Obdachlosenhilfe St. Bonifaz München Jahresbericht 2018

Unser Team – Menschen Aktionen

Unser Projekt Hildegard Denninger, Auch in diesem Ministerpräsident Söder + Ex-Leiterin von BISS, und Jahr für alle Gäste – Sozialministerin Schreyer Georg Falterbaum, neuer Weihnachtspäckchen zu Besuch in St. Bonifaz Caritas-Chef, in Interviews im Haneberghaus Vorab

Liebe Freunde des Haneberghauses,

Vor dem Eingang von Kloster und Haneberghaus Brunnen mit der Bronzebüste des Ordensgründers der Benediktiner (Benedikt von Nursia, ca. 480-547) von Josef Henselmann Foto: Bommi Schwierz

ir haben uns bemüht, Um Druck- und Portokosten zu so halten Sie vermutlich ein unseren Jahresbericht sparen, aber auch um Ressourcen gedrucktes Exemplar in der Hand. Wfür das Jahr 2018 wieder zu schonen, haben wir uns Sollten Sie unsere Arbeit und abwechslungsreich und informativ dieses Jahr entschlossen, den der kommende Jahresbericht zu gestalten. Leider sind wir in Jahresbericht in elektronischer 2019 ebenfalls interessieren, so diesem Jahr ein wenig spät dran, Form an unsere Freunde zu schicken wir Ihnen sehr gerne aber so ist das manchmal mit den versenden. Wir hoffen, Sie haben ein digitales Exemplar zu. Wir ehrenamtlich übernommenen dafür Verständnis. freuen wir uns dann über eine Aufgaben. Wir hoffen trotzdem, Bereits seit einigen Jahren kurze Nachricht an unsere E-Mail- Sie gewinnen manche neuen stellen wir den jeweils aktuellen Adresse: Einblicke in unsere Arbeit und Jahresbericht aber auch als haben Freude beim Lesen. pdf zum Download auf unserer obdachlosenhilfe@ Ganz herzlichen Dank sagen wir Homepage bereit. Sie finden ihn sankt-bonifaz.de für Ihre großzügige Unterstützung : www.sankt-bonifaz.de/ unserer Arbeit – vor allem natür- obdachlosenhilfe Haben Sie sehr herzlichen Dank lich im Namen aller der von uns Wenn Sie unsere Obdach- für Ihre Unterstützung! betreuten Gäste. losenhilfe erst kennenlernen,

2 Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

4 Grußwort Abt Johannes 6 Vorwort Frater Emmanuel Rotter

UNSER TEAM – UNSER PROJEKT 8 Das Team der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz 10 Hoher Besuch im Haneberghaus 12 Söder zu Besuch bei Münchens Obdachlosen 14 Wo Obdachlose für Momente ein Zuhause finden 17 Würde ist mehr als nur ein Bett 18 Könige im Sarg, Obdachlose im Speisesaal 20 Denn die Armen habt ihr immer bei euch (Markus 14,7) 22 Obdachlos bei Minusgraden 23 Ein Ort für Sammlung und Gastfreundschaft 24 Die Helfer wollen gehört werden 26 „Otto & Rosi“: Neuer Tagestreff für Wohnungslose 28 Gottes Adresse in der Großstadt 34 Bitte stärken Sie die Bonifatius-Haneberg-Stiftung 35 Sommerakademie 2018 beleuchtet König Ludwig I. 36 In Memoriam – wir gedenken 38 Von Herzen Dank an alle Spender!

MENSCHEN 40 Immer auf der Seite der Menschen – Interview mit Hildegard Denninger von BISS

43 BISS-Jubiläum: Anerkennung ist wertvoller als Gehalt 45 Eine laute Stimme sein für die Menschen am Rande – Interview mit Georg Falterbaum, neuer Caritas-Direktor

48 Nicht jeder bekommt ein Bett 51 Öffentliches Armutszeugnis

AKTIONEN 54 Andrang wie nie – Weihnachtsfest im Haneberghaus 56 Vielfältige Aktionen zugunsten der Obdachlosenarbeit 58 Die (Wieder-)Entdeckung der Armut? 59 Ihre Aktionen können uns wirkungsvoll unterstützen 60 Presseecho

STATISTIK 64 Arztpraxis: Hohes Niveau – Struktur weiter verändert 69 Sozialberatung zeigt Fluktuation und große Vielfalt 71 Impressum

3 Grusswort Abt Johannes

Liebe Förderer und Freunde des Haneberghauses,

or Kurzem habe ich vor Wüstenzugs an den Grenzen von Verantwortlichen in Moab, sodass König Balak Angst Personalführung einen um seine Macht bekommt. Er Vortrag gehalten zum befürchtet, