Kreuz oder Giebel Charles du Rys Kirchtunnprojekt in (1739-1743)

Arnd Friedrich

Im Vergleich zu anderen bedeutenden Bauwerken ist die ehemalige Zister­ zienserkirche in Haina recht wenig erforscht. Wir sind nur unzureichend liber deren Entstehung im Mittelalter, kaum besser liber die Neuzeit unterrichtet. Fehlen uns fUr die Friihzeit weitgehend die Quellen, so sind sie fUr die Hospi­ talzeit seit dem 16. Jahrhundert zwar vorhanden, bislang ab er noch wenig erschlossen. Die folgenden AusfUhrungen mogen einen k1einen Schritt weiterftihren. Da es hier aber weniger um eine Bauwerksbeschreibung als viel­ mehr um die wechselseitige Durchdringung von technischen und rechtlichen Fragen geht, erscheinen mir einleitende Bemerkungen notwendig. Die Kennt­ nis der Geschichte der Hohen Hospitiiler in Hessen von der Reformation bis ins 19. Jahrhundert kann noch nicht allgemein vorausgesetzt werden', sie ist aber fUr das Verstiindnis einer baugeschichtlichen Frage wie des Turmbaus der Klosterkirche in Haina im 18. Jahrhundert unerliiBlich.

I Die Homberger Kirchenordnung von 1526' sollte der Reformation in Hes­ sen eine rechtliche Grundlage verleihen. Ihre Beschliisse wurden allerdings nicht verwirklicht, da Luther sie als einen Haufen Gesetze abtat. In ihrem letzten Kapitel 34, De c1austris et monachis, war bereits eine Aufhebung der Kloster und Stifter in Betracht gezogen worden, denn nach der neuen reform a­ torischen Lehre war der Mensch gerecht vor Gott "ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben" (Romer 3, 28), ohne eigenes Dazutun. Am Monch­ tum dagegen kritisierte man die Gefahr der Selbsterlosung durch Werkgerech­ tigkeit. Nach evangelischem Verstiindnis waren die Monchsgellibde gegen­ standslos. Die Konsequenz hieB Auflosung der Kloster. Trotz der Ablehnung der Homberger Ordnung im allgemeinen folgte man ihr aber hinsichtlich der AbschafTung der Kloster. Bereits im darauf folge nden Jahr 1527 ordnete Landgraf Philipp der GroB­ mlitige die Aufhebung der Kloster innerhalb der Landgrafschaft an. Die Monche und Noonen sollten abgefunden, die geistlicben Besitztiimer ge­ meinnlitzigen piidagogischen oder caritativen Zwecken zugefUhrt werden'­ Ganz besonders lag Landgraf Philipp nach seinem Obertritt zum evangeli­ schen Glauben an der Griindung einer Universitiit'. Die in der Homberger Ordnung vorgesehene Universitiit in Marburg' ofTnete bereits am 30. Mai 1527 der studierwilligen Jugend ihre Pforten. Nicht minder bedeutsam war nur sechs Jahre spiiter, 1533, die Stiftung von vier Landeshospitiilern in Haina, Merxhausen, Hofheim und Gronau' und deren Fundierung mit geistlichem Besitz. Die Bedeutung dieser moglicherweise iiltesten staatlichen Flir-

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sorgeeinrichtungen 7 kann kaum hoch genug eingeschatzt werden. AIs psych­ iatrische Krankenhauser des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen bestehen drei von ihnen noch in der Gegenwart'. Mit dieser Ma3nahme des souveranen Territorialherren der Reformalions­ zeit war das Schicksal der bedeutenden oberhessischen Zisterzienserabtei Haina besiegelt' . In ihren Mauem entstand ein Hospital fUr zunachst lOO arme und kranke Manner aus der Landbevolkerung 10. Stadtarme, die seit dem Mit­ telalter schon besser versorgt waren, nahm man nur in AusnahmefaUen auf'l Damit wurde die 1215 im romanischen Slil begonnene, bald aber gotisch fortgesetzte und erst in der Mitte des 14. Jahrhunderts voUendete K1oster­ kirche in Haina zur Hospitalkirche i2. AnsteUe der Monche bewohnten jetzt Hospitaliten die Konventsbauten. Im Kircheninnern, wo sich einst die Grab­ lege der Stifterfamilie, der Grafen von Ziegenhain, befand, wurden die Ober­ vorsteher der Hohen Hospitaler beigesetzt 13 . Von entscheidender Bedeutung fUr die weitere Existenz der vier Hospitaler war die Teilung Hessens nach dem Tode Landgraf Philipps des Gr03miiligen 1567 unter seine vier legitimen Sohne i ' . Trotz der Teilung soU ten nach dem testamentarischen WiUen des Vaters bestimmte zentrale Einrichtungen der Landgrafschaft von aUen Briidern gemeinsam verwaltet werden. Dazu gehtir­ ten ne ben der Universitat Marburg als hessischer Landesuniversitat die Hohen Hospitaler i '. Von den vier Teilterritorien blieben nach dem Tode Landgraf Ludwigs IV. von Marburg 1604 nur noch das lutherische Hessen­ Darmstadt und das mehrdem Calvinismus zuneigende Hessen-Kassel iibrig i'. Diesen beiden Herrschaften oblag in der Zukunft die gemeinsame Verwaltung der Hohen Hospitaler. Das Verhaltnis der beiden in unterschiedlichen konfes­ sioneUen Lagern stehenden Fiirstenhauser war keineswegs immer frei von Spannungen. Das gaIt besonders fUr die Zeit des paraUel zum Drei3igjahrigen Krieg wiitenden hessischen Bruderkrieges n Anders als die gesamthessische Universitat Marburg, deren Einheit nach der Auswanderung der lutherischen Professoren 1607 ins benachbarte darrnstadtische Gie3en schon recht bald zerbrach, bestand die gemeinschaftIiche Verwaltung beider hessischer Fiir­ stenhauser hinsichtlich der Hohen Hospitiiler ungebrochen weiter bis ins 19. Jahrhundert. Ein Vertrag zwischen der Landgriifin Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel und Landgraf Georg H. von Hessen-Darmstadt vom 6. August 1650 regelte nach dem Drei3igjahrigen Krieg die gemeinsame Verwaltung fUr die nachsten eineinhalb Jahrhunderte in mustergiiltiger Weise. Neben der Besetzung der wichtigsten BeamtensteUen gaIt das Hauptinteresse der Verein­ barung vor aUem der DurchfUhrung der auf den I. Mai eines jeden Jahres in Haina festgesetzten Samtvisitation und Rechnungsabhorung der Hospitaler i '. Wie aUe iibrigen Hospitalangelegenheiten unterstand auch die bauliche Unterhaltung der K10stergebiiude in Haina - und damit selbstverstandlich auch die Kirche - der Zustandigkeit beider Landgrafen. Tiefgreifende Ver­ anderungen waren nur moglich, wenn sie die Zustimmung von Hessen-Kassel und Hessen-Darrnstadt gleicherrna3en fanden. Wegen der gegensatzlichen politischen Interessen lie3 sich ein Kompromi3 nicht immer leicht finden. Dank der Samtverwaltung waren Unkorrektheiten in der Verwaltung aUer­ dings nahezu ausgeschlossen, denn der eine Vertragspartner kontrollierte den anderen stets aufs genaueste. Oberstes Gebot war, da3 die gesamte WirtschaftsfUhrung der Hospitaler dem Wohl der Armen dienen soUte i ' .

170 Verschwendung von Hospitalgut und ·geld 109 unnachsichtige Bestrafung nach sich. Wegen der Samtverwaltung lieB si ch eine gewisse Schwerfalligkeit in bUro· kratischen Dingen nicht verkennen. Mutige Veriinderungen und Neuerungen waren nur mUhevoll durchzusetzen. Das gaIt natUrlich auch in Baufragen. Von daher erkliirt es sich wohl auch, daB erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, gleichzeitig mit einem wachsenden GeschichtsbewuBtsein, eine durchgrei· fende Restaurierung der ziemlich heruntergekommenen Klostergebiiude moglich war20. Zu jener Zeit war die Samtverwaltung bereits aufgegeben; Haina unterstand nur noch der Herrschaft von Kassel. Sicherlich wiire die bis heute gerUhmte stilistische Reinheit der gotischen Hallenkirche 21 nicht erhal· ten geblieben, wiire nicht bei jeder noch so geringfligigen BaumaBnahme jedesmal die Ubereinstimmung zweier unterschiedlich denkenderTerritorial· herren erforderlich gewesen. In die Samthospitalzeit fallt das hier zu erortemde Kirchturmprojekt der Jahre 1739-1743. Heute weiB keiner mehr etwas davon. Die Zeit ist dariiber hinweggegangen, obwohl gerade hi er beispielhaft die gegensiitzlichen, hem· menden Tendenzen der Samtverwaltung deutlich werden. Zum anderen ist die Geschichte der Hohen Hospitiiler im 17. und 18. Jahrhundert noch nahezu unbekannt"- Nicht nur wegen der Verflechtung von Bauwesen und Samtver· waltung ist das IGrcbturrnprojekt interessant. Besonderen Rang gewinnt es nicht zuletzt deswegen, weil es aufs engste mit dem Namen des viel zu wenig gewUrdigten hugenottischen Baumeisters Charles du Ry aus Kassel verbun· den ist ". II A1s der 1188 von A1tenberg entsandte Griindungskonvent 1215 mit dem Bau der KlosteranIage in Haina begann, besaB der Zisterzienserorden bereits eine mehr als einhundertjiihrige Bautradition. Das jiihrlich in Citeaux tagende Generalkapitel hatte immer wieder Baubestimmungen erlassen. Sie waren flir den gesamten Orden verbindlicb. Dennocb wich man, als die Kloster reicher wurden und die Zahl der Konventualen stieg, allenthalben von der anfangs gebotenen Schlichtheit der Bauten ab. Haina ist eine verhiiltnismiiBig spiite Zisterze. Darum mutet der bemhardi· nische Ostbau, d. h. der quadratische Chor im GrundmaB der Vierung mit je drei flankierenden Kapellen, sechs Jahrzehnte nach dem Tode des groBen Abtes von Clairvaux recht archaisch an". Bemhard sah in dieser Art der Ostlo­ sung einer Klosterkirche die iiuBerste architektonische Schlichtheit. Denn nichts durfte den Zisterzienserrnonch von seiner eigentlichen Aufgabe, dem Chordienst, ablenken. Jeglicher Schmuck, jegliche Farbe war verboten. Die Kircben sollten allein Oratoria, Betraume, und keine ecc/esiae, Kirchen, sein. Ebensowenig waren bei den Zisterziensem miichtige TUrrne als Zeichen welt· licher Herrschaft geduldet. Erlaubt war lediglich ein k1einer Dachreiter Uber der Vierung, der dem Geliiut diente. Es ist anzunehmen, daB die Bestimmung des Generalkapitels von 1157 (Kap. 16) auch noch im 13. Jahrhundert in Haina GUltigkeit besaB: Turres lapideae ad campanas nonfiant - Steineme Glocken· tUrme sollen nicht gebaut werden! " FUr Haina ist zwar bekannt, daB die noch heute existierende sog. "Hasenglocke"" flir den ersten Dachreiter der Abtei· kirche bestimmt war; wie der Turrn iiber der Vierung jedoch einmal ausge·

