE): worden. Es gibt keine fiktiven Wälder. Deshalb gibt Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach es klare Rechtsvorschriften betreffend Waldum- Zurückziehung der Hinweise gilt ja jetzt wieder das wandlungen 1 : 1. Bundes-Immissionsschutzgesetz, das bestimmte Abstandsregelungen enthält und außerdem vor- Vizepräsidentin Astrid Vockert: schreibt, dass nicht mehr als 4 kg Stickstoff pro Herzlichen Dank. - Eine weitere Zusatzfrage stellt Hektar eingetragen werden dürfen. Dieser Erlass für die CDU-Fraktion Herr Kollege Dammann- hatte ja den Sinn, dass die Erweiterung oder der Tamke. Sie haben das Wort. Neubau von Großtieranlagen erleichtert wird. Ich frage die Landesregierung: Planen Sie weitere Helmut Dammann-Tamke (CDU): Hinweise, Maßnahmen, Besprechungen zwischen Frau Präsidentin! Angesichts einer in der Landes- den Ministerien oder neue Erlasse, um weiterhin zeitung unter der Überschrift „SPD sorgt für mehr Möglichkeiten zur Umgehung des Bundesimmissi- Laubwald“ erschienenen Pressemitteilung frage ich onsschutzrechts zu finden und in Zukunft doch die Landesregierung: Handelt es sich hier tatsäch- wieder Erleichterungen für solche Großstallbauten lich um mehr Wald oder lediglich fiktiven zusätzli- zu schaffen? chen Wald, da dieser Laubwald, diese Buchen, offensichtlich in einem schon bestehenden Nadel- Vizepräsidentin Astrid Vockert: wald angepflanzt worden sind? Danke schön. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Sander. Bitte schön! Meine zweite Frage: Ist es aus der Sicht der Lan- desregierung zielführend, einen Erlass zum Pflan- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und zen und Anlegen von Wäldern herauszugeben? Klimaschutz: Denn in der Presseberichterstattung heißt es: Man muss darauf achten, den Boden richtig festzutre- Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und ten, ohne die Rinde zu beschädigen. Herren! Frau Kollegin Helmhold, Ihre Unterstellung ist falsch. Deswegen kann ich Ihre Frage auch Vizepräsidentin Astrid Vockert: nicht beantworten. Herzlichen Dank, Herr Kollege Dammann-Tamke. - Sie machen dabei aber noch etwas unrichtig. Das Für die Landesregierung antwortet Herr Minister sind immer die Halbwahrheiten, die Sie in Ihren Sander. Bitte schön! Fragen unterbringen. Das Immissionsschutzrecht gilt nicht nur für Stallbauten. Deswegen ist Ihre Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Interpretation, das habe irgendetwas mit Maststall- Klimaschutz: plätzen zu tun, absolut falsch. Es gilt für alle Berei- Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und che unserer Wirtschaft. Dazu gehört auch die Herren! Eingriffe in die Natur müssen immer in Landwirtschaft. vollem Umfang ausgeglichen werden. Das trifft (Beifall bei der CDU - Ursula Helm- nicht nur für Stallbauten zu, Herr Möhrmann, son- hold [GRÜNE]: Dort aber auch, ja?) dern gilt unter immissionsschutzrechtlichen Ge- sichtspunkten auch für alle anderen Bauten. Herr Vizepräsidentin Astrid Vockert: Kollege, ich kann die Sicht der Förster, die ja mit Herzlichen Dank. - Für die CDU-Fraktion stellt Herr dem Wald zu tun und ein Interesse daran haben, Kollege Schönecke eine weitere Zusatzfrage. Bitte dass wir in Niedersachsen mehr Wald bekommen, schön! gegenüber diesem Erlass, der so herausgegeben

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Heiner Schönecke (CDU): Abs. 3 des Niedersächsischen Gesetzes über den Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen Wald und die Landschaftsordnung vorhanden ist. und Herren! Ich frage die Landesregierung: Kön- Wie gesagt, frage ich die Landesregierung: Reden nen Sie diesem Hohen Hause nicht einmal erklä- wir über unterschiedliche Erlasse? Welchen Erlass ren, dass Stallbaumaßnahmen auch Auswirkungen gibt es da eventuell noch? auf den Mehrbestand von Waldflächen in Nieder- sachsen haben, weil bei jeder Stallbaumaßnah- (Beifall bei der SPD) me - auch bei Bauten von Freilandställen für Bio- haltung - Anweisungen gegeben werden, dass Vizepräsidentin Astrid Vockert: man mehr Wald anpflanzen muss, sodass es durch gute fachliche Praxis dazu kommt, dass Herzlichen Dank. - Herr Minister Sander für die neue Stallbauten zu mehr Waldflächen in Nieder- Landesregierung, bitte! Sie haben erneut das sachsen führen? Wort. (Zurufe von der SPD) Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Vizepräsidentin Astrid Vockert: Klimaschutz: Danke schön, Herr Kollege Schönecke. - Für die Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Landesregierung hat Herr Minister Sander das Herren! Frau Kollegin Geuter, wir sprechen nicht Wort. von zwei unterschiedlichen Erlassen bzw. - so muss ich mich jetzt ausdrücken - zwei unterschied- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und lichen aufgehobenen Erlassen. Insofern erübrigt Klimaschutz: sich Ihre Frage. Vielleicht haben Sie auch aus den Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Fragen anderer Abgeordneter entnehmen können, Herren! Herr Kollege Schönecke, Sie haben voll- dass es allein um die Waldumwandlung geht - und kommen recht. Leider haben dies die Fragesteller um nichts anderes. mit ihren virtuellen Wäldern nicht verstanden. Was (Frauke Heiligenstadt [SPD]: Für Tier- wollen Sie da machen? Selbst wenn Sie es ihnen haltungsanlagen!) anderthalb Stunden lang erklären, kommt nichts dabei heraus. Vizepräsidentin Astrid Vockert: (Zustimmung bei der CDU - Andrea Herzlichen Dank. - Die zweite und damit auch für Schröder-Ehlers [SPD]: Auch Sie soll- sie letzte Zusatzfrage für die Fraktion DIE LINKE ten einmal lesen!) stellt Frau Kollegin König. Sie haben das Wort. Vizepräsidentin Astrid Vockert: Marianne König (LINKE): Für die SPD-Fraktion stellt Frau Kollegin Geuter die nächste Zusatzfrage. Bitte! Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Wenn ich das Ganze hier richtig verfolgt habe, wird dieser Erlass Renate Geuter (SPD): also nur sprachlich überarbeitet und verständlich Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor ausgedrückt. Wir haben das Niedersächsische dem Hintergrund der Antwort des Umweltministers Gesetz über den Wald und die Landschaftsord- auf eine der letzten Fragen, in der er dargestellt nung beraten. Es ist vom Landtag verabschiedet hat, der Erlass, über den wir hier schon lange Zeit worden. Vor diesem Hintergrund frage ich die Lan- diskutieren, beziehe sich auf alle Vorhaben mit desregierung: Ist es Ihnen nach dieser kurzen Zeit immissionsschutzrechtlicher Relevanz, frage ich wirklich egal, welche Schädigungen durch Ammo- die Landesregierung: Reden wir eventuell über niak entstehen, oder sagen Sie einfach „Wo geho- zwei unterschiedliche Erlasse? Ich darf einmal aus belt wird, fallen Späne“? dem Erlass vom 28. Januar 2010 zitieren: Im Zu- sammenhang mit der immissionsschutzrechtlichen Vizepräsidentin Astrid Vockert: Genehmigung des Neubaus oder der Erweiterung Danke schön, Frau König. - Für die Landesregie- vorhandener Tierhaltungsanlagen können Schwie- rung möchte Herr Umweltminister Sander antwor- rigkeiten auftreten, wenn im Einwirkungsbereich ten. Bitte schön! der Tierhaltungsanlage Wald im Sinne des § 2

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Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Dass ausgerechnet diejenigen in der Union - ein- Klimaschutz: schließlich der Bundeskanzlerin -, die Zusatzbei- Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und träge als Einstieg in die Kopfpauschale gefeiert Herren! Frau Kollegin König, ich habe in mehreren haben, jetzt die Kassen dafür beschimpfen, dass Antworten auf die Fragen darauf hingewiesen, auch tatsächlich Zusatzbeiträge fällig werden, ist dass das Bundes-Immissionsschutzgesetz bei im Übrigen schlicht unseriös, meine Damen und diesem aufgehobenen Erlass keine Rolle gespielt Herren. hat. Es ging lediglich um die Waldumwandlung. (Beifall bei der SPD) Insofern kann ich auf Ihre Frage keine neuen Er- kenntnisse nennen, die Ihnen einen anderen Ge- Übrigens - ich will nur der guten Ordnung halber winn bringen könnten. darauf hinweisen - war die Urmutter dieser unsäg- lichen Idee der Kopfpauschale die frühere nieder- Vizepräsidentin Astrid Vockert: sächsische Sozialministerin und heutige Bundes- ministerin für Arbeit und Soziales Frau von der Herzlichen Dank, Herr Minister Sander. - Es liegen Leyen mit ihrer Vorlage auf dem legendären Par- keine weiteren Fragen vor. teitag der CDU in Leipzig. Ich stelle fest: Es ist 10.25 Uhr. Damit ist die Fra- Die zunehmende Radikalisierung in der Wortwahl gestunde für diesen Tagungsabschnitt beendet. zwischen den Koalitionsfraktionen aus CDU/CSU und FDP macht auch beim Thema Kopfpauschale Wie Sie wissen, werden die Antworten der Landes- eindrucksvoll deutlich, dass aus den selbst ernann- regierung zu den Anfragen, die jetzt nicht mehr ten Traumpartnern zunehmend Scheidungsanwär- aufgerufen werden konnten, nach § 47 Abs. 6 un- ter werden. Mit großer Kraftanstrengung wird viel- serer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben. leicht noch der Wahltermin in Nordrhein-Westfalen Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 32 auf: erreicht. Dann werden aber auch die letzten Bürge- rinnen und Bürger merken, für welche Klientel- gruppe diese Bundesregierung eigentlich noch Erste Beratung: Politik macht und wer die Zeche zahlt. Nach dem Gerecht, leistungsfähig, krisenfest: Die Kran- Steuergeschenken für Hoteliers wird schnell klar ken- und Pflegeversicherung zur solidarischen werden, warum der Bundesgesundheitsminister Bürgerversicherung weiterentwickeln - Antrag ohne Not - - - der Fraktion der SPD - Drs. 16/2406 (Unruhe) - Frau Präsidentin, offensichtlich haben die Kolle- Ich freue mich, dass Herr Kollege Schwarz von der ginnen und Kollegen, die hier pausenlos quat- SPD-Fraktion noch rechtzeitig seine Wortmeldung schen, alle keine Krankenversicherung. Es wäre abgegeben hat. Sie haben jetzt das Wort. Bitte aber schon ganz gut, wenn man ein bisschen zu- schön! hören könnte. (David McAllister [CDU]: Hey! - Heinz Uwe Schwarz (SPD): Rolfes [CDU]: „Quatschen“? Das ist Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das doch kein parlamentarischer Aus- deutsche Gesundheitswesen hat gegenwärtig jähr- druck!) lich ungefähr 330 Milliarden Euro Jahresausgaben Nach den Steuergeschenken für Hoteliers wird und ist mit 4,2 Millionen Beschäftigten der Jobmo- schnell klar werden, warum der Bundesgesund- tor schlechthin. Nun soll dieses Gesundheitswesen heitsminister ohne Not, aber dafür mit viel Leiden- nach dem Willen der gegenwärtigen Bundesregie- schaft unsere gewachsene solidarische Kranken- rung radikal verändert werden. Das ist nicht ver- versicherung in ein privates Kaskomodell umwan- wunderlich, war doch der Gesundheitsfonds mit deln will. dem Zusatzbeitrag durch die Große Koalition die Krücke, um nach der Bundestagswahl entweder in Herr Rösler ist dabei außerordentlich konsequent. Richtung Bürgerversicherung oder in Richtung Schon im Oktober 2006 hat er hier im Landtag Kopfpauschale abbiegen zu können. vorgeschlagen, einen Wettbewerb in unserer Krankenversicherung analog dem Wettbewerb im (Unruhe - Glocke der Präsidentin) Telefonmarkt einzuführen. Meine Damen und Her-

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ren, dieser Vergleich war damals zynisch, und er - Das ist sachlich nicht falsch. Sie sollten einmal ist es heute immer noch. Ihre eigene Homepage lesen, dann könnten Sie sich solche Zwischenrufe sparen. (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN) (Roland Riese [FDP]: Und Sie sollten Ihre eigenen Anträge lesen!) Krankenkassen sind keine auf Gewinnmaximie- rung ausgerichteten Unternehmen, und Gesund- 150 Euro Kopfpauschale machen bei einem Ein- heit ist keine Ware und kein Spekulationsobjekt, kommen von 1 000 Euro 15 % aus, bei 3 000 Euro sondern das höchste menschliche Gut. Ich füge 5 % und bei 6 000 Euro noch 2,5 %. Wenn hinzu: Bei allem Marktradikalismus sollte auch die Schwarz-Gelb dann auch noch die Familienversi- FDP diesen Grundsatz endlich begreifen und sich cherung mit abschafft, zahlen Ehepaare gleich daran orientieren. doppelt. Merke: je höher das Einkommen, umso niedriger die prozentuale Belastung durch die (Beifall bei der SPD und bei der LIN- Kopfpauschale. KEN) Weil dieses aber nicht vermittelbar ist, muss die Soziale Absicherung im Krankheitsfall darf nicht gewollte Entsolidarisierung der Kopfpauschale vom sozialen Stand, individuellen Einkommen oder durch einen staatlichen Sozialausgleich gemildert Familienstand abhängig sein. Das ist der solidari- werden. Dafür würden zurzeit bei einer Kopfpau- sche Grundgedanke, der mehr als 130 Jahre in schale von 150 Euro im Monat rund 35 Milliarden unserer Krankenversicherung gilt. Dafür haben Euro aus Steuermitteln fällig. Bundesfinanzminister Generationen von Menschen gekämpft. Der über- Schäuble hat vorsorglich schon einmal vorgerech- wältigende Teil unserer Bürgerinnen und Bürger net, dass als Gegenleistung entweder die Ein- will dieses Solidarprinzip weiterhin. Und wir werden kommensteuer um 3 % bis 5 %, die Mehrwertsteu- alles daran setzen, meine Damen und Herren, er um 2 % bis 4 % oder der Spitzensteuersatz auf dass das auch so bleibt. 73 % erhöht werden müssten. Ich füge hinzu: ohne (Beifall bei der SPD) Griechenland und ohne die Steuersenkungsver- 75 % der Deutschen sprechen sich in einer aktuel- sprechen der FDP in Höhe von gegenwärtig len Infratest-Erhebung klar für die Weiterentwick- 16 Milliarden Euro. lung zur Bürgerversicherung aus, nur 22 % für eine Ich will Ihnen einmal sagen, wie Norbert Blüm das Kopfpauschale. Klar, dass die CDU bei dieser sieht. Er stellt dazu fest: „Die Kopfpauschale funk- Ausgangslage das Thema bis zur Nordrhein- tioniert wie eine Schablone, mit der ein schlechter Westfalen-Wahl lieber totschweigt, die CSU in Friseur die Haare schneidet. Egal, ob der Kopf Bayern vorsorglich schon einmal eine eigene Ar- groß, klein, rund oder eckig ist, alle bekommen den beitsgruppe gebildet hat und sogar die FDP ge- gleichen Schnitt. … Mit weniger Geld mehr ausge- genwärtig die Haltung der berühmten drei Affen ben, nach diesem Rezept suche ich seit Kindheits- einnimmt. beinen.“ (Roland Riese [FDP]: Das werden Sie Meine Damen und Herren, ich frage mich, wer gleich noch hören!) nicht? Aber klar ist auch: Die hier wandelnde Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer selbsternannte Wirtschaftskompetenz- und Steuer- lässt keine Gelegenheit ungenutzt, die Kopfpau- senkungspartei FDP hat es in wenigen Monaten schale wahlweise als „einmalig ungerecht“, „Irr- geschafft, ihre Kompetenz völlig zu entzaubern. Ich weg“ oder auch schon einmal als „kompletten finde übrigens, das ist auch gut so, meine Damen Schwachsinn“ zu bezeichnen. und Herren. (Wolfgang Jüttner [SPD]: Wo er recht (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- hat, hat er recht!) NEN und bei der LINKEN) Seehofer, meine Damen und Herren, hat übrigens Viel schlimmer: Diese Bundesregierung fährt in recht. Kopfpauschalen sind ungerecht, weil zukünf- ihrer Endlosgeisterbahn zwischenzeitlich tig die Sekretärin genauso viel zahlt wie ihr Gene- (David McAllister [CDU]: Na, na, na!) raldirektor. nicht nur die soziale Sicherung, sondern das gan- (Roland Riese [FDP]: Das ist sachlich ze Land gegen die Wand. Dieser Ministerpräsident falsch, und Sie wissen es!) sitzt übrigens als stellvertretender CDU-Bundes-

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vorsitzender immer vorne mit drin. Ich glaube, das Herr Rösler ist allerdings bei Weitem nicht nur ist eine schlichte Katastrophe. Opfer seiner parteipolitischen Ideologie, sondern er bedient mit einer bisher noch nie dagewesenen (Beifall bei der SPD und bei der LIN- Dreistigkeit knallhart die Klientel, die die FDP bei KEN) der letzten Bundestagswahl besonders unterstützt Ein Gesundheitssystem, das über Steuern finan- hat. Die PKV bedankt sich schon einmal mit Son- ziert wird, ist abhängig von der Finanzlage des derkonditionen für FDP-Mitglieder, und der bisheri- Staates. Mit jeder Haushaltsberatung wird darüber ge Vizepräsident des PKV-Verbandes erhält das entschieden, wie viel Geld der Staat im nächsten politische Schlüsselressort im Gesundheitsministe- Jahr für Kopfpauschalen zur Verfügung stellt. rium. Gleichzeitig werden bis zu 40 Millionen Bundes- bürger zu Bittstellern und Empfängern von zusätz- Meine Damen und Herren, wir setzen dem die lichen Sozialleistungen des Staates und müssen Weiterentwicklung unserer solidarischen Kranken- alle Einkommens- und Familienverhältnisse offen- versicherung hin zur Bürgerversicherung entge- legen. Dazu ist der Aufbau einer neuen giganti- gen. Wir wollen, dass das Gesundheitssystem schen Verwaltungsbürokratie notwendig - übrigens wieder voll paritätisch finanziert wird, ohne einsei- ausgerechnet von den selbsternannten Verwal- tige Zusatzbeiträge. tungsmodernisierern und -reformern. (Glocke der Präsidentin) (Wolfgang Jüttner [SPD]: Tja!) Alle sollen nach ihrer finanziellen Leistungsfähig- Das Verfahren an sich ist aber völlig unangemes- keit ohne einschränkende Beitragsbemessungs- sen und für die Betroffenen absolut entwürdigend. grenzen zahlen. (Zustimmung bei der SPD) Meine Damen und Herren, am 9. Mai geht es in Die Wirkung kann man übrigens in der Schweiz Nordrhein-Westfalen nicht nur um die Landtags- beobachten. Die Schweiz hat sich zwischenzeitlich wahl. zum Land mit dem zweitteuersten Gesundheitssys- tem der Welt vorgearbeitet. 50 % der Bürgerinnen Vizepräsidentin Astrid Vockert: und Bürger sind abhängig von Transferleistungen. Letzter Satz! CDU und FDP planen mit ihren Vorstellungen das vollständige Ende der solidarischen Krankenversi- cherung: Einfrierung des Arbeitgeberbeitrages - Uwe Schwarz (SPD): die Versicherten werden zukünftig alle Kostenstei- Vielen Dank. - Die Wahl in Nordrhein-Westfalen ist gerungen alleine tragen -, keine echte Kosten- eine Schlüsselwahl für den Fortbestand unseres Nutzen-Analyse mehr, Einschränkung der Kontrol- bewährten solidarischen Gesundheitssystems. le der Pharmaindustrie. Der bisherige Leiter des Dafür werden wir mit Nachdruck kämpfen, weil wir Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit wurde wissen, dass es sich lohnt und die Menschen das kurzerhand gefeuert. Das Sachleistungsprinzip wollen. wird abgeschafft, Patienten zahlen die Rechnung direkt und müssen später mit ihren Kassen ab- (Beifall bei der SPD und Zustimmung rechnen. Die medizinische Notwendigkeit wird so bei den GRÜNEN) nicht mehr festgestellt. Die Patienten bleiben auf den Mehrkosten sitzen. Versicherte erhalten Basis- Vizepräsidentin Astrid Vockert: tarife, alles andere müssen sie durch private Zu- satzversicherungen abdecken. Herzlichen Glück- Danke schön, Herr Kollege Schwarz. - Der Ord- wunsch, PKV! nung halber möchte ich Sie darauf hinweisen, hier nicht solche Formulierungen wie am Anfang Ihrer Wohin das führt, kann man in den Vereinigten Rede zu verwenden. Wir reden im Landtag, wir Staaten sehen, wo 50 Millionen Menschen keinen sprechen, wir diskutieren, wir debattieren - ich ausreichenden Versicherungsschutz haben. Das möchte das Wort nicht wiederholen. Im Bundestag ist nicht das Ziel unserer Gesundheitspolitik; das ist dieses Wort übrigens einen Ordnungsruf wert. sage ich Ihnen ganz deutlich. (Beifall bei der SPD und bei der LIN- Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege KEN) Lammerskitten.

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Clemens Lammerskitten (CDU): Vor diesem Hintergrund erweist sich auch eine Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle- zweite Behauptung aus dem SPD-Antrag als un- gen! Sehr geehrte Damen und Herren! Gerecht, wahr, nämlich die von dem angeblichen Angriff der leistungsfähig, krisenfest - mit diesen Worten ha- Bundesregierung auf das solidarische Gesund- ben die Kolleginnen und Kollegen von der SPD heitssystem. Wir wollen keinen Totalumbau des ihren Antrag überschrieben. Gegen diese Worte heutigen Systems, sondern, wie gerade dargelegt, kann erst einmal niemand etwas haben. Wir in der eine schrittweise gesunde Entwicklung. In diesem CDU jedenfalls wollen genau das: ein gerechtes, Sinne soll es auch dabei bleiben, dass Mitglieder leistungsfähiges, krisenfestes Gesundheitssystem. der gesetzlichen Krankenkassen für Ehepartner ohne eigenes Einkommen und für Kinder keine (Zustimmung bei der CDU) Beiträge zahlen. Auch dies zeigt, dass wir keinen Beitrag pro Kopf und damit auch keine Kopfpau- Aber in dem Punkt hören die Gemeinsamkeiten schale wollen. Genauso wenig zutreffend wie die auch schon wieder auf. Auf den Antrag der SPD- Mär von der Kopfpauschale erweist sich die von Fraktion kann es aus unserer Sicht keine andere der SPD auch in diesem Antrag erhobene Klage, Reaktion als eine klare Ablehnung geben, da der die Union wolle jene Versicherten, denen künftig Antrag von falschen Annahmen und Behauptun- der Sozialausgleich zugute kommen soll, zu Bitt- gen ausgeht, die einer näheren Überprüfung nicht stellern degradieren. Eine solche Bemerkung mag standhalten. dazu taugen, Angst zu schüren; richtig ist sie trotz- (Zuruf von der SPD: Was?) dem nicht. Das fängt schon bei dem Stichwort „Kopfpauscha- (Beifall bei der CDU) le“ an. Ich verstehe ja, liebe Kolleginnen und Kol- Wir wollen den Sozialausgleich so unbürokratisch legen von der SPD, dass Sie dieses Wort immer wie möglich, also weitestgehend automatisch or- wieder gerne verwenden. Denn es klingt so schön ganisieren. Einem antragsbasierten Sozialaus- ungerecht gleich mit millionenfacher zusätzlicher Einkom- (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ist mensprüfung werden wir als CDU nicht zustim- es ja auch!) men. Niemand muss also bitten und betteln. und eignet sich insofern hervorragend, um die (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wie soll Menschen zu mobilisieren. Für den Sachverhalt es denn anders gehen?) zutreffender wird das Wort jedoch auch durch den Lassen Sie mich exemplarisch eine weitere von wiederholten Gebrauch nicht. Wir wollen keine der Opposition in Bund und Land gern angeführte Kopfpauschale. Wir wollen einen Wettbewerb zwi- Behauptung widerlegen. Es wird gesagt, das von schen den Krankenkassen, der deren Angebote der Union angestrebte Gesundheitsmodell sei und Leistungen verbessert, und zwar zum Wohle nicht finanzierbar; erst recht nicht, so heißt es, in eines mündigen Versicherten, der einen Zusam- der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Situation. menhang zwischen seinem Beitrag und der Leis- Tatsache ist: Die Union ist sich der Haushaltslage tung der Kasse herstellen kann und auf dieser des Bundes nur zu bewusst. Für uns wird die im Grundlage frei wählen kann, welche die richtige Mai anstehende Steuerschätzung eine maßgebli- Kasse für ihn selbst und seine Familie ist. che Rolle spielen, wenn es darum geht, die Finan- (Zustimmung bei der CDU - Zurufe zierung der gesetzlichen Krankenversicherung neu von der SPD) zu regeln. Voraussetzung ist dabei, dass weder die Bürgerinnen und Bürger noch der Bundeshaushalt Dies zu beurteilen, verehrte Kolleginnen und Kol- durch diese Neugestaltung überfordert werden legen, trauen wir von der CDU den Bürgerinnen dürfen. und Bürgern durchaus zu. Um diesen Wettbewerb zu ermöglichen, wollen wir schrittweise von den (Beifall bei der CDU) prozentualen einkommensabhängigen Beitrags- Ein Letztes: Die SPD fordert auch in dem vorlie- sätzen zu einkommensunabhängigen Beiträgen genden Antrag die Bürgerversicherung. Das klingt gelangen, die mit einem automatischen Sozialaus- zunächst einmal populär. Wir warten allerdings gleich verbunden sind. Diesen Umstieg werden wir schon seit Jahren vergeblich auf ein solide durch- nach und nach aus den heutigen Zusatzbeiträgen gerechnetes Konzept der SPD für diese Versiche- entwickeln. rung. Wo soll z. B. die Beitragsbemessungsgrenze

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liegen? Sollen Zinsen, Kapitaleinkünfte und Mieten durch die Arbeitnehmer zu tragenden Anteils in mit verbeitragt werden? Zu diesen Fragen hat sich Höhe von 0,9 % durchlöchert hat. die SPD auch nach jahrelanger Diskussion noch nicht konkret geäußert. (Roland Riese [FDP]: Das hat Rot- Grün getan!) (Norbert Böhlke [CDU]: So ist es!) Die von Schwarz-Gelb geplante einkommens- So populär das Wort auch klingt, in einer Bürger- unabhängige Kopfpauschale bedeutet dagegen versicherung müssten tatsächlich einmal mehr die das Ende des beitragsbezogenen Solidarsystems Facharbeiter und die Angestellten mit mittlerem in der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie wol- Einkommen den Löwenanteil der Last tragen. Ich len keinen Sozialausgleich mehr zwischen Armen sage ganz klar: Dies wollen wir nicht. und Reichen in der Finanzierung. Sie wollen auch (Beifall bei der CDU) keine paritätische Finanzierung des Beitragssatzes mehr. Dies hatte Herr Rösler bereits vor seiner Wir wollen die Last auf mehr Schultern verteilen, Inthronisierung als Bundesgesundheitsminister in indem wir den Ausgleich schrittweise auf das einem Vortrag vor dem Freien Verband der Deut- Steuersystem umstellen. So und nur so wird der schen Zahnärzte gesagt und damit die Katze aus soziale Ausgleich über das Steuersystem alle ein- dem Sack gelassen. Herr Rösler und die FDP be- beziehen, eben gerade auch die Gutverdienenden haupten nun, dass denjenigen, die die Kopfpau- und die Privatversicherten. schale mangels ausreichenden Einkommens nicht Liebe Kolleginnen und Kollegen, hätte ich mehr bezahlen können, durch Steuermittel unter die Zeit, könnte ich weitere unsachliche Argumente, Arme gegriffen werden soll; auch Herr Lammerskit- die immer wieder gegen die gesundheitspoliti- ten hat dies eben hier dargestellt. Es ist überhaupt schen Pläne der CDU angeführt werden, benen- interessant, dass an dieser Stelle die CSU unser nen und widerlegen. Wichtiger aber erscheint es treuester Verbündeter ist. Das ist ungewöhnlich; mir, unsere Zeit nicht in Unsachlichkeiten oder, aber in diesem Falle ist es natürlich richtig, und wir schlimmer noch, in Verunsicherung der Versicher- nehmen die Unterstützung gerne an. Wenn Herr ten, sondern in eine konstruktive und gerechte Söder beispielsweise sagt, an der Solidarität werde Gesundheitspolitik mit Augenmaß zu investieren. nicht gewackelt, dann hat er uns an seiner Seite. Wer das will, dem kann zu dem vorliegenden An- Wir müssen einmal gucken, was das, was Sie da trag nur eines einfallen: ein klares Nein. mit dem Steuerausgleich vorschlagen, eigentlich Danke. kostet. Herr Lammerskitten, meine Kollegin Ben- der, die gesundheitspolitische Sprecherin der Frak- (Beifall bei der CDU und bei der FDP) tion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, hat eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, und Vizepräsidentin Astrid Vockert: das Bundesfinanzministerium hat ihr ausgerech- Herzlichen Dank, Herr Kollege Lammerskitten. - net, dass diese Unterstützung etwa 35 Milliarden Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Euro an Steuermitteln kostet. Woher wollen Sie sie Kollegin Helmhold das Wort. nehmen, wenn nicht stehlen? Wie soll das bei einer gigantischen Staatsverschuldung gehen? Ursula Helmhold (GRÜNE): Das Bundesfinanzministerium hat Ihnen zwei We- Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen ge aufgezeigt: Entweder Sie erhöhen die Mehr- und Herren! Das bisherige System der solidari- wertsteuer um 4 bis 5 % - viel Vergnügen! -, oder schen Krankenversicherung bedeutet ja nicht nur, Sie erhöhen den Spitzensteuersatz auf 75 bis dass die Jungen für die Alten einstehen und die 100 %. So hat es Ihnen das Schäuble-Ministerium Gesunden solidarisch für die Behandlungskosten aufgeschrieben. Auch dabei viel Vergnügen! Ich der Kranken aufkommen. Es bedeutet eben auch, möchte dabei sein, wenn Sie auf der anderen Sei- dass die Einkommensstarken stärker als die Ein- te sagen, Sie wollten die Steuern senken. Sie ver- kommensschwachen zu den Kosten herangezo- suchen sich hier an der Quadratur des Kreises. gen werden. Das ist ein zutiefst gerechtes Prinzip. Was ist denn wirklich zu befürchten? Das Geld Außerdem gilt das System der paritätischen Finan- bekommen Sie aus dem Steuersystem nicht, es zierung zwischen Arbeitgebern und Arbeitneh- sei denn, Sie machen das, was Herr Schäuble mern, das die Große Koalition allerdings leider Ihnen gesagt hat. Sie wollen am Leistungskatalog schon durch die Einführung eines ausschließlich der Krankenkassen herumschnippeln; so wird es

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sein. Es wird keinen einheitlichen Leistungskatalog tobahn zwischen Hannover und Northeim ist ein mehr geben, sondern die Menschen müssen sich Autofahrer unterwegs, der Verkehrsradio hört: zusätzlich versichern und müssen zusätzlich be- „Vorsicht, es kommt Ihnen ein Geisterfahrer entge- zahlen. Dann hätten wir endgültig das Zweiklas- gen.“ Da fasst er sich an den Kopf und sagt: „Das sensystem in der Krankenversicherung eingeführt. müssen doch Hunderte sein.“ Der Geisterfahrer hieß in diesem Fall Uwe Schwarz. Für Ihre eigenen Leute hat die FDP ja mit Sonder- konditionen bei der Privatversicherung DKV vorge- Warum ist das so? Herr Schwarz hat uns hier eben sorgt. Gucken Sie einmal ins Internet: Jeder nor- gerade einen Antrag vorgestellt, in dem die SPD male Mensch wird vor Eintritt in die private Kran- von Wettbewerb und Wahlfreiheit spricht. Als kenversicherung auf seinen Gesundheitszustand Nächstes fordert er aber den einheitlichen Bei- hin geprüft, und es gibt Wartezeiten. All dies gilt tragssatz und den einheitlichen Leistungskatalog. nicht für FDP-Mitglieder. Was, meine Damen und Herren, ist hier Wahlfrei- heit, was ist hier Wettbewerb? Herr Schwarz hat (Wolfgang Jüttner [SPD]: Die sind per die Wiederherstellung der paritätischen Finanzie- se gesund!) rung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer einge- Das ist Sozialpolitik Marke FDP. Meine Damen und fordert. Frau Helmhold hat wahrheitswidrigerweise Herren, auch wenn ich der FDP kein einziges Mit- behauptet, die Große Koalition habe die Abkehr glied gönne, ich kann jedem Menschen mit Behin- von diesem Prinzip eingeführt. Eingeführt hat es derung oder Vorerkrankung, der in diesem Land Rot-Grün im Jahre 2003 mit dem Arbeitnehmer- Schwierigkeiten hat, in die Privatversicherung zu sonderbeitrag in Höhe von 0,9 %. kommen, nur raten: Treten Sie in die FDP ein, Herr Schwarz hat die Abschaffung der Zusatzbei- (Roland Riese [FDP]: Das ist auch träge hier gefordert. Wer hat sie eingeführt? Bun- aus politischen Gründen ratsam!) desgesundheitsministerin Ulla Schmidt im Jahre 2007 mit Unterstützung der SPD. Herr Schwarz wenigstens für einen Monat, dann klappt es auch fordert die Abschaffung der Versicherungspflicht- mit der Privatversicherung. grenze. Meine Damen und Herren, damit verwischt (Beifall bei den GRÜNEN) endgültig der Unterschied zwischen Versicherung und Steuern. Die Bürgerversicherung, wie wir sie seit 2003 for- dern, bezieht alle ein, auch Beamte und Selbstän- Sie, verehrter Herr Schwarz, sind auf dem falschen dige. Sie bezieht auch Kapitaleinkünfte und Ein- Wege und haben sich nebenbei auch völlig von künfte aus Vermietung ein. Wir wollen eine solida- den eigenen programmatischen Aussagen der rische Krankenversicherung, und deswegen wer- SPD verabschiedet. Warum ist das so? Im Bun- den wir dem Antrag der SPD zustimmen, auch destagswahlprogramm 2009 noch wollte die SPD wenn wir im Detail an manchen Stellen andere den Steueranteil für die Gesetzliche Krankenversi- Vorstellungen haben. cherung erhöhen. Hört, hört! Davon weicht dieser Antrag ab. Im Bundestagswahlprogramm 2005 der Herzlichen Dank. SPD waren Miet- und Pachteinnahmen noch - und (Beifall bei den GRÜNEN) aus guten Gründen - beitragsfrei zur Krankenversi- cherung. Davon haben wir heute nichts gehört. Die Vizepräsidentin Astrid Vockert: alte Dame mit schmaler Rente, die eine Wohnung Danke schön, Frau Kollegin Helmhold. - Nun vermietet, darf dann auch noch erhöhte Kranken- spricht für die FDP-Fraktion Herr Riese. Bitte versicherungsbeiträge zahlen. Dazu sage ich mal: schön! Viel Spaß, verehrter Herr Schwarz! (Kreszentia Flauger [LINKE]: Er er- (Beifall bei der FDP) klärt jetzt, wie das zustande kommt! - Steuern, meine Damen und Herren, sind Geldleis- Gegenruf von Norbert Böhlke [CDU]: tungen, die keine Gegenleistung für eine besonde- Das verstehen Sie ja sowieso nicht, re Leistung darstellen. Ihr Zweck ist die Erzielung Frau Kollegin!) öffentlicher Einnahmen. Sie werden nach Leis- tungsfähigkeit grundsätzlich allen Bürgerinnen und Roland Riese (FDP): Bürgern auferlegt. Versicherungen hingegen sind Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten so gestaltet, dass ein Kollektiv durch Beiträge ein Damen und Herren! Kennen Sie den? Auf der Au- Risiko trägt, das den Einzelnen überfordern würde.

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Eine gute Ordnungspolitik, verehrte Kolleginnen verursachen. So kommt unser Gesundheitssystem und Kollegen, sollte Steuern und Versicherungen in weitere Probleme hinein. sorgfältig auseinanderhalten. Ich empfehle, den Antrag abzulehnen. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der FDP und bei der CDU) Das ist eines der Grundprobleme, das wir derzeit im gesetzlichen Krankenversicherungswesen ha- Vizepräsidentin Astrid Vockert: ben. Herzlichen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Humke-Focks das Wort. Bitte! - Entschuldi- (Beifall bei der CDU) gung, das habe ich nicht gesehen. Herr Humke- Focks, für anderthalb bis drei Minuten dürfen Sie Ja, wir brauchen Wettbewerb und Wahlfreiheit! Wir sich noch einmal hinsetzen. Für anderthalb Minu- brauchen aber nicht eine Wahlfreiheit, wie sie sei- ten spricht Herr Schwarz. nerzeit Henry Ford beim Modell T verkündet hat, von dem es hieß, man könne es in jeder ge- Uwe Schwarz (SPD): wünschten Farbe erhalten, vorausgesetzt diese sei schwarz. Ein solidarisches und vor allen Dingen Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr auf Wettbewerb basierendes System in der Kran- Riese, ich möchte Ihnen etwas sagen, was die kenversicherung ist das, was wir für alle Bürger Finanzproblematik betrifft. Wenn Sie den Arbeitge- brauchen, ein solidarisches Prinzip, sage ich. Was beranteil künftig komplett einfrieren bedeutet das? Die Eckpunkte heißen: Wir brau- (Christian Grascha [FDP]: Das haben chen einen Kontrahierungszwang ohne Gesund- Sie doch gemacht!) heitsprüfung. - das steht doch in der Koalitionsvereinbarung; das (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Für FDP- wissen Sie doch ganz genau! - und alle Mehrkos- Mitglieder!) ten durch die Versicherten zu tragen sind, bedeu- tet das, dass der Steueranteil, der in die Kopfpau- Ich selber bin gesetzlich krankenversichert, meine schale gegeben wird, ständig steigt. Herr Schäuble Damen und Herren. Wir brauchen einen Wettbe- hat sauber vorgerechnet, wie das funktioniert. Die- werb über Leistungen und Beiträge. Die Men- sen Steueranteil, den Sie durch bestimmte Steuer- schen, die Versicherungsnehmer sind, müssen erhöhungen hereinholen, zahlen die gleichen Ar- entscheiden können, wie viel sie in ihrem eigenen beitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die schon die Risiko versichern wollen und wie viel sie nicht ver- steigenden Krankenversicherungsbeiträge allein sichern wollen. Sie müssen allerdings natürlich in bezahlen müssen. Bezug auf die großen Risiken abgesichert sein. Das muss der Kontrahierungszwang beinhalten. (Roland Riese [FDP]: Das ist nicht richtig!) Wir brauchen ein Versicherungsprinzip, das das Versicherungsprinzip betont, nämlich den Aus- Das heißt, Sie haben ein System eingeführt und gleich zwischen den Kranken und den Gesunden. sind dabei, ein System einzuführen, in dem letzt- Der Einkommensausgleich findet in ordnungspoliti- endlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer scher Weise im Steuersystem statt. Das ist in der die gesamte Krankenversicherung allein finanzie- Gegenwart so und muss auch in der Zukunft ren. Das wollen wir nicht, weil sich das etliche nicht grundsätzlich so bleiben. leisten können, meine Damen und Herren. (Zustimmung bei der SPD und bei der Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist kein LINKEN) geeigneter Beitrag zur Weiterentwicklung der durchaus vorhandenen Probleme des Versiche- Sie fügen, wie soeben geschehen, noch etwas rungswesens im Bereich der Gesundheit. Das hinzu, indem Sie sagen: Es gibt Basistarife. Es Problem liegt wie immer darin: Wer allen alles müssen ja nicht alle alle Leistungen haben. - Das verspricht, wer allen jede medizinische Leistung war gerade Ihre Rede: Warum müssen sich die verspricht, der sorgt dafür, dass die Patienten zu einen zweimal untersuchen lassen? - Für die- einem Arzt gehen, sich teuer diagnostizieren las- jenigen, die es sich nicht leisten können, reicht es sen, und dann, wenn sie mit der Diagnose nicht ja, sich nur einmal untersuchen zu lassen. Diejeni- einverstanden sind, zum anderen Arzt gehen und gen, die es sich leisten können, lassen sich zwei- damit weitere Tausende von Euro für die Diagnose mal untersuchen und sichern das über Zusatzver-

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sicherungen ab. - Diese Entsolidarisierung - die Meine Damen und Herren, solidarisch ist, dass einen sitzen auf den Holzbänken, und die anderen diejenigen, die wirtschaftlich viel tragen können, werden mit der Luxusklasse hingefahren - wollen auch tatsächlich viel tragen. Wo wird das geregelt? wir nicht. Das ist die Zerstörung dieses gewachse- Im Steuersystem. Wenn jemand in Deutschland nen sozialen Gesundheitssystems, meine Damen 100 Millionen Euro im Jahr verdient, dann zahlt er und Herren. davon ungefähr 45 Millionen Euro an Steuern. (Beifall bei der SPD - Hans-Henning (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Den zei- Adler [LINKE]: Zweiklassengesell- gen Sie mir mal!) schaft!) Davon ist genug dafür da, um das Gesundheits- Vizepräsidentin Astrid Vockert: system solidarisch zu finanzieren. Danke schön. - Herr Riese möchte antworten. (Beifall bei der FDP) Anderthalb Minuten - exakt! Vizepräsidentin Astrid Vockert: Roland Riese (FDP): Herzlichen Dank. - Nun spricht von der Fraktion Ich hoffe, dass ich meine zusätzliche Redezeit, die DIE LINKE Herr Humke-Focks. Jetzt haben Sie ich vorhin übrig gelassen habe, noch anhängen das Wort. darf. Patrick-Marc Humke-Focks (LINKE): Vizepräsidentin Astrid Vockert: Danke, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Nein - ich unterbreche Sie gleich, damit Sie sich Kollegen! Herr Riese, Sie haben zwar in dem gleich darauf einstellen können -, im Zuge der Punkt recht, dass man die SPD und die Grünen Kurzintervention sind es ganz genau anderthalb vielleicht nicht ganz aus der Verantwortung für das Minuten ab jetzt. Danach habe ich Herrn Humke- entlassen darf, was sie während ihrer Regierungs- Focks das Wort gegeben. zeit gemacht haben - keine Frage -, es stellt sich aber die Frage, wie wir mit dem vorliegenden An- Roland Riese (FDP): trag umgehen und was wir in der Zukunft erreichen Meine Damen und Herren, Herr Schwarz hat hier wollen. wieder die üblichen Illusionen verbreitet. Es ist selbst in der solidarischen Versicherung eine Dar- (Beifall bei der LINKEN und bei der stellungsillusion. Sie können es von zwei Seiten SPD - Roland Riese [FDP]: Ablehnen!) betrachten, meine Damen und Herren: Entweder Man muss auch einmal eine Einsicht unterstellen ist es der Arbeitnehmer, der durch seine Produk- dürfen; an diesem Antrag ist nämlich sachlich so tivkraft im Unternehmen die Wertschöpfung gut wie nichts auszusetzen. Das ist meine ehrliche schafft, aus der sowohl Arbeitnehmer- als auch Meinung. Ich bin froh, dass dieser Antrag gestellt Arbeitergeberanteil geleistet werden, worden ist. Ich denke auch, dass es notwendig ist, (Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Sie haben dass gerade wir, die Parteien, die sich zurzeit in sie wegdefiniert, oder? Das ist un- der Opposition befinden, uns auf entsprechende glaublich!) Konzepte einigen, damit wir eine Gesundheitsre- form à la Rösler künftig verhindern. oder Sie betrachten es von der Seite des Arbeit- gebers: Der schreibt oben auf den Gehaltszettel (Beifall bei der LINKEN) die Arbeitgeberkosten, darunter steht das Arbeit- Wir freuen uns, dass wir mit dieser Erkenntnis nehmerbrutto, und darunter steht das Arbeitneh- nicht mehr alleine stehen. Die SPD hat in ihrem mernetto. Aber entweder hat es der Arbeitneh- Antrag wesentliche Punkte aufgegriffen, die in mer/die Arbeitnehmerin erwirtschaftet oder der ähnlicher Formulierung bereits in einem Antrag der Arbeitgeber zahlt es, entweder direkt an die Kran- LINKEN-Bundestagsfraktion vom 25. März dieses kenversicherung mit dem einen Teil oder mit dem Jahres zu finden sind, Drs. 17/1238. Die zentralen anderen Teil zunächst an den Arbeitnehmer. Sie Schnittpunkte zwischen unseren Anträgen lauten: betreiben mit der solidarischen Last eine Illusion, Die Zusammenlegung von Kranken- und Pflege- die im System angelegt ist. Es bleibt aber bei einer versicherung in eine solidarische Bürgerversiche- Illusion. Es ist eine reine Sache der Betrachtungs- rung, die Abschaffung der Versicherungspflicht- weise. grenze, die Einbeziehung aller Einkommensarten,

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die Wiederherstellung einer paritätischen Finanzie- sive des wachsenden Bedarfs in der Pflege, wurde rung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern mit jeder Reform ungerechter. Ein Ende dieses oder auch die einheitliche Leistung und einheitliche Prozesses ist nicht in Sicht. Mit der Politik von Beitragssätze sowie die Sicherstellung des Fi- Schwarz-Gelb ist das Gegenteil zu erwarten. Wir nanzausgleichs zwischen den Kassen. sind auf dem Weg zu einer endgültigen Demonta- ge der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Das Wir brauchen den Rahmen einer solchen Bürger- ist nicht hinnehmbar. versicherung möglichst schnell. Uns fehlt in etli- chen Bereichen schon heute das Geld für eine (Beifall bei der LINKEN - David McAl- qualitativ gute Gesundheitsversorgung. Wir enthal- lister [CDU]: Trotz Geburtstag darf ten den Menschen einen adäquaten Zahnersatz man so etwas nicht sagen!) vor, wir haben gesundheitsgefährdende Wartezei- Nur mit einer solidarischen Bürgerversicherung - ten für Kassenpatienten bei wichtigen fachärztli- ich habe es bereits dargestellt -, wie die LINKEN chen Untersuchungen. Das dürfen wir nicht ver- und auch die SPD und die Grünen sie fordern, wird gessen. Die zahlreichen Zuzahlungen der Versi- das gewaltige Problem der Gesundheitsversor- cherten führen im unteren Einkommensbereich gung zu lösen sein. dazu, dass die Menschen auf medizinische Leis- tungen verzichten müssen, was teilweise auch Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. dramatische Konsequenzen hat. Die Situation in (Beifall bei der LINKEN und Zustim- der Pflege ist in allen Bereichen schlicht prekär. mung bei der SPD - David McAllister Wir geben hier gemeinsam die richtigen Antworten [CDU]: Trotz Geburtstag falsch!) und stellen das richtige Konzept vor. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsidentin Astrid Vockert: Danke schön. - Zu einer Kurzintervention auf die Das Gesundheitssystem ist bereits heute un- Ausführungen von Herrn Humke-Focks hat jetzt gerecht. Die faktischen Einnahmeprobleme werden Herr Kollege Riese von der FDP-Fraktion für an- künftig größer; ich nenne nur den demografischen derthalb Minuten das Wort. Bitte! Faktor. Zu allem Übel haben wir nun eben auch - das muss ich so deutlich sagen - einen FDP-Ge- Roland Riese (FDP): sundheitsminister. Das Gesundheitssystem wird damit nämlich noch ungerechter. Wir haben durch Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege die Zusatzbeiträge, die von den Kassen erhoben Humke-Focks, das Geburtstagskind, hat hier werden, auch heute schon eine quasi kleine Kopf- ebenso wie zuvor Herr Kollege Schwarz die Figur pauschale. Diese kleine Kopfpauschale ist natür- des Bittstellers in die Debatte eingeführt. Das ist lich eine hervorragende Vorlage für Minister Rös- doch hanebüchen. Von der Rolle eines Bittstellers ler. Die Menschen sollen sich schon einmal daran kann doch wirklich keine Rede sein, wenn nach gewöhnen, dass Geringverdienende prozentual der Lohnsteuerberechnung am Ende des Jahres deutlich mehr zahlen. Mit der Kopfpauschale à la die Einkommensverhältnisse eines Steuerpflichti- Rösler wird der kleine Angestellte dann einen er- gen gegebenenfalls zusammen mit denen der heblich größeren Anteil seines Einkommens für die Ehegattin oder des Lebenspartners erfasst werden Gesundheitsversorgung zahlen müssen als sein und beim Finanzamt dann ein Einkommensteuer- Chef. Das ist unredlich und falsch. ausgleich erfolgt. Beim Finanzamt wird die Prüfung der Einnahmen durchgeführt. Dort wird geprüft, ob (Beifall bei der LINKEN) jemand noch etwas nachzahlen muss, weil er vor- Wer wenig Geld hat, wird sich eine Krankenversi- her nicht genügend Steuern gezahlt hat, oder ob er cherung kaum noch leisten können. Die vage An- eine Erstattung bekommt. An genau dieser Stelle kündigung eines Sozialausgleichs dürfte in der findet im System eine Einkommensprüfung für Ausformulierung von Schwarz-Gelb eine ähnliche jedermann statt. Das geschieht auch längst für Bittstellerhaltung der betroffenen Menschen ein- Rentnerinnen und Rentner, Herr Schwarz. Genau fordern, wie es beim Arbeitslosengeld II der Fall ist. an dieser Stelle kann auch im Hinblick auf die Kos- Dieser Sozialausgleich dürfte uns 40 Milliarden ten im Gesundheitssystem ohne große zusätzliche Euro an Steuermitteln kosten. Wer dies bezahlt - Bürokratie ein sozialer Ausgleich erfolgen. der Begriff „Sozialausgleich“ ist insofern sinnent- (Uwe Schwarz [SPD]: Das sehen aber stellend -, dürfte auf der Hand liegen. Diese Dauer- alle Fachleute anders!) flickstelle Gesundheitsversorgung, natürlich inklu-

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Vizepräsidentin Astrid Vockert: Gesundheitswesens. Eckpunkte werden dort vor- Herr Schwarz, Sie haben jetzt keine Möglichkeit zu bereitet und erarbeitet. Erste Ergebnisse sollen im antworten. Diese Möglichkeit hat aber Herr Hum- Juli vorliegen. ke-Focks, und er möchte diese Möglichkeit jetzt nutzen. Er hat anderthalb Minuten Redezeit. Die Länder sind an den Beratungen bisher nicht beteiligt. Dessen sind wir uns bewusst. Wir streben Patrick-Marc Humke-Focks (LINKE): gemeinsam mit den anderen Ländern eine umge- Frau Präsidentin! Lieber Herr Riese, es ist doch hende Beteiligung an. Darüber beraten wir zurzeit leicht nachvollziehbar: Wir beide werden wahr- im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz. Wir scheinlich von der vorgesehenen Regelung profi- werden in den nächsten Wochen sehen, was un- tieren können, weil wir über das entsprechende sere Aufforderungen bewirken werden. Einkommen im Jahr verfügen. Wir können uns auch einen Steuerberater und alles Mögliche leis- Meine Damen und Herren, die Gesundheitsversor- ten. Wir gehören der Einkommensgruppe an, die gung in Deutschland ist weltweit vorbildlich. An der davon profitieren wird. Sie können hier doch wirk- Qualität wird nicht gerüttelt. Darüber sind wir uns lich nicht das Märchen verbreiten - für mich ist es alle einig. Die Finanzierbarkeit muss aber mittel- in der Tat ein Märchen -, es sei sozial gerecht, und langfristig gewährleistet sein. Wir wollen einen wenn die Reinigungskraft in einem Betrieb das Einstieg in ein gerechtes, transparentes Finanzie- Gleiche bezahlen muss wie der Chef. Sie meinen rungssystem. Dabei wird die soziale Ausgegli- doch nicht wirklich, dass es dafür einen steuerli- chenheit im Vordergrund stehen. Solidarität steht chen Ausgleich gibt. Das nimmt Ihnen wirklich im Mittelpunkt. keiner ab. Alle Fachleute behaupten das Gegen- teil, und sie haben damit auch recht. Auch in der Pflegeversicherung weist Deutschland ein hohes Leistungs- und Qualitätsniveau auf. Dies (Beifall bei der LINKEN) gilt es zu bewahren und langfristig zu sichern. Eine Finanzreform der Pflegeversicherung ist auch in Vizepräsidentin Astrid Vockert: Anbetracht der Auswirkungen des demografischen Herzlichen Dank. - Herr Riese hat noch eine Rest- Wandels unverzichtbar. Dieses Problem gilt es zu redezeit von 18 Sekunden. Diese möchte er aus- lösen. Die Weichenstellung im Koalitionsvertrag nutzen. Bitte schön, Herr Riese! der Bundesregierung hierfür ist richtig. Wir müssen darüber hinaus aber darauf achten, dass die pfle- Roland Riese (FDP): gebedingten Sozialhilfeausgaben der Länder und Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kommunen beherrschbar bleiben. Chef zahlt eine wesentlich höhere Einkommen- steuer als die Pförtnerin. Danke. (Unruhe) (Beifall bei der CDU und bei der FDP) Vizepräsidentin Astrid Vockert: Herzlichen Dank. - Ich bitte um Ruhe. - Für die Vizepräsidentin Astrid Vockert: Landesregierung hat jetzt Frau Minister Özkan das Wort. Bitte schön! Ganz herzlichen Dank, Frau Ministerin Özkan. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich Aygül Özkan, Ministerin für Soziales, Frauen, schließe die Beratung. Familie, Gesundheit und Integration: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehr- Wir kommen zur Ausschussüberweisung. ten Damen und Herren! Seit dem 24. Februar 2010 gibt es die Regierungskommission zur nachhalti- Der Antrag soll federführend dem Ausschuss für gen und sozial ausgewogenen Finanzierung des Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit und Gesundheitswesens. Ihr gehören acht Bundesmi- mitberatend dem Ausschuss für Haushalt und Fi- nisterinnen und -minister an. Die Kommission wird nanzen überwiesen werden Gibt es Widerspruch? das umsetzen, was im Koalitionsvertrag auf Bun- - Das ist nicht der Fall. Dann haben Sie so be- desebene vereinbart wurde, nämlich: Sie erstellt schlossen. Herzlichen Dank. einen Vorschlag zur künftigen Finanzierung des

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Ich kann dann Punkt 33 der Tagesordnung aufru- weiterhin zu fördern. Ein ganz wichtiger Punkt für fen: die Vereine - dies hat in unserem Antrag Priorität - sind die steuerlichen, die finanziellen Gegebenhei- ten. Wir möchten die Landesregierung bitten zu Erste Beratung: prüfen, ob es möglich ist, eine generelle Steuerbe- Sport in Niedersachsen - Antrag der Fraktionen freiung für kommunale Zuschüsse an gemeinnützi- der CDU und der FDP - Drs. 16/2407 ge Sportvereine zu gewähren. Wir möchten den Sportvereinen damit finanzielle Sicherheit geben, wobei ich in diesem Zusammenhang insbesondere (Unruhe) auch an den ehrenamtlichen Bereich und an eine - Bis es etwas ruhiger geworden ist, unterbreche gute Verteilung der finanziellen Mittel denke. ich die Sitzung. (Beifall bei der CDU und bei der FDP) (Unterbrechung der Sitzung von Wir möchten die Landesregierung bitten, auch 11.06 Uhr bis 11.08 Uhr) dafür Sorge zu tragen, dass es keine weiteren Einschränkungen bei der steuerlichen Förderung Vizepräsidentin Astrid Vockert: im ideellen Sportbereich gibt. Das alles sind Auf- Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion gaben, die hoffentlich auch im Sinne der Sportver- hat Frau Kollegin Jahns das Wort. Bitte schön! eine geregelt werden können; denn wir wollen, dass die Sportkultur und die Sportpolitik in diesem Angelika Jahns (CDU): Lande weiterhin eine Spitzenstellung einnehmen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sport Dazu gehört natürlich auch die neugegründete ist ein ganz spannendes Thema, gerade vor dem Sportakademie. Auch sie ist ein Musterbeispiel für Hintergrund, dass sich in den letzten Jahrzehnten gute Sportpolitik hier in Niedersachsen. wahnsinnig viel im Bereich der Sportarten getan Meine Damen und Herren, ein weiterer wichtiger hat. Es sind viele neue Trendsportarten entstan- Punkt unseres Antrages ist der Aspekt Migration den. Der Sport bietet generationsübergreifend die bzw. Integration durch Sport. Das ist eine Maß- Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen, mitein- nahme, die wir gemeinsam mit dem Landessport- ander in Berührung zu kommen und viele Dinge bund entwickelt haben. Es gibt Projekte und Maß- gemeinsam zu erleben. Ich denke, das ist nicht nur nahmen für Menschen mit Migrationshintergrund, bundesweit, sondern insbesondere auch in Nie- deren Integration hier in Niedersachsen dadurch dersachsen eine tolle Entwicklung. erleichtert werden soll; denn soziales Miteinander (Beifall bei der CDU und bei der FDP) im Sportbereich ist ein wichtiger Baustein dafür. Ich glaube auch sagen zu können, dass Sport in (Beifall bei der CDU) Niedersachsen seit 2003 eine Erfolgsstory ist. Gerade für Mädchen und junge Frauen mit Migra- (Beifall bei der CDU) tionshintergrund, die in Sportvereinen seltener vertreten sind, wollen wir damit eine Möglichkeit Wir haben zusammen mit der Landesregierung die schaffen, sich zu engagieren und so nähere Kon- Sportförderung seit 2003 wirklich auf feste Füße takte zu ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu gestellt und haben dem Landessportbund Pla- knüpfen. Gerade im sportlichen Bereich: Bewe- nungssicherheit gegeben. Der Landessportbund gung ist gut. Damit wollen wir hier einen neuen bekommt jährlich fast 30 Millionen Euro als Unter- Baustein schaffen. stützung, die er eigenständig verteilen kann. Ich denke, dies wirkt sich im Sinne eines Erfolges für Darüber hinaus, meine Damen und Herren, wollen den Landessportbund und insbesondere natürlich wir die Landesregierung bitten, in den Kommunen für den Vereinssport aus. dafür mit Sorge zu tragen, dass beim Bau und bei der Sanierung von Sportstätten weiterhin das Au- (Beifall bei der CDU) genmerk auf eine behindertengerechte Ausstat- Damit komme ich auf einen wesentlichen Punkt zu tung gelegt wird. Für uns ist es besonders wichtig, sprechen, der in unserem Antrag Priorität hat. Wir dass auch Menschen mit Behinderung die Mög- möchten, dass die Vereine auch weiterhin unter- lichkeit haben, die Sportstätten zu besuchen. In stützt werden. Wir bitten die Landesregierung des- diesem Zusammenhang darf ich noch einmal auf halb, den Breitensport und auch den Spitzensport das Konjunkturprogramm verweisen. Damit haben

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wir den Kommunen einen großen Betrag zur Ver- haben. Ich glaube, unsere neue Sozialministerin ist fügung gestellt. Ich hoffe, dass er sinnvoll einge- sehr dankbar dafür, dass es jährlich 500 000 Euro setzt wird und dass dann viele Menschen mit Be- für Migrationsmaßnahmen gibt. hinderung die Möglichkeit haben, entsprechend ihren Neigungen und Fähigkeiten Sport zu betrei- (Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Sie ben. meint die Integrationsmaßnahmen!) (Beifall bei der CDU und bei der FDP) Ich glaube, das ist auch für die Zukunft ein toller Baustein. Da sind wir in Niedersachsen auf einem In diesem Zusammenhang sind auch die künftigen sehr guten Weg. Integrationsklassen zu nennen. In Niedersachsen wird es künftig Integrationsklassen geben. Dazu (Beifall bei der CDU und bei der FDP) gehört natürlich auch die Erweiterung der Ausbil- Meine Damen und Herren, Sport in Niedersach- dung der Sportlehrer. Wir möchten die Landesre- sen - ich habe es gesagt - ist eine Erfolgsstory. gierung bitten, im Bereich der Ausbildung der Zum Schluss möchte ich darauf hinweisen, dass Sportlehrer auch darauf zu achten, dass diese für wir die Landesregierung bitten, sich auch auf der den Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit Bundesebene dafür stark zu machen, dass insbe- Behinderung sensibilisiert werden. Die Ausbildung sondere die Bestimmungen der NADA, der Natio- der Sportlehrer soll um diesen Aspekt erweitert nalen Antidopingagentur, und ihres nationalen werden. Antidopingprogramms eingehalten werden. Diese Meine Damen und Herren, wir haben in den letzen Bestimmungen sind im Bereich des Dopings bzw. Jahren feststellen müssen, dass die Gewalt bei des Medikamentenmissbrauchs von höchster Be- großen Sportveranstaltungen immer wieder sehr deutung. Wenn es da Zuwiderhandlungen gibt, eskalierte. Wir möchten die Landesregierung bit- dann müssen diese auch sanktioniert werden. Die ten, in diesem Bereich auch weiterhin Projekte zu Fraktionen der CDU und der FDP bitten in ihrem entwickeln und Fanklubs zu unterstützen, die sich Antrag den Sportminister, diese Intention mitzu- gerade zum Ziel gesetzt haben, junge Menschen nehmen; denn wir alle wissen, wie schädlich im dafür zu sensibilisieren, dass sie wissen, wie wich- Gesundheitsbereich Doping oder auch Medika- tig der sportliche Wettkampf ist, dass sie also nicht mentenmissbrauch sein kann. nur das Gewinnen im Auge haben, sondern dass Ein weiteres prioritäres Thema in unserem Antrag sie den fairen Umgang miteinander als vernünftig ist der Gesundheitsbereich. Wir möchten gerade vor Augen geführt bekommen, sodass diese Men- über Vorbeugung mit dazu beitragen, dass mög- schen wirklich akzeptieren, dass auch einmal die lichst viele Kinder und Jugendliche in Niedersach- andere Mannschaft gewinnen kann. sen nicht an Diabetes leiden, keine motorischen (Beifall bei der CDU) Probleme haben und später möglichst auch keine Herz- und Kreislaufprobleme infolge von Bewe- Es geht nicht alleine darum, dass man seine gungsarmut bekommen, auch weil mittlerweile die Mannschaft siegen sehen möchte, sondern man Informations- und Telekommunikationstechnolo- muss auch miteinander den sozialen Umgang gien so viele Möglichkeiten bieten, sich in der Frei- lernen und akzeptieren, dass es eben auch andere zeit zu beschäftigen. Wir wollen, dass sich unsere Menschen mit guten Fähigkeiten gibt. Hier ist, wie Kinder möglichst draußen bewegen, dass sie Sport gesagt, die Landesregierung zusammen mit dem treiben, dass sie aktiv sind und dass sie eine ge- Landessportbund schon in vielen Bereichen tätig sunde Lebensführung haben. gewesen. Aber wir möchten auch hier eine Weiter- entwicklung sehen. (Glocke der Präsidentin) Darüber hinaus möchten wir, dass der Spitzen- wie - Ich bin sofort fertig, letzter Satz. - Meine Damen auch der Breitensport weiterhin unterstützt und und Herren, „Sport ist Mord“ - dieser Spruch von auch die Förderung im Bereich der olympischen Churchill ist nicht unser Motto. und nicht olympischen Disziplinen weiterentwickelt (Dr. Manfred Sohn [LINKE]: „No wird, und zwar sowohl für Menschen mit als auch sports!“ hat er gesagt!) ohne Behinderung. Wir sind dankbar dafür, dass in Niedersachsen sowohl der Ministerpräsident als Das Motto der Christdemokraten in Niedersachsen auch der Sportminister und der Finanzminister heißt: „Sport vor Ort“. In diesem Sinne wollen wir hierfür entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt viele, viele Angebote in Niedersachsen schaffen,

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damit die Menschen hier generationsübergreifend Es geht aber nicht nur um die Großveranstaltun- Sportangebote wahrnehmen können, gen, die Highlights, sondern es geht auch um Ver- anstaltungen wie die zum Deutschen Sportabzei- (Beifall bei der CDU und bei der FDP) chen für Behinderte, die dezentral an fünf Standor- jeder nach seinem Sinne. In diesem Sinne hoffe ten durchgeführt werden, woraus die einzelnen ich, dass die Opposition unserem Antrag zustim- Kommunen durchaus eine Menge Profit - in Anfüh- men wird; denn so etwas Positives können Sie nur rungszeichen gesetzt und positiv gesehen - ziehen akzeptieren. können. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Deswegen möchte ich berücksichtigt wissen, dass (Beifall bei der CDU und bei der FDP) der Sport auch für diesen Bereich eine hohe Be- deutung hat. Das war beispielsweise auch bei den Vizepräsidentin Astrid Vockert: deutschen Biathlon-Meisterschaften in Clausthal- Zellerfeld der Fall. Würden solche Veranstaltungen Herzlichen Dank, Frau Kollegin Jahns. - Für die nicht stattfinden, würden auch die einzelnen Ge- FDP-Fraktion hat sich Herr Kollege Schwarz zu meinden vor Ort leiden. Wort gemeldet. Sie haben das Wort. Bitte schön! (Beifall bei der FDP und bei der CDU) Hans-Werner Schwarz (FDP): Mit dem Sport sind also Arbeitsplätze verbunden. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen Ich will an dieser Stelle nur sagen: Jede Kommu- und Herren! Die Absicht dieses Antrages ist es ne, die etwas auf sich hält, wird genau diesen u. a., den Stellenwert des Sports in unserer Ge- Standortvorteil erkannt haben und wird sich dafür sellschaft noch einmal ganz besonders zu beto- einsetzen, dass dieser Bereich eine Perspektive nen. Ich denke, Frau Jahns hat das in beeindru- für die Zukunft hat. ckender Weise deutlich gemacht. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. Mit dem Sport verbinden wir grundsätzlich eine Alles andere werden wir dann hoffentlich gemein- gesunde Lebensführung, aktive Freizeitgestaltung, sam in der zweiten Beratung abschließen. Integration, das Erleben und Erlernen von sozialen Kompetenzen. Auch der Wert von Fairplay wird mit Vielen Dank. dem Sport in Verbindung gebracht. Des Weiteren (Beifall bei der FDP und bei der CDU) erfordert das ehrenamtliche Engagement grund- sätzlich die Unterstützung des Staates. Vizepräsidentin Astrid Vockert: Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach Herzlichen Dank, Herr Kollege Schwarz. - Für die dem Vortrag von Frau Jahns bleibt mir im Grunde SPD-Fraktion spricht nun Herr Kollege Hausmann. genommen nur noch, für die Diskussion in den Sie haben das Wort. Ausschüssen darauf zu verweisen, dass wir auch noch einen anderen Aspekt berücksichtigen soll- Karl Heinz Hausmann (SPD): ten: Der Sport hat grundsätzlich auch eine gewisse Bedeutung für die Regionalwirtschaft. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sport ist die schönste Nebensache der Welt, sagt Ich führe einmal Hannover 96 als Beispiel an. Ge- man eigentlich. hen Sie einmal davon aus, dass der Klassenerhalt geschafft wird! Wenn er aber nicht erreicht würde, (Hans-Henning Adler [LINKE]: Da gibt wäre das der Verlust eines Standortfaktors für es noch etwas anderes!) Hannover; denn dann gingen viele regionalwirt- Frau Jahns hat mit einem Spruch aufgehört, und schaftliche Bedeutungen verloren. Jede Stadt, die ich beginne mit einem Spruch. Aber selbst dieser einen Bundesligaverein hat, hat einen großen wirt- Spruch wird dem Sport bei Weitem nicht gerecht; schaftlichen Vorteil. denn Sport ist inzwischen viel mehr und inzwi- Ein weiteres Beispiel: Ich komme aus Diepholz, schen eine gewaltige gesellschaftliche Bewegung das jahrelang davon profitiert hat, dass ein Groß- geworden. ereignis wie das Flugplatzrennen stattgefunden Ich möchte jetzt nicht aufzählen, was die SPD hat. Da hatten wir 80 000 Menschen an einem während ihrer Amtszeit in Niedersachsen und in Wochenende vor Ort. Das hatte wirtschaftliche Deutschland für den Sport getan hat. Das werde Bedeutung für uns. Das muss man einfach wissen. ich bei der zweiten Lesung machen. Dann werde

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ich damit überzeugen. Eines möchte ich aber we- Wir brauchen auf jeden Fall eine Verstetigung der nigstens sagen. Für die Übungsleiter, die für den Sportförderung, um dem Landessportbund Pla- Sport sehr wichtig sind, gibt es einen Freibetrag, nungs- und Rechtssicherheit zu gewähren. Das ist der sich inzwischen auf 2 100 Euro beläuft. Dieser ganz wichtig. Natürlich ist das bereits jetzt gege- Freibetrag ist von Willy Brandt eingeführt und von ben, aber das hängt auch so ein bisschen von den Gerhard Schröder und dann noch einmal von Peer Wetteinnahmen und anderen Dingen ab. Steinbrück erhöht worden. Auch das sollte einmal Zur Lösung der steuerlichen Behandlung: Irgend- gesagt werden. wann werden Sportvereine Sporthallen überneh- (Beifall bei der SPD) men und dafür Gelder bekommen. Irgendwann werden sie dann die Freibeträge übersteigen und Noch ein paar Anmerkungen zur Organisation des letztlich auch Mehrwertsteuer zahlen müssen. Es Sports: In Niedersachsen sind zahlreiche Bürge- muss eine Lösung gefunden werden, damit die rinnen und Bürger im Landessportbund Nieder- Sportvereine davor geschützt werden. sachsen organisiert. Mit den dort ehrenamtlich tätigen Frauen und Männern ist dies die größte (Zustimmung bei der SPD) ehrenamtlich getragene Personenvereinigung in Das Sportangebot muss auch im ländlichen Raum, Niedersachsen, die in einem Dachverband mit insbesondere in den kleinen Gemeinden und 9 500 Sportvereinen, 48 Sportbünden und 47 Lan- Ortsteilen, sichergestellt werden. Dabei denke ich dessportverbänden organisiert ist. 320 000 ehren- an das Problem des - sicherlich erforderlichen - amtlich tätige Frauen und Männer erfüllen mit ih- Rückbaus der Infrastruktur als Folge des demogra- rem uneigennützigen und selbstlosen Einsatz für fischen Wandels. Das sollte aber nicht den Sport in den Sport eine große gesellschaftspolitische Auf- dem Maße treffen, dass der Sport nicht mehr gabe und erbringen damit eine Leistung, die mei- durchführbar ist. nes Erachtens unbezahlbar ist. Ein weiterer Punkt, der sicherlich sehr wichtig ist (Beifall bei der SPD) und über den wir sehr intensiv sprechen müssen, Ich habe noch einiges aufgeschrieben, mit dem ich bezieht sich auf die Aufnahme des Sports in die aufzeigen wollte, was der Sport sonst noch ist und Niedersächsische Gemeindeordnung. Mein was er leistet. Ich glaube, das ist schon gesagt Wunsch als Sportler ist es natürlich, den Sport als worden. Deshalb spare ich mir das jetzt und gehe Pflichtaufgabe in die Gemeindeordnung aufzu- auf die wesentlichen Sachen ein. nehmen. Damit würden viele Probleme gelöst. Frau Jahns, Sie haben vorhin darüber gesprochen, (Vizepräsident Hans-Werner Schwarz was Sie alles möchten. Daran schließen wir uns übernimmt den Vorsitz) natürlich vollständig an. Wir möchten das aber nicht nur, sondern wir bringen auch Vorschläge, Sport wird nicht nur in Vereinen, sondern auch in Schulen getrieben. Wenn es um die Sportstunden wie man das erreichen kann. Das ist der Unter- geht, belegt das Land Niedersachsen den ersten schied. Platz, aber leider den ersten Platz, wenn man die (Zustimmung bei der SPD) Rangfolge von hinten betrachtet. Derzeit werden Ansonsten liest sich Ihr Antrag sehr schön. Es ist nur zwei Sportstunden angeboten, die oftmals gar auch alles richtig, was darin steht. Letztlich muss nicht durchgeführt werden. Andere Bundesländer das aber auch umgesetzt werden. Was man um- haben inzwischen das doppelte Stundenkontin- setzen will, das kostet Geld, das eigentlich nicht gent. Ich meine, wir sollten wenigstens eine dritte vorhanden ist. Dabei sollten wir uns Gedanken Sportstunde für unsere Schülerinnen und Schüler darüber machen, für welche Zwecke wir unser einführen. Geld sonst noch ausgeben. Dann fragt man sich, (Beifall bei der SPD) ob wir für den Sport noch ein bisschen mehr Geld ausgeben können und ob dies notwendig ist. Es ist Damit verbunden sein sollten eine bessere Qualifi- notwendig. zierung und Ausbildung der Sportlehrer. Ich habe mir sagen lassen, dass es dabei manchmal gewal- Wir hatten vor Kurzem einige Vorschläge einge- tig hapert. bracht. Ich möchte zumindest einige unserer Lö- sungsvorschläge aufzeigen und darlegen, was wir Wir haben einmal einen Antrag gestellt, der auf für den Sport tun möchten. einen kostenfreien Zugang zum Sport für Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien

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abzielte. Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass duzierung um 20 % gesprochen. Das können Sie jeder Mitglied in einem Sportverein sein kann. Das jetzt selbst weiter hochrechnen. muss wieder sichergestellt werden. Insbesondere Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich danke für ihre Kinder aus sozial schwachen Familien können Aufmerksamkeit und freue mich auf die Beratung heute manchmal nicht Mitglied eines Sportvereins im Ausschuss. sein. (Beifall bei der SPD und Zustimmung Als wir den Antrag eingebracht haben, haben Sie bei den GRÜNEN) ein schönes Programm genannt, nämlich „Familie in Not“. Nennen Sie mir bitte ein Beispiel, bei dem Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: das Programm „Familie in Not“ dazu geführt hat, dass Kinder und Jugendliche zum Sport gehen Schönen Dank, Herr Hausmann. - Nächster Red- können! Es ist kaum Geld da, und außerdem ist ner ist Herr Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die das sehr kompliziert. Ich spreche nicht von einigen Grünen. Bitte schön! wenigen, sondern von allen. Diese Möglichkeit bietet dieses Programm meiner Meinung nach Ralf Briese (GRÜNE): nicht. Vielen Dank, Herr Präsident. - Auch ich habe mich über diesen Antrag gefreut; denn ich meine, wir (Beifall bei der SPD) sollten in diesem Hause öfter über Sportpolitik Es ist nichts zum Nulltarif zu haben. Die Sportver- reden, eine sollte man natürlich nicht mit den zusätzlichen (Zustimmung bei den GRÜNEN) Kosten belasten. Das habe ich schon einmal ge- sagt. Wer sich erkundigen möchte, wie es um den weil der Sport eine ganz faszinierende Angelegen- Sport steht und welche Probleme Sportvereine heit ist. Ich bin selbst relativ aktiver und begeister- haben, dem empfehle ich die Lektüre des Sport- ter Sportler. entwicklungsberichts. Mir liegt der Sportentwick- lungsbericht 2007/08 vor. (Zuruf von den GRÜNEN: Ironman!) Darin heben die Vereine die Bedeutung der Bil- Deswegen freue ich mich, dass wir jetzt über dung und der Gewinnung von ehrenamtlichen Sportpolitik reden können. Funktionsträgern hervor. Das ist sehr wichtig; denn In verschiedenen Redebeiträgen haben Sie bereits das brauchen die Sportvereine. dargestellt, welche wichtige Funktion der Sport insgesamt für die Gesellschaft hat. Dies betrifft die (Beifall bei der SPD) Gesundheitspolitik, aber auch das Erlernen allge- Ich habe gerade die Klingel gehört. Das heißt, die meiner Regeln oder auch die Integrationsfunktion. Zeit wird knapp. Eines möchte ich aber noch sa- Herr Hausmann, es ist tatsächlich so, dass der gen: Wenn wir in den Sport investieren, dann er- Sport nicht nur im Bereich der Demenzprophylaxe zielen wir eine sehr hohe Rendite. Wir sind uns entscheidend ist. Man hat jetzt auch herausgefun- sicher einig, dass der Sport auch zur Gesundheits- den, dass aktiver und regelmäßiger Sport eine bildung beiträgt. sehr wichtige Prophylaxe bei der Massenerkran- Ich möchte nur ein Beispiel nennen: Vor Kurzem kung Depression ist. Das ist eine Erkrankung, die habe ich in der Zeitung von einer Studie gelesen, im Hinblick auf ihre Häufigkeit die Herz-Kreislauf- die in den USA durchgeführt wurde. Dabei ging es Erkrankung mittlerweile fast schon überholt hat. um die Reduzierung der Zahl der Demenzerkran- Wer regelmäßig Sport, insbesondere Ausdauer- kungen. In den USA hat man festgestellt, dass das sport praktiziert, der unterliegt einer sehr viel ge- regelmäßige Sporttreiben die Gefahr der Demenz- ringeren Wahrscheinlichkeit, unter Depressionen erkrankungen in den USA um 20 % reduziert. zu leiden. Der Sport hat also eine sehr breite und segensreiche Wirkung für die Gesellschaft. Wir In der Bundesrepublik Deutschland geben wir je- sollten ihn auf jeden Fall weiter politisch fördern. des Jahr rund 263 Milliarden Euro im Gesund- heitswesen und ca. 48 Milliarden Euro im Sozialbe- Dabei sollte man die Schattenseite des Sports reich aus. Das sind mehr als 300 Milliarden Euro. aber nicht außer Acht lassen. Es gab natürlich Wenn wir diese Summe durch Sport um 1 % redu- Phänomene, bei denen der Sport politisch miss- zieren, dann sparen wir jedes Jahr etwa braucht worden ist, insbesondere in der globalen 3,1 Milliarden Euro. Vorhin habe ich von einer Re- Systemkonkurrenz. Dabei hat man durch Anaboli-

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kaversuche Leute zu Versuchskaninchen gemacht. (Christian Dürr [FDP]: Das stimmt Das ist dann die Schattenseite, wenn gesunder überhaupt nicht, Herr Briese! Sie ha- Breitensport in Leistungsterror ausartet. Das ist die ben nicht zugehört!) dunkle Seite des Sports - des „Sportterrors“, so - Gut, dann stellen Sie sie hier vor. kann man fast schon sagen - in der Geschichte Deutschlands. (Christian Dürr [FDP]: Wir fordern ei- nen anderen Glücksspielstaatsver- Heute schafft das der Sport schon fast allein durch trag!) die große Kommerzmaschine, die wir mittlerweile haben. Der Leistungssport ist kaum noch wirklich Die zweite wesentliche Frage: In welchem Zustand sauber zu halten; das fällt uns jedenfalls mittlerwei- sind unsere Sportstätten? Dazu werden wir heute le sehr schwer. Trotzdem finde ich es ganz wichtig, auch noch kommen; das hat sehr viel mit den dass die Politik immer wieder sagt: Wir wollen Kommunalfinanzen zu tun. Herr Kommunalminis- definitiv keine Freigabe, keine Liberalisierung von ter, wir haben momentan das Phänomen, dass wir Doping, weil eine Freigabe von Doping im Spit- Sportstätten schließen müssen. zensport definitiv sehr in den Breitensport hinein- wirken würde, und das können wir nicht wollen. - Leider ist meine Redezeit schon abgelaufen. Die Ich glaube, da sind wir uns in diesem Hause einig. letzte, entscheidend wichtige Frage: Brauchen wir Also keine Liberalisierung von Dopingpraktiken im eigentlich eine Verordnung in diesem Landtag, Spitzensport! damit auch das Kabinett etwas mehr Sport prakti- ziert? - Sie sind ja nun auf der Langstrecke, haben (Beifall bei den GRÜNEN) wir gestern gehört. Deswegen fordere ich, dass am Jetzt also zu den konkreten Forderungen in die- Behördenmarathon in diesem Jahr endlich auch sem Antrag. Da bin ich sehr nah bei Herrn Haus- einmal das Kabinett teilnimmt. Das wäre dann ein mann. Ich finde das alles sehr unterstützenswert, wirklicher Beitrag. was Sie, Frau Jahns, in diesen Antrag geschrieben (Zustimmung bei den GRÜNEN und haben. Das findet auch unsere Zustimmung. Aber bei der SPD) es bleibt natürlich im Wesentlichen sehr unkonkret. Sie sagen, allgemeine Rahmenbedingungen sollen Ich will endlich einmal mit dem Sportminister um verbessert werden. Aber dazu, wie das konkret die Wette rennen, meine sehr verehrten Damen praktiziert werden soll, sagen Sie nichts. und Herren. Die große Frage wird sein - das muss die Landes- Ich danke Ihnen. regierung mit den Mehrheitsfraktionen klären -: (Beifall bei den GRÜNEN und Zu- Was machen wir eigentlich zukünftig mit dem stimmung bei der SPD) Glückspielstaatsvertrag? - Große Teile des Spor- tes in Niedersachsen werden aus dem Glückspiel- Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: staatsvertrag finanziert. Die FDP möchte diesen Vertrag nicht mehr. Das kann für die Vereine be- Nächster Redner ist Herr Adler von der Fraktion deuten, dass sie große Einnahmeausfälle zu ver- DIE LINKE. zeichnen haben. Hans-Henning Adler (LINKE): (Christian Dürr [FDP]: Im Gegenteil! Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Das ist nicht richtig!) Herren! Der einleitende Teil des Entschließungsan- - Herr Dürr, dann müssen Sie diesem Hause ein- trages der Fraktionen der CDU und der FDP ent- mal ein konkret durchgerechnetes Modell vorlegen. hält viele richtige Feststellungen, die auch wir un- Das haben Sie nicht. Es sind Allgemeinforderun- terschreiben können. Aber sobald es um die kon- gen, die Sie da präsentieren. Bitte schön, bringen kreten Probleme geht, wird es schon schwieriger. Sie ein entsprechendes Modell in diesen Landtag Auf der zweiten Seite führen sie aus, dass an der ein, das für den Sport Niedersachsen aufkom- bisherigen Förderung des Sports durch Bund, mensneutral ist! Dann kann man darüber reden. Länder und Gemeinden festgehalten werden soll. Sie haben aber gar kein entsprechendes Modell, Dann kommt folgender Satz: sondern fordern populistisch eine Aufhebung des Glücksspielstaatsvertrages ohne eine wirklich ver- „Allerdings verkennt der Niedersach- nünftige Alternative. sische Landtag nicht die Grenzen, die der öffentlichen Hand aufgrund der fi-

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nanziellen Gegebenheiten gesetzt telefoniert. Er hat mir bestätigt: Alle Mitglieder des sind. Er ruft daher alle im und für den Stadtsportbundes und des Landessportbundes Sport Verantwortung Tragenden dazu sind gemeinnützige Sportvereine. Die zahlen doch auf, durch Kooperation z. B. mit Wirt- gar keine Steuern. schaft und Medien ergänzende Fi- (Hartmut Möllring [CDU]: Natürlich nanzierungsquellen zur Förderung gibt es wirtschaftliche Betätigung von von Breiten- und Spitzensport zu er- Sportvereinen! - Helge Limburg schließen.“ [GRÜNE]: Vielleicht ist etwas ge- (Angelika Jahns [CDU]: Ein sehr guter plant!) Satz!) Deshalb verstehe ich gar nicht, was für einen Sinn - Frau Jahns, wo leben Sie denn? Haben Sie denn diese Aufforderung machen soll. Sie ist doch völlig schon einmal mit den Sportvereinen gesprochen? sinnlos. Auf die Idee sind die doch schon längst gekom- Eine letzte Bemerkung: Ich hatte gesagt, man men. muss die konkreten Probleme benennen. Wir ha- (Zustimmung von Dr. Manfred Sohn ben heute in der Hannoverschen Allgemeinen [LINKE]) lesen können, dass demnächst auch im Etat des Kultusministeriums gekürzt wird. Das wird sich Dazu müssen wir vom Landtag sie doch nicht auf- auch auf den Sportunterricht auswirken. fordern. Das Hauptproblem, das ich hier sehe, liegt im (Angelika Jahns [CDU]: Warum Schwimmunterricht. Wir haben doch gegenwärtig nicht?) die Situation, dass kaum noch Schwimmunterricht Die Sportvereine berichten uns doch, dass die erteilt wird. Diejenigen, die es sich leisten können, Sponsorengelder in der gegenwärtigen Wirt- lassen ihren Kindern Schwimmunterricht geben, schaftskrise zurückgehen. Wir wissen doch aus entweder im Verein oder in städtischen Schwimm- der gegenwärtigen Wirtschaftskrise, dass jetzt die anstalten. Aber die Kinder derjenigen, die es sich kommunalen Einnahmen zurückgehen. Von daher nicht leisten können, die Kinder von Hartz-IV- reduziert sich die Frage der Sportförderung im Empfängern, lernen kaum noch schwimmen. Sie Wesentlichen darauf, ob die Kommunen das, was gehen dann zusammen mit den anderen Schülern sie gegenwärtig an Sportförderung zahlen, über- in die Klassen und sind diskriminiert; vielleicht haupt aufrechterhalten können. Überall haben die werden sie sogar ausgelacht. Das ist doch ein Sportvereine Angst, ob die Zuschüsse, die sie in soziales Problem. Darüber muss man sich doch den bisherigen Jahren bekommen haben, weiter Gedanken machen. gezahlt werden können. Das ist doch das Problem. (Zustimmung bei der LINKEN) Das kritisiere ich auch an Ihrem Entschließungsan- trag. Das Mindeste, was man erwartet, ist, dass die Es darf doch nicht sein, dass jemand in die Schule Probleme benannt und anschließend Lösungsvor- kommt und nicht schwimmen kann. Da muss man schläge gemacht werden. Das kann ich aber hier doch Vorkehrungen treffen. Da muss man doch vor nicht erkennen. Das ist ein Schönwetterantrag, als allen Dingen etwas für den Schwimmunterricht tun. ob es diese Probleme gar nicht gäbe. Sie müssen die Probleme benennen und Lösun- gen aufzeigen. Ihr Antrag tut das nicht. (Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN) Dann steht in Ihrem Antrag unter Ziffer II.3 etwas, was ich überhaupt nicht verstanden habe: Die Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: Landesregierung soll Herr Minister Schünemann hat das Wort. Bitte „prüfen, ob kommunale Zuschüsse an sehr! gemeinnützige Sportvereine generell steuerfrei gestellt werden können“. Uwe Schünemann, Minister für Inneres und Sport: Ich weiß gar nicht, was das soll. Die Sportvereine Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehr- sind gemeinnützig. Ich habe deswegen mit dem ten Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass wir Vorsitzenden des Stadtsportbundes Oldenburg hier gerade zum Thema Sport - bis auf den letzten

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Beitrag - eine breite Übereinstimmung haben. Es Summe garantiert haben. Hätten wir eine umsatz- ist wichtig, dass gerade der Sport nicht zwischen abhängige Summe gewählt, wie es andere Länder den Parteien und Fraktionen zerrieben wird. Das gemacht haben, hätten wir in der jetzigen Zeit hat hier Tradition und hat meiner Ansicht nach zu durchaus erheblich weniger Geld für den Sport zur der Erfolgsgeschichte beigetragen. Verfügung. 27,1 Millionen Euro kommen über das Glücksspielgesetz zum Landessportbund. Es war die richtige Entscheidung, dass wir im Jah- re 2003 gesagt haben: Wir wollen den Sport ins- Jetzt gibt es Diskussionen und auch verschiedene gesamt stärken und auch die Selbstverwaltung des Auffassungen in diesem Hause zu der Frage, wie Sports stärken. Deshalb haben wir die gesamte wir mit dem Glücksspielstaatsvertrag umgehen. Finanzierung in die Hände des Landessportbundes Fest steht: Das, was wir bisher haben, hat den gegeben. Mit der Verordnung Sport haben wir Sport vorangebracht. Deshalb muss all das, was einen Rahmen gegeben, den wir gemeinsam ab- neu diskutiert wird, vor diesem Hintergrund geprüft gestimmt haben. werden. (Wolfgang Jüttner [SPD]: Hinweise!) (Wolfgang Jüttner [SPD]: Genau!) Das ist meiner Ansicht nach genau der richtige Meine Damen und Herren, da kann ich nur sagen: Weg. Insofern hat sich der Sport in Niedersachsen Wir sind uns darüber einig, dass es im Bereich in fast allen Bereichen weiter positiv entwickelt. Lotto keine Liberalisierung geben kann. Die hat Dass wir jetzt mit Hannover 96 bibbern, ist, glaube auch keine Seite des Hauses gefordert. Wir haben ich, etwas anderes. Aber freuen können wir uns ein klares Urteil des Bundesverfassungsgerichts, auch, dass die Hannover Scorpions Meister ge- aus dem sich ergibt, dass wir das Monopol nur worden sind; das dürfen wir in diesem Zusammen- sicherstellen können, wenn wir konsequent gegen hang nicht vergessen. Spielsucht vorgehen. Die Sportwetten haben aber - da sind sich alle Fachleute einig - eher (Zustimmung bei allen Fraktionen) Suchtcharakter als Lotto. Wir sind hier in der Breite gut aufgestellt. Das ist (Wolfgang Jüttner [SPD]: So ist es!) wichtig. Das heißt, wenn ich den einen Bereich liberalisie- (Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Sagen re, dann komme ich in einem anderen Bereich Sie noch etwas zum Aufstieg von Ein- durchaus in Erklärungsnot. tracht!) (Wolfgang Jüttner [SPD]: Genau!) - Wir drücken natürlich genauso Eintracht Braun- schweig ganz fest die Daumen. Davor kann man zumindest - „warnen“ will ich nicht sagen - hinweisen. (Zustimmung bei der CDU und bei der SPD) (Zustimmung bei der SPD) Seit die unter einer hervorragenden Führung sind, Deshalb kann ich nur sagen: Bevor man hier sind die immer weiter nach vorne gekommen. Schnellschüsse macht, muss man rechtlich, aber auch finanziell auf der richtigen Seite stehen, weil (Wolfgang Jüttner [SPD]: Immer die- wir sonst die Sportfinanzierung in unserem Land ses Nachtragen!) aufs Spiel setzen. Das können wir alle gerade in - Ich habe gar nicht gesagt, wer da vorne gestan- der jetzigen finanziellen Situation nicht wollen. den hat. Ich weiß gar nicht, weshalb Sie sich auf- (Zustimmung bei der CDU und bei der regen. SPD) Meiner Ansicht nach ist es wichtig, dass wir noch Es ist richtig, dass wir einen riesigen Sanierungs- auf ein paar Punkte eingehen, die hier angespro- bedarf haben, auch auf der kommunalen Ebene. chen worden sind, weil auch konkrete Antworten Deshalb hat es noch nie so viel Geld für Sanierung gefordert worden sind. gegeben wie in den letzten Jahren: Die Verstetigung der Finanzierung des Sports ist (Zustimmung bei der CDU) ein Anliegen, das uns tatsächlich umtreibt. Auch hier kann man nur sagen: Es war die richtige Ent- Auf der einen Seite ein Sportstättensanierungs- scheidung, dass wir das Glücksspielgesetz verab- programm für den Landessportbund für die Sport- schiedet haben und dem Sport dort eine feste vereine. Auf der anderen Seite die kommunalen

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Bereiche. Ich erinnere an das Programm mit nicht. Das ehrenamtliche Engagement auf Ver- 27,5 Millionen Euro. 50 Millionen Euro aus dem einsebene wird dadurch konterkariert. Konjunkturprogramm. Zusätzlich gab es eine Pau- Das ist meiner Ansicht nach eine schwierige Situa- schale für die Kommunen. Dafür sind Sporthallen- tion. Rechtlich ist das einwandfrei. Deshalb müs- und Sportstättensanierungen vorgenommen wor- sen wir darüber nachdenken, wie wir an dieser den. Sogar aus dem Programm zur energetischen Stelle steuerrechtlich vorankommen. Das ist nicht Sanierung sind insgesamt 17 Millionen Euro zur ganz einfach. Wir müssen sehen, wie wir das Verfügung gestellt worden. hinkriegen. Meine Damen und Herren, in aller Kürze noch Zusammengefasst: Wir sind im Bereich des Sports einige Stichworte, weil ich sonst nicht genug Zeit auf einem sehr guten Weg. Das haben wir aus habe. meiner Sicht den vielen Ehrenamtlichen zu ver- NGO bzw. Kommunalverfassungsrecht: Wir wer- danken. Ich darf mich vor allem beim Landessport- den den Sport dort aufnehmen, natürlich im Rah- bund und bei den Fachverbänden für die hervorra- men der finanziellen Möglichkeiten. Es zur Pflicht- gende Zusammenarbeit bedanken. Dieses Zu- aufgabe zu erklären, wird nicht machbar sein. Das sammenspiel ist beispielhaft und im Sinne des werden Sie sehen. Aber wir werden genauso, wie Sports. wir durchgesetzt haben, Sport in die Verfassung Vielen Dank. aufzunehmen, auch in der Kommunalverfassung einen Hinweis auf den Sport haben. Das ist selbst- (Beifall bei der CDU, bei der FDP und verständlich. bei der SPD)

