Politik Und Mediale Inszenierung: Deutsche Bundeskanzler Und Ihr
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Politik und mediale Inszenierung: Deutsche Bundeskanzler und ihr veröffentlichtes Privatleben Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie des Fachbereiches 04 der Justus-Liebig-Universität Gießen vorgelegt von Anne Christin Klotz (Gießen) 2018 Dekan/in: Prof. Dr. Peter von Möllendorff 1.Berichterstatter/in: Prof. Dr. Dirk van Laak 2.Berichterstatter/in: Prof. Dr. Ulrike Weckel Tag der Disputation: 13. Februar 2019 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung .................................................................................................................... 1 1.1 Fragestellung, Methode, Aufbau der Arbeit .................................................................. 2 1.2 Quellengrundlage und Forschungskontext .................................................................... 9 1.3 Komponenten der politischen Kommunikation ........................................................... 15 1.3.1 Medialisierung ........................................................................................................... 16 1.3.2 Amerikanisierung ....................................................................................................... 21 1.3.3 Personalisierung ......................................................................................................... 27 1.4 Privat ................................................................................................................................ 37 2. Traditionen der politischen Kommunikation ........................................................ 47 3. Deutsche Bundeskanzler und ihr inszeniertes Privatleben .................................. 56 3.1 Netzwerke ........................................................................................................................ 57 3.1.1 Familienvater ............................................................................................................. 58 3.1.2 Ehe ............................................................................................................................. 79 3.1.3 Außereheliche Verhältnisse ..................................................................................... 101 3.1.4 Interessengebundene Netzwerke .............................................................................. 106 3.2 Orte ................................................................................................................................ 115 3.2.1 Haus ......................................................................................................................... 116 3.2.2 Garten ....................................................................................................................... 129 3.2.3 Urlaub ...................................................................................................................... 134 3.3 Praktiken ....................................................................................................................... 166 3.3.1 Präzision und Geschick ............................................................................................ 166 3.3.2 Aktiver Sport ........................................................................................................... 170 3.3.3 Passiver Sportkonsum .............................................................................................. 176 3.3.4 Interessen ................................................................................................................. 180 3.4 Körper und Herkunft ................................................................................................... 184 3.4.1 Ernährung und Genuss ............................................................................................. 185 3.4.2 Äußeres Erscheinungsbild ....................................................................................... 200 3.4.3 Sprache ..................................................................................................................... 216 3.4.4 Geschlechterspezifische Inszenierung ..................................................................... 222 4. Schlussbemerkung .................................................................................................. 238 5. Quellen- und Literaturverzeichnis ........................................................................ 249 5.1 Archivalische Quellen ................................................................................................... 249 5.2 Gedruckte Quellen ........................................................................................................ 252 5.3 Literatur ........................................................................................................................ 