Plenarprotokoll 13/72

Deutscher

Stenographischer Bericht

72. Sitzung

Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Inhalt:

Absetzung des Punktes 15 und des Zusatz- Zusatztagesordnungspunkt 9: punktes 10 von der Tagesordnung . . . 6337A Weitere abschließende Beratungen ohne Tagesordnungspunkt 14: Aussprache Große Anfrage der Abgeordneten Sieg- a) Zweite und dritte Beratung des von mar Mosdorf, Dr. Uwe Jens, weiterer der Bundesregierung eingebrachten Abgeordneter und der Fraktion der Entwurfs eines Jahressteuergesetzes SPD: Unterstützung deutscher Unter- 1996 (Drucksachen 13/1173, 13/1686, nehmen auf den Weltmärkten und Si- 13/3084, 13/3085) 6353 C cherung von Arbeitsplätzen durch eine b) Beschlußempfehlung und Be richt des umfassende Außenwirtschaftskonzep- Finanzausschusses zu dem Antrag der tion (Drucksachen 13/1332, 13/2236) . 6337 B Abgeordneten , Joachim Poß, weiterer Abgeordneter und der in Verbindung mit Fraktion der SPD: Aussetzung der Gewerbekapitalsteuer in den neuen Zusatztagesordnungspunkt 8: Ländern für ein Jahr (Drucksachen Antrag der Abgeordneten Siegmar 13/1856, 13/3084) 6353 C Mosdorf, Ernst Schwanhold, weiterer Gisela Frick F.D.P 6353 D Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Neue Außenwirtschaftskonzep- Dr. Karl H. Fell CDU/CSU (Erklärung nach tion zur Unterstützung deutscher Unter- § 31 GO) 6354 A nehmen auf den Weltmärkten (Druck- sache 13/3063) 6337 B Tagesordnungspunkt 16: Siegmar Mosdorf SPD 6337 C, 6348 A Erich G. Fritz CDU/CSU 6340 C Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Elisabeth Altmann (Pom- Siegmar Mosdorf SPD 6342 C melsbrunn), weiterer Abgeordneter und Jörg-Otto Spiller SPD 6343 B der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS NEN: Umlegung der Kraftfahrzeug- (Druck- 90/DIE GRÜNEN 6343 D steuer auf die Mineralölsteuer sache 13/2420) 6355A Dr. F.D.P. . . 6345B, 6348 C Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/DIE Rolf Kutzmutz PDS 6347A, 6348C GRÜNEN 6355 A Dr. , Parl. Staatssekretär 6355 C BMWi 6348 D Ernst Hinsken CDU/CSU Rolf Hempelmann SPD 6351A Wolfgang Schulhoff CDU/CSU 6357 D Elke Wülfing CDU/CSU 6352 A Birgit Homburger F D P. 6358 D II Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS Gisela Prick F.D.P 6363 B 90/DIE GRÜNEN 6359 C Eva Bulling-Schröter PDS 6364 D Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6359C, 6362A Nächste Sitzung 6365 D Bodo Seidenthal SPD 6360 A, 6363 D Anlage Detlev von Larcher SPD 6361 B Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6366* A Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6337

72. Sitzung

Bonn, Freitag den 24. November 1995

Beginn: 9.00 Uhr

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Liebe Kolleginnen Siegmar Mosdorf (SPD): Frau Präsidentin! Liebe und Kollegen! Ich eröffne die Sitzung. Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute über ein Expertenthema, das gleichwohl für die wirt- Ich wünsche dem kleinen Kreis einen guten Mor- schaftliche Entwicklung unseres Landes von großer gen und stelle zunächst fest: Interfraktionell ist ver- Wichtigkeit ist und darüber mitentscheidet, wo wir in einbart worden, den Tagesordnungspunkt 15 und Zukunft in der Weltwirtschaft stehen und wie wir den Zusatzpunkt 10 abzusetzen. Es handelt sich um unsere Wohlfahrtsentwicklung in Zukunft einzuord- einen interfraktionellen Antrag und um einen Antrag nen haben. Die ökonomisch erfolgreiche Nach- der Gruppe der PDS, jeweils zum Wiederaufbau im kriegsentwicklung und damit auch die enormen früheren Jugoslawien nach dem Friedensschluß, die Fortschritte in der Wohlfahrtsentwicklung und im in der kommenden Woche zusammen mit der vorge- Lebensstandard unseres Landes sind vor allem auf sehenen Regierungserklärung zur Friedensvereinba- die Leistungen unserer Facharbeiter, Meister, Tech- rung für Bosnien behandelt werden sollen. Sind Sie niker und Ingenieure zurückzuführen. Das hat dazu damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. geführt, daß das Label „Made in Germany", das uns Dann verfahren wir so. die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg verordnet haben, zu einem Gütesiegel für die Produkte, die wir Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 und Zusatzpunkt 8 hergestellt haben, geworden ist. auf: (Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Nach 14. Beratung der Großen Anfrage der Abgeordne- dem Ersten Weltkrieg!) ten Siegmar Mosdorf, Dr. Uwe Jens, (Köln), weiterer Abgeordneter und der Das haben wir vor allen Dingen unseren Leistungen Fraktion der SPD zu verdanken, Herr Lambsdorff. Dieses Gütesiegel Unterstützung deutscher Unternehmen auf hat sich ausgezahlt, weil wir inzwischen viele unse- den Weltmärkten und Sicherung von Arbeits- rer Produkte auf dem Weltmarkt gut positionieren plätzen durch eine umfassende Außenwirt- und absetzen konnten. Wir waren zeitweise sogar schaftskonzeption Exportweltmeister. Das ist gut so gewesen. - Drucksachen 13/1332, 13/2236 - Die drei Säulen unserer Außenwirtschaftspolitik, unsere diplomatischen Vertretungen, die Außenhan- ZP8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sieg- delskammern und die Bundesanstalt für Außenhan- mar Mosdorf, Ernst Schwanhold, Anke Fuchs delsinformation, waren wichtige Hilfsmotoren in (Köln), weiterer Abgeordneter und der Frak- einer Zeit, in der das Schiff ohnehin volle Fahrt vor- tion der SPD aus fuhr. Die Nachkriegsentwicklung war durch Neue Außenwirtschaftskonzeption zur Unter- hohe Wachstumsraten und auch durch eine außerge- stützung deutscher Unternehmen auf den wöhnlich gute Exportentwicklung der deutschen Weltmärkten Volkswirtschaft gekennzeichnet. - Drucksache 13/3063 — Seit Ende der 80er Jahre hat sich nun die Weltwirt- Überweisungsvorschlag: schaft fundamental verändert. Das kann man zumin- Ausschuß für Wirtschaft dest an drei Bereichen verdeutlichen: Zur Großen Anfrage liegt ein Entschließungsan- Erstens. Der Fall der Mauer hat dazu geführt, daß trag der Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P. vor. Systemgrenzen aufgehoben worden sind. Meine Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für These ist, daß wir diese Veränderung in der Welt die gemeinsame Aussprache eine Stunde vorgese- zwar außenpolitisch schon verarbeitet haben - und hen. - Auch dazu sehe ich keinen Widerspruch. auch durch die Konflikte, die wir hatten, gezwungen worden sind, sie zu verarbeiten -, daß wir sie aber Es beginnt der Kollege Siegmar Mosdorf. außenwirtschaftlich noch nicht ausreichend verarbei- 6338 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Siegmar Mosdorf tet haben, weil die Auflösung des Ost-West-System- deutlich - nach Südafrika, nach China und gegensatzes auch weltwirtschaftlich zu gravierenden anderswo; wir haben ja gestern darüber geredet -, Veränderungen geführt hat. daß das offensichtlich notwendig ist. Ich möchte das noch einmal verdeutlichen, auch was China angeht. Zweitens. Der technologische Quantensprung, Wir müssen ja erkennen, daß China eine Schlüssel- durch den man in einer sich globalisierenden Welt- rolle bei der Entwicklung des wichtigsten Kontinents wirtschaft heute überall auf der Welt die gleichen und des neuen Schwerpunkts der Weltwirtschaft Produkte mit derselben Qualität herstellen kann, ver- innehat. Deshalb ist es gut, wenn solche Reisen ändert das klassische Export-Import-Verhältnis der gemacht werden. Über den Aspekt der Menschen- Volkswirtschaften zueinander und damit auch die rechte haben wir ja gestern debattiert; dazu will ich internationalen Handelsbeziehungen. Das wird auch heute nichts weiter sagen. Wichtig ist, daß es solche unsere Position verändern, weil die klassische Kontakte gibt. Sie zeigen natürlich auch, daß solche Exportrolle so nicht mehr funktionieren wird. Viel- Verbeugungen vor den Regimen dieser Länder mög- mehr werden auch wir auf den Absatzmärkten selber licherweise dann erzwungen werden, wenn man in produzieren müssen. Dazu gibt es ja auch schon den letzten Jahren Außenwirtschaftspolitik konzep- Anstrengungen. tionell nicht gründlich genug betrieben hat. Denn Der dritte grundlegende Punkt der Veränderung wie anders soll man erklären, daß unsere Außenhan- der Weltwirtschaft besteht da rin, daß es bei den frü- delsbilanz zum Beispiel mit China, die 1986 noch heren sogenannten Entwicklungsländern heute positiv war, heute mit 4 Milliarden DM negativ ist? Es einen enormen Selbstbehauptungswillen gibt. Sie zeigt sich daran: Das Land entwickelt sich dyna- wollen kein Entwicklungsland mehr sein; sie wollen misch, und wir haben eine Reihe von Veränderungen selber Industrieland werden; sie wollen sich selber zu spät erkannt. Das gilt übrigens auch in bezug auf ökonomisch entwickeln. Das führt dazu, daß diese andere bilaterale Handelsbilanzen. Wenn man sich Entwicklungsländer im Moment enorme Wachstums- etwa Vietnam oder Indien ansieht, wird man feststel- raten haben bzw. anstreben und ganze Zyklen über- len, daß es auch do rt entsprechende Veränderungen springen. gibt. Wir müssen erkennen, daß diese Veränderun- gen dazu führen müssen, daß wir unsere Außenwirt- Weil wir diese fundamentalen Veränderungen der schaftspolitik aktivieren und uns stärker in diesem Weltwirtschaft bisher unzureichend aufgearbeitet Bereich engagieren. haben, haben wir diese Große Anfrage gestellt. Auch wenn die Regierung für die Beantwortung um sehr Erst als die deutsche Wirtschaft es zu einem Politi- viel Zeit gebeten hat und lange gebraucht hat, muß kum machte, daß sich die deutschen Botschaften ich jetzt einfach einmal sagen: Es ist eine profunde lange nicht so gut für die deutsche Wirtschaft im Aus- Antwort; man hat sich Mühe gegeben. Es lohnt sich land engagierten, wie das andere Botschaften tun, wirklich, die Antwort zu beraten, nicht nur heute im erst als wir das Korea-Debakel beim Wettbewerb Plenum, sondern auch in den Ausschüssen. Es wird zwischen TGV und ICE erlebten, erst als die Wirt nämlich deutlich, daß es in der Tat eine Reihe von Asien-Pazifik-Ausschuß gegrün--schaft selber ihren Veränderungen gibt, auf die wir eingehen müssen. det hat, um einen neuen Schwerpunkt in diesem Bereich zu setzen, erst als die Wi rtschaft selber Ich möchte mich gleich bei der Gelegenheit noch erkannt hat, daß nach dem überwundenen Jahrzehnt einmal freundlich dafür bedanken, daß Herr Henkel der Diktatur in Lateinamerika heute eine ökonomi- heute im „Handelsblatt" Herrn Rexrodt in Schutz sche Renaissance bevorsteht, und erst als die Länder- genommen hat. Beide weilen ja im fernen Brasilien, wirtschaftsminister und die Ministerpräsidenten sel- wo Bundespräsident Herzog die „Febral 95" eröffnen ber sich besonders um Außenwirtschaftspräsenz wird. Das begrüße ich und finde es sehr positiv. Herr bemüht haben, hat in Bonn bei der Außenwirt- Henkel wird heute wie folgt zitiert - das ist ja ein schaftspolitik etwas geklingelt. bemerkenswerter Satz -: „BDI-Präsident Henkel unterstützt die neue, aktivere Bonner Außenhandels- Das Vakuum, das Bonn in der Außenwirtschafts- politik." Wer lesen kann, spürt, daß darin natürlich politik hinterlassen hatte, wurde in den letzten Jah- auch eine Kritik an der bisherigen Außenwirtschafts- ren mühselig von den Ländern ausgefüllt. Nun kann politik enthalten ist. Wenn man gestern in Po rto man darüber streiten, ob es gut ist, wenn das so Alegre beim Besuch des Bundespräsidenten aus Ver- unkoordiniert abläuft. Aber wahr ist: Es gab ein sehen nicht die deutsche Nationalhymne, sondern Vakuum, das jetzt ausgefüllt werden muß. Besonders „Auferstanden aus Ruinen" von Hanns Eisler die Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfa- gespielt hat, dann kann man daran ersehen, daß wir len, Niedersachsen und Hamburg, aber auch Bayern lange nicht in Lateinamerika gewesen sind. Man waren sehr engagiert in der Außenwirtschaftspolitik. weiß dort gar nicht, was sich bei uns verändert hat. Sie haben ihre Wirtschaft auf diesen fernen Absatz- märkten besser präsentiert, als das die Bundesregie- (Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie rung getan hat. bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der PDS) Die Bundesregierung selber hat die Mittel eher gekürzt. Wir haben das auch im Wirtschaftsausschuß Deshalb ist es gut, daß wir dort wieder stärker prä- mehrfach diskutiert und kritisiert. Übrigens habe ich sent sind und daß wir uns intensiv um diese Präsenz bei vielen Fragen festgestellt, daß die Kritik auch von bemühen. vielen Kollegen geteilt wird. Wenn die Bundesregie- Die neuerlichen Reiseaktivitäten des Bundeskanz- rung etwa die Förderung der Auslandsmessen im lers und auch des Bundespräsidenten zeigen ja ganz Haushalt von 1994 bis 1996 um real 10 Prozent senkt Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6339

Siegmar Mosdorf oder wenn die Förderung der Außenhandelskam- Gründung solcher Indust rie- und Handelszentren zu mern in der Zeit von 1992 bis 1996 real um 25 Prozent erwägen. gesenkt wird, ist das kein gutes Signal in einer Zeit, (Beifall bei der SPD) wo andere auf diesem Sektor besondere Anstrengun- gen machen. Es ist sinnvoll, mit solchen Instrumenten zu arbeiten, möglicherweise auch in Form der Integration der (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Aktivitäten vieler einzelner Außenwirtschaftsinstitu- DIE GRÜNEN) tionen, die bisher nebeneinander bestehen. Meine Damen und Herren, wir müssen die Globa- Das aber ist nicht originär eine Ländersache. Da lisierung der Weltwirtschaft in unsere Politik einbe- muß sich der Bund engagieren. ziehen. Das alte Gütesiegel „Made in Germany" (Zustimmung bei der SPD) wird nicht mehr ausschlaggebend sein. Die Leute werden fragen, wer was produziert. „Made by Mer- Die Länder können nur unterstützen; eigentlich ist cedes", „Made by Sony", „Made by Bosch" - egal, das eine Bundesangelegenheit, die auch auf europäi- wo diese Firmen produzieren, auch auf fernen scher Ebene abgestimmt werden muß. Denn Bange- Absatzmärkten - wird in Zukunft entscheidend sein. mann und andere sind jetzt dabei, European Centres Das heißt aber, daß sich die Weltwirtschaft drama- auf der Welt zu etablieren. Damit nicht Redundanz tisch verändert. Dieser Globalisierungsprozeß führt entsteht, muß man das miteinander abstimmen. natürlich auch dazu, daß wir selber darüber nach- Fünftens. Die Auslandsmessen müssen endlich denken müssen, was wir tun können, um unsere wieder besser gefördert, professionell vorbereitet Spitzenposition halten zu können. und zum eigentlichen Schaufenster für deutsche Pro- Auch die Globalisierung der Weltwirtschaft muß dukte und Dienstleistungen in der Welt gemacht uns dazu veranlassen, konzeptionell über die Außen- werden. wirtschaftspolitik nachzudenken. Ich halte die Sechstens. Den kleineren und mittleren Betrieben Beachtung folgender zehn Punkte für notwendig, muß der Zugang zu den fernen Absatzmärkten end- wenn wir auf diese veränderte Weltwirtschaft einge- lich erleichtert werden. Das hat Konsequenzen für hen wollen: die Auslandsmessepolitik, für die Förderung der Erstens. Die Außenwirtschaftspolitik muß in der Kammern und für die Schaffung deutscher Industrie- Bundesrepublik endlich wieder einen höheren Stel- und Handelszentren in der Welt. lenwert haben, als das in der Vergangenheit der Fall Siebtens. Das Instrumentarium der Außenhandels- war. Sie muß Priorität bekommen. bürgschaften im Rahmen der Hermes-Kreditversi- cherung muß fortentwickelt und präzisiert werden. Zweitens. Die Außenwirtschaftspolitik muß endlich Es muß zum Beispiel auch bei großen privatfinanzier- zwischen der Bundesregierung, der Europäischen ten Infrastrukturprojekten greifen. Auf die Notwen- Union - auch der Europäischen Kommission - und digkeit einer gezielten Exportförderung bei solchen den Bundesländern besser koordiniert werden. sogenannten BOT-Projekten hat gerade gestern noch Drittens. Unsere diplomatischen Vertretungen einmal der Vorsitzende des BDI-Ausschusses für müssen sich, in enger Kooperation mit diplomati- internationale Entwicklung, Michael Frenzel, hinge- schen Vertretern anderer europäischer Länder, stär- wiesen. Mit diesem Instrumenta rium muß auch eine ker als in der Vergangenheit in der Interessenvertre- gezielte Exportförderung, zum Beispiel der Umwelt- tung der Wirtschaft engagieren. technologien, bei denen wir heute noch Weltmarkt- führer sind und die zugleich wichtig für die Entwick- Viertens. Das Netz der Außenhandelskammern lung dieser Länder sind, erreicht werden. muß stärker mit der Bundesstelle für Außenhandels- information verzahnt, die Effizienz der Kammern Achtens. Da die Finanzierung beim Außenhandel erhöht, und ihre Aktivitäten müssen endlich wieder, eine immer zentralere Bedeutung bekommt und vor allem auch in den Wachstumsmärkten, stärker Unternehmen aus anderen Ländern - ich denke vor unterstützt werden. allen Dingen an Italien, an Spanien und auch an Frankreich - mehr und mehr mit „soft loans" arbei- Gleichzeitig brauchen wir an den Drehscheiben ten, das heißt mit vergünstigten Kreditbedingungen des Welthandels deutsche Industrie- und Handels- operieren, die dann unsere Wettbewerbsposition zentren, die mit ihren Büros, Konferenzzimmern, schwächen, müssen wir darüber nachdenken, wie Lager- und Werkstattflächen, ihrer Infrastruktur und wir die Finanzierung beim Außenhandel auch mit ihren Serviceleistungen, mit ihrer Vielfalt von Nut- einem neuen Instrumenta rium so organisieren kön- zungsmöglichkeiten und -arten gerade den mittleren nen, daß wir bei gleich guten Produkten nicht des- und kleinen Unternehmen eine gute Bandbreite von halb in eine Nachteilssituation kommen, weil andere Verwendungsmöglichkeiten und Vorteilen bieten. ihr Angebot mit besonderen Finanzierungsvorteilen garnieren können. Baden-Württemberg hat zusammen mit Nord- rhein-Westfalen in Singapur das „German Centre" Neuntens. Um endlich vergleichbare Wettbe- gegründet. Das hat der Herr Bundeskanzler jetzt werbsbedingungen auf den Weltmärkten herzustel- gerade besucht und es sehr gelobt. Auch ich finde, es len und den globalen Umweltschutz sowie die welt- ist eine vorbildliche Einrichtung. Es lohnt sich - weite Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu wenn auch nicht überall auf der Welt, so doch an den erreichen, muß die Bundesregierung im Rahmen der wichtigsten Drehscheiben des Welthandels -, die EU und der WTO jetzt endlich dafür eintreten, daß 6340 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Siegmar Mosdorf ökologische und soziale Standards entwickelt und im Nun habe ich mir sagen lassen, daß im Bundes- Welthandelsabkommen verankert werden. kanzleramt nachgedacht wird, und damit es im Wi rt rium auch umgesetzt wird, haben Sie-schaftsministe (Beifall bei der SPD) Herrn Lamme rt dorthin delegiert. Dann haben Sie Die Vorbereitungen auf das Singapur-Treffen - ich noch den beamteten Staatssekretär Ludewig in das habe das vor 14 Tagen von Herrn Ruggiero in Genf Bundeswirtschaftsministerium delegiert, und Herr gehört - sehen so aus, daß die Franzosen und die Rexrodt darf nur noch die Pressemitteilungen verle- Amerikaner bereit sind, das wiederum voranzutrei- sen. ben. Es gibt offensichtlich - vielleicht kann Herr (Dr. Uwe Küster [SPD]: Eine schöne Arbeits Lammert dazu etwas sagen - auch in der Bundesre- teilung!) gierung ein gewisses Umdenken, was Singapur angeht. Wir müßten jetzt Vorbereitungen treffen, Diese Form von Arbeitsteilung geht auf Dauer nicht denn im nächsten Jahr ist dieses Welttreffen der gut. Ich glaube, es ist wichtig, daß wir uns auf die WTO. neue, veränderte Weltwirtschaft einstellen, weil wir sonst auch in diesem wichtigen Bereich weiterhin Es geht mir nicht um Protektionismus, und es ist Vorsprünge verlieren. Das merken zuallererst unsere auch völlig klar, daß das nicht das Anliegen sein Arbeitnehmer, die Arbeitsplätze verlieren, die aber kann, weil sich die Welt gedreht hat. Diejenigen, die selber gern ganz oben in der Weltwirtschaftsliga mit- früher für Fair-Trade plädiert haben, die gegen uns, spielen wollen. Wir dürfen nicht weiter Vorsprünge die wir für Free-Trade waren, argumentiert haben, verlieren. plädieren heute für Free-Trade, während wir heute für Fair-Trade plädieren. Das darf nicht zu neuem Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Protektionismus führen. Dennoch ist wohl klar - und darüber sind wir uns wohl auch einig -, daß es (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ bestimmte Spielregeln geben muß und daß man DIE GRÜNEN) eben nicht mit einer Million Strafgefangenen zum Nulltarif Textilindustrie betreiben kann, die bei uns Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat jetzt ganze Branchen kaputtmacht. Das kann so nicht der Kollege E rich Fritz. gehen. - (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ Erich G. Fritz (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine DIE GRÜNEN) Damen und Herren! Frau Präsidentin, Sie haben mich völlig überrascht. Auf dem Zettel, den ich beim Zehnter und letzter Punkt. Wir müssen im Zuge Geschäftsführer sah, stand vor meinem Namen noch der Globalisierung der Weltwirtschaft unsere Präsenz ein anderer. auf den fernen Absatzmärkten erhöhen. Dadurch wird ein Teil der Produktion verlagert. Wir müssen Lieber Herr Kollege Mosdorf, bei der grundsätzli- alle Mittel nutzen, um den umgekehrten Prozeß, chen Analyse der Auswirkungen der Globalisierung nämlich daß Asiaten und Ame rikaner dazu bewegt sind wir uns sicher einig - auch was die Veränderun- werden, auch auf dem europäischen Kontinent zu gen auf Grund der technologischen Entwicklungen produzieren, einzuleiten. Bisher haben wir im Haus- angeht. Wir sind Ihnen sehr dankbar, daß Sie das halt des Wirtschaftsministe riums eine Förderung der Thema in der SPD hoffähig gemacht haben. Werbung für Tourismus in Deutschland von 25 Millionen DM, aber wir haben kein Standortmar- (Dr. Uwe Küster [SPD]: Na, na, na, na! Das keting. Wir haben kein systematisches Werben um ist unsere Große Anfrage!) Investoren, die in Deutschland investieren sollten, Die Große Anfrage der SPD-Fraktion ist eine sehr und zwar deshalb nicht, weil wir verwöhnt waren, verdienstvolle Sache. weil wir uns um Arbeitsplätze und Investoren in den letzten 30 Jahren nicht kümmern mußten. Das wird (Dr. Uwe Küster [SPD]: Hätten Sie doch sich ändern. Wir müssen uns ganz systematisch auch machen können!) um diese Investoren kümmern. Denn wenn man sich die Liste der Direktinvestitionen nach Ländern - Das brauchen wir gar nicht. Wir können die Bun- ansieht, dann ist es eben so, daß an der ersten Stelle desregierung direkt fragen. die USA mit 205 Milliarden Dollar in der Zeit von (Dr. Uwe Küster [SPD]: Herr Rexrodt weiß 1988 bis 1993 stehen, daß wir mit 35 Milliarden Dol- das alles aber noch nicht!) lar erst an siebter Stelle folgen und daß bei den Direktinvestitionen zum Beispiel England, Frank- Diese Anfrage gibt der Bundesregierung die Gele- reich, Spanien und Holland in der Europäischen genheit, darzustellen, wie groß die Fortschritte auf Union vor uns liegen. Das heißt, die Zahl der Direkt- diesem Gebiet in den letzten Jahren waren. Deshalb investitionen in diese Länder ist höher als bei uns. vielen Dank an die Opposition! Das führt dazu, daß wir weniger Arbeitsplätze haben. Das kann nicht so bleiben. Sie laufen diesen Themen ein bißchen hinterher - auch wenn die Diskussion und das, was geändert Zum Schluß, meine Damen und Herren: Eine wird, jetzt sozusagen in einer Reihe von Papieren umfassende Außenwirtschaftskonzeption muß end- kumuliert. Der Antrag kam, als Außenminister, Wirt lich auf den Tisch gelegt werden. Deshalb haben wir -schaftsminister und Bundeskanzler auf diesem Feld die Große Anfrage vorgelegt. längst tätig waren, als das Asien-Konzept vorlag und Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6341