(Zustimmung bei der CDU) Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Für mich war wichtig, von Anfang an zu sagen, dass wir den Vereinen eine Möglichkeit geben, Wir kommen zur Ausschussüberweisung. finanziell über die Runden zu kommen. Deshalb Federführend soll der Ausschuss für Inneres, Sport habe ich von Anfang an gesagt: Sportstättenbe- und Integration und mitberatend der Ausschuss für nutzungsgebühren müssen nicht erhoben werden. Haushalt und Finanzen sein. Spricht jemand da- Das ist nicht relevant für die Haushaltsgenehmi- gegen? - Enthält sich jemand? - So ist beschlos- gung. sen worden. (Zustimmung von Wilhelm Heidemann Die Fraktionen sind übereingekommen, die Mit- [CDU]) tagspause auf 45 Minuten zu verkürzen. Nach Das war in der Vergangenheit anders, da gab es Beendigung des Tagesordnungspunktes 34 sage leider Gottes auch andere Entscheidungen. Das ich Ihnen, wann wir mit der Sitzung fortfahren. war für mich ein richtiges Signal. Ich rufe Tagesordnungspunkt 34 auf: Meine Damen und Herren, ich möchte noch kon- kret auf den Hinweis des Kollegen Adler von der Erste Beratung: Linken eingehen. Es ging um die steuerliche Be- Internetkriminalität konsequent bekämpfen! - handlung von Sportvereinen und um einen konkre- Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - ten Fall, der wirklich schwierig ist. Drs. 16/2408 Wenn eine Gemeinde eine Sportstätte auf einen Verein überträgt und die Gemeinde einen Zu- schuss geben will, damit Betreuung, Hausmeister- Den Antrag wird Herr Götz von der CDU-Fraktion dienste usw. finanziert werden können, dann ist einbringen. Bitte schön, Herr Götz! dieser Zuschuss nach geltendem Recht mehr- wertsteuerpflichtig. Eigentlich haben wir großes Rudolf Götz (CDU): Interesse daran, dass die Vereine in Selbstverant- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die wortung kommunale Einrichtungen mit überneh- Internetkriminalität stellt uns immer wieder vor men, wenn das machbar ist. Das ist durchaus Herausforderungen. Die gesamte Palette, ange- sinnvoll. Wenn ein solcher Zuschuss aber mehr- fangen bei der Wirtschaftskriminalität über Be- wertsteuerpflichtig ist, rechnet sich das meistens trugsdelikte bis hin zur Kinderpornografie, ist dabei

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anzusprechen. Die Internetkriminalität spielt eine werden muss. Auch das Internet darf nicht ohne zunehmend große Rolle bei den Straftaten. Es die Einhaltung von Regeln funktionieren. geht darum, eine Schadensabschätzung herbeizu- (Zustimmung von Dr. Karl-Ludwig von führen. Um bei der Bekämpfung weiterhin wegwei- Danwitz [CDU]) send bei uns in Niedersachsen voranzukommen, fordern CDU und FDP die Landesregierung auf, Die einzelnen Eingriffe in die Internetkriminalität eine noch bessere Fahndung nach Tätern zu er- bedürfen einer internationalen Abstimmung. Vieles möglichen, die Bekämpfung der Kinderpornografie muss neu durchdacht und gezielter eingesetzt noch weiter zu verbessern und Anstöße für eine werden. bessere internationale Zusammenarbeit zu geben. Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist bei Besonders wichtig ist, dass die Bemühungen bei der Kriminalitätsbekämpfung gut aufgestellt. Wir der Aus- und Fortbildung noch verstärkt werden. haben einheitliche Fachstränge aufgebaut. Wir Der sogenannte virtuelle Raum ist das vermutlich sind im Ländervergleich weit vorn, wohin wir nach dominierende Medium im 21. Jahrhundert. Eine unserem Selbstverständnis auch gehören. Trotz- neue Wirklichkeit entsteht - allzeit vorhanden und dem bitten wir die Landesregierung, mit geeigne- hoch kommunikativ. Jeder Mensch hat jetzt die ten Maßnahmen eine konsequente Bekämpfung Möglichkeit, sich eine eigene, neue Wirklichkeit zu noch weiter zu verbessern und fortzuführen. erschaffen. Neue Regeln entwickeln sich, doch Ich danke Ihnen. hier darf sich kein staatsfreier Raum entwickeln, zumindest wenn es sich um schutzwürdige Inte- (Beifall bei der CDU und bei der FDP) ressen handelt. Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: Daraus ergeben sich neue Herausforderungen für Nächster Redner ist Herr Krogmann für die SPD- den Staat und seine Sicherheitsbehörden. Konnte Fraktion. Bitte sehr, Herr Krogmann! bisher der begrenzte Raum, in dem sich Kriminali- tät abspielte, überschaut werden, hat sich nun- Jürgen Krogmann (SPD): mehr ein globaler Kriminalitätsraum entwickelt. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Täter können ungebunden an Zeit und Ort han- Herren! Wer von uns kann sich ein Leben ohne deln. Dies ist eine neue, umfassende Herausforde- das Internet noch vorstellen? In wenigen Jahren rung. hat sich das World Wide Web, wie es genannt Meine Damen und Herren, dazu gehören nicht nur wird, zu einem gigantischen Kommunikations- und die klassischen Betrugsfälle wie Warenbetrug, Handelsmedium entwickelt. sondern auch der kriminelle Missbrauch. Viele Aber leider haben auch Kriminelle das Internet Missbrauchsstraftaten entstehen in Schwellen- und längst für ihre Zwecke entdeckt. Das hat Herr Götz Entwicklungsländern. Hier gilt es noch stärker an- zu Recht gesagt. Fast 4 Millionen Deutsche sind zusetzen. Niedersachsen hat beim Landeskrimi- schon einmal Opfer von Computer- oder Internet- nalamt eine Zentralstelle für Internetkriminalität. kriminalität geworden. Weitere Probleme sind die Bei den zentralen Kriminaldiensten der Polizeidi- Verbreitung von Kinderpornografie - eine beson- rektionen und den Polizeiinspektionen befinden ders verabscheuungswürdige Form - oder die Vor- sich in den Fachkommissariaten Spezialisten, die bereitung extremistischer oder sogar terroristischer für die Bekämpfung der Internetkriminalität zustän- Aktivitäten. Meine Kollegin Leuschner hat das ges- dig sind. Auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr wird tern unter einem anderen Tagesordnungspunkt verstärkt Aufklärung betrieben. Gerade Minderjäh- schon ausgeführt. rige sind zu schützen. Der Umfang und die Vielzahl der Delikte sind ge- Allgemein ist zu sagen: An die Konsumenten waltig. Deshalb ist für uns als SPD-Fraktion klar: kommt man gut heran. Das ist bei der Bekämpfung Wir brauchen eine abgestimmte und effektive Ge- in diesem Bereich nicht das Problem. Hier wurden samtstrategie für diese neue Herausforderung. Die bislang große Erfolge erzielt. Schwieriger ist es, an ist allerdings bei dieser Landesregierung über- die Hersteller und Verbreiter z. B. von Kinderpor- haupt nicht erkennbar. nografie heranzukommen. Vieles läuft auch über Tauschbörsen ab. Hier sind neue, nachhaltige (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- Wege gefragt. Gerade aus den letzten Beispielen NEN und bei der LINKEN) ergibt sich, dass der Staat tätig ist und weiter tätig

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Meine Damen und Herren, wir benötigen eine Stra- Wenn Sie den Eindruck haben, dass etwas besser tegie. Wir benötigen aber keine Showanträge, die werden muss, dann sagen Sie konkret, was besser nur das Politmarketing des Innenministers unter- werden soll, und stellen Sie die Mängel auch stützen sollen. Was wir nicht brauchen, sind Anträ- gleich ab. ge, die das Problem wortreich beschreiben, aber (Zustimmung bei der SPD) zur Lösung nichts beitragen. Ich will es gleich vor- weg sagen: Ihr Antrag hat den Wert der berühmten Ich mache Ihnen noch einen weiteren Vorschlag. weißen Salbe. Sie schadet dem Patienten nicht, Viele Menschen sind sich der Gefahren im Netz sie nutzt aber auch nichts. Ihr Antrag ist überflüssig einfach nicht bewusst. Es fehlt an Beratungs- und und dem Thema ganz und gar unangemessen. Informationsangeboten für die Bürger. Warum (Beifall bei der SPD und bei der LIN- beschließen Sie nicht einmal eine Kampagne, um KEN) auf die besonderen Gefahren im Internet hinzu- weisen? Warum stärken Sie nicht die Medienkom- Wenn Sie sich etwas Mühe gegeben hätten, hätten petenz bei jungen, aber auch bei älteren Men- Sie hier doch einiges vortragen können. Ich will nur schen, damit die sich leichter vor aller Unbill im ein paar Vorschläge nennen: Netz schützen können? Auch hier könnte die Lan- Erstens. Folgen Sie doch dem, was die Polizeige- desregierung schon jetzt mehr machen, ohne dass werkschaften seit Längerem fordern. Schaffen Sie das Parlament bemüht werden muss. Für gute PR besondere Fachkommissariate mit speziell ausge- ist Ihnen doch auch sonst nichts zu teuer; also bildeten Polizisten oder IT-Spezialisten, die sich könnten Sie in dieser Sache doch auch einmal nur mit Strafverfolgung im Netz befassen. Herr handeln. Götz, Sie haben zwar gesagt, dass es im LKA Eine weitere besonders verabscheuungswürdige Ansätze gibt. Aber erkundigen Sie sich doch bitte Form von Internetkriminalität ist die Kinderporno- direkt bei den Beamten, wie die Ausstattung ist. grafie, die Verbreitung kinderpornografischer Inhal- Dann werden Sie merken, dass es da erheblichen te. Hier haben Sie, Herr Minister Schünemann - Handlungsbedarf gibt. Hier könnte der Innenminis- das stimmt -, mit großem Medienecho das Bündnis ter selber handeln. Das tut er aber nicht. „White IT“ ins Leben gerufen. Aber was nützt die- (Zustimmung von Johanne Modder ses Bündnis, wenn, wie ich gehört habe, die Mel- [SPD]) dungen von den Partnern von nur einem einzigen Beamten bearbeitet und weiterverfolgt werden? Mit Übrigens gilt das auch für den Justizminister, der dieser Ausstattung ist das Bündnis zum Scheitern sich gerade angeregt unterhält. Auch er könnte für verurteilt. besonders ausgebildete und ausgestattete Staats- anwaltschaften sorgen. Auch hier besteht noch Es fehlt hinten und vorne an entsprechenden Res- erheblicher Handlungsbedarf. sourcen und Fachleuten. Es fehlt an einer optimier- ten Zusammenarbeit. Es fehlt an besonderen Spe- (Beifall bei der SPD und bei den zialisten. Es fehlt an Geld, an Personal, an Tech- GRÜNEN) nik, und - nicht zu vergessen - es fehlt an mehr Ein weiterer Punkt: Sie haben die Aus- und Fortbil- Prävention und mehr Informationen für Bürgerin- dung angesprochen. Ich weiß nicht, ob Sie sich nen und Bürger. einmal in der Polizeiakademie erkundigt haben. (Zustimmung bei der SPD) Das Thema Internetkriminalität ist dort noch nicht Bestandteil der Lehrpläne. Das müsste es drin- Ich habe Ihnen an einer ganzen Menge von Punk- gend werden. Auch hier könnte man handeln. Üb- ten aufgezeigt, wie eine Gesamtstrategie gegen rigens muss das nicht das Parlament machen; Internetkriminalität aussehen könnte. Alle diese auch das wäre eine Sache der Exekutive. Punkte könnte die Regierung selber schon in An- griff nehmen. Wenn Sie die Defizite Ihrer Regie- (Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Das rung hier im Plenum beraten wollen - okay, dann stimmt doch alles gar nicht!) machen wir immer gerne mit. Sie fordern, die nationale und die internationale (Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Schlecht Zusammenarbeit zu verbessern. Sagen Sie doch informiert, Herr Kollege!) einmal konkret: Wo hakt es denn? Wo müssten denn Herr Schünemann und Herr de Maizière bes- Wir sind insofern gespannt auf die Beratungen im ser zusammenarbeiten? Das sind doch Ihre Leute. Ausschuss und auch darauf, wie ehrlich Sie es

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meinen und ob Sie auch bereit sind, auf unsere plätze beschreiben, ohne einen wirklich konkreten Anregungen einzugehen. Inhalt vorzulegen. Das sind Formelkompromisse, ohne einen einzigen konkreten Hinweis oder eine Danke schön. einzige konkrete Idee zu liefern, wie wir mit dem (Beifall bei der SPD - Zustimmung von Problem zukünftig umgehen sollen. Helge Limburg [GRÜNE]) Der Leser, die Leserin fragt sich doch: Was sind Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: denn jetzt diese geeigneten Maßnahmen, die kon- sequent fortgeführt werden sollen? Was sind ge- Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr eignete Maßnahmen, um die Bekämpfung der Briese das Wort. Bitte! widerlichen Kinderpornografie zu verbessern? Wie soll die bessere internationale Zusammenarbeit auf Ralf Briese (GRÜNE): Staatsebene erreicht werden? Das müssen Sie Vielen Dank, Herr Präsident. - Beim ersten Lesen doch konkret unterfüttern, das können Sie nicht so dieses Antrages habe ich mich gefragt, ob wir nicht allgemein in einen Antrag schreiben. doch die Diskussion darüber noch einmal begin- nen sollten, ob wir Deutsch im Grundgesetz veran- In diesem Antrag steht wirklich nichts Konkretes. kern sollten. Da ist nämlich die Rede von „Cyber- Es ist ein Ärgernis, ihn lesen zu müssen; das will war“, von „Cybercops“, von „Cybercrime“ und „Whi- ich Ihnen wirklich sagen. Der Antrag ist schlicht te IT“, und der geneigte Leser fragt sich schon, ob und ergreifend der Tatsache geschuldet, dass wir die Antragsteller in der Vergangenheit nicht ein momentan auf Bundesebene eine schwarz-gelbe bisschen zu viel „Captain Future“ geschaut haben. Koalition haben, die sich in wichtigen Fragen der Sprachstil und Orthografie will jetzt gar nicht groß- Kriminalitätsbekämpfung nicht einigen kann. Das artig kritisieren, aber die lassen auch ein bisschen ist auch nicht weiter schlimm, es ist ganz normal zu wünschen übrig. für Koalitionen, dass man sich streitet, aber dann soll man nicht einen inhaltsleeren Antrag mit For- Zum Dritten muss man eingangs sagen: Es reicht melkompromissen hier vorlegen. nicht aus, ein paar Versatzstücke aus Polizeima- gazinen einfach per „Copy and Paste“ in einen Die entscheidenden Fragen zur Sicherheitspolitik, Antrag zu kopieren. Daraus wird kein substanziel- die wir momentan in der Bundesrepublik diskutie- ler Antrag zu dem wirklich wichtigen Thema der ren, sind doch: Wie soll das neue Gesetz zur Vor- Internetkriminalität. ratsdatenspeicherung aussehen? Brauchen wir überhaupt ein neues Gesetz? Was soll in dieses (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- Gesetz geschrieben werden? Auf welche Daten NEN und bei der LINKEN) dürfen die Behörden zugreifen? Wie lange sollen Damit haben Sie höchstens einen Verstoß gegen Daten gespeichert werden? Mit diesen Fragen das Urheberrecht begangen. müsste man sich auseinandersetzen. Darüber gibt es einen großen Streit in der Koalition, und man Von den verschiedenen Rednern hier ist schon weiß nicht so ganz genau, was dieses neue Ge- richtig dargestellt worden: Wir haben ein neues setz beinhalten soll. Wenn Sie konkret schreiben, Problem, ein neues Kriminalitätsfeld mit der Inter- was Sie zukünftig erwarten, kann sich auch die netkriminalität. Dieses Problem ist auch wirklich Opposition dazu verhalten. Das ist die erste Frage. nicht einfach zu lösen, weil das Internet schlicht und ergreifend die nationalen Grenzen sprengt. Die zweite Frage, die Herr Schünemann ja auch Das sind ähnlich große oder schwierige Probleme, immer wieder stellt: Brauchen wir eine Online- wie wir sie auch mit internationalen Kapitalmärkten Durchsuchung für die Länderpolizeien? Herr oder anderen globalen Phänomenen haben. Wir Schünemann möchte das gerne, die FDP und kommen einfach sehr schnell an die Grenzen nati- natürlich auch die Grünen sehen das hochgradig onalstaatlicher Regelungen. Wir brauchen einfach kritisch, weil das BKA diese Kompetenz schon hat. bessere, effektive internationale Rechtshilfeersu- Diese Kompetenzen brauchen wir nicht. Solche chensverfahren, und wir brauchen eine bessere Forderungen soll man entweder in einen solchen internationale Zusammenarbeit in dieser Frage. Antrag schreiben oder darauf verzichten. Dann kann man sich politisch dazu verhalten. Dann ha- Solche Anträge, wie Sie sie hier heute vorgelegt ben wir in diesem Hause eine Auseinandersetzung haben, machen jedenfalls keine Freude, weil Sie zu konkreten Themen. darin schlicht und ergreifend sehr viele Allgemein-

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Bei der dritten Auseinandersetzung, die wir mo- anwaltschaft im Bereich Internetkriminalität fortfüh- mentan führen, geht es um die Frage: Wie können ren und neuen Entscheidungsformen anpassen. wir widerliche Kinderpornografie wirksam bekämp- Sie meinen vermutlich Erscheinungsformen. Das fen? Reicht die Stoppschild-Aktion, die Frau von ist zu begrüßen, aber das nützt nur dann etwas, der Leyen damals eingeführt hat, oder müssen wir wenn die so Geschulten dann auch Zeit haben, löschen statt sperren? Was ist das sinnvollere Kriminalität im Internet zu verfolgen und zu be- Verfahren? kämpfen. Also müssten Sie das Personal aufsto- cken. Davon lese ich aber in Ihrem Antrag über- Das sind die konkreten Auseinandersetzungen, die haupt nichts. wir führen müssten. Das wären auch interessante und spannende Debatten. Solche inhaltsleeren (Beifall bei der LINKEN und bei der Anträge sollten Sie sich wirklich sparen. SPD - Zustimmung von Helge Lim- burg [GRÜNE]) Vielen Dank. Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist offen- (Beifall bei den GRÜNEN, bei der sichtlich mit der heißen Nadel gestrickt. Er ist SPD und bei der LINKEN - Karl-Heinz überhaupt nicht beratungsreif, und eine Debatte Klare [CDU]: Und zu so einem inhalts- dazu auf diesem Konkretisierungsstand ist Zeitver- leeren Antrag haben Sie jetzt fünf Mi- schwendung. nuten geredet!) (Zustimmung bei der LINKEN - Klaus- Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: Peter Bachmann [SPD]: Wir machen Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Frau Flauger daraus einen ordentlichen Antrag!) das Wort. Ziehen Sie diesen Nullnummernantrag zurück, und schreiben Sie einen besseren. Machen Sie es aber Kreszentia Flauger (LINKE): auch besser als beim letzten politischen Anlauf zu Danke, Herr Präsident. - Meine Damen und Her- diesem Thema im Bundestag. Das sogenannte ren! Wer im Internet die Kontozugangsdaten ande- Zugangserschwerungsgesetz musste ja 2009 im rer ausspioniert und Konten plündert, wer mit Tro- Wahlkampf ganz populistisch durch den Bundes- janern und Viren fremde Computersysteme vor- tag gepeitscht werden. Sie erinnern sich: das Ge- sätzlich schädigt, macht sich strafbar. Besonders setz, das das Sperren von Internetseiten mit Kin- abscheuliche Verbrechen begeht, wer Kinder se- derpornografie vorsah, dem CDU/CSU und leider xuell missbraucht, Kinderpornografie erstellt und auch die SPD zustimmten, mit dem Ursula von der im Internet verbreitet oder sich verschafft. Ich bin Leyen sich den Titel „Zensursula“ erwarb, das der sicher, dass alle Fraktionen hier im Landtag diese Bundespräsident am 17. Februar unterschrieben grausamen Vergehen an Seele und Körper von hat und zu dem am gleichen Tag das Bundesin- Kindern bekämpfen wollen. nenministerium das BKA per Dienstanweisung auf- forderte, das Gesetz nicht umzusetzen. CDU und FDP haben uns nun einen Antrag vorge- legt mit dem Titel „Internetkriminalität konsequent Eines sage ich an die Adresse von Schwarz-Gelb: bekämpfen!“ Eine schöne Überschrift. Ich habe mir Wenn die Exekutive einfach geltendes Recht aus- den Beschlussteil dieses Antrags mehrfach durch- setzt, hat das mit Rechtssicherheit und konsequen- gelesen, die Begründung natürlich auch. Ich habe ter Gewaltenteilung nichts zu tun. mich dann allerdings gefragt: Was soll denn nun in (Beifall bei der LINKEN) der Substanz beschlossen werden? Inhaltlich zeigt sich in dieser Anweisung aber wohl Unter den Punkten 1 und 2 bitten Sie die Landes- die Einsicht, dass das Gesetz unnütz ist. Jeder regierung, geeignete Maßnahmen fortzuführen Zehnjährige kann diese Sperren nämlich in Se- oder zu ergreifen, unter 3. bitten Sie um ein Hin- kunden umgehen. Kinderpornografie gehört ge- wirken auf bessere internationale Zusammenar- löscht und nicht verschleiert. beit. Aber zu nichts von alledem sagen Sie, was Sie damit konkret eigentlich meinen. Wie soll man (Beifall bei der LINKEN) zu so etwas Unbestimmtem eigentlich Ja oder Wie werden Sie sich eigentlich verhalten, wenn Nein sagen? sich die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström Der letzte Punkt ist noch der greifbarste. Sie wollen mit ihrem Richtlinienentwurf durchsetzt, der u. a. die Aus- und Fortbildung von Polizei und Staats- genau diese unsinnigen Sperren wieder vorsieht?

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Meine Damen und Herren, bei diesem wichtigen tenzen im Bereich der Internetkriminalität weiter zu Thema sind Schnellschussaktionen ohne hinrei- erhöhen. Das muss aus Sicht der FDP in Zukunft chende Sachkenntnis im Bund, im Land und im ein Schwerpunkt sein. Europäischen Parlament sinnlos. Denken Sie noch Das Thema Kinderpornografie ist hier bereits an- einmal gründlich nach! Nehmen Sie einen neuen, gesprochen worden. Ich glaube, wir alle hier in einen qualifizierten Anlauf auf allen parlamentari- diesem Hause sind uns darin einig, dass es ab- schen Ebenen - auch hier! Wahrscheinlich werden scheulich ist, Kinder in dieser Art und Weise zu wir es aber selbst in die Hand nehmen müssen. Ich verunglimpfen und ihnen solches Leid anzutun. kündige für meine Fraktion schon einmal einen Meines Erachtens müssen wir versuchen, die Kin- Änderungsantrag an. derpornografie mit den uns zur Verfügung stehen- (Beifall bei der LINKEN) den Mitteln zu bekämpfen. Ich halte es auch für richtig, dass wir, wie gerade auch schon der Kolle- Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: ge Briese gesagt hat, darauf achten müssen, dass Nächster Redner ist für die FDP-Fraktion Herr die betreffenden Internetseiten tatsächlich gelöscht Oetjen. Bitte sehr, Herr Oetjen! werden; denn die Internetsperren, die in der Ver- gangenheit eingeführt wurden, können von einem Jan-Christoph Oetjen (FDP): findigen Nutzer - wenn auch nicht immer leicht - umgangen werden. Deswegen ist es wichtig, dass Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten wir nicht nur Zensur üben, sondern die betreffen- Kolleginnen und Kollegen! Die Internetkriminalität - den Seiten tatsächlich aus dem Netz löschen. Auf das ist gerade schon ausgeführt worden - ist ein diese Weise kann die Kinderpornografie sinnvoller neues und durchaus auch schwieriges Feld, das und konsequenter bekämpft werden. es zu bekämpfen und zu beackern gilt. Unsere Instrumente, die wir bislang haben, tun sich auf (Beifall bei der FDP, bei den GRÜ- diesem neuen Feld der Kriminalität schwer. Trotz- NEN und bei der LINKEN) dem haben gerade wir von CDU und FDP hier im Niedersächsischen Landtag dieses Thema bereits Darüber hinaus ist es notwendig, die internationale sehr aktiv vorangebracht. Ich möchte Sie daran Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der erinnern, dass am 1. August 2009 die Zentralstelle Internetkriminalität zu verstärken. Wir diskutieren beim Landeskriminalamt mit 20 Mitarbeitern einge- darüber ja auch im Zusammenhang mit dem Ju- richtet wurde und dass wir ferner zusätzliche gendmedienschutzstaatsvertrag, dessen erster Dienstposten für die Betreuung der Ermittlungs- Entwurf völlig an der Realität vorbeiging. Wir sehen und Auswirkungssoftware geschaffen haben. Das aber, dass wir mit diesem Problem länderübergrei- heißt: Vieles von dem, was der Kollege Krogmann fend umgehen müssen; denn eine Internetseite hier angesprochen hat, entspricht nicht den Tatsa- kann nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen chen. Leider hat er sich überhaupt nicht über die Welt angeklickt werden. Wenn wir uns in der inter- aktuelle Sachlage informiert. nationalen Gemeinschaft nicht aktiv um einen ge- meinsamen Weg und um eine gemeinsam abge- (Jürgen Krogmann [SPD]: Intensiv! stimmte Handlungsmaxime zur Bekämpfung der Nicht nur beim Minister, sondern auch Internetkriminalität bemühen, dann werden wir bei der Basis!) nicht erfolgreich sein. Deshalb müssen wir darauf Ich gehe davon aus, dass wir uns im Innenaus- unseren ganz besonderen Fokus legen. schuss einmal über die Fachkommissariate und Vielen Dank. darüber informieren lassen werden, wie es mit der Polizeiakademie funktioniert, wozu Sie hier ja un- (Zustimmung bei der FDP und bei der richtige Aussagen gemacht haben. Ich glaube, CDU) dass Sie dann erfahren werden, dass auf diesem Gebiet sehr viel mehr passiert, als Sie hier gerade Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: dargestellt haben, verehrte Kolleginnen und Kolle- Das Wort hat Herr Minister Schünemann. Bitte gen. sehr! Auch wenn schon viel passiert, ist es aus meiner Sicht trotzdem wichtig, die Kolleginnen und Kolle- Uwe Schünemann, Minister für Inneres und Sport: gen der Kriminalpolizei, aber auch der Staatsan- Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehr- waltschaften weiter fortzubilden und deren Kompe- ten Damen und Herren! Der Antrag der Regie-

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rungsfraktionen ist schon deshalb sehr hilfreich, organisieren, dass eigentlich jeder in der Lage ist, weil er mir Gelegenheit gibt, hier im Parlament die Alltagskriminalität im Internet zu bearbeiten. darzustellen, was wir im Bereich der Bekämpfung Das wird in Zukunft notwendig sein. der Internetkriminalität schon alles auf den Weg gebracht haben. Das, was der Kollege Krogmann Insofern haben wir die Internetkriminalität - auch in hier gerade dargestellt hat, entspricht nun wirklich diesem Punkt sind Sie falsch informiert - inzwi- nicht den Tatsachen. schen in das normale Curriculum für den Bache- lorstudiengang an der Polizeiakademie aufge- (Jürgen Krogmann [SPD]: Das wer- nommen. Genauso unterbreiten wir im Bereich den wir sehen!) Aus- bzw. Weiterbildung inzwischen entsprechen- - Doch, das ist so. de Angebote. Von daher ist all das, was Sie hier angesprochen haben, schon längst Praxis. Wir (Jürgen Krogmann [SPD]: Wir werden sind hier wirklich erheblich weiter als andere Bun- es im Ausschuss noch beraten!) desländer, meine Damen und Herren. Das ist mei- - Ja, Sie können aber erst einmal hören, was der ner Ansicht nach auch notwendig, weil uns die Minister dazu zu sagen hat, wie wir unsere Maß- Internetkriminalität vor besondere Herausforderun- nahmen aufgebaut haben. Danach können Sie - gen stellt. das ist richtig - darüber diskutieren. Die Fakten müssen Sie aber zunächst einmal zur Kenntnis Abschließend möchte ich auf den Kampf gegen die nehmen. Kinderpornografie hinweisen. Das ist die schlimms- te Kriminalität, die man sich überhaupt vorstellen Um Internetkriminalität besser bekämpfen zu kön- kann. Deshalb hilft es auch nicht, irgendwelche nen, haben wir im Landeskriminalamt eine Zentral- Schuldzuweisungen vorzunehmen und zu fragen, stelle eingerichtet, um gezielt Fachleute zusam- wer vielleicht das bessere Angebot hat. Für mich menzuholen und um erfolgreich zu sein. Hier geht ist entscheidend, dass wir alle Fachleute an einen es zum einen um die Bekämpfung von Kinderpor- Tisch holen, um darüber zu diskutieren, wie wir nografie. Zum anderen treiben uns aber die orga- Kinderpornografie bekämpfen können. Herr Oetjen nisierten Angriffe auf Computernetze genauso um, hat zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Auf- wie wir sie in einigen Ländern schon erlebt haben. gabe nicht nur auf nationaler Ebene angegangen Insofern müssen wir hier auf jeden Fall Fachkom- werden darf, sondern dass es sich hierbei wirklich petenz zusammenholen. um eine internationale Kriminalität handelt. Wir waren mit die ersten, die eine anlassunabhän- gige Recherche im Internet neben dem BKA einge- Erstens müssen wir erreichen, dass diese abarti- richtet haben. Auch diese Mitarbeiter sind in dieser gen Filme gar nicht erst produziert werden. Im Zentralstelle mit untergebracht, sodass wir diese Zusammenhang damit muss man sich einmal vor- Kompetenzen gebündelt haben. Genauso wichtig stellen, wo solche Filme produziert werden, näm- aber ist, dass wir auch vor Ort Kompetenzen ha- lich insbesondere in Entwicklungsländern und in ben. Deshalb haben wir in allen Bereichen zur anderen Bereichen, in denen Kinderpornografie Sicherung von Beweismitteln aus Datensätzen gar nicht so verfolgt wird, wie es eigentlich not- oder von Datenträgern Datenverarbeitungsgrup- wendig wäre. Dort müssen wir ansetzen. Man kann pen eingerichtet - nicht nur im Landeskriminalamt aber auch nicht einfach sagen „Sperren oder lö- oder in den zentralen Kriminalinspektionen, son- schen, das ist genau die Lösung“. Wir haben näm- dern auch auf der Polizeiinspektionsebene. lich auch beim Löschen ein Problem; Sie müssen erst einmal an diese Seiten herankommen. Dies ist Die Forderung des BDK - mit ihm werden Sie aber schwierig, wenn man den Provider, bei dem wahrscheinlich gesprochen haben, Herr Krog- man das umsetzen könnte, gar nicht erreicht. Also mann -, auch auf PI-Ebene ein Fachkommissariat war für mich gerade nach der Diskussion über das einzurichten, ist aus unserer Sicht nicht zielfüh- Sperren der betreffenden Seiten, das Frau von der rend, weil wir schon ein Fachkommissariat „Wirt- Leyen auf den Weg gebracht hat, der Ansatz, dass schaftskriminalität“ haben, in dem sich bis zu vier wir zum einen die Internetwirtschaft, zum andern Fachleute um den Bereich Internetkriminalität aber auch die Verbände und die Wissenschaft kümmern. Ansonsten ist das Internet in unserem sowie vor allen Dingen auch die Opferverbände mit Alltag einfach eine Selbstverständlichkeit. Deshalb an den Tisch holen, um einen ganzheitlichen An- ist unser Ziel, die Polizeibeamtinnen und -beamten satz zu entwickeln. insgesamt fortzubilden und die Ausbildung so zu

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Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: man eine kinderpornografische Seite identifiziert Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage hat, um die Löschung zu beschleunigen. von Herrn Limburg? Meine Damen und Herren, ich habe die zuständi- gen Bundesminister eingeladen, dem Bündnis Uwe Schünemann, Minister für Inneres und Sport: „White IT“ beizutreten und das Ganze mit zu unter- Sehr gerne! stützen. Hier habe ich positive Signale erhalten. Auch die Vertreter der anderen Bundesländer ha- Helge Limburg (GRÜNE): ben auf der Ebene des AK II erklärt, dass dies der Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Präsident! Da richtige Ansatz sei. Sie, Herr Minister, gerade das Prinzip „Sperren Dieser umfassende Ansatz ist meines Erachtens statt Löschen“ und die damit verbundenen Prob- der richtige Weg. Ich hoffe, dass wir über das leme angesprochen haben, möchte ich Sie fragen, Bündnis „White IT“ in Kürze tatsächlich zu Lösun- wie Sie die Tatsache bewerten, dass der Chaos gen kommen, um dieses schreckliche Verbrechen Computer Club im letzten Sommer nicht über offi- wirklich zielführend bekämpfen zu können. Das ist zielle Rechtshilfeersuchen, sondern über direkte nicht nur im Sinne der Kinder, sondern auch im Mails an die jeweiligen Server und Provider inner- Sinne unserer Gesamtgesellschaft. Dieses Verbre- halb kürzester Zeit die Löschung von 59 kinder- chen muss auf jeden Fall ganz wirkungsvoll be- pornografischen Seiten erreicht hat. Wie bewerten kämpft werden. Darüber sind wir uns sicherlich alle Sie solche erfolgreichen Beispiele aus der Praxis? einig.

Uwe Schünemann, Minister für Inneres und Sport: Vielen Dank. Nicht nur der Chaos Computer Club macht so et- (Beifall bei der CDU, bei der SPD und was, sondern auch beim Bundeskriminalamt gibt bei der FDP) es inzwischen eine Datenbank, über die dann, wenn die entsprechenden Internetseiten identifi- Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: ziert worden sind, zu löschen versucht wird. Dort Meine sehr verehrten Damen und Herren, es lie- gibt es durchaus Erfolge. Leider Gottes ist das im gen keine weiteren Wortmeldungen vor. Moment aber noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Dass dies machbar ist, ist klar. Wenn man Wir kommen zur Ausschussüberweisung. aber einmal eine Löschung erreicht hat, wird die Zuständig ist der Ausschuss für Inneres, Sport und gleiche Seite sofort auf einer anderen Ebene wie- Integration. Spricht jemand dagegen? - Enthält der neu ins Netz gestellt. Vom Präsidenten des sich jemand? - Dann ist so entschieden worden. Bundeskriminalamtes habe ich entsprechende Berichte aus der Praxis gehört. Deshalb ist das Die Sitzung wird um 13 Uhr fortgesetzt. Ich wün- immer noch nicht die optimale Lösung. sche Ihnen eine angenehme Mittagspause. Ich kann Ihnen die Lösung im Moment auch noch (Unterbrechung der Sitzung von nicht darstellen. Allerdings trifft es natürlich nicht 12.12 Uhr bis 13.00 Uhr) zu, dass wir einfach Bündnispartner zusammenge- holt und eine Pressekonferenz durchgeführt hät- Vizepräsident Dieter Möhrmann: ten. Vielmehr haben wir vier oder sogar fünf Ar- Meine Damen und Herren! Es ist 13 Uhr. Vizeprä- beitsgruppen, die von unseren Mitarbeiterinnen sident Schwarz hat vorhin festgestellt, dass die und Mitarbeitern betreut werden. Dort wird der Mittagspause etwas kürzer ausfällt. Ich eröffne rechtliche Ansatz genau geprüft. Es wird geprüft, daher schon jetzt die Sitzung. wie man in der Praxis weiterkommt. Erst wenn wir Ich rufe die Tagesordnungspunkte 35 und 36 wirklich Maßnahmen erarbeitet und abgestimmt vereinbarungsgemäß zusammen auf: haben, werden wir dies weiter voranbringen. (Kreszentia Flauger [LINKE]: Dann hätten Sie noch nicht einen Antrag Erste Beratung: stellen sollen!) Schülerinnen und Schüler an berufsbildenden Schulen und in Ausbildungsbetrieben für den So haben wir - um nur ein Beispiel zu nennen - im europäischen Arbeitsmarkt fit machen - Antrag Zuge der letzten CeBIT bereits eine Möglichkeit der Fraktionen der CDU und der FDP - geschaffen, an wen man sich wenden kann, wenn Drs. 16/2409

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Erste Beratung: dersachsens zu mehr interkultureller Kompetenz Alle allgemeinbildenden Schulen des Sekun- zu verhelfen. darbereichs müssen Verantwortung überneh- Zwei schulische und betriebliche Angebote sind men für die Berufsorientierung und für den aus unserer Sicht ganz wichtig. Punkt 1: das Wis- Übergang der Schülerinnen und Schüler in sen über die EU und die mit ihr verbundenen Parti- Berufsausbildung und Studium - Antrag der zipationsmöglichkeiten, z. B. durch entsprechende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2413 Unterrichtseinheiten oder die Teilnahme an euro- päischen Wettbewerben. Punkt 2: Es sind Lernab- schnitte im Ausland für Auszubildende, betriebliche Ich eröffne die Beratung. Zur Einbringung des An- Ausbilder und Lehrkräfte umzusetzen. Eine zentra- trags der Fraktionen der CDU und der FDP erteile le Rolle spielt dabei selbstverständlich auch die ich dem Kollegen Mindermann von der Fraktion Nachweisbarkeit. Im bereits etablierten Europass der CDU das Wort. Bitte schön! werden die erbrachten Leistungen, z. B. bei den im Ausland absolvierten Ausbildungsabschnitten, Frank Mindermann (CDU): dokumentiert. Dieser Europass dient schon jetzt Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen als wichtige Einstiegshilfe in das spätere Berufsle- und Herren! In der kommenden Woche wird in ben. Deutschland wieder die Europawoche mit vielen Meine Damen und Herren, ich möchte fünf Punkte Veranstaltungen, Festlichkeiten und dem EU- aufzählen, die wir in den Ausschussberatungen Projekttag an Schulen durchgeführt. Ich freue behandeln sollten: erstens die landesweite Aus- mich, dass wieder viele von Ihnen, liebe Kollegin- dehnung der bereits an einigen berufsbildenden nen und Kollegen, mit dabei sind. Auch viele unse- Schulen erfolgreich stattfindenden Mobilitätsprojek- rer Ministerinnen und Minister nehmen sich die te von Auszubildenden mit EU-Partnern wie Part- Zeit, in eine Schule zu gehen. Dabei möchte ich nerschulen oder -betrieben auf alle BBSen, zwei- mich ganz besonders bei unserem Ministerpräsi- tens die Schaffung von Kompetenzzentren zur denten dafür bedanken, dass auch er eine Grund- Begleitung von europäischen Projekten in Zusam- schule in Hannover besuchen wird. menarbeit mit dualen Partnern und Kammern, (Zustimmung bei der CDU und bei der drittens das Angebot von Zusatzqualifikationen wie FDP) z. B. Europakauffrau/-mann oder Europaassisten- tin/-assistent im Handwerk. Viertens sollte der Titel Nun zum Kern des Antrages: Unser Arbeitskreis „Europaschule“ nur noch befristet vergeben und im Europa hat sich bei seinem Besuch in der BBS Rahmen einer Evaluierung immer wieder überprüft Syke davon überzeugen können, wie vor Ort die werden, ob das europäische Engagement der besondere Verantwortung für die internationale Schule weiterhin existent ist. Fünftens sollte ge- Ausrichtung und die interkulturelle Kompetenz prüft werden, ob Mittel aus dem Sonderprogramm junger Menschen gelebt wird. Die BBS Syke ist für transnationale Projekte im ESF genutzt werden eine von 81 Europaschulen in Niedersachsen. Sie können. übt mit ihren Aktivitäten in bemerkenswerter Weise eine Vorbildfunktion aus. Meine Damen und Herren, weitere wichtige The- men, wie z. B. den Deutschen Qualifikationsrah- Bei dieser Gelegenheit begrüße ich den Schulleiter men, das Europäische Leistungspunktesystem für und seinen Stellvertreter, die heute hier zu Besuch die Berufsbildung, den Europäischen Bezugsrah- sind. Herzlich willkommen! men für die Qualitätssicherung in der beruflichen (Zustimmung bei der CDU und bei der Aus- und Weiterbildung und die gemeinsamen FDP) Grundsätze für die Ermittlung und Validierung von nicht formalen und informellen Lernprozessen, die Wir, die Fraktionen von CDU und FDP, wünschen die Europäische Kommission aktuell angeht, müs- uns, dass diese tollen Initiativen, die insbesondere sen wir ebenfalls im Fokus behalten. die BBS Syke bereits ergriffen hat, landesweit (Zustimmung von Swantje Hartmann noch mehr Beachtung finden, damit noch mehr [CDU]) junge Menschen fit für den europäischen Arbeits- markt gemacht werden, um dadurch ihre berufli- Lassen Sie uns sachlich und im Sinne Europas in chen Perspektiven zu verbessern und den Mitar- den Ausschüssen über unseren Antrag beraten. beiterinnen und Mitarbeitern in den Betrieben Nie- Sehr geehrter Herr Präsident, mitberatend sollte

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auch der Ausschuss für Bundes- und Europaange- Es ist schon ein Fehler des Niedersächsischen legenheiten sein. Schulgesetzes, dass es ausschließlich für die Hauptschule und die Realschule eine Berufsorien- Zum Antrag der Fraktion der Grünen unter diesem tierung vorsieht, nicht aber für das Gymnasium. Tagesordnungspunkt wird mein Kollege Klare gleich noch etwas sagen. (Beifall bei den GRÜNEN) Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. An vielen Hauptschulen hat sich tatsächlich in den letzten Jahren mit einer Vielzahl von Projekten, wie (Beifall bei der CDU und bei der FDP) z. B. Kompetenzfeststellungsverfahren, punktuell eine Menge getan, aber noch immer zu wenig Vizepräsident Dieter Möhrmann: systematisch und zu wenig verbindlich. Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort hat jetzt Mit den neuen Erlassen für die Arbeit an den Frau Korter zur Einbringung des Antrages der Haupt- und Realschulen geht die Landesregierung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte! jetzt aber wieder einen Schritt zurück. Statt die Berufsorientierung weiter zu stärken und zu sys- Ina Korter (GRÜNE): tematisieren, soll jetzt die berufliche Ausbildung in Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich die allgemeinbildenden Schulen auf Kosten der spreche zunächst zu unserem Antrag. Liebe Kolle- Allgemeinbildung vorverlagert werden. ginnen und Kollegen, wissen Sie, was eine Kom- Berufsorientierung bedeutet, dass sich die Schüle- munikationsdesignerin macht, rinnen und Schüler über eigene Stärken und (Zuruf von der CDU: Ja!) Schwächen und über ihre eigenen Ziele beim Übergang in die Ausbildung klar werden und ge- welche besonderen Fähigkeiten sie für diesen nügend Einblicke in die Arbeitswelt erhalten, damit Beruf benötigt, wo man ihn erlernen kann, welchen sie sich auf einer soliden Grundlage für einen be- Schulabschluss man dafür braucht? ruflichen Ausbildungsweg entscheiden können. (Professor Dr. Dr. Roland Zielke [FDP]: Wenn sich, wie es die Erlasse für Haupt- und Re- Da braucht man eine Fortbildung!) alschulen jetzt vorsehen, die Schülerinnen und Schüler künftig schon am Ende der 8. Klasse, also Genauso ratlos wie viele von Ihnen werden wahr- mit 14 Jahren, auf die Fachrichtung ihrer berufli- scheinlich auch die meisten Schülerinnen und chen Ausbildung festlegen sollen, dann haben sie Schüler bei dieser Frage sein. Die meisten kennen noch weniger Zeit für eine ausreichende berufliche nur klassische Berufe oder die Berufe, die ihre Orientierung. Eltern oder Bekannte ausüben. (Karl-Heinz Klare [CDU]: Wo steht das Meine Damen und Herren, nach dem in dieser denn?) Woche vorgelegten Berufsbildungsbericht wurden im Jahr 2008 21,5 % aller Ausbildungsverträge Sie haben dann noch weniger Gelegenheit, die vorzeitig aufgelöst, und zwar zum größten Teil berufliche Wirklichkeit kennenzulernen, bevor sie bereits im ersten Ausbildungsjahr. Die Quote der sich entscheiden. Dann wächst die Gefahr von Studienabbrecher liegt ebenso hoch. Fehlentscheidungen. Die IHK Osnabrück-Emsland hat kürzlich eine (Kreszentia Flauger [LINKE]: Fast Studie zu den Ausbildungsabbrüchen vorgelegt. In Kinderarbeit!) mehr als einem Drittel aller Fälle lag eine wesentli- Meine Damen und Herren, in den Gymnasien gibt che Ursache für den Abbruch darin, dass die Aus- es fast gar keine Unterstützung bei der Berufswahl, zubildenden eine falsche Vorstellung vom ange- bei der Vorbereitung auf eine berufliche Ausbil- strebten Beruf hatten. Auch eine wesentliche Ur- dung oder ein Studium. Das G8 lässt gerade ein- sache der hohen Studienabbrecherquote liegt dar- mal Zeit für ein einziges Betriebspraktikum in der in, dass viele Studienanfängerinnen und -anfänger 10. Klasse. Ob die Schule darüber hinaus Bera- unklare oder falsche Vorstellungen von ihrem Stu- tung anbietet oder nur auf die Beratung der Agen- dienfach hatten. Das Fazit, das auch die IHK zieht: tur für Arbeit verweist, bleibt immer dem Engage- Schülerinnen und Schüler werden beim Übergang ment der einzelnen Lehrkraft überlassen. Die Stoff- von der Schule in Ausbildung und Studium noch fülle lässt dafür in der Regel keine Zeit. immer viel zu sehr alleingelassen.

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Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass die Berufs- Wir sind überzeugt, dass ein verbindliches Berufs- orientierung - nicht die Ausbildung - in allen allge- und Studienorientierungskonzept der Schulen so- meinbildenden Schulen des Sekundarbereichs, in wie verantwortliche Ansprechpartner wichtige Bau- den Hauptschulen wie im Gymnasium und in der steine sind, um dafür zu sorgen, dass tatsächlich Gesamtschule, deutlich gestärkt wird. Alle Schulen kein Abschluss ohne Anschluss bleibt. Deshalb sollen den verbindlichen Auftrag erhalten, ein Be- hoffen wir darauf, dass auch die Regierungsfrakti- rufs- bzw. Studienorientierungskonzept zu erarbei- onen diesen Antrag mittragen können, und sind ten. Dieses Konzept soll folgende Punkte enthal- gespannt auf die Beratung. ten: (Glocke des Präsidenten) Erstens. Alle Schulen im Sekundarbereich, aus- Noch kurz zum Antrag der CDU-Fraktion: Dazu drücklich auch die Gymnasien, vermitteln ihren wird sich meine Kollegin Filiz Polat vielleicht noch Schülerinnen und Schülern mehr Einblicke in die über eine Kurzintervention einbringen können, weil Berufs- und Arbeitswelt. Dazu bauen sie ein Netz die Redezeit für unsere Fraktion jetzt schon fast an außerschulischen Lernorten auf, und es soll abgelaufen ist. auch Schülerfirmen an allen Schulformen geben. Zweitens. Alle Schulen im Sekundarbereich unter- Vizepräsident Dieter Möhrmann: stützen ihre Schülerinnen und Schüler dabei, Klar- Nein, Sie ist vollständig abgelaufen, Frau Kollegin. heit über ihre eigenen individuellen Stärken und Schwächen, ihre beruflichen Wünsche und Vorstel- Ina Korter (GRÜNE): lungen, aber auch ihre Chancen und Möglichkeiten Letzter Satz, Herr Präsident. - Aber wir sehen da auf dem Ausbildungsmarkt zu gewinnen. Dafür noch erheblichen Konkretisierungsbedarf. Es reicht reicht es nicht, ihnen z. B. das Handbuch zur Stu- uns noch nicht, was dort formuliert ist. dien- und Berufswahl in die Hand zu drücken, wenn sie die Schule verlassen. Vielen Dank. Drittens. Alle Schulen im Sekundarbereich sollen (Beifall bei den GRÜNEN) für jeden Schüler und jede Schülerin - das ist uns besonders wichtig - eine verantwortliche An- Vizepräsident Dieter Möhrmann: sprechpartnerin bzw. einen verantwortlichen An- Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun Frau sprechpartner benennen, der ihm bzw. ihr über Reichwaldt. den Schulabgang hinaus bis zum erfolgreichen Eintritt in eine Berufsausbildung oder ein Studium Christa Reichwaldt (LINKE): begleitend und beratend zur Verfügung stehen Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Berufs- kann. Vorbildlich sind hierfür Konzepte, die derzeit orientierung ist eine wichtige Aufgabe für die all- in Hamburg entwickelt und umgesetzt werden. Es gemeinbildenden Schulen und alle Schulformen. darf einfach nicht sein, dass in dieser Übergangs- Sie darf nicht mit einem De-facto-Vorziehen einer zeit Jugendliche in großer Zahl verloren gehen und beruflichen Ausbildung verwechselt werden. Die niemand mehr weiß, wo sie geblieben sind. Verzahnung zwischen der Schule und der Arbeits- Auch die Bundesbildungsministerin Schavan hat welt muss immer in ein sinnvolles pädagogisches dieses Problem erkannt und will jetzt Bildungslot- Konzept eingebettet sein. Keineswegs darf es sen einsetzen. Ihr Ansatz ist nicht falsch; aber er darum gehen, die Schülerinnen und Schüler aus- bleibt natürlich hilflos, weil ihr durch die Föderalis- schließlich für den Arbeitsmarkt fit zu machen. musreform die Hände gebunden sind und sie sich (Beifall bei der LINKEN) außerdem nur an Hauptschülerinnen und Haupt- schüler wendet. Ich kann dem Kommentar in der Es muss darum gehen, dass die Schülerinnen und HAZ von gestern nur zustimmen, der sagt, Bil- Schüler ihre ersten Kontakte mit der Arbeitswelt im dungslotsen könnten natürlich nicht ausbügeln, Unterricht besprechen und reflektieren können und was vorher versäumt wurde. Statt neue Reparatur- Vorstellungen entwickeln können, was sie nach programme zu starten, sollten daher die Bedin- der Schule erwartet und welche Möglichkeiten, gungen in den Schulen grundlegend verbessert Chancen und Risiken sich für sie eröffnen. werden. Das ist unser Ansatz.

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Interesse für einen bestimmten Beruf ist von der werden kann, sondern wenn im Zweifelsfall auch jeweiligen sozialen Prägung abhängig. Den Weg verstärkt andere Mittel in die Hand genommen an die Hochschulen finden bei uns, wie Sie wis- würden, um die europäische Dimension in der sen, Kinder von Nichtakademikern seltener als beruflichen Ausbildung zu verankern. Darüber Akademikerkinder. Unser Ziel sollte es sein, dass können wir im Ausschuss gern diskutieren. die Schülerinnen und Schülern möglichst weitge- Vielen Dank. hend unabhängig von ihrem sozialen Umfeld ihre Neigungen und Interessen erkennen und artikulie- (Beifall bei der LINKEN) ren können, um so den von ihnen gewünschten Berufsweg einzuschlagen. Vizepräsident Dieter Möhrmann: (Beifall bei der LINKEN) Vielen Dank, Frau Reichwaldt. - Das Wort hat jetzt Herr Poppe für die SPD-Fraktion. Dazu brauchen wir ein funktionierendes Berufsori- entierungssystem an allen allgemeinbildenden Claus Peter Poppe (SPD): Schulen, auch an den Gymnasien. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Was wir nicht brauchen, ist eine Vorwegnahme Herren! So unterschiedlich die politischen Profile einer beruflichen Ausbildung an den Schulen. Der der die Anträge stellenden Fraktionen sind, so allgemeinbildende Teil des Unterrichts darf nicht unterschiedlich sind auch die vorliegenden Anträge zugunsten eines berufsbildenden Teils gekürzt selbst. Im Plenum aber erscheinen sie unter einem werden. Die Allgemeinbildung muss weiterhin un- Tagesordnungspunkt. Ich werde sie dennoch ge- verändert erhalten bleiben, damit der Anschluss an trennt betrachten und gehe davon aus, dass sie andere Schulformen wie das Gymnasium nicht auch im Ausschuss sinnvollerweise nur getrennt gänzlich verbaut wird. Die Arbeitswelt der heutigen beraten werden können. Schülerinnen und Schüler wird wahrscheinlich (Beifall bei der SPD) nicht dadurch geprägt sein, dass sie als Teenager eine Ausbildung bei einem Betrieb anfangen, in Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem sie 45 Jahre später in Rente gehen werden. formuliert in der Überschrift eine Forderung, über Die Schule muss deswegen eine breite Grundbil- die in ihrer allgemeinen Form sehr schnell Kon- dung sicherstellen, damit Schülerinnen und Schü- sens herzustellen sein sollte: Alle allgemeinbilden- ler sich den Anforderungen der Arbeitswelt stellen den Schulen des Sekundarbereichs müssen Ver- und sie bestehen können. antwortung für die Berufsorientierung und den Übergang der Schülerinnen und Schüler in Be- In diesem Sinne unterstützen wir den Antrag der rufsausbildung und Studium übernehmen. Grünen, ein klug durchdachtes und sinnvoll in die Schule eingebettetes Unterstützungssystem der Auch inhaltlich folgen wir dem Antrag in weiten Berufsorientierung an allen Schulen und allen Teilen. Es gibt aber einige strittige Punkte in For- Schulformen zu etablieren. Gleichwohl darf damit mulierungen und auch in Forderungen. So hält die nicht der Druck auf die Schülerinnen und Schüler SPD-Fraktion die im ersten Satz enthaltene Pau- erhöht werden, die Orientierung, der sie als 15- schalkritik für unangemessen, dass an den allge- Jährige gefolgt sind, ihr Leben lang beizubehalten. meinbildenden Schulen in Niedersachsen - d. h. an Wir haben es mit jungen Menschen zu tun, die sich allen - die Schülerinnen und Schüler nur unzurei- entwickeln und vielleicht erst später über Auspro- chend auf den Übergang in die berufliche Ausbil- bieren und Umwege ihren Traumberuf finden. Da- dung bzw. in das Studium und die anschließende her ist eine reflektierte Berufsorientierung voll- Berufswelt vorbereitet werden. kommen richtig. Weite Teile des weiteren Antrags können wir, wie (Beifall bei der LINKEN) gesagt, mittragen. Es tauchen aber Forderungen auf, die schon erfüllt sind. Zum Beispiel gibt es Zum Antrag von CDU und FDP zu den Europa- Schülerfirmen bereits an allen Schulformen. schulen sei gesagt: Wir begrüßen es, wenn Aus- zubildende und Ausbilder mehr Möglichkeiten be- Eine Überforderung stellt aus unserer Sicht die kommen, im Ausland zu lernen und zu lehren, und Forderung dar, für jede Schülerin und jeden Schü- diese Tätigkeit in Deutschland anerkannt bekom- ler zu Beginn des achten Schuljahrgangs eine men. Hier würde ich mich freuen, wenn nicht nur Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner zu geprüft würde, ob auf ESF-Gelder zurückgegriffen benennen, die bzw. der „die Schülerinnen und

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Schülern bis zum gelungenen Übergang in eine bindlichsten Floskeln Europas zurück? Ich zitiere Berufsausbildung oder ein Studium individuell be- zwei: „wird als sinnvoll angesehen“ und „bitten wir gleiten soll“. die Landesregierung zu prüfen, ob und inwieweit“. - Das ist nicht einmal mehr butterweich. Das ist Bei aller Sympathie mahne ich hier zu etwas Vor- völlig zerlaufen. sicht und Rücksicht. Nur einmal als Beispiel: Wir wissen doch, wie lange es oft bis zu einem gelun- (Beifall bei der SPD) genen Übergang in die Berufsbildung oder bis zur Meine Damen und Herren, dieser Antrag gehört Aufnahme eines Studiums dauert. Jahre des War- vom Kopf auf die Füße gestellt. In der Begründung tens, der oft kritisierten Warteschleifen, des Ler- nämlich ist von vier Instrumenten die Rede, die auf nens an anderen Schulen liegen dazwischen. europäischer Ebene aktuell angegangen werden Es gibt durchaus Hauptschulklassen, in denen nur und die beachtet und in ihren Chancen und Mög- wenige auf Anhieb einen Ausbildungsplatz erlan- lichkeiten genutzt werden sollten: erstens der Eu- gen. Da sind Mentoringprogramme denkbar, wie ropäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges sie auch Ministerin Schavan vorgestellt hat. Wie Lernen, zweitens das Europäische Leistungspunk- dies aber flächendeckend ohne zusätzliche Unter- tesystem für die Berufsbildung, drittens der Euro- stützung realisierbar sein soll, geht aus dem An- päische Bezugsrahmen für die Qualitätssicherung trag leider nicht hervor. Als zusätzliche Aufgabe in der beruflichen Aus- und Weiterbildung und auf dem Rücken der Lehrer geht es jedenfalls viertens die gemeinsamen europäischen Grund- nicht. sätze für die Ermittlung und Validierung von nicht formalen und informellen Lernprozessen. Wenn es (Beifall bei der SPD) den Diskussionen im Ausschuss gelingt, auch nur Meine Damen und Herren, wenn der Antrag der in einem Teil dieser Bereiche zu einer fundierten Grünen gut und richtig ist, aber an einigen Punkten Einschätzung zu gelangen und in diese die Einzel- über das Ziel hinausspringen mag, dann springt beispiele einzuarbeiten, von denen der Antrag der Antrag von CDU und FDP deutlich zu kurz. ausgeht, dann wäre wirklich etwas gewonnen. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD) Mit der Zielsetzung, Schülerinnen und Schüler für So, wie er vorliegt, ist der Antrag eine Sammlung den europäischen Arbeitsmarkt fit zu machen, von Leerformeln und ein Antrag ohne Substanz mit beschränkt er sich auf einen Teilaspekt der Bil- einer Änderungswirkung gegen null. dung, der in berufsbildenden Schulen wichtig ist, Danke schön, meine Damen und Herren. aber keine Besonderheit beruflicher Ausbildung darstellt. Natürlich wird auch hier niemand den (Beifall bei der SPD) allgemeinen Zielen widersprechen, aber - um es ganz krass zu sagen - bei genauem Lesen gewinnt Vizepräsident Dieter Möhrmann: man den Eindruck, irgendjemand habe gefordert, Meine Damen und Herren, zu einer Kurzinterventi- wir müssen einmal etwas über berufliche Bildung on erteile ich jetzt Frau Korter von der Fraktion und Europa machen, und ein anderer hätte schnell Bündnis 90/Die Grünen das Wort. eine Auftragsarbeit abgeliefert. (Beifall bei der SPD) Ina Korter (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Kollege Poppe, Warum soll der Landtag beschließen: „Unter den Sie hatten einige Fragen aufgeworfen, was Ihnen 81 Europaschulen in Niedersachsen sind 17 Be- bei unserem Antrag noch unklar ist, nämlich z. B. rufsbildende Schulen“? wer die Schülerinnen und Schüler bei ihrem Über- (Heiterkeit bei der SPD) gang in die Ausbildung oder in ein Studium beglei- ten soll. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Warum steht im Beschlussteil des Antrags eine Wir wollen der Eigenverantwortlichen Schule aber lange Passage über die zweifelsfrei hervorragende nicht vorschreiben, welche sie zu wählen hat, son- Europaarbeit der Berufsbildenden Schule Syke? dern sie soll ein verbindliches eigenes Konzept Warum schaffen es die Regierungsfraktionen nicht, entwickeln. Denkbar wäre aber, dass sich eine vernünftige allgemeine Forderungen zur europäi- Schule dafür Externe hereinholt, die solche Dinge schen Dimension von Bildung zu formulieren? schon machen. Denkbar wäre, dass man verbindli- Warum ziehen sie sich stattdessen auf die unver- che Absprachen und Regelungen mit den Agentu-

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ren für Arbeit trifft, die in den Schulen dann ver- nicht ganz so despektierlich reden. Ich glaube, bindlich existieren. Denkbar wäre auch, durch die dass die Intention, die hier von CDU und FDP ge- Landesregierung zu prüfen, ob dieses nicht auch setzt werden soll, sehr, sehr wichtig ist. Ich bin Aufgabenfelder für Lehrkräfte sein könnten, die sehr gespannt auf konstruktive Vorschläge vonsei- ansonsten aus gesundheitlichen Gründen pensio- ten der SPD in den Beratungen. niert würden, weil sie nicht mehr die volle Stun- So viel zum Antrag von CDU und FDP, der jetzt mit denzahl mit einer ganzen Klasse mit Klassenleh- dem Antrag der Grünen gemeinsam beraten wird. reraufgaben u. Ä. bewältigen können, sehr wohl Was möchten die Grünen, die uns monatelang in aber auf Grundlage ihrer Erfahrungen Einzelbera- der Öffentlichkeit dafür gescholten haben, dass wir tung mit Schülerinnen und Schülern auf diesem Berufsorientierung in die Haupt- und in die Real- Weg vornehmen können. schulen bringen? Sie kritisieren jetzt plötzlich, dass Ich finde, es gibt viele Ideen, die wir dazu prüfen wir das angeblich zu wenig machen würden, meine könnten. Ich bin gespannt, wie wir darüber im Aus- sehr geehrten Damen und Herren. schuss beraten können. (Widerspruch bei den GRÜNEN) (Beifall bei den GRÜNEN) Das ist nun wirklich absolut widersprüchlich, meine Damen und Herren. Was haben wir im Kultusaus- Vizepräsident Dieter Möhrmann: schuss nicht alles für Diskussionen geführt, dass Herr Poppe möchte erwidern. Bitte! wir angeblich, weil wir die Allgemeinbildung ver- nachlässigen würden, nach Inkrafttreten der (Filiz Polat [GRÜNE]: Wir möchten Haupt- und Realschulerlasse keine vernünftigen das im Ausschuss beraten!) Abschlüsse mehr vergeben! Jetzt kommt die Frak- tion der Grünen und sagt, ihr müsst im Bereich der Claus Peter Poppe (SPD): Berufsorientierung mehr machen, und nimmt über- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich haupt nicht zur Kenntnis, dass wir mit dem Haupt- bedanke mich für die Hinweise, die wir dann im schulprofilierungsprogramm mit mehr als 12 Millio- Ausschuss tatsächlich behandeln können und nen Euro im Jahr genau hier den Schwerpunkt werden, hätte mir allerdings bei einem Antrag mit setzen und dass wir mit der Änderung der Erlasse einer klaren Forderung vorgestellt, dass diese „Arbeit in der Realschule“ und „Arbeit in der Haupt- darin schon skizziert worden wären. schule“ genau hier die Schwerpunkte setzen, um Danke schön. den Schülerinnen und Schülern Perspektiven für Berufsausbildung aufzuzeigen, und macht hier (Beifall bei der SPD) Vorschläge, die schon längst umgesetzt sind. Wer gibt denn in den nächsten drei Jahren mehr als Vizepräsident Dieter Möhrmann: 2 Millionen Euro für Kompetenzfeststellungsverfah- Jetzt hat Herr Försterling von der FDP-Fraktion ren aus? - Das ist die Landesregierung. Das haben das Wort. wir als Haushaltsgesetzgeber schon längst be- schlossen. Björn Försterling (FDP): (Beifall bei der FDP und bei der CDU) Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Sie dagegen nehmen das nicht zur Kenntnis und Herren! Bildungspolitik ist dann erfolgreich, wenn erheben das als eigenständige Forderung. Hin- sie den jungen Menschen, den Schülerinnen und sichtlich des von Herrn Poppe in der Tat schon Schülern, Perspektiven aufzeigt, was man nach dargestellten Versuchs, ab dem Schuljahr 8 An- der Schule mit dem erworbenen Wissen alles er- sprechpartner zu installieren, muss man doch ein- reichen kann. Dazu gehört eben auch, dass ich mal überlegen, was es bei einem Gymnasium für ihnen die europäische Perspektive aufzeige und die Schuljahrgänge 8, 9, 10, 11 und 12 bedeutet, den europäischen Weg offen darstelle, um Ausbil- Ansprechpartner zu benennen, bis das Studium dungsplätze zu gewinnen oder dort das Studium oder die Berufsausbildung aufgenommen werden. aufzunehmen. Für 750 Schülerinnen und Schüler an einem Genau diese Perspektive möchte der Antrag von durchschnittlich groß bemessenen Gymnasium CDU und FDP den Schülerinnen und Schülern sollen individuelle Ansprechpartner eingeführt darstellen und mit auf den Weg geben. Deshalb werden. Sie regen sich heute Morgen noch über würde ich über diesen Antrag von CDU und FDP Bürokratie in den Schulen auf und stellen dann

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solche Anträge! Meine sehr geehrten Damen und Für die Gymnasien sehen Sie aber überhaupt kei- Herren, Ihre Bildungspolitik ist völlig kopflos. ne Berufsorientierung vor. Dazu steht bis jetzt auch nichts im Schulgesetz. Hier muss sich tatsächlich (Beifall bei der FDP und bei der CDU) etwas verändern. Es gibt nämlich eine Menge Be- triebe, die auch Gymnasiasten brauchen, u. a. um Vizepräsident Dieter Möhrmann: die Unternehmen eventuell zu führen. Meine Damen und Herren, es gibt zwei Wünsche nach Kurzinterventionen. Zunächst Frau Reich- Sie machen sich lustig darüber und verweisen waldt und dann Frau Korter. dabei auf bürokratischen Aufwand, wenn wir for- dern, dass die Gymnasiasten Ansprechpartnerin- Christa Reichwaldt (LINKE): nen und Ansprechpartner für den Übergang in Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ausbildung und Beruf finden sollten. Angesichts Försterling, ein Manko - auch bis zur Schulgesetz- einer Studienabbrecherquote von über 20 % finde novelle des letzten Jahres - der Berufsorientierung, ich das geradezu sarkastisch. Finden Sie eine so wie sie im Schulgesetz festgeschrieben war, solche Quote in Ordnung? bestand darin, dass sie für Hauptschulen und in Ich möchte Ihnen einmal sagen, wie die Deutschen gewisser Weise auch noch für Realschulen, aber 2007 nach dem Kelly Global Workforce Index über eben nicht für alle allgemeinbildenden Schulen in ihre Berufsorientierung gedacht haben. Die Ber- Niedersachsen detailliert beschrieben ist. telsmann-Stiftung hat dies dokumentiert. Mehr als Sie alle wissen, dass viele Ausbildungsberufe jetzt ein Drittel der deutschen Arbeitnehmer hätte lieber nur noch Abiturienten zur Verfügung stehen. Kurz einen anderen Berufsweg eingeschlagen. Jeder gesagt, wir brauchen Berufsorientierung an allen siebente Deutsche gibt an, den falschen Beruf Schulformen. erlernt zu haben. Nur 42 % der Deutschen fühlen sich durch die Schule auf das Arbeitsleben gut Im letzten Jahr ist Folgendes passiert und zu vorbereitet. Recht auch im Ausschuss rechtlich diskutiert wor- den: Durch Ihre Schulgesetznovelle wird diese Wir wollen, dass die Vorbereitung auf das Arbeits- Spaltung zwischen Berufsorientierung, die teilwei- leben an allen Schulen geschieht. Das ist der Un- se durch Berufsbildung ersetzt wird, was nicht im terschied zu dem, was Sie in Ihrem Flickenteppich Sinne unseres Bildungssystems ist - diese Spal- an Einzelmaßnahmen für Niedersachsen vorse- tung zwischen Gymnasium, Realschule und hen. Hauptschule - verschärft, wird die Durchlässigkeit insgesamt vermindert und werden Schüler in Be- (Beifall bei den GRÜNEN und bei der zug auf Berufsorientierung ungleich behandelt. LINKEN)

(Beifall bei der LINKEN und bei den Vizepräsident Dieter Möhrmann: GRÜNEN) Ich sehe, dass Herr Försterling antworten möchte. Vizepräsident Dieter Möhrmann: Bitte! Ich erteile jetzt Frau Korter, ebenfalls zu einer Björn Försterling (FDP): Kurzintervention, das Wort. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Ina Korter (GRÜNE): Herren! Die Kurzinterventionen haben wieder deut- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ge- lich gemacht, dass die Erlasse von der Opposition schätzter Kollege Herr Försterling, Sie haben den anscheinend nicht gelesen worden sind. Natürlich Unterschied zwischen Berufsorientierung und -aus- eröffnen wir die Möglichkeit, dass die Schulen das bildung immer noch nicht verstanden. Berufsaus- Neustädter Modell anbieten. Sie müssen es aber bildung wollen Sie bei den Haupt- und Realschulen nicht anbieten. Jeder, der sich die Erfolgszahlen nach Ihrem neuen Erlass in den Klassen 9 und 10 des Neustädter Modells ansieht, wird keinen Wi- ermöglichen. Darin heißt es nämlich: In der 9. und derspruch gegen die Sinnhaftigkeit dieses Modells 10. Klasse werden die Inhalte des ersten Ausbil- erheben. Deshalb ist es folgerichtig, dass es allen dungsjahrs vermittelt - obwohl niemand weiß, ob Schulen freigestellt wird, dieses Modell zu über- sie jemals anerkannt werden. - Das ist Ihr Neu- nehmen. städter Modell. Es steht auch im Erlass.

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Ich will Ihnen auch zur Berufsorientierung in Gym- überhaupt keine Hauptschule und keine Realschu- nasien etwas sagen. Berufsorientierung findet le mehr, die nicht eine Schülerfirma hat. Es ist also auch in Gymnasien statt. In dem Antrag der Grü- alles umgesetzt worden. nen steht ja, dass dort Praktika durchgeführt wer- Auch in den Gymnasien gibt es natürlich eine gan- den und dass in der zehnten Klasse nicht nur drei ze Reihe von Praktika, bei denen Gymnasiasten Wochen lang Praktika stattfinden, sondern dass im mit beruflicher Orientierung in Verbindung gebracht gesamten Schuljahr auch eine entsprechende werden. Es kann durchaus sein, dass in diesem Begleitung stattfindet. Glauben Sie tatsächlich, Bereich noch mehr geschehen kann. Es ist aber dass man Gymnasiasten ab der achten Klasse bis reichlich Unsinn zu sagen, dass, wie Sie es darge- zum Studium staatlicherseits an die Hand nehmen stellt haben, in diesem Bereich gar nichts stattfin- muss, damit sie das richtige Studium aufnehmen? det - Entschuldigung, das Wort Unsinn nehme ich Sehr geehrte Frau Korter, Sie müssen den jungen zurück. Menschen in Niedersachsen ein bisschen Eigen- ständigkeit und ein bisschen Verantwortung zu- Frau Korter, nun ganz im Ernst: Sie sind über die trauen. Jahre seit 2003 durch die Gegend gelaufen und haben uns immer erzählt, wir würden die berufliche (Beifall bei der FDP und bei der CDU) Orientierung übertreiben. Die allgemeinbildenden Kenntnisse würden gar nicht genug praktiziert Vizepräsident Dieter Möhrmann: werden können. Sie haben sogar angezweifelt, ob Meine Damen und Herren, die letzte Wortmeldung die allgemeinbildenden Abschlüsse überhaupt ist die von Herrn Klare von der CDU-Fraktion. Bit- noch gelten könnten. Jetzt fordern Sie genau das te! Gegenteil von dem, was Sie bei Ihrer Kritik über Jahre hin von uns gefordert haben. Wir verstehen Karl-Heinz Klare (CDU): Sie in dieser Frage schon lange nicht mehr. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die (Beifall bei der CDU und bei der FDP) berufliche Orientierung ist bei der Ausstattung der Herr Wenzel, bei allem persönlichen Respekt, den Schulen im allgemeinbildenden Bereich einer der ich vor Ihnen habe, wenn wir draußen Kaffee trin- Schwerpunkte gewesen. Unter diesem Aspekt ist ken, muss ich hier sagen: Wenn Frau Korter hier- der Hauptschulerlass gleich zu Anfang geändert her kommt, kommt sie jeweils mit einem Tunnel- worden, indem man hineingeschrieben hat, 60 bis blick hierher. Alles muss kritisiert werden, auch 80 Tage beruflicher Orientierung seien in den wenn etwas noch so gut ist. Versuchen Sie doch Klassen 8 und 9 notwendig. Die neuen Erlasse für einmal, eine einheitliche Linie in Ihre Schulpolitik Haupt- und Realschule sehen sogar noch eine hineinzubekommen, damit wir wissen, was Sie Ausweitung der beruflichen Orientierung vor: min- eigentlich wirklich wollen! In der bisherigen Weise destens 80 Tage im Bereich der Hauptschule, können wir jedenfalls nicht auf einer sachlichen mindestens 30 Tage im Bereich der Realschule. Ebene miteinander diskutieren. Diese berufliche Orientierung ist genau das Er- (Beifall bei der CDU und bei der FDP) folgsrezept, das Hauptschüler und Realschüler brauchen. Schauen Sie sich einmal an, was in den Vizepräsident Dieter Möhrmann: einzelnen Schulen geleistet worden ist, um ein spezifisches regionales Angebot im Bereich der Ich bedanke mich bei Herrn Klare ausdrücklich beruflichen Orientierung zustande zu bringen! Dies dafür, dass er seine Zeitvorgabe eingehalten hat. erfolgte übrigens immer in Zusammenarbeit mit Jetzt hat Frau Korter zu einer Kurzintervention das berufsbildenden Schulen, mit Betrieben und mit Wort. Dann haben wir die eingesparte Zeit wieder außerschulischen Partnern. verbraucht.

All das, was man sich als Schulmensch wünscht, Ina Korter (GRÜNE): wurde also umgesetzt, z. B. mehr Praktika und Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Zusammenarbeit mit den berufsbildenden Schulen. Kollege Klare, es ist schade, dass Herr Kollege Wir nutzen die guten Werkstätten in den berufsbil- von Danwitz nicht zu diesem Punkt gesprochen denden Schulen aus. Die Schulträger freuen sich, hat. Er ist nämlich der Einzige, der, wie ich glaube, dass die Nutzung zum Teil auch am Nachmittag bei Ihnen etwas von beruflicher Bildung versteht. stattfinden kann. Ich nenne weiterhin Praxistage in Betrieben und Schülerfirmen. Ich glaube, es gibt (Beifall bei den GRÜNEN)

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Sie sind schon sehr lange im Landtag und wollen Miriam Staudte (GRÜNE): mir hier trotzdem etwas über den Unterschied zwi- Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr schen Berufsorientierung und Ausbildung erzäh- geehrten Damen und Herren Abgeordneten! len. Ich meine, Sie hätten die Ausführungen wirk- 15 000 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch lich Herrn von Danwitz überlassen sollen; denn er werden laut Polizeistatistik in Deutschland im Jahr kennt den Unterschied. angezeigt. Die „Dunkelfeld“-Schätzungen gehen Ihre Maßnahmen beinhalten Ausbildungsanteile. noch weit darüber hinaus. Man geht davon aus, Es gibt viele gute Maßnahmen zur Berufsorientie- dass jährlich 70 000 Kinder Opfer sexueller Über- rung in der Hauptschule. Wenn Sie zugehört hät- griffe werden. Statistisch gesehen bedeutet das, ten, wüssten Sie, dass ich das vorhin auch gesagt dass ein solches Vergehen alle siebeneinhalb habe. Minuten auftritt. Drei Viertel dieser Fälle werden sogar im eigenen Familien- und Bekanntenkreis Sie gehen aber nicht systematisch vor. Auch an begangen. Dort nutzen Täter in schändlichster den Hauptschulen und vor allen Dingen an den Weise das bestehende Vertrauens- oder Macht- Gymnasien gehen Sie nicht systematisch vor. Das verhältnis aus. haben wir in unserem Antrag zum Ausdruck ge- bracht. Schauen Sie sich ihn doch einfach einmal Doch nicht alle dieser Täter sind Pädophile. Gera- an, statt nur die Überschrift zu lesen und sich bei de im Familienkreis ist Missbrauch an Kindern oft Ihren Ausführungen dann zu vergaloppieren! eine Art Ersatzhandlung. Laut WHO-Definition sind Pädophile diejenigen, die auf vorpubertäre Kinder (Beifall bei den GRÜNEN) gerichtete sexuelle Neigungen verspüren. Neigun- Vizepräsident Dieter Möhrmann: gen verspüren heißt nicht, dass sie zwangsläufig entsprechend handeln müssen. Etliche dieser Pä- Weder Herr Klare noch Herr von Danwitz möchten dophilen befinden sich in einem inneren Kampf antworten. zwischen Neigung und Verlangen auf der einen Wir kommen dann zur Abstimmung. Seite und Schuldgefühlen und Gewissen auf der anderen Seite. Doch dieser innere Kampf wird Herr Mindermann hat beantragt, die Anträge zu- leider, wie wir wissen, nicht immer gewonnen. sätzlich dem Europaausschuss zu überweisen. Eigentlich sollte einen entsprechenden Beschluss Wie verbreitet Pädophilie letztendlich ist, lässt sich jeweils der federführende Ausschuss fassen. nicht genau sagen. Die Berliner Männer-Studie II Wenn es keinen Widerspruch gibt, stelle ich diese geht davon aus, dass ca. 1 % aller Männer pä- Überweisungsempfehlung jetzt aber mit zur Ab- dophil ist, und zwar völlig unabhängig vom sozia- stimmung. len Status. Es bleibt auch zu befürchten, dass gerade Pädophile durch ihre Berufswahl und ihr Wer dafür stimmen möchte, den Kultusausschuss, Freizeitverhalten ganz bewusst die Nähe zu Kin- den Ausschuss für Haushalt und Finanzen und dern suchen. Erzieher, Lehrer, Geistliche, Ehren- den Europaausschuss mit der Behandlung der amtliche in Sportverbänden oder Kirchengemein- beiden Anträge zu beauftragen, den bitte ich um den, keine Gruppe ist ausgenommen. Eine schär- das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - fere Kontrolle ist hier absolut notwendig, wie z. B. Stimmenthaltungen? - Es ist so beschlossen. die Forderung und die Diskussion um das erweiter- Ich rufe Tagesordnungspunkt 37 auf: te Führungszeugnis zeigen, was Frau Korter durch ihre Anfrage angestoßen hat.

Erste Beratung: (Zustimmung bei den GRÜNEN) Sexuellen Missbrauch an Kindern verhindern - Was machen wir aber mit den unbekannten, den Charité-Präventionsprojekt „Dunkelfeld“ als noch nicht straffällig gewordenen Pädophilen? Wie einen Baustein in der Präventionsarbeit auch in erreichen wir sie? - 1 % aller Männer: Das bedeu- Niedersachsen etablieren - Antrag der Fraktion tet, in Niedersachsen sind ca. 20 000 Männer be- Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2416 troffen. Hier setzt das Berliner Projekt Dunkelfeld der Charité-Uniklinik an, das wir mit unserem An- trag auch hier in Niedersachsen einführen wollen. Zur Einbringung des Antrages hat sich Frau Staud- te von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Dort können sich Männer freiwillig einer Diagnose Wort gemeldet. Bitte schön! und einer kostenlosen Therapie und Behandlung

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unterziehen. Dazu - das möchte ich betonen - ge- kassen nicht bezahlt. Das ist ein Umstand, den wir hört ausdrücklich auch die medikamentöse Be- sehr deutlich kritisieren. handlung. (Zustimmung bei den GRÜNEN und Ich selbst war vor den Osterferien dort und habe bei der LINKEN) mir von dem Forschungsleiter Dr. Dr. Beier berich- ten lassen, wie die Erfolge und Erfahrungen aus- Deswegen wollen wir, dass auch in Niedersach- sehen. Meldet sich dort überhaupt jemand freiwillig sen, z. B. an der Medizinischen Hochschule Han- und bekennt zumindest einem Arzt gegenüber nover, ein solches Projekt finanziert und realisiert seine Präferenzstörung? - Er hat berichtet, dass wird. sich seit dem Jahr 2005 dort 800 Männer freiwillig Kiel hat seit einem Jahr ein entsprechendes Pro- gemeldet haben, 800 größtenteils nicht justizbe- gramm, und auch Bayern plant in Regensburg eine kannte Pädophile, die freiwillig Therapie und Be- Behandlungs- und Beratungsstelle. Niedersachsen handlung suchen. - Das sind Zahlen, die so wohl darf diese kleine Chance, Missbrauch einzudäm- niemand erwartet hat. men, wirklich nicht ungenutzt lassen; denn - das möchte ich betonen - Täterarbeit ist aktiver Opfer- Vizepräsident Dieter Möhrmann: schutz! Frau Kollegin, gestatten Sie - - - (Beifall bei den GRÜNEN - Roland Miriam Staudte (GRÜNE): Riese [FDP]: Das ist keine Täterar- Nein, im Moment nicht. beit! Das ist Prävention!) (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ich ziehe Wir Grünen haben schon länger auf dieses Projekt zurück!) hingewiesen. Herr Briese hat in der letzten Wahl- periode, im Jahr 2007, schon eine Anfrage an die Vizepräsident Dieter Möhrmann: Landesregierung gestellt, wie sie zu dem Projekt steht. Sie zieht zurück. Ich hatte im Sozialausschuss vor fast einem Jahr Miriam Staudte (GRÜNE): eine Unterrichtung dazu beantragt, doch gesche- Einige dieser Interessenten, so wurde mir berich- hen ist nichts. Uns wurde lediglich gesagt, man tet, kamen aus Niedersachsen. Doch nur 150 der beobachte das Projekt in Berlin mit Interesse, die 800 Männer, die sich dort gemeldet haben, konn- Erfolge seien jedoch noch nicht belegt, außerdem ten eine Therapie beginnen; denn es gibt Wartelis- gebe es auch noch Haushaltsaspekte zu berück- ten. sichtigen. Wartelisten! Das muss man sich einmal vorstellen! Da frage ich mich wirklich: Dort haben sich schon Wir richten runde Tische ein, sind alle sehr betrof- 800 Leute freiwillig gemeldet. Wie kann man dann fen und suchen nach den richtigen Möglichkeiten, davon reden, dass die Erfolge nicht belegt sind? tätig zu werden, um sexuellen Missbrauch einzu- dämmen - und dann gibt es Wartelisten für diejeni- (Beifall bei den GRÜNEN und bei der gen Gefährder, die sich sogar freiwillig melden. Wir LINKEN) wollen, dass sich das in Niedersachsen zumindest Außerdem können wir doch nicht annehmen, dass in der nächsten Zeit ändert. die dortigen Therapien mit noch nicht straffällig (Beifall bei den GRÜNEN und bei der Gewordenen weniger erfolgreich wären als das, SPD) was wir an Forensiken im Maßregelvollzug anord- nen und durchführen. Denn gerade aus dem Flächenland Niedersachsen können viele keine Therapie beginnen, weil die Wir sind der Auffassung, dass jetzt die Zeit ge- wöchentlichen Sitzungen in Berlin wegen der lan- kommen ist, endlich Nägel mit Köpfen zu machen. gen und weiten Anfahrt zeitlich oder finanziell nicht Das Ausmaß des Kindesmissbrauchs, gerade in zu realisieren sind. Das Beratungsangebot in Ber- öffentlichen Einrichtungen, hat doch in den letzten lin ist zwar kostenlos für diejenigen, die dorthin Wochen deutlich gemacht, dass wir hier ganz drin- gehen - die Projektkosten tragen der Bund und gend handeln müssen. Ich hoffe, dass wir jetzt auch die Hannoveraner Volkswagenstiftung -, die endlich auf offene Ohren stoßen und auch in Nie- Fahrtkosten werden allerdings von den Kranken- dersachsen unseren Teil dazu beitragen können,

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dass Kindesmissbrauch zumindest eingedämmt der Unglaubwürdigkeit und sogar der Lüge bezich- wird. tigt, gerade wenn es Kinder sind, kleine Kinder. (Beifall bei den GRÜNEN und bei der Die Zurückhaltung bei den Betroffenen ist daher LINKEN) nur verständlich. Doch wenn erst einmal - wir ha- ben es jetzt gerade erfahren - einer oder eine den Ich möchte an dieser Stelle betonen: Wir wissen, Anfang gemacht hat, trauen sich weitere, sich zu dass die Umsetzung dieses einen Projektes nur offenbaren. Doch die Zeit muss eben reif sein. Ich ein einzelner Baustein im Kampf gegen Kindes- denke, dass es nun so weit ist. missbrauch sein kann. Dieser Antrag erhebt ganz ausdrücklich nicht den Anspruch auf Vollständig- Meine Damen und Herren, es ist gut, dass wir keit, auch wenn wir den Aspekt der Beratungsstel- anfangen, uns auch mit der Vorbeugung vor sexu- len für Opfer mit aufgenommen haben. Es wird, ellem Missbrauch zu beschäftigen; denn es bleibt wenn das Projekt umgesetzt wird, auch nur eine sicherlich unwidersprochen, dass die Prävention Teilgruppe potenzieller Täter erreicht werden, das beste und sinnvollste Mittel ist, Übergriffen und nämlich diejenigen, die sich freiwillig melden. Aber Straftaten in diesem Rahmen zu begegnen, ich bin mir 100-prozentig sicher - das versichere (Beifall bei der CDU sowie Zustim- ich Ihnen nachdrücklich -, dass wir sehr viele Kin- mung bei den GRÜNEN und bei der der vor schrecklichen Schicksalsschlägen bewah- LINKEN) ren können, wenn dieses Projekt hier in Nieder- sachsen realisiert wird. zumal Vorbeugung auch von sozialer und ökono- mischer Bedeutung ist. Wir bitten um eine entsprechende Beratung im Ausschuss und Zustimmung. Am 23. April dieses Jahres - wir alle wissen das - tagte erstmals der runde Tisch der Bundesregie- (Beifall bei den GRÜNEN, bei der rung gegen Kindesmissbrauch. Es ist gut, dass der SPD und bei der LINKEN) runde Tisch, den die drei Bundesministerien für Familie, Justiz und Bildung einberufen haben, nun Vizepräsident Dieter Möhrmann: zusammenkommt und für eine Diskussion sorgt; Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion denn nur eine offene Diskussion unter Einbezie- spricht nun Frau Prüssner. hung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und Politikbereiche kann helfen, wirksame und eben auch präventive Maßnahmen gegen Kin- Dorothee Prüssner (CDU): desmissbrauch zu beschließen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es eben gehört: Sexuellen Missbrauch an (Beifall bei der CDU) Kindern verhindern - das ist ein Thema von hoher Aber Missbrauch geht eben uns alle an. Unsere inhaltlicher und auch medialer Komplexität. Miss- Gesellschaft, also auch wir, müssen Kinder und brauch und Gewalt: Wo hört das eine auf, wo fängt Jugendliche stark machen. Sie haben genauso das andere an? Sind die Themen zu trennen? einen Anspruch auf die Respektierung ihrer Intim- Oder geht das gar nicht? - Man könnte die Liste sphäre wie Erwachsene. Dazu gehört, dass wir sie der Fragen zu diesem Themenkomplex sicherlich ernst nehmen und mehr Achtsamkeit für das ent- beliebig verlängern. wickeln, was Kinder und Jugendliche auch in ver- Wenn es dann noch um Kinder und Jugendliche steckten Botschaften mitteilen möchten. Nur so geht, werden die Probleme und wird die Menge können wir reagieren, wenn sie schlimme Erfah- der Fragen immer größer. Dazu kommt noch, dass rungen mit Missbrauch gemacht haben, und weite- keiner der Missbrauchten mit dem Offenlegen sol- re Übergriffe verhindern. cher ungeheuerlicher Tatsachen der Erste sein Wenn wir heute in diesem Haus auch über Präven- will. tion reden, dann geht es primär um die denkbaren und potenziellen Täter und damit um das Verhin- Zusätzlich sind die Scham der Betroffenen zu be- dern solcher scheußlichen Verbrechen. achten, weil viele die Schuld bei sich selbst su- chen, und die verständliche Zurückhaltung der Das Präventionsprojekt „Dunkelfeld“ der Berliner Opfer, wenn zu hören ist, dass diese Menschen Charité - wir haben es eben gehört - ist in diesem oftmals nicht einmal in ihrer eigenen Familie einen Zusammenhang ein sehr interessanter und viel- Rückhalt finden. Zudem werden sie noch häufig versprechender Ansatz. Im Rahmen dieses For-

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schungsprojekts zur Prävention vor sexuellem Kin- Ich finde aber, dass Zurückhaltung an dieser Stelle desmissbrauch im Dunkelfeld finden seit Juni 2005 absolut fehl am Platze ist. solche Männer therapeutische Unterstützung, die (Beifall bei den GRÜNEN) auf Kinder gerichtete sexuelle Phantasien haben, aber keine Übergriffe begehen wollen, die also Das Projekt gibt es seit 2005. Die derzeitige Jus- sozusagen Angst vor sich selbst haben. tizministerin, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, lobt dieses Projekt bei jeder Gelegenheit. Dieses Das übergeordnete Ziel dieses Projekts ist die Projekt wird aus ihrem Ressort mitfinanziert. Be- Senkung der Häufigkeit sexueller Übergriffe auf reits im Oktober 2008 hat Frau Zypries die Länder Kinder durch die Etablierung qualifizierter, präven- aufgefordert, dieses Projekt auch in den Ländern tiver ambulanter Therapieangebote für potenzielle umzusetzen. Die Charité sagt: Das wäre für uns und reale Dunkelfeldtäter. Ziel dieses Projekts ist keine Konkurrenz. Es gibt einen sehr großen Be- auch die Reduktion von Schwellenängsten der darf. Bitte macht vor Ort Angebote! Betroffenen bezüglich der Inanspruchnahme sol- cher Behandlungsmöglichkeiten. Ich finde, wir sollten nicht zu viel Zeit im Ausschuss verschwenden, indem wir Arbeitsgruppen und Ob und wie wir allerdings - wie im Antrag der Grü- runde Tische einrichten und ewig diskutieren. Es nen gefordert - auch in Niedersachsen ein solches gibt die Möglichkeit, hier ganz konkret zu helfen, Präventionsprojekt einrichten sollten, das bleibt und das sollten wir auch tun. natürlich noch zu diskutieren. Lassen Sie uns im Ausschuss auch über die Möglichkeiten nachden- (Beifall bei den GRÜNEN und bei der ken, die uns zur Verfügung stehen, um gegen se- SPD) xuellen Missbrauch von Kindern vorzugehen. Vizepräsident Dieter Möhrmann: Sie haben vorhin davon gesprochen, dass sich 800 Männer gemeldet haben. Das ist schon einmal Frau Prüssner, möchten Sie erwidern? - Nein. - ein großer Erfolg. Über den Erfolg der Therapie Nächster Redner ist Herr Riese von der FDP- wissen wir aber noch sehr wenig. Seit dem Som- Fraktion. mer 2009 liegen die Ergebnisse der Charité vor. Auch darin wird aufgezeigt, dass es schwer nach- Roland Riese (FDP): zuweisen ist, ob diese Therapien tatsächlich Erfolg Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- haben. Lassen Sie uns im Ausschuss noch einmal ren! Der Antrag der Grünen - ich sage es gleich - darüber diskutieren! enthält viel Gutes. Es gibt einen Beschluss des diesjährigen Landesparteitags der FDP, der etwas Wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Vielmehr Ähnliches fordert, nämlich dass wir zu solchen sollten wir von anderen lernen, deren Wissen und Beratungsstellen kommen. Erfahrungen nutzen und bei diesem europäischen und weltweiten Problem ein hohes Maß an Zu- Gleichwohl geht es nicht ganz so flott, wie es Frau sammenarbeit anstreben; denn der Schutz jedes Staudte vorgetragen hat, schon allein deshalb, weil Kindes - darin sind wir uns alle einig -, das wir hier sie - wie das so manchmal geschieht, wenn das bei uns oder sonst irgendwo auf der Welt vor sol- Herz überfließt - ein nicht so ganz gutes Verhältnis chen Übergriffen und Verbrechen schützen, ist ein zu Zahlen hat. großer Erfolg. Verehrte Frau Staudte, wenn es stimmt, dass wir Vielen Dank. an eine Gruppe von 20 000 Männern in Nieder- sachsen denken müssen, die unter Umständen (Beifall bei der CDU und bei der FDP) eine Zielgruppe darstellt, dann kommen wir mit den 80 000 Euro, die Sie im Rahmen der Haushaltsbe- Vizepräsident Dieter Möhrmann: ratungen im Dezember vergangenen Jahres bean- Frau Staudte hat den Wunsch geäußert, eine Kurz- tragt haben, nicht besonders weit. Diese Mittel intervention zu machen. Frau Staudte, bitte! würden gerade einmal dazu reichen, jedem dieser Männer - wenn man denn weiß, um welche Män- Miriam Staudte (GRÜNE): ner es sich handelt - eine Postkarte zu schreiben. Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Prüssner, ich Damit kommen wir inhaltlich natürlich nicht weiter. begrüße es, dass Sie dem Projekt offen gegen- (Unruhe) überstehen.

