Dreikönigstreffen 2014: Wie kann die Energiewende noch gelingen? Haben wir die Europäische Union überfordert? Perspektiven der europäischen Idee

01 | 2014 Dialog Handwerk Schriftenreihe: Dialog Handwerk 1/2014

Herausgeber: Nordrhein-Westfälischer Handwerkstag

Verantwortlich: Josef Zipfel

Stenografische Protokollierung und Rednerkorrekturen: Simona Roeßgen

Bilder: Wilfried Meyer

Gestaltung: Jessica Handke Wie kann die Energiewende noch gelingen? Haben wir die Europäische Union überfordert? Perspektiven der europäi- schen Idee

Dreikönigstreffen 2014 des nordrhein-westfälischen Handwerks

Dokumentation des Dreikönigsforums mit

Professor Dr. h.c. Wolfgang Schulhoff Hildegard Müller Professor Dr. Justus Haucap Reiner Priggen MdL Lothar Hellmann Holger Steltzner, Moderator Andreas Ehlert und des Dreikönigsessens mit Professor Dr. h.c. Wolfgang Schulhoff Hans-Bernd Wolberg Herbert Reul MdEP in der WGZ BANK AG Westdeutsche Genossenschafts-Zentralbank Ludwig-Erhard-Allee 20, Düsseldorf am Donnerstag, 16. Januar 2014

Dialog Handwerk 1/2014 Inhalt

3 Zum Geleit

Dreikönigsforum

4 Begrüßung Professor Dr. h.c. Wolfgang Schulhoff Präsident des Nordrhein-Westfälischen Handwerkstags

8 Podiumsdiskussion

Hildegard Müller Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung und Präsidiumsmitglied des Bundes- verbandes der Energie- und Wasserwirtschaft

Professor Dr. Justus Haucap Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE)

Reiner Priggen MdL Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag Nordrhein-Westfalen

Lothar Hellmann Landesinnungsmeister Elektrotechnische Handwerke Nordrhein-Westfalen

Moderation: Holger Steltzner Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

24 Aussprache

30 Schlusswort Andreas Ehlert Vizepräsident des Nordrhein-Westfälischen Handwerkstags

Dreikönigsessen

32 Begrüßung und Einführung Professor Dr. h.c. Wolfgang Schulhoff Präsident des Nordrhein-Westfälischen Handwerkstags

35 Grußwort Hans-Bernd Wolberg Vorsitzender des Vorstands der WGZ BANK AG

39 Festansprache „Haben wir die Europäische Union überfordert? Perspektiven der europäischen Idee“ Herbert Reul MdEP Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament

49 Bisherige Veröffentlichungen Zum Geleit

Professor Dr. h.c. Wolfgang Schulhoff, der langjährige Präsident des Nordrhein-Westfälischen Handwerkstags und der Handwerkskammer Düsseldorf, ist nicht mehr unter uns. Er verstarb am 17. Februar 2014.

Beim Dreikönigsforum 2014 haben wir ihn zum letzten Mal auf der politischen Bühne erleben dürfen: wie immer voller Energie und Mut, wie immer um kein klares Wort verlegen und wie immer mit viel Charme und Herzblut. So werden wir ihn in Erinnerung behalten.

Die vorliegende Dokumentation des diesjährigen Dreikönigsforums legen wir daher allen Lesern diesmal ganz besonders ans Herz. Sie hält noch einmal fest, wie Wolfgang Schulhoff lei- denschaftlich über zwei Themen streiten konnte, die ihm gerade in den letzten Jahren besonders wichtig waren: die deutsche Energiewende und die europäische Integration.

Diese Themen werden das nordrhein-westfälische Handwerk auch in Zukunft immer wieder beschäftigen. Als Botschafter für eine am Menschen orientierte Wirtschaft und für ein Europa der kulturellen Vielfalt wird uns Wolfgang Schulhoff bei diesen und anderen Themen auch in Zukunft den Weg weisen.

Nordrhein-Westfälischer Handwerkstag

Andreas Ehlert Willy Hesse Dipl.-Volksw. Josef Zipfel Vizepräsident Vizepräsident Hauptgeschäftsführer

Düsseldorf, im April 2014

Dialog Handwerk 1/2014 3 Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks

Dreikönigsforum

Begrüßung (Beifall)

Prof. Dr. h.c. Wolfgang Schulhoff Ich begrüße ganz herzlich unsere Regierungsprä- Präsident des Nordrhein-Westfälischen sidentin, Frau Anne Lütkes. Ich bedanke mich, Handwerkstags dass Sie gekommen sind.

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! (Beifall) Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich darf Sie ganz herzlich zu unserer heutigen Veranstaltung Ich begrüße auch meine Präsidentenkollegen. Ich begrüßen. Es ist am Anfang eines Jahres immer bin sehr froh und glücklich, dass wir heute Herrn ein schönes Bild, so viele bekannte Gesichter zu Otto Kentzler wieder unter uns haben. sehen, Gesichter von Menschen, die dem Hand- werk sehr nahe stehen. Ich müsste Sie eigentlich (Beifall) alle begrüßen, aber das würde den Rahmen der Veranstaltung sprengen. Wir wollen ja die Po- Lieber Otto, herzlich willkommen! Du hast für diumsrunde hören. Heute geht es um eines der das Handwerk sehr viel getan, gerade in den wichtigsten Themen überhaupt. Lassen Sie mich letzten Jahren als ZDH-Präsident. Das Hand- daher stellvertretend für Sie alle einige wenige werk fühlte sich von dir immer hervorragend begrüßen. vertreten. Deshalb ausdrücklich meinen Dank an dieser Stelle an dich! Ich beginne mit unserem Hausherrn, Herrn Hans-Bernd Wolberg, und bedanke mich, dass (Beifall) wir in diesem Jahr wieder Ihr Gast sein dürfen! Ich begrüße Herrn Dieter Philipp, und zwar in (Beifall) zweifacher Funktion: Du bist Aufsichtsratsvor- sitzender dieses Hauses und Präsident der Hand- Ich darf mich aber auch ganz herzlich bei Ihrem werkskammer Aachen. Herzlich willkommen! Vorgänger bedanken, den ich ebenfalls herzlich begrüße, Herrn Werner Böhnke. (Beifall)

(Beifall) Ich begrüße herzlich Willy Hesse, meinen Freund aus der Handwerkskammer Arnsberg. Ich begrüße ganz herzlich Frau Daniela Schne- ckenburger, die stellvertretende Vorsitzende der (Beifall) Landtagsfraktion der Grünen und wirtschafts- politische Sprecherin. Herzlich willkommen bei Ich freue mich, dass ich Hans Rath begrüßen uns! kann, meinen Präsidentenkollegen von der Handwerkskammer Münster. (Beifall) (Beifall) Ich sehe hier unsere frühere Wirtschaftsministe- rin, Frau Christa Thoben. Herzlich willkommen! Ich freue mich auch, dass mein Vorgänger im Amt, Herr Hansheinz Hauser, wieder unter uns (Beifall) ist. Lieber Hansheinz, herzlichen Dank für alles, was du mir als deinem Nachfolger gibst und ge- Ich begrüße ganz herzlich einen alten Freund – ben wirst. Ich hole mir immer gern deinen Rat. nicht bezogen auf das Lebensalter, sondern auf Herzlich willkommen bei uns! die Zeit der Zusammenarbeit –, Herrn Dr. Kirch- hoff, den früheren Arbeitgeberpräsidenten von (Beifall) Nordrhein-Westfalen, mit dem uns wirklich eine freundschaftliche Zusammenarbeit über Jahr- Ich komme zu einem weiteren großen Freund zehnte verbindet. Herzlich willkommen hier bei des Handwerks. Ich begrüße ganz herzlich Herrn uns! Reinhold Schulte, den Aufsichtsratsvorsitzenden

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der SIGNAL IDUNA Gruppe. Er sagte mir vor hier werden ganz wichtige Weichen für uns alle einigen Tagen: Das ist das 27. Mal, dass er an gestellt. Wenn die Energiewende gelingt, ist sie einer derartigen Veranstaltung teilnimmt. Also: eine große Chance für den Standort Deutschland Herzlich willkommen bei uns! und damit ein umweltpolitisches Signal erster Ordnung. Wenn sie aber misslingt, wäre das eine (Beifall) wirtschaftspolitische und umweltpolitische Ban- krotterklärung. Da wir am Anfang eines neuen Jahres stehen, wünsche ich Ihnen allen von ganzem Herzen Ich habe große Sorgen, dass wir uns mit der Art ein glückliches, ein ausgefülltes Jahr und – ich und Weise, wie wir das Gesetz bisher angegan- füge hinzu – ein gesundes Jahr, was für mich das gen sind, auf dem Holzweg befinden. Dabei sehe Wichtigste überhaupt ist. ich alle Parteien in der Verantwortung.

Das Jahr hat gerade erst begonnen. Es verspricht Schon unter Rot-Grün wurden falsche Weichen- ein politisch wichtiges und spannendes Jahr zu stellungen vorgenommen. Die erste Große Koali- werden. Im Mai werden die Europa- und die tion unter hat daran nichts geän- NRW-Kommunalwahlen neue Weichenstellun- dert. Die Koalition aus Union und FDP hat nach gen bringen. Ich bin gespannt, was die Euro- der doppelten Kehrtwende in Sachen Atomaus- pawahl uns alles bescheren wird, nicht nur in stieg viel Hektik verbreitet, aber wenig Ordnung Deutschland, sondern auch in unseren Nachbar- und Wettbewerb auf den Energiemarkt gebracht. ländern. Sie hat die Sache meiner Ansicht nach noch wei- ter verschlimmert. Die neue Große Koalition Auf unserer Agenda steht heute die Energiewen- muss das deutlich besser machen. Ich hoffe, dass de – zusammen mit Europa eines der wichtigs- sie das nicht so verstolpert, wie die Anfangsmo- ten Themen der nächsten Jahre überhaupt, denn

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nate ihres Bestehens, als sie einige Themen nicht sich am EEG nichts grundsätzlich ändert, wird gerade in guter Form behandelt hat. der Subventionsbedarf noch weiter steigen.

Der Schlüssel zu Erfolg und Misserfolg ist mei- Im Koalitionsvertrag lese ich: „Die Koalition nes Erachtens das EEG. Herr Steltzner, Sie haben strebt eine schnelle und grundlegende Reform in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ die des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) an ...“ EEG-Umlage kürzlich als „Subventionsmonster“ Man kann nur sagen: Gut gebrüllt, Löwe! bezeichnet. Dann lese ich weiter: „Mit der grundlegenden Das, was wir dort über weite Strecken erlebt ha- Reform, auf die wir uns verständigt haben, wol- ben, hat mit Wettbewerb wenig zu tun. Das ist len wir Ausmaß und Geschwindigkeit des Kos- Planwirtschaft übelster Art. tenanstiegs spürbar bremsen ...“ Völlig richtig! Aber dann lese ich an anderer Stelle: „Die jetzt Über eines brauchen wir uns hier nicht zu strei- geltende Regelung“ – bei der Photovoltaik – „hat ten: Wir brauchen die Energiewende. Wir brau- sich bewährt und wird beibehalten.“ Was soll chen die Energiewende so nötig wie die Luft man denn davon halten? Was stimmt denn: Das zum Atmen. Wir müssen weg von den fossilen Erste oder das Zweite? Ganz offenbar folgt die Brennstoffen, weg vom Verbrennen, schon um Große Koalition dem Motto: Wasch mir den Pelz, die Umwelt nicht noch weiter zu belasten. aber mach mich dabei bitte nicht nass!

Und noch etwas ist völlig unstrittig: Wir müs- Im Koalitionsvertrag lese ich weiter: „Ziel der sen aus der Atomenergie aussteigen. Es gibt für Koalition bleibt es, bis zum Jahr 2050 einen nahe- sie keine politische Akzeptanz, kein Vertrauen zu klimaneutralen Gebäudebestand zu haben.“ mehr, zumindest nicht in unserem Land. Und Das ist ein hohes Ziel. Dem kann man natürlich ich bin froh darüber. Ich muss bekennen: Ich bin nur zustimmen. Allerdings konnte uns noch nie- selbst erst seit einigen Jahren bekehrt. Ich habe mand darlegen, wie man den Gebäudebestand immer auf Atomkraft gesetzt und darüber auch saniert ohne eine akzeptable steuerliche Aner- geschrieben. Aber die Verhältnisse zeigen, dass kennung. Die bisherige Möglichkeit einer Zins- die, die bereits am Anfang dagegen waren, Recht subvention stellt sich angesichts der niedrigen behalten haben. Man muss in der Politik auch zu- Zinsen als kein probates Mittel mehr dar; denn geben, wenn man mal auf einem falschen Weg noch geringere Zinsen kann man ja gar nicht war. nehmen.

Wir müssen also auf erneuerbare Energien set- Im Übrigen gibt es nur die Möglichkeit, über ein zen. Das ist ein Gebot der ökologischen, aber Abschreibungsmodell die notwendige und wirk- auch der ökonomischen Vernunft. Wir haben da- lich anhaltende Sanierung durchzuführen. Jeder bei nur ein Problem: Das ist der Faktor Zeit. Euro Investition in der Bauwirtschaft ist geeig- net, acht weitere Euro Investitionen nach sich zu Mit dem EEG haben wir viele Subventionen in ziehen. Letztlich bezahlt es sich selbst. den Ausbau der erneuerbaren Energien gepumpt. Der Prozess verlief viel schneller, als wir uns das Insgesamt sehe ich derzeit nicht die Bereitschaft, vorgestellt haben. Jetzt erzeugen wir Energie das Ruder wirklich herumzuwerfen und markt- aus erneuerbaren Quellen teilweise zur falschen wirtschaftliche Prinzipien zu verfolgen. Das mag Zeit und teilweise auch am falschen Ort. Energie auch an den Nutznießern dieser Fehlentwick- hoch subventioniert, aber nicht immer absetzbar! lung liegen: den Besitzern großer Lagerhallen, Denn dafür fehlt uns die Infrastruktur, fehlen den Einfamilienhausbesitzern, aber auch an vie- uns die Leitungen, fehlen uns die Möglichkeiten, len Landwirten. Wenn man Deutschland über- die erzeugte Energie zu speichern. fliegt, sieht man in manchen Regionen gar nicht mehr die Farbe der Dächer, sondern nur noch die Also: Es wird noch Jahrzehnte dauern, bis die Photovoltaikanlagen auf den Dächern. erforderlichen Voraussetzungen für die Speiche- rung und Weiterleitung von Energie aus erneuer- Das will man natürlich nicht einfach aufgeben. baren Quellen geschaffen sind. Das heißt: Wenn Dafür habe ich Verständnis. Aber das ist trotz-

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dem ein Ärgernis. Denn wer bezahlt das Gan- sagen müssen, dass die Subventionierung redu- ze? Es ist wieder einmal der sogenannte „kleine ziert werden muss. Aber wer hat schon den Mut Mann“, der ganz normale Steuerzahler und Ver- dazu? Ich glaube nicht, dass der Mut aus Bayern braucher. Er zahlt die Zeche und hat im Grunde kommt, wo es wahrscheinlich die meisten Solar- genommen nicht viel davon. anlagen gibt.

Des Weiteren gibt es im EEG für energieintensi- Aber ich habe die Hoffnung, dass wir mit der ve Betriebe großzügige Ausnahmegenehmigun- Podiumsrunde, die wir hier heute haben, einen gen. Ich halte das im Grundsatz auch für richtig Schritt weiterkommen. Ich darf die Diskutanten – jedoch unter einer Voraussetzung: dass diese vorstellen. Betriebe im internationalen Wettbewerb stehen. Dann ist es völlig klar, dass man das machen Ich freue mich, Hildegard Müller bei uns zu Gast muss; denn wir können mit den hohen Energie- zu haben. preisen, die wir hier haben, nicht mit der billigen Atomenergie konkurrieren. Aber in letzter Zeit (Beifall) wird die Zahl derer, die wir unterstützen, immer größer. Dabei stehen viele von denen nicht im in- Sie ist Hauptgeschäftsführerin des Bundesver- ternationalen Wettbewerb. bandes der Energie- und Wasserwirtschaft. Vor- her war sie Staatsministerin im Bundeskanzler- Dieses Subventionsunwesen hat inzwischen amt und Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis auch die EU-Kommission auf den Plan gerufen. Düsseldorf-Nord, meine direkte Nachfolgerin. Manchmal ist sie nützlich; das kann man in die- Sie hat Karriere gemacht, ich bin nur Präsident sem Zusammenhang wohl sagen. geworden.

Es gab viele Beschwerden, einige davon sogar (Heiterkeit und Beifall) aus Deutschland. Einige kamen von den kleinen und mittelständischen Betrieben, denen Subven- Also: Herzlich willkommen, Hildegard! tionen nicht zuerkannt wurden bzw. zuerkannt werden und die deshalb unter Wettbewerbsver- Ganz herzlich begrüße ich auch Herrn Reiner zerrungen zu leiden haben. Priggen, den Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Düsseldorfer Landtag. Ich will das hier einmal ganz pauschal sagen: Wir brauchen mehr Marktwirtschaft, wir brau- (Beifall) chen mehr Wettbewerb. Einen nennenswerten wirtschaftspolitischen Kurswechsel vermag ich Ich darf sagen: ein großer Freund des Hand- aber bis heute nicht zu erkennen. Folge: Die werks. EEG-Umlage wird weiter steigen, wenn auch vielleicht nicht mehr ganz so stark – es sei denn, Ich freue mich, dass wir heute wieder einmal Ge- man verlagert die Finanzierung auf die nächste legenheit haben, die Sachkenntnisse eines sehr Generation. Diesen Vorschlag hat ja Frau Aigner renommierten Ökonomen zu hören. Ich begrüße gemacht. Ich kann ihr nur empfehlen, dass sie Herrn Professor Haucap ganz herzlich. zur Landwirtschaft zurückkehrt. (Beifall) Das „Handelsblatt“ hat neulich wie folgt kom- mentiert: Das Geld wird nicht mehr in Kübeln Er ist der Chef des Düsseldorfer Instituts für zum Fenster hinausgekippt, sondern nur noch Wettbewerbsökonomie, einer der hoffnungsvol- mit Schaufeln. – Ich finde, das trifft den Punkt. len – ich darf immer noch sagen – jungen Öko- nomen, die wir haben, der aber schon sehr viel Angesichts dessen stellt sich mir die Frage: Wie erreicht hat. Nochmals herzlichen Dank, dass Sie kommen wir aus der beschriebenen Schieflage zu uns gekommen sind! heraus? – Ich kann hier auch keine Lösung nen- nen. Wir brauchen eine Lösung, die viel Mut verlangt von den handelnden Politikern, weil sie

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Das Handwerk ist hier kompetent vertreten: Ich Podiumsdiskussion begrüße meinen Freund und Kollegen Lothar Hellmann. Moderator Holger Steltzner, Mitherausgeber der „Frankfurter (Beifall) Allgemeinen Zeitung“: Lieber Professor Schulhoff, herzlichen Dank für Er ist Diplom-Ingenieur, Vorsitzender des Fach- die freundliche Einführung! verbandes Elektro- und Informationstechnische Handwerke Nordrhein-Westfalen. Zudem hat Meine Damen und Herren! „Wie kann die Ener- er ein bedeutendes Unternehmen, das wir gerne giewende noch gelingen?“ Diese Frage ist uns allen zeigen, die zur Handwerkskammer Düssel- aufgegeben. Professor Schulhoff, Sie haben es dorf kommen und einen modernen, innovativen gesagt: Wir sind wohl alle der Meinung, dass die Betrieb sehen möchten. Und er ist Mitglied des Energiewende gelingen muss. Denn alles andere Vorstandes der Handwerkskammer Düsseldorf. wäre ein Desaster. Lothar, herzlich willkommen! Aber ob wir die Frage, wie sie noch gelingen (Beifall) kann, wirklich beantworten werden, das muss die Diskussion zeigen. Auf jeden Fall möchten Viele Jahre lang hat Günther Nonnenmacher von wir Sie alle schon jetzt herzlich einladen, sich an der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unser Drei- der Debatte zu beteiligen. königsforum moderiert. Er konnte heute wegen einer eigenen Veranstaltung nicht kommen. Ich Eine Billion Euro werde die Energiewende kos- freue mich, dass er einen seiner Herausgeberkol- ten, sagte der frühere Umweltminister Peter Alt- legen für diese Aufgabe gewinnen konnte. Be- maier in einem Gespräch mit der „FAZ“. Sofort grüßen Sie mit mir unseren heutigen Moderator, nach unserem Interview machte sich Jürgen Trit- Herrn Holger Steltzner. tin von den Grünen über Altmaier lustig, als er von „Märchenpeters Rechenkünsten“ sprach – (Beifall) ausgerechnet der frühere Umweltminister Trit- tin, der als Erfinder des Erneuerbare-Energien- Herr Steltzner ist natürlich kein Unbekannter. Er Gesetzes gilt und 2004 versprochen hatte, die betreut auch unser Röpke-Symposium. Energiewende werde den Bürger nicht mehr als eine Kugel Eis pro Woche kosten. Das Schlusswort spricht später Andreas Ehlert, Vizepräsident des NWHT und Präsident der Die Realität sieht anders aus. Ökostrom kostete Arbeitgeber des nordrhein-westfälischen Hand- 2013 jeden Bürger 240 Euro, eine vierköpfige Fa- werks. Herzlich willkommen! milie also knapp 1.000 Euro. Aus einer Kugel Eis wurde eine Monatsmiete. (Beifall) Dennoch wollte Herr Trittin mir in einem Ge- Ich bedanke mich bei Ihnen allen für Ihre Auf- spräch weismachen, die Energiewende sei auf je- merksamkeit und wünsche uns einen schönen, den Fall ein gutes Geschäft, das EEG sei auf jeden produktiven Nachmittag, an dem wir hoffent- Fall ein gutes Geschäft, weil doch die Preise für lich die Erkenntnisse bekommen werden, die wir Öl und Gas nur eine Richtung kennen würden, brauchen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerk- nämlich nach oben. samkeit. Aber auch das gilt nicht mehr. Wir erleben in Amerika das Gegenteil: Dort hat sich durch das ökologisch strittige Fracking der Gaspreis gedrit- telt, und dort sind obendrein die Kohlendioxid- emissionen so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr – während der selbsternannte Klimamus-

terschüler Deutschland mehr CO2 ausstößt als je

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zuvor, denn im Rahmen der Energiewende wird Ich will also dafür werben, dass wir einen lan- mehr Kohle für die Stromproduktion eingesetzt. gen Atem haben. Wir brauchen politisch, wir brauchen aber auch gesellschaftlich einen langen Seit der Eurokrise jonglieren wir ja mit Milliar- Atem. den, sind das also gewohnt. Aber eine Billion ist unvorstellbar viel. Das ist die Hälfte der deut- Wir stehen noch am Anfang von ganz vielen Ver- schen Staatsschulden, die allerdings nicht in nur änderungen. Da ist zurzeit natürlich die finanzi- zwei Legislaturperioden, sondern über Generati- elle Dimension sehr im Fokus. Aber es wird wei- onen hinweg aufgebaut wurden. tere Zielkonflikte geben können.

Kein Wunder, dass Bundeskanzlerin Merkel die Die Sicherheit der Energieversorgung, die Ver- Reform des EEG als eines ihrer wichtigsten Vor- sorgungssicherheit, die früher überhaupt nicht haben für ihre dritte Amtszeit nennt. zur Disposition stand, die einfach gewährleistet war, ist eine große Herausforderung in einem Um die uns gestellte Frage „Wie kann die Ener- dezentralen System mit fluktuierenden Energien, giewende noch gelingen?“ ringt also das ganze die nicht mehr rund um die Uhr an jedem Ort zur Land. Bevor wir uns an der Antwort versuchen, Verfügung stehen. sollten wir vielleicht erst einmal Bilanz ziehen. Es können neue Konflikte auftreten. Wir erleben Frau Müller, Sie haben bestimmt den besten das bei vielen Bürgerinitiativen, die sich grün- Überblick. Wo stehen wir mit der Energiewende den. Manchmal geht der eine vom Widerstand eigentlich? Was bringt diese Wende für den Ver- gegen die Kernenergie über in den Widerstand braucher, die Unternehmen, die Versorger, aber gegen die Windenergie. Wir werden Flächenkon- auch die Investoren und die Haushalte? Also: kurrenzen bekommen: für Biomasseanlagen, für Wo stehen wir mit der Energiewende? Photovoltaikanlagen, für Windräder.

