Adenauer: Wir Dürfen Nicht Zulassen, Daß Der Parteitag Sich in Einer Langen Debatte Über Einzelne Artikel Der Satzung Erschöpft
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Nr. 14-15: 26. April - 12. Juli 1956 Majonica: Ich würde vorschlagen, daß wir die beiden beschlossenen Änderun- gen bezüglich der Stimmberechtigung der Bundesminister und der Aufführung der Frauenausschüsse dem Parteiausschuß vortragen. Wackerzapp: Ich muß dem leider widersprechen; denn es liegen viele Anträge vor, die dem Plenum des Parteitages vorgebracht werden. Wir können vom Vorstand nicht sagen: Diese Abstimmung gibt es nicht. Adenauer: Wir dürfen nicht zulassen, daß der Parteitag sich in einer langen Debatte über einzelne Artikel der Satzung erschöpft. Ich meine, wir nehmen die Sache an, wie sie ist, nur mit dem Zusatz im § 9: Bundestagspräsident und Bundesminister. Majonica: Wir haben beschlossen, daß die Bundesminister ohne Stimmrecht den Ministerpräsidenten der Länder gleichgestellt werden und daß die Vorsitzende des Frauenausschusses geborenes Mitglied ist. Adenauer: Das versteht sich von selbst, und man kann sagen: Die Bundesminister werden eingeladen. Damit wollen wir die Sitzung schließen und nun zur Sitzung des Parteiausschusses gehen. 15 Bonn, 12. Juli 1956 Anwesend: Adenauer, Albers, Altmeier, Bach, Bitter, Blank, Brauksiepe, Cillien, Dufhues, Eplee, Erhard, Fay, Fricke, Gerstenmaier, Gradl, Gurk, von Hassel, Heck, Hellwig, Johnen, Kaiser, Kratz, Krone, Lemmer, Lenz, Lindrath, Meyers, Müller, Noltenius, Oberländer, Osterloh, [Pet- tenberg], Frau Rehling, Röder, Scharnberg, Schmücker1, Schröder, Sieveking, Simpfendörfer, Stoltenberg, Wacher, Wegmann, Zimmer. Bericht über die Lage. Medienfragen. Aufnahme der Saar-CDU als Landesverband in die Bun- despartei; Verhalten gegenüber der CVF. Beginn: 10.30 Uhr Ende: 20.00 Uhr Adenauer: Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie herzlich willkommen und darf beginnen mit der Bekanntgabe der Damen und Herren, die sich entschuldigt haben: 1 Dr. h.c. Kurt Schmücker (geb. 1919), 1946 CDU, 1948-1954 Vorsitzender der JU Olden- burg, 1949-1972 MdB, 1963-1966 Bundesminister für Wirtschaft, 1966 auch der Finanzen, 1966-1969 Bundesschatzminister, 1956-1966 Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung der CDU. 920 Nr. 15: 12. Juli 1956 Frau Dr. Jochmus2, krank; Frau Dr. Weber, dienstliche Gründe; Herr Lensing, krank; Minister Wuermeling, Urlaub; Minister Lübke, dienstliche Gründe; Minister Kraft, krank. Weiter haben sich entschuldigt: Herr von Brentano und Herr Bauknecht ohne besondere Angabe von Gründen. Ich darf weiter die Namen der Damen und Herren mitteilen, die infolge der Veränderung des Vorstandes aus dem Vorstand ausgeschieden sind, und erbitte mir Ihre Zustimmung, daß wir ihnen ein Dankschreiben für ihre bisherige Tätigkeit zugehen lassen. Aus dem bisherigen Bundesvorstand sind ausgeschieden: Frau Heiler, Herr Majonica, Herr Samsche, Herr Professor Dr. Strickrodt, Herr Wackerzapp, Herr Winkelheide, Herr Wehking, Herr Dr. Hofmeister, Frau Praetorius, Herr Benda3, Herr Heurich4, Frau Pitz und Herr Professor Dr. Süsterhenn. Ich darf mich wohl als von Ihnen bevollmächtigt erachten, den Damen und Herren unseren Dank für ihre bisherige Arbeit auszusprechen. Als neue Mitglieder