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Vizepräsident Dieter Möhrmann: Menschen eine Frau namens Hildegard am Herr Riese, vielleicht warten Sie einen Moment. - 25. April 2010. Wenn man auf diesen Seiten wei- Meine Damen und Herren, ich bitte alle Kollegin- terliest, werden einem die Seele und das Herz nen und Kollegen, Herrn Riese zuzuhören. Ich schwer. Dabei haben sich in mir zwei unterschied- finde, das ist ein Thema, das alle angeht. - Herr liche Gefühle aufgebaut: tiefes Mitgefühl für die Riese, bitte! Opfer und Unverständnis und Wut auf die Täter. Dem Schutz der Opfer gehört die oberste Priorität, Roland Riese (FDP): meine sehr verehrten Damen und Herren. Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und (Beifall) Herren, wir müssen erst einmal herausfinden, wel- Besonders wichtig ist der Schutz von Kindern; chen Sach- und Fachverstand wir im Land Nieder- denn sie werden in den überwiegenden Fällen zu sachsen überhaupt schon haben. Es geht nicht diesen Opfern. Zum Schutz gehört eine gute und darum, das Rad neu zu erfinden. Vielmehr geht es intensive Präventionsarbeit für potenzielle Opfer - darum, die Kenntnisse und die Fähigkeiten, die in Kinder-stark-machen-Programme - und für poten- Berlin entwickelt worden sind, uns dienstbar zu zielle Täter. machen. Wir müssen in Ruhe miteinander erörtern, ob zusätzliche Kräfte erforderlich sind oder ob die Die von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Therapeuten, Behandler und Betreuer präventiv ihrem Antrag geforderte Präventionsarbeit wird von tätig werden können, die bereits jetzt mit denen uns grenzenlos unterstützt. arbeiten, die wir jetzt schon als Täter identifizieren (Zustimmung bei den GRÜNEN) können, weil sie straffällig geworden sind. Ich möchte zuerst auf den zweiten Punkt des An- Kein Zweifel kann daran bestehen - das haben die trags eingehen. Es geht dort um die Sicherstellung beiden Vorrednerinnen bereits ausgeführt -, dass von Beratungseinrichtungen. Wir haben in Nieder- eine Prävention, die Straftaten im Vorhinein ver- sachsen Beratungsstellen, aber es sind zu wenige. hindert, sehr begrüßenswert ist. In der Unterrich- Die bereits vorhandenen Beratungsstellen sind mit tung, die im Juni 2009 im Fachausschuss des der Vielfältigkeit der Aufgaben in den Bereichen Landtags stattgefunden hat, ist deutlich geworden, Opferberatung und Begleitung sowie in dem gro- dass man sich auch sehr schnell im Bereich des ßen Feld der Prävention wirklich überfordert. Justizressorts befinden könnte, wenn man die Überschrift „Prävention“ wählt. Dessen Kenntnisse Nehmen wir beispielsweise die Beratungsstelle in müssen wir in die Beratung also auf jeden Fall meinem Landkreis! Im Landkreis Stade gibt es von einbeziehen. der AWO eine Beratungsstelle mit dem Namen Lichtblick. Diese Beratungsstelle muss Jahr für Wir werden das Thema sehr offen und so konzis, Jahr um ihren Fortbestand bangen. Diese Stelle wie es die Fülle der Aspekte zulässt, in den Frakti- wird nämlich nur zum Teil vom Land unterstützt, onen erörtern. Ich bin der Ansicht, dass wir zu und das Geld reicht angesichts der Vielfalt der einer Lösung kommen müssen, sage aber auch Aufgaben nicht aus. sehr deutlich: Was bereits an Kenntnissen und Jede Kommune in meinem Landkreis wird jedes Fähigkeiten in Niedersachsen vorhanden ist, muss Jahr um finanzielle Unterstützung gebeten. Über identifiziert und dieser wichtigen Aufgabe geöffnet die desolate Finanzlage der Kommunen muss ich werden. an dieser Stelle wohl nicht sprechen. Aber wenn Danke schön. die Landesregierung die Opfer nicht alleinlassen will und unsere Kinder nicht zu Opfern werden (Beifall bei der FDP und bei der CDU) lassen möchte, dann ist auch an dieser Stelle ein schnelles Handeln angebracht. Vizepräsident Dieter Möhrmann: Meine Damen und Herren, für die Fraktion der (Beifall bei der SPD und bei den SPD spricht nun Frau Tiemann. Bitte! GRÜNEN) An dieser Stelle möchte ich noch auf einen weite- Petra Tiemann (SPD): ren Punkt, der unbedingt in die Beratungen einflie- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und ßen sollte, eingehen: auf die Versorgung der Op- Herren! „Denn man stirbt daran jahrzehntelang.“ fer. Das schrieb im Netzwerk für sexuell missbrauchte

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Aus Erfahrungsberichten der Beratungsstellen und unterstützen. Das sind wir als Gesellschaft den der Betroffenen wird sehr deutlich, dass es hier Opfern schuldig, meine Damen und Herren. auch noch mehr Verbesserungen geben muss. Die Vielen Dank. genehmigten Behandlungszeiten sind für viele Betroffene viel zu kurz, die Fachkliniken sind über- (Lebhafter Beifall bei der SPD, bei belegt, und es herrscht eine Wartezeit, die Monate den GRÜNEN und bei der LINKEN) überschreitet. Vizepräsident Dieter Möhrmann: Gleichzeitig wird in den Beratungsstellen noch deutlicher gemacht, dass der Begleitungszeitraum Meine Damen und Herren, nächster Redner ist für die Opfer schnell verändert werden muss. Ge- Herr Humke-Focks von der Fraktion DIE LINKE. rade die Begleitung der Opfer - sei es zur Polizei, sei es zu therapeutischen Einrichtungen - ist ein Patrick-Marc Humke-Focks (LINKE): sehr wichtiges Element der Betreuung. Aber den Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beratungsstellen fehlt Personal, weil einfach zu Wir finden es ausgesprochen gut und wichtig, dass wenig Geld zur Verfügung steht. Beratungsstellen die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dieses sensib- dürfen nicht zu Bittstellern werden, meine Damen le Thema angesprochen hat und dass wir es weit- und Herren. gehend schaffen, ruhige und vernünftige Redebei- träge dazu zu leisten, die hoffentlich dazu führen (Beifall bei der SPD und Zustimmung werden, dass wir entsprechend tätig werden kön- bei den GRÜNEN) nen. Denn zwischen uns sollte unstrittig sein, dass Nun zu Punkt I, zu dem Präventionsprojekt Dunkel- der beste politische Umgang mit sexuellem Miss- feld. In diesem Programm geht es darum - ich brauch von Kindern eine erfolgreiche Präventions- glaube, das wurde von den Vorrednerinnen und arbeit ist, die sich natürlich vorrangig an die Opfer Vorrednern schon deutlich gemacht -, potenziellen richten muss. Das ist, denke ich, wichtig. Tätern, die befürchten, die Kontrolle über ihre Im- Wir müssen die Kinder früh dazu erziehen, ein pulse zu verlieren, therapeutisch zu helfen. Die Nein und eine deutliche Abwehrhaltung auf verbale Aussage von Professor Dr. Dr. Beier, des Projekt- und körperliche Grenzüberschreitungen zu habitu- leiters, dass sich auch Männer aus Niedersachsen alisieren. Das kann die Kinder leider nicht vollstän- gemeldet haben, muss - muss! - Grund genug dig gegen jeglichen Übergriff, gegen jeglichen sein, hier in Niedersachsen dieses Projekt etablie- Missbrauch schützen, keine Frage. Aber es ist ein ren zu wollen. zentraler Punkt in der üblichen Konstellation des Die klinischen Erfahrungen der forensischen Se- Kindesmissbrauchs. Es ist daher absolut bedauer- xualmedizin zeigen, dass rechtskräftig verurteilte lich, dass diesbezügliche pädagogische Projekte in Sexualtäter für therapeutische Angebote schwerer Kindergärten und Schulen bisher nur unzureichend zugänglich sind. Weiter gehen die Experten davon gefördert werden und soziale Akteure wie z. B. aus, dass sich weder die Nachfrage noch der vo- Mädchenprojekte chronisch unterfinanziert sind. rausgegangene sexuelle Missbrauch über diese Neben der präventiven Arbeit mit den potenziellen Maßnahme eindämmen lässt. Umso wichtiger, Opfern müssen wir auch einen Blick auf die poten- meine Damen und Herren, wird die Unterstützung ziellen Täter richten. Das wurde schon mehrfach dieses Präventionsansatzes, der sich an selbst gesagt. Das Charité-Projekt Dunkelfeld richtet sich motivierte, an Hilfe suchende Männer wendet. Es dabei an drei verschiedene Gruppen von Män- ergänzt die Möglichkeit - so die Fachleute - auf nern - ich möchte das hier wiederholen -: erstens Reduktion der Nachfrage nach Kinderpornografie, an Männer, die bisher weder sexuellen Missbrauch und gleichzeitig senkt der Ansatz die Wahrschein- noch Kinderpornografiedelikte begangen haben, lichkeit, dass betroffene pädophile Männer Kinder aber sich selbst davor fürchten, Kinderpornografie selbst missbrauchen, da hier darauf abgezielt wird, zu nutzen, zweitens an Männer, die noch nie se- dass diese Männer die Verhaltenskontrolle über xuellen Missbrauch begangen haben, aber bereits ihre Impulse lernen oder sie medikamentös zu im sogenannten Dunkelfeld Kinderpornografie unterdrücken. genutzt haben und befürchten, dies weiter zu tun, Gerade vor dem Hintergrund der vielen, vielen drittens an Männer, die Kinderpornografie im Hell- Missbrauchsfälle darf es doch gar keinen Zweifel feld genutzt haben und einen Rückfall befürchten. geben, dass es gesellschaftlicher Anstrengungen Wir sehen hier ein fraglos sehr schwieriges Ar- bedarf, um jedes Erfolg versprechende Projekt zu beitsfeld. Es kann tatsächlich nur niedrigschwellig

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funktionieren. Gleichzeitig darf es keineswegs den Ich eröffne die Beratung und gebe Herrn Briese Anstrich eines Täterschutzes bekommen. Aber von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. „schwierig“ heißt eben nicht „falsch“. Das müssen Bitte! wir uns in diesem Zusammenhang immer wieder vor Augen führen. Ralf Briese (GRÜNE):

(Beifall bei der LINKEN sowie Zu- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und stimmung bei der SPD und bei den Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glau- GRÜNEN) be, in dieser Landtagssitzung ist deutlich gewor- den - es ist eigentlich schon in den letzten Monten Wenn ein solches Projekt verantwortungsvoll und deutlich geworden -: Unsere Kommunen befinden mit hoher Fachkompetenz umgesetzt wird, kann es sich in einer tiefgreifenden finanziellen Krise. Un- einen gewichtigen Beitrag zum Schutz von Kindern seren Städten und Gemeinden, jedenfalls sehr leisten, auf den wir nicht verzichten können. In vielen Städten und Gemeinden, geht es nicht nur diesem Fall habe ich die hoffentlich begründete schlecht, sondern richtig schlecht. Viele unserer Hoffnung an die CDU, dass wir uns dieses Projekt Kommunen und Gemeinden sind nicht nur ver- in Berlin wirklich einmal genauer anschauen und schuldet, sondern sogar überschuldet. Es gibt dann von diesen Erfahrungen lernen mögen. Wir schlicht und ergreifend fast nichts mehr zu ent- brauchen auch an diesem Punkt das Rad in der scheiden, keine freiwilligen Leistungen mehr. Wir Tat nicht neu zu erfinden; denn wir können in die- hangeln uns von einem Kassenkredit zum nächs- sem Fall für Niedersachsen lernen. Das ist meine ten Haushaltssicherungskonzept. Hoffnung, mit der ich meinen Redebeitrag schlie- ßen möchte, nämlich dass wir uns dieses Projekt In diesen Zeiten macht es schlicht und ergreifend wirklich genauer anschauen. 80 000 Euro An- keinen echten Spaß mehr, das bürgerliche Ehren- schubfinanzierung wären ein erster Schritt. amt auszuführen. Kommunalpolitik ist eine wirklich sehr schwierige Aufgabe geworden. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Zustimmung bei den GRÜNEN und (Beifall bei der LINKEN und bei den bei den LINKEN - Helge Limburg GRÜNEN sowie Zustimmung bei der [GRÜNE]: Wo ist der Kommunalminis- SPD) ter?) Auch in diesem Landtag reden wir immer wieder Vizepräsident Dieter Möhrmann: von dem großen Megathema Bildung. Wir sagen: Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen Bildung ist die zentrale Herausforderung für unsere liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Zukunft; sie sichert unsere Zukunft und ist die ent- scheidende Antwort auf die Frage nach Chancen- Wir kommen zur Ausschussüberweisung. gerechtigkeit. Der Ältestenrat hat empfohlen, federführend den (Vizepräsident Hans-Werner Schwarz Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Ge- übernimmt den Vorsitz) sundheit und mitberatend den Ausschuss für Haushalt und Finanzen mit diesem Thema zu be- Aber warum statten wir unsere Kommunen dann schäftigen. Wer das so beschließen möchte, den nicht finanziell vernünftig, angemessen, adäquat bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - aus, damit sie den Krippenausbau schnell voran- Keine Gegenstimmen. - Enthaltungen? - Auch bringen können, der ein wichtiger Baustein in der keine. Dann ist es so beschlossen. Bildungslandschaft ist?

Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesord- (Minister Uwe Schünemann betritt den nungspunkt 38, den letzten Punkt für heute, auf: Plenarsaal) Insbesondere Herrn Schünemann möchte ich bei dieser Frage noch einmal ansprechen. Er ist der Erste Beratung: amtierende, verantwortliche Kommunalminister. Kommunalverfassungsrecht demokratisieren - Kommunalfinanzen reformieren - Antrag der Herr Schünemann, Sie reden sehr gerne von dem Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2417 Thema Prävention. Prävention ist Ihnen sehr wich- tig. Wir haben vor Kurzem mit einem Kriminaldirek- tor des Bundesinnenministeriums gesprochen.

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Wissen Sie, was der Ihnen antwortet, wenn Sie mit Aber was hilft eine Gemeindefinanzreform, die ihm über Kriminalprävention reden? - Er sagt, die vielleicht die Gewerbesteuer verstetigt oder nach- entscheidende, langfristige, wichtige Aufgabe für haltig reformiert, wenn die Kommunen auf anderen echte Kriminalprävention ist die Primärprävention, steuerpolitischen Ebenen zu weiteren Kürzungen ist der Ausbau der Bildungsinfrastruktur im früh- herangezogen werden? - Damit ist nichts gewon- kindlichen Bereich. Dazu habe ich von Ihnen noch nen. nie etwas gehört. Deswegen muss die zweite Aussage sein: Wir (Astrid Vockert [CDU]: Das hat er können uns momentan in dieser Finanzlage, in der schon immer gesagt! Da war er noch der Bund, die Länder und die Kommunen drama- innenpolitischer Sprecher! Sie haben tisch überschuldet sind, keine steuerpolitischen vielleicht eine Ahnung! Da waren Sie Beschlüsse auf Bundesebene leisten, die wieder- noch nicht im Landtag! - Heinz Rolfes um zulasten der Kommunen gehen. [CDU]: Nur weil du es nicht mitbe- kommen hast!) Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Ihrem Gesetzentwurf zum Kommunalverfassungsrecht ist Sie pflastern Kommunen lieber mit Videokameras auch kein großer kommunalpolitischer Aufbruch zu zu. Sorgen Sie einmal dafür, dass die Kommunen entdecken. Die Kommunalfinanzen und das Ver- den Krippenausbau schnell und zügig voranbrin- fassungsrecht sind natürlich unmittelbar miteinan- gen können! Dann haben wir eine echte und funk- der verkoppelt. Deswegen haben wir beide Punkte tionierende Kriminalprävention. in einen Antrag geschrieben. (Beifall bei den GRÜNEN) In der Öffentlichkeit ist Ihre kleine böse Attacke Meine sehr verehrten Damen und Herren, weil gegen die kleineren Mitbewerber, die Stichwahl momentan auf Bundesebene die entsprechende abzuschaffen, schon sehr kontrovers diskutiert Arbeitsgruppe zur Gemeindefinanzreform tagt, worden. Das ist ein demokratischer Affront gegen muss von diesem Landtag heute das Signal aus- diese politischen Mitbewerber. gehen: Ja, wir müssen uns über die Kommunalfi- nanzen unterhalten, und wir müssen ein deutliches (Beifall bei den GRÜNEN und bei der Signal aussenden. Wir wollen die Beibehaltung LINKEN - Heinz Rolfes [CDU]: Mein und auch eine Verstetigung und Verbreiterung der Gott! Die Gesetzesberatung kommt Gewerbesteuer, weil das alle Kommunen, alle noch!) Städte und Gemeinden fordern. - Genau, die Gesetzesberatung kommt noch, Herr (Zustimmung von Dr. Manfred Sohn Rolfes. Aber es steht doch im Entwurf. Deswegen [LINKE]) muss man sich auch frühzeitig in dieser Frage positionieren. Das ist die zentrale Forderung der Städte und Ge- meinden. Wir wollen eine Verbreiterung der Be- (Heinz Rolfes [CDU]: Das ist nichts messungsgrundlage bei der Gewerbesteuer. Wir anderes als Show!) wollen keine Alternativkonzepte, auch keine auf- kommensneutralen Alternativkonzepte, sondern - Das wird auch in Ihrer Partei sehr kontrovers wir wollen eine Revitalisierung der Gewerbesteuer. diskutiert. Das weiß ich sehr wohl. (Beifall bei den GRÜNEN) Wir sagen klar und deutlich aus grüner Sicht: Wir wollen die Stichwahl beibehalten. Es ist überhaupt Interessant war es, gestern bei der Behandlung nicht nachvollziehbar, dass ein Bewerber schon im der Dringlichen Anfrage zu hören, dass Sie gesagt ersten Wahlgang mit einer relativen Mehrheit von haben: Momentan tagt man zur Gemeindefinanzre- vielleicht 20 % oder 25 % gewählt werden kann, form, und das, was am Ende dabei herauskommt, wenn also 75 % dagegen waren. Jemand kann muss auf jeden Fall aufkommensneutral sein. also mit 25 % für acht Jahre zum Bürgermeister Als ich gefragt habe, ob Sie weitere Steuersen- gewählt werden. Das ist überhaupt nicht demokra- kungen im Bundesrat, die zulasten der Kommunen tisch und findet in keiner Weise unsere Zustim- gehen, verhindern werden, haben Sie gesagt: Das mung. wissen wir nicht genau, dazu ist die letzte Messe noch nicht gelesen. (Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

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In diesem Entwurf zum Kommunalverfassungs- Abschließend: Wir brauchen vernünftige Finanzen recht vermisse ich auch weitere Aufbruchssignale. für unsere Kommunen und ein neues demokrati- Es wird Sie nicht verwundern, dass Grüne immer sches Kommunalverfassungsrecht. wieder dafür streiten werden, dass Niedersachsen Vielen Dank. endlich einen reformierten Bürgerentscheid be- kommt. (Beifall bei den GRÜNEN und bei der (Glocke des Präsidenten) LINKEN)

Das ist eine zentrale Forderung vieler Bürger- Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: rechtsorganisationen, von Mehr Demokratie e. V., Nächste Rednerin ist Frau Modder von der SPD- aber auch von vielen anderen. Wir wollen endlich Fraktion. Bitte schön, Frau Modder! einen vernünftigen Bürgerentscheid im Kommunal- verfassungsrecht, damit die Leute in diesem Lande Johanne Modder (SPD): auch bei entscheidenden kommunalpolitischen Fragen endlich substanziell mitarbeiten können. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen greift (Beifall bei den GRÜNEN) zwei zentrale Themen in der aktuellen Innenpolitik Ein weiterer wichtiger Punkt: Wir brauchen eine auf. Gleich beide Themen - das neue Kommunal- Reform des kommunalen Wirtschaftsrechts, also verfassungsgesetz und die Reform der Kommunal- eine Änderung des § 108 NGO. Darüber ärgern finanzen - in einem Antrag abhandeln zu wollen, sich die Kommunen sehr stark. Wenn sie das ent- halte ich allerdings für nicht zielführend und sach- sprechende Geld vom Bund und von den Ländern gerecht. nicht bekommen, dann müssten die Kommunen (Zustimmung bei der SPD - Heinz zumindest die Möglichkeit haben, entsprechende Rolfes [CDU]: Stimmt! Das ist richtig! Erträge selber zu erwirtschaften. Das ist ganz zent- Das ist nur ein Rundumschlag!) ral. Aber mit dem Privatisierungsvorbehalt in § 108 NGO haben Sie es den Gemeinden sehr schwer Der Entwurf eines Niedersächsischen Kommunal- gemacht, eigene Einnahmen zu erwirtschaften. Wir verfassungsgesetzes, also die Zusammenfassung brauchen dringend eine Änderung des entspre- von NGO, NLO, Göttingen-Gesetz und Regionsge- chenden Paragrafen, damit die Kommunen in die- setz, befindet sich in der Verbandsanhörung und ser schwierigen Krise zumindest eigene Mittel wird, denke ich, im Juniplenum ins Parlament ein- erwirtschaften können. gebracht, sodass wir umfassend und gründlich beraten können und wohl auch eine große Anhö- (Beifall bei den GRÜNEN - Glocke rung durchführen werden. des Präsidenten) Meine Damen und Herren, am Anfang stand ledig- Die Verlängerung der Amtszeit des Hauptverwal- lich ein einheitliches Kommunalgesetzbuch auf der tungsbeamten fände unsere Zustimmung. Konse- Tagesordnung, also lediglich das Zusammenfas- quenterweise wollen wir aber auch eine Herabset- sen ohne inhaltliche Änderungen. Dieses Ansinnen zung des Mindestalters. Wenn jemand bereits mit hat der Herr Innenminister sehr schnell aufgeben 18 Jahren einen Ministerposten bekleiden kann, müssen, weil er landesweit auf Ablehnung gesto- ein Bürgermeister aber ein Mindestalter einbringen ßen ist, auch bei den kommunalen Spitzenverbän- muss, ist das ein großer Wertungswiderspruch. den. Dann aber wurden ein paar inhaltliche Ände- Das ist nicht logisch und nicht nachvollziehbar. rungen eingebracht - ein zugegebenermaßen ge- Machen Sie es also konsequent: Heraufsetzung schickter Schachzug - und unter der Überschrift der Amtszeit, aber dann auch eine konsequente „Stärkung des Ehrenamtes“ vermarktet. Wenn man Herabsetzung der Altersgrenze. sich aber die zehn Punkte zur Stärkung der ehren- amtlichen Mitwirkung etwas genauer ansieht, Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: kommt man sehr schnell zu dem Ergebnis, dass Herr Briese, Sie müssen zum Schluss kommen. dort eigentlich nur weiße Salbe verteilt wurde.

Ralf Briese (GRÜNE): (Beifall bei der SPD und bei der LIN- Für Weiteres fehlt mir jetzt die Zeit. Das werden wir KEN) im Ausschuss beraten. Aber wer von uns würde so kurz vor der Kommu- nalwahl die Stärkung des Ehrenamtes ablehnen

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wollen? - Ich bin mir allerdings sehr sicher, dass Meine Damen und Herren, ich will an dieser Stelle wir besonders in diesem Bereich noch etliche Än- für meine Fraktion sehr deutlich herausstellen, derungsvorschläge bekommen werden. dass eine Abschaffung der Stichwahl mit uns nicht zu machen ist. Aber wenn man das unbedingt Meine Damen und Herren, die im vorliegenden diskutieren will, dann muss man auch über die Antrag von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Amtszeit der Hauptverwaltungsbeamten sprechen. aufgeführten Punkte zur Änderung der Kommunal- Für uns ist das Amt des Bürgermeisters oder der verfassung geben sicherlich Diskussionsstoff für Bürgermeisterin, der Landrätin oder des Landrates eine spannende und interessante Auseinanderset- und des Oberbürgermeisters immer noch ein sehr zung nicht nur hier im Parlament, sondern auch in herausgehobenes Amt, das nach unserer Auffas- der gesamten kommunalen Familie. sung einer starken demokratischen Legitimation Kurz vor der Freigabe zur Verbandsanhörung gab bedarf und nicht auf Zufallsergebnissen oder gar es allerdings noch zwei Änderungen, die es in sich taktischen Spielchen fußen darf. haben und die jetzt in der kommunalen Familie für Ich persönlich halte im Übrigen die Entkoppelung ziemlich große Unruhe sorgen. Das ist zum einen der Amtszeit der Hauptverwaltungsbeamten von die Abschaffung der Stichwahl und zum anderen der Wahlperiode der kommunalen Vertretungskör- der Wegfall der Altersgrenze für die Hauptverwal- perschaften für einen gravierenden Fehler, der tungsbeamten. dringend korrigiert werden müsste. (Heinz Rolfes [CDU]: Dann lassen Sie (Beifall bei der SPD und bei den uns doch diskutieren!) GRÜNEN) Warum so kurz vor Toresschluss noch zwei so Ich glaube, an dieser Stelle werden wir sehr inte- gravierende Änderungen eingebracht wurden, er- ressante und spannende Diskussionen im Fach- schließt sich mir nicht. ausschuss haben. (Wolfgang Jüttner [SPD]: Uns auch nicht!) Meine Damen und Herren, an dem vorliegenden Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Wie mir aus der CDU-Fraktion berichtet wurde, soll dem dort formulierten Forderungskatalog wird von Ihrem kommunalpolitischen Sprecher, dem schon sehr deutlich, dass wir mit der Neufassung Kollegen Bernd-Carsten Hiebing, in einer der letz- der Kommunalverfassung wieder vieles zur Dis- ten Fraktionssitzungen eine flammende Rede ge- kussion stellen. Wie bereits erwähnt, halte ich den gen die Eingleisigkeit gehalten worden sein, die zweiten Schwerpunkt Ihres Antrages, die Reform mit großem Applaus bedacht wurde. der Kommunalfinanzen, nicht wirklich für ange- (Heinz Rolfes [CDU]: Das ist aber ei- messen behandelbar. Ich bitte wirklich ernsthaft zu ne Fehlinformation! - Bernd-Carsten prüfen, ob wir daraus nicht einen gesonderten Hiebing [CDU]: Das stimmt gar nicht!) Antrag machen sollten, in den auch wir unsere Forderungen, z. B. zum Rettungsschirm für Kom- - Aus der Fraktion wird vieles berichtet. munen, mit einbringen können. Ich denke dabei (Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: auch an die Forderung an den Bund nach Erhö- Ihr seid dem auf den Leim gegangen!) hung der Beteiligung an den Kosten für Unterkunft oder vielleicht sogar auch an eine Finanztransakti- Dass es in unserem Land ein natürliches Span- onssteuer. nungsfeld zwischen unseren Eingleisern, den Hauptverwaltungsbeamten, und den Ehrenamtli- (Beifall bei der SPD und bei den chen gibt, will wohl niemand hier bestreiten. Jeder GRÜNEN - Zurufe) hat so seine Erfahrungen gemacht. Wenn der Ge- - Wir können das ja einmal diskutieren. Erhöhung setzentwurf jetzt allerdings das Aufheben der Al- der Steuerverbundquote - die Hoffnung, dass das tersgrenze und die Abschaffung der Stichwahl Land hier etwas für die Kommunen tut, habe ich vorsieht, ist das zumindest aus meiner Sicht ein schon längst aufgegeben. Spannend sind natürlich bisschen verkehrte Welt. Entweder scheint die die Fragen: Wie wird das Land Niedersachsen sich CDU-Fraktion wieder einmal nicht beteiligt worden in dieser Gemeindefinanzkommission aufstellen? zu sein, oder Sie sind als Tiger gestartet und als Wie wird sich Niedersachsen einbringen? Bettvorleger gelandet. Für meine Fraktion ist klar, dass unsere Kommu- (Beifall bei der SPD) nen Hilfe brauchen, dass aufgrund der katastro-

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phalen Finanzsituation der Kommunen und auch Jetzt will ich Ihnen aber noch etwas zu einem an- des Landes überhaupt kein Platz für Steuersen- deren Punkt sagen, der in dem Antrag der Grünen kungen mehr ist nicht angesprochen worden ist, der aber in der alten Kommunalverfassung enthalten ist und in der (Zustimmung von Heiner Bartling [SPD]) neuen offenbar nicht geändert werden soll. Man ist und dass der so viel umworbene Zukunftsvertrag, ja der Meinung, dass der Rat eigentlich die Mehr- Herr Minister, auch wohl nur punktuell für einige heitsverhältnisse widerspiegeln sollte, die die Be- wenige Kommunen wirklich Entlastung bringen völkerung bei Wahlen zum Ausdruck gebracht hat. wird. Das ist aber nicht der Fall, weil das Wahlergebnis durch das zusätzliche Stimmrecht des Hauptver- Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen waltungsbeamten verzerrt wird, wodurch es zu umfasst also zwei sehr komplexe Themenfelder, einer gravierenden Änderung der Mehrheitsver- die nicht so einfach nebenbei behandelt werden hältnisse kommen kann. sollten, sondern sehr sorgfältig und gründlich ab- gearbeitet werden müssen. Da allerdings der Ge- Dazu will ich Ihnen etwas aus Oldenburg erzählen. setzentwurf zur Kommunalverfassung noch ins Wir hatten in Oldenburg einen Oberbürgermeister Haus steht, schlage ich vor, den Antrag da wirklich Dr. Poeschel von der CDU, gründlich und ernsthaft zu beraten. (Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Schon Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. schlecht!)

(Beifall bei der SPD) einen Verfassungsjuristen mit preußischer Mentali- tät. Der hatte immerhin die Größe, als Oberbür- Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: germeister von diesem Recht einfach keinen Herr Adler für die Fraktion DIE LINKE hat das Gebrauch zu machen, weil er dieses Recht auch Wort. für undemokratisch hielt. Nachfolger war ein Ober- bürgermeister Schütz von der SPD. Der hat hem- Hans-Henning Adler (LINKE): mungslos von diesem Recht Gebrauch gemacht, weil es auf seine Stimme ankam. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind dafür, die Wahlperiode des (Klaus Rickert [FDP]: Das stimmt so Hauptverwaltungsbeamten auf fünf Jahre zu be- nicht, Herr Adler!) grenzen und mit der Wahl des Rates zu synchroni- sieren. Selbstverständlich sind wir gegen die Mit seiner Stimme wurde das in Oldenburg höchst Stichwahl. Sie ist undemokratisch. Herr Schüne- umstrittene ECE-Bauvorhaben durchgesetzt, was mann, etwas anderes kann man dazu nicht sagen. ihn allerdings bei der folgenden Wahl den Kopf gekostet hat. Jetzt haben wir einen Oberbürger- (Beifall bei der LINKEN - Klaus Ri- meister Dr. Schwandner, der auch von diesem ckert [FDP]: Was jetzt?) verfassungsrechtlich so umstrittenen Stimmrecht Gebrauch macht. - Selbstverständlich sind wir gegen die Stichwahl, weil sie undemokratisch ist. (Klaus Rickert [FDP]: Das nutzt ihm aber nichts!) (Zuruf: Gegen die Abschaffung der Stichwahl!) Die Konstellation im Rat war am Anfang der Wahl- - Ja, gegen die Abschaffung der Stichwahl. Sie periode als Ergebnis der Wahl durch die Bevölke- wissen, was ich gemeint habe. rung so, dass SPD, FDP, eine Wählergemein- schaft und die Linken über eine Mehrheit verfüg- (Klaus Rickert [FDP]: Nicht ganz!) ten. Dieses Wahlergebnis wurde durch den Über- tritt eines Mitgliedes der Wählergemeinschaft zur Wir sind auch dafür, Bürgerantrag, Bürgerbegeh- CDU verfälscht, und auf einmal hatte der Oberbür- ren und Bürgerentscheid zu erleichtern und damit germeister die Funktion des Züngleins an der die direkte Demokratie zu stärken. Waage, und er hat davon natürlich Gebrauch ge- (Unruhe - Glocke des Präsidenten) macht. Insoweit besteht Übereinstimmung mit dem Antrag (Klaus Rickert [FDP]: Der ist nicht der Grünen. mehr bei der CDU!)

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Nun hat sich Folgendes ereignet: Dieser CDU-Ab- verlässliches Finanzaufkommen zu sichern. Aus geordnete Herr Zemke hat in einem innerparteili- einem Sünder wird aber kein Heiliger, nur weil er chen Streit ein CDU-Mitglied zusammengeschla- die Sünde vergisst. Es war die rot-grüne Bundes- gen und mit mehreren Faustschlägen zu Boden regierung, die die Gewerbesteuerumlage zulasten gestreckt. der Kommunen verschlechtert hat.

(Zurufe von der SPD und von den (Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Wo er GRÜNEN) recht hat, hat er recht!)

- Da sehen Sie einmal, welche Steigerung bei poli- Auf unsere Initiative hin wurde das rückgängig tischen Auseinandersetzungen möglich ist. Ich gemacht. Wir haben die Kommunalfinanzen da- denke an das, was sich gestern abgespielt hat. - durch wenigstens ein wenig wieder ins Lot bringen Aber das gibt es wohl nur innerhalb der CDU. können.

(Zustimmung bei der LINKEN) (Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weil dieser Vorfall in der Öffentlichkeit bekannt Ich sage das nur zur Erinnerung, weil es der Stil wurde, hatte er zur Folge, dass dieser CDU-Ab- von Herrn Briese ist, sich immer hier vorne hinzu- geordnete sein Mandat niederlegen musste. Da- stellen und uns allen etwas zu sagen, was dann durch haben sich die Mehrheitsverhältnisse wieder Maßstab für alle sein soll, nur weil er glaubt, im verschoben, sodass der Oberbürgermeister kein Besitz aller Weisheiten zu sein. Zünglein an der Waage mehr ist. (Zurufe von Ralf Briese [GRÜNE] und Ich erzähle Ihnen das nicht wegen dieser charakte- Helge Limburg [GRÜNE]) ristischen Auseinandersetzungsformen innerhalb einer Partei, Nur deshalb sage ich das noch einmal, das soll er wissen. (Wolfgang Jüttner [SPD]: Aber das war nicht schlecht!) Ich muss auch etwas zu Frau Modder sagen, die sondern weil ich damit zum Ausdruck bringen will, Aussagen von Bernd-Carsten Hiebing aus der dass die Mehrheitsverhältnisse in kommunalen Fraktionssitzung zitiert hat. Ich weiß nicht, welche Räten häufig sehr knapp sind und es deshalb dar- Wanze sie da angebracht hat, zumindest muss die auf ankommt, dass sich im Rat auch wirklich das Übertragungsleistung sehr schlecht gewesen sein. Wahlergebnis widerspiegelt, das bei den Wahlen Eine solche Diskussion hat es nicht gegeben. zum Ausdruck gekommen ist. Dieses Wahlergeb- Bernd-Carsten Hiebing hat in seinem Beitrag die nis sollte nicht durch das Sondervotum verzerrt gesamte Breite dargestellt, über die man beim werden. In einem demokratischen Staat ist es ei- Kommunalverfassungsrecht diskutieren kann. gentlich systemwidrig, und es sollte abgeschafft (Wolfgang Jüttner [SPD]: Wie tief und werden. wie breit?)

Danke schön. Das ist im Grunde ein Hinweis darauf, dass wir uns (Beifall bei der LINKEN) diese Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt sparen können, weil der Gesetzentwurf eingebracht und Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: dann in den Ausschüssen diskutiert wird. Nächster Redner ist Herr Rolfes von der CDU- (Unruhe) Fraktion. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte schön! Der Gesetzentwurf wird natürlich auch in Anhörun- (Unruhe) gen vorgestellt, sodass alle die Möglichkeit haben - Noch einen kleinen Moment, Herr Rolfes. Die werden, sich in die Beratungen einzubringen. Das Gemüter müssen sich noch ein bisschen beruhi- ist dann der richtige Zeitpunkt. gen. - Bitte schön, Herr Rolfes! Meine Damen und Herren, natürlich sieht dieser Gesetzentwurf neben der Zusammenfassung auch Heinz Rolfes (CDU): eine Reihe von Änderungen vor. Dann ist die Ge- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und legenheit, lieber Herr Briese, mit konkreten Ände- Herren! Lieber Herr Briese, natürlich muss alles rungsanträgen, möglichst aber nach der Anhörung, getan werden, um den Kommunen ein stetiges und ganz konkret auf die Gesetzgebung Einfluss zu

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nehmen. Das ist der ganz normale Ablauf einer nisoffene Prüfung vorsieht und festlegt, welche Gesetzesberatung. Aufgaben wie verteilt und strukturiert werden. Wenn wir das Problem nicht von der Ausgabensei- (Zuruf von Ralf Briese [GRÜNE]) te, sondern nur von der Einnahmeseite her ange- Wenn wir darüber diskutieren, ob man für die Ple- hen, werden wir es nicht zureichend lösen können. narsitzungen den Freitag noch braucht, wenn man Dieser Aspekt fehlt in Ihrem Antrag völlig. Den am Dienstagmittag anfängt, kann man im Sinne Trend, dass sich vor Ort immer weniger Menschen von Zeitökonomie auch feststellen: Diese Diskus- engagieren, können wir nur dann stoppen, wenn sion hätten wir uns sparen können. wir der kommunalen Ebene selbst wieder mehr Entscheidungsspielraum geben und auch Ent- (Zustimmung bei der FDP - Ursula scheidungsverantwortung übertragen. Helmhold [GRÜNE]: Darf man auch schon vorher mal sagen, was man Der zweite Punkt sind die kommunalen Finanz- will?) quellen, die im Antrag ebenfalls angesprochen Natürlich geht es uns um die Lebensfähigkeit und worden sind. Dies ist ein altes Thema. Es ist völlig die Leistungsfähigkeit der Kommunen. Sie bilden unstrittig, dass die Gewerbesteuer eine besonders die Grundlage für Nachhaltigkeit und Stabilität in konjunkturanfällige Steuerquelle der Gemeinden unserer freiheitlichen demokratischen Grundord- ist. Die Gewerbesteuer ist aber nicht erst jetzt Dis- nung. In einer Welt der Globalisierung, in einer kussionsgegenstand geworden, sondern schon vor Zeit, in der Bindungen aufgrund vielfältiger Ent- vielen, vielen Jahren. Die Verstetigung ist auch wicklungen eher schwächer werden und es vorherigen Regierungen nicht so leicht gefallen. schwierig erscheint, die Menschen zu erreichen, ist Einer Änderung und Auflösung der Gewerbesteuer es umso wichtiger, dass die kommunale Selbst- darf und kann man aber nur dann zustimmen, verwaltung, die Bindung der Bürger an die Ge- wenn die Gemeinden nicht noch weitere Ausfälle meinde, die Eigenverantwortung und die Gestal- zu beklagen haben, sondern finanziell besser und tungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger in gleichmäßiger ausgestattet werden. Kurz: Wenn in ihrer Gemeinde vital bleiben. diesen Diskussionen für die Kommunen eine bes- sere, verstetigte und verlässlichere Lösung he- Das Bundeskabinett hat am 24. Februar 2010 be- rauskommt, muss man darüber nachdenken; es schlossen, eine Kommission zur Erarbeitung von wäre sogar unvernünftig, dies nicht zu tun. Vorschlägen zur Neuordnung der Gemeindefinan- zierung einzuberufen. Darüber hinaus hat der In- Dabei muss allerdings eine ganze Reihe von Krite- nenminister einen Beraterkreis zur Erarbeitung rien eingehalten werden. Beispielhaft erwähnen eigener Vorschläge für eine Kommunalfinanzre- möchte ich das Anreizkriterium, welche Entwick- form eingerichtet. Beide Entscheidungen begrüßen lungen in einer Kommune man denn zulässt. Das wir ausdrücklich. Sie sind Beweis dafür, dass das ist ein ganz wichtiges Kriterium. Ein weiteres Krite- Thema ernst genommen und im politischen Be- rium im Zusammenhang mit der Einkommensteuer reich auch in aller Ausführlichkeit diskutiert wird. ist, dass die Gemeinden, die in einem Speckgürtel um eine Großstadt herum liegen und in denen Unser grundsätzlicher Ansatz ist, die Grundlage keine Industriebetriebe angesiedelt werden, plötz- der kommunalen Finanzen zu stärken. Gemeinsam lich zu den ganz Reichen gehören und diese durch sollten der Bund, die Länder und die Gemeinden den Wegfall der Gewerbesteuer nicht belohnt wer- überlegen, ob den Kommunen bei der Erfüllung den dürfen. Kurzum: Die Diskussion ist mit Sicher- ihrer Aufgaben nicht größerer Gestaltungs- und heit noch lange nicht am Ende. Wenn wir die Ver- Entscheidungsspielraum gegeben werden kann. stetigung der Einnahmen mit mehr Entscheidungs- Die entscheidende Frage ist, ob wir die Leistungs- spielräumen für die Kommunen hinsichtlich der standards in Bezug auf die Ausgabenseite bun- Ausgaben verbinden, dann erfüllen wir unsere deseinheitlich durch Vorgaben absichern müssen Aufgabe und stärken die kommunale Selbstverwal- oder ob wir uns zu mehr Eigenverantwortung, Re- tung. Dazu lade ich alle ein. In die Beratung des gionalisierung und Wettbewerb unter den Kommu- Kommunalgesetzbuches, aber auch in die Diskus- nen bekennen können. Aus meiner Sicht ist die sionen über die Ergebnisse der Arbeitsgruppen zweite Variante die bessere. Genau dafür müssen über die Verstetigung der Kommunalfinanzen brin- diese Arbeitsgruppen Vorschläge unterbreiten. gen wir uns ein. Das aber setzt voraus, dass wir es Im Übrigen ist dies auch der Ansatz des Zukunfts- uns nicht so einfach machen und nur mit dem Fin- vertrages für starke Kommunen, der eine ergeb- ger auf den anderen zeigen. Das wird zu nichts

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führen. Wir müssen uns ernsthaft bemühen. Das Ihr Antrag enthält einige Punkte, über die man wird von den Kommunen auch akzeptiert. durchaus diskutieren kann. Ich spreche beispiel- weise das Thema „direkte Demokratie“ an, bei dem Herzlichen Dank. man sich sicherlich darüber Gedanken machen (Beifall bei der CDU und bei der FDP) muss, ob es dafür nicht auch in Niedersachsen eine einheitliche Regelung geben müsste. Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: Zum Thema „Stichwahl“ - auch Hanne Modder hat Nächster Redner ist Herr Oetjen von der FDP- dieses Thema angesprochen - ist aus Sicht der Fraktion. FDP noch nichts entschieden. Wir müssen zu- nächst einmal abwarten, wie die Stellungnahmen Jan-Christoph Oetjen (FDP): ausfallen werden, die noch eingehen werden. Das Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kollegin- ist eine Möglichkeit, die dort aufgezeigt wurde. nen und Kollegen! Gleich zu Beginn meiner Rede möchte ich mich der Kollegin Modder anschließen, Am Schluss meiner Rede möchte ich mein Haupt- die gesagt hat, dass es sinnvoll gewesen wäre, die augenmerk auf die im Raum stehenden wahlrecht- Themenkomplexe „Kommunalfinanzen“ und „Kom- lichen Vorschläge richten. Die SPD-Fraktion hat munalverfassungsrecht“ voneinander zu trennen. dazu ja auch einen Vorschlag unterbreitet, den ich Auch aus meiner Sicht sind dies zwei unter- persönlich aber überhaupt nicht gut finde, weil ich schiedliche Bereiche, über die wir bereits an unter- glaube, dass es sinnvoll war, die Direktwahl des schiedlichen Stellen diskutiert haben. An dieser Bürgermeisters von der Ratswahl zu trennen; denn Stelle haben Sie sich einen Bärendienst erwiesen, so kann auf die Ratswahl ein stärkerer Fokus ge- Herr Kollege Briese. legt werden. Außerdem können wir es dadurch schaffen, Externe für die Bürgermeisterposten zu Schon in der letzten oder vorletzten Plenarsitzung, gewinnen. Aber auch die Diskussionen über diese glaube ich, haben wir hier schon über verschiede- Fragen befinden sich noch im Fluss und sind noch ne Vorschläge insbesondere zu den Kommunalfi- nicht entschieden worden. nanzen und auch über die bereits eingesetzte Ar- beitsgruppe zum Thema Kommunalfinanzen disku- Von daher würde ich vorschlagen, dass wir den tiert. Für uns von CDU und FDP ist es wichtig, für von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgeleg- die Kommunen eine Verstetigung der Einnahmesi- ten Antrag in die Beratungen des Kommunalver- tuation zu erreichen. Das ist eigentlich schon im- fassungsrechts einbeziehen. Ich gehe davon aus, mer das größte Problem bei der Gewerbesteuer dass wir die Gesetzesvorlage von der Landesre- gewesen. Deswegen müssen wir unseren Fokus gierung zeitnah bekommen werden. Insofern wer- darauf richten, dass diese Schwankungen endlich den wir über alle die hier vorgetragenen Punkte im aufhören, damit die Kommunen ordentlich planen Sinne der Bürgerinnen und Bürger und im Sinne können, verehrte Kolleginnen und Kollegen. der kommunalen Familie hier in Niedersachsen sachgerecht entscheiden. (Zustimmung bei der CDU) Vielen Dank. Zum Kommunalverfassungsrecht befindet sich zurzeit ein Gesetzentwurf der Landesregierung in (Beifall bei der FDP und bei der CDU) der Kabinettsanhörung. Von daher werden dort sicherlich noch umfangreiche Stellungnahmen Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: eingehen. Ich möchte für die FDP-Fraktion an die- Das Wort hat jetzt Herr Innenminister Schüne- ser Stelle ganz klar begrüßen, dass Innenminister mann. Bitte sehr! Schünemann mit der anstehenden Reform des Kommunalverfassungsrechts schwerpunktmäßig Uwe Schünemann, Minister für Inneres und Sport: das Ehrenamt stärken will. Das ist ein richtiger Ansatz; denn wir müssen Anreize dafür schaffen, Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehr- dass sich mehr Bürgerinnen und Bürger an der ten Damen und Herren! Drei kurze Anmerkungen Kommunalpolitik beteiligen. Das wollen CDU und zu dem Antrag. - Erstens zur Gemeindefinanzre- FDP; denn das ist gelebtes Bürgerengagement, form. Dazu habe ich schon gestern in der Aktuellen meine Damen und Herren. Stunde ausführlich Stellung genommen. Ich kann nur sagen, dass der Bundesinnenminister das, was (Beifall bei der CDU und bei der FDP) ich gestern dazu gesagt habe, heute in einem Zei- tungsinterview bestätigt hat. In diesem Interview

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hat er klar gesagt, dass noch vor der Sommerpau- Das sollte uns allen die ganz klare Botschaft ge- se Ergebnisse präsentiert werden sollen, damit die ben, dass wir alles daransetzen müssen, um Bür- Gemeindefinanzen noch im nächsten Jahr verste- gerinnen und Bürger zu motivieren, sich für die tigt und verbessert werden können. kommunale Arbeit bereitzuerklären. Wenn uns das nicht gelingt, ist tatsächlich ein großes Stück De- Zweitens zur Stichwahl. Hier wurde behauptet, mokratie in Gefahr. Deshalb ist es sinnvoll, dass dass die großen Parteien geschützt würden, wenn wir genau dort ansetzen und prüfen, ob wir hier die Stichwahl abgeschafft würde. Die Zahlen spre- Hilfestellungen geben können - u. a. durch das chen - das gebe ich zu - aber leider eine andere Kommunalverfassungsrecht. Genau diese Rede Sprache. Man muss es sich einmal anschauen: Bei von Herrn Hiebing habe ich mir wirklich zu Herzen den letzten in Niedersachsen im Jahr 2006 gleich- genommen. zeitig durchgeführten 318 Direktwahlen haben 69 Einzelbewerberinnen und -bewerber - also gerade (Beifall bei der CDU) nicht die Kandidaten der größeren Parteien - Deshalb haben wir die zehn Punkte, die wir mit schon im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit den kommunalen Spitzenverbänden verabredet erreicht. Das sind knapp 22 %. Weitere 19 Einzel- haben, mit in unseren Gesetzentwurf aufgenom- bewerber und -bewerberinnen erhielten zwar die men. Das ist eine gute Antwort - nicht die einzige meisten Stimmen, verfehlten aber die erforderliche Antwort, aber eine gute Antwort -, mit der wir es absolute Mehrheit. Zählt man diese dazu, sind es schaffen, das ehrenamtliche Engagement auf der rund 28 %, wenn man auf die Stichwahl verzichten kommunalen Ebene tatsächlich abzusichern. würde. Angesichts dieser Zahlen kann man nicht davon sprechen, dass irgendeine Partei oder Frak- Ich freue mich auf die Beratung, wenn wir im Juni tion dadurch übervorteilt wird. diesen Gesetzentwurf eingebracht haben werden. Was habe ich im Vorfeld schon alles dazu gehört! (Hört, hört! bei der CDU - Miriam Jetzt sind wir auf der Schusslinie, hätte ich beinahe Staudte [GRÜNE]: Für die kleinen ist gesagt. es trotzdem schwer!) (Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Wenn fast 30 % der Einzelbewerber im ersten und bei der FDP - Wolfgang Jüttner Wahlgang die Mehrheit erreicht haben, dann kann [SPD]: Abschuss!) man nicht davon sprechen, dass in irgendeiner Weise eine Partei übervorteilt würde. Die Zahlen Meine Damen und Herren, wir werden es dann sprechen nun wirklich für sich. Etwas anderes schaffen, den Kommunen eine Verfassung zu ge- kann man hier nicht behaupten. ben, die in Deutschland beispielgebend ist. Das ist unser Anspruch. Wir werden das gemeinsam (Beifall bei der CDU) schaffen. Damit komme ich zum dritten Punkt, zum Kommu- Vielen Dank. nalverfassungsrecht. (Beifall bei der CDU und bei der FDP) Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: von Frau Helmhold? Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte darauf hinweisen, dass Herr Hiebing noch Uwe Schünemann, Minister für Inneres und Sport: eine persönliche Bemerkung angemeldet hat, zu Nein. Wir wollen wohl alle nach Hause. Insofern der ich ihm nach der Ausschussüberweisung das sollten wir jetzt zum Schluss kommen. Wort erteilen werde. Deswegen möchte ich Sie bitten, sich dann nicht gleich von Ihren Plätzen (Zustimmung bei der CDU) wegzubegeben, weil Wochenende ist, sondern Ich komme also zum dritten Punkt, dem Kommu- noch hier zu bleiben. nalverfassungsrecht. An die Rede von Herrn Hie- (Unruhe) bing in der Fraktion kann ich mich noch sehr gut erinnern. Es war ein eindrucksvolles Plädoyer für - Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir das ehrenamtliche Engagement auf der kommuna- haben wirklich großes Verständnis für die nachlas- len Ebene. sende Konzentrationsfähigkeit. Wir sollten jetzt aber zum Schluss kommen. (Beifall bei der CDU)

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Wir kommen jetzt zur Ausschussüberweisung. Federführend soll sich der Ausschuss für Inneres und Sport und mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen mit diesem Antrag befas- sen. Spricht jemand dagegen? - Enthält sich je- mand? - Ich sehe, dass das nicht der Fall ist. Dann ist das so beschlossen. Herr Hiebing, Sie haben das Wort zu einer per- sönlichen Bemerkung. Bitte schön!

Bernd-Carsten Hiebing (CDU):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich be- ziehe mich auf die Ausführungen der Kollegin Modder. Ich bin entsetzt darüber, dass Sie glau- ben, Sie seien bei einer Fraktionssitzung der CDU dabei gewesen, und meinen, Sie wüssten, was ich dort gesagt habe. Das, was Sie glauben, was ich dort gesagt haben soll, habe ich dort nicht gesagt. Ich habe mich eingehend darüber ausgelassen, welche Folgen eine Eingleisigkeit möglicherweise langfristig für das Ehrenamt haben kann, und mich daher engagiert dafür eingesetzt, dass das Ehren- amt gestärkt wird. (Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Modder, das, was Sie daraus ge- macht haben, ist in der Sache an der Wahrheit vorbei. Deshalb weise ich das mit Entschiedenheit zurück. Man kann möglicherweise auch mal Kolleginnen und Kollegen, die man jede Woche im Innenaus- schuss trifft, danach fragen, was gesagt worden ist. Ohne das zu tun, sollte man aber nicht glau- ben, dass man es wüsste. Das ist dann häufig auch für einen selbst enttäuschend. Danke schön. (Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: Meine sehr verehrten Damen und Herren, der nächste, 24. Tagungsabschnitt ist vom 8. bis zum 11. Juni 2010 vorgesehen. Der Präsident wird den Landtag einberufen und im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den Beginn und die Tagesordnung der Sitzungen bestimmen. Ich schließe die Sitzung und wünsche Ihnen einen guten Heimweg. Schluss der Sitzung: 14.46 Uhr.

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Anlagen zum Stenografischen Bericht Unsere Sicherheit, in einem freien demokratischen Rechtsstaat leben zu können, wird in der heutigen

Zeit von Entwicklungen gefährdet, die weit außer- Tagesordnungspunkt 31: halb der deutschen Staatsgrenzen entstehen kön- nen. Mündliche Anfragen - Drs. 16/2415 Anlage 1 Die Terrorangriffe des 11. September 2001 hatten ihre Wurzeln in den Ausbildungslagern der Antwort al-Quaida in Afghanistan. Diese Angriffe, wie auch des Ministeriums für Inneres und Sport auf die die Attentate in London und Madrid, sind Angriffe Frage 2 der Abg. Jan-Christoph Oetjen und Chris- auf die Grundlagen und freiheitlichen Werte der tian Grascha (FDP) Völkergemeinschaft. Auch Deutschland ist im Vi- sier der Terroristen, was uns die vereitelten Pläne Polizeieinsatz in Afghanistan - Betreuung der sogenannten Sauerlandgruppe, aber auch die der Polizisten Propagandavideos der islamistischen Terroristen Deutschland unterstützt die afghanische Regie- im Internet zeigen. rung beim Aufbau einer landeseigenen Polizei. Afghanistan soll in die Lage versetzt werden, Die Krisenherde dieser Welt sind Orte der Instabili- selbst für die innere Sicherheit zu sorgen. Hier- bei hat die Schaffung einer funktionierenden af- tät, an denen das staatliche Gewaltmonopol nicht ghanischen Polizei eine wichtige Priorität. Nur mehr greift. Terrorismus, die Weitergabe von Mas- eine funktionierende und gut ausgebildete Poli- senvernichtungswaffen und zerfallende Staaten zei kann das Vertrauen der Bürger gewinnen beeinflussen heute entscheidend unsere Sicher- und langfristig einen demokratischen Rechts- staat sichern. heitspolitik. Um diesen Herausforderungen wirk- sam zu begegnen, ist ein differenziertes Instru- Auch niedersächsische Polizeibeamtinnen und -beamte leisten nach Auffassung von Beobach- mentarium vernetzter Sicherheitspolitik vonnöten. tern wichtige Hilfe beim Wiederaufbau der af- Allein auf die militärische Karte zu setzen, schafft ghanischen Polizei. Von den wiederkehrenden in Krisengebieten wie Afghanistan auf Dauer keine Polizeibeamtinnen und -beamten wird die Arbeit Stabilität. Deshalb muss der Fokus auf den Aufbau in der Mission als sinnvoll erachtet. Zwar sei die Arbeit oftmals mühselig, es gebe aber durchaus der zivilen Infrastruktur gerichtet sein, was in Af- Fortschritte in der Qualifizierung der Sicher- ghanistan ohne flankierenden militärischen Bei- heitskräfte. Daher wird es von den Betreffenden stand nicht möglich ist. Ziviler Aufbau und militäri- auch als wichtig und richtig gesehen, weiter in scher Schutz sind hier zwei Seiten derselben Me- den Aufbau Afghanistans zu investieren. daille im Stabilisierungsprozess. Der Einsatz in Afghanistan ist gleichzeitig schwierig und gefährlich. Die Sicherheitslage in Öffentliche Sicherheit ist die Grundlage jedes Ge- Afghanistan ist angespannt, und es gilt daher, meinwesens und damit die Kernaufgabe jeder die Polizeibeamtinnen und -beamten auf die Si- Staatlichkeit. Wir verfolgen mit unserem Engage- tuation vor Ort vorzubereiten und während der Zeit des Einsatzes zu begleiten. Ebenso müs- ment in Afghanistan das Ziel des Aufbaus stabiler sen den Polizeibeamtinnen und -beamten nach Institutionen, eingebettet in eine funktionierende deren Auffassung nach der Rückkehr aus dem Sicherheitsarchitektur. Damit wollen wir die Institu- Einsatz Hilfsangebote zur Verfügung gestellt werden, um sie bei der Aufarbeitung der Ge- tionen des Landes langfristig und dauerhaft in die schehnisse und Erlebnisse während der Zeit in Lage versetzen, eigenständig für die Sicherheit Afghanistan zu unterstützen. ihrer Bürger zu sorgen.

Wir fragen die Landesregierung: Der Schlüssel für eine dauerhafte Sicherheit in 1. Wie werden die Polizeibeamtinnen und -be- Afghanistan liegt in einem konzentrierten Aufbau amten des Landes Niedersachsen auf den Ein- des afghanischen Polizei- und Sicherheitssektors. satz in Afghanistan vorbereitet? Dazu werden deutlich mehr und besser ausgebil- 2. Welche Betreuungsangebote stehen den Po- dete afghanische Polizisten benötigt - und dies lizeibeamtinnen und -beamten des Landes Nie- zeitnah. Nicht nur die Innenministerkonferenz, die dersachsen und ihren Angehörigen während des Einsatzes zur Verfügung? sich in den zurückliegenden Jahren wiederholt (letztmalig im Dezember 2009) mit dem deutschen 3. Welche Hilfsangebote stehen den Polizeibe- amtinnen und -beamten des Landes Nieder- Engagement beim polizeilichen Aufbau in Afgha- sachsen nach der Rückkehr aus dem Einsatz in nistan befasst hat, ist dieser Auffassung. Auch die Afghanistan zur Verfügung, um das Erlebte zu Bundeskanzlerin und alle Regierungschefs der verarbeiten? Länder haben bereits im Juni 2009 darauf hinge-

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wiesen, dass zwischen dem Bund und allen Län- stellen haben, konnte ich mir im Februar anlässlich dern in dieser Sache Einvernehmen besteht, und einer Inspektionsreise unmittelbar vor Ort im Ein- einen verstärkten deutschen Beitrag zum Polizei- satzgebiet in vielen Gesprächen und Kontakten ein aufbau in Afghanistan befürwortet. Mit der Beteili- unmittelbares Bild machen. Auch die Gespräche, gung deutscher Polizeivollzugsbeamtinnen und die ich und die Spitze der niedersächsischen Poli- -beamter an den Friedensmissionen in Afghanistan zei in meinem Hause mit den Missionsteilnehmern wird eine wichtige außenpolitische Verpflichtung nach ihrer Rückkehr führen, bestätigen dieses Bild. der Bundesrepublik Deutschland wahrgenommen. Sie machen aber auch immer wieder deutlich, dass Eine Beteiligung an den Missionen ist - ungeachtet die besonderen Gefahrenquellen eines Aus- der Zuständigkeit des Bundes für die Außenpolitik - landseinsatzes eine besondere Fürsorge bedin- eine gemeinsame Aufgabe der Polizeien der Län- gen. Bei aller Bedeutung des Engagements in der und des Bundes. Afghanistan steht daher außer Frage, dass die Sicherheit der eingesetzten Polizeikräfte höchste Niedersachsen beteiligt sich seit 1994 an internati- Priorität genießt. onalen Friedensmissionen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union sowie an bilateralen Die Innenministerkonferenz hat in ihrer Sitzung im Polizeiprojekten der Bundesrepublik Deutschland Dezember 2009 eine Evaluierung des bisherigen im Ausland. In der Mehrzahl der Fälle geht es da- Polizeieinsatzes in Afghanistan in Auftrag gege- bei um den Aufbau und die Ausbildung bzw. die ben, in der es ausdrücklich auch darum geht, der Kontrolle und Beratung der Polizei mit dem Ziel, professionellen Betreuung des Personals eine die Respektierung von Grundrechten und eine besondere Bedeutung beizumessen. unparteiische Amtsausübung sicherzustellen. Die Mit Blick auf die jüngsten sehr traurigen Zwischen- Polizei Niedersachsen leistet so gemeinsam mit fälle, bei denen auch deutsche Soldaten gefallen den anderen Ländern und dem Bund einen be- sind, ist von besonderer Wichtigkeit, hier einen deutsamen Beitrag für den Aufbau demokratischer weiteren Punkt zu betonen: Unsere Beamtinnen und rechtsstaatlicher Strukturen in den Einsatzge- und Beamten werden nur in den Regionen und bieten. Dies ist auch unser Weg in Afghanistan. In Distrikten eingesetzt, die nach Einschätzung der der Londoner Afghanistan-Konferenz wurden mit Bundesregierung auf der Grundlage aller verfügba- der neuen afghanischen Regierung wichtige neue ren Informationsquellen als sicher bewertet wer- Weichenstellungen des bisherigen Vorgehens in den. Das hat uns der Bundesinnenminister schrift- Afghanistan vorgenommen. Es wurde die Strategie lich zugesichert. Und die Einschätzung erfolgt auf der vernetzten Sicherheit verabschiedet, in der die einer fortlaufenden Erhebung und Bewertung der Sicherheitspolitik und die Entwicklungspolitik eng Sicherheitslage. miteinander verbunden sind. Die Strategie sieht vor, die afghanischen Sicherheitskräfte so auszu- Dies vorangestellt, beantworte ich die Anfrage bilden, dass sie schnellstmöglich in die Lage ver- namens der Landesregierung wie folgt: setzt werden, für die Sicherheit und Stabilität ihres Zu 1: Eine missionsspezifisch umfassende Vorbe- Landes selbst zu sorgen. Dieser Ansatz und die reitung der für einen Einsatz in Afghanistan vorge- dahinter stehenden friedenssichernden Maßnah- sehenen PVB ist die wesentliche Voraussetzung men werden von der Landesregierung ausdrück- für eine angemessene, erfolgsorientierte, aber lich unterstützt. eben auch sichere Aufgabenerfüllung vor Ort. Den niedersächsischen Polizeibeamtinnen und Nach erfolgreich absolviertem Auswahlverfahren -beamten, die sich auf freiwilliger Basis bereit er- erfolgt in Niedersachsen zunächst die Teilnahme klären und mit hoher Motivation und großen per- an einem einwöchigen missionsvorbereitenden sönlichen Engagement im Afghanistan am Polizei- polizeispezifischen Englischintensivkurs. aufbau mitwirken, gebühren Anerkennung und Hochachtung. Ihnen und ihren Familien dankt die Auf Grundlage des einheitlichen Curriculums der Landesregierung daher auch an dieser Stelle aus- Bund-Länder-Arbeitsgruppe Internationale Poli- drücklich. Sie verdienen nicht nur das Vertrauen zeimissionen besuchen die niedersächsischen und den Respekt der Landesregierung, sondern Beamtinnen und Beamten gemeinsam mit den des gesamten Landtages. Von der Leistungsfähig- Kolleginnen und Kollegen der anderen Länder und keit und der hohen Motivation dieser Polizistinnen des Bundes anschließend zunächst ein zweiwö- und Polizisten, aber auch von den großen Heraus- chiges Basisseminar für Auslandseinsätze. Daran forderungen, denen sie sich in Afghanistan zu schließt sich ein missionsspezifisches Vorberei-

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tungsseminar an. Umfang, Dauer und Inhalte die- chen Versorgungsmaßnahmen - durch eine der ser missionsspezifischen Qualifizierung werden Situation angemessene Betreuung und Begleitung aufgrund der von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu unterstützen. Hierzu werden durch den jeweili- festgeschriebenen Leitlinien ständig evaluiert und gen Mandatgeber, den Bund und die Länder viel- den Erfordernissen angepasst. So wurde zu Be- schichtige Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebe- ginn der Missionen in Afghanistan bis zum Jahr nen und Verantwortlichkeiten durchgeführt. 2006 mit einwöchigen Vorbereitungsseminaren sowie diversen Einzeleinweisungen von kürzerer Nach Afghanistan werden in regelmäßigen Ab- Dauer begonnen. Um den stetig steigenden ständen Inspektions-, Betreuungs- und seelsorge- Einsatzanforderungen gerecht zu werden, wurden rische Reisen durch das Bundesministerium des diese Seminare ab 2007 auf zwei Wochen und im Innern, die Geschäftsstelle der Bund-Länder-Ar- Sommer 2008 auf drei Wochen verlängert. beitsgruppe, das Kriseninterventionsteam, Vertre- ter der Entsendedienststellen sowie Seelsorger Die Seminarinhalte wurden jeweils den Anforde- durchgeführt, bei denen - sofern es die örtlichen rungen angepasst. Wesentlicher Schwerpunkt in Gegebenheiten zulassen - alle Standorte, an de- der Vorbereitung liegt in der Schulung und im Trai- nen deutsche Beamtinnen und Beamte eingesetzt ning von Eigensicherungsmaßnahmen, um Hand- sind, besucht werden. Im Rahmen dieser Reisen lungssicherheit im Umgang mit den besonderen finden regelmäßig intensive Gespräche mit den vor Führungs- und Einsatzmitteln, aber auch mit mög- Ort befindlichen Beamtinnen und Beamten statt. lichen Gefahrensituationen zu erlangen. Daneben Insbesondere den Umfang der seelsorgerischen erfolgt natürlich eine umfassende Einweisung in Betreuung gestalten die Beamtinnen und Beamten die Missionsstrukturen und die Aufgaben im aktiv mit. Einsatzgebiet. Anlässlich der letzten Sitzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Mitte dieses Monats Durch die personelle Vorauswahl, die ärztlichen wurde beschlossen, das Vorbereitungsseminar auf Eignungsuntersuchungen, die länderspezifischen nunmehr vier Wochen zu verlängern, insbesondere Lehrinhalte bei den Vorbereitungsseminaren, die um durch praktische Anteile die handlungsorien- spezielle Einweisung des Führungspersonals so- tierte Qualifizierung noch besser trainieren zu kön- wie die begleitende Betreuung durch das Bundes- nen. innenministerium bzw. die Geschäftsstelle der Bund-Länder-Arbeitsgruppe während des Einsat- Unsere Beamtinnen und Beamten werden insofern zes ist bis dahin bereits ein engmaschiges Betreu- umfassend und auf hohem Niveau für ihre Tätig- ungsnetz aufgebaut. keiten in Afghanistan vorbereitet. Die hohe Qualität der Vorbereitung zeigt sich auch dadurch, dass die Es wird dadurch erweitert bzw. ergänzt, dass jede Vorbereitungsseminare zunehmend auch von in- Führungskraft wie aber auch jede Einsatzkraft bei ternationalen Partnern (Niederlande, Belgien, Ös- tatsächlich oder subjektiv erlebten belastenden terreich, Estland) nachgefragt werden. Ereignissen unmittelbar mit Angehörigen des ärzt- lichen und des psychologischen Dienstes bzw. der Zu 2: Der Dienstherr übernimmt eine besondere Seelsorge Kontakt aufnehmen kann. Auf Hinweise Fürsorgepflicht für seine Beamtinnen und Beam- oder Bitten der Führungskräfte oder der Einsatz- ten, die an Auslandsmissionen teilnehmen oder kräfte kann jederzeit auch das für polizeiliche Aus- teilgenommen haben. Der Einsatz erfolgt in der landseinsätze gebildete Kriseninterventionsteam, Regel in Krisengebieten und konfrontiert die Be- das sich aus Ärzten, Psychologen, Notfallseelsor- amtinnen und Beamten mit besonderen Belastun- gern sowie missionserfahrenen Beamten zusam- gen. Dazu gehören der Kontakt mit menschlichem mensetzt, angefordert werden, wobei es auch au- Elend und Leid, Zerstörungen sowie einem unter- ßerhalb einer konkreten Anforderung in Einzelfäl- schiedlich motivierten Konflikt- und Gewaltpotenzi- len zur Kontaktaufnahme vor Ort kommen kann. al, verbunden mit einem häufig hohen Bewaff- nungsgrad der Bevölkerung. Darüber hinaus wir- Im Bedarfsfall wird jede Einsatzkraft einer adäqua- ken die alltäglichen Beeinträchtigungen wie man- ten und umfassenden Behandlung vor Ort oder, gelhafte Infrastruktur, Trennung von Familie und wenn nötig und möglich, in der Bundesrepublik Angehörigen sowie die zum Teil schlechten Kom- Deutschland zugeführt. Im Camp Warehouse Ka- munikationswege im Missionsgebiet auf die Ein- bul befinden sich zudem ein deutsches und ein satzkräfte. Daher ist es geboten, die Polizistinnen französisches Krankenhaus, welche über qualifi- und Polizisten bei der Bewältigung dieser Belas- zierte Ärzte verfügen. Des Weiteren können Pati- tungen - neben der Sicherstellung der erforderli- enten bei Bedarf auch nach Mazar-e-Sharif in das

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deutsche Krankenhaus im Camp Marmal verlegt Heimat, die Möglichkeit der Übersendung von Pub- werden. Deutsche Krankenhäuser befinden sich likationen und Ausschreibungen sowie des allge- zudem in den Provincial Reconstruction Teams meinen Informationsaustausches mit den Dienst- (PRT) in Kunduz und Feyzabad. Weiter verfügt stellen. In die Betreuung werden möglichst auch auch die EUPOL-Mission über einen ärztlichen die Angehörigen der Polizeibeamten eingebunden, Dienst. für die der Auslandseinsatz häufig ebenfalls eine besondere Belastung und Herausforderung dar- Durch die Möglichkeit, sich jederzeit an Dienstvor- stellt. gesetzte, den ärztlichen oder psychologischen Dienst bzw. die Seelsorge der Bundeswehr wen- Die Mitarbeiter der Koordinierungsstelle sind des- den zu können, schließen sich die Betreuungs- halb ebenso jederzeit für die Angehörigen erreich- möglichkeiten vor Ort. bar und bieten auch die Möglichkeit des Aufsu- chens der Familie am Wohnort an, um Gespräche Den Polizeibeamtinnen und -beamten stehen vor zu führen oder zu unterstützen. Ort auch vielseitige Möglichkeiten zum Ausgleich und zur Freizeitgestaltung zur Verfügung. Alle Zu 3: Seit Beginn des deutschen Engagements in Liegenschaften verfügen über ein Fitnesscenter Afghanistan finden in der Regel zwei bis vier Wo- bzw. verschiedene Sportangebote und sonstige chen nach Einsatzende des Beamten jeweils ein- Freizeitangebote. An allen Standorten besteht die wöchige Nachbereitungsseminare beim Trainings- Möglichkeit, zollfreie Waren im Marketender einzu- zentrum der Bundespolizei in der Nähe von Berch- kaufen. Diese PX-Läden verfügen über alle not- tesgaden statt. Seit August 2009 werden für die wendigen Gegenstände des täglichen Bedarfs wie nur kurzzeitig für einen Zeitraum von ein bis drei z. B. auch über Zeitschriften und vieles mehr. Das Monaten als Polizeiausbilder eingesetzten Beam- Internetcafé im Camp Marmal stellt mehrere Plätze tinnen und Beamten (sogenannte Kurzzeitexper- bereit. Außerdem steht den Polizeibeamten an ten) verkürzte Nachbereitungsseminare in Brühl, allen Standorten natürlich die Nutzung des Inter- Wertheim oder Lübeck angeboten. Das Seminar nets in ihren Büros zur Verfügung. Im Objekt dient der Reintegration in das private und dienstli- Green Village in Kabul und im Camp Marmal in che Umfeld. Es dient auch dem Erkennen von Mazar-e-Sharif sind Internetanschlüsse auch in Auffälligkeiten und der Hilfestellung bei deren Be- den Unterkunftsräumen vorhanden. wältigung. Die Teilnahme an den Nachbereitungs- seminaren ist für alle aus dem Einsatz zurückkeh- Dem besonderen Fürsorgegedanken bei polizeili- renden Beamtinnen und Beamten verpflichtend. chen Auslandseinsätzen Rechnung tragend, ist in Nach Missionsende bietet die niedersächsische der niedersächsischen Polizei ein systematisches Betreuungsarbeit neben einem obligatorischen Betreuungsnetzwerk installiert. Debriefing, das in Form eines vertraulichen Einzel- Neben der Verantwortlichkeit der Vorgesetzten und gesprächs nach Rückkehr erfolgt, aktive Unterstüt- der Personalstellen auf den unterschiedlichen zung bei der Reintegration in den Dienstalltag und, Ebenen ist in der Zentralen Polizeidirektion die soweit gewünscht, im privaten Bereich. Dieses Organisationseinheit „Koordinierung und Betreu- wird ermöglicht durch eine individuelle Betreuung, ung Auslandsverwendung“ eingerichtet und mit die auch außerhalb der normalen Dienstzeiten bei entsprechend qualifiziertem Personal ausgestattet. Bedarf jederzeit erreichbar ist und tätig wird. Zu- Sie ist landeszentral für die Missionsteilnehmerin- dem erfolgt in sogenannten Angehörigensemina- nen und -teilnehmer sowie deren Familien und ren, die regelmäßig unter Leitung der niedersäch- Angehörige, aber auch für die Geschäftsstelle der sischen Koordinierungsstelle durchgeführt und von Bund-Länder-Arbeitsgruppe die Rund-um-die-Uhr- Vertretern des Ministeriums begleitet werden, eine Ansprechstelle für alle mit der Auslandsverwen- Zusammenführung ehemaliger und künftiger Mis- dung verbundenen Anfragen und Informationen. sionsteilnehmerinnen und -teilnehmer und deren Die von dort geleistete Betreuungsarbeit setzt be- Angehörigen. reits bei Interessentinnen und Interessenten an Diese Seminare dienen insbesondere der Informa- und erstreckt sich über das Auswahlverfahren, die tion, dem Wissenstransfer, der Reflexion sowie Vorbereitungsphase und die Missionszeit bis hin einer das familiäre Umfeld einschließenden Missi- zur Wiedereinreise. Weiterhin ist der Kontakt mit onsvor- und -nachbereitung; sie fördern zudem das der Heimatdienststelle und -behörde besonders gegenseitige Kennenlernen und den Erfahrungs- wichtig. Er ermöglicht den Beamtinnen und Beam- austausch. ten die Teilhabe am dienstlichen Leben in der

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Aus den Gesprächen mit den Rückkehrern wird Ich frage die Landesregierung: häufig auch erkennbar, wie sehr sich die nieder- 1. Welche Erkenntnisse liegen ihr über die Zahl sächsischen Missionsteilnehmer mit ihrer Arbeit der Missbrauchsfälle an niedersächsischen und ihren helfenden Aufgaben im Einsatzgebiet Schulen in kirchlicher, privater oder staatlicher Trägerschaft vor? identifizieren und für den Aufbau einsetzen. Sie beschreiben immer wieder die positiven Erfahrun- 2. In welcher Weise wird sie zur Problematik gen und heben dabei die Bedeutung sowie die des sexuellen Missbrauchs schulaufsichtlich und/oder unterstützend tätig, und gilt dies für al- Wichtigkeit des Engagements beim Aufbau hervor. le staatlichen, kirchlichen und privaten Träger Unterstrichen wird dies oftmals durch die persönli- gleichermaßen? che Bereitschaft, auch weiterhin unterstützend tätig 3. Welches polizeiliche Führungszeugnis und sein zu wollen und für eine erneute Missionsteil- welche sonstigen Qualifikationsnachweise ver- nahme zur Verfügung zu stehen. langt die Landesregierung von Lehrkräften (be- amtete, angestellte) und pädagogisch tätigen Personen, die in Schulen, in den Nachmittags- angeboten von Ganztagsschulen, in Kinderta- Anlage 2 gesstätten oder in Horten eingesetzt werden? Antwort Die in Deutschland bekannt gewordenen, bereits des Kultusministeriums auf die Frage 3 der Abg. länger zurückliegenden Fälle sexuellen Miss- Ina Korter (GRÜNE) brauchs an Schulen und Internaten in privater bzw. kirchlicher Trägerschaft, namentlich der katholi- Was tut die Landesregierung, um sexuellen schen Kirche, haben eine breite öffentliche Diskus- Missbrauch an Schulen, Internaten und Kin- dertageseinrichtungen zu verhindern? sion um Vorkommnisse sexualisierter Gewalt in Schulen und schulnahen Einrichtungen ausgelöst. Im Januar 2010 wurden Fälle sexuellen Miss- Auch im Bereich der Kindertagesstätten sind sexu- brauchs an Kindern und Jugendlichen öffent- lich, die von Lehrern am Canisius-Kolleg, einer elle Übergriffe nicht auszuschließen. In den letzten Jesuitenschule in Berlin, in den 1970er- und Jahren ist es in Niedersachsen allerdings nur in 1980er-Jahren begangen wurden. Seitdem einer Einrichtung zu einer strafrechtlichen Verfol- kommen immer mehr Missbrauchsfälle an gung gekommen. Opfer leiden unter ihrem Trauma kirchlichen, aber auch weltlichen Schulen ans Licht. häufig ein Leben lang. Sexualisierte Gewalt gegenüber Schutzbefoh- Deshalb sind schonungslose Aufklärung und wirk- lenen hat offensichtlich an vielen Orten syste- same präventive Maßnahmen geboten. Ich selbst matisch stattgefunden und wurde jahrelang ver- habe in einer Arbeitsgruppe der KMK an Hand- tuscht. lungsempfehlungen zur Vorbeugung und Aufarbei- Von den bisher bekannten Fällen sind vor allem tung von sexuellen Missbrauchsfällen und Gewalt- Einrichtungen der katholischen Kirche betrof- fen, aber auch evangelische Schulen sowie handlungen in Schulen und schulnahen Einrich- Schulen in staatlicher und privater Trägerschaft. tungen mitgearbeitet, auf die jetzt alle Schulen in

Sexueller Missbrauch ist eine gravierende Tat, Deutschland zurückgreifen können. die zu besonders schwerwiegenden seelischen Bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist die Verletzungen der Opfer führt. Wahrung der professionellen Distanz von essen- Dass die Fälle erst heute in diesem Ausmaß an tieller Bedeutung. Um Grenzüberschreitungen zu die Öffentlichkeit gelangen, vermittelt den Ein- druck, dass sogenannte Schweigekartelle bis verhindern, setzen freie und öffentliche Träger von heute wirksam waren oder es sogar noch sind. Schulen auf klare und unmissverständliche Hand- lungsrichtlinien für das in ihren Einrichtungen tätige In der Öffentlichkeit entsteht das Bild, dass Tä- ter sich gegenseitig gedeckt haben und Opfer Personal, insbesondere für das pädagogische sich aus Scham oder Ohnmacht nicht offenba- Personal. Sie bauen dabei in vielfältiger Weise ren. Hinzu kam offenbar eine Kultur des Weg- Sicherungen, wie etwa die Arbeit im Team, das sehens oder die fachliche Unfähigkeit, Alarm- Mehraugenprinzip und Supervisionen ein. signale zu erkennen und zu deuten.

Auch in Niedersachsen dürfte es Missbrauchs- Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der fälle an Schulen und Kindertageseinrichtungen Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie gegeben haben und geben. folgt: Die Landesregierung ist deshalb nach Auffas- Zu 1: Den für die Trägerschaft der kirchlichen sung von Fachleuten gefordert, sowohl präven- tiv-unterstützend als auch aufsichtlich-schüt- Schulen in Niedersachsen zuständigen kirchlichen zend tätig zu werden bzw. dazu bereit zu sein. Gliederungen sind keine aktuellen, sondern ledig-

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lich ein bestätigter und fünf noch zu prüfende, je- gistergesetzes (BZRG) unter Einfügung eines neu- weils zwanzig Jahre und länger zurückliegende en § 30 a und Veränderung der §§ 31 und 32. Die Fälle sexuellen Missbrauchs bekannt. Laut Mittei- Landesregierung wird darüber hinaus allen Trä- lung der Landesschulbehörde sind seit 2008 im gern privater Schulen empfehlen, sich bei Einstel- Bereich des öffentlichen Schulwesens 18 Diszipli- lungen ein erweitertes Führungszeugnis nach narverfahren wegen sexuell motivierten Fehlver- § 30 a Bundeszentralregistergesetz vorlegen zu haltens bzw. wegen Überschreitung der gebotenen lassen. Distanz anhängig oder abgeschlossen worden. Mit der Änderung des Bundeszentralregistergeset- Drei dieser Fälle stehen in keinem unmittelbaren zes wird auch im Bereich der Kindertagesstätten Zusammenhang zum Schulbetrieb. den Anforderungen des Kinder- und Jugendschut- Zu 2: Das Thema „sexueller Missbrauch“ wird an zes durch eine besondere Eignungsprüfung Rech- den Schulen sehr ernst genommen. Sofern Ver- nung getragen werden. dachtsmomente auch aufgrund von Beschwerden aus der Elternschaft an einer öffentlichen Schule auftreten, wird die Landesschulbehörde einge- Anlage 3 schaltet, die dann den Fall in der Bearbeitung Antwort übernimmt und über alle weiteren Maßnahmen entscheidet. Es wird zunächst ein Disziplinarver- des Ministeriums für Inneres und Sport auf die fahren eingeleitet und im Falle eines sexuell moti- Frage 4 der Abg. Pia-Beate Zimmermann (LINKE) vierten Fehlverhaltens gleichzeitig eine vorläufige Ist der Einsatz der Überwachungsdrohne Dienstenthebung ausgesprochen. Soweit bereits rechtmäßig? strafrechtliche Ermittlungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft aufgenommen sind, wird das Ende des Jahres 2008 hat das Niedersächsi- sche Ministerium für Inneres, Sport und Integra- Disziplinarverfahren bis zum Abschluss des Straf- tion eine sogenannte Überwachungsdrohne verfahrens ausgesetzt. angeschafft, welche einige Hundert Meter hoch fliegen und unbemerkt Fotos und Videos ma- Die Landesschulbehörde berät Schulleitungen und chen kann. Laut Angaben des Ministeriums soll Lehrkräfte zum Thema „sexueller Missbrauch“ mit sie die Polizei bei Einsatzlagen wie Großbrän- dem Ziel, den Blick zu schärfen, nicht wegzuse- den oder Geiselnahmen unterstützen. Bislang läuft die Drohne im Testbetrieb. Nach Angaben hen, eventuellen Verdachtsmomenten unverzüg- des Ministeriums war die Drohne bereits mehr- lich nachzugehen und durch Wachsamkeit und fach im Einsatz. Das soll sowohl über freiem Präsenz Problemsituationen erst gar nicht entste- Feld als auch zwischen Häusern in der Stadt hen zu lassen bzw. durch unverzügliches Handeln geschehen sein. Der niedersächsische Lan- desdatenschutzbeauftragte monierte, dass er Leid für schutzbefohlene Kinder zu verhindern. vor dem Einsatz der Drohne nicht ausführlich informiert worden ist und somit der Einsatz oh- Bei Schulen in freier Trägerschaft hat das Land ne gesetzliche Grundlage erfolgt ist. keine personalrechtlichen Befugnisse. Dort sind Ich frage die Landesregierung: die Träger selbst für die Aufklärung und Konse- quenzen im Falle sexuellen Missbrauchs zustän- 1. Wie stellt sich aus Sicht der Landesregierung dig. Der staatlichen Schulaufsicht sind durch das insbesondere hinsichtlich der konkreten gesetz- lichen Grundlagen der Einsatz der sogenannten Niedersächsische Schulgesetz Befugnisse einge- Überwachungsdrohne dar, und in welcher kon- räumt, die auch genutzt werden. So kann nach kreten rechtsförmlichen Art und Weise war in § 167 Abs. 3 einer Lehrkraft diese Tätigkeit unter- diesem Zusammenhang der niedersächsische sagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die bei Datenschutzbeauftragte zu welchem Zeitpunkt einbezogen? Lehrkräften an öffentlichen Schulen die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen würden. 2. Wann, wo und wie oft wurde die Drohne seit der Anschaffung im Jahr 2008 in Niedersach- Zu 3: Die Landesschulbehörde ist mit Erlass vom sen konkret eingesetzt (bitte nach Datum und 8. April 2010 angewiesen worden, künftig bei der Einsatzorten getrennt auflisten)? Einstellung von lehrendem und nicht lehrendem 3. Wird die Überwachungsdrohne künftig in den Personal im schulischen Bereich generell von den Regelbetrieb gehen und, wenn ja, wann und für welche konkreten Zwecke? Bewerberinnen und Bewerbern das erweiterte Führungszeugnis zur Vorlage bei Behörden zu Unbemannte Luftfahrzeuge haben in den letzten verlangen. Grundlage ist die zum 1. Mai 2010 in Jahren in ihrer Bedeutung zugenommen. Aufgrund Kraft tretende Novellierung des Bundeszentralre- ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sind sie

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durch Verordnung zur Änderung der Luftverkehrs- gen des § 32 Abs. 3 Satz 2 Nds. SOG zur Verhü- Ordnung und anderer Vorschriften des Luftver- tung von Straftaten erfolgen darf. Ein verdeckter kehrs mittlerweile mit klarstellenden Regelungen in Einsatz kommt zur Gefahrenabwehr und zur Ver- das sonstige Luftfahrtrecht integriert worden. hütung von Straftaten nach § 35 Nds. SOG in Be- tracht. Vorgänge in Wohnungen dürfen nur unter Im polizeilichen Bereich kann der Einsatz von un- den deutlich engeren Voraussetzungen des § 35 a bemannten Luftfahrzeugen u. a. zur Aufklärung, Nds. SOG aufgeklärt werden. Bildaufnahmen bei Beweissicherung und Dokumentation, bei Einsatz- Versammlungen richten sich nach §§ 12 a, 19 a maßnahmen der Spezialeinheiten sowie im der des Versammlungsgesetzes; für öffentliche Veran- Bereich der Gefahrenabwehr sinnvoll sein. staltungen oder Ansammlungen, die nicht dem Bei größeren Gefahren- und Schadenslagen, Ka- Versammlungsgesetz unterliegen, ist § 32 Abs. 1 tastrophen oder aber Anschlägen hat auch die und 2 Nds. SOG einschlägig. niedersächsische Polizei Maßnahmen zur Gefah- Im Bereich der Strafverfolgung können Bildauf- renabwehr und beweissicheren Verfolgung von nahmen ohne Wissen des Betroffenen auf Grund- Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu treffen. lage von § 100 h StPO, ansonsten gemäß § 163 Dabei können auch die durch den Einsatz eines StPO gefertigt werden. unbemannten Luftfahrzeugs gesammelten Infor- mationen zur Lagebeurteilung mit herangezogen Eine gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung einer werden. Verfahrensbeschreibung und daraus folgend zur Beteiligung des LfD nach § 22 Abs. 5 NDSG be- Bundesweit kommen heute schon vereinzelt un- steht nicht, da es sich beim Betrieb von Videoka- bemannte Luftfahrzeuge im Rahmen der Erfüllung meras nicht um automatisierte Datenverarbeitung polizeilicher sowie umwelt- bzw. forstwirtschaftli- i. S. v. §§ 8 i. V. m. § 3 Abs. 5 NDSG handelt. Eine cher Aufgaben zum Einsatz. Vor dem Hintergrund, automatisierte Datenverarbeitung im Sinne der dass sich die meisten zivilen Anwendungen derzeit Vorschriften ist nur dann gegeben, wenn gespei- im Status einer Studie oder eines Pilotprojekts cherte Bilder auch automatisiert ausgewertet wer- befinden, wurde die Zentrale Polizeidirektion be- den können. Über solche Möglichkeiten verfügt die auftragt, eine Anwendungserprobung eines Dreh- im Drehflüglersystem eingesetzte Videotechnik flüglersystems durchzuführen. jedoch nicht. Gleichwohl hat die Zentrale Polizeidi- Nach der Beschaffung des Drehflüglersystems rektion (ZPD) dem Landesbeauftragten für den wurden auf polizeilichen Liegenschaften bzw. der Datenschutz (LfD) die Dokumentation der von der Polizei zur Verfügung stehenden Trainingsgelän- ZPD durchgeführten datenschutzrechtlichen Vor- den zur Qualifizierung und Übung Schulungsflüge abkontrolle, eine Verfahrensbeschreibung nach § 8 durch zertifizierte Luftfahrzeugfernführer durchge- Satz 1 des Niedersächsischen Datenschutzgeset- führt. Die bisherige Erprobung lässt den Schluss zes (NDSG) sowie Datenblätter für die in dem zu, dass unbemannte Luftfahrzeuge bemannte Luftfahrzeug installierte Videokamera und für das Luftfahrzeuge ergänzen können. Ein Echteinsatz Fluggerät übersandt. erfolgte bislang nicht. Zu 2: Fehlanzeige; siehe Vorbemerkungen. Dies vorangestellt, beantworte ich die Frage der Zu 3: Eine endgültige Entscheidung für die Einfüh- Abgeordneten Pia Zimmermann namens der Lan- rung des Drehflüglersystems in die niedersächsi- desregierung wie folgt: sche Polizei ist noch nicht getroffen. Im Übrigen Zu 1: Der Verwendung von unbemannten Luftfahr- siehe Vorbemerkungen. zeugen richtet sich nach dem Luftverkehrsrecht. Soweit bei dem Einsatz mittels Foto- und Video- technik personenbezogene Daten erhoben wer- Anlage 4 den, erfolgt dies auf Grundlage der für den jeweili- Antwort gen Einsatzzweck maßgeblichen Rechtsgrundla- gen des Gefahrenabwehrrechts oder der Strafpro- des Ministeriums für Inneres und Sport auf die zessordnung. In Betracht kommt insbesondere Frage 5 des Abg. Reinhold Coenen (CDU) § 32 Abs. 3 Nds. SOG für Einsätze von Gefahren- „Verpolizeilichung kommunaler Feuerweh- abwehrbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben, ren“? wobei eine Aufzeichnung von Videobildern nur Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft durch die Polizei und nur unter den Voraussetzun- (ver.di) hat am 16. März 2010 eine Pressemit-

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teilung mit dem Titel „Entwicklungen zur ‚Verpo- Die Position der Landesregierung ist bezüglich der lizeilichung’ kommunaler Feuerwehren und Ret- Inhalte eindeutig und bereits mehrfach dargelegt tungsdienste in deutschen Ländern - Rechtliche Grenzen“ herausgegeben. worden:

Ziel des erstellten Gutachtens sei es, die kom- Die derzeitige, nach der Verwaltungsreform ge- munalen Feuerwehrkräfte mit ihrer vielfältigen schaffene Organisationsstruktur greift nicht in die technischen Ausrüstung davor zu bewahren, Verwaltungshoheit der Gemeinden und Landkreise als Hilfsressource der staatlichen Polizei einge- setzt zu werden. Denn die Feuerwehren dürften ein. Brandschutz und Hilfeleistung ist und bleibt in entsprechend der Brandschutzgesetzgebung Niedersachsen eine kommunale Selbstverwal- nur zur Bekämpfung von Brandgefahren und tungsaufgabe. speziellen technischen Hilfeleistungen, nicht aber zur Bekämpfung von Polizeigefahren ein- Da die Aufgaben nach § 1 des Niedersächsischen gesetzt werden. Brandschutzgesetzes eindeutig definiert sind, ist Erleiden Feuerwehrkräfte im Falle des Einsat- ein Einsatz als Hilfsressource der staatlichen Poli- zes zur Bekämpfung von Polizeigefahren Schä- zei auszuschließen. Es gibt eine klare Zuordnung den an ihrer Gesundheit oder kommen sie zu der originären Zuständigkeiten. Tätigkeiten für die Tode, sei ihr Versicherungsschutz bzw. der ih- rer Hinterbliebenen gefährdet; denn dieser be- Polizei, wie für jede andere Behörde auch, wird die ziehe sich nur auf Gefährdungen bei der Erfül- Feuerwehr nur unter Anwendung der Amtshilfe- lung feuerwehreigener Aufgaben. Dies gelte grundsätze des Verwaltungsverfahrensgesetzes ganz besonders für die freiwillig und ehrenamt- (siehe Abschnitt 2, §§ 4 ff.) vornehmen. Da jede lich tätigen Feuerwehrkräfte. Behörde unter den im Verwaltungsverfahrensge- Die Gewerkschaft vergleicht in der genannten setz genannten Voraussetzungen Amtshilfe zu Pressemitteilung die Organisationsstrukturen leisten hat (siehe auch Artikel 35 GG), sind diese der Feuerwehren mit deren Strukturen während des Nationalsozialismus sowie in der Deut- Tätigkeiten - und dies gilt auch für die Feuerweh- schen Demokratischen Republik. ren - somit versicherungsrechtlich abgesichert.

Ich frage die Landesregierung: Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage

1. Wie bewertet die Landesregierung die Pres- des Abgeordneten Coenen namens der Landesre- semitteilung vom 16. März 2010 der Gewerk- gierung wie folgt: schaft ver.di? Zu 1: Das Gutachten spiegelt die Meinung der 2. Sind die Vergleiche der Organisationsstruktu- Gewerkschaft ver.di wider. Die Landesregierung ren aus der in Bezug genommenen Pressemit- teilung vom 16. März 2010 begründet? tritt für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger ein und steht immer in einem offenen Dialog für 3. Wie bewertet die Landesregierung die dar- eine effiziente Gefahrenabwehr, hier explizit betref- gestellte Form der Auseinandersetzung? fend die kommunalen Feuerwehren und den Ret- Das Gutachten „Entwicklung zur Verpolizeilichung tungsdienst. Insoweit befindet sich die Landesre- kommunaler Feuerwehren und Rettungsdienste in gierung im engen Schulterschluss mit den Feuer- deutschen Ländern“ zielt primär auf den Einsatz wehrverbänden, den kommunalen Spitzenverbän- der kommunalen Feuerwehrkräfte als Hilfsressour- den sowie der AG der Leiter der Berufsfeuerweh- ce der staatlichen Polizei. Diese Grundthese des ren „Bund“. Gutachtens wurde bereits im gemeinsamen The- Zu 2: Die in der Pressemitteilung vom 16. März senpapiers des Deutschen Feuerwehrverbandes, 2010 aufgezeigten Vergleiche der bestehenden des deutschen Städtetages, des deutschen Land- Organisationsstruktur in Niedersachsen mit der kreistages, des deutschen Städte- und Gemeinde- Organisation des Brandschutzes im Nationalsozia- bundes und der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der lismus oder in der DDR sind absolut unbegründet Berufsfeuerwehren „Bund“ aufgenommen sowie in und diffamierend. Vergleiche mit zentralistischen der 46. Plenarsitzung am 24. September 2009 im Strukturen in einer diktatorischen Staatsmacht Landtag anhand des Antrages der SPD-Fraktion entbehren jeder Grundlage und werden insoweit „Identität der Feuerwehren als kommunale Einrich- nicht weiter kommentiert. tungen der Daseinsvorsorge erhalten!“ (Drs. 16/1174) thematisiert und jeweils als nicht Zu 3: Die Erstellung eines Gutachtens zur Bewer- begründet zurückgewiesen. tung einer Sachlage ist ein Weg der Entschei- dungsfindung. Die Organisationsstruktur in Nieder- In Fortsetzung dieser Thematik wurde ein juristi- sachsen wurde im Rahmen des demokratischen sches Gutachten im Auftrage von ver.di erstellt. Prozesses durch parlamentarische Rechtssetzung

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umgesetzt. Dabei sind im Vorfeld die Beteiligten, Es ist Ziel der Landesregierung, alle Bildungspo- namhaft der Niedersächsische Städtetag, der Nie- tenziale zu entfalten und durch individuelle Förde- dersächsische Landkreistag, der Niedersächsische rung Chancengerechtigkeit zu sichern. Die Kinder Städte- und Gemeindebund, die AGBF „Nieder- bringen sehr unterschiedliche Voraussetzungen sachsen“ und der Niedersächsische Landesfeuer- mit, wenn sie ihre Schullaufbahn beginnen. Des- wehrverband, angehört worden. Somit wurde ein halb müssen so früh wie möglich die Vorausset- umfassender Meinungsaustausch vor dem Ent- zungen für eine möglichst optimale Entwicklung scheidungsprozess geführt. aller Kinder geschaffen werden.