Ich will dafür werben, dass dieses Land gemein- Hildegard Müller, schaftlich an diesem Gemeinschaftsprojekt, das Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung und man sich vorgenommen hat, weiterarbeitet. Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft: So war es, glaube ich, sehr hilfreich, dass im Vielen Dank! Zuerst einmal möchte ich sagen, Deutschen fast fraktionsübergreifend dass ich mich natürlich sehr freue, wieder zu – bis auf die Stimmen der Linken-Fraktion – die Hause zu sein. Das gilt für Düsseldorf, das gilt Ziele der Energiewende beschlossen wurden, aber auch für das Handwerk. Sie wissen, dass was im Bundesrat bestätigt worden ist. Das ist ich in meiner politischen Karriere immer schon ein ganz wichtiges Momentum für ein solches sehr gute Gespräche und Kontakte mit dem Projekt, wenn sich eine Gesellschaft vornimmt, Handwerk hatte. Ich freue mich auch, dass Ener- bestimmte Anforderungen zu erfüllen. giewirtschaft und Handwerk heute in vielen Be- reichen eine ganz enge Partnerschaft haben. Des- Jetzt allerdings, drei Jahre danach, ist dieser Kon- halb vielen Dank für die Einladung! sens an vielen Stellen brüchig. Wir laufen auch Gefahr, in einigen Bereichen wieder in alte ideo- „Wo stehen wir?“ muss man fragen, wenn man logische Debatten zurückzufallen, zumindest in 2010 Ziele der Energiewende beschließt und die Diskussionsmuster. Energie war schon immer auf 2050 hin definiert. Um das noch mal in den ein Thema, das die Leute extrem emotionalisiert Blick zu nehmen: Wir wollen 2050 80 Prozent hat. Ganze Parteien, Herr Priggen, haben sich erneuerbare Energien haben, 80 bis 95 Prozent über diese Frage gegründet.

CO2-Reduktion, Einsparungen, Effizienzsteige- rungen und anderes mehr. Wir werden einen Weg finden müssen, dass wir mit Herausforderungen und Veränderungen, Ich sage das deshalb, weil es ein bisschen so ist, die im Laufe der Energiewende immer kommen als ob man den Marathonläufer bei Kilometer werden – zum Beispiel durch Forschung und vier fragt, wie der Lauf denn ausgehen wird. Entwicklung –, umgehen und in der Diskussi-

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on nicht immer wieder bei null anfangen: Warst Das hört sich alles sehr abstrakt an, lässt sich aber du immer schon dafür? Warst du immer schon im Laufe der Diskussion über die vielen Einzel- dagegen? – Das kommt mir manchmal vor wie teile der Gesetze herunterbrechen. bei alten Ehepaaren, die sich seit 30 Jahren über irgendeine Frage streiten. Wir sollten stattdessen Ich kann nur alle Beteiligten auffordern, sich ein sagen, welche Herausforderungen es gibt und Stück konstruktiver in diese Debatte einzubrin- wie wir schnellstmöglich darauf reagieren kön- gen. Wir haben jetzt eine neue Bundesregierung. nen. Es steht eine Menge an. Der Koalitionsvertrag beschreibt die Herausforderungen. Er ist aber in Dann sind wir ganz konkret bei vielen Themen. den Lösungen, die er anbietet, nicht mutig. Er ist Wenn diese Ziele gesellschaftlicher Konsens in vielen Bereichen zaghaft, was die Instrumente sind, dann sollten wir uns auf den Streit über die angeht. Deshalb gibt es Riesenhandlungsbedarf. Instrumente verlagern. Das ist ja die zentrale Fra- Ich würde sagen: Die Energiewende ist sicher ge, die Wolfgang Schulhoff schon angerissen hat. eines der zwei, drei wichtigsten Themen, die in Die Energiewende kann und wird für Deutsch- dieser Legislaturperiode politisch zu bewältigen land nur dann ein Erfolg und ein Erfolgsmodell, sind. wenn wir sie so effizient wie möglich gestalten. Deshalb müssen wir um die Instrumente ringen. Moderator Holger Steltzner: Wir müssen schauen: Wo kommen wir in neue Herr Priggen, noch einmal zu diesem griffigen Phasen bei der Förderung der Erneuerbaren Vergleich zwischen Eiskugel und Monatsmie- Energien? Waren die Anschubfinanzierungen te: Dazwischen liegen ja Welten. Gerade diese richtig? Über lange Zeit hätten wir die Erneu- Woche hat der Initiativkreis Ruhr eine Umfrage erbaren schon viel stärker in den Wettbewerb von Forsa vorgelegt, der zufolge 73 Prozent der stellen können, ich glaube, noch nicht zu 100 Befragten die Energiewende inzwischen kritisch Prozent, aber wir müssen auf einen solchen Weg sehen. Im Ruhrgebiet sind laut dieser Umfrage kommen. 62 Prozent der Bürger nicht mehr bereit, wegen der Energiewende immer höhere Strompreise Wir müssen die konventionelle Energieerzeu- hinzunehmen. gung umstellen, ein ganz wichtiges Thema. Wenn uns dieses gemeinsame Projekt in einer Das Thema „Wärmemarkt“ ist ein „schlafender gemeinsamen Anstrengung gelingen soll, brau- Riese“ der Energiewende. 40 Prozent der Emis- chen wir die Akzeptanz der Bevölkerung. Also: sionen kommen aus dem Wärmemarkt. In der Wie können wir die Akzeptanz der Bevölkerung letzten Legislaturperiode ist im Vermittlungs- sichern, damit die Energiewende doch noch ge- ausschuss über 18 Monate ein Gesetz hängen ge- lingen kann? blieben, mit dem wir das Thema „Wärmemarkt“ entscheidend hätten voranbringen können. Wir streiten also wieder auf die bewährte Art und Reiner Priggen MdL, Weise und sind nicht auf der Suche nach Effizi- Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die enz. Grünen im Landtag von Nordrhein/Westfalen: Als Erstes sollten wir, finde ich, die Energiewen- Für ein Industrieland wie Deutschland kann de nicht schlechtreden. Es ist eine Titanenleis- die Energiewende nur dann ein Erfolg werden, tung. Das, was als konsensuales Ziel von Herrn wenn wir beweisen, dass sie nicht zum Verlust Professor Schulhoff und auch von Frau Müller von wirtschaftlicher Kraft führt, dass sie nicht zu beschrieben worden ist und was sich durch alle Wohlstandsverlusten führt, dass sie für die Men- Jahre der Kanzlerschaft von Frau Merkel in un- schen gangbar und akzeptabel ist, wenn wir ein terschiedlichen Koalitionen durchzieht, ist, dass Stück Lebenswirklichkeit einpreisen und trotz- wir innerhalb von 40 Jahren, also bis 2050 – inner- dem ambitionieren wollen. halb einer Generation –, die Energieversorgung in der Bundesrepublik grundsätzlich umstellen wollen in Richtung erneuerbar und nachhaltig. Das ist Konsens.

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Jetzt wird klar, dass es eine Titanenaufgabe ist, in einer Prozesssituation, die sehr, sehr heraus- nicht nur in der Hinsicht, dass sich bestimmte fordernd ist, drei Jahre lang Streit erlebt haben. Gesetze, Mechanismen, Techniken entwickeln, Wenn Herr Altmaier einen vernünftigen Vor- sondern auch im Management. Wir werden im- schlag gemacht hatte, ist eine halbe Stunde später mer wieder nachjustieren müssen. Wir werden das Dementi von Herrn Rösler gekommen. immer wieder berücksichtigen müssen, dass Fehler und Irrtümer passieren können. Ich weiß, Herr Schulte, dass wir bei der Netz- agentur mal darüber diskutiert haben, die Pen- Für mich gehört dazu, dass wir als Erstes ehr- sionsfonds und Lebensversicherer mit einer lich und klar sagen: Warum stehen wir heute in garantierten Rendite am Ausbau der Netze zu einer sehr aufgeladenen, emotionalen Debatte? beteiligen. Heute würden Sie sagen: Dafür bau- Das fand ich spannend beim Beitrag von Herrn en wir die Netze, die Autobahnen und alle Infra- Professor Schulhoff eben: Es geht immer um die strukturen. Solartechnik, es geht um das EEG. Aber welche Baustellen haben wir heute? Wie soll ein Strom- Es ist aber nichts passiert, als den markt aussehen, wenn die Erneuerbaren über die Vorschlag gemacht hat – außer dem sofortigen 25 Prozent der Einführungsphase hinausgehen, Dementi durch den Bundeswirtschaftsminister. systembestimmend werden, in zehn, fünfzehn Jahren systemdominant werden? Dann sieht das Jetzt sind wir in der Situation – objektiv; wir alles anders aus. Es geht nicht nur um eine Tech- hätten ja auch eine andere Konstellation haben nik. Und es würde sich nichts an den Problemen können –, dass diejenigen, die in Berlin regieren ändern, wenn Sie sagen: Ab morgen wird keine müssen, die Aufgabe haben, sowohl das EEG zu Solarzelle mehr gebaut. Insofern sollte man kein novellieren – ich will überhaupt nicht bestreiten, falsches Gefecht führen. dass wir da Änderungsbedarf haben, dass da Überförderung drin ist – als auch den weiteren Wir müssen auch ehrlich sagen: Wir haben Jahre Weg zu beschreiben. Es würde uns überhaupt verloren. Wir haben, als der erste Atomausstieg nichts nützen, wenn wir alles, was wir an Tech- von Rot-Grün beschlossen wurde, auf der Seite nologie, an Know-how, an Arbeitsplätzen aufge- von RWE und dann leider auch auf der konserva- baut haben, völlig kaputt gehen lassen würden. tiv geführten Seite das Versprechen gehabt, die- Das wäre ein Riesenfehler, weil ich glaube, dass sen Ausstieg nach dem nächsten demokratischen es langfristig gar keine Alternative gibt. Wechsel rückgängig zu machen. Dann haben ei- nige große Unternehmen nichts mehr gemacht, Die Herausforderung liegt darin, den Emissions- nichts weiterentwickelt. Ein Teil der Probleme, handel wirksam zu gestalten. Er war angelegt als die wir heute haben, sind auch auf diese zehn Emissionshandel, aber leider mit überdimensio- verlorenen Jahre zurückzuführen. nierter Verteilung von Emissionsrechten. Das hat zu genau den Problemen geführt, die wir jetzt Dann hat es die Wunschkonstellation CDU/CSU haben: Die modernsten Gaskraftwerke werden und FDP in der Bundesregierung gegeben. Es stillgelegt, und die Braunkohle läuft wirklich bis hat die Wende von der Wende beim Atomaus- zur letzten Stunde. Wir wenden viel Geld auf stieg im Oktober 2010 gegeben. Kurz danach ist für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Katastrophe in Fukushima in Japan passiert, bekommen beim Klimaschutz real Jahr für Jahr die noch lange, lange nicht zu Ende ist; da wer- schlechtere Ergebnisse. den wir noch vielen, vielen Problemen begegnen. Danach – das ist jetzt eines der Hauptprobleme, Die ganz entscheidende Frage lautet: Wie sieht die wir aber auch lösen müssen – hat die Bun- ein Strommarkt, ein Strommarktdesign aus? Wie desregierung die Arbeit an der Energiewende schaffe ich es, das, was ja einen Wert hat, nämlich eingestellt. die Versorgungssicherheit herzustellen, diese bei volatilen Erneuerbaren, die weiter zunehmen, in Gucken Sie sich nur mal an, wie die Zahl der von einen vernünftigen Preis zu bringen und diese der EEG-Umlage teilweise befreiten Unterneh- nicht überdimensioniert an die ältesten Kraft- men gestiegen ist. Die hat sich innerhalb von drei werke zu zahlen? – Das ist die Aufgabenbeschrei- Jahren verdreifacht. Es rächt sich jetzt, dass wir bung.

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Die Redner des Dreikönigsforums: Andreas Ehlert, Lothar Hellmann, Holger Steltzner, Hildegard Müller, Reiner Priggen MdL, Professor Dr. h.c. Wolfgang Schulhoff, Professor Dr. Justus Haucap (von links nach rechts)

Ich glaube, die Zeiten waren noch nie so span- milie und 4.500 Kilowattstunden – was noch zu nend. Wir warten alle – ich bin ja auch bei Herrn viel ist, was ich gestehe – gemacht. Dann bin ich Almunia und Herrn Oettinger gewesen – auf die bei ungefähr 220, 230 Euro für meine Familie. Vorschläge, die die Bundesregierung macht, die in den Häusern vorbereitet werden. Wir Grüne Ich habe dazu sofort Herrn Haucap gefragt. Der werden das natürlich – weil wir jetzt in sieben sagt: Ja, Sie müssen aber rechnen, was insgesamt Bundesländern mitregieren – begleiten. ausgegeben wird. Ich kann nachrechnen, was ich als Einzelner bezahle, weil das sauber ausgewie- Ich kann nur dafür werben, dass der Kompro- sen wird. Dann bin ich bei etwa 230 Euro für eine miss, der gefunden wird – das erfordert auch ganze Familie und nicht pro Person. Er rechnet von uns Kompromissbereitschaft –, breiter ist als anders. Insofern sollten wir bei allem, was wir nur bezogen auf die beiden Regierungsparteien, rechnen und uns vorhalten, wirklich genau hin- weil wir sonst nämlich wieder vor der Frage ste- gucken. Man macht damit ja immer wieder Stim- hen würden: Gilt die Lösung auch noch in drei mung. Es nützt uns aber nichts, das ganze Thema Jahren, nach der nächsten Bundestagswahl? Der schlechtzureden. endgültige Atomausstieg 2012 war ein vernünf- tiges Beispiel dafür, einen ganz breiten Konsens Ich ärgere mich, dass im Ruhrgebiet – wie es in zu suchen. den letzten Tagen auch mit der Karawane der 16 Bürgermeister geschehen ist – insgesamt wieder Das ist die Aufgabe, die vor uns liegt. Wir warten der Eindruck entsteht, Nordrhein-Westfalen sei auf die Vorschläge, die die Bundesregierung an in dem ganzen Prozess schlecht aufgestellt und der Stelle macht. könne nur als Bittsteller nach Berlin gehen. Das wird vermittelt. Bei allem legitimen Interesse der Zahlenbeispiele sind immer sehr schön. Sie ha- Bürgermeister an einer besseren Finanzausstat- ben eben vorgerechnet, Herr Steltzner, was eine tung: Im Dezember 2013 hat in den Niederlanden vierköpfige Familie zahlt: 240 Euro pro Person, ein Aluminiumbetrieb Insolvenz angemeldet, 1.000 Euro pro Familie. Ich habe jetzt einfach mal weil unsere Strompreise für die Aluminiumindu- eine Rechnung über 5 Cent die Kilowattstunde strie so günstig sind, dass aus Wettbewerbsgrün- im abgelaufenen Jahr für meine vierköpfige Fa- den in den Niederlanden 10 Euro je Megawatt-

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stunde mehr bezahlt werden müssen. Man muss eigentlich immer drei Ziele festgehalten: Preis- also auch immer sehen, dass das interessenge- günstigkeit, Umweltschutz und Versorgungssi- leitete Argumentationen sind. Daher sollten wir cherheit. Aber wie sind diese Ziele nun ausge- uns zusammen auf den Prozess konzentrieren, staltet? der vor uns liegt und schwierig genug wird. Wohldefiniert sind die Ziele beim Umweltschutz. Da wissen wir ziemlich genau, was wir wollen. Moderator Holger Steltzner: Erstens wollen wir raus aus der Atomenergie. Aber natürlich beunruhigen die steigenden Das wird auch gelingen; daran habe ich relativ Strompreise die Menschen, lassen die Akzeptanz wenig Zweifel. der Energiewende schwinden. Professor Schul- hoff hat ja eingangs die Frage aufgeworfen: Brau- Als zweites wollen wir – so versteht es auch die chen wir nicht mehr Markt, haben wir nicht eine Monitoringgruppe zur Energiewende – etwas für Planwirtschaft? Dazu ein kurze Rekapitulation den Klimaschutz tun. Nun können wir aber den und dann eine Frage an Sie, Herr Haucap. Klimawandel nicht in Deutschland allein auf- halten. Wir werden den Klimawandel vielmehr Das EEG ist in meinen Augen ein Musterbeispiel nur dann wirksam begrenzen können und das dafür, wie ein Staatseingriff in einen Markt den Zwei-Grad-Ziel möglicherweise halten, wenn nächsten Staatseingriff nach sich zieht. Wegen nicht nur in Deutschland eine Energiewende des zu schnellen Ausbaus von Wind- und So- stattfindet, sondern wenn es auch noch andere laranlagen kann unser deutsches Stromnetz die Länder auf der Welt geben wird, die etwas Ähn- Produktionslast an sonnigen, windigen Sommer- liches machen. Deutschland ist viel zu klein, um tagen nicht tragen, und die Solar- und Windpark- den Klimawandel allein zu beeinflussen. Ohne betreiber bekommen Geld dafür, dass sie ihre Mitstreiter wird sich klimatechnisch überhaupt Anlagen abschalten, also Geld fürs Nichtstun. nichts tun. Die Energiewende ist gescheitert, Und an trüben Wintertagen, an denen die Sonne wenn wir keine Nachahmer finden. Wir müssen nicht scheint, der Wind nicht weht, müssen die also Nachahmer finden, damit die Energiewende Versorger auch die alten Braunkohlekraftwerke gelingt. weiter einsetzen, die sich nicht rechnen. Der Staat soll diese Konzerne künftig auch fürs Nichtstun Man kann verschiedene Hypothesen aufstellen, bezahlen, dafür, dass sie Kapazitäten vorhalten, wie wir wohl Nachahmer finden werden. Meine die sich in der Regel nicht rechnen. Hypothese lautet: Wir finden Nachahmer, wenn wir demonstrieren können, dass das Ganze nicht Subvention folgt auf Subvention. Da stellt sich unglaublich teuer ist, nicht mit einem hohen Ver- natürlich die Frage: Wo soll das enden? Können lust an Arbeitsplätzen einhergeht und die Versor- wir die Energiewende mit mehr Planwirtschaft gung weiter gesichert ist. retten, Herr Haucap? Oder wie bringen wir mehr Markt hinein, um vielleicht auch das Preissignal Sollten wir hingegen demonstrieren, dass die als zentrales Instrument zu nutzen? Energiewende nur dann möglich ist, wenn das Ganze unglaublich teuer ist, wird es – das ist meine Befürchtung – keine Nachahmer geben. Professor Dr. Justus Haucap, Düsseldorf Institute for Das aber heißt, dass das Gebot der Preisgüns- Competition Economics (DICE), tigkeit, der Wirtschaftlichkeit, nicht nur wichtig Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf: ist, um die Akzeptanz hier in Deutschland, die Es gibt sicherlich eine ganze Reihe an Möglich- zu schwinden droht, zu retten, sondern auch, um keiten, wie man dort mehr Markt hineinbringen die Energiewende zum internationalen Vorzei- kann. Das ist im Bereich der erneuerbaren Ener- geprojekt zu machen – in der Hoffnung, dass es gien auch dringend notwendig, damit die Ener- dafür Nachahmer geben wird. Ohne Preisgüns- giewende tatsächlich gelingt. tigkeit wird es keine Nachahmer für die Energie- wende geben. Dessen bin ich mir absolut sicher. Warum ist das so? Der Wettbewerb an sich ist ja kein Selbstzweck. Für die Energiewende werden

Dialog Handwerk 1/2014 13 Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks

Wie können wir das schaffen? Bisher ist Wett- noch nicht überlebensfähig. Wir müssen noch ei- bewerb auf vielen Märkten immer ein probates nen „Schnaps“ auf den Marktpreis draufgeben. Mittel gewesen. Es gab ja schon vor der Koaliti- onsvereinbarung eine sehr intensive Diskussion Das kann über verschiedene Modelle funktionie- in Deutschland. Daran hat sich der BDEW stark ren. Es gibt das Prämienmodell, das vom Öko- beteiligt, die Monopolkommission – wir haben Institut befürwortet wird. Es gibt das Ausschrei- da teilweise etwas andere Vorstellungen als der bungsmodell, das von verschiedenen Teilen der BDEW –, auch das Freiburger Öko-Institut und Politik befürwortet wird, auch von Professor andere Institute. Bofinger. Es gibt dann einen Investitionskosten- zuschuss oder irgendeine andere Art von Zula- Aber es gab doch so etwas wie einen Konsens ge zum Marktpreis. In der Monopolkommission unter den Sachverständigen – vom Freiburger setzen wir auf ein Zertifikatemodell. Wer grünen Öko-Institut über den BDEW bis hin zur Mono- Strom erzeugt, erhält ein Grünstromzertifikat, polkommission, den Sachverständigenrat und das er separat verkaufen kann, wobei die Ener- die Deutsche Akademie der Technikwissenschaf- gieversorger verpflichtet werden, diese Zertifika- ten (acatech) und wen auch immer man aufzäh- te in einem vordefinierten und steigendem Um- len möchte –, dass wir so etwas brauchen wie fang nachzufragen. die sogenannte Direktvermarktung erneuerbarer Energien. Das heißt, dass jeder, der Strom erzeu- Über die Modelle kann man trefflich streiten. Die gen möchte oder jetzt neue Anlagen baut, um Hauptsache ist der Sprung zur Direktvermark- Strom aus erneuerbaren Energien zu erzeugen, tung. Dann sind wir schon mal ein großes Stück selbst die Verantwortung für die Vermarktung weiter. Danach können wir über die Feinheiten übernehmen muss. Das ist auf fast allen Märk- der Modelle streiten. Aber zur Direktvermark- ten üblich: Wer etwas produzieren und verkau- tung müssen wir kommen. Ansonsten fährt die fen möchte, der muss sich selbst um den Verkauf Energiewende vor die Wand – und zwar nicht kümmern. Wir müssen weg von der sogenann- nur hier, sondern auch, weil wir dann keine ten Produce-and-forget-Mentalität, bei der es mir Nachahmer finden werden. egal ist, ob irgendjemand braucht, was ich erzeu- ge – ich speise ein und bekomme die garantierte (Beifall) Vergütung. Moderator Holger Steltzner: Zu meinem Bedauern – das trifft es nicht –, zu Frau Müller, nicht nur, weil Sie gerade aus Berlin meinem Schrecken hat die Große Koalition noch gekommen sind, sondern auch, weil Sie in Ber- nicht mal diesen eigentlich unter Experten schon lin wunderbar vernetzt sind: Wissen Sie, warum vorhandenen Konsens in den Koalitionsvertrag dieser allgemeine Konsens „Direktvermarktung“ hineinschreiben können. Da steht nur sehr ab- doch keinen Eingang in den Koalitionsvertrag geschwächt: Ja, wir versuchen das mal mit der gefunden hat und man so – wie sagten Sie, Herr Direktvermarktung – und dann auch nur für die Haucap? – mutlos ist in dieser Hinsicht? allergrößten Anlagen. Man streitet sich dann um die Frage: Was ist, wenn ich meinen Windpark geschickt in viele kleine Anlagen aufteile? Muss Hildegard Müller: ich dann auch direkt vermarkten? – Der Koaliti- Entschuldigen kann ich diese Mutlosigkeit in onsvertrag ist ein mutloses Dokument! keinem Fall. Ich stimme Herrn Haucap da aus- drücklich zu. Ich glaube, es hat sich eine breite Ich habe aber noch Hoffnung; denn wir haben ja Front derer herausgestellt, die sagen: Das ist ein eine Große Koalition, wir haben also eine große Grundinstrument, mit dem wir in eine Richtung Mehrheit. Da sollte man den Mut haben, sofort gehen, wo sich auch die Erneuerbaren finanziell, zur Direktvermarktung zu kommen: Wer in Zu- aber auch systemisch – das ist genauso wichtig – kunft aus erneuerbaren Energien Strom erzeugen der Verantwortung stellen. Das ist in dem ei- möchte, der muss sich selbst darum kümmern, nen oder anderen politischen Lager noch nicht den zu verkaufen, und zwar zu Marktpreisen hundertprozentig Konsens, Herr Priggen. Aber plus „x“? Denn allein sind die Erneuerbaren zumindest in einer Großen Koalition kann man nicht sagen: Das war der oder der.