Erich G. Fritz als sich die Lateinamerika-Initiative bereits abzeich- In vielen Ländern der Welt können Unternehmen nete. heute nur dann verkaufen, wenn sie selbst Markt- insider sind, so daß strategische Allianzen und In Ihrem Antrag schreiben Sie, die Antwort der Direktinvestitionen im Ausland unumgängliche Ent- Bundesregierung decke klare Versäumnisse auf. wicklungen sind. In dieser schwierigen Situation hat (Siegmar Mosdorf [SPD]: Das sagen Sie ja die Bundesregierung der Außenwirtschaftsförde- selber!) rung große Beachtung geschenkt. Die klassischen Instrumente dieser Politik finden sich in dem soge- Da frage ich: Wo? An welcher Stelle? Es wird ganz nannten Drei-Säulen-Modell. Dieses Modell ist bei deutlich gesagt, daß es natürlich noch Dinge gibt, die aller kritischen Beurteilung von Veränderungsnot- man verbessern kann; auf die gehe ich gleich noch wendigkeiten ein geeignetes, anpassungsfähiges ein. Das wird immer so bleiben; schließlich ist nichts und auszubauendes Instrument. so gut, daß es nicht noch besser werden kann. Daß es heute einen gut arbeitenden, von allen gelobten Von allen an der Außenwirtschaft Beteiligten wird Asien-Pazifik-Ausschuß gibt - - gesagt, daß sich auf diesem Feld, nämlich der Außen- handelsinformation durch die Bundesanstalt für (Siegmar Mosdorf [SPD]: Der Wirtschaft!) Außenhandelsinformation, bei den Auslandshan- - Ja, der Wirtschaft. Gott sei Dank! Es ist nicht Auf- delskammern wie beim diplomatischen Dienst in gabe der Bundesregierung und der Politik, die Arbeit den letzten Jahren Wesentliches verbessert hat, daß der Wirtschaft zu machen. Das muß sie schon selbst sehr viel stärker das Bemühen deutlich wird, zusam- tun. Aber der Anstoß dazu kam aus der Politik. Das menzuarbeiten, die eigene Arbeit zu koordinieren. wird überhaupt nicht bestritten. Der Blick der Wi rt Insbesondere wird begrüßt, wie sich die Philosophie Lateinamerika gerich--schaft ist genauso wieder auf im Außenministerium geändert hat, was die Unter- tet worden, also ebenfalls auf eine Wachstumsregion. stützung und Flankierung der Außenwirtschaft Das ist eine Aufgabe der Politik: die Weichen immer angeht. Der Runderlaß des Außenministers - ich wieder richtig zu stellen. glaube, vom Dezember 1993 - verbessert die Unter- stützung und auch die Durchgriffsmöglichkeit, um Das Thema ist wichtig genug, daß wir uns in näch- anzuweisen, in bestimmten Fällen tätig zu werden, ster Zeit weiter damit befassen. Deutschland ist wie doch ganz erheblich. kein anderes Land vom funktionierenden Export - zu wettbewerbsfähigen Preisen, Herr Mosdorf! - abhän- Freilich kann man da noch weiterkommen, und in gig. Ein Drittel des Bruttosozialprodukts wird bei uns den zuständigen Ausschüssen ist ja klargeworden, durch den Export von Gütern und Dienstleistungen daß nicht nur der Bedarf an Kooperation und Koordi- erwirtschaftet. Das berührt immerhin jeden dritten nation da ist, sondern daß er auch von allen ernsthaft Arbeitsplatz. Bei einem Pro-Kopf-Vergleich ist als Aufgabe verstanden wird und man deshalb dabei Deutschland dabei viermal so stark wie die USA und ist, in den unterschiedlichsten Gremien - über deren dreimal so stark wie Japan; das hängt damit zusam- Wirksamkeit kann man sich streiten -, zwischen den men, daß deren heimische Märkte entsprechend grö- beteiligten Ministerien, Bundesländern und Verbän- ßer sind. den der Wirtschaft an einem gemeinsamen Konzept zu stricken. In den letzten Jahren - das muß uns nachdenklich machen - wuchs der Weltexport allerdings relativ Nun dürfen wir auch nicht sagen, wir müssen da schneller als der deutsche Anteil. Wir verlieren also noch ein Gremium und noch ein Gremium finden, Anteile an dem großen Kuchen. Deshalb ist es nicht sondern wichtiger ist, daß wir Formen finden, die nur richtig, sondern notwendig, sich Gedanken dar- effektiv arbeiten. Einige sagen ja, da seien schon über zu machen, wie der Marktzugang, der schwieri- wieder Gremien dabei, um die Koordinierung zu ger geworden ist, verbessert werden kann und wie koordinieren. So weit muß das nicht gehen. man dies unterstützen kann. Der Anfang ist gemacht, die Gespräche sind nach Das liegt auch daran, daß Konkurrenzländer, vor anfänglichen Schwierigkeiten auf gutem Weg. Es lie- allem junge Industrieländer, aufgeholt haben und gen viele Vorschläge auf dem Tisch, die darauf abzie- heute ihren Teil am Weltmarkt natürlich nicht nur len, ein Dach über alle Aktivitäten zu bauen. Dar- erreichen wollen, sondern teils auch bereits verteidi- über sollten wir ernsthaft gemeinsam nachdenken, gen, und zwar zum Teil mit Methoden, die uns nicht auch darüber, ob es nicht sinnvoll ist, für Deutsch- passen, weil wir eine andere Vorstellung von einem land eine Art Standortmarketing zu entwickeln, das fairen, offenen Welthandel haben. ein gemeinsames Signet, ein gemeinsames Marken- zeichen in der Welt ermöglicht. Das ist wirklich eine Wettbewerbsverzerrungen unterschiedlichster A rt Aufgabe, die weiterführend und wesentlich wichti- behindern deshalb deutsche Exporte. Hohe Kosten ger als viele Einzelaktionen ist. der Produktion und andere Belastungen verringern die Anpassungsfähigkeit der Wi rtschaft. Da, Herr Die Hinweise aus der Wi rtschaft, daß nicht nur Mosdorf, ist Ihre Partei sehr gefordert, dazu beizutra- mangelnde Abstimmung im staatlichen Bereich, son- gen, daß wir Hemmschwellen im eigenen Land dern sehr wohl auch Eifersüchteleien und Kompe- abbauen, so daß die notwendige Anpassung möglich tenzgerangel im Verbandswesen hinderlich sind - - wird. Das gilt insbesondere - da sind wir uns sicher (Zuruf von der SPD) einig - auch für die neuen Bundesländer, wo wir überhaupt erst die Chancen eröffnen müssen, an die- - Nein, das schmähe ich gar nicht. Also, ich könnte sem weltweiten Geschäft teilzuhaben. jetzt auch so schmunzeln, wie Sie es tun. - Dies weist 6342 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Erich G. Fritz vielmehr aus, daß es überall die Offenheit gibt, die Siegmar Mosdorf (SPD): Herr Kollege F ritz, darf Sachen wirklich auf den Tisch zu legen und zu ich Sie fragen, ob Sie den Leitartikel von Graf sagen, jetzt müssen wir etwas Gemeinsames, etwas Hohenthal in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Neues machen. Dabei ist ein bißchen Selbstkritik gelesen haben, in dem er folgendes geschrieben hat? ganz gut, und wenn diese offen ausgesprochen wird, ( [CDU/CSU]: Das ist doch dann freut mich das. kein Sozialistenblatt!) Dazu gehört auch das, was die Verbände einfüt- - Herr Glos, ich hoffe, daß Sie nicht nur den tern. Wenn zum Beispiel der Handel sagt, laßt uns versuchen, gerade für die kleinen Unternehmen viel „Bayernkurier" lesen, sondern auch mal eine ver- nünftige Zeitung wie die „FAZ" . stärker den Handel bei der Erschließung der Märkte einzusetzen, dann ist das ein Ansatz, der bisher bei (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der unserer doch stark industrieorientierten Sicht nicht PDS - Zuruf des Abg. Michael Glos [CDU/ untergehen darf. CSU]) Das müssen wir nutzen und ebenso die Frage Ich zitiere: beantworten, ob man für kleine Firmen Pools nutzen kann. Solche Vorschläge werden wir im Ausschuß Man muß anerkennen, dann weiter diskutieren. - sagt Herr Hohenthal, der kein Mitglied der SPD ist, Entscheidend - und das ist mir bei Ihrer Rede aller- Herr Glos - dings nicht nur zu kurz gekommen, sondern hat völ- daß die SPD mit ihrem Initiativantrag zur Wi rt lig gefehlt - ist allein die Frage der Wettbewerbsfä- -schaftspolitik, den sie im Vorfeld des Parteitages higkeit der deutschen Wirtschaft, erstellt hatte, über ihren eigenen Schatten ge- (Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Das ist sprungen ist. Darin finden sich viele vernünftige der Punkt!) Ansätze. die Qualität der Produkte und die Zuverlässigkeit der Darin finden sich auch Bekenntnisse zu modernen Dienstleistungen. Außenwirtschaftsförderung, also Technologien und Innovation. das, worüber wir hier sprechen, was Sie in Ihrem Darf ich Sie fragen, ob Sie den Leitartikel weiterge- Antrag in 16 Punkten dargestellt haben, ist nur lesen haben? Er schreibt nämlich an einer anderen Unterstützung und Flankierung; das kann die Haus- Stelle: „Die Leistungen einer Partei" - Herr Glos, aufgaben im eigenen Land überhaupt nicht ersetzen. hören Sie genau zu - „erweisen sich in der prakti- (Zustimmung bei der CDU/CSU) schen Arbeit und nicht in Sprüchen. Die Union hat in den vergangenen Jahren gemeinsam mit der F.D.P. Es mutet deshalb schon sehr sonderbar an, wenn eine miserable Wirtschafts- und Finanzpolitik der Gewinner der Parteitagslotterie der SPD in gemacht." Mannheim, , bei der Begründung seines Antrages in Mannheim sagt, es gebe eigent- (Beifall bei der SPD - Michael Glos [CDU/ lich gar kein Standortproblem. CSU]: Da übertreibt er allerdings!) (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU) Erich G. Fritz (CDU/CSU): Herr Kollege Mosdorf, Im Antrag steht zwar d rin, es gebe eines, aber in sei- daß Lafontaine über seinen Schatten gesprungen ist, ner Rede sagt er, es gebe keines. Der Widerspruch wird vielfach kommentiert. Wir wissen aber, daß zwischen Rede und Antrag ist ja sowieso sehr groß. Lafontaine nicht wie ein Hürdenspringer in die glei- Schließlich hat Ihr Kollege Conradi gesagt: „Wir hät- che Richtung sp ringt, sondern hin- und herspringt ten besser über Oskars Rede abstimmen sollen. " wie einer, der Wedeln trainiert. Wenn er einmal sagt, (Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!) wir müßten von den Lohnzusatzkosten runter, dann können Sie sicher sein, daß er am nächsten Tag sagt, Sie ist nämlich von den Delegierten verstanden wor- jetzt müßten aber die Gewinne endlich anders und den, während das, was im Antrag stand - so hat Con- gerechter verteilt werden. Dabei geht er davon aus, radi weiter gesagt -, etwas ist, was eigentlich auch daß es kein Standortproblem gibt. von der CDU aufgeschrieben worden ist. Wir sind jedoch darauf angewiesen, daß wir die Da gebe ich ihm wieder recht: Sie versuchen, sich Chancen der Flexibilität und der Strukturerneuerung zumindest verbal an die Union anzugleichen, aber nutzen, daß wir Planungsgenehmigungsverfahren das reicht wahrscheinlich nicht aus, um eine wirkli- wirklich verändern, daß wir jetzt alle seit langem auf che Wende in der Wi rtschaftspolitik bei Ihnen zu dem Tisch liegenden Probleme offen angehen und schaffen. nicht immer wieder Formelkompromisse finden. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wenn ich den Widerspruch zwischen dem, was in Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Fritz, gestat- Ihrem Antrag vom Mannheimer Parteitag steht, und ten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mosdorf? dem sehe, was Lafontaine gesagt hat, dann wird offensichtlich, daß der Antrag wieder aus Formeln Erich G. Fritz (CDU/CSU): Gerne, Frau Präsiden- besteht, die nicht ernstgenommen worden sind; denn tin. die Zustimmung hat er nicht auf Grund des Antrags Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6343

Erich G. Fritz bekommen, sondern auf Grund seiner Rede, die eine wenn sie nur die Chance erhalten, überhaupt etwas linke Rede war. zu verkaufen. Wir haben Schwellenländer, die den Durchbruch geschafft haben und heute die dyna- (Siegmar Mosdorf [SPD]: Wir haben den mischsten Wachstumsregionen mit jährlichen Antrag beschlossen, nicht die Rede!) Zuwachsraten sind, wie wir sie uns gar nicht vorstel- - Der Antrag ist beschlossen worden, aber zugehört len können. haben die Leute bei dem, was Lafontaine gesagt hat, Wenn Sie sagen, diese Debatte gibt es nur auf und das steht zum Teil in erheblichem Widerspruch Grund der Regierungspolitik, dann sind Sie in einem zu dem, was im Antrag steht. Dorf zu Hause, um das eine hohe Mauer steht, so daß Meine Damen und Herren, es ist wichtig, daß die es nicht mitbekommt, was sich im Rest der Welt tut. Hauptkraft bei der Außenwirtschaft auf die Haupt- Meine Damen und Herren, wer die Außenwirt- aufgaben konzentriert wird. Deshalb müssen wir schaftschancen erhöhen will, der muß hier im Land über die Rahmenbedingungen der Außenwirtschaft die Hausaufgaben machen. Für eine Verbesserung und darüber, daß der europäische Binnenmarkt end- des Standorts Deutschland steht die Bundesregie- gültig gebildet wird, diskutieren. Wir müssen dar- rung und steht diese Koalition. Wir werden die staat- über reden, daß das Welthandelssystem wirklich lichen Rahmenbedingungen verbessern, den Abbau offen ist. Wir brauchen gerade für den Expo rthandel nicht-tarifärer Handelshemmnisse betreiben, ent- die gemeinsame Währung der Europäischen Union. scheidende Faktoren unserer Wettbewerbsfähigkeit Währungsschwankungen haben unmittelbare Fol- hier im Lande verbessern. Daran wollen wir arbeiten. gen, für die keine Anpassungszeit zur Verfügung Die Opposition ist dazu herzlich eingeladen. steht. 10 Pfennig Dollarschwankungen machen zum Ihr Antrag ist Grundlage dieses Gesprächs. Ich Beispiel für Mercedes 430 Millionen DM aus. Eine weise allerdings darauf hin, daß von 16 Punkten, die 1prozentige Lohnerhöhung macht 220 Millionen DM Sie aufgeführt haben, alleine 12 enorm kostenwirk- aus. Bei diesen Größenordnungen wissen wir, daß sam sind. Vielleicht muß auch die Frage, ob alles nur das, was wir staatlicherseits als Außenwirtschaftsför- über Geldausgeben zu regeln ist, beantwortet wer- derung bezeichnen, natürlich nur ein marginaler den. Anteil dessen ist, worum es geht. Herzlichen Dank. - Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Fritz, gestat- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) ten Sie eine weitere Zwischenfrage? Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächster Erich G. Fritz (CDU/CSU): Wenn sie nötig ist und spricht Kollege Wolfgang Schmitt. es guttut, Herr Kollege. Wolfgang Schmitt (Langenfeld) (BÜNDNIS 90/DIE Jörg-Otto Spiller (SPD): Herr Kollege, da Sie das GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her- Standortproblem erwähnt haben, möchte ich Sie fra- ren! Der oberste ökonomische Türöffner der Repu- gen: Ist Ihnen bewußt geworden, daß wir eine Stand- blik, Bundeskanzler Kohl, hat anläßlich seiner ortdebatte und öffentliche Sorgen über die Ver- zurückliegenden Asienreise, die unter dem Motto schlechterung des Wirtschaftsstandorts Deutschland „Den Tigern auf der Spur" stattgefunden hat, die erst haben, seit die Koalition von CDU/CSU und bundesdeutsche Wirtschaft zu mehr Pioniergeist auf- F.D.P. die Bundesregierung stellt? gerufen. Allerdings scheint es mir so zu sein, daß es auch den Pionieren mitunter etwas an Mut fehlt. So (Beifall des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD] - schreibt die „ Süddeutsche Zeitung" vom Michael Glos [CDU/CSU]: So etwas Dum 16. November dieses Jahres über das deutsche Enga- mes habe ich noch nie gehört!) gement in Vietnam, die Euphorie habe deutlich nachgelassen. Besonders die Vertreter der Automo- Erich G. Fritz (CDU/CSU): Herr Kollege, es ist mir bilindustrie ahnten Böses. In Vietnam seien mittler- jetzt fast unangenehm, Ihnen zu antworten. Ich weile zehn internationale Unternehmen tätig, hätten würde lieber sagen: Ich wünsche Ihnen gute grünes Licht von der dortigen Regierung zur Auf- Gesundheit und ein fröhliches Leben. nahme der Produktion erhalten. In ganz Vietnam seien 1994 nur 10 000 Automobile verkauft worden. Haben Sie vielleicht bemerkt, daß sich in den letz- Der deutschen Wirtschaft gehe es zunächst um etwas ten fünf, sechs Jahren, seitdem wir die Standortde- ganz anderes. Dazu heißt es in diesem Artikel: „Prä- batte intensiv führen, auf der Welt irgend etwas sent sein ist alles." Aber Präsenz ist nicht alles. Es geändert hat? In dieser Zeit ist irgend etwas passiert. muß auch Geld verdient werden, wenn Arbeitsplätze Haben Sie das gemerkt? Die Ost-West-Konfrontation in Deutschland gesichert werden sollen. Dann bedarf hat sich in dieser Zeit aufgelöst, wir haben auf einmal es auch realistischer Außenwirtschaftsstrategien, die Billiglohnkonkurrenz vor der eigenen Haustür und die Aufnahmefähigkeit der möglichen Exportländer nicht mehr 20 Flugstunden, sondern nur noch fünf berücksichtigen. Autostunden entfernt. Das darf also nicht alles gewesen sein. Deswegen Wir haben ein Gefälle in allen Bereichen der lauten die Ausgangsfragen zu meinem heutigen Umwelt- und Sozialstandards. Wir haben hungrige Debattenbeitrag: Wie kann eine nachhaltige Form Länder, die bereit sind, fast alles möglich zu machen, des Handels am Ende des 20. Jahrhunderts aus- 6344 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Wolfgang Schmitt (Langenfeld) sehen? Welche Produkte werden in Zukunft über- haben können. Diese Folgen sind im übrigen auch in haupt handelsfähig sein? Wie muß eine zukunftsfä- der Bundesrepublik Deutschland zu spüren. Nicht hige Produktion in der Bundesrepublik Deutschland nur Gewerkschaften, sondern auch die deutsche beschaffen sein? Wird der internationale Außenhan- Industrie und die Wirtschaft weisen nachdrücklich del in einen mehr oder weniger inte rnational akzep- darauf hin, daß ein vollkommen entfesselter interna- tierten ordnungspolitischen Rahmen eingebettet tionaler Konkurrenzkampf an den Standorten für die sein, oder erleben wir quasi eine Art ökonomischen Betroffenen, aber auch für die beteiligten Indust rien kalten Krieg jenseits jeglicher Selbstbeschränkungen nicht nur ein Segen, sondern auch ein Fluch sein und internationaler Einbindungen? kann.