Bereits heute bestehen zwischen den einzelnen Anlage 5 Regionen Niedersachsens zum Teil erhebliche strukturelle Unterschiede. Sie erfordern differen- Antwort zierte Handlungsansätze, um ein qualitativ hoch- des Kultusministeriums auf die Frage 6 der Abg. wertiges, regional ausgeglichenes und vielfältiges Jutta Rübke und Frauke Heiligenstadt (SPD) Bildungsangebot vorzuhalten. Warum behandelt das Land Horte und Ganz- Eltern haben die Möglichkeit, ihre Kinder neben tagsgrundschulen finanziell unterschied- dem Schulunterricht betreuen zu lassen. Für lich? Grundschülerinnen und Grundschüler steht dafür Immer mehr Kreise, Städte und Gemeinden der Hort zur Verfügung. Horte gehören gesetzlich wollen ihre Grundschulen zu Ganztagsgrund- zu den Tageseinrichtungen für Kinder. Sie haben schulen ausbauen. Das Land Niedersachsen genehmigt Anträge auf Ganztagsschulen für al- als Einrichtungen der Jugendhilfe einen eigenen le Schulformen jedoch nur ohne finanzielle Un- Bildungsauftrag, und für sie gelten hinsichtlich der terstützung. Derzeit besteht zwar ein Rechtsan- personellen Voraussetzungen Mindestanforderun- spruch auf Finanzhilfe für Horte nach dem gen. Horte werden von Trägern der öffentlichen KiTaG, aber kein Rechtsanspruch für die Bezu- schussung von Ganztagsgrundschulen. und freien Jugendhilfe betrieben und bedürfen einer Erlaubnis. Für die in Horten vorgesehenen Diese unterschiedlichen Rechtsansprüche füh- ren zu einer finanziellen Ungleichbehandlung Fachkräfte gewährt das Land nach den Regeln der Förderung von Horten und Ganztagsgrund- des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder schulen. Bei der Schaffung einer offenen Ganz- eine Finanzhilfe in Höhe von 20 % der Personal- tagsgrundschule mit mindestens drei offenen ausgaben. Der Hort wirkt mit der Grundschule in Angeboten in der Woche bedeutet dies, dass für die Horte an den Schulen keine Finanzhilfe der Bildungs- und Betreuungsarbeit eng zusam- vom Land gezahlt wird, da die Mindestbetreu- men. ungszeit des KiTaG unterschritten wird. Nach Auffassung des Niedersächsischen Städtetages Neben dem „klassischen“ Hort als schulergänzen- führt dies zu finanziellen Verlusten für die Städ- der Einrichtung gibt es zunehmend Ganztagsschu- te und Gemeinden, die sich noch dadurch ver- len. Die Zahl der Ganztagsschulen steigt kontinu- größern, dass auch Elternbeiträge nicht mehr erhoben werden können. Auch deswegen for- ierlich und erheblich. In Niedersachsen werden dert der Niedersächsische Städtetag, die finan- allein zum Schuljahr 2010/2011 voraussichtlich zielle Förderung der Horte „im System“ zu las- 270 neue Ganztagsschulen, darunter überwiegend sen und die Ganztagsgrundschulen nicht Grundschulen, genehmigt. Eine derart große An- schlechterzustellen. zahl von Antragstellern hat es zuvor noch in kei- Wir fragen die Landesregierung: nem Genehmigungsverfahren gegeben. Damit wird 1. In wie vielen Kreisen, Städten und Gemein- es mit dem Schuljahrsbeginn 2010/2011 rund den scheitert der Ausbau der Ganztagsgrund- 1 150 Ganztagsschulen in Niedersachsen geben. schulen, weil es die unterschiedlichen Finanz- Das entspricht über einem Drittel aller öffentlichen hilfen für Horte und Ganztagsgrundschulen gibt? allgemeinbildenden Schulen. Vor dem Regie- rungswechsel 2003 gab es nur gut 150 Ganztags- 2. Unterstützt die Landesregierung die Forde- rung des Niedersächsischen Städtetages, die schulen. finanzielle Förderung der Horte und Ganztags- grundschulen zusammenzuführen? Wenn nein, Das Verfahren zur Errichtung von Ganztagsschu- warum nicht? len ist durch den Erlass „Die Arbeit in der öffentli- chen Ganztagsschule“ vom 16. März 2004 und 3. Welche Maßnahmen plant die Landesregie- rung, um den genehmigten Ganztagsgrund- den Erlass „Anträge zur Errichtung von Ganztags- schulen eine ausreichende Finanzausstattung schulen“ vom 18. Juli 2005 geregelt. Bei den ge- zu gewähren? genwärtig zu genehmigenden Ganztagsschulen

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wird das Ganztagsangebot der Schule im Einver- on zwischen den unterschiedlichen Lernorten und nehmen mit dem Schulträger als eine ständige Phasen der Bildungsbiographien. Kooperation mit Trägern der Jugendhilfe oder an- deren Kooperationspartnern durchgeführt, um auf Zu 3: Das Land Niedersachsen wendet zurzeit der Grundlage eines gemeinsamen pädagogi- rund 79 Millionen Euro im Schuljahr 2009/2010 für schen Konzeptes eine offene Ganztagsschule zu die Personalausstattung der Ganztagsschulen auf. errichten. Die Genehmigung wird erteilt, sofern für Davon entfallen rund 8 Millionen Euro auf Ganz- die Schülerinnen und Schüler an mindestens drei tagsgrundschulen (Lehrerstunden/Personalkosten Tagen einer vollen Unterrichtswoche ganztagsspe- für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter). zifische Nachmittagsangebote eingerichtet sind. Es Um Entgelte für befristete Beschäftigungsverhält- gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Konzeptionen nisse im Rahmen von Kooperationen mit außer- und Angebote der Erziehung und Betreuung für schulischen Partnern zahlen zu können, können Kinder jeden Alters. Schulen Stellen in Mittel umwandeln. Vor dem Hintergrund der Haushaltssituation sind seit 2004 Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der nur solche Schulen genehmigt worden, die einen Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie Antrag mit dem Verzicht auf zusätzliche Personal- folgt: ressourcen gestellt und ihre Konzepte auf Zusam- menarbeit mit Kooperationspartnern ausgerichtet Zu 1: Schule und Jugendhilfe sind rechtlich und haben. Dennoch hat die Landesregierung auch institutionell unterschiedlich geregelt. Die Verant- diese Schulen alle mit zusätzlichen Lehrerstunden wortung für die Einrichtung von Angeboten der unterstützt. Trotz der angespannten Haushaltslage Jugendhilfe für Schulkinder liegt beim Träger der hat der Haushaltsgesetzgeber auch aktuell wieder Jugendhilfe. Ganztagsschulen werden von den rund 4,8 Millionen Euro jährlich (104 zusätzliche Schulträgern geführt. Die Trägerschaft von Hort Stellen) für die Ausstattung der insgesamt neu zu und Ganztagsschule kann zusammenfallen, sie errichtenden Ganztagsschulen ab dem 1. August wird jedoch in unterschiedlichen Funktionen wahr- 2010 vorgesehen. genommen. Die Behauptung in der Fragestellung trifft deshalb nicht zu. Fiskalische Erwägungen, von Ganztagsschulen Abstand zu nehmen, weil Anlage 6 bereits Horte finanziert werden, sind dem Land nicht bekannt. Statistische Angaben können des- Antwort halb auch nicht erfasst werden, und Angaben dar- über sind daher nicht möglich. Vielmehr gibt es im des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Zuge der zunehmenden Errichtung offener Ganz- Gesundheit und Integration auf die Frage 7 des tagsschulen an einigen Standorten in Niedersach- Abg. Ronald Riese (FDP) sen Überlegungen dahin gehend, die klassischen Horte zugunsten der die offene Ganztagsschule Schwangerschaftsabbrüche in Niedersach- sen ergänzenden Betreuungsangebote der Jugendhilfe aufzulösen. Nach einer Mitteilung des Landesbetriebes für Statistik und Kommunikationstechnologie Nie- Zu 2: Auf die Vorbemerkungen und auf die Antwort dersachsen ist die Zahl der Schwangerschafts- zu Frage 1 wird verwiesen. Eine Zusammenfüh- abbrüche in Niedersachsen, gemessen an den Jahren 2006 bis 2008, rückläufig. Dennoch ha- rung der finanziellen Förderung ist gegenwärtig ben im Jahr 2008 immer noch 9 734 Frauen in nicht vorgesehen, wird aber geprüft. Ziel der Lan- Niedersachsen eine Schwangerschaft nicht desregierung ist es, die Bildungs- und Betreu- ausgetragen. Der Anteil der Abbrüche nach der Beratungsregelung lag dabei bei 9 550. ungsangebote, ausgerichtet an den ganz konkre- ten Bedürfnissen des einzelnen Kindes und Ju- Im Falle ungewollter Schwangerschaft werden gendlichen, qualitativ hochwertig in gemeinsamer Schwangerschaftsabbrüche vollständig durch Verantwortung mit den zuständigen Trägern zu die Krankenkassen erstattet, sofern der Ab- bruch medizinisch bzw. kriminologisch indiziert gestalten. Dabei wird es vor allem darum gehen, ist, bzw. erstattet das Land die entstandenen auf der Grundlage systematischer Analysen be- Kosten, sofern die die Schwangerschaft Abbre- stehende personelle, sächliche und institutionelle chende nicht über ausreichendes Einkommen Ressourcen so optimal wie möglich für die Kinder verfügt (§§ 1 und 4 des Gesetzes zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in be- und Jugendlichen einzusetzen, z. B. durch die sonderen Fällen). Stärkung der Zusammenarbeit und die Koordinati-

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Ich frage die Landesregierung: welchem Umfang - gemessen an den Abbruchfäl- 1. Wie hoch war in den Jahren 2005 bis 2009 len eines Jahres - die Kosten gemäß SchwHG vom jeweils der Anteil der Fälle, bei denen die Kos- Land Niedersachsen getragen wurden, nicht mög- ten gemäß dem Gesetz zur Hilfe für Frauen bei lich. Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen vom Land Niedersachsen getragen wur- Für die Leistungen nach § 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 den? SchHG, die den Ärztinnen und Ärzten sowie den 2. Auf welche Weise werden die Voraussetzun- Kliniken in den Jahren 2005 bis 2009 erstattet gen des § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Hilfe für wurden, sind dem Land Niedersachsen folgende Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in be- Kosten aufgrund nachstehender Zahlfälle in den sonderen Fällen in Niedersachsen geprüft? jeweiligen Haushaltsjahren entstanden: 3. Wie hoch waren dabei die Kosten, die dem Land durch Übernahme der Kosten nach § 1 Jahr Zahlfälle im Kosten Abs. 2 des Gesetzes zur Hilfe für Frauen bei Haushaltsjahr Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen entstanden sind? 2005 10 502 3 280 630,63 Euro Gemäß § 1 des Gesetzes zur Hilfe für Frauen bei 2006 10 929 3 488 866,91 Euro Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen 2007 11 107 3 485 074,80 Euro (SchwHG) hat eine Frau einen Anspruch auf Leis- tungen nach dem SchwHG, wenn ihr die Aufbrin- 2008 10 132 3 386 929,20 Euro gung der Mittel für den Schwangerschaftsabbruch 2009 9 826 3 282 982,09 Euro nicht zuzumuten ist. In diesen Fällen haben die Länder den Krankenkassen nach § 4 SchwHG Zu 2: Gemäß § 3 Abs. 2 SchwHG stellen die ge- u. a. die Kosten zu erstatten, die durch die Vor- setzlichen Krankenkassen die Bescheinigung über nahme von Schwangerschaftsabbrüchen nach der die Kostenübernahme aus, wenn die Vorausset- sogenannten Beratungsregelung entstanden sind. zungen des § 1 SchwHG vorliegen. Die Tatsachen sind glaubhaft zu machen. In Niedersachsen haben die gesetzlichen Kran- kenkassen und das Land durch öffentlich-recht- Im Rahmen der Umsetzung ihres gesetzlichen lichen Vertrag vom 20. Dezember 2002 geregelt, Auftrags nach dem SchwHG haben die Spitzen- dass dem Land die Abrechnung der Leistungen verbände der Krankenkassen in einem Gemein- 1 übertragen wird, die den gesetzlichen Kranken- samen Rundschreiben vom 6. Dezember 1995 zu kassen gemäß § 2 SchwHG obliegt. Aufgrund den Leistungsansprüchen u. a. bei einem dieses Vertrages rechnen die Ärztinnen und Ärzte Schwangerschaftsabbruch Stellung genommen. sowie die Kliniken die Leistungen nach § 2 Das Gemeinsame Rundschreiben enthält u. a. SchwHG direkt mit dem Niedersächsischen Lan- detaillierte Hinweise und Erläuterungen zur Prü- desamt für Soziales, Jugend und Familie ab. fung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 SchwHG. Es dient der Klarstellung und einheitli- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen chen Umsetzung des Gesetzes durch die gesetzli- namens der Landesregierung wie folgt: chen Krankenkassen. Zu 1 und 3: Die Statistiken des Statistischen Bun- desamtes weisen auf der Grundlage der Erhebung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Schwangerschafts- Anlage 7 konfliktgesetzes (SchKG) die Anzahl der Schwan- Antwort gerschaftsabbrüche aus, die in dem betreffenden Berichtsjahr vorgenommen wurden. Dagegen er- des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf fasst das Landesamt für Soziales, Jugend und die Frage 8 des Abg. Stefan Wenzel (GRÜNE) Familie die in dem jeweiligen Haushaltsjahr abge- Meldungen nach § 74 Abs. 3 des Bundes- rechneten Fälle der Schwangerschaftsabbrüche. berggesetzes zum Bergwerk Asse bei der Die Zahlen der Bundesstatistik und die vom Lan- niedersächsischen Bergaufsicht desamt erfassten Kostenerstattungsfälle sind we- § 74 Abs. 3 des Bundesberggesetzes regelt die gen der verschiedenen Bezugspunkte Abbruchjahr sofortige Anzeigepflicht für bestimmte Ereignis- se. Diese Ereignisse müssen der Bergaufsicht bzw. Abrechnungsjahr nicht identisch. Nachmel- dungen, Überhänge u. Ä. führen zu einer nicht jahresbezogenen Zuordnung im Sinne der Bun- 1 In der Fassung von 14. August 2007 abrufbar unter http://www.vdek.com/versicherte/Leistungen/empfaengnisver- desstatistik. Daher ist eine Aussage darüber, in huetung/gr_empfaengnisverhuetung_20070814.pdf

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gemeldet werden. Zu den Ereignissen in einem Meldungen im Rahmen telefonischer Sofortmel- Salzbergwerk, die von dieser sofortigen Melde- dungen sowie schriftliche Berichte liegen der pflicht betroffen sind, gehören Laugenzuflüsse, Gefährdungen der Stabilität, Schwebendurch- Bergbehörde für alle Zuflüsse an den jeweiligen brüche, Löserfälle und andere Ereignisse, die Laugenstellen vor. Zusammenfassend sind sie das Bergwerk, den oberirdischen Bergscha- zudem in den halbjährlichen Laugeberichten ent- densbereich, Gesundheitsgefährdungen von halten und über die Jahre hinweg auch den jewei- Bergleuten, Anwohnerinnen und Anwohnern betreffen. ligen themen- bzw. ortsbezogenen Betriebsakten zu entnehmen Ich frage die Landesregierung:

1. Welche offiziellen Meldungen vom Unter- nehmer nach Bergrecht, dem ehemaligen Asse- Im Hinblick auf die Beantwortung der hier gestell- Betreiber GSF/HMGU, nach § 74 Abs. 3 ten Fragen zu den Laugenzuflüssen, den Gefähr- BBergG zu Laugenzuflüssen liegen der Berg- dungen der Stabilität, den Schwebendurchbrü- aufsicht vor? chen, den Löserfällen und anderen Ereignisse ist 2. Welche offiziellen Meldungen vom Unter- zudem auf den Ersten Statusbericht des Nieder- nehmer nach Bergrecht, dem ehemaligen Asse- Betreiber GSF/HMGU, nach § 74 Abs. 3 sächsischen Ministeriums für Umwelt und Klima- BBergG zu Gefährdungen der Stabilität des schutz vom 1. September 2008 zu verweisen. Bergwerks aufgrund markscheiderischer Mes- sungen liegen der Bergaufsicht vor? Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine 3. Aufgrund welcher Meldungen nach § 74 Abs. 3 BBergG und welcher sonstigen Erkennt- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: nisse der Bergbehörde hat die niedersächsi- sche Bergaufsicht für den Unternehmer von Asse II zwingende bergrechtliche Verfügungen Zu 1 und 2: Der Landesregierung liegen die Origi- zur Verfüllung der Südflanke und zu Konse- nalakten derzeit nicht vor. Die Prüfung aller be- quenzen im Umgang mit Laugenzuflüssen er- trieblichen Vorgänge aus der Vergangenheit der lassen? Schachtanlage Asse II ist Gegenstand des Der Gesetzgeber hat nach § 74 Abs. 3 des Bun- 21. Parlamentarischen Untersuchungsausschus- desberggesetzes (BBergG) eine besondere Anzei- ses. Hierzu sind die Betriebsakten der Schachtan- geverpflichtung des Unternehmers an die Bergbe- lage Asse II, die die ehemaligen Betreiber, das hörde geregelt, die bei Betriebsereignissen vorzu- Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit nehmen ist, die den Tod oder die schwere Verlet- GmbH (GFS) sowie das Helmholtzzentrum Mün- zung einer oder mehrerer Personen herbeigeführt chen (HMGU) betreffen, von der Niedersächsi- haben oder herbeiführen können. Weiter sind nach schen Landesregierung dem Niedersächsischen dieser Vorschrift auch Betriebsereignisse, deren Landtag vorgelegt worden. Soweit Meldungen Kenntnis für die Verhütung oder Beseitigung von nach § 74 Abs. 3 BBergG zu Laugezuflüssen und Gefahren für Leben und Gesundheit der Beschäf- Gefährdungen der Stabilität erfolgten, können die- tigten oder Dritter oder für den Betrieb von beson- se von den Mitgliedern des 21. Parlamentarischen derer Bedeutung sind, der Bergbehörde anzuzei- Untersuchungsausschusses, zu denen der Frage- gen. Die nach § 74 Abs. 3 BBergG vorgeschriebe- steller gehört, den derzeit im Landtag vorliegenden nen Anzeigen müssen unverzüglich erstattet wer- Akten entnommen werden. den. Die Pflicht zur Anzeige nach § 74 Abs. 3 BBergG setzt eine Erheblichkeit des Betriebser- eignisses im vorgenannten Sinne voraus. Zu 3: Die Verfüllung der Südflanke erfolgte nicht aufgrund einer einzelnen Meldung oder einer In der Verwaltungspraxis erfolgt eine Vielzahl von bergbehördlichen Verfügung, sondern war das Meldungen des Unternehmers an die Bergbehör- Ergebnis einer langjährigen gebirgsmechanischen de. Da es hierfür keine Formvorschriften gibt, kön- Beobachtung der Stabilität des Grubengebäudes nen diese Meldungen schriftlich, telefonisch, per durch den Unternehmer und der sachverständigen E-Mail oder mündlich im Rahmen von bergauf- Begleitung durch die Bergbehörde und deren Gut- sichtlichen Betriebsbesichtigungen erfolgen. In den achter, der Bundesanstalt für Geowissenschaften wenigsten Fällen wird dabei auf § 74 Abs. 3 und Rohstoffe (BGR). Im Übrigen wird auf die Vor- BBergG Bezug genommen, zumal diese Vorschrift bemerkungen verwiesen. eine Erheblichkeit des Betriebsereignisses (Tod, schwere Verletzung oder sonstige Vorkommnisse von besonderer Bedeutung) voraussetzt.

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Anlage 8 Die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde ist kein Geheimdienst, sondern - wie alle Verfas- Antwort sungsschutzbehörden des Bundes und der Län- des Ministeriums für Inneres und Sport auf die der - ein Nachrichtendienst. Die Behörde nimmt Frage 9 der Abg. Kreszentia Flauger und Victor ihre Aufgaben auf der Grundlage und im Rahmen Perli (LINKE) des Niedersächsischen Verfassungsschutzgeset- Sind oder waren Angehörige und V-Leute zes (NVerfSchG) sowie weiterer gesetzlicher Re- des niedersächsischen Verfassungsschut- gelungen wahr. Hierbei unterliegt sie einer rechts- zes im Niedersächsischen Landtag, im staatlich begründeten, vielfältigen Kontrolle unab- Deutschen Bundestag oder in anderen Par- hängiger Instanzen (Niedersächsischer Landtag, lamenten tätig? Landesbeauftragter für den Datenschutz, Gerichte) Vor wenigen Wochen ist durch einen Pressebe- und unterrichtet über ihre wesentlichen Arbeitser- richt bekannt geworden, dass ein Mitarbeiter des Berliner Verfassungsschutzes zumindest in gebnisse die Öffentlichkeit. Demgegenüber wer- der 16. Wahlperiode des Deutschen Bundesta- den unter Geheimdiensten staatliche Organisatio- ges als wissenschaftlicher Referent für einen nen fremder Mächte verstanden, die nicht nur poli- SPD-Bundestagsabgeordneten gearbeitet hat. tisch, wirtschaftlich, wissenschaftlich oder militä- Wenige Tage später teilte die Bundesregierung risch bedeutsame Nachrichten beschaffen und für in der Antwort auf eine schriftliche Anfrage ei- ihre Auftraggeber auswerten, sondern die auch ner Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE im aktive Handlungen zur Störung oder Beeinflussung Deutschen Bundestag mit, dass „seit der 16. Wahlperiode ein Angehöriger des Bundes- „politischer Gegner“ im In- und Ausland vorneh- amtes für Verfassungsschutz für einen Bundes- men. Dabei streben sie ein Höchstmaß an Ge- tagsabgeordneten tätig (ist)“. Zudem habe der heimhaltung an. Bundesnachrichtendienst in der Vergangenheit einen Mitarbeiter gehabt, der „für eine im Bun- Nach der Regelung des § 6 Abs. 10 NVerfSchG destag vertretene Fraktion tätig“ war. darf sich die Informationsbeschaffung mit nachrich- Nach Einschätzung von Beobachtern kann die tendienstlichen Mitteln, insbesondere mit V-Leuten, Beschäftigung von Geheimdienstlern in Parla- nicht gegen Personen richten, die in Strafverfahren menten zu einem Vertrauensverlust bei Bürge- aus beruflichen Gründen zur Verweigerung des rinnen und Bürgern sowie zu Misstrauen inner- halb des Parlaments führen und die freie Man- Zeugnisses berechtigt sind (§§ 53 und 53 a der datsausübung beeinträchtigen. Zudem sei ein Strafprozessordnung - StPO), soweit Sachverhalte solcher Vorgang verfassungsrechtlich in hohem betroffen sind, auf die sich ihr Zeugnisverweige- Maße fragwürdig. rungsrecht bezieht. Die Verfassungsschutzbehörde Wir fragen die Landesregierung: darf gemäß § 6 Abs. 10 Satz 2 NVerfSchG solche 1. Sind Angehörige oder V-Leute des nieder- Personen nicht von sich aus nach Absatz 1 Satz 1 sächsischen Verfassungsschutzes im Nieder- Nr. 1 in Anspruch nehmen. Zu diesem Personen- sächsischen Landtag, im Deutschen Bundestag kreis zählen nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StPO oder in anderen Parlamenten tätig und, wenn die Mitglieder des Deutschen Bundestages, der ja, seit wann, bei welcher Fraktion bzw. Abge- ordneten welcher Fraktion und mit welcher Aus- Bundesversammlung, eines Landtages oder die wirkung für die Tätigkeit beim Geheimdienst? Mitglieder des Europäischen Parlaments aus der 2. Waren Angehörige oder V-Leute des nieder- Bundesrepublik Deutschland. V-Leute sind keine sächsischen Verfassungsschutzes in den letz- Mitarbeiter des Verfassungsschutzes. Soweit Mit- ten Jahrzehnten im Niedersächsischen Land- arbeiter des Verfassungsschutzes neben ihrer tag, im Deutschen Bundestag oder in anderen Tätigkeit für den Verfassungsschutz noch eine Parlamenten tätig und, wenn ja, in welchem Zeitraum, bei welcher Fraktion bzw. Abgeord- weitere Tätigkeit wahrnehmen, sind sie als Beam- neten welcher Fraktion und mit welcher Auswir- tinnen und Beamte gemäß § 40 Satz 1 des Beam- kung für die Tätigkeit beim Geheimdienst? tenstatusgesetzes sowie als Beschäftigte gemäß 3. Ist der Landesregierung bekannt, ob in den § 3 Abs. 4 Satz 1 des Tarifvertrages für den öffent- letzten Jahrzehnten Angehörige oder V-Leute lichen Dienst der Länder (TV-L) verpflichtet, diese anderer inländischer oder ausländischer Ge- Nebentätigkeiten grundsätzlich anzuzeigen. Unab- heimdienste im Niedersächsischen Landtag tä- tig waren (falls ja, bitte mit Angabe des nach- hängig davon steht es Angehörigen des Verfas- gewiesenen Zeitraums, der jeweiligen Fraktion sungsschutzes in Ausübung ihrer bürgerlichen bzw. der Fraktion des betroffenen Abgeordne- Rechte und im Rahmen der Rechtsordnung frei, ten)? ehrenamtlich und ohne Bezug zu ihrer beruflichen Tätigkeit politische Parteien und deren gewählte Vertreter zu unterstützen. So steht die Beschäfti-

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gung bei der niedersächsischen Verfassungs- höriger der Verfassungsschutzbehörde Nieder- schutzbehörde beispielsweise der Wahrnehmung sachsens letztlich bundesweit an alle Bundes-, eines kommunalen Mandats nicht entgegen. Landes- und Kommunalbehörden zu verschicken mit der Bitte, die Personalakten von noch im akti- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage ven Dienst befindlichen oder bereits ausgeschie- namens der Landesregierung wie folgt: denen Personen aus diesem Katalog für eine Prü- Zu 1: Weder Angehörige noch V-Leute des nieder- fung durch die niedersächsische Verfassungs- sächsischen Verfassungsschutzes sind derzeit im schutzbehörde zu übersenden. Niedersächsischen Landtag, im Deutschen Bun- Vor dem Hintergrund, dass zumindest für Behör- destag oder in anderen Parlamenten tätig. den außerhalb Niedersachsens eine Verpflichtung Zu 2: Der Verfassungsschutzbehörde sind aktuell zur Überlassung der Personalakten nicht besteht keine Fälle bekannt, in denen in der Vergangenheit und zusätzlich auch datenschutzrechtliche sowie die genannten Personengruppen im Niedersächsi- Aspekte aus geheimhaltungsrechtlichen Erwägun- schen Landtag, im Deutschen Bundestag oder in gen einer gründlichen rechtlichen Prüfung bedürf- anderen Parlamenten tätig gewesen sind. ten, steht der erforderliche Arbeitsaufwand für eine über die aktuelle Einschätzung hinausgehende Von einer mit unvertretbarem Aufwand verbunde- Recherche außer Verhältnis. nen Aktenrecherche wurde abgesehen. Eine Re- cherche wäre danach nur durch eine Erhebung Zu 3: Bezüglich einer nachrichtendienstlichen Tä- aller bisherigen Angehörigen des Verfassungs- tigkeit anderer inländischer Verfassungsschutzbe- schutzes und der nachfolgenden Prüfung einer hörden gilt folgendes: Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 etwaig erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung mög- NVerfSchG dürfen Verfassungsschutzbehörden lich, die in die jeweilige Personalakte aufgenom- anderer Länder im Land Niedersachsen nur im men wird. Nach § 94 NBG werden Personalakten Einvernehmen mit der niedersächsischen Verfas- bis fünf Jahre nach dem Tod aufbewahrt. Nach sungsschutzbehörde tätig werden. Das Bundesamt Ablauf dieser Aufbewahrungszeit werden sie ver- für Verfassungsschutz darf im Land Niedersachsen nichtet, sofern sie nicht vom Landesarchiv über- nur im Benehmen mit der Verfassungsschutzbe- nommen werden. hörde tätig werden (§ 2 Abs. 2 Satz 3 NVerfSchG; Zu überprüfen wären danach die Personalakten § 5 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgeset- nicht nur derjenigen Angehörigen des Verfas- zes). Über eine Tätigkeit im Sinne der Anfrage sungsschutzes, die direkt aus ihrem Dienst in der liegen der Verfassungsschutzbehörde keine Er- niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde in kenntnisse vor. Eine Tätigkeit von Angehörigen den Ruhestand ausgeschieden sind, sondern auch oder V-Leuten ausländischer Geheimdienste im die Personalakten der in andere Behörden ge- Niedersächsischen Landtag könnte Straftatbe- wechselten ehemaligen Angehörigen des Verfas- stände (§ 98 StGB - Landesverräterische Agenten- sungsschutzes und dabei ebenfalls auch aller tätigkeit, § 99 StGB - Geheimdienstliche Agenten- ehemaligen Angehörigen, die erst nach ihrer Tä- tätigkeit) erfüllen. Auch insoweit sind keine Aktivitä- tigkeit in der niedersächsischen Verfassungs- ten bekannt. schutzbehörde aus dem aktiven Dienst ausge- schieden sind. Die Überprüfung würde die Einbe- ziehung einer nicht überschaubaren Zahl an akten- Anlage 9 führenden Behörden erforderlich machen. Antwort So sind z. B. im Jahr 1992 etwa 200 Mitarbeiter des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr der ehemaligen Abteilung 4 des niedersächsischen auf die Frage 10 des Abg. André Wiese (CDU) Innenministeriums aufgrund der mit der Errichtung des Landesamtes für Verfassungsschutz verbun- Ausschreibungspflicht von Kommunen bei denen Personalreduzierung auf andere Behörden Immobiliengeschäften verteilt worden oder zu einem nicht geringen Anteil Mit der Entscheidung vom 25. März 2010 hat auch in die neuen Bundesländer gewechselt, wo der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Rechtsgültigkeit der deutschen Regelung im sie in verschiedensten Aufgabenbereichen tätig Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wurden oder noch tätig sind. (GWB) bestätigt. Denn auch der EuGH stellt in seinem Urteil darauf ab, dass eine europaweite Eine Beantwortung der Frage machte im Ergebnis Ausschreibung zwar nicht nur in einer gegen- erforderlich, die Liste sämtlicher ehemaliger Ange- ständlichen oder körperlichen Beschaffung be-

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gründet sein könne. Erforderlich sei jedoch, setzt ein öffentlicher Bauauftrag voraus, dass die dass die Bauleistung dem Auftraggeber „unmit- Bauleistung durch einen Dritten (= Erwerber des telbar wirtschaftlich zugute kommt“. Grundstücks) gemäß den Erfordernissen des Ver- Der EuGH führt in seinem Urteil weiter aus: äußerers des Grundstücks für diesen erfolgt und „Die Ausübung von städtebaulichen Rege- diesem unmittelbar wirtschaftlich zugute kommt. lungszuständigkeiten durch den öffentlichen Auftraggeber genügt nicht, um diese letztge- Zuvor hatte das OLG im Oktober 2008 wegen der nannte Voraussetzung zu erfüllen.“ Kritik an seiner Rechtsprechung und der beabsich- Darüber hinaus lehnt der EuGH die vom Ober- tigten Gesetzesänderung im GWB dem EuGH eine landesgericht Düsseldorf und auch anderen Vorlage zur Vorabentscheidung über den Bauauf- deutschen Vergabesenaten vorgenommene Anwendung einer - vergaberechtspflichtigen - tragsbegriff zugeleitet. Baukonzession auf die vorgenannten kommu- In seinem Urteil vom 25. März 2010 hat der EuGH nalen Immobiliengeschäfte ab. Der EuGH stellt vielmehr fest, dass unter Umständen wie denen entschieden, dass bloße „städtebauliche Rege- des Ausgangsverfahrens das europäische Ver- lungszuständigkeiten“ des Veräußerers des Grund- gaberecht „keine Anwendung auf eine Situation stücks „weder auf den Erhalt einer vertraglichen findet, in denen eine öffentliche Stelle ein Leistung noch auf die Befriedigung des unmittelba- Grundstück an ein Unternehmen veräußert, während eine andere öffentliche Stelle beab- ren wirtschaftlichen Interesses des öffentlichen sichtigt, einen öffentlichen Bauauftrag in Bezug Auftraggebers gerichtet“ sind. Dieses wirtschaftli- auf dieses Grundstück zu vergeben, auch wenn che Interesse ergibt sich danach „eindeutig“, wenn sie noch nicht formell beschlossen hat, den der Veräußerer Eigentümer der Bauleistung oder entsprechenden Auftrag zu erteilen“. des Bauwerks wird. Gleiches gilt, wenn dem Ver- Ich frage die Landesregierung: äußerer des Grundstücks die Verfügungsbefugnis 1. Wie bewertet die Landesregierung das über das zu errichtende Bauwerk im Hinblick auf Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtsho- seine öffentliche Zweckbestimmung eingeräumt fes vom 25. März 2010 zur Ausschreibung wird oder der Veräußerer wirtschaftliche Vorteile kommunaler Immobiliengeschäfte? aus der zukünftigen Nutzung oder Veräußerung 2. Welche Auswirkung hat dieses Urteil für die des Bauwerks ziehen kann, sich finanziell an der niedersächsischen Kommunen? Erstellung des Bauwerks beteiligt oder Risiken im 3. Wie wirkt sich dieses Urteil auf die laufenden Falle eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Bau- Ausschreibungen und auf andere Bereiche der werks übernimmt. Der EuGH betont, dass es für Gemeindewirtschaft aus? die Annahme eines Bauauftrages nicht erforderlich Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hatte im sei, dass die Leistung die Form eines gegenständ- Jahre 2007 entschieden, dass Grundstücksveräu- lichen oder körperlichen Objektes habe. Für die ßerungen nach den Regeln des Vergaberechts Annahme eines Bauauftrags sei eine einklagbare auszuschreiben sind, wenn sie mit Bauverpflich- Bauverpflichtung erforderlich. tungen des Erwerbers verbunden sind. Dies gelte Außerdem führt der EuGH aus, dass eine Baukon- auch für Verpflichtungen aus städtebaulichen Pla- zession voraussetze, dass der öffentliche Auftrag- nungen. Insoweit reiche für die Annahme eines geber die Verfügungsbefugnis über das Grund- nach Vergaberecht zu beurteilenden Bauauftrages stück besitzt. Anderenfalls könne eine Baukonzes- (in der Gestalt einer Baukonzession) die Einfluss- sion nicht erteilt werden. nahme des Grundstücksveräußerers auf das ge- stalterische Baukonzept des Erwerbers im Sinne Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens von Vorgaben aus. Das Gericht ging damit von der Landesregierung wie folgt beantwortet: einem Beschaffungsvorgang im Sinne des Verga- Zu 1: Die Entscheidung des EuGH ist zu begrü- berechts aus. Diese Rechtsprechung hatte das ßen, da sie für Rechtsklarheit sorgt und die Dis- OLG in weiteren Entscheidungen bekräftigt. kussion um die Vergabepflichtigkeit von Grund- Der Bundesgesetzgeber trat dieser in der Verga- stücksverkäufen mit damit in Zusammenhang ste- bepraxis heftig kritisierten Rechtsprechung des henden Bauleistungen endgültig beendet hat. In OLG im Rahmen des Gesetzes zur Modernisie- diesem Zusammenhang ist es positiv zu bewerten, rung des Vergaberechts, in Kraft getreten im April dass damit auch die Präzisierung des öffentlichen 2009, entgegen. Nach dem neugefassten § 99 des Auftragbegriffs im GWB durch den Bundesgesetz- Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen geber vom EuGH inhaltlich als richtlinienkonform (GWB) wurde der für öffentliche Aufträge notwen- bestätigt worden ist. dige Beschaffungscharakter präzisiert. Danach

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Zu 2: Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs Mittagessen, weil es unter Berücksichtigung der sichert kommunale Handlungsspielräume bei der Bedürfnisse der behinderten Menschen zur Si- cherung des Maßnahmeerfolgs erforderlich ist. Stadtentwicklung. Unsicherheiten bei der Nutzung Die Maßnahme in einer Werkstatt für behinder- des Instruments der städtebaulichen Verträge sind te Menschen verfolgt nämlich konzeptionell damit beseitigt worden. Diese Verträge dienen auch das Ziel, die Persönlichkeit des behinder- dazu, zügig Baurecht für wichtige Investitionen in ten Menschen weiterzuentwickeln. Damit ist ein ganzheitlicher Förderungsansatz verbunden, den Städten und Gemeinden Niedersachsens zu dem die Maßnahme Rechnung zu tragen hat“. schaffen und zeitnah umzusetzen. Diese Rechts- Vermehrt gibt es Hinweise, dass in Niedersach- entwicklung stellt bestimmte Arten städtebaulicher sen diese höchstrichterliche Entscheidung nicht Planungsweisen somit wieder auf eine gesicherte flächendeckend umgesetzt wird. Basis und bewirkt beispielsweise Verfahrensbe- Wir fragen die Landesregierung: schleunigungen und eine höhere Flexibilität bei der 1. Wie bewertet die Landesregierung das o. g. Durchführung von Investorenwettbewerben bei BSG-Urteil? städtebaulichen Entwicklungsprojekten. 2. Welche Schritte hat die Landesregierung bis- lang realisiert, und welche Maßnahmen plant Zu 3: Öffentliche Ausschreibungen, die im Hinblick sie, damit das o. g. BSG-Urteil bis wann in Nie- auf die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf in die dersachsen umgesetzt ist? Wege geleitet worden sind, müssen im Hinblick auf 3. Wie ist der Umsetzungsstand des BSG-Ur- die Selbstbindung der Verwaltung nach den in der teils in anderen Bundesländern? Ausschreibung festgelegten Bedingungen für den Zuschlag zu Ende geführt werden. Schon vor der Entscheidung des Bundessozialge- richts am 9. Dezember 2008 zur Erstattung von Auswirkungen auf andere Bereiche der Gemein- Kosten für Mittagessen in Werkstätten für behin- dewirtschaft ergeben sich nicht unmittelbar. Aller- derte Menschen waren Mittagessen und Getränke dings hat die Entscheidung des Europäischen für Werkstattbeschäftigte Bestandteil der zwischen Gerichtshofs Anwendungssicherheit geschaffen, Leistungsträger und Leistungserbringer der Ein- die sich positiv auf die zukünftigen Investitions- gliederungshilfe abgeschlossenen Leistungs- und und Planungstätigkeiten der Kommunen auswirken Vergütungsvereinbarung2. wird. In Erwartung der Entscheidungsverkündung Die in einem Musterverfahren getroffene Entschei- zunächst noch verschobene Maßnahmen können dung hat die bereits seit 1980 praktizierte Verfah- nun beschleunigt durchgeführt werden. rensweise in Niedersachsen bestätigt.

Die Regelung, dass das Mittagessen in Werkstät- Anlage 10 ten Leistung der Eingliederungshilfe und nicht Hilfe zum Lebensunterhalt ist, hat in Abhängigkeit von Antwort der Einkommenssituation der behinderten Werk- des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, stattbeschäftigten folgende Konsequenzen: Gesundheit und Integration auf die Frage 11 des Bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung: Abg. Uwe Schwarz, Markus Brinkmann, Marco Die Höhe der Grundsicherung nach dem Zwölften Brunotte, Ulla Groskurt, Stefan Klein, Matthias Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vermindert sich Möhle, Petra Tiemann und Ulrich Watermann um den Teil, der auf das von der Eingliederungshil- (SPD) fe finanzierte und in der Werkstatt angebotene Kostenloses Mittagessen in Werkstätten für Mittagessen entfällt, da ein Bedarf (zum Lebensun- behinderte Menschen: Ignoriert die Landes- terhalt) hierfür nicht mehr vorliegt. regierung höchstrichterliche Rechtspre- chung? Bei begrenztem Einkommen: Sofern das gesamte Einkommen (Erwerbseinkommen, Renten, Unter- Behinderte Menschen, die ganztägig in einer betreuten Werkstatt arbeiten, haben Anspruch halt, sonstiges Einkommen) des behinderten Men- auf ein kostenloses Mittagessen. Das entschied schen die Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII das Bundessozialgericht (BSG) am 8. Dezem- nicht übersteigt, ist die Aufbringung der Mittel für ber 2008 in einem Musterverfahren (Az: b8/9b die Verpflegung nicht zumutbar. SO 10/07 R). Als Begründung gab das BSG an, dass das Mittagessen zur Eingliederungshilfe zu zählen ist und deshalb von dessen Trägern 2 s. Ziffer 3.3.3 der Regelleistungsbeschreibung vom bezahlt werden muss. Wörtlich heißt es in der 29.09.2008 sowie der Rahmenleistungsbeschreibungen vom Urteilsbegründung: „Integraler Bestandteil der 10.09.2002 und 16.12.2005 gem. § 5 Fortführungsvereinbarung Sachleistung ist auch ein dort anzubietendes zu den Landesrahmenverträgen (FFV LRV)

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Hinweise für hiervon abweichende Verfahrenswei- wurden Planungskosten in Höhe von sen zulasten behinderter Menschen liegen der 50 000 Euro in den Haushalt 2008 eingestellt. Im Rahmen der Beratungen zum Haushalt 2010 Landesregierung nicht vor. hat der Kulturminister erneut versichert, dass Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen an den Plänen für ein ethnologisches Landes- museum in Göttingen festgehalten und nach namens der Landesregierung wie folgt: dem Umzug der Zoologie auf das Gelände des Nordcampus der Universität mit dem Umbau Zu 1: Die genannte Entscheidung des Bundesso- und Ausbau des Gebäudes am Bahnhof be- zialgerichtes vom 9. Dezember 2008 steht in Ein- gonnen werde. Auch der Ministerpräsident hat klang mit der in Niedersachsen seit 1980 prakti- bei seinem Besuch in Göttingen im Juni 2009 zierten Verfahrensweise. erklärt, die langjährigen Pläne, ein Landesmu- seum für Ethnologie in Göttingen zu errichten, Zu 2: Entsprechende Regelungen wurden in Nie- gehörten „in die Kategorie dessen, was verwirk- dersachsen bereits vor der Entscheidung des licht werden muss“ (Göttinger Tageblatt vom 27. Juni 2009). Bundessozialgerichtes vereinbart und angewandt. Weitere Maßnahmen sind nicht erforderlich. In einem Gespräch der Universitätsleitung mit Bundes- und Landtagsabgeordneten der Regi- Zu 3: Die Bundesarbeitsgemeinschaft der überört- on berichtete der Präsident, dass das Land von lichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS) teilte auf den Plänen, ein ethnologisches Landesmuse- um am Standort der alten Zoologie einzurich- Nachfrage mit, dass nach ihrer Kenntnis alle über- ten, Abstand genommen habe und ein Neubau örtlichen Träger der Sozialhilfe wie beschrieben am Standort der Ethnologie am Theaterplatz verfahren. favorisiert werde. Dort sollen die Sammlungen der Universität untergebracht und der Öffent- lichkeit zugänglich gemacht werden. Von einem Landesmuseum war nicht mehr die Rede. Anlage 11 Wir fragen die Landesregierung: Antwort 1. Trifft es zu, dass die Landesregierung nicht des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf mehr den Plan verfolgt, in Göttingen ein ethno- die Frage 12 der Abg. Dr. Gabriele Andretta und logisches Landesmuseum zu errichten? a) Wenn ja, wie begründet sie den Bruch des Daniela Behrens (SPD) im November 2007 gegebenen Wahlverspre- Steht das geplante ethnologische Landes- chens? b) Wenn nein, hält sie am Standort der Zoologie am Göttinger Bahnhof fest, oder favo- museum in Göttingen vor dem Aus? risiert sie nun den Standort am Theaterplatz? Das Institut für Ethnologie der Universität Göt- tingen verfügt über Kunst- und Kulturschätze 2. Wie sehen die bisherigen Kostenplanungen außereuropäischer Völker, die weltweit einzig- für ein ethnologisches Landesmuseum in Göt- artig sind. Vor allem zwei Sammlungen, die der tingen aus, differenziert nach Höhe der Umbau- Göttinger Naturforscher Johann Friedrich Blu- kosten und Unterhaltung der Sammlungen menbach (1752 bis 1840) erwerben konnte, (Personal für Leitung, Museumspädagogik, Auf- genießen in der Fachwelt überaus hohes Anse- sicht)? hen und bilden das Herzstück der völkerkundli- Die Sammlungen des Instituts für Ethnologie der chen Sammlung der Georgia Augusta: zum ei- nen die aus europäisch noch unbeeinflussten Stiftung Universität Göttingen zählen zu den her- Kulturdokumenten der arktischen Regionen von ausragenden in Deutschland. Insbesondere die Sibirien und Alaska bestehende Baron-von- Sammlung Cook/Forster sowie die des Barons von Asch-Sammlung, zum anderen die auf den be- Asch aus dem späten 18. Jahrhundert sind zu rühmten englischen Kapitän James Cook und seine wissenschaftlichen Begleiter Georg und nennen. Um eine besucherorientierte Präsentation Johann Reinhold Forster zurückgehende Süd- dieser einmaligen Konvolute zu ermöglichen, ha- seesammlung. Die kostbaren Sammlungsge- ben sich die Stiftung Universität Göttingen und die genstände sind in dem während der 1930er- Landesregierung gemeinsam darauf verständigt, Jahre gebauten Institutsgebäude am Göttinger Theaterplatz untergebracht, das in keiner Wei- die Sammlungen in einem dem Institut für Ethnolo- se den heutigen Ansprüchen und dem immen- gie zugeordneten Landesmuseum auszustellen. sen Wert der Sammlungen entspricht. Die Lan- Dazu werden unterschiedliche Standorte auf ihre desregierung hat daher Ende 2007 das Wahl- Machbarkeit und Realisierungsmöglichkeit geprüft. versprechen gegeben, in Göttingen ein neues ethnologisches Landesmuseum zu errichten, Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens um die Sammlungen zu bewahren und mit völ- kerkundlichen Beständen aus anderen Lan- der Landesregierung wie folgt beantwortet: desmuseen zu ergänzen. Als geeigneter Stand- ort wurde die 1877 erbaute Zoologie neben Zu 1 und 2: Seitens der Landesregierung wird das dem Göttinger Bahnhof ausgewählt, und es Vorhaben einer angemessenen musealen Präsen-

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tation der herausragenden ethnologischen Samm- Maßnahmen zum temporären Ausbau der Auf- lungen in Göttingen intensiv weiterverfolgt. Derzeit nahmekapazitäten in der Medizin ergreifen? werden mehrere Varianten der Realisierung ge- prüft. Demzufolge können zum jetzigen Zeitpunkt Bund und Länder haben sich nicht zuletzt auf auch noch keine detaillierten Angaben zu den ent- Betreiben Niedersachsens in den Verhandlungen stehenden Investitions- und laufenden Kosten für die Finanzierungsphase 2011 bis 2015 darauf gemacht werden. verständigt, dass die Länder Berlin, Mecklenburg- Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thü- ringen (Brandenburg verfügt nicht über medizini- Anlage 12 sche Forschungs- und Ausbildungsstätten) bis zum Jahr 2015 ihre Studienanfängerkapazität in der Antwort Medizin des Jahres 2005 ungeachtet der demogra- des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf fischen Entwicklung beibehalten. Damit werden im die Frage 13 der Abg. Dr. Gabriele Andretta, Da- Vergleich zum Nachfragepotenzial des Jahres niela Behrens, Dr. Silke Lesemann, Matthias Möh- 2005 in der Humanmedizin mehr als 500 Studien- le, Jutta Rübke, Stefan Schostok und Wolfgang anfängerplätze gesichert. Dies wurde von den Wulf (SPD) Regierungschefs von Bund und Ländern mit der Entscheidung über die Phase 2011 bis 2015 des Werden die Abiturienten des Doppeljahr- Hochschulpaktes 2020 bestätigt. ganges 2011 in ihren Chancen auf einen Medizinstudienplatz benachteiligt?

Seit 2009 verlassen die doppelten Abiturjahr- Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens gänge die Schulen. Den Anfang machte das der Landesregierung wie folgt beantwortet: Saarland, dieses Jahr folgt Hamburg, 2011 Bayern und Niedersachsen, 2012 Baden- Württemberg und Hessen, 2013 Nordrhein- Zu 1: Die 327. Kultusministerkonferenz hat am Westfalen. Um sich auf den Ansturm auf die 15. Oktober 2009 eine länderoffene Arbeitsgruppe Hochschulen vorzubereiten, haben sich Bund auf Staatssekretärsebene eingerichtet und diese und Länder im Hochschulpakt 2020 darauf ge- gebeten zu prüfen, ob und welche Möglichkeiten einigt, 275 000 zusätzliche Studienplätze zu schaffen. Trotz dieser Maßnahme werden Eng- eines befristeten Ausbaus der Studienplätze in der pässe befürchtet, insbesondere in der Human- Humanmedizin in Deutschland bestehen. Die Ar- medizin, da hier kein Ausbau der Aufnahmeka- beitsgruppe soll außerdem Vorschläge unterbrei- pazitäten vorgesehen ist. Die Kultusminister- ten, wie die Zugangschancen der doppelten Abitur- konferenz hat daher im Interesse der Absolven- ten der doppelten Abiturjahrgänge beschlossen, jahrgänge zu einem Medizinstudium verbessert Verhandlungen mit dem Bund außerhalb des werden können. Gegenwärtig sind noch Fragen Hochschulpaktes 2020 über die Auflage eines zur Möglichkeit der Bereitstellung der notwendigen gemeinsam, hälftig vom Bund und den sich be- Kapazitäten im klinischen Bereich, zur Sicherstel- teiligenden Ländern finanzierten Sonderpro- gramms zum temporären Ausbau der Aufnah- lung der Lehrqualität bei einem temporären Aus- mekapazitäten in der Human- und Zahnmedizin bau der Studienanfängerkapazitäten sowie kapazi- (gegebenenfalls einschließlich der Tiermedizin) tätsrechtliche Fragen zur Rechtssicherheit eines in den Jahren 2011 bis 2016 aufzunehmen. Rückbaus von temporär ausgeweiteten Kapazitä- Angestrebt wird eine Kapazitätssteigerung um 10 %. Die Entscheidung über die Teilnahme an ten zu klären. dem Sonderprogramm ist den Ländern freige- stellt. Zu 2 und 3: Die Verhandlungen und Erörterungen Wir fragen die Landesregierung: der Arbeitsgruppe sind noch nicht abgeschlossen. 1. Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen Dem Ergebnis der laufenden Verhandlungen und mit dem Bund? Erörterungen kann nicht vorgegriffen werden. Über 2. Wird sich Niedersachsen beim Zustande- eine Beteiligung Niedersachsens oder über sonsti- kommen des geplanten Sonderprogramms zur ge zu ergreifende Maßnahmen wird seitens der Erhöhung der Aufnahmekapazitäten in der Hu- Landesregierung erst nach Abschluss der Ver- man- und Zahnmedizin beteiligen? Wenn ja, handlungen entschieden werden können. wie viele zusätzliche Studienplätze sollen je- weils an der Medizinischen Hochschule Hanno- ver und der Universität Göttingen geschaffen werden?

3. Wird die Landesregierung bei Scheitern ei- nes gemeinsamen Sonderprogramms eigene

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Anlage 13 strebt. Die auf der Grundlage des von den Ländern Saarland, Thüringen und Hessen in den Bundesrat Antwort eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Ver- des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, bot der geschäftsmäßigen Vermittlung von Gele- Gesundheit und Integration auf die Frage 14 des genheiten zur Selbsttötung vom 27. März 2006 Abg. Ralf Briese (GRÜNE) (BR-Drs. 230/06) geführte Diskussion hat jedoch bisher nicht zu einer Einigung über die Bestim- Was macht eigentlich Dignitas? mung des strafrechtlich zur Verantwortung zu zie- In der 15. Wahlperiode gab es im Landtag eine henden Täterkreises und der strafwürdigen Hand- kontroverse Auseinandersetzung über den Um- gang mit der schweizerischen Organisation lungsformen geführt. Dignitas. Der Verein hatte in Hannover eine Die Landesregierung setzt sich nach wie vor dafür Niederlassung gegründet, um auf das Angebot des begleiteten Suizids in der Schweiz auf- ein, der kommerziellen Sterbehilfe auch mit den merksam zu machen und gegebenenfalls auch Mitteln des Strafrechts entgegenzutreten. Sie ver- Beratungen für sterbewillige Menschen in Nie- mag allerdings den von Rheinland-Pfalz am dersachsen anzubieten. Die damalige nieder- 23. März 2010 beim Bundesrat eingebrachten sächsische Justizministerin hat empört auf die- ses Ansinnen reagiert und wollte „das Geschäft Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straf- mit dem Tod“ verbieten lassen. Danach sollte gesetzbuches - Strafbarkeit der Werbung für Sui- jedwede Form von geschäftsmäßig unterstütz- zidbeihilfe - (BR-Drs. 149/10) nicht zu unterstützen. ten Suiziden in Deutschland verboten werden. Der Gesetzentwurf sieht lediglich vor, wegen eines Ein entsprechender Passus findet sich derzeit auch im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und Vermögensvorteils oder in grob anstößiger Weise FDP auf Bundesebene. Dennoch kann jeder erfolgende Werbung für Suizidbeihilfe unter Strafe schwer bzw. unheilbar kranke Mensch in der zu stellen. Dieser Ansatz trägt der im Koalitionsver- Bundesrepublik Suizid begehen, allerdings oh- trag der Regierungsfraktionen im Bundestag ver- ne entsprechende ärztliche Unterstützung. Au- ßerdem können schwer erkrankte Menschen einbarten und von der Landesregierung unterstütz- mit Sterbewunsch in die Schweiz reisen und ten Zielsetzung, die gewerbsmäßige Vermittlung dort entsprechende Angebote in Anspruch neh- von Gelegenheiten zur Selbsttötung insgesamt zu men, wenn sie die Bedingungen erfüllen. Da- sanktionieren, nur unzureichend Rechnung. nach muss der betroffene Sterbewillige unheil- bar erkrankt sein, einen hohen Leidensdruck Um den Bedürfnissen sterbenskranker Menschen haben, einsichts- und geschäftsfähig sein und gerecht zu werden, setzt die Landesregierung auf der Sterbewunsch nicht nur kurzfristig sein. Ne- ben der Schweiz haben auch die Niederlande eine Verbesserung der Palliativversorgung und und Belgien ausgesprochen liberale Gesetze Hospizarbeit. Eine humane Sterbebegleitung, zu hinsichtlich Sterbe- und Suizidhilfe. der die Hospizarbeit und die Palliativversorgung Ich frage die Landesregierung: einen entscheidenden Beitrag leisten, ist das Ge- genteil von aktiver Sterbehilfe. Hier geht es darum, 1. Agiert der Verein Dignitas nach wie vor in Niedersachsen, und hat die Landesregierung sterbende Menschen in einer humanen und wür- als Fachaufsicht Zahlen über die geleisteten devollen Form zu begleiten, keinesfalls aber dar- Beratungsgespräche des Vereins in Nieder- um, ihren Tod aktiv herbeizuführen. sachsen? Ausgehend vom Rahmenkonzept der Landesregie- 2. Existieren Zahlen oder Schätzungen über die Zahl von unheilbar erkrankten Menschen mit rung zur Weiterentwicklung der Palliativversorgung Sterbewunsch aus Niedersachsen, die zum vom März 2006, ist in Niedersachsen die Palliativ- Sterben in die Schweiz oder die Niederlande und Hospizversorgung in den vergangenen Jahren fahren? deutlich verbessert worden. Seit dem Jahr 2006 3. Wie hat sich die Zahl der Suizide insgesamt fördert die Landesregierung die flächendeckende in den letzten zehn Jahren in Niedersachsen Errichtung von Palliativstützpunkten. Jeder Stütz- entwickelt? punkt kann bis zu 55 000 Euro über einen Zeit- Die Landesregierung hat die Gründung einer Nie- raum von vier Jahren erhalten. Palliativstützpunkte derlassung der schweizerischen Organisation Dig- sind Netzwerke der örtlichen Leistungserbringer nitas in Hannover Ende des Jahres 2005 zum An- aus den Bereichen Palliativmedizin, Palliativpflege lass genommen, sich auf Bundesebene für ein und Hospizarbeit (jeweils ambulant und stationär). Verbot der geschäftsmäßigen Vermittlung von Bisher sind bereits 33 solcher Netzwerke entstan- Gelegenheiten zur Selbsttötung nebst Strafbeweh- den, und die angestrebte landesweite Flächende- rung einzusetzen. Dabei hat sie von Anfang an ckung ist nahezu erreicht. einen breiten gesellschaftlichen Konsens ange-

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Bislang hat das Land hierfür insgesamt 1,435 Milli- 2002 1 099 787 312 onen Euro aufgebracht. 2003 1 071 799 272 Seit dem 1. April 2007 haben die Versicherten der 2004 1 064 771 293 gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversor- 2005 999 735 264 gung als eigenständige Regelleistung der Kran- 2006 840 637 203 kenkassen (§ 37 b SGB V). Damit wurden die leis- tungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Ver- 2007 832 605 227 besserung der häuslichen Versorgung schwerst- 2008 735 523 212 kranker und sterbender Menschen geschaffen. Auch Versicherte, die in Einrichtungen der Einglie- * X60-X84 der ICD 10 (Internationale statistische Klassifikation derungshilfe für behinderte Menschen, der Kinder- der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. und Jugendhilfe oder in stationären Pflegeeinrich- Revision) tungen leben, können diese Leistung in Anspruch Quelle: Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechno- logie Niedersachsen (LSKN) nehmen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Anlage 14 Zu 1: Der Verein Dignitas ist im Vereinsregister Antwort noch eingetragen. Das Registergericht verfügt des Ministeriums für Inneres und Sport auf die jedoch nicht über die Möglichkeit, die Aktivitäten Frage 15 des Abg. Ralf Briese (GRÜNE) des Vereins zu überwachen und inhaltliche Aus- kunft über dessen Beratungsleistungen zu erlan- Persönlichkeitsrecht und Hubschrauber- gen. Seine Befugnisse sind vielmehr darauf be- drohne - Wie verträgt sich das? schränkt, die für den Rechtsverkehr bedeutsamen Gegenwärtig testet die Landesregierung eine rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse des Hubschrauberdrohne, die auch Bildaufnahmen Vereins festzustellen. Dadurch kann es lediglich machen kann. Der Landesdatenschutzbeauf- tragte kritisiert, dass er in das Verfahren bisher den Vereinsvorstand dazu anhalten, die ihm in nicht eingeschaltet worden ist und somit ein diesem Zusammenhang obliegenden Anmeldungs- Verstoß gegen § 22 Abs. 4 des Niedersächsi- und Vorlagepflichten zu Vorstand, Satzung und schen Datenschutzgesetzes vorliegt. Zudem Auflösung des Vereins zu erfüllen, und widrigen- sind unautorisierte Aufnahmen von Privatper- sonen im öffentlichen Raum prinzipiell rechts- falls Zwangsgelder verhängen. Weitere Erkennt- widrig, es sei denn, auf die Aufnahmen wird nisse liegen der Landesregierung nicht vor. deutlich hingewiesen und die Bürger können sich ihnen entziehen (vgl. § 25 a Abs. 3 NDSG). Zu 2: Der Landesregierung liegen hierüber keine Es stellt sich allerdings die Frage, wo und wie Daten vor. auf eine fliegende Überwachungskamera hin- gewiesen werden kann und soll. Bisher scheint Zu 3: Die Anzahl der Sterbefälle nach vorsätzlicher zudem ungeklärt zu sein, für welche konkreten Selbstschädigung in Niedersachsen geht seit dem Einsatzzwecke die Drohne genutzt werden soll. Jahr 2001 kontinuierlich zurück. Der Zeitraum von Laut einem Beschluss des Bundesverfassungs- gerichtes zum Bayerischen Versammlungsge- 1999 bis 2008 ist in der folgenden Übersicht dar- setz sind Übersichtsaufnahmen bei Versamm- gestellt. Die Daten für das Berichtsjahr 2009 liegen lungen ausschließlich „offen“, also nicht ver- noch nicht vor. deckt zulässig. Der Drohneneinsatz verbietet sich daher für den geheimen Einsatz bei Ver- Sterbefälle nach vorsätzlicher Selbstbeschädi- sammlungen. gung* und Geschlecht in Niedersachsen 1999 Ich frage die Landesregierung: bis 2008 1. Wurden mit der Minidrohne während der Sterbefälle Testflüge Privatpersonen gefilmt, und haben diese dazu ihr Einverständnis erklärt? Jahr Insgesamt Männlich Weiblich 2. Wie viele Aufnahmen sind gemacht worden, 1999 1 051 782 269 und was ist mit den Daten geschehen? 2000 1 134 815 319 3. Wo und zu welchen Zwecken soll die Mini- drohne zukünftig in Echtbetrieb gehen, und wie 2001 1 124 794 330 wird dabei den Anforderungen nach § 25 a Abs. 3 NDSG nachgekommen?

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Unbemannte Luftfahrzeuge haben in den letzten cherte Bilder auch automatisiert ausgewertet wer- Jahren in ihrer Bedeutung zugenommen. Aufgrund den können. Über solche Möglichkeiten verfügt die ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sind sie im Drehflüglersystem eingesetzte Videotechnik durch Verordnung zur Änderung der Luftverkehrs- jedoch nicht. Gleichwohl hat die Zentrale Polizeidi- Ordnung und anderer Vorschriften des Luftver- rektion (ZPD) dem Landesbeauftragten für den kehrs mittlerweile mit klarstellenden Regelungen in Datenschutz (LfD) die Dokumentation der von der das sonstige Luftfahrtrecht integriert worden. ZPD durchgeführten datenschutzrechtlichen Vor- abkontrolle, eine Verfahrensbeschreibung nach § 8 Im polizeilichen Bereich kann der Einsatz von un- Satz 1 des Niedersächsischen Datenschutzgeset- bemannten Luftfahrzeugen u. a. zur Aufklärung, zes (NDSG) sowie Datenblätter für die in dem Beweissicherung und Dokumentation, bei Einsatz- Luftfahrzeug installierte Videokamera und für das maßnahmen der Spezialeinheiten sowie im der Fluggerät übersandt. Bereich der Gefahrenabwehr sinnvoll sein. Ein Echteinsatz des Drehflüglersystems erfolgte Bei größeren Gefahren- und Schadenslagen, Ka- bislang nicht. tastrophen oder aber Anschlägen hat auch die niedersächsische Polizei Maßnahmen zur Gefah- Dies vorangestellt, beantworte ich die Mündliche renabwehr und beweissicheren Verfolgung von Anfrage des Abgeordneten Ralf Briese namens Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu treffen. der Landesregierung wie folgt: Dabei können auch die durch den Einsatz eines Zu 1 und 2: Siehe Vorbemerkungen. unbemannten Luftfahrzeugs gesammelten Infor- mationen zur Lagebeurteilung mit herangezogen Zu 3: Eine endgültige Entscheidung über die Ein- werden. führung und Verwendung des Drehflüglersystems in die niedersächsische Polizei ist noch nicht ge- Bundesweit kommen heute schon vereinzelt un- troffen. bemannte Luftfahrzeuge im Rahmen der Erfüllung polizeilicher sowie umwelt- bzw. forstwirtschaftli- Sollte das Drehflüglersystem zukünftig eingesetzt cher Aufgaben zum Einsatz. Vor dem Hintergrund, werden, erfolgte dies ausschließlich zu Zwecken dass sich die meisten zivilen Anwendungen derzeit der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung. jedoch nur im Status einer Studie oder eines Pilot- Soweit bei einem solchen Einsatz personenbezo- projekts befinden, wurde die Zentrale Polizeidirek- gene Daten erhoben werden würden, wären hierfür tion beauftragt, eine Anwendungserprobung eines die für den jeweiligen Einsatzzweck einschlägigen Drehflüglersystems durchzuführen. Rechtsgrundlagen des Gefahrenabwehrrechts oder der Strafprozessordnung maßgeblich, nach Nach der Beschaffung des Drehflüglersystems denen besondere Vorkehrungen zur Gewährleis- wurden auf polizeilichen Liegenschaften bzw. der tung der Erkennbarkeit nicht verlangt werden. Dar- Polizei zur Verfügung stehenden Trainingsgelän- über hinausgehende Einsatzzwecke sind nicht den zur Qualifizierung und Übung Schulungsflüge beabsichtigt; der Einsatz unbemannter Luftfahr- durch zertifizierte Luftfahrzeugfernführer durchge- zeuge auf der Grundlage des § 25 a Abs. 1 NDSG führt. Die bisherige Erprobung lässt den Schluss ist somit nicht vorgesehen. Insofern erübrigen sich zu, dass unbemannte Luftfahrzeuge bemannte besondere Vorkehrungen zur Gewährleistung der Luftfahrzeuge ergänzen können. Der beschaffte Erkennbarkeit der Maßnahme nach § 25 a Abs. 3 Drehflügler ist mit einer Videokamera ausgestattet, NDSG. Im Übrigen siehe Vorbemerkungen. die ohne eigene Aufzeichnungseinheit arbeitet. Die Bildqualität der Videokamera lässt eine Erkennbar- keit personenbezogener Daten, wie z. B. Kraftfahr- Anlage 15 zeugkennzeichen oder Personen nur im Nahbe- reich bis zu einer Flughöhe von in etwa 7 m zu. Antwort Eine gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung einer der Niedersächsischen Staatskanzlei auf die Frage Verfahrensbeschreibung und daraus folgend zur 16 der Abg. Ursula Helmhold und Helge Limburg Beteiligung des LfD nach § 22 Abs. 5 NDSG be- (GRÜNE) steht nicht, da es sich beim Betrieb von Videoka- Gattin ist Gattin, und Schnaps ist Schnaps - meras nicht um automatisierte Datenverarbeitung Wie beurteilt die Landesregierung die Ver- i. S. v. §§ 8 i. V. m. § 3 Abs. 5 NDSG handelt. Eine marktung des „Titels“ „Ehefrau des Minis- terpräsidenten Christian Wulff“ für Image- automatisierte Datenverarbeitung im Sinne der zwecke eines Schnapsherstellers? Vorschriften ist nur dann gegeben, wenn gespei-

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Am 8. April 2010 startete der Schnapshersteller die erst Jahre später auftreten und sich durch Kon- Pernod Ricard Deutschland gemeinsam mit der zentrationsschwäche, verzögerte Sprachentwick- Stiftung für das behinderte Kind in Berlin seine Kampagne gegen den Alkoholkonsum in der lung, Hyperaktivität oder gestörtes Sozialverhalten Schwangerschaft. Mit von der Partie waren laut äußern. einem Bericht des Stern vom gleichen Tage „neben einem Modell, einer Schauspielerin, ei- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage ner Moderatorin und dem FDP-Girly Silvana namens der Landesregierung wie folgt: Koch-Mehrin“ auch Frau Bettina Wulff als so- genanntes Testimonial der Kampagne. Zu 1: Die Landesregierung begrüßt jedes Enga- gement, das auf die Gefahren des Alkoholkon- Bettina Wulff wurde in der Einladung zur Pres- sekonferenz als „Ehefrau von Ministerpräsident sums in der Schwangerschaft aufmerksam macht. Christian Wulff“ angekündigt, ebenso, laut Stern-Bericht, auch in der gemeinsamen PR- Zu 2: Wenn sich Ehepartner von Politikern, seien Mappe von Alkoholbrenner und Charité-Stif- es Ministerpräsidenten, Bundeskanzler oder Bun- tung. despräsidenten, für wohltätige Zwecke oder ge- Weiterhin stehe in dieser Mappe, dass Bettina meinnützige Organisationen engagieren, liegt es in Wulff Schirmherrin „diverser wohltätiger Orga- der Natur der Sache, dass es in den Kampagnen- nisationen“ ist. Der Homepage von Frau Wulff materialien „Ehefrau des Ministerpräsidenten“, auf der Seite der Staatskanzlei ist unter der „Ehefrau des Bundeskanzlers“ oder „Ehefrau des Rubrik „Schirmherrschaften“ zu entnehmen, dass Frau Wulff Schirmherrin der Organisation Bundespräsidenten“ heißt. So hat sich beispiels- „Eine Chance für Kinder“ sowie des „Gartenfes- weise die Frau des ehemaligen Bundeskanzlers tival Herrenhausen 2010“ ist. Helmut Kohl in besonderer Weise für Unfallverletz- Wir fragen die Landesregierung: te mit Schäden des Zentralnervensystems enga-

1. Teilt die Landesregierung die Auffassung, giert. Die entsprechende Stiftung trägt mittlerweile dass ein Schnapshersteller nicht unbedingt der sogar den Namen „ZNS - Hannelore Kohl Stiftung“. geborene Zeuge abstinenter Lebensführung, In den 90er-Jahren übernahm die damalige Gattin wenn auch begrenzt auf bestimmte biologische des Niedersächsischen Ministerpräsidenten Ger- Situationen, ist? hard Schröder die Leitung der Landesstiftung „Kin- 2. Wie beurteilt die Landesregierung die „Ver- der von Tschernobyl“. Aktuell ist die Frau von Bun- marktung“ Bettina Wulffs als „Ehefrau des Mi- despräsident Horst Köhler Schirmherrin verschie- nisterpräsidenten Christian Wulff“ für eine Imagekampagne eines Schnapsherstellers? dener Organisationen, z. B. des Deutschen Komi- tees für UNICEF. All diese Engagements haben 3. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass es seltsam anmutet, wenn in der heutigen gemeinsam, dass sie von den Ehepartnern auf- Zeit eine Frau sich gesellschaftlich und in die- grund der Übernahme eines politischen Amtes sem Falle sogar kommerziell als „Ehefrau“ ihres ihrer Ehemänner erfolgten. Mannes präsentiert? Zu 3: Nein. Erstens: Es war nicht kommerziell. Jedes Jahr kommen in Deutschland über 3 000 Zweitens: Ehefrau ist Ehefrau. Ehemann ist Ehe- Kinder mit Schäden zur Welt, die durch den Alko- mann. Auch wenn es die Grünen „seltsam anmu- holkonsum der Mütter während der Schwanger- tet“. schaft ausgelöst werden. Damit ist Alkoholkonsum in der Schwangerschaft die häufigste Ursache angeborener körperlicher und geistiger Behinde- Anlage 16 rungen. Jedoch wird nicht jedes alkoholgeschädig- te Neugeborene als solches diagnostiziert, da die Antwort körperlichen Merkmale unterschiedlich ausgeprägt des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, sind. Schätzungen gehen davon aus, dass in Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Deutschland die Zahl der jährlich von Geburt an Frage 17 der Abg. Ronald Schminke und Wiard alkoholgeschädigten Kinder über 10 000 liegen Siebels (SPD) könnte. Die Folgen reichen von leichten bis hin zu schweren körperlichen und geistigen Behinderun- „Frischer Fisch unzureichend gekennzeich- net“ - Was weiß die Landesregierung? gen. Von Herzfehlern, Minderwuchs, Fehlbildun- gen an den Geschlechtsorganen, schmalen Lip- Die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 6. April 2010 berichtet in dem Artikel „Frischer pen, Hörstörungen, Schlitz- oder Schielaugen und Fisch unzureichend gekennzeichnet“, dass die Schluckstörungen sind die betroffenen Kinder le- Verbraucherzentrale Niedersachsen (VZN) im benslang gezeichnet. Intelligenzminderung, Ver- Handel angebotenen Frischfisch untersucht ha- haltens-, Lern- und Schlafstörungen sind Folgen, be. Für Fische gelten seit 2002 europaweit ein-

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heitliche Kennzeichnungsvorschriften. Dem- produkte für die Kaufentscheidung des Verbrau- nach müssten Fischart, Produktionsmethode chers von erheblicher Bedeutung. Gleichzeitig oder Herkunftsland gekennzeichnet sein. Die VZN habe festgestellt, dass die Kennzeichnung stellt die Pflicht zur Angabe des Fanggebietes eine immer noch nicht korrekt sei. Nur ein Drittel der große Hilfe bei der Sicherstellung der nachhaltigen untersuchten Verkaufsstellen informiere den Fischerei dar. Verbraucher gemäß EU-Verordnung korrekt. „Die Ergebnisse des Marktchecks belegen, Die Fragen werden in veränderter Reihenfolge dass Händler die Kennzeichnungspflicht nicht beantwortet, da sie so die gegebenen Informatio- ernst nehmen“, wird eine VZN-Expertin zitiert. Dies sei auch ärgerlich, weil die Kennzeichnung nen aufeinander aufbauen. wichtige Informationen für Fischkäufer bietet, die beispielsweise keine Fische aus überfisch- Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine ten Fanggebieten kaufen möchten. Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: Zu 2: Die Umsetzung des genannten Gemein- 1. Seit wann ist der Landesregierung etwas von schaftsrechts in der Bundesrepublik Deutschland diesen Defiziten bei der Kennzeichnung be- ist durch das Gesetz zur Durchführung der Rechts- kannt, und wie sieht es in anderen Produktbe- akte der Europäischen Gemeinschaft über die reichen aus? Etikettierung von Fischen und Fischereierzeugnis- 2. Wie wird die Landesregierung gewährleisten, sen (FischEtikettG) und die Verordnung zur Durch- dass Fischhändler und auch Verbraucher voll- führung des Fischetikettierungsgesetztes (FischE- ständige Informationen über die Ware erhalten tikettV) erfolgt. Die Änderung bestehender oder können, und für welche anderen Waren/Pro- dukte ist dies ebenfalls erforderlich? Aufnahme neuer Handelsbezeichnungen in das Verzeichnis sowie die Festlegung vorläufiger Han- 3. Nach welchem System stellt die Landesre- delsbezeichnungen ist bei der Bundesanstalt für gierung sicher, dass die zuständigen nachge- ordneten Behörden ihrer Kontrollpflicht nach- Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zu beantra- kommen, und welche Konsequenzen entste- gen. Die Vermarktung bestimmter Arten ist nach hen, wenn die Kennzeichnungspflicht in Nie- artenschutzrechtlichen oder Bestandserhaltungs- dersachsen nicht eingehalten wird? vorschriften unzulässig. In der Anfrage mit Bezug auf den Artikel in der Ferner sind in der EU bei der Einfuhr von Erzeug- Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 6. April nissen der Fischerei und Aquakultur spezielle Eti- 2010 wird festgestellt, „ …dass für Fische seit 2002 kettierungsvorschriften sowie - für bestimmte Er- europaweit einheitliche Kennzeichnungsvorschrif- zeugnisse - Vermarktungsnormen zu beachten. ten gelten. …“. Die Verwendung des Begriffs Ihre Einhaltung wird bei der Einfuhr nach Deutsch- „Kennzeichnung“ ist nicht korrekt, da es sich ge- land von der BLE kontrolliert, sofern die Einfuhren mäß VO(EG) 104/2000, dem FischEtikettG vom außerhalb der Seehäfen stattfinden. 1. August 2002 und der FischEtikettV vom 15. August 2002 um eine „Etikettierung“ handelt. Die BLE hat einen Leitfaden zur Kontrolle der Kon- Der Begriff „Kennzeichnung“ ist lebensmittelrecht- formität (d. h. der Vermarktungsnormen, Etikettie- lich in der Lebensmittekennzeichnungs-Verord- rung) von Erzeugnissen der Fischerei und Aqua- nung (LMKV) geregelt und betrifft die Kennzeich- kultur herausgegeben. Die aktuelle Liste der in nung von Lebensmitteln in verpackter Form, die Deutschland zugelassenen Handelsbezeichnun- zur Abgabe an den Verbraucher bestimmt sind. gen ist unter www.ble.de nachzulesen. Ein Ver- zeichnis der in der Bundesrepublik geltenden Han- Die Etikettierung von Fischen ist, wie die anderer delsbezeichnungen für Erzeugnisse der Fischerei Produkte und Waren, durch EU-Rechtsakte vorge- und Aquakultur vom 28. August 2002 (BAnz geben. Als Spezialregelung für frische Fische liegt S. 21131) wird außerdem durch amtliche Bekannt- die Verordnung (EG) Nr. 104/2000 über die ge- gabe im BAnz laufend aktualisiert. meinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und Aquakultur vor, die die europaweite Auf den Verpackungen für Eier und Geflügelfleisch Anwendung gemeinsamer Vermarktungsnormen sind nach der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 mit sicherstellt. Die zugehörige Durchführungsverord- Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) nung (EG) Nr. 2065/2001 enthält Vorgaben für Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Vermarktungsnor- Angaben über die Handelsbezeichnung, die Pro- men für Eier und der Verordnung (EG) duktionsmethoden und das Fanggebiet. Diese Nr. 543/2008 mit Durchführungsvorschriften zur Informationen sind bei einem so großen und weit Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der gefächerten Angebot wie im Bereich der Fischerei- Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch Verbrau-

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cherinformationen zur Qualität, bei Eiern auch zu nung ist die zeitgleiche Überprüfung der Etikettie- Herkunft und Haltungsverfahren auszubringen. rungsvorschriften nach der VO (EG) Nr. 104/2000 vorgesehen. Bei Rindfleisch sind nach der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 zur Einführung eines Systems zur Ordnungswidrig handelt gemäß § 8 der Fischeti- Kennzeichnung und Registrierung von Rindern kettierungsverordnung, wer als Marktbeteiligter und über die Etikettierung von Rindfleisch und vorsätzlich oder fahrlässig eine vorgeschriebene Rindfleischerzeugnissen Informationen über die Angabe über die Handelsbezeichnung, die Produk- Herkunft - Geburt, Mast, Schlachtung, Zerlegung - tionsmethode oder das Fanggebiet auf einer Ver- anzugeben. marktungsstufe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise macht Zu 3: Die Überwachung der Einhaltung der Etiket- oder den wissenschaftlichen Namen der betreffen- tierungsvorschriften obliegt gemäß § 4 des Fisch- den Art nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder etikettierungsgesetzes - soweit nicht außerhalb der nicht in der vorgeschriebenen Weise angibt. Eine verbindlichen Anlandeorte die Zuständigkeit der Ahndung entsprechender Verstöße ist somit durch BLE gegeben ist - den nach Landesrecht zustän- die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfah- digen Stellen. Als solche wurden in Niedersachsen rens gegeben. durch Artikel 1 Nr. 1 c) der Verordnung zur Ände- rung der Allgemeinen Zuständigkeitsverordnung Auch die vermarktungsrechtlichen Angaben für für die Gemeinden und Landkreise zur Ausführung Eier, Geflügel und Rindfleisch werden auf der Stu- von Bundesrecht vom 25. Juni 2003 die Landkrei- fe des Endverbrauchers im Rahmen der lebensmit- se und kreisfreien Städte benannt, denen bereits telrechtlichen Überprüfungen durch die kommuna- die Lebensmittelüberwachung und damit auch die len Überwachungsbehörden kontrolliert. Das LA- Überwachung und Verfolgung von Verstößen ge- VES kontrolliert bei Eiern auf der Ebene der Er- gen lebensmittelrechtliche Kennzeichnungsvor- zeuger, der Packstellen und des Großhandels, bei schriften oblag. Geflügelfleisch in den Schlachtbetrieben und beim Großhandel. Da der Lebensmitteleinzelhandel Die einheitliche Kontrolle der lebensmittelrechtli- überwiegend abgepackte Ware erhält, ist die Kon- chen Vorschriften richtet sich nach der Neustruktu- trolle an den „Flaschenhälsen“ durch das LAVES rierung des gemeinschaftlichen Hygienerechts ab entscheidend. dem 1. Januar 2006 nach den Bestimmungen der VO (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen zur Im Falle von durch die BLE zugelassen Etikettie- Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und rungssystemen für Rindfleisch erfolgt die Kontrolle Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über durch diese Institution. Die vorgelagerten Stufen Tiergesundheit und Tierschutz. Für deren Durch- sind verpflichtet, die erforderlichen Informationen führung wurde in Deutschland die Allgemeine Ver- der Rindfleischlieferung beizufügen. waltungsvorschrift über Grundsätze zur Durchfüh- Zu 1: Für das Jahr 2009 liegen folgende Ergebnis- rung der amtlichen Überwachung der Einhaltung se vor: lebensmittelrechtlicher, weinrechtlicher und tabak- rechtlicher Vorschriften vom 3. Juni 2008 (AVV Es wird darauf hingewiesen, dass die genannten Rahmen-Überwachung) geschaffen. Die Proben- Kennzeichnungsmängel den gesamten Bereich nahmen werden systematisch hersteller- und risi- der Kennzeichnung und Etikettierung abbilden. koorientiert durchgeführt. Mit welchem prozentua- Hierin sind Mängel z. B. bei den Angaben zur Her- len Anteil am Gesamtprobenaufkommen bestimm- kunft enthalten. te Produktgruppen bei den Probenahmen zu be- Milch- und Eiprodukte rücksichtigen sind, ist im „Niedersächsischen Rah- menplan Probennahme“ festgelegt. Dabei werden Es wurden 2 441 Proben untersucht. Davon waren Kapazitäten für aktuell erforderliche Untersuchun- 786 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- gen freigehalten. zeichnungsmängel entfiel auf 484 Proben; dies sind rund 20 % der eingesandten Proben. Die Probenahme ist in ein einheitliches Datenma- nagementsystem integriert. Dieses vernetzt die Fleisch und Fleischerzeugnisse Lebensmittelüberwachungsbehörden untereinan- Es wurden 5 166 Proben untersucht. Davon waren der, aber auch mit dem LAVES. 1 434 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Im Rahmen der erforderlichen Kontrolltätigkeiten Kennzeichnungsmängel entfiel auf 1 080 Proben; bezüglich der lebensmittelrechtlichen Kennzeich- dies sind rund 21 % der eingesandten Proben.

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Fisch und Fischerzeugnisse Säuglings-, Kleinkindernahrung und Diätetische Lebensmittel Es wurden 1 511 Proben untersucht. Davon waren 116 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- Es wurden 700 Proben untersucht. Davon waren zeichnungsmängel entfiel auf 26 Proben; dies sind 236 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- rund 2 % der eingesandten Proben. zeichnungsmängel entfiel auf 133 Proben; dies sind rund 19 % der eingesandten Proben. Fette, Öle und Ölerzeugnisse Würzmittel, Gewürze und Zusatzstoffe Es wurden 1 297 Proben untersucht. Davon waren 374 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- Es wurden 612 Proben untersucht. Davon waren zeichnungsmängel entfiel auf 267 Proben; dies 123 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- sind rund 21 % der eingesandten Proben. zeichnungsmängel entfiel auf 96 Proben; dies sind rund 16 % der eingesandten Proben. Obst und Obsterzeugnisse Fertiggerichte Es wurden 1 358 Proben untersucht. Davon waren 120 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- Es wurden 1 061 Proben untersucht. Davon waren zeichnungsmängel entfiel auf 84 Proben; dies sind 238 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- rund 6 % der eingesandten Proben. zeichnungsmängel entfiel auf 131 Proben; dies sind rund 12 % der eingesandten Proben. Gemüse und Gemüseerzeugnisse Gesamtbewertung Es wurden 2 541 Proben untersucht. Davon waren 335 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- Es wurden 25 828 Proben untersucht. Davon wa- zeichnungsmängel entfiel auf 221 Proben; dies ren 6 012 Proben zu beanstanden. Der Anteil der sind rund 9 % der eingesandten Proben. Kennzeichnungsmängel entfiel auf 4 051 Proben; dies sind rund 16 % der eingesandten Proben. Getreide und Getreideprodukte Bei Würdigung der vorgefundenen Kennzeich- Es wurden 2 558 Proben untersucht. Davon waren nungsmängel kann zunächst festgestellt werden, 490 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- dass die von der VZN genannte Beanstandungs- zeichnungsmängel entfiel auf 317 Proben; dies quote weit unterschritten wird. Insbesondere bei sind rund 12 % der eingesandten Proben. Fisch und Fischerzeugnissen, die amtlich beprobt Suppen und Soßen wurden, liegt die Beanstandungsquote lediglich bei 2 % der eingesandten und untersuchten Proben. Es wurden 203 Proben untersucht. Davon waren Eine durchschnittliche Beanstandungsquote bei 66 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- allen Produkten von 16 % im Kennzeichnungsbe- zeichnungsmängel entfiel auf 59 Proben; dies sind reich belegt, dass die kommunalen Überwa- rund 29 % der eingesandten Proben. chungsbehörden ihrer Kontrollpflicht nachkommen. Süßspeisen Es wurden 3 175 Proben untersucht. Davon waren Anlage 17 887 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- zeichnungsmängel entfiel auf 453 Proben; dies Antwort sind rund 14 % der eingesandten Proben. des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Getränke auf die Frage 18 der Abg. Daniela Behrens (SPD) Es wurden 2 849 Proben untersucht. Davon waren Schlaglöcher und Bodenwellen: Warum ist der Baulastträger noch immer in Unkenntnis 788 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- der Lage der L 143? zeichnungsmängel entfiel auf 683 Proben; dies sind rund 24 % der eingesandten Proben. Ende Februar erreichte die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr ei- Kaffee und Tee ne Eingabe einer Anwohnerin der Lindenstraße in Loxstedt-Nesse, in der es um den schlechten Es wurden 356 Proben untersucht. Davon waren Zustand der Landesstraße 143 und der Geh- 19 Proben zu beanstanden. Der Anteil der Kenn- wege ging. Die Landesbehörde wandte sich dann an die Gemeinde Loxstedt und stellte di- zeichnungsmängel entfiel auf 17 Proben; dies sind verse Fragen, „um diese Eingabe beantworten rund 5 % der eingesandten Proben. zu können“.

