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Naturpark Aktuell 03 / 08

Naturpark Aktuell 03 / 08

Naturpark aktuell 03 / 08

Wo stehen wir? Neuer Geschäftsführer im Naturpark: Rainer Paulus

Naturschutzgroßprojekt • Betreuung der Teilnehmer / innen Auf Basis des nun vorliegenden umfang- am „Freiwilligen ökologischen Jahr“ reichen und detaillierten Pfl ege- und Ent- wicklungsplanes hat die Projektleitung Schwerpunkte meiner Arbeit sind: einen komplexen Projektantrag zur Vor- 1. Der Abschluss Phase I des Natur- lage beim Bundesamt für Naturschutz schutzgroßprojektes und der Antrag und beim Land Hessen erstellt. Die Prü- Gerne nutze ich die Gelegenheit mich auf die weitere Förderung. fung wird einige Monate in Anspruch Ihnen vorzustellen. Ich bin seit 1. Mai 2. Die gemeinsame Arbeit mit nehmen. Entschieden wird über den Fort- 2008 Geschäftsführer des Naturparks dem Verein „Region - gang des Projektes und über die Übernah- Kellerwald-Edersee. Zuvor war ich Edersee“ am Regionalen me des Suchraums Hoher Keller in die 22 Jahre Revierleiter im Kurstadtrevier Entwicklungskonzept und der Gesamtmaßnahme. Alle Beteiligten sind , später Bereichsleiter LEADER-Förderung. optimistisch, dass diese Schritte bis zum im Forstamt Bad Wildungen und Vöhl. 3. Die Ederseebewirtschaftung Sommer 2009 erfolgen. Die genehmigten Nun beschäftige ich mich mit den Kern- (Aff olderner See) auf ökologischer Maßnahmen können in der 2. Projektphase aufgaben des Naturparkes: Basis mit dem Monitoring (Fisch- voraussichtlich bis 2015 gefördert und • Projekte planen und durchführen besatzerfassung, -entwicklung, umgesetzt werden. • Ausbildung und Koordination der Wasserqualität). Das umfangreiche Verfahren ist sehr zeit- 35 ehrenamtlichen, qualifi zierten Der Naturpark steht im Blickpunkt der aufwändig und manch ein Akteur wird Naturparkführer / innen (Angebote Öff entlichkeit. Im Jahr 2008 gab es allein schon ungeduldig. Dennoch lohnt sich von Geologie über Kräuterkunde bis 2,5 Mio. Internetanfragen, 785 Presse- der Aufwand im Hinblick auf die Umset- zum Naturschutz) einträge und 200 Führungen. zung der Naturschutzziele, die auf eine • Verbesserung der Infrastruktur Für das Jahr 2009 gibt es wieder einen Dauer von mindestens 30 Jahren ausge- (Schutzhütten, Rad- und Wander- gemeinsamen Veranstaltungskalender richtet werden. wege, Parkplätze, Beschilderung) mit dem Nationalpark. Wir bieten • Umweltbildung im Naturerlebnishaus zahlreiche attraktive Veranstaltungen Nieder-Werbe (Pilzseminare, Schul- und freuen uns auf ihre Teilnahme! klassenunterricht und -unterbringung) Schon heute lade ich Sie recht herzlich • Erstellung einer Wanderkarte für die ein zum Naturerlebnistag 2009 in Region Odershausen. • Zusammenarbeit mit den Partner- betrieben Ihr Rainer Paulus

NEWSLETTER Naturschutzgroßprojekt

Naturpark Kellerwald-Edersee

0011_54_NGP_Newsletter_3.indd 1 06.01.2009 11:16:56 Uhr 2 ARCHEREGION

Entwicklung der Nationalen Naturlandschaften zu einem funktionalen Schutzgebietssystem in Deutschland