Nun haben auch wir Grünen verstanden, daß sich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht erst seit dem tiefen politischen Einschnitt 1989, sowie bei Abgeordneten der SPD) dem Ende des bipolaren Zeitalters, auch die Bundes- republik Deutschland tiefgreifenden ökonomischen Ich denke, das Schicksal der beteiligten Menschen Veränderungen gegenübersieht. Die Globalisie- sollte uns interessieren. rungstendenzen, die unter anderem in einer rasanten Zunahme des internationalen Handels vor dem Hin- Eine umfassende außenwirtschaftliche Rahmen- tergrund veränderter Informations- und Kommunika- konzeption hat genau diesen Faktoren Rechnung zu tionstechnologie, liberalisierter Finanz- und Kapital- tragen. Nach der Lektüre der Antwort der Bundesre- märkte zum Ausdruck kommt, stellen die Volkswirt- gierung zur Außenwirtschaftsförderung, aber auch schaften vor neue Herausforderungen und Fragen. nach der Lektüre des Außenwirtschaftsantrags der SPD habe ich gleich mehrere Verdächte. Mit dem Abschluß der Uruguay-Runde haben sich die globalen Handelsbedingungen entscheidend ver- Erstens. Es geht nicht mehr darum, was gefördert ändert. Der Versuch, durch die Vertiefung von wirt- wird. Es geht vielmehr um eine Förderung um jeden schaftlicher und politischer Integration in regionalen Preis. Wirtschaftsräumen enger zusammenzurücken, Frei- handelszonen aufzubauen, wie es bei den dynami- Zweitens. Die Bundesregierung läuft durch ihre schen Volkswirtschaften Asiens und Lateinamerikas Politik Gefahr, den weltweiten Subventionswettlauf der Fall ist, beschleunigt den Trend zur Zunahme des zu forcieren. internationalen Handels ungeheuer. In Zahlen- aus- gedrückt: Wurde vor 25 Jahren rund ein Zehntel der Drittens. Andere Politikfelder wie zum Beispiel die weltweiten Produktion international gehandelt, sind Entwicklungspolitik werden im Sinne der Außen- es heute bereits 25 Prozent. Über 80 Prozent des handelsförderung einseitig instrumentalisiert. Weltexports werden in Westeuropa, Nordamerika und dem asiatisch-pazifischen Raum abgewickelt. Meine Damen und Herren, natürlich müssen die außenwirtschaftlichen Instrumente zielsicher, Aber, meine Damen und Herren, was wird aus den kosteneffektiv und koordiniert eingesetzt werden. Ländern, die das Tempo der Liberalisierung nicht Auch wir wissen, daß gerade die Exportanstrengun- mithalten können? Ihnen drohen die weitere Margi- gen kleinerer und mittlerer Unternehmen einer nalisierung und ein Absturz in die Bedeutungslosig- außenwirtschaftlichen Flankierung bedürfen. Eine keit. Die Zahl der absolut in Armut lebenden Men- Außenwirtschaftskonzeption aber, die ,diesen Namen schen ist weltweit auf 800 Millionen gestiegen. verdient, beinhaltet für uns Grüne mehr. Die zentrale Gleichzeitig wächst die Erkenntnis vom Ausmaß öko- Aufgabe besteht darin, ökologische und soziale Min- logischer Zerstörung und der Zunahme globaler deststandards im internationalen Handel völker- Umweltprobleme. Der Versuch, mit internationalen rechtlich zu verankern. Konventionen wie der Deklaration von Rio und der Agenda 21 auf diese Gefahren zu reagieren, erkennt (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den dringenden Handlungsbedarf an. sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS]) Meine Damen und Herren, der internationale Han- del darf kein Selbstzweck sein. Lohn- und Ökodumping lösen Entwicklungen aus, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - die mittelfristig sowohl in den Entwicklungsländern Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/ als auch in den Industrieländern katastrophale CSU]: Also das war die blödeste Formulie soziale und ökologische Folgen haben. Sie führen rung der ganzen Debatte!) überdies dazu, daß die Zunahme des internationalen Handels in der Bundesrepublik eher als Jobkiller ver- - Hören Sie einmal zu, Herr Kollege! Ich glaube, standen wird, der obendrein ökologisch und sozial Ihnen ist nicht ganz klar, welche Folgen die von niemandem nutzt. Ihnen begrüßten und von uns zur Kenntnis genom- menen internationalen Globalisierungstendenzen in Sie sehen ja, was in den Vereinigten Staaten von den einzelnen Ländern haben. Ich habe den Ein- Amerika passiert. Dort wird versucht, unter der druck, Sie haben noch nie einen Sweatshop oder Instrumentalisierung internationaler Standards neue eine Maquilladores von innen gesehen und damit Elemente eines Protektionismus in den Welthandel auch nicht das Elend beobachtet, das ein internatio- einzuführen. Das allerdings wollen wir nicht. Wir naler Deregulierungswettlauf, Umwelt- und Sozial- sagen: Es geht um fairen Handel, um gerechte Han- dumping für die betroffenen Menschen zur Folge delsbeziehungen. Es geht nicht um Politikkonzepte, Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6345

Wolfgang Schmitt (Langenfeld) die unter dem Motto „Deutschland zuerst" die Kon- fer und strategische Allianzen sind die Fortsetzung kurrenten vom deutschen Markt fernhalten sollen. des Merkantilismus mit modernen Mitteln. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Das Konzept der Triade, Bilateralismus und Trilate- Zuruf von der CDU/CSU: Das tun wir doch ralismus sind nicht nur Ausdruck des Blockdenkens gar nicht!) in den Handelsbeziehungen, sondern in den gesam- ten internationalen Beziehungen. Sie werden weder Meine Damen und Herren, noch zwei Bemerkun- den von uns beobachteten geopolitischen noch den gen zu den Rahmenbedingungen, die die Politik am handelspolitischen Veränderungen gerecht, die wir Wirtschaftsstandort Deutschland schaffen sollte. mit dem heute schon gefallenen Stichwort Globa- lisierung der Märkte umschreiben. Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Schmitt, den- ken Sie daran, daß Ihre Redezeit vorüber ist. Welche Rolle will dieses Konzept der Triade, etwa China, Indien, Südafrika, Lateinamerika, Australien und Neuseeland, um nur einige zu nennen, eigent- Wolfgang Schmitt (Langenfeld) (BÜNDNIS 90/DIE lich zumessen? Wie will sie Rußland weltwirtschaft- GRÜNEN): Nur noch zwei Hinweise. lich integrieren? Auf diese für unser aller Frieden und Wohlstand wichtige Frage geben die strategi- Es geht um die Erhöhung des Ausbildungsniveaus, sche Handelspolitik, Merkantilismus und Protektio- eine ökologische Steuerreform, die Verbesserung nismus keine Antwort, es sei denn die der Parteilich- technologischer Standards, neue ökologische Pro- keit und der Ausgrenzung. Dagegen ist die einzig duktionsverfahren und eine Abkehr von einer einsei- richtige Antwort: multilateraler - ich unterstreiche: tigen technikfixierten Ingenieursmentalität, hin zu multilateraler - Freihandel. mehr Kunden- und Dienstleistungsorientierung; denn der Weltmarkt ist nicht mit dem deutschen (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Markt identisch. Wenn sich deutsche Produkte am sowie bei Abgeordneten der SPD und des Weltmarkt verkaufen sollen, dann gilt es, die jeweili- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) gen kulturellen Rahmenbedingungen in unseren Partnerländern zu berücksichtigen. Deshalb ist die neue Welthandelsorganisation, die WTO, mehr als eine Handelsorganisation. Die sie tra- Ich danke Ihnen. genden Staaten, zu denen inzwischen viele Entwick- - lungsländer und hoffentlich bald auch China gehö- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ren, leisten einen Beitrag zu einer neuen, freiheitli- cheren Weltordnung, nicht nur Weltwirtschaftsord- Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat jetzt nung. Auch deswegen ist es wichtig, noch Graf Lambsdorff. bestehende Handelshemmnisse für Güter und Dienstleistungen abzubauen. Dr. Otto Graf Lambsdorff (F.D.P.): Frau Präsidentin! Die Welthandelsorganisation muß zu einer interna- Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Jeffrey tionalen Wettbewerbsordnung ausgebaut werden. Garten, bis vor wenigen Tagen Staatssekretär im Dann ist Wettbewerb kein Fluch, Herr Schmitt. Dann amerikanischen Handelsministerium, hat sein letztes nicht. Buch mit dem Titel „Ein kalter Frieden: Amerika, Japan, Deutschland und der Kampf um die Vorherr- Die Öffnung der Märkte und des Wettbewerbs in schaft" versehen. Genau diese Überschrift legt die den Nationalstaaten sind essentielle Voraussetzung Gefahr für die weltweite außenwirtschaftliche für einen unverfälschten weltweiten Wettbewerb. Sie Debatte offen: die falsche Interpretation des interna- sind die beste Konfliktvermeidungsstrategie. tionalen Handels als eines Wettbewerbs der Natio- Folglich gilt für die deutsche Außenwirtschaftskon- nen. zeption: Besser als jede spezielle außenwirtschaftli- Zu viele meinen, daß nach dem Zusammenbruch che Förderung ist die Stärkung der wettbewerbli- des Ostblocks an die Stelle der militärischen Kon- chen Rahmenbedingungen in Deutschland. frontation die wirtschaftliche rücke. Wie irh Kriegsfall (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) gibt es aus deren Sicht im Welthandel nur Sieger oder Verlierer. Hinter diesen martialischen, reißeri- Damit, Herr Fritz, haben Sie völlig Recht. schen Gedanken steckt ein alter Bekannter, nämlich der Merkantilismus. Dieser ist nach dem Ende des Bessere Standortbedingungen, über die wir übri- kalten Krieges gefährlicher denn je. Merkantilismus gens nicht erst seit sechs Jahren reden - vielleicht sät stets neuen Zwist, Merkantilismus und Imperialis- erinnern Sie sich daran, daß ich 1982 ein Papier mus gingen immer Hand in Hand. Handel war Mittel geschrieben habe, das zu einigen Konsequenzen der Unterwerfung und Ausbeutung. Krieg und geführt hat; das waren Standortbedingungen und Eroberung waren unausweisliche Folge der Standortfragen; darf ich Sie darauf ganz freundlich zugrunde liegenden ökonomischen Ideen. Sie waren aufmerksam machen? -, sind die tragfähige Strate- die offensichtliche und normale Form der Ausbeu- gie, um über Leistungskraft Weltmarktanteile zu tung. gewinnen. Da ist vieles von dem, Herr Mosdorf, was Sie im „Focus" oder wo auch immer veröffentlicht Protektionismus, das Ziel möglichst hoher Expo rt haben - Sie haben es heute zum Teil wiederholt -, -zahlen, das Aufrechnen bilateraler Handelssalden, durchaus zustimmungsfähig. Aber es ist nicht der der Einsatz von Staatsoberhäuptern als Chefverkäu Kernpunkt, nicht die Grundlage einer Außenhan- 6346 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Dr. Otto Graf Lambsdorff delsordnung wie wir sie brauchen. Exportfördermaß- bemüht hat und den Herr Rexrodt unterstützt hat, in nahmen sind notwendig, aber das - entschuldigen die vorderste Reihe zu kommen, dorthin gehört Sie den Ausdruck - Herumfummeln allein an den hätte? Exportförderprogrammen bringt uns nicht sehr viel weiter. (Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Ger lingen] [F.D.P.]) Ich bin für eine Förderung von Auslandsmessen. Ich sage hier etwas ungeschützt: Ich war damals Aber solche Probleme sollten wohl nicht den Glanz unterlegen und will den alten Streit nicht mehr auf- deutscher Handelsdelegationen trüben. greifen. Mir wären die Förderung von Auslandsmes- sen und deutschen Industrieausstellungen und der Herr Mosdorf, die SPD gehört keineswegs auf die Einsatz des Geldes dafür sinnvoller vorgekommen Seite der Musterknaben. Es ist schon entlarvend, den als die Förderung der Expo in Hannover. Ich will dies Unterschied zwischen dem Initiativantrag und dem nur sehr zurückhaltend sagen. Beschluß des Mannheimer Parteitages zu diesem Punkt zu sehen. Im Initiativantrag findet sich noch, (Beifall des Abg. Wolfgang Schmitt [Lan daß die deutsche Wirtschaft einen „freien und fairen genfeld] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Welthandel" brauche. Im Beschluß ist es dann nur Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: noch ein „fairer Welthandel, der sich auch am Ziel Beides, Herr Lambsdorff!) der sozialen und ökologischen Verträglichkeit orien- tiert" . Das Stichwort „frei" hat der SPD-Parteitag - Wenn der Haushälter „beides" sagt, dann bin ich, kurzerhand gestrichen. Herr Weng, richtig beeindruckt. Warum haben die Entwicklungsländer die Auf- (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: An nahme von Sozialklauseln in der Uruguay-Runde der einen Stelle hat mich der Kollege Klei abgelehnt? Warum warnt die UNCTAD vor Neo- nert überzeugt!) merkantilismus? Warum fühlen sich spanische Exporteure mit Handelsbarrieren durch deutsche - Es ist alles wahr. Ich habe es damals gesagt. Es hat Umweltschutzregelungen konfrontiert? Warum nicht geklappt. Inzwischen ist es längst entschieden. bezeichnen sie Umweltnormen als Unterlaufen des - Binnenmarktes? Ganz so schnell können wir diese Meine Damen und Herren, Herr Mosdorf hat mit Fragen nicht weglegen. Recht auf das „Handelsblatt" hingewiesen. Es ist klar, daß Sie nicht erwähnt haben, daß Herr Henkel (Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Ger Ihre Kritik scharf zurückgewiesen hat; das wäre wohl lingen] [F.D.P.]) auch zuviel verlangt. Mit der Diskussion um den Zusammenhang zwi- Die internationale Wettbewerbsfähigkeit des schen Handel einerseits und Umwelt- und Sozial- Standorts Deutschland - gemessen an Expo rten und standards andererseits haben wir eine sehr schwie- Direktinvestitionen - hat vor allem gelitten, weil rige Abwägung zwischen dem Prinzip der offenen weltweit ein marktwirtschaftlicher Aufholprozeß ein- Märkte und der Abschottung zu leisten. Die Abschaf- gesetzt hat. Als ich nach der Rückkehr aus Japan im fung der Sklaverei, die Gewährleistung der Erzie- Mai 1980 die Deutschen zu erhöhten Anstrengungen hung für alle Menschen, Versammlungsrecht, Koali- aufrief, war die Aufregung ganz gewaltig. Jetzt, tionsfreiheit und freie Meinungsäußerung für Arbeit- 16 Jahre später, scheinen wir endlich zu begreifen, nehmer, das gehört zu den Forderungen, für die sich was sich in Asien tut. Liberale weltweit nachhaltig eingesetzt haben und einsetzen. Leistungsfähigkeit bedarf der Leistung. Wenn andere besser werden, muß man selbst zulegen. Hier Aber wer Worte wie Umwelt- oder Sozialdumping muß ich allerdings sagen, daß das 10-Punkte-Pro- undifferenziert gebraucht, wird seinem und unserem gramm von Oskar Lafontaine zur Schaffung neuer Anliegen nicht gerecht. Er liefert dem Protektionis- Arbeitsplätze erstens 15 Jahre zu spät kommt und mus eben doch neue Argumente. Protektionismus ist zweitens deutlich hinter der Standortpolitik und den weder sozial, noch ist er umweltverträglich. Er ver- Forderungen der Bundesregierung zurückbleibt. Das hindert die Vorteile des Freihandels, er verhindert springt zu kurz. mehr Wohlstand, mehr Einkommen und mehr Beschäftigung. Nur freier Welthandel ist ein fairer Strategische Handelspolitik ist keine Antwort auf Welthandel. die Umgewichtung der internationalen Standorte. (Beifall bei der F.D.P.) Die Unterstützung des Exports durch Bürokraten und Politik - das sagen wir immerzu - bevo rteilt die gro- Merkantilismus ist unfair, er ist auch unmoralisch. ßen Unternehmen. Sehen Sie sich bitte die Fernseh- Die Freihandelsbewegung als Gegenbewegung des aufnahmen aus Peking an. Warum ist der Präsident Merkantilismus hatte nicht nur ökonomische, son- des Gesamtverbandes der Textilindustrie, der mit dern auch moralische Anliegen. War zum Beispiel chinesischen Umwegeinfuhren und chinesischer die Bostoner Teaparty etwa nur eine Befreiung im Markenpiraterie zu tun hat, eigentlich allenfalls in Handel? Sie war der Beginn von Freiheit und Demo- der dritten Reihe zu sehen gewesen? Hatte man im kratie in den Vereinigten Staaten. Eine neue, freiheit- Bundeskanzleramt nicht gemerkt, daß er, der sich lichere Weltordnung bedarf eines klaren Bekenntnis- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6347