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Aufgrund der Tatsache, dass der Zustand der Zu 3: Inwieweit der Fahrbahnzustand in der Orts- L 143 oft und auf allen Ebenen thematisiert durchfahrt Nesse durch eine Erhaltungsmaßnahme worden ist, ich selbst z. B. im August 2008 eine Anfrage zu dieser Strecke gestellt habe verbessert werden kann, wird derzeit unter bau- (Drs. 16/1676) und es seitens der Gemeinde technischer Sicht geprüft. Anschließend wird das Loxstedt diverse Anträge und Anfragen gab, ist Vorhaben im Kontext mit den anderen Erhal- das Verhalten der Landesbehörde nach Auffas- tungsmaßnahmen zeitlich einzuordnen sein. sung von Beobachtern verwunderlich und schwer nachzuvollziehen. Die L 143 ist eine der Hauptverkehrsachsen in der Gemeinde Loxstedt. Die überörtliche Funk- Anlage 18 tion besteht in der Durchleitung der Verkehre aus dem Bereich Oldenburg/Bremen und Bre- Antwort merhaven in Richtung Stade/Hamburg. Laut des Finanzministeriums auf die Frage 19 der Abg. Angaben der Gemeinde Loxstedt ist in den zu- rückliegenden Jahren „der schlechte Straßen- Ursula Helmhold und Enno Hagenah (GRÜNE) zustand immer wieder Anlass für Hinweise und Wie geht es weiter mit dem geplanten Land- Bitten an das Land zur Durchführung von Sa- tagsabriss? nierungsmaßnahmen gewesen, die allerdings jedes Mal mit Hinweis auf die allgemein Im Zusammenhang mit dem geplanten Abriss schlechte Finanzlage und dadurch fehlende des denkmalgeschützen Plenarsaals wurde Haushaltsmittel negativ beschieden worden jetzt als letzter Schritt und als Abschluss des sind“. aktuellen Architektenwettbewerbs das soge- nannte Verhandlungsverfahren mit den drei Ich frage die Landesregierung: Preisträgern begonnen. 1. Warum ist die Niedersächsische Landesbe- Wir fragen die Landesregierung: hörde für Straßenbau und Verkehr nach diver- sen Anfragen zu dieser Teilstrecke immer noch 1. Welche Kriterien werden im Verhandlungs- in Unkenntnis der Lage? Gab es in den vergan- verfahren zugrunde gelegt? genen vier Jahren Vororttermine seitens der Landesbehörde? 2. Mit welcher Gewichtung gehen diese Krite- rien jeweils in das Verhandlungsergebnis ein? 2. Worauf basieren denn die bisher abschlägi- gen Beurteilungen der Landesbehörde zu Sa- 3. Welche Gründe haben für gerade diese ge- nierungsarbeiten an der L 143? wählte Gewichtung im Einzelnen gesprochen? 3. Wann kann die Gemeinde Loxstedt mit einer Das Verhandlungsverfahren nach § 5 der Verdin- positiven Antwort auf die Sanierungsanfragen gungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) für die L 143 rechnen, bzw. wann ist geplant, die Ortsdurchfahrt Nesse zu sanieren? setzt Auftragsverhandlungen mit ausgewählten Bewerbern voraus. Diese Auftragsverhandlungen Zuständiger Baulastträger für die Fahrbahn der hat das Staatliche Baumanagement am 22. April L 143 ist das Land, für die Gehwege ist dies die 2010 durchgeführt und abschließend bewertet, sie Gemeinde Loxstedt. sind nunmehr abgeschlossen. Die Wertung der Dieses vorausgeschickt, beantworte ich namens Auftragsverhandlungen hat zu dem Ergebnis ge- der Niedersächsischen Landesregierung die Fra- führt, dass das Büro Yi mit 435 von 500 möglichen gen wie folgt: Punkten „am ehesten die Gewähr für eine sachge- rechte und qualitätsvolle Leistungserfüllung bietet“ Zu 1: Der Niedersächsischen Landesbehörde für (§ 24 VOF). Straßenbau und Verkehr ist die Situation vor Ort entgegen der Einschätzung der Fragestellerin be- Grundlage für die Wertung waren folgende vier kannt. Gleichwohl sind zur Beantwortung der sehr Kriterien: „Platzierung im Architektenwettbewerb“, detaillierten Eingabe der Anwohnerin Stellungnah- „Präsentation des Büros“, „Projektabwicklung“ und men der zuständigen Stellen vor Ort erforderlich. „Grundlagen der Honorarnebenkosten“. Ortstermine waren in den letzten Jahren entbehr- Die Gewichtung dieser Kriterien war dabei wie folgt lich. verteilt: Zu 2: Die Notwendigkeit zur Beseitigung der Fahr- - „Platzierung im Architektenwettbewerb“ 60 % bahnschäden in der Ortsdurchfahrt Nesse ist un- strittig. Ein Vergleich mit den Schadensbildern - „Präsentation des Büros“ 10 % anderer Teilstrecken führte zu dem Ergebnis, dass - „Projektabwicklung“ 25 % die Beseitigung der Schäden in Nesse noch zu- rückgestellt werden muss. - „Grundlagen der Honorarnebenkosten“ 5 %

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Die Höhe der Gewichtung spiegelt die besondere zung der Nutzer eine erneute Benachteiligung Bedeutung der Bauaufgabe und die getroffene der Heidebahnnutzer im ländlichen Raum. Juryentscheidung wider. Bei der Gewichtung der Barrierefreiheit auf Bahnhöfen, auch auf denen übrigen Kriterien hat die „Projektabwicklung“ eine der Heidebahn, wird besonders vor dem Hin- tergrund des demografischen Wandels nach hohe Bedeutung vor den beiden anderen Kriterien Einschätzung von Experten immer wichtiger. „Präsentation des Büros“ und „Grundlagen der Streitig ist, ob bei der Barrierefreiheit § 48 Honorarnebenkosten“. Bei dieser Gewichtung war Abs. 2 der Niedersächsischen Bauordnung An- sichergestellt, dass nicht ein einzelnes Kriterium wendung finden muss, wonach Bahnsteige des öffentlichen Personennahverkehrs von behin- allein ausschlaggebend ist. Prinzipiell hatte jede derten, älteren Menschen und Personen mit Platzierung im Wettbewerb die Chance, das Ver- Kleinkindern ohne fremde Hilfe zu erreichen handlungsverfahren erfolgreich abzuschließen. sein müssen und eine Höhe aufzuweisen ha- ben, die ihnen das Ein- und Aussteigen erleich- Über das Ergebnis der Auftragsverhandlungen tert, entsprechend den auf der Strecke ver- sind die Bewerber bereits informiert worden. For- kehrenden Fahrzeugen, um eine Grundvoraus- mal erfolgt die Vergabe an den Auftragnehmer setzung für Mobilität zu erfüllen. durch Vertragsunterzeichnung. Diese kann erfol- Immer wieder angemahnt wird der barrierefreie gen, sobald das anhängige Vergabekammerver- Ausbau des Bahnhofes Soltau, der sowohl für den Verkehr auf der Heidebahn wichtig ist als fahren abgeschlossen ist. auch für die sogenannte Amerikalinie, die dort den Heidebahnverkehr kreuzt. Am 29. Oktober Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen 2009 antwortete die Landesregierung auf eine wie folgt: Frage nach dem barrierefreien Ausbau von Bahnhöfen an der Heidebahn in meiner Kleinen Zu 1: Siehe Vorbemerkungen. Anfrage vom 16. September 2009: „Den behin- dertengerechten Ausbau der Stationen im Ab- Zu 2: Siehe Vorbemerkungen. schnitt Soltau–Buchholz strebt das Land zeit- nah an, für den Abschnitt Walsrode–Soltau sol- Zu 3: Siehe Vorbemerkungen. len entsprechende Verhandlungen mit der DB AG aufgenommen werden“. Somit ist der Bahnhof Soltau das Herzstück beider Stre- ckenabschnitte. Die Notwendigkeit des barriere- Anlage 19 freien Ausbaus ist offenbar unstrittig, zumal Antwort auch eine Zahl von über 1 260 Ein- und Aus- stiegen sowie 60 Zughalten pro Tag erreicht des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr wird. Bei einer Veranstaltung in Soltau Mitte März 2010 verwies ein Sprecher der DB Station auf die Frage 20 des Abg. Dieter Möhrmann (SPD) & Service AG darauf, dass ein barrierefreier Ausbau nur mit Fördermitteln vom Land Nie- Wann wird die Barrierefreiheit auf der Hei- dersachsen umsetzbar sei. Nach Aussage der debahn (KBS 123) umgesetzt, und bleiben Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) vom die Haltepunkte Suerhop, Wintermoor und 28. Dezember 2009 sollen sogar die nachfra- Büsenbachtal im neuen Fahrplankonzept gestarken Bahnstationen Schneverdingen, enthalten? Handeloh und Holm-Seppensen barrierefrei Die Optimierung des Verkehrs auf der Heide- ausgebaut werden im Rahmen der Ausbau- bahn, Kursbuchstrecke 123, kommt nach Be- maßnahme der Heidebahn, obwohl sie weniger obachtung von Vertretern vor Ort nach wie vor als 1 000 Ein- und Ausstiege pro Tag zu ver- nur schleppend voran. Der Ausbau des Stre- zeichnen haben. ckenabschnitte Bennemühlen–Walsrode und Die LNVG plant, ein neues Fahrplankonzept für Soltau–Buchholz hat nach Verzögerungen be- die Heidebahn in das Vergabeverfahren für das gonnen. Nach wie vor ungeklärt ist die finanziel- Betreiben der Strecke einzubringen. Eine Vari- le Realisierung des notwendigen Ausbaus für ante beinhaltet einen 20-minütigen Halt in Sol- den Streckenabschnitt zwischen Walsrode und tau und Taktverkehr bis Buchholz mit einer Soltau. Bei der Fahrplangestaltung ergeben Zugkreuzung in Handeloh auf der eingleisigen sich immer wieder strittige Punkte. Strecke; eine weitere Variante sieht einen kur- Wie vor einem Jahr ist der durchgehende Ver- zen Aufenthalt in Soltau vor mit Zugkreuzung in kehr der Heidebahn zwischen Hannover und Schneverdingen und dafür die Aufhebung der Walsrode am Samstag und Sonntag nach der Haltepunkte Wintermoor, Suerhop und Büsen- Fahrplanumstellung im Dezember 2010 gefähr- bachtal. Diese Pläne erzeugen Ängste bei den det. Hintergrund ist eine vorgesehene Kürzung Nutzern der zur Disposition stehenden Halte- der Landeszuschüsse in Höhe von 1,8 Millionen punkte. Euro an die Region Hannover für die Bestellung Ich frage die Landesregierung: des Nahverkehrs. Die Fahrgäste wären dann am Wochenende auf das Umsteigen in Benne- 1. Bisher hat die Region Hannover jedes Jahr mühlen angewiesen. Dies wäre nach Einschät- wieder um Zuschüsse für den Nahverkehr

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kämpfen müssen. Wird das Land dafür Sorge tion begrenzt. Außerdem gibt es weitere Zwangs- tragen, dass die Landeszuschüsse für die Re- punkte, die zu beachten sind: zum einen die mög- gion Hannover mittelfristig zugesagt werden, damit auch über Dezember 2010 hinaus der lichst kurzen Anschlüsse an die Metronom-Züge in Verkehr auf der Heidebahn sonnabends und Buchholz, zum anderen die minutengenaue Ein- sonntags zwischen Hannover und Walsrode (ab passung in den S-Bahn-Takt zwischen Bennemüh- Bennemühlen) bestellt werden kann, und dafür len und Hannover Hbf sowie die Gleisbelegung in von der Streichung der Zuschüsse im Nahver- kehr in Höhe von 1,8 Millionen Euro absehen? Hannover Hbf. Aufgrund dieser Faktoren ist für den südlichen Streckenabschnitt zwischen Soltau und 2. Werden die Haltepunkte Wintermoor, Suer- Hannover Hbf nur eine einzige Fahrplanvariante hop und Büsenbachtal an der Heidebahn auch nach dem neuen Fahrplankonzept erhalten möglich, die auch die An- und Abfahrtszeiten in bleiben, das dafür einen 20-minütigen Halt in Soltau in Richtung Süden bestimmt. Soltau vorsieht, oder wird der Halt in Soltau kurz sein, dafür aber die Aufhebung der Halte- Für den Fahrplan zwischen Buchholz und Soltau punkte Wintermoor, Suerhop und Büsenbachtal sind zwei Varianten möglich: angestrebt? Erstens. Die erste Fahrplanvariante sieht eine 3. Wird das Land Niedersachsen Fördermittel stündliche Zugbegegnung in Handeloh und An- für den barrierefreien Ausbau des Bahnhofes Soltau bereitstellen, wann soll mit dem notwen- schlüsse an die Metronom-Züge in Richtung Ham- digen Ausbau begonnen werden, und wie sieht burg und Bremen zu den Minuten 19 und 38 in die Planung für die übrigen Bahnhöfe in Nie- Buchholz vor. In Soltau hätten die Züge bei dieser dersachsen aus? Variante allerdings eine Aufenthaltszeit von jeweils Der Ausbau der Heidebahn zwischen Bennemüh- ca. 24 Minuten, da die Abfahrts- und Ankunftszei- len und Buchholz (Nordheide) ist derzeit ein wich- ten von und nach Hannover Hbf, wie vorstehend tiges Schienenprojekt in Niedersachsen. Ziel und erwähnt, fixiert sind. Gegenstand der in drei Ausbauabschnitte einge- Zweitens. Bei der zweiten Fahrplanvariante findet teilten Arbeiten sind die Erschließung der Region, die stündliche Zugbegegnung in Schneverdingen die Erhöhung der Streckengeschwindigkeit und die statt. Anschlüsse an den Metronom bestehen in Sanierung der Stationen entlang dieser Strecke. Richtung Hamburg Hbf zur Minute 59 und aus Richtung Hamburg Hbf zur Minute 4. In Soltau Der Ausbau des südlichen Streckenabschnitts hätten die Züge aus/in Richtung Süden nur eine zwischen Bennemühlen und Walsrode (1. Bauab- kurze Aufenthaltszeit von ca. zwei Minuten. Bei schnitt) hat im Sommer 2009 begonnen, und auch dieser Variante wäre es allerdings erforderlich, auf die Bauarbeiten des nördlichen Streckenabschnitts die drei sehr gering frequentierten Halte Suerhop Soltau–Buchholz (3. Bauabschnitt) wurden Ende (150 E/A), Büsenbachtal (90 E/A) und Wintermoor 2009 aufgenommen. Die Arbeiten in beiden Teil- (80 E/A) zu verzichten, um einerseits die An- abschnitten verlaufen planmäßig, und die Strecken schlüsse zu erreichen und andererseits die Be- sollen zum Fahrplanwechsel 2011/2012 in Betrieb gegnung der Züge im Bahnhof Schneverdingen genommen werden. Es ist für das Land von hoher sicherzustellen. Priorität, auch den Ausbau des mittleren Teilab- schnitts zwischen Walsrode und Soltau (2. Bauab- Für den Ausbau der Bahnstationen ist der Bund schnitt) voranzutreiben. Deswegen steht die Lan- als Eigentümer der Infrastruktur verantwortlich. desregierung in intensiven Gesprächen mit der Dafür stehen Bundesmittel zur Verfügung, die über DB AG über dessen Finanzierung und zeitnahe das Eisenbahn-Bundesamt projektgebunden an Umsetzung. die DB Station & Service AG ausgezahlt werden. Dabei gelten z. B. Bestimmungen für den barriere- Unter Berücksichtigung der zukünftigen Infrastruk- freien Ausbau von Stationen, die festlegen, dass tur und Fahrzeuge plant die LNVG ein neues eine Mindestzahl von 1 000 Ein- und Aussteigern Fahrplankonzept für die Heidebahn ab Dezember täglich erreicht werden muss, damit ein barriere- 2011. Ziel ist es, die durch die Geschwindigkeits- freier Ausbau mit Bundesmitteln finanziert werden anhebung erzielbaren Fahrzeitgewinne in einen für kann. Ein barrierefreier Ausbau von Stationen mit den Kunden nutzbaren Reisezeitgewinn umzuset- geringeren Ein- und Aussteigerzahlen kann daher zen und ein Angebot im Stundentakt anzubieten. allenfalls mit Landesmitteln erfolgen. Da die Strecke weiterhin eingleisig sein wird und die Zahl und Lage der Bahnhöfe, in denen sich die Dieses vorausgeschickt, wird die Anfrage namens Züge begegnen können, gleich bleibt, sind die der Landesregierung wie folgt beantwortet: Variationsmöglichkeiten bei der Fahrplankonstruk-

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Zu 1: In den Jahren 2008 und 2009 sind den Zug 2“ umgesetzt werden. Mit einem Investitions- ÖPNV-Aufgabenträgern zusätzliche Landesmittel volumen von 100 Millionen Euro stehen insgesamt in Höhe von 15 Millionen Euro p. a. für die Bestel- 40 Stationen zur Modernisierung und barrierefreien lung von ÖPNV-Betriebsleistungen zur Verfügung Gestaltung an. gestellt worden. Diese freiwilligen Leistungen des Ferner sollen schwerpunktmäßig die noch nicht Landes dienten als Teilkompensation für die Re- modernisierten Stationen im Bereich der Regio-S- duzierung der Zuweisung nach § 7 Abs. 1 und 5 Bahn Bremen/Niedersachsen ausgebaut werden. des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes Außerdem werden im Zuge des Ausbaus einige (NNVG) infolge der unerwarteten Kürzung der Stationen entlang der Heidebahn erneuert.“ Regionalisierungsmittel durch den Bund ab 2006. Die Aufgabenträger können nicht von längerfristi- gen zusätzlichen Zahlungen des Landes ausge- Anlage 20 hen. Bei den freiwilligen Leistungen des Landes ist das Subsidiaritätsprinzip zu beachten. Damit ist Antwort eine finanzielle Bedarfsprüfung verbunden. Soweit des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr die Aufgabenträger die Betriebsleistungen aus auf die Frage 21 der Abg. Sigrid Rakow, Olaf Lies vorhandenen Mitteln finanzieren können, sind zu- und Wiard Siebels (SPD) sätzliche Zahlungen des Landes unzulässig. Erweiterung von Kavernen in Niedersachsen Die Landesregierung prüft derzeit den Bedarf an - Werden die Bedenken der Menschen in der zusätzlichen Mitteln. Eine Prüfung ist bis zum Ende Region durch die Behörden ausreichend be- der Bestellfrist für die Betriebsleistungen des Fahr- rücksichtigt? planjahres 2011 abgeschlossen. Unter der Überschrift „Friedeburger Bürger ge- hen auf die Straße“ berichtet die NWZ am Zu 2: Die Haltepunkte Wintermoor, Suerhop und 4. März 2010 über die Besorgnis der Menschen Büsenbachtal sollen auch im neuen Betriebskon- im Landkreis Wittmund wegen des geplanten zept des Nordabschnitts zunächst weiterhin im Gasspeichers der E.ON Gas Storage. Schienenpersonennahverkehr bedient werden. Der Landrat des Landkreises Wittmund führt in Sollte sich spätestens zum Zeitpunkt der Fertigstel- dem Artikel aus, dass die Bürger der Region lung des Mittelabschnitts zwischen Walsrode und besorgt seien wegen der Lebensqualität und Soltau die Zahl der Ein- und Aussteiger an den Sicherheit in ihrer Region. Zu den genehmigten 144 Kavernen sollen 90 weitere hinzukommen. drei Stationen nicht auf deutlich über 200 Ein- und Hierdurch wird für die Menschen der umliegen- Aussteiger je Station und Werktag erhöht haben, den Orte eine weitere Zunahme von Emissio- sollen die genannten Haltepunkte künftig im stra- nen (Lärm, Schmutz und Licht) erwartet. ßengebundenen ÖPNV bedient werden, wie es Das Genehmigungsverfahren führt das Lan- teilweise bereits heute der Fall ist (z. B. in Suerhop desamtes für Bergbau, Energie und Geologie über den Stadtbus Buchholz). (LBEG) in Clausthal-Zellerfeld durch - hier zu- ständig die Außenstelle in Meppen. Auch gegen Zu 3: Die im Jahr 2006 vom Land angestoßene das LBEG regt sich laut o. g. Zeitungsbericht Vorplanung für die „Heidebahn“ sah vor, dass der Kritik. So habe der Rechtsanwalt der Bürgerini- tiative den Verhandlungsführer des LBEG we- Bahnhof Soltau bereits im Zuge des Ausbaus der gen Befangenheit abgelehnt. „Amerika-Linie“ Uelzen–Langwedel, der im Be- darfsplan Schiene als vordringlich eingestuft ist, Wir fragen die Landesregierung: neu gestaltet wird. Eine Umsetzung des Bedarfs- 1. Wie stellt sich der aktuelle Sachstand zum planprojektes ist derzeit leider nicht absehbar. Das konkreten Vorgang im Landkreis Wittmund dar, Land steht daher in Kontakt mit der DB AG, um und welche Risiken und Beeinträchtigungen für die Menschen der Region konnte das LBEG im abzuklären, ob ein barrierefreier Ausbau dieses Verfahren bisher ermitteln, bzw. welche be- Bahnhofs losgelöst vom Bedarfsplanprojekt erfol- triebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen gen kann. Nur wenn dies sichergestellt ist, kann Vorteile stehen dem Vorhaben gegenüber? ein Einsatz von Landesmitteln in Betracht gezogen 2. Inwiefern und nach welchen Rechtsgrundla- werden. gen hat das LBEG eine Öffentlichkeitsbeteili- gung vorgenommen, und inwieweit sind die Er- Seit 1996 sind rund 50 % aller Bahnstationen in gebnisse mit welcher Einschätzung - insbeson- Niedersachsen komplett modernisiert worden. dere in Bezug auf eine Umweltverträglichkeits- Innerhalb der nächsten Jahre soll das Bahnhofs- prüfung - in das Verfahren eingeflossen, bzw. modernisierungsprogramm „Niedersachsen ist am wie wurden sie berücksichtigt?

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3. Wie schätzt die Landesregierung die Berück- keitsprüfung notwendig. Hierzu hat das LBEG En- sichtigung der vorgebrachten Bedenken der de 2009 das vorgeschriebene Beteiligungsverfah- Menschen ein, die in der Region leben, und in- wiefern sieht sie hier gegebenenfalls Optimie- ren eingeleitet und die öffentliche Auslegung der rungsbedarf? Antragsunterlagen veranlasst. Die hierbei vorge- tragenen Einwendungen und Stellungnahmen wur- In Niedersachsen werden seit über 30 Jahren un- den im März 2010 erörtert. Im April 2010 hat die terirdische Kavernenspeicher errichtet und betrie- EGS beim LBEG einen Antrag auf vorzeitigen Be- ben. Diese Speicher dienen überwiegend der Zwi- ginn des Vorhabens gemäß § 57 b des Bundes- schenlagerung von importiertem Erdöl und Erdgas berggesetzes gestellt. Sowohl die Entscheidung sowie der Lagerung eines beträchtlichen Teils der über die Zulassung des Rahmenbetriebsplanes als nach dem Erdölbevorratungsgesetz vorgeschrie- auch die Entscheidung über den Antrag auf vorzei- benen strategischen Reserven an Erdöl und Erd- tigen Beginn stehen noch aus. ölerzeugnissen. Damit leisten die Speicher einen wesentlichen Beitrag für die Sicherheit der Ener- Die Umweltauswirkungen des Vorhabens hat die gieversorgung der Bundesrepublik Deutschland. EGS in dem Rahmenbetriebsplan sowie in den für Zuständig für die bergrechtliche Genehmigung und die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprü- Überwachung dieser Speicher ist das Landesamt fung vorgelegten Antragsunterlagen dargestellt. für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Hierzu zählen u. a. die Beschreibung von Art und In der Gemeinde Friedeburg (Landkreis Wittmund) Menge der zu erwartenden Emissionen und Rest- liegt mit 104 errichteten bzw. in der Errichtung stoffe, vor allem der Luftverunreinigungen, der befindlichen Kavernen die größte niedersächsi- Abfälle und des Anfalls von Abwasser sowie An- sche Kavernenanlage. Entsprechend den regio- gaben über alle sonstigen erheblichen Auswirkun- nalplanerischen Zielsetzungen haben die zugehö- gen des Vorhabens auf Menschen sowie die rigen übertägigen Anlagen zur unterirdischen Schutzgüter Luft, Wasser und Boden. Nach den Speicherung von Primärenergie die Qualität eines vorgelegten Lärm- und Luftschadstoffprognosen ist Vorrangstandortes. Der Landkreis Wittmund führt mit keinen erheblichen Umweltauswirkungen hin- gegenwärtig eine raumordnerische Beurteilung für sichtlich der zu erwartenden Emissionen sowie eine mögliche Erweiterung dieser Kavernenanlage Luftverunreinigungen zu rechnen. Zu der volkswirt- durch. schaftlichen Bedeutung des Vorhabens wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Innerhalb der Kavernenanlage plant die E.ON Gas Storage GmbH (EGS), Essen, die Errichtung einer Zu 2: Bei dem vom LBEG durchgeführten berg- neuen Gasspeicherstation. Diese Planungen bein- rechtlichen Planfeststellungsverfahren mit integ- halten im Wesentlichen den Bau von vier Gasver- rierter Umweltverträglichkeitsprüfung handelt es dichtern einschließlich der zum Betrieb notwendi- sich um ein förmliches Zulassungsverfahren mit gen Betriebsanlagen und Sicherheitseinrichtungen. Öffentlichkeitsbeteiligung. Die anwendbaren Plan- Derzeit führt das LBEG das für die Genehmigung feststellungsvorschriften des Verwaltungsverfah- dieses Vorhabens vorgeschriebene bergrechtliche rensgesetzes (§§ 72 ff.) definieren dabei die Rah- Planfeststellungsverfahren mit integrierter Umwelt- menbedingungen für die Einbeziehung der Öffent- verträglichkeitsprüfung durch. In diesem Verfahren lichkeit. Hierzu zählen die vom LBEG veranlasste wird auch über die Erteilung der förmlichen Ge- öffentliche Auslegung der Antragsunterlagen sowie nehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutz- die Erörterung der zu dem Vorhaben erhobenen gesetz sowie weiterer erforderlicher Genehmigun- Einwendungen und Stellungnahmen. Im Rahmen gen entschieden. der nunmehr vom LBEG vorzunehmenden Abwä- Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens gung fließen die Erkenntnisse dieser Öffentlich- der Landesregierung wie folgt beantwortet: keitsbeteiligung in die Entscheidung über den An- trag ein. Zu 1: Die EGS hat im November 2009 dem LBEG den für die Errichtung und den Betrieb der Gas- Zu 3: Wie in der Antwort zu Frage 1 dargestellt, ist speicherstation erforderlichen Rahmenbetriebsplan das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlos- einschließlich der für die Durchführung einer Um- sen, sodass eine Einschätzung zum gegenwärti- weltverträglichkeitsprüfung erforderlichen Unterla- gen Zeitpunkt nicht abgegeben werden kann. gen vorgelegt. Für die Zulassung des Rahmenbe- triebsplanes ist ein bergrechtliches Planfeststel- lungsverfahren mit integrierter Umweltverträglich-

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Anlage 21 130 km/h für Autobahnen und außerörtliche Stra- ßen, die autobahnähnlich ausgebaut sind. Antwort Geschwindigkeitsbeschränkungen sind nur aus des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr konkreten sachlichen Gründen nach den Vorschrif- auf die Frage 22 des Abg. Enno Hagenah (GRÜ- ten der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) möglich. NE) Unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit sind „Ein Minister gibt Gas“ Geschwindigkeitsbegrenzungen gemäß StVO dann anzuordnen, wenn angenommen werden Mit dieser Überschrift kommentierte die Hanno- versche Neue Presse am 8. April 2010 kritisch muss, dass die Kraftfahrer auch bei ausreichender die Initiative von Minister Bode, Tempolimits auf Aufmerksamkeit nicht erkennen können, dass eine Autobahnen zu überprüfen und - wo immer bestimmte Stelle oder Strecke aufgrund bestehen- möglich - aufzuheben. Obwohl nur 290 km der der Besonderheiten nur mit verminderter Ge- 1 400 km Autobahnstrecke in Niedersachsen ein Tempolimit haben, will die Landesregierung schwindigkeit und unter Aufbietung erhöhter Auf- laut Verkehrsminister Bode diese nun überall merksamkeit befahren werden darf. Gemäß § 45 dort aufheben, wo sich dadurch das Unfallrisiko Abs. 9 StVO ist weiterhin zu prüfen, ob eine An- nicht erhöht. ordnung von Verkehrszeichen und Verkehrsein- Der Parlamentarische Geschäftsführer der richtungen aufgrund der besonderen Umstände CDU, Björn Thümler, unterstützte dieses Vor- zwingend geboten ist. Nur wenn aufgrund der be- gehen mit dem Hinweis: „Wenn man auf gut sonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage ausgebauten Strecken gezwungen werde, besteht, die das allgemeine Risiko einer Beein- langsam dahinzurollen, sinke die Aufmerksam- keit - damit steige das Unfallrisiko.“ trächtigung schützenswerter Rechtsgüter erheblich übersteigt, dürfen Beschränkungen des fließenden Mit dem geplanten Vorgehen der Landesregie- Verkehrs angeordnet werden. Die angeordneten rung entsteht somit ein verkehrssicherheitstech- nisches Paradoxon, wenn einerseits Tempoli- Beschränkungen sind in regelmäßigen Abständen mits auf Autobahnen zur Bekämpfung von Un- daraufhin zu überprüfen, ob die Sachverhalte vor fallhäufigkeit erlassen werden und zugleich das Ort weiterhin die Verkehrsbeschränkungen recht- Aufheben von Tempolimits nun das Unfallrisiko fertigen. senken soll.

Ich frage die Landesregierung: Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: 1. Teilt die Landesregierung die Sicht von Ver- kehrsplanern, dass die starken Geschwindig- Zu 1: Zur Frage, ob Geschwindigkeitsdifferenzen keitsunterschiede von Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern in Bereichen ohne das Unfallgeschehen auf Autobahnen erhöhen, Tempolimit die Unfallgefährdung auf Autobah- gibt es sehr divergierende Positionen. Insbesonde- nen tendenziell erhöhen und auch die Schwere re Lage, Ausbauzustand oder auch die Verkehrs- von Unfällen mit der Geschwindigkeit des Ver- dichte, bezogen auf den Schwerlast- bzw. Pkw- kehrs deutlich zunimmt? Anteil, wirken auf das Unfallgeschehen bei Ge- 2. Wie verändern sich die klimarelevanten schwindigkeitsdifferenzen ein. Die Landesregie- Emissionen des Verkehrsgeschehens bei mitt- rung lässt daher jeweils einzelfallbezogen prüfen, lerer Nutzungsdichte einer vier-plus-zwei-spu- rigen Autobahn und zum Vergleich einer sechs- ob die obigen Voraussetzungen für Verkehrsbe- plus-zwei-spurigen Autobahn pro Stunde bei schränkungen vorliegen. einem Tempolimit auf 120 km/h im Verhältnis zu entsprechenden Autobahnabschnitten ohne Zu 2: Die StVO bietet keine Rechtsgrundlage für Tempolimit? ein Tempolimit aus Klimaschutzgründen. Darüber 3. Wie verändern sich der Verkehrsfluss und hinaus sind nach Untersuchungen des Umwelt- die staufreie maximale Kapazität einer vier- bundesamtes durch Tempolimits auf Autobahnen plus-zwei-spurigen Autobahn und zum Ver- nur sehr geringe Wirkungen für den Klimaschutz gleich einer sechs-plus-zwei-spurigen Autobahn zu verzeichnen. pro Stunde bei einem Tempolimit auf 120 km/h im Verhältnis zu entsprechenden Autobahnab- Zu 3: Der Verkehrsfluss und die staufreie maxima- schnitten ohne Tempolimit? le Kapazität einer Autobahn sind von einer Vielzahl Nach der Verordnung über eine allgemeine Richt- von Parametern abhängig (beispielsweise den geschwindigkeit auf Autobahnen und ähnlichen Verkehrsbelastungen, den Schwerverkehrsantei- Straßen gilt in der gesamten Bundesrepublik len, den Steigungen, der Länge der Steigungsstre- grundsätzlich eine Richtgeschwindigkeit von cken, der Lage der jeweiligen Streckenabschnitte

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etc.), sodass generalisierende Aussagen hierzu Im Rahmen des Verkehrsvertrags mit der nicht getroffen werden können. DB Regio AG besteht seit 2003 die Mög- lichkeit, 30 % der Verkehrsleistungen im Wettbewerb zu vergeben. Hiervon hat der ZGB bisher keinen Gebrauch gemacht. Anlage 22 Ausschreibungen von Nahverkehrsleistun- gen und damit die Einführung von Wettbe- Antwort werb im SPNV ist nach Auskunft des ZGB erst mit der Realisierung der RegioStadt- des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Bahn Braunschweig (RSB BS) ab 2013 vorgesehen. Deshalb sind nunmehr, soweit auf die Frage 23 des Abg. Enno Hagenah (GRÜ- auf Abbestellungen verzichtet wird, Kom- NE) pensationszahlungen bis mindestens 2014 notwendig. Provoziert eine fehlende Zusage der Lan- desregierung beim Ausgleich der Regionali- Nach einem Bedarf von 4,954 Millionen Eu- sierungsmittel Angebotskürzungen beim ro p. a. in den Jahren 2008 und 2009 steigt ÖPNV? der Bedarf in 2010 nach Angaben des ZGB um 0,690 Millionen Euro auf 5,644 Millionen Die Aufgabenträger des ÖPNV müssen bereits Euro. Grund hierfür ist ebenfalls der Fern- in den nächsten Wochen ihre verbindlichen Be- verkehrswegfall der IC-Linie 26 im Leinetal stellungen bei den Verkehrsunternehmen für und eine damit verbundene Bestellung von 2011 abgeben. Ob und in welcher Höhe erneut Mehrleistungen. In den Jahren 2011 bis zusätzliche Ausgleichsbeträge vom Land oder 2014 erwartet der ZGB aufgrund der bishe- von der Landesnahverkehrsgesellschaft rigen Erfahrungswerte eine Steigerung sei- (LNVG) zur Kompensation der Bundeskürzun- nes Bedarfs und damit der nötigen Kom- gen bei den Regionalisierungsmitteln zur Ver- pensationszahlungen um durchschnittlich fügung gestellt werden, ist offen. Wenn keine 2,24 % p. a.“ zusätzlichen Mittel fließen, stehen 16 Nahver- kehrsverbindungen in Niedersachsen auf dem Ich frage die Landesregierung: Spiel. Es drohen damit Abbestellungen von 1. Hat sich an diesen Fakten und den mögli- acht Bahn- und Buslinien in der Region Hanno- chen Konsequenzen für das ÖV-Angebot in der ver, und im Zweckverband Großraum Braun- Region Hannover oder dem ZGB inzwischen schweig (ZGB) stehen 425 500 Zugkilometer im etwas signifikant geändert? Jahr auf acht Strecken infrage. 2. Wie wird die Landesregierung die am 9. April Die Ausgleichszahlungen des Landes sind im 2010 von LNVG-Geschäftsführer Menn im Ver- Jahr 2007 aufgrund der landesweiten Proteste kehrsausschuss zu dem Thema getroffene wegen dieser drohenden Angebotseinschrän- Aussage „Alle gemeinsam müssen wir dafür kungen im ÖPNV erstmals zugesagt worden. sorgen, dass keine Angebote zurückgenommen Diese Zusage jetzt zur Disposition zu stellen, werden.“ unterstützen? ohne dass sich die Finanzierungssituation des ÖPNV anderweitig durch Wettbewerbsgewinne 3. Wird die Landesregierung hier wie in 2008 in der Region Hannover oder im Bereich des und 2009 selbst über Haushaltsmittel initiativ, ZGB entspannt hätte, erzeugt bei den Ver- oder will sie die bisher allein bei der LNVG kehrsträgern und den vielen Menschen, die den durch Wettbewerbserfolge erreichten finanziel- öffentlichen Personennahverkehr auf den be- len Spielräume wie in 2010 auch in 2011 dazu troffenen Verbindungen derzeit nutzen, Unver- nutzen, die notwendigen Ausgleichsmittel an ständnis. die Region Hannover und den ZGB zum Erhalt des ÖV-Angebotes zu geben? Die Landesregierung hat in ihrer Antwort auf ei- ne Anfrage der Grünen am 27. März 2009 In den Jahren 2008 und 2009 sind den ÖPNV- selbst klare Aussagen über die negativen Fol- Aufgabenträgern zusätzliche Landesmittel in Höhe gen ausbleibender Kompensationszahlungen bei den Regionalisierungsmitteln auch für 2011 von 15 Millionen Euro p. a. für die Bestellung von und 2012 getroffen: ÖPNV-Betriebsleistungen zur Verfügung gestellt worden. Diese freiwilligen Leistungen des Landes „… Nach Angaben der Region Hannover besteht auch in 2010 ein zusätzlicher Be- dienten der Teilkompensation für die unerwarteten darf an Kompensationszahlungen in glei- Kürzungen der Regionalisierungsmittel durch den cher Höhe wie 2008 und 2009 (1,793 Milli- Bund ab 2006. onen Euro). Aufgrund vertraglicher Bindun- gen bei dem S-Bahn-Verkehr Hannover ist Der Landesregierung ist bekannt, dass die Region die Region Hannover mindestens bis Ende Hannover und der Zweckverband Großraum 2012 auf diese Kompensationszahlungen Braunschweig (ZGB) teilweise durch langfristige angewiesen. Verkehrsverträge gebunden sind. Dennoch ist es Zweckverband Großraum Braunschweig den beiden Aufgabenträgern nach diesen Verträ- (ZGB): gen durchaus möglich, Verkehrsleistungen abzu-

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bestellen, um dadurch im Rahmen der eigenver- Anlage 23 antwortlichen Aufgabenträgerschaft auf die vom Antwort Bund ausgelösten Veränderungen der Rahmenbe- dingungen zu reagieren. Alternativ können die des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Aufgabenträger die Betriebsleistungen auch im Gesundheit und Integration auf die Frage 24 der bisherigen Umfang weiterbestellen, soweit die Abg. Marco Brunotte, Markus Brinkmann, Ulla Finanzierung beispielsweise aus Rückzahlungen Groskurt, Stefan Klein, Matthias Möhle, Uwe der Verkehrsunternehmen oder durch den Ver- Schwarz, Petra Tiemann und Ulrich Watermann zicht/die Verschiebung von Investitionsvorhaben (SPD) möglich ist. Alles nur heiße Luft? - Die zahlreichen An- kündigungen der Landesregierung zur Grundsätzlich gilt: Die Aufgabenträger können Rauchmelderpflicht in Niedersachsen nicht von längerfristigen zusätzlichen Zahlungen Mehr als 500 Menschen kommen nach Anga- des Landes ausgehen. Neben der Finanzsituation ben des Landesfeuerwehrverbandes Nieder- des Landes ist bei den freiwilligen Leistungen auch sachsen jährlich in Deutschland durch Woh- das Subsidiaritätsprinzip zu beachten. Damit ist nungsbrände ums Leben. Durch den verpflich- eine finanzielle Bedarfsprüfung verbunden. Soweit tenden Einbau von Rauchmeldern in Nieder- sachsen aufgrund einer Novellierung der Nie- die Aufgabenträger die Betriebsleistungen aus dersächsischen Bauordnung hätten viele Men- vorhandenen Mitteln finanzieren können, sind zu- schen gerettet werden können. sätzliche Zahlungen des Landes unzulässig. Viele Bundesländer, wie z. B. Hamburg, Hes- sen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz, Die Landesregierung prüft derzeit den Bedarf an haben Rauchmelder mittlerweile gesetzlich vor- zusätzlichen Mitteln. Eine Prüfung wird bis zum geschrieben. Und auch Wohnungsgesellschaf- Ende der Bestellfrist für die Betriebsleistungen des ten wie die Kreissiedlungsgesellschaft Hanno- Fahrplanjahres 2011 abgeschlossen sein. ver haben ihre Wohnungen freiwillig komplett mit Rauchmeldern ausgestattet. Weil eine Rechtsgrundlage für den Einbau in Niedersach- Die von dem LNVG-Geschäftsführer im Verkehrs- sen fehlt, ist es bereits zu mehreren Klagen von ausschuss am 9. April 2010 getroffene Aussage Mietern gegen den Einbau gekommen. Diese bezog sich auf die Abstimmung sinnvoller, aufga- Klagen sind aber komplett abschlägig beschie- benträgerübergreifender Verkehrsangebote und den worden (z. B. Amtsgericht Wennigsen AZ.: 10C54/09). nicht auf einen finanziellen Ausgleich zwischen den Aufgabenträgern. Zwar wurde in der Antwort auf eine Anfrage zur Novellierung der NBauO (LT-Drs. 16/1750) er- Dieses vorausgeschickt, wird die Anfrage wie folgt klärt, dass das Abstimmungsverfahren inner- halb der Landesregierung kurz vor dem Ab- beantwortet: schluss stehe. Aber diese Antwort wurde am 30. Oktober 2009 gegeben. In den Landtag Zu 1: Die in der Anfrage genannten Mittelforderun- wurde bislang jedoch keine Initiative der Lan- gen der Aufgabenträger bestehen weiterhin. Die desregierung zur Änderung der NBauO einge- Prüfungen für den zusätzlichen finanziellen Bedarf bracht. In der 15. Legislaturperiode hatte die SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag in sind noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen wird Abstimmung mit den Feuerwehren in Nieder- auf die Vorbemerkungen verwiesen. sachsen mehrere Initiativen in den Landtag eingebracht, die komplett von der CDU/FDP- Zu 2: Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen. Die Mehrheit und der Landesregierung abgelehnt Landesregierung unterstützt die Aufgabenträger wurden. bei den Abstimmungen für nachfrageorientierte, Eine Gesetzesinitiative der SPD-Fraktion im aufgabenträgerübergreifende Verkehrsangebote. Niedersächsischen Landtag zur Änderung der NBauO und für den verpflichtenden Einbau von Zu 3: Soweit den Aufgabenträgern zusätzliche Rauchmeldern liegt seit Anfang 2008 vor, ohne dass die parlamentarischen Beratungen zu En- Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden, de geführt wurden. erfolgt die Finanzierung aus den Mitteln des Regi- Wir fragen die Landesregierung: onalisierungsgesetzes. Die Bereitstellung dieser Mittel erfolgt zulasten der ÖPNV- 1. Welche Änderungen will die Landesregierung Investitionsförderung und damit nicht zulasten der mit der Novelle der Niedersächsischen Bauord- nung in Bezug auf den verpflichtenden Einbau LNVG. von Rauchmeldern vornehmen?

2. Wann wird die Novelle der Niedersächsi- schen Bauordnung durch die Landesregierung

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in den Niedersächsischen Landtag einge- um Selbstständigkeit und die Anerkennung der bracht? durch die Schädigung bedingten Unterstüt- zungsbedarfe. Dies begann mit der Durchset- 3. Wie begründet die Landesregierung die Ver- zung besonderer Kinderbetreuungs- und Bil- zögerungen bei der Einbringung der Novelle zur dungsangebote und setzte sich für das Arbeits- Niedersächsischen Bauordnung in den Land- leben fort. Schon heute zeigt sich außerdem ei- tag? ne neue Herausforderung angesichts der durch In den Antworten auf die Mündlichen Anfragen die Schädigung in erhöhtem Maße notwendigen Frühverrentungen. Auch der Bedarf an Haus- mehrerer Abgeordneter der Fraktion der SPD zur haltshilfen und Pflegeassistenzen wächst. Trotz Änderung der Niedersächsischen Bauordnung Verbesserungen in den vergangenen Jahren (NBauO)3 im März und Oktober 2009 hat die Lan- und der grundsätzlichen Anerkennung der be- desregierung das bisherige und weitere Verfahren sonderen Verantwortung für die Opfer des Skandals durch die Bundesrepublik Deutsch- und den jeweiligen Stand zur Erarbeitung einer land bleiben nach Auffassung von Experten umfassenden Neufassung der NBauO dargestellt. gravierende Defizite bis zur gleichberechtigten Teilhabe. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: Zu 1: Aussagen zu den konkreten Inhalten der 1. Teilt die Landesregierung die Auffassung, NBauO-Novelle können erst nach Beschlussfas- wonach die Bundesrepublik Deutschland ge- genüber den Contergangeschädigten nicht nur sung durch die Landesregierung getroffen werden. einen allgemeinen sozialstaatlichen Schutz zu gewährleisten hat, sondern durch den Eingriff in Zu 2 und 3: Der Gesetzentwurf zur umfassenden privatautonome Regelungen eine besondere Novellierung der NBauO bedurfte weiterer und zum Verantwortung übernommen hat? Teil komplexer Abstimmungen innerhalb der Lan- 2. Wie bewertet die Landesregierung die Forde- desregierung, die zum Zeitpunkt der Beantwortung rung zahlreicher Contergangeschädigter, wo- der Mündlichen Anfrage im Oktober 2009 noch nach allein die Feststellung der Schädigung nicht absehbar waren. Dieser Abstimmungsprozess ausreichen muss, um entsprechende Unterstüt- ist inhaltlich abgeschlossen. Der Entwurf der zung sowie einen eigenen Rechtsstatus im So- zialrecht zu erhalten? NBauO liegt den Ressorts nunmehr zur abschlie- ßenden Mitzeichnung vor. Es ist davon auszuge- 3. Hält die Landesregierung die Unterstützung hen, dass er nach Beschluss der Landesregierung der Contergangeschädigten durch Haushaltshil- fen und Pflegeassistenz für notwendig, und, den Verbänden und Kammern im Mai/Juni 2010 zur falls ja, wie tut sie dieser Notwendigkeit Genü- Anhörung zugehen wird. Nach Abschluss des An- ge? hörungsverfahrens wird die Landesregierung den Gesetzentwurf in den Landtag einbringen. Am 1. Oktober 1957 kam das thalidomidhaltige Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan der Fir- ma Chemie Grünenthal GmbH auf den Markt. Kur- Anlage 24 ze Zeit später wurden im In- und Ausland zahlrei- che Kinder von Müttern, die während der Schwan- Antwort gerschaft Contergan eingenommen hatten, mit des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, schwersten körperlichen Fehlbildungen ihrer Gesundheit und Integration auf die Frage 25 der Gliedmaßen und anderen Körperschäden geboren. Abg. Ulrich Watermann, Markus Brinkmann, Marco Wegen dieses Sachverhalts wurden Schadener- Brunotte, Ulla Groskurt, Stefan Klein, Matthias satzforderungen gegen die Arzneimittelherstellerin Möhle, Uwe Schwarz und Petra Tiemann (SPD) erhoben. Über Jahre hinweg wurden langwierige Prozesse zwischen den Anwälten der geborenen Situation von Contergangeschädigten in Niedersachsen: Stillstand statt umfassender Kinder, deren Familien und der Firma Grünenthal Teilhabe? geführt. Die Opfer des größten Arzneimittelskandals in Mit dem Gesetz über die Errichtung einer Stiftung der Geschichte der Bundesrepublik Deutsch- „Hilfswerk für behinderte Kinder“ regelte die Bun- land sind mittlerweile zwischen 45 und 50 Jahre alt. Von Beginn an ist die Lebenssituation von desregierung im Dezember 1971 die finanzielle Contergangeschädigten geprägt vom Kampf Aufarbeitung des Conterganskandals. Die Stiftung wurde als öffentlich-rechtliche Stiftung errichtet und 3 Anlage 20 des Stenografischen Berichtes der 35. Sitzung des mit einem Stiftungskapital in Höhe von 100 Mil- Niedersächsischen Landtages, S. 4247 f.; Anlage 12 des Ste- lionen DM plus Zinsen der Firma Grünenthal sowie nografischen Berichtes der 50. Sitzung des Niedersächsischen Landtages, S. 6371 100 Millionen DM aus Bundesmitteln ausgestattet.

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Mit dem ersten Änderungsgesetz 1976 wurden die Nicht zu diesen Kernelementen bzw. Tatbestands- Bundesmittel um 50 Millionen DM aufgestockt. voraussetzungen gehört die Ursache für beispiels- Eine weitere Aufstockung erfolgte mit dem zweiten weise eine wesentliche Behinderung im Sinne der Änderungsgesetz 1980 um weitere 170 Millio- §§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Neun- nen DM. Der Stiftungszweck bestand in erster tes Buch (SGB IX) in Verbindung mit § 53 Abs. 1 Linie in der Gewährung von Leistungen an conter- des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII) gangeschädigte Kinder. oder für eine erhebliche Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 des Sozialgesetzbuches Elftes Mit der Errichtung der Stiftung waren alle etwa Buch (SGB XI). Über öffentlich-rechtliche Sozial- bestehenden Ansprüche gegen die Firma Grünen- leistungsansprüche ist vielmehr unabhängig von thal erloschen. Der Name der Stiftung ist inzwi- der Ursache der Entstehung von Behinderung oder schen geändert worden und lautet nunmehr „Con- Pflegebedürftigkeit zu entscheiden. Nicht relevant terganstiftung für behinderte Menschen“. sind Verursachungs- oder Verschuldensfragen, sei Heute leiden die Betroffenen zunehmend an es in Form von Fremd- oder Eigenverschulden. schmerzhaften Spätfolgen durch die jahrelange Fehlbelastung von Wirbelsäule, Gelenken und Für den Bereich der Sozialen Pflegeversicherung Muskulatur. nach dem SGB XI ist darauf hinzuweisen, dass in dem Umfang, in dem aus einer Conterganschädi- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen gung Pflegebedürftigkeit resultiert, dieser von den namens der Landesregierung wie folgt: zuständigen Pflegekassen nach § 14 Abs. 4 Zu 1: Die Landesregierung teilt die Auffassung, SGB XI in den Bereichen Körperpflege, Ernährung, wonach die Bundesrepublik Deutschland gegen- Mobilität und hauswirtschaftliche Versorgung indi- über den contergangeschädigten Menschen eine viduell zu prüfen und anzuerkennen ist. Conter- besondere Verantwortung übernommen hat. Diese gangeschädigte Personen gehören ausnahmslos Verantwortung trifft in erster Linie den Bundesge- zum Kreis der Pflichtversicherten in der Sozialen setzgeber, der diesen Schadensbereich aus dem Pflegeversicherung. Sie haben im Rahmen der privatautonomen Regelungsbereich herausgenom- individuell festzustellenden Stufe ihrer Pflegebe- men und die Lösung dieser Aufgaben zu einer dürftigkeit einen Anspruch und ein Wahlrecht nach staatlichen Angelegenheit gemacht hat. Dieser § 36 SGB XI (Pflegesachleistung), § 37 SGB XI besonderen Verantwortung ist der Bundesgesetz- (Pflegegeld) oder § 38 SGB XI (Kombination von geber nach Überzeugung der Landesregierung - Geld- und Sachleistung). zuletzt mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Daneben besteht bei nicht durch die Leistungen Conterganstiftungsgesetzes vom 25. Juni 2009 der Pflegeversicherung gedeckten zusätzlichem (BGBl. I S. 1534) - gerecht geworden. Zum 1. Juli Bedarf ein einkommens- und vermögensabhängi- 2008 hat er eine Verdoppelung der monatlichen ger Anspruch auf ergänzende Leistungen der Hilfe Conterganrenten und darüber hinaus weitere Ver- zur Pflege nach den §§ 61 ff. SGB XII. besserungen für die contergangeschädigten Men- schen, wie die Einführung einer Dynamisierung der Hat die Conterganschädigung zu einer wesentli- Conterganrenten zum 1. Juli 2009, die Gewährung chen Behinderung im o. g. Sinne geführt, ist vom jährlicher Sonderzahlungen über einen Zeitraum zuständigen Träger der Sozialhilfe ein individueller, von 25 Jahren und die Einbeziehung bisher von einkommens- und vermögensunabhängiger Ein- der Ausschlussfrist betroffener contergangeschä- gliederungshilfebedarf nach den §§ 53 ff. SGB XII digter Menschen, beschlossen. zu prüfen und gegebenenfalls anzuerkennen. Zu 2: Die Systematik der Tatbestandsvorausset- Die in der Frage dargestellte Forderung weicht von zungen, die in den einzelnen Büchern des Sozial- den genannten Sozialleistungssystemen insoweit gesetzbuches das Bestehen eines Sozialleis- ab, als sie eine pauschalierte Geldleistung zur tungsanspruchs regeln, stellt generell auf zwei Folge hätte, für deren Anerkennung eine Prüfung Kernelemente ab: des individuellen Hilfebedarfs nicht erforderlich ist. 1. die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Perso- Prägend für eine solche Geldleistung wäre allein nenkreis und die Ursache einer körperlichen Schädigung unab- hängig von deren individuellen Folgen. Eine ähnli- 2. Kriterien zur Feststellung und Begründetheit che Regelung findet sich allerdings im sozialen eines sozialleistungsrechtlichen Bedarfs. Entschädigungsrecht, wo beispielsweise die Grundrente nach dem Grad der Schädigungsfol-

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gen gestaffelt ist und der Hilfebedarf damit gewis- wie sie dem Studierendenansturm standhalten sermaßen unterstellt wird. Voraussetzung für die sollen, herrscht an den Hochschulen zudem Unklarheit über die finanzielle Zukunft. Bis dato Umsetzung der Forderung wäre eine bundesge- ist kein neuer Zukunftsvertrag unterzeichnet setzliche Regelung, die einen derartigen Anspruch worden. begründet. Ich frage die Landesregierung:

Zu 3: Zur Unterstützung durch Haushaltshilfen und 1. Welche noch ungeklärten Fragen innerhalb Pflegeassistenz als spezifische Sachleistungen des Kabinetts haben bisher eine Vertragsunter- nach SGB XI und SGB XII wird auf die Ausführun- zeichnung mit den Hochschulen verhindert? gen zur gegenwärtigen Rechtslage zu 2. verwie- 2. Was genau wurde in der regierungsinternen sen. Ein individuell bestehender Bedarf ist über die Prüfung geprüft, und wie lautete das Ergebnis Leistungen nach dem SGB XI und gegebenenfalls der Prüfung? ergänzend nach dem SGB XII abgedeckt. 3. Welche Folgen erwartet der zuständige Wis- senschaftsminister für Niedersachsens Hoch- schulen, wenn trotz Sonderbelastung durch demografischen Anstieg und doppelten Abitur- Anlage 25 jahrgang ab 2011 der Zukunftsvertrag nicht fortgeführt wird, der ursprünglich geplante 2-%- Antwort Bonus für Sachkosten wegfällt oder gar Etat- kürzungen in Höhe von 2 % anstehen? des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf die Frage 26 de Abg. Dr. Gabriele Heinen-Kljajić Durch den derzeitigen Zukunftsvertrag zwischen (GRÜNE) der Landesregierung und den Hochschulen, bestä- tigt durch den Niedersächsischen Landtag, wurde Zukunftsvertrag mit den Hochschulen - Lässt die Landesregierung die Hochschulen den Hochschulen in bundesweit vorbildlicher Wei- im Regen stehen? se über eine Legislaturperiode hinaus Planungs- und Finanzierungssicherheit bis Ende 2010 gege- Durch den 2005 geschlossenen Zukunftsver- trag zwischen dem Land Niedersachsen und ben. Die Landesregierung hat damit als verlässli- den niedersächsischen Hochschulen waren cher Partner der Hochschulen die Grundlage für diese in den letzten fünf Jahren finanziell abge- die sehr erfolgreiche Entwicklung der niedersäch- sichert und von Kürzungen ausgenommen. Da sischen Hochschullandschaft gelegt. Mit dem Zu- der Vertrag zum Ende 2010 ausläuft, wird eine Folgevereinbarung notwendig, welche laut Han- kunftsvertrag wurde zudem eine verlässliche noverscher Allgemeinen Zeitung (HAZ) vom Grundlage für die Einführung von Studienbeiträgen 27. März 2010 bereits im Spätsommer 2009 geschaffen, die den Hochschulen zusätzliche Mög- hätte unterzeichnet werden sollen. Ein im ur- lichkeiten zur Verbesserung der Betreuungsrelati- sprünglichen Entwurf geplanter Bonus von 2 % für gestiegene Sachkosten sei angesichts der onen und der Qualität der Lehre gebracht haben. finanziellen Lage umgehend wieder gestrichen worden. Auch bei der Kabinettsklausur im Ja- Durch die Fortschreibung des Zukunftsvertrags in nuar 2010 habe man sich nicht einigen können, einem Zukunftsvertrag II sollen Leistungsfähigkeit da Sparauflagen vorsähen, in jedem Ministeri- und Attraktivität der niedersächsischen Hochschu- um Etatkürzungen in Höhe von 2 % vorzuneh- len sowie die Zukunftschancen der jungen Genera- men. tion trotz der angespannten Finanzlage des Lan- Laut HAZ soll eine regierungsinterne Prüfung des gesichert werden. Vorrangiges Ziel ist es, der derweil ergeben haben, dass den Hochschulen wachsenden Zahl von Studienberechtigten, be- in den nächsten drei Jahren tatsächlich keine Kürzungen zugemutet werden könnten, da die dingt durch die demografische Entwicklung und die Studierendenzahlen im Gegensatz zu den Verkürzung der Schulzeit auf zwölf Jahre („doppel- Schülerzahlen nicht sinken würden. Im Gegen- te“ Abiturjahrgänge), die Aufnahme eines Studiums teil: Jenseits der demografischen Komponente an einer international wettbewerbsfähigen nieder- wird der Anstieg der Studierendenzahlen noch einmal potenziert durch den doppelten Abitur- sächsischen Hochschule zu ermöglichen und da- jahrgang. Als Folge dessen haben die nieder- mit das Potenzial der jungen Generation in Nieder- sächsischen Hochschulen ab 2011 zusätzlich sachsen umfassend zu fördern. mit einem enormen Anstieg der Studierenden- zahlen zu rechnen. Bund und Land tragen da- Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens her im Rahmen des Hochschulpaktes dafür der Landesregierung wie folgt beantwortet: Sorge, dass dieser von den Hochschulen be- wältigt werden kann. Abgesehen davon, dass Zu 1 und 3: Die niedersächsischen Hochschulen dieser in den Augen von Kritikern unterfinan- ziert ist und einzelne Hochschulen auch in Be- sollen durch einen Zukunftsvertrag II auch weiter- zug auf die Raumsituation noch nicht wissen, hin Planungssicherheit erhalten, um die insbeson-

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dere seit Unterzeichnung des derzeitigen Zu- desagentur für Arbeit ist demgegenüber bereit, kunftsvertrags in 2005 vorangetriebene Profilbil- ihren Kostenanteil weiterzutragen. dung erfolgreich fortzusetzen und im Rahmen des Das Bildungswerk der Niedersächsischen Wirt- Hochschulpakts 2020 der Länder und des Bundes schaft (BNW), dessen Berufsbegleiter bisher in die nach den derzeitigen Prognosen zu erwarten- die beiden Projekte eingebunden waren, bietet zurzeit auch in meinem Wahlkreis Kommunen den Studienanfängerinnen und Studienanfängern eine grundsätzliche Fortführung der beiden Pro- aufnehmen zu können. Die durch die Finanz- und jekte an, allerdings nur unter der Vorausset- Wirtschaftskrise ausgelöste, so bisher noch nie zung, dass die Kommunen den bisher vom Land Niedersachsen getragenen finanziellen dagewesene, angespannte Haushaltslage des Anteil übernehmen. Landes erfordert im Vorfeld von vertraglichen Fest- legungen mit mehrjährigen finanziellen Verpflich- Ich frage die Landesregierung: tungen eine Vielzahl von detaillierten Prüfungen, 1. Welche Ergebnisse der Evaluation und des die alle Aspekte, die mit der vertraglichen Festle- Vergleichs der beiden Projekte liegen vor, und gung in Zusammenhang stehen, umfassen. Dazu welche Konsequenzen ergeben sich für das Land Niedersachsen und die Kommunen dar- zählen u. a. auch die Untersuchung und Prüfung aus? möglicher Folgen, wie sie in Frage 3 beschrieben 2. Hält die Landesregierung eine Weiterführung sind. Der Prozess der Prüfung ist noch nicht abge- des Angebotes - wie vom BNW vorgeschlagen - schlossen. für notwendig und sinnvoll? Wenn ja, wo und unter welchen Voraussetzungen? Zu 2: Der Begriff „regierungsinterne Prüfung“ ist von der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung auf- 3. Sollen die betroffenen Kommunen nach Ein- schätzung der Landesregierung jetzt den bishe- gebracht worden. Der Landesregierung ist nicht rigen Landesanteil übernehmen? Wenn ja, wel- bekannt, worauf damit genau Bezug genommen che Auswirkungen hat das für die Schulen, de- werden soll. Im Übrigen wird auf die Antwort zu ren Schulträger wegen ihrer nicht ausgegliche- Frage 1 und 3 verwiesen. nen Haushalte eine weitere „freiwillige“ Leistung nicht finanzieren können? Der erste Durchgang des Modellprojekts „Ab- Anlage 26 schlussquote erhöhen - Berufsfähigkeit steigern“ (AQB) wurde in Zusammenarbeit mit dem Koope- Antwort rationspartner Bundesagentur für Arbeit - Regio- des Kultusministeriums auf die Frage 27 der Abg. naldirektion Niedersachsen-Bremen - an 24 Haupt- Renate Geuter (SPD) schulen vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Juli 2008 durchgeführt. Modellprojekte AQB und VBOP laufen aus - Gibt es eine Weiterführung nur auf Kosten Aufgrund der überaus positiven Ergebnisse des der Kommunen? ersten Modellprojektdurchgangs wird seit August Drei Tage Schule und zwei Tage Betrieb - so 2008 für die Dauer von zwei Jahren im modifizier- sieht zurzeit der Alltag für annähernd 775 Schü- ten Modellprojekt „Abschlussquote erhöhen - Be- lerinnen und Schüler in Niedersachsen aus, die rufsfähigkeit steigern II“ (AQB II) und dem ergän- in einer der 24 Berufsstarterklassen am Projekt „Abschlussquote erhöhen - Berufsfähigkeit stei- zenden Modellprojekt „Vertiefte Berufsorientierung gern“ oder in einer der 22 Praxisklassen am und Praxisbegleitung an Hauptschulen“ (VBOP) an Projekt „Vertiefte Berufsorientierung und Pra- 46 Schulstandorten flächendeckend erprobt, wie xisbegleitung an Hauptschulen“ teilnehmen. die Ausbildungsfähigkeit und Berufswahlkompe- In Kooperation zwischen der Landesregierung tenz der Schülerinnen und Schüler zusätzlich ge- und der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldi- stärkt werden können und die Abschlussquote rektion Niedersachsen-Bremen - werden in dem weiter erhöht werden kann. In Kooperation mit der Modellprojekt AQB seit Anfang 2007 neue For- men schulischer Berufsvorbereitung erprobt. Bundesagentur für Arbeit und anderen Partnern hat Niedersachsen damit als erstes Bundesland Mit dem Projekt „Vertiefte Berufsorientierung neue Wege beschritten, um den Jugendlichen und Praxisbegleitung an Hauptschulen“ wurde Anfang 2008 die Förderung von lern- und leis- bessere Startchancen in das Berufsleben zu eröff- tungsschwachen Hauptschülerinnen und -schü- nen. lern ausgebaut. Beide Projekte sind inzwischen evaluiert, und ihr Erfolg ist miteinander vergli- Das Modellprojekt „Abschlussquote erhöhen - Be- chen worden. rufsfähigkeit steigern II“ wird wie das Vorgänger- Zum Ende des Schuljahres 2009/2010 beendet projekt jeweils zur Hälfte vom Land Niedersachsen das Land seine Förderung von 50 %. Die Bun- und von der Bundesagentur für Arbeit finanziert,

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das Modellprojekt „Vertiefte Berufsorientierung und gogische Fachkräfte qualifiziert werden. Die Kos- Praxisbegleitung an Hauptschulen“ zu drei Vierteln ten für die Qualifizierungsmaßnahmen werden vom vom Land und zu einem Viertel von der Bundes- Land getragen. agentur für Arbeit. Des Weiteren finanziert das Land den Einsatz Zielgruppe der Modellprojekte sind abschlussge- sozialpädagogischer Fachkräfte an Hauptschulen fährdete Schülerinnen und Schüler des 8. Schul- zur Unterstützung berufsorientierender Maßnah- jahrgangs der Hauptschule, die durch die Einrich- men auf der Grundlage der „Richtlinie über die tung von zusätzlichen Berufsstarterklassen an den Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des Schulen und durch die Unterstützung von Berufs- Programms zur Profilierung der Hauptschule“ über startbegleitern sowie sozialpädagogischen Fach- den 31. Dezember 2010 hinaus. Derzeit wird eine kräften besonders gefördert werden. Durch Ver- neue Zuwendungsrichtlinie zum 1. Januar 2011 zahnung von schulischem und betrieblichem Ler- erarbeitet, in der neue Aufgaben für die sozialpä- nen (drei Tage Unterricht in der Hauptschule, zwei dagogischen Fachkräfte aufgrund der Änderung Tage praktisches Lernen im Betrieb) werden die des Bildungsauftrags der Hauptschule berücksich- teilnehmenden Schülerinnen und Schüler beim tigt werden. Auch die Einbeziehung großer Förder- Erwerb des Hauptschulabschlusses unterstützt schulen mit dem Schwerpunkt Lernen in das Pro- und erhalten eine nachhaltige berufliche Orientie- gramm ist schrittweise vorgesehen. Für den Ein- rung, die die Chance auf einen Ausbildungsplatz satz von sozialpädagogischen Fachkräften an deutlich erhöht. Hauptschulen zur Unterstützung der Durchführung berufsorientierender Maßnahmen stellt das Land Die Modellprojekte „Abschlussquote erhöhen - rund 12 Millionen Euro zur Verfügung. Teilweise Berufsfähigkeit steigern II“ und „Vertiefte Berufs- erhöhen die Schulträger als Zuwendungsempfän- orientierung und Praxisbegleitung an Hauptschu- ger den Umfang der Arbeitszeit dieser Fachkräfte len“ enden gemäß Vereinbarung mit der Regional- aus eigenen Mitteln. direktion Niedersachsen-Bremen der Bundesagen- tur für Arbeit am 31. Juli 2010. Vorbehaltlich der Mittelfreigabe sollen im Haus- haltsplan Verpflichtungsermächtigungen ausge- Die positiven Ergebnisse der Modellprojekte und bracht werden, um den Schulträgern sowie den die daraus gewonnenen Erfahrungen sind u. a. sozialpädagogischen Fachkräften mehr Planungs- Grundlage für die Weiterentwicklung der Haupt- sicherheit zu geben. schule durch die Änderungen des Niedersächsi- schen Schulgesetzes sowie weiterer untergesetzli- Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der cher Regelungen, die zum 1. August 2010 bzw. Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie zum 1. August 2011 wirksam werden. folgt: In der Hauptschule erfolgt eine verstärkte Schwer- Zu 1: Im ersten Durchgang des Modellprojekts punktbildung berufsorientierender und berufsbil- „Abschlussquote erhöhen - Berufsfähigkeit stei- dender Inhalte in den 9. und 10. Schuljahrgängen. gern“ haben zum Ende der Laufzeit 87 % der Die Zusammenarbeit mit einer berufsbildenden Schülerinnen und Schüler den Hauptschulab- Schule und Praxistage in Betrieben oder anderen schluss erhalten. Rund die Hälfte der Schülerinnen außerschulischen Lernorten sind Teil des fächer- und Schüler hatte eine konkrete Zusage auf einen übergreifenden schulischen Konzepts zur Berufs- Ausbildungsplatz. Für weitere 17 % bestand eine orientierung und Berufsbildung. berechtigte Aussicht auf Übernahme in die Ausbil- dung. Es ist vorgesehen, das Kompetenzfeststellungs- verfahren als ein Kernelement der Modellprojekte Der zweite Modellprojektdurchgang endet zum als Ausgangspunkt für ein individuelles Förderkon- 31. Juli 2010, sodass hier bisher nur Zwischener- zept und eine individuelle Berufswegeplanung gebnisse (Stand: Februar 2010) vorliegen. Erste schrittweise zunächst in Hauptschulen und in der Erfolge des zweiten Durchgangs sind die Verbes- Folge auch in Förder- und Realschulen einzufüh- serung des Gesamtnotenschnitts der Schülerinnen ren. Die Finanzierung dieses Projekts erfolgt ge- und Schüler um über 10% und eine deutliche Ver- meinsam mit der Bundesagentur für Arbeit. Das besserung des Arbeits- und Sozialverhaltens. Land stellt rund 2 Millionen Euro zur Verfügung, Bereits im Februar 2010 hatten rund 30 % der die Bundesagentur für Arbeit rund 1,8 Millionen Schülerinnen und Schüler eine konkrete Ausbil- Euro. Zur Durchführung des Kompetenzfeststel- dungsperspektive. lungsverfahrens sollen Lehrkräfte und sozialpäda-

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Im Übrigen siehe Vorbemerkungen! 2009 verabschiedete der Niedersächsische Landtag das Niedersächsische Gesetz über Zu 2 und 3: Es war und ist nicht beabsichtigt, die Einheitliche Ansprechpartner (NEAG) Modellprojekte über den 31. Juli 2010 hinaus fort- (Drs. 16/1730). Danach nehmen in Niedersach- zuführen. Vielmehr ist Ziel der Modellprojekte, sen Landkreise, kreisfreie Städte, große selbst- ständige Städte und das Wirtschaftsministerium wirksame Elemente der Förderung insbesondere diese Aufgabe war. für lernschwächere Schülerinnen und Schüler zu Eine Schwierigkeit der EU-Dienstleistungsricht- identifizieren, um sie dann nach Prüfung und unter linie besteht auch darin, dass Dienstleistungen Berücksichtigung der Haushaltslage des Landes von allgemeinem Interesse und Dienstleistun- flächendeckend auf die Hauptschulen und gege- gen von allgemeinem wirtschaftlichem Interes- benenfalls Förderschulen zu übertragen. se nicht klar definiert sind. Insofern kann es da- zu kommen, dass an sich öffentliche Aufgaben, Eine Kooperation des Landes mit einzelnen Agen- sofern sie privatisiert bzw. im Rahmen von Pub- turen für Arbeit zur regionalen Förderung für die lic Private Partnership teilprivatisiert werden oder wurden, auch unter die Regelungen der Berufsstartbegleitung ist nicht vorgesehen. Unbe- Dienstleistungsrichtlinie fallen. nommen davon begrüßt es die Landesregierung, Wir fragen die Landesregierung: wenn Schulträger ihren Schulen zusätzliche finan- zielle Mittel zur Durchführung berufsorientierender 1. Mit welchem Ergebnis hat die Landesregie- rung das sogenannte Normenscreening in Nie- Maßnahmen zur Verfügung stellen. dersachsen durchgeführt?

Es sei in diesem Zusammenhang aber darauf hin- 2. Welche ersten Erfahrungen hat Niedersach- gewiesen, dass Hauptschulen mit den neuen Re- sen mit den Einheitlichen Ansprechpartnern auf gelungen zur Durchführung berufsorientierender kommunaler Ebene bislang gemacht? In wel- cher Form ist die flächendeckende Einrichtung und -bildender Maßnahmen vielfältige Möglichkei- kommunal erfolgt, und welche Rückmeldungen ten zur Ausgestaltung dieses Schwerpunkts zur aus der Wirtschaft gab es bisher? Verfügung stehen, so insbesondere die Zusam- 3. Inwieweit kann die EU-Dienstleistungsricht- menarbeit mit berufsbildenden Schulen, Betrieben linie negative Auswirkungen auf bereits erfolgte und Lernwerkstätten. oder geplante Privatisierungen bzw. PPP-Teil- privatisierungen von bisher staatlichen Aufga- ben haben? Anlage 27 Die EU-Dienstleistungsrichtlinie (EU-DLR) hat den Abbau von bürokratischen Hindernissen und zwi- Antwort schenstaatlichen Hemmnissen sowie die Förde- des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr rung der grenzüberschreitenden Erbringung von auf die Frage 28 der Abg. Hans-Jürgen Klein und Dienstleistungen zum Ziel. Sie sieht eine Vielzahl Enno Hagenah (GRÜNE) von Erleichterungen vor, u. a. die Schaffung Ein- Erfahrungen mit der EU-Dienstleistungs- heitlicher Ansprechpartner sowie die elektronische richtlinie Verfahrensabwicklung. Die EU-Dienstleistungs- Bis zum 28. Dezember 2009 hatten die EU-Mit- richtlinie musste bis Ende 2009 in nationales Recht gliedsländer die EU-Dienstleistungsrichtlinie umgesetzt werden. (RL 2006/123/EG) umzusetzen. Ziel der Richtli- nie ist es, einen einheitlichen gemeinsamen Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens Markt in Europa herzustellen und Hindernisse der Landesregierung wie folgt beantwortet: zwischen den Mitgliedsländern abzubauen. Während die Befürworter die Dienstleistungs- Zu 1: Die EU-DLR schreibt in Artikeln 15 und 16 richtlinie als einen wesentlichen Bestandteil der ein Normenscreening vor, mit dem diskriminieren- Lissabon-Strategie betrachten und darin einen de Anforderungen im Bezug auf die Ausübung von Wohlfahrtsgewinn sehen, befürchten die Kriti- ker, dass bereits erreichte Umwelt-, Sozial- und Dienstleistungstätigkeiten gefunden werden sollen. Verbraucherstandards unterlaufen werden Im niedersächsischen Fachrecht gab es mit Bezug könnten. Insbesondere das Prinzip des Her- zur EU-Dienstleistungsrichtlinie nur wenige Hür- kunftslandes nährt Zweifel am ausreichenden den, die den freien Dienstleistungsverkehr behin- Schutz nationaler Standards. Konkret waren mit der Umsetzung der EU-Richtlinie die Bundes- derten. Daher bestand bzw. besteht nur wenig länder in Deutschland betraut: Die Länder hat- Anpassungsbedarf. ten u. a. sogenannte Einheitliche Ansprech- partner zu benennen und zu überprüfen, wel- Zusammen mit anderen Vorgaben der EU-DLR che Richtlinien und Bestimmungen sich nicht (z. B. zu den Verwaltungsverfahren), die Anpas- mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie vereinbaren sungen des Landesrechts erfordern, gab es im ließen (Normenscreening). Am 15. Dezember

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Ergebnis lediglich elf Gesetze und zehn Verord- sowie zuständige Behörden informiert. Eine kon- nungen die geändert bzw. neu verabschiedet wer- krete Verfahrensabwicklung über die EA wurde den müssen, um das Landesrecht an die Anforde- noch nicht in Anspruch genommen. rungen der Dienstleistungsrichtlinie anzupassen. In der überwiegenden Mehrzahl der nicht EU-DLR- Acht Gesetze und Verordnungen sind bereits ver- relevanten Anfragen handelte es sich um Anfra- abschiedet, dreizehn weitere Gesetzes- und VO- gen, die dem Bereich der Wirtschaftsförderung Anpassungen befinden sich zurzeit entweder zuzuordnen sind. In einigen Fällen hatten Bürge- schon im parlamentarischen Verfahren oder in der rinnen und Bürger offensichtlich keine Kenntnis Ressortabstimmung bzw. Verbandsbeteiligung. Die über die Aufgaben der Einheitlichen Ansprechpart- betroffenen Gesetze und Verordnungen sind in der ner und haben daher allgemeine und außerhalb Anlage aufgelistet. der Zuständigkeit der EA liegende Auskünfte erbe- Darüber hinaus hat die Landesregierung die kom- ten. munalen Körperschaften gebeten, ihre Rechtsnor- Rückmeldungen aus der Wirtschaft gab es bisher men mit Bezug zur Dienstleitungsrichtlinie in eige- nicht. ner Verantwortung zu überprüfen. Zu 3: Unter den staatlichen Aufgaben sind auch Dies führte teilweise zu Anpassungen von Satzun- solche Tätigkeiten, die in der Regel gegen Entgelt gen, teilweise sollten in Satzungen Genehmi- erbracht werden. Diese wirtschaftlichen Tätigkeiten gungsvorbehalte bestehen bleiben. Bestimmte fallen nach Artikel 50 des EG-Vertrages grundsätz- Anforderungen bzw. deren Änderungen waren lich in den Anwendungsbereich der Dienstleis- bzw. sind nach den Bestimmungen der Dienstlei- tungsrichtlinie. Zu diesen wirtschaftlichen Tätigkei- tungsrichtlinie an die Europäische Kommission zu ten gehören u. a. auch Dienstleistungen von all- berichten. gemeinem wirtschaftlichem Interesse (z. B. die Zum Stichtag 28. Dezember 2009 wurden von den Strom- und Gasversorgung). kommunalen Körperschaften 119 Satzungen ge- Die Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie meldet, die unter diese Berichtspflicht fielen. Diese verpflichten die Mitgliedstaaten ausdrücklich nicht, Satzungen wurden der Kommission mitgeteilt. Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Zu 2: Neben dem Wirtschaftsministerium sind 55 Interesse zu privatisieren (Erwägungsgrund 8 zur Kommunen Aufgabenträger als Einheitliche An- EU-DLR). sprechpartner (EA). Infolge einer Zusammenarbeit Vor diesem Hintergrund hat die Umsetzung der von zwei Kommunen nach dem Niedersächsischen Dienstleistungsrichtlinie keine Auswirkungen auf Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit gibt bereits erfolgte oder geplante Privatisierungen es tatsächlich insgesamt nur 55 EA (54 kommuna- bzw. PPP-Teilprivatisierungen von bisher staatli- le und 1 Landes-EA). Dabei ist die überwiegende chen Aufgaben. Mehrheit der kommunalen EA personell und orga- nisatorisch im Bereich der Wirtschaftsförderung verortet. Alle EA haben ihre Arbeit am 28. Dezem- ber 2009 aufgenommen. Anlage zur Antwort auf die Frage 28 Alle EA in Niedersachsen sind seit dem 28. De- Zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie zember 2009 persönlich und über alle herkömmli- verabschiedete Gesetze und Verordnungen chen Kommunikationswege erreichbar sowie über Die folgenden Gesetze wurden bereits verab- das Internet unter „www.dienstleisterportal.nieder- schiedet: sachsen.de“. Nach den bisherigen Erfahrungen wird das Ange- 1. Änderung des Niedersächsischen Verwal- tungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) durch Ar- bot EA derzeit noch wenig in Anspruch genom- tikel 1 des Gesetzes vom 24. September 2009 men. Von den bis zum 15. April 2010 bei den kommunalen EAs und beim Landes-EA eingegan- 2. Neu: Niedersächsisches Gesetz über Einheit- genen Anfragen waren etwa 40 EU-DLR-relevant. liche Ansprechpartner (NEAG) vom 16. De- In allen Fällen wurden Auskünfte bzw. Informatio- zember 2009 nen erbeten. Die Mehrzahl der Anfrager wollte entweder grenzübergreifend tätig werden oder hat 3. Neu: Niedersächsisches Gesetz über die An- sich allgemein über Verfahren und Formalitäten erkennung als Markscheiderin oder Mark-

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scheider (Niedersächsisches Markscheider- 18. Änderung der Verordnung über die Anerken- gesetz - NMarkG) vom 16. Dezember 2009 nung als Prüf-, Überwachungs- oder Zertifizie- rungsstelle nach Bauordnungsrecht 4. Neu: Niedersächsisches Wassergesetz (PÜZAVO) (NWG) vom 1. März 2010 19. Änderung der Bauordnungsrechtliche Sach- 5. Gesetz zur Änderung des Kammergesetzes verständigenverordnung (BauSVO) für die Heilberufe (HKGÄndG) vom 24. Fe- bruar 2010 20. Änderung der Baugebührenordnung (Bau-GO) 6. Änderung des Niedersächsischen Verwal- tungskostengesetzes (NVwKostG) vom 21. Änderung der Allgemeinen Gebührenordnung 17. März 2010 (AllGO) Die folgenden Gesetze wurden bereits verab- schiedet, die Veröffentlichung steht unmittel- bar bevor: Anlage 28 7. Änderung der Niedersächsischen Verordnung Antwort über Sachverständige und Untersuchungs- stellen für Bodenschutz und Altlasten - der Niedersächsischen Staatskanzlei auf die Frage NBodSUVO-) wurde vom Kabinett in der Sit- 29 der Abg. Stefan Klein, Daniela Behrens und zung am 20. April 2010 beschlossen. Uwe Schwarz (SPD) 8. Änderung der Verordnung über staatlich an- Aussagen der FDP zum Kinder- und Ju- erkannte Untersuchungsstellen der wasser- gendschutz in der Netzwelt: Wird die Lan- desregierung den neuen Jugendmedien- und abfallrechtlichen Überwachung wurde be- schutz-Staatsvertrag unterzeichnen? reits am 13. April 2010 vom Kabinett be- schlossen. Im März dieses Jahres haben die Ministerpräsi- denten der Länder den neuen Entwurf des Ju- Die folgenden Gesetze und Verordnungen befin- gendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) den sich zurzeit in der Ressortabstimmung bzw. beraten. Die Unterzeichnung des neuen JMStV ist für den 10. Juni 2010 geplant. Danach müs- Verbandsanhörung: sen die Landesparlamente den Staatsvertrag ratifizieren. Die Niedersächsische Landesregie- 9. Niedersächsisches Gesetz zur Nutzung des rung hat am 13. April 2010 beschlossen, den Binnenmarktinformationssystems (neu) Landtag über den aktuellen Entwurf zu unter- richten. 10. Verordnung (neu) auf der Grundlage von § 1 Abs. 4 NEAG Im Mittelpunkt stehen Regelungen zum Schutz vor Internetinhalten, die gegebenenfalls die Ent- wicklung von Kindern und Jugendlichen negativ 11. Änderung des Niedersächsischen Architek- beeinflussen könnten. Als Orientierungshilfe tengesetzes sollen beispielsweise einheitliche Alterseinstu- fungen im Jugendschutzbereich für Online- und 12. Änderung des Niedersächsischen Ingenieur- Offlinemedien eingeführt werden. Denn bisher gesetzes gelten im Onlinebereich weniger strenge Re- geln als für nicht über das Internet verbreitete Medien. Der JMStV stellt in erster Linie den 13. Änderung der Niedersächsischen Bauordnung Schutz von Kindern und Jugendlichen vor ge- waltverherrlichenden und pornografischen An- 14. Ausführungsgesetz zum Gerichtsverfas- geboten in den Mittelpunkt. Die Eltern nehmen sungsgesetz (neu) dabei eine besondere Rolle ein. Sie sollen in die Lage versetzt werden, für ihre minderjähri- 15. Ausführungsgesetz zur Insolvenzordnung gen Kinder Systeme zu erhalten, die es ihnen ermöglichen, ein altersdifferenziertes Angebot (neu) zuverlässig auszuwählen. Dazu gehört eine freiwillige Altersklassifizierung der Produkte 16. Änderung der Verordnung über die Weiterbil- durch die Anbieter. dung in Gesundheitsfachberufen Die FDP-Fraktionen aus Bayern, Baden-Würt- temberg, Hessen und Niedersachsen haben 17. Änderung der Bautechnische Prüfungsver- sich in einer Presseinformation vom 26. März ordnung (BauPrüfVO) 2010 ablehnend zum Entwurf des Jugendme- dienschutz-Staatsvertrages geäußert. Darin

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heißt es u. a.: „… Jugendmedienschutz (darf) Telemedien. Das Zahlenverhältnis zeigt, dass der jedoch nicht dazu führen, dass die Freiheit des Gesetzgeber gerade in diesem Bereich besonders Internets als interaktives Medium deutlich ein- geschränkt wird“. Und weiter: „Eltern, die ein gefordert ist, klare und vollziehbare Regelungen zu Jugendschutzprogramm nutzen, schneiden ihre schaffen. Kinder vom Zugang zu diesen Informationen hingegen ab. Dies ist aus Sicht der FDP-Frak- Die vorgeschlagenen Regelungen für Telemedien tionen nicht zustimmungsfähig.“ im Entwurf des JMStV haben in den FDP-Frak- Wir fragen die Landesregierung: tionen der Landtage mehrerer Länder, auch in Niedersachsen, Fragen aufgeworfen. Das ist nicht 1. Wie bewertet sie diese Aussagen, vor allem vor dem Hintergrund der in Deutschland allge- ungewöhnlich. Die damit einhergehende Verge- meingültigen Ansprüche, durch rechtliche Re- wisserung über die Richtigkeit und Zweckmäßig- gelungen den Schutz von Jugendlichen und keit der neuen Regelungen ist sinnvoll und als Kindern vor gesundheitlichen, sittlichen und Zeichen lebendiger politischer Meinungsbildung sonstigen Gefahren sicherzustellen? positiv zu werten. Während Rundfunkgesetzge- 2. Wird die Landesregierung den Entwurf des bung ausschließlich Ländersache ist, sind Teleme- JMStV auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 10. Juni 2010 unterzeichnen? Wenn nein, dien sowohl auf Bundesebene im Telemedienge- welche Gründe liegen vor bzw., welche Ände- setz (TMG) als auch auf Landesebene durch ver- rungen schlägt man vor? schiedene Staatsverträge geregelt. Das Zusam- 3. Der neue JMStV basiert auf dem Konzept ei- menspiel dieser Regelungen ist komplex und im- nes sogenannten nutzerorientierten Medien- mer wieder erklärungsbedürftig. schutzes, d. h. Eltern, Lehrer und Erzieher sind in erster Linie gefordert, Kinder vor entwick- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage lungshemmenden Inhalten im Internet zu namens der Landesregierung wie folgt: schützen. Wie will die Landesregierung dieses Konzept umsetzen? Zu 1: Die interne Willensbildung der Landesregie- Der 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag novelliert rung ist noch nicht abgeschlossen. Eine abschlie- den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV). ßende Bewertung kann daher noch nicht vorge- Ausgangspunkt war ein Gutachten des Hans-Bre- nommen werden. dow-Instituts für Medienforschung in Hamburg aus Zu 2: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. dem Oktober 2007. Es evaluierte im Auftrag von Bund und Ländern den Jugendmedienschutz in Zu 3: Die Landesregierung wird sich gemeinsam Deutschland. Da der Jugendmedienschutz teils im mit den anderen Ländern für die Anerkennung und JMStV, teils im Jugendschutzgesetz (JuSchG) des Akzeptanz von Jugendschutzprogrammen (§ 11 Bundes geregelt ist, wird parallel an der Novellie- JMStV) einsetzen. Bisher wurde noch kein Ju- rung beider Gesetzeswerke gearbeitet. Ziel ist eine gendschutzprogramm von der KJM anerkannt. größere Kompatibilität von Gesetz und Staatsver- Jugendschutzprogramme verhindern, dass Kinder trag, auch wenn es aus verfassungsrechtlichen und Jugendliche entwicklungsbeeinträchtigende Gründen bei grundlegenden Unterschieden beider Angebote wahrnehmen. Da es Sache des Nutzers Rechtssysteme bleiben muss. ist, zu entscheiden, ob und gegebenenfalls wel- ches Jugendschutzprogramm er auf seinen Ge- Der JMStV gilt insgesamt für Rundfunk und für räten installiert, bedarf es einer überzeugenden Telemedien, einige Regelungen gelten nur für Kommunikation, um das neue Produkt zu be- Rundfunk oder nur für Telemedien. Gerade die werben. Neuerungen für den Jugendmedienschutz in den Telemedien wurden im Rahmen der Anhörung am Das Land Niedersachsen hat unter Federführung 27. Januar 2010 in Mainz lebhaft diskutiert und des MI bereits im November 2009 das Bündnis stehen auch im Mittelpunkt des Interesses von „White IT“ initiiert, welches sich zum Ziel gesetzt Öffentlichkeit, Parteien, Landtagen und Landesre- hat, eine umfassende Strategie gegen Kinderpor- gierungen. Vor dem Hintergrund, dass sich das nographie im Internet zu formulieren. Im Rahmen Internet so rasant wie kaum ein anderes Medium dieses Bündnisses werden derzeit im Zusammen- fortentwickelt und daher rechtlich dauerhaft schwer wirken mit der Privatwirtschaft, der Wissenschaft, fassbar ist, überrascht dies nicht. Tatsache ist aber der Polizei und unter Beteiligung von Ärzten und auch, dass sich die Kommission für Jugendme- Psychotherapeuten u. a. auch Präventionsmaß- dienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) seit nahmen entwickelt. Gegenstand der Betrachtun- ihrer Gründung im April 2003 mit insgesamt 3 620 gen sind dabei sowohl die Verhinderung des Miss- Prüffällen befasst hat, davon 2 900 im Bereich der brauchs selbst als auch die wirksame Unterbin-

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dung des Konsums sexualisierter Gewalt im Inter- zur Verfügung. Die Förderrichtlinie ist mit Ablauf net durch Kinder und Jugendliche. des 31. Dezember 2009 außer Kraft getreten. Die Landesregierung wird sich - wie bisher - für die In Gesprächen mit den Familienverbänden und der Stärkung von Medienkompetenz im Lande einset- Landesarbeitsgemeinschaft der Verbände der Frei- zen. Hierzu wurde ausführlich in der Drs. 16/1480 en Wohlfahrtspflege in Niedersachsen über die Stellung genommen. Evaluierung der bisherigen Richtlinie hatte sich herausgestellt, dass gerade bei jungen Familien ein

zunehmender Bedarf für Erholungsmaßnahmen Anlage 29 besteht, die längerfristige pädagogische Elemente beinhalten. Antwort Die Landesregierung hat daraufhin einen Richtli- des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, nienentwurf erarbeitet, der neben der bisherigen Gesundheit und Integration auf die Frage 30 der Förderung der klassischen Familienerholung und Abg. Matthias Möhle, Markus Brinkmann, Marco Familienfreizeiten auch einen neuen Baustein, Brunotte, Ulla Groskurt, Stefan Klein, Uwe „Freizeiten für junge Familien“, beinhaltet. Schwarz, Petra Tiemann und Ulrich Watermann (SPD) Um den Verbänden im Anhörungsverfahren ausrei- chend Gelegenheit zu geben, ihre Anregungen und Quo vadis Familienerholung und Familien- Bedenken dazu im Einzelnen vorzutragen und in freizeiten in Niedersachsen? den Richtlinienentwurf einfließen zu lassen, fördert Das Land Niedersachsen stellt jährlich Haus- das Land die Familienerholungsmaßnahmen und haltsmittel zur Förderung von Familienerho- lungsmaßnahmen und -freizeiten nach der Familienfreizeiten bis zum Inkrafttreten einer neuen Richtlinie über die Förderung von Familienerho- Richtlinie im Rahmen von Fördergrundsätzen. lungsmaßnamen und Familienfreizeiten zur Verfügung. Diese Richtlinie wurde zum 1. Ja- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen nuar 2008 geändert und trat zum 31. Dezember namens der Landesregierung wie folgt: 2009 außer Kraft. Seit mittlerweile über vier Monaten gibt es offenbar keine neue Förder- Zu 1: Aufgrund des laufenden Beteiligungsverfah- richtlinie, obwohl gesetzlich vorgeschrieben ist, rens kann derzeit keine Aussage über den Zeit- dass keine Landesmittel ohne verbindliche För- punkt des Inkrafttretens der neuen Richtlinie getrof- derrichtlinien verausgabt werden dürfen. Dar- über hinaus soll seit längerer Zeit eine neue fen werden. Förderschiene „begleitete Familienerholung“ in Zu 2: Der Richtlinienentwurf sieht neben der bishe- Vorbereitung sein, ohne dass deren inhaltliche Ausgestaltung, Finanzierung und Auswirkung rigen Förderung der Familienerholung und der Fa- auf die bisherigen Maßnahmen der Familiener- milienfreizeiten eine spezielle Förderung junger holung erkennbar ist. Das alles führt zu großer Familien vor. Dabei werden die wesentlichen Ele- Unsicherheit bei den Projektträgern, insbeson- mente beider Fördermaßnahmen, der Erholungs- dere im Hinblick auf die Finanzierung der be- währten Maßnahmen. aufenthalt der Familienerholung und das pädagogi- sche Angebot der Familienfreizeiten zur Stärkung Wir fragen die Landesregierung: der Erziehungskompetenz, aufgenommen und mit 1. Bis wann wird die neue Förderichtlinie vorlie- einer längerfristigen Vor- und Nachbegleitung für gen? die besondere Zielgruppe junger Familien verbun- 2. Was sind die Eckpunkte der neuen Förde- den. richtlinie, insbesondere mit Blick auf das in der Vorbemerkung genannte neue Modul „begleite- Zu 3: In den vergangenen Jahren waren die Haus- te Familienerholung“? haltsmittel für Familienerholungsmaßnahmen und 3. Wie erfolgt die Finanzierung dieses neuen Familienfreizeiten überwiegend nicht vollständig Moduls, und welche Auswirkungen hat dies auf abgeflossen. Da bei dem neuen Fördertatbestand die Landesförderung der bisherigen Familien- Elemente der Familienerholungsmaßnahmen und erholungsmaßnahmen und -freizeiten? der Familienfreizeiten zusammengefasst und neu Das Land fördert Familienerholungsmaßnahmen ausgerichtet werden, erfolgt die Förderung aus den und Familienfreizeiten auf der Grundlage des § 16 für die Förderung von Familienerholungsmaßnah- Abs. 2 Nr. 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch men und Familienfreizeiten insgesamt zur Verfü- (SGB VIII) und nach der Richtlinie über die Förde- gung stehenden Mitteln. rung von Familienerholungsmaßnahmen und Fami- lienfreizeiten. Dafür stehen jährlich 879 000 Euro

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Anlage 30 tigten Ausländerinnen und Ausländer noch einmal verschärft hat, war es nicht allen Ausländerbehör- Antwort den möglich, zeitgleich auch diese zusätzliche des Ministeriums für Inneres und Sport auf die einzellfallbezogene Ermittlung der Passersatzpa- Frage 31 der Abg. Klaus-Peter Bachmann, Daniela piergebühren für die Jahre 2006 bis 2009 durchzu- Behrens und Johanne Modder (SPD) führen.

Handel mit Passersatzpapieren in Nieder- Der Gesetzgeber hat den Ausländerbehörden die sachsen: Wann beantwortet die Landesre- Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Aus- gierung die Fragen zu den Passersatzpapie- länderinnen und Ausländer im Rahmen der ge- ren? bundenen Verwaltung zugewiesen, d. h. dass sie Die Abschiebepraxis in Niedersachsen und die bei Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvor- damit verbundene Bereitschaft der Ausländer- behörden in den Kommunen, hohe Gebühren aussetzungen tätig werden müssen und nicht nach für sogenannte Passersatzpapiere zu bezahlen, Ermessen zu entscheiden haben. Zur Durchfüh- können nicht nur bei Menschenrechtsorganisa- rung der Aufenthaltsbeendigung gehört auch die tionen kaum nachvollzogen werden. Passersatzpapierbeschaffung in den Fällen, in Die SPD hat bereits in einer Kleinen Anfrage denen die Ausländerinnen und Ausländer ihrer „Erlaubt die Landesregierung niedersächsi- gesetzlichen Verpflichtung zur Beschaffung von schen Kommunen den Kauf von zweifelhaften Heimatpässen nicht nachkommen. Die Organisati- Dokumenten zur Abschiebung von Flüchtlingen nach Guinea?“ (Drs. 16/1876, November 2009) on dieser Aufgabe ist sehr unterschiedlich, auch dieses Thema aufgegriffen. Die Anfrage ist bis weil für einzelne Staaten die Passersatzpapierbe- heute und damit seit über viereinhalb Monaten schaffung im Wege der Amtshilfe zentral von der nicht beantwortet. Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde des Darüber hinaus sind zwischenzeitlich Entschei- Landes wahrgenommen wird. Daraus folgt auch, dungen von Verwaltungsgerichten ergangen, dass die dabei entstandenen Kosten unterschied- die die Praxis der Passersatzpapierausstellung lich veranschlagt, abgerechnet und erfasst werden, kritisieren. Nach dem Beschluss des Verwal- tungsgerichts Bremen vom 8. Januar 2010 sodass Erhebungen auch bei anderen Stellen er- (4 V 1306/09) zu einer Vorführung bei Ver- forderlich wurden. tretern Sierra Leones begründen diverse im Be- schluss näher dargestellte „Ungereimtheiten Aus den vorgenannten Gründen konnte die Kleine grundsätzliche Zweifel an der Ordnungsge- Anfrage nicht in der üblichen Zeit beantwortet wer- mäßheit der Ausstellung von Passersatzpapie- den. Da nicht alle Ausländerbehörden in der Lage ren für Sierra Leone“, sodass die Vorführung gestoppt wurde. waren, diese Daten zu ermitteln, ist eine vollstän- dige Beantwortung leider nicht möglich. Wir fragen die Landesregierung: Die in der Fragestellung erwähnte Entscheidung 1. Warum ist die o. a. Anfrage bis heute nicht beantwortet, bzw. welche Schwierigkeiten sind des VG Bremen vom 8. Januar 2010 betraf einen dabei zu bewältigen? Einzelfall. Danach sah das VG Bremen die forma- len und inhaltlichen Voraussetzungen für eine aus- 2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesre- gierung schon vor, bzw. welche Landkreise ha- länderbehördliche Anordnung gemäß § 82 Abs. 4 ben bereits welche Daten geliefert? AufenthG zur Vorführung vor einer sierra-leoni- schen Delegation zur Klärung der Identität als nicht 3. Was unternimmt die Landesregierung, um eine zeitnahe und ordnungsgemäße Beantwor- erfüllt an. Unabhängig davon, dass diese Ent- tung der Anfrage zu gewährleisten? scheidung für die Ausländerbehörden in Nieder- sachsen nicht bindend ist, hat aber auch das VG Die zur Beantwortung der Kleinen Anfrage erfor- Bremen die gesetzliche Ermächtigung zur Vorfüh- derlichen Daten werden statistisch nicht erfasst rung bei den Behörden, Vertretungen oder er- und mussten von den kommunalen Ausländerbe- mächtigten Bediensteten des Staates, dessen hörden aus den personenbezogenen Einzelakten Staatsangehörigkeit der Ausländer vermutlich be- nachträglich herausgesucht werden. sitzt, nicht generell in Frage gestellt. Vor dem Hintergrund der extrem hohen Arbeitsbe- Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfra- lastungen, denen die Mitarbeiterinnen und Mitar- ge namens der Landesregierung wie folgt: beiter in den Ausländerbehörden ausgesetzt sind und die sich gerade zur Jahreswende 2009/2010 Zu 1: Mit Datum vom 22. April 2010 hat die Lan- durch die Verlängerungen der Aufenthaltserlaub- desregierung die Anfrage beantwortet und der nisse für die von der Bleiberechtsregelung begüns- Landtagsverwaltung am 23. April 2010 übersandt.

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Die Landtagsverwaltung war zuvor zweimal um Rakow (SPD) (Stenografischer Bericht der 29. Sit- Fristverlängerung gebeten worden. zung am 16. Januar 2009, Anlage 9, „Nitrat im Trinkwasser – Welche Konsequenzen hat das?“) Zu 2 und 3: Auf die Vorbemerkungen und die Ant- ist der Sachstand zur Trinkwasserproblematik aus wort zu Frage 1 wird verwiesen. Sicht der Landesregierung umfassend dargestellt worden. Trinkwasser wird in der Regel aus besser geschützten, tieferen Bereichen der Grundwasser- Anlage 31 körper gewonnen. Abgesehen von bereits festge- Antwort stellten Belastungen bedeuten kleinräumige und des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf kurzfristige Verschlechterungen der Grundwasser- die Frage 32 der Abg. Sigrid Rakow, Renate Geu- beschaffenheit an der Oberfläche nicht automa- ter und Dieter Möhrmann (SPD) tisch eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung.