sind in den Vorstand eingetreten mit beschließender Stimme: Herr Bundestagspräsident Dr. Gerstenmaier, Herr Dr. Meyers, Frau Dr. Jochmus, Herr Dr. Stoltenberg, Frau Brauksiepe5, Herr Dr. Lenz, Herr Dr. Lindrath6, Herr Osterloh und Frau Dr. Rehling7, mit beratender Stimme: die Herren Bundesminister. Wir heißen die Damen und Herren herzlich willkommen bei uns. Wir freuen uns auf ihre Mitarbeit und erhoffen davon einen Gewinn für unser gemeinsames Ziel. Sie wissen, daß wir eine Lücke ausfüllen mußten in der Geschäftsstelle, die Journalistenlücke. Herr Pettenberg8 ist bei uns eingetreten, den ich ebenfalls herzlich willkommen heiße. Ihm wird gerade in der kommenden Zeit eine wichtige Aufgabe zufallen. Nun ist von Herrn Bach der Wunsch laut geworden, das Thema „Kommunalwah- len" vorzuziehen, weil er nachher nicht mehr hier sein kann. Ich kann Ihnen nicht 2 Dr. Hedwig Jochmus (geb. 1899), 1945 CDU, Mitgründerin des Bundes angestellter Akademiker in der IG Chemie, 1953-1957 MdB, 1960-1968 MdL Baden-Württemberg. 3 Ernst Benda (geb. 1925), 1955-1957 MdA Berlin (vgl. PROTOKOLLE 1 S.512 Anm. 19). 4 Fridolin Heurich (1878-1960), 1919-1933 MdL Baden (Zentrum), 1927-1933 Staatsrat, Mitgründer und 1946-1951 Landesvorsitzender der CDU Nordbaden, 1945 Bürgermeister von Karlsruhe, 1946-1952 MdL Württemberg-Baden. 5 Aenne Brauksiepe (geb. 1912), 1949-1972 MdB (CDU), 1968-1969 Bundesminister für Jugend und Familie. 6 Dr. Hermann Lindrath (1896-1960), 1928-1933 DVP, 1945 CDU Halle, 1951 Flucht in die Bundesrepublik, 1953-1960 MdB, 1957-1960 Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des Bundes. 7 Dr. Luise Rehling (1896-1964), 1949-1964 MdB (CDU). Vgl. PROTOKOLLE 1 S. 76 Anm. 11. 8 Dr. Heinz Pettenberg (1900-1974), 1928-1955 „Kölner Stadt-Anzeiger" (1949 Chefredak- teur), 1956-1966 Leiter der Presseabteilung der CDU. 921 Nr. 15: 12. Juli 1956 empfehlen, dem stattzugeben; denn die anderen Fragen sind von besonderer Wich- tigkeit und Dringlichkeit, und ich fürchte, wenn wir das Thema „Kommunalwahlen" einmal angefangen haben, müssen wir es auch gründlich besprechen, und das erfordert so viel Zeit, daß die anderen Dinge dahinter zurückstehen werden. Es tut mir sehr leid, Herr Bach, aber ich habe auch manchmal Wünsche, die ich unterdrücken muß. {Bach: Die werden meistens erfüllt! Das ist ein Unterschied!) Dem ist leider nicht so! {Bach: Wir haben in fünf Ländern Kommunalwahlen9, die von entscheidender Bedeutung für die Bundestagswahlen im Jahre 1957 sind!) Wenn Sie hierbleiben könnten, Herr Bach, würden wir heute nachmittag die Kommunalwahlen noch behandeln. {Bach: Die können Sie auch ohne mich behandeln!) Sie haben doch darum gebeten, weil Sie weg müssen, die Besprechung der Kommunalwahlen vorzuziehen! {Bach: Ich glaube nicht, daß wir noch dazu kommen, die Dinge zu behandeln!) Warten Sie mal ab! BERICHT üBER DIE LAGE Adenauer: Meine Damen und Herren! Nun soll von mir ein Bericht über die Lage erstattet werden. Erlauben Sie mir, daß ich diese Ausführungen stehend mache. Man hat dann mehr Bewegungsfreiheit für den Körper. Ich möchte Ihnen diesen Bericht über die Lage nicht sehr umfassend geben, sondern etwas zugespitzt auf die Fragen, die wir heute zu behandeln haben. Ich muß beginnen mit einer kurzen Schilderung der augenblicklichen