Dr. Otto Graf Lambsdorff ses zum Freihandel. Darin sollte sich der Deutsche Dazu gehört die grundsätzliche Orientierung am Bundestag einig sein. Gegenseitigkeitsprinzip im Umgang unter den Industrieländern und am Gerechtigkeitsprinzip Vielen Dank. gegenüber den Entwicklungsländern. Das schließt im übrigen die Entschuldung dieser Länder und (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) das Engagement für Umwelt- und Sozialklauseln ein. Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat jetzt der Kollege Rolf Kutzmutz. Wir sind deshalb zweitens gegen eine einseitige Weltmarkt- und Exportorientierung, gegen die Lösung eigener wirtschaftlicher Probleme durch Rolf Kutzmutz (PDS): Frau Präsidentin! Meine hohe Exportüberschüsse auf Kosten anderer Länder. Damen und Herren! Dem Kollegen Fritz ist sehr wohl Auf der Grundlage einer auszubauenden statt, wie zuzustimmen, daß es in der Einschätzung der Lage praktiziert, zu kürzenden Bildungs- und Forschungs- kaum einen Unterschied zwischen dem, was von politik, die auf hochqualifizierte, kreative Arbeits- Herrn Mosdorf, und dem gibt, was von ihm gesagt kräfte und auf verwertbares, auf nachhaltiges Wirt- worden ist. Die zu beschreitenden Wege, wie die schaften orientiertes technisches Wissen zielt, geht es Lage zu verändern ist, sind in beiden Anträgen etwas uns um die Entwicklung der Bundesrepublik differenzierter. Die einen setzen offensichtlich auf Deutschland zu einem Technolgie- und Innovations- mehr Bürokratie, die anderen nach gewohnter Weise zentrum, anstatt weiter Jagd auf die Exportweltmei- auf mehr Privatisierung und Deregulierung. Beiden sterschaft zu machen. Nicht tonnenschwere Automo- gemeinsam ist jedoch das „Weiter so!", nur auf einer bile und kilometerlange Flugplatzpisten sollten wir höheren, effizienteren Ebene. künftig zu exportieren suchen, sondern Wissen, mit dem die drohende Umweltkatastrophe verhindert Ich registriere sehr wohl, daß im Antrag der SPD werden kann. Diese Art der Qualität der Produkte ist die Durchsetzung von Umwelt- und Sozialstandards gefordert. im Welthandelsabkommen aufgenommen ist. Für- wahr eine edle Absicht! Tatsache ist aber, daß die Daher sind wir drittens für eine stärkere Binnen- auch von der SPD geforderte Weltmarktüberlegen- marktorientierung der Wirtschaftsentwicklung, ohne heit teuer erkauft werden muß, in aller Regel gerade auf die Nutzung der Vorteile einer sinnvollen inter- über die Senkung von Sozial- und Umweltstandards, nationalen Arbeitsteilung zu verzichten. Das heißt, wie es hierzulande seit Jahren diskutiert und prakti- gerade Regionalisierung der Wirtschaft und regio- ziert wird. nale Wirtschaftskreisläufe zu fördern, statt Schwer- gut- und Arbeitsplatztransporte bis an das andere Äußerst aufschlußreich ist in diesem Zusammen- Ende der Welt zu subventionieren. hang, daß die Bundesregierung gerade in diesem Bereich „grundsätzliche Bedenken" gegen Ideen Deshalb heißt viertens Entwicklung internationaler der EU-Kommission hat, wie in einem Bericht des Arbeitsteilung für uns vor allem, auch die Wiederbe- Ministeriums für Wirtschaft vom 9. Oktober nachzu- lebung und Gestaltung der Wirtschaftsbeziehungen lesen ist. Die ansonsten für bedingungslose Markt- zu ost- und mitteleuropäischen Ländern zu forcieren gläubigkeit bekannten Brüsseler Kommissare wollen und eine stärkere Integration in die europäische dekretieren: Wirtschaft zu erreichen. Statt in die Ferne zu schwei- fen, sollten Außenwirtschaftspolitiker vor unserer Wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt bedingen eigenen Haustür arbeiten. Vermutlich würden sie einander. Die Gemeinschaft darf sich daher nicht dann auch nicht - jetzt wende ich mich konkret an nur auf ihren wirtschaftlichen Fortschritt konzen- die Kollegen der SPD - ausgerechnet auf eine 'Ober- trieren, sondern muß auch ihre soziale Dimension prüfung der Regelungen der Hermes-Bürgschaften berücksichtigen. für Rußland-Geschäfte verfallen. Wenn schon solche Selbstverständlichkeiten in Frage Angesichts einer Exportquote der neuen Länder gestellt werden, ahnt man, wohin die Reise bei von gerade einmal 3,5 Prozent, gemessen am Brutto- „effizienterer Außenwirtschaftspolitik" geht, nicht in inlandprodukt, der Exportlücke als gravierenden Richtung besserer Sozialstandards, sondern aus- Strukturdefekt der ostdeutschen Wirtschaft, muß sich schließlich in Richtung höherer Profitraten. hier jede Veränderung als kontraproduktiv erweisen. (Beifall bei der PDS) Die großzügigen Sonderkonditionen für die Gewäh- rung von Hermes-Exportbürgschaften nach Osteu- In gebotener Kürze will ich für die Fraktion der ropa hatten eine positive Wirkung für Unternehmen Demokratischen Sozialisten sagen, daß wir nicht in den neuen Ländern. bereit sind, der deutschen Wirtschaft bei der Interna- tionalisierung und Globalisierung eine Sonderstel- Inzwischen - das sollte Ihnen bekannt sein - haben lung einzuräumen. sich die Vergabebedingungen wesentlich verschärft: strikte Begrenzung auf den Export von Investitions- Erstens müssen Außenwirtschaftsbeziehungen gütern und Forderung nach Durchsetzung einer den Charakter tatsächlicher internationaler Arbeits- 15prozentigen Sofortbezahlung durch den Kunden. teilung an Stelle der herrschenden Konkurrenz- und Für die Exporte in die GUS stehen für 1995 nur noch Dominanzstrategie erlangen. Wir setzen auf eine 2,5 Milliarden DM zur Verfügung. 1991 bis 1994 demokratische, gerechte Weltwirtschaftsordnung. waren es insgesamt 22 Milliarden DM. 6348 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Kutzmutz, Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Eine weitere Kurz- gestatten Sie eine Zwischenfrage? Sie wird Ihnen auf intervention von Graf Lambsdorff. Ihre Redezeit nicht angerechnet. Dr. Otto Graf Lambsdorff (F.D.P.): Frau Präsidentin, was Herr Kutzmutz gesagt hat, endet bei der alten Rolf Kutzmutz (PDS): Kollege Mosdorf, wir werden das aushandeln können. Ich möchte aber nur noch Vorstellung: Export von Blaupausen. Davon kann ein einen Satz sagen. Deshalb würde ich meine Rede Land wie die Bundesrepublik Deutschland genauso gerne zu Ende führen. Einverstanden? wenig leben, wie man vom Lesen einer Speisekarte satt werden kann. (Siegmar Mosdorf [SPD]: Sicher!) (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) Mehr als die Hälfte der in Ostdeutschland verblie- benen 7 000 zumeist mittelständischen Industrieun- Rolf Kutzmutz (PDS): Herr Kollege Mosdorf, wenn ternehmen ist inzwischen gänzlich aus dem Expo rt es um die Überprüfung dieser Frage geht, sind wir ausgestiegen. Dem Rest würde bei der Umsetzung nicht weit auseinander. Das Problem ist für mich: In des SPD-Vorschlags wohl auch noch der Rest gege- Ostdeutschland ist der größte Teil der Industrie regel- ben werden. Deshalb sage ich zu diesem Antrag wie recht platt gemacht worden. Der Anteil Ostdeutsch- auch zu dem Antrag der Regierungskoalition: ein fal- lands beträgt im Moment 2 Prozent vom gesamten sches Signal zur falschen Zeit. deutschen Expo rt. (Beifall bei der PDS) Wenn wir darin übereinstimmen, daß wir sagen, wir überprüfen das, um einen gerechteren Anteil zu erreichen, dann stehen wir sicher in einer Reihe. Ich Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort zu einer habe das aber so verstanden, daß diese Überprüfung Kurzintervention hat der Kollege Mosdorf. zum Wegfall genau dieser Kondition führt. Das kann nicht der richtige Weg sein, weil zum Beispiel 1994 der Export als Konjunkturantrieb in Ostdeutschland Siegmar Mosdorf (SPD): Ich möchte deshalb eine völlig weggefallen ist. Richtigstellung vornehmen, weil die Frage, wie wir mit der Hermes - Absicherung von Rußland-Geschäf-- Danke schön. ten umgehen, ein wichtiger Aspekt ist. Die Bundes- (Beifall bei der PDS) regierung hat - das ist im Wirtschaftsausschuß nie intensiv beraten worden - beschlossen, daß es eine sogenannte 80 : 20-Regelung gibt. Das heißt, alle Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächster Rußland-Geschäfte, die getätigt werden, bekommen spricht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Nor- nur dann eine Hermes-Absicherung, wenn minde- bert Lammert. stens 80 Prozent der Wertschöpfung in Ostdeutsch- land stattfinden. Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Frau Präsidentin! Jeder, der nur den Hauch einer Ahnung davon hat, Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gehört zu den wie heute in Deutschland produziert wird, daß die beachtlichen Vorzügen dieser Debatte, daß es weder Fertigungstiefen abgesenkt werden und ähnliche einen Streit über die Wichtigkeit dieses Themas, Dinge, der weiß, daß in Ostdeutschland eine nämlich der Bedeutung der Außenwirtschaft für die 80prozentige Wertschöpfung gar nicht möglich ist, Zukunftsperspektiven unserer Volkswirtschaft, noch zum Beispiel beim Pressenbau oder in ähnlichen offensichtlich ernsthafte Meinungsverschiedenheiten Bereichen des Maschinenbaus, weil die Unterneh- über das Ausmaß an Veränderungen gibt, mit denen men beispielsweise eine Siemens-Steuerung aus wir es seit einigen wenigen Jahren zu tun haben. München anfordern müssen. Das heißt, diese 80:20- Regelung der Bundesregierung führt dazu, daß west- Wenn selbst der Vertreter der Grünen von den deutsche Unternehmen keine Expo rte mehr abgesi- „tiefgreifenden Veränderungen" und von der Not- chert bekommen, daß aber auch ostdeutsche Unter- wendigkeit spricht, daraus auch neue Schlußfolge- nehmen sie nicht tätigen können, weil sie die gefor- rungen für unser wirtschaftliches, vielleicht auch derten 80 Prozent nicht erreichen. unser politisches Verhalten herzuleiten, dann läßt dies hoffen, daß jedenfalls die Aussicht besteht, daß Als Folge davon gibt es eine Vollblockade im Ruß- wir uns außer über die Einschätzung der Bedeutung landgeschäft. Das war der Grund, warum wir gesagt des Themas auch über die angemessene Vorgehens- haben: Laßt uns keine 80 : 20-Regelung machen, son- weise im Kern verständigen können. dern laßt uns den Hermes-Kuchen, der für die Ruß- landgeschäfte vorgesehen ist, so aufteilen, daß ein Durch die Gleichzeitigkeit politischer Veränderun- großer Teil für ostdeutsche Produktionen vorgesehen gen, ökonomischer Veränderungen, auch rechtlicher ist, damit der Absatz dort in Gang kommt, und ein Veränderungen in Gestalt der neuen Welthandels- entsprechend kleinerer Teil für Westdeutschland. Es ordnung und technologischer Herausforderungen, sollte aber nicht eine dumme bürokratische 80:20- mit denen wir besonders durch die modernen Inf or- Regelung geben, die zu einer Vollblockade der Ruß- mationstechnologien konfrontiert sind, hat sich nicht landgeschäfte insgesamt führt. nur quantitativ, sondern auch qualitativ eine völlig neue Perspektive für den internationalen Handel (Beifall bei der SPD) ergeben. Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6349

Parl. Staatssekretär Dr. Norbert Lammert Ich stimme dem Kollegen Mosdorf ausdrücklich zu, nen Märkten und unserer do rt vorhandenen Konkur- wenn er auf diese nicht nur statistische, sondern renzfähigkeit bestimmt auch qualitative Veränderung der Geschäftsbedin- gungen der Außenwirtschaft - heute nicht zum (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.) ersten Mal - hingewiesen hat. und ersetzt ganz sicher nicht, auch bei hohen Haus- haltsmitteln, die man dazu bewegen könnte, die Nun haben Sie, Herr Kollege Mosdorf, eine, wie Anstrengungen, die wir auf Außenmärkten gemein- ich finde, hochinteressante Differenzierung zwischen sam unternehmen müssen. der außenpolitischen und der außenwirtschaftlichen Bewältigung eingetretener Veränderungen vorge- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) nommen. Über dieses Thema könnte man unter unterschiedlichen Gesichtspunkten durchaus ins Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Schwärmen geraten. Meine Vermutung ist, daß ,wir, Kollegen, wenn wir über moderne Instrumentarien wenn sich die deutsche Wirtschaft bei der Bewälti- reden, wenn wir überhaupt über die neuen Heraus- gung dieser neuen Herausforderungen außenwirt- forderungen sprechen, wie sie sich in dieser gründ- schaftlich ähnlich schwer täte wie Ihre Partei bei der lich veränderten Welt ergeben, dann diskutieren wir Bewältigung der außenpolitischen Implikationen, die im Kern, wenn ich das richtig sehe, über etwa eine damit verbunden sind, weniger Grund zur Zuversicht Handvoll wichtiger Einzelfragen. hätten, als diese Debatte das im allgemeinen durch- Wir reden dabei aber den Stellenwert, den mittel- aus nahelegt. ständische Unternehmen im Zusammenhang mit ( [SPD]: Herr Lammert, jetzt vor außenwirtschaftlichen Entwicklungen haben, und sichtig!) über die Begleitungen, die sie stärker als Großunter- nehmen benötigen, um ihre Interessen wahrnehmen - Weil der Kollege Schily an einer Vertiefung des zu können. Themas interessiert ist, will ich ihn nicht enttäu- schen. Über das, was Ihr Fraktionsvorsitzender und Wir sprechen über die Relevanz einzelner Regio- mancher andere Redner der Opposition in der gestri- nen unter Berücksichtigung ihrer Wachstumsper- gen Aktuellen Stunde zur China-Reise des Bundes- spektiven und ihrer technologischen Potentiale. Wir kanzlers müssen über die Frage der Instrumentarien diskutie- ren, die sowohl industriell als auch politisch verfüg- - (Otto Schily [SPD]: Sehr richtig gesagt bar sind, um diese Chancen mit Aussicht auf Erfolg haben!) wahrnehmen zu können. gesagt haben, mag man, Herr Kollege Schily, unter Schließlich müssen wir über das schwierige, aber den unterschiedlichen Aspekten denken, was man zentrale Thema einer sinnvollen Zusammenarbeit will. Aber ein Beitrag zur Außenwirtschaftsförderung zwischen Politik und Wirtschaft reden und über die war das sicher nicht. Frage, was in dem Zusammenhang vernünftig und was möglicherweise weniger vernünftig ist. Nicht (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. - jede Erwartung, die an die Politik herangetragen Otto Schily [SPD]: Das ist sehr interessant, wird, ist vernünftig. daß Sie eine Menschenrechtsdebatte in die Außenwirtschaftsförderung hineinbringen! Beispielsweise ist die Identifizierung von Markt- Das finde ich sehr interessant! Das ist ein chancen, die Identifizierung von Regionen, in denen Verständnis von Menschenrechten, das ich ein solches Engagement besonders notwendig ist, nicht teile!) zunächst einmal eine Aufgabe der Wirtschaft und ganz sicher nicht des Staates. Darüber werden wir - Ich finde es umgekehrt hochinteressant, wie Sie hoffentlich keine Meinungsverschiedenheiten haben. bei einer Debatte, die im übrigen auf Ihren Wunsch hin stattfindet, zu Einlassungen zum gleichen (Beifall bei der CDU/CSU) Zusammenhang, die Sie gestern gemacht haben, Daß im übrigen vor dem Hintergrund der Kompe- heute erklären, das eine habe mit dem anderen tenzverteilungen unserer Verfassung die Frage der nichts zu tun. Genau das ist eine der Denkgewohn- konzertierten Aktionen zwischen verschiedenen heiten, die in einer gründlich veränderten Welt über- politischen Entscheidungsebenen, insbesondere der wunden werden müssen, wenn wir unsere eigenen Kooperation zwischen Bund und Ländern, ganz politischen und ökonomischen Interessen in dieser wesentlich gerade für unsere Präsenz auf Drittmärk- Welt gemeinsam wahrnehmen wollen, und zwar mit ten ist, bedarf sicher keiner besonderen Beweisfüh- der Sensibilität für die eine wie für die andere rung. Facette des gleichen Themas. Ich möchte, weil in der Debatte und insbesondere Im übrigen will ich ausdrücklich unterstreichen, auch in der Großen Anfrage zu Recht nachgefragt was eine Reihe von Kollegen, insbesondere die Kolle- worden ist, wie die Bundesregierung diesen neuen gen Fritz und Graf Lambsdorff, in der Debatte über Herausforderungen begegnet, gerne auf ein paar den Zusammenhang von Außenwirtschaft und Fakten aufmerksam machen. Standortsicherung im Inneren gesagt haben. Unsere Wettbewerbsfähigkeit entscheidet sich zunächst ein- Die Bundesregierung hat die Aufwendungen für mal zu Hause. Das, was wir überhaupt können, ein- Auslandsmessen und Außenhandelskammern unter schließlich der Möglichkeiten politischer Begleitung Berücksichtigung des veränderten Stellenwertes der und Flankierung, wird im wesentlichen auf den eige Außenwirtschaft für unsere ökonomischen Zukunfts- 6350 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Parl. Staatssekretär Dr. Norbert Lammert perspektiven von etwas über 50 Millionen DM Delegiertenbüros der deutschen Wi rtschaft einge- Anfang der 80er Jahre auf über 120 Mil lionen DM in richtet. den Haushalten 1995 und 1996 mehr als verdoppelt. Zusammen mit der Bundesstelle für Außenhandelsin- Wir haben qualitative Verbesserungen des außen- formation wendet das BMWi für außenwirtschaftliche wirtschaftlichen Dienstleistungsangebots, übrigens Informations- und Beratungsstrukturen 160 Millionen auch durch verbesserte Informationsmedien im DM pro Jahr auf. Bereich der Bundesstelle für Außenhandelsinforma- tion, erreicht. Wir haben Entgeltdifferenzierungen Was die mittelständischen Interessen angeht, will bei den Exportfinanzierungen ermöglicht und auf ich darauf aufmerksam machen, daß 90 Prozent der diese Weise zu einer Senkung der Gebühren gerade Auslandsmesseförderung auf kleine und mittlere auf den Wachstumsmärkten der Welt beigetragen. Unternehmen entfallen, selbstverständlich zu Recht. Die Schwerpunktbildung, die in dieser Debatte Wir haben das Instrument der Kapitalanlagegaran- immer wieder eingefordert wird, ist bei der Bewirt- tien, von dem wiederum überwiegend mittelständi- schaftung dieser Mittel durchaus nachweisbar. sche Unternehmen Gebrauch machen, besonders stark im mittel- und osteuropäischen Bereich einge- Die Bundesregierung hat mit ihren Instrumenten setzt. der Öffnung Osteuropas und der Dynamik im asia- tisch-pazifischen Raum zu einer Zeit Rechnung Im Ganzen ist das eine Entwicklung, die sich getragen, als viele noch völlig auf den europäischen sicher sehen lassen kann und die die Zuversicht Binnenmarkt, seine Vorbereitung und sein Inkrafttre- durchaus stützt, die in dieser Diskussion vorgetragen ten, fixiert waren. Hier kann der Vorwurf einer nach- worden ist. träglichen und deswegen zu späten Berücksichti- Allerdings finde ich die Skepsis berechtigt, die gung von neuen Entwicklungen ganz sicher nicht Graf Lambsdorff in einem Teil seiner Rede zum Aus- erhoben werden. druck gebracht hat, als er, wie ich finde, mit guten Ganz im Gegenteil: Wir haben bereits zum Zeit- Gründen Fragezeichen an der inzwischen populär punkt der weitgehenden Orientierung eines Groß- gewordenen Forderung nach geradezu ständiger teils der deutschen Öffentlichkeit, auch der deut- und regelmäßiger politischer Begleitung aller mögli- schen Wirtschaft, auf europäische Zusammenhänge chen ökonomischen Ambitionen angebracht hat. Ich die notwendige Ausweitung auf außereuropäische sage auch hier ganz freimütig: Für einen Fortschritt Märkte vorgenommen. Durch das Asien- und das der Zivilisation halte ich es nicht, Lateinamerikakonzept der Bundesregierung, übri- (Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Sehr gens in einer engen Kooperation zwischen den Res- wahr!) sorts, haben wir mit einer nicht ausschließlich ökono- mischen, sondern gleichzeitig politischen und ent- daß auf immer mehr Märkten und an immer mehr wicklungspolitischen Perspektive für diese neuen Plätzen in der Welt ohne den gleichzeitigen Auftritt Herausforderungen neue Instrumente geschaffen. von Politik und Wirtschaft nicht einmal das Ingang- setzen von Gesprächen mit Aussicht auf Erfolg mög- Wir haben inzwischen eine Verteilung der von uns lich zu sein scheint. Wir sollten uns von daher neben geförderten Messeaktivitäten, wonach aus guten dem notwendigen Blick für die Realitäten - und die Gründen in diesem wie im kommenden Jahr mehr Realitäten sind so, wie sie sind - schon die Vorstel- als die Hälfte an asiatischen Standorten stattfinden lung von den Funktionsbedingungen von Welthan- wird und ein Viertel an Plätzen in Mittel- und Osteu- delsmärkten bewahren und aus einem vielleicht im ropa, um den dortigen großen Veränderungen opera- Augenblick notwendigen Übel nicht vorschnell tiv Rechnung zu tragen. gemeinsam eine vermeintliche Tugend herbeireden. Wir haben unsere Präsenz in Asien deutlich ausge- Dies wäre eher der Anfang vom Ende der Wettbe- baut. Wir verfügen inzwischen in Warschau, Prag werbsbeziehungen, die wir uns auf den Weltmärkten und Budapest über vollwertige Außenhandelskam- vorstellen. mern. Wir haben in diesen Räumen mittlerweile (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, deutlich überproportionale Wachstumsraten, nicht der F.D.P und des BÜNDNISSES 90/DIE nur gemessen an unserem Inlandssozialprodukt, son- GRÜNEN) dern auch gemessen an den Volumina, die im Außen- handel stärker zunehmen, als das in bezug auf unser Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine abschlie- Bruttoinlandsprodukt gegenwärtig der Fall ist. ßende Bemerkung. Der Kollege Mosdorf hat in einer sehr respektablen Weise am Beginn seiner Rede die Die Bundesregierung hat also neuen Märkten zu heutige Berichterstattung im „Handelsblatt" und das einer Zeit Rechnung getragen, als viele geglaubt Gespräch mit dem BDI-Präsidenten in diese Debatte haben, wir seien voll fixiert auf die allerdings zentra- eingeführt. Ich will das zum Schluß, auch um den len Herausforderungen der deutschen Einheit und breiten Konsens zu vertiefen, gerne fortführen. In allenfalls noch mit den Veränderungen befaßt, die diesem Artikel wird der BDI-Präsident mit der sich im europäischen Binnenmarkt ergeben. Bemerkung zitiert: Wir haben im übrigen auch auf den Nahost-Frie- In der Außenwirtschaftspolitik hat die Bundesre- densprozeß rechtzeitig reagiert. Wir haben gerade gierung keine weiteren Ratschläge nötig. vor wenigen Wochen zusammen mit dem DIHT in Israel eine neue Außenhandelskammer eröffnet und Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht mir zu in den palästinensischen Gebieten und im Libanon weit. Gute Ratschläge haben wir immer nötig. Wenn Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6351