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Ein Problem des Koalitionsvertrages ist, dass da- Wie gesagt: Beide Gruppen waren in sich zer- ran zwar 15 Ministerpräsidenten mitverhandelt stritten. Es kam nicht ausreichend Druck von ei- haben, nun aber keine Konsequenzen gezogen ner politischen Seite. Erst in den letzten 24 Stun- werden. Das ist gerade bei dem Thema „Erneu- den ist über die Parteispitzen noch in einigen erbare“ eine ganz zentrale Frage. Wenn Sie die Punkten ein positives Maß an Konkretisierung in Länderpläne aufaddieren, kommen Sie auf 160 die Verhandlungen hineingekommen. Die Fach- Prozent Ausbauziele. arbeitsgruppen sind, finde ich, ihrem Auftrag in den Koalitionsverhandlungen nicht gerecht ge- Es gibt in diesem Koalitionsvertrag leider kei- worden. ne Aussage zu der Frage, wie die Bundesländer miteinander umgehen. Die EEG-Umlage hat mittlerweile mehr als das dreifache Volumen des Moderator Holger Steltzner: Länderfinanzausgleichs. Wenn ich Ihnen einmal Bevor wir zu dem Punkt „energetische Sanie- den Transfer unter den Bundesländern aufzeigen rung“ kommen: Ich habe Ihren zaghaften Wider- würde, sähen Sie, dass massive Interessen dahin- spruch gehört, was den Konsens anbelangt, Herr terstehen. Es gab kein Commitment der Länder. Priggen. Warum klemmt es bei genau dieser Fra- Das ist, glaube ich, die größte Herausforderung, ge? vor der wir stehen: das vernünftig zu gestalten, dass also nicht jeder überall so schnell wie mög- lich so viel wie möglich macht, sondern dass wir Reiner Priggen: das effizient machen, ein Optimum aus Netzaus- Mein Widerspruch ist nicht zaghaft, ich möchte bau und Standort der Erneuerbaren. nur höflich sein. Nur weil Sie drei der gleichen Meinung sind, kann ich ja nicht immer laut da- Schaute man dann auf die Koalitionsfraktionen zwischenrufen; das tut man nicht. selber, stellte man fest, dass beide Arbeitsgrup- pen in sich zerstritten waren. Durch beide Grup- Es ist doch ganz einfach: Wenn schon in der Gro- pen gingen Brüche zwischen Umwelt- und Wirt- ßen Koalition diejenigen, die das ausverhandeln, schaftspolitikern. Es ist keinem gelungen, diese bei dem Druck, der insgesamt da ist, nicht zu Brüche zu befrieden, zu schließen. einem Ergebnis kommen, dann kann es keinen Konsens gegeben haben. Es nützt auch nichts, Man muss verantwortlich mit dem Thema umge- wenn man behauptet, es habe ihn gegeben. hen und sagen: Natürlich muss weiter ausgebaut werden, aber es muss sich auch an der Fördersys- Wenn die Bundesregierung jetzt ankündigt – Frau tematik etwas ändern. Dieser Konsens ist nicht Müller kennt das doch aus ihrer Regierungspra- genutzt worden. Die Zielkorridore, die Zeitkor- xis –, uns Ostern einen Gesetzentwurf zur EEG- ridore, die im Koalitionsvertrag beschrieben Novelle vorzulegen, was wäre das schon für eine werden, sind viel zu lang. Man kann nur hoffen, Riesenleistung in den beteiligten Ministerien? dass es bei der Kabinettsklausur in Meseberg die Man muss sich entscheiden: Entweder macht Erkenntnis gibt, dass man die EEG-Reform we- man eine Novellierung des EEG, wie es im Koali- sentlich schneller durchziehen kann als im Ko- tionsvertrag steht, und führt die Direktvermark- alitionsvertrag beschrieben. Man muss sie auch tung zu einem späteren Zeitpunkt ein, oder man schneller durchziehen; ansonsten wird die Kos- macht noch mal wieder etwas ganz anderes, viel tenentwicklung so weitergehen. Weitergehendes. Dann werden wir Ostern aber keine Novelle vorliegen haben. Zur Wahrheit gehört aber auch: Billiger wird es in keinem Fall. Es kann in Zukunft nur nicht Ich gehe ganz pragmatisch davon aus: Es wird mehr so ungebremst viel teurer werden wie in eine Novellierung geben mit einer Absenkung der Vergangenheit. Wenn wir weiter zubauen der Preise. Die wird in Teilen deutlicher sein. wollen, wenn wir noch nicht hundertprozentig marktnah sind, gehört auch das zur ehrlichen Wenn man jetzt als Erstes die Direktvermarktung Aussage dazu. Aber umso mehr sind alle gefor- einführen würde, dann erklären Sie mir mal, wie dert, so schnell wie möglich etwas zu tun. jemand, der eine 3- oder 4-kWP-Photovoltaik- Anlage auf dem Dach hat, den Strom direkt ver-

Dialog Handwerk 1/2014 15 Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks

markten soll. Dann bricht sofort alles zusammen, Wir machen ein Fenster mit 500 oder 600 MW pro dann wird keiner mehr etwas machen. Jahr, damit nicht alle Investitionen, die an der Küste getätigt worden sind, sofort verloren sind. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie nicht Da sind Kapazitäten aufgebaut worden, Monta- Ausbauziele beschreiben, die Sie von mir aus et- geschiffe bestellt worden und anderes mehr, die was gebremst und gedämpft, aber kontinuierlich sich noch nicht rentiert haben. Wenn man das weiterverfolgen wollen. Ich habe das eben schon jetzt einstellt, gehen an der Küste alle Infrastruk- gesagt: Wir haben eine Verdreifachung der Zahl turbemühungen für Offshore Windkraft kaputt. der von der EEG-Umlage teilweise befreiten Un- Deswegen wird man die Ausbauziele absenken. ternehmen innerhalb von drei Jahren. Wir müs- Das halte ich auch für richtig. sen jetzt klarkommen mit dem, was vor drei Jah- ren angefangen wurde an die Wand zu fahren. Man wird es aber sicher nicht schaffen, 16 Bun- Wir kommen aus dieser Situation nicht heraus, desländern Einzelkontingente zu geben, indem auch nicht um den Preis, dass wir jetzt den gan- man beispielsweise sagt: Ihr dürft in NRW noch zen EEG-Ausbau auf null setzen. 300 MW Windkraft im Jahr erzeugen usw. Man sollte den weiteren Ausbau der Windkraft im Ich sage Ihnen jetzt etwas, da gehe ich weiter als Binnenland über den Vergütungspreis steuern. meine Partei: Der Vorschlag von Frau Aigner un- terscheidet sich von dem Vorschlag von Herrn Und dann müssen wir auch die Frage der Zur- Töpfer, der ja auch einen gemacht hat, sehr deut- Verfügung-Stellung von Reserveleistung beant- lich. Der Vorschlag von Herrn Töpfer hatte aus worten. Auch da wird es nicht sofort eine Lösung meiner Sicht auf der ganzen Grundlinie intelli- geben. Ich kann mir einen Kapazitätsmarkt so- gente Elemente. fort wünschen. Aber ich glaube – wir haben im Vorfeld ja viel darüber diskutiert –, es gibt von Es geht um die Einführungskosten des EEG; ich niemandem ein fertiges Modell, das sofort um- bleibe mal bei der Photovoltaik. Bei uns in Aa- gesetzt werden könnte. Also wird man mit dem chen waren das vor 15 Jahren 2 DM je Kilowatt- alten Mechanismus, den Herr Rösler schon an- stunde. Das sind jetzt plus/minus 10 Cent. Das gewendet hat, den man etwas verbessern kann, liegt unter dem, was die Briten anscheinend be- die nächsten zwei, drei Jahre überleben müssen, reit sind über 35 Jahre für neue Atomkraftwerke um in der Zwischenzeit ein neues Marktdesign zu bezahlen. Die Degression bei den Erneuerba- zu erarbeiten. ren ist sehr gut, sie ist ein Teil der Einführung einer neuen Technik in Richtung Markt. Diese Lernkurve müssen wir bezahlen, aber der weite- Moderator Holger Steltzner: re Ausbau wird deutlich billiger. Ausgangspunkt war ja die Überlegung: Wie können wir mehr marktwirtschaftliche Instru- Klaus Töpfers Vorschlag war klug. Er wollte, mente in ein planwirtschaftliches EEG-System dass man die Einführungskosten separiert und bekommen? Vielleicht über Direktvermarktung? über einen Altfonds bezahlt. Das, was jetzt in der Sie sagen nun: Das ist falsch. Wir müssen die In- Zukunft kommt, wird ja wesentlich billiger sein. vestitionen zumindest zum Teil auf die nächste Das ist von Frau Aigner leider anders übersetzt Generation überwälzen und eine Dämpfung mit worden, weil sie den Ausbau in der Zukunft in Blick auf die Zukunft vornehmen. – Wir haben einen Fonds hineinpacken wollte. Dann hat Herr auf der anderen Seite den Kapazitätsmarkt, zu Seehofer wie immer die rote Karte gezogen. Jetzt dem wir bestimmt nachher noch kommen wer- ist die Grundidee dieses Vorschlags, glaube ich, den. Dann wären wir das einzige Land, das sich leider politisch verbrannt. den Luxus erlaubt, zwei komplette Energiesyste- me nebeneinander zu betreiben. Da geht es dann Ich will nur sagen: Es gibt interessante und gute um die Frage Weltklima und Vorbildfunktion. Vorschläge. Wir können uns wohl nur nüchtern darauf einstellen, dass eine EEG-Novelle mit Jetzt sollten wir vielleicht doch noch die Kurve deutlich abgesenkten Preisen kommen wird. Sie bekommen in Richtung des großen, zentralen wird auch Offshore-Windenergie limitieren. Das Themas „Wärmemarkt“. Den haben wir vorhin ist ja der größte Kostentreiber. Man wird sagen: schon kurz angesprochen.

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Frau Müller, wollen Sie dazu direkt etwas sagen? Deshalb sage ich: Lassen Sie uns erst über Struk- turreformen reden – und dann über die Finanz- reform. Das ist mir ganz wichtig. Ich glaube, für Hildegard Müller: die Strukturreform gibt es mutige Modelle. Wir Zum Thema „Direktvermarktung“. Es hieß ja: wollen zum Beispiel nicht sofort ein Ausschrei- Das können die alle nicht. – 80 Prozent der Wind- bungsmodell, weil wir meinen, das überfordert energie sind bereits in der Direktvermarktung. die Erneuerbaren heute noch ein Stück. Aber Da sind Riesenpotenziale. Die können das so- auch das kann man pilotieren. Bestimmte größe- fort. Ob sie das wirtschaftlich immer so attraktiv re Einheiten sind besser geeignet, Windparks etc. finden, das fragt man auch andere Produzenten nicht. Also: Wind kann das sofort. Wir müssen beginnen. Im Koalitionsvertrag sind vom Zeithorizont her einige Dinge für die Auch Photovoltaik kann sich intelligent zusam- nächste Koalition beschrieben. Dafür gibt es null menschalten. Es gibt Stadtteilmodelle gerade in Rechtfertigung. Null! Ballungszentren. Da ist eine ganze Menge an Modellen und an Vorschlägen auf dem Markt. Da kann man auch gerne über Pilotierungen Moderator Holger Steltzner: usw. beginnen. Aber die Jahreszahl im Koaliti- Herr Hellmann, jetzt aber mal eine Stimme aus onsvertrag ist auf jeden Fall zu spät. der Praxis, aus dem täglichen Leben, sozusagen jenseits des politischen Streits. Wie sehen Sie das? Auch wenn das kompliziert ist: Es wird nicht besser dadurch, dass wir die Diskussion ein Jahr später beginnen. Wir können in diesem Jahr mit Lothar Hellmann, der Frage starten: Wie werden wir Versorgungs- Landesinnungsmeister Elektrotechnische sicherheit additiv sicherstellen? Ich bin da übri- Handwerke Nordrhein-Westfalen: gens ein bisschen positiver als andere. Ich glau- Ich finde, man muss die Energieversorgung und be, da sind gute Konzepte auf dem Markt. Wir das EEG bezogen auf die Erneuerbaren neu de- haben zum Beispiel dezentrale Modelle vorge- finieren. Meines Erachtens brauchen Kilowatt- schlagen, die eine ideale Kombination mit dem stunden, die nicht benötigt werden, erst gar nicht Ausbau der Erneuerbaren darstellen. erzeugt werden.

Wir diskutieren beim EEG über die Kostenver- Gerade wir im Handwerk, die wir als die Ener- teilung. Je mehr Ausnahmen wir bekommen, giemanager, als die Fachbetriebe für Energieeffi- umso ungerechter wird das Ganze. Wir disku- zienz gelten, sind prädestiniert dafür, Industrie, tieren jetzt auch über Fondsmodelle. Das kann Gewerbebetriebe, aber auch den normalen Ver- man alles machen. Ich will nur sagen: Einen Euro braucher zu beraten und Energieeffizienzmaß- günstiger wird es dadurch noch nicht. Eine an- nahmen in die Gebäude, in die Haushalte zu dere Verteilung ist volkswirtschaftlich gesehen bringen, damit die Stromkosten um die Differenz noch kein Effizienzgewinn, wenn ich das so sa- des EEG reduziert werden. gen darf. Wir haben unendlich viele Sparmöglichkeiten. Ich warte auch seit drei Monaten auf Antworten Das beginnt bei der Gebäudesanierung. Wenn von Herrn Töpfer, den ich wirklich sehr schät- ich die Fenster saniere, wenn ich die Dämmung ze, der in dieser Debatte viel vorangebracht hat. saniere, dann habe ich schon eine unheimliche Aber man muss auch sehr vorsichtig mit der Energieersparnis. Frage umgehen: Wo schafft man wieder steuer- liche Finanzierungen, die sich immer gerne als Das gilt aber nicht nur für die Gebäudeisolie- Verschiebebahnhöfe eignen? Diese Skepsis zieht rung, sondern auch für die Anlagentechnik. Wir sich ja quer durch: Wir haben die Ökosteuer, wir sind heute in der Lage, dafür zu sorgen, dass im- bremsen für die Rente und viele andere Dinge mer dann, wenn ein Fenster geöffnet wird, die mehr. Heizkörperventile zufahren.

Dialog Handwerk 1/2014 17 Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks

Wir haben Steuerungen für Beleuchtungsanla- Nachdem wir morgens damit zur Arbeit gefah- gen, die grundsätzlich nur noch dann eingeschal- ren sind, können wir sie tagsüber irgendwo an tet sind, wenn sich Leute in den Räumen aufhal- unserer Arbeitsstelle an einer Ladesäule aufla- ten, zum Beispiel in Bürogebäuden. Wir haben den. Der Strom dafür kann über eine Photovolta- heute LED-Beleuchtung, sparen darüber bis zu ikanlage eingespeist werden. Unsere E-Fahrzeu- 90 Prozent Energie. ge müssen mit grüner Energie fahren.

Wir haben heute zur Beheizung Wärmepumpen Wir sind als Energieeffizienzfachbetriebe un- und Wärmerückgewinnungsanlagen. terwegs. Wir modernisieren Heizungsanlagen. Schauen Sie sich Ihre Heizungsanlage zu Hause Wir bauen heute Häuser mit Niedrigenergiestan- an! Die Pumpe dort hat 70, 80 Watt und läuft die dard, die „nur“ noch mit Strom versorgt werden, ganze Zeit. Heute bekommen Sie eine frequenz- sogenannte Einenergiehäuser. abhängig gesteuerte Pumpe mit sieben Watt! Wenn Sie den Stromverbrauch ausrechnen, Herr Wir sprechen heute nicht mehr über die Photo- Priggen: Dann haben Sie die 240 Euro Mehrkos- voltaikanlagen der Anfänge. Auch ich habe auf ten für die EEG-Umlage allein bei Auswechse- meinem Gebäude eine Anlage, für die ich noch lung der Pumpen schon eingespart! die Einspeisevergütung von 50,6 Cent von vor zehn, 15 Jahren bekomme. Heute ist die Einspei- (Beifall) severgütung niedriger. Wir produzieren aber auch die Kilowattstunde – wie Herr Priggen ge- Das heißt, wir müssen von der Beratung her sagt hat – für viel weniger Geld. Heute ist der denken. Es gibt ein wunderbares Beispiel: das eigene über Photovoltaik erzeugte Strom sogar Green Building des Toom-Baumarkts. Ich will billiger als das, was wir beim Versorger zahlen. hier keine Werbung machen, aber die haben den

CO2-Ausstoß nach der Renovierung um über 30 Wir müssen die Photovoltaik heute managen. Prozent reduziert. Die haben eine tageslichtab- Managen können wir die aber nur mit Energie- hängige Steuerung. Die haben eine Steuerung speichern, Solarspeichern entweder in Form von der Heizung. Die messen die Besucherfrequenz; Lithium-Ionen-Akkus oder in Form von Nickel- entsprechend strömt Luft zu; also nicht einfach Cadmium-Akkus. Wir als Energiemanager spei- Thermostat an, Temperatur da. chern den Strom dann und waschen abends, wenn wir zu Hause sind, mit dem Strom, der Das sind alles intelligente Techniken, die uns als tagsüber geladen wurde. Handwerker prädestinieren, die Energiewende in die Hand zu nehmen. Wir sprechen heute über Wir brauchen meines Erachtens auch intelligente dichte Gebäude. Da gehört eine Wärmerückge- Netze im Verteilersystem und in unseren Häu- winnung hinein, also eine Lüftungssteuerung. sern, sogenannte Smart-Meter. Die sind in aller Ich habe letztens gelesen, dass besagter Baumarkt Munde. Das ist nichts anderes als ein intelligen- auf dem Dach eine Photovoltaikanlage mit 189

ter Zähler. Der intelligente Zähler, das intelligen- kWp hat. Da ist ein ständiger Verbrauch. Das gilt te Gebäude funktionieren aber nur, wenn wir auch für Lebensmittelmärkte, auch dort ist stän- auch einen lastvariablen Tarif haben und keinen diger Verbrauch vorhanden. Der Eigenverbrauch Standardtarif, der gleichbleibend ist, vielleicht bei diesen Photovoltaikanlagen liegt bei bis zu 80 abgestuft über Nacht. Prozent. Die brauchen den Strom nicht mehr zu vermarkten, die nutzen den selbst! Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir die Windenergie speichern können. Auch da werden Das Ganze ist meines Erachtens ein Markt für Versuche gefahren. Es existieren immer noch 1,4 uns alle, für das Handwerk ein Markt ohne Ende. Millionen Nachtspeicherheizungsanlagen. Diese Da müssen wir losmarschieren, gemeinsam nach können die volatile Windenergie speichern. vorne gehen. Dann werden wir die Energiewen- de schaffen. Da hoffe ich auf Ihrer aller Mittun. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir unsere E-Autos in den Markt bringen. Denn E- (Beifall) Autos sind nichts anderes als Energiespeicher.

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Moderator Holger Steltzner: Professor Dr. Justus Haucap: Herr Hellmann, das war wirklich ein Plädoyer Damit ist schon ein Punkt genannt. Ansonsten ist für die Energiewende, und zwar im Sinne von die Frage, warum nicht mehr in eigentlich pro- „Pack an, mach mit!“. Ich frage mich nur: Warum fitable Vorhaben investiert wird, natürlich viel- machen wir das denn nicht? Die Vorteile, die Sie schichtig und nicht monokausal auf einen Faktor aufgezählt haben, liegen doch auf der Hand: von zurückführbar. der Pumpe bis zum Eigenverbrauch. Ich will also fragen: Ist der Deutsche jetzt der Steuerfuchs, Natürlich stellt sich die Frage: Wie kann ich, der auf die Abschreibungshilfe wartet, der eine wenn ich nicht selbst Bewohner meines Eigen- Förderung will, bevor er den alten Kessel aus- heims bin, die Kosten auf meinen Mieter umle- tauscht? Oder woran liegt sein Verhalten? gen? Ein Immobilienbesitzer wird primär dann investieren, wenn die Investition nicht nur für Natürlich stellt sich die Frage auch an die Poli- den Mieter profitabel ist, sondern auch für ihn tik: Wir haben eine Koalitionsvereinbarung, aus selbst. Man muss natürlich auch fragen, inwie- der diese Förderung herausgenommen wurde. fern die Mietpreisbremse das möglicherweise Wir haben zig Milliarden für die EEG-Umlage, konterkariert. wir haben zig Milliarden für die hoch profitab- len Automobilhersteller – Daimler, Volkswagen, Es gibt Förderprogramme noch und noch, zum BMW –, die einen Elektroakku entwickeln sollen. Beispiel von der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Toyota macht das ohne Steuermittel. Wir haben An Förderung mangelt es da also wahrlich nicht. aber keine Milliarde für die Abschreibung, weil die Länder wieder mal – wie schon vor andert- In Einzelfällen mag der Grund Phlegmatismus halb Jahren im Bundesrat – blockieren. Also wie- sein. Wo wirklich Musik drin ist, also im Gewer- der mal eine Bund-Länder-Blockade! be, in der Industrie, wird allerdings auch schon unheimlich viel getan. Man kann durch ein x-be- An die Runde hier gefragt, Herr Haucap, Sie viel- liebiges Hotel laufen und wird dort kaum noch leicht vorneweg: Wenn das alles so vorteilhaft alte Glühbirnen finden. Die Hotels fordern ihre ist, wenn die Energiepreise so hoch sind, dass Gäste dreimal auf, die Handtücher bitte nicht ich mich darüber ärgere, was mir monatlich vom schon nach dem ersten Gebrauch auf den Boden Konto abgeht: Wozu brauche ich überhaupt die zu werfen, sondern sie mehrfach zu benutzen. Hilfe des Staates? Ich könnte doch einfach ein Das machen die natürlich aus Profitinteresse. Da bisschen mehr investieren und wäre glücklich. wird also viel getan. Dass man in jedem Unter- In Amerika hat Google gerade für einen Milliar- nehmen einen Energiesparbeauftragten benö- denbetrag Nest übernommen, einen Thermostat- tigt, wie die Europäische Kommission sich das hersteller, damit diese Steuerung bald über das vorstellt, daran habe ich meine Zweifel. Es gibt Android-System erfolgen kann. Also: Warum durchaus Anreize zur Energieeffizienz. kommt das nicht in die Gänge? Allerdings haben wir beim Wärmemarkt noch ein echtes Defizit. Eigentlich ist das wesentliche

Lothar Hellmann: Instrument des Klimaschutzes bei uns ja der CO2-

Ich möchte dazu kurz etwas sagen. Wir haben Zertifikate-Handel. Der begrenzt, wie viel CO2 in bei Gebäudeinvestitionen einen Riesenproblem: Gesamteuropa ausgestoßen werden darf. Der Wenn der Hauseigentümer investiert, hat der Wärmemarkt ist darin komplett nicht enthalten. Mieter den Vorteil der niedrigeren Energieko- Es gibt nach meinem Eindruck auch relativ we- sten. Das ist ein Problem. Wir brauchen natürlich nige Initiativen, den Wärmemarkt in den CO2- eine Anschubfinanzierung, vielleicht 10 Prozent Zertifikate-Handel zu integrieren, obwohl das Abschreibung. Das kommt zehnfach zurück; möglich wäre. Man wird natürlich sagen: Man denn die Wirtschaft floriert dann. Es muss auch kann doch nicht den einzelnen Hausbesitzer ver- möglich sein, über die Miete einiges mehr an In- pflichten, mit CO2-Zertifikaten zu handeln. Das vestitionskosten abzuwälzen. muss man aber auch nicht. Ich kann ja den Lie-

feranten der Brennstoffe verpflichten, 2 CO -Zer- tifikate vorzuhalten, die Heizöllieferanten, die Gaslieferanten. Nachtspeicherheizungen sind

Dialog Handwerk 1/2014 19 Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks

ironischerweise ohnehin in den CO2-Zertifikate- Moderator Holger Steltzner: Handel integriert, weil die ja über Strom laufen. Auch darüber wird nachgedacht. Aber das ist jetzt vielleicht ein zu spezielles Thema. Hier wäre noch Musik drin. Warum strengen wir uns dann nicht mehr an, den Wärmemarkt mit in Wahrscheinlich werden wir morgen als Aufma-

den CO2-Zertifikate-Handel zu integrieren? Das cher im Wirtschaftsteil eine neue Überlegung gilt auch für den Verkehrssektor, der in weiten der EU-Kommission haben, für den Emissions- Teilen verschont bleibt. Ausnahmen sind eigent- handel einen Preiskorridor einzuziehen. Wenn

lich der Luftverkehr, bei dem die CO2-Zertifika- dieser unterschritten wird, sollen Zertifikate aus te-Pflicht aber gerade wieder ausgesetzt wurde, dem Markt genommen werden. – Das nur am und die Bahn, da sie mit Strom fährt. Rande. Vielleicht wollen wir das später in der Diskussion noch streifen. (Hildegard Müller: Aber die Bahn ist EEG-Umlage-befreit!) Wir sind jetzt aber beim Emissionshandel und Sie ist EEG-Umlage-befreit, auch wenn überall richten den Blick vielleicht auch mal jenseits der

steht: 100 Prozent grüner Strom. Aber der CO2- deutschen Befindlichkeiten in die Welt hinein. Zertifkate-Preis ist im Strompreis der Bahn ent- Ich war neulich im Gespräch mit Herrn Eden- halten. hofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenfor- schung. Er berichtete, dass wir vor einer dritten Der motorisierte Individualverkehr ist allerdings Karbonisierungswelle der Weltwirtschaft stehen, nicht erfasst. Warum eigentlich nicht? Da wür- in einem Ausmaß wie noch nie zuvor. Das, was de man wieder sagen: Die einzelnen Autofah- in den Vereinigten Staaten nicht mehr an Koh-

rer können doch keine CO2-Zertifikate halten. le verbrannt wird, geht per Schiff nach China, Stimmt, das müssen sie aber auch nicht. Es reicht, Europa oder wohin auch immer und wird dort wenn die Raffinerien – davon gibt es in Deutsch- eingesetzt. Gleichzeitig setzen natürlich alle auch

land nicht so viele – verpflichtet werden, CO2- auf eigene Vorkommen. Der Kohlepreis ist we- Zertifikate nachzuweisen. gen des Überangebots auf den Weltmärkten noch stärker gefallen als der Gaspreis und der Ölpreis.