„Gülle wird zum Trinkwasserproblem“ - Was Die Betrachtung des oberflächennahen Grund- tut die Landesregierung? (Teil 1) wassers bei der Umweltüberwachung ist nahelie- Unter dem Titel „Gülle wird zum Trinkwasser- gend, weil damit Veränderungen der Grundwas- problem“ wurde am 22. März 2010 in der Sen- serbeschaffenheit relativ zeitnah festgestellt wer- dung Niedersachsen 19.30 das Magazin im den können. Die Beprobung im Bereich der NDR-Fernsehen Grundwasseroberfläche ermöglicht die Güteüber- (http://www.ndr.de/flash/mediathek/-index.html) über die zunehmende Nitratbelastung des wachung des jungen, neu gebildeten Grundwas- Trinkwassers berichtet. In großen Teilen Nie- sers, das nicht durch Denitrifikations- und Durch- dersachsens sei der Zustand des oberflächen- mischungsprozesse im Grundwasserleiter über- nahen Grundwassers als schlecht einzustufen. prägt ist. Der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserver- band (OOWV) berichtet aus dem Trinkwasser- Die Grundwasserbeobachtung des obersten schutzgebiet Thülsfeld, dass die Nitratwerte seit Grundwasserleiters folgt landesweit den Anforde- 2008 dramatisch ansteigen. Die Ursachen sol- len allesamt mit der Landwirtschaft zusammen- rungen der Wasserrahmenrichtlinie. Darüber hin- hängen. Insbesondere der zunehmende Mais- aus werden Messungen in den Trinkwassergewin- anbau - auch in Trinkwasserschutzgebieten - nungsgebieten im Rahmen der Erfolgskontrolle der für Biogasanlagen sei eine Ursache. Es gelan- durchgeführten Maßnahmen in unterschiedlichen ge zur Düngung von Mais zu viel Gülle aus der Massentierhaltung auf die Felder, die Filterka- Tiefenbereichen vorgenommen. pazität der Böden sei erschöpft, und so gelange das gesundheitsgefährdende Nitrat in das Eine Interpretation festgestellter Trends, ob Ver- Trinkwasser. Als Fazit wurde gezogen, dass die schlechterung oder Verbesserung, wird allgemein seit vielen Jahren angewandten freiwilligen dadurch erschwert, dass lokal festgestellte Belas- Maßnahmen der Landwirtschaft zum Schutz tungen auf ihre Repräsentativität geprüft werden des Trinkwassers nicht ausreichen würden. Der OOWV fordert vom zuständigen Ministerium müssen. höhere Auflagen für die Landwirtschaft. Der Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine NDR fasst zusammen: „Trinkwasserschutz kon- tra Mais und Gülle - offensichtlich muss der Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Gesetzgeber hier noch kräftig nachbessern.“ Zu 1: Für das Wasserrahmenrichtlinienmessnetz Wir fragen die Landesregierung: Grundwasser wurden landesweit repräsentative 1. Wie stellen sich die Nitratwerte in den ober- Messstellen ausgewählt. Für die Prüfung des che- flächennahen Grundwässern Niedersachsens mischen Zustandes sind 502 oberflächennah verfil- (Grundwassermessstellen bis 10 m) insgesamt terte Grundwassermessstellen gemeldet worden. dar? Oberflächennah bedeutet hier eine Filterüberde- 2. An welchen Messstellen liegen die Werte zu ckung bis 10 m. hoch, und wie haben sich diese seit Inkrafttre- ten der Wasserrahmenrichtlinie verändert? Die Qualitätsnorm für Nitrat von 50 mg/l wurde an 3. Welche Steuerungsinstrumente wird die 144 der genannten 502 Messstellen überschritten. Landesregierung anwenden, um den Bau der Dies entspricht einem Anteil von rund 29 %. Da- Biogasanlagen und den damit verbundenen tengrundlage für die Meldung an die Kommission großflächigen, intensiven Maisanbau zu regulie- war der jeweils verfügbare aktuelle Nitratjahresmit- ren, der für die erhöhte Nitratbelastung verant- wortlich gemacht wird? telwert. Mit der Antwort des Ministeriums für Umwelt und Für diese Messstellen wurde im Rahmen der Be- Klimaschutz (MU) auf die Frage der Abgeordneten wertung der Grundwasserkörper abgeschätzt,

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inwieweit eine an einer Messstelle festgestellte gebiete sind neben diesen Informationen jedoch Überschreitung potenziell signifikant für den ge- weitere Erkenntnisse berücksichtigt worden. Ins- samten Grundwasserkörper ist. Nachgewiesene besondere die Agrarstatistik, die auf Gemeinde- Belastungen an einer oder mehreren Messstellen ebene ermittelten Bilanzüberschüsse und die po- müssen nicht zwangsläufig eine negative Bewer- tenzielle Sickerwasserkonzentration haben letztlich tung des gesamten Grundwasserkörpers nach sich eine Abgrenzung der Belastungs- und Maßnah- ziehen. mengebiete erlaubt, in denen jetzt Maßnahmen zur Reduzierung der Überschüsse angeboten werden. Bei der Auswertung der Ergebnisse der Erfolgs- kontrolle in Trinkwassergewinnungsgebieten wird In Bezug auf Veränderungen kann auf die Trend- der Bereich < 5 m unter Grundwasseroberfläche bewertung nach Wasserrahmenrichtlinie zurück- und der dann folgende Bereich von 5 m bis < 20 m gegriffen werden. In der Anlage sind die Messstel- unter Grundwasseroberfläche zugrunde gelegt. len mit festgestellt steigendem Trend und die Maßnahmengebiete dargestellt. Nach derzeitiger Die Nitratkonzentration im Bereich der Grundwas- Datenlage und wie an die Kommission gemeldet, seroberfläche in den Trinkwassergewinnungsge- ist lediglich an einem der 120 Grundwasserkörper bieten betrug zwischen 2004 und 2008 im Lan- ein signifikanter, aufwärts gerichteter Trend zu desmittel 56 mg/l und variierte zwischen den Jah- beobachten. In diesem Grundwasserkörper liegt ren nur geringfügig. In den Festgesteinsbereichen die Belastung jedoch unterhalb der Qualitätsnorm. sind die Messwerte aufgrund der hier nur geringen Messstellenanzahl und stark wechselhaften Stand- Zu 3: Die Steuerung des Baus von Biogasanlagen ortverhältnissen nur von einer begrenzten Aussa- ist Gegenstand des Bauplanungsrechtes. Auf der gekraft. Die Mittelwerte der durch Messstellen gut Grundlage des Baurechts sind Biomasseanlagen belegten Lockergesteinsbereiche Nordost- und im Rahmen eines Betriebes nach § 35 Abs. 1 Nordwestniedersachsen unterscheiden sich jedoch Nrn. 1 oder 2 des Baugesetzbuches (BauGB) oder deutlich hinsichtlich der Nitratkonzentration. So eines tierhaltenden Betriebes nach § 35 Abs. 1 weisen die Trinkwassergewinnungsgebiete Nord- Nr. 4 BauGB im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 ostniedersachsens für den Zeitraum 2004 bis 2008 Nr. 6 BauGB privilegiert, wenn eine mittlere Nitratkonzentration im Grundwasser a) das Vorhaben in einem räumlich-funktionalen im Bereich der Grundwasseroberfläche von Zusammenhang mit dem Betrieb steht, 46 mg/l auf, während diese in Nordwestnieder- sachsen 64 mg/l beträgt. Als positiv kann hier je- b) die Biomasse überwiegend aus dem Betrieb doch festgestellt werden, dass sich im Nordwesten oder überwiegend aus diesem und aus nahe eine deutliche Tendenz rückläufiger Nitratkon- gelegenen Betrieben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1 zentration im Grundwasser im Bereich der Grund- oder 2 BauGB oder eines tierhaltenden Betrie- wasseroberfläche abzeichnet. bes nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB stammt,

Bei Betrachtung der tieferen Bereiche der für die c) je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine An- Trinkwassergewinnung genutzten Grundwasserlei- lage betrieben wird und ter ist festzustellen: Die Nitratkonzentration zwi- d) die installierte elektrische Leistung der Anlage schen 5 und 20 m liegt im Landesmittel der verfil- nicht 0,5 MW überschreitet. terten Messstellen bei 34 mg/l und damit um 22 mg/l geringer als die der Messstellen im Bereich Die Gemeinden haben als Träger der kommunalen der Grundwasseroberfläche. In Nordwestnieder- Planungshoheit nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sachsen ist der zwischen 2004 und 2008 gemittel- die Möglichkeit, diese Vorhaben durch Darstellung te Wert in jedem Jahr am höchsten. Der positive von Konzentrationszonen mit Ausschlusswirkung Trend im Bereich der Grundwasseroberfläche ist in im Flächennutzungsplan zu steuern. den tieferen Grundwasserbereichen noch nicht zu erkennen. Da die Zulässigkeit von Biomasseanlagen zum Schutz des Außenbereichs nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 Zu 2: Aufgrund der Wasserrahmenrichtlinienaus- Buchst. a) bis d) BauGB bereits eingeschränkt wertung der Messstellen mit Überschreitung der wurde, dürfte das Erfordernis einer Konzentrati- Qualitätsnorm ist zu erkennen, dass in allen Lan- onsplanung in aller Regel schwerer zu belegen desteilen Überschreitungen an einzelnen Messstel- sein als für Vorhaben, die ohne Einschränkungen len anzutreffen sind. Bei der Bewertung der privilegiert sind, wie z. B. Windkraftanlagen. Zu- Grundwasserkörper und Auswahl der Maßnahme- dem wäre auch die vom Gesetzgeber verfolgte

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Intention zu berücksichtigen, die Bioenergie im Bei der Genehmigung von Biogasanlagen wird Hinblick auf Klimaschutz und Ressourcenscho- mithilfe des Instruments des erforderlichen Flä- nung voranzutreiben und den Strukturwandel in chennachweises geprüft und festgestellt, ob die im der Landwirtschaft zu unterstützen. Die Auswei- Betrieb anfallenden Stoffe ordnungsgemäß verwer- sung von Konzentrationszonen dürfte nach einer tet werden können. Die Ausbringung der Gärreste sachgerechten Abwägung daher regelmäßig nicht selbst ist nicht Bestandteil des Genehmigungsver- für den gesamten Außenbereich, sondern eher nur fahrens. Die gute fachliche Praxis bei der Düngung für besonders sensible Bereiche in Betracht kom- ist Gegenstand der Düngeverordnung vom 27. Fe- men. bruar 2007. Für Biomasseanlagen, die nicht nach § 35 Abs. 1 In den Trinkwasserschutzgebieten ist eine pflan- Nr. 6 BauGB privilegiert sind, besteht die darge- zenbedarfsgerechte Düngung mit Wirtschaftsdün- stellte Steuerungsmöglichkeit nicht. Sie sind als gern von besonderer Bedeutung. Dabei ist es un- gewerbliche Anlagen zu beurteilen. erheblich, ob diese tierischer oder pflanzlicher Herkunft sind. Daher wurden mit der Verordnung Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungs- über Schutzbestimmungen in Wasserschutzgebie- verfahren werden die Pflichten der Betreiber ge- ten vom 9. November 2009 Gärreste tierischen nehmigungsbedürftiger Anlagen hinsichtlich schäd- Wirtschaftsdüngern wie Gülle und Jauche gleich- licher Umwelteinwirkungen und sonstiger Gefah- gestellt und die Aufbringung zeitlich und mengen- ren, erheblicher Nachteile und erheblicher Belästi- mäßig beschränkt. gungen, die von der Anlage hervorgerufen werden können, geprüft. Des Weiteren werden die Ver- meidung, Verwertung und gegebenenfalls die Be- Anlage 32 seitigung von Abfällen sowie die effiziente Ener- gienutzung betrachtet. Andere öffentlich-rechtliche Antwort Vorschriften dürfen der Anlage nicht entgegenste- des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf hen. Liegen die Genehmigungsvoraussetzungen die Frage 33 der Abg. Renate Geuter, Sigrid Ra- vor, hat der Antragsteller einen Anspruch auf Ertei- kow und Dieter Möhrmann (SPD) lung der immissionsschutzrechtlichen Genehmi- gung. Auch Anlagen, die keiner immissionsschutz- „Gülle wird zum Trinkwasserproblem“ - Was tut die Landesregierung? (Teil 2) rechtlichen Genehmigung bedürfen, sind nach Maßgabe des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Unter dem Titel „Gülle wird zum Trinkwasser- so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche problem“ wurde am 22. März 2010 in der Sen- dung Niedersachsen 19.30 das Magazin im Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der NDR-Fernsehen Technik vermeidbar sind, verhindert werden, nach (http://www.ndr.de/flash/mediathek/-index.html) den Stand der Technik unvermeidbare schädliche über die zunehmende Nitratbelastung des Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß reduziert Trinkwassers berichtet. In großen Teilen Nie- dersachsens sei der Zustand des oberflächen- werden und die beim Betrieb der Anlage entste- nahen Grundwassers als schlecht einzustufen. henden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden Der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserver- können. band (OOWV) berichtet aus dem Trinkwasser- schutzgebiet Thülsfeld, dass die Nitratwerte seit Die Überprüfung der Erzeugung der Gärsubstarte - 2008 dramatisch ansteigen. Die Ursachen sol- hier des Maisanbaus - ist nicht Bestandteil der len allesamt mit der Landwirtschaft zusammen- hängen. Insbesondere der zunehmende Mais- baurechtlichen bzw. immissionsrechtlichen Prü- anbau - auch in Trinkwasserschutzgebieten - fung. Beim Anbau von Ackerkulturen sind die für Biogasanlagen sei eine Ursache. Es gelan- Grundsätze der Erhaltung landwirtschaftlicher Flä- ge zur Düngung von Mais zu viel Gülle aus der chen in einem guten landwirtschaftlichen und öko- Massentierhaltung auf die Felder, die Filterka- pazität der Böden sei erschöpft, und so gelange logischen Zustand grundsätzlich zu beachten. das gesundheitsgefährdende Nitrat in das Danach müssen mindestens 40 % der Ackerflä- Trinkwasser. Als Fazit wurde gezogen, dass die chen eines Betriebes in der Zeit vom 1. Dezember seit vielen Jahren angewandten freiwilligen bis 15. Februar des folgenden Jahres entweder mit Maßnahmen der Landwirtschaft zum Schutz des Trinkwassers nicht ausreichen würden. Der Pflanzen bewachsen sein, oder die auf der Ober- OOWV fordert vom zuständigen Ministerium fläche verbleibenden Pflanzenreste dürfen nicht höhere Auflagen für die Landwirtschaft. Der untergepflügt werden. Eine Einsaat hat vor dem NDR fasst zusammen: „Trinkwasserschutz kon- 1. Dezember zu erfolgen. Einer Ausdehnung des tra Mais und Gülle - offensichtlich muss der Gesetzgeber hier noch kräftig nachbessern.“ Maisanbaus sind damit Grenzen gesetzt.

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Wir fragen die Landesregierung: sächsisch-Bremische Agrarumweltprogramm inte- 1. Welche den Gewässerschutz betreffenden griert, sodass auch nicht an Zielkulissen gebunde- Vorschläge zur Novellierung des EEG will Nie- ne Agrarumweltmaßnahmen in den Zielkulissen dersachsen wann und wie in den Bundesrat der Wasserrahmenrichtlinie wirksam werden. einbringen?

2. Welche Instrumente stehen der staatlichen Zu 3: In den Trinkwasserkooperationen arbeiten Wasserwirtschaftsverwaltung sowie den für die seit Langem Landwirte und Wasserversorgungsun- Umsetzung der Kooperationen zuständigen ternehmen erfolgreich zusammen. Dabei wurden Wasserversorgern zur Verfügung, um der nega- stets auch die Landwirte einbezogen, die Energie- tiven Entwicklung entgegenwirken zu können? pflanzen erzeugen und Gärreste zur Düngung 3. Welche Veränderungen plant die Nieder- einsetzen. Eine gezielte Einbindung der Biogasan- sächsische Landesregierung, um die Biogasan- lagenbetreiber erfolgte bereits im Rahmen eines in lagenbetreiber besser als bisher in den koope- rativen Trinkwasserschutz mit einzubeziehen? den Jahren 2007 bis 2009 vom Niedersächsischen Ministerium für Umwelt und Klimaschutz geförder- Die Landesregierung setzt sich für eine wettbe- ten Modell- und Pilotvorhabens. Ziel des Projektes werbsfähige und leistungsstarke Landwirtschaft in war die Demonstration und die Einführung gewäs- Niedersachsen ein, die den anerkannt hohen Um- serschonender Energiepflanzenanbausysteme in weltstandards genügt. Über die Erzeugung hoch- Trinkwassergewinnungsgebieten. Die Projekter- wertiger Nahrungsmittel hinaus leistet die Land- gebnisse wurden über Beraterschulungen nieder- wirtschaft insbesondere mit dem Anbau von Ener- sachsenweit in die Gewässerschutzberatung ein- giepflanzen einen wichtigen Beitrag zu einer nach- gebracht. haltigen Energie- und Klimapolitik. Dabei gilt es, die Belange des Gewässerschutzes zu beachten. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anlage 33 Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Antwort Zu 1: Es ist nicht vorgesehen, den Gewässer- des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr schutz betreffende Vorschläge zur Novellierung auf die Frage 34 der Abg. Björn Thümler, Ernst- des EEG in den Bundesrat einzubringen. August Hoppenbrock, Karsten Heineking, Karl- Zu 2: Der staatlichen Wasserwirtschaftsverwaltung Heinz Bley, Jörg Hillmer, Carsten Höttcher, Gisela und den für die Kooperationen in Trinkwasser- Konrath und Axel Miesner (CDU) schutzgebieten zuständigen Wasserversorgungs- Straßenverkehrssicherheit in Europa unternehmen stehen verschiedene Instrumente zur Das laufende europäische Aktionsprogramm für Verfügung, um den diffusen Belastungen aus Straßenverkehrssicherheit (2001 bis 2010) hat landwirtschaftlichen Quellen entgegenzuwirken. u. a. das Ziel, die Zahl der Unfalltoten im Stra- Von größter Bedeutung sind dabei freiwillige Ver- ßenverkehr von 54 000 im Jahr 2001 auf einbarungen bzw. Agrarumweltmaßnahmen und 27 000 im Jahr 2010 zu halbieren. Dieses Ziel wird jedoch voraussichtlich nicht erreicht wer- eine gewässerschutzorientierte Beratung der den, da im Jahr 2008 39 000 europäische Bür- Landwirte. In den Trinkwassergewinnungsgebie- ger bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben ten, die eine landwirtschaftliche Nutzfläche von gut kamen. 300 000 ha einschließen, werden jährlich gut Die Aktionsfelder des Programms konzentrieren 10 Millionen Euro für freiwillige Vereinbarungen sich auf Fahrzeugsicherheit, Sicherheit der und gut 6 Millionen Euro für eine Gewässer- Straßen und Nutzerverhalten. Derzeit entwickelt die Kommission ein neues Programm für den schutzberatung einschließlich der damit zusam- Zeitraum 2011 bis 2020. menhängenden Untersuchungen von Pflanzen, Böden und Gewässern bereitgestellt. In den Ziel- Wir fragen die Landesregierung: kulissen der Wasserrahmenrichtlinie ist vorgese- 1. Wie schneidet Niedersachsen, vor allem mit hen, im ersten Bewirtschaftungszeitraum 33 Millio- seinen bekannten Unfallschwerpunkten, im Sinne des Aktionsprogramms der Europäischen nen Euro für Agrarumweltmaßnahmen mit beson- Kommission ab? derer Gewässerschutzwirkung und 7,2 Millionen 2. Welche Schwerpunkte wurden in Nieder- Euro für eine Gewässerschutzberatung zu veraus- sachsen im Rahmen des Aktionsprogramms gaben. gesetzt? Durch konsequente Maßnahmenabstimmung wur- 3. Welche Innovationen, insbesondere techni- de der Gewässerschutzgedanke in das Nieder- schen Entwicklungen in Bezug auf die Sicher- heit der Fahrzeuge und der Straßen, hat Nie-

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dersachsen bisher unterstützt, und was ist für A 2 + A 7 gesamt die Zukunft geplant, um die Zahl der Unfalltoten noch weiter zu senken? 2001: 54 In dem Weißbuch der Europäischen Kommission 2002: 37 vom 12. September 2001 „Die Europäische Ver- kehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die 2003: 40 Zukunft“ [KOM(2001) 370 endg.] schlägt die Euro- 2004: 34 päische Kommission die Aufstellung eines Akti- onsprogramms zur Straßenverkehrssicherheit für 2005: 38 die Jahre bis 2010 vor. Ziel und Erfolgsmaßstab 2006: 51 des Aktionsprogramms bildet die Entwicklung der Anzahl getöteter Unfallopfer in den Staaten der 2007: 40 EU. Auf Basis der Anzahl der Verkehrsunfalltoten 2008: 30 des Jahres 2001 (54 000) soll die Anzahl der Ver- kehrsunfalltoten bis zum Jahr 2010 (auf 27 000) 2009: 29 halbiert werden. In ihrer Presseinformation vom Damit ist die Anzahl der Verkehrstoten in den nie- 2. Dezember 2009 (IP/09/1863) hat die Kommissi- dersächsischen Bereichen der BAB’en A 2 und A 7 on bereits mitgeteilt, dass das Ziel nur schwer zu bis zum Jahr 2009 bereits um ca. 46,3 % zurück- erreichen sein wird, weil im Jahr 2008 noch 39 000 gegangen. europäische Bürger bei Unfällen im Straßenver- kehr ums Leben kamen. Die EU hat eine Konfe- Die Gesamtzahl der Verkehrstoten in Niedersach- renz zu den Ergebnissen einer öffentlichen Konsul- sen während der Jahre 2001 bis 2009 hat sich tation im Vorfeld der Erstellung eines neuen Euro- folgendermaßen entwickelt (Quelle: Polizeiliche päischen Aktionsprogramms für Straßenverkehrs- Verkehrsunfallstatistik): sicherheit 2011 bis 2020 im Dezember 2009 ver- anstaltet. Dieses Aktionsprogramm wird dann das 2001: 814 Verkehrstote vierte sein. 2002: 837 Verkehrstote Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens 2003: 774 Verkehrstote der Landesregierung wie folgt beantwortet: 2004: 738 Verkehrstote Zu 1: Die Getötetenzahlen für die niedersächsi- schen Streckenbereiche der BAB A 2 und der BAB 2005: 700 Verkehrstote A 7 für die Laufzeit des Aktionsprogramms können 2006: 623 Verkehrstote der nachstehenden Tabelle entnommen werden: 2007: 634 Verkehrstote

2008: 595 Verkehrstote

2009: 542 Verkehrstote Zahl der Verkehrstoten: BAB A 2 BAB A 7 Damit ist die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Personen in den vergangenen neun Jahren um 2001: 32 2001: 22 33,4 % zurückgegangen. 2002: 10 2002: 27 Im Jahr 2000 waren in Niedersachsen sogar noch 2003: 19 2003: 21 918 Verkehrsteilnehmer bei Unfällen getötet wor- den. Ausgehend von diesem Zehnjahreszeitraum 2004: 13 2004: 21 hat eine Reduzierung der Verkehrstoten in Nieder- 2005: 19 2005: 19 sachsen um 41 % stattgefunden. 2006: 25 2006: 26 Im Zehnjahresraum konnte beim Unfallschwer- punkt „Kinder“ eine Reduzierung bei den Getöteten 2007: 23 2007: 17 um 58,6 % erreicht werden. Beim Unfallschwer- 2008: 22 2008: 8 punkt „Junge Fahrer“ (18- bis 24-Jährige) ist inner- halb von zehn Jahren ein Rückgang von 51,1 % 2009: 10 2009: 19 eingetreten. Beim Unfallschwerpunkt „Baumunfäl- le“ konnte in den zurückliegenden zehn Jahren

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eine Reduzierung der Getötetenzahlen um 44,9 % 10. Einsetzung von Kompetenzteams zur Reduzie- erreicht werden. rung der Baumunfälle.

Zu 2: In Niedersachsen wurden im Rahmen des Zu 3: In Niedersachsen wurden bislang die folgen- Aktionsprogramms die folgenden Schwerpunkte den Maßnahmen unterstützt: gesetzt: 1. Maßnahmen zur Information von Verkehrsteil- 1. Einführung des Curriculum Mobilität an den nehmern über den Sicherheitsgewinn durch niedersächsischen Schulen (2002). Ausstattung der Pkw mit modernen Fahrerassis- tenzsystemen (Beispiele: ESP, Einparkhilfe, au- 2. Einführung des Modellversuchs „Begleitetes tomatischer Abstandswarner etc.). Fahren mit 17“ im Jahr 2004 als Maßnahme zur Reduzierung des Fahranfängerrisikos. 2. Modernisierung der Verkehrsbeeinflussungsan- lagen auf der BAB 2 und Vollausstattung mit 3. Schulanfangsaktion „Kleine Füße“. den Anlagen: Die Ausstattung der A 2 mit einer modernen Verkehrsbeeinflussungsanlage zur 4. Entwicklung des internetbasierten Schulweg- Steuerung und Regelung dieses Verkehrsauf- planers zur Verbesserung der Verkehrssicher- kommens erfolgt bisher auf einer Länge von ca. heit von Kindern auf dem Weg zur Schule und 107 km, weitere Verkehrsbeeinflussungsanla- zu ihren Freizeitaktivitäten. gen werden zurzeit realisiert bzw. befinden sich 5. Einführung des Verkehrssicherheitskonzeptes in Planung. „Forum innovativ und verkehrssicher in Nieder- 3. Im Rahmen der Landesinitiative Telematik wur- sachsen“ im Jahr 2007: Das heißt, interdiszipli- den vom niedersächsischen Wirtschaftsministe- näre Zusammenarbeit der zuständigen Ministe- rium zwei Projekte gefördert, die durch einen rien, Einrichtung der Werkstätten Sichere Land- Beitrag zum besseren Verkehrsmanagement straße mit den Schwerpunkten „Baumunfälle“ auch zur Erhöhung der Sicherheit auf den (dazu unten mehr) und „Motorradunfälle“ in der Strassen beitragen sollen: Harzregion, Autobahnen (Schwerpunkt BAB 2) und Innenstädte (Aktion toter Winkel). 3.1. Projekt „Integriertes Verkehrsmanagement Niedersachsen“ (IVN) 2004 bis 2006. Partner 6. Verkehrssicherheitstage für die Zielgruppen in diesem Projekt waren Signalbau Huber, Fahrradfahrer, junge Fahrer und Senioren. gedas, das Fraunhofer Institut IPK, die üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG, VTCon 7. „movimo - Fahren lernen“: Das unabhängige und die Verkehrsmanagementzentrale (VMZ) Wissenschaftsforum „movimo - Fahren lernen“ Hannover. ist die erste Informations- und Kommunikati- onsplattform rund um das Thema Verkehrssi- 3.2. Projekt „Mobile Traffic Info“ 2007 bis 2009“. cherheit von Fahranfängern. In diesem Projekt ging es um die Entwicklung einer mobilfunkgestützten Onlineerfassung 8. Forschungsgutachten „Konzept zur Erhöhung der im Lkw-Mautbetrieb eingesetzten On- der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit Board-Unit zur Verbesserung und Prognose auf der A2“: Das innovative Forschungsvorha- der Verkehrslage auf Autobahnen und Bun- ben wurde von einem Konsortium, bestehend desstraßen. aus TU Braunschweig, TU Dresden, TU Braun- schweig und der MH Hannover unter Federfüh- 4. eCall - Automatischer Notruf in Neuwagen. rung des DLR, durchgeführt und am 23. März Für die Zukunft ist vorrangig die Weiterführung der 2010 der Öffentlichkeit vorgestellt. Eine Umset- erfolgreichen Konzepte und Projekte geplant. Hin- zung der dort vorgeschlagenen und priorisierten zu kommen soll Folgendes: Maßnahmen erfolgt. 1. Bundeseinheitliche gesetzliche Einführung der 9. Die niedersächsische Landespolizei hat ihre Möglichkeit des Begleiteten Fahrens ab 17 Jah- Verkehrssicherheitsmaßnahmen auf die Be- ren. kämpfung der für das schwere Unfallgeschehen in Niedersachsen ursächlichen Hauptunfallur- 2. Einführung der Tagfahrlichtpflicht. sachen „Geschwindigkeit“ und „Alkohol/Drogen“ 3. Intensivierung der Aktionen und Maßnahmen für konzentriert. Dies steht im Einklang mit den ältere Verkehrsteilnehmer. Empfehlungen der Europäischen Kommission.

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4. Änderung des § 21 Abs. 1 a Satz 1 StVO: Strei- 2. Inwiefern bestehen an niedersächsischen chung der Ausnahmeregelung für Kfz über 3,5 t Hochschulen bereits E-Learning-Angebote, oder sind solche geplant? von der Befreiung, Kinder auf Rücksitzen aus- reichend zu sichern. 3. Welche Entwicklungsmöglichkeiten bestehen im Bereich Lernen via Internet? 5. Umsetzung der Maßnahmen aus dem Gutach- Hintergrund: ten A 2. Unter dem Begriff „E-Learning“ werden alle For- 6. Die niedersächsische Polizei wird ihre Maß- men des Lernens zusammengefasst, bei denen nahmen entsprechend der bisherigen strategi- digitale Medien für die Präsentation und Verbrei- schen Schwerpunktsetzung fortführen und mit tung von Lernmaterialien zum Einsatz kommen einer Bündelung der polizeilichen Ressourcen oder bei denen zur Unterstützung der Kommunika- auf die Bereiche mit den größten Verkehrssi- tion zwischen Lernenden und Lehrenden EDV und cherheitspotenzialen zu einer weiteren Erhö- IT eingesetzt werden. hung der Verkehrssicherheitsgewinne beitragen. Für eine hochwertige Aus- und Weiterbildung ist E-Learning dabei ein besonders geeignetes In- Anlage 34 strument, die Lernenden bestmöglich auf den ra- schen Wandel, die sich verkürzenden Innovations- Antwort zyklen und die Erwartungshaltungen in Wissen- schaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft vorzu- des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf bereiten. Niedersachsen nimmt in Deutschland die Frage 35 der Abg. Prof. Dr. Emil Brockstedt, eine führende Rolle beim E-Learning-Einsatz an Christoph Dreyer, Rudolf Götz, Swantje Hartmann, Hochschulen ein, besonders in dem Bereich der Jörg Hillmer, Jens Nacke, Dorothee Prüssner, Dirk hochschulübergreifenden Zusammenarbeit. Toepffer, Karl-Heinz Bley, Norbert Böhlke, Ursula Ernst, Karl-Heinz Klare, Anette Meyer zu Strohen, Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens Axel Miesner, Heidemarie Mundlos und Kai See- der Landesregierung wie folgt beantwortet: fried (CDU) Zu 1: Viele Menschen sind aufgrund beruflicher E-Learning in Niedersachsen und familiärer Verpflichtungen nur bedingt in der Das Internet gewinnt für die Ausbildung an un- Lage, regelmäßig an einem bestimmten Ort zu- seren Hochschulen immer mehr an Bedeutung. sammenzutreffen. E-Learning-Dienste und Nicht nur Unterlagen zu den Vorlesungen wer- IT-Tools bieten die Möglichkeit, sich kontinuierlich den von den Studenten heruntergeladen, an ei- und in planbaren Zeiträumen mit der eigenen Wei- nigen Hochschulen hat das E-Learning, das Lernen via Internet, Einzug gehalten. terqualifikation zu beschäftigen. Hilfsmittel wie Video- und Audiokonferenzen, Onlinelernmateria- Von den Befürwortern werden Argumente wie lien oder Diskussionsforen verringern zudem die eine höhere Flexibilität der Zeiteinteilung der Studierenden und eine Kosteneinsparung ange- Notwendigkeit zu reisen bzw. ermöglichen eine führt. Studierende könnten demnach Studium, freie Zeitplanung. In diesem Zusammenhang sieht Arbeit und die Familie miteinander verbinden. die Landesregierung großes Potenzial für den E-Learning bedeutet interaktives Arbeiten, die Einsatz von E-Learning-Werkzeugen und elektro- Studenten lernen anhand von im Internet zur Verfügung gestellten Materialien. nischen Lehrmaterialien insbesondere in der Hoch- schullehre. E-Learning kann die Vereinbarkeit von Studien haben ergeben, dass weder die rein klassische Hörsaallehre noch die hauptsächlich Studium, Arbeit, Familie und Ehrenamt erleichtern online stattfindende E-Learning-Lehre zu den und dazu beitragen, das lebenslange Lernen zu besten Ausbildungserfolgen führen. Stattdes- realisieren. sen scheint die Zukunft im sogenannten Blen- ded Learning, der Kombination aus Online- und Zu 2: Die niedersächsischen Hochschulen blicken Präsenzveranstaltungen zu liegen. Die Studen- auf fast ein Jahrzehnt erfolgreichen E-Learning- ten kombinieren das im Hörsaal Gelernte mit Einsatzes zurück. Seit 2002 unterstützte die Lan- den zur entsprechenden Vorlesung passenden Materialien und besprechen sich bei Fragestel- desregierung in mehreren Förderphasen das lungen übers Internet. „E-Learning Academic Network“ (ELAN l bis lll). Dabei handelt es sich um Projektförderungen für Wir fragen die Landesregierung: den Einsatz internetgestützter Lehr- und Lernar- 1. Wie beurteilen Sie den Nutzen des E-Lear- rangements und Multimediatechnologien in der nings? Hochschullehre. Zentrales Element dieses ELAN-

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Netzwerks war neben den Projekten das soge- Damit stehen im E-Learning nicht mehr technisch nannte ELAN-Dach als landesweite Koordinie- aufwändig erstellte, multimediale Inhalte im Mittel- rungsinstanz, die standortübergreifende E-Lear- punkt. Vielmehr betonen moderne E-Learning-An- ning-Angebote und Dienstleistungen für die nie- sätze immer mehr die kommunikativen Aspekte dersächsischen Hochschulen aufgebaut hat. des durch die EDV unterstützen Lehrens und Ler- (http://www.elan-niedersachsen.de/). In der letzten nens. Förderphase von 2007 bis Mitte 2009 wurde der Die Landesregierung sieht insgesamt für E-Lear- Übergang von der Projektförderung zu dauerhaften ning gute Entwicklungspotenziale beim Ausbau Strukturen an den Hochschulen vollzogen. Dabei des standortübergreifenden Lernens, beim lebens- wurde das E-Learning-Netzwerk in den Verein langen wissenschaftlichen Lernen, bei berufsbe- ELAN e. V. mit inzwischen acht niedersächsischen gleitenden Studiengängen und im Bereich der Hochschulen übergeleitet. Dazu zählen die Hoch- Weiterbildung. schule für Bildende Künste Braunschweig, die Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel (Ost- falia), die Technische Universität Clausthal, die Anlage 35 Medizinische Hochschule Hannover, die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, die Universität Antwort Osnabrück, die Fachhochschule Osnabrück und des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf die Hochschule Vechta. die Frage 36 der Abg. Jens Nacke und Dorothee Der Verein trägt zur stetigen Qualitätsverbesse- Prüssner (CDU) rung der medienunterstützten Lehre und zur Ko- Mehr Kultur - Mehr Europa! operation der Mitgliedshochschulen im Bereich Die Europäische Kommission plant die Einfüh- standortübergreifender Lehre bei. rung eines Europäischen Kulturerbe-Siegels. Damit sollen Stätten ausgezeichnet werden, die Mit dem Ziel, durch den Einsatz von E-Learning- einen besonderen Stellenwert in der europäi- Werkzeugen und E-Learning-Materialien die Quali- schen Geschichte innehaben. Das Zugehörig- keitsgefühl der europäischen Bürger zur Euro- tät in der Lehre weiter zu verbessern und die Effi- päischen Union soll anhand gemeinsamer Ele- zienz des Lehrens und Lernens zu erhöhen, ist mente der Geschichte und des Kulturerbes ge- das ELAN-Programm insgesamt eine Erfolgsge- stärkt werden. Im Besonderen sollen die Stät- schichte an den niedersächsischen Hochschulen ten jungen Menschen zugänglich gemacht wer- den, um den interkulturellen Dialog zu fördern und über die Landesgrenzen hinaus. und die Zukunft Europas zu sichern. Durch Abstimmung von Medien- und IT-Entwick- Zur Auswahl der Stätten soll ein Vorentscheid lungsplänen im Rahmen der Zielvereinbarungen auf nationaler Ebene stattfinden, aus dem sich die beiden besten Vorschläge für das Auswahl- mit den Hochschulen sollen diese positiven Erfah- verfahren auf europäischer Ebene qualifizieren. rungen und Entwicklungen auch in andere Berei- Die Entscheidung auf europäischer Ebene wird che der Bildungslandschaft übertragen und die durch eine Expertenjury mit zwölf Mitgliedern bereits etablierten lokalen und hochschulübergrei- getroffen. Es soll dabei maximal eine Stätte pro Mitgliedstaat ausgewählt werden. Dieses Ver- fenden Strukturen noch weiter verstetigt werden. fahren soll jährlich in drei aufeinander folgen- den Jahren stattfinden. Für das vierte Jahr ist Zu 3: In der Zukunft wird es im Bereich des ein Kontrollverfahren vorgesehen, das der E-Learnings an Hochschulen immer mehr soge- Überprüfung der Kulturerbe-Stätten auf ihren in- nannte Blended-Learning-Kurse geben. Dies sind ternationalen Kulturgehalt dienen soll. Bei einer Verschlechterung des kulturellen Aussagege- Veranstaltungen, die eine didaktisch sinnvolle Ver- halts der Stätte ist eine Aberkennung des Sie- knüpfung von traditionellen Präsenzveranstaltun- gels möglich. gen mit modernen Formen des E-Learnings her- Die jährlichen Mittel für das Siegel werden von stellen. Präsenztreffen schaffen dabei den not- der Haushaltsbehörde in den Grenzen des wendigen persönlichen Eindruck und geben Raum mehrjährigen Finanzrahmens bewilligt. Genau- für Gespräche, wobei die dazwischen liegenden eres ist dem jeweils aktuell aufgestellten Fi- nanzbogen zu entnehmen. Für die Durchfüh- Onlinephasen eine flexiblere Zeitgestaltung ermög- rung der Maßnahmen im Zeitraum vom 1. Ja- lichen. Auf Basis dieses Modells lassen sich vielfäl- nuar 2011 bis zum 31. Dezember 2013, dem tige Veranstaltungsformen unterstützen, die den ersten dreijährigen Prüfungsabschnitt, ist eine unterschiedlichen Qualifikationsbedürfnissen ent- Summe in Höhe von 1,35 Millionen Euro vorge- sehen. sprechen.

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Wir fragen die Landesregierung: zur inhaltlichen Vermittlung. Die Anmeldung sollte 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Einfüh- gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen erfolgen, rung eines Europäischen Kulturerbe-Siegels? welches das Rathaus von Münster vorzuschlagen

2. Welche Stätten könnten in Niedersachsen in- hätte. frage kommen? Stätte der Varus-Schlacht bei Kalkriese: Die ar- 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Ent- chäologischen Funde aus dem Raum Kalkriese wicklung, speziell die Bekanntheit, des nationa- sind nach derzeitigem Forschungsstand sehr si- len Kulturerbes im Rahmen eines europäischen cher mit den Ereignissen der Varus-Schlacht im Kulturerbe-Siegel-Programms? Jahre 9 n. Chr. in Verbindung zu bringen. Im Wei- Ausgehend von der übergeordneten Zielsetzung, teren weisen sie Bezug zu den Rachefeldzügen das Bewusstsein der Bürger und Bürgerinnen Eu- des Germanicus in den Jahren 15/16 n. Chr. auf. ropas zu fördern, Teil eines gemeinsamen europä- Die Ereignisse wurden in großen Ausstellungen im ischen Kulturraumes zu sein, begrüßt die Landes- letzten Jahr gewürdigt. Nach allgemeiner Auffas- regierung die Einführung eines Europäischen Kul- sung wird die herausragende geschichtliche Be- turerbe-Siegels. Niedersachsen hat daher in den deutung der Varus-Schlacht darin gesehen, dass innerstaatlichen Gremien der Kultusministerkonfe- die Expansion des römischen Reiches zum Erlie- renz und des Bundesrates, in denen das Thema gen und in der Folgezeit sogar zu einem Rückzug auf der Tagesordnung stand, die Einführung unter- kam. Damit war die grundlegende Aufteilung stützt. Westeuropas in einen durch römisches Recht, Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens Verwaltung und romanische Sprachen geprägten der Landesregierung wie folgt beantwortet: südlichen Teil und einen durch germanische Stämme mit eigener Kultur geprägten nördlichen Zu 1: Die Landesregierung sieht in der Einführung Teil, in dem sich erst Jahrhunderte später feste eines Europäischen Kulturerbe-Siegels eine ge- Herrschaftsterritorien bildeten, vorgezeichnet. Das eignete Maßnahme, das Bewusstsein der Bürger Museum und der Park Kalkriese bieten zahlreiche und Bürgerinnen dahin gehend zu fördern, sich als Möglichkeiten zur Vermittlung der historischen Teil eines vielgestaltigen gemeinsamen Kulturrau- Ereignisse. mes und als Erben einer konfliktreichen gemein- Universität und Universitätsstadt Göttingen: Mit der samen Geschichte zu verstehen. Daraus begrün- 1734 gegründeten welfischen Landesuniversität det sich auch die Verantwortung dafür, die weitere Georgia Augusta wurde der Typus einer modernen kulturelle und politische Entwicklung Europas in Universität geschaffen, die eine große Anzie- partnerschaftlicher Weise mitzugestalten. hungskraft auf Studierende und Lehrer ausübte. Zu 2: Aus Sicht der Landesregierung sollten insbe- Zahlreiche Forscherinnen und Forscher mit Weltruf sondere folgende Stätten auf eine Eignung für die aus allen Wissenschaftsrichtungen wirkten seit Anmeldung zum Europäischen Kulturerbe-Siegel dem 18. Jahrhundert in Göttingen. Für das näher untersucht werden: 19. Jahrhundert sind beispielhaft zu nennen: der Mathematiker Gauß, der Physiker Weber und die Rathaus Osnabrück: Das Rathaus mit dem nach Göttinger Sieben. Die Kontinuität einer Forschung dem Zweiten Weltkrieg wiederhergestellten Frie- mit Weltrang auch im 20. Jahrhundert sowie zahl- denssaal war 1643 bis 1648 neutralisierter Ver- reiche historische Gebäude mit Dokumentations- handlungsort zwischen dem Kaiser und den evan- kraft unterstreichen die Eignung. Eine Anmeldung gelischen Mächten. Mit dem in Osnabrück und sollte in Abstimmung und gemeinsam mit ver- Münster ausgehandelten Westfälischen Frieden gleichbaren Universitäten in anderen europäischen wurde eine territoriale Neuaufteilung Mitteleuropas Staaten erfolgen. beschlossen, mit der zugleich auch den Konfessi- onen gesicherte Gebiete zugewiesen wurden. Mit Kuranlagen Bad Pyrmont: Die schon in der römi- seiner Betonung staatlicher Souveränität und zwi- schen Kaiserzeit genutzten Heilquellen führten im schenstaatlicher Kooperation begründete der 17. Jahrhundert zur Gründung des Heilbades Bad Westfälische Frieden eine neue europäische Ord- Pyrmont. Im 17. und 18. Jahrhundert war Pyrmont nung prinzipiell gleichberechtigter Staaten. Erst- das Modebad der europäischen Höfe. Der Große mals in Europa gelang die Konfliktlösung durch Kurfürst, Zar Peter der Große, Georg I. von Eng- Verhandlung. Ein Europäisches Kulturerbe-Siegel land, Friedrich der Große und andere weilten hier. träfe in Osnabrück („Friedensstadt Osnabrück“) auf Im Austausch untereinander und mit den ebenfalls eine bereits weitgehend ausgebildete Infrastruktur anwesenden Vertretern der geistigen Führungs-

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kräfte (Klopstock, Claudius, Herder, Goethe, Hum- fentlich zugängliche, in Fachkreisen anerkannte, boldt u. a.) entstand eine spezifisch europäische geisteswissenschaftlich und theologisch ausgerich- Kulturform, die durch zahlreiche historische Anla- tete Spezialbibliothek. gen, z. B. dem Kurpark, nachvollziehbar ist. Auch Zu 3: Die spezifischen eigenen Aktivitäten einer hier ist eine gemeinsame Antragstellung mit ande- möglichen Stätte des Europäischen Kulturerbe- ren Stätten anzustreben. Siegels bilden in jedem Falle die unersetzliche Burgplatz Braunschweig: Der Burgplatz Braun- Grundlage ihrer Bekanntheit. Die Anerkennung schweig mit der Burg Dankwarderode und dem des Europäischen Kulturerbesiegels erscheint Dom mit Gruft und Löwenmonument ist ebenso ein jedoch geeignet, ihre Bekanntheit zu steigern. Dokument des Herrschaftszentrums Heinrichs des Derartige Auszeichnungen - zum Vergleich sei hier Löwen im 12. Jahrhundert wie auch der Verein- auf den Status eines UNESCO-Weltkulturerbes nahmung Heinrichs im 19. und 20. Jahrhundert verwiesen - führen erfahrungsgemäß zu Aktivitäten Der Platz erinnert an die Zeit, als Braunschweig anderer Akteure, etwa von Reiseveranstaltern oder Residenz und Machtzentrum von europäischem Journalisten, die sich speziell auf Stätten mit derar- Rang war. Aufgrund der persönlichen und politi- tigen Siegeln beziehen. schen Geschichte Heinrichs stehen der Platz und seine Denkmale für den Konflikt zwischen dem Herzog und dem Kaiser, in dem sich beispielhaft Anlage 36 der Gegensatz von regionalen Kräften und zentra- Antwort ler Macht im Europa des Mittelalters zeigte. Durch die im Jahr 1180 erfolgte Zerschlagung der beiden des Ministeriums für Inneres und Sport auf die großen Stammesherzogtümer Bayern und Sach- Frage 37 des Abg. Reinhold Coenen (CDU) sen hatte die Umgestaltung des Reiches von den Abschiebung von zur Ausreise verpflichte- alten, großflächigen Machtblöcken hin zu kleine- ten Personen ren, in sich geschlossenen Fürstentümern ihren In Medienberichten wird der Eindruck erweckt, Abschluss gefunden. Diese Aufsplitterung des als ob das Land Niedersachsen Personen, die Reiches blieb bis in die Neuzeit hinein für die Ge- Asylverfahren und alle Rechtschutzmöglichkei- ten durchlaufen haben und zur Ausreise ver- schichte Mitteleuropas bestimmend. pflichtet sind, abschiebt, ohne den Menschen im Heimatland eine Zukunftsperspektive aufzu- Große Kirche Emden mit Johannes-a-Lasco-Bibli- zeigen. othek: Unabhängig von dem für die Zukunft ver- Besonders der Personenkreis aus dem Kosovo bindlichen Verfahren der Europäischen Kommissi- findet sich immer wieder in den Schlagzeilen on haben die Gremien der Ständigen Konferenz der Medien. Bei Betrachtung der Einzelfälle ist der Kultusminister sich bereits für eine Anmeldung nach Auffassung von Beobachtern festzustel- der seriellen (d. h. mehrteiligen) Stätten „Eiserner len, dass die Abschiebungen immer rechtlich geboten waren, weil kein Spielraum für die Er- Vorhang“ und „Stätten der Reformation“ im Rah- teilung eines Aufenthaltsrechts gegeben war. men des zwischenstaatlichen Anmeldeverfahrens Ich frage die Landesregierung: ausgesprochen. Von niedersächsischer Seite wur- de die Große Kirche in Emden als eine der Stätten 1. Wie viele Personen wurden im Jahr 2009 - der Reformation benannt. Die Große Kirche in aufgeschlüsselt nach Nationalitäten - aus Nie- dersachsen abgeschoben, und wie sehen die Emden wurde im 16. und 17. Jahrhundert zur Mut- Zahlen in den ersten Monaten des Jahres 2010 terkirche der Reformierten in Nordwesteuropa und aus? hatte an der Etablierung des reformierten Protes- 2. Welche Unterstützungsleistungen werden tantismus in ganz Nordwesteuropa entscheiden- Personen gewährt, die das Land verlassen den Anteil. Sie war die Wirkungsstätte des aus müssen? Polen stammenden Reformators Johannes a Las- 3. Für wie viele Personen - aufgelistet nach Na- co (1499 bis 1560), der zwischen 1540 und 1555 tionalitäten - wurde im Jahr 2009/2010 ein von in Emden wirkte. Als Superintendent der Kirche in der Härtefallkommission gestelltes Härtefaller- suchen anerkannt? Ostfriesland und Begründer der reformierten Kir- che in Polen wurde er einer der exponiertesten Die zwangsweise Rückführung (Abschiebung) Vertreter des reformierten Protestantismus. Die ausreisepflichtiger Ausländerinnen und Ausländer seit 1995 in der nach Kriegszerstörungen wieder resultiert aus der in § 58 Abs. 1 des Aufenthaltsge- aufgebauten Ruine der Kirche untergebrachte setzes normierten Verpflichtung, die Betroffenen Johannes-a-Lasco-Bibliothek Emden ist eine öf- auch gegen ihren Willen außer Landes zu bringen,

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wenn sie ihrer Verpflichtung, das Land zu verlas- Gambia 3 0 sen, nicht freiwillig nachkommen. Georgien 20 9 Jeder Abschiebung geht eine Aufforderung voraus, Ghana 3 2 das Land innerhalb einer bestimmten Frist zu ver- lassen. Die Abschiebung wird gemäß § 60 a Abs. 5 Griechenland 1 0 AufenthG vorher angekündigt, wenn der Ausländer Großbritannien 1 0 länger als ein Jahr geduldet war. Während der Guinea 2 0 häufig mehrjährigen Duldungszeiten werden die Indien 4 0 ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländer von den Ausländerbehörden immer wieder auf die Irak Nord 2 5 bestehende Ausreisepflicht hingewiesen und über Iran 1 0 die Möglichkeit der vom Land Niedersachsen fi- Israel 2 1 nanziell geförderten freiwilligen Ausreise informiert. Damit hat die freiwillige Ausreise in jedem Fall Italien 4 0 Vorrang vor der Abschiebung. Jeder Ausreise- Jordanien 0 9 pflichtige hat es also selbst in der Hand, die mit Kamerun 2 1 einer Abschiebung zwangsläufig verbundenen Kasachstan 0 1 negativen Begleiterscheinungen zu vermeiden. Kenia 1 0 Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfra- ge namens der Landesregierung wie folgt: Kolumbien 2 0 Kosovo 49 52 Zu 1: Von den Ausländerbehörden in Niedersach- sen wurden die in der nachfolgenden Übersicht Kroatien 5 0 aufgeführten ausreisepflichtigen Personen abge- Lettland 3 0 schoben: Libanon 13 2 Litauen 4 4 Nationalität Abschie- Abschiebungen Malaysia 1 0 bungen vom 01.01. bis Marokko 3 2 2009 31.03.2010 Mazedonien 4 1 Albanien 36 0 Moldau 6 1 Ägypten 1 0 Montenegro 4 2 Algerien 11 2 Niederlande 7 0 Angola 1 4 Nigeria 20 6 Armenien 21 5 Pakistan 2 0 Aserbaidschan 3 1 Polen 31 3 Belarus 5 2 Bosnien- Ruanda 1 0 Herzegowina 4 1 Rumänien 11 1 Brasilien 0 1 Russische Föde- ration 35 4 Bulgarien 2 0 Schweden 2 1 Burundi 1 0 Senegal 1 0 Chile 2 0 Serbien 26 2 China VR 6 1 Sierra Leone 3 2 Côte d'Ivoire 2 0 Simbabwe 3 0 Dänemark 3 0 Somalia 1 0 Domenikan. Rep. 1 0 Sri Lanka 2 0 Estland 2 0 Sudan 1 0 Frankreich 1 0 Syrien 9 1

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Tadschikistan 1 0 Kosovo 750 Euro für Erwachsene und Jugendli- che und 375 Euro für Kinder unter zwölf Jahren. Thailand 0 4 Für Angehörige der sogenannten kleinen Minder- Togo 2 0 heiten aus dem Kosovo (Ashkali, Ägypter, Gorani, Tschechische Torben, Türken, Bosniaken) stockt das Land Nie- Rep. 2 0 dersachsen die Starthilfe befristet bis 31. Dezem- Türkei 59 10 ber 2010 von 400 Euro um 350 Euro auf 750 Euro Tunesien 5 2 für Erwachsene und Jugendliche und von 200 Eu- ro um 175 Euro auf 375 Euro für Kinder unter zwölf Ukraine 3 2 Jahren auf. Damit sind in Niedersachsen alle Min- Vietnam 24 6 derheiten aus dem Kosovo gleichgestellt. Sonst. Staatsan- Personen, die aus Niedersachsen in den Kosovo gehörige (Rück- zurückkehren, werden darüber hinaus mit dem überst. gem. Dub- Projekt „URA - die Brücke 2“ weitere Sofort- und lin-VO in sonst. EG MS) 68 11 Reintegrationshilfen angeboten. Hierzu gehören neben einer umfassenden Sozialbetreuung z. B. gesamt 561 158 Hilfen bei der Wohnraumbeschaffung und Jobver- mittlung bzw. Existenzgründung. Im Rahmen die- Zu 2: Das Land Niedersachsen sieht es als seine ses Projektes können grundsätzlich alle Rückkeh- Aufgabe an, im Rahmen einer verantwortungsvol- rerinnen und Rückkehrer, unabhängig von der Art len Ausländerpolitik die freiwillige Rückkehr in das der Aufenthaltsbeendigung, unterstützt werden. Herkunftsland oder die Weiterwanderung in ein Der Zentrale Aufnahme- und Ausländerbehörde aufnahmebereites Drittland durch begleitende Niedersachsen (ZAAB NI) stehen zur Förderung Maßnahmen zu unterstützen. Hierzu gehört das der freiwilligen Rückkehr besondere Möglichkeiten gemeinsam vom Bund und den Bundesländern zur Verfügung. Anliegen ist es, gemeinsam mit den getragene REAG/GARP-Programm. Für mittellose dort untergebrachten Personen Zukunftsperspekti- Ausländerinnen und Ausländer aus Niedersachsen ven zu entwickeln. Bei Bedarf werden sie mit indi- werden bei freiwilliger Rückkehr die notwendigen viduellen Hilfen unterstützt, sofern diese nicht be- Reisekosten in voller Höhe übernommen und eine reits durch allgemeine Rückkehrprogramme abge- Reisebeihilfe gewährt, die für Erwachsene und deckt werden können. Eine besondere Bedeutung Jugendliche 200 Euro sowie für Kinder unter zwölf kommt hierbei dem Standort Bramsche zu, der dort Jahren 100 Euro beträgt. spezielle Maßnahmen zur beruflichen Weiterquali- Personen aus bestimmten Herkunftsstaaten kön- fikation anbietet. Diese Individualhilfen stehen nen darüber hinaus Starthilfen erhalten. Diese grundsätzlich auch dezentral untergebrachten, betragen für Staatsangehörige der Länder ausreisepflichtigen Personen zur Verfügung. - Ägypten, Äthiopien, Algerien, Bangladesch, Zu 3: In den Jahren 2009/2010 wurden die Ersu- China, Côte d’Ivoire, Eritrea, Ghana, Guinea, chen der Härtefallkommission für die in der nach- Indien, Jordanien, Libanon, Marokko, Nigeria, stehenden Übersicht aufgeführten Personen vom Pakistan, Sierra Leone, Somalia, Syrien und Ministerium für Inneres, Sport und Integration an- Vietnam 300 Euro für Erwachsene und Jugend- genommen: liche und 150 Euro für Kinder unter zwölf Jah- ren; Nationalität Anzahl der Personen - Armenien, Aserbaidschan, Bosnien-Herzego- Armenien 4 wina, Georgien, Iran, Kosovo (außer Angehöri- ge der Minderheiten der Serben und Roma), Kosovo 2 Mazedonien, Moldau (Republik), Montenegro, Libanon 1 Russische Föderation, Serbien, Türkei und Uk- raine 400 Euro für Erwachsene und Jugendliche Nigeria 1 und 200 Euro für Kinder unter zwölf Jahren; Russische Föderation 6 - Afghanistan und Irak sowie für Angehörige der Serbien 7 Minderheiten der Serben und Roma aus dem

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Syrien 21 Das Bundesverfassungsgericht hält in seinem Urteil eine Neuregelung ausdrücklich für möglich, Türkei 8 sofern hinreichend anspruchsvoll und normenklar Gesamt 50 die Voraussetzungen im Hinblick auf die Datensi- cherheit, die Anlässe und Zwecke der Datenver- wendung (d. h. Eingriffsschwellen), die Transpa- Anlage 37 renz (d. h. Erkennbarkeit für den Betroffenen) und den Rechtsschutz des Betroffenen festgelegt wer- Antwort den. Die Richtlinie 2006/24/EG, die die Anbieter des Justizministeriums auf die Frage 38 des Abg. von Telekommunikationsdiensten dazu verpflichtet, Hans-Christian Biallas (CDU) die in § 113 a TKG erfassten Daten für mindestens sechs Monate und höchstens zwei Jahre zu spei- Vorratsdatenspeicherung - Wie geht es wei- ter? chern und für die Verfolgung von schweren Strafta- ten bereitzuhalten, kann daher verfassungskon- Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorrats- datenspeicherung als solche in seinem Urteil form umgesetzt werden. vom 2. März 2010 nicht für verfassungswidrig Für den Bereich der Strafverfolgung hatte der - erklärt. Die Speicherung ist künftig aufgrund des Artikels 10 des Grundgesetzes nur unter insoweit für nichtig erklärte - § 100 g StPO vorge- strengen Anforderungen zulässig. sehen, dass die Vorratsdaten zur Verfolgung von Im zweiten Leitsatz des Urteils heißt es wört- Straftaten von erheblicher Bedeutung und zur Ver- lich: „Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgung von mittels Telekommunikation begange- verlangt, dass die gesetzliche Ausgestaltung nen Straftaten verwendet werden können. einer solchen Datenspeicherung dem besonde- ren Gewicht des mit der Speicherung verbun- Landesgesetzlich war in Niedersachsen bislang denen Grundrechtseingriffs angemessen Rech- nur für den Verfassungsschutz gemäß § 5 a Abs. 6 nung trägt. Erforderlich sind hinreichend an- des Niedersächsischen Verfassungsschutzgeset- spruchsvolle und normenklare Regelungen hin- sichtlich der Datensicherheit, der Datenverwen- zes der Zugriff auf die Vorratsdaten geregelt. Da- dung, der Transparenz und des Rechtsschut- nach konnten die Daten unter den Voraussetzun- zes.“ gen des § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschrän- Die Telekommunikationsfirmen waren bisher kung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis- dazu verpflichtet, aufgrund des § 113 a des Te- ses, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Ver- lekommunikationsgesetzes, mit dem die Richt- dacht bestehen, dass jemand eine der aufgeführ- linie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (ABl L 105 ten Straftaten plant, begeht oder begangen hat, vom 13. April 2006, S. 54) in deutsches Recht zur Erfüllung der Aufgaben des Verfassungsschut- umgesetzt worden ist, Daten von Telefon-, zes verwendet werden. Für die Gefahrenabwehr E-Mail- und Internetverbindungen aller Bürger durch die Polizei war im Niedersächsischen Ge- ohne konkreten Anlass sechs Monate lang zu speichern. setz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung - anders als im BKA-Gesetz - im Hinblick auf die Ich frage die Landesregierung: ausstehende Entscheidung des Bundesverfas- 1. Wie bewertet die Landesregierung das Urteil sungsgerichts keine Regelung für den Zugriff auf des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März die Daten getroffen worden. Genutzt werden könn- 2010? ten die Daten, um z. B. möglichst schnell die un- 2. In welchen Fällen ist die Aufklärung von terdrückte Rufnummer bei telefonisch eingehen- Straftaten nach dem Urteil des Bundesverfas- sungsgerichts nicht bzw. nur noch erschwert den Suizidankündigungen oder Amokandrohungen möglich? zu ermitteln. 3. Welche Maßnahmen ergreift die Landesre- Durch die Nichtigerklärung fallen die als Vorratsda- gierung, um die vorliegenden Sicherheitslücken ten gespeicherten Verbindungsdaten u. a. für den zu schließen? Bereich der Strafverfolgung zunächst ersatzlos Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom weg; für die polizeiliche Gefahrenabwehr war der 2. März 2010 die Vorschriften über die sogenannte Zugriff auf diese Daten ohnehin nicht gestattet. Für Vorratsdatenspeicherung in §§ 113 a und 113 b den niedersächsischen Verfassungsschutz läuft des Telekommunikationsgesetzes sowie die Ver- die bereits vorhandene Regelung für den Zugriff wendung der danach gespeicherten Daten zur auf die Vorratsdaten mit dem Urteilsspruch ins Strafverfolgung in § 100 g der Strafprozessord- Leere. nung für nichtig erklärt.

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Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündli- anbietern immer weniger Verkehrsdaten nach § 96 che Anfrage namens der Landesregierung wie TKG vorhanden. Auch bei der Verfolgung schwerer folgt: Straftaten kann bis zu einer gesetzlichen Neurege- lung nur noch auf die nach §§ 96 ff. TKG gespei- Zu 1: Das Bundesverfassungsgericht hat die Vor- cherten Verkehrsdaten zugegriffen werden. ratsdatenspeicherung nicht schlechthin für verfas- sungswidrig erklärt, sondern nur die konkrete Aus- Zu 3: Die Niedersächsische Landesregierung for- gestaltung der Regelungen. Das Bundesverfas- dert zur Umsetzung der EU-Richtlinie eine zügige sungsgericht lässt eine verfassungskonforme Re- Neuregelung zur sogenannten Vorratsdatenspei- gelung zu. Ein Zugriff auf Telefon-, Mobilfunk- und cherung im Rahmen der Vorgaben des Bundesver- Internetdaten wird z. B. zur Bekämpfung der Orga- fassungsgerichts. Es obliegt in erster Linie der nisierten Kriminalität und des Terrorismus sowie Bundesministerin der Justiz, einen entsprechen- bei der Verfolgung von sexuellem Missbrauch wie den Gesetzentwurf vorzulegen. Sobald die erfor- Kinderpornographie erforderlich sein. Die Vorga- derliche bundesgesetzliche Grundlage geschaffen ben des Bundesverfassungsgerichts sind vom wird, kann auch das Landesrecht angepasst wer- Gesetzgeber bei einer Neuregelung zu beachten. den. Zu 2: Mit dem Urteil des Bundesverfassungsge- richts zur Vorratsdatenspeicherung vom 2. März Anlage 38 2010 sind die Behörden bei ihren Ermittlungen bis auf Weiteres auf diejenigen Verbindungsdaten Antwort angewiesen, die die Telekommunikations- des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, diensteanbieter gemäß §§ 96 ff. TKG zu ihren Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die eigenen Zwecken speichern. Häufig werden diese Frage 39 der Abg. Martin Bäumer, Clemens Große zu Zwecken der Abrechnung gespeicherten Daten Macke und Karl-Heinrich Langspecht (CDU) allerdings in der Regel nur für ca. 30 Tage gespei- chert, sodass eine retrograde Abfrage bei den Begünstigt der Klimawandel die Verbreitung von Tierseuchen? Telekommunikationsdiensteanbietern nur sehr eingeschränkt möglich ist. Der jüngst in den Ruhestand versetzte Leiter des Veterinärinstituts Oldenburg, Herr Profes- Erschwert und im Einzelfall unmöglich gemacht sor Günter Thalmann, sieht neue Erreger auf wird die Aufklärung von Straftaten vor allem dann, die Landwirte und alle Betroffenen zukommen. Als Ursache für seine Befürchtung sieht der Vi- wenn bei den Unternehmen wegen der Abrech- rologe den Klimawandel. Weil in vielen Regio- nung über sogenannte Flatrates keine einzelnen nen der Welt die Temperaturen stiegen, könn- Verbindungsdaten gespeichert werden oder die ten sich dort auch Krankheiten ausbreiten, die Rufnummer eines eingehenden Anrufes ermittelt sonst nur in wärmeren Klimazonen vorkommen. werden soll. Auch die Daten, die für die Ermittlung Registriert wurde beispielsweise das West-Nil- der Inhaber von sogenannten dynamischen Fieber in Südeuropa und den USA. Auch die IP-Adressen erforderlich sind, werden von den Afrikanische Schweinepest breitet sich aus und hat mittlerweile Georgien, Armenien und Süd- Unternehmen häufig nicht gespeichert, sodass russland erreicht. Daneben ist auch noch die Verantwortliche im Internet nicht mehr ermittelt Afrikanische Pferdepest zu nennen, die bereits werden können. in Spanien und Portugal aufgetreten ist. Für die Zwecke der Verbrechensbekämpfung, Wir fragen die Landesregierung: insbesondere in den Bereichen des Terrorismus, 1. Inwieweit sieht die Landeregierung die der Organisierten Kriminalität, der Kinderpornogra- Verbreitung von Krankheiten in den Verände- rungen unseres Klimas begründet? phie, des Verbreitens pornografischer Schriften sowie in einer Vielzahl von Betrugsdelikten sind 2. Rückblickend auf die vergangenen fünf Jahre Verkehrsdaten oftmals die einzigen Ermittlungsan- sind in Niedersachsen nach Kenntnis der Lan- desregierung welche neuartigen anzeigepflich- sätze. Gerade bei konspirativ vorgehenden Täter- tigen Tierseuchen in welchem Ausmaß aufge- gruppen finden neue Informations- und Kommuni- treten? kationstechnologien breite Anwendung. 3. Welche Folgen können Ausbrüche neuartiger Durch den Wegfall der Vorratsdatenspeicherung Tierseuchen in Niedersachsen haben? ergeben sich für die Strafverfolgung somit Ein- Nach dem Grünbuch des Zukunftsforums Öffentli- schränkungen. Durch die vermehrte Nutzung von che Sicherheit macht sich der globale Klimawandel Flatrates sind bei den Telekommunikationsdienste- auch in Deutschland bemerkbar. Die Jahresmittel-

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temperatur stieg in den vergangenen 100 Jahren aussicht nach zum Ende des 21. Jahrhunderts um etwa 0,8 Grad Celsius. Der Erwärmungstrend kaum Unterschiede zu heute aufweisen. Aber es beschleunigte sich im Laufe der vergangenen wird wohl zu einer deutlichen Verschiebung des Jahrzehnte deutlich und hat sich nun mit 0,15 Grad Niederschlagszyklus kommen. Die Sommernieder- Celsius je Dekade verdoppelt. Betrachtet man schläge werden je nach Projektion um 15 bis 40 % einzelne Regionen und Jahreszeiten, zeigt sich vor abnehmen. Gleichzeitig wird es im Winter mehr allem im Westen Deutschlands, dass die Nieder- regnen. schläge insbesondere im Winter erheblich zuge- Zur regionalen Wirkung des Klimawandels wird nommen haben. Im Osten hingegen nahmen die nach dem Grünbuch für die Küstenregionen von sommerlichen Regenfälle ab. Extreme Wetterer- Nord- und Ostsee bis zum Ende des 21. Jahrhun- eignisse, wie Hitzeperioden und Starkniederschlä- derts ein vergleichsweise geringer Temperaturan- ge, treten länger, häufiger und intensiver auf. Die- stieg erwartet. Ursachen dafür sind die Nähe zum ser Trend wird sich fortsetzen. Meer und das relativ ausgeglichene, gemäßigte Das Umweltbundesamt, der Deutsche Wetter- Küstenklima. Allerdings soll sich die Häufigkeit dienst (DWD) und verschiedene Klimaforschungs- sogenannter Temperaturkenntage zum Teil deut- institute haben in den vergangenen Jahren ihre lich verändern. Temperaturkenntage sind Eistage, Ergebnisse regionaler Klimamodelle veröffentlicht. Frosttage, Sommertage oder Tropennächte. Für Sie basieren allesamt auf globalen Klimamodellen die Nordseeküste und das nordwestdeutsche Tief- und ermitteln denkbare Klimaänderungen in land berechnen die Modelle eine überdurchschnitt- Deutschland bis zum Jahr 2100. Beim Vergleich liche Zunahme an Niederschlägen im Winter. des möglichen Klimas der Jahre 2071 bis 2100 mit dem Zeitraum 1961 bis 1990 zeigen die Klimamo- Die zentralen Mittelgebirge und der Harz werden, delle, dass so die regionalen Projektionen, das im Vergleich zu anderen Teilen Deutschlands kühlere Klima - die Temperaturen in Deutschland um 1,5 bis beibehalten. Die Anzahl der Frosttage ändert sich 3,7 Grad Celsius in diesem Zeitraum steigen in dieser Region weniger stark als in tiefer gelege- könnten, allerdings regional und jahreszeitlich un- nen Gebieten. Dagegen wird sich die Anzahl der terschiedlich, Sommertage gebietsweise mehr als verdoppeln. - es weniger Frosttage, dafür mehr heiße Tage Das Niederschlagsniveau in diesen Regionen ist und mehr Tropennächte geben wird, schon heute hoch. Die Experten des DWD rechnen mit einer überdurchschnittlichen Abnahme der - Anzahl und Dauer von Hitzewellen zunehmen sommerlichen Niederschläge im Harz und im werden, Harzvorland. Die Winterniederschläge hingegen werden überdurchschnittlich steigen. - sich die sommerlichen Niederschläge durch- Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine schnittlich um 30 % verringern Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: - und gleichzeitig die Häufigkeit von Starknieder- Zu 1: Eine Reihe von Infektionskrankheiten, insbe- schlägen zunimmt, sondere durch Vektoren übertragene Erkrankun- gen, wird in besonderem Maße durch klimatische - Gletscher und Schneebedeckung in den Alpen Bedingungen beeinflusst. Die wichtigsten aktiven weiter zurückgehen werden und Vektoren (Überträger von Krankheitserregern) sind Insekten (Gnitzen, Kriebelmücken, Sandmücken, - der Meeresspiegel um 60 bis 80 cm steigen Stechmücken, Kleiderläuse, Flöhe, etc.), Spinnen- könnte. tiere (insbesondere Zecken) und Nagetiere (Ratten Der DWD hat vier regionale Klimamodelle mitein- und Mäuse). Im Zuge des Klimawandels werden ander abgeglichen und kommt zu folgenden Er- sich Vektorhabitate und -populationsgrößen ver- gebnissen: ändern. Auch die Befähigung von Vektoren zur Übertragung von Infektionen (Vektorkompetenz) Die Experten gehen von einer Erhöhung der Jah- kann sich klimabedingt verändern. So können resmitteltemperatur um 1 bis 2,25 Grad Celsius bis heimische Vektoren die Fähigkeit erlangen, einge- zum Jahr 2050 aus. Betrachtet man das ganze schleppte Infektionen zu verbreiten oder kompe- 21. Jahrhundert, könnte die Temperatur mögli- tente Vektoren für exotische Infektionen einwan- cherweise sogar um 2 bis 4 Grad Celsius steigen. dern bzw. eingeschleppt werden. Die jährliche Niederschlagssumme wird aller Vor-

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Infektionserreger und Vektoren werden durch Ver- Da seit Ende Mai 2008 in Niedersachsen gegen änderungen von Temperatur, Luft- und Boden- den Serotyp 8 geimpft wird, wurden seither we- feuchtigkeit, Windverhältnissen und Umweltbedin- sentlich weniger Ausbrüche verzeichnet. gungen, wie die Ausweitung oder Reduzierung von Anzahl Fälle von Blauzungenkrankheit in Nieder- Wäldern und die Ausbreitung von Wüsten und sachsen: Trockensteppen, beeinflusst. So ist vorauszuse- hen, dass der Klimawandel und sich änderndes 2006: 21 Wettergeschehen sowohl das Vorkommen über Längen- und Breitengrade als auch die Saisonali- 2007: ca. 3000 tät und Intensität vieler Vektoren und Erreger stark begünstigen wird. Es ist davon auszugehen, dass 2008: ca. 3500 die Übertragung vieler Krankheiten unter dem Ein- fluss des Klimawandels intensiviert wird. 2009: 10 Weitere Gründe für das erstmalige oder erneute 2010: bisher 0 Auftreten von Vektorenkrankheiten sind starke Veränderungen in der Umwelt. Zu nennen sind vor Am 24. Oktober 2008 wurde in den Niederlanden, allem Verstädterung, Flüchtlingsströme und große Region Overijssel, in vier Rinder haltenden Betrie- Wiederansiedlungen sowie eine drastisch erhöhte ben an der Grenze zu Niedersachsen und Nord- Mobilität durch Flugreisen. Von immenser Bedeu- rhein-Westfalen ein neuer Virustyp der Blauzun- tung ist die Globalisierung von Handelsströmen; genkrankheit festgestellt. Hierbei handelte es sich insbesondere der Tierverkehr und der Handel mit um den Serotyp 6, der bisher nur in Südafrika und tierischen Erzeugnissen werden als Risiko für die Zentralamerika vorkam. Der Serotyp 6 konnte sich Verbreitung von Infektionserregern und Vektoren allerdings nicht so stark ausbreiten wie der Sero- angesehen. typ 8, und das Seuchengeschehen kam im Winter 2008/2009 zum Erliegen. Zu 2: Als einzige neuartige anzeigepflichtige Tier- seuche ist in Niedersachsen die Blauzungen- Zu 3: Die Liste der World Organisation for Animal krankheit aufgetreten. Sie ist für den Menschen Health (OIE) mit meldepflichtigen Tierseuchen ungefährlich. Es handelt sich hierbei um eine Infek- enthält zahlreiche Seuchen, die das Potenzial für tionserkrankung bei Wiederkäuern, welche durch eine rasche internationale Ausbreitung sowie ge- das Bluetongue-Virus (BTV), einen Orbivirus aus wichtige ökonomische oder gesundheitspolitische der Familie der Reoviren, verursacht wird. 24 Sero- Folgen haben. Dazu gehören Maul- und Klauen- typen des BTV sind bekannt. Namengebend für seuche, Vesikuläre Schweinekrankheit, Pest der die Krankheit ist ein seltenes Symptom bei er- kleinen Wiederkäuer, Lumpy-skin-Krankheit, Blau- krankten Tieren, bei denen die Zunge infolge von zungenkrankheit, Afrikanische Pferdepest, Klassi- Atemnot und Einblutungen blau anschwellen kann. sche Schweinepest, Stomatitis vesicularis, Rinder- Insbesondere bei Schafen kommt es häufig zu pest, Lungenseuche der Rinder, Rifttal-Fieber, Todesfällen. Das Virus wird von blutsaugenden Pockenseuche der Schafe und Ziegen, Afrikani- Mückenarten (Culicoides spp.) aus der Familie der sche Schweinepest und Geflügelpest. Gnitzen (Ceratopogonidae) von Tier zu Tier über- Von einer Klimabeeinflussung ist u. a. bei der Afri- tragen und auf diesem Weg schnell verbreitet. Die kanischen Pferdepest, dem Rifttal-Fieber, der Afri- Ausbreitung der Krankheit ist temperaturabhängig kanischen Schweinepest, West-Nil-Fieber und der und findet überwiegend in den Sommermonaten Pest der kleinen Wiederkäuer auszugehen. statt. Bei Rifttal-Fieber und West-Nil-Fieber handelt es Seit August 2006 wurden in den Niederlanden, sich um Zoonosen, d. h. dass auch der Mensch Belgien und Frankreich sowie in Nordrhein- daran erkranken kann. Zu den ökonomischen Fol- Westfalen und Anfang November auch in Nieder- gen durch Handelsbarrieren für Tiere und Waren sachsen Fälle von Blauzungenkrankheit bei Wie- kommt somit auch eine Gefährdung für den Men- derkäuern festgestellt. Der nachgewiesene Sero- schen hinzu. typ 8 trat bis dahin noch nie in Europa auf und wurde letztmalig südlich der Sahara festgestellt. Im Das Auftreten der aufgeführten Tierseuchen führt Jahr 2007 breitete sich die Erkrankung fast über insbesondere im Fall der Afrikanischen Schweine- ganz Niedersachsen aus. Nur wenige Gebiete im pest, der Afrikanischen Pferdepest und der Pest Norden und Osten des Landes blieben verschont. der kleinen Wiederkäuer zu massiven Krankheits-

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symptomen und hohen Sterblichkeitsraten in den mit den Betroffenen gesetzt. Nach Auffassung entsprechenden Tierpopulationen. In allen Fällen von Umweltminister Sander ist der Vertragsna- turschutz ein wesentlicher Bestandteil bei der kämen auf Niedersachsen weitreichende ökonomi- Umsetzung des europäischen ökologischen sche Folgen sowohl durch die Bekämpfung und Netzes Natura 2000 sowie beim Erhalt der bio- insbesondere durch Restriktionen in Bezug auf logischen Vielfalt. Eine ausgewogene Vertei- den Handel mit Tieren und deren Erzeugnissen als lung der Aufgaben betrachtet er als Grundlage des Handelns. Es solle immer das mildeste ge- auch durch den Ausschluss an Veranstaltungen eignete Mittel zur Verwirklichung der natur- zu. Die Höhe der ökonomischen Schäden ist dabei schutzfachlichen Ziele angewandt werden. Da- nicht vorauszusehen. bei sei das Kooperationsprogramm Naturschutz als zentraler Teil des Vertragsnaturschutzes in Die Erfahrungen aus dem Auftreten der Blauzun- Niedersachsen ein wichtiger Beitrag zur Um- gekrankheit seit dem Jahr 2006 geben Anhalts- setzung. punkte. Durch die von der EU vorgeschriebene Wir fragen die Landesregierung:

Einrichtung weiträumiger Restriktionszonen waren 1. Wie hat sich der Vertragsnaturschutz in Nie- betroffene Betriebe grundsätzlich vom Handel mit dersachsen in der laufenden Förderperiode ab Tieren sowie Sperma, Eizellen und Embryonen 2007 entwickelt? ausgeschlossen. Durch Einsatz von Repellentien 2. Welche Strategien verfolgt die Landesregie- und Laboruntersuchungen auf das Freisein von rung, um das freiwillige Instrument des Ver- Blauzungenkrankheit waren Ausnahmen vom tragsnaturschutzes in Niedersachsen, auch vor Handelsverbot möglich. Des Weiteren kam es in dem Hintergrund der steigenden Nutzungskon- kurrenzen auf den Flächen, weiterhin attraktiv betroffenen Betrieben zu Todesfällen und zum Teil zu gestalten? erheblichen Krankheitserscheinungen in den Her- 3. Wie ist nach Ansicht der Landeregierung der den sowie klinischen Folgeerscheinungen in Form Naturschutz zukünftig auszurichten und zu ge- von Aborten, Sterilitäten bei Deckbullen und ver- stalten, um den ökologischen und ökonomi- minderter Milchleistung. Die Aufwendungen der schen Anforderungen langfristig Rechnung tra- Landwirtschaft für tierärztliche Behandlungen und gen zu können? Arzneimittel stiegen dadurch deutlich an. Auf die Das wichtigste Merkmal der Naturschutzpolitik der Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Landesregierung ist, dass der Naturschutz mit und Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und für den Menschen betrieben werden soll. Unver- Landesentwicklung zu Frage 3 der Kleine Anfrage zichtbare Partner sind dabei die Nutzer von Natur Nr. 4 zur mündlichen Beantwortung des Abgeord- und Landschaft. Ein ganz entscheidender Baustein neten Jan-Christoph Oetjen (FDP) (Niedersächsi- ist die Freiwilligkeit des Handelns und somit ein scher Landtag, 16. Wahlperiode, Drs. 16/2160) weitgehender Verzicht auf hoheitliche Nutzungs- wird in diesem Zusammenhang hingewiesen. beschränkungen. Die Möglichkeit das Kooperati- Zu erwähnen sei hier auch, dass neben diesen onsprogramm Naturschutz als wesentlichen Teil wirtschaftlichen Folgen gerade beim Auftreten der des Vertragsnaturschutzes in Anspruch zu neh- Pferdeseuchen weitreichende emotionale Reaktio- men, ist daher ein Angebot des Landes ohne jegli- nen in der Gesellschaft zu erwarten sind. che Verbindlichkeit und damit Verpflichtung. Die Bewirtschafter entscheiden selbst, ob sie die na- turschonenden Bewirtschaftungsmaßnahmen auf Anlage 39 sich nehmen wollen. Antwort Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf die Frage 40 der Abg. Martin Bäumer, Clemens Gro- Zu 1: Das Kooperationsprogramm Naturschutz ist ße Macke, Karl-Heinrich Langspecht (CDU) Bestandteil des von der EU mitfinanzierten Pro- gramms zur Förderung im ländlichen Raum für Partnerschaftlicher Naturschutz - Weiterhin Niedersachsen und Bremen (PROFIL). Für diesen das Zukunftsmodell? wichtigsten Teil des Vertragsnaturschutzes in Nie- Erholungsuchende, Sportler, Landwirte, Wald- dersachsen konnten bereits zu Beginn der von besitzer, Fischer und Jäger haben grundsätz- lich ein ureigenes Interesse an einer nachhalti- 2007 bis 2013 laufenden EU-Förderperiode ca. gen Nutzung der Natur. Um die biologische 430 Vereinbarungen mit Bewirtschaftern für eine Vielfalt in unserem Land zu erhalten, hat die Vertragsfläche von ca. 11 000 ha und eine Laufzeit Landesregierung daher bisher auf eine freiwilli- von fünf Jahren abgeschlossen werden, obwohl ge Beteiligung und die gemeinsame Umsetzung zur Umsetzung nur eine geringe Vorlaufzeit ohne

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bereits vorhandene EU-Programmgenehmigung EU-Mitteln in die Förderung sehr umfangreich ist, zur Verfügung stand. Zusammen mit den bereits auf ein vertretbares Maß, bestehenden Verträgen aus der vorangegangenen - die weitere Stärkung der Verzahnung der aus EU-Förderperiode betrug das Volumen des Ver- verschiedenen Bereichen erfolgenden Förderung tragsnaturschutzes im Jahre 2007, also zu Beginn von Agrarumweltverpflichtungen, der jetzigen PROFIL-Förderperiode, insgesamt ca. 27 375 ha. Dadurch konnten rund 5,5 Millionen - eine weitere Verbesserung der Anpassungsmög- Euro im Rahmen von freiwilligen Vereinbarungen lichkeiten an regionalspezifische Besonderheiten in den ländlichen Raum fließen. In den Folgejahren nach Standort, Naturausstattung und Struktur gelang es, die Zahl der Vertragsabschlüsse konti- des jeweiligen landwirtschaftlichen Betriebes und nuierlich weiter auszubauen. - die Reduzierung der Laufzeit der Vereinbarungen Zum 1. Januar 2010 nahmen nunmehr ca. 1 600 auf weniger als fünf Jahre, wo dies naturschutz- Bewirtschafter am Kooperationsprogramm Natur- fachlich sinnvoll ist. schutz teil. Sie stellen ungefähr 40 500 ha freiwillig Zu 3: Die durch Naturschutzgesetze vorgegebenen vereinbarte landwirtschaftliche Fläche für den Na- Ziele des Naturschutzes in Niedersachsen sind die turschutz zur Verfügung. In drei Jahren ist also ein nachhaltige Sicherung Flächenzuwachs von 48 % zu verzeichnen. Dies hat dazu geführt, dass - nach der unter Berück- - der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, sichtigung der aktuellen Marktpreise ab 2009 er- - der Nutzbarkeit der Naturgüter, folgten Prämienanpassung - zum nächsten Aus- zahlungstermin am 15. Februar 2011 voraussicht- - der Pflanzen- und Tierwelt sowie lich 10,2 Millionen Euro ausgezahlt werden. - der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur Zu 2: Entscheidend für den Erfolg des freiwilligen und Landschaft Instruments Vertragsnaturschutz ist einerseits die als Lebensgrundlagen des Menschen und als Vor- weitere Verbesserung der Einsicht bei den betrof- aussetzung für seine Erholung in Natur und Land- fenen Grundeigentümern und Bewirtschaftern, schaft. Naturschutz kann auch künftig nur erfolg- aufgrund eigener Entscheidung selbst ganz erheb- reich sein, wenn er diese Vorgaben in angemes- lich zur Erhaltung der heimischen biologischen sener Weise berücksichtigt und einen Ausgleich Vielfalt beitragen zu können. Andererseits müssen zwischen den Interessen schafft. Die Weichen sind die angebotenen Rahmenbedingungen überzeu- dafür gestellt, nicht nur durch den angesprochenen gen und entsprechend attraktiv gestaltet sein. Einsatz des jeweils mildesten Mittels zur Sicherung Hierzu zählen aus Sicht der Landesregierung ins- von naturschutzrelevanten Gebieten, sondern besondere auch durch einen flexiblen Einsatz der Ressour- cen. Da das Land die Naturschutzaufgaben nicht - eine angemessene leistungsgerechte Höhe der alleine bewältigen kann, sucht es sich für geeigne- Vergütung sowohl der unmittelbaren Bewirtschaf- te Aufgaben kompetente Partner, wie es z. B. am tungsleistungen als auch der bisher allein nur in Dümmer und am Steinhuder Meer in diesem Jahr Niedersachsen abgegoltenen sogenannten erfolgt ist. Andererseits organisiert das Land zu- Transaktionskosten, damit sich der Vertragsna- sammen mit den unteren Naturschutzbehörden die turschutz noch stärker als bisher zu einem inte- Aufgaben mit eigenem Personal und Mitteln in ressanten Betriebszweig entwickeln kann, Fällen, in denen eher staatliches Handeln ange- - eine Möglichkeit zur Anpassung marktorientierter zeigt ist. Prämien ohne sehr zeitaufwändige Beteiligung Der Mix der handelnden Akteure und die Flexibilität der EU-Kommission, um zeitnah auf die sich im- des Einsatzes der Ressourcen gewährleisten, dass mer rascher verändernde jeweilige Marktsituation der Naturschutz auf der ganzen Fläche reagieren zu können, - alle Nutzungen berücksichtigen, d. h. einen nut- - die Verlässlichkeit des Handelns auf der Grund- zungsintegrierten Naturschutz betreiben, lage einer ausreichenden Finanzausstattung und damit Planbarkeit für die landwirtschaftlichen Be- - Vorrangflächen des Naturschutzes festlegen und triebe, - gefährdete Arten verstärkt schützen - die Beschränkung des bürokratischen Aufwan- kann. des, der insbesondere bei der Einbeziehung von

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Alle drei Strategien sind notwendig, keine kann die sen 623 Lehrkräften wurden 186 an derselben andere ersetzen, keine ist überholt. Nutzungsinte- Schule eingestellt, an der sie zuvor als Vertre- tungslehrkraft entlassen wurden. grierter Naturschutz außerhalb der Schutzgebiete und schutzwürdiger Bereiche entspricht dem Vor- Besonders in Hinblick auf den demografischen Wandel und die zu erwartende Pensionierung sorgeprinzip im Natur- und Umweltschutz und ist einer Großzahl der Lehrkräfte muss nach Ein- der notwendige Weg zur partnerschaftlichen Zu- schätzung von Experten mit den Bewerberin- sammenarbeit zwischen Naturnutzern und dem nen und Bewerbern um eine Lehrerstelle in Naturschutz. Niedersachsen, die nicht sofort eine Planstelle angeboten bekommen können, sorgsam umge- Von zentraler Bedeutung ist die Kooperation in- gangen werden. Andernfalls könnten die Be- nerhalb des Naturschutzes sowie mit Nutzern von werberinnen und Bewerber in andere Bundes- länder oder andere Berufsfelder abwandern. Natur und Landschaft, um zu einer gleichgewichti- gen Vertretung der Naturschutzziele im Vergleich Ich frage die Landesregierung: zu anderen Ansprüchen an Natur und Landschaft 1. Wie viele Lehrkräfte wurden im Schuljahr zu gelangen. 2008/2009 und 2009/2010 mit befristeten Ver- trägen an staatlichen niedersächsischen Schu- len eingestellt, und bei wie vielen von ihnen lief der Anstellungsvertrag zum Ende des Schuljah- Anlage 40 res 2008/2009 aus bzw. wird zum Ende des Schuljahres 2009/2010 auslaufen? Antwort 2. Wie häufig und für wie lange hatten diese des Kultusministeriums auf die Frage 41 der Abg. Lehrkräfte bereits zuvor Angestelltenverträge Ina Korter (GRÜNE) oder Feuerwehrstellen in welchen Fächern?

„Hire and Fire“ bei niedersächsischen Leh- 3. Wie viele von den zum Beginn der Sommer- rerinnen und Lehrern? ferien 2009 in die Arbeitslosigkeit entlassenen Lehrkräften wurden nach Ende der Sommerfe- Die in einigen Teilen der Wirtschaft gängige rien 2009 an derselben Schule wieder einge- Praxis, saisonbedingt zu kündigen, wird auch stellt? bei der Beschäftigung von Vertretungslehrkräf- ten seit Jahren angewandt. So wurden zum Es ist zentrales Ziel der Landesregierung, die Un- Ende des Schuljahres 2007/2008 1 385 Vertre- terrichtsversorgung für alle Schulen unseres Flä- tungslehrkräfte in Niedersachsen zu den Som- chenlandes optimal zu sichern. Wie in den vergan- merferien in die Arbeitslosigkeit entlassen. Die Kosten, die Niedersachsen damit einsparen genen drei Jahren wurden auch im Jahr 2009 möchte, gehen zu weiten Teilen zulasten der mehr Lehrkräfte unbefristet in den niedersächsi- Arbeitslosenversicherung, den Schaden haben schen Schuldienst eingestellt, als ausgeschieden in jedem Fall die betroffenen Lehrerinnen und sind. Junge Berufsanfängerinnen und Berufsan- Lehrer. Nicht inbegriffen in dieser Kostenrech- nung sind der Attraktivitäts- und Imageverlust fänger, die regional mobil sind und ihre Einsatzbe- des Lehrerberufs, der pädagogisch Interessier- reitschaft nicht auf eine Schulform begrenzen, te abschrecken könnte, diesen Beruf zu ergrei- haben insbesondere bei guten Bewerbernoten fen. Ebenso wenig berücksichtigt ist der volks- derzeit sehr gute Einstellungschancen und können wirtschaftliche Schaden, der dadurch entsteht, dass qualifizierte junge Lehrkräfte an den Uni- oftmals zwischen verschiedenen Angeboten wäh- versitäten über Jahre hinweg ausgebildet wer- len. Durch insgesamt 869 Einstellungen zum 1. Fe- den, dann aber, weil ihnen keine ausreichende bruar 2010 konnte für den Durchschnitt aller all- Berufsperspektive geboten wird, in andere Be- gemeinbildenden Schulen im Land Niedersachsen rufe abwandern, während gleichzeitig Lehrerin- nen und Lehrer fehlen und dieses Fehl noch wiederum eine Versorgung von über 100 % er- ansteigen wird. reicht werden. Zum 2. August 2010 wurden im April bereits 1 137 Einstellungsmöglichkeiten für Die Landesregierung hat in der 7. Plenarsitzung am 9. Mai 2008 bereits zu einer von mir zum unbefristete Stellen bekannt gegeben; weitere gleichen Problem vorgelegten Anfrage Stellung Stellenausschreibungen werden folgen. genommen. Auch in der Drs. 16/637 vom 3. September 2008 ist im Rahmen meiner zwei- Ziel ist es, die Unterrichtsversorgung der einzelnen ten Anfrage zu dieser Thematik auf die Einstel- Schulen zum Beginn eines jeden Schuljahres so- lungspraxis bei den Lehrkräften eingegangen wie Schulhalbjahres mit den nach Abschluss des worden. Dort heißt es auf die Frage nach den „Hire-and-Fire“-Zahlen in Niedersachsen, dass Einstellungsverfahrens vorhandenen unbefristet von den 1 385 Lehrkräften, deren Vertretungs- beschäftigten Lehrkräften vollständig sicherzustel- verträge zum Ende des Schuljahres 2007/2008 len. Vertretungslehrkräfte mit befristeten Verträ- ausliefen, 623 (45 %) zum neuen Schuljahr ei- gen, sogenannte Feuerwehrlehrkräfte, dürfen zu ne unbefristete Einstellung erhielten. Von die- Beginn des Schuljahres nur in Ausnahmefällen

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eingesetzt werden, wenn davon auszugehen ist, an dieser Schule bereits erteiltem Unterricht. Durch dass die zu vertretende Lehrkraft im Laufe des die Annahme von Vertretungsverträgen erhöhen Schulhalbjahres den Unterricht wieder aufnimmt. Lehrkräfte somit ihre Einstellungschancen. Nur wenige Lehrkräfte sind mehrere Jahre als Vertre- Unvorhergesehene Ausfälle von Lehrkräften auf- tungslehrkräfte tätig. Die Mehrzahl der Vertre- grund von Erkrankungen u. Ä. sowie Abwesenhei- tungslehrkräfte wurde nach wenigen Verträgen ten beispielsweise durch Mutterschutzzeiten wer- durch erfolgreiche Teilnahme am Auswahlverfah- den jedoch immer wieder auftreten. Sie kommen in ren unbefristet eingestellt. Schulen zwar nicht häufiger vor als in anderen Bereichen, sie wirken sich aber unmittelbarer aus. Niedersachsen hat als besonderes Angebot die Aufgabe der Schulen ist es, geeignete Vertre- Möglichkeit geschaffen, Lehrkräfte, die für die tungskonzepte zu entwickeln. Da die Ausfälle nicht Dauer von mindestens zwei Jahren nach dem gleichmäßig verteilt über alle Schulen auftreten, Vorbereitungsdienst mit mindestens der Hälfte der verfolgt Niedersachsen das Prinzip, gezielt den Regelstundenzahl als befristet beschäftigte Vertre- Schulen mit dem dringendsten Bedarf zu helfen tungslehrkräfte tätig gewesen sind, in Anerken- und bei längeren und umfangreicheren Ausfällen nung ihrer Einsatzbereitschaft an der Wunsch- für die Dauer der konkreten Vertretungsfälle Lehr- schulform in das Beamtenverhältnis zu überneh- kräfte einzustellen. Durch die Einstellung nur für men. In jedem Einstellungsverfahren werden für die Dauer des konkreten Vertretungsfalles können diesen Zweck je nach Bedarf rund 2 % der Einstel- deutlich mehr und insbesondere die dringenden lungsmöglichkeiten verwendet. Bedarfsfälle mit einem großen prozentualen Fehl Fluktuationsbewegungen zwischen den Bundes- abgedeckt werden. ländern sind selbstverständlich. Bei der Entschei- Nach § 14 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsge- dung über die Annahme eines Stellenangebots setzes (TzBfG) ist die Befristung eines Arbeitsver- sind regionale und persönliche Bindungen die mit- trages nur zulässig, wenn der Bedarf an der Ar- bestimmenden Faktoren. Die Wanderbewegungen beitsleistung (Unterrichtserteilung) nur vorüberge- in und aus anderen Ländern halten sich traditionell hend besteht und der Arbeitnehmer zur Vertretung etwa die Waage. Alle Statistiken belegen, dass eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Ein Niedersachsen als Einstellungsland interessant ist. Vertretungsbedarf in diesem Sinne ist insbesonde- Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der re bei längerfristigen Erkrankungen, Mutterschutz- Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie zeiten, Elternzeit für Väter und Sanatoriumsaufent- folgt: halten gegeben. Nimmt die zu vertretende Lehr- kraft den Dienst wieder auf, so entfällt der Befris- Zu 1: Im Laufe des Schuljahres 2008/2009 wurden tungsgrund, und der Arbeitsvertrag ist zu beenden. 1 904 Vertretungsverträge abgeschlossen, von denen 1 134 am Ende des Schuljahres 2008/2009 Bei den Personalplanungen zum neuen Schuljahr ausliefen. 1 838 Vertretungsverträge wurden bis- wird davon ausgegangen, dass vorübergehend her im Laufe des Schuljahres 2009/2010 abge- abwesende Lehrkräfte spätestens nach den Som- schlossen. Zum jetzigen Zeitpunkt (Stand 22. April merferien den Unterricht wieder aufnehmen und 2010) sind 933 Vertretungsverträge abgeschlos- daher kein Vertretungsbedarf mehr besteht. Sofern sen, die längstens bis zum Schuljahresende die Lehrkraft weiterhin nicht unterrichten kann, sind 2009/2010 laufen werden. zwecks Sicherstellung der Unterrichtskontinuität und damit auch der Unterrichtsqualität langfristige Zu 2: Die Anzahl und die Gesamtdauer der Vertre- Personalmaßnahmen, d. h. unbefristete Einstel- tungsverträge und die Fächer der Lehrkräfte sind * lungen, Versetzungen oder Abordnungen, zu er- der Anlage zu entnehmen. greifen. Zu 3: Eine Praxis, Lehrerinnen und Lehrer über die Vor dem Hintergrund der dargestellten Regelun- Sommerferien in die Arbeitslosigkeit zu schicken, gen lässt sich von „Hire und Fire“ bei niedersächsi- gibt es in Niedersachsen nicht. Die Lehrkräfte, schen Lehrerinnen und Lehrern nicht reden. deren Vertrag am Ende eines Schuljahres ausläuft,

Sowohl bei der Auswahl für eine unbefristete Ein- * stellung als auch für Vertretungsverträge ist vor- Die in der Antwort auf Frage 41 enthaltene Anlage kann auf- handene Unterrichtserfahrung neben der Bewer- grund des Umfangs nicht in gedruckter Form dem Stenografi- bernote ein wesentliches Auswahlkriterium. Ein schen Bericht angehängt werden. Die Anlage wird in elektroni- scher Form im Internet und Intranet zur Verfügung gestellt. Sie weiteres wichtiges Kriterium ist die Fortführung von ist über einen gesonderten Link aufzurufen.

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können in der Regel an der jeweiligen Schule nicht griffs mit panzerbrechenden Waffen nachge- weiterbeschäftigt werden, da die Lehrkräfte, die sie wiesen? vertreten haben, zum Beginn des neuen Schuljah- 2. Welche Anforderungen hat die Landesregie- res wieder ihre Arbeit aufnehmen oder die Vertre- rung an die Betreiber der niedersächsischen Atomanlagen im Zusammenhang mit dem tung mit langfristigen Personalmaßnahmen gere- Nachweis gerichtet, dass ihre Anlagen dem ge- gelt wird. Wenn Vertretungslehrkräfte nach den zielten Absturz eines Airbus A 380 oder einem Ferien wieder an derselben Schule einen Vertre- Angriff mit panzerbrechenden Waffen standhal- tungsvertrag erhalten, dann nur für den Fall, dass ten? kurzfristig zum Unterrichtsbeginn nach Ferienende 3. Auf welche juristischen Meinungen (z. B. der Ausfall einer Lehrkraft bekannt wird. Zu Beginn Rechtsgutachten) stützt sich die Landesregie- des Schuljahres 2009/2010 wurden 29 Verträge rung bei ihrer Einschätzung, in welchem Aus- maß die Betreiber von Atomanlagen den Nach- mit Lehrkräften abgeschlossen, die bereits vor den weis der Terrorsicherheit ihrer Anlagen zu er- Sommerferien Vertretungsverträge an derselben bringen haben? Schule hatten. Die Antwort bezieht sich ausschließlich auf die in der Anfrage aufgeführten Anlagen, für die das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Anlage 41 Klimaschutz (MU) für die Durchführung der atom- rechtlichen Genehmigungs- bzw. Aufsichtsverfah- Antwort ren zuständig ist. Zu den Kernkraftwerken Brok- des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf dorf, Brunsbüttel und Krümmel wären die Fragen die Frage 42 der Abg. Dr. Gabriele Heinen-Kljajić, an die zuständige schleswig-holsteinische Landes- Ursula Helmhold, Miriam Staudte, Ina Korter und regierung zu richten. Zu dem Transportbehälterla- Stefan Wenzel (GRÜNE) ger Gorleben und zu den Standortzwischenlagern für abgebrannte Brennelemente bei den Kern- Sicherheitsnachweise für atomare Anlagen kraftwerken Unterweser, Grohnde und Emsland bei Terrorangriffen ausreichend? wären die sich auf die Nachweise in atomrechtli- Das OVG Lüneburg hat kürzlich im Zusam- chen Genehmigungsverfahren richtenden Fragen menhang mit einer Klage von zwei Landwirten an das zuständige Bundesamt für Strahlenschutz gegen das Zwischenlager für hoch radioaktive abgebrannte Brennelemente am Standort des (BfS) zu richten. Das in der Anfrage bezeichnete Atomkraftwerkes Esenshamm ein Gutachten Zwischenlager für hoch radioaktive abgebrannte gefordert, das auch für den Fall eines gezielten Brennelemente in Stade existiert nicht; hierzu ent- Absturzes eines Airbus A 380 die Terrorsicher- fällt die Beantwortung. heit der Anlage nachweist und die Gefahr einer unkontrollierten Kernschmelze oder Freisetzung Der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen von radioaktiven Stoffen ausschließt. oder sonstige Einwirkungen Dritter ist bei den in Die gleichen Anforderungen, die für ein Zwi- der Anfrage aufgeführten Anlagen, für die das MU schenlager zu stellen sind, müssen nach Ein- für die Durchführung der atomrechtlichen Geneh- schätzung von Experten auch für alle anderen Atomanlagen in Niedersachsen und an den migungs- und Aufsichtsverfahren zuständig ist, Landesgrenzen gelten. also die Kernkraftwerke Unterweser, Grohnde und Emsland, gewährleistet. Die notwendigen Rege- Das Kalkar-Urteil des Bundesverfassungsge- lungen sind in den atomrechtlichen Genehmigun- richts lässt in Bezug auf die Sicherheit von Atomanlagen nach dem Urteil von Fachleuten gen getroffen worden und werden laufend dem keine Sicherheitsrabatte zu. Seit dem Anschlag neuesten Erkenntnisstand angepasst. auf das World-Trade-Center müssten eigentlich alle Atomanlagen so ausgestattet worden sein, Gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkun- dass sie jedem nur denkbaren Angriff standhal- gen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 des Atomge- ten. setzes (SEWD) besteht für Kernkraftwerke ein Wir fragen die Landesregierung: bundeseinheitliches Schutzkonzept (SEWD- Richtlinie), wonach die Betreiberinnen der Kern- 1. Haben die Betreiber der Atomkraftwerke Esenshamm, Emsland, Grohnde, Brokdorf, kraftwerke in Niedersachsen - wie alle übrigen Brunsbüttel und Krümmel sowie die Betreiber Betreiber kerntechnischer Anlagen in Deutsch- der Zwischenlager für hoch radioaktive abge- land - zum Schutz gegen Sabotageakte und sons- brannte Brennelemente in Grohnde, Emsland, tige unbefugte Einwirkungen im erforderlichen Stade, Unterweser und Gorleben die Sicherheit ihrer Anlagen für den Fall eines gezielten Ab- Umfang technische und organisatorische Vorkeh- sturzes mit einem Airbus A 380 oder eines An- rungen getroffen haben.

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Diese Maßnahmen werden entsprechend der ak- gen des Bundes zusammenarbeiten, um Gefahren tuellen Sicherheitslage angepasst. Sie werden hier aus dem Luftraum abzuwehren. Militärische Ab- nicht näher erläutert, weil sie als Verschlusssachen fangjäger sind als Alarmrotten ständig einsatzbe- zu behandeln sind. reit.

Der sogenannte terroristische Flugzeugabsturz Aufgrund dieser vielschichtigen und gestaffelten zählt nicht zu den von der bundeseinheitlichen Maßnahmen hält es die atomrechtliche Genehmi- SEWD-Richtlinie erfassten Einwirkungen. Nach gungs- und Aufsichtsbehörde für ausgeschlossen, den bisherigen Einschätzungen der zuständigen dass ein derartiger terroristischer Angriff erfolg- Sicherheitsbehörden, insbesondere der Innenbe- reich durchgeführt werden könnte. hörden des Bundes und des Landes, liegt ein her- Gleichwohl haben die Betreiberinnen der Kern- beigeführter Flugzeugabsturz auf kerntechnische kraftwerke anlagenbezogene Maßnahmen reali- Anlagen in Deutschland außerhalb des Wahr- siert bzw. eingeleitet. So haben sie - wie auch die scheinlichen, kann aber nicht gänzlich ausge- anderen Betreiber der Kernkraftwerke in Deutsch- schlossen werden. Aufgrund ihrer Prüfungen ist die land - u. a. eine Kommunikations- und Alarmie- atomrechtliche Genehmigungs- und Aufsichtsbe- rungsstrecke zum NLFZ aufgebaut, die eine früh- hörde zu der Auffassung gelangt, dass nach den zeitige Alarmierung sowie eine gesicherte Abschal- Maßstäben der praktischen Vernunft aber ausge- tung der Anlage gewährleistet. Darüber hinaus schlossen werden kann, dass ein derartiger terro- haben sie ein Tarnschutzsystem entwickelt, das ristischer Angriff erfolgreich durchgeführt werden gezielte Treffer auf die Anlage verhindern soll. Das könnte. Die atomrechtliche Genehmigungs- und Tarnschutzsystem ist im Kernkraftwerk Grohnde Aufsichtsbehörde hat dabei in einer Gesamtschau realisiert. Bei den Kernkraftwerken Unterweser und die aufeinander abgestimmten Schutzmaßnahmen Emsland laufen die atomrechtlichen Genehmi- des Staates und der Betreiber, die zu dem Ergeb- gungsverfahren nach § 7 AtG zur Realisierung des nis geführt haben, dass mit dem erforderlichen Tarnschutzsystems. Weiterhin sind die Kernkraft- Schutz gegen derartige Einwirkungen die erforder- werke mit Löscheinrichtungen zur Bekämpfung von liche Schadensvorsorge getroffen ist und damit großflächigen Kerosinbränden, wie sie bei Flug- das Risiko praktisch ausgeschlossen ist, berück- zeugabstürzen auftreten könnten, ausgerüstet. sichtigt. Dazu gehören insbesondere die nachfol- Diese anlagenbezogenen Maßnahmen mit dem gend aufgeführten Maßnahmen: Tarnschutzsystem stellen nach Auffassung der Die Sicherheitsmaßnahmen im internationalen atomrechtlichen Aufsichts- und Genehmigungsbe- Luftverkehr wurden seit dem 11. September 2001 hörde zusammengenommen einen weiteren Bau- erheblich verschärft. Sie umfassen z. B. Zuverläs- stein dar, der zwar für sich genommen keinen voll- sigkeitsüberprüfungen von Bediensteten, die Be- ständigen Schutz, aber einen wirksamen Beitrag wachung des Flughafengeländes, die Sicherheit zur Verringerung der Trefferwahrscheinlichkeit und von Luftfahrzeugen sowie die Kontrolle von Flug- der Wahrscheinlichkeit ernsthafter Auswirkungen häfen, Gepäck und Fracht. Sie umfassen weiterhin im Falle des für unwahrscheinlich gehaltenen An- die Sicherung der Pilotenkanzel gegen Versuche griffs leisten kann. des gewaltsamen Eindringens Unbefugter aus Bei den oben genannten Zwischenlagern hat das dem Passagierraum in die Pilotenkanzel und den BfS als zuständige atomrechtliche Genehmigungs- Einsatz von mit besonderen Schutzausrüstungen behörde die entsprechenden Regelungen in den versehenen Flugsicherheitsbegleitern, sogenann- atomrechtlichen Genehmigungen getroffen. Die ten Skymarshals. Regelungen werden bei Bedarf an neue Erkennt- Es wurde das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) vom nisse angepasst. Der sogenannte terroristische 11. Januar 2005 (BGBl. I S. 78) erlassen, das trotz Flugzeugabsturz zählt auch bei den Zwischenla- des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur gern nicht zu den von der bundeseinheitlichen Nichtigkeit von § 14 Abs. 3 LuftSiG Bestand hat SEWD-Richtlinie für Zwischenlager erfassten Ein- und eine Vielzahl von wirksamen Regelungen zur wirkungen. Die genehmigungsrechtliche Würdi- Verbesserung der Luftsicherheit enthält. gung des terroristischen Flugzeugabsturzes ist aus den atomrechtlichen Genehmigungen des zustän- Es wurde ein Nationales Lage- und Führungszen- digen BfS ersichtlich, auf die verwiesen wird. Das trum Sicherheit im Luftraum (NLFZ) eingerichtet, in MU hat als für die Durchführung des atomrechtli- dem die für die Luftsicherheit, die innere Sicherheit chen Aufsichtsverfahrens bei den genannten Zwi- und die Luftverteidigung zuständigen Einrichtun- schenlagern zuständige Behörde keine Erkennt-

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nisse über den terroristischen Flugzeugabsturz, die schüsse sowie der laufenden Abstimmungen der aufsichtliche Anordnungen nach § 19 AtG über die atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbe- mit der atomrechtlichen Genehmigung hinaus ge- hörden der Länder mit dem BMU im Rahmen der troffenen Regelungen rechtfertigen. Bundesauftragsverwaltung zu Sicherungsfragen - wie zu allen Fragen des Vollzugs des Atomrechts. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Der Schutz gegen den sogenannten terroris- Anlage 42 tischen Flugzeugabsturz wird durch ein System von vielschichtig gestaffelten und aufeinander ab- Antwort gestimmten Maßnahmen des Staates und der des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf Betreiber getroffen. Der in der Anfrage angespro- die Frage 43 des Abg. Stefan Wenzel (GRÜNE) chenen Nachweise bedarf es dazu nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vorbemerkung ver- Fachtagung zum Salzstock Gorleben wiesen. Am 16./17. April 2010 fand in Dannenberg eine Fachtagung zum Thema „Die Asse säuft ab - Hinsichtlich eines Angriffes mit panzerbrechenden Gorleben was nun?“ statt. Das Programm der Waffen ist Folgendes zu sagen: Die für einen An- Tagung sah eine Reihe von Fachvorträgen zur griff auf kerntechnische Anlagen zu unterstellen- Entwicklung in der Asse, zur Geologie des den Szenarien einschließlich der Tatmittel werden Salzstockes Gorleben und zur Atommülllage- rung in anderen Ländern vor. Die Bundesregie- zwischen den zuständigen Behörden des Bundes rung hat kürzlich das Moratorium in Gorleben und der Länder unter Zuziehung von Sicherungs- aufgekündigt. Die Landesregierung hat diese experten abgestimmt und basieren auf aktuellen Entscheidung begrüßt. Beide Regierungen ha- Erkenntnissen. Die zuständigen Behörden sind ben bei dieser Gelegenheit erklärt, dass sie den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern su- das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz chen wollen. und Reaktorsicherheit, die atomrechtlichen Auf- sichts- und Genehmigungsbehörden des Bundes Ich frage die Landesregierung: und der Länder, die Innenbehörden des Bundes 1. Welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der und der Länder, das BfS, die Sicherheitsbehörden Landesregierung haben an der Veranstaltung des Bundes. Die Lastannahmen sind die Grundla- teilgenommen? ge für die von den Betreiberinnen der kerntechni- 2. Welche Funktion hatten die teilnehmenden scher Anlagen in Deutschland zum Schutz gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesre- Sabotageakte und sonstige unbefugte Einwirkun- gierung? gen im erforderlichen Umfang getroffenen bauli- 3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregie- chen, technischen und organisatorischen Vorkeh- rung aus den Fachvorträgen gewonnen? rungen. Zu Einzelheiten hinsichtlich der Lastan- Die Landesregierung bekennt sich zur Verantwor- nahmen und der daraus abgeleiteten Maßnahmen tung für eine sichere Endlagerung radioaktiver können hier keine Auskünfte erteilt werden, da Abfälle. Sie setzt sich daher für die Fortsetzung der diese als Verschlusssachen eingestuft sind. ergebnisoffenen Erkundung des Salzstocks in Zu 2: Es wird auf die Antwort zur Frage 1 verwie- Gorleben ein. Die Erkundungsarbeiten sollen nach sen. Auslaufen des Muratoriums so schnell wie möglich wieder aufgenommen und zügig abgeschlossen Zu 3: Die niedersächsische atomrechtliche Ge- werden. Dazu ist es allerdings unabdingbar, dass nehmigungs- und Aufsichtsbehörde trifft ihre Ent- der ins Stocken geratene Dialog zwischen der scheidungen auf der Grundlage der einschlägigen Politik, der interessierten Öffentlichkeit, der Wis- Bestimmungen des Atomgesetzes sowie der der senschaft und den verantwortlichen Behörden zugehörigen Verordnungen, der vom BMU erlas- wieder in Gang gebracht wird. senen einschlägigen Richtlinien zur Konkretisie- rung der Bestimmungen des Atomgesetzes - in Nach dem Atomgesetz ist der Bund in der Pflicht, diesem Fall der oben genannten SEWD-Richtlinien Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle ein- für Kernkraftwerke bzw. Zwischenlager - und der zurichten. Die Landesregierung unterstützt die von einschlägigen bisherigen Beschlüsse und Bera- Bundesumweltminister Dr. Röttgen angekündigte tungsergebnisse des Länderausschusses für transparente und nachvollziehbare Vorgehenswei- Atomkernenergie zur bundeseinheitlichen Anwen- se bei der Erkundung von Gorleben ausdrücklich. dung des Atomgesetzes und dessen Fachaus- Sie ist unverzichtbarer Bestandteil eines Prozes-

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ses zur Erhöhung der Akzeptanz in der Bevölke- munen zur Erreichung des gemeinsamen Ziels, rung. den CO2-Ausstoß in Deutschland zu reduzie- ren, leisten können. Zurzeit beteiligt sich das Niedersächsische Ministe- Ich frage die Landesregierung: rium für Umwelt und Klimaschutz (MU) am Forum Endlager-Dialog, das von dem Verständnis aus- 1. Welche Erfahrungen mit der Umsetzung des geht, dass die Auswahl eines Endlagerstandortes Erlasses vom 11. Juni 2003 liegen bei der Um- und die Entscheidung zur Errichtung und zum Be- setzung behördlicher Entscheidungen und von gerichtlichen Entscheidungen zur Zulässigkeit trieb eines Endlagers im Dialog mit den betroffe- von Solaranlagen bisher vor? nen Bevölkerungsgruppen bzw. deren Interessen- vertretern und mit den örtlichen Mandatsträgern 2. Welchen Handlungsbedarf sieht die Landes- regierung, um Ansprüche von Denkmalschutz getroffen werden soll. und Klimaschutz künftig besser aufeinander Im Übrigen setzt sich das MU als Genehmigungs- abzustimmen und Konfliktlösungen herbeizu- führen? behörde für ein mögliches Endlager mit den rele- vanten wissenschaftlichen und technischen Aspek- 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Ent- ten auch der Forschung bezüglich der Endlage- wicklung von technischen Möglichkeiten zur besseren Integration von Solartechnik bei rung radioaktiver Abfälle auseinander. denkmalgeschützten Gebäuden? Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Mit dem Erlass des MWK vom 11. Juni 2003 wer- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: den grundsätzliche Aussagen zur Vereinbarkeit Zu 1: Die Landesregierung hat keine Mitarbei- von Solarenergienutzung und Denkmalschutz ge- ter/innen zu der genannten Tagung entsandt. troffen. Zunächst wird festgestellt, dass es einen allgemeinen Vorrang des Umweltschutzes vor dem Zu 2: Entfällt (siehe Antwort auf Frage 1). Denkmalschutz im Sinne eines überwiegenden Zu 3: Entfällt (siehe Antwort auf Frage 1). Im Übri- anderen öffentlichen Interesses nicht gibt. Die gen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Vereinbarkeit einer Solar- und Fotovoltaikanlage mit dem Denkmalschutz ist also in jedem Einzelfall

zu prüfen. Dies entspricht auch der ständigen Anlage 43 Rechtsprechung. Im Einzelfall muss situationsbe- dingt in Abhängigkeit von der Denkmalqualität, Antwort dem Standort der Anlagenform und der Anlagen- des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf größe entschieden werden. Dabei ist zu prüfen, ob die Frage 44 der Abg. Filiz Polat (GRÜNE) von der geplanten Anlage eine Beeinträchtigung

Denkmalschutz und Solarenergienutzung des Denkmalwertes oder Erscheinungsbildes des Baudenkmals ausgeht. Immer wieder gibt es Diskussionen über die Vereinbarkeit von Solarenergienutzung und Es ist davon auszugehen, dass auch die für Du- Denkmalschutz. So ist etwa für den Kernbe- reich der Duderstädter Altstadt - das ist das derstadt zuständige untere Denkmalschutzbehörde Gebiet innerhalb des historischen Walles - die diese Fragen sorgfältig prüft. Der historische Errichtung von Solaranlagen auf den Dächern Stadtkern von Duderstadt ist insgesamt als Gruppe nicht erlaubt. Die zuständige Verwaltung be- baulicher Anlagen, d. h. als Denkmalensemble, gründet die Ablehnung entsprechender Anträge mit entgegenstehenden Festlegungen in örtli- ausgewiesen und zudem von hoher Wertigkeit. chen Bauvorschriften (Satzung über die Gestal- tung der Altstadt) und mit Anforderungen des Neben der denkmalrechtlichen Zulässigkeit ist von Denkmalschutzes. Die Verweigerung der Er- der Bauaufsicht auch die statische Unbedenklich- laubnis zum Bau von Solaranlagen bezieht sich keit, insbesondere bei den schwereren Kollektoren auf thermische Solaranlagen zur Brauchwas- sererwärmung und Heizungsunterstützung und zur Warmwassererzeugung, zu überprüfen. Auch auf Fotovoltaikanlagen zur Stromerzeugung. diese Prüfung kann der Versagung auf Dächern Das zuständige Ministerium für Wissenschaft von Baudenkmalen, deren Tragfähigkeit nur und Kultur hat mit Erlass vom 11. Juni 2003 schwer rechnerisch nachweisbar ist, zugrunde festgelegt, in welchen Fällen die Errichtung von Solaranlagen mit den Zielen des Denkmal- liegen. Zunehmend wird auch die Gefahr von schutzes vereinbar ist. Stromschlägen durch Fotovoltaikanlagen bei Löscharbeiten im Brandfall berücksichtigt. Bei ver- Der Einsatz von Solarenergieanlagen ist nach Auffassung von Energieexperten ein wichtiger schiedenen Brandfällen (bei Nicht-Baudenkmalen) Beitrag, den Privathaushalte, aber auch Kom- musste aufgrund des Vorhandenseins von Fotovol-

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taikanlagen das kontrollierte Abbrennen praktiziert nachhaltigen energetischen Sanierung angemes- werden. sen berücksichtigen. Der Ausschluss von Solaranlagen in einer örtlichen Zu 3: Die Entwicklung technischer Möglichkeiten Bauvorschrift (Gestaltungssatzung) liegt in der zur besseren Integration von Solartechnik bei Satzungshoheit der jeweiligen Gemeinde bzw. denkmalgeschützten Gebäuden wird weiterbetrie- Stadt und erfolgt unabhängig vom Denkmalschutz- ben. Gestalterisch erheblich verträglichere Anla- recht. gen, etwa in Form von Solardachziegelkollektoren oder Dachziegeln mit integrierten kleinen Fotovol- Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens taikmodulen, stehen bereits zur Verfügung. Das der Landesregierung wie folgt beantwortet: Marktgeschehen begünstigt jedoch die Entwick- Zu 1: Der Erlass des MWK vom 11. Juni 2003 ist lung und Produktion großflächiger Anlagen, die allen unteren Denkmalschutzbehörden bekannt relativ kostengünstig angeboten werden und eine und wird auch bei der Entscheidungsfindung her- höhere Rendite versprechen, allerdings gestalte- angezogen. In verschiedenen Urteilen haben die risch nur schwer integrierbar sind. Verwaltungsgerichte und auch das Oberverwal- tungsgericht Lüneburg unter Bezug auf die dort genannten Kriterien ihre Rechtsprechung entwi- Anlage 44 ckelt. In den letzten Jahren sind zunehmend sehr Antwort großflächige Anlagen zur Gewinnerzielung bean- tragt worden, deren Größe weit jenseits der im des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Erlass genannten und durchaus flexibel behandel- Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die ten 10 % einer Dachfläche liegt. Anlagen mit meh- Frage 45 des Abg. Jan Christoph Oetjen (FDP) reren Hundert Quadratmetern auf großen Scheu- Wie nachhaltig sind Bioerdbeeren aus Spa- nen sind in der Regel nicht als eine nur unerhebli- nien? che Beeinträchtigung zu bewerten. Sie sind selten unauffällig unterzubringen, gestalterisch kaum Verbraucher erwarten beim Erwerb von Biopro- dukten eine umfassende nachhaltige Erzeu- integrierbar und werden deshalb häufig nicht ge- gung. Die EU-Öko-Verordnung 834/2007 macht nehmigt. In den Fällen, in denen sie genehmigt über die Bewässerungsart von landwirtschaftli- wurden, wurde zumeist nachvollziehbar geltend chen Bioerzeugnissen und zur Herkunft des gemacht, dass eine unveränderte Erhaltung des verwendeten Wassers keine konkreten Vorga- ben, formuliert aber in Artikel 3 a allgemeine Denkmals wirtschaftlich nicht zumutbar wäre. Dies Ziele und Grundsätze. In Deutschland ist die ist häufig bei nicht genutzten ländlichen Wirt- Entnahme von Wasser/Grundwasser geregelt schaftsgebäuden der Fall, bei denen den Erhal- und unterliegt Kontrollen. Diverse Meldungen in tungskosten keine Erträge gegenüberstehen. der Tages- und Fachpresse weisen auf den wasserintensiven Anbau von Bioerzeugnissen Zu 2: Um eine Vereinbarkeit von Denkmalschutz in trockenen Gebieten, z. B. von Südspanien und anderen Ländern rund um das Mittelmeer, und Klimaschutz herzustellen, sind Solaranlagen und seine negativen Folgen für Natur und nur ein mögliches Mittel. Maßnahmen zur Steige- Landschaft hin. So kann eine intensive Land- rung der Energieeffizienz eines Gebäudes sind bewirtschaftung - dies gilt sowohl für eine kon- sowohl aus ökonomischen als auch aus ökologi- ventionelle als auch für die ökologische - die Absenkung des Grundwasserspiegels und die schen Gründen vorzuziehen. Entscheidend ist, Störung von Gewässerökosystemen nach sich dass Maßnahmen mit dieser Zielsetzung in ein ziehen. schlüssiges Gesamtkonzept zur energetischen Ich frage die Landesregierung: Sanierung eingebunden sind. Zur Entwicklung von beispielhaften Lösungen werden derzeit auf vielen 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregie- rung bezüglich des Wassereinsatzes bei Bio- Ebenen Forschungen betrieben und Modelle ent- erdbeeren in Spanien oder anderen Mittelmeer- wickelt. Hier sollen als Beispiele nur ein län- ländern? derübergreifendes Forschungsprojekt der Vereini- 2. Wie schätzt die Landesregierung die gung der Landesdenkmalpfleger und ein Wettbe- GLOBALGAP-Kritierien für eine kontrollierte werb der Stadt Verden, der aus KPII-Mitteln geför- landwirtschaftliche Unternehmensführung, im dert wurde, genannt werden. Sinne einer nachhaltigen Produktion, ein? Bei der anstehenden Novellierung des Nieder- 3. Hat die Landesregierung Erkenntnisse dar- über, wie heimische Erdbeeren im Vergleich zu sächsischen Denkmalschutzgesetzes wird die importierten Erdbeeren, jeweils nach konventi- Landesregierung in ihrem Entwurf das Ziel einer onellem und biologischem Anbau getrennt, mit

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Bezug auf die Nachhaltigkeit in Produktion und haltige Produktion. Sie dienen der Sicherstellung Transport abschneiden? einwandfreier Produkte, der Reduzierung von In Deutschland wurden im Jahr 2008 rund 91 000 t Pflanzenschutzmittelanwendungen, der Durchfüh- Erdbeeren importiert. Mit Abstand wichtigstes An- rung eines umweltgerechten, integrierten Anbaus bauland ist dabei Spanien, das im Jahr 2008 rund und der Sicherung der natürlichen Ressourcen, 61 000 t Erdbeeren nach Deutschland exportierte. Umwelt und Gesundheit. Die Kriterien ermöglichen Bedingt durch die hohen Importmengen wurde in die Anwendung eines Rückverfolgbarkeitssystems den vergangenen Jahren in den Medien verstärkt für Produkte. Bezogen auf den Faktor „Wasser“ über die Produktionsbedingungen des Erdbeeran- gibt es nach Informationen der Landesregierung baus in Spanien berichtet. Die wichtigste Anbaure- derzeit vonseiten einiger Unternehmen und Ver- gion für Erdbeeren in Spanien ist die Region bände Bestrebungen, verbindliche Kriterien für den Huelva in Andalusien an der Grenze zu Portugal. Einsatz von Wasser in GLOBALGAP aufzuneh- Im Fokus der Berichterstattung stehen hier insbe- men. sondere die Beregung und der Pflanzenschutzmit- Zu 3: Der Begriff der Nachhaltigkeit setzt sich aus teleinsatz bei Erdbeeren sowie die Klimabilanz. verschiedenen Komponenten zusammen. Bezüg- Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine lich der Komponente der ökologischen Nachhaltig- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: keit in Produktion und Transport von Erdbeeren sind der Landesregierung nachfolgende Untersu- Zu 1: Der Wasserverbrauch für die Produktion von chungen bekannt: 1 kg Erdbeeren beträgt nach Angaben des World- Wildlife-Fund for Nature (WWF) rund 115 l. Bedingt - Einsatz von Pflanzenschutzmitteln: Vom Nieder- durch die trockene Witterung in Verbindung mit sächsischen Landesamt für Verbraucherschutz günstigen Temperaturen werden Erdbeeren in der und Lebensmittelsicherheit wurden im ersten spanischen Anbauregion Huelva in hohem Umfang Halbjahr des vergangenen Jahres 94 Proben beregnet. Die Beregung erfolgt Medienberichten ausländischer Erdbeeren untersucht. In 75 Pro- zufolge in weiten Teilen der Region zum Teil mit ben wurden dabei ein oder mehrere Rückstände nicht angepasster Technik, die zu hoher Verduns- von Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen. In ei- tung führt, sowie in nicht unerheblichem Umfang ner Probe lagen dabei die Werte über dem zu- aus illegal gebohrten Brunnen. Als Folge hiervon lässigen Höchstgehalt. In den fünf untersuchten ist der Grundwasserstand in den letzten Jahren Proben aus ökologischem Anbau wurden keine zum Teil dramatisch gesunken. Der Erdbeeranbau Rückstände von Pflanzenschutzmitteln nachge- in dieser Region erfolgt überwiegend konventio- wiesenen. Auch in umfangreichen Untersuchun- nell. Ein kleinerer Teil wird ökologisch bewirtschaf- gen der zuständigen Landesämter in Baden- tet. Im Rahmen eines aktuellen Pilotprojektes des Württemberg sowie in Bayern aus dem Jahr 2009 WWF zusammen mit dem Handelskonzern REWE wurden in keiner Probe von Erdbeeren aus öko- und in Kontakt mit den zuständigen Behörden in logischer Produktion Pflanzenschutzmittel gefun- Andalusien wird derzeit daran gearbeitet, den den. Wasserverbrauch bei der Produktion von Erdbee- Die Ergebnisse aus Untersuchungen der amtli- ren durch angepasste Technik und Maßnahmen chen Laboratorien der Lebensmittelüberwachung der Administration deutlich abzusenken. In der auf Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebens- Region befinden sich rund 6 000 ha Erdbeeran- mitteln werden vom Bundesamt für Verbraucher- baufläche. Die Fläche, die von dem Pilotprojekt schutz und Lebensmittelsicherheit quartalsweise erfasst wird, beträgt rund 500 ha. Ziel des Projek- zusammengefasst und veröffentlicht. Für das ers- tes ist es, den Wasserverbrauch pro ha von jähr- te bis vierte Quartal des Jahres 2009 liegen Er- lich 5 000 cbm auf etwa 3 800 cbm zu verringern. gebnisse zu 1 062 Proben Erdbeeren vor. 578 der Erdbeerproben stammen aus Deutschland, Die hohe Beregungsintensität bzw. der hohe Was- davon enthielten 78 Proben keine Rückstände. serverbrauch bei Erdbeeren und anderen Obstkul- 500 Proben enthielten Rückstände, davon aber turen trifft nach den der Landesregierung vorlie- keine Probe Rückstände oberhalb der Höchst- genden Informationen nicht nur auf Spanien, son- mengen. 330 Proben mit Herkunft Europäische dern auf viele andere Regionen im Mittelmeerraum Gemeinschaft wurden untersucht, davon enthiel- zu. ten 92 keine Rückstände, 238 Rückstände, und Zu 2: Die Kriterien von GLOBALGAP sind weltweit eine Probe wies Rückstände oberhalb der gültig und in der Summe ein Einstieg in die nach- Höchstmengen auf. Bei Proben aus Drittstaaten

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sieht die Rückstandssituation weniger positiv Anlage 45 aus. Von 114 untersuchten Proben enthielten 32 Antwort keine Rückstände, 82 enthielten Rückstände und 8 Proben Rückstände oberhalb der Höchstmenge des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, (entspricht 7 %). Gesundheit und Integration auf die Frage 46 des Abg. Ralf Borngräber (SPD)

Anforderungen an die planungsrechtliche - CO -Bilanz: In Untersuchungen des Sustainable Erschließung von Schlachtviehbetrieben im 2 Außenbereich - Wie verhält sich die oberste Europe Research Institute (SERI) aus dem Jahr Bauaufsichtsbehörde? 2007 wurde die CO2-Bilanz von Erdbeeren aus Mit der Errichtung von großen Hähnchenmast- der andalusischen Region Huelva und dem Bur- betrieben häufen sich Probleme im Zusam- genland in Österreich verglichen. Auf Basis der menhang mit der Erschließung/Zuwegung sol- Berechnung der Transportwege kommen die Stu- cher Großbetriebe für die Intensivhaltung. Kom- dienautoren des SERI zu dem Ergebnis, dass munen und Landkreise, aber auch Anwohner und Betroffene weisen auf ihrer Ansicht nach aus Huelva importierte Erdbeeren aufgrund des unklaren Regelungen im Rahmen des Geneh- Transportweges eine 38-mal höhere CO2-Belas- migungsverfahrens nach dem Bundes-Immis- tung haben als Erdbeeren aus dem Burgenland. sionsschutzgesetz hin. Bei einigen dieser Be- Bezieht man die Emissionen auf eine Kiste von triebe könne man demnach nicht mehr von ei- nem landwirtschaftlichen Betrieb sprechen, 250 g Erdbeeren, dann liegen diese für spani- sondern eher von einer industriellen Produkti- sche Erdbeeren bei 66 g CO2 und bei burgenlän- onsanlage. dischen Erdbeeren bei 1,7 g. Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Vorschriften zur Tragfähigkeit und zur Breite einer Straße im Außenbereich müs- In einem anderen aktuellen Projekt wurde eben- sen beachtet und eingehalten werden, damit für einen Maststall - entsprechend seiner Größe falls die CO2-Bilanz bzw. der sogenannte CO2– respektive Anzahl des Schlachtviehs - von einer Fußabdruck (CO2–Footprint) von Erdbeeren aus sachgerechten planungsrechtlichen Erschlie- Spanien berechnet. An dem Projekt, das 2009 ßung ausgegangen werden kann? abgeschlossen wurde, beteiligte sich die REWE- 2. Sind unterschiedliche Ausbauqualitätsstufen Group. Die Trägerschaft lag beim WWF und dem der Erschließungsstraßen analog der im Ge- Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Be- nehmigungsverfahren festgelegten Masttierzahl rechnet wurden hier nicht nur der Transport, son- bzw. der Größe der Stallanlage vorgesehen?

dern zahlreiche weitere Faktoren, die die CO2.- 3. Wie beurteilt die Landesregierung Erschlie- Bilanz beeinflussen. Bezogen auf eine 500 g ßungsstraßen durch Wohngebiete hinsichtlich weiterer Auflagen bzw. Regelungen, um Schä- Schale Erdbeeren entstehen für die Verwendung den durch den an- und abfahrenden Schwer- der auf den Erdbeerfeldern eingesetzten Folien lastverkehr zu vermeiden? zum Schutz und zur Verfrühung der Pflanzen Die Errichtung von Tierställen im Außenbereich 61 g CO2, für das Verpackungsmaterial 67 g bedarf - abhängig von der Anzahl der Tiere - einer CO2 und für den Transport nach Deutschland immissionsschutzrechtlichen Genehmigung oder 139 g CO2. Als ein Ergebnis des Projektes hat sich die REWE-Group aufgrund des hohen An- einer Baugenehmigung. Die planungsrechtliche Zulässigkeit beurteilt sich in beiden Fällen nach teils der Verpackung an der CO2-Bilanz ent- schlossen, die Verpackungen umzustellen, um so § 35 des Baugesetzbuches (BauGB). Es handelt den Kohlendioxidausstoß zu verringern. Untersu- sich um privilegierte Vorhaben, die entweder ei- nem landwirtschaftlichen Betrieb dienen (§ 35 chungen zum CO2–Fußabdruck von deutschen Erdbeeren liegen nach Erkenntnissen der Lan- Abs. 1 Nr. 1 BauGB) oder wegen ihrer nachteiligen desregierung nicht vor. Auch Untersuchungen Wirkung auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen (§ 35 Abs. 1 Nr. 4 zur CO2.-Bilanz, die zwischen Erdbeeren aus konventionellem und ökologischem Anbau unter- BauGB). Die Zulassung eines privilegierten Vorha- scheiden, sind nicht bekannt. bens setzt voraus, dass die „ausreichende Er- schließung gesichert ist“. Welche Mindestanforderungen an die Sicherung der wegemäßigen Erschließung zu stellen sind,

hängt von den Umständen des jeweiligen Einzel-

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falls ab. Ob eine Zuwegung breit genug und trag- gegebenenfalls durch geeignete Nebenbestim- fähig ist, richtet sich nach dem Umfang des Ziel- mungen sicherzustellen. und Quellverkehrs, der von dem geplanten Vorha- ben zu erwarten ist, und nach dem Umfang des sonstigen Verkehrs, mit dem der jeweilige Weg Anlage 46 belastet ist. Die Zuwegung muss so beschaffen sein, dass sie diesen Verkehr ohne Schädigung Antwort des Wegezustandes aufnehmen kann. Für die des Ministeriums für Inneres und Sport auf die erforderliche Breite des Weges ist insbesondere Frage 47 der Abg. Johanne Modder, Klaus-Peter von Bedeutung, in welchem Umfang mit Gegen- Bachmann, Heiner Bartling, Karl-Heinz Hausmann, verkehr zu rechnen ist. Im Außenbereich ist nicht Jürgen Krogmann, Sigrid Leuschner, Jutta Rübke generell eine Breite zu fordern, die - wie in inner- und Ulrich Watermann (SPD) örtlichen Bereichen - stets einen reibungslosen Gegenverkehr ermöglicht. Je nach dem Umfang Dauer des Einbürgerungsverfahrens wegen des zu erwartenden Gegenverkehrs kann auch linker politischer Ansichten: Ist Janine Men- ger-Hamilton die Einzige? eine Ausweichmöglichkeit nur im Einmündungsbe- reich oder mit Ausweichbuchten an verschiedenen Thema einer angeregten Debatte im Plenum des Niedersächsischen Landtages war am Stellen genügen. 17. März 2010 die bis zu diesem Zeitpunkt nicht Die oberste Bauaufsichtsbehörde wird gegebenen- erfolgte Einbürgerung von Frau Janine Menger- Hamilton, Mitglied der Partei DIE LINKE, die ei- falls im Rahmen ihrer Fachaufsicht gegenüber den nen entsprechenden Antrag Jahre zuvor ge- nachgeordneten Bauaufsichtsbehörden tätig. Sie stellt hatte. Innenminister Schünemann sagte in berät beispielsweise die unteren Bauaufsichtsbe- der benannten Plenardebatte, er habe im Jahr hörden oder überprüft die Sach- und Rechtslage 2003 entschieden, dass der Verfassungsschutz die Partei DIE LINKE beobachte. Anzumerken aufgrund von Einwendungen betroffener Bürgerin- ist an dieser Stelle, dass die Partei DIE LINKE nen und Bürger. zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte, der Herr Minister meint womöglich eine Vorgänger- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen organisation. Der Verfassungsschutz hatte der namens der Landesregierung wie folgt: zuständigen Einbürgerungsbehörde, der Regi- on Hannover, im laufenden Verfahren daher Zu 1: Nach § 35 Abs. 1 BauGB ist die Errichtung wiederholt neue, aus seiner Sicht verfahrensre- eines Maststalls im Außenbereich nur zulässig, levante Erkenntnisse zukommen lassen, die wenn - neben anderen Voraussetzungen - die sich allgemein aus der Beobachtung der Partei ergaben oder die Wahrnehmung bestimmter ausreichende Erschließung gesichert ist. Das Bau- Ämter durch Frau Menger-Hamilton betrafen. planungsrecht enthält keine Vorschriften, die die- Eine Weisung gegenüber der Region Hannover sen unbestimmten Rechtsbegriff konkretisieren. hat das Innenministerium nach Ansicht von Welche Anforderungen im Hinblick auf die Tragfä- Herrn Schünemann in diesem Zusammenhang nicht erteilt. higkeit und die Breite einer Erschließungsstraße zu stellen sind, ist in jedem Einzelfall von der Behörde Vor dem Hintergrund, dass die Partei DIE LIN- zu ermitteln, die für das Genehmigungsverfahren KE weiterhin durch den niedersächsischen Ver- fassungsschutz beobachtet wird und dieser zuständig ist. auch in anderen Einbürgerungsverfahren wie Zu 2: Die Anforderungen an die Erschließung hän- vorgestellt verfahren dürfte, fragen wir die Lan- desregierung: gen nicht nur von dem Verkehr ab, der durch einen Maststall verursacht wird, sondern auch von dem 1. In wie vielen aktuellen Verfahren zur Erlan- gung der deutschen Staatsbürgerschaft unter- von Fall zu Fall unterschiedlichen Verkehrsauf- richtet der niedersächsische Verfassungsschutz kommen, mit dem die jeweilige Zuwegung darüber derzeit die Einbürgerungsbehörden über Er- hinaus belastet ist. Dementsprechend bedarf es kenntnisse hinsichtlich der Partei DIE LINKE auch insoweit einer Prüfung des Einzelfalls durch und in derem Umfeld befindliche oder ihr nahe stehende Organisationen wie Stiftungen und die Genehmigungsbehörde. Jugendverbände?

Zu 3: Wie bereits dargelegt, ist die ausreichende 2. In wie vielen dieser Verfahren bestehen kon- Erschließung nur dann im Sinne von § 35 Abs. 1 krete Anhaltspunkte oder sogar darüber hinaus- BauGB als gesichert anzusehen, wenn die Zuwe- gehende Erkenntnisse zu verfassungsfeindli- gung den durch die Stallanlage verursachten Ver- chen Aktivitäten der betreffenden Personen über die bloße Mitgliedschaft oder Inhaber- kehr ohne Schädigung des Wegezustandes auf- schaft eines Amtes in einer der in Frage 1 be- nehmen kann. Im Genehmigungsbescheid ist dies nannten Organisationen hinaus, und, wenn die-

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ses der Fall ist, in wie vielen dieser Fälle stehen oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes die betreffenden Handlungen unter Strafe? gerichtet sind. Erhebt der Verfassungsschutz Be- 3. Betrachtet die Landesregierung bereits die denken, so teilt er dies der Einbürgerungsbehörde Mitgliedschaft in einer der in Frage 1 benannten mit und übermittelt dabei die den Bedenken Organisationen oder die Inhaberschaft eines zugrunde liegenden Sachverhalte und fachlichen Amtes in einer solchen als hinreichenden Grund, eine Einbürgerung zu versagen, und, Bewertungen; anderenfalls wird das Formblatt an wenn dieses nicht der Fall ist, empfiehlt die die Einbürgerungsbehörde zurückgesandt mit der Landesregierung den zuständigen Behörden in Stellungnahme, dass keine Bedenken geltend diesen Konstellationen die Einbürgerung, oder gemacht werden. wird darüber hinaus im Wege der Fachaufsicht auf die Einbürgerungsbehörden einwirken, um Die Einbürgerungsbehörde bewertet und entschei- dieser Rechtsauffassung zur Geltung zu verhel- fen und, wenn nicht, warum nicht? det in eigener Zuständigkeit, ob aufgrund der Stel- lungnahme des Verfassungsschutzes ein gesetzli- Nach § 11 Satz 1 Nr. 1 des Staatsangehörigkeits- cher Ausschlussgrund nach § 11 StAG vorliegt und gesetzes (StAG) ist die Einbürgerung ausgeschlos- dies zu einer Versagung der Einbürgerung führt. sen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annah- Vor einer Versagung ist der oder die Betroffene me rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebun- anzuhören. gen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demo- Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfra- kratische Grundordnung gerichtet sind. ge namens der Landesregierung wie folgt: Die Einbürgerungsbehörde ist gemäß § 37 Abs. 2 Zu 1 und 2: Die niedersächsische Verfassungs- Satz 1 StAG verpflichtet, den Verfassungsschutz schutzbehörde unterrichtet die zuständigen Ein- zu beteiligen. Eine Mitteilung über tatsächliche bürgerungsbehörden zurzeit in keinem aktuellen Anhaltspunkte im Sinne des StAG erfolgt seitens Einbürgerungsverfahren über Erkenntnisse hin- des niedersächsischen Verfassungsschutzes auf- sichtlich der Partei DIE LINKE oder in deren Um- grund einer Regelanfrage durch die Einbürge- feld befindliche oder ihr nahe stehende Organisati- rungsbehörden. Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 StAG onen wie Stiftungen und Jugendverbände. besteht eine Pflicht für den Verfassungsschutz, Zu 3: Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen. Da Erkenntnisse von Amts wegen an die Einbürge- die nach § 11 StAG erforderlichen „tatsächlichen rungsbehörde zu übermitteln. Anhaltspunkte“ in Bezug auf die Person des Ein- bürgerungsbewerbers vorliegen müssen, ergibt Zur Ermittlung von Ausschlussgründen nach § 11 sich aus einer bestehenden Mitgliedschaft in einer StAG übersenden die Einbürgerungsbehörden den Partei oder Organisation, die als Ganzes oder in Verfassungsschutzbehörden gemäß § 37 Abs. 2 Teilen Bestrebungen gegen die freiheitliche demo- StAG die bei ihnen gespeicherten personenbezo- kratische Grundordnung verfolgt, nicht zwangsläu- genen Daten der Antragsteller, die das 16. Le- fig ein Versagungsgrund im Sinne des § 11 StAG. bensjahr vollendet haben. Die Verfassungsschutz- Bei der Einbürgerung eines Ausländers bedarf es behörden unterrichten die anfragende Stelle un- vielmehr einer Prüfung im Einzelfall, ob eine sub- verzüglich nach Maßgabe der insoweit bestehen- jektive Zurechenbarkeit gegeben ist und der Be- den besonderen gesetzlichen Verwendungsrege- troffene selbst entsprechende Bestrebungen ver- lungen. folgt oder unterstützt. Im Einzelfall kann ein be- Im Jahr 2009 hat die niedersächsische Verfas- stimmtes Amt, eine anderweitige Tätigkeit des sungsschutzbehörde gemäß § 37 Abs. 2 StAG zu Einbürgerungsbewerbers in einer bestimmten Or- 10 164 Einbürgerungsanträgen im Rahmen einer ganisation oder, je nach Intensität der von der Regelanfrage von den Einbürgerungsbehörden jeweiligen Organisation oder ihren Teilen verfolg- mitgewirkt, wobei in weniger als 1 % der Anfragen ten Bestrebungen, auch die bloße Zugehörigkeit sicherheitsrelevante Erkenntnisse übermittelt wur- von solchem Gewicht sein, dass die Zweifel an der den. Organisation zugleich auch solche an der Person begründen. Bei der Mitwirkung wird geprüft, ob der nieder- sächsischen Verfassungsschutzbehörde Erkennt- Zur Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen sind nisse vorliegen, dass der Einbürgerungsbewerber von den zuständigen Behörden Regelanfragen an Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder ver- das Bundeszentralregister, die Polizei und an die folgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitli- Verfassungsschutzbehörde sowie auf den konkre- che demokratische Grundordnung, den Bestand ten Einzelfall bezogene weitere Anfragen z. B. an

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die Meldebehörde, das Sozialamt etc. zu richten. rung der Gesundheit und Verbesserung des Schut- Die Bewertung der abgegebenen Stellungnahmen zes von Kindern in Niedersachsen trat am 1. April obliegt den Einbürgerungsbehörden in eigener 2010 ein weiterer wichtiger Baustein im Kinder- Zuständigkeit. schutzprogramm des Landes in Kraft. Darüber hinaus hat die Landesregierung viele untergesetz- Die Rechtslage ist unstreitig und den Einbürge- liche Maßnahmen ergriffen, um Missbrauch zu rungsbehörden bekannt. Die Ausführung des verhindern und Missbrauchsopfern bessere Hilfe Staatsangehörigkeitsgesetzes ist in den Nieder- und Unterstützung geben zu können. sächsischen Durchführungsbestimmungen zum Staatsangehörigkeitsrecht geregelt. Ferner finden Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen regelmäßige Dienstbesprechungen des Nieder- namens der Landesregierung wie folgt: sächsischen Ministeriums für Inneres und Sport mit den Einbürgerungsbehörden statt. Ein darüber Zu 1: Das Land fördert seit Langem eine landes- hinausgehender Bedarf, auf die Einbürgerungsbe- weite Infrastruktur von Anlauf- und Beratungsstel- hörden einzuwirken, besteht derzeit nicht. len für Opfer von Missbrauch. So werden 19 Bera- tungsstellen im Bereich Gewalt gegen Kinder un- terstützt. Diese Einrichtungen halten Kriseninter- Anlage 47 ventions- und Beratungsangebote u. a. für von (sexueller) Gewalt betroffene Kinder, Jugendliche Antwort und deren Eltern vor. Darüber hinaus wurde in der des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Neufassung der Richtlinie über die Gewährung von Gesundheit und Integration auf die Frage 48 der Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen für Abg. Miriam Staudte (GRÜNE) Frauen und Mädchen, die von Gewalt betroffen sind, im Jahr 2009 die präventive Arbeit als Aufga- Welche präventiven Maßnahmen werden im Rahmen der Arbeit zur Verhinderung von benfeld betont. Die Landesförderung für die Bera- Missbrauch von Kindern vonseiten des tungsstellen im Bereich Gewalt gegen Kinder be- Landes finanziell unterstützt? trägt jährlich 406 000 Euro.

Die Debatten der vergangenen Wochen haben Außerdem werden vom Land 34 Gewaltberatungs- zahlreiche Missbrauchsfälle in kirchlichen, pri- vaten und sonstigen öffentlichen Einrichtungen stellen und Notrufe sowie Beratungsstellen gegen in den letzten Jahren und Jahrzehnten in der (sexuellen) Missbrauch gefördert. Für diese Bera- Bundesrepublik offenbart. Von sachverständi- tungsstellen, die unterschiedlich ausgeprägte Ar- gen Beobachtern wird gefordert, Maßnahmen beitsschwerpunkte haben, sind im Haushaltsplan zur Prävention in Zusammenarbeit von Bund, Land und Kommunen auszubauen. 2010 rund 1,03 Millionen Euro eingestellt. Diese Mittel sind in dem Gesamtansatz „Maßnahmen für Ich frage die Landesregierung: Frauen und Mädchen, die von Gewalt betroffen 1. Welche präventiven Maßnahmen, um Miss- sind“ in Höhe von 4,146 Millionen Euro enthalten. brauch zu verhindern, finanziert das Land Nie- Viele dieser Beratungsstellen machen im Rahmen dersachsen derzeit mit reinen Landesmitteln in welcher Höhe? ihrer Aufgabenerledigung auch Präventionsarbeit zu (sexuellem) Missbrauch, z. B. Aufsuchen von 2. Plant die Landesregierung, diese Mittel auf- zustocken, um flächendeckende Angebote zu Schulen, Angebote von Projekten, Öffentlichkeits- sichern? arbeit. 3. Welche weiteren Maßnahmen plant das Darüber hinaus fördert das Land zwei Kinder- Land, um Missbrauch künftig zu vermeiden? schutzzentren in Oldenburg und Hannover. Auch Der Schutz von Kindern vor Missbrauch ebenso bei diesen Einrichtungen nimmt die Arbeit mit von wie vor Misshandlungen und Vernachlässigung hat (sexueller) Gewalt betroffenen Kindern und Ju- für die Landesregierung eine große Bedeutung. In gendlichen einen hohen Stellenwert ein. Sie halten den letzten Jahren wurden daher besondere An- neben offenen Sprechstundenangeboten ein breit strengungen unternommen, um den Schutz von gefächertes Beratungsangebot sowie die Vermitt- Kindern zu verbessern. Hervorzuheben ist dabei lung von weiterführenden Hilfen bereit. Das Kin- insbesondere die Aufnahme des Artikels 4 a in die derschutzzentrum Oldenburg engagiert sich seit Landesverfassung, der ausdrücklich das Recht von mehreren Jahren mit dem Projekt „Ich bin ich, du Kindern und Jugendlichen auf Schutz vor körperli- bist du und das sind wir“ besonders im Bereich der cher und seelischer Vernachlässigung und Miss- Prävention von sexueller Gewalt an Kindern. Die- handlung festschreibt. Mit dem Gesetz zur Förde- ses Projekt wird in Zusammenarbeit mit Grund-

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schulen durchgeführt. Die Landesförderung für die Führungszeugnis zur Vorlage bei Behörden von beiden Kinderschutzzentren beträgt insgesamt den Bewerberinnen und Bewerbern zu verlangen. jährlich 378 000 Euro und teilt sich zu gleichen Dies ist auf Grundlage der zum 1. Mai 2010 in Teilen auf beide Einrichtungen auf (jeweils Kraft tretenden Novellierung des Bundeszentralre- 189 500 Euro). gistergesetzes (BZRG) durch Einfügung eines neuen § 30 a und Veränderung der §§ 31 und 32 Außerdem fördert das Land seit dem Jahr 2008 möglich. Die Landesregierung wird darüber hinaus das Modellprojekt der „Koordinierungsstellen Kin- allen Trägern privater Schulen empfehlen, sich bei derschutz - Kommunale Netzwerke früher Hilfen“, Einstellungen ein erweitertes Führungszeugnis das insbesondere darauf abzielt, durch eine bes- nach § 30 a BZRG vorlegen zu lassen. sere und verbindlichere Kooperation zwischen der Kinder- und Jugendhilfe und dem Gesundheitswe- Mit der Änderung des BZRG wird auch im Bereich sen sowie weiteren Institutionen den Schutz von der Kindertagesstätten den Anforderungen des Kindern zu verbessern. Für die Förderung des Kinder- und Jugendschutzes durch eine besondere Modellprojekts stehen jährlich 470 000 Euro zur Eignungsprüfung Rechnung getragen werden. Verfügung. Zum Thema Ich-Stärkung (Resilienzförderung) Neben diesen Einrichtungen und Projekten gibt es werden in Schulen verschiedene Programme an- regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen zum The- geboten. Hierzu gehören z. B. die Programme ma „Prävention von sexuellem Missbrauch an Kin- „Buddy“, „Klasse 2000“, „Sign“, „Lions-Quest“, dern“. Sowohl das Niedersächsische Landesamt Sozialtrainings, „PaC“ (Prävention als Chance), für Soziales, Jugend und Familie (LS) als auch die „SoLiS“ (soziales Lernen im Schulverbund), „Mein Kinderschutzzentren haben in den vergangenen Körper gehört mir“, „Durch dick und dünn“ und „Ich Jahren eine Vielzahl von Fortbildungen zu dieser bin ich“. Thematik durchgeführt. In diesem Jahr bietet das Außerdem wird geprüft, inwiefern niedergelassene LS zwei Veranstaltungen im April und Oktober an. Ärztinnen und Ärzte bei der Erkennung von Miss- Ende 2009 hat das Kinderschutzzentrum Hanno- handlungen und Missbrauch unterstützt werden ver gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemein- können. schaft der Kinderschutzzentren eine große Fach- tagung zum Thema „Institutionen - sichere Orte für Kinder? (Sexuelle) Gewalt gegen Kinder in gesell- Anlage 48 schaftlichen Einrichtungen“ in Hannover durchge- führt. Antwort Das Thema Missbrauch ist ebenfalls Bestandteil des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf der Weiterbildung zur Beratungslehrkraft und kann die Frage 49 der Abg. Miriam Staudte und Stefan anlassbezogen auch in der Fortbildung für Klas- Wenzel (GRÜNE) senlehrkräfte (KIK) bearbeitet werden. Werden die Sicherheitsanforderungen für die Lagerung hoch radioaktiven, wärmeent- Zu 2: Wie aus der Antwort zu 1. hervorgeht, ist wickelnden Atommülls im stillen Kämmer- bereits ein flächendeckendes Angebot in Nieder- lein fertiggestellt? sachsen vorhanden. Auf dem Endlagersymposium, das vom 30. Ok- tober bis zum 1. November 2008 in Berlin statt- Zu 3: Die Landesschulbehörde berät Schulleitun- fand, wurde ein Entwurf für neue Sicherheitsan- gen und Lehrkräfte zum Thema sexueller Miss- forderungen an die Endlagerung wärmeentwi- brauch mit dem Ziel, den Blick zu schärfen, nicht ckelnder radioaktiver Abfälle vom Bundesum- weltministerium vorgestellt. Sie sollen die bis- wegzusehen, eventuellen Verdachtsmomenten lang geltenden Sicherheitskriterien aus dem unverzüglich nachzugehen und durch Wachsam- Jahr 1983 ablösen. keit und Präsenz Problemsituationen erst gar nicht Am 20./.21. März 2009 fand ebenfalls in Berlin entstehen zu lassen bzw. durch unverzügliches ein Workshop zur Weiterentwicklung dieser Si- Handeln Leid für schutzbefohlene Kinder zu ver- cherheitsanforderungen statt - die Anregungen hindern. der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden dort allerdings nicht aufgenommen; denn eine Mit Erlass vom 8. April 2010 ist die Landesschul- fertige Revision des Entwurfs lag bereits zu Be- behörde gebeten worden, künftig bei der Einstel- ginn des Workshops vor. Von den Teilnehme- rinnen und Teilnehmern aus Lüchow-Dannen- lung von lehrendem und nicht lehrendem Personal berg und Vertretern von Umweltorganisationen im schulischen Bereich generell das erweiterte wie BUND und Greenpeace und der teilneh-

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menden Fragestellerin wurde dies als Schein- müsse als Möglichkeit, Fehler zu korrigieren, die beteiligung gewertet, ihre gemeinsame Kritik Bergung von atomaren Abfällen aus dem Endlager wurde in einer Protokollnotiz festgehalten. möglich sein. Am 12. April 2010 berichtete nun der Abtei- lungsleiter der Atomaufsicht im Bundesumwelt- Das BMU hat mit undatiertem Staatssekretärs- ministerium, Gerald Hennenhöfer, vor dem Um- schreiben (eingegangen im Niedersächsischen weltausschuss des Niedersächsischen Land- Ministerium für Umwelt und Klimaschutz (MU) am tags im Rahmen der Diskussion um den Stand- ort Gorleben, dass diese Sicherheitsanforde- 15. Juli 2009) den Ländern die Sicherheitsanforde- rungen derzeit in einer Bund-Länder-Arbeits- rungen übermittelt. Auf Wunsch des BMU soll sich gruppe diskutiert würden und dass es insbe- der Länderausschuss für Atomkernenergie (LAA) sondere, was die potenzielle Rückholbarkeit in mit den Sicherheitsanforderungen befassen, da den ersten 500 Jahren nach Einlagerung ange- he, zu Uneinigkeit zwischen den Bundeslän- sich diese auch an die Genehmigungsbehörden dern gekommen sei. Anderen Informationen zu- der Länder richten. folge will das Bundesumweltministerium selbst das Kriterium der Rückholbarkeit streichen, was Die Länder kamen der Bitte des BMU nach. In den das Wirtsgestein Salz bevorzugen würde. Sitzungen des zuständigen LAA-Fachausschusses

Wir fragen die Landesregierung: Ver- und Entsorgung (FAVE) am 5./6. November 2009 und am 14./15. April 2010 wurden die Si- 1. Warum werden Fragen wie die Erstellung cherheitsanforderungen erörtert. Darüber hinaus von Sicherheitsanforderungen für Atommüll, der noch in 1 Million Jahren radioaktive Strahlung fand auf Wunsch einiger Länder am 25. Februar abgeben wird, ohne Transparenz für die Parla- 2010 ein Bund-Länder-Workshop statt, in dem mente in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe fer- verschiedene Fachfragen vertieft diskutiert und im tiggestellt? Wesentlichen redaktionelle Änderungen und Klar- 2. Welche Positionen zur Revision dieser Si- stellungen zur Entwurfsfassung aus dem Jahr cherheitsanforderungen, darunter auch zur 2009 vorgeschlagen wurden. Weitere spezielle Frage der möglichen Rückholbarkeit innerhalb von 500 Jahren nach der Einlagerung, haben Fragestellungen sollen zudem in der vom 4. bis die niedersächsischen Vertreterinnen und Ver- 6. Mai 2010 stattfindenden Sitzung des LAA-Fach- treter in dieser Arbeitsgruppe oder in anderen ausschusses Strahlenschutz besprochen werden. Gremien vertreten? Nach Abschluss der Erörterung in den Fachaus- 3. Wie wird die Landesregierung sicherstellen, schüssen soll der LAA-Hauptausschuss die Si- dass die Sicherheitsanforderungen wie bei dem cherheitsanforderungen verabschieden. Punkt „Verzicht auf ein Mehrbarrierensystem“ nicht so abgeschliffen werden, dass der einzig In der Plenarsitzung des Niedersächsichen Land- untersuchte Standort Gorleben diesen Anforde- tages am 18. März 2010 hat sich Ministerpräsident rungen genügen kann? Wulff im Zusammenhang mit der Fortsetzung der Die Sicherheitsanforderungen für die Endlagerung Erkundungsarbeiten in Gorleben wie folgt geäu- wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle sind am ßert: 15. Juli 2009 durch das Bundesumweltministerium „Die Landesregierung wird sich sehr (BMU) veröffentlicht worden. In seiner Pressemit- intensiv an der Diskussion um die teilung Nr. 240/09 teilte das BMU u. a. mit, dass Frage beteiligen, ob es aus den Vor- die Sicherheitsanforderungen dem aktuellen Stand gängen um die Asse Rückschlüsse, von Wissenschaft und Technik entsprächen, die Rückfolgerungen für das weitere Ver- die aus dem Jahr 1983 stammenden Kriterien ab- fahren zu Gorleben gibt. Insbesonde- lösten und somit Planungsgrundlage für das Bun- re ist dabei zu prüfen, ob man bei desamt für Strahlenschutz (BfS) seien. bergmännischer und geologischer Zentrale Unterschiede der neuen Sicherheitsan- Tauglichkeit und einem Einstieg in ein forderungen zu denen aus dem Jahr 1983 seien: atomrechtliches Genehmigungsver- fahren die Frage der Rückholbarkeit, Für 1 Million Jahre müsse gezeigt werden, dass und zwar der jederzeitigen, ständigen allenfalls geringe, definierte Schadstoffmengen und dauerhaften Rückholbarkeit, an- aus dem Endlager freigesetzt werden können. Die ders bewertet, als sie damals in den Sicherheit des Endlagers müsse von der Planung 80er-Jahren - in den 60er-Jahren so- bis zum Verschluss des Endlagers einem kontinu- wieso - bewertet worden ist. Darüber ierlichen Optimierungsprozess mit periodischen sind wir uns auch mit dem Bundes- Sicherheitsüberprüfungen unterworfen werden. umweltminister einig.“ Zumindest bis zum Verschluss des Endlagers

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Das MU hat diese Position am 19. März 2010 in Grundschule entgegengenommen würden. Ge- einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem mäß § 149 Abs. 1 NSchG gewährt das Land privaten Schulträgern „nach Ablauf von drei BMU und den Ländern vorgetragen und deutlich Jahren seit der Genehmigung der Schule“ Fi- gemacht, dass die Frage, ob die aktuelle Fassung nanzhilfe. Soweit ein Trägerwechsel ohne vor- der Sicherheitsanforderungen diesem Aspekt herige Genehmigung der Schulbehörde stattge- Rechnung trägt, nochmals vertieft fachlich erörtert funden hat, beginnt diese Frist von Neuem (§ 149 Abs. 3 NSchG i. V. m. § 147 Abs. 3). werden muss. Ich frage die Landesregierung: Insoweit ist die fachliche und politische Erörterung 1. Wurde der Trägerwechsel von der PHORMS zwischen Bund und Ländern noch nicht abge- AG zur Oskar-Kämmer-Schule durch die Schul- schlossen. Ziel der Landesregierung ist es, dass behörde genehmigt, und erhält die Schule somit die Sicherheitsanforderungen zu gegebener Zeit in Finanzhilfe in welcher Höhe durch das Land? einer für die Öffentlichkeit und die Parlamente 2. Wie hoch war das Schulgeld unter der Trä- verständlichen und vermittelbaren Fassung verab- gerschaft der PHORMS AG, wie hoch ist es ab schiedet werden. Darüber hinaus setzt sich die dem kommenden Schuljahr? Landesregierung dafür ein, dass die Diskussion Die private Grundschule in Hannover, die bisher in über zentrale Sicherheitsfragen der Endlagerung der Trägerschaft der PHORMS AG steht, wird hoch radioaktiver Abfälle in einer transparenten gegenwärtig betrieben. Die in der Frage enthaltene und für die Öffentlichkeit nachvollziehbaren Form Aussage, der Schulstandort sei aufgegeben wor- fortgeführt wird. den, ist mithin nicht zutreffend. Richtig ist, dass bei Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine der dafür zuständigen Landesschulbehörde bean- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: tragt wurde, nach § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Niedersächsischen Schulgesetzes den Übergang Zu 1: Siehe Vorbemerkung. der Genehmigung auf einen anderen Träger, näm- Zu 2: Siehe Vorbemerkung. lich auf die Oskar-Kämmer-Schule, zuzulassen. Die Landesschulbehörde prüft gegenwärtig das Zu 3: Die Sicherheitsanforderungen tragen nach Vorliegen der Voraussetzungen. Auffassung der Landesregierung dem nach dem internationalen Stand von Wissenschaft und Tech- Der Träger der Schule ist bisher nicht finanzhilfe- nik größtmöglichen Sicherheitsniveau Rechnung; berechtigt, weil nach der Genehmigung der Unter- sie gehen weit über die Sicherheitskriterien aus richtsbetrieb erstmals im August 2007 aufgenom- dem Jahr 1983 hinaus. Ob der Standort Gorleben men wurde und nach § 149 Abs. 1 des Nieder- diesen hohen Anforderungen genügt, kann erst sächsischen Schulgesetzes die Finanzhilfe erst nach dem vollständigen Abschluss der bergmänni- nach Ablauf von drei Jahren gewährt wird. Bei schen Erkundung, einer darauf aufbauenden Eig- Vorliegen der Voraussetzungen kann danach nungsaussage des Bundes und dem sich im Falle erstmals ab August 2010 Finanzhilfe gewährt wer- der Eignung anschließenden atomrechtlichen den. Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbetei- Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der ligung entschieden werden. Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt: Anlage 49 Zu 1: Siehe Vorbemerkungen. Antwort Zu 2: Die Beitragsordnung der PHORMS AG, die Gegenstand der Genehmigung für die Schule ist, des Kultusministeriums auf die Frage 50 der Abg. sieht ein nach dem Familieneinkommen gestaffel- Christa Reichwaldt (LINKE) tes Schulgeld vor. Das danach zu zahlende monat- Finanzhilfe für neue/alte Privatschule in liche Schulgeld wird nachfolgend dargestellt: Hannover Jahreseinkommen Mtl. Schulgeld Die PHORMS AG hat ihren Schulstandort Han- 20 000 Euro 20 Euro nover (Kita und Grundschule) aufgegeben und 30 000 Euro 50 Euro wird zum kommenden Schuljahr keine neuen Grundschüler aufnehmen. Am 25. März 2010 40 000 Euro 90 Euro veröffentlichte die PHORMS Holding SE in Ab- 50 000 Euro 120 Euro stimmung mit der Oskar-Kämmer-Schule die 60 000 Euro 180 Euro Mitteilung, dass Letztere als neuer Schulträger 70 000 Euro 220 Euro einspringen werde und Anmeldungen für die

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80 000 Euro 280 Euro Unternehmen ebenfalls eine Betriebsstätte un- 100 000 Euro 380 Euro terhält. Zudem verfügt das Unternehmen nach eigenen Angaben über „eine Ausnahmege- 150 000 Euro 480 Euro nehmigung für den innerdeutschen Transport 200 000 Euro 500 Euro von radioaktiven Abfällen über Landesgrenzen hinweg“.

Die Beitragsordnung sieht im Übrigen eine Ermä- Wir fragen die Landesregierung: ßigungsmöglichkeit auf bis zu 0 Euro vor. 1. Über welche (Ausnahme-)Genehmigungen Gegenüber der Landesschulbehörde hat die Os- zum Transport, zur Verarbeitung, zur Konditio- kar-Kämmer-Schule erklärt, dass diese Beitrags- nierung, zur Lagerung, zur Verarbeitung und zum sonstigen Umgang mit welchen radioakti- ordnung übernommen und mit einem durchschnitt- ven Stoffen verfügt die Firma Eckert & Ziegler lichen Schulgeld in Höhe von 150 Euro monatlich GmbH in Braunschweig-Thune sowie gegebe- gerechnet wird. nenfalls an welchen anderen Standorten mit jeweils welchen Auflagen?

2. Umfassen diese Genehmigungen auch den Anlage 50 Umgang mit schwachem, mittelaktivem und falsch deklariertem Atommüll, wie er im Atom- Antwort mülllager Asse II gelagert wird? des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf 3. Verfügt die Firma Eckert & Ziegler GmbH be- die Frage 51 der Abg. Ursula Weisser-Roelle und reits heute über Genehmigungen und Einrich- tungen, die es ihr ermöglichen, Proben aus Victor Perli (LINKE) dem in der Schachtanlage Asse II lagernden Atommüll auf ihren Inhalt zu untersuchen? Welche Genehmigungen hat die Firma (Wenn ja, bitte einzeln aufführen, welche Ge- Eckert & Ziegler in Braunschweig zum Um- nehmigungen bzw. welche Einrichtungen exis- gang mit radioaktiven Stoffen und Abfällen? tieren.) Der Berliner Medizintechnikspezialist Eckert & Ziegler hat Anfang 2009 das Braunschweiger Die Eckert & Ziegler Strahlen- und Medizintechnik Unternehmen Nuclitec GmbH übernommen. AG, Berlin ist ein weltweit tätiges Unternehmen, Die heutige Unternehmenstochter produziert dessen Hauptanwendungsgebiete die Medizin- radioaktive Komponenten für die Medizin und technik, insbesondere die Krebstherapie, die nu- ist mit der Aufarbeitung und Entsorgung von schwach bis mittelradioaktiven Abfällen aus klearmedizinische Bildgebung und die Radiophar- Medizin, Industrie und Forschung befasst. mazie sind. Nachdem im Januar 2010 Pläne des Unter- Gegründet wurde Eckert & Ziegler 1997 als Hol- nehmens bekannt wurden, etwa 20 Millionen Euro in die Erweiterung des „Kompetenzzent- dinggesellschaft. Das älteste Tochterunternehmen, rums für sichere Entsorgung“ im Braunschwei- die Eckert & Ziegler BEBIG GmbH, ging 1992 aus ger Stadtteil Thune zu investieren, hat der Rat dem Zentralinstitut für Isotopentechnik, einem For- der Stadt Braunschweig einstimmig eine Ver- schungsinstitut der ehemaligen Akademie der Wis- änderungssperre für den Standort verhängt. Der Grund dafür waren Befürchtungen, wonach senschaften der DDR, hervor. Seit 2009 gehören das Vorhaben dieser Firma dazu führen könnte, die Geschäftsbereiche „Herstellung radioaktiver dass in einer geplanten Containerhalle auf der Prüf- und Kalibrierstrahler“ und „Environmental Erweiterungsfläche gegebenenfalls auch Atom- Services“ der ehemaligen Firma Amersham Buch- müll aus dem Atommülllager Asse II aufbereitet werden könne. Zwischenzeitlich hat das Bun- ler GmbH & Co. KG aus Braunschweig als weite- desamt für Strahlenschutz angekündigt, dass res spezialisiertes Tochterunternehmen zur Eckert der radioaktive Asse-Müll infolge der geplanten & Ziegler Medizintechnik. Rückholung definitiv nicht zur Aufarbeitung nach Braunschweig gebracht werden soll. Der Bereich „Environmental Service“ besteht seit Das Unternehmen äußerte sich zuletzt wieder- 1976 und umfasst die Sammlung und Konditionie- holt zuversichtlich, sich von dem „Milliarden- rung radioaktiver Abfälle aus Medizin, Forschung markt“ infolge der Inbetriebnahme von Schacht und Technik. Die Abgabe radioaktiver Abfälle an Konrad sowie der Rückholung des Asse-Mülls die Firma Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH stellt „seinen Teil sichern“ zu können. Vor wenigen Wochen wurde durch eine Aktienanalyse der eine Ausnahme gemäß § 77 StrlSchV von der BankM bekannt, dass das Unternehmen jetzt Ablieferungspflicht an die Landessammelstelle dar. „alternative Angebote anderer Gemeinden“ für Für einzelne Abfallarten, nach deren Behandlung einen Standort zur Bearbeitung und Zwischen- kein (signifikantes) endzulagerndes Volumen zu- lagerung des Atommülls aus Asse II prüfe. Dies hatte in der Ortschaft Leese im Landkreis Nien- rückbleibt, hat das Niedersächsische Ministerium burg/Weser Sorgen ausgelöst, wo das Berliner für Umwelt und Klimaschutz (MU) im Mai 2002 ein

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pauschales Einvernehmen zur Abgabe an die o. g. gen Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb Firma mit den anderen Bundesländern hergestellt. genehmigungspflichtiger Anlagen erteilt. Diese Es handelt sich bei den o. g. Abfallarten um soge- bezieht sich ausschließlich auf umschlossene nannte Abklingabfälle (Radionuklide mit Halb- Strahlenquellen. wertszeiten < 100 Tage), radioaktive Abfälle, die gemäß § 29 StrlSchV freigebbar sind, und dekon- Für das Außenlager Leese ist das Staatliche Ge- taminierbare Abfälle. Radioaktive Abfälle wie feste werbeaufsichtsamt Hannover zuständig. Der Um- und flüssige organische radioaktive Abfälle und gang erfolgt auf einer Genehmigung gemäß § 7 Mischabfälle, die der Verbrennung zugeführt wer- StrlSchV zum Umgang mit sonstigen radioaktiven den können, sowie Strahlenquellen, die auf Wie- Stoffen. Diese Genehmigung beinhaltet ebenfalls derverwendung und Verwertung geprüft werden, den Umgang mit Kernbrennstoffen gemäß § 2 fallen ebenfalls unter die pauschale Einverneh- Abs. 3 AtG. mensregelung. In allen anderen Fällen ist eine individuelle Einvernehmenserklärung des MU ein- Die o. g. Genehmigungen sind mit Auflagen ver- zuholen, bevor Abfälle an die Firma Eckert & Zieg- bunden. Diese enthalten Regelungen zum Schutz ler Nuclitec GmbH abgegeben werden dürfen. von Personen in Strahlenschutzbereichen, zur Diese Einvernehmensregelung stellt eine Ein- physikalischen Strahlenschutzkontrolle, zur Be- schränkung der seit 1976 bestehenden Geschäfts- grenzung der Ableitung radioaktiver Stoffe, zur aktivitäten der Firma Eckert & Ziegler Nuclitec Umgebungsüberwachung und zur Lagerung und GmbH dar. Sicherung radioaktiver Stoffe. Weiterhin übernimmt die Firma Aufträge zur endla- gergerechten Konditionierung radioaktiver Abfälle Zu 2: Die Genehmigungen gemäß § 7 StrlSchV für für Landessammelstellen aus anderen Bundeslän- den Produktionsstandort Braunschweig und das dern. Zur Konditionierung am Produktionsstandort Außenlager Leese umfassen den Umgang mit Braunschweig werden Verfahren angewendet, sonstigen radioaktiven Stoffen, wie sie üblicher- denen das Bundesamt für Strahlenschutz gemäß weise in den Bereichen Medizin, Forschung und § 74 StrlSchV zugestimmt hat. Nach der Konditio- Technik vorkommen. Die o. g. Genehmigung nach nierung erfolgt der Rücktransport in die Zwischen- § 9 AtG schließt den Umgang mit Kernbrennstoffen lager der entsprechenden Landessammelstellen. in offener Form aus. Inwieweit bei der Umkonditio- Neben dem Produktionsstandort in Braunschweig nierung radioaktiver Abfälle aus der Schachtanlage betreibt die o. g. Firma im Landkreis Nien- Asse II diese auftreten, kann derzeit nicht ab- burg/Weser das Außenlager Leese, in dem u. a. schließend beantwortet werden. die radioaktiven Abfälle der niedersächsischen Landessammelstelle Steyerberg lagern. Zu 3: Am Standort Braunschweig betreibt die o. g. Firma seit 1990 ein von der Physikalisch-Techni- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine schen Bundesanstalt akkreditiertes DKD-Labor für Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Messgrößen der Radioaktivität. Inwieweit das La- Zu 1: Die Firma Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH bor für Untersuchungen von Proben der in der hat für den Produktionsstandort Braunschweig Schachtanlage Asse II eingelagerten Abfälle infra- eine Genehmigung gemäß § 7 StrlSchV zum Um- ge käme, kann erst nach Kenntnis von Art und gang mit sonstigen radioaktiven Stoffen. Diese Umfang solcher Proben beurteilt werden. Der Um- Genehmigung beinhaltet auch den Umgang mit gang mit Probenmaterial wäre in diesem Fall mit Kernbrennstoffen gemäß § 2 Abs. 3 AtG. Zum der für den Standort Braunschweig vorhandenen Transport radioaktiver Stoffe besitzt die o. g. Firma Umgangsgenehmigung gemäß § 7 StrlSchV ab- eine Beförderungsgenehmigung gemäß § 16 zugleichen. StrlSchV. Tätigkeiten in fremden Anlagen und Ein- richtungen werden auf der Grundlage einer Ge- Die Genehmigung gemäß § 7 StrlSchV des Au- nehmigung gemäß § 15 StrlSchV durchgeführt. Die ßenlagers Leese bezieht sich ausschließlich auf o. g. Genehmigungen wurden vom Staatlichen die Lagerung radioaktiver Abfälle aus Medizin, Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig ausgespro- Forschung und Technik und schließt den Umgang chen. mit Probenmaterial aus.

Das MU hat weiterhin eine Genehmigung gemäß

§ 9 AtG zur Bearbeitung, Verarbeitung und sonsti-

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Anlage 51 führung im Sinne der Abgabenordnung Daten erhoben, eigene Ermittlungen oder systemati- Antwort sche Recherchen angestellt, und wie (nach Art, Umfang und Kriterien) und auf welcher Rechts- des Finanzministeriums auf die Frage 52 des Abg. grundlage findet diese Datenerhebung statt? Kurt Herzog (LINKE) 2. Gibt es im Zusammenhang mit der Überprü- Ist der wiederholte Versuch, der Bürgeriniti- fung der Gemeinnützigkeit von Vereinen, ins- ative Lüchow-Dannenberg die Gemeinnüt- besondere der BI Lüchow-Dannenberg, ein Zu- zigkeit abzuerkennen, ein Fall politisch ge- sammenwirken (formell oder informell) von wollter Behinderung? Landesbehörden und zuständigem Finanzamt, und, wenn ja, wie stellt sich dieses im Einzel- Im Hinblick auf das im Salzstock Gorleben- nen, insbesondere im aktuellen Fall der BI Lü- Rambow im Bau befindliche Erkundungsberg- chow-Dannenberg, dar? werk für ein mögliches Endlager der Bundesre- publik Deutschland für hoch radioaktive, wär- 3. Welche Erkenntnisse liegen den Landesbe- meentwickelnde Abfälle sorgt die Bürgerinitiati- hörden (inklusive dem Finanzamt Lüchow) vor, ve Lüchow-Dannenberg (BI) nach Ansicht von die es nach Einstellung des strafrechtlichen Beobachtern erfolgreich für eine zivilgesell- Ermittlungsverfahrens im Januar dieses Jahres schaftlich organisierte Kompensation für die seit rechtfertigen, nach wie vor die Gemeinnützig- Jahrzehnten nicht vorhandene Bürgerbeteili- keit der BI Lüchow-Dannenberg infrage zu stel- gung im Zusammenhang geltenden Bau-, Um- len, und wie lange soll dieser Schwebezustand welt- und Atomrechts. Dies wird u. a. deutlich aufrechterhalten werden? an Berücksichtigungen von Verlautbarungen der BI in vielen auch überregionalen Medien, Der Fragesteller geht offenkundig von einem fal- insbesondere aber in der Elbe-Jeetzel-Zeitung. schen Staatsverständnis aus. Denn die Entschei- Die Bürgerinitiative nimmt ihre Aufgaben ge- dung, ob einer bislang als gemeinnützig anerkann- mäß ihren eigenen Grundsätzen aus Verant- ten Körperschaft die Gemeinnützigkeit aberkannt wortung gegenüber Mensch und Umwelt und werden muss, ist eine Rechtsfrage. Sie entzieht auf der Basis eines ganz überwiegend ehren- sich damit dem politischen Willen. amtlichen Engagements wahr. Die Arbeit des Vereins ist deshalb auch im finanzrechtlichen Die rechtliche Beurteilung stellt sich wie folgt dar: Sinne als gemeinnützig anerkannt.

Obwohl die Bürgerinitiative immer wieder betont Die Steuervergünstigung wegen Verfolgung ge- hat, dass sie nicht zu Straftaten aufruft und meinnütziger Zwecke wird gewährt, wenn sich aus auch in der Vergangenheit nicht aufgerufen hat, der Satzung ergibt, dass die Körperschaft einen sieht sie sich immer wieder entsprechenden gemeinnützigen Zweck i. S. d. § 52 der Abgaben- Vorwürfen ausgesetzt. Wiederholt wurde sei- tens des Finanzamts Lüchow der Versuch un- ordnung verfolgt. Die bloße ehrenamtliche Tätigkeit ternommen, der BI die Gemeinnützigkeit abzu- (= unentgeltliche Tätigkeit) der Mitglieder reicht erkennen, allerdings jedes Mal vergeblich. nicht aus; nur dann, wenn der sich aus der Sat- So stellte das FA Lüchow zuletzt die Gemein- zung ergebende Zweck den Anforderungen der nützigkeit des Vereins infrage, nachdem es bei §§ 52 bis 55 Abgabenordnung entspricht und aus- einer im Mai 2009 von der Bürgerinitiative an- schließlich und unmittelbar verfolgt wird, kann die gemeldeten Demonstration am Endlagerprojekt fragliche Körperschaft als gemeinnützig anerkannt zu Straftaten gekommen sein soll. Es bezog sich dabei ausdrücklich auf ein gegen die BI- werden. Hinzu kommen muss freilich, dass die Vorsitzende als Anmelderin eingeleitetes tatsächliche Geschäftsführung den Satzungsbe- staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren. stimmungen entspricht (§ 59 der Abgabenord- Dieses Ermittlungsverfahren ist allerdings mitt- nung). Nach § 63 Abs. 1 AO muss die tatsächliche lerweile eingestellt worden. Nach wie vor behält Geschäftsführung der Körperschaft auf die aus- sich das FA Lüchow trotzdem vor, der BI die schließliche und unmittelbare Erfüllung der steuer- Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Es beruft sich dabei auf eigene Erkenntnisse, z. B. in Form begünstigten Zwecke gerichtet sein und den Be- von Bildern aus dem Internet, Anzeigen von stimmungen entsprechen, die die Satzung über die Nachbarn oder auf sonstige Unterlagen, räumt Voraussetzungen für Steuervergünstigungen ent- allerdings ein, dass diese Erkenntnisse die glei- hält. Die Gemeinnützigkeit setzt gemäß § 51 che Qualität haben müssten wie Beweismittel in einem Strafprozess. Abs. 3 der Abgabenordnung zudem voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer Ich frage die Landesregierung: tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebun- 1. Werden von den niedersächsischen Finanz- gen i. S. d. § 4 des Bundesverfassungsschutzge- ämtern im Rahmen der laufenden Beobachtung setzes fördert und dem Gedanken der Völkerver- steuerbegünstigter Körperschaften, insbeson- dere der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, ständigung nicht zuwiderhandelt. Das bedeutet, im Hinblick auf deren tatsächliche Geschäfts- dass eine Körperschaft nur dann als gemeinnützig

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anerkannt werden kann, wenn sie sich bei ihrer Körperschaften, die die Öffentlichkeit auf von ihr tatsächlichen Geschäftsführung an die geltende als Missstände bewertete Zustände aufmerksam Rechtsordnung hält: Die Rechtsordnung setzt das machen wollen. gesetzestreue Verhalten aller Rechtsunterworfe- nen voraus (Tz. 16 zu § 52 und Tz. 3 zu § 63 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung). Ob das der Fall ist, hat das zuständige Finanzamt Anlage 52 pflichtgemäß zu prüfen. Antwort Wird dem Finanzamt - auf welchem Wege auch immer - bekannt, dass die gemeinnützige Körper- des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, schaft möglicherweise gegen geltendes Recht Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die verstoßen hat, ist es von Amts wegen verpflichtet, Frage 54 der Abg. Christian Meyer und Miriam diesen Hinweisen nachzugehen und den fraglichen Staudte (GRÜNE) Sachverhalt aufzuklären. Dazu kann bzw. muss es sich sämtlicher Informationsmöglichkeiten bedie- Qualvolle Tiertransporte in Niedersachsen nen (z. B. Presseartikel, Internetauftritte oder -auf- die Regel? rufe, Hinweise anderer Behörden, Anzeigen von Nachbarn). Dabei wird es aus Zweckmäßigkeits- In der Deister- und Weserzeitung vom 14. April 2010 gab es unter dem Titel „Qualvolle Tier- gründen nur jene Beweise erheben, die gerichts- transporte“ eine Notiz, aus der hervorgeht, dass verwertbar sind. Die zwingend durchzuführende bei einer Polizeikontrolle von Lebendtiertrans- Sachverhaltsaufklärung kann ergeben, dass Grün- portern in den Landkreisen Lüneburg, Harburg de vorliegen, die zur Aberkennung der Gemeinnüt- und Rotenburg zahlreiche Verstöße gegen den Tierschutz festgestellt wurden. zigkeit führen, sie kann aber ebenso ergeben, dass die Beweismittel hierfür nicht ausreichen. In Laut Pressemitteilung der Polizeiinspektion diesem Fall bleibt die fragliche Körperschaft ge- Harburg vom 13. April 2010 wurden die Kontrol- meinnützig. Sie kann aber auch ergeben, dass die len von Mitarbeitern des Landesamtes für Gemeinnützigkeit unzweifelhaft gegeben ist. Verbraucherschutz unterstützt. Von sechzehn Tiertransporten, von denen zwölf von einheimi- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen schen Unternehmen waren, mussten zehn - al- so fast zwei Drittel - beanstandet werden: „Da- wie folgt: bei wurde praktisch die gesamte Bandbreite an Zu 1: Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. tierschutzrechtlichen Verstößen festgestellt.“ So wurde das pro Tier vorgeschriebene Platzan- Zu 2: Im Rahmen der Überprüfung, ob sich eine gebot teilweise um mehr als 20 % unterschrit- ten. Dadurch standen die Schweine sehr dicht gemeinnützige Körperschaft im Rahmen ihrer tat- gedrängt und gerieten massiv unter Stress. sächlichen Geschäftsführung an die Satzung und Ferner mussten die kontrollierenden Beamten an die geltende Rechtsordnung gehalten hat, kann ein totes Schwein feststellen. Dieses war beim das Finanzamt auch auf Erkenntnisse anderer Beladevorgang offenbar zwischen Trenngitter und Ladeboden geraten und erdrosselt worden. Behörden - z. B. Polizeibehörden - zurückgreifen, Die Einleitung eines Strafverfahrens wegen wenn diese Erkenntnisse verfügbar und gerichts- Verstoß gegen das Tierschutzgesetz durch den verwertbar sind. Das Finanzamt ist verpflichtet, Fahrzeugführer wird geprüft. den Sachverhalt vollständig zu erforschen und alle zulässigen Beweise zu erheben. Angesichts der gravierenden Verstöße fordert die Polizeiinspektion Harburg: „Die relativ hohe Zu 3: Welche Erkenntnisse dem Finanzamt Lü- Beanstandungsquote macht deutlich, dass in diesem Transportsegment weitere Kontrollen chow vorliegen, unterliegt dem Steuergeheimnis unbedingt angezeigt sind.“ (§ 30 der Abgabenordnung). Eine gemeinnützige Körperschaft muss immer damit rechnen, dass Wir fragen die Landesregierung: dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, die es verpflichten zu prüfen, ob die Voraussetzungen der 1. Wie viele Tiertransporte wurden in den Jah- Gemeinnützigkeit noch bestehen. Jede gemein- ren 2007 bis 2009 durchgeführt, und wie viele davon wurden kontrolliert? nützige Körperschaft wird deshalb im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung alles vermei- 2. Wie viele Verstöße gegen bestehende Vor- den, was den Anschein erwecken könnte, sie ver- schriften, insbesondere solche tierschutzrechtli- lasse den Rahmen des geltenden Rechts. Diese cher Art, wurden dabei festgestellt (bitte nach Verpflichtung gilt selbstverständlich auch für solche Tierarten gegliedert)?

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3. Wird die Landesregierung vor dem Hinter- Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine grund, dass bei der zitierten Kontrolle in fast Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: zwei Dritteln der Fälle erhebliche Verstöße ge- gen das Tierschutzrecht festgestellt wurden, in Zu 1: Die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Zukunft die Kontrolldichte von Tiertransporten verstärken, wie es auch von der Polizeiinspek- Transporte wird nicht erfasst. Für einen jährlich an tion Harburg gefordert wird? die Europäische Kommission zu übermittelnden Bericht wird vom Bundesamt für Verbraucher- Bei der Durchführung von Tiertransporten sind zur schutz und Lebensmittelsicherheit lediglich die Vermeidung von unnötigen Belastungen für die Zahl der exportierten und geschlachteten Tiere Tiere strenge gesetzliche Regelungen zu beach- ermittelt und für die Bundesrepublik Deutschland ten. Diese Vorschriften enthalten u. a. Mindestan- zusammengestellt. Eine Aufschlüsselung auf die forderungen an den während des Transportes zur einzelnen Länder erfolgt nicht. Verfügung stehenden Platz für die Tiere, an die Transportdauer, das Einlegen von Ruhepausen, Daten über durchgeführte Kontrollen werden über die Versorgung der Tiere und an die Ausstattung die Landkreise/kreisfreien Städte ermittelt und für der Transportfahrzeuge. Transporteure und Fahr- den genannten Bericht an die Europäische Kom- zeuge müssen behördlich zugelassen und Fahrer mission zusammengestellt. Sie sind in der nachfol- wie auch Begleiter müssen sachkundig im Umgang genden Tabelle zusammengestellt: mit den Tieren sein. Jahr 2007 2008 2009 Vertreter der Veterinärbehörden führen regelmäßig Anzahl der

Schulungen durch und informieren und kontrollie- kontrollierten ren mit Unterstützung durch die Polizei die betrof- Transportmittel 44 828 46 718 50 908 fenen Personen und Fahrzeuge. Ergänzend kon- trolliert die Polizei im Rahmen von allgemeinen Zu 2: Die Anzahl der in Niedersachsen festgestell- Verkehrskontrollen auch die Einhaltung von Vor- ten Verstöße insbesondere gegen tierschutzrecht- schriften zum Transport von Lebendtieren. Mit liche Vorschriften ist der folgenden Tabelle zu ent- diesen Kontrollen werden auch Tiertransporte er- nehmen: reicht, die in Niedersachsen weder be- noch entla- den werden, sondern das Land im Transit durch- fahren. Die Kontrolle von Tiertransporten ist eins der Instrumente, mit denen die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften überprüft wird.

