Anarchie Im IGEL Was'n GJN? Inhalt
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I GEL N R . 50 / FRÜHJ AHR 2007 Anarchie im IGEL Direkt nach der letzten LMV in Hil- ge Ausgabe - und desheim traf sich die neu ergänzte Re- hey, eh wir es ver- daktion, um ein Thema für die kom- gessen, es ist ja auch mende Ausgabe abzusprechen. Doch die 50ste! “Happy eine Einigung war gar nicht so leicht. Birthday, lieber ÜBERSICHT Mit nun sechs Leuten auf den gleichen IGEL”, bekommt Nenner zu kommen, ist erheblich lang- mensch denn auch wieriger, als zu viert. Aber wir haben auf Seite 17 zu hö- es geschafft. Private Kontakte einiger ren. Redaktionsmitglieder ermöglichten es Ganze vier Mo- uns, mit interessanten Personen der nate hat die Erstellung dieser Ausgabe che Male einen Strich durch die Rech- Zeitgeschichte zusammenzukommen gedauert. Wieso? Wir haben das The- nung. Kurz bevor die letzte Fassung sowie Fachleute über das Thema zu lö- ma der Ausgabe, “Anarchie”, gleich des IGEL’s fertig war, gab es einen chern. Entstanden ist eine sehr vielfälti- umgesetzt. Scherz. Aber alle neuen Re- Computercrash - und richtig, keine Si- daktionsmitglieder mussten sich erst cherungskopie. einmal einarbeiten, Interviewtermine Wir hoffen nun , dass das, was so Inhalt mussten abgesprochen werden und lange währte, auch bei euch Gefallen die liebe Technik machte uns auch etli- findet. Bis bald, Eure Redaktion Titel- Anarchie Die Entstehung des Gedankens 3 Mut zum großen Traum 4 Keine Macht für niemand? 6 Wieviel Anarchie steckt im Button 7 Interview mit Professor Lösche 8 Was’n GJN? Vorstellung der Anarchistischen Plattform der GJ 10 Kommunardenbildung in Deutschland 11 GJN ist der Landesverband der Wolfgang Seidel von Ton Steine Scherben spricht 12 GRÜNEN JUGEND in Niedersach- Wer war eigentlich Michael Bakunin? 14 sen. Bei uns sind Jugendliche und jun- Der Staat muss weg - aber nicht irgendwie 15 ge Erwachsene bis 28 Jahren politisch aktiv. IGEL-Jubiläum Als Jugendorganisation von Bünd- Rückblick 16 nis 90/Die Grünen wirken wir in und Glosse und Glückwunsch 17 außerhalb der Partei und tragen junge Positionen in die Gesellschaft. Grüne Jugend Bremen Die GJN ist ein links-progressiver Freie demokratische Schulen braucht das Land 18 Jugendverband und orientiert sich an den Grundsätzen Ökologie, Basisde- Castor 2006 mokratie, Solidarität und Gewaltfrei- Ein Erfahrungsbericht 19 heit. Wir bündeln und vernetzen die Intern Aktivitäten der Basisgruppen in Nie- Bericht von der LMV 21 dersachsen. Dazu gehören unsere Basisgruppenticker 22 Landesmitgliederversammlungen, Se- Unsere Erfolge bei der Landesdelegiertenkonferenz 24 minare, Workshops und gemeinsame Was macht eigentlich der Landesvorstand? 25 Großaktionen. Adressen & Termine 26 Wenn auch Du bei all diesem mit- Einladung zur LMV und Impressum 27 wirken willst, dann komm zur GJN! 2 Frühjjahr 2007 G ESCHICHTE DER A NARCHIE TITEL Die Entwicklung des Gedankens V ON J ULIA te. In „Was ist das Eigentum?