Unser Eichsfeld in Geschichte Und Gegenwart
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
62. Jahrgang Heft 7/8 2018 H 11859 Unser Eichsfeld in Geschichte und Gegenwart • Einmaliger Duderstädter Bücherschatz • Die Heiligenstädter Klausmühle – dem Vergessen entrissen Riemenschneiders Geburtsstätte • Das Geheimnis von Gut Schönberg bei • Tausende feierten das 700-jährige Wendehausen Hildebrandshausen Duderstadt 4,90 EUR incl. 7 % MWSt Das Eichsfeld sehen, fühlen und schmecken – das entspannte Dorfhotel DER KRONPRINZ lädt ein. Der Kronprinz | Fuhrbacher Str. 31-33 | 37115 Duderstadt / Fuhrbach [email protected] | www.der-kronprinz.de Mit einem Geschenk-Abo der Eichsfelder Heimatzeitschrift für Freunde und Bekannte verschenken Sie ein Stück Eichsfelder Kultur! Einen Bestellschein finden Sie im Internet unter https://shop.meckedruck.de/shop/ehz-bestellschein.pdf Eichsfelder Heimatzeitschrift – Unser Eichsfeld in Geschichte und Gegenwart 193 Einmaliger Duderstädter Bücherschatz dem Vergessen entrissen Erfurter Wissenschaftler entdeckte über 500 Jahre alte Bücher von Reiner Schmalzl Der aus Duderstadt stammende Erfurter Mehr als 500 Jahre später sorgte nun der Jurist, Hochschullehrer und Stiftsgeistliche Erfurter Wissenschaftler Frank-Joachim Johannes Steinberg hatte kurz vor seinem Stewig dafür, dass der spätmittelalterliche Tod Anfang Januar 1500 in seinem Testa- Bücherschatz aus Sammlungen der Eichs- ment den Verbleib seiner privaten Bücher- feldstadt in den Fokus der Fachwelt und sammlung festgelegt. „Kümmert euch da- der Öffentlichkeit gerückt wird. „Ein lange rum, meine Bücher zu bewahren“, soll der in Vergessenheit geratenes Kapitel Duder- Spitzengeistliche seiner Zeit damals den städter Stadtgeschichte wieder aufzuschla- drei Testamentsvollstreckern mit auf den gen, daran wird Steinberg nicht gedacht Weg gegeben haben. Steinberg übereig- haben. Vielmehr ging es ihm darum, die nete die Bücher somit seiner in Duderstadt Bücher nach seinem Tod als Ganzes zum ansässigen Familie. Nutzen seiner lebenden Angehörigen und ihrer Nachfahren auf ewig bewahrt und in guten Hän- den zu wissen“, so der Historiker Stewig. Immerhin entdeckte er im Archivkeller der Propstei in Duder- stadt insgesamt 37 Drucke aus dem 15. Jahrhundert. Bis vor wenigen Monaten sei nie- mandem bewusst gewesen, dass sich als Teil der Abb. 1: Duderstadts Bürgermeister Wolfgang Nolte, Museumsleiterin Sandra Kästner, der Erfurter Wissenschaftler Frank-Joachim Stewig und Propst seit Jahrhunderten Bernd Galluschke (von links) betrachten eine prächtig kolorierte Palästi- mit der Stadt und nakarte aus dem Jahr 1475. Der in Lübeck entstandene Inkunabeldruck ist ihrer Pfarrkirche eine Leihgabe des Stadtarchivs Erfurt. Alle Fotos: Reiner Schmalzl „St. Cyriakus“ ver- Titelbild: Holzschnitt als Illustration zur Apokalypse (Apc 6,1–17) mit der Darstellung der vier apokalyptischen Reiter aus „Disz durchleuchtigest werck der gantzen heyligen geschrift ge- nant die bibel zu teutsch“, 2. Band. Inkunabeldruck von Johann Grüninger, Straßburg 1485. Entnommen einer neuen Veröffentlichung des Verlages Mecke Druck „DEM VERGESSEN ENTRISSEN!“ Spätmittelalterliche Bücherschätze aus Duderstädter Sammlungen – Von But- terbriefen, Aderlass und Seelenheil. ISBN 978-3-86944-184-9. 