Parl. Staatssekretär Dr. Norbert Lammert sie in dieser Debatte, nach dieser Debatte, in den zurückzuführen sind. Fakt ist aber auch, trotz der Ausschußberatungen, durch Große Anfragen und Zahlenspielereien von Herrn Lammert, der die Ver- was damit bewegt wird an uns herangetragen wer- doppelung seit 1980 erwähnt hat, daß im letzten Jahr den, machen wir davon natürlich gerne Gebrauch. die Regierung die Mittel genau für diese Bereiche gekürzt hat. (Siegmar Mosdorf [SPD]: Das hat er auch nur gesagt, weil der Rexrodt ihn gebeten Es ist heute mehrfach, von Herrn F ritz und von hat, das mal zu sagen!) Herrn Lammert, betont worden, daß die Hausaufga- ben vor allem vor der eigenen Haustür gemacht wer- Wenn dann schließlich in demselben Artikel den müssen, daß über unsere Wettbewerbsfähigkeit immerhin der Präsident des Bundesverbandes der vor allem zu Hause entschieden würde. Dazu gibt es deutschen Industrie erklärt, die derzeitige Außen- ja auch Aussagen im CDU/CSU-Antrag. Nur, es fehlt wirtschaftspolitik der Regierung Kohl stelle einen dort einiges. Die Regierung kürzt bekanntermaßen ja echten Standortvorteil dar, dann ist dies eine auch in den Bereichen Bildung, Forschung und Ent- schöne, verdiente und dazu pünktliche Attestierung wicklung und schwächt damit den Standort Deutsch- einer erfolgreichen Außenwirtschaftspolitik der Bun- land im internationalen Wettbewerb. Das muß ja desregierung, für die ich mich ausdrücklich bedan- wohl auch einmal erwähnt werden. ken möchte. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Aufschlußreich ist der zur heutigen außenwirt- schaftspolitischen Debatte vorgelegte Antrag der Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat jetzt Koalitionsfraktionen. Nach dem Einleitungsteil, in der Kollege Rolf Hempelmann. dem pflichtgemäß von der erfolgreichen Außenwirt- schaftspolitik der Regierung fabuliert wird, kommt Rolf Hempelmann (SPD): Frau Präsidentin! Meine ein Forderungsteil. Er liest sich so, als sei er vom Damen und Herren! Die Große Anfrage der SPD- SPD-Antrag, der ja vorher vorlag, abgekupfert wor- Fraktion ist mittlerweile ein halbes Jahr alt. Inzwi- den. Es besteht erkennbarer Konsens über eine schen liegt die Antwort vor. Man muß zugeben: Die- Reihe von notwendigen Maßnahmen, zum Beispiel ses halbe Jahr ist von der Bundesregierung genutzt darüber, die Arbeit von Außenwirtschaftskammern, Länderinitiativen, regionalen Wirtschaftsförderern, worden, um das eine oder andere Defizit aufzuarbei-- ten. Insofern nimmt es nicht allzusehr wunder, daß auch die vom „European Business Information Cen- die Antwort im wesentlichen Eigenlob, aber - feigen ter" besser zu koordinieren. In beiden Anträgen wird blattartig verbrämt - gelegentlich auch ein bißchen ausdrücklich gefordert, gerade in Zeiten knapper Selbstkritik enthält. Der Beitrag von Herrn Lamme rt Mittel vorhandene personelle und institutionelle Res- war ja wohl in der gleichen Sprache gehalten. Für sourcen optimal zu nutzen. Insofern haben Sie, Herr den Leser stellt sich daher die Hauptaufgabe, Fabel Fritz, natürlich völlig recht: Nicht alles ist über Geld und Fakten auseinanderzuhalten. Ich möchte bei den ausgeben zu regeln. Sie fordern ja selbst, daß bei der Fakten beginnen. Nutzung vorhandener Ressourcen Verbesserungen eintreten müssen. Zieht man den EU-Expo rt nämlich ab - die EU ist inzwischen ja wohl Binnenmarkt -, dann bleibt dem Ich möchte ganz speziell etwas zu den Botschaften einstigen Exportweltmeister Deutschland nur ein und Generalkonsulaten sagen. Sie spielen in der Platz im Mittelfeld. Im Juli 1995 beispielsweise gin- Außenwirtschaftspolitik eine Schlüsselrolle; sie gen unsere Exporte zu 56 Prozent in die EU, aber nur haben Zugang zu politischen Instanzen und Ent- zu 3 Prozent in die Wachstumsregionen der ASEAN- scheidungsträgern in Wirtschaftsangelegenheiten, Staaten. an die andere kaum herankommen. Auch wenn da laut Regierungsantwort schon einiges geschieht, (Zuruf des Abg. Erich G. F ritz [CDU/CSU]) sprechen Rückmeldungen aus kleinen und mittleren - Macht Sie das nervös, Herr F ritz? Betrieben eine andere Sprache. So konzentrieren sich Botschaften meist auf die Zentralregionen der Aus China importieren wir mittlerweile mehr, als jeweiligen Länder und sind oft zu wenig über Neben- wir dorthin exportieren. Deutschlands Anteil am schauplätze informiert, die für den Einstieg in das Welthandel ist auf der Exportseite seit 1970 Exportgeschäft häufig viel geeigneter sind. Ihre geschrumpft, während die Industriestaaten insge- Handreichungen sind, so hört man, juristisch samt seit 1980 wieder zulegen. Soweit eine kurze geschliffen, aber praktisch für den kleinen oder mitt- Übersicht. leren Unternehmer völlig unbrauchbar. Sehen wir uns einmal an, was die Regierung im Wir brauchen also nicht nur eine auf dem Papier einzelnen sagt und tut. In ihrer Ansammlung mehr definierte Zuständigkeit; wir brauchen eine intensive oder weniger unverbundener Einzelelemente zur Ausbildung des Personals, geeignetes Informations- Außenwirtschaftspolitik lobt sie unter anderem die material, das einerseits deutschen Exporteuren Arbeit der Außenhandelskammern und stellt die schnell und genau klare Handlungswege aufzeigt, Bedeutung von Auslandsmessen heraus - zu Recht, andererseits ausländische Investoren über den Ein- wie ich meine. Die Regierung sagt - das ist in der Tat stieg in Deutschland orientiert. Leitbild muß der in- Fakt -, daß diese Messen eine herausragende Rolle oder ausländische Unternehmer sein, der Hilfestel- bei der Erschließung neuer Märkte spielen und rund lung bei der Bewältigung nötiger Verwaltungs- 19 Prozent aller Expo rte direkt auf Auslandsmessen schritte braucht. 6352 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 Rolf Hempelmann Liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir vor allem Ich denke, diese Feststellung muß uns alle aufhor- brauchen, ist eine entsprechende Einstellung. Ame- chen lassen. Schließlich sind unsere Arbeitsplätze in rikanische Botschafter beispielsweise werden ge- hohem Maße vom Expo rt abhängig. rühmt, die besten Autoverkäufer ihres Landes zu sein. Statt wie unser Außenamt pikiert auf den neuen Was muß denn nun getan werden, damit der Wettbewerb in der Handelsdiplomatie zu blicken - Export auch weiterhin das wichtigste Standbein wie in der „Wirtschaftswoche" nachzulesen -, sollten unserer Wirtschaft bleiben kann? Es ist schon darauf wir dieses ausgezeichnete Instrument endlich stärker hingewiesen worden: Die GATT-Verhandlungen nutzen. haben den Rahmen für den Welthandel festgelegt; die WTO beobachtet und begleitet diesen Liberali- Es hilft auch, Außenwirtschaftspolitik auf viele sierungsprozeß. Schultern zu verteilen. Vielleicht können wir dann in Zukunft auch auf unseren fabelhaften Oberbotschaf- Die Handel treibenden Staaten sind aufgefordert, ter verzichten, dessen letzter handelsdiplomatischer noch größere Bereitschaft zu zeigen, die eigenen Ausflug bekanntlich trotz gehorsamster Kniebeugen Märkte auch tatsächlich zu öffnen. Auch Entwick- auf dem Kasernenhof in bezug auf die Abschlüsse - lungs- und Schwellenländer können nur davon profi- das ist Fakt - hinter den ausposaunten Erwartungen tieren, wenn sie im Außenhandel keine Einbahn- zurückblieb. straße sehen. Reziprozität ist hier gefordert. (Rainer Haungs [CDU/CSU]: Na, warten wir einmal ab, was noch kommt!) Sorge macht in diesem Zusammenhang das Nicht GATT-Land China. Herr Lambsdorff hat es eben Vielen Dank. schon erwähnt: Die Impo rte aus China kommen nicht nur im Rahmen der vereinbarten Kontingente nach (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rolf Europa. Umgehungsausfuhren überschwemmen auf Kutzmutz [PDS]) allen möglichen krummen Wegen und zu Dumping- preisen den europäischen Markt. Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als letzte Rednerin in dieser Debatte die Kollegin Elke Wülfing. Ich bin daher Bundeskanzler Kohl dankbar, daß seine Reise nach China die Chancen für deutsche Produkte und deutsche Investitionen auf dem chine- Elke Wülfing (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau- Präsi- dentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! sischen Markt erheblich verbessert hat, damit auch Herr Mosdorf, Sie haben vorhin davon gesprochen, der Handel mit China auf Reziprozität beruht und daß das Markenzeichen „Made in Germany" nicht keine Einbahnstraße bleibt. mehr unbedingt dazu führe, daß deutsche Produkte (Beifall bei der CDU/CSU) gekauft werden, und es von „Made by Bosch" und ähnlichem - Sie haben Firmennamen genannt - abge- Ehe wir nach Instrumenten rufen, die seitens der löst werden müsse. Ich finde das nicht ganz korrekt. Politik in die Debatte eingeführt werden müssen, (Zuruf von der SPD: Das ist Tatsache!) sollten wir uns doch fragen: Was muß eigentlich ein Unternehmer tun, um auf ausländischen Märkten Vielmehr kommt es gerade auf das an, was in Ihrem erfolgreich zu sein? wie auch in unserem Antrag steht, nämlich kleine und mittlere Unternehmen mit der Auslandsmesse- Erstens braucht er Ideen, das heißt, er muß sich förderung zu unterstützen. Die Großen brauchen das heute etwas Besseres ausdenken, als nur ein Mas- nicht; die können das von alleine. senprodukt herzustellen. Das können andere Län- der besser als wir. Im Hochkostenland Deutschland Außerdem haben Sie gesagt, Ihnen fehlten Direkt- ist das nicht mehr möglich. Das muß er allein lei- investitionen in Deutschland. Da haben Sie. recht. sten. Ich finde es sehr gut, daß wir hier auf einer Linie sind und die Zahlen gleich interpretieren. Nur, Sie haben Zweitens. Er braucht Marktkenntnis. Er muß das nicht die Antwort auf die Frage gegeben, warum das Produkt an die Bedürfnisse und den Geschmack im so ist. Ich glaube, das haben Sie einfach vergessen. Ausland anpassen. Dabei können ihm die Außenhan- Der Standort Deutschland ist zu teuer. Wir sollten delskammern und die Botschaften durchaus helfen, gemeinsam darüber nachdenken, wie wir diese und das tun sie auch. Situation ändern. Sehr geehrter Herr Hempelmann, ich hoffe, auch Er braucht auch ein Marketingkonzept, denn er Sie haben das Jahresgutachten des Sachverständi- muß sein Produkt bekanntmachen können. Dabei genrates gelesen. Dort steht nämlich sehr deutlich, kann er Unterstützung erhalten, und das machen wir was zur Zeit Sache ist - ich zitiere -: auch durch öffentliche Messeförderung. Konnte im Jahr 1994 die Warenausfuhr Deutsch- Wenn dies alles gelungen ist, wenn der handels- lands mit der Expansion des Welthandels Schritt politische Rahmen stimmt, wenn das Marketing- halten, so gelang das in diesem Jahr nicht. Sie konzept stimmt, wenn das Produkt und alles blieb vielmehr mit einer Wachstumsrate von andere in Ordnung ist, und wenn man dann 3 Prozent deutlich dahinter zurück. In den neuen schließlich und endlich einen interessanten Kunden Bundesländern erhöhte sich der Anteil des Aus- an der Angel hat, dann kommt zum Schluß der landsumsatzes am Gesamtumsatz kaum. Augenblick, in dem man sich tief in die Augen Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6353 Elke Wülfing schaut und der Kunde die Gretchenfrage stellt: Was Ich rufe auf die Zusatzpunkte 9 a und b: kostet das denn? a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!) desregierung eingebrachten Entwurfs eines Jetzt befindet sich ein deutscher Unternehmer in Jahressteuergesetzes (JStG) 1996 einer schwierigen Situation. Er kann dem ausländi- - Drucksachen 13/1173, 13/1686 - schen Käufer schon kaum erklären, warum wir in Deutschland so hohe Kosten haben; vor allem aber (Erste Beratung 33. Sitzung) kann er nicht erwarten, daß der ausländische Kunde diese hohen Kosten im Umweltbereich, im Energie- aa) Beschlußempfehlung und Bericht des Fi bereich und im Sozialbereich über den Preis des Pro- nanzausschusses (7. Ausschuß) duktes auch tatsächlich bezahlt. Warum sollte er das - Drucksache 13/3084 - eigentlich tun? Warum sollte er in Deutschland die Sozialkosten über den Preis des Produktes bezahlen? Berichterstattung: Er denkt gar nicht daran, und damit ist dann das Abgeordnete Dr. Karl H. Fell Geschäft zu Ende. Die ganze Messeförderung und Gisela Frick alles andere wird uns nichts mehr nützen. Lydia Westrich

Es wurde schon darauf hingewiesen, und ich bb) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Aus- glaube, die SPD sieht das auch ein - die PDS natür- schuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung lich nicht, aber das ist auch nicht so wichtig; auch die Grünen haben in dem Punkt noch einen Nachholbe- - Drucksache 13/3085 - darf -, daß wir in Deutschland, und zwar auf der Berichterstattung: Ebene des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Abgeordnete Adolf Roth (Gießen) auch der Fraktionen des Hauses - zumindest der gro- Dr. Wolfgang Weng (Gerungen) ßen -, gemeinsame Anstrengungen unternehmen müssen, um die Kosten zu senken. Oswald Metzger Die SPD macht es sich relativ einfach: Gebetsmüh- b) Beratung der Beschlußempfehlung und des lenartig erhebt sie die Forderung nach Umwelt-- und Sozialstandards im Handelssystem. Ich denke, daß Berichts des Finanzausschusses (7. Ausschuß) wir abwarten sollten, was die OECD-Studie zu die- zu dem Antrag der Abgeordneten Rolf Schwa- sen Fragen aussagt, ob Handelspräferenzen oder nitz, Joachim Poß, Jörg-Otto Spiller, weiterer Handelssanktionen denen etwas nutzen, die wirklich Abgeordneter und der Fraktion der SPD betroffen sind. Aussetzung der Gewerbekapitalsteuer in den Immer wieder sagen Sie: Ceterum censeo möchte neuen Ländern für ein Jahr ich Umwelt- und Sozialstandards im GATT haben. - Drucksachen 13/1856, 13/3084 - Sie tun so - oder Sie suggerieren es zumindest -, als würden dadurch ausländische Produkte teurer, so Berichterstattung: daß man unsere hohen Kosten nicht mehr so merkt. Abgeordnete Dr. Karl H. Fell Selbst wenn die Entwicklungsländer alle Umwelt- Gisela Frick und Sozialmindeststandards beachten - auch wir Lydia Westrich wollen das; so ist das nicht -, dann sind unsere hohen Kosten immer noch vorhanden, Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. (Beifall bei der CDU/CSU) Bevor wir zur Abstimmung kommen, möchte ich zum Änderungsantrag der Fraktionen von CDU/ denn die Kosten für die Umwelt- und Sozialstandards CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und F.D.P. das in den Entwicklungsländern werden nie so hoch sein Wort zunächst der Berichterstatterin Gisela Frick können, daß sie mit uns gleichziehen. Insofern bleibt geben. im Endeffekt selbst beim Außenhandel die Frage, welche Kosten wir in Deutschland haben und ob wir gemeinsam bereit sind, diese zu senken. Gisela Frick (F.D.P.): Frau Präsidentin! Liebe Kolle- ginnen! Liebe Kollegen! Auch Jahressteuer-Ergän- Vielen Dank. zungsgesetze bedürfen offensichtlich der Ergän- (Beifall bei der CDU/CSU) zung. Ob das ein sehr gutes Verfahren ist, möchte ich hier nicht weiter erörtern. Ich habe aber die Bitte an den neuen Staatssekretär im Finanzministerium, daß Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Liebe Kolleginnen solche Dinge in nächster Zeit nicht mehr vorkommen und Kollegen, ich schließe die Aussprache. Interfrak- mögen. Wir haben in diesem Bereich mittlerweile tionell wird die Überweisung des Entschließungsan- eine doppelstufige Ergänzungsbedürftigkeit. trags der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. auf Drucksache 13/3055 sowie des Antrags der Fraktion Kurz gesagt geht es um Art. 14 a, der im Jahres- der SPD auf Drucksache 13/3063 an den Ausschuß steuer-Ergänzungsgesetz bisher noch nicht beachtet für Wirtschaft vorgeschlagen. Sind Sie damit einver- worden ist. Dabei geht es um eine Änderung des Ein- standen? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung führungsgesetzes zur AO. Ich verweise auf die so beschlossen. Drucksache 13/3090. 6354 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Gisela Frick Entscheidend ist, glaube ich, der letzte Absatz, der Sechstens. Darüber hinaus hat der Bundesrat im die Begründung weitgehend ersetzt: Vermittlungsverfahren die Absenkung der degressi- ven Abschreibung im Mietwohnungsbau von 7 auf Die Aufnahme in das vorliegende Gesetz ist erf or- 5 Prozent durchgesetzt, was die Gefahr der konjunk- derlich, damit die Verlängerung der Frist über die turellen Abschwächung im Wohnungsbau noch Festsetzungsverjährung rechtzeitig vor der an- zusätzlich verschärft. sonsten bereits in einigen Fällen zum 31. Dezem- ber 1995 eintretenden Verjährung erfolgt. Die Mehrheit im Bundesrat hat dem Parlament daher ein Gesetz aufgezwungen, dessen aus den vor- Da alle Beteiligten damit einverstanden sind, gibt es genannten Gründen notwendige Reparatur im Jah- da, glaube ich, kein Problem. ressteuer-Ergänzungsgesetz durch das kategorische Danke schön. Nein gerade der SPD-Fraktion verhindert worden ist. Einem solchen Gesetz können der Kollege Schulz Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort zu einer und ich nicht zustimmen. Wir werden deshalb gegen Erklärung zur Abstimmung hat jetzt der Kollege Karl das Gesetz stimmen. Fell. Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Wir kommen jetzt Dr. Karl H. Fell (CDU/CSU): Frau Präsidentin! zur Abstimmung über den von der Bundesregierung Meine Damen und Herren! Zugleich im Namen des eingebrachten Entwurf eines Jahressteuergesetzes Kollegen Gerhard Schulz, der mich ermächtigt hat, 1996. Das sind die Drucksachen 13/1173 und 13/ diese Erklärung auch für ihn abzugeben, begründe 1686. ich mein Abstimmungsverhalten zum Jahressteuer Der Finanzausschuß empfiehlt auf Drucksache 13/ Ergänzungsgesetz. 3084 unter Nr. 1, den Gesetzentwurf unter der Die SPD-Mehrheit im Bundesrat hat im Vermitt- Bezeichnung „Entwurf eines Gesetzes zur Ergän- lungsverfahren über das Jahressteuergesetz 1996 zung des Jahressteuergesetzes 1996 und zur Ände- unter anderem eine massive Verschärfung für die rung anderer Gesetze - Jahressteuer-Ergänzungsge- Besteuerung der privaten Nutzungsanteile für setz 1996 -" in der Ausschußfassung anzunehmen. dienstlich angeschaffte oder vom Arbeitgeber zur - Wie gesagt, es liegt ein Änderungsantrag der Frak- Verfügung gestellte Kraftfahrzeuge erzwungen. tionen der CDU/CSU, der SPD, des Bündnisses 90/ Diese Schlechterstellungen steigen bei Kraftfahrzeu- Die Grünen und der F.D.P. vor, über den wir zuerst gen mit einem Listenpreis von 50 000 DM und mehr abstimmen. Wer stimmt für den Änderungsantrag und bei einer Entfernung zur Arbeitsstätte von auf Drucksache 13/3090? - Gegenprobe! - Enthaltun- 25 Kilometer und mehr gegenüber der heutigen gen? - Der Änderungsantrag ist bei 1 Enthaltung aus Regelung im Durchschnitt um mehr als 135 Prozent. der PDS angenommen. Die Folgen dieser Entscheidung sind mehr als nur bedenklich. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschußfassung mit der soeben beschlossenen Erstens. Die deutsche Automobilindustrie wird im Änderung zustimmen wollen, um das Handzeichen. Bereich der oberen Mittelklassewagen einen drama- - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der tischen Absatzverlust im Inland erleiden. Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit den Stimmen Zweitens. Für Selbständige und Angestellte, die von CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der ein Dienstfahrzeug auch für private Zwecke nutzen, PDS bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen wird die steuerliche Bemessungsgrundlage gegen- angenommen. über der bisherigen Regelung um 135 Prozent und Kann ich davon ausgehen, daß wir trotz Annahme mehr erhöht. Je größer die Entfernung zwischen der Änderung unmittelbar in die dritte Beratung ein- Wohnung und Betriebsstätte ist, desto größer ist die treten können? - Das ist der Fall. steuerliche Mehrbelastung. Dann kommen wir zur Drittens. Diese steuerliche Mehrbelastung steht im Gegensatz zu der auf dem Arbeitsmarkt immer wie- dritten Beratung der geforderten Mobilitätsbereitschaft der Arbeitneh- mer. und zur Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erhe- Viertens. Sie steht auch im Widerspruch zu der ben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der erstrebten Neuregelung bei Arbeitslosenhilfe- und Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der CDU/CSU, Sozialhilfezahlungen, deren Leistungshöhe gekürzt der SPD und der F.D.P. bei Gegenstimmen von PDS werden soll, wenn ein konkret angebotener zumut- und 2 aus der CDU und Enthaltung von Bündnis 90/ barer Arbeitsplatz nicht akzeptiert wird. Durch die Die Grünen angenommen. Erhöhung der Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wird die Zumutbarkeit erheblich Unter Nr. 2 seiner Beschlußempfehlung auf Druck- eingeschränkt. sache 13/3084 empfiehlt der Finanzausschuß, den Antrag der Fraktion der SPD zur „Aussetzung der Fünftens. Die errechnete Mehreinnahme wird im Gewerbekapitalsteuer in den neuen Ländern für ein übrigen allenfalls teilweise erreicht, da schon jetzt Jahr", Drucksache 13/1856, für erledigt zu erklären. über „einsparende" Gestaltungslösungen offen Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegen- gesprochen wird. probe! - Enthaltungen? - Damit ist diese Beschluß- Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6355

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth empfehlung mit den Stimmen der CDU/CSU, der Um in dieser Frage keine Mißverständnisse auf- SPD und der F.D.P. bei Enthaltung von Bündnis 90/ kommen zu lassen: Es geht uns nicht um eine gene- Die Grünen und PDS angenommen. relle Erhöhung der Mineralölsteuer, - die wir auch für notwendig halten -, sondern bei der Umlegung Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf: der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer streben wir ein Modell an, das völlig aufkommens- Beratung des Antrags der Abgeordneten Rain- neutral ist und das zu keiner zusätzlichen Belastung der Steenblock, Elisabeth Altmann (Pommels- der Autofahrerinnen und Autofahrer führt. brunn), Gila Altmann (Aurich), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist doch GRÜNEN nicht wahr, was Sie sagen! Das stimmt hin Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die ten und vorn nicht!) Mineralölsteuer - Natürlich stimmt das. Aber Sie können Ihren Ein- - Drucksache- 13/2420 wand auch gern als Zwischenfrage vortragen; denn Überweisungsvorschlag: dann habe ich mit meiner Redezeit nicht soviel Pro- Finanzausschuß (federführend) bleme. Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für Verkehr Es ist doch so: Wenn man das Volumen der Kraft- Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit fahrzeugsteuer auf den durchschnittlichen Ver- Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat ist für die brauch umlegt und sagt, wir kommen damit zu einer Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei Erhöhung von ungefähr 20 Pfennig pro Liter, dann ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zehn Minuten das natürlich nicht für jeden aufkommensneutral, erhalten soll. - Dazu sehe ich keinen Widerspruch. aber es belastet die Autofahrerinnen und Autofahrer in der Summe nicht mit höheren Kosten. Nur derje- Ich eröffne die Aussprache. Es beginnt Kollege nige, der viel fährt, wird mit höheren Kosten belastet. Rainder Steenblock.