Weltlage. Es ist Ihnen bekannt, daß ich in den letzten Wochen in den Vereinigten Staaten gewesen bin.10 Dort habe ich ein sehr gedrängtes Pensum absolvieren müssen. Wenn auch die deutsche Presse mehr oder weniger alles totgeschwiegen hat, was dort vor sich gegangen ist, so kann ich nur sagen, daß diese Reise nach den Vereinigten Staaten sehr erfolgreich gewesen ist. Sie war absolut notwendig, weil es doch mit Rücksicht auf die ganze Situation in den Vereinigten Staaten angebracht erscheint, daß von Zeit zu Zeit jemand dort hinfährt und namentlich in der Öffentlichkeit die Meinung der Regierung der Bundesrepublik wiedergibt. Ich habe in Chicago eine längere Rede gehalten bei einem Lunch mit 2.600 Leuten. Sie können daraus ersehen, welch gigantische Verhältnisse dort sind. Das war der größte Saal der Vereinigten Staaten und der größte Lunch, der jemals in den Vereinigten Staaten veranstaltet worden ist. 2.600 Menschen in einem Saal essen zu sehen, ist ein besonderes Vergnügen; aber es wurden die Tische vor meiner Rede abgeräumt. Ich habe in New York und dann in Milwaukee geredet und habe eine Reihe von Besprechungen gehabt - und das war das Wesentlichste - nicht nur mit Damen und Herren der amerikanischen Regierung, sondern auch mit Senatoren, mit 9 In Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen am 28. Oktober 1956, in Rheinland- Pfalz und in Baden-Württemberg am 11. November 1956. 10 USA-Reise vom 8. bis 16. Juni 1956 (ADENAUER: Erinnerungen 3 S. 156-176; Rede in der Yale-Universität und Kommunique in AdG 1956 S. 5818-5820). 922 Nr. 15: 12. Juli 1956 Vertretern der Opposition. Insbesondere habe ich ein längeres Gespräch gehabt mit Harriman11, dem Gouverneur von New York. Daß ich Eisenhower gesehen habe, wissen Sie. Ich habe ein langes Gespräch geführt mit Herrn Meany12, dem Präsidenten der amerikanischen Gewerkschaften, einer sehr einflußreichen Persönlichkeit. Sie wissen, daß er einige Tage darauf, am 17. Juni, über sämtliche amerikanischen Sender eine Rede gehalten hat für die Wiedervereinigung Deutschlands. Er hat eine sehr gute Rede dort gehalten. Ich habe auch gesprochen - ich erwähne das, weil sich da auch ein unmittelbarer Erfolg zeigt - mit dem Senator Johnson13, dem Vorsitzenden des Senatsausschusses für die Rückgabe der deutschen Vermögen in den Vereinigten Staaten. Sie werden vielleicht heute früh in den Zeitungen gelesen haben, daß der Senatsausschuß, dessen Vorsitzender er ist und der sich mit dieser Frage beschäftigt hat, irgendwie die Rückgabe aller deutscher Vermögenswerte innerhalb von fünf Jahren beschlossen hat.14 Natürlich ist ein Beschluß eines Senatsausschusses noch nicht Gesetz, aber ich glaube, wir können doch mit sehr großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß trotz der Kongreßwahlen der Beschluß Gesetz werden wird. Johnson ist Demokrat. Die Kongreßwahlen werden wahrscheinlich so ausfal- len, daß die demokratische Mehrheit sowohl im Senat wie im Repräsentantenhaus stärker wird als bisher. Sie wissen, daß jetzt eine schwache Mehrheit da war. Es ist anzunehmen, daß die Mehrheit größer werden wird, so daß also gerade dieser Beschluß, der insbesondere von Senator Johnson befürwortet worden ist, uns eine berechtigte Hoffnung gibt, daß wir die Vermögenswerte, die sich insgesamt auf etwa