196 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Unser Eichsfeld in Geschichte und Gegenwart Das Geheimnis von Gut Schönberg bei Wendehausen Hitler, Stalin, Churchill und die Windsors: Wie eine Metallkiste, die in einem Waldstück in Thüringen vergraben wurde, die Weltgeschichte veränderte von Martin Debes Der Fokus der Film- kamera verweilt in den Wipfeln der Kie- fern, bevor er nach unten schwenkt. Eine Kolonne offener Militärwagen fährt durchs Bild, Matsch spritzt vom Waldweg. Eine Schrift wird ein- geblendet: „Thurin- gia Forest, Germa- ny 1945“. Thüringer Wald, Deutschland 1945. „Wie weit noch, Loesch?“, fragt ein Abb. 1: Das Herrenhaus Gut Schönberg auf einer Postkarte von 1942. britischer Offizier Sammlung Reiner Schmalzl. vom Beifahrersitz. „Geradeaus!“, ruft aus dem Fond der Fernsehserie, die vom Streamingdienst Mann in Wehrmachtsuniform. Netflix ausgestrahlt wird, weltweit, mit Schließlich sind sie da. „Hier, auf der enormem Erfolg. Zuletzt wurde das Werk rechten Seite“, sagt der deutsche Offizier. mit etlichen Golden Globes und Emmys „Anhalten, Gefreiter“, befiehlt der Brite und ausgezeichnet. weist die anderen Soldaten an: „Nehmt die Im Winter 2018. In der realen Gegenwart Schaufeln.“ Und zu dem Deutschen: „Füh- sind die Kiefern in ihrer überwiegenden ren Sie uns hin!“ Mehrzahl Laubbäume. Sie biegen sich im Sie gehen einen Hügel hinauf, durch das kalten Wind auf dem Schönberg. Im Hof Unterholz. Oben, auf dem Kamm, zwi - des großen Gutes grunzen Schweine, Fer- schen einigen Kiefern, zeigt der deutsche kel tippeln durch den Matsch. Offizier auf den Boden: „Hier!“ Soldaten Hier, nahe Treffurt, im südlichsten Winkel graben und stoßen auf eine Metallkiste. des historischen Eichsfelds, lebten und Nachdem sie ausgegraben ist, wird sie ackerten die Menschen seit dem späten eilig zu den Autos getragen. Die Kolonne 14. Jahrhundert. Mal war es gut. Oft war verschwindet auf der schmalen Straße es schlecht. durch den Wald. Gut Schönberg wirkt etwas herunterge- So beginnt eine aktuelle Folge von „The kommen, in einer Mauer gähnt ein großes Crown“ („Die Krone“), einer opulenten Loch. Aber das alte Turmhaus sieht im - Eichsfelder Heimatzeitschrift – Unser Eichsfeld in Geschichte und Gegenwart 201 der falschen Seite zugewandt hatte, verlor er seinen Besitz und musste Heiligenstadt Ende 1465 mit der gan- zen Familie verlas- sen. Nach Tilman Rie- menschneiders Kindheit in Oste- rode (Harz) und mehreren Lehr- und Wanderjah- ren wurde er 1483 zunächst als „Ma- lerknecht“ in Würzburg sesshaft, erwarb Der 5. Juli 1531 war als Todestag Tilman aber schon zwei Jahre später Bürgerrecht Riemenschneiders für lange Zeit das einzi- und Meisterwürde durch die Heirat einer ge sichere Datum seiner Biografie, welche Goldschmiedswitwe. Ab 1490 schuf er in nach Auffinden seines Grabsteins ab 1822 seiner Werkstatt in der Franziskanergasse rückwirkend erforscht wurde. Den beharrli- als zunehmend gerühmter und gesuchter chen Bemühungen des Lehrers Walter Pro- „Bildschnitzer von Würzburg“ kunstvolle chaska ist es letztlich zu verdanken, dass figuren- und detailreiche Altäre, Skulptu- Heiligenstadt seit über einem Vierteljahrhun- ren, Epitaphe, Kruzifixe, Reliefs u. a. in dert von