254 6. Abbildungen ............................................................................................................ 267 1. Einleitung Mit liebenswürdig gespitzter Feder berichten Sie seit der Zeit des Parlamentarischen Rates aus und über Bonn. Dabei verstanden Sie es stets, besonders das Menschliche in der Politik anzusprechen – und das hat Sie zu dem Chronisten Bonns werden lassen!1 Ludwig Erhard an den FAZ-Journalisten Walter Henkels Das Verhältnis zwischen Journalisten und Politikern in der Bundesrepublik ist ein besonderes. Die Journalisten sind auf politische Themen angewiesen, um entsprechende Formate mit Inhalten zu füllen, während die Politiker auf die Verbreitung ihrer politischen Konzepte über die Medien hoffen. Dieses beidseitige Abhängigkeitsverhältnis geht häufig weit über ein rein professionelles hinaus, waren die Beziehungen zwischen beiden Polen doch oft sehr eng. Der „Bonner Klüngel“, die enge Beziehung zwischen Journalisten und Politikern in der Bonner Republik, ist ein Beispiel dafür. Konrad Adenauer lud die ihm wohlgesinnten Medienvertreter zu exklusiven Teegesprächen ein, Ludwig Erhard in den „Sonderkreis“2, Willy Brandt in seinen Wahlkampf-Sonderzug, Helmut Schmidt an den Brahm- und Helmut Kohl an den Wolfgangsee. Von dieser besonderen Behandlung profitierten nicht nur die Politiker. Auch die Journalisten hofften auf exklusive Informationen, die sich aus diesen teilweise fast freundschaftlichen Beziehungen ergaben, denkt man an „Bild“- Redakteur Kai Diekmann und Bundeskanzler Helmut Kohl. Diese enge Beziehung zwischen Politikern und Journalisten ist auch nach dem Umzug der Regierung nach Berlin nicht wegzudenken. Bewusst und unbewusst offenbart der Bundeskanzler3 menschliche Züge, sei es in Gesprächen und Treffen oder bei einer konkreten und zielgerichteten Darstellung seines Privatlebens gegenüber den Journalisten. Wie aus der zeitgenössischen Berichterstattung hervorgeht, spielt in diesen Geflechten häufig das „Menschliche“ eine Rolle. An diesem Punkt treffen sich die Absichten der Politiker und der Journalisten. Während der Politiker versucht, zu politischen Zwecken bestimmte Images von sich an die Öffentlichkeit zu tragen und diese durch den Einsatz seines Privatlebens glaubwürdig darzubieten, bietet das Persönliche des 1 Brief Ludwig Erhard an „Frankfurter Allgemeine Zeitung“-Journalist Walter Henkels, BA B136 3888. 2 LES, Nachlass Ludwig Erhard, Nr. 559, 560, 561 und 562. 3 Diese Arbeit untersucht nicht nur das Privatleben der Bundeskanzler, sondern umfasst in Ausschnitten und in Form eines Ausblickes ebenso das Privatleben der Bundeskanzlerin Angela Merkel (siehe dazu Fußnote 11). Für einen besseren Lesefluss ist im Folgenden die Rede von Politiker und Bundeskanzler, wenngleich die Beschreibung die Politikerin und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einschließt. 1 Bundeskanzlers für den Journalisten Potenzial und Raum zur Berichterstattung, da es sich als anschlussfähig an die Lebenswelt der Medienrezipienten erwiesen hat. Das „Menschliche“ kann also für beide Seiten fruchtbar sein, und das vermeintlich Unpolitische wird plötzlich politisch. 1.1 Fragestellung, Methode, Aufbau der Arbeit Stärker als jeder andere Aspekt des Politikerdaseins bietet sich das Familien- und Privatleben an, um Identifikation zu stiften. Vielmehr als Politik sind das Themenbereiche, die in hohem Maße vergleichbar sind mit der privaten Situation der Wähler. Dem Bürger soll auf diese Weise vermittelt werden, das Leben des Politikers ähnele dem eigenen, der Bundeskanzler sei ein „Mensch wie du und ich“. Der Bürger gilt quasi als Experte für den Bereich des Privatlebens und kann die Botschaften des Politikers aus diesem Grund dechiffrieren.4 Für den Bundeskanzler ist genau dieser Aspekt von bedeutendem Wert: Er kann sich als eine Person darstellen, deren Leben sich nicht wesentlich von dem der deutschen Bundesbürger unterscheidet – so zumindest soll es bei den Medienrezipienten ankommen. Damit zeigt er, dass er im privaten Leben vermeintlich die Bedürfnisse des Wählers teilt. Identifikationsmomente schafft er vor allem durch die Darstellung seiner Familie in den Medien: eine herzliche Umarmung seiner Enkel, Zeit zum Spielen mit den Kindern, Kaffeetrinken mit der Ehefrau oder sportliche Aktivitäten. Wie der Bundeskanzler lebt und wie er seine Freizeit gestaltet, sind Informationen, die dem Mediennutzer per se verborgen bleiben und zugleich dessen Neugier wecken. Mit dem Privatleben des Politikers können Medien dem Rezipienten also einen sonst vor der Öffentlichkeit verschlossenen Lebensbereich eines Prominenten offenbaren. Das verspricht zum einen Sensation und ist zum anderen gleichzeitig eine Neuigkeit für den Leser. Im Vergleich zu den USA, wo der Präsident(-schaftskandidat) alle Teilaspekte seines Privatlebens