Stenographischer Bericht 72. Sitzung

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Stenographischer Bericht 72. Sitzung Plenarprotokoll 13/72 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 72. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. November 1995 Inhalt: Absetzung des Punktes 15 und des Zusatz- Zusatztagesordnungspunkt 9: punktes 10 von der Tagesordnung . 6337A Weitere abschließende Beratungen ohne Tagesordnungspunkt 14: Aussprache Große Anfrage der Abgeordneten Sieg- a) Zweite und dritte Beratung des von mar Mosdorf, Dr. Uwe Jens, weiterer der Bundesregierung eingebrachten Abgeordneter und der Fraktion der Entwurfs eines Jahressteuergesetzes SPD: Unterstützung deutscher Unter- 1996 (Drucksachen 13/1173, 13/1686, nehmen auf den Weltmärkten und Si- 13/3084, 13/3085) 6353 C cherung von Arbeitsplätzen durch eine b) Beschlußempfehlung und Be richt des umfassende Außenwirtschaftskonzep- Finanzausschusses zu dem Antrag der tion (Drucksachen 13/1332, 13/2236) . 6337 B Abgeordneten Rolf Schwanitz, Joachim Poß, weiterer Abgeordneter und der in Verbindung mit Fraktion der SPD: Aussetzung der Gewerbekapitalsteuer in den neuen Zusatztagesordnungspunkt 8: Ländern für ein Jahr (Drucksachen Antrag der Abgeordneten Siegmar 13/1856, 13/3084) 6353 C Mosdorf, Ernst Schwanhold, weiterer Gisela Frick F.D.P 6353 D Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Neue Außenwirtschaftskonzep- Dr. Karl H. Fell CDU/CSU (Erklärung nach tion zur Unterstützung deutscher Unter- § 31 GO) 6354 A nehmen auf den Weltmärkten (Druck- sache 13/3063) 6337 B Tagesordnungspunkt 16: Siegmar Mosdorf SPD 6337 C, 6348 A Erich G. Fritz CDU/CSU 6340 C Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Elisabeth Altmann (Pom- Siegmar Mosdorf SPD 6342 C melsbrunn), weiterer Abgeordneter und Jörg-Otto Spiller SPD 6343 B der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS NEN: Umlegung der Kraftfahrzeug- (Druck- 90/DIE GRÜNEN 6343 D steuer auf die Mineralölsteuer sache 13/2420) 6355A Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 6345B, 6348 C Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/DIE Rolf Kutzmutz PDS 6347A, 6348C GRÜNEN 6355 A Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär 6355 C BMWi 6348 D Ernst Hinsken CDU/CSU Rolf Hempelmann SPD 6351A Wolfgang Schulhoff CDU/CSU 6357 D Elke Wülfing CDU/CSU 6352 A Birgit Homburger F D P. 6358 D II Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS Gisela Prick F.D.P 6363 B 90/DIE GRÜNEN 6359 C Eva Bulling-Schröter PDS 6364 D Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6359C, 6362A Nächste Sitzung 6365 D Bodo Seidenthal SPD 6360 A, 6363 D Anlage Detlev von Larcher SPD 6361 B Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6366* A Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6337 72. Sitzung Bonn, Freitag den 24. November 1995 Beginn: 9.00 Uhr Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Liebe Kolleginnen Siegmar Mosdorf (SPD): Frau Präsidentin! Liebe und Kollegen! Ich eröffne die Sitzung. Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute über ein Expertenthema, das gleichwohl für die wirt- Ich wünsche dem kleinen Kreis einen guten Mor- schaftliche Entwicklung unseres Landes von großer gen und stelle zunächst fest: Interfraktionell ist ver- Wichtigkeit ist und darüber mitentscheidet, wo wir in einbart worden, den Tagesordnungspunkt 15 und Zukunft in der Weltwirtschaft stehen und wie wir den Zusatzpunkt 10 abzusetzen. Es handelt sich um unsere Wohlfahrtsentwicklung in Zukunft einzuord- einen interfraktionellen Antrag und um einen Antrag nen haben. Die ökonomisch erfolgreiche Nach- der Gruppe der PDS, jeweils zum Wiederaufbau im kriegsentwicklung und damit auch die enormen früheren Jugoslawien nach dem Friedensschluß, die Fortschritte in der Wohlfahrtsentwicklung und im in der kommenden Woche zusammen mit der vorge- Lebensstandard unseres Landes sind vor allem auf sehenen Regierungserklärung zur Friedensvereinba- die Leistungen unserer Facharbeiter, Meister, Tech- rung für Bosnien behandelt werden sollen. Sind Sie niker und Ingenieure zurückzuführen. Das hat dazu damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. geführt, daß das Label „Made in Germany", das uns Dann verfahren wir so. die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg verordnet haben, zu einem Gütesiegel für die Produkte, die wir Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 und Zusatzpunkt 8 hergestellt haben, geworden ist. auf: (Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Nach 14. Beratung der Großen Anfrage der Abgeordne- dem Ersten Weltkrieg!) ten Siegmar Mosdorf, Dr. Uwe Jens, Anke Fuchs (Köln), weiterer Abgeordneter und der Das haben wir vor allen Dingen unseren Leistungen Fraktion der SPD zu verdanken, Herr Lambsdorff. Dieses Gütesiegel Unterstützung deutscher Unternehmen auf hat sich ausgezahlt, weil wir inzwischen viele unse- den Weltmärkten und Sicherung