Jahr Transportmittel davon Rinder-, Schweine- Pferdetrans- Sonstige Tier- Schafe- und Zie- transporte porte arten insgesamt gentransporte 2007 406 (= 0,9 %) 115 147 6 138 2008 254 (= 0,5 %) 94 139 7 14 2009 675 (=1,3 %) 139 489 15 32

Zu 3: Die Landesregierung unterstützt auch wei- auf visuell vorselektierte Transportfahrzeuge, bei terhin die Kontrolle von Lebendtiertransporten denen ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften durch ihre dafür zuständigen Behörden. zu vermuten ist. Das in der Pressemitteilung zitierte Kontrollergeb- Für eine Steigerung der Kontrolleffektivität sind nis ist gegenüber den zu Frage 2 dargestellten weniger die Anzahl als vielmehr die Art und Weise Beanstandungsquoten kontrollierter Tiertransporte der Kontrollen sowie deren Zeiträume relevant. als nicht repräsentativ zu bewerten. Derartige spe- zielle Kontrollen beschränken sich grundsätzlich

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Anlage 53 auf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärti- ge Belange der Bundesrepublik Deutschland ge- Antwort fährden oder sich gegen die Völkerverständigung des Ministeriums für Inneres und Sport auf die richten. Frage 55 des Abg. Helge Limburg (GRÜNE) Ausgehend von den Umständen der Tat wird ge- Rechtsextremistische Straftaten in Nieder- mäß diesem Definitionssystem ein Delikt als frem- sachsen im ersten Quartal 2010 denfeindlich erfasst, wenn es aufgrund der tat- Der versuchte Übergriff auf eine Mahnwache sächlichen oder vermeintlichen Nationalität, Volks- des „Bündnisses gegen Rechts“ im Stadtteil zugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion oder Hannover-Kleefeld am 5. März 2010 ist ein Bei- Herkunft des Opfers verübt wurde. spiel dafür, wie die rechtsextremistische Szene in Niedersachsen agiert. In diesem Fall konnte Niedersachsen gewährleistet hinsichtlich der Fall- die Polizei Schlimmeres verhindern, in vielen anderen Fällen kann und konnte sie dies nicht. zahlen der politisch motivierten Kriminalität auf- Um aktiv gegen Rassismus und Antisemitismus grund der vereinbarten Erfassungsvorgaben eine vorgehen und gesellschaftliche Bewegungen, ständige Aktualität, auch für bereits zurückliegende die sich „gegen Rechts“ engagieren, unterstüt- Zeiträume. Ergebnisse aus Ermittlungsverfahren zen zu können, ist es notwendig, einen Über- blick über Art und Anzahl der rechtsextremisti- oder Gerichtsurteilen finden auch für vergangene schen Straftaten zu haben. Jahre Berücksichtigung in der Statistik. Dies führt dazu, dass Änderungen bzw. Nacherfassungen Ich frage die Landesregierung: notwendig werden, die die Vergleichbarkeit von 1. Wie viele rechtsextremistische Straftaten Daten insbesondere in Abhängigkeit vom Erhe- wurden in Niedersachsen im ersten Quartal 2010 polizeilich registriert (bitte auflisten nach bungszeitpunkt beeinflussen. Die Zahlen unterlie- Landkreisen/kreisfreien Städten)? gen demzufolge teilweise starken Veränderungen. Insofern können zuverlässige Aussagen zur Ent- 2. Wie viele der unter 1. genannten rechtsext- remistischen Straftaten waren Gewaltdelikte? wicklung der politisch motivierten Kriminalität in Niedersachsen anhand der nachfolgenden Fall- 3. Wie viele der unter 1. genannten rechtsext- remistischen Straftaten hatten einen fremden- zahlen im vorgesehenen Erfassungszeitraum noch feindlichen Hintergrund? nicht vorgenommen werden. Nach einem Beschluss der Ständigen Konferenz Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) namens der Landesregierung wie folgt: wurde bundesweit im Jahr 2001 ein einheitlicher Zu 1: Anzahl der polizeilich bekannt gewordenen Kriminalpolizeilicher Meldedienst - Politisch moti- rechtsextremistischen Straftaten in Niedersachsen vierte Kriminalität (KPMD-PMK) eingeführt, um im ersten Quartal 2010 (Stand: 22. April 2010): eine bundeseinheitliche und differenzierte Auswer- tung und Lagedarstellung zu ermöglichen. Dem Phänomenbereich der politisch motivierten Landkreis/kreisfreie Stadt 1. Quartal 2010 Kriminalität - rechts - werden danach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der LK Ammerland 5 Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhalts- LK Aurich 14 punkte dafür vorliegen, dass sie nach verständiger Betrachtung einer „rechten“ Orientierung zuzu- LK Celle 13 rechnen sind. Dies trifft insbesondere auf Delikte LK Cloppenburg 2 zu, bei denen Bezüge zu völkischem Nationalis- mus, Rassismus, Sozialdarwinismus oder Natio- LK Cuxhaven 5 nalsozialismus ganz oder teilweise ursächlich für LK Diepholz 4 die Tatbegehung waren. LK Emsland 7 Die extremistische Kriminalität bildet einen Teilbe- reich der politisch motivierten Kriminalität ab und LK Friesland 1 umfasst Straftaten, bei denen tatsächliche An- LK Gifhorn 5 haltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet LK Goslar 7 sind. Ebenfalls hinzugerechnet werden Straftaten, LK Göttingen 7 die durch Anwendung von Gewalt oder durch dar-

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LK Grafschaft Bentheim 3 Zu 2: Anzahl der polizeilich bekannt gewordenen rechtsextremistischen Gewaltdelikte in Nieder- LK Hameln-Pyrmont 6 sachsen im ersten Quartal 2010 (Stand: 22. April LK Harburg 29 2010):

LK Helmstedt 4 Landkreis/kreisfreie Stadt 1. Quartal 2010 LK Hildesheim 9 LK Aurich 1 LK Holzminden 2 LK Celle 3 LK Leer 4 LK Harburg 6 LK Lüchow-Dannenberg 2 LK Hildesheim 1 LK Lüneburg 2 LK Osterholz 1 LK Nienburg 3 Stadt Delmenhorst 1 LK Northeim 4 Stadt Emden 1 LK Oldenburg 1 Stadt Hannover 4 LK Osnabrück 8 Stadt Oldenburg 1 LK Osterholz 7 Gesamt 19 LK Osterode 1 Zu 3: Anzahl der polizeilich bekannt gewordenen LK Peine 4 rechtsextremistischen Straftaten mit fremdenfeind- LK Rotenburg (Wümme) 5 lichem Hintergrund in Niedersachsen im ersten Quartal 2010 (Stand: 22. April 2010): LK Schaumburg 4 Landkreis/kreisfreie Stadt 1. Quartal 2010 LK Soltau-Fallingbostel 8 LK Stade 15 LK Aurich 4 LK Uelzen 3 LK Celle 3 LK Vechta 4 LK Cuxhaven 2 LK Verden 12 LK Emsland 1 LK 0 LK Grafschaft Bentheim 1 LK Wittmund 4 LK Harburg 4 LK Wolfenbüttel 2 LK Helmstedt 1 Region Hannover 17 LK Hildesheim 2 Stadt Braunschweig 10 LK Holzminden 1 Stadt Delmenhorst 6 LK Lüchow-Dannenberg 2 Stadt Emden 4 LK Lüneburg 2 Stadt Hannover 23 LK Nienburg 1 Stadt Oldenburg 10 LK Osterholz 2 Stadt Osnabrück 5 LK Rotenburg (Wümme) 1 Stadt Salzgitter 6 LK Soltau-Fallingbostel 2 Stadt Wilhelmshaven 6 LK Stade 5 Stadt Wolfsburg 0 LK Verden 1 Gesamt 303 Region Hannover 3

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Stadt Braunschweig 3 Stadt Emden 4 Stadt Hannover 8 Stadt Oldenburg 1 Stadt Osnabrück 1 Stadt Wilhelmshaven 1 Gesamt 56

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Anlage: Antwort auf Frage 41 (Zu 2:) SU RE 1 138 AW DE 1 48 „Hire and Fire“ bei niedersächsischen FR RE 1 55 Lehrerinnen und Lehrern? KM SR DE RK 1 52 DE BI 1 156 Schuljahr 2008/2009 BI EN 1 52 MU 1 8 FÄCHER ANZAHL GESAMTDAUER KU SP 1 233 der Verträge in Tagen MA SP 1 57 DE SU KU 1 159 DE RK MA 1 54 DE SU KU 1 187 MA SU SP 1 89 MA SU DE 1 164 EN PO 1 136 MA BI AW 1 15 SP TG 1 114 DE RE SU 1 91 DE EN SU 1 89 ES LE TE BI 1 52 MU DE RE 1 52 DE HW 1 55 MU DE RK 1 54 KU SU PO 1 52 MA WE SU 1 71 DE RK 1 138 EN SU MA 1 141 DE SP SU 1 164 EN GE 1 129 MU EN 1 60 AW BI 1 98 DE SP RK 1 52 DE RE EK 1 163 DE SP EN 1 89 BI CH PH 1 129 MA SU 1 56 SU DE RE 1 70 MU EN DE 1 76 MU MA SP 1 59 DE KU MA 1 89 DE GE 1 29 SP AW 1 141 MU MA RE 1 42 DE RK KU 1 141 LA RK 1 141 MA SU DE 1 96 DE SU SP 1 52 GE FR 1 164 DE EK 1 123 FR MU 1 28 DE RK 1 303 SP EN 1 82 EN RS WI 1 69 DE PO 1 89 SU DE EN 1 143 SU KU DE 1 82 AW WN 1 55 MA DE SU 1 141 RE 1 144 SP EN DE 1 92 CH MA PH 1 75 CH SP 1 168 DE KU SU 1 297 MA SP EN 1 88 SR KM BI MA 1 92 RE SP DE 1 107 SR KM BI 1 141 EN EK 1 185 ES LE DE RE 1 81 MA EK 1 163 DE EK 1 164 RK 1 144 MA SP 1 166 PH 1 56 DE RK 1 53 DE BI 1 138 RK SU DE 1 122 DE SP KU 1 92 DE SU RE 1 45 DE EN SU 1 89 KU DE SU 1 234 SU DE RE 1 69 RK MA DE 1 89 FR 1 71 DE SU EN 1 54 LE ES SU KU 1 52 MA IF 1 169 LE SR MU MA 1 113 DE RE 1 163 EN GE 1 48 MA SP SU 1 100 EK RE 1 163 DE SU MA 1 52 TG SU MA 1 92

9028 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

SU KU DE 1 269 SP DE MA 1 65 DE BI 1 89 DE SU 1 44 DE RE EN 1 30 DE BI 1 136 KU DE 1 28 DE KU 1 60 MA PH 1 90 BI MA 1 74 MA KU 1 150 BI CH WE 1 40 DE EN SU 1 45 DE GE PO 1 60 DE GE 1 144 PH MA 1 47 DE GE 1 96 SU MA 1 89 BI DE 1 96 EN MU MA 1 49 HW TG 1 55 RE MA TG 1 52 SU SP DE 1 75 DE RK 1 47 EN SN 1 158 KU SU GE 1 164 DE BI 1 55 DE SP MA 1 136 MA PH 1 40 RE SP DE 1 141 DE EN 1 52 RK SU DE 1 119 MA SP 1 36 MA SP SU 1 89 DE RE 1 89 DE SU AW PO 1 241 PH 1 89 DE SP SU 1 68 FR 1 50 DE SP 1 69 CH PH 1 153 DE SU MA 1 44 CH PH 1 153 SU DE MA 1 141 SP SU DE 1 92 SR ES DE KU 1 241 DE SU 1 308 SU WE KU 1 141 KU DE SU 1 52 DE GE 1 92 DE EN RK SU 1 52 SP MA KU 1 152 MA PO 1 152 MA CH 1 57 MA SP 1 92 EN 1 70 SP MA 1 92 MA DE RK 1 128 GE DE 1 55 MA CH PH 1 115 MA TG 1 149 DE GE 1 217 MU 1 159 MA IF PH 1 164 DE RK 1 141 DE WN 1 38 MA PH 1 167 DE SU RE 1 52 TG SU MA 1 91 MA SP 1 85 EN KU DE 1 158 MA BI 1 55 WE MA SU 1 82 MA PH 1 139 SN DE 1 37 DE TG 1 216 DE RE SU 1 61 DE KU EN 1 2 AW RE BI 1 92 MA PH 1 140 SR ES KU SU 1 126 SP MA TG 1 58 MA RK SU 1 169 SP DE RK 1 96 IF PH 1 122 MA SP SU 1 159 EN SP DE 1 86 CH PH MA 1 141 DE GE 1 70 BI SP 1 92 KU MA EN 1 45 SU WE DE 1 73 DE EN SU 1 23 DE KU 1 51 SU SP DE 1 131 DE SU TG 1 273 KU IT 1 70 MA RE SU 1 304 SR ES MU 1 97 SU DE MA 1 136 MA TG RE 1 90 FR DE 1 52

9029 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

DE SP 1 52 DE EN SU 1 77 BI RS 1 86 LE GB SU KU 1 79 PH MA 1 108 WE SP DE 1 38 MU RE MA 1 58 DE EN SU 1 55 WE DE SP 1 55 DE SU 1 220 WE DE SU 1 52 DE SP SU 1 52 PH MA CH 1 134 KM GB MA KU 1 38 MA RK 1 81 DE RE 1 234 EN SP 1 144 KU DE LE ES 1 136 RK DE EN 1 75 SP DE SU 1 160 SU MA SP 1 55 DE KU 1 72 MU MA 1 55 SP DE SU 1 46 MA IF AW 1 164 SP DE 1 59 DE MA SU 1 82 SP MA 1 89 SU DE KU 1 91 EN SN 1 62 DE SU BI 1 86 KU EN MA 1 89 RE MA SP 1 52 DE SP MA 1 92 DE PO 1 50 DE SP EN 1 89 DE RK 1 141 DE SU KU 1 59 RE DE SU 1 88 PH MA MU 1 141 MU DE 1 129 DE GE 1 297 LE ES BI RE 1 89 BI SP 1 141 DE GE 1 97 DE EN 1 55 KU DE SU 1 50 RE MA SU 1 73 SU RK DE 1 52 DE EN SU 1 55 DE MA BI 1 45 RE DE 1 68 SU RE SP 1 55 EN RK 1 52 SP EN MA 1 55 AW GE 1 55 DE SP MA 1 89 SU MA RK 1 164 BI CH 1 42 EK PO 1 52 LE ES BI 1 75 RE 1 144 KU WE DE 1 55 SU RK 1 304 RE MA SP 1 52 MA KU 1 88 DE GE 1 92 SU DE RK 1 91 SP DE MA SU 1 62 BI CH 1 70 EN GE 1 206 MA SU 1 62 SP MA DE 1 40 DE SU SP 1 47 RK MA DE 1 52 SR ES EN KU 1 163 DE MU 1 31 DE SU SP 1 89 MU MA 1 52 SP MA RE 1 141 MA PH WI 1 122 KU TG 1 96 MA CH 1 82 RK SU DE 1 20 KU FR 1 69 DE RE SU 1 141 MU MA 1 129 DE SP KU 1 55 MA GE 1 108 MA PH 1 141 GB TE SU LE 1 52 CH MA PH 1 164 DE SP MA 1 52 BI CH 1 50 MA KU 1 41 DE SP 1 146 DE SU MA 1 55 SP MA SU 1 41 RE 1 122 DE BI 1 89 KU DE 1 136 SP MA 1 55

9030 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

DE SP SU 1 297 DE SU 1 55 DE WN 1 117 FR EN 1 56 EN 1 127 DE SU 1 234 SU EN DE 1 233 EN TG 1 133 DE SU 1 55 PH MA 1 24 EN SP 1 40 DE SU 1 86 KU WE DE 1 141 RS PL DE 1 141 EN GE 1 92 SP 1 146 SP WE DE 1 241 RK DE SU 1 234 BI DE 1 52 DE MA RK 1 141 SU RE DE 1 117 MA PO 1 55 CH BI 1 160 DE EK 1 55 DE RE SU 1 276 EN RK 1 80 DE SU RE 1 89 FR DE 1 24 DE SP SU MA 1 45 DE SP 1 92 DE RE MA 1 45 SP DE 1 47 DE EN 1 52 DE SP 1 38 DE EK 1 86 GE MA 1 150 SU DE MA 1 42 SU MA SP 1 297 EN DE 1 108 GE RK 1 293 DE PO 1 52 SU MA 1 55 RE 1 65 RE EN 1 19 EN MA SP 1 66 SP EN DE 1 241 DE FR 1 124 SP MA 1 92 SU MA TG 1 135 MA SP TG 1 128 AW BI 1 52 DE SU MA 1 66 SP DE RE 1 51 LE SR MA SU 1 163 EN GE 1 164 DE SU RK 1 131 RK DE 1 41 MA SP RE 1 61 DE SP 1 152 MA SP 1 123 DE SU 1 52 DE SU 1 297 MA SU 1 149 DE KU 1 141 SU MA EN 1 88 LE GB MA DE 1 82 EK PO 1 162 SP DE 1 136 SR LE DE BI 1 152 WE DE KU 1 50 DE KU 1 75 SU EN DE 1 30 DE RE SU 1 66 DE MA SP 1 52 DE GE 1 42 DE SP SU 1 141 RK DE 1 192 RK DE SU 1 115 KM SR GB MA 1 52 DE KU SU 1 52 SU DE MA 1 29 SU MU DE 1 71 KU 1 45 DE SU 1 52 LE ES DE SU 1 52 LE SR DE SU 1 89 EN PO GE 1 141 KU DE 1 164 DE SU KU 1 290 ES LE KU DE 1 52 WN DE 1 75 DE RE 1 59 DE WN 1 144 SU DE RE 1 89 EK DE SU 1 17 SP DE 1 86 MA SP 1 290 DE EN SU 1 66 DE RK SU SP 1 89 MA BI SU 1 52 DE RK 1 52 WE RE MA 1 52

9031 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

KU DE MA 1 141 MA SU EN 1 163 DE KU SU 1 164 MU MA TG 1 49 EN EK 1 38 SU DE RK 1 89 DE SU EK 1 27 SU SP DE 1 163 DE SP SU 1 99 RK EN DE SP 1 52 DE EK 1 15 RE 1 57 TG SP DE 1 55 RE GE SU 1 89 CH MA 1 52 LE SR DE SU 1 141 DE MA SU RK 1 97 DE SU MA 1 40 DE EN KU 1 75 RE SP MA 1 90 MA GE 1 31 SN GE LA 1 158 CH BI PH 1 157 DE EN 1 79 DE KU WE 1 159 EN RK DE 1 89 MA SU 1 41 EN RE 1 55 BI DE 1 269 SP SU DE 1 92 SR LE DE GE 1 55 SP DE SU 1 92 BI GE 1 52 BI DE 1 52 DE GE 1 220 DE SP SU 1 52 EN MA KU 1 38 DE RS RE 1 234 ES LE DE SU 1 38 GB SU SR 1 52 EN MA 1 113 SU EN DE 1 65 BI DE 1 69 DE EN 1 96 SU DE RE 1 89 EN FR 1 160 DE WE EN 1 89 SU EN DE 1 164 DE GE 1 55 SP DE SU 1 92 MA KU TG 1 115 MA SP 1 89 MA SP 1 83 DE TG EN 1 219 DE EN SU 1 115 DE GE 1 68 TG MA 1 105 DE SU RK 1 136 SP EK 1 141 SU MA RE 1 63 DE KU SU 1 46 LE GB MA TE 1 77 MU 1 159 SR HÖ RE 1 89 DE RE SP 1 55 EN AW 1 52 MA SU DE 1 90 DE SU MA 1 144 SR LE DE SP 1 89 CH EK 1 95 RE MA DE 1 164 MA SP RE 1 206 MU SU DE 1 164 MA RE 1 53 SU DE RK 1 101 DE SU TG 1 52 SR LE EN DE 1 89 MA SP 1 41 MA EN RE 1 234 RK PO 1 36 MA 1 164 DE SU EN 1 308 MA EN 1 75 DE GE 1 145 BI DE 1 88 KU RK 1 220 SU KU MA 1 297 MA DE MU KU 1 141 LE ES DE MA 1 52 SP MA SU 1 59 EN DE 1 136 MA SP 1 105 FR GE 1 59 PH BI 1 163 DE SU SP 1 297 MA KU SP 1 52 EN DE 1 217 DE BI 1 38 SU DE MA 1 152 MA SU BI 1 164 DE KU 1 55 BI CH 1 128

9032 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

DE GE 1 101 MA HW AW 1 45 SP 1 70 MA SP TG 1 92 EN MA RE 1 55 EN TG KU 1 86 DE PH 1 50 DE SU GE 1 296 EN DE RE 1 47 RE DE 1 141 DE EK 1 52 BI DE SU 1 138 CH FR 1 120 MA PH 1 19 DE SP 1 93 SU DE MA 1 138 DE RK SU 1 163 MA SP SU 1 52 MU DE SU RK 1 52 MA RE 1 108 MA IF 1 152 MU KU 1 211 AW RE 1 44 MA WE SP 1 32 FR SP 1 55 SP DE RK 1 141 RE DE 1 89 MA GE 1 97 DE RK 1 52 DE SU 1 135 EN FR 1 52 MA KU WE 1 141 EN PO 1 47 PH 1 62 SP MA SU 1 87 MU KU 1 163 EN SP 1 86 DE SU TG 1 89 DE KU EN 1 91 DE KU SU 1 101 DE SU 1 55 ES LE SP EK 1 241 KU AW 1 49 MA TE 1 205 EN GE 1 59 TE PH MA 1 64 KU DE 1 141 FR 1 164 BI SP 1 66 DE SU MA 1 163 KU 1 98 DE SU 1 92 DE RK KU 1 89 AW RE 1 234 GB KM DE 1 144 MA SU 1 55 DE RE 1 52 MA PH WI 1 108 DE TG KU 1 163 MA SU DE 1 241 DE EN RE 1 303 DE SU 1 52 DE SU RK 1 136 DE PO 1 57 SU MA WE 1 87 SP MA RK 1 55 MA KU WE 1 157 MA TG 1 70 DE SU 1 52 DE SP 1 51 DE RE SU 1 92 SP MA MU 1 55 DE MA KU 1 87 DE SU RK 1 110 BI CH 1 163 LA WN DE 1 87 MA SP 1 89 EN DE 1 30 DE GE 1 164 DE SU EN 1 55 SU EN DE 1 297 SP MA SU 1 51 MA PH 1 164 DE RK EN 1 75 KM SR GE 1 129 MA CH 1 31 RE DE EN 1 38 SU DE KU 1 205 BI MA PH 1 276 SU SP DE 1 62 DE SU TG 1 55 KU DE WE 1 55 MU DE MA SU 1 52 DE EN SU 1 75 LE ES WE KU 1 82 SN DE 1 68 BI SP 1 149 MA PH 1 167 DE MA SU 1 122 DE RE SU 1 52 PO EK 1 133 SU RK DE 1 205

9033 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

DE GE 1 233 DE GE RE 1 52 DE MA RK 1 91 SU EN DE 1 164 BI EK 1 141 TG MA KU 1 144 RE MA SP 1 88 CH BI 1 139 SU SP MA 1 107 DE TG SU 1 262 SU DE 1 141 DE SU MA 1 52 DE EN SU 1 55 DE EK 1 52 SP EN 1 141 MA SP 1 51 SU RK DE 1 157 EN DE 1 90 DE SU 1 43 DE SU 1 101 DE EN KU 1 163 KU SP MA 1 89 SU DE KU 1 70 MA SU RE 1 77 DE SP KU 1 31 KU DE 1 160 MA SP 1 153 EN MA RE 1 52 BI RE 1 88 DE SU EN 1 234 DE RE 1 141 EN DE SU 1 160 MU DE 1 86 EN RE 1 241 DE PO 1 152 SP TG MA 1 152 MA TE 1 209 MU MA SU 1 63 DE PO 1 89 DE MA 1 52 GB LE MA BI 1 55 EN BI 1 24 DE KU SU 1 276 DE MA 1 297 MA EN 1 92 BI SP 1 70 DE RK 1 52 RE 1 29 AW GE 1 206 KU DS EN 1 144 SU DE RK 1 51 DE SU KU 1 241 KU SP DE 1 55 GE KU 1 160 DE EN SN PL 1 28 DE BI 1 141 SP EK 1 164 MU 1 127 KU SU DE 1 68 EN PO 1 96 DE KU 1 24 DE KU 1 218 SP DE SU 1 92 FR DE 1 141 SP EN PA 1 152 MA AW 1 90 SU MA EN 1 75 DE MA SU 1 55 DE TG 1 75 DE MA SP 1 55 DE RE MA 1 55 MA EN TG 1 241 DE BI 1 241 CH PH 1 92 DE EN 1 70 PH 1 169 EN SP 1 55 DE SU WE 1 141 DE EN FR 1 52 SU RE DE 1 152 EN MA SU 1 141 EN SN WI 1 164 EN DE 1 220 KU SU DE 1 59 RE 1 157 SU DE RE 1 52 DE BI RE 1 167 FR SN 1 141 DE RK SU 1 234 EN DE 1 55 DE SU 1 52 DE RS 1 124 DE SP 1 90 GB LE DE MA 1 82 DE SU RK 1 89 DE EN SU 1 49 FR RS 1 22 CH BI 1 52 MA SU SP 1 159 SU RK DE 1 296 PH MA 1 108 DE MU 1 52

9034 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

MA FR 1 98 DE MA 1 152 DE SU 1 290 DE SU 1 136 EN GE 1 74 DE KU WE 1 160 MA SU TG 1 90 CH PH BI 1 82 SU DE RK 1 234 SP GE 1 234 BI CH 1 90 SP SU MA 1 43 MA BI 1 55 BI CH 1 133 DE EN 1 110 SP DE 1 45 DE SP SU RK 1 123 DE BI 1 112 DE BI 1 94 SR LE DE SU 1 55 FR BI MU 1 87 BI WE 1 137 DE GE 1 304 DE KU 1 68 MA PH 1 125 DE GE SU 1 55 TE RE WE 1 136 SU SP DE 1 138 WE DE SU 1 89 SU EN DE 1 150 DE GE 1 97 SU RE DE 1 276 EN DE 1 52 DE EN SU 1 169 DE KU SU 1 36 MA DE 1 41 DE SU 1 140 BI MA 1 139 GE DE DS 1 51 SP MA DE SU 1 96 SU MA SP 1 167 EK MU KU DE 1 42 BI CH PH 1 241 EN DE 1 75 DE RE 1 31 CH PH MA 1 161 MA RK SU 1 118 DE RS 1 114 PO DE 1 20 MA RE 1 52 EN PO 1 94 CH BI 1 157 DE RS 1 141 DE BI 1 92 EN DE 1 55 DE MU SU 1 164 DE SU 1 55 RE FR 1 92 MU GE 1 164 TE MA 1 115 SP DE TG 1 37 DE SU RE 1 308 SN DE EN 1 164 CH BI 1 141 DE SU 1 159 SU DE 1 113 EN DE 1 141 SR LE DE SU 1 55 DE KU MA 1 82 EN RE 1 68 BI CH SU 1 108 RE MA SU 1 47 DE SU RK 1 141 DE SU RE 1 144 SU DE RK 1 308 DE BI 1 62 DE SU EN 1 45 DE SU 1 199 DE SU 1 118 MA SU RK 1 145 LE SR BI WE 1 131 AW BI 1 65 CH BI 1 136 SR LE DE SU 1 297 GB LE DE KU 1 55 LE ES SP KU 1 52 AW MU MA DE 1 81 DE SP SU 1 42 MA SP 1 52 SP DE MA 1 126 DE GE 1 141 SP MA 1 81 DE KU 1 82 WE KU MA 1 91 DE SU MA 1 92 MA CH 1 46 SP 1 115 PH MA 1 19 MA SU DE 1 232 WI SP NL 1 56 DE RE SU 1 144 DE GE 1 141

9035 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

SP SU DE 1 38 EK DE SU 1 44 FR 1 37 SP DE 1 55 CH BI PH 1 163 SP DE SU 1 52 DE RK SU 1 89 LE BI DE GB 1 89 DE MA RK 1 61 DE RK SU 1 141 FR DE 1 115 MA SP RE 1 89 DE EN 1 152 DE KU TG 1 52 DE RE SU 1 75 RK SU DE 1 220 MA KU 1 86 DE BI 1 141 SP SU MA 1 75 MA PH 1 20 SP SU MA 1 55 SU RE MA 1 92 BI CH 1 164 KM BI GB 1 38 SU DE SP 1 89 KU SU DE 1 55 RE SU DE 1 22 MA GE 1 144 DE SU MA 1 304 KU TG RK 1 159 MA SU RE 1 117 DE GE 1 90 BI GE 1 139 DE SN 1 160 KU EK 1 52 MA MU 1 141 DE WE 1 52 MU WE MA 1 52 DE KU 1 69 RK DE SU SP 1 71 RK DE SU 1 156 FR 1 125 DE PO 1 38 DE EN 1 164 MA SP SU 1 230 EN DE MA 1 55 EN TG DE 1 163 DE KU GE 1 89 SU WE DE 1 44 MA SU DE 1 133 DE BI 1 52 MA SP RE 1 38 EN PL 1 63 GB SR DE MA 1 66 LA GR 1 17 SU KU DE SU 1 164 BI CH PH 1 308 MA RE 1 210 AW TG 1 52 GB KM DE MA 1 88 SU MA DE 1 163 SU MU LE SR SP DE 1 52 EN FR 1 122 DE EN SP 1 52 SR MA 1 58 DE SU 1 68 SU DE MA 1 136 DE GE TE 1 92 MA RE SU 1 169 MA DE 1 43 RE DE 1 52 DE LA RE 1 93 DE TG KU 1 141 RE 1 164 MA KU TG DE 1 145 KU DE SP 1 204 KU 1 89 KM DE BI ES 1 82 TE PH MA 1 40 TG SU DE 1 304 AW BI 1 136 DE SU MA 1 82 EN GE 1 89 AW GE 1 169 AW RE 1 92 MU SU DE 1 61 BI CH 1 141 KU 1 105 DE EK 1 159 MU DE RE 1 218 MA DE 1 55 GE EN 1 55 LE SR MA SU 1 141 DE SU SP 1 52 DE SU TG 1 70 MA RE 1 55 DE KU SU 1 164 DE GE 1 58 SU SP DE 1 69 DE MA 1 65 MA SP 1 46

9036 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

RE LA 1 51 DE SP 1 164 PO AW WN 1 160 SP SU MA 1 66 DE EN SU 1 53 MA SU DE 1 52 SU MA RK 1 141 LE KM SU 1 89 BI CH 1 73 DE SU WN EN 1 308 PL DE GE 1 66 RE SU DE EN 1 52 BI FR 1 55 DE RE EN 1 89 KM LE MA DE 1 45 SU DE 1 52 DE SU 1 297 MA BI 1 170 KU EN 1 141 DE SP SU 1 74 SU RK MA 1 274 MA TG SU 1 51 DE RE MA 1 45 SU DE SP 1 101 GE EK 1 227 KU RE DE 1 54 LE ES MA KU 1 52 DE SP 1 22 SU DE RK 1 234 DE SU 1 94 MA PH 1 55 DE SU 1 55 DE RE 1 92 MA 1 26 GE EN 1 159 FR 1 240 IF MA 1 144 DE GE 1 91 EN RK 1 136 MA AW 1 67 CH BI PH 1 51 DE EK 1 89 EN PO AW 1 72 MA SP 1 96 DE SU RK 1 112 DE RK 1 52 RE DE WE 1 92 EN SP DE 1 89 DE EN RE 1 89 CH PH WI 1 94 DE RE MA 1 138 SU KU WE 1 159 MU SP 1 141 DE SU SP 1 295 DE RK SU 1 164 EN SP DE 1 91 KU DE 1 69 KM HÖ EN 1 55 DE RE MA 1 66 EN SP 1 55 DE SU RE 1 168 EN SP 1 70 MA 1 140 MA GE 1 38 MA KU 1 141 MA KU 1 274 DE SU 1 304 KU DE 1 55 MA SP RE 1 91 MA RE 1 234 DE RE 1 31 GE LA 1 80 LA SP 1 93 MU 1 55 KU PO DE 1 101 MA RE TG 1 47 FR DE 1 92 MA KU WE 1 64 EN LA 1 159 DE SU MA 1 241 DE EN RE 1 92 DE BI 1 89 EN GE 1 84 EN MA SP 1 55 EN RE DE 1 71 DE BI 1 234 DE RK 1 52 KM GB MU SP 1 55 EN RE MA 1 164 SP DE SU 1 104 EN BI 1 151 EN GE 1 38 DE RE 1 141 SP SU 1 50 DE GE 1 52 EN SP 1 55 DE SU SP 1 48 EK DE 1 225 MA GE 1 164 BI DE 1 104 KU DE 1 52 MU RE 1 100

9037 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

DE RE EN 1 89 LE KU SR DE 1 92 LE SR KU DE 1 55 GB LE SP MA 1 66 GE BI DE 1 52 EN SN 1 89 MA PH 1 141 KU DE MA SU 1 236 GB SR SP DE 1 55 LE SR SP BI 1 48 KU 1 97 RK DE SU 1 157 KU ES DE LE 1 295 DE RE 1 152 DE SP SU 1 15 GE EN 1 129 PH MA CH 1 47 SU EN DE 1 144 BI CH 1 163 MA DE 1 304 SP DE 1 28 MU EN DE 1 55 SU MA 1 157 DE FR PL 1 164 KU DE 1 140 RE DE MA 1 133 KU MA WE 1 73 SP MA RE 1 41 SU RE DE 1 141 BI FR 1 163 HW RE AW 1 164 FR PO 1 164 DE GE 1 141 DE KU 1 152 SU RE DE 1 241 TG BI LE SR 1 52 MU SU DE 1 141 FR KU 1 52 SP DE SU 1 141 PH MA 1 115 DE SP MA 1 17 DE SU 1 164 EN FR 1 73 SP MA DE SU 1 66 MA SP 1 122 MU 1 40 LE SR RE DE 1 89 SP MA DE 1 24 SU MU MA 1 67 RK SU DE 1 45 DE TG SU 1 54 DE KU MA 1 89 PH MA TE 1 110 KU 1 91 IF MA 1 179 DE EK 1 141 MA KU 1 92 SU MA RE 1 304 MA GE 1 61 RE MA KU 1 234 DE EK 1 51 GB SR DE 1 59 MA SP SU 1 297 ES DE RE LE 1 55 DE GE 1 68 EK SP 1 29 EK SP 1 86 LE SR GE 1 75 EN DE TG 1 210 SP SU DE MA 1 234 MA SP 1 29 MA DE MU 1 144 SP EN DE 1 55 MU 1 164 SU MA 1 143 DE KU 1 220 DE SP TG 1 304 DE SU KU 1 141 DE SU 1 164 MA SP KU 1 36 MA EK 1 40 SU DE KU 1 120 EN DE 1 144 MA PH 1 52 SU DE KU 1 127 SP MA 1 199 DE EN SU 1 55 KU DE 1 72 DE SU KU 1 47 DE PO GE 1 114 DE RK SU 1 158 GE RE LA 1 120 DE SU SP 1 152 DE SU SP 1 241 DE SU 1 143 BI GE ES LE 1 55 DE SU 1 30 KU MA SU 1 159 MA SU EN 1 52 EN MA SU 1 234 SU MA DE 1 308 DE RE 1 89

9038 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

DE AW 1 89 DE EN KU 1 89 MA SU DE 1 92 DE GE 1 94 TE PH MA 1 38 GE FR 1 52 DE SU 1 283 DE EN 1 51 SU DE RK 1 276 MA DE SU 1 51 MA DE RE 1 92 WI SP 1 281 DE SU 1 82 RK SU MA 1 61 EK SP 1 15 DE SP 1 70 BI CH EN 1 296 DE GE 1 37 DE MA MU 1 241 EN FR 1 97 DE SU 1 141 PH MA TE 1 131 RK SU MA 1 232 GB KM SP MA 1 50 MA EK 1 135 SP GE 1 212 KU SU 1 40 PH SP 1 73 DE SU RK 1 52 FR BI 1 52 MA PH 1 141 DE KU SU 1 164 MA 1 163 EN SP DE 1 90 RE 1 164 GB KM SU KU 1 73 KU DE TG 1 199 DE SU MA 1 308 DE GE 1 92 DE RK SU 1 303 WE MA SU 1 55 KU SU DE 1 199 SU KU MA 1 92 SU MA DE 1 76 MA KU 1 293 BI EK KU 1 65 DE SP SU 1 55 DE PO 1 156 PH MA 1 92 SU DE KU 1 129 SP MA 1 49 EN DE SU 1 75 KU BI PA 1 302 SU DE EK 1 82 MA GE 1 141 MA SP 1 55 DE KU 1 55 DE EN WE 1 141 MA BI 1 86 SU RE DE 1 163 DE EN SU 1 227 AW RE 1 60 PH GE 1 81 MA SP 1 141 KU 1 66 KU DE WE 1 66 DE EN SU 1 51 BI MU 1 199 MA RE 1 86 DE MA RE 1 152 MA SU SP 1 51 DE GE 1 52 EN NL 1 38 SU EN DE 1 89 PO WI AW 1 74 SP SU 1 282 SP BI 1 55 BI SP 1 164 SU SP DE 1 304 SU MA DE 1 282 RE MA SP 1 89 LA GR 1 97 SU DE SP 1 234 DE SU 1 97 KU DE 1 115 SU MA SP 1 141 SU RE DE 1 141 DE TG 1 55 DE SP RE 1 47 DE SP RE 1 52 DE SU SP 1 308 RE 1 57 BI DE MU 1 141 GB SR KU DE 1 92 SU RE DE 1 41 LE DE SP 1 75 DE PO 1 163 MA SP RE 1 82 FR PO 1 141 SR HÖ MA 1 92 LE ES SU DE 1 97 EN EK 1 112

9039 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

LE DE SU GB 1 55 LE ES MU 1 16 DE PL WN 1 141 DE SU 1 55 DE RK SU 1 86 EN MA SP 1 92 DE RK 1 301 TG SU DE 1 105 LE SR GB GE 1 55 SU MA 1 308 DE MA GE 1 52 RE EN DE 1 52 EN 1 43 CH GE 1 89 DE RE MA 1 52 DE GE 1 45 DE MA SU 1 89 MA PH 1 57 CH BI 1 52 MA EN 1 61 MA DE TG 1 164 DE SU SP 1 82 DE RK TG KU 1 150 MU MA SP 1 62 DE SP 1 146 MU EN 1 49 GR LA 1 90 DE RK 1 52 GE ES SE 1 115 SP MA SU 1 55 CH PH BI 1 51 DE PL RE 1 70 KU SU WE 1 140 KU GE 1 164 SN RS 1 41 FR DE 1 89 LE WI 1 199 DE SU 1 132 DE RE MA 1 82 PH EN 1 92 DE BI 1 52 DE RE SU 1 52 MA SP SU 1 35 MA AW 1 89 GB LE MA 1 144 KU DE 1 101 DE MA RK 1 141 MA PH 1 40 EN FR 1 31 MU FR DE 1 12 EN FR 1 63 MU DE SP 1 140 CH BI 1 80 FR EN 1 31 SP KU LE ES 1 50 SR ES RE 1 164 DE SP 1 158 EN SP 1 144 KM GB EK 1 52 SU RK 1 92 DE MA SU 1 164 RK DE SU 1 141 RE DE SU 1 92 TG MA EN 1 85 RE MA DE 1 28 TE KU WE 1 125 RE DE MU 1 141 SP MA SU 1 86 RK DE MA 1 52 EN MU 1 65 DE SU TG 1 303 KU DE SU MA 1 55 MA KU DE 1 308 ES LE SP DE 1 88 EN SP MA 1 55 RE SP DE 1 52 KU DE 1 294 KU RK 1 40 MA IF WI 1 55 RK SU DE 1 50 DE KU 1 143 DE EN SU 1 45 SN 1 126 BI CH 1 141 EN MU 1 138 GB KM SU DE 1 55 DE SU RK 1 308 RE DE KU 1 141 EN DE 1 38 DE RK 1 38 GE PL WN 1 220 RE PL WN 1 86 LE GB DE TG 1 45 MA SU TG 1 152 KU PO 1 144 MA KU 1 52 SU KU 1 160 LE SR MA SP 1 70 SP DE 1 55 DE PL 1 144 DE RE 1 40 DE RK 1 144

9040 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

SU EN DE 1 297 EN SU MA 1 115 MA DE 1 52 EN DE KU 1 52 DE SU RE 1 66 SP SU DE 1 152 CH BI 1 109 MA DE KU 1 239 CH BI 1 152 WI 1 234 MA CH 1 96 SU MA DE 1 52 EN SN 1 144 DE RK TG 1 163 EN SN 1 308 EN GE 1 37 SP SU DE 1 98 EN DE MA 1 36 DE EN MA 1 67 CH BI 1 83 KU DE 1 159 CH BI 1 144 MA SU DE 1 89 MA RE 1 206 FR EN 1 114 EN DE 1 89 PH MA 1 52 PO DE 1 65 DE TG 1 155 FR EN DE 1 141 DE GE 1 40 MA SU SP 1 157 EK RE 1 141 DE SU 1 153 DE GE 1 61 RE SU MA 1 304 DE SU TG KU 1 135 CH PH 1 92 KU EN MA 1 141 SP SU MA 1 66 SU SP MA 1 82 MA KU RK 1 152 EN PO 1 53 FR DE 1 54 SP MA EN 1 81 DE RK MA 1 159 SP DE SU 1 52 DE PA 1 141 LE ES MA KU 1 55 MA DE TG 1 131 DE RE SU 1 152 SU RK DE 1 52 GE DE 1 89 SU MA DE 1 82 DE SU SP 1 141 DE SU SP 1 307 EN PL 1 72 RE SP MA 1 82 CH 1 144 DE EN 1 22 SR ES DE KU 1 141 BI EK 1 141 DE SU RE 1 128 DE RE 1 152 TG RE MA 1 234 EN GE 1 55 SR LE KU MA 1 52 DE SP MA 1 126 SP EN DE 1 52 MA KU 1 54 DE SU RK 1 91 SR LE DE SU 1 89 MA EK BI 1 141 ES SR DE GE 1 127 MA RK DE 1 157 CH 1 38 DE SU WE 1 152 MA SP SU 1 37 DE MA 1 59 RK DE 1 52 DE MA EN 1 28 DE SU TG KU 1 141 DE SU EN 1 37 MA MU 1 52 EN DE 1 135 BI DE 1 55 FR EN 1 163 BI EK 1 71 IF EK MA 1 141 LE ES SP 1 52 KU AW 1 198 FR EN 1 33 EN DE 1 40 KU DE PA 1 164 MA PH 1 135 MU DE SU 1 202 DE SU AW 1 290 DE SP MA 1 51 MA SP SU 1 234 RS DE 1 62 BI CH 1 55 MA EK 1 31

9041 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

GB KM SU DE 1 51 DE GE 2 285 GE LA 1 144 DE SU 2 162 DE WE EN 1 45 DE SU 2 305 BI EK PA 1 30 DE KU 2 141 LE ES BI MA 1 162 RE SU DE 2 208 SP MA SU 1 128 MU 2 237 KM GB SU BI 1 241 BI SP 2 93 MA GE 1 136 EN SU DE 2 191 EN FR 1 55 DE KU TG 2 282 MA DE KU 1 37 MA EN SP 2 52 DE GE PO 1 92 BI AW 2 227 SU DE RE 1 164 DE SP EN 2 221 DE KU TG 1 293 EN DE 2 169 AW FR 1 129 DE SP 2 163 LE SR BI KU 1 58 LE SR DE SU 2 118 DE SP MA 1 42 RE SU DE 2 116 FR 1 153 MU PL PA 2 141 PO GE 1 131 SU RE DE 2 212 TE MA PH 2 281 SU DE MA 2 70 KU TE 2 218 GE LA 2 180 DE SU 2 159 DE RE TG RS 2 207 DE RE 2 94 FR DE 2 219 MA SU DE 2 308 DE SP SU 2 237 SU MA DE 2 130 DE SU 2 293 MA KU WE 2 141 SU DE RE 2 308 MA WI 2 164 SU MA RE 2 233 EN SP 2 144 SP SU MA 2 163 DE SU MA 2 103 EN KU DE 2 120 DE MA 2 66 DE SU 2 288 SP SU MA 2 101 EN KU 2 270 DE SP 2 294 MA DE RK 2 147 MA TG RK 2 174 DE EN 2 94 DE EN 2 308 SU DE RE 2 293 DE GE 2 197 DE SP 2 309 EN DE KU 2 154 DE SU EN 2 90 DE RE MA 2 105 DE SP 2 309 MA SU 2 158 DE EN SU 2 192 DE SU 2 267 DE SP 2 307 MA DE 2 223 MA SP 2 230 SU SP DE 2 102 DE RS 2 236 DE SU 2 210 LA 2 68 DE MA SU 2 294 SP EK 2 226 DE SU 2 303 PH TE MA 2 308 SU KU MA 2 207 BI EN MU 2 140 MA TG EN 2 199 DE SU 2 159 DE KU 2 81 DE RK SU 2 187 DE EN MA 2 164 MU FR EN 2 134 DE SU RE 2 135 DE KU SU 2 130 DE SU EN 2 230 MA EN RE 2 146 AW EN 2 66 MA SU WE 2 145 MA SU RK 2 278 LA FR 2 297

9042 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

KU BI 2 157 RE EK 2 209 MA DE BI 2 294 KU EN DE 2 190 SP MU AW 2 334 KU DE SU 2 182 FR PO 2 74 CH SP 2 253 MU 2 131 DE BI 2 278 KU EN 2 307 MA SP 2 293 DE EN 2 70 DE EN 2 113 DE RK SU 2 293 EN DE 2 141 DE SP KU 2 128 DE SU EN 2 188 KU 2 196 SP 2 199 MA PH EK 2 201 DE SU 2 288 DE EK 2 214 FR 2 308 DE SU KU 2 300 SU MA WE 2 308 EN DE SU 2 200 DE EN SU 2 207 MA SP 2 150 DE GE FR 2 193 DE RK SU 2 202 SU RE MA 2 230 MA RE 2 122 MA SP KU 2 229 SU MA EN 2 233 CH BI 2 240 DE SU EN 2 69 EN MA 2 90 BI CH 2 72 EN FR 2 76 DE PO MA 2 294 DE SU 2 226 DE GE SU 2 133 DE KU SU 2 104 EN DE 2 76 SP SU DE 2 162 SR LE SU KU 2 230 MA DE KU 2 66 DE MA KU 2 65 SU DE RK 2 158 MA EN SU 2 275 MA SU KU 2 287 DE SU RE 2 129 DE SU MA 2 230 SU SP MA 2 141 EK TG 2 212 DE SU 2 220 KU MA DE 2 237 SU MA 2 190 DE SP 2 193 DE RK WE 2 108 ES LE KU MA 2 66 FR EN SN 2 208 DE MA KU 2 73 DE SU KU 2 120 SU RE MA 2 100 DE KU TG 2 294 DE SU KU 2 218 KU MA SU 2 118 RE DE MA 2 139 KU DE SU 2 217 DE EN RE 2 93 DE RK SU 2 215 DE SU 2 123 DE EK 2 232 BI MA 2 285 MA KU PO 2 236 DE PO SU 2 140 MA PH TE 2 233 EN MA DE 2 129 KU 2 279 DE SU 2 308 MA DE SU 2 228 DE KU SU 2 296 KU DE PL 2 128 DE GE 2 52 MA KU 2 205 DE PO 2 213 EN PO 2 171 EN PO WN 2 228 EK BI 2 183 DE SP 2 236 KU MA RE 2 216 MA WE 2 308 DE RE MA 2 307 GE LA 2 89 DE SU 2 142 DE SU 2 208 RE DE SU 2 301 SU DE MA 2 236 SP DE WE 2 308 SP FR 2 253

9043 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

KU SP 2 289 EN SU MA 2 188 DE SU MA 2 187 SP SU DE 2 308 DE RK 2 159 MA EK 2 140 DE SU MA 2 116 RE SU MA 2 299 DE BI 2 307 MU DE 2 239 RK DE SU 2 287 DE GE 2 157 DE SU KU 2 122 SU DE RE 2 270 DE PL WN 2 237 DE RE SU 2 215 GB KM SP HW 2 294 DE SU KU 2 165 EN RK PA 2 164 LA GR 2 307 DE MA KU 2 230 DE SU 2 215 MA SU EN 2 94 DE RE SU 2 222 KU GE WN 2 181 CH BI 2 185 DE GE 2 265 DE SP RE 2 190 DE KU SU 2 152 KU 2 150 SU RK MA 2 300 EN DE SU 2 236 FR EN DE 2 74 DE SU RE 2 107 DE SU RK 2 215 SU EN DE 2 139 SU DE MA 2 297 SU MA RE 2 214 PO GE 2 262 DE EN RK 2 219 DE SP SU 2 215 DE SU 2 236 DE TG KU 2 289 PH BI CH 2 199 KM SR SU KU 2 94 MA SU 2 294 MA SP 2 236 DE RK MA 2 285 SP GE GB LE 2 70 DE RE EN 2 226 KU PL 2 219 SP MA DE 2 169 DE PL 2 297 DE KU 2 300 DE KU 2 162 RE DE EN 2 123 RE DE SU 2 277 MA SP 2 82 MA SU 2 180 PH CH 2 107 CH PH 2 124 MA SU 2 122 MA SP SU 2 202 DE TG 2 196 DE SN 2 51 EN FR 2 226 EN 2 203 RE 2 209 DE KU 2 304 DE MA 2 308 DE RE PL 2 166 FR GE 2 169 DE WE 2 164 SU DE EN 2 125 SU RE MA 2 215 DE GE 2 272 DE AW 2 118 DE SP RE 2 126 LE SR SU MA 2 63 DE GE 2 304 SU PO KM GB 2 224 SU DE TG 2 215 DE SP SU 2 293 DE SP WN 2 198 RE DE 2 308 MA TG EN 2 180 DE SP 2 159 DE SU MA 2 164 ES SR MU SU 2 300 SP 2 232 SR MA WE 2 212 MA SU 2 67 DE SU 2 230 HW MA 2 94 SP MA RE 2 141 RK KU DE 2 293 DE KU SU 2 230 DE MA SU 2 229 MA DE 2 248 DE GE 2 215 DE MU 2 309 SU RK DE 2 303

9044 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

BI SP 2 199 SP MA SU 2 266 DE SU KU 2 141 DE SU 2 236 BI CH 2 135 DE MA TG 2 275 DE GE 2 210 DE RE 2 141 MA DE RE 2 217 MA EN RE 2 78 DE PO 2 170 DE KU 2 229 MU 2 268 DE EN 2 70 SU RE DE 2 164 BI EK 2 162 RK DE SU 2 283 PO DE EN 2 305 DE EN 2 194 SU DE RE 2 242 SU DE RK 2 206 SR LE DE RK 2 101 SR GB GE MA 2 70 DE FR 2 204 MA EK 2 308 DE GE 2 132 SU RE DE 2 289 DE SU 2 310 RE MA TG 2 293 DE GE 2 219 DE RE 2 203 DE MA RE 2 70 DE SP 2 230 PO SP 2 141 PH MA MU 2 228 RE 2 307 DE SU 2 294 MA SP 2 145 DE SU RK 2 138 DE SU 2 198 MA SP SU 2 277 SU RK DE 2 230 KU DE SU 2 162 DE RE 2 228 SU DE WE 2 195 GB BI 2 229 SU MA RE 2 143 DE TG MA 2 59 BI SP 2 235 FR EN 2 294 DE PO 2 169 MA RK SU 2 265 DE BI 2 188 DE MA SU 2 233 DE SU TG 2 289 DE EN 2 97 DE GE 2 198 EK BI 2 230 CH BI MA 2 51 SP BI 2 294 RE MA 2 200 MA RE TG 2 97 DE EK 2 123 DE RE SU 2 171 MA SU 2 217 BI CH 2 219 KU GE 2 210 MA SU 2 307 BI CH 2 304 MA SU 2 182 DE GE 2 152 DE SU MA 2 271 SU DE MA 2 253 MU MA RK 2 236 BI SP 2 102 KU DE TG 2 305 DE SU 2 225 SU MA TG 2 197 DE RE TG 2 146 SU MA RE 2 237 RK MA KU 2 294 DE RE 2 303 DE SU 2 241 DE SU RK 3 186 BI DE 2 114 EN DE RE 3 219 EK 2 88 DE EN 3 74 DE EN 2 169 RK DE 3 277 FR EK 2 105 DE GE 3 234 MA PH EN 2 141 MA BI 3 220 GE EN WI 2 308 DE SU 3 308 SU DE RE 2 134 DE SU 3 274 FR SP IT 2 168 MA EN SU 3 172 DE SU SP 2 308 DE RK SU 3 175

9045 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

DE RE MA 3 251 SU DE MA 3 231 MA DE 3 278 SU RE DE 3 300 KU DE 3 208 DE MA 3 227 BI SP DE 3 126 DE SU 3 226 GE DE 3 221 DE SP 3 241 DE RE 3 70 DE RE EN 3 65 KU WE DE 3 207 DE SU 3 163 SP TG 3 303 DE MU MA 3 145 EN DE MA 3 259 DE SU KU 3 293 SP GE 3 234 SU SP MA 4 257 DE RE MA 3 45 SU DE RE 4 233 MA PH CH 3 271 DE SU RE 4 215 SN DE 3 144 BI DE 4 238 SP TG 3 103 MA BI 4 261 MA PH 3 213 GE BI 4 180 DE RE 3 298 DE RE SU 4 196 KU DE 3 105 SU MA DE 4 308 MU RE MA 3 302 DE SU 4 290 EN SU DE 3 242 BI DE 4 169 BI DE 3 176 DE SU KU 4 301 MA SU 3 197 DE WN 4 155 DE SP MA 3 308 SU MA DE 4 268 DE SU EN 3 283 DE SU MA 4 244 DE RE SU 3 118 DE EK 4 190 EN SU DE 3 176 DE GE 4 277 MA SP RE 3 277 DE SU 4 198 MA SU WE 3 125 MA SU DE 3 276 DE WN 3 302 Schuljahr 2009/2010 DE MA RE 3 304 FÄCHER ANZAHL der GESAMTDAUER Verträge in Tagen DE SU 3 121 DE SU KU 3 255 EN FR 1 318 FR SP 3 70 MA SP SU 1 89 SP TG 3 220 BI EK 1 141 BI PH 3 294 EN PO 1 54 DE RE SU 3 289 GB WN 1 95 DE KU SU 3 235 SP TG 1 179 SP SU MA 3 181 EN WE 1 92 BI SP DE 3 136 SP EN 1 269 RK SU DE 3 165 DE SU EN 1 74 DE RE MA 3 66 IF MA AW 1 96 MA SU RE 3 304 DE RE SU 1 54 GB ES MA SP 3 253 EN DE SU 1 49 DE MA 3 161 SU DE RE 1 25 DE SP 3 160 SP DE 1 240 MA SP 1 164 BI EK 3 306 DE RE 1 141 DE SP 3 238 DE EN 1 92 DE SU 3 307 EN RS 1 23 BI SP 3 202 DE KU 1 68 DE SU KU 3 182 SR LE MA 1 102 DE KU TG 3 297 DE KU 1 78

9046 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

KU DE SU 1 90 EN DE 1 92 SR LE DE MU 1 67 CH PH 1 29 DE SU RK 1 82 DE GE LE ES 1 103 DE PO 1 54 EN RK 1 129 CH MA PH 1 173 DE MA SP 1 311 CH BI 1 43 GE DE PL 1 70 DE SU SP 1 141 MA TG EN 1 318 LE ES KU 1 56 EN DE 1 52 BI 1 61 PH MA 1 170 ES LE SU GE 1 83 BI CH 1 53 DE SU MA 1 135 SP DE 1 90 DE WE SU 1 136 GB DE KU KM 1 145 BI GE 1 142 DE RK 1 234 MA PH IF 1 180 LE SR KU DE 1 91 MA EN 1 157 EN EK 1 192 KU DE SU 1 173 DE EN SU 1 54 MA KU DE 1 54 KU DE 1 345 MA DE RE 1 26 FR BI 1 311 DE MA RK 1 77 DE PO SU 1 141 DE SP 1 61 SU MA EN 1 139 KU MU DE 1 51 DE BI 1 52 MU DE RK 1 46 HW TG 1 174 MA GE 1 234 MA SU RK 1 151 DE SU RK 1 173 DE SU 1 45 DE BI 1 141 EN HW 1 57 SP DE 1 36 EN BI 1 90 MA TE 1 59 SP DE WE 1 141 KU SP 1 313 DE SU SP 1 82 DE EN KU 1 52 DE EN 1 83 DE SU EN 1 88 BI DE 1 52 SR HÖ DE 1 108 DE SU 1 54 DE RE 1 3 SN FR GE 1 141 AW TE 1 51 EN KU DE 1 227 EN MA WE 1 92 MA EK 1 61 RE 1 117 DE SU 1 84 MA SP SU 1 92 SU DE MA 1 78 SP 1 141 EN DE KU 1 54 DE 1 70 DE RK 1 81 BI CH 1 22 MU 1 58 CH MA BI 1 457 DE RE 1 225 PO PA 1 46 MA RE SU 1 143 SR LE MA SU 1 73 BI SP 1 141 DE GE 1 52 MA SU PH 1 73 FR MU 1 179 DE SU SP 1 218 DE PO 1 224 DE RE 1 122 EK 1 223 MA SU KU 1 309 DE SU 1 179 CH 1 98 EN KU 1 75 FR GE 1 51 MA SP 1 141 BI PH 1 141 SR GB DE 1 92 PO GE 1 68 DE RS 1 129 EN SP DE 1 173 SU KU MA 1 172 MU CH 1 82

9047 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

EN DE 1 73 EN BI 1 100 LE ES DE SP 1 159 SR GB GE 1 141 AW PO 1 66 BI DE 1 78 EN AW FR 1 91 BI CH PH 1 147 MA RK 1 206 DE RE SU 1 205 SP SU DE 1 71 DE PO 1 141 CH SP 1 104 DE SU LE 1 192 DE SP SU 1 164 SP MA SU 1 65 AW BI 1 89 DE KU 1 65 BI CH PH 1 143 DE RK SU 1 172 MU MA 1 15 DE SU 1 69 DE EK 1 136 LE ES SP MA 1 67 PO PL 1 141 GE RS 1 318 RK SU DE 1 318 DE KU WE 1 173 KU WE 1 81 CH BI 1 162 DE SU AW PO 1 52 SU DE RE 1 147 MA DE SU 1 23 KU DE SU 1 61 DE TG HW KU 1 73 DE SP SU 1 318 BI DE 1 141 DE SU RK 1 138 DE SU EN 1 44 MA SU 1 68 MA CH 1 179 FR WI 1 248 DE KU 1 131 DE RK SU 1 304 RK DE SU 1 89 KU 1 59 SU MA KU 1 318 EN GE 1 318 MA DE RK 1 124 KU DE 1 92 DE SU 1 102 MU FR EN 1 166 SP SU MA 1 39 MA SP 1 149 EN KU DE 1 173 MU 1 143 BI SP 1 40 DE KU SU 1 168 DE 1 318 MA EN RE 1 45 EN 1 145 EN BI 1 191 DE SU 1 70 LE ES DE GE 1 74 PO GE 1 141 DE SU 1 76 DE SU RE 1 91 AW SP 1 125 MA BI 1 90 EN GE 1 103 DE GE LE SR 1 119 BI CH 1 18 MA PH IF 1 143 MA SU 1 92 MA IF 1 179 DE SN 1 141 EN BI 1 30 DE SU 1 141 DE EN RE 1 87 DE SU 1 141 DE KU EN 1 88 DE RE MU 1 164 DE EN RK 1 52 FR DE 1 52 MA RE KU 1 173 MU RE DE 1 84 CH PH 1 89 EN GE 1 141 DE GE 1 61 LE EK DE SR 1 141 DE SU 1 174 SP MU AW 1 316 DE EN 1 199 KU MA RE 1 234 MA RE SU 1 172 DE KU SU 1 141 GB SP BI SR LE 1 133 RE MA DE SU 1 106 MA SP 1 103 MA BI 1 140 DE SP 1 318 MA PH 1 82 CH PH 1 78 DE RK 1 97

9048 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

DE SU 1 168 DE SU TG 1 68 DE RE MA 1 91 BI AW 1 70 MA WE 1 82 MA IF 1 159 DE PO 1 141 MA IF FR 1 159 SP WE MA 1 89 EN PH 1 141 SP DE 1 54 MA EN RE 1 70 KU DE 1 78 SU DE MA 1 151 SP RK DE 1 61 LA GR 1 192 MA SU TG 1 89 DE PO 1 90 EN RK DE 1 91 GE WN 1 136 BI EK 1 54 DE BI 1 294 ES LE SU 1 115 BI CH 1 179 DE GE 1 141 RE 1 177 SU DE EN 1 92 EN RS 1 23 DE SU 1 157 EN GE 1 141 DE GE 1 171 DE GE 1 137 DE SP KU 1 63 MU FR 1 155 KU DE SU 1 89 SP MA 1 54 EN SP 1 28 LA GE 1 89 MA PH 1 75 MU 1 290 DE EK 1 78 KU 1 219 FR PO 1 54 DE RK MA 1 138 MA SP 1 54 DE SU TG 1 90 SR RE 1 71 RE LA 1 71 BI EK 1 141 EN DE 1 76 PH CH 1 141 LE SR MA DE 1 82 DE EN KU 1 54 AW RE 1 75 DE RK 1 80 DE RE SU 1 70 SP DE KU 1 89 SP EN MA 1 105 MA KU 1 49 DE SU 1 117 MA SU 1 128 DE 1 181 DE SU SP 1 397 DE RE SU 1 141 PH MA 1 141 DE SU 1 173 DE EK 1 46 RK 1 66 DE RE SP 1 42 BI CH PH 1 141 PO GE 1 45 DE SU 1 132 EN DE SU 1 234 EK AW 1 159 DE RE MA 1 47 EK DE SU 1 161 DE 1 120 EN KU 1 78 RE WN 1 75 EN GE 1 54 RK SU DE 1 217 KU DE EN 1 60 MA PH 1 159 FR SU TG 1 107 MA PH 1 145 RE EN 1 227 SR SP SU LE 1 162 MA SU RE 1 141 DE RE 1 48 MA SU 1 52 SP EN 1 133 EN GE 1 152 EK BI 1 46 DE SP 1 206 PO GE 1 83 MU RE 1 91 SP MA DE 1 110 BI DE 1 141 DE SP 1 141 DE SP SU RK 1 72 MU MA 1 54 FR DE GE 1 103 MA EK 1 84 MA TE PH 1 51

9049 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

RE 1 141 KU DE MA 1 80 DE SU SP 1 61 EN MA SU 1 90 TG 1 122 EK SP PO 1 62 SP DE 1 82 MA KU 1 141 EN SP DE 1 40 DE PO 1 141 EN DE 1 54 DE RE SU 1 58 MU DE RK 1 45 MA SU 1 174 TE PH MA 1 141 EN DE WE 1 248 EK CH 1 121 RE GE 1 129 CH PH 1 129 KU 1 318 DE SU RK 1 75 AW PO 1 81 SU MA SP 1 173 MA SU 1 24 EN PO 1 94 SN EN 1 238 EN SU DE 1 75 EN SP 1 51 MA SP 1 157 DE MU RE 1 89 RE EN 1 141 DE WN 1 80 MA SU RE 1 91 DE HW 1 141 FR EN SN 1 318 EN PO 1 65 SU DE MA 1 318 RS FR 1 38 DE RK SU 1 87 SN FR 1 16 KU DE EN 1 136 MA 1 143 DE SP 1 120 KU DE SU 1 159 DE SU RE 1 141 KU MU 1 281 LE ES SP DE 1 65 SP EK 1 173 DE KU 1 152 DE GE 1 85 EN MA SU 1 84 KU EN 1 80 KM LE DE 1 89 EN EK 1 113 KU DE 1 168 DE SU RE 1 141 PO GE 1 143 MU EN 1 51 EN GE 1 168 DE SU 1 44 DE SU 1 78 MA GB LE 1 88 DE MA RK 1 218 MU MA 1 318 BI DE 1 80 MA SU 1 89 FR AW 1 114 RE 1 68 GE DE 1 178 SU RE DE 1 141 DE SP RK 1 141 SP DE 1 178 EN DE KU 1 68 MA SP 1 47 SU RE 1 63 MA TG 1 89 EN DE 1 68 DE TG KU 1 23 FR EN 1 52 KM GB SU 1 56 DE SU KU 1 108 MA DE SU 1 88 DE EK 1 166 MA BI 1 54 MU MA 1 322 RE DE MA 1 91 DE KU WE 1 90 SP MA SU 1 32 DE WE KU 1 90 DE BI 1 58 SP SU MA 1 90 EN EK 1 227 DE KU SU 1 126 DE GE 1 54 MA CH 1 47 DE SU RK 1 141 MA BI SU 1 105 LE KM DE SU 1 103 SP TG 1 175 FR GE 1 73 SU RE DE 1 376 EN GE 1 220 KU MA 1 133 LA EN 1 74

9050 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

SP 1 174 DE SP 1 40 DE RE 1 234 SP BI 1 24 RE MA 1 52 KU 1 322 DE KU RE 1 83 AW SP TE 1 60 FR 1 74 DE EN RE 1 54 DE SU SP 1 82 DE SU RK 1 318 RE GE 1 173 MA PH 1 60 MA 1 78 FR SN 1 71 DE SU RK 1 64 DE EN PA 1 28 DE SU EN 1 204 DE SP 1 108 SP DE RE 1 66 MA SU 1 98 TG MA RE 1 90 SU EN DE 1 173 EN GE 1 141 MA SU EN DE 1 54 DE PO RE 1 123 MA EN RE 1 209 DE RE 1 113 PA PO 1 244 DE SU MA 1 318 MU DE MA SU 1 206 SP MA 1 88 BI SP 1 141 BI 1 44 DE RK SU 1 310 MA SP KU 1 78 SU WE MA 1 78 KU RK 1 297 IF MA PH 1 141 EN DE 1 67 MA 1 220 DE RE 1 149 DE SU TG 1 234 CH BI 1 173 RE DE MA 1 290 MA PH IF 1 108 MA GE 1 74 RE DE SU 1 248 DE SU 1 53 MA SP 1 79 EK EN 1 51 DE PL 1 88 BI EN 1 89 DE BI 1 40 GE DE PO 1 179 SU EN DE 1 234 MA WE SP 1 318 MU DE EN 1 105 CH BI 1 141 EN SP 1 38 SP DE RK 1 173 DE PH 1 139 DE SP 1 65 MA DE KU 1 203 SU DE MA 1 141 DE EN 1 54 MA RE SU 1 141 EN DE 1 150 SP DE SU 1 89 DE GE 1 301 MA CH PH 1 72 KU 1 179 KU WE 1 57 SP MA 1 124 AW RE 1 44 FR IT 1 61 MA TE 1 114 GB ES AW 1 89 BI FR 1 234 IF MA EK 1 63 KU SP MA 1 72 KU SP 1 67 DE KU TG 1 81 DE SP 1 234 SU RE MA 1 78 DE SU MA 1 316 PH MA 1 141 FR PO 1 33 DE MA SU 1 144 LE BI SP ES 1 92 DE SP EN 1 66 DE EN 1 87 SP DE 1 168 MA DE WE 1 136 DE MU 1 173 KU MA DE 1 89 EN EK 1 23 FR DE 1 71 KU MA EN 1 202 SP TG 1 51 MU BI DE 1 61 RE EN DE 1 23 MA TG 1 51

9051 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

KU DE TG 1 151 DE SU FR 1 37 MA WI 1 126 DE RE MA 1 128 DE SP 1 159 FR GE 1 164 MA SU TG 1 168 RE GE EK 1 210 HW TG 1 47 DE RE 1 53 DE EN GE 1 219 DE BI 1 322 SU MA 1 111 AW GE 1 164 SU MA SP 1 78 DE PO 1 71 MA SP 1 145 MA PH 1 168 KU DE BI 1 134 DE EN 1 105 DE RE 1 88 KU MA 1 151 DE MU 1 78 EK 1 213 RK 1 68 DE KU 1 141 RE MA DE 1 133 EN BI 1 43 FR 1 84 RE 1 209 SP BI 1 141 BI DE 1 217 MA 1 75 DE EN SU 1 92 CH BI 1 13 IF MA 1 40 PH MA 1 51 MA SU 1 153 KU DE EN 1 130 CH BI 1 173 MA TG KU 1 179 SU KU MA 1 81 DE MA KU 1 173 MA EN 1 141 EN DE 1 105 DE SU 1 101 DE SU 1 143 DE GE EK 1 44 BI DE 1 90 DE EN FR 1 50 RE 1 205 PO DE GE 1 276 MA KU 1 30 PO DE 1 141 KU DE 1 79 MU RK DE 1 141 EN DE 1 82 CH BI 1 86 DE SU 1 19 SP DE 1 92 LE GB DE GE 1 141 MA RE 1 135 GB SR DE 1 92 BI DE 1 173 DE GE 1 75 DE TG SU 1 173 DE SU MA 1 179 SP BI 1 44 GE EN 1 213 SU DE RE 1 52 SU DE 1 322 MA IF 1 75 EN 1 46 GE 1 199 MA TE 1 40 DE GE EN 1 173 SN 1 227 DE EN 1 108 SP EN 1 30 EN SP 1 31 MA TE 1 199 DE MA 1 31 ES DE 1 142 DE SU RE 1 179 AW BI 1 67 KU GE WN 1 166 MA SP RE 1 61 DE PO 1 282 DE SP 1 64 DE RE 1 84 RE MU 1 87 BI CH PH 1 29 PO WN 1 143 DE PO 1 161 EN DE SP 1 365 HW 1 150 PH MA 1 45 DE SP MA 1 173 MA PH 1 140 FR DE 1 40 DE EN 1 14 MA SP 1 231 DE SU RE 1 205 DE EN 1 128

9052 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

CH BI 1 79 MA MU DE 1 132 MU DE SU 1 104 RE DE SU 1 166 TE WE 1 141 DE SU EN 1 179 PH MA IF 1 65 MA SU 1 88 KU SU DE 1 145 DE SU RE 1 75 EN GE 1 89 EN AW 1 103 SU RK MA 1 173 BI DE 1 71 MA RE 1 78 DE SU KU 1 136 MA RE LE ES 1 68 EN GE 1 141 GB LE DE SU 1 61 MA RE CH 1 44 AW WI BI 1 115 CH BI MA 1 163 SP SU DE 1 173 DE GE 1 311 DE GE PO 1 73 LE SP DE 1 140 DE SU RK 1 113 MA PH 1 316 MA CH 1 90 EN SP 1 92 MA CH 1 141 SR LE GB SU KU 1 130 MA 1 59 EN 1 179 SP MA SU 1 90 MA SP 1 70 DE GE 1 141 DE NL 1 143 DE SU 1 173 BI RE 1 56 MA DE 1 90 SP PO GE 1 96 DE SP 1 73 SP DE 1 86 SP EN DE 1 173 KU DE 1 85 DE EK 1 141 MA EN 1 141 DE RE SP 1 141 MA RK 1 276 DE SU RE 1 89 MA SU 1 318 DE BI 1 141 ES LE TE SU 1 90 EN EK 1 19 SU RE DE 1 322 DE EN SU 1 179 GE PO 1 199 AW EN 1 141 EN GE 1 33 KU 1 141 GE EK 1 157 DE RE 1 75 EN FR BI 1 73 BI CH PH 1 315 CH PH MA 1 317 EN DE SU 1 40 DE RS 1 173 KU SU MA 1 103 BI 1 108 SP MU 1 24 RE FR 1 45 EN PO 1 177 EN HW MU 1 24 EK SP 1 38 PH MA EK 1 81 DE MU 1 141 MA 1 67 DE SU 1 322 BI EK 1 227 BI HW 1 310 MA SU RK 1 179 FR GE 1 205 IF MA TE 1 67 DE KU SU 1 76 EN DE PA 1 60 MA PH 1 134 CH DE 1 161 SP RE MA 1 54 FR DE WN 1 166 EN GE 1 69 MA SP RE 1 30 DE KU 1 103 DE SU 1 64 MU SP 1 127 SP 1 143 GE KU 1 59 RE DE 1 178 GE DE 1 318 SP SU DE 1 235 SU DE RK 1 151 RE MA 1 111 DE SU 1 92 ES SR MU SU 1 173

9053 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

DE RE EN 1 52 MU DE 1 12 RE SU DE 1 317 AW TE 1 196 EN DE KU 1 136 PH MA 1 141 SP TE DE 1 64 MA IF 1 54 MA PH 1 141 PH MA 1 66 MA EK 1 89 DE SU WE 1 173 MU GE 1 122 BI DE 1 89 EN GE 1 61 EN GE 1 129 EN DE PL 1 65 EN RK 1 66 MA PH 1 136 DE MA 1 58 DE RE 1 82 AW BI 1 81 DE EN SP 1 175 EN SP DE 1 71 EN FR 1 199 BI CH PH 1 206 MA WE 1 59 SU DE RE 1 84 DE SU 1 89 SP TG 1 173 MA TE 1 129 PH MA 1 82 KU 1 135 DE MA TG 1 309 CH MA 1 61 SP AW 1 45 DE SU RE 1 44 GB KM MA KU 1 89 DE EN SU 1 68 ES LE RE DE 1 91 DE MA KU 1 108 DE SU 1 169 WI NL 1 126 AW EK 1 84 MU 1 158 DE SU 1 70 DE SU RE 1 92 EN EK 1 90 DE RK SU 1 90 KU MA 1 81 KU DE 1 203 DE EN SU 1 70 DE MA 1 121 BI CH 1 26 BI SP 1 136 KU TG WE 1 71 DE RK SU 1 173 KU DE 1 46 DE EN 1 62 DE GE 1 48 DE KU TG 1 128 CH BI PH 1 49 KU DE TG 1 141 MU MA TG 1 141 PO WI DE 1 154 DE SU RK 1 173 FR GE 1 45 DE RE MA 1 81 DE RE 1 91 MA TE PH 1 121 MA GE 1 31 DE MA 1 92 DE SP TG 1 143 LE ES SP 1 54 DE EN KU 1 52 FR GE 1 129 GB LE DE SU 1 141 MA KU 1 168 DE SP 1 18 DE SU 1 283 MU RK 1 153 MA SU 1 89 FR 1 145 SU DE SP 1 235 LE DE PO RE 1 90 EN AW 1 141 EN SP 1 89 MA MU 1 25 MU DE 1 75 DE EK 1 75 DE SP 1 173 EN LA 1 116 DE RK 1 67 MA EN RE 1 52 SU MA SP 1 80 EN 1 26 MA DE KU 1 77 MA SU 1 179 SU RE DE 1 175 KU SU MA 1 205 RE MA DE 1 318 DE RK 1 170 MA EN 1 65 RE MA EN 1 180

9054 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

DE MA KU 1 89 AW CH 1 17 DE MA KU SU 1 73 EN GE 1 150 FR EK 1 82 RK EK LA 1 47 SR LE MA GE 1 87 MU 1 58 DE EN 1 54 DE RE 1 129 ES LE SU SP 1 54 MA SU 1 157 DE SU SP RK 1 126 DE RS 1 167 CH 1 165 KU GE DE 1 219 SP EK 1 122 MU DS 1 58 SU DE MA TG 1 59 MA EN RE 1 89 GE DE 1 44 BI EK 1 91 MA SU DE 1 71 SP 1 168 RE SU DE 1 54 CH DE 1 235 KU DE 1 143 SP SU MA 1 179 DE SU 1 234 DE MA SP 1 234 DE MA EN 1 179 DE SN 1 131 EN DE 1 70 MA SP SU 1 173 DE 1 322 EN SN 1 136 SU DE SP 1 84 SR LE BI SP 1 54 MA KU SU 1 71 DE SU RK 1 141 DE SU 1 89 DE MA SU 1 173 DE SU 1 51 SR MU DE 1 68 SP MA WE 1 161 MA PH CH 1 43 MA PH 1 94 DE MU 1 115 TE 1 318 AW SP 1 88 CH BI 1 129 SU DE SP 1 141 DE PO 1 141 DE SP SU 1 24 CH BI 1 297 RK MA SU 1 89 EK SP 1 54 MA TG RE 1 173 SP MA 1 91 KU SU TG 1 65 KU RE MA 1 83 DE SU KU 1 173 RE PO 1 72 PH MA 1 87 EK DE 1 32 PO GE 1 23 EN RE 1 58 BI CH 1 92 PH EN 1 78 MA SU TG 1 78 DE SU 1 89 MA DE RE 1 179 MA FR SP 1 77 MA BI 1 89 MA IF 1 44 DE RS MU 1 59 EK WN 1 161 MU 1 297 SP KU DE 1 54 DE KU 1 124 DE SU 1 92 MA SU 1 34 SP DE SU 1 301 MU MA 1 48 SU SP DE 1 82 BI CH 1 47 DE EN RE 1 75 SP WE MA 1 61 RE EN DE 1 70 GE FR PO 1 51 KU ES DE LE 1 166 DE GE 1 108 GB LE DE SU 1 69 PO DE SP 1 78 DE SP SU 1 131 DE GE 1 44 EN GE 1 67 RK DE SU 1 114 MA TG EN 1 179 WE DE 1 92 MA DE 1 31 MA PO 1 54 KU DE 1 141 DE GE EK 1 164

9055 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

KU 1 48 DE RK EN 1 141 MA SP 1 141 BI SP 1 115 SU DE KU 1 140 EN FR 1 25 SU DE RK 1 31 DE RE SU 1 90 BI CH NL 1 60 BI EK 1 68 MA SU RE 1 322 GE FR 1 107 DE SU SP 1 77 DE EN SU 1 234 DE SU RK 1 127 SN SP LA 1 308 DE AW 1 150 FR 1 108 TE PH MA 1 164 DE SP 1 103 MA SP 1 70 MA RE 1 96 SR GB BI 1 66 RK DE 1 219 BI CH EN 1 28 PH MA IF 1 294 DE SU 1 173 CH BI MA 1 70 LE SR SP SU 1 80 SP DE RE 1 141 SP MA SU 1 141 DE EK 1 301 FR IT 1 213 KU GE 1 171 DE SU WE 1 209 DE GE 1 83 MA DE RE 1 66 DE RE 1 92 BI GE 1 54 MA SU 1 54 MA PH 1 131 DE SP 1 92 MA 1 67 DE SP SU 1 173 PO GE 1 80 EK BI 1 52 PH 1 40 GB KM TE 1 75 RE GE PO 1 103 DE RK SU 1 89 MA EK 1 179 RK 1 70 DE GE 1 199 RE 1 90 DE SU EN 1 93 BI CH SN 1 173 MA TG RE 1 77 DE FR 1 42 TE AW 1 125 BI AW 1 145 TE RK 1 75 MU DE 1 128 SU RE DE 1 179 EN SN 1 25 MU 1 132 CH PH MA 1 139 RE MA TG 1 173 EN GE 1 24 DE FR 1 141 MU DE 1 66 PH MA MU 1 303 DE PO GE 1 39 DE SP 1 52 EN SP 1 98 DE EN SU 1 141 TE MA 1 141 DE RE SU 1 68 SN RE 1 96 AW HW 1 141 MA PH TE 1 40 BI MA 1 64 MA AW 1 65 EN FR 1 140 EN DE 1 196 KU DE SU 1 118 DE RE 1 91 SU DE MA 1 102 DE SU 1 32 MA BI 1 54 DE SU 1 90 EN SP DE 1 166 MA SP 1 88 MA SP SU 1 173 DE SP SU RK 1 125 DE EN MA 1 89 LA DE 1 121 BI WI 1 78 KU GE PA 1 244 DE EN RK 1 89 TG MA SU 1 53 PO SN 1 72 SU RE MA 1 92 MA BI 1 68 DE SP RE 1 91

9056 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

MA TE PH 1 192 FR WN 1 67 MA EN SU 1 22 MA DE 1 73 MA DE SU 1 58 DE SU RE 1 264 DE SU 1 179 DE SP RE 1 88 DE BI 1 40 TG DE RE 1 156 EN MU 1 60 DE SU 1 89 KU 1 59 MA TG KU 1 77 DE EN SP 1 205 DE KU TG 1 125 MA PH CH 1 68 KU DE 1 111 PH MA 1 154 MA SU 1 92 RK SU DE 1 51 DE SP MA 1 68 EN SP 1 87 GE EN 1 17 DE SU MA 1 103 EN KU IF 1 73 DE EN RE 1 19 PH MA 1 151 SP GE 1 96 RK DE 1 68 MA EK 1 139 DE SU 1 135 EN GE 1 86 EK RE 1 322 SP EK 1 52 DE RK 1 227 TG DE SP 1 77 DE GE 1 173 EN MA 1 52 MA SP RE 1 143 PO RL WI 1 212 MU DE 1 92 DE SU 1 318 SR LE DE BI 1 90 MA SP 1 60 DE RE SU 1 248 MA SU 1 143 EN FR 1 196 CH BI 1 152 SU DE RE 1 68 GR LA 1 194 SP BI 1 141 BI CH SU 1 122 DE WE 1 78 MA PO 1 168 CH 1 141 EN KU DE 1 17 SU DE TG 1 142 BI CH 1 179 DE SP MA 1 150 KU 1 20 MA PH 1 32 EN DE SU 1 423 MA CH 1 141 KU SP 1 61 BI MA 1 32 KU 1 58 DE SU 1 204 KM HÖ PO SP 1 166 MU MA 1 49 SP BI 1 92 DE SU 1 104 MU EN 1 121 MU BI 1 49 SP MA 1 171 SP AW 1 70 RE DE MU 1 40 DE MA EN 1 175 DE EN RK 1 173 KU GE 1 170 DE SP 1 73 FR MU 1 148 MA MU 1 61 GB LE MA BI 1 52 EK 1 19 DE SU 1 78 MA 1 317 IF EK MA 1 38 DE SU 1 216 SU SP DE BI 1 135 DE RK 1 89 DE EN 1 133 DE KU 1 51 MA TG 1 92 MU EN DE 1 89 MA SP 1 159 LA FR 1 166 KU SU 1 164 KU 1 43 DE WE KU 1 225 KU 1 31 MU 1 67 RK SP DE 1 66 MA EN 1 91

9057 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

DE RE SP 1 37 MA PH 1 52 RE SU DE 1 77 KU EN 1 441 EN DE KU 1 318 DE GE 1 192 DE RE SU 1 47 DE SU 1 179 MA RE 1 309 EN SP 1 52 CH PH MA 1 68 SU MA RE 1 276 SP PO 1 132 TG DE MA EN 1 118 AW RE 1 121 DE SP RE 1 206 DE EN 1 67 MA SU PH 1 163 PO DE 1 90 BI PH 1 89 DE PA 1 290 MA PH 1 143 MA SP 1 220 DE RS 1 136 PA 1 70 MA SP 2 235 MA GE 1 168 RE EN DE 2 322 SP SU MA 1 173 DE MA RE 2 322 GB KM TG BI 1 90 EK SU 2 276 GE PO 1 122 MA DE RE 2 248 DE EN 1 166 SP SU DE 2 212 RE DE 1 38 MA SU 2 235 DE BI CH 1 5 SU RE DE 2 311 CH PH 1 227 GE PL WN 2 244 EK BI 1 167 ES SR DE SU 2 205 MA RE TG 1 166 SU EN DE 2 132 BI CH 1 116 MA DE 2 86 MA SP 1 173 DE SU SP 2 78 MA SU 1 92 GB BI 2 168 PH CH 1 68 KU WE 2 192 KM LE DE 1 71 DE KU 2 218 LE ES GE PO 1 60 SR ES DE KU 2 317 MA TG DE 1 141 DE SU 2 73 DE RK 1 173 DE SU 2 71 DE SU 1 177 DE SP SU 2 178 MU GE 1 141 EN DE RE 2 234 MA SU 1 72 DE SU RK 2 122 DE EN RE 1 92 MA PH 2 362 DE GE 1 179 EN DE MA 2 204 AW BI 1 92 WE DE SU 2 213 DE SP KU 1 92 EN DE 2 209 DE KU 1 89 DE SP SU 2 196 DE SU MA 1 173 SP MA SU 2 234 DE MU RE 1 89 MA KU 2 66 EN WE 1 205 MA SP 2 132 PO EN GE 1 248 FR DE 2 190 DE KU 1 114 DE SU SP 2 134 DE MA PA 1 185 DE EN 2 218 EN KU 1 84 SP BI 2 144 DE SP EN 1 143 DE RE SU 2 155 DE SP WE 1 54 EN EK 2 185 DE BI 1 154 MA SU 2 311 RK DE 1 51 DE MA SU 2 92 DE RE SU 1 164 MA SU 2 313 DE SU KU 1 90 EN MA SU 2 235

9058 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

KU DE TG 2 216 SU DE KU 2 181 KU DE PA 2 179 EK SP 2 198 SP SU DE 2 168 DE SU KU 2 150 EN MU 2 108 SU RE MA 2 74 DE PO GE 2 304 DE PO 2 108 SU RK DE 2 244 DE RE TG 2 272 DE BI 2 212 PH MA 2 203 LE SR BI 2 115 SU SP DE 2 232 DE WE EN 2 316 SP RK DE 2 143 DE SU 2 307 DE SU 2 311 DE TG SU 2 90 MA SU 2 213 BI EK PA 2 103 SU SP 2 159 SP MA SU 2 318 MA SU 2 318 DE SP MA 2 168 DE SP 2 209 DE MA SP 2 235 DE SU 2 183 PO GE 2 107 DE FR 2 123 DE PO 2 267 DE SU SP 2 322 DE BI 2 193 SU DE MA 2 322 SU MA RE 2 163 SP WE DE 2 205 DE SP 2 222 KU DE SU MA 2 317 DE SU KU 2 189 SP GE 2 90 DE EN 2 196 DE RE 2 258 DE RE EN 2 194 DE RK 2 177 DE SP 2 206 BI EK 2 233 RK SU MA 2 318 TG SU DE 2 313 EN DE SU 2 104 EN 2 85 SP MA 2 306 MA SP 2 114 KU BI PA 2 131 MA RK 2 224 MA GE 2 313 TG SU MA 2 235 MA SU 2 248 SP SU DE 2 112 DE SU MA 2 300 SU MA RK 2 310 MA SP SU 2 227 KU 2 205 PO WI AW 2 322 PL DE GE 2 264 SU SP DE 2 179 SU RK MA 2 318 SU DE SP 2 318 RE SU 2 184 DE RE KU 2 64 MA SP SU 2 226 DE MA SU 2 207 DE BI 2 65 DE SU SP 2 272 SP 2 281 DE SU RK 2 63 BI CH 2 132 EN GE 2 82 DE KU 2 309 EN GE 2 234 MA WE RE 2 113 DE PO 2 306 DE RE 2 322 BI 2 181 CH PH MA 2 150 RE EN 2 297 SU KU DE 2 66 KU MA 2 120 SP DE EN 2 114 MA MU DE 2 206 MA CH 2 201 EN 2 234 DE RE 2 231 MA SU KU 2 217 MA GE 2 271 DE RE 2 192 DE SU WN EN RE 2 322 BI EK 2 269 EN DE SU 2 78 RK SU MA 2 248 EN PO 2 286 PH MA TE 2 234 KU EN MA 2 209

9059 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

MA PH 2 78 MA SP SU 2 260 SP MA 2 73 SP EN 2 168 LE ES TG 2 224 MA IF EN 2 212 DE EN SU 2 230 DE SU 2 173 SP SU DE 2 120 DE KU 2 320 DE SP 2 171 DE GE PO 2 306 SP DE SU 2 227 DE SP KU 2 234 DE SU MA 2 241 DE RK 2 151 DE SP RE 2 217 AW GE 2 168 BI CH 2 155 RE DE MA 2 102 DE EK 2 192 SU DE 2 318 PO 2 203 DE SP 2 211 EN PO 2 212 MA WE SU 2 217 SU DE TG 2 310 RE MA SU 2 294 MA PH TE 2 317 DE SP SU 2 139 DE RE SU 2 99 MA SU 2 192 DE GE 2 318 MA SP KU 2 235 EN SP 2 232 SP SU DE 2 322 IF MA 2 227 DE SU 2 214 DE RE EN 2 104 FR DE 2 235 SU DE KU 2 230 DE RK 2 226 MA SU DE 2 186 SR LE MA SU 2 234 DE SU MA 2 287 MA AW 2 147 IF 2 151 CH MA PH 2 91 GE DE 2 55 MA SU WE 2 135 MU 2 232 DE GE 2 318 SU DE KU 2 259 TE AW 2 316 EN PO 2 138 DE GE 2 288 MA SP 2 204 TG SU DE 2 213 MA SU EN 2 322 MA RK SU 2 168 DE EN 2 101 MU DE SP 2 223 SU SP DE 2 193 SP SU DE 2 322 EN SN 2 195 SN EN 2 125 DE SU 2 235 KU SU DE 2 157 DE SU 2 45 MA EK 2 286 DE RK MA 2 205 MA MU SU 2 234 SU DE 2 290 SU DE 2 164 DE EN SU 2 235 DE SN GE 2 201 BI 2 75 SU MA RE 2 102 DE BI 2 310 DE SU RE 2 235 DE SU 2 235 SP MA RK 2 70 DE GE 2 152 DE RE 2 223 EN DE 2 311 DE MA SU 2 235 EN RE DE 2 220 DE SU KU 2 303 WN GE 2 192 DE SP SU 2 234 SP SU DE 2 218 TE PH MA 2 236 SP GE 2 157 DE SP RE 2 311 CH BI MA 2 89 MA SP 2 235 DE BI PL 2 89 DE SU 2 301 DE SU 2 141 MU DE SU 2 234 DE SU 2 311 DE SU TG 2 199 EN SP MA 2 77 DE SU 2 315

9060 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

RE SP MA 2 230 EN PA HW 2 50 EN TG KU 2 135 PH MA 2 295 DE SU 2 116 DE SU RK 2 224 DE SU SP 2 219 EN SN WI 2 310 LE KU SU ES 2 226 DE SP SU 2 114 DE RE 2 111 LE SR KU SU 2 208 MA SU 2 230 DE SU 2 234 PH 2 173 DE SU RE 2 199 DE SU 2 317 BI CH 2 201 ES LE SP EK 2 77 DE SU PO 2 259 MU EN MA 2 234 FR BI MU 2 202 DE KU SU 2 307 SU MA RE 2 206 FR EK 2 195 MA SP TG 2 234 MA PH 2 235 GE DE 2 296 PO DE 2 314 DE SU 2 245 DE TG RE 2 217 RK DE SU 2 220 DE SU 2 318 SP KU DE 2 114 SU RE MA 2 178 KU DE SU 2 316 SP SU DE 2 103 RK DE SU 2 299 SU SP DE 2 299 DE SP SU 2 141 DE MA SU 2 195 DE RE MA 2 221 SU MA DE 2 248 KU SU DE 2 78 KU TG MA 2 176 MA KU PO 2 267 DE SU RK 2 314 DE SU EK 2 202 SR GB GE 2 229 DE EN MA 2 219 SP DE SU 2 235 LE SR BI SU 2 234 FR GE 2 202 DE SU WE 2 231 DE KU TG 2 143 SP MA RE 2 231 DE KU SU 2 246 BI DE 2 292 MA PO 2 216 DE EN SU 2 249 KU SU DE 2 310 TG MA 2 322 MA SU RE 2 206 DE SU KU 2 206 EN PO 2 140 KU MA RE 2 297 GE SP 2 232 FR DE 2 234 TG DE MA 2 58 RE DE SU 2 316 DE SP 2 262 DE SP 2 216 SU MA TG 2 258 MA DE SU 2 322 DE RK SU 2 303 DE SU KU 2 232 DE SU 2 213 DE WE 2 104 EN SN 2 195 RE EK 2 193 SU DE RE 2 230 SP MA KU 2 150 MA SU 2 118 MU DE KU 2 93 MA SU 2 202 RE SU DE 2 231 RE DE 2 78 MA GE 2 318 DE SU EN 2 122 DE EN 2 63 DE SU 2 322 PH CH 2 179 FR DE 2 244 DE SP 2 232 EK SP 2 168 DE RK SU 2 313 MU MA SU 2 316 DE GE 2 269 MA GE 2 247 MA RE 2 117 MA SN 2 156 SP MA 2 226 SR ES RE GE 2 217 MU EK 2 183

9061 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

MU SP MA 2 157 BI GE 2 235 DE GE FR 2 322 DE SP 2 203 BI DE SU 2 161 RK DE 2 190 MA SP RE 2 314 DE GE RS 2 183 MU EN MA 2 212 MA DE WE 2 223 DE GE 2 206 MA KU 2 295 MA DE MU KU 2 151 MA SU DE RK 2 136 DE SU RE 2 279 DE GE 2 230 BI CH 2 170 MA DE 2 321 SP 2 289 SU RE DE 2 269 SP EN 2 220 MU RE DE 2 117 EN DE SU 2 204 BI CH 2 141 SN GE 2 207 DE SP MA 2 66 SU DE MA 2 91 MA RE DE 2 201 DE TG KU 2 305 BI CH IF 2 124 EN SP 2 138 DE RE SU 2 318 DE SU 2 325 FR SN 2 116 EN RE DE 2 78 SU DE RK 2 246 SU KU DE 2 266 DE SU RK 2 134 DE SU MA 2 196 HW BI 2 214 DE SP 2 91 DE SP SU 2 318 DE GE 2 209 FR 2 206 EN 2 230 DE RK SU 2 215 RK DE SU 2 192 DE RE MA 2 441 EN DE 2 73 SP DE 2 199 SU DE TG 2 91 DE RK 2 62 DE SP SU 2 311 CH PH MA 2 210 SU SP MA 2 193 DE SU 2 107 BI SP 2 234 DE GE SU 2 140 DE KU 2 234 DE MA RE 2 232 SU DE SP 2 220 BI 2 230 SU SP MA 2 235 SP 2 180 DE RK 2 127 RK DE 2 271 MA SP 2 161 KM GB MA 2 227 MA EN SU 2 119 SP KU DE 2 115 AW RE 2 84 DE TG 2 171 SU MA WE 2 277 DE SU 2 322 SU RE MA 2 150 DE RK MA 2 227 SP EK 2 322 DE WN 2 167 DE MA BI 2 114 SR LE DE SU 2 212 SU RE SP 2 297 DE SP 2 205 DE PL 2 333 CH BI 2 114 SR MA EK LE 2 126 SU MA DE 2 292 DE PO 2 322 MU EN 2 111 KU BI 2 206 BI 2 173 DE SP MA 2 91 DE KU SU 2 318 DE SU MA 2 317 KU DE WE 2 213 DE SU TG 2 234 RK SU DE 2 314 FR EK 2 216 HÖ KM BI 2 203 KU EN FR 2 315 EN FR 2 111 GB LE MA RE 2 122 DE GE 2 78 DE SP MA 2 318 GE PO 2 162

9062 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

BI EN 2 212 DE SU KU 3 292 SR LE SP SU 2 234 KU DE 3 311 DE KU SU 2 248 MA RE SP 3 281 BI DE 2 216 DE WN 3 257 EN 2 205 SU RE DE 3 322 BI CH MA 2 206 SP DE SU 3 95 CH PH BI 2 219 TG HW 3 301 DE RE SU 2 213 DE SU TG 3 162 EN GE 2 141 DE SU WE 3 288 SU KU 2 163 EK 3 203 EN 2 67 TG MA SU 3 180 DE SU 2 310 MA SU 3 169 MA DE 2 322 KU RE MA 3 234 DE SU 2 227 RK DE MA 3 297 BI SP 2 209 DE SU EN 3 243 LE SR WE MA 2 212 DE RK SU 3 177 DE SU 2 322 DE GE 3 204 MA DE SU 2 318 RL 3 266 KU WE 2 197 LE GB PO 3 224 PO AW 2 161 MA SU RE 3 286 MA EK 2 93 DE SU RE 3 164 DE SP KU 2 175 WE DE SU 3 192 RE MA 2 230 DE SU 3 143 DE MA 2 156 DE BI 3 195 GE RE 2 151 DE KU 3 160 DE MA SP 2 121 DE GE 3 229 MU 2 146 DE SP 3 223 DE SU RE 2 200 DE SU 3 322 SP DE SU 2 235 SU RE DE 3 293 DE BI 2 131 SU DE MA 3 313 CH EK PH 2 210 DE SU 3 261 BI CH PH 2 192 GB SP SU LE 3 212 DE RE KU 2 283 DE SU RK 3 318 DE KU TG 2 230 KU DE SU 3 199 DE KU 2 325 BI EN MU 3 295 RE SU DE 2 46 DE SU 3 288 DE SU SP 2 278 DE KU SU 3 247 EN SU DE 2 234 MA SP RE 3 202 WI MA 2 86 DE MU 3 365 SU DE RE 2 179 DE SU KU 3 234 MA SU RE 2 220 MA PH CH 3 253 DE KU TG 2 157 MA PH TE 3 253 KU MA EN 2 322 SU DE SP 3 293 DE EN SU 2 300 DE KU RE 3 280 EN DE 2 214 MA 3 223 DE GE 2 234 DE SU 3 285 MA WE KU 2 235 MA SU 3 180 TG MA MU 2 186 DE TG 3 315 RK DE 2 164 SU SP MA 3 322 CH PH 3 274 MA WE 3 145 PH MA CH 3 256 DE RE SU 3 152 RE MA SP 3 274 MA DE SP 3 178

9063 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 71. Plenarsitzung am 30. April 2010

MA DE SU 3 295 MA SU 3 233 DE SU RE 3 235 EK BI 3 296 EN DE 3 322 MU SP DE 3 227 DE SP 3 230 SP SU DE 3 179 SU RE MA 3 320 MA SU RE 3 320 DE SU 3 188 MA SU 3 218 DE GE 3 131 RK BI 3 117 EN SP 3 242 RK DE SU 3 205 DE WE 3 197 MA SP 3 318 MA DE KU 3 276 CH BI 3 308 DE RE KU 3 188 DE SU 3 300 PH TE MA 3 122 MA PH 3 91 SU DE RE 3 322 SU RE 3 315 DE MU 3 293 WE KU DE 3 193 MA SU 3 198 DE GE 3 86 DE SU RE 3 192 DE GE 3 258 KU RE MA 3 205 SP MA DE 4 272 DE SU 4 171 SU RE MA 4 318 MA SU DE 4 220 DE SU WE 4 283 DE EN SU 4 246 DE SU RE 4 259 MA DE 4 163 MA SP 4 179 KU DE MA SU 4 320 SP PA 4 282 SU DE RE 4 342 MA SU SP 4 280 EK SP 4 226 DE SP RE 5 223 SU MA DE 5 297

9064