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Hinsken hat Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): eine Zwischenfrage. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Ausführungen mit zwei- Feststel- lungen beginnen, von denen ich glaube, daß sie zwi- Ernst Hinsken (CDU/CSU): Herr Kollege, Sie schen allen Fraktionen konsensfähig sind. pflichten mir doch bei, daß zwischen einem Bewoh- ner der Fläche und einem Bewohner eines Ballungs- Erstens. Die Kfz-Steuer, so wie sie heute besteht, raumes zu unterscheiden ist. Letzterer kann den muß dringend verändert werden. Es gibt ja in allen öffentlichen Personennahverkehr nutzen, weil er vor- Fraktionen, es gibt auch in der Bundesregierung eine handen ist. Der Flächenbewohner wird immer auf ganze Reihe von Überlegungen, wie man die Kraft- das Auto angewiesen sein. Dieser Mensch muß nicht fahrzeugsteuer verändern kann. Das werden wir sehr nur zur Arbeit, sondern er muß gegebenenfalls einen schnell tun müssen. Krankenbesuch in einem Krankenhaus machen, er Zweitens. Eine Veränderung der Kraftfahrzeugbe- muß eine Behörde aufsuchen, er möchte kulturelle steuerung - auch hier glaube ich, daß alle zustimmen Veranstaltungen und dergleichen in den Städten können - muß in eine verbesserte ökologische Len- besuchen. Wie soll er dort hinkommen? Er wird über kungswirkung der Abgaben, die im Verkehrsbereich eine Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralöl- erhoben werden, übergehen. steuer zusätzlich belastet. Das kann und darf doch nicht richtig sein! Sie haben vielleicht heute im „Handelsblatt" gele- sen, daß die Vorstellungen der Bundesregierung zur CO2-Minderung im Grunde schon gescheitert sind, Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): daß also jetzt schon deutlich wird, daß das Minde- Doch, das kann richtig sein, und wir halten das auch rungsziel für CO2 mit den Maßnahmen, die bisher für notwendig. Der Tatbestand, den Sie schildern, ist eingeleitet worden sind, überhaupt nicht erreicht völlig richtig. Nur die Ursache dafür liegt in einer völ- werden kann. Es zeigt sich, daß das Setzen auf lig verfehlten ÖPNV-Politik dieser Bundesregierung. Selbstverpflichtung der Industrie keine Entschuldi- gung für das Nichtstun dieser Bundesregierung hin- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sichtlich einer ökologischen Steuerreform sein kann. sowie bei Abgeordneten der PDS) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wenn Sie bei der Entwicklung des öffentlichen Per- sowie bei Abgeordneten der SPD) sonennahverkehrs die Fläche ständig benachteili- gen, dann kommen wir natürlich in die Situation, daß Deshalb glauben wir, daß auch diese Diskussion, der Autoverkehr ständig subventioniert werden muß. so wie wir sie heute führen, notwendig ist, um zu Das genau wollen wir ändern. Wir wollen den öffent- einer stärker ökologisch orientierten Ausrichtung lichen Personennahverkehr in die Fläche bringen. unseres Steuersystems zu kommen. Wir schlagen Ihnen daher vor, die Mineralölsteuer zu erhöhen und Ich möchte dazu zwei Bemerkungen machen. gleichzeitig die Kfz-Steuer abzuschaffen. (Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU] meldet (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sich zu einer weiteren Zwischenfrage) 6356 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Rainder Steenblock - Ich begründe das, vielleicht erübrigt sich dann Ihre gemacht hat, zu einer eklatanten Benachteiligung weitere Frage. - Das Problem, das wir zur Zeit haben, der Fläche führt. besteht darin, daß immer wei- Arbeiten und Wohnen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ter voneinander entfernt stattfinden. Diese Entwick- und bei der PDS) lung, die mit einer massiven Zersiedelung des Umlandes der Metropolen und der größeren Städte Viele Probleme, die Sie ansprechen, hätten wir nicht, verbunden ist, muß gestoppt werden. Deshalb ist wenn eine Verkehrspolitik gemacht würde, die eine eine Subventionierung der Autofahrer, die immer Entwicklung in den ÖPNV in der Fläche bringen größer werdende Entfernungen zurücklegen, falsch. würde. Das ist ein Versäumnis dieser Bundesregie- Die Subventionierung erfolgt zum Beispiel durch die rung. Die Grundlagen Ihrer Frage werden genau Kilometerpauschale und die zu geringen Kraftfahr- durch Ihre Politik gelegt. Sie zwingen die Leute in zeugpreise. den Autoverkehr, Sie zwingen die Leute in Verkehr, der ökologisch völlig unverträglich ist, weil Ihre Ver- Wenn Sie über eine Bevorzugung oder Benachteili- kehrspolitik verfehlt ist. gung der Autofahrer reden, dann müssen Sie auch die Gesamtsumme der Belastungen sehen, die die (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ich habe die Menschen, die die weiten Entfernungen zurückle- Hoffnung aufgegeben!) gen, zu tragen haben. In den Metropolen und großen - Gut. Das gestehe ich Ihnen auch gerne zu. Städten liegen die Kosten für Wohnen um ungefähr 40 Prozent über den Kosten an den Pe ripherien oder (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Danke!) auf dem Lande. Diese Kosten müssen Sie, wenn Sie Wahrscheinlich wären Sie sonst in einer anderen Par- von der Anlastung der Kosten bei den Betroffenen tei, wenn Sie noch Hoffnung hätten, daß sich etwas reden, einbeziehen. Wenn die Wohnkosten in den bewegen würde. Ballungsräumen so hoch sind, dann ist das ein Fak- tor, der die Menschen, die auf dem flachen Lande ( [CDU/CSU]: Das war jetzt wohnen, nicht betrifft. Deshalb ist die Anlastung daneben!) höherer Verkehrskosten bei diesen natürlich gerecht. Das ist ein Steuerungsinstrument, um aus dieser Um zu einer Besteuerung im Verkehrsbereich zu unvernünftigen, unökologischen und unökonomi- kommen, die auch eine ökologische Lenkungswir- schen Entwicklung herauszukommen. kung hat, schlagen wir Ihnen die Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer vor. Wir (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wollen genau an dieser Stelle das Verursacherprin- zip verankern. Die Lasten müssen diejenigen tragen, die die ökologischen Folgekosten verursachen. Das Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Bedeutet Ihr Ste- sind natürlich die Autofahrerinnen und Autofahrer, hen, Herr Hinsken, daß Sie noch eine Frage haben? die viel fahren. Das Auto schafft die ökologischen Probleme während seines Bet riebs. Deshalb ist es Ernst Hinsken (CDU/CSU): Selbstverständlich. Ich notwendig, den Betrieb des Kraftfahrzeugs zu möchte noch eine Frage stellen, Frau Präsidentin, besteuern. Die bisherige Kfz-Steuer ist eine Fixko- weil die Antwort bisher sehr unbefriedigend war und stensteuer und hat damit überhaupt keine Lenkungs- zum Teil an meiner Frage vorbeigegangen ist. wirkung auf die Fahrleistung. Das muß geändert werden. Es steht doch unbestritten fest, daß es nicht nur um Arbeitsplätze und Wohnorte geht, sondern daß auch (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) andere Aspekte berücksichtigt werden müssen, die Wenn wir zu einem Modell kommen, mit dem die ich bereits in die Debatte eingeführt habe. Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer umgelegt wird, (Zuruf von der SPD: Frage!) dann haben wir Möglichkeiten, Anreize für eine Ver- kehrsvermeidung zu schaffen, für die Verlagerung Meinen Sie, daß es richtig ist - jetzt kommt meine von Autoverkehr auf den ÖPNV. Wir haben Anreize Frage -, daß in einer dünnbesiedelten Landschaft ein zur Verbrauchssenkung, wir haben Anreize zu einer Omnibus von einem Bauernhof zum anderen fahren wirtschaftlichen Fahrweise, und wir haben Anreize soll oder daß Zugänge oder Straßenbahnlinien zum dafür, daß verbrauchsarme Fahrzeuge in Zukunft Teil erst gebaut werden sollen, um den Leuten die stärker nachgefragt werden - alles Impulse, die für Möglichkeit zu geben, auch so flexibel zu sein wie eine ökologische Verkehrspolitik stehen. die Menschen in den Ballungsräumen? Halten nicht Der zweite Grund - neben den ökologischen Grün- auch Sie - wie ich - es für umweltschädlich, wenn den -, warum es nach unserer Auffassung notwendig leere Busse durch die Gegend fahren müssen? ist, zu einer Abschaffung der Kfz-Steuer zu kommen, ist ein verwaltungstechnischer. Die Kraftfahrzeug- Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): steuer, so wie sie heute erhoben wird, ist eine extrem Was Sie behaupten, lieber Kollege, ist doch völliger verwaltungsintensive und mit hohen Kosten der Unsinn! Gestatten Sie mir, das einmal so deutlich zu Erhebung verbundene Steuer. Sie sprechen oft von sagen. Natürlich gibt es Regionen, die schwerlich an der schlanken Verwaltung. Sie wissen genau, daß den ÖPNV angeschlossen werden können; da sind wir in der Steuerverwaltung keine schlanke Verwal- wir uns doch völlig einig. Aber ich wäre froh, wenn tung brauchen. Vielmehr liegt da unendlich viel wir uns auch darin völlig einig wären, daß die Ver- Arbeit an, die von den Beamten und Beamtinnen kehrspolitik, so wie die Bundesregierung sie bisher überhaupt nicht geleistet werden kann. Durch die Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6357 Rainder Steenblock Abschaffung der Kfz-Steuer würden mehrere tau- - des Ministers - send Arbeitsplätze für andere Tätigkeiten frei, so daß der volkswirtschaftliche Wert insgesamt positiv wäre, ... Plänen ... nicht mehr nach Hubraum da sich die Verwaltungskräfte um die Steuerausfälle besteuert werden, sondern nach den Schadstof- und Betriebsprüfungen kümmern könnten und damit fen, die sie ausstoßen. die dem Staat zustehenden Einnahmen tatsächlich (Birgit Homburger [F.D.P.]: Wenn es denn so erwirtschaften würden. wäre!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dieses Zitat aus dem „Spiegel" stammt vom 26. Ap ril 1990. Es ist also fünf Jahre alt. Es gibt natürlich eine Reihe von Punkten, die man dabei bedenken muß. So ist die Kfz-Steuer eine Län- (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ dersteuer. Es muß also eine Kompensation für die NEN) Länder geben; das ist völlig klar. Ein anderer sehr wichtiger Bereich sind diejenigen Schwerbehinder- Damals war Herr Töpfer derjenige, der diese Steuer ten, die heute von der Kraftfahrzeugsteuer befreit angekündigt hat. Bislang ist nichts passiert, außer sind. Auch da muß es eine Kompensation geben. daß wir wieder Ankündigungen hören. Hier liegt ein Zum einen muß der öffentliche Verkehr erheblich eklatantes Versagen vor. Die Bundesregierung behindertenfreundlicher ausgebaut werden, zum kommt an dieser Stelle überhaupt nicht in die Hufe. anderen kann die Steuerbefreiung bzw. -ermäßi- Herr Wissmann löst Herrn Töpfer als Ankündigungs- gung, die es bisher gibt, auf die Anschaffung von minister ab. - Kraftfahrzeugen für Behinderte umgelegt werden. Wir wollen auf jeden Fall eine Entlastung in diesem (Beifall des Abg. Albe rt Schmidt [Hitzhofen] Bereich erreichen. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Ich bitte Sie, unseren Vorstellungen zu folgen. Ein weiterer Punkt, der bedacht werden muß, ist die Begrenzung auf die Pkw-Besteuerung. Wir bezie- Ich bitte auch die Kolleginnen und Kollegen der hen unser Modell nur auf den Bereich der Pkw- CDU und der CSU, einmal zuzuhören, wer alles Besteuerung, weil es auf Grund von EU-Richtlinien diese Steuer unterstützt. Das sind nämlich nicht nur nicht möglich ist, die Kraftfahrzeugsteuer völlig die Grünen. Die F.D.P. hat sich schon seit langem abzuschaffen. Wir wollen aber - das ist unsere- Ziel- dafür ausgesprochen. Aber auch in Ihren Reihen, in vorstellung - natürlich dahin kommen, daß sich die den Reihen der CDU/CSU gibt es eine Reihe von Besteuerung im Lkw-Bereich stärker an der tatsäch- Befürwortern dieses Modells. Klaus Lippold, Ihr lichen Fahrleistung und den tatsächlichen Belastun- umweltpolitischer Sprecher, hat sich dafür ausge- gen orientiert. Hier ist Herr Wissman eher geschei- sprochen, so auch der Umweltminister des Landes tert. Die Auswertungen der Telematikversuche in Sachsen, Herr Vaatz. Der Finanzminister des Landes diesem Lande führen im Verkehrsministerium wieder Baden-Württemberg, Herr Mayer-Vorfelder, hat sich dazu, daß eine notwendige Reform ins nächste Jahr- ebenfalls für die Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer tausend verlagert wird. Wir glauben, daß eine ver- auf die Mineralölsteuer ausgesprochen. nünftige Besteuerung, die die tatsächlichen Kosten des Güterverkehrs auf der Straße den Lkw anlastet, Ich bitte Sie, auch den Kolleginnen und Kollegen sehr viel schneller möglich ist, als es die Bundesre- aus Ihren eigenen Reihen gut zuzuhören. Das gierung plant. Modell, das wir Ihnen heute vorschlagen, ist nämlich ein Modell, das tatsächlich eine ökologische Len- Die Bundesregierung überlegt, wie sie über eine kungswirkung hat und zu einer Verwaltungsverein- stärkere Orientierung an der Schadstoffemission fachung führt - zwei Ziele, die, so glaube ich, nicht eine Ökologisierung der Kraftfahrzeugsteuer hinbe- gering geschätzt werden dürfen. Zudem ist das kommen kann. Wir halten das für den falschen Weg, Modell sehr einfach umzusetzen. weil der Fixkostencharakter dieser Steuer dadurch nicht aufgehoben wird und deshalb das Problem ent- Vielen Dank. steht, daß Kraftfahrzeuge, die nicht im Betrieb sind, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN besteuert werden. Eine Steuer hat nur dann eine sowie bei Abgeordneten der SPD und des Lenkungswirkung und ist erst dann tatsächlich eine Abg. Rolf Kutzmutz [PDS]) ökologische Steuer, wenn sie sich am Bet rieb des Fahrzeugs orientiert und damit - verursachergerecht - den Tatbestand der Umweltnutzung besteuert. Des- Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächster in der halb ist eine Fixkostensteuer hier völlig fehl am Debatte spricht der Kollege Wolfgang Schulhoff. Platze.

Die Geschwindigkeit, mit der sich die Bundesre- Wolfgang Schulhoff (CDU/CSU): Frau Präsidentin! gierung in diesem Bereich bewegt, wird vielleicht an Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir Hand eines Zitats deutlich, das ich Ihnen vorlesen Christdemokraten wollen das Steuerrecht weiterhin möchte: zielorientiert für den Umweltschutz nutzen. Neben Ge- und Verboten im Ordnungsrecht ist die Steuer- Seit gut einem Jahr wird die Steuer im Vierwo- politik ein wirksames und wichtiges Instrument, um chentakt angekündigt, nun ist der Entwurf tat- ökonomische Anreize für umweltverträgliches Ver- sächlich fertig. Autos sollen nach .. . halten zu setzen. 6358 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Wolfgang Schulhoff Wir fangen bei der ökologischen Orientierung der immer wieder hinzuweisen. Wir brauchen doch nur Steuerpolitik doch nicht bei Null an, lieber Herr Kol- in den Osten zu blicken. lege Steenblock. Ich erinnere in diesem Zusammen- Ohne über Umweltschutz explizit zu reden, war hang an die Steuerbefreiung für Kat-Fahrzeuge, die dessen Bedeutung schon früher immanenter Förderung der Einführung umweltverträglicher Bestandteil unserer ordnungspolitischen Vorstellun- Kraftstoffe sowie die Spreizung der Mineralölsteuer gen. Schon 1948 formulierte Röpke in einem Aufsatz zwischen verbleitem und unverbleitem Benzin. Hier- - ich zitiere -: mit haben wir in Europa Fakten gesetzt - und das gegen erhebliche Widerstände. Dieses Element Diese kurze Übersicht über die umweltorientierte - also die Soziale Marktwirtschaft - Gesetzgebung der Bundesregierung gerade im ist das Eintreten für etwas, was man die natürli- Bereich des Staßenverkehrs ließe sich noch fortset- che Ordnung nennen könnte, das heißt für die zen. Trotz dieser unbestreitbaren Erfolge ist uns aller- Schaffung von Existenz- und Produktionsformen, dings auch bewußt - da nähern wir uns Ihnen an -, die der Natur des Menschen gemäßer sind als daß die bisherigen Maßnahmen noch nicht ausrei- diejenigen der heutigen Industrie- und Groß- chen. Jetzt geht es um eine in den europäischen stadtwelt. Zusammenhang einzubettende, klar definierte, unbürokratische Ergänzung unseres Steuersystems. Weiterhin führt er aus, daß die Soziale Marktwirt- schaft den Menschen - jetzt wieder wörtlich - Folgende Grundsätze stehen dabei für uns im Mit- telpunkt unserer Reformüberlegungen: zugleich der Natur selbst, der er mehr und mehr entfremdet worden ist, wieder näher führt. Erstens. Über die Höhe der Steuer läßt sich ein umweltgerechtes Verhalten der Menschen herbei- Ich will den großen Nationalökonomen Röpke damit führen. Für die Steuerpolitik bedeutet dies, die Len- nicht als den ersten Grünen vorstellen. - Es wäre kungsfunktion von Steuern richtig zu nutzen. vielleicht interessant, dies zu tun. - Doch die Väter unserer Wirtschaftsordnung - und darauf kommt es Zweitens. Die Finanzierungsfunktion, die ein mir an -, zu denen auch Röpke wesentlich zählt, bie- Steuersystem hauptsächlich zu erfüllen hat, darf ten neben dem Konzept der sozialen Gerechtigkeit nicht vernachlässigt werden. Bei Umweltsteuern dür- auch ein Konzept der umweltverträglichen Vertei- fen die fiskalischen Aspekte nicht im Vordergrund lung der Ressourcen an. stehen. Wenn sie nämlich ihren Zweck erfüllen, wird das Aufkommen sinken. Herr Kollege Merz hat kürz- Trotzdem warne ich davor, daß die Umweltbe- lich darauf hingewiesen. steuerung mißbraucht wird. Ich verkenne nicht, daß von dem Begriff der Ökosteuern ein semantischer (Beifall des Abg. Eduard Oswald [CDU/ Reiz ausgeht, für einige geradezu eine neue Sinnge- CSU) bung unserer Abgabenbelastung. Viele fühlen sich bei diesem Beg riff durch Steuern nicht mehr belastet, Drittens. Wir wollen den Standort Deutschland und sondern sogar förmlich entlastet. Das läst den Fiskal- seine Arbeitsplätze nicht übermäßig belasten. politikern das Wasser im Munde zusammenlaufen. (Beifall bei der CDU/CSU) Welch ein Instrument für Umverteilungstheoretiker! Herr Kollege Steenblock, ich habe Ihre Botschaft Ein zu restriktives und kompliziertes Umweltrecht ist gehört, allein mir fehlt der Glaube, daß Sie keine ein Standortnachteil, zumal wenn wir es im Allein- Erhöhung wollen. Wie wollen Sie denn Ihr 111-Mil- gang durchführen müssen. liarden-DM-Programm finanzieren? Wir sind jedoch Viertens. Eine weitere Erhöhung der Steuer- und in einem vernünftigen Rahmen bereit, die Mittel und Abgabenquote durch Ökosteuern darf es nicht Möglichkeiten der Finanzpolitik auch für mehr geben. Solche Steuervorhaben müssen aufkommens- Umweltschutz einzusetzen. Dies ist für uns selbstver- neutral umgesetzt werden. ständlich; deshalb dieser kleine Exkurs. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Kollege Fünftens. Die Verteilungswirkungen von ökolo- Schulhoff, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kol- gisch orientierten Steuerveränderungen dürfen legin Homburger? keine sozialen Ungerechtigkeiten beinhalten. - Lie- ber Kollege Hinsken, Sie hatten mit Ihrer Frage Wolfgang Schulhoff (CDU/CSU): Ja, gerne. soeben völlig recht. Wir werden auf diese Weise den ökologischen Birgit Homburger (F.D.P.): Herr Kollege, da es Aspekt der Sozialen Marktwirtschaft weiter stärken. heute um die spezielle Thematik der Umlegung der Es kommt darauf an, die in unserem System der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer geht, nicht aber Sozialen Marktwirtschaft liegenden Mechanismen um die Vorstellung, die bisherige Kfz-Steuer in eine bei der Umsetzung unserer Grundsätze richtig anzu- emissionsorientierte Kfz-Steuer umzuwandeln - das wenden. Es gibt nämlich keine Ordnungsform wirt- ist der Gegensatz, um den es heute geht -, hätte ich schaftlichen Zusammenlebens, die für den Erhalt von Ihnen gern gewußt, ob Sie die Modelle, die zur unserer Umwelt besser geeignet ist als das System emissionsorientierten Kfz-Steuer vorgelegt worden der Sozialen Marktwirtschaft. Es lohnt sich, darauf sind, einmal durchgerechnet haben und ob Sie - wie Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6359