Beispielhafte Umsetzung auf schiedenen Kategorien für die Durchfüh- Hier sollen innovative Pilotprojekte mit Basis von Modellprojekten rung der o. g. Projekte in Frage: folgenden Arbeitsschwerpunkten entwi- Nationalparke, Biosphärenreservate und ckelt, initiiert und umgesetzt werden: Naturparke bilden ein abgestuftes System Region Bayerischer Wald von Schutzgebieten, das unter einer gemein- Naturpark Bayerischer Wald • Arten-, Biotop- und Landschafts- samen Dachmarke „Nationale Naturland- – Nationalpark Bayerischer Wald schutz /Forschung schaften“ (NNL) der Öff entlichkeit kom- Region • Umweltbildung, Öff entlichkeitsarbeit muniziert wird. Naturpark Eifel / Hohes Venn und Besuchermanagement Im Rahmen des weltweiten Übereinkom- – Nationalpark Eifel • Umweltverträgliche Regionalentwick- mens für die Biologische Vielfalt (CBD) Region Elbetal lung / naturverträglicher Tourismus soll ein globales Netz umfassender, eff ektiv Naturpark Elbufer- gemanagter und ökologisch repräsentativer – Biosphärenreservat Niedersächsische Die Region Kellerwald-Edersee möchte nationaler und regionaler Schutzgebiets- Elbtalaue sich mit dem Projekt Arche-Region an dem systeme geschaff en werden. Region Hainich Forschungs- und Entwicklungs-Projekt Das Bundesministerium für Umwelt und Naturpark -Hainich-Werratal beteiligen. Ein entsprechender Antrag im Reaktorsicherheit (BMU) arbeitet hierzu – Nationalpark Hainich Umfang von ca. 25 000 Euro ist beim eng mit den Bundesländern, aber auch mit Region Bundesumweltministerium gestellt. den beiden Dachverbänden, dem Verband Naturpark Harz – Nationalpark Harz Ziel ist es ein Entwicklungskonzept Deutscher Naturparke (VDN) und mit Region Kellerwald „Arche-Region-Frankenau“ zu erarbeiten. EUROPARC zusammen. Naturpark Kellerwald-Edersee Hierbei gilt es, den Beitrag der einzelnen Erste Leitbilder und Konzepte wurden – Nationalpark Kellerwald-Edersee Akteure zu defi nieren und in das Konzept schon erarbeitet. Nun steht die Umset- Region Müritz einzubinden. In Frankenau und Umge- zung an. Naturpark Feldberger Seenlandschaft bung gibt es inklusive der Gefl ügelhalter Am Beispiel ausgesuchter Großschutzge- – Müritz Nationalpark ca. 20 Halter alter Haustierrassen! Eine biete verschiedener Kategorien, die eine Region Rhön geeignete Kooperationsform muss gefun- enge räumliche Beziehung zueinander Naturpark Bayerische Rhön / den werden, um eine günstige und nach- haben, sollen gemeinsame Maßnahmen Naturpark Hessische Rhön haltige Bewirtschaftung der Naturschutz- und Aktivitäten initiiert und umgesetzt – Biosphärenreservat Rhön (Bayerischer, fl ächen sicher zu stellen. Hierzu besteht werden, die zur stärkeren Vernetzung Th üringer und Hessischer Teil) bereits Kooperationserfahrung mit dem und Kooperation dienen. Region Südharz-Kyff häuser NABU-Ortsverein Frankenau, der Halter- Bundesweit kommen folgende Paarungen Naturpark Kyff häuser gemeinschaft Hinterwälder Rind, Schaf- bzw. Gebietsgruppen (Rhön) von ver- – Biosphärenreservat Südharz haltern sowie der ortsansässigen Fuhrhal- terei Finke. Das Entwicklungskonzept soll als Stufenkonzept mit zeitlich realisier- baren Umsetzungsschritten aufgebaut werden. Zudem soll es zum Aufbau der Öff entlichkeitsarbeit und des Marketings sowie zur Akquise weiterer Mittel dienen. Die Entwicklung einer Arche-Region ist zudem Bestandteil des aktuellen Regiona- len Entwicklungskonzeptes der Region Kellerwald-Edersee.