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• sehen hat, ist unbekannt. Aus der Frtihzeit besitzen wir keine Uberlieferung; es bleibt nur die Rekonstruktion. Ftir zutreffend haite ich den Versuch von O. Liemke von 1911 ". Seine Zeichnung gibt nicht nur das mutmaBliche Aus­ sehen des Vierungsttirmchens wieder, sondern auch das des gesamten Lang­ hauses vor einem spatmittelaiterlichen Brand, dem vor all em das Dach zum Opfer gefallen ist". Dabei ist mit Sicherheit auch derTurm ein Raub der Flam­ men geworden; nur die Glocke ist erhalten geblieben. Wie der Dachreiter nach der Dacherneuerung ausgesehen hat, ist v611ig unklar. Wir besitzen zwar aus der I. Halfte des 17. lahrhunderts drei Stiche von der Klosteraniage, die aber hinsichtlich der Wiedergabe des Turmes auGerst unzuverlassig sind. Ein Stich in Wilhelm Dilichs "Hessischer Chronica" von 1605 " laGt ein urn vier Joche verktirztes J(jrchenschiff ohne Turm erkennen. Der Ktinstler hat nur ungenau beobachtet, Zweifel an der Richtigkeit seiner Darstellung sind angebracht. Ein anderer Stich stammt aus Matthaus Merians "Topographia Germaniae" von 1655", in enger Anlehnung an Dilicb. Der Merianstich ist noch weniger zuverlassig als die altere Vorlage. Die Unsicherheit wird noch gesteigert durch die zeitlich zwischen Dilich und Merian liegende Zeichnung in Daniel Meisners JI "Politischem Schatzkastlein" von ca. 1625. Er nimmt einen tiberdimensionalen Dachreiter in der Mitte des Dachfirstes an, erganzt durch einen ebenfalls hohen, schlanken Chorturm. M6glicherweise hat sicb Meisner, der ebenso wie der spatere Merian keine Ortskenntnis von Haina be saG, an Dilich orientiert "- Alle drei Zeichnungen sind also v611ig unbrauchbar als Belege fUr das tatsachliche Aussehen des Turmes nach dem spatmittelaiterlichen Brand. Wir wissen nicht einmal, ob die J(jrche injener Zeit tiberhaupt einen Turm beses­ sen hat. Anders sieht es im 18. lahrhundert aus. Vom barocken Vierungsturm von 1743 besi tzen wir einen Stahlstich von Henry Winkles, den dieser 1850 fUr das Buch "Das KurfUrstenthum Hessen in malerischen Ansichten"JJ angefertigt hat. Die Exaktheit seiner Zeichung wird durch eine spate re Fotografie von der Klosterkirche bestatigt"- Der heutige machlige Vierungsturm von 1889 ist ein Werk von G. G. Ungewitter"- Der barocke Dachreiter von 1743 ist der erste durch schriftliche Quellen belegte Turm in Haina. Seiner endgtiltigen Errichtung gingen harte Ausein­ andersetzungen zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt voraus. Sie veranschaulichen die zahen biirokratischen Verhandlungen, die eine baulich notwendige MaGnahme tiber Gebtihr hinausz6gern konnten. Das Ergebnis des langwierigen Entscheidungsprozesses, der Vierungsturm, ist uns durch Reproduktionen bekannt. Ein Giebelturm, der als Alternative in Erwagung gezogen wurde, ist heute vergessen. Ich meine, ihm gebtihre dennoch eine spate Wtirdigung, zumal er mit dem Namen von Charles du Ry verbunden ist.

III Wie in jeden Jahr, so kamen auch am I. Mai 1739 die zur Visitation und Rechnungsabh6rung deputierten landgraflichen Rate aus Kassel und Darm­ stadt in Haina zusammen. Sie hiirten die Rechnungen samtlicher Beamten der Hohen Hospitaler und der Vogteien abJ6. Zu ihrer Aufgabe gehiirte die

172 Entgegennahme von Gravamina, von Beschwerden liber die Verwaltungsflih­ rung, aber auch von Mangel n, etwa an den Gebauden. Fest steht, daB es 1739 Beanstandungen am Zustand der Kirche in Haina gab, insbesondere des Kirchturms. Denn im abschlieBenden VisitationsrezeB wurde die Erbauung eines Thurms auf die hiesiche Kirche beschlossen 17 • Mag sein, daB der bisherige Turm schadhaft war. Vielleicht haben Merian und Dilich recht, daB die Kirche liberhaupt keinen besessen hat, und man beschloB, liberhaupt erst einen zu bauen. Mit Sicherheit war der Erhaltungszustand der Kirche nicht der beste, so daB man sich zu substanzerhaltenden MaBnahmen gezwungen sah". Auf den BeschluB der Visitationskommission hin erging eine Samtresolu­ tion der beiden zustandigen Landgrafen von Kassel und Darmstadt, daft durch einen verstiindifJen Baumeisterdas Werck in Augenschein genommen u(nd) sofort der RijJ, auch Uberschlagder Kosten gemacht werde, um sodann alles an Allergnii­ digst und Gniidigste Herrschaften zu hochst deroselben Approbation einzusen­ den". Man suchte aufGrund des Schreibens nach einem Baumeister, der liber ausreichende Erfahrung bei dergleichen Projekten verfligte. Sobald man einen gefunden hatt~, wollte man ihn alsbald nach Haina entsenden, damit der desiderirte RijJ und Uberschlag von ihm verfertiget wlirde 40• Der Kommission erschien Eile geboten, weil von den Hospitaluntertanen das flir den Bau benii­ tigte Holz nur bei trockenem Wetter bzw. im Winter bei Frost aus dem Wald zu transportieren war. Das Samtschreiben datiert vom 8. August 1739. Nur zwei Tage spater, am 10. August 1739, antwortete der Geheime Rat in Kassel an den Obervorsteher Wilhelm von Urffin Haina, man beabsichtige den Baumeister(Charles) du Ry nach Haina zu entsenden4l • Der war wohl auch mit der Beauftragung einver­ standen, denn am 15. August bat er den Obervorsteher um einen Termin flir ein gemeinsames Treffen in Haina". Die Zusammenkunft hat wenige Tage spater stattgefunden, denn drei Monate nach der ersten Kontaktaufnahme, also Anfang September 1739, legte Charles du Ry das verlangte Gutachten sowie einen Kostenvoranschlag VOT. Wie du Ry sich die Gestaltung des Turms dachte, geht bereits aus der Uber­ schrift seines Gutachtens hevor: Kurze Deduction defer rationes, warum man var rathsamer gehalten, den projectirten Thurm aul der Kirchen zu Hayna Iieber vom auf den Giebel als hinten auf da s Kreutz zu setzen". Der Baumeister wich also von der zisterziensischen Vorschrift ab. Wahrscheinlich waren ihm die Ordensgewohnheiten gar nicht einmal bekannt. Selbst innerhalb des Ordens setzte man sich in der Barockzeit zunehmend bei Neu- oder Umbauten von KJiistern liber das Turmgebot hinweg". AuBerdem war du Ry Protestant. In drei Punkten begriindet er sein Vorhaben: mit der Starke, der Bequem­ lichkeit und der Schiinheit. Architektonische und athetische Gesichtspunkte leiteten du Ry, und keineswegs die Wiederherstellung des zisterziensischen Dachreiters. Zur Starke bemerkt er, die Abstande zwischen den Pfeilern, auf denen der Turm aufliegen werde, seien klirzer als liber dem breiteren Kreuz (der Vie­ rung). Die Mauer der Westfassade wirke verstarkend, was bei der Vierung nicht miiglich sei. Zum anderen gabe es am Giebel weniger Abbrucharbeiten als bei der Vierung. Es kiinnten vorn auch leichter Gerliste zum Materialtransport ange­ legt werden, viel leichter jedenfalls als am Kreutz, welcher zwischen so vie/en

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- Gebauden eingeschlofien, dafi sehr ubel dabey zu kommen. Auch fUr das Glockengelaut sei der Giebel viel bequemer. Zum dritten sei es asthetisch vorteilhafter, den Thrm vom aufden Giebel zu setzen. Vierungstiirme liiBt du Ry nur gelten, sofern sie freien Aufhlick in die Kuppel gestalten. Hier aber ist das Gewiilb uber dem Kreuz mit dem ubrigen Gewiilb des Schiffes in einer Hiihe geschlofien. Den drei Begriindungen, die die Landgrafen in Kassel und Darmstadt von seinem eigenwilligen Projekt iiberzeugen sollten, fUgte er auftragsgemaB einen Kostenvoranschlag und eine Planzeichnung" bei. Vom Umfang der Arbeiten und vom Aussehen des geplanten Turmes mag man si ch durch den Wortlaut des Kostenvoranschlages ein Bild verschafTen: Vorliiufiger Uberschlag, was der aUf der Kirche zu Hayna projektirte Thurm, nach bey /iegenden Abrij3 aufzurichten, kosten diirfie I. Die Zimmerarbeit belangend des Kirch Tachs gespiirrs aufzubrechen, die GerUste zu machen, den Thurm zu zimmem, aufzuschlagen, auch den Glocken­ stuhl zu vel/ertigen, das Geholtze zu bauen, beschlagen und schneiden und die GerUste wieder abzunehmen, dol/te sich belarifen auf 250 Reichsthaler 2. DieSteinhauer- und Mauerarbeit, denfus des Thurms vom auf dem Giebel von Quadersteinen zu vel/ertigen, auch auf dem Gewolb die Mauem zu der Anlage des Thurms instand zu bringen, Material und Arbeit: 250 Reichsthaler 3. Die Dachdeckerarbeit, das Kirchdach aufzubrechen und wieder zu decken, den Thurm nicht al/ein zu decken, sondem auch auswendig herum und inwendig, soweit selbiger dem Wetter exponirt, mit Schiifersteinen zu bedecken, nicht weniger den Boden des Thurms, sodann al/e Ecken und Gesimser mit Bley zu bekleiden und mit Oh/farb anzustreichen, auch den Knopf daraufzu vel/erti­ gen, dol/te sich belaufen auf 910 Reichsthaler 4. Vor das benothigte Eisenwerck aus Dachhaken, Hiingewercke, Clammem oder sonstige Gereitschqft, wiiren noch wohl anzunehmen pp 160 Reichsthaler Ohne die nothige Hand- und Fuhrdienste, welche sonst doch bey der Arbeit daselbst zu haben sind. Cassel, den 12. Sept. 1739 C. du Ry"

AuBer der Zeichnung des IGrchturms liegt dem Gutachten du Rys ein Uber­ schlag des el/orderten Zimmerholtzes zu dem vorhabenden Thurmbau zu Hayna bei, in dem der Baumeister insgesamt 44 Schneidstamme und 6 Einstamm­ linge an Bauholz errechnet hat" . Erst nach der Erstellung des Gutachtens unterrichteten die Kasseler Rate am 25. September die Darmstadter Regierung von du Rys Planen" . Sie schlos­ sen si ch in ihrem Antwortschreiben vom 27. Oktober 1739 im Prinzip der Meinung der Nordhessen an, daB unbedingt etwas zur Sicherung der IGrche geschehen miisse. Fiir den Vorsch1ag du Rys, den Thurm nicht aUf das veste Creutz, sondem am Giebel zu errichten, konnten sie si ch jedoch nicht oh ne weiteres erwarmen. Die Darmstadter gaben zu bed en ken, daB, wenn gar ein Thurm darauf(sc. auf den Giebel) gesetzt werden sol/te, .. . dafi das Werck nicht bestehen, sondem der Schaden desto grofier werden dorffte". Dort neigte man eher zu einem leichteren Geriist iiber der Vierung, das die Glocke tragen sollte.

174 Am 2. Dezember 1739 antwortete die Kasseler Regierung den Darmstad­ tern noch einmal, sie konne die Bedenken wegen der Stabilitat nicht teilen, da ja das schwere Turmgewicht auf den Pfeilern und nicht auf dem Gewolbe ruhe. AuBerdem wiederholten sie, die Arbeiten am Kreuz (der Vierung) seien aus den genannten Griinden erheblich kostspieliger, was sich keineswegs rechtfertigen lieBe. Darum schlugen sie vor, das Werk bis zur nachsten Rech­ nungsabhOrung in Haina, also bis zum l. Mai 1740, einstweilen ruhen zu lassen. lmmerhin seien die Hospitaluntertanen wegen der diesjahrigen MiB­ ernte nicht in der Lage, den notwendigen Hand- und Spanndiensten nachzu­ kommen. Trotzdem wolle man das Baumaterial schon beschafTen, damit es in der Hinsicbt wenigstens keine Verzogerung gabeso. Nacb dem gescheiterten VorstoB der Kasseler mit deren Baumeister du Ry trat eine langere Unterbrechung ein, wahrend der das Projekt nicht weiter ver­ folgt wurde. Auch 1740 schien man in der Angelegenheit ofTenbar nicht wei­ tergekommen zu sein. Erst nach der Visitation des lahres 1741 erging wieder ein Samtschreiben LandgrafFriedrichs von Kassel und LandgrafLudwigs von Darmstadt an den Obervorsteher von UrfT in Haina wegen des Kirchturms'1 Der Erbaltungszustand der Kirche halte immer bedrohlichere Formen ange­ nommen und zwang, ungeachtet all er gegensatzlichen Vorstellungen, zum raschen Handeln. Uberhaupt drohte die gesamte Kirche zu verfallen. Aus dem Samtschreiben von 1741 wird aber deutlich, daB die Standpunkte beider Herr­ scher trotzdem weiterhin unvereinbar blieben. Immer noch war unklar, ob der Turm vorne auf den Giebel oder hinten auf das Kreuz zu setzen seL Eine konkrete Bauanweisung war noch genauso fern wie im Jahre 1739. Aber unter dem Druck des fortschreitenden Verfalls der Kirche erging nach der Samtvisitation am 25. Mai 1741 eine Instruktion an den Obervorsteher von UrfT, er habe zu Abwendung des Ruins der Kirchen zu Hayna (den Thurm) aul den hierzu schicklichsten Ort ohnversiiumt setzen zu lassen" . Damit wurde der Schwarze Peter aber nur weitergereicht, eine Losung bedeu­ tete es keinesfalls. Der Obervorsteher war im Auftrage beider Landgrafen fUr das Wohlergehen der Samthospitaler verantwortlich, zugleich aber gemaB dem Vertrag vom 6. August 1650 an die Beschliisse der Samtvisitationskom­ mission gebunden". Was hier von ihm erwartet wurde, war recht prekar. Es brachte ihn in eine Zwickmiihle. Das Samtschreiben iibertrug ihm das Mandat zur Errichtung eines Kirchturms, lieB ibn aber im iibrigen vollig im Stich. Er hatte den Auftrag wieder an die Visitationskommission zuriickverweisen konnen. Dann halte man allerdings erst im kommenden Jahr 1742 erneut, wahrscheinlich erfolglos, verhandeln miissen. Ein weiteres Jahr ware nutzlos verstrichen. Moglicherweise halte man die Schuld, wenigstens aber eine Mit­ schuld, aufvon UrfTgeschoben. Unausgesprochen steht die Verpllichtung im Hintergrund, daB der Obervorsteher mit seinem privaten Vermogen fUr MiB­ wirtschaft regreBpllichtig gemacht werden konnte". Mit einem derartigen Gewaltakt lieB sicb das Problem nicht zur Entscheidung bringen. Verstandlicherweise passierte zunacbst einmal iiberhaupt nichts. Der Obervorsteher war in seiner Handlungsfreiheit zu sehr gelahmt. Erst Anfang Oktober durchbrach Landgraf Ludwig die festgefahrene Situation. Er gab von UrfT den Handlungsspielraum, die notwendigen Baumaterialien herbei­ zuscbafTen" . Der Darmstiidter erkannte ganz realistisch, daB im zu Ende gehenden Jahr 1741 mit Sicherheit am Turm nicht mehr wiirde gearbeitet

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- werd en k6nnen. Damit war wi Zeit gewonnen bis zum nachsten Vi sita­ tionstermin im Mai 1742, ohne daB das Werk v6llig zum StiI1stand kam. Ein wenig hatte sich die Position des Obervorstehers damit zwar gebessert, benei­ denswert wa r sie aber immer noch ni cht. Von UrfT beri ef sich bei seinem weiteren Vo rgehen auf den Wortlaut des Samtschreibens. Er berichtet seinen Vo rgesetzten, daj) der Kirchen Thurm nun­ mehro zu Abwendung des Ruins der Kirchen zu Hayna aul den hienu schuldigsten Ort ohngesiiumt vorgenommen und zustande gebracht werde56 . Zur eigenen Absi­ cherung interpretiert er die entscheidenden Worte des landgrafii chen Samt­ schreibens dahingehend, daB er unter dem schuldigsten Ort nicht das Kreuz, sondern den G iebel ve rstehe. Wahrscheinlich hatte er mehr RGcksicht auf Landgraf F ri edrich als auf Landgraf Georg zu nehmen. Es kann freil ich auch sein, daB du Rys Projekt mehr seiner pers6nlichen Einsicht entsprach. Auf jeden Fall schlieBt er sich v6llig den technischen und finanziell en Argumenl e­ n des du Ry'schen G utachtens an" . Trotzdem spGrt man, daB ihm angesichts der immer noch ungeklarten Rechtslage nicht recht wohl zumute ist. Immer­ hin er6fTnete Landgraf Georgs Schreiben die Freiheit zum Handeln, und so schloB er unter Berufung auf di e mrstliche Samtresolution mit den beiden Zimmerl euten Johannes HelfTenritter aus Niederklei n und Johann Paul Damm aus Rauschenberg einen Vertrag" . Die beiden Handwerker wurden damit beauftragt, das von Baumeister du Ry in seine m G Ulachlen von 1739 spezifi zierle Bauholz, Eichenstamme, gleich nach Christtag 1741 zu fa ll en und mr den Abtransport vorzubereiten. G ewiB wollte von UrfT Zeit gewinnen bi s zur nachsten Rechnungsabh6rung am I. Mai 1742, denn HelfTenritter und Damm wurden gebelen, mil der weile­ ren Bearbeilung des Holzes, wie Schneiden und Zimmern, noch bis zum 8. Mai 1742 zu warten. Erst dann soli ten die erforderli chen GerGsle an der Kirche angebrachl werden, urn den Thurm mit Hiiljfe nothiger Dienstleuthe aujJzuschlagen. und alles in solchen Stand zu setzen. daj) der hienu berujJene Baumeister die A rbeith vor guth und ziichtig erkennen muj). Damr sollte den Zimmermeistern der Betrag von 200 Reichstalern gezahlt werd en, und vor den hienu veifertigten Krahn und Flaschenzug sechs Reichsthaler. Item von den Glockenstiihlen vier Reichsthaler aparte. desgleichen soli beyden Z immermey­ stern, wann sie arbeithen,jedem liiglich ein Laib Brad und ein Moos Bier, sodann vor die Gesellen nothiges Getriinck gereicht werden". Man kann nicht umhin, dem Obervorsteher zu bescheinigen, daB er sic h in der mr ihn auBerst gefahrlichen Angelegenheit recht geschickt verhalten hat. Er isl dem Auftrag des Samtschreibens vom Mai 1741 voll gerecht geword en, hat seine eigene Meinung auBern und Zeit bis zum nachsten Rechnungsabh6- rungs term in gewinnen k6nnen. Wie nicht anders zu erwarten war, brachte der Mai 1742 keinen entschei­ denden Durchbruch in der festgefahrenen Sache. Darmstadt bestand weiler­ hin darauf, den Turm Gber der Vi erung zu errichten, und Kassel unterstGtzte seinen Baumeister Du Ry60. Obgleich si ch von UrfT gerne an du Rys Plan ge­ halten und im Laufe des Jahres 1742 das Bauvorhaben zum AbschluB gebracht hatte, blieb ihm nichts anderes Gbri g, als den Arbeiten Einhalt zu gebi eten". Das bedeutete, daB auch 1742 noch nicht an ei ne Fertigstellung des so drin­ gend notwendigen Reparaturwerkes zu denken war. Erschwerend trat hinzu, daB das ben6tigte Geld fe hlen wGrde, denn von UrfT schatzte die Mehrkosten

176 des Vierungsturms gegenuber dem weniger aufwendigen Weslturm auf etwa 1000 Reichstaler. Wieder war all es ofTen, wi eder all es ungewiB . Unterdessen ve rfi el die Kirche immer weiter. Einen Li chtblick bedeutete es zweifell os fUr den verunsichert en Obervor­ steher, daB die Kasseler Regierung uneingeschrankt hinter ihm stand. Sie bil­ ligte sowohl sein Vorgehen, Zimmerl eute zu engagieren, als auch all e weite­ ren Vorbereitungen zur Errichtung eines Turms nach du Rys Vorstellungen. Das teilten di e Kasseler Rate den Darmstadtern mit und baten, die Ablehnung des G iebelturms noch einmal gut zu durchdenken. Sie gaben zu bedenken, daB die hOh eren Kosten fUr einen Turm auf dem Kreuz zu Lasten des Hospi­ tals und all er darin lebenden Armen gingen: So hegen wir auch zu E(uer) W(ohl gebornen) hohen Vorsorgejiir die Armen Hospitalien dasjesle Zutrauen, dieselbe kein eswegs gUlh heijJen werden, dajJ dem ArmUlh durch solche anderwiir­ lige Verlegung des Kirchlhurms so viele unnolhige Kosten verursachen werden, sondem vielm ehr mil uns die gniidigsle Intention ha ben, diesen vergeb(lichen) AuJfwandl lieberzu Erhall und Unterbringung noch mehrererarmen gebrechlichen Menschen emploiren zu lajJen62. Das war nicht ungeschickt. Denn damit beri e­ fe n si ch die Kasseler Rate auf den Geist der Hospitalordnung", daB nichts zuungunsten der Armen geschehen durfe. Es lag immerhin noch gar nicht so weit zUrU ck, daB si ch der Obervorsteher Milchling von Schonstadt vor der Rechnungsprufungskommission wegen der Veruntreuung von G eldem halte verantworten mussen. Er stand unter dem Verdacht, Mittel des Hospitals nicht fUr den gemeinen Nutzen der Armen, sondem fUr sich selber verwendet zu haben". Das war der schwerste nur denkbare Vorwurf, der einen Hospital­ bediensteten trefTen konnte! Prinzipiell stand die Erhaltung der Kirche ja gar nicht in Frage. Es ging den Kasselern nur urn einsparbare Mehraufwendun­ gen. (mmerhin war dies ein ganz gewichtiges Argument, das fUr du Rys Projekt sprach. Den SchluBstrich 109 man dann ganz abrupt unter die langj ahrige, vehe­ ment gefUhrte Auseinandersetzung. Nachdem di e Kasseler Regi erung am 29. Juni den Plan ihres Baumeisters du Ry noch einmal mit Nachdruck ve rtei­ di gt hatte" , gab sie unerwartet am 31. August nach. Si e hielt zwar im Prinzip nach wi e vor daran rest, ihre Argumente, die flir einen G iebelturm sprachen, seien die besseren , beugte sich aber doch schlie3lich den Darmstadtern. Ohne irgendeine Erklarung aus dem Zusammenhang ka m die Begrundung ins Spiel, das Westj och sei so schadhaft, daB es das Gewicht eines Turmes nicht zu tragen vermochte". War der Verfall der Kirche viell eicht schon so weit fort­ geschritten? Der EntschluB wurde jedenfalls dadurch erl eichtert, daB das Bauholz immer noch nicht zugeschnitten war, so daB man es durchaus noch fUr einen Vierungsturm ve rwenden konnte 67• Ob dieser nun nach dem Ri B von Charl es du Ry angefertigt wurde, geht bedauerli cherweise ni cht aus den Akten hervor. Damit wa r der Weg frei fUr den Vi erungsturm.

IV Vom Bau des Kreuzturmes sind leider keine Akten bekannt. Jedoch fand sic h bei einer Kirchturmreparatur 1802 im Knopf des Turmes ein Schriftstuck, das als Abschrift in das Hainaer Hospitalarchiv gelangt ist". Aus ihm geht

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- hervor, daB der Turm 1743 zu Zeiten LandgrafFriedrichs I. van Hessen-Kassel und Landgraf Ludwigs VIII. van Hessen-Darmstadt errichtet wa rd en ist. Auf di e Herrscher folgen dem Rang nach die Namen der bei der Kirchturmeinwei­ hung amtierenden Hospitalbediensteten. An erster Stell e steht der Obervor­ steher Wilhelm van Urff; aufihn folgen der Pfarrer Jobaon Faust, der Justitiar Fri edrich Klinge(l)hOfer, der Amtsvogt Anton Doll , der Fruchtschreiber Johann Friedrich Nube, der Klichenmeister (Archimagirus) Philipp Ludwig Grimmell, der G egenschreiber Johann Ludwig Merl e, der Rentschreiber Caspar Sartorius, der Chirurg Johann Peter Orth. Fem er laBt sich der Abschrift entnehmen, daB im folgenden Jahr 1744 eine groBe und eine kl eine Glocke flir den neuen Turm gegossen wurden, auf denen jeweils eine Weltkugel mit Kreuzesfigur und Stemen sichtbar waren". Beide Glocken sind leider nicht erhalten70. Der Stich von Winkles aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, dazu di e bereits erwahnte Fotografi e von vor 1889 vermitteln uns einen wirklichkeitsnahen Eindruck vo m schlieB lich errichteten Turm von 1743. Er war in der Mitte des 19. Jahrhunderts baufallig und muBte dem heutigen historisierenden Turm von 1889 weichen. Wer die welsche Haube des 18. Jahrhunderts mit dem wuchtigen Nachfol­ ger des 19. l ahrhunderts vergleicht, der konnte zu der Ansicht gelangen, der zierli chere barocke Turm batte der mittelalterli chen zistenziensischen Vor­ stellung eher entsprochen als der noch heute bestehende. Rein auB erlich mag daflir manches sprechen. Wer jedoch die Quell en betrachtet, wi e das in den vorausgegangenen Ausflihrungen geschehen ist, erkennt, daB davon gar keine Rede sein kann. Denn in den langwierigen und zahen Auseinandersetzungen zwi schen Kassel und Darmstadt um einen Kreuz- od er Giebelturm hat die zisterziensische Bauvorschrift liberhaupt keine Roll e mehr gespielt.

Anm erkuD &C n: I Neuerdi ngs in der Festschrift zum Jubilii um der Hohen Hospiliiler in Hessen am 26. August 1983, W. Hcinemcycr uod T. POnder (HI .), 450 lahre Psychiatric in Hessen )1983; VeroiTenllichungen der Histo­ ri schen Kommission ruT Hcssen 47). Dann ist die friihere Lileratur von den Autoren 8ufgearbeitct. Ferner A. Friedrich, Eine Auseina ndersetzung zwisehen Hesseo-Klnel uod Hessen-Darmstadt urn die Prarrticn des Hospitals Haio., Grtisen uod Lohlbach im Jahre 1629 (in: Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschich tli. chen VertiDigun& 35, 1984) S. 381 fT. R 2 Die ~ R e fo rmari o Ecclesiarum Hassiae vom 20. Okrober 1526 in Hemberg an de r Efze liegt gedruckt vor in: E. Sehling (Hg.), Die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts. Band 8,1 Hessen: Die ge­ mei nsamen Ordnungen (1965) S. 43 IT.; das Kapi te1 34 "De claustris et monachis" vgl. S. 64 f. Literatur S. 10 f. 3 A. Friedrich, Die Seelsorgamter im Hospital Haina (in: 450 Jahre Psychiatri e) wi e Anm. I, S. 161 IT. 4 Sehling S. 64 f. ist im Kapitel RO e ciaustris et monachis" zwardie Rede von der Griindung von Schulen und der Universitat Marburg, nich! jedoch von Hospitilem . 5 H. Hermeli nk, S. A. Kihler, Die Philipps.Universitat Marburg 1527-1927 (1927). Vgl. Auch den Aufsatzband zum Universititsjubili um 1971: W. Heinemeyer, Th. Klei n, H. Seier (Hg.), Academia Marburgensis. Bei­ trige zur Geschichte der Philipps-Universiliit Marburg. Fur den Fachbereich G eschichtswissenschaften hg. (1971); zur Griindungsgeschichte der Universitiil vgl. darin besonders den Beitrag von W. Heinemeyer, Zur Grtindung des "unive rsale studium Marpurgense" S. 49 IT. 6 AuBer Anm. 1 vgl. K. E. Demandt, Die Anfi nge der staatlichen Armen- und EiendenfUrsoTge in Hessen. Eine quellenkritische Untersuchung der GrUndung und Ordnung, der Belegu ng und Verwaltung der vier Hohen Hospitiier Hessens unler besonderer Beriicksichligung von Haina und Merxhausen im friihen 16. Jahrhundert. - In : Hessisches lahrbuch mr Landesgeschichle 30, 1980, S. 176 IT. 0 15 ehemaiige Zislerzien­ se rk loster Haina und die Benediklinerabtei Gronau im Taunus dienten der Venorguna der mii nnlic hen Hospitalilen; das Augustinerk loster Merx.hausen bei Wolfhagen und die Pfarrei Hofheim bei Darmsladt entsprechend den weiblichen. "Da zwei Hospitiiler in Nordhessen und zwei in Sudhessen lagen, kann man, modern ausgedrGckt, bereils von den Ansatze n zu einer ,flichendeckenden Versorauna' sprechen." Fri ed· ri ch, Eine Auseinandersetzung S. 381. 7 Demandt wi e Anm. 6.

178 8 Haina, Merxhausen und Hofheim bestehen noch heute. Gronau ist in den Wirren des DreiBigjiihrigen Krieges untergeaangen. Die Einkunfte dienlen weilerhin der Versorguna der Armen, Hospitalilen waren jedoch don nichl mehr unlergebrachl. 9 E. G . Franz (Bearb.), KloS ler Haina, Regesten und Urkunden. Band I: 1144-1300 (1962; VerofTentlichungen der Hislorischen Kommission fUr Hessen 9,5) und Band 2,1 (1300-1548 11648l) 1. Hiilrte Regesten (1970; Ver

179 26 £s hat o b~r du Mt'is(tr dlt'ur Glock~n t'in~ sondtrlicht kiinstlicht und artlicht pasun im gitsun daran g~mach~t, als ntmlich drt)' Houn mil drt)'~n Ohr~n und hat doch g/~ich'lllohf tinjtglichtr Ho st stint I'llit)' Ohrtn. Letzener zi tiert bei C. Wickel, Kloster Haina o. A. S. 33 fT. Dort auch zu den Ubrigen Glocken des Klosters. 27 O. Liemke, Das Kl oster Haina im Mittelaltet. Ein Beitrag zur Baugeschic hte der Cistercienser in Deutsch­ land (Diss. Berlin 1911 ) bes. S. 22. 28 Ebd.; O. SchUrer, di e Baugeschichte der Kl osterkirche zu Haina. - In: Marburger Jahrbuch fUr Kunstwi s­ senschaft Band 2, 1926, S. 160 f. 29 W. SchefTer genandt Dilich. Hessische Chronica (KasseI1605) S. 117 fT. 30 M. Merian, Topographia Hassiae et Regionarum vici narum: Dss istl Beschreibung vnnd eigentliche Abbil­ dung der vomehmsten Staedte und Plaetze in Hessenl vnnd denen benachbarten Landschaften/als Buchen/ WetterawfLoehngaw/Nassaw/Solms/Hanaw/WitgensteinI vnd andern. Frankfurt 1655 S. 82 . 31 Oazu O. Kahm, Kupferslich nach dem Horensagen. Oer Kirchturm in Haina (3). - In : Frankenberger Allge­ meine vom 16. 6. 1984 Nr. 13 . 32 O. Kahm, Dach oh ne ReitertUrmchen. Der Kirchturm in Haina (2). -In: Frankenberger Allgemeine vom 9. 6. 1984, Nr. 134. 33 O. Kahm, Ein Werk vcn G. G. Ungewitter. Ocr Kirchturm in Haina (I). - In : Frankenberger Allgemeine vom 2. 6. 1984 , Nr. 128. 34 MUndlicher Hinweis von O. Kahm. 35 Wie Anm. 33. 36 Friedrich, Die Hohen Samthospitiiler S. 158 fT. 37 Konzepl eines Schreibens an das Geheime RatsCollegium zu Cassel vom 8. August 1739 in punclO des Kirchlhurm Baues. Absender unbeunnl. -In: Hospitalarchiv Hai na. Reparatur des hiesigen Kirchturms und Reparatur der Hai naer Kirche Sign. Nr. B 69. 38 Im gleichen Aktenordner Reparaturvorgang an der Kirche 1128-30. 39 Wie Anm. 37. 40 Ebd. 41 Schreiben Landgraf Friedrichs an Obervorsleher W. von UrIT vom to. Augusl 1739. - In : Hospitalarchiv Haina Sign. B 69. 42 Ebd. 43 Gut8chten vom 15. August 1739. - In : Hospitalarchiv Halna Sign. B 69. 44 Z. B. im Kl osler Schontal an der Jagst oder der mii chtige Turm, der fLir du Kloster Salem geplanl war. 45 Wi e Anm. 43. 46 Ebd. 47 Ebd. 48 Du geht heIVor aus dem Konzepl eines Schreibens des Obervorstehers von UrIT an Landgraf Ludwig von Hessen-DarmSladt am 2. Dezember 1739. - In : Hospitalarchiv Haina Sign. Nr. B 69. 49 Schreiben Landgrafludwigs zu Darmstadt an den Obervorsteher vo n UrITin Haina vom 27. Oktober 1739. - In : Hospilalarchiv Haina Sign. NI. B 69. 50 Ebd. 51 Samtschreiben Landgraf Ludwigs von Hessen-Darmstadt und Landgraf Wilhelms von Hessen-Kassel an den Obervorsleher von Urff in Haina vom 25 . Mai 1741. - In : Hospitalarchiv Haina Sign. NI. B 69. 52 Ebd. 53 Friedrich, Die Hohen Samlhospiliiler S. 141. 54 Jeder hohere Hospitalbeamte muBle bei seinem Amtsantriu eine Kaulion hinterlegen, die bei seiner Demission im Falle von MiBwi rtschaft einbehallen werden ionnte. Reichte die Kaution zur Begleichung der Schulden nic ht aus, so muBten der Bedienstete oder seine Erben fLi r den Betral aufko mmen. So findel es sich immer wieder in den Visilationsrezeuen. 55 Schreiben von Landgraf Ludwig an den Obervorsteher vo n UrIT vom 2. Oktober 1741. - In : Hospitalarchiv Hai na. Sign. NI. B 69. 56 Schreiben des Obervorstehers von Urff an Landgraf Fri edri ch und Landgraf ludwig vom 1. Juni 1742 (Konzept): von UrIT schildert den gesamten Hergang vo n 1739 an. - In: Hospitalarchiv Hai na Sign. NI. B 69. 57 Ebd. 58 Kontrakt vom 8. Dezember 1741, ebd. 59 Ebd. 60 Wi e Anm. 56. 61 Wie Anm. 56. 62 Copia Schreibens an Durchlauchl Herrn Landgrafen zu Darmsladl von Durchlaucht Herrn Stauhalters Herm Fursllichen Durchlaucht de dato Cassel den 29. Juni 1742. - In : Hospitalarchiv Haina Sign. Nr. B 69. 63 Im Jahre 1728 wurde vo n Urff damil beauftragl, eine den veriinderten Verhiiltnissen angepaSte renovierte Hospilaiordnung zu entwerfe n. Sie fuBI immer noch suf der frliheren des Hei nz vo n Ulder von 1534. Tenor der alten wie der neuen Ordnung ist, daB die gesamte Okonomie im Dienste der Armen zu slehen hat. Vg l. Friedrich, Die Hohen Samthospiliiler S. 144 IT. 64 Gravamina el Rotulus testium contra den Herrn Obervorsteher von Schtinstadt \68 1. - In : StAM Bestand 17 1 Nr. 616. 65 Ebd.

180 66 Schreiben Landgraf Friedrichs an den Obervorsteher vo n Urff vom 31. August 1742. - In : Hospitalarchiv Haina Sign. Nr. B 69. 67 Ebd . 68 Abschrift der Schrift, welche bey Reparirung des Hainischen Kirchthurms Anno 1802 im al ten Kn opf gefunden und wieder in den neuen selegt word en. - In : Hospitalarchiv Haina Sign . Nr. B 69. 69 ,,von 1715-1745 war Wilhelm von UrfT Oberv orsteher der hohen Sa mlhospitali en im Lande zu Hessen mil dem Sitz.e in Haina. Etwa zur gleichen Zeil war ei n Jo hannes Faust Pfarrer in Haioa. Wi lhelm vo n UrfT hat, ofTenbar aufBetreiben des Pfarrers Faust. bei den Landgrafen vo n Hessen·Kassel und Hessen-Oarm­ stadt - die Landeshospitii ler waren gemeinschaftlic her Besitz - e rreichl, daB Friedrich, Landgraf von Henen (1730-1751) und zugleich Konig vo n 5chweden (1720-1751) und LandgrafLudwig VIII. von Hessen­ Oarmstadl (1735-1768) eine groBe Glocke dem Landeshospital stifteten. Eine weitere Glocke - etwas kl ei­ ner wie die Hasenglocke - st inete der Pfarre r Johannes Faus! selbsl, wohl durch gesammell es Geld. Fur diese beiden neuen Glocken, we lc hen man dann di e Hasenglocke beimgte, wurde ein gro6erThrm Obe r der Vierung . .. e rri c hl e t. ~ C. Wi ckel, Kloster Haina 5. 34. 70 Die beiden Glocken, die vom Glockengie6er KUlschbach und seinen Gehilfen in Haina gegossen worden waren, wurden im letzten Weltkrieg 1942 eingeschmolzen. O. Kahm, Ei n Werk von O. O. Ungewin er. Oer Kirchturm in Haina (I). - In : Frankenberger AlIgemeine vom 2. 6. 1984 Nr. 128.

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