“ (1840) rechten Leben stünde einzig der Kapi- W ILLIE H AM- stellt er fest, dass die Menschen auf- talismus entgegen. In seiner Arbeit BURG grund der damaligen Arbeitsteilung „Gegenseitige Hilfe in der Tier- und wie Automaten behandelt werden und Menschenwelt“ versuchte er eine ei- Den Begriff „Anar- sie daran verelenden. Zudem sei Ei- gene Evolutionstheorie aufzustellen, in chie“ gibt es schon so lange, wie es die gentum aufgrund der Gleichheit aller der er durch Beobachtungen rechtfer- menschliche Zivilisation gibt. Konzep- Menschen nicht zu rechtfertigen. tigt, dass Solidarität in der Evolution ei- te einer herrschaftslosen Lebensweise Proudhon entwickelt eine Gesell- nen größeren Stellenwert hat, als der gab es bereits weit vor Christi Geburt. schaftsform, in der Menschen ohne Kampf desR Stärkeren gegen den/die Der Taoismus oder das Gegenkonzept Regierung in genossenschaftlichen SchwächereN. Sein Fazit: Herrschafts- zu Platons Staatstheorie der Stoiker in Handwerks- und Landwirtschaftsver- systeme können nicht funktionieren, der Antike zeigen, dass sich Menschen bänden leben sollten. Geld- und Wa- da die Notwendigkeit der Solidarität schon lange über die negativen Konse- renverkehr müssten zudem abge- eine anarchistisch-kommunistische Le- quenzen von Herrschaft Gedanken ge- schafft und Güter gleichberechtigt ge- bensweise bedinge. macht haben. Gerade auch aufgrund tauscht werden. Der erste Berufsre- Im 20. Jahrhundert, nach der „Pro- der Unterdrückung der Menschen sei- voluzzer des 19. Jahrhunderts war Mi- paganda der Tat“ und diversen Unei- tens der Kirche entwickelten sich chael Bakunin. Er glaubte an das „Prin- nigkeiten verlief sich die anarchistische Ideen eines herrschaftsfreien Mitein- zip der Empörung“ (s. Artikel von Jan- Massenbewegung in zersplitterte Ein- anders und erste Kommunen. Die ko Marklein) - die spontane Aufleh- zelbewegungen. Viele anarchistische Grundlage der anarchistischen Theo- nung unterdrückter Volksmengen ge- Gruppen benannten sich in Kollektivi- rien bildet jedoch die Aufklärung im gen Ungerechtigkeit und Machtstre- stInnen und FöderalistInnen um oder 18. Jahrhundert. Rousseaus Gesell- ben. Er verbrachte sein Leben mit Rei- propagierten die libertäre Lebens- schaftsbild - Menschen, die von Natur sen durch Europa und propagierte in weise, um mit dem negativ belegten aus gut seien und frei geboren, lägen revolutionären Brennpunkten anarchi- Begriff „Anarchie“ nicht in Verbindung überall in Ketten - ist grundlegend für stische Ideen, in der Hoffnung, zur zu kommen. Weltweit war das Ziel das Entstehen anarchistischer Konzep- richtigen Zeit die Revolution mit an- von nun an eher, die anarchistische Le- te. Die anarchistische Bewegung selbst führen zu können. Bakunin war eben- bensweise in der Praxis zu verwirk- ist ein Kind des 19. Jahrhunderts und so wie Karl Marx Mitglied der I. Inter- lichen. In Spanien zu Zeiten des Bür- entwickelte sich zu einer einflussrei- nationalen Arbeiterassoziation, in der gerkrieges und auch in der Ukraine chen Massenbewegung, von der in der sich 1864 ArbeiterInnen erstmals 1918 lebten ganze Bevölkerungsgrup- heutigen Zeit erstaunlicherweise international gegen soziale Missstände pen über einen längeren Zeitraum er- kaum noch etwas zu finden ist. verbündeten. Die Unvereinbarkeit der folgreich in anarchistischer Gemein- Der erste bekannte anarchistische marxistischen ArbeiterInnenklassen- schaft; AnarchosyndikalistInnen Theoretiker war William Godwin. Er herrschaft