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Der Hohe Keller – ein Gebiet mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung

Naturschutzgroßprojekte dienen der Er- Bereits in der Planungsphase des Natur- und Waldinteressenten durchzuführen. richtung und Sicherung schutzwürdiger schutzgroßprojektes hat der - Bereits in diesem Jahr konnte auf grö- Teile von Natur und Landschaft mit ge- -Kreis erste größere Kompensa- ßeren Flächen mit der Entnahme der samtstaatlich repräsentativer Bedeutung. tionsmaßnahmen in den Bereich des Fehlbestockung begonnen werden und Diese sollen sich von den üblichen Schutz- Naturparks bzw. des Naturschutzgroß- somit ein Beitrag zu Erhalt, Förderung gebieten deutlich abheben. In den Leitlinien projektes lenken können. Die Maßnah- und Entwicklung der bedeutenden und des Bundesamtes für Naturschutz sind die men entsprechen den Entwicklungs- seltenen Lebensraumtypen und Arten Bewertungskriterien Repräsentanz, Groß- zielen des Naturschutzgroßprojektes geleistet werden. In Zukunft werden fl ächigkeit, Naturnähe, Gefährdung und und wurden mit der Projektleitung auf ca. 10 ha Privat- und Interessenten- Beispielhaftigkeit festgeschrieben. abgestimmt. wald im Sinne des Naturschutzgroß- Während der Beweis für die gesamtstaat- projektes Maßnahmen durchgeführt, lich repräsentative Bedeutung des Natio- Innerhalb der Gesamtkulisse des Hohen die seitens der Unteren Naturschutz- nalparks, der Ederseesteilhänge und der Kellerwaldes stellt der Bachauenkom- behörde als Kompensationsmaßnahmen Kulturlandschaft um Frankenau vielfach plex im Bereich des Michelbach und anerkannt wurden. belegt und Grund für die Auswahl des der Bencherröder Hege, zwischen Bad Naturschutzgroßprojektes gewesen ist, Zwesten und Jesberg sowie im Tal der Neben dem naturschutzfachlichen war die Bedeutung des „Hohen Kellers“ Urff gelegen, einen der großfl ächigsten Aspekt bedeutet dies, dass die in Aus- und seine Förderwürdigkeit unklar. In und ökologisch hochwertigsten poten- sicht gestellten Finanzmittel des Natur- der 1. Planungsphase des Projektes besaß ziellen Feuchtwaldbereiche mit einem schutzgroßprojektes ergänzt werden der Hohe Keller daher den Status eines hohen Entwicklungspotenzial dar. In und somit für andere Entwicklungs- „Suchraums“. Der Pfl ege- und Entwick- diesem Gebiet sind ökologisch hoch- maßnahmen zur Verfügung stehen. lungsplan hatte zu prüfen, ob die Kriterien wertige Lebensraumbereiche und Arten für eine gesamtstaatlich repräsentative durch Nadelholzauff orstungen auf Der Kreisausschuss des Schwalm-Eder- Bedeutung hinreichend erfüllt sind, um fragmentarische Restbestände zurück Kreises setzt große Hoff nungen in das eine langfristige Förderung im Rahmen gedrängt worden. geplante Naturschutzgroßprojekt und eines Naturschutzgroßprojektes zu recht- wird sich weiter dafür einsetzen. fertigen. Durch Vermittlung der Unteren Natur- schutzbehörde wurde das Amt für gez. Straßen- und Verkehrswesen, Kassel, Winfried Becker gewonnen, Kompensationsmaßnahmen Erster Kreisbeigeordneter auf Flächen von Privatwaldbesitzern

Naturschutzbeirat des Schwalm-Eder-Kreises unterwegs im Hohen Keller

Foto: Dr. Lambrecht

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Blick vom Kellerwaldturm über den waldreichen Naturpark bis zum Nationalpark Kellerwald-Edersee