Birgit Homburger auch wir - bei diversen Modellen, die von Ihrem Ver- Albert Schmidt (Hitzhofen) (BÜNDNIS 90/DIE kehrsminister vorgelegt worden sind, zu dem Ergeb- GRÜNEN): Herr Kollege Schulhoff, nachdem Sie nis kommen, daß das, was dort kalkuliert ist, gerade die Frage der Kollegin Homburger ganz zunächst kurzfristig eine Erhöhung der Steuerein- offensichtlich und demonstrativ nicht beantwortet nahmen und damit auch eine Steuererhöhung haben, sondern in Ihrem Redemanuskript fortgefah- bedeuten würde. Was sagen Sie dazu? ren sind: Darf ich daraus schließen, daß in der Frage der Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralöl- steuer die Koalition so heillos zerstritten ist, daß Sie (CDU/CSU): Verehrte Frau Wolfgang Schulhoff nicht mehr in der Lage sind, einen gemeinschaftli- Kollegin, ich komme jetzt auch zu diesem Aspekt. chen Standpunkt überhaupt noch darzustellen? Ich wollte ihn nur in einige grundsätzliche Überle- gungen einbetten. (Birgit Homburger [F.D.P.]: Das ist doch Quatsch!) Der nun zu Diskussion stehende Antrag - das ist löblich - zielt in die richtige Richtung. Ohne Zweifel gehen gerade vom Straßenverkehr umweltschädi- Wolfgang Schulhoff (CDU/CSU): Sie werden gende Emissionen in deutlichem Umfang aus. lachen: Wir werden einen gemeinsamen Standpunkt vortragen. Das wird nicht lange dauern. Ich werde (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ Ihnen in meinen weiteren Ausführungen gleich DIE GRÜNEN]: Das war nicht die Frage!) sagen, wo der gemeinsame Weg zu finden ist. Die Kraftfahrzeugsteuer eignet sich deshalb (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ grundsätzlich als wirksames umweltpolitisches Len- DIE GRÜNEN]: Jetzt bin ich aber kungsinstrument. Damit sind wir uns offensichtlich gespannt!) mit der Fraktion der Grünen einig. Insofern klingt auch Ihr Vorschlag, die Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer umzulegen, auf den ersten Blick Vizepräsident Hans Klein: Verzeihung, Herr Kol- sympathisch. lege, der Kollege Steenblock würde auch gerne eine Zwischenfrage stellen. (Uwe Lühr [F.D.P.]: Er ist sympathisch! - Abg. Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu- einer Wolfgang Schulhoff (CDU/CSU): Ja. Zwischenfrage) Unser Weg ist jedoch der bessere. - Warten Sie einen Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Moment, bis ich unsere Vorstellungen dargelegt Lieber Herr Kollege, das, was Sie gerade zur emis- habe. Dann können Sie gerne fragen. sionsorientierten Kraftfahrzeugsteuer und zu den Grenzwerten, zur Stickoxidbelastung ausgeführt Wir wollen mit unserem Vorschlag die Meßgrund- haben, ist nicht falsch. Aber glauben Sie nicht, daß lage der Kraftfahrzeugsteuer für Pkw zur Verbesse- man das genausogut über das Ordnungsrecht errei- rung dieses Lenkungseffekts stärker emissionsab- chen könnte, wenn man nach dem Stand der Technik hängig ausrichten. Das hat nämlich entscheidende versucht, Grenzwerte für die Schadstoffe aus Moto- Vorteile. Bei der Orientierung an den Emissionen ren festzulegen? Würde das nicht sogar schneller haben wir die Möglichkeit, unmittelbar auf die Höhe gehen? Meinen Sie nicht auch, daß das Modell, das der ausgestoßenen Stickoxide und Kohlendioxide Sie vorschlagen, überhaupt keine Auswirkung auf lenkend Einfluß zu nehmen. Eine höhere Mineralöl- die Verbrauchsreduktion hat? steuer hätte nur Auswirkungen auf die Höhe der Kohlendioxidemissionen. Darüber müßten wir uns einig sein. Wolfgang Schulhoff (CDU/CSU): Verehrter Herr Kollege Steenblock, für mich sind die Anreize ein (Vorsitz : Vizepräsident Hans Klein) bedeutend wichtigeres Instrument als Ge- und Ver- bote. Wir haben bisher gesehen, wie wir mit dem Daher greift unser Vorschlag zunächst breiter. Der dualen System weitergekommen sind. Kein Mensch Druck auf die Autoindust rie, neue, emissionsärmere hätte geglaubt, als wir den Katalysator einführten Kraftfahrzeuge zu entwickeln, steigt. Außerdem wird und ihn mit finanziellen Anreizen förderten, der Vorschlag dafür sorgen, daß alte und die Atmo- sphäre stark beschmutzende Kraftfahrzeuge die Last (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ der Steuer am stärksten zu spüren bekommen und DIE GRÜNEN]: Daß es so lange dauern schnell vom Markt verschwinden. würde!) daß diese Technik in ganz Europa so schnell durch- Vizepräsident Hans Klein: Der Kollege Schmidt gesetzt würde. würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Wolfgang Schulhoff (CDU/CSU): Das kann er Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Debat- machen. ten in diesem Haus. (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Fragen kann (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE er schon, aber ob er eine Antwort kriegt, ist GRÜNEN]: Hier geht es noch um die nicht sicher!) Geschwindigkeit! Das ist das Problem!) 6360 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Wolfgang Schulhoff - Eine weitere Frage? gibt es eine Möglichkeit, daß wir uns einigen. Denn wir wissen, daß die (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE Kilometerleistung eine zweite wichtige Determinante des tatsächlichen Schadstoff- GRÜNEN]: Ich glaube, wir haben andere ausstoßes ist. Vorstellungen von der Geschwindigkeit bei der Durchsetzung eines Gesetzes!) Außerdem sind natürlich auch Fallstricke zu - Daß wir uns in einigen Punkten unterscheiden, dar- beachten: Die Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf über bin ich sehr froh. die Mineralölsteuer ist nicht unbedingt ein Beitrag zur Steuervereinfachung. Denn für Lkw über 12 Tonnen - dabei kommen wir wieder auf Europa zu Vizepräsident Hans Klein: Herr Kollege Schulhoff, sprechen - muß an einer Kraftfahrzeugsteuer bis zum der Kollege Seidenthal würde auch gerne eine Frage heutigen Tag leider festgehalten werden, da hier EG- stellen. rechtlich vorgeschriebene Steuermindestsätze gel- ten. Auch darüber muß man natürlich reden. Wolfgang Schulhoff (CDU/CSU): Bitte, ich habe Zeit. (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau das haben wir doch gesagt!) Bodo Seidenthal (SPD): Herr Kollege Schulhoff, Sie haben gerade ein Modell vorgestellt. Ich möchte Kommen wir nun zu einem weiteren Punkt Ihres Sie einfach fragen: Welches Modell meinen Sie Antrages, über den Sie nicht geredet haben, nämlich denn? Nach meinen Informationen werden in den der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe. Ministerien mindestens zehn oder zwölf gehandelt. Ich kann Ihrem Entwurf nicht entnehmen - deshalb Ich kenne ein Modell - Sie werden es sicherlich auch haben Sie ihn hier auch unerwähnt gelassen -, was kennen -, in dem Frau Merkel für Fahrzeuge, die die Sie darunter verstehen. Ich kann Ihnen allerdings Euro-II-Norm unterschreiten, 25 Prozent Nachschlag sagen, was die Bundesregierung im Bereich des geben will. Wie wollen Sie diesen typisch deutsch Schwerlastverkehrs plant. definierten Grenzwert in Europa verkaufen, und wie wollen Sie das dort durchsetzen? Wir können uns (Elke Ferner [SPD]: Das kann sie doch ohne nur, wenn überhaupt, an Normen anlehnen, die in die anderen überhaupt nicht!) Europa Gültigkeit haben, und dürfen keine eigenen deutschen definieren. Deshalb meine Frage: Wie Die Bundesregierung wi ll die Autobahnbenut- wollen Sie dieses Problem lösen? zungsgebühren für Lkw deutlich erhöhen und die umweltfreundliche Bahn als Transportmittel attrakti- ver machen. Es ist kontraproduktiv, den deutschen Wolfgang Schulhoff (CDU/CSU): Erstens. Im Mi- Güterfernverkehr einseitig mit Abgaben zu belasten. nisterium wird viel gedacht - das ist gut -, aber wir Dies ist ein Ladenhüter der Energiesteuerdiskussion, entscheiden. den die antragstellenden Kollegen immer wieder vor- Zweitens. Daß in Europa unterschiedliche Vorstel- bringen. Ohne die Gewißheit, daß andere europäi- lungen herrschen, haben wir bisher immer feststellen sche Länder folgen, würde es nur zu einem weiteren müssen. Das erschwert natürlich unseren Stand- Export von Arbeitsplätzen kommen, diesmal im punkt. Wir haben das schon in einigen Fällen zur Transportgewerbe. Das umweltpolitische Ziel, die Kenntnis nehmen müssen. Jetzt kommt es darauf an, Emissionen insgesamt spürbar zu senken, bliebe daß wir unsere Position gerade bei Berücksichtigung nämlich auf der Strecke. Die Vignette ist und bleibt unserer wirtschaftlichen Situation durchsetzen. gerade in diesem Bereich für uns die nutzungsge- rechte Lösung. (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben doch gar keine!) Erlauben Sie mir, abschließend noch auf einen Daß es sich hierbei um ein Thema handelt, zu dem es Punkt aufmerksam zu machen, der mir wieder ein- verschiedene Vorschläge gibt, ist doch ganz klar. Das mal deutlich macht, daß die Grünen ihr Heil anschei- nend noch immer in staatlicher Bevormundung liegt doch in der Sache selbst begründet. Jetzt kommt es darauf an, daß wir vielleicht gemeinsam suchen, statt den mündigen Bürger eigenverantwort- lich selbst entscheiden zu lassen. einen Weg finden. Vielleicht werden wir auch in die- ser Frage gemeinsam einen Weg finden. (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!) Dieser Lenkungseffekt wird bei einer leicht nach- Die Bundesregierung strebt die beschleunigte Ein- vollziehbaren und fühlbaren Differenzierung der führung von Automobilen an, die wenig Kraftstoff Kraftfahrzeugsteuer nach Emissionskriterien brauchen. Eine zeitlich begrenzte Kraftfahrzeug- schneller eintreten als mit der erhöhten Mineralöl- steuer-Befreiung für verbrauchsarme Pkw scheint steuer. Denn die Preiselastizität der Kraftstoffnach- uns in diesem Zusammenhang ein sinnvoller Anreiz frage ist bekanntermaßen gering. Erst wenn die zu sein. Den Grünen sind dera rtige Lenkungseffekte „Stinker" von der Straße sind, könnte man in einem auf die Kaufentscheidung von Kraftfahrzeugen leider zweiten Schritt zur weiteren CO2-Reduzierung über nicht genug. Sie wollen - darin unterscheiden wir eine Umlegung der gesamten Kraftfahrzeugsteuer uns eben - solche Anreize zwingend durch ord- auf die Mineralölsteuer nachdenken. Sie sehen, hier nungsrechtliche Maßnahmen ergänzen. Das heißt Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6361

Wolfgang Schulhoff doch im Klartext: Sie wollen entscheiden, wer wel- der Kosten des Faktors Arbeit entlastet werden, ches Auto fahren darf. fordert Herr Wulff. (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ (Elke Ferner [SPD]: Das ist unser Vor DIE GRÜNEN]: Das steht in unserem schlag!) Antrag doch überhaupt nicht d rin!) Das kommt doch unserem Vorschlag sehr nahe. Meine Damen und Herren, Sie maßen sich wieder Ich verstehe also, wie gesagt, Ihr selbstbewußtes einmal an, als höchste moralische Instanz - ich brau- Auftreten hier nicht, weil ich dem Ganzen entnehme, che ja nur das aufzunehmen, was Sie laufend sagen - daß der Streit nicht nur innerhalb der CDU/CSU, zu bestimmen, was richtig und was falsch ist. Die sondern erst recht mit Ihrem Koalitionspartner nun Freiheit auf selbstbestimmte Mobilität bleibt dann richtig losgeht. Wir alle sind sehr gespannt, ob Sie auf der Strecke. Dies können und wollen wir nicht irgendwann zu einem Ergebnis kommen. zulassen. Schließlich gibt es nicht nur externe Kosten des Verkehrs; es gibt auch externen Nutzen. Man (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ muß ebenfalls die Wachstumswirkungen der Mobili- DIE GRÜNEN], an Abg. Wolfgang Schul tät stärker als bisher beachten. hoff [CDU/CSU] gewandt: Habilitierte Rat losigkeit, Herr Professor?) Zusammengefaßt: Es gibt viele Punkte, in denen wir uns einig sind. Die Methode ist noch streitig. Dar- Es ist sicher wünschenswert, die Kraftfahrzeug- über sollten wir zukünftig in der Tat intensiv reden. steuer auf die Mineralölsteuer umzulegen. Eine sol- che Maßnahme wäre eine Steuervereinfachung, Ich danke Ihnen. obwohl man sagen muß, daß die Erhebung der Kraft- fahrzeugsteuer wegen der Automatisierung längst (Beifall bei der CDU/CSU) nicht mehr den Verwaltungsaufwand macht, den sie einmal gemacht hat. Herr Kollege Detlev von Vizepräsident Hans Klein: Über den Preis käme es möglicherweise zur Ein- Larcher, ich erteile Ihnen das Wort. sparung von Benzin, Diesel und 01. Spritsparende Ich nutze aber geschwind die Gelegenheit, sozusa- Autos zu bauen würde möglicherweise attraktiver. gen der Genugtuung des Hauses darüber- Ausdruck Die SPD hat schon vor Jahren einen entsprechen- zu geben, daß auf der Regierungsbank wenigstens den Beschluß gefaßt. Leider hatte sie nicht die parla- einer Platz genommen hat. Es handelt sich um ein mentarische Mehrheit, diesen Beschluß umzusetzen. Debüt: Wenn man von der Fragestunde absieht, ist Seither hat sich allerdings einiges geändert. Heute der Parlamentarische Staatssekretär Hansgeorg Hau- gibt es aus europa-, verkehrs- und umweltpolitischen ser in seiner neuen Funktion heute zum erstenmal in Gründen große Schwierigkeiten für eine Umlegung einer richtigen Debatte dabei. der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer. Bitte, Herr Kollege von Larcher. Einige sind auch vom Antragsteller schon genannt worden.

Detlev von Larcher (SPD): Herr Präsident! Meine Auf europäischer Ebene gebietet die Richtlinie 93/ Damen und Herren! Herr Schulhoff, ich wundere 89 die Mindestsätze für die Besteuerung für Lkw mich ein bißchen über Ihr selbstbewußtes Auftreten über 12 Tonnen. Eine Abschaffung und Umlegung hier. Sie haben gesagt: „Wir werden", „wir machen" der Steuer ist in diesem Fall also nicht möglich. und dies und jenes. Dabei fängt bei Ihnen der Streit (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ über diese Fragen doch erst richtig an. DIE GRÜNEN]: Auch nicht beantragt!) (Elke Ferner [SPD]: So ist das!) - Das weiß ich. Ich habe ja gesagt: Sie haben selber manche der Schwierigkeiten angesprochen. In der letzten Woche sollte in der CDU/CSU in aller Stille die ökologische Steuerdebatte mit einem Auch die Dieselproblematik spielt eine Rolle. Eine Minimalkonsens zu Grabe getragen werden. Die Umlage der Kraftfahrzeugsteuer würde die Mineral- „Frankfurter Rundschau" hat doch zu Recht getitelt: ölsteuer auf Diesel auf ungefähr 83 bis 84 Pfennig je „Union trägt die Ökosteuerreform zu Grabe". Liter ansteigen lassen. Damit wäre Deutschland bei der Dieselbesteuerung an der Spitze der EU-Staaten. Jetzt entnehme ich der Zeitschrift „Die Woche " fol- gendes Zitat von Herrn Wulff, den Sie sicher kennen Würden wir das gesamte Kraftfahrzeugsteuerauf- werden: kommen nur auf den Anteil der Mineralölsteuer umlegen, der vom Pkw-Verkehr aufzubringen ist, Die Vorschläge dann müßte die Mineralölsteuer um ungefähr - Ihre Vorschläge - 28,9 Pfennig je Liter ansteigen. Dieses hätte ein erhebliches Ungleichgewicht auf dem Kraftstoff- sind nicht von Reformfähigkeit und Gestaltungs- markt zur Folge, nämlich die Besteuerung von Die- willen geprägt. Da muß der Bundestagsfraktion selkraftstoff mit 62 Pfennig je Liter und von blei- gesagt werden, daß wir mehr erwarten. Umwelt- freiem Otto-Kraftstoff mit 127 Pfennig je Liter. Eine belastung und Ressourcenverbrauch sollen konti- solche Bevorzugung des Dieselmotors vor dem Otto nuierlich und berechenbar verteuert, Arbeitneh- Motor mit Katalysator ist aus umweltpolitischen mer und Arbeitgeber dafür durch eine Senkung Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen. 6362 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Vizepräsident Hans Klein: Herr Kollege, gestatten Zu bedenken ist auch, daß es möglich ist, mit Hilfe Sie eine Zwischenfrage? der Kraftfahrzeugsteuer Einfluß auf Fahrzeugtech- nik und Schadstoffausstoß zu nehmen. Wir kommen nicht umhin, anzuerkennen, daß durch die Steuerbe- Detlev von Larcher (SPD): Gerne. freiung von Kat-Fahrzeugen weit vor dem Termin, zu dem der geregelte Kat obligatorisch wurde, die Ver- Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): breitung von Kat-Fahrzeugen erheblich beschleunigt Herr von Larcher, stimmen Sie mir zu, daß es dann worden ist. notwendig wäre, auch die Dieselpreise zu erhöhen? Es wird in diesem Zusammenhang immer auf Tank- (Zuruf von der CDU/CSU: Da sind wir uns tourismus und die Probleme, die es in Grenzberei- doch einig!) chen gibt, hingewiesen. - Das sage ich doch. Mit Hilfe der Kraftfahrzeug- Würden Sie mir zustimmen, daß, wenn das richtig steuer wäre es unter Umständen möglich, auch in wäre, die Schweiz schon lange Konkurs anmelden Europa einen beschleunigten Austausch des gegen- müßte, weil die Schweiz mit umgerechnet etwa wärtigen Fahrzeugparks durch einen umweltpoli- 1 Mark die höchste Dieselsteuer hat? Alle Länder tisch besseren Fahrzeugpark zu erreichen. Diesen drumherum haben sehr viel niedrigere Dieselsteu- Aspekt darf man jedenfalls nicht vergessen, wenn ern. Trotzdem ist die Schweizer Volkswirtschaft noch man über die Kraftfahrzeugsteuer spricht. nicht zusammengebrochen. Jetzt kommt mein wichtigstes Argument. Für uns Meinen Sie nicht auch, daß das ein Argument Sozialdemokraten hat unser Konzept der ökologi- dafür ist, daß man auch national solche Steuererhö- schen Ausrichtung des Steuersystems mit einer hungen vornehmen könnte? höheren Besteuerung des Energieverbrauchs abso- lute Priorität.