Im CO2-Zertifikate-Handel ist also noch viel Das heißt, es wird immer mehr Kohle eingesetzt. mehr Potenzial. Den könnten wir ausweiten. Das würde Anreize setzen, darüber nachzudenken, In der letzten Woche hat unser Korrespondent wie man Energie im Allgemeinen sparen kann. aus Peking einmal berichtet, wie es sich mit einer Wir hätten dann ein Instrument, das wir noch Familie mit kleinen Kindern in Peking lebt, wenn viel zu wenig nutzen. Das ist ein sehr marktwirt- man das Handy vor seinem Gesicht nicht mehr schaftliches Instrument, das ja – was das Schöne sieht. Meine Tochter ist im Moment in Schang-

ist – automatisch dort versucht, CO2 einzuspa- hai und berichtet mir, dass jeder auf die Anga- ren, wo es am günstigsten möglich ist. ben der amerikanischen Botschaft schaut. Bei uns gilt der Grenzwert 15 als gesundheitsbedenklich. Dafür müssten wir jetzt natürlich eine Reform Dort verlässt man ab dem Wert 300 das Haus machen. Es wäre auch sicherlich sinnvoll, zu nicht mehr. Man nimmt auch kein Rad mehr, konzedieren, dass man im März 2009 noch nicht und wenn doch, dann nur noch mit Maske. – So vorausgesehen hat, wie stark die industrielle lebt es sich in der Volksrepublik China. Und ein Krise in Teilen Europas sein wird, sodass wir Ende des Zuwachses an Motorisierung, an Hei-

letztendlich eine Überausstattung mit2 CO -Zer- zung, an Kühlschränken, an den Waren, die wir tifikaten hatten. Man kann möglicherweise auch uns auch gönnen, ist dort nicht abzusehen. Zertifikate aus dem Markt zurückkaufen, wenn man das möchte. Dafür gibt es verschiedene In- Wenn man sich das einmal vor Augen hält: Wir strumente. Das wäre eine ganz hervorragende diskreditieren das bislang einzige Instrument Möglichkeit, Klimaschutz marktwirtschaftlich zu durch die Art und Weise, wie wir damit umge- bewerkstelligen. hen. Der Emissionshandel hat keine Preissignal- wirkung, weil die Preise im Keller sind – und das nicht allein deshalb, weil zu viel zugeteilt wurde. Hinzu kommt die EEG-Preissystematik, die dazu

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führt, dass die Emissionszertifikate keine Wir- Anschubfinanzierungen gibt oder nicht, führen kung mehr haben. Und hinzu kommt die Wirt- natürlich dazu, dass jeder sagt: Ach, dann warte schaftskrise in Südeuropa. ich doch mal. Vielleicht gibt es ja doch noch was. Diese Investitionszurückhaltung ist also in gro- Wenn es tatsächlich um das Weltklima geht, ßen Teilen selber produziert worden. dann müssen wir doch – nicht in der Form, wie die EU-Kommission das gemacht hat: mit diesem Ich sage: Auch im Wärmemarkt kann man Effizi- untauglichen Versuch im Luftverkehr, die Chine- enz erreichen. Man muss dafür nicht jedes Haus sen, Brasilianer und andere zum Zahlen zu zwin- in Deutschland voll dämmen. Allein durch den gen, wenn sie nach Europa fliegen – in Europa Austausch der Heizkessel könnte man hier Rie- ein System installieren, nämlich den Emissions- senpotenziale heben. handel, das funktioniert, das wirklich Lenkungs- wirkung hat, damit wir dieses in die Länder Es sagt sich so leicht: Dann muss der Vorlieferant exportieren können, die zu Recht das für jeden zahlen. Das wird dann natürlich teurer. Aber ich

Einzelnen erreichen möchten, was wir geschafft stimme Ihnen zu: Wir müssen den CO2-Zertifi- haben, nämlich ein bisschen mehr Wohlstand für kate-Handel reformieren. Der BDEW hat nach alle. intensiver Diskussion mit seinen eigenen Mit- gliedern, die diesen Weg mitgehen, gesagt: Wir

Lange Vorrede, kurze Frage: Wie gelingt uns brauchen ambitionierte CO2-Ziele. Das, was wir das? da in Brüssel für 2030 haben, hat überhaupt keine Signale mehr. Ich bin auch skeptisch, was Kor- ridore angeht; denn Korridore führen zu neuen Hildegard Müller: Preisunsicherheiten. Herr Haucap hat völlig recht, wenn er die Frage stellt: Sind alle Sektoren richtig einbezogen? Ich Wir brauchen klare Ziele, denen man sich in Eu- teile das. Wie gesagt: Der Wärmemarkt umfasst ropa verpflichtet. Manch einer möchte zusätzlich

40 Prozent der CO2-Emissionen. Es stand jetzt ja noch eine nationale CO2-Steuer einführen. Wir groß in der Zeitung: Energiewendeparadoxon. brauchen das europäische Instrument in dieser An der Energiewende ist überhaupt nichts para- Frage. Das ist das einzige, was uns hilft, hier dox. Erstens ist es logisch, dass, wenn man aus wirklich voranzukommen. Das gilt nicht nur für der Kernenergie aussteigt und weiterhin Ver- die Stromerzeugung. Das wird den Strompreis sorgungssicherheit haben will, andere, konven- allein nämlich nicht retten. Aber wir bekommen tionelle Energieerzeuger einspringen müssen. nur Druck auf das Thema „intelligente CO2-Re-

Zweitens kam der Anstieg der CO2-Emissionen duktion“, wenn wir auch engagierte Ziele ha- im letzten Jahr nicht etwa durch die Braunkohle. ben. Deshalb kann ich nur jeden dazu auffordern Es ist zwar mehr Strom aus Braunkohle produ- und den Appell auch an die Wirtschaft richten. ziert worden, aber mit weniger CO2-Emissionen, Ich rede auch mit dem BDI und anderen. Man weil auch dort eine neue Kraftwerksgeneration ist dort sehr zurückhaltend, was dieses Thema am Netz ist. Der wahre Grund für den Anstieg angeht. Man ist natürlich in Sorge wegen der der CO2-Emissionen im letzten Jahr geht auf den Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Aber es Wärmemarkt zurück: lange Heizperiode, kalter ist in unserem eigenen Interesse – mit unserer Winter usw. Energiewende, mit unseren Zielen, mit unserer Technologie –, dass wir einen ambitionierten

Deshalb bin ich hier völlig bei Herrn Hellmann, CO2-Zertifikate-Handel in Brüssel bekommen. der sagt: Hier gibt es einen Hebel, der überhaupt Ich kann das nur ausdrücklich unterstützen. nicht bedient wird. Da ist man bei der öffentli- chen Hand, die kein Geld hat, diese Maßnahmen bei den eigenen Gebäuden durchzuführen. Da ist Moderator Holger Steltzner: man beim Mietrecht. Da ist man bei der Frage der Herr Hellmann und dann Herr Priggen. Anschubfinanzierung. 1,5 Milliarden wären hier gut investiert. Ja, der Deutsche ist so: Wenn er ei- nen Steuer-Euro bekommt, dann gibt er auch sel- ber Geld aus. Aber all diese Diskussionen, ob es

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Lothar Hellmann: Wettbewerb nicht zu belasten. Aber die Alumi- Ich kann da direkt anschließen: Die neue Ener- niumindustrie hat jetzt einen Benefit von 10 Euro gieeinsparverordnung, die ja im Mai 2014 – also die Megawattstunde, den sie uns verschweigt. in diesem Jahr – in Kraft tritt, sieht ja vor, dass Auch sie kann doch ihren Beitrag liefern! Öl- und Gaskessel, die vor 1985 eingebaut wor- den sind, in 2015 zu entfernen sind. Das betrifft Deswegen sagt der EU-Kommissar Herr Almu- also alle Kessel, die älter sind als 30 Jahre. Das ist nia ja: Das kann doch nicht sein! schon mal der erste Schritt. Genauso ist das bei der Zementindustrie: Sie hat (Hildegard Müller: Fröhliche Diskussi- den Export erst nach der Befreiung von der EEG- onen mit den Hausbesitzern!) Umlage aufgebaut. Andere Länder beschweren sich darüber und sagen: Ihr befreit die, obwohl Reiner Priggen: die auch sehr energieintensiv sind und bisher Ich muss lachen. Zum Vergleich: 17 von unseren nicht im internationalen Wettbewerb standen. 20 Braunkohleblöcken in NRW sind im Schnitt 41 Jahre alt, manche laufen seit 48 Jahren. Bei Heiz- Wir sitzen alle dieser Kampagne ein Stück weit kesseln sagen wir zu Recht: Nach 25 oder 30 Jah- auf. Ich leugne nicht die Notwendigkeit, zu gu- ren müssen die ausgetauscht werden. cken, wo Geld falsch ausgegeben wird, und dort einzusparen. Wir haben immer gesagt: Wir sind (Hildegard Müller: Sie wissen, dass wir auch ein nicht dafür, dass sich Leute mit erneuerbaren bisschen Modernisierung im Betrieb machen!) Energien eine goldene Nase verdienen. Sie sollen auskommen. Und dann müssen die Preise konti- Das weiß ich. Aber trotzdem: 48 Jahre alte Blöcke nuierlich runtergehen. laufen da. Da geht nasse Kohle mit 60 Prozent Wassergehalt hinein. Und die großen, modernen Was mir insgesamt fehlt, ist die Aufbruchstim- Gaskraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung sind mung. Das hat Herr Hellmann eben schön her- stillgelegt. Das ist die paradoxe Situation. Des- übergebracht. Denn die Energiewende umfasst wegen habe ich eben gelacht; ich habe das glei- alles: Sie umfasst Gebäude, sie umfasst Mobilität. che Argument nämlich neulich schon gehört. Es geht nicht nur um den Strom.

Ich wollte mich noch bei Ihnen bedanken, Frau Wir müssen auch nüchtern sehen: Die Öl- und Müller, denn in Ihrem ersten Beitrag eben ka- Gaspreise liegen heute bei der gleichen Steige- men auch die Freude und die Faszination her- rungsrate wie die beim Strompreis. Es wird aber über, was an technischen Möglichkeiten in der immer so getan, als ob nur der Strom teurer wür- Energiewende liegt und sich durch alle Bereiche de. Die Industriestrompreise liegen heute auf durchzieht. dem Niveau von 2005. Insofern sollte man alles ein bisschen genauer angucken. Das, was ich im Koalitionsvertrag am meisten vermisse, ist das, was der frühere Bundespräsi- Es gibt doch auch keine Alternative. Angesichts dent Horst Köhler in seiner Berliner Rede gesagt der Zustände in China werden die bei uns die hat: Das, was jetzt kommt, ist die ökologische Technik nachfragen. Ich habe es erlebt: Bei allen industrielle Revolution. Wenn Sie erleben, mit großen internationalen Bauprojekten werden was für einer Begeisterung junge Leute an Tech- deutsche Ingenieure zu Energieeffizienz und nischen Hochschulen studieren! Energieeinsparung gefragt. Siemens hat kurz vor Weihnachten einen Auftrag über eine Milliarde Wir jammern alle nur über den Strompreis. Ein USD für 438 Windkraftanlagen bekommen. Auch Stück weit gehen wir da der energieintensiven die Erneuerbaren Energien sind also ein Bereich, Industrie auf den Leim. Ich habe das Beispiel ge- an dem unsere Industrie Geld verdienen kann. bracht von der niederländischen Aluminiumhüt- te, die im Dezember Insolvenz angemeldet hat, Das heißt, wir sollten auch die positiven Ent- weil unsere energieintensive Aluminiumindust- wicklungschancen und Perspektiven aufneh- rie von der EEG-Umlage befreit ist. Ich bin dafür, men. Denn wenn wir es nicht machen, machen es energieintensive Industrien im internationalen andere. Die Autoindustrie ist das beste Beispiel,

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Sie haben es alle erlebt: den Kampf unserer Auto- EEG-Umlage befreit wäre. In der Metall- und industrie gegen schärfere Abgasnormen und die Stahlindustrie wären es 976 Millionen, in der Pa- Entwicklung der Elektromobilität. Heute haben pierindustrie 539 Millionen. Wir sind sehr stark wir die Situation, dass die Franzosen bei moder- für diese Betriebe tätig. Nicht umsonst hat das nen Elektroautos in Teilen besser sind als wir, die Land Nordrhein-Westfalen jetzt erkannt, dass wir weltweit sehr stark im automobilen Premi- der Industriestandort Deutschland dann, wenn ummarkt sind. Das ist bei uns ein falscher Weg. man die EEG-Umlage-Befreiung zurücknehmen Wir müssen auch in diesem Markt präsent sein; würde, schwer leiden würde und wir hier eine denn in zehn, 20 Jahren sind das relevante Antei- Riesenbaustelle hätten. le, und es ist schon unschön, dass der Tesla nicht aus Deutschland sondern aus den USA kommt. Reiner Priggen: Worum es mir geht, ist, dass wir alle ein Stück Herr Hellmann, ich bin dafür, dass ein energiein- weit auch die Freude an diesem Prozess sehen tensiver Betrieb im internationalen Wettbewerb – mit Augenmaß, was die Kosten angeht, damit keine Nachteile hat. Es nützt uns nichts, wenn bin ich völlig einverstanden; wir müssen kosten- wir die Aluminiumindustrie hinausdrängen. dämpfend arbeiten. Aber wir dürfen den Prozess Aber wir sollten vorsichtig sein. Es gibt Maschi- nicht schlechtreden. Ich glaube, dass in der Be- nenbaubetriebe, bei denen die Energiekosten, völkerung sehr viele Menschen großes Interesse gerade was Strom angeht, nur einen kleinen An- an diesen Themen haben. Ich erlebe das. Fast eine teil ausmachen. Alles, was Sie da befreien, tragen Million Menschen haben eine Photovoltaik-An- Sie – Handwerk und Private – an anderer Stelle. lage. Die werden als Nächstes fragen: Wo spare Es gibt zur Frage der Energieintensität im inter- ich Strom, damit ich weiterkomme? Das werden nationalen Wettbewerb Kriterien der EU. Aber auch diejenigen sein, die bei Ihnen im Handwerk wir sind weit darüber hinausgegangen. Es macht Batterien kaufen und fragen: Habt Ihr Lösungen doch keinen Sinn, dass ich Schlachthöfe und dafür, meinen eingespeisten Solarstrom später Ähnliches von der EEG-Umlage befreie. zu verbrauchen, habt Ihr eine kleine preiswerte Batterielösung? Einfach, weil diese Menschen (Lothar Hellmann: Das ist der falsche Weg!) von der Energiewende überzeugt sind! Ich weiß. Deswegen bin ich dafür, energieinten- Herr Hellmann, Sie haben die Pumpen ange- sive Betriebe vor Nachteilen im internationalen sprochen. Ich habe genau das gemacht, habe Wettbewerb zu schützen. Aber lassen Sie uns meinem Heizungsbauer irgendwann, als meine diese Förderung reduzieren. Denn sie muss von Heizpumpen noch in Ordnung waren, gesagt: anderen bezahlt werden. Ich möchte jetzt diese Pumpen haben, von denen ihr immer schwärmt! Die Einsparung hat mein (Beifall) Sohn dann mit einem zweiten Bildschirm konter- kariert. Moderator Holger Steltzner: Herr Priggen, die Kosten für die Energiewende (Heiterkeit) verschwinden ja nicht, wenn wir sie anders ver- teilen. Da müssen wir ehrlich sein. Wenn wir jetzt Das sind eben andere Mechanismen. Aber ich alle dasselbe zahlten, hätten wir Probleme mit habe diese Pumpen jetzt in meiner Heizanlage. der Industrie. Es ist schon faszinierend, zu sehen, wo man sich selber in den Prozess einbringen kann. Allerdings wurden in den Koalitionsverhandlun- gen fast über Nacht 1.000 zusätzliche Unterneh- men „gefunden“, die plötzlich im internationalen Lothar Hellmann: Wettbewerb stehen. Die Zahl 1.700 von der EEG- Direkt dazu: Das Handwerk ist hier in NRW Umlage Befreiten ist um 1.000 erhöht worden. auch großer Dienstleister der Industrie. Sie ha- ben vorhin den Wettbewerb angesprochen und gesagt, die chemische Industrie würde eine Milliarde mehr zahlen, wenn sie nicht von der

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Hildegard Müller: Aussprache Zahlen sind das eine. Hauptsächlich geht es da- bei um die Kilowattstunden der Energieintensi- ven. Moderator Holger Steltzner: Jetzt haben wir ein Riesenfeld eröffnet. Vielleicht Man kann sich über die Umstellung der Finan- haben Sie hier im Publikum Fragen, wollen sich zierung Gedanken machen. Man muss aber in an dieser Debatte beteiligen. Wer möchte den der Tat erst mal sagen, wie man es so effizient Anfang machen? – Bitte. wie möglich machen kann. Dann gibt es eine Menge kreativer Modelle, wie man das intelli- gent finanzieren kann. Manchmal habe ich das Bärbel Kohler: Gefühl, wir verwenden mehr Kreativität auf die Ich habe eine Frage an das komplette Podium. Mittelverteilung als auf die Frage, das System zu Ich habe von den Äußerungen hier bisher den reformieren. Die Grünen stellen morgen ja, wie Eindruck: Die Finanzen kämpfen gegen Visi- ich gehört habe, Eckpunkte zur EEG-Reform vor. onen. Dazwischen steht eine mutlose Politik in Deutschland. Der Bürger soll jetzt entscheiden. Es muss einen sichtbaren Schritt nach vorne ge- Veränderung bedeutet immer Angst. Wenn ich ben, um die Diskussion aus dem Strombereich die Politik verfolge, stelle ich fest, dass es nur herauszunehmen. Wer die Energiewende weiter darum geht, wer wo noch mehr einsparen kann, auf den Strombereich reduziert, der wird mit wer in der Vergangenheit welchen Fehler im

riesigen CO2-Vermeidungskosten arbeiten, um Rechenmodell gemacht hat, wo man als Bürger

CO2-Potenziale noch zu heben. das meiste sparen kann. Hier gehen die Visionen einfach irgendwie über die Wupper, wie man Wie gesagt: Wir müssen identifizieren. Deswegen so schön sagt. Weshalb soll ich mich dafür ein- müssen wir auch mal Jahreszahlen nennen. Jetzt setzen, wenn die Politik sich sehr schwertut, da ist der Wärmemarkt vordringlich. Es ist wichtig, einen Anfang zu machen, wie Frau Müller das hier Maßnahmen durchzuführen. Das meinte ich sagt, oder einfach anzupacken, wie Herr Hell- mit Intelligenz. Das meinte ich, als ich am Anfang mann das dargestellt hat? Ich weiß nicht, wie. Ich gesagt habe: Wir müssen die Gesamtbelastungen bin ratlos. Als Wähler, als Bürger bin ich völlig sehen und volkswirtschaftlich fragen: Was kann ratlos. Was soll das Ganze? Wo geht das hin? – man innerhalb von fünf Jahren gemeinsam tra- Die Frage geht an alle. gen? Dann muss man das effizient machen und das andere fünf Jahre später – immer im Zielkor- ridor. Nicht, dass ich da falsch verstanden wer- Moderator Holger Steltzner: de: Der Ausbau muss weitergehen. Wir werden Herr Priggen, wollen Sie als Politiker als Erster

umstellen müssen. Aber die CO2-Ziele werden antworten? wir nicht allein über den Strommarkt erreichen. Auch wenn wir null Kilowattstunden produzie- ren, werden wir immer noch eine Riesenbaustel- Reiner Priggen:

le an CO2-Vermeidung vor uns haben. Ja, ich will das gerne machen. Ich muss nicht die Zielsetzung meiner Partei nehmen. Ich nehme Da fehlt uns politisch der Druck. Ich will daher einfach die Linie der Bundeskanzlerin, die seit auch die Länder bitten, Herr Priggen, ihrer Mit- acht Jahren ganz vernünftige Klimaschutzziele

verantwortung bei diesem Thema gerecht zu verfolgt: 80 bis 95 Prozent CO2-Reduktion und werden. Die Zahlen sind klar. Man streitet sich 80 Prozent Anteil an Erneuerbaren in 2050. Das über die Frage, ob Nordrhein-Westfalen mehr ist der Weg über 40 Jahre, wie er am Anfang be- Steuerausfälle hat als Baden-Württemberg. Das schrieben wurde. sind verschenkte Jahre bei diesem Thema und darf in dieser Legislatur nicht so weitergehen. Ich bin dafür, dass wir genau diesen Weg gehen – Der Bundesrat muss da mitsprechen. In dieser und akzeptieren, dass wir eventuell auch Fehl- Frage muss also auch Druck über die Länder entscheidungen treffen können. Bei der Frage kommen. der Speichertechnik, die ganz wichtig ist, müs- sen wir jetzt auch in der Breite forschen, entwi-

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ckeln und gucken, welches von den Projekten wäre diese Aufgabe nicht einfacher. Ich bin wirk- langfristig richtig ist: ob Power to Gas, die ver- lich gespannt. Ich weiß, dass wir kein fertiges schiedenen Batterietechniken oder anderes. Bei Konzept haben. Die Büros, mit denen ich rede, dieser Zielsetzung müssen wir also auch Kom- die sehr gut und nicht abhängig sind, sagen mir promisse machen, aber wir dürfen die Ziele nicht auch: Die Situation ist hoch komplex. Aber dann generell infrage stellen. Wir dürfen auch nicht dürfen wir den Mut doch nicht verlieren, sondern immer wieder Bestimmungen machen, die nicht müssen uns aufmachen und sagen: Alles mit Au- im Ansatz vermitteln, dass es ein lohnendes Ziel genmaß, aber nicht vom Weg abgehen! Denn ist, in einem Industrieland wie der Bundesrepu- wenn wir das jetzt an die Wand fahren, kaufen blik mit Augenmaß nach vorne in eine technolo- nachher wir die Technik bei den Chinesen. gische Zukunft zu gehen. Wir leben vom Export von Technik – Sie haben eben von Ihrer Tochter Das wäre mein wichtigstes Plädoyer. berichtet, Herr Steltzner –; die Frage wird sich überall stellen. Die Bundesregierung regiert netto noch etwa drei Jahre. Mal ganz abgesehen davon: Man soll- Jetzt könnten Sie sagen: Aber in der letzten Legis- te die Wahlperiode auch im Bund unbedingt auf latur, als die Bundesregierung eine hohe Betei- fünf Jahre verlängern. Ich habe vier Koalitions- ligung der Länder forderte, habt ihr euch nicht verhandlungen hinter mir. Ich weiß, wie kurz verständigt. Jetzt sollten wir einen Neuanfang vier Jahre sind. Da kommen Sie gar nicht ans Ar- machen und sauber durchrechnen: Was haben beiten. Aber nach drei Jahren – das ist in einer wir an steuerlichem Benefit bei der Gebäudesa- Demokratie ja nicht ausgeschlossen – kann sich nierung für den Bund, die Länder und die Kom- ja wieder was ändern. Die, die investieren wollen munen? – ob das Private, Stadtwerke oder andere sind –, brauchen über einen etwas längeren Zeitraum Si- Frau Thoben, wir haben damals über 3 Prozent cherheit. Ein Kraftwerk baut man mindestens für Sanierungsquote pro Jahr geredet. Wir liegen 20 Jahre bezogen auf die Abschreibung. jetzt bei 0,75. Vielleicht erreichen wir auch nur 2 oder 2,5 Prozent; denn es dauert ja auch bisschen, Also auch da die Bitte, Konsense zu finden, Kom- bis wir die Kapazitäten im Baugewerbe aufge- promissfähigkeit zu fordern. Dann könnten Sie baut haben. als Medien, Herr Steltzner, eine wunderbare Mo- deratorenrolle übernehmen und sagen: Leute, Dann muss sich auch Nordrhein-Westfalen ein wir wollen, dass sich hier in der Republik etwas Stück weit bewegen. Wir müssen nicht alles be- bewegt. zahlen, was der Bund von uns fordert. Aber wir sollten bereit sein, das, was wir als Land an steu- Das Ruhrgebiet als altes Kohle- und Stahlland erlichem Benefit haben, als unseren Teil auch ein- hat genau da die Chance nach vorne. Die Stein- zubringen. Das wäre aus meiner Sicht in dieser kohle wird gehen und nicht zurückkommen. Wir Situation ein Schritt nach vorne. Dann haben wir sind froh, wenn wir die Stahlproduktion in NRW ein sehr sinnvolles Investitions- und Beschäfti- langfristig sicher erhalten. Aber die Chance nach gungsprogramm. Genau so müssen wir es Stück vorne kommt aus den Bereichen der Energie- für Stück durchgehen. wende. Deswegen müssen wir auch gucken, dass wir von dieser depressiven Betrachtung, die je- Was mich am allermeisten stört – deswegen war denfalls bei Teilen vorhanden ist, wegkommen, das ja so klasse von Herrn Hellmann, dass das Kompromissfähigkeit fordern und dann die aus Ihren Reihen kam –, ist ein allgemeines Ge- Schritte nach vorne machen. Ich finde, wir müs- jammer und diese Mutlosigkeit. Die Aufgabe ist sen genau das jetzt bei der Gebäudesanierung sehr schwer. Ich bin mir sicher: Wenn wir in der auf den Punkt bringen. Da ist viel Zeit vertan Bundesregierung wären – ich habe die 100 Tage worden. Trauer, weil meine Leute nicht in der Lage wa- ren, da hineinzugehen, jetzt beendet –, Moderator Holger Steltzner: (Heiterkeit) Sie haben die Medien angesprochen, Herr Prig- gen. Ich nehme an, Sie meinen uns als Medien

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insgesamt. Dazu möchte ich sagen, auch weil Sie ge zur Reform des Zertifikate-Handels gemacht. von Visionen versus Finanzen sprachen, Frau Wir haben den Atomausstieg begleitet. Auch das Kohler: In meiner Rückschau haben die Medien ist nicht leicht, wenn Sie an unsere Mitglieder- das unglaublich positiv und wohlwollend be- struktur denken. Wir haben aber auch sofort ge- gleitet. Der Atomausstieg war ja kein mediales sagt: Es gibt die und die Herausforderungen, mit Streitereignis, sondern hat uns als Gesellschaft denen wir werden umgehen müssen. Bei diesem insgesamt sehr berührt, getroffen und ist dann Thema muss sich, glaube ich, jeder fragen, was er auch medial wohlwollend begleitet worden. Wir selber tun kann. als Medien sind ja häufig nur Resonanzboden, nehmen die Stimmung der Bevölkerung auf. Wir als BDEW haben – um nur einen Punkt zu nennen – einen Dialog mit Kirchen, Stiftungen, Nun hat sich eine gewisse Enttäuschung beim Gewerkschaften, NGOs begonnen; vor fünf Jah- Bürger eingestellt, weil er natürlich auch seine ren hätten die noch gar nicht mit uns geredet. Rechnungen sieht, diese Fehlentwicklungen. Wir treffen uns regelmäßig und versuchen, auch Konsens zu finden, auch Verständnis zu finden: Professor Schulhoff, Sie haben so schön gesagt, Warum hat der NABU Schwierigkeiten mit dem wir bräuchten eigentlich den großen Schritt, die Netzausbau? Wie können wir mit dem WWF ge- große Reform. Unsere Erfahrung ist leider, dass meinsam vorangehen? Viele andere Dinge mehr. die Interessengruppen mittlerweile so vermach- tet sind, dass sich die Politik gar nicht mehr traut, Wir sind also aufgefordert, nicht nur zu sagen: eine wirklich große Reform vorzunehmen, son- „Politik muss diesen Konflikt lösen“, sondern dern sich damit begnügt, an lauter kleinen Stell- auch zu fragen: Wie führen auch wir den Dialog, schräubchen zu drehen. Das führt dann dazu, wenn wir wollen, dass die Energiewende ge- dass man fast den Überblick verliert, überfordert lingt? Das ist ein Gesellschaftsprojekt. Wie füh- ist. Das ist alles sowieso kompliziert genug. Man ren auch wir den Dialog, dass ich auch mit dem kennt die ganzen Details nicht mehr. Aber natür- rede, der nicht meiner Meinung ist, und nicht lich nutzt sich diese dauernde Reformdiskussion nur mit dem, von dem ich weiß, dass er meiner in Klein-Klein ab. Da verliert jede Vision gegen Meinung ist? die Finanzen. Frau Müller? Deshalb haben wir gemeinsam mit dem WWF vorgeschlagen, ein nationales Forum Energie- Hildegard Müller: wende zu gründen, eine stetige Beteiligung, es Ich finde, dass die Antwort zweigeteilt sein muss. nicht der Politik allein zu überlassen, sondern Natürlich gibt es zu Recht Zorn. Herr Haucap hat die Zielkonflikte, die es gibt, auch gesellschaft- es beschrieben, ich habe es beschrieben. Es gibt lich anzunehmen, gesellschaftlich auszutragen, eine Menge an Möglichkeiten auf dem Markt. uns nicht den schlanken Fuß zu machen und ein- Darüber kann man auch noch diskutieren. Es ist fach nur sagen: Politik muss das austragen. Das immer das Schlechteste, nicht zu diskutieren und finde ich immer wichtig, wenn man solche Dinge alles immer weiter zu verschieben. Die Zahlen, voranbringen will. Daten, Fakten sind auf dem Tisch. Der Diskus- sionsprozess wird sicherlich noch dauern. Aber Da ist noch eine Menge an Potenzial. Es gibt es braucht politische Entscheidungen. Da gibt NGOs, die zu diesen Gesprächen kommen. Ich es auch keine Entschuldigung mehr, wenn diese sage das hier genauso, wie ich es denen per- politischen Entscheidungen nicht kommen. sönlich sage. Greenpeace seilt sich nach wie vor lieber an unseren Gebäuden ab, als mal herein- Allerdings gilt auch: Einen starken Staat bekom- zukommen, obwohl ich immer sage: Die Tür ist men wir nur, wenn wir starke Bürger haben. Wir offen, lasst uns mal über die Fragen diskutieren! wollen die Energiewende. Sie können sich vor- Andere beteiligen sich an diesem Dialog. Der stellen, was das für meinen Verband, den BDEW, stresst uns alle. Der fordert von uns allen Bewe- bedeutet. Wir haben uns von Anfang hinter die gung. Aber er ist sehr produktiv. Er führt wirk- Ziele der Energiewende gestellt. Schon 2009 ha- lich zu guten Konzepten.

ben wir gesagt: CO2-Neutralität in der Strompro- duktion ist für 2050 das Ziel. Wir haben Vorschlä-

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Ich kann nur dazu auffordern, dass auch das ein Jetzt fragen wir: „Was ist tatsächlich passiert?“, Teil der Energiewende ist: nicht nur ärgerlich zu und stellen fest: Das stimmt alles nicht. sein – zu Recht über viele Punkte –, sondern wie andere das getan haben, zu fragen: Was ist ei- Da wird gesagt: Jetzt redet das doch nicht gentlich mein Teil? Was kann ich dazu beitragen? schlecht! Aber was ist denn die faktische Lage? Sonst gelingt ein solches Gesellschaftsprojekt mit Das Ganze kostet sehr viel. Man kann das rech- Sicherheit nicht. nen, wie man will. Eine einfache Rechnung ist momentan: 20 Milliarden Euro pro Jahr geteilt (Reiner Priggen: Aber dass Sie als Lobby sehr durch 80 Millionen Bürger, das sind 250 Euro pro stark geworden sind, wissen Sie auch, oder?) Nase, die dann irgendwie verteilt werden. Dann sagt man: Gut, das nehmen wir in Kauf. Deutsch- Ja. Aber dann auch mal ehrlich gefragt: Haben Sie land ist reich. Das können wir uns leisten. Wir wirklich das Gefühl, dass der BDEW nicht auch nehmen meinetwegen auch Arbeitsplatzverluste ernsthaft mit sich und seinen Problemen selber in Kauf. umgeht? Uns geht es um Vertrauen in politische Beschlusslagen. Es war ja gewünscht, dass man Aber glauben wir denn, dass andere Nationen in die Erzeugung einsteigt, Kraftwerke baut und auf der Welt diesem Beispiel folgen wollen? Da vieles andere mehr. Die Folge ist, dass zurzeit endet bei mir die Vision. Ich glaube nicht, dass viele Kommunen eine desaströse Rentabilität das große Nachahmer finden wird, dass andere ihrer Milliardeninvestitionen in Aussicht haben. Länder, die viel weniger reich sind als wir, sa- Das ist nicht nur ein Problem des Ruhrgebietes. gen werden: Ja, das können wir uns auch leisten. Dass Portugal, Polen und ähnliche Länder sagen: Wir haben nicht gesagt: Jetzt macht hier mal „Den Weg wollen wir auch beschreiten“, kann Industriebeihilfen. – Wir haben gefragt: Was ich mir nicht vorstellen. Vielleicht werden das brauchen wir? Nichts anderes als Versorgungs- noch die Schweiz, Schweden oder andere wohl- sicherheit! Unsere Branche wird sich fundamen- habende Nationen machen wollen. tal verändern. Wir wissen, wir werden in Zu- kunft nur dann mit dabei sein, wenn wir neue Man hat uns früher erzählt: Die Solarenergie ist Geschäftsmodelle entwickeln und vieles andere eine Zukunftsindustrie. Das EEG ist super. – Was mehr. In der Vergangenheit ist vieles richtig ge- sehen wir? Unter den 15 führenden Herstellern laufen. Natürlich weise ich auch auf unsere be- von Solarmodulen ist kein einziges deutsches rechtigten Interessen hin. Aber ich finde, wenn Unternehmen. Wir sehen, dass sich einige Leu- ich auf manch anderen Verband im Bereich der te damit eine goldene Nase verdient haben, dass Erneuerbaren gucke, kann sich der BDEW mit aber letztendlich keine zukunftsfähige Indust- seiner Bilanz, ehrlich mit sich selber umzugehen, rie in Deutschland aufgebaut worden ist. Das ganz gut blicken lassen. ist leider Gottes so. Ich bedauere das sehr. Das war eine systematische Fehlförderung. Wir Öko- nomen haben seit Langem darauf hingewiesen, Moderator Holger Steltzner: dass das falsch ist. Aber es wurde immer nur ge- Noch zwei Wortmeldungen: Herr Haucap, dann sagt: Jetzt redet doch nicht alles schlecht! Unsere Herr Hellmann. Anschließend möchte ich gerne schönen Visionen gehen doch kaputt. – Aber es noch eine Frage aus dem Publikum zulassen. ist so gekommen. Ich muss sagen: Traurigerwei- se haben wir Recht behalten. Das Ganze hat letzt- endlich nicht zu wirklich viel geführt. Prof. Dr. Justus Haucap: Die Vision der Energiewende haben wir schon Jetzt kann man sagen: Ja, aber die Solarpreise sind ganz lange. Die Vision, die uns als Bürgern ver- doch total in den Keller gegangen. Wir haben im kauft worden ist, war ja mal die: Wir bauen die Prinzip einen Benefit. Das ist so billig, dass man erneuerbaren Energien aus. Das wird unheim- jetzt zum Beispiel auch in Entwicklungsländern lich umweltfreundlich. Das kostet so gut wie gar günstig Strom erzeugen kann. Das haben die bis- nichts. Und das schafft zusätzliche Arbeitsplätze. her nicht gekannt. Das ist fast eine Art Entwick- – Das war die Vision. lungshilfe, die wir da jetzt leisten können. – Dazu sage ich: Das stimmt in Teilen sogar. Aber dann

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sollte man auch sagen: Wenn man auf der Welt ken, zu Steuerungsmöglichkeiten, dass damit

wirklich CO2 vermeiden will, dann brauchen wir mehr Effizienz erreicht wird. Was wir heute noch nicht mehr Solarpanels in Deutschland, sondern gar nicht behandelt haben, ist die Tatsache, dass müssen zusehen, dass wir damit in Entwick- neue Konsumgeräte energieeffizienter sind als lungsländer gehen. Denn da wird ja tatsächlich alte, dass hier ein großes Einsparpotenzial bei noch Holz zum Kochen verfeuert. Da wird wirk- der Industrie liegt.

lich CO2 ausgestoßen. Wenn wir in Ruanda elekt-

rifizieren, wird tatsächlich CO2 eingespart. Daran Was mich richtig interessiert, ist die energetische gibt es aber kein Interesse. Wir wollen die Anla- Gebäudesanierung. Wenn wir bis 2050 auf 80 bis

gen ja unbedingt in Deutschland. 90 Prozent CO2-freie Emissionen kämen: Wie- so müssen wir die Gebäude eigentlich so stark Warum? Ich weiß nicht genau, was da die Vision sanieren, wenn dann doch erneuerbare Energie

ist. Die Vision scheint nicht die CO2-Vermeidung ohne Begrenzung vorhanden ist? auf der Welt zu sein. Die Vision scheint zu sein: Wir wollen so viel Strom aus erneuerbaren Ener- Ich habe eine Zahl im Kopf – bitte korrigieren gien wie möglich in Deutschland, relativ egal, Sie mich –: Wir wollen in die energetische Sanie- was das Ganze letztendlich kostet. – Da fordert rung ungefähr 20 Milliarden Euro investieren; man, dass die Leute mit Begeisterung mitmachen. vielleicht ist diese Zahl zu hoch gegriffen, aber Ich kann verstehen, wenn die Leute dann sagen: irgendwo habe ich das so gelesen. Wenn ich mir

Na ja, ich hätte gerne entweder CO2-Vermeidung vorstelle, dass wir dieses Geld alternativ in die oder, wenn wir das unbedingt in Deutschland Speichertechnologie stecken würden – Power to haben wollen, dann das Ganze doch wenigstens Gas oder Batterie –, könnten wir doch schneller etwas günstiger. einen Sprung nach vorne machen. Das Hand- werk vertritt natürlich seine Interessen; das ist klar. Wenn man den Teich trocken legen will, Moderator Holger Steltzner: darf man die Frösche nicht fragen. Trotzdem: Herr Hellmann? Wie kann man mit dem Thema umgehen? – Herr Priggen vielleicht?

Lothar Hellmann: In Beantwortung Ihrer Frage, Frau Kohler, was Moderator Holger Steltzner: der Bürger machen sollte, was Sie speziell ma- Da Herr Priggen mir eben zuraunte, dass er für chen sollten, kann ich Ihnen eigentlich nur sagen: Frösche zuständig sei, will ich ihn fragen, ob er Der erste Schritt ist, dass Sie für Ihr Gebäude, Ihr antworten möchte. Mietshaus eine individuelle Energieberatung beantragen oder initiieren, einen Energieberater (Heiterkeit) des Handwerks hinzuziehen, der eine spezielle Lösung für Ihr Haus entwirft, an der Sie sehen, Reiner Priggen: wie viel Sie letztendlich an Energie sparen kön- Ich will das gerne versuchen. – Ich komme noch nen: bei Heizung und Stromverbrauch, haupt- mal zu der Vision. Die Vorstellung der Bundes-

sächlich bei der Warmwasserversorgung. regierung ist eine 80- bis 95-prozentige CO2- Reduktion bis 2050. Ich weiß aber: Es gibt soge- nannte prozessbedingte Emissionen, die ich nicht Moderator Holger Steltzner: auf null bringen kann. Ich kann keinen Zement Das war wieder ein praktischer Rat vom Hand- herstellen, keinen Stahl herstellen und in Teilen

werk, wie wir das – wenn ich das so sagen darf – auch keine Chemieindustrie betreiben ohne CO2- in guter Qualität gewohnt sind. Es gibt noch eine Emissionen. Das sind ungefähr 100 Millionen

weitere Frage aus dem Publikum. Tonnen CO2-Emissionen, die nicht zu vermeiden sind. Da das das Restvolumen ist, dass der Bun- derepublik nach den Zielen der Bunderegierung Regierungspräsident a. D. Jürgen Büssow: für 2050 zu Verfügung steht, müssen wir alles an- Ich finde alles toll, Herr Hellmann, was Sie ge- dere emissionsfrei bekommen. sagt haben zum Smart-Meter, zu Anlagetechni-

28 Dialog Handwerk 1/2014 Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks

Das heißt: Die Mobilität ist in 40 Jahren auf Elek- Hildegard Müller: tro umgestellt. Die Gebäude – das ist die Vision Ich habe eine Ergänzung zu den erneuerbaren – verbrauchen keine Heizenergie mehr; das läuft Energien. Es ist richtig, dass uns irgendwann dann über innere Abwärme, und auf dem Dach Sonne, Wind etc. zur Verfügung stehen. Aber und in den Fassaden wird der Strom selber er- dahinter steht auch immer die infrastrukturelle zeugt. Das innerhalb von 40 Jahren! Das ist für Notwendigkeit: Netzausbau, Anlagenbau und mich eine Herausforderung, aber keine unlösba- vor allem Speichertechnologien etc. Deshalb: re Aufgabe, weil wir viele Anwendungsbeispiele Jede Kilowattstunde, die wir nicht brauchen – aus unseren Städten kennen, wo gute Architek- verfeuern oder sonstiges –, ist wichtig. Das wird ten und gute Handwerker das in einem Gewer- die infrastrukturelle Herausforderung, von der begebiet, im Privathaus längst geschafft haben. ich glaube, dass sie noch total unterschätzt wird, entlasten, gerade wenn wir an die großen Aus- Die einzige Herausforderung dabei ist, unse- bauszenarien kommen. Wir sind in diesem Jahr re gute alte denkmalgeschützte Substanz dabei bei einem Anteil der erneuerbaren Energien von nicht mit 180 Millimeter Styropor zu verkleiden. rund 24 Prozent. Da wird noch einiges im Lande Das ist die technische Herausforderung. Der sichtbar entstehen. Deshalb ist jede Kilowattstun- Rest ist unsere Wertschöpfung. Daran, dass wir de, die wir nicht brauchen, auch wenn die Erneu- 70 Milliarden im Jahr für den Import von Öl und erbaren günstig zur Verfügung stehen, wichtig. Gas bezahlen, erkennen wir ungefähr das Volu- men, das wir durch eigene Wertschöpfung redu- zieren können. Der Gebäudebereich ist der wich- Moderator Holger Steltzner: tigste, weil wir da alles selber machen können Das ist der Moment, um hier die Schlusskurve und dann kein Öl mehr und wesentlich weniger unserer Debatte zu nehmen. Ich wiederhole noch Gas importieren müssen. einmal die Frage, die uns aufgegeben wurde: „Wie kann die Energiewende noch gelingen?“ Wir müssen das nicht morgen machen. Aber wir Wenn ich das mal so darstellen dürfte: Wenn wir müssen die Sanierungsrate im Gebäudebestand die EEG-Reform ausklammern, dann sind wir tatsächlich von 1 auf 3 Prozent jährlich erhöhen. auf einem guten Weg, dann sind wir uns hier Wir werden auch Objekte haben, die wir nicht ziemlich schnell einig, dass der Wärmemarkt sanieren, sondern abreißen. Damit habe ich gar ganz entscheidend ist. kein Problem. Wir kennen das aus dem Ruhrge- biet: Wenn ich einzelne Plattenbauten entferne Ich nehme für mich mit, dass man sich im Hand- und etwas anderes dafür hinsetze, wenn ich also werk auch bei dieser Frage in den besten Händen nicht alles bis Ultimo dämme, ist das unter Um- befindet. Ich persönlich werde mal meinen Hei- ständen sinnvoller. Da liegt jedenfalls viel Kon- zungskeller aufsuchen und mir dort die Wärme- sensmöglichkeit. Das, was wir uns an Emissio- pumpe anschauen. nen dann noch erlauben können, brauchen wir für die eben genannten industriellen Bereiche. (Heiterkeit)

Das muss alles nicht innerhalb von zehn Jah- Ich nehme das als Lektion für mich mit nach ren passieren, aber kontinuierlich auf den Weg Hause. gebracht werden. Der allereinfachste Bereich ist der Gebäudebereich. Auch da gibt es noch viele Ihnen herzlichen Dank für die Beteiligung an technische Probleme, zum Beispiel die Dämm- unserer Debatte und natürlich herzlichen Dank stoffentwicklung. Man muss ja irgendwann mal allen hier auf dem Podium. davon wegkommen, 20 Zentimeter dicke Dämm- stoffe außen an die Wand zu packen. Es müssen (Beifall) Dämmstoffe entwickelt werden, die wesentlich flacher aufbauen. Aber wenn wir die Zielsetzung Jetzt darf ich Herrn Ehlert um das Schlusswort haben und 3 Prozent pro Jahr schaffen würden, bitten. dann wären wir auf einem guten Weg.

Dialog Handwerk 1/2014 29 Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks

Schlusswort Danken möchte ich Hildegard Müller, der Vor- sitzenden der Hauptgeschäftsführung im BDEW, Andreas Ehlert, Vizepräsident des die deutlich gemacht hat, dass wir am Anfang Nordrhein-Westfälischen Handwerkstags eines sehr großen politischen Konsenses stehen, am Anfang eines großen gesellschaftlichen Kon- Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das senses. Wir befinden uns bei Kilometer 4 des Ma- Schlusswort hat Herr Steltzner im Grunde schon rathons, haben wir gelernt. Da liegen noch einige gehalten. Sie haben das wunderbar auf den Kilometer vor uns. Sie fordern klare ordnungspo- Punkt gebracht, Herr Steltzner! Eingangs hatten litische Strukturen. Sie fordern Entscheidungen Sie die Frage an uns gerichtet: Können wir die der Politik und einen verlässlichen ordnungs- Frage „Wie kann uns die Energiewende noch ge- politischen Rahmen. Dass das EEG überarbeitet lingen?“ überhaupt beantworten? Am Ende ha- werden muss, das ist, glaube ich, Konsens bei ben Sie gesagt: Nehmen wir mal das EEG beisei- allen, die hier auf dem Podium vertreten sind. te, dann sind wir schnell in einem konsensualen Bereich. Herr Priggen, auch Ihnen als Fraktionsvorsit- zendem der Grünen im Landtag recht herzlichen Ich denke, ein aktuelleres Thema als das, das die Dank. Sie fordern die große Vision, insbesondere Veranstalter für heute gewählt haben, hätte man den großen Mut beim Weg nach vorne. Sie sagen nicht wählen können. Insofern müssen wir dem zur Reform des EEG, dass diese zwar kommen Veranstalter gratulieren. muss, aber das wir auch bereit sein müssen, eine Lernkurve zu bezahlen. Sie fordern weitere An- (Beifall) strengungen auf dem Weg nach vorne, eine Er- höhung der Sanierungsrate. Sie sagen uns, dass Das ist ein Thema, das uns allen auf den Nägeln Fehler und Irrtümer in einem solch schwierigen brennt. Wir haben die Diskussion 120 Minuten Prozess einfach nicht ausschließbar sind, dass lang verfolgt. Für mich war das eine superspan- Ehrlichkeit in der Diskussion gefordert werden nende Diskussion. Dafür sage ich allen fünf Per- muss. Aber auch Sie machen deutlich, dass wir sonen auf dem Podium herzlichen Dank! Das einen verlässlichen ordnungspolitischen Rah- war wirklich spannend! men brauchen.

(Beifall) Professor Dr. Justus Haucap, Gründungsdirek- tor des Düsseldorfer Institutes für Wettbewerbs- Dann haben Sie sich auch aus dem Auditorium ökonomie: Sie fordern selbstverständlich, dass eingebracht, haben die richtigen Fragen gestellt wir die Kraft des Wettbewerbs nutzen und mehr und die Diskutanten noch mal ein bisschen ge- Markt in die Energiewende hineinbekommen. lockt. Wir haben die unterschiedlichen Positio- Was für mich ganz wichtig ist: Sie sagen, dass nen zur Kenntnis genommen. Wir haben ganz wir aufgrund ausufernder Kosten die Gefahr wichtige Argumente gehört. Nicht jedes Argu- eines Scheiterns der Energiewende nicht mehr ment haben wir zum ersten Mal gehört. Aber ausschließen können. Wenn die Energiewende manches Argument haben wir noch mal aus national nicht mehr getragen wird, dann taugt einem anderen Blickwinkel präsentiert bekom- sie auch nicht mehr als internationales Vorbild. men, pointiert dargelegt bekommen. Es ist Ihnen Sie befürchten, dass die Große Koalition diese allen gelungen, dass wir dieses Thema noch ein- Problematik zwar prinzipiell erkannt hat, aber mal neu denken. Es waren viele wichtige Impul- sich des Ausmaßes der ganzen Situation nicht se dabei, die dazu führen, dass wir über das ein ausreichend bewusst ist. Sie nannten die drei oder andere neu nachdenken. Punkte: Klima- und Umweltverträglichkeit, Ver- sorgungssicherheit und Bezahlbarkeit. Für uns als Handwerksbetriebe ist das eminent wichtig, denn – das ist mehr als deutlich heraus- Ein ganz besonderer Dank, weil er von uns ist, an gekommen – die Gewerbetreibenden tragen ne- Lothar Hellmann, Unternehmer und Landesin- ben den Verbrauchern – darunter sind natürlich nungsmeister der elektrotechnischen Handwer- viele Handwerksbetriebe – maßgeblich die Kos- ke! Herr Hellmann, das war für mich ein leiden- ten der Energiewende. schaftliches Plädoyer eines Handwerksmeisters.