mit anarchistischen Idealen kämpften in Gewerkschaften für das fordert in seinem Hauptwerk einen zerspaltete die I. Internationale jedoch herrschaftsfreie, sozialistische Leben. herrschafts- und gesetzlosen Staat, da rasch. Bakunin war der erste Anar- Von Massenbewegungen wie im 19. die Verbrechen seiner Zeit nur durch chist, der Gewalt als Protestform for- Jahrhundert konnte jedoch keine Rede Aufhebung ihrer Ursachen bekämpft derte. Durch gezielte Terroranschläge mehr sein, progressive Vorgehenswei- werden könnten. Er sieht die einzige auf die Bourgeoisie planten Anarchi- sen und propagandistische Tätigkeiten Möglichkeit in einer dezentralen Orga- stInnen das Volk zu Massenaufständen wurden mehr und mehr eingestellt. nisation der Gesellschaft durch Räte, zu bewegen. Leider distanzierten sich Überzeugen durch Vorleben, alte Jurys sowie die Abschaffung aller Ge- viele ArbeiterInnen aus Angst vor der Weisheiten propagieren und an der setze. Die anarchistischen Elemente Willkür der AttentäterInnen vom An- Realität überprüfen ist weiter aktuell! dieses Ansatzes sind deutlich zu erken- archismus. Ende des 19. Jahrhunderts nen. Godwin bezeichnete jedoch seine entwickelte Peter Kropotkin den kom- Julia Willie Hamburg, Gesellschaftsordnung selbst nicht als munistischen Anarchismus. In seinen 20, studiert Politik- Anarchie. Anders hielt dies Pierre Jo- Schriften forderte er eine sofortige wissenschaften und seph Proudhon, der den Begriff Anar- Abschaffung des Lohnsystems zugun- ist aktiv in der GJ chie für eine gesamte Strömung präg- sten einer freien Verteilung: Dem Göttingen . Quellen: Diefenbacher, Hans. “Anarchismus. Zur Geschichte und Idee der herr- DER IIGEL 50 3 schaftsfreien Gesellschaft.”; Guérin, Daniel. “Anarchismus. Begriff und Praxis”; Stowas- ser, Horst. “Freiheit pur. Die Idee der Anarchie, Geschichte und Zukunft.” E RÖRTERUNG Mut zum großen Traum TITEL Die Frage der Realisierbarkeit von Anarchie sten war die Idee wohl während des sie ein Treffen ab und bestimmten ge- V ON CHRISTOPH MÜLLER „Kurzen Sommers der Anarchie“ meinsam, was es zu tun galt. 1931-1936 in Spanien. Die anarchisti- Es ist der große Traum von der sche Gewerkschaft CNT, der große Kommunen in Deutschland heute Freiheit. Von einer herrschaftslosen Teile der arbeitenden Bevölkerung an- Gesellschaft. Der Traum von einem gehörten, revoltierten gegen die Auch im Jahr 2007, in der BRD gibt Leben ohne Staat und Unterdrückung. Mächtigen, die Regierung und gegen es noch libertäre Großprojekte in de- Doch sind AnarchistInnen nur Träu- die FaschistInnen. Fabriken wurden in nen Menschen gemeinschaftlich leben merInnen? Weltfremde SpinnerInnen? ArbeiterInnenkommitees betrieben, und wirtschaften. In Kassel leben 20 Oder ist ihre Vision eines freien Le- landwirtschaftliche Flächen kollekti- Erwachsene und zwölf Kinder genos- bens wirklich realisierbar? Nicht viele viert. Erst unter dem Einfluss der senschaftlich in der Villa Locomuna. In Menschen stellen sich diese Fragen. UdSSR-Kommunisten wurde die Ein- vielen Städten gibt es libertäre Kom- Für sie bedeutet Anarchie schlicht Ter- tracht der ArbeiterInnen gestört und munen und Bauwagensiedlungen. An- ror und Chaos. So alt, wie die Ge- der Weg für den faschistischen