Das Bundesamt für Naturschutz misst dem Buchenwälder der Mittelgebirgsstufe, die Großfl ächigkeit Wildnis- und Naturerbegedanken im Rah- den vorherrschenden Waldtyp des Natur- Vorschläge für Mindestgrößen von Buchen- men der Bewertung der bundesweiten Be- parks darstellen. Eine herausragende Re- waldschutzgebieten liegen zwischen 1.000 deutung einen hohen Stellenwert bei. Denn präsentanz erreichen die Buchenwälder und 5.000 ha. Sie ermöglichen eine größt- Rotbuchenwälder sind natürliche Wald- der Kerngebiete „Nationalpark Kellerwald- mögliche Dynamik in verschiedenen Ent- ökosysteme, die nur in Europa vorkommen. Edersee“ und „Steilhänge nördlich des wicklungsstadien des Buchenwaldes und Ihr Verbreitungsschwerpunkt liegt in Mit- Edersees“ durch ihre außergewöhnliche eine davon abhängige biologische Vielfalt. teleuropa. In Deutschland liegt gut ein Ausstattung mit typischen, teils natürli- In Westdeutschland weisen nur noch Viertel des Gesamtareals. Der Auftrag der chen Lebensräumen und seltenen Arten. 51 naturnahe Laubwaldgebiete eine un- Weltgemeinschaft zur Erhaltung intakter zerschnittene Fläche von 2.000 bis max. Buchenwaldökosysteme ergibt sich aus der Wertvolle naturnahe Buchenwaldkom- 8.000 ha auf. Der „Hohe Keller“ zählt Verein barung zur biologischen Vielfalt plexe im Suchraum „Hoher Keller“ ver- dazu. Doch auch diese Größen genügen (CBD). Die Kellerwald-Region stellt sich vollständigen die Repräsentativität des noch nicht den hohen Ansprüchen wan- den Aufgaben. So ist der Nationalpark Projektgebietes. Im Urff tal fi nden sich dernder Tierarten. So besteht eine über- Kellerwald-Edersee möglicherweise der kleinfl ächig Orchideen- und Platterbsen- lebensfähige Wildkatzenpopulation aus erste deutsche Nationalpark, der von der Buchenwälder mit Übergängen zu Eichen- mindestens 500 Individuen und benötigt IUCN nach Kategorie II zertifi ziert wird. Hainbuchenwäldern, örtlich eingelagerte 100.000 bis 200.000 ha verbundene Wälder. Er gehört zu einer Auswahl von fünf deut- Kalkfelsen und Kalkquellen. Waldgersten- Das Bundesland Hessen weist einen Wald- schen Buchenwaldgebieten für ein deutsches reiche Buchenwälder sind großfl ächig an anteil von 41,7 % auf. Im etwa 40.000 ha Buchenwaldcluster, das für eine Welterbe- den Unterhängen des „Hohen Kellers“ großen Naturpark Kellerwald-Edersee nominierung der UNESCO gemeldet ist. ausgebildet und werden nach oben durch hat der Wald mit 62 % den größten Flä- Dabei geht es besonders um den Schutz Hainsimsen-Buchenwälder abgelöst. Die chenanteil und Buchenbestände nehmen von Buchenwaldtypen, für die Deutsch- Buchenwälder stehen im engen Kontakt eine Fläche von 15.000 ha ein! Die Kern- land eine besondere Verantwortung trägt. zu Waldquellen, eigentümlichen Klein- zonen des Naturschutzgroßprojektes sind mooren und lang gestreckten Waldbach- hier wesentliche Bausteine in einem öko- Auch die Bedeutung des Suchraumes gründen mit Feuchtwäldern. In Gipfel- logischen Netzwerk mit Wanderkorrido- „Hoher Keller“ muss sich in seinem Beitrag lage liegt der markante Quarzitkamm des ren und ökologischen Trittsteinen. So hat zur Erhaltung des Naturerbes Buchenwälder „Wüstegartens“ mit Block- und Klippen- eine Einstufung der Habitateignung für erweisen. Die Bewertung erfolgt daher im bildungen, Grenzwäldern, Felsheiden die Wildkatze gezeigt, dass die geschlos- globalen bzw. europäischen Bezug. und Sauerhumusrasen. Im Komplex mit senen, großen Waldgebiete zwar optimale Waldhainsimsen-Buchenwäldern mit Lebensräume mit ganzjährig hoher Bedeu- Repräsentanz Bärlappvorkommen überwiegt hier in tung für mehrere Wildkatzen sein können. Deutschland hat eine besondere Verant- Höhen zwischen 600 m bis 670 m ü. NN Doch spätestens in Zeiten, in denen es wortung zur Erhaltung der bodensauren ein nordischer Charakter. wenige Waldmäuse gibt, werden waldnahe