30 Dialog Handwerk 1/2014 Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks

Das war ganz große Klasse! Ihnen deshalb an Ich habe eben gesagt: Diese Diskussion war au- dieser Stelle noch mal ein ganz besonderes Dan- ßerordentlich gut, außerordentlich fruchtbar. keschön! Jede Diskussion ist immer nur so gut wie der Mo- derator. Insofern habe ich, glaube ich, alles ge- (Beifall) sagt. Herr Steltzner, ein ganz großes Dankeschön an Sie für die hervorragende Moderation. Sie haben deutlich gemacht, Herr Hellmann, dass Handwerksunternehmen in Nordrhein- (Beifall) Westfalen willens und auch in der Lage sind, den energiewirtschaftlichen Systemwechsel in viel- Ich möchte mich jetzt ganz kurz fassen: Wir facher Hinsicht zu unterstützen. Ich glaube, wir schließen nun diesen Teil der Veranstaltung. Das können konsensual festhalten, dass Handwerks- Handwerk ist ja immer ein bisschen geheimnis- unternehmen auch zentraler Akteur der Energie- voll. Ich weiß, dass Josef Zipfel dieses Geheim- wende vor Ort sind. Nicht umsonst sagt unsere nis des Handwerks – so lautet, glaube ich, auch Imagekampagne ja ein ganz klein wenig char- der Titel – ganz „zünftig“ in Papier gehüllt hat. mant: Wir sind der Ausrüster der Energiewende. Das möchten wir denen überreichen, die hier so fleißig diskutiert haben. Wir schließen an dieser Das Handwerk ist da verankert, wo die Energie- Stelle. Aber die Veranstaltung ist noch nicht zu wende stattfindet. Die Energiewende findet mit Ende. Ich freue mich, wenn wir uns gemeinsam dem Handwerk statt. Wir sensibilisieren die Ver- im Foyer wiedertreffen und in der nächsten Stun- braucher in den Themen „Energieeinsparung“, de noch ein wenig miteinander über das disku- „Modernisierung von Gebäuden und Gebäude- tieren, was wir hier aufbereitet bekommen ha- technik“ und „veränderte Mobilität“. Und – das ben. Vielen, vielen Dank! haben Sie auch gesagt, Herr Hellmann – wir spie- geln letzten Endes unsere beim Kunden erwor- (Beifall) benen Erfahrungen den industriellen Zulieferern zurück. – Auch dafür schönen Dank!

Dialog Handwerk 1/2014 31 Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks Dreikönigsessen

Begrüßung und Einführung Ich füge hinzu: Er ist ja nicht nur Wirtschaftsmi- nister, sondern auch unser Handwerksminister. Professor Dr. h.c. Wolfgang Schulhoff, Und wir sind stolz darauf, dass gerade Sie das Präsident des Nordrhein-Westfälischen sind. Denn Sie füllen dieses Amt auch aus. Sie ha- Handwerkstags ben in kurzer Zeit die Herzen des Handwerks in Nordrhein-Westfalen gewonnen. Meine Damen und Herren! Die Sternsinger wa- ren sehr eindrucksvoll. Nach dieser wunderba- (Beifall) ren Ouvertüre durch die jungen Menschen, die Europa in einer Weise präsentierten, wie es uns Für alle Vertreter des Landtages begrüße ich de- am Herzen liegt, darf ich Sie jetzt herzlich zu un- ren ersten Vizepräsidenten, Herrn Eckhard Uh- serem Dreikönigsessen begrüßen. Ich freue mich lenberg. schon auf diesen Abend. (Beifall) Ich freue mich auch, wenn ich mich umblicke. Das habe ich eben schon beim Dreikönigsforum Er ist auch ein großer Freund des Handwerks. gesagt. Der Kreis hat sich erweitert, weil noch ei- nige dazugekommen sind. Ich freue mich, in so Eine große Freude ist es mir, Herrn Hans-Bernd viele bekannte Gesichter zu blicken. Wolberg, den Hausherrn, hier begrüßen zu dür- fen. Auch er ist ein Freund des Handwerks. In Lieber Theo Blank, wir haben schon lange Poli- gleichem Atemzug begrüße ich Herrn Werner tik gestaltet und sind zur gleichen Zeit aus dem Böhnke, den Sie alle kennen. Bundestag hinausgegangen. (Beifall) (Zuruf: Das war gut so!) Ich begrüße Dieter Philipp, den Aufsichtsratsvor- Ja, das war gut so. sitzenden der WGZ-Bank, meinen Präsidenten- kollegen aus Aachen. (Heiterkeit) (Beifall) Ich wünsche Ihnen allen ein gutes neues Jahr. Mögen alle Ihre Wünsche in Erfüllung gehen – Ich begrüße den ersten Handwerker, Herrn Hans wenn nicht alle, so hoffe ich, die wichtigsten. Das Peter Wollseifer. genügt schon. Insbesondere wünsche ich Ihnen Gesundheit, was für mich das wichtigste Gut (Beifall) überhaupt ist. Wir freuen uns, dass du unser Präsident gewor- Ich müsste jetzt viele begrüßen. Sie alle, die hier den bist. Das war unsere Idee, das war unser sitzen, sind prominent. Aber das würde natürlich Vorschlag. Wir haben uns durchgesetzt, wenn den Umfang meiner Rede sprengen. Wir wollen auch knapp. Auch Adenauer ist mit einer Stim- ja gleich unseren Festredner hören, der etwas me Mehrheit gewählt worden, und er wurde ein eher gehen muss. Er hat noch eine andere Veran- großartiger Bundeskanzler. Ich wünsche dir viel staltung. Deswegen werde ich nicht eine Stunde, Glück! sondern nur eine halbe Stunde reden. (Beifall) (Heiterkeit) Es ist mir eine große Freude, Herrn Willy Hesse Ich begrüße ganz herzlich unseren Wirtschafts- begrüßen zu können, meinen Präsidentenkolle- minister, Herrn Garrelt Duin. gen aus Arnsberg.

(Beifall) (Beifall)

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Ich freue mich natürlich auch, Herrn Reinhold Wir wollen uns heute mit Europa befassen. Ich Schulte begrüßen zu dürfen, den Aufsichtsrats- darf aber mit einem Dank beginnen. Ich bedan- vorsitzenden der SIGNAL IDUNA Gruppe, ke mich bei unserem Wirtschaftsminister ganz herzlich für seinen Einsatz für das Handwerk bei (Beifall) den Koalitionsverhandlungen. Ihnen haben wir zu danken, dass wir uns in einer hervorragenden der, wie er mir vor einigen Tagen sagte, zum sie- Art und Weise in diesem Koalitionsvertrag wie- benundzwanzigsten Mal an einer Veranstaltung derfinden. Im Grunde das Beste, was der Koaliti- des NWHT teilnimmt. onsvertrag zu bieten hat. Ganz herzlichen Dank!

Für alle Kommunalpolitiker – in diesem Raum (Beifall) sind viele – begrüße ich ganz herzlich Herrn Hans-Jürgen Petrauschke. Ich bedanke mich auch bei den Fraktionen von SPD, CDU, FDP und Grünen im Landtag, die mit (Beifall) ihrem gemeinsamen Antrag Ähnliches gefordert haben. Warum ist das so wichtig, meine Damen Er kommt aus dem Rhein-Kreis Neuss. Wir ar- und Herren? Sowohl der Koalitionsvertrag als beiten gut miteinander. auch der Antrag befassen sich mit dem dualen System, mit der Meisterqualifikation, wie wir sie Meine Damen und Herren, ich komme jetzt haben. Wir brauchen diese Stellungnahmen als schon zu unserem Festredner. Ich bin sehr froh, Gefahrenabwehr gegen Brüssel. Wir brauchen dass wir für diesen Abend Herrn Herbert Reul sie dringend. gewinnen konnten, den Vorsitzenden der CDU/ CSU-Gruppe und Mitglied des Vorstandes der Wir brauchen sie aber auch als Gefahrenabwehr EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Herz- gegen alle, die noch immer einer falschen Bil- lich willkommen, Herbert! dungspolitik folgen. Sie meinen, das Leben einer Wirtschaft und das Leben einer Gesellschaft hän- (Beifall) ge davon ab, wie viele Akademiker wir haben.

Die Sternensinger der katholischen Kirchengemeinde „Heilige Familie“, Düsseldorf Stockum, mit Josef Zipfel, Willy Hesse, Andreas Ehlert, ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer, Hans-Bernd Wolberg, Minister Garrelt Duin, Professor Dr. h.c. Wolfgang Schulhoff, Herbert Reul MdEP (von links nach rechts)

Dialog Handwerk 1/2014 33 Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks

Das ist ein Fehlschluss, den man hier zieht. Wir te, als Europa gebildet wurde, immer mehr nach- sehen doch, was das duale System leisten kann. lässt. Wir waren noch von dem Gedanken getra- Wir haben zurzeit einen regelrechten Bildungs- gen, dass Europa uns Frieden bringt. Europa hat tourismus nach Deutschland. Alle wollen unser uns Frieden gebracht. Es wird auch noch weiter duales System kennenlernen. Sogar der ameri- Frieden bringen. Aber es wird auch Unruhe brin- kanische Präsident hat davon gesprochen und gen. Die Unruhe kommt aus Brüssel und kommt das Handwerk sogar in Deutsch beim Namen nicht aus den Mitgliedsstaaten. genannt, weil es so etwas Ähnliches in den Verei- nigten Staaten überhaupt nicht gibt. Wir sollten bei allem bedenken, dass nicht nur Geld das einzige Scharnier ist, das Europa zu- Wir müssen uns gegen Brüssel wehren, gegen die sammenhält. Es gibt viel mehr. Es gibt ganz an- Angriffe von dort. Ich frage mich, warum man dere Werte, die Europa ausmachen. Die Vielfalt uns nicht in Ruhe lässt, warum man den Ländern der Kulturen Europas, das ist das Bindende. nicht das lässt, was sich bewährt hat. Warum lässt man uns nicht das System, das uns groß und Ich erinnere mich an ein großartiges Buch von stark gemacht hat? Denn unsere wirtschaftliche Stefan Zweig „Die Welt von gestern“. Das war Leistungsfähigkeit hängt auch mit unserer Aus- ein großes Gemälde über den Zusammenhalt bildungsqualität zusammen. der Kultur und der Menschen vor dem Ersten Weltkrieg, vor 1914, als die Grenzen schon offen Wir haben weniger Studenten als Frankreich, Ita- waren, als man kulturell miteinander arbeitete. lien, Spanien und Griechenland, aber wir haben Dieser Mann musste ins Exil gehen, weil er Jude mehr ausgebildete Leute, die der Markt braucht. war. Er war in Brasilien in Sicherheit. Trotzdem Natürlich haben wir nichts gegen die akade- hat er sich das Leben genommen, weil er glaubte, mische Ausbildung – in gar keiner Weise. Aber dass sein Kultureuropa zugrunde geht. wir haben etwas dagegen, wenn man einseitig die akademische Bildung betont und nicht das Diese Kultur zu erhalten und diese Kultur auch Handwerk mit seiner wirklichen Bedeutung für in der Einheit zu erhalten, ist etwas ganz Wich- die Wirtschaft. tiges. Ich möchte aber keinen kulturellen Ein- heitsbrei haben. Ich möchte Europa in seiner Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ursprünglichkeit bewahren. Wir haben so viele ist nur ein Beispiel von vielen, dass Brüssel sich Kulturen wie kein anderer Erdteil in der Welt. immer stärker und in unnötiger Weise in natio- Wir sind jüdisch, christlich, abendländisch. Das nale Belange einmischt. Ich frage mich, warum. ist ein Bindeglied, das viel wichtiger ist als Geld. Es gibt viele Gründe, die dazu führen. Einer der Geld ist flüchtig. Alle Währungsunionen, die wir Gründe ist die Größe des Apparates. Wir haben bisher hatten, sind zugrunde gegangen an der 28 Kommissare, das bedeutet 28 Kabinette, 28 Di- Nichteinigkeit der Staaten untereinander. Ich bin rektoren. Die wollen auch alle etwas leisten. Und nicht gegen den Euro, nein. Ich habe zwar gegen sie leisten etwas. Das geschieht teilweise ohne seine Einführung gestimmt, aber wir haben ihn demokratische Legitimation. Das Dümmste, was jetzt, und jetzt müssen wir ihn mit Leben füllen. wir in der letzten Zeit gehört haben, ist von ei- Wir müssen ihn stabilisieren, damit er nicht noch nem Kommissar, weiter zum Sprengsatz wird.

(Heiterkeit) Im Mai findet die nächste Europawahl statt. Hier geht es um grundlegende Zukunftsfragen. Es der geschrieben hat, er wolle gegen die Ölkänn- schießen plötzlich Parteien wie Pilze aus dem chen vorgehen, die auf den Tischen stehen. Das Boden, Parteien, die nicht unser rechtsstaatliches ist natürlich eine wichtige europäische Integrati- Denken haben, die keine Europäer sind, die Anti- onsaufgabe. Europäer sind. Denen wollen wir doch nicht das Feld überlassen. Wir müssen hier gemeinsam (Heiterkeit) handeln!

Wir sehen in zunehmender Weise, dass die große (Beifall) Begeisterung, die gerade meine Generation hat-

34 Dialog Handwerk 1/2014 Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks

Ich bitte um eines, gerade wenn ich die Print- Wir werden uns mit diesem Thema noch weiter und die elektronische Presse betrachte: Wir müs- befassen, und zwar am 18. Februar 2014. Ich lade sen uns an eines gewöhnen: Dass wir nicht alle Sie alle um 10 Uhr in die Handwerkskammer Kritiker, die es gut mit Europa meinen, die mit Düsseldorf zu einem Symposium ein, das sich ge- konkreten guten Vorschlägen aufwarten, immer rade mit der Frage der Subsidiarität beschäftigen in die rechte Ecke hineinbringen und sie sofort wird. Es kommen renommierte Wissenschaftler als Stammtischprediger betrachten. Das ist in- aus ganz Deutschland, aber auch Praktiker aus tellektuell nicht redlich. Man sollte gerade auch dem Handwerk und aus anderen Bereichen. Ich auf die Leute hören, die uns mit guten Gedanken glaube, das wird eine großartige Veranstaltung. einen besseren Weg vorschlagen. Wir müssen Ich lade Sie ganz herzlich dazu ein! nämlich einen anderen Weg gehen. Es geht im umfassenden Sinne darum, welche Art von In- Ich bedanke mich herzlich bei Ihnen und wün- tegration, welche Art von Europa wir brauchen sche uns allen nach einem langen Arbeitstag ei- und zurzeit durchsetzen können. nen sehr schönen Abend. – Herzlichen Dank.

Ich bin überzeugt, wir brauchen ein Europa der (Beifall) Vielfalt, der Freiheit. Und wir brauchen ein Euro- pa der Subsidiarität. Das stand doch am Anfang der europäischen Einigung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe die große Sorge, dass die konkrete Politik Grußwort in eine andere Richtung geht: mehr Vereinheit- lichung, weniger Wettbewerb, mehr Bürokratie, Hans-Bernd Wolberg, weniger nationale, regionale und lokale Eigen- Vorsitzender des Vorstands der verantwortung. Mit einer falschen Integrations- WGZ BANK AG Westdeutsche philosophie wirtschaften wir Europa herunter. Genossenschafts-Zentralbank

Ich habe große Sorge hinsichtlich des Ergebnisses Sehr geehrter Herr Präsident Schulhoff! Sehr ge- bei der Europawahl. Ich habe große Sorge, welche ehrter Herr Minister Duin! Verehrte Gäste! Mei- Parteien in den einzelnen Ländern gewählt wer- ne sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen den. Es wäre doch schrecklich, wenn auf einmal des gesamten Vorstandes der WGZ Bank und Frankreich von einer Le Pen repräsentiert würde. auch im Namen unseres Aufsichtsratsvorsitzen- Es wäre doch furchtbar, es wäre doch entsetzlich, den, Herrn Dieter Philipp, darf ich Sie sehr herz- wenn die Eurokritiker an die Macht kämen. Das lich in unserem Hause willkommen heißen. Ich wäre furchtbar. Es würde vieles kaputtmachen, möchte auch das Willkommen meines geschätz- was wir heute noch liebevoll als unser Europa ten Vorgängers Werner Böhnke einschließen. Sie betrachten. Deshalb müssen wir uns wehren. haben ihn so freundlich begrüßt. Ich denke, es ist in seinem Sinne. Es wird keinen europäischen Bundesstaat ge- ben. Wir haben kein europäisches Staatsvolk. Das Dreikönigstreffen des NWHT in der WGZ Wir brauchen ein Europa der Vaterländer. Das Bank hat eine lange Tradition. Sie haben die Fra- ist vielleicht zu wenig. Wir brauchen ein Euro- ge gestellt, Herr Professor Schulhoff, ob das mög- pa, einen Staatenbund oder, wie Professor Paul licherweise jetzt schon Gewohnheitsrecht sei. Kirchhof gesagt hat, einen Staatenverbund. Das wäre für mich ein gangbarer Weg, wenn wir dort (Prof. Dr. h.c. Wolfgang Schulhoff: Im Rheinland, ja!) eine Konzentration vornehmen, wo wir sie brau- chen, das heißt in der Sicherheits- und Verteidi- Sie wissen, ich bin kein Jurist, ich bin nur Öko- gungspolitik, aber daneben so viel Freiheit lassen nom. Aber ich fürchte, das läuft auf Gewohn- wie eben möglich. Das ist für mich die Zukunft heitsrecht hinaus. Auf jeden Fall steht diese lan- Europas. Ich bin froh, dass wir heute mit diesem ge Tradition für die enge Verbindung zwischen Thema beginnen. dem Handwerk und der genossenschaftlichen Finanzgruppe. Und wenn Sie, lieber Herr Schul-

Dialog Handwerk 1/2014 35 Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks

hoff, davon sprechen, dass Sie sich in der WGZ gierung beschert. Aber nicht nur das, meine Da- Bank zu Gast bei Freunden fühlen, dann geht men und Herren – Sie werden es aus dem Munde das dem Vorstandsvorsitzenden wie Öl hinunter, eines Bankvorstandes nicht anders erwarten –: und dann macht er sich über Gewohnheitsrecht Im Bankwesen auch eine neue Stufe der Regulie- keine Gedanken mehr. rung, um nicht zu sagen, eine ganz neue Form des Bankwesens. Nennen wir es „Regulated Ich hoffe, meine Damen und Herren, Sie sind alle Banking“. Investment Banking war gestern. Die gut ins neue Jahr gekommen und 2014 hat sich zum Teil dramatischen Folgen für das weltweite vielversprechend für Sie angelassen. Das neue Finanzsystem sind allgemein bekannt. Was der Jahr wird viel Neues und auch viel Unvorherge- breiten Öffentlichkeit aber weniger bekannt ist, sehenes mit sich bringen. Für diese Voraussage ist der unaufhaltsame Aufstieg der Regulierung, muss man kein Hellseher sein. der Megatrend im Bankwesen. Nur diesmal nicht von angeblich bösen Bankern erdacht, sondern Auch das Jahr 2013 hat jede Menge Neues ge- von den vermeintlich Guten, den Regulatoren, bracht, Wichtiges und weniger Wichtiges, An- der parlamentarischen Bürokratie, also denen, genehmes und weniger Angenehmes. Jede und die die Banken endlich mal an die Kandare neh- jeder hier im Raum wird diese Frage für sich zum men sollen. Teil völlig unterschiedlich beantworten. Deshalb gestatten Sie mir bitte, dass auch die folgende Deren Aufgabe sollte es eigentlich sein, den Ban- Auswahl sehr selektiv ausfällt. ken solche Regeln aufzuerlegen, die zu ihrer jeweiligen geschäftlichen Ausrichtung passen. Das vergangene Jahr war insbesondere von zwei Und sie sollten es vor allem mit den Regeln nicht herausragenden Persönlichkeiten geprägt, die übertreiben. weite Teile der Weltbevölkerung sehr bewegen und bewegt haben. Weil der Eindruck noch sehr Das Gegenteil ist allerdings leider der Fall. In frisch ist, möchte ich mit Nelson Mandela begin- der Anlageberatung zeigen sich bereits die ne- nen. Der unwiederbringliche Verlust dieser groß- gativen Auswirkungen ausgeuferter Regulato- artigen Persönlichkeit, dieses bewundernswerten rik. Die von den Banken einzuhaltenden Regeln Kämpfers gegen das Unrechtsregime der Apart- sind dermaßen kompliziert geworden, dass sich heid und dieses beeindruckenden Staatsmannes viele Marktteilnehmer aus der breiten Beratung hat uns allen kurz vor dem Jahresende noch ein- bereits desillusioniert zurückgezogen haben. Der mal vor Augen geführt, was im Leben wirklich Grund: aberwitzige Dokumentationspflichten, wichtig ist: Werte wie Toleranz und Nächstenlie- ellenlange Beratungsprotokolle. Der Aufwand be sowie die Kraft und die Bereitschaft zur Ver- hierfür lohnt sich in den allermeisten Fällen gebung. schlicht und ergreifend nicht mehr; denn am Ende droht auch noch die Schadenersatzklage Damit komme ich gleich zur zweiten Persönlich- wegen Falschberatung, die auch im unbegründe- keit, dem neuen Oberhaupt der katholischen Kir- ten Fall allerhand Aufwand verursacht. che: Papst Franziskus, Hoffnungsträger für Mil- lionen, wenn nicht für Milliarden Menschen auf Die Leidtragenden dieser Form von Regulierung der ganzen Welt, sicher nicht nur für solche ka- sind aber diejenigen, zu deren Nutzen sie gedacht tholischen Glaubens. Weg von der Cathedra hin ist: die Privatanleger. Der Kunde, der eigentlich zu den Menschen, so könnte man seine Botschaft geschützt werden sollte, ist dann die längste Zeit kurz auf den Punkt bringen. Ich hoffe, es ist ihm Kunde gewesen und kann selbst sehen, wie er die nötige Zeit gegeben, seine Reformvorschläge glücklich wird. Anders ausgedrückt – vielleicht nicht nur auf die Schiene zu setzen, sondern ih- etwas sarkastisch; erlauben Sie es mir –: Opera- nen zum Durchbruch zu verhelfen. tion „Regulierung“ gelungen, Patient „Bank“ tot.

Die andere Seite dieser Medaille ist – ich darf Nun könnte man sagen: Was schadet’s der Wirt- es in Anlehnung an die Zeitung mit den großen schaft, wenn der Kleinanleger keine Aktien mehr Buchstaben etwas salopp formulieren –: Wir sind kauft? Ist doch sowieso alles von den großen nicht mehr Papst. Dafür hat uns das Jahr 2013 Playern dominiert. Aber Vorsicht, meine Damen kurz vor Toresschluss doch noch eine neue Re- und Herren: Wir müssen aufpassen, dass diese

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Art von Überregulierung nicht auch noch auf die Kreditseite übergreift. Denn schon heute zeich- net es sich ab: Durch permanentes Verschärfen der Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften für die Banken werden sich diese über kurz oder lang gezwungen sehen, Risiken abzubauen oder mindestens keine neuen Risiken mehr einzuge- hen.

Das trifft diejenigen Institute, die sich in ihrem Geschäftsmodell von jeher an der Realwirtschaft orientiert haben, besonders hart – und mit ihnen deren Kunden. Ich höre förmlich das Gezeter, wenn der Regulierungszug erst mal mit Karacho in die Kreditmärkte gerauscht ist. Das Wehkla- gen wird laut sein. Und wie immer will es hinter- her keiner gewesen sein, zumindest nicht dieje- nigen, die die Stellschrauben zu hart angezogen haben, sondern – na klar – die Banken, die keine Kredite mehr geben wollen. Von Kreditklemme wird dann die Rede sein, erstmals seit langem zu Recht.

Banker – damit muss sich unser Berufsstand nun einmal abfinden – sind im Moment die bösen Bu- ben – die bösen Buben der Neuzeit. Das sehen Sie in jedem jüngeren Film oder Theaterstück oder lesen es in aktuellen Romanen. Taucht ein Banker verlassen, sondern auf die eigene unternehmeri- auf, können Sie sicher sein, es handelt sich um sche Entscheidung und für diese geradestehen.“ den Schuft. Dieser Analyse kann ich noch uneingeschränkt Eigentlich, meine Damen und Herren, müsste folgen. Dann aber geht es so weiter: man bereits am Eingang jeder Bank ein Schild aufstellen, das den Kunden mit warnenden Wor- „Der Bedarf an solchen Managern ist groß, doch ten darauf hinweist, dass er sich beim Betreten das Angebot kaum wahrnehmbar.“ des Bankgebäudes in Gefahr begibt. Jedenfalls könnte hinterher niemand mehr behaupten, man Der Autorin kann ich nur raten: Schauen Sie hätte ihn nicht gewarnt. – In diesem Zusammen- sich mal im richtigen Lager um! – Dort gibt es hang ein Kompliment an Sie, meine Damen und eine Vielzahl verantwortungsbewusster Persön- Herren: Entweder sind Sie mutig, oder es handelt lichkeiten. Ob die sich jedoch darum reißen, als sich bei Ihnen um echte Freunde der WGZ Bank! „Banker des Jahres“ in eine Ahnengalerie mit al- lerhand unrühmlicher Nachbarschaft aufgenom- (Heiterkeit und Beifall) men zu werden, erscheint mir eher zweifelhaft.