namhaften Kunsthistorikern und Holz und Stein für viele Kirchen im main- Riemenschneider-Experten als Geburtswort fränkischen Raum, wie z. B. in Würzburg, des weltweit hochgeschätzten Künstlers der Rothenburg o. T., Creglingen, Bamberg, Spätgotik zweifelsfrei anerkannt wird. Detwang und Maidbronn. Im Eichsfeld-Museum ist der berühmteste Er wurde zeitweiliger, hoch geachteter Bür- Sohn Heiligenstadts seit 1992 mit mehre- germeister und Mitglied des „Oberen Rates“ ren Gipsabgüssen von Riemenschneider- von Würzburg, dann aber wegen der leicht- Originalen aus dem Mainfränkischen Mu- fertigen Weitergabe eines Gerüchts wäh- seum Würzburg wieder in seiner Geburts- rend des Bauernkrieges inhaftiert, aus dem stadt präsent. Rat ausgestoßen und öffentlich entehrt. Foto und erläuternder Text: Josef Keppler. Tausende feierten das 700-jährige Hildebrandshausen von Reiner Schmalzl Als zum Ende des zehntägigen Festes am enormen Anstrengungen und großartiger Abend des 3. Juni 700 gelb-grüne Luftbal- Resonanz war eine erfolgreiche Festwoche lons mit vielen guten Wünschen für die Zu- anlässlich der urkundlichen Ersterwähnung kunft in die Lüfte aufgestiegen waren, fühl- des Südeichsfeldortes vor 700 Jahren zu ten sich auch der Festausschuss und alle Ende gegangen. „Wir hatten nicht annä- Hildebrandshäuser erleichtert. Denn nach hernd mit solch einer Beteiligung und 206 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Unser Eichsfeld in Geschichte und Gegenwart gemeinsam mit den Dorfbewohnern dank- Während der Festwoche befand sich hin bar auf 700 Jahre zurückzublicken. „Und und wieder auch das acht Monate junge ich hatte die Gelegenheit, die schönste Zwillingspärchen Iva und Pius mit im Ge- Sackgasse des Eichsfeldes zu befahren“, tümmel. Wenn sie 25 Jahre sind, orga - erinnerte er sich an seinen ersten Besuch nisieren sie dann vielleicht das nächste in dem abgelegenen Dorf. Ortsjubiläum in Hildebrandshausen mit. Aus der Ortschronik von Günterode Geführt von Inge und Karl-Otto Heidenblut Vorbemerkungen Die Autorin der nachfolgend gedruckten Autobiografie, Regina Lerch geb. Gries, schrieb diesen Text 1956. Sie wurde am 6. August 1880 in Lehna geboren und starb im Alter von fast 83 Jahren am 18. Juni 1963 in Günterode. Ihr Ehemann Joseph Lerch hatte 1907 die einklassige Schule in Günterode mit 103 Schülern übernommen. Gleichzeitig übte er in der Kirche „St. Georg“ – wie damals üblich – die Funktionen des Küsters, Kan- Abb. 1: Ehepaar Gries, die Eltern von Regina tors und Organisten aus. Ortschronist war Lerch. er von 1914 bis 1936. Als Lehrer arbeitet er manchmal langweilig war. Der Lehrer gab in Günterode bis 1949. 1957 feierte er sein mir dann ab und zu eine andere Beschäf- 50-jähriges Orts- und Organistenjubiläum. tigung. Ich musste mit den ABC-Schützen Er starb 1959 im Alter von 80 Jahren. lesen und das Einmaleins üben. 1894 wur- Die Rechtschreibung ist den derzeit gel- de ich aus der Schule entlassen. Meine tenden Regeln angepasst. Eltern waren froh, dass sie eine zweite Hilfe bekamen; denn wir hatten eine grö- ßere Landwirtschaft, und auch die kleins- Autobiografie von Regina Lerch ten Geschwister mussten betreut werden. (1880–1963) Das viele Vieh musste gefüttert werden und auch bei den Feldarbeiten