Detlev von Larcher (SPD): Mein Argument war Ein notwendiges Element hierfür ist die Verschie- nicht der Zusammenbruch unserer Mineralölindu- bung der Steuer- und Abgabenbelastung zwischen strie oder der Tankstellen. Vielmehr habe ich auf die den Produktionsfaktoren Arbeit und Umwelt. Die unterschiedliche Preisentwicklung bei Diesel- und umweltgerechte Ausgestaltung von Steuern gibt Ottomotoren hingewiesen. Die Frage ist, ob das dabei erhebliche Anreize für umweltbewußtes und gerechtfertigt ist. energiesparendes Verhalten jedes einzelnen. Durch eine Entlastung des Faktors Arbeit werden zudem Im übrigen muß über die Dieselfahrzeuge ohne- die positiven Effekte von Energiesteuern erhöht. dies genauer nachgedacht werden; denn im Moment ist es wohl so, daß die spritsparendsten Autos Diesel- Für den Erfolg des ökologischen Umbaus ist ein autos sind. Man muß sich in der Tat überlegen, wie schrittweises und berechenbares Vorgehen entschei- das Verhältnis der Kraftfahrzeugsteuer, die für Die- dend. Bürger und Wirtschaft können sich so in ihrem selfahrzeuge wegen der geringeren Mineralölsteuer Verhalten auf die höhere Energiebesteuerung ein- höher ist, aussehen soll. Die Frage ist, ob das noch stellen. Nur so ist ein ausreichender Lenkungseffekt das richtige Verhältnis ist. Wir sind in der Diskussion. zú erreichen, der mittelfristig zu einer Verringerung Das ist ein Problem, über das man noch nachdenken des Energieverbrauchs und der Umweltbelastungen muß. führen wird. (Birgit Homburger [F.D.P.]: Sehr interessant! (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rainder Ich hoffe, Ihre Umweltpolitiker sehen das Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) auch so!) Ein ökologisch ausgerichtetes Steuerrecht schafft - Sie können sich darauf verlassen, daß wir Steuer- zudem Anreize für Investitionen p rivaten Kapitals für politiker in der SPD mit den Umweltpolitikern in sehr umweltgerechte Zukunftsinvestitionen. Umwelt- engem Verbund diskutieren. schädliche Vergünstigungen müssen hingegen in umweltverträglicher Weise umgestaltet bzw. abge- (Beifall bei der SPD) schafft werden. Bei Ihnen ist das vielleicht anders als bei uns. - Nun Im Rahmen unseres Konzepts der ökologischen lassen Sie mich doch weitermachen! Der Herr Präsi- Steuerreform hat die Mineralölsteuer natürlich eine dent hält die Uhr nicht an, solange Sie reden. wichtige Funktion. In unserem Ökosteuerkonzept (Birgit Homburger [F.D.P.]: Sie reden doch schlagen wir vor, in einem ersten Schritt die Steuer- so schnell!) sätze auf Kraftstoffe - Benzin verbleit und unverbleit und Diesel - um 10 Pfennig je Liter und dann im Parken der Autos verursacht für Städte und Zweijahresrhythmus um jeweils 5 Pfennig je Liter Gemeinden hohe Kosten für die Bereitstellung von anzuheben. Verkehrsraum. Das Argument, nur der fahrende Verkehr ist umweltschädlich, stimmt also nicht. Einer Nach Ablauf von vier Jahren sind schließlich die weiteren Versiegelung des Bodens muß entgegenge- 20 Pfennig erreicht, die bei einer sofortigen vollstän- treten werden. Daß eine Parkraumpolitik, wie vom digen Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Antrag gefordert, Mineralölsteuer entstehen würden. Jedoch hätte hier allein zum Erfolg führt, möchte ich bezweifeln. unser Modell den Vorteil, daß sich Verbraucher und Wirtschaft auf die Verteuerung des Faktors Energie (Zuruf von der SPD: Sehr richtig!) bedeutend besser einstellen können. Mit diesen Vor- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6363

Detlev von Larcher Schlägen würde Deutschland in der EU übrigens eine Grünen ablehnt, obwohl uns das nicht ganz leicht Vorreiterrolle übernehmen. fällt; das gebe ich ehrlich zu.

Die bisherigen Anhebungen der Mineralölsteuer (Lachen und Beifall des Abg. Rainder in den vergangenen Jahren durch Bundesregierung Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - und Koalitionsfraktionen sind aus rein fiskalischen Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE Gründen ohne jedes ökologische Konzept vorgenom- GRÜNEN]: Wenigstens das!) men worden und somit auch ohne ökologische Wir- Es ist nicht unbekannt, daß wir seit langen, langen kung geblieben. Jahren - wir haben eben versucht, etwas Geschichts- forschung darüber zu betreiben, seit wann eigent- (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Albe rt Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE lich - das Modell der Umlegung der Kfz-Steuer auf befürworten. Die Gründe, die GRÜNEN]) die Mineralölsteuer aus unserer Sicht dafür sprechen - das fällt mir nun So betrug die Steuerbelastung beim verbleiten als Steuerpolitikerin besonders leicht - sind, daß wir Benzin 1988 60,42 Pfennig je Liter. 1994 waren sie dadurch eine Vereinfachung und eine deutliche Ent- bereits auf 124,2 Pfennig je Liter angestiegen. Beim lastung der Steuerverwaltung bekommen. Wann unverbleiten Benzin haben wir heute eine Belastung immer ich Finanzämter besuche, werde ich auf die- von 112,7 Pfennig je Liter gegenüber 54,72 Pfennig sen Punkt angesprochen. Das heißt, auch aus der je Liter im Jahre 1988. Reine Geldbeschaffung ohne Exekutive kommt ein ganz erheblicher Druck. Diese jedes ökologische Konzept! Daran muß man jetzt sagt immer wieder: Wenn ihr sonst schon nicht so auch denken, wenn man überlegt: Bis auf welche richtig in den Reformprozeß in der ganzen Breite ein- Höhe und in welchen Schritten kann man die Ener- steigt, wie es eigentlich nötig wäre, dann fangt doch giesteuern erhöhen? bitte schon mal wenigstens bei der Kraftfahrzeug- steuer an; das wäre doch eine Sache, die man relativ Bei der von uns vorgeschlagenen Vorgehensweise schnell erledigen könnte. steht das Steuervolumen in vollem Umfang für die (Beifall bei der F.D.P. und dem BÜNDNIS 90/ Rückgabe an Arbeitnehmer und Arbeitgeber und DIE GRÜNEN) damit zur Beschleunigung des ökologischen Struk- turwandels zur Verfügung. Preisverzerrungen kön- Insofern sage ich ausdrücklich: Als Steuerrechtlerin nen durch eine Anpassung der Kraftfahrzeugsteuer habe ich ganz große Sympathien für diesen Vor- für Dieselfahrzeuge ausgeglichen werden. Bei einer schlag. - Das ist die eine Seite der Medaille. Umlage der Kraftfahrzeugsteuer wäre ein Ausgleich der Preisverzerrungen nicht mehr möglich. Die andere Seite der Medaille ist, daß wir uns in einer Koalition befinden, die natürlich auch Abstim- Aus all diesen genannten europa-, verkehrs- und mung verlangt. umweltpolitischen Gründen können wir Sozialdemo- kraten den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen der- Vizepräsident Hans Klein: Frau Kollegin, der Kol- zeit nicht gutheißen. lege Seidenthal würde Ihnen gerne eine Zwischen- frage stellen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD - Rainder Steenblock Gisela Frick (F.D.P.): Ja, bitte. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann denn?) Bodo Seidenthal (SPD): Frau Kollegin, ich habe die Vizepräsident Hans Klein: Das Wort hat die Kolle- Frage, wo denn Verwaltungsvereinfachung und vor gin Professor Gisela F rick. allen Dingen Personaleinsparung herkommt. Ich nenne Ihnen einmal die Zahlen aus Niedersachsen. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Teile der Rede Dort gibt es rund 300 Personen, die für die Kfz-Steuer kann ich mit unterschreiben! - Detlev von zuständig sind. Der Anteil des Verwaltungsaufwan- Larcher [SPD]: Das macht mich aber stutzig! des für die Kfz-Steuer beträgt nur 2,5 Prozent vom Da muß ich ja was falsch gemacht haben!) gesamten Verwaltungsaufwand. Wenn Sie die gan- zen Ausnahmen, die der Kollege Schulhoff hier vor- - Jetzt will er Ihnen einmal was Gutes sagen. hin vorgetragen hat, weiterhin aufrechterhalten, gehe ich davon aus, daß Sie zum Beispiel in Nieder- (Detlev von Larcher [SPD]: Ich bin auch sachsen von diesen 300 Personen nicht allzuviel weg- selbstbewußt genug!) packen können. Deshalb meine Frage an Sie: Wie wollen Sie es denn wirklich lösen? Nennen Sie doch Frau Kollegin, Sie haben das Wo rt . mal eine Zahl.

Gisela Frick (F.D.P.): Ich mußte etwas länger darauf Gisela Frick (F.D.P.): Da die Steuerverwaltung Lan- warten. dessache ist, bin ich nicht in der Lage, für das gesamte Bundesgebiet die entsprechenden Zahlen Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle- anzugeben. Aber ich habe Ihnen ja eben gesagt, daß gen! Um Mißverständnissen vorzubeugen, erkläre das Hauptargument für mich als Steuerrechtlerin ich gleich zu Beginn, daß die F.D.P. den Antrag der gerade die Forderungen sind, die mir aus der Ver- 6364 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Gisela Frick waltung heraus vorgetragen werden. Ich habe kei- Dieser eine Punkt, nämlich die Umlegung der Kfz nen Anlaß, die Sachkompetenz beispielsweise der Steuer auf die Mineralölsteuer, ist angesichts der OFD Stuttgart oder des Finanzpräsidenten, die in noch bestehenden Schwierigkeiten, insbesondere diesem Fall meine Gesprächspartner waren, und auch europarechtlich, schon mit sehr großer Sorgfalt auch - das ist heute in anderem Zusammenhang zu betrachten. Ich glaube, daß wir in allernächster schon einmal gesagt worden - des Finanzministers Zeit hier zu einem Ergebnis kommen. Ich muß aller- von Baden-Württemberg zu bezweifeln. dings sagen: Ich bedauere etwas, daß das Verkehrs- ministerium heute hier auf der Regierungsbank nicht (Detlev von Larcher [SPD]: Jede Abschaf vertreten ist. fung ist eine Steuervereinfachung!) (Ernst Hinsken [CDU/CSU], auf den Parla - Jede Abschaffung einer Steuer ist eine Steuerver- mentarischen Staatssekretär Manfred Car einfachung. Darüber sind wir uns ja wohl einig; das stens deutend: Er ist doch da! Da ist er!) ist ja gar keine Frage. (Beifall bei der F.D.P. und dem BÜNDNIS 90/ Vizepräsident Hans Klein: Frau Kollegin, der Ver- DIE GRÜNEN) treter des Verkehrsministeriums sitzt sogar im Moment bei der F.D.P. Daß es verwaltungsmäßig Entlastungen gibt, müssen Sie mir ebenfalls zugestehen. Beziffern kann ich sie (Zuruf von der SPD: Tarnung!) nicht. Ich kann nicht sagen, ob das nun der ganz große Wurf wird. Es wird sicherlich nicht der ent- Gisela Frick (F.D.P.): Entschuldigung. Ich freue scheidende Schritt auf unserem Weg zu einer „lean mich. administration" sein, aber es ist immerhin ein Schritt in die richtige Richtung. Wir sollten uns auch um sol- (Heiterkeit - Albe rt Schmidt [Hitzhofen] che Schritte bemühen. Wir können nicht immer alles [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Ver bleiben lassen, was uns nicht den hundertprozenti- kehrsministerium hat Position bezogen in gen Erfolg vom ersten Tage an verspricht; vielmehr dieser Frage!) müssen wir stufenweise vorgehen. - Das ist ganz richtig. Wie ich sehe, ist der Abstim- (Beifall bei der F.D.P. und dem BÜNDNIS 90/ mungsprozeß innerhalb der Koalition im vollen DIE GRÜNEN) - Gange; er findet heute noch statt. Es ist, glaube ich, das Beste, daß man im Dialog bleibt. Insofern ist das Ich habe in bezug auf eine andere Sache gesagt: ganz richtig. Ich nehme das, was ich gesagt habe, Wir brauchen innerhalb von Koalitionen Abstimmun- natürlich zurück; ich freue mich. gen. Wir haben eben sowohl vom Kollegen Schulhoff als auch vom Kollegen von Larcher gehört, daß die (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Er wird sich Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer Ihnen später noch einmal widmen, damit durchaus schon Probleme beinhaltet. Sie Ihre Meinung korrigieren!) (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Große Pro - Ich werde meine Meinung nicht korrigieren; das bleme, Frau Kollegin!) glaube ich nicht. Es ist also nicht ganz so einfach, wie es im ersten Ich meine, daß die Bedenken mit abzuwägen sind. Moment - es scheint bestechend zu sein - erscheint. Es handelt sich ja letztendlich um eine Abwägungs- Insofern, glaube ich, müssen Sie uns zugestehen, daß frage. Ich bin guter Hoffnung, daß die Koalition in wir diesen Abstimmungsprozeß in der Koalition allernächster Zeit ein Konzept vorlegen wird, in dem sehr ernst nehmen. Daß wir darum ringen, unsere alle die Vorteile und auch die Bedenken, die gegen Vorstellungen durchzusetzen, ist selbstverständlich. eine solche Lösung sprechen, sorgfältig abgewogen Aber es reicht halt nicht, Herr Steenblock, daß wir werden. die Grünen überzeugen, sondern wir müssen unse- Danke schön. ren Koalitionspartner auch noch überzeugen. (Beifall bei der F.D.P. - Zuruf von der F.D.P.: (Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: Ringen Eine sehr abgewogene Rede!) oder Ringkampf, was meinen Sie denn jetzt?) Vizepräsident Hans Klein: Es ist zwar ungewöhn- Insofern handelt es sich natürlich um einen Prozeß, lich, aber trotzdem schön, daß die Fraktionen einmal der, wenn er ernstgenommen wird, noch eine ge- in einer solchen Tonlage miteinander sprechen. wisse Zeit in Anspruch nehmen wird. Auch das Frau Kollegin Eva Bulling-Schröter, ich erteile gestehe ich zu. Ihnen das Wort. Im übrigen ist die Überlegung, die wir eben von der SPD gehört haben, auch nicht falsch, nämlich, Eva Bulling-Schröter (PDS): Sehr geehrter Herr daß wir das Ganze in den Gesamtzusammenhang Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Der Antrag stellen müssen. von Bündnis 90/Die Grünen zielt auf eine relative Verteuerung des Kraftfahrzeugverkehrs. So sehr die (Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: Alle PDS dieses Ziel begrüßt, muß sie jedoch das im haben recht! Das ist gut!) Antrag genannte Instrumenta rium in Frage stellen. - Es ist Freitag mittag. Das vollständige Umlegen der Kfz-Steuer für Perso- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. November 1995 6365 Eva Bulling-Schröter nenkraftwagen auf die Mineralölsteuer verteuert die den und die Taschen irgendwelcher anderen Leute Nutzung, entlastet jedoch das Halten eines Fahr- zu füllen, sondern nur um die Kosten, die dieser Ver- zeuges. Beides sind aber nur verschiedene Formen kehr durch seine Umweltbelastungen verursacht. einer Konsumtion von Umwelt. Die Erhöhung der Mineralölpreise muß begleitet Die Kosten des ruhenden Verkehrs werden durch werden von einem gleichzeitigen Ausbau des öffent- die vorgeschlagene Parkraumbewirtschaftung nur lichen Verkehrs als attraktive und bezahlbare Alter- ungenügend internalisiert. Ein Auto beansprucht native. Die Preiserhöhungen könnten durch eine nicht nur Fläche, sondern bei seiner Herstellung Anhebung der Mineralölsteuer und/oder durch eine auch Ressourcen, deren Preise keinesfalls die ökolo- Preiserhöhung über den Markt infolge einer Redu- gische Wahrheit sprechen. Ein Kfz verursacht dar- zierung des Angebotes an Primärenergieträgern, bei- über hinaus, ohne einen Meter gefahren zu sein, spielsweise über eine Regulierung durch eine Ener- Emissionen, und zwar gleichermaßen bei der Her- gierohstoffagentur, erfolgen. stellung und der späteren Entsorgung. Die auch im Mineralölsteuergesetz enthaltenen Obwohl wir die gegenwärtige umweltpolitische ökologisch kontraproduktiven Sonderregelungen Lenkungsfunktion der Kfz-Steuer als zu schwach müssen gestrichen werden. Es geht dabei um die ansehen, sollte die Fixkostenbelastung des Verkehrs Mineralölsteuerbefreiung für die Luftfahrt, die nicht aufgegeben werden. Die Bewi rtschaftung von Mineralölsteuerbefreiung für die Binnenschiffahrt Parkraum ist dafür kein Ersatz, sondern kann nur ein oder auch die Mineralölsteuerbefreiung zu Versuchs- Instrument in einer Palette von notwendigen zusätz- zwecken. lichen individualverkehrshemmenden Maßnahmen sein. Die Umwandlung der Kilometerpauschale in Da der Schwerverkehr lediglich 10 bis 20 Prozent eine von der Kfz-Benutzung unabhängige Entfer- der gesamten von ihm verursachten Kosten deckt, nungspauschale sowie eine Nahverkehrsabgabe für sollte eine möglichst EU-weite Schwerverkehrsab- innerstädtischen motorisierten Nahverkehr sind hier gabe, bezogen auf die Fahrzeugkilometer, erhoben Stichwörter. werden. Bei einer Erhebung auf die Transportleistun- gen würden hingegen Leerfahrten oder leichtge- Eine Umgestaltung der Kfz-Steuer müßte in erster wichtige Materialien begünstigt. Eine solche Abgabe Linie deutlicher auf die spezifischen Emissionswerte würde zum einen den Kostenvorteil zwischen Straße abzielen. - und Schiene zugunsten der Bahn verändern und (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ hätte zum anderen den Vorteil, daß sie gleicherma- ßen für in- und ausländische Lkw Geltung besäße. DIE GRÜNEN]: Freut sich die Koalition!) Die Einnahmen aus dieser Schwerverkehrsabgabe Erforderlich ist also eine Bemessung der Steuersätze sollten zweckgebunden zur Beseitigung der durch in einer mehrstufigen und deutlichen Staffelung den Lkw-Verkehr verursachten Schäden sowie zum nach Schadstoffklassen. Ausbau und zur Modernisierung des Schienengüter- verkehrs und des kombinierten Verkehrs herangezo- (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Machen wir gen werden. ja!) (Beifall bei der PDS sowie des Abg. Albe rt Darüber hinaus existieren innerhalb des Kfz-Steu- Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE errechts zahlreiche ökologisch kontraproduktive Ein- GRÜNEN]) zelregelungen, die abgeschafft werden müssen. So sind die meisten land- und forstwirtschaftlich genutzten Fahrzeuge seit 1935 von der Kfz-Steuer Vizepräsident Hans Klein: Ich schließe die Aus- befreit, obwohl gerade die hohe Motorisierung in der sprache. Landwirtschaft besonders gravierende Umweltpro- bleme wie Bodenverdichtung und in der Folge Dün- Der Ältestenrat schlägt Überweisung der Vorlage gerauswaschung verursacht. Ferner entlastet die auf Drucksache 13/2420 an die in der Tagesordnung Befreiung überzähliger Kfz-Anhänger von der Kfz aufgeführten Ausschüsse vor. Besteht Einverständnis Steuer den emissionsintensiven Straßengüterver- des Hauses? - Dies ist offensichtlich der Fall. Dann ist kehr. Dies ist nicht zu verantworten. die Überweisung so beschlossen. (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ Wir sind damit am Schluß unserer Tagesordnung. DIE GRÜNEN]: Richtig!) Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun- Neben der ökologischen Verkehrsplanung wird destages auf Mittwoch, den 29. November 1995, die Erhöhung der Mineralölpreise die wirklich 13 Uhr ein. bedeutsame Beeinflussung zur Verminderung des Die Sitzung ist geschlossen. motorisierten Individualverkehrs sein. Es geht übri- gens nicht darum, Autobesitzern Kosten aufzubür (Schluß der Sitzung: 11.34 Uhr) 6366* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 72. Sitzung , Bonn, Freitag, den 24. November 1995

Anlage zum Stenographischen Bericht

Anlage entschuldigt bis

Abgeordnete(r) einschließlich Liste der entschuldigten Abgeordneten Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 24. 11. 95 entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Purps, Rudolf SPD 24. 11. 95 Rehbock-Zureich, Karin SPD 24. 11. 95 Andres, Gerd SPD 24. 11. 95 Rexrodt, Günter F.D.P. 24. 11. 95 Beck (Bremen), BÜNDNIS 24. 11. 95 F.D.P. 24. 11. 95 Marieluise 90/DIE Dr. Schmidt-Jortzig, GRÜNEN Edzard Schmidt-Zadel, Regina SPD 24. 11. 95 Berger, Hans SPD 24. 11. 95 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 24. 11. 95 PDS 24. 11. 95 Bläss, Petra 90/DIE Breuer, Paul CDU/CSU 24. 11. 95 GRÜNEN Büttner (Ingolstadt), SPD 24. 11. 95 Schulte (Hameln), SPD 24. 11. 95 Hans Brigitte Formanski, Norbert SPD 24. 11. 95 Schultz (Everswinkel), SPD 24. 11.95 Reinhard Dr. Glotz, Peter SPD 24. 11. 95 Schumann, Ilse SPD 24. 11. 95 Hanewinckel, Christel SPD 24. 11.95 Schwanitz, Rolf SPD 24. 11. 95 Dr. Höll, Barbara PDS 24. 11. 95 Steen, Antje-Marie SPD 24. 11. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 24. 11. 95 Tauss, Jörg SPD 24. 11. 95 Horn, Erwin SPD 24. 11. 95 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 24. 11. 95 SPD 24. 11. 95 Ibrügger, Lothar Thieser, Dietmar SPD 24. 11. 95 Irber, Brunhilde SPD 24. 11. 95 Tippach, Steffen PDS 24. 11. 95 Irmer, Ulrich F.D.P. 24. 11. 95 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 24. 11. 95 Janssen, Jann-Peter SPD 24. 11. 95 Vosen, Josef SPD 24. 11. 95 Kauder, Volker CDU/CSU 24. 11. 95 Wallow, Hans SPD 24. 11.95 Klemmer, Siegrun SPD 24. 11. 95 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 24. 11. 95 Lüth, Heidemarie PDS 24. 11. 95 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 24. 11. 95 Marx, Dorle SPD 24. 11. 95 Willner, Gert CDU/CSU 24. 11. 95 Matschie, Christoph SPD 24. 11. 95 Dr. Wolf, Winfried PDS 24. 11. 95 Meißner, Herbert SPD 24. 11. 95 Zierer, Benno CDU/CSU 24. 11. 95 Neumann (Berlin), Kurt SPD 24. 11. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Ver- Dr. Pfaff, Martin SPD 24. 11. 95 sammlung