von Arbeits- rer Produkte auf dem Weltmarkt gut positionieren plätzen durch eine umfassende Außenwirt- und absetzen konnten. Wir waren zeitweise sogar schaftskonzeption Exportweltmeister. Das ist gut so gewesen. - Drucksachen 13/1332, 13/2236 - Die drei Säulen unserer Außenwirtschaftspolitik, unsere diplomatischen Vertretungen, die Außenhan- ZP8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sieg- delskammern und die Bundesanstalt für Außenhan- mar Mosdorf, Ernst Schwanhold, Anke Fuchs delsinformation, waren wichtige Hilfsmotoren in (Köln), weiterer Abgeordneter und der Frak- einer Zeit, in der das Schiff ohnehin volle Fahrt vor- tion der SPD aus fuhr. Die Nachkriegsentwicklung war durch Neue Außenwirtschaftskonzeption zur Unter- hohe Wachstumsraten und auch durch eine außerge- stützung deutscher Unternehmen auf den wöhnlich gute Exportentwicklung der deutschen Weltmärkten Volkswirtschaft gekennzeichnet. - Drucksache 13/3063 — Seit Ende der 80er Jahre hat sich nun die Weltwirt- Überweisungsvorschlag: schaft fundamental verändert. Das kann man zumin- Ausschuß für Wirtschaft dest an drei Bereichen verdeutlichen: Zur Großen Anfrage liegt ein Entschließungsan- Erstens. Der Fall der Mauer hat dazu geführt, daß trag der Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P. vor. Systemgrenzen aufgehoben worden sind. Meine Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für These ist, daß wir diese Veränderung in der Welt die gemeinsame Aussprache eine Stunde vorgese- zwar außenpolitisch schon verarbeitet haben - und hen. - Auch dazu sehe ich keinen Widerspruch. auch durch die Konflikte, die wir hatten, gezwungen worden sind, sie zu verarbeiten -, daß wir sie aber Es beginnt der Kollege Siegmar Mosdorf. außenwirtschaftlich noch nicht ausreichend verarbei- 6338 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 Siegmar Mosdorf tet haben, weil die Auflösung des Ost-West-System- deutlich - nach Südafrika, nach China und gegensatzes auch weltwirtschaftlich zu gravierenden anderswo; wir haben ja gestern darüber geredet -, Veränderungen geführt hat. daß das offensichtlich notwendig ist. Ich möchte das noch einmal verdeutlichen, auch was China angeht. Zweitens. Der technologische Quantensprung, Wir müssen ja erkennen, daß China eine Schlüssel- durch den man in einer sich globalisierenden Welt- rolle bei der Entwicklung des wichtigsten Kontinents wirtschaft heute überall auf der Welt die gleichen und des neuen Schwerpunkts der Weltwirtschaft Produkte mit derselben Qualität herstellen kann, ver- innehat. Deshalb ist es gut, wenn solche Reisen ändert das klassische Export-Import-Verhältnis der gemacht werden. Über den Aspekt der Menschen- Volkswirtschaften zueinander und damit auch die rechte haben wir ja gestern debattiert; dazu will ich internationalen Handelsbeziehungen. Das wird auch heute nichts weiter sagen. Wichtig ist, daß es solche unsere Position verändern, weil die klassische Kontakte gibt. Sie zeigen natürlich auch, daß solche Exportrolle so nicht mehr funktionieren wird. Viel- Verbeugungen vor den Regimen dieser Länder mög- mehr werden auch wir auf den Absatzmärkten selber licherweise dann erzwungen werden, wenn man in produzieren müssen. Dazu gibt es ja auch schon den letzten Jahren Außenwirtschaftspolitik konzep- Anstrengungen. tionell nicht gründlich genug betrieben hat. Denn Der dritte grundlegende Punkt der Veränderung wie anders soll man erklären, daß unsere Außenhan- der Weltwirtschaft besteht da rin, daß es bei den frü- delsbilanz zum Beispiel mit China, die 1986 noch heren sogenannten Entwicklungsländern heute positiv war, heute mit 4 Milliarden DM negativ ist? Es einen enormen Selbstbehauptungswillen gibt. Sie zeigt sich daran: Das Land entwickelt sich dyna- wollen kein Entwicklungsland mehr sein; sie wollen misch, und wir haben eine Reihe von Veränderungen selber Industrieland werden; sie wollen sich selber zu spät erkannt. Das gilt übrigens auch in bezug auf ökonomisch entwickeln. Das führt dazu, daß diese andere bilaterale Handelsbilanzen. Wenn man sich Entwicklungsländer im Moment enorme Wachstums- etwa Vietnam oder Indien ansieht, wird man feststel- raten haben bzw. anstreben und ganze Zyklen über- len, daß es auch do rt entsprechende Veränderungen springen. gibt. Wir müssen erkennen, daß diese Veränderun- gen dazu führen müssen, daß wir unsere Außenwirt- Weil wir diese fundamentalen Veränderungen der schaftspolitik aktivieren und uns stärker in diesem Weltwirtschaft bisher unzureichend aufgearbeitet Bereich engagieren. haben, haben wir diese Große Anfrage gestellt. Auch wenn die Regierung für die Beantwortung um sehr Erst als die deutsche Wirtschaft es zu einem Politi- viel Zeit gebeten hat und lange gebraucht hat, muß kum machte, daß sich die deutschen Botschaften ich jetzt einfach einmal sagen: Es ist eine profunde lange nicht so gut für die deutsche Wirtschaft
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