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Wiesen und Weiden für die Nahrungssuche 39 % Flächenanteil ist der Buchenwald, des- Im Bereich des Waldgebietes am Hohen wichtig. Für einen Austausch möglicher sen Lebensraumkomplexe auf fast 3.000 ha Keller verfolgt das Naturschutzgroßpro- Wildkatzenvorkommen müssen zudem unzerschnitten sind. Als Zeigerarten für jekt das Ziel, diesem Zustand möglichst geeignete Wanderkorridore vorhanden ruhige, wenig erschlossene Waldgebiete nahe zu kommen, ohne seine sonstigen sein. Dies ist umso wichtiger, als der wald- können Schwarzstorch und Rothirsch Funktionen für die Nutzung des nach- reichen Kellerwald-Region als Bindeglied herangezogen werden. Weitere typische wachsenden Rohstoff es Holz oder die Er- zwischen „“ und „“ sowie und wertgebende Vogelarten mit hohen holung der Bevölkerung aufzugeben. Ein „nordosthessischem Bergland“, „Solling“, Raumansprüchen sind Rot- und Schwarz- Indiz für die bemerkenswerte Naturnähe „Harz“ und westthüringischen Mittelge- milan, Wespenbussard, Raufußkauz so- des Projektgebietes liefert die Alterszusam- birgen eine Schlüsselfunktion für Wande- wie Mittel-, Grau- und Schwarzspecht. mensetzung der Buchenwälder. Demnach rung, Austausch und Verbreitung der sind von den fast 15.000 ha Buchenwald Wildkatzen zukommt. Im Verbund mit Naturnähe 5.000 ha älter als 120 Jahre, davon wieder- „Rothaargebirge“ und „Burgwald“ könnte Der höchste Grad der Naturnähe ist Un- um etwa 1.500 ha älter als 160 Jahre. Die sich mittelfristig gar ein großes Wildkatzen- versehrtheit. „Unversehrtheit“ bedeutet, dass außergewöhnlich hohe Naturnähe der vorkommen entwickeln. das Arteninventar vollständig ist, dass die nördlichen Steilhänge und der südlichen Flächengröße für den Ablauf natürlicher im Nationalpark ist durch das Vorkommen Eine wesentliche Grundlage für ein durch- Prozesse ausreicht und dass keine Beein- von Urwaldzeigern unter den Totholz- gängiges, ökologisches System im Projekt- trächtigungen vorliegen. Diese Ansprüche käfern mit Veilchenblauer Wurzelhals- gebiet ist das etwa 26.500 ha große Vogel- können die Buchenwälder Mitteleuropas schnellkäfer und Eremit sowie unter den schutzgebiet „Kellerwald“. Es verbindet als aufgrund der jahrhundertelangen mensch- Pilzen mit Ästiger Stachelbart, Igel-Stachel- großes, weitgehend geschlossenes, boden- lichen Einfl üsse nicht mehr vollständig er- bart, Buchen-Schleimrübling, Mosaik- saures Buchenwaldgebiet mit engen Tal- füllen. Das Entwicklungspotenzial muss Schichtpilz und Zunderschwamm belegt. zügen, totholzreichen Althölzern und natur- daher in die Bewertung einfl ießen: Ist das Diese Urwaldzeiger stehen sowohl für nahen Edellaubholzbeständen sowie Bächen, Gebiet bei Umsetzung der geplanten Maß- eine langandauernde Habitattradition als Magerasen, Heiden und Felsfl uren die Kern- nahmen geeignet, ein weitgehend vollstän- auch für die Regenerationsfähigkeit der gebiete mit dem Suchraum Hoher Keller. diges Arteninventar zu beherbergen? umgebenden bzw. vernetzten Wälder. Die Bedeutung des Suchraums „Hoher Die Zahl der Tierarten in unberührten Die Regenerationsfähigkeit ist im Hin- Keller“ in diesem ökologischen System natürlichen Buchenwäldern wird auf über blick auf das Hauptziel des Naturschutz- lässt sich mit einigen Fakten untermauern. 6.000 geschätzt. Ihre Vielfalt off enbart großprojektes, naturnahe und struktur- Bei einer Flächengröße von 3.852 ha domi- sich nicht zuletzt in der Vielfalt der reiche Buchenwälder mit einem hohen niert mit ca. 85 % Flächenanteil der Wald. Strukturen und Kleinlebensräume. Sie Anteil von Alt- und Totholz zu erhalten Er setzt sich zu 62 % aus Laubwald, zu 25 % hängt wesentlich von der historischen und zu entwickeln, von großer Bedeutung aus Nadelwald und zu 13 % aus Mischwäl- Kontinuität und dem Vorhandensein von für die nachhaltige Erhaltung des Natur- dern zusammen. Vorherrschend mit etwa Zerfallsphasen, Alt- und Totholz ab. erbes.