„Banker ohne Vorbild“ titelte das „Handelsblatt“ Wir Banken befinden uns derzeit in einer Art kurz vor Weihnachten. Bei der jährlichen Preis- Schachspiel mit den Regulatoren. Da einige pro- verleihung des Blattes an herausragende Wirt- minente Vertreter unserer Zunft „Mist gebaut“ schaftsvertreter ging die Bankenbranche erneut haben, müssen wir mit Schwarz spielen, haben leer aus. Ich zitiere: keine Dame, dafür einen Bauern mehr. Unser Gegenüber hat Weiß und gleich mehrere Da- „Wir brauchen verantwortungsbewusste Banker, men, dafür weniger Bauern. Und er hat den ers- die sich nicht auf die implizite Steuergeldgarantie ten Zug, darf also die Partie eröffnen. Die Folge: Schwarz ist wahrscheinlich in weniger als zehn

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Zügen matt. Was letztlich aber nicht nur die Ban- Prof. Dr. h.c. Wolfgang Schulhoff: ken, sondern am Ende die gesamte Wirtschaft Nur einige Sätze: Lieber Herr Wolberg, ganz trifft. herzlichen Dank für Ihre nachdenklichen Wor- te. Wir Handwerker können unterscheiden und Es steht also – weitgehend unbemerkt von der würden deshalb nie sagen „die Banker“. Es sind breiten Öffentlichkeit – viel auf dem Spiel. Ich nur ganz wenige, die leider allen Bankern das hoffe, dass gerade die Politiker unter uns –es Arbeiten schwerer machen. sind nicht wenige – diese Botschaft hören. Wir sind ihre Freunde. Wir wissen, zu wem wir Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit kommen. Wir sind gerne hier. Wir wissen auch, dieser nicht gerade Zuversicht versprühenden dass wir die Banken brauchen. Wir brauchen so- Botschaft möchte ich Sie natürlich nicht in den lide Banken, wir brauchen solide Anlageformen. weiteren Abend entlassen. Selbstverständlich Sie werden uns also immer an Ihrer Seite haben. gab und gibt es auch deutliche Lichtblicke. Da- Nochmals: Ganz herzlichen Dank für Ihre Worte! mit meine ich nicht etwa das Licht am Ende des Tunnels. Hierzu zählt in jedem Fall die robuste (Beifall) gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutsch- land. Das Handwerk hat daran wie immer maß- Manchmal ist man doch viel zu schnell. Ich geblichen Anteil. möchte noch zwei Begrüßungen nachholen. Für die elektronische Presse begrüße ich ganz herz- Aber auch wenn es nicht gerade en vogue ist, lich die Leiterin vom Landesstudio Nordrhein- möchte ich als Hausherr in aller Bescheidenheit Westfalen, Frau Dorthe Ferber. Danke, dass Sie eines hinzufügen dürfen: Auch die Banken leisten da sind. hierzu ihren Beitrag, indem sie die Unternehmen mit Rat und Tat bei ihren Investitionsentschei- (Beifall) dungen und anderen geschäftlichen Aktivitäten zuverlässig begleiten. Für die Printpresse begrüße ich ganz herzlich Holger Steltzner, der heute unsere Nachmittags- (Beifall) veranstaltung hervorragend moderiert hat. Ganz herzlichen Dank! Abschließend, meine Damen und Herren, bleibt mir noch, Ihnen und Ihren Familien ein glückli- (Beifall) ches, gesundes und erfolgreiches neues Jahr zu wünschen. Genießen Sie den heutigen Abend Und jetzt wünsche ich uns eine gute Vorspeise. in unserem Hause als Gäste des NWHT, einen Danach spricht Herbert Reul zu uns. sicherlich interessanten Festvortrag von Herrn Reul, das Menü und weitere anregende Gesprä- che. – Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerk- samkeit.

(Beifall)

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Festansprache anstrengen und was bewegt haben, wahrschein- lich aber auch, weil vor ein paar Jahrzehnten ein Herbert Reul MdEP paar Menschen eine kluge Entscheidung getrof- Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe fen haben, als sie sagten: Wir machen dieses eu- im Europäischen Parlament ropäische Projekt.

Herr Präsident Wolfgang Schulhoff! Sehr geehr- Wir haben damit nämlich erreicht, dass hier in ter Herr Präsident des Deutschen Handwerks! Europa keine Auseinandersetzungen und Kriege Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine Damen mehr stattfinden, dass es solche Reibungsverlus- und Herren! Ich freue mich sehr, heute ein paar te nicht mehr gibt, sondern dass man sich zusam- Worte zu Ihnen sagen zu dürfen. menschließt, dass man von den Stärken der an- deren profitiert, dass denjenigen, die Schwächen Ich freue mich sehr über die Einladung, will aber haben, geholfen wird, und dass man ein Stück- vorab Ihnen allen und Ihren Familien und auch chen gemeinsam vorankommt. Hier in Europa Ihren Unternehmen ein gutes, erfolgreiches neu- ist eine Situation entstanden, in der man wirklich es Jahr wünschen. Das Jahr 2014 soll noch besser – da braucht man keine großen Beschreibungen werden als das Jahr 2013 – und das war schon zu machen – sagen kann, hier leben die Men- nicht schlecht. Ich wünsche uns allen, dass wir, schen in Frieden und in Wohlstand wie kaum wenn wir am Ende des Jahres oder zu Beginn woanders auf der Welt. Das sind 500 Millionen des nächsten Jahres zusammenkommen, sagen Menschen, in Deutschland 80 Millionen Men- können: Es hat sich gelohnt, dass wir uns in dem schen. Auf der gesamten Welt gibt es sieben Jahr angestrengt haben, denn wir sind ein Stück Milliarden Menschen. Nun brauchen Sie keine weitergekommen. So ist das ja in Ihrem Leben, großen mathematischen Kenntnisse, um festzu- im Wirtschaftsleben, aber auch im Politikerleben, stellen, dass der Rest wesentlich mehr ist als wir. man kommt immer nur ein Stück weiter. Alles Übrigens: Demnächst werden es neun Milliarden bekommt man selten hin. Menschen sein. Es geht schlagartig schnell voran.

Deswegen gehe ich auch bei den Ansprüchen, Jetzt würde sich doch jedes schlichte Gemüt, wohin ich will und was ich erreichen will, mehr wenn wir einmal nach vorne sehen, die Frage nach der Methode Merkel vor, Step by Step und stellen – die interessiert mich und darum enga- nicht große Sprüche zu machen, die man nachher giere ich mich in der europäischen Politik –: Wie nicht hinbekommt. geht es eigentlich weiter? Wird das so weiterge- hen, dass es den 500 Millionen oder den 80 Mil- Aus dem Grunde möchte ich gern heute zu Be- lionen so gut geht und die restlichen Milliarden ginn des Jahres mit ein paar Überlegungen ein- sagen: Super, wir machen weiter so? Oder aber: steigen, die dieses Jahr kennzeichnen. Wenn Sie Könnte es sein, dass diese sieben Milliarden, die sich die Zeitungen anschauen, dann lesen Sie von übrigens nicht nur mehr, sondern auch noch jün- Flüchtlingsströmen, von Armutswanderung, Sie ger sind – ich verrate ein kleines Geheimnis; blöd lesen von Kriegen in der Welt, von Menschen, sind die auch nicht –, möglicherweise auf die die hungern, von Menschen, die, weil sie hun- Idee kommen, sich in den Wettbewerb einzulas- gern, weil sie um Rohstoffe kämpfen, sich kriege- sen – das nennt man dann globalen Wettbewerb – risch auseinandersetzen. Alles das lesen Sie. Nur und diese Auseinandersetzung vielleicht gewin- hier bei uns in Europa leben wir in Frieden und nen? Wer sagt eigentlich, dass in zehn Jahren die in relativ gutem Wohlstand. Das ist, denke ich, Situation noch so ist, wie sie heute ist? die richtige Beschreibung zu Jahresbeginn 2014. Das ist nicht so schlecht, um einmal einen ersten Ich habe drei Töchter, und ich bin ein bisschen Punkt zu machen. unruhig, ob ich denen sagen kann: In zehn Jah- ren geht es euch noch so gut wie heute. Das kann Wenn Sie sich anschauen, warum das so ist, wie- ich ihnen nicht mehr mit Sicherheit sagen, weil so das so gekommen ist, kann man schon zu- zumindest der Tatbestand „sieben Milliarden rückschauen und sagen: Wahrscheinlich ist das oder später neun Milliarden“ Menschen die Fra- so, weil wahnsinnig viele fleißige, engagierte, ge aufwirft, könnte es sein, dass möglicherweise kluge, tolle Menschen unterwegs sind, die sich

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die anderen an uns vorbeiziehen. Die Frage be- als junger Kerl ein Radiogerät, ein Fernsehgerät schäftigt mich. oder ein Tonbandgerät gekauft habe, da war das von Grundig oder von Braun. Wenn Sie heute in Eines ist für mich klar: Zu glauben, dass wir das solche Läden gehen, finden Sie nur noch südko- als Deutsche allein machen, weil wir so super reanische Firmen. Auf gut Deutsch: In einigen stolz und toll sind, das ist wirklich ein Aberwitz. Branchen ist längst was passiert, wahnsinnig viel Wenn das überhaupt gelingt, dann nur, wenn passiert. Ganze Märkte werden mittlerweile von wir uns in Europa zusammentun und die 500 Unternehmen bestimmt, die außerhalb Europas Millionen Menschen einen gemeinsamen Markt sind. Das macht es notwendig, darüber nachzu- machen, eine gemeinsame Veranstaltung, ein ge- denken, ob es nicht lohnend ist, diese Verände- meinsames Projekt. Das ist für mich die zentrale rung dadurch aufzugreifen, indem wir uns in Begründung für das Morgen, warum ich sage: Europa anstrengen und zusehen, wie wir den Dieses Europaprojekt ist es wert, dass man sich Wettbewerb gewinnen können. Diesen Wettbe- anstrengt und schaut, ob man das hinkriegen werb gewinnen heißt, dafür zu sorgen, dass man kann, wie man es schaffen kann und wie man die Fehler, die passiert sind, die Fehler, die vor- das, was nicht gut läuft oder nicht gut gelaufen handen sind, die Fehlentwicklungen, die es gibt, ist, vielleicht korrigieren, verbessern oder besser korrigiert. Ich habe noch nie in meinem Leben er- gestalten kann. lebt, dass ich Fehler dadurch wegbekomme, dass ich darüber eine Woche diskutiere. Ich schaffe 500 Millionen Menschen verbrauchen 50 Pro- das nur, wenn ich anpacke. Ich glaube, ich bin zent der Sozialausgaben auf der Welt. Wie soll in einem Kreis von Menschen, der das so ähnlich das eigentlich gehen? 90 Prozent des Zuwach- sieht. ses der Produktion in der Welt in den nächsten zehn Jahren findet außerhalb Europas statt. Man Was nützt es, wenn ich von morgens bis abends kann es auch ganz praktisch sagen: Als ich mir darüber meckere, was in Griechenland schief-

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läuft? Gar nichts. Die Frage ist: Woran lag es, und Genau das ist jetzt passiert. Diese Regeln gibt es wie kriegen wir die Fehler weg? Wenn ich die nun. Es gibt jetzt Regeln, die heißen: Die Fakten Analyse einmal schlicht und einfach mache, gab werden präzise überblickt. Die europäischen Be- es zwei große Probleme: Das erste Problem war, hörden haben mehr Macht und Einfluss. Und es dass sich die Staaten zu sehr verschuldet haben. gibt einen automatischen Sanktionsmechanis- Sie haben sich nicht an die Absprachen gehalten. mus. Ich kann auch ganz banal sagen, was wir im Deswegen sind die anderen Staaten, die auch die kommunalen Bereich längst kennen: Wenn sich gleiche Währung haben, in große Gefahr gekom- eine Kommune zu sehr verschuldet, kommt die men. Die Griechen waren da besonders gelun- Kommunalaufsicht und kümmert sich. Notfalls gene Exemplare. Aber sie nicht allein. Vorsicht! wird ein Kommissar hingeschickt. 68 Mal ist diese Absprache gebrochen worden. Deutschland war daran auch einmal beteiligt. Ich Das ist natürlich bei Staaten, die sich zusammen- sage das, damit wir uns daran erinnern. tun, viel komplizierter. Darum hat das auch so lange gedauert. Viele sagen: Warum macht ihr Daran erinnern mich manchmal griechische Kol- das nicht ein bisschen schneller? Ja, ich wäre legen. Ich finde, es ist auch nur fair, daran zu er- auch für schneller. Wer mich kennt, der weiß, innern. Als nämlich die Großen, Frankreich und dass ich immer für schnell bin. Aber das ist doch Deutschland, gesagt haben: „Wir halten uns nicht das Problem, dass die Staaten auf einen wesent- mehr an die Regel, die blauen Briefe interessie- lichen Teil ihrer Souveränität verzichten müssen ren uns nicht mehr, wir interpretieren das dann – auf die Finanzhoheit. Da greift ihnen notfalls anders“, in dem Moment war die Tür auch für jemand in die Kasse. jeden anderen auf, zu sagen: Das machen wir auch so. Ich will nicht ablenken von dem, was Ich erinnere mich noch daran, als Herr Trichet da an richtig radikalen Fehlern passiert ist. Da ist den Karlspreis bekam und er als eine seiner betrogen worden, da sind falsche Daten geliefert Thesen erklärte: Wir brauchen am Ende dieses worden. Das stimmt. Darüber könnte ich den Prozesses einen europäischen Finanzminister, ganzen Abend reden. Nur: Das ändert überhaupt jemanden, der sich da einmischen kann. Herr nichts. Das Problem ist da, und die Ursache ist, Schäuble saß ein paar Reihen vor mir und zuckte dass offensichtlich der Mechanismus, mit dem damals noch zusammen. Mittlerweile erklärt er wir versucht haben, das in den Griff zu kriegen, das selber als politisches Konzept. nicht ausreichend war. Denn ein fröhliches Ver- sprechen reichte nicht. Wenn man eine gemeinsame Währung will, dann muss man natürlich auch gemeinsam einen Da muss es Regeln geben. Daran arbeitet die Poli- automatischen Sanktionsmechanismus regeln, tik seit einigen Jahren. Seit die Krise da ist, arbei- und es muss auch eine Stelle in Europa geben, tet die nationale und europäische Politik daran, die die Kompetenz hat, einzugreifen. Sonst geht Lösungen zu finden, wie man es hinbekommen es nicht, oder man lässt es sein. Wir haben uns kann, dass das möglichst nicht mehr passiert. entschieden, es zu wollen, also muss der zweite „Nie“ sollte man in der Politik nicht sagen. Schritt auch erfolgen, weil er vorher vergessen worden ist. Die Hauptantwort ist eigentlich eine sehr bana- le. Die heißt: Es muss sichergestellt sein, dass Der zweite große Bereich – ich muss es kurz ma- die Staaten sauber kontrolliert werden, ernsthaft chen –, in dem Probleme entstanden sind, waren kontrolliert werden, dass auch die europäischen die Banken. Es waren nicht alle Banken, damit Behörden richtig hinsehen, und dass die Daten, das klar ist. Das wird zwar immer erzählt, aber die geliefert werden, korrekt sind und dass es ei- ist natürlich Quark. Im Bankenbereich sind Ge- nen Mechanismus gibt, dass automatisch einge- schäfte gemacht worden, die nicht in Ordnung griffen wird, wenn sich jemand zu sehr verschul- waren und die uns in größte Schwierigkeiten det. Da darf nicht mehr im Rat diskutiert werden, gebracht haben. Das ist so. Dafür braucht es da kann nicht mehr interpretiert werden, sondern auch Lösungen. Die Antwort ist: Wir brauchen dann muss automatisch sanktioniert werden. im Bankenbereich europäische Antworten, weil es offensichtlich nicht sein kann, dass jeder die Bankenaufsicht, die Abwicklung von Banken

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nach den Mechanismen macht, wie es ihm ge- Natürlich sind nicht alle Banker das Problem. fällt. Wenn wir Regeln haben, dann müssen die Übrigens: Alle Politiker sind auch nicht blöd und vielmehr vergleichbar sein, ähnlich sein, gleich schlimm; das als kleiner Nebensatz. Das ist eine sein. Das hinzukriegen war schwierig. Das war Schwierigkeit, mit der unsereins den ganzen Tag übrigens deshalb schwierig, weil sich zum Bei- herumrennt. Auch da gibt es durchaus verschie- spiel meine Truppe im Europäischen Parlament dene Menschen, wie in jedem anderen Beruf. So natürlich wahnsinnig schwer getan hat zu sagen: ist das Leben. Ja, wir sind für eine gemeinsame europäische Aufsicht bei den Banken, aber wir wollen nicht, Das ist die zweite große Aufgabe, die gelöst wer- dass jede Kreissparkasse, jede Volksbank von den muss. Die Fehler müssen korrigiert werden. Brüssel beaufsichtigt wird. Das ist Quark. Das Ich habe jetzt einmal zwei zentrale Fehler ge- brauchen wir nicht. Es muss doch auch noch Lö- nannt. sungen geben, die da heißen: Die international tätigen Banken werden von Brüssel in den Blick Damit so etwas nicht wieder passiert, braucht genommen, aber die anderen können doch über man Instrumente. Auch dazu habe ich zum Teil nationale Bankaufsichten, wenn die denn richtig eine Antwort gegeben. Das ist mühsam und irr- konstruiert sind, wenn sie nach gleichen Regeln sinnig kompliziert und schwierig, weil 28 Staa- arbeiten, überwacht werden. Wieso denn nicht? ten Ja sagen müssen und ein Parlament Ja sagen Wir haben es auch geschafft, das aufzubrechen muss. Das ist ein Prozess, der leider Zeit braucht. und zu verändern. Ich bin überrascht, mit welcher Schnelligkeit Das heißt, am Anfang war eine große Bedro- wir da vorangekommen sind. Auch diese Aus- hung, und über Diskussionen ist das verändert sage muss an der Stelle einmal sein: Wir wären worden. Das hängt davon ab – den kurzen Satz noch lange nicht so weit, wenn es da nicht eine muss ich dann doch mal sagen –, wer die Mehr- politische Kraft wie Angela Merkel gegeben hät- heiten hat, ob man Mehrheiten für ein Projekt hat te – das ist auch die Wahrheit –, die mit klarem oder nicht. So ist das in der Demokratie. Sonst Kurs, mit Verlässlichkeit und ohne Wackeln und geht es schief. Zucken die Sache durchzieht, auch dann, wenn der Widerstand kommt. Jetzt diskutieren wir über den Abwicklungsme- chanismus. Wir diskutieren darüber, was denn Man muss eben auch sagen: Wenn du die Aufla- passiert, wenn eine Bank pleite geht. Keiner will, gen bekommst, dass du deine Schulden abbauen dass am Ende der Steuerzahler zahlt. Darüber sollst, dann sind wir auch bereit, dir zu helfen. haben wir uns alle aufgeregt. Dafür braucht es Das ist die simple Antwort: Solidarität und Ei- Regeln. In Deutschland haben wir das Problem genverantwortung. Jeder bekommt Hilfe, aber nicht, aber in ganz Europa haben wir es. Wir ha- er muss auch seinen eigenen Job erfüllen. Das ben doch erlebt, was es heißt, wenn in Spanien müsste beim Handwerk doch große Jubelstürme Banken reihenweise zusammenkrachen. Dann auslösen. Nur so geht es. Das ist aber politisch kommt am Ende nämlich der Ruf: Da muss uns umstritten. Ich sage das, damit wir uns da nichts irgendein anderer helfen. Es gibt auch kluge po- vormachen. Es gibt auch in der Politik Menschen, litische Kräfte, die dann sagen: Dann machen wir die der Meinung sind, wir müssten das mit Euro- so etwas wie eine gemeinsame Finanzierung aus bonds lösen, also nach dem Motto, dass notfalls dem großen Topf - um es einmal ein bisschen die ganze Truppe alles bezahlt. Dann geht aber praktisch zu sagen. die Party weiter, und es wird kein Problem ge- löst. Wenn man das nicht will, braucht man Regeln. Die sind nur leider sehr kompliziert. Daran wird Das heißt, Europa ist im Moment an sehr vielen im Moment gearbeitet. Ich hoffe, dass es uns ge- Stellen beteiligt an der Antwort auf die Frage: lingt, auch da eine differenzierte Lösung zu fin- Geht es so herum oder so herum? Insofern bin den, die den Unterschiedlichkeiten gerecht wird, ich sehr dankbar, dass Sie sich in diese Debatten die aber trotzdem dafür sorgt, dass das Problem einmischen. Sie mischen sich doch auch in die gelöst wird. Debatten in Berlin ein, Sie mischen sich in die De- batten in Düsseldorf ein. Man muss sich genau

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so einmischen, wie es das Handwerk in Brüssel da anders?“– Die sind neugierig. Die suchen da schon mit langer Tradition macht, an solchen auch nach Lösungen. Es gibt in Griechenland, Stellen, wo es um die Wurst geht, wo man sagt, wenn ich das richtig gehört habe, jetzt den ersten wie die Weiche gestellt werden soll. Eigenverant- Versuch, die duale Ausbildung an einer Stelle im wortung und Sparen! berufsbildenden System zu probieren.

Wir haben gestern den griechischen Premiermi- (Beifall) nister im Parlament zu Besuch gehabt. Besuch ist vielleicht falsch; denn er ist jetzt der Präsident Ich bin ganz sicher, solch eine Zelle wird hun- des Rates. Er hat vorgetragen, und er hat bei die- dertprozentig Schneeballsystemwirkung haben. sem Vortrag auch unterschiedliche Debatten her- Das Hauptproblem in diesen Staaten besteht ne- vorgerufen. Es gibt im Europäischen Parlament ben den Problemen, die ich benannt habe, auch natürlich Leute, die der Meinung sind, wir müss- darin, dass sie zwar eine hochqualifizierte Aus- ten mit diesen klaren Sparanstrengungen aufhö- bildung haben, aber nicht am Markt. Die passt ren, und es gibt andere, die der Meinung sind: nicht zu dem, was in der Wirtschaft gebraucht Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass jeder in wird. Was nützt das? seinem Bereich seine Sparanstrengungen macht und seine Schulden herunterschraubt. Er muss Ich bin mir relativ sicher, Herr Schulhoff: In Zu- dann Strukturreformen durchführen, damit er kunft werden die Debatten über die Besonder- vorankommt. – Das ist doch klar. Um das einmal heiten des deutschen Ausbildungssystems, wenn ganz platt zu formulieren: Wie will man, wenn andere das auch haben, ganz anders verlaufen. man kein ordentliches System hat, um Steuern Möglichst viele mit dieser tollen Idee anzuste- zu erheben, Steuern einnehmen? Das muss alles cken ist die beste Wirkung, die wir erzielen kön- geleistet und nachgearbeitet werden. Auch das nen. Wenn es so etwas an vielen Stellen in Europa dauert seine Zeit. gibt, dann gibt es keine Debatte mehr, dass alles gleich werden muss, weil sich die Frage dann er- Aber man braucht auch Impulse – das halte ich ledigt hat. für wichtig –, wie es denn weitergeht, wie man Wachstum in Gang bekommt. Man muss auch Dazu gehört, dass wir uns im Bereich von Inno- überlegen, wie man in diesem europäischen vation und Forschung voranbewegen. Ich kann Raum im Wettbewerb der sieben und später das jetzt nur stakkatohaft nennen, will Ihnen aber neun Milliarden Menschen hinbekommt, dass auch ein paar Beispiele liefern. man vorne ist. Ich halte nichts von diesen Sprü- chen, worüber wir in Brüssel oft diskutiert ha- Forschung zu machen ist nicht nur eine Fra- ben: Wir wollen der wettbewerbsstärkste Raum ge von mehr Geld. Wir haben im Europäischen der ganzen Welt werden. Lissabon-Strategie und Parlament vor einem Jahr eine Debatte über die wie das alles heißt. Ich halte mehr davon, jetzt Höhe des Etats gehabt. In meiner Fraktion hat sorgfältig darüber nachzudenken, wie man es sich dann die Mehrheit durchgesetzt, die meinte, hinbekommt. wir müssten mehr Geld von den Mitgliedsstaa- ten fordern. Davon, in einer solchen Zeit mehr Die erste Feststellung ist: Man muss besser als die Geld zu fordern, habe ich gar nichts gehalten. Da anderen sein. Man muss gut sein, richtig gut sein. nimmt man die Realität nicht zur Kenntnis. Man Dazu hat der Präsident eben schon einen Hin- muss in diesen Tagen die Antwort geben, ob wir weis gegeben. Eine wesentliche Voraussetzung in der Politik die Kraft haben – wie heute auch dafür ist gute Ausbildung, eine Topausbildung, schon in jedem Stadtrat –, mit den vorhande- und zwar breit, sowohl Hochschule als auch nen Mitteln die Schwerpunkte neu zu justieren. duale Ausbildung, Meisterprüfung – die ganze Wenn Forschung und Innovation wichtig sind, Palette. Da hat sich in den letzten Monaten et- dann muss woanders etwas weggenommen wer- was geändert. Durch die Krise bedingt sind jetzt den. Das ist der unangenehme Teil, den ja kei- die Kollegen in Griechenland, Spanien und von ner gerne macht. Aber dieser Teil muss gemacht sonst wo unterwegs und fragen: „Herbert, wie werden. Der wird schwierig. Da darf sich keiner ist das denn mit dem dualen Ausbildungssystem etwas vormachen. Diese Frage wird Europa noch bei euch? Davon hört man so viel. Was ist denn zu beantworten haben.

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Wenn wir dann im Forschungsbereich Antwor- ist übrigens nichts Neues, abgeschaut bei Jürgen ten geben – jawohl, wir wollen Schwerpunkte Rüttgers‘ BioRegio-Wettbewerb, abgeschaut bei setzen –, dann muss man sagen, wie. Als wir die der deutschen Einheit Max Planck/Neue Bundes- Forschungsdiskussion hatten, haben sich Kol- länder. Genau so ist es da gemacht worden. legen aus Osteuropa sehr schnell zu Wort ge- meldet und gesagt: Es ist doch ungerecht, dass Ich glaube, mit solchen Methoden kann man For- das ganze Forschungsgeld nach Großbritanni- schung, Forschungspolitik und Innovation an en, Frankreich und Deutschland geht und wir anderen Stellen neu in Gang setzen. Das ist doch so wenig erhalten. Wenn ich das schon in dem die einzige Antwort, die mir dazu einfällt. Die Zusammenhang höre! Das ist nicht ungerecht, Antwort, noch mehr Geld auszugeben, um die sondern logisch, weil sich die Spitzenforschung Löcher zu stopfen, ist keine. Die Antwort heißt: eben in diesen Staaten befindet. Forschungspo- Jeder muss sparen, muss seinen Job machen. Je- litik in Europa macht nur Sinn, wenn wir die der muss seine Strukturreform machen, aber wir Exzellenz noch stärker machen, das Beste noch tun auch etwas dafür, um solche Innovationen stärker machen. Die Gießkanne ist da, um es ein- voranzubringen. mal verkürzt zu sagen, idiotisch. Aber da drohte die Gefahr – das ist doch klar –, dass dann, wenn Übrigens: Da gab es ein kleines Projekt „Reform- der Druck kommt – so ist das meistens –, gesagt verträge“ von Angela Merkel in den Koalitions- wird: Verteilen wir einmal ein bisschen gerech- verhandlungen, an denen ich erstmalig als Euro- ter. papolitiker erfreulicherweise beteiligt war. Die Idee ist relativ simpel. Wenn ein Staat zusätzli- Das ist nicht passiert, wie ich Ihnen vermelden ches Geld haben will, weil er in Not ist, bekommt kann. Wir haben es durchgehalten. Wir haben es er für ein Projekt zusätzliches Geld, wenn er in ei- geschafft, die Forschungsmittel weiter zu kon- nem Vertrag bei der Kommission unterschreibt, zentrieren, allerdings auch, weil wir eine klitze- welche Bedingungen er erfüllt, was er an Gegen- kleine neue Idee eingeführt haben. Ich will sie leistung erbringt. beschreiben, weil sie von mir ist. Das war bei den Koalitionsverhandlungen (Heiterkeit) schwer umkämpft, weil darüber zwischen den Parteien keine Einigkeit bestand, ob das der rich- Ja, man muss ehrlich sein. Ich erzähle von dieser tige Weg ist. Das klingt dann schon wieder nach Idee, weil sie vielleicht das Denken erklärt, das „knebeln“, „unterdrücken“. Nein, das ist fair. ich Ihnen nahebringen will. Man erhält Hilfe, wenn man auch selber einen Beitrag leistet. Dann kann daraus etwas entste- Wir haben ein paar Hundert Millionen € vorge- hen. sehen für ein Projekt, das Teaming for Excellence heißt. Den Namen können Sie vergessen. Es geht Ich nenne noch ein weiteres Beispiel zum For- um die Idee, dass sich ein exzellentes Forschungs- schungs- und Innovationsbereich. Darüber kann institut mit einer forschungsschwachen Region man lange diskutieren. Ob es so besonders intel- zusammentut und sich in einem Wettbewerb um ligent ist, dass wir in Deutschland bei erneuerba- die Gelder bewirbt. Die Gelder gibt es also nicht ren Energien das Geld zum Fenster rausschmei- nach dem Gießkannenprinzip oder nach irgend- ßen, habe ich noch nicht verstanden. Ich habe welchen Antragsverfahren, sondern nach einem nie verstanden, warum man riesige Summen an Wettbewerb. Es werden Projekte ausgeschrieben. Geld ausgibt und alle dazu klatschen. Die Preise Man muss sich bewerben. Es müssen sich immer gehen hoch wie eine Rakete. Die Bürger bezah- zwei zusammen bewerben. Zum Beispiel: Max len immer mehr. Wir bekommen Energie-Ar- Planck aus München mit der Region Sofia in Bul- mutsprobleme. Die Industrie hat Probleme. Jetzt garien. Sie machen ein Projekt, gewinnen, erhal- macht Brüssel noch Probleme, weil die zu Recht ten das Geld. Das Geld geht nach Sofia. In Sofia sagen, das sei nicht in Ordnung. wird das investiert. Es kommen Strukturförder- mittel dazu. Da werden die besser eingesetzt Man könnte ja auch einmal darüber nachdenken, als für noch eine Küstenstraße in Griechenland. ob man die Euros an den Stellen investiert, wo Dann kann sich daraus etwas entwickeln. Das man die höchste Wirkung erzielt. Das ist übri-

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gens etwas ganz Banales. Das wusste schon mei- Ich habe die Beispiele genannt, um Ihnen von ne Oma: Man muss das Geld da investieren, wo diesen zentralen Fragen zu erzählen, wie es in du die höchste Wirkung erreichst. Wieso machen der Zukunft weitergeht. Da könnte Europa zum wir nicht Solarkraftwerke in Griechenland? Wie- Teil helfen, erneuerbare Energien europaweit so lenken wir die Mittel, die hier investiert wer- zu fördern, statt in Deutschland das Geld zum den, in irgendwelche Solaranlagen, wo nur ab Fenster rauszuschmeißen. Wieso machen wir ei- und zu die Sonne scheint? Mit demselben Geld gentlich nicht ein Fördersystem auf europäischer können Sie eine vielfache Wirkung da erreichen, Ebene? Wieso bauen wir nicht die Netze aus? wo viel Sonne ist. Die Griechen bräuchten kein Wieso trauen wir uns nicht, zu sagen: An der Stel- Erdöl mehr zu kaufen, sie hätten eine eigene Ver- le wäre mehr Europa doch klug und intelligent? sorgung, und sie könnten auch noch Strom ver- Stattdessen wird im Bundeswirtschaftsministeri- kaufen. um – so befürchte ich es –, im Moment die Rolle rückwärts organisiert, um das, was in den Koa- Ich weiß – Hildegard Müller als Oberprofi sitzt litionsverhandlungen sehr bescheiden mit dem hier –, so simpel ist die Nummer auch nicht. Es Bremsen angefangen hat, noch weiter zurück- ist komplizierter, aber es geht. Und es ist we- zuschrauben. Dazu sage ich Ihnen jetzt schon in nigstens mal eine Idee, die nach vorne zeigt, und aller Fröhlichkeit: Dann gibt es aber Krach, auch nicht die Verwaltung des Problems. Diese Idee in meinem Verein, weil das unverantwortlich ist. würde dazu führen, dass man dann auch Lei- tungen in Europa braucht. Was wäre denn daran Wir haben in Europa die ganz wichtige Frage, schlimm, wenn wir in Europa ein ordentliches wie wir Wachstum vorantreiben können. Ein ele- Verbindungsnetz für Energie hätten? mentarer Punkt für die Frage „Wachstum“ sind neben Technologie, Innovation und Qualifikati- Wenn es richtig ist, dass wir Wachstum wollen, on auch günstige und verlässliche Energiequel- dann muss man doch auch dafür sorgen, dass len. Da stehen wir in Europa nicht besonders gut diese erneuerbaren Energiequellen produktiv da. Wenn in Amerika die Energiekosten die Hälf- genutzt werden können. Wir wissen alle, dass te unserer Kosten betragen, dann kann ich Ihnen die ab und zu mal ausfallen. Ich meine, wir kön- sagen, wohin die großen Konzerne gehen wer- nen verabreden, dass wir der deutschen Bevöl- den. Das ist doch glasklar. BASF hat schon die kerung erzählen: Wenn der Strom ausfällt, weil erste Entscheidung getroffen. Wir können sagen, kein Wind oder keine Sonne da ist, wird Fern- das macht uns nichts aus. Dann ist es halt so. Ich sehen eben einmal eine Stunde ausgemacht. Das halte das aber für ein Riesenproblem. werden sie aber nicht mitmachen, und zwar zu Recht. Damit bin ich bei meinem fast Lieblingsthema, nämlich dem Thema, wie wir in Europa eigent- Wir könnten auch über solche Auffangstabilisa- lich wieder nicht nur eine Begeisterung, sondern toren nachdenken, die wir in Deutschland dis- auch eine Politik dafür hinbekommen, dass wir kutieren, also Kraftwerke, die wir vorhalten, die sagen: Jawohl, wir wollen Industrie und Wirt- aber nur dann angeworfen werden, wenn der schaft in Europa haben. Ich habe den Eindruck, Ausfall da ist. Darum sind die ja so teuer. Das ist in den letzten Jahren hat die europäische Politik – unser riesiges Problem im Moment. Man kann manchmal auch die deutsche Politik – vorrangig so etwas auch ausgleichen, indem man Kohle- darüber nachgedacht, mit welchen neuen Rege- kraft aus Polen holt, wenn Leitungen vorhanden lungen wir das Leben qualifizierter machen kön- sind. Man kann auch diskutieren – in Deutsch- nen, man könnte auch sagen: der Industrie das land vielleicht nicht –, ob man Kernenergie aus Leben erschweren können. Was da manchmal Frankreich nutzt, wenn Not am Mann ist. Wieso beschlossen wird, ist erschreckend und fürchter- nicht? Man kann auch darüber diskutieren, ob lich. man nicht, wenn man zu viel Strom produziert hat, ihn skandinavischen Ländern gibt. Da gibt Wolfgang Schulhoff, ich stimme dir zu. Aber das es nämlich Möglichkeiten, Pumpspeicher zu nut- sind nicht die Regeln allgemein und für sich. Ich zen und den Strom so zu speichern. Bei uns geht bin für mehr Regeln und für die richtigen Regeln das nicht oder kaum. im Bankensektor. Ich bin für mehr Regeln, damit die Staaten sich nicht verschulden. Aber ich bin

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für weniger Regeln in dem Bereich Klimaschutz vielleicht zu viel zumuten, ob wir vielleicht ein- und Sonstiges, um das einmal klar zu sagen. Da mal eine Vorschrift weniger machen sollten. ist nach meiner Einschätzung maßlos übertrieben worden. Was soll das eigentlich? Ich sage Ihnen auch in aller Ehrlichkeit: Das ist nicht immer nur eine blöde Idee von Politikern Ich gebe zu, ich habe da immer einen alten Ka- oder Beamten, sondern da kommen manchmal lauer. Ich habe drei Töchter, und ich hätte nichts auch ganz tolle Vorschläge aus dem Kreis der dagegen, wenn sie in einer gesunden Umwelt Wirtschaft. Ich sage das, damit wir uns da alle groß werden, aber ich hätte auch nichts dagegen, ehrlich an die Hand nehmen. Ich könnte Ihnen wenn sie auch einen Job haben. Genau so ist das. Teile der Wirtschaft benennen, die mir mit sehr Wieso sehen wir das eigentlich nur so einseitig? guten Argumenten erzählen, dass wir im Bereich Jeder, der Energiepolitik macht, weiß, dass es der Energieeffizienz noch viel mehr machen um die Energieversorgungssicherheit geht, dass müssten, dass wir viel höhere Ziele anstreben es um günstige Preise und um Klimasicherheit müssten. Wir müssten den Häuslebauern noch geht. Es geht aber um drei Elemente und nicht viel mehr Vorschriften machen. Das verstehe nur um eines. ich, weil man dann noch ein paar Geräte mehr verkaufen kann. Das ist auch nicht böse gemeint. Seit 2007/2008 macht sich fast die ganze Republik Ich habe dafür volles Verständnis. Ich bitte aber – in Europa ist es genauso – verrückt, weil wir in diesen Tagen, Wochen und Monaten, in denen alles nach einem Ziel ausrichten. Das führt dazu, wir Probleme haben, gemeinsam nachzudenken, dass wir wie die Weltmeister noch eine neue Ver- ob das die erste Priorität ist oder nicht. ordnung, noch eine neue Richtlinie, noch eine Vorschrift und noch eine machen. Dann klagen Das endet dann in diesen Ökodesignvorschrif- am Ende alle. Ich wünschte mir, wenn man, be- ten. Die kennen Sie wahrscheinlich nicht. Aber vor das losgeht, sagte: Das wollen wir gar nicht. eine Glühbirne kennen Sie. Das betrifft das Wir wollen eine Ausgewogenheit. Wir wollen ein Glühbirnenverbot. Duschkopf, Staubsauger – bisschen Verlässlichkeit. – Wir haben in Europa ich könnte noch eine ganze Palette nennen. Das beschlossen, die Energieeffizienz um 20 Prozent sind dann genau die Konsequenzen solcher Ver- zu steigern, wir haben beschlossen, wir wollen anstaltungen, wo der normale Bürger fragt: Ha- 20 Prozent erneuerbare Energie und 20 Prozent ben die in die Brüssel eigentlich nichts anderes

weniger CO2. Das kommt jetzt langsam in die zu tun? Diese Menschen, die so fragen, haben Zielgerade. Recht. Deswegen muss in der Europapolitik da- für geworben werden, dass wir uns mehr auf die Wir stehen vor der Frage, ob wir das weitertrei- wirklich zentralen Fragen konzentrieren, uns da ben wollen. Ich könnte Ihnen reihenweise Kol- auch für mehr Europa einsetzen, weil uns sonst legen nennen – Sie würden sich wundern, von die Hütte abbrennt oder meine Töchter in zehn welchen Parteien die alle sind; aber das vertiefen oder 20 Jahren keine Jobs haben, um das einmal wir jetzt nicht –, die auf die Idee kommen und ganz praktisch zu sagen. sagen: Wir machen nicht 20, sondern 30 Prozent. Sie müssen überlegen, was das für Sie bedeutet, Wir sollten vielleicht in den Teilen, die im Mo- für jeden einzelnen Bürger, an Verteuerung, an ment nicht die oberste Priorität haben, einmal sa- Problemen. Das ist irre. Man kann doch nicht gen: Machen wir das mal ein bisschen langsamer, einfach so weitermachen. Man muss doch einmal machen wir das einen Schritt später, sehen wir innehalten und zur Kenntnis nehmen, dass es in uns einmal an, ob die Vorschrift zwingend sein Europa offensichtlich im Bereich der Wirtschaft müsste! ein paar Probleme gibt. Gott sei Dank verstehen das ein paar Kollegen in Griechenland, in Spa- Der Industriekommissar Tajani hatte einen klu- nien, in Italien. Die merken langsam, dass diese gen Vorschlag. In einem Papier zur Industrieent- Frage nicht mehr nur nach dem Motto „Hauptsa- wicklung stand: Jeder Vorschlag, jede Richtlinie che, die Welt retten“ geht, sondern auch danach, der Europäischen Kommission soll, bevor sie in wie wir eigentlich die Wirtschaft voranbringen, Kraft tritt, darauf geprüft werden, welche Aus- wie wir Jobs schaffen, ob wir unserer Wirtschaft wirkungen sie auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie in der Welt hat. Ein su-

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per Satz. Bis jetzt nicht umgesetzt. Das würde mir Dass es sich lohnt, sehe ich im Moment daran, schon reichen, weil dann jeder, der nachher bei dass es auch in den Krisenstaaten langsam, aber einer Entscheidung die Hand hebt, sagen muss: sicher vorangeht. Natürlich sind Griechenland Ich habe gewusst, welche Folgen das hat. Dann und Spanien noch nicht in Ordnung. Aber wenn wäre ich gespannt, ob das dann noch so viele da Wachstumszahlen erkannt werden und wenn machten. sich die Lohnstückkosten anders entwickeln, dann finde ich das ein interessantes und schönes Ich könnte reihenweise Kollegen nennen, die im Signal. Europäischen Parlament fröhlich für die gute Welt von morgen stimmen. Aber wenn ich ihnen Nun gehöre ich bedauerlicherweise auch zu der dann die örtliche Industrie einmal auf den Hals Abteilung „halb volles Glas“. Wir bekommen hetze, nämlich ihr Werk, das bei ihnen zu Hause die Welt, die Politik oder die Wirtschaft nicht ist, zum Beispiel das Zementwerk, das ihnen ein- verändert, wenn man nur darüber nachdenkt, mal praktisch erzählt, was es heißt, wenn wir die was alles schiefgelaufen ist. Man muss vielmehr Emissionshandelswerte weiter so hochtreiben, schauen, wie man daraus lernen kann, man muss dann werden die nachdenklich, überlegen und positive Entscheidungen treffen und überlegen, sagen, vielleicht machen wir es doch ein bisschen wie man verhindern kann, dass in Zukunft feh- langsamer. lerhafte Entscheidungen getroffen werden.

Genau das ist das Problem. Über Europa redet Sie glauben gar nicht, wie viele in Brüssel mitt- jeder, und jeder hat auch eine Meinung, wie mies lerweile genauso denken, die diesem Klischee, wir sind, was wir alles falsch machen und dass das da unterwegs ist, schon lange nicht mehr die Welt untergeht und auch der Euro. Dazu gibt entsprechen. Aber es ist nicht die Mehrheit. Jedes es ganz schnell Meinungen im Saal. Da bekom- Mal, wenn man eine Entscheidung in einer dieser men Sie schnell Stimmung. Aber es sind relativ Fragen, die ich genannt habe, zu treffen hat, ist es wenige, die dann einsteigen und sagen: Ich rufe so, dass wir manchmal gewinnen und manchmal jetzt einmal meinen Europaabgeordneten an und auch verlieren. Das ist auch wahr. Ich wünsch- trete ihm einmal auf die Füße, wenn er so et- te mir schon, dass man ein bisschen Druck be- was macht. Das machen Sie doch in Berlin auch, kommt und man noch mehr Kollegen hätte, die wenn da Entscheidungen getroffen werden, die genau diesen Weg gehen. Ihnen nicht passen. Ein allerletzter Hinweis: In den Koalitionsverein- Nehmen Sie doch die europäische Politik viel barungen gibt es im Europakapitel, das ich nicht normaler, viel direkter. Sie hat mittlerweile rie- unwesentlich habe mitschreiben können, weil ich sige Auswirkungen für den praktischen Alltag, mit Herrn Schulz diese Arbeitsgruppe geleitet viel mehr als viele glauben, und zwar nicht nur habe, was nicht so ganz einfach war, um es ein- bei den Vorschriften im Detail, von denen das mal vorsichtig zu sagen – da war mancher Krach Handwerk betroffen ist. Da machen Sie das ja auszuhalten –, einen Satz, in dem der Sachverhalt schon lange. Darin sind Sie Oberprofis und stän- steht, dass die neue Regierung die europäische dig unterwegs, wenn irgendwas anbrennt. Das ist Politik nach dem Prinzip der Subsidiarität aus- ja richtig. Aber auch bei Fragen, die Querschnitt richten wird, das heißt die Entscheidung immer sind, will ich auch als Bürger ein Stück dafür daran messen wird, auf welcher Ebene das am werben, zu sagen: Das wollen wir nicht, was da effektivsten zu machen ist. Ob das dann bei je- betrieben wird. Wir wollen dieses Europa. Ich der Entscheidung auch so gemacht wird, ist die halte dieses Europa für die einzige Antwort, die nächste Frage. Es ist aber unser aller Aufgabe, mir auf die Herausforderungen dieses globalen da aufzupassen. Diese Koalition hat sich darauf Wettbewerbs einfällt. Ich habe keine andere Ant- festgelegt. Das war nicht einfach, aber es steht wort. Allerdings muss man das gut machen. Das jetzt drin. Ich finde, das ist eine wunderbare Aus- ist wahr. Das muss man gut machen, das muss gangslage, aber nicht mehr. Es ist eine Chance, man vernünftig machen. Das muss man mit Au- die man nutzen kann, um die europäische Politik genmaß machen, man muss Schritt für Schritt in Richtung mehr Realismus, mehr Sachbezogen- vorwärtsgehen. Man kann auch nicht alles auf heit zu entwickeln. einmal hinbekommen. Aber es lohnt sich.

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Ich denke, dass die europäische Zukunft die rich- Im Maastricht-Vertrag steht im Grunde alles tige Zukunft ist. Es gibt wahnsinnig viele dicke richtig drin. Aber er wurde nicht eingehalten, Projekte, die noch bearbeitet werden müssen. sondern mehrfach gebrochen. Das geht leider nur Stück für Stück. Aber: Mi- schen Sie sich ein! Kümmern Sie sich darum! Es Ich freue mich natürlich über jeden Optimisten. lohnt sich. Aber da ich lange in der Politik war und mich mit Europa sehr beschäftigt habe, weiß ich auch, dass In diesem Sinne uns allen ein gutes 2014! kritische Anmerkungen selten gehört werden.Ich verspreche eines – Sie sind ja unser neuer Abge- (Beifall) ordneter –, wir werden Sie fordern.

Nochmals herzlichen Dank.

Schlusswort Jetzt wünsche ich einen guten Appetit und wei- terhin einen schönen Abend. Prof. Dr. h.c. Wolfgang Schulhoff: (Beifall) Lieber Herbert Reul, ganz herzlichen Dank für deinen Vortrag. Ich freue mich über deinen Opti- mismus. Nur sei mir nicht böse, ich habe da doch meine Zweifel.

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Bisherige Veröffentlichungen „Dialog Handwerk“

1.2013 Wer regiert uns wirklich: Markt oder Politik? – Der Bürger und sein Staat aus theo- logischer Sicht. Dokumentation des Dreikönigsforums am 17. Januar 2013

2.2012 Verleihung des Europäischen Handwerkspreises 2012 an Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Roman Herzog

1.2012 Europa neu denken – Hat eine freiheitliche Wirtschaftsordnung Zukunft? Dokumentation des Dreikönigsforums am 12. Januar 2012

2.2011 Heinz-Dieter Smeets, Staatsschuldenkrise in Europa: Ist die Finan- zierung der Schuldnerländer alternativlos? Oktober 2011

1.2011 Mehr als Wirtschaft - Handwerk als Lebensform und Wertekosmos?! Die Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft. Dokumentation des Dreikönigsforums am 13. Januar 2011

3.2010 Verleihung des Europäischen Handwerkspreises 2010 an den Vorsitzen- den des Rates der Evangelischen Kirche, Präses Nikolaus Schneider

2.2010 Hanns-Eberhard Schleyer, Quintessenz: Zwei Jahrzehnte Interessenvertretung für das deutsche Handwerk im Geflecht von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

1.2010 Handwerk und Mittelstand als Chance. Dokumentation des Dreikönigsforums am 14. Januar 2010

1.2009 Prinzip Verantwortung - Was hält unsere Gesellschaft zusammen? Dokumentation des Dreikönigsforums am 8. Januar 2009

1.2008 Wandel im Parteiensystem - Was bedeutet dies für die wirtschaftliche Situation von Handwerk und Mittelstand? Dokumentation des Dreikönigsforums am 10. Januar 2008

1.2007 Was ist die Mitte unserer Republik? Dokumentation des Dreikönigsforums am 11. Januar 2007

2.2006 Nur die Freiheit taugt für morgen! Verleihung des Europäischen Handwerks- preises an Dr. MdB am 23. November 2006 in Köln

1.2006 Europa - Qua vadis? Wie kann dem Subsidiaritätsprinzip auf europäischer Ebene Geltung verschafft werden? Dokumentation des Dreikönigsforums am 11. Januar 2006

2.2005 Aufbruch im größten Bundesland - Nordrhein-Westfalen nach der Entscheidung des Wählers Round-Table-Gespräch mit Dr. Jürgen Rüttgers, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen. Dokumentation der Veranstaltung „Politik im Dialog“ am 7. Juli 2005

1.2005 Nordrhein-Westfalen - Wie lässt sich ein Aufbruch für das größte deutsche Bun- desland erreichen? Dokumentation des Dreikönigsforums am 11. Januar 2005

3.2004 Mehr Freiheit wagen! Verleihung des Europäischen Handwerkspreises an Dr. Jürgen Rüttgers MdL am 18. November 2004 in Köln

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