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Unter Beachtung der Dauer von Waldent- wicklungsstadien muss für die teilweise strukturell ungünstigen Wirtschaftswälder des Hohen Kellers in großen Zeiträumen gedacht werden. Denn es fehlen beispiels- weise unter den Pilzen eindeutige „Natur- nähezeiger“ oder gar „Urwaldzeiger“. Doch zeigen die Vorkommen von Schwarz- specht, Grauspecht , Schwarzstorch und Bechsteinfl edermaus als ökologische Zeiger- arten reifer naturnaher Wälder bereits die positive Entwicklungstendenz, die sich unter Bechsteinfledermaus der geplanten naturschutzoptimierten Wald- bewirtschaftung verstärkt fortsetzen dürfte. Umso wichtiger scheint eine Vernetzung hunderts durch weitgehend ungezügelte mit den Wäldern des Nationalparks zu Nutzung des bis dahin bedeutendsten Roh- sein, so dass zumindest langfristig eine stoff es Holz weitgehend devastiert, ehe Neubesiedlung mit selten gewordenen eine geregelte Forstwirtschaft sich durch- Totholzbewohnern ermöglicht wird. setzte und der Wiederaufbau der Wälder begann. Naturnahe Buchenwälder nehmen Gefährdung heute in Deutschland wieder 5 % der Landes- Rotbuchenwälder gelten bei globaler Be- fl äche ein, in Hessen sind es sogar 15 %. trachtung als gefährdete Waldökosysteme. Dieser Anteil ist weiter im Steigen begrif- Dies überrascht zunächst, sind sie doch in fen. Nicht alle Buchenwälder verfügen aber Deutschland und ganz besonders in Hessen über einen ausreichenden Anteil an älteren weit verbreitet und in ihrem Bestand heute Waldbeständen, Struktur und Totholz. keineswegs gefährdet. Ihr Vorkommen Infolge dessen weist die an diese Merkma- beschränkt sich jedoch auf Europa und le gebundene biologische Vielfalt teilweise hier nehmen sie heute nur noch einen deutliche Mängel aus. Insbesondere groß- kleinen Teil ihres ursprünglichen Verbrei- fl ächig unzerschnittene Buchenwälder tungsgebietes ein. Auf Grund dessen kommt sind sehr selten, so dass eine Verinselung der Bewertung der gesamtstaatlich repräsen- eingetreten ist. Selbst die Rote Liste der tativen Bedeutung die höchstmögliche Biotoptypen Deutschlands – das Land in Priorität zu, zumal es zahlreiche Vogelar- dem das Zentrum des Buchenwaldareals ten gibt, die ihr einziges oder überwiegendes liegt – führt daher die Buchenwälder als Verbreitungsgebiet in Europa haben und „gefährdet“ bis „stark gefährdet“ auf. auf Buchenwälder bzw. Buchenwaldland- schaften angewiesen sind. Dazu zählen u. a. Hieraus ergibt sich ein Handlungsbedarf, Rotmilan, Mittelspecht, Blaumeise, Grün- der wesentliche Grundlage für das Natur- specht, Waldlaubsänger und Halsband- schutzgroßprojekt ist. Die Großfl ächigkeit schnäpper. der weitgehend unzerschnittenen Kernzo- nen einschließlich des Suchraums „Hoher Buchenwälder würden in Deutschland Keller“ sind in Verbindung mit den Zielen natürlicherweise 67 % der Landesfl äche des Naturschutzgroßprojektes „Kellerwald- bedecken. Die nach den großen Rodungs- Region“ hervorragend geeignet, modellhaft perioden im Mittelalter verbliebenen Wäl- zur Erhaltung und Entwicklung des Natur- der wurden bis zum Ende des 18. Jahr- erbes der Buchenwälder beizutragen.

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Beispielhaftigkeit

B251 Der Nationalpark mit seiner freien Wild- A44 Kassel nisentwicklung verkörpert das hervorste- Korbach

B251 B251 chende Merkmal des Naturschutzgroß- B252

B485 projektes.

VÖHL WALDECK In Ergänzung zur großfl ächig ungestörten B485

B252 Wildnisentwicklung im Nationalpark 1 Edersee

Kellerwald-Edersee und dem Urwaldnetz- MEDEBACH EDERTAL werk der Edersee-Steilhänge soll daher in Nationalpark LICHTENFELS den Wäldern des Hohen Kellers eine auf B485 B252 FRITZLAR 2 BAD Kassel Naturschutzziele optimierte Waldnut- WILDUNGEN B253 zung vorangebracht werden. Naturnahe FRANKENAU 3 Wälder auf Sonderstandorten, Felsklip- B253 A49 B253 5

FRANKENBERG B3 B252 Naturpark pen, Felsheiden, Moore, Quellen und Bä- Borken che sollen erhalten, entwickelt und mit- B253 einander vernetzt werden. Marburg 4

B3 So ergibt sich im Naturpark eine einzig- JESBERG artige Kombination aus den urwaldge- GEMÜNDEN prägten Ederseesteilhängen, dem Natio- B3 nalpark mit freier Wildnisentwicklung GILSERBERG und dem Hohen Keller mit einer natur-

schutzoptimierten Waldbewirtschaftung. B3 Marburg Dieses modellhafte Nebeneinander wird für die Zukunft wichtige Erkenntnisse Funktionen der Kernzonen des Naturschutzgroßprojektes in der „Kellerwald-Region“ – ein Netzwerk über ein nachhaltiges Miteinander von naturnaher „Buchenwald-Lebensraumkomplexe“ Natur und Mensch bringen und zugleich 1 Kernzone „Steilhänge nördlich des Edersees“ (1.017 ha) langfristige Wertschöpfungs- und Be- Funktionen: Sicherung von Urwaldrelikten, Ausbreitungskern für „Urwaldarten“ schäftigungsmöglichkeiten eröff nen. Praxismodell: „Vernetzung und Optimierung von Urwaldstandorten“

2 Kernzone „Nationalpark Kellerwald-Edersee“ (5.822 ha) Fazit Funktionen: Gewährleistung der natürlichen Buchenwalddynamik, Ausbreitungskern für „Urwaldarten“, Der „Hohe Keller“ ist wesentlicher Be- Rückzugsgebiet und Lebensraum für bedrohte Tierarten bzw. Arten mit hohen Raumansprüchen standteil eines ökologischen Netzwerkes Praxismodell: „Freie Wildnisentwicklung“

aus naturnahen, repräsentativen Buchen- 3 Kernzone „Kulturlandschaft Frankenau und Wesetal“ (1.944 ha) wald-Lebensraumkomplexen – ein Netz- Funktionen: Habitate bedrohter Tierarten, ökologischer Puffer für den Nationalpark werk das im Hinblick auf die besondere Praxismodell: „Arche-Region“

Gefährdungssituation der europäischen 4 Suchraum „Hoher Keller“ (3.852 ha) Buchenwälder von globaler Bedeutung Funktionen: Erhaltung und Entwicklung strukturreicher naturnaher Buchenwälder, Rückzugs- ist. Für das Gelingen des Naturschutz- gebiet und Lebensraum für bedrohte Tierarten bzw. Arten mit hohen Raumansprüchen Praxismodell: „Naturschutzoptimierte Waldbewirtschaftung“ großprojektes ist der Suchraum aufgrund seiner unersetzbaren Stellung in der Ge- 5 Projektgebiet „Kellerwald-Region“ (Naturpark Kellerwald-Edersee, 40.840 ha) samtkulisse der Kellerwald-Region, seiner Funktionen: ökologische Vernetzung der Kernzonen über Korridore und Trittsteine, Teillebens- kompakten und unzerschnittenen Groß- räume und Habitate für Tierarten mit hohen Raumansprüchen Praxismodell: „Buchenwaldregion“ fl ächigkeit, seines hohen Entwicklungs- potenzials und seiner Modellhaftigkeit von Bedeutung. der Planer eindeutig belegt. Der Projekt- gen Suchraum zu einem förderfähigen Die gesamtstaatlich repräsentative Bedeu- träger ist daher zuversichtlich, dass das Kerngebiet des Naturschutzgroßprojek- tung des Hohen Kellers ist nach Ansicht Bundesamt für Naturschutz den bisheri- tes aufwerten wird!

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Experten vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) und dem Hessischen Umweltministerium (HMULV) zu Besuch

FA Vöhl viel Arbeit geleistet, auf die nun aufgebaut werden kann. Spezielle Schutz- projekte gelten der seltenen und gefährde- ten Pfl anzenwelt der Felsen und Felsspalten, zu der die grazile Pfi ngstnelke zählt. Bei einem Rundgang durch das Naturschutz- gebiet Hünselburg würdigten die Vertreter des Bundesamtes die Vorschläge zur Um- setzung des Naturschutzgroßprojektes: „Hier wurde mit Blick auf die Naturnähe, die biologische Vielfalt und den Erlebnis- wert von Landschaft Bemerkenswertes geleistet“.

2. Exkursion Vertreter des HMULV informierten sich am 12.08.08 über den aktuellen Planungs- 1. Exkursion stand. Von der bundesweiten Wertigkeit nicht im Konfl ikt zu den forstwirtschaft- Bei einer Bereisung im Mai zeigten sich der Ederseesteilhänge mit ihren urwaldar- lichen Anforderungen stehen. Volker Scherfose und Ralf Forst vom BfN tigen Eichenwäldern waren sie bei einem Auch der Hohe Keller hat mit seinen groß- beeindruckt von der biologischen Vielfalt Rundgang über die Hünselburg schnell fl ächigen Buchen- und Feuchtwäldern, den in den Projektgebieten. überzeugt. „Das Gebiet ist fantastisch“, Klippen und Blockhalden am Wüstegarten, Nach einer Präsentation der Ergebnisse aus sagten der Leiter der Abteilung für Forsten dem Exhelmer Stein und dem Totenmoor der sozioökonomischen Studie gab es kein und Naturschutz Carsten Wilke und der viele Besonderheiten zu bieten. Geleitet Halten mehr. Es ging zu zwei Exkursionen zuständige Referatsleiter Peter Stühlinger wurde die Bereisung von Karl-Gerhard hinaus in die Natur. Besonderes Augen- beeindruckt. Eberhard Leicht (Forstamts- Nassauer, dem Leiter des Forstamtes merk galt den Ederseesteilhängen von Asel leiter FA Vöhl), machte deutlich, dass auf Jesberg. Carsten Wilke zeigte sich optimis- bis Hemfurth. Forstamtsleiter Eberhard dem überwiegenden Teil der Steilhänge die tisch, dass bei einem allseits guten Bemühen Leicht führte durch die charakteristischen geplanten Naturschutzmaßnahmen wegen der Suchraum „Hoher Keller“ mit in die Eichen-Hainbuchenwälder. Hier hat das der schweren Bewirtschaftungsbedingungen Förderung aufgenommen wird.

Kontaktadressen: gefördert von:

Naturpark Geschäftsstelle:

Laustraße 8, 34537 Bad Wildungen Tel.: 0049 (0)5621 969460, Fax: 0049 (0)5621 969464 www.naturpark-kellerwald-edersee.de

Projektbüro KellerwaldUhr:

Tel.: 0049 (0)6455 755-873, E-Mail: [email protected]

Fotos: cognitio, Naturpark Kellerwald-Edersee, R. Groß

Redaktion & Gestaltung: cognitio Kommunikation & Planung, www.cognitio.de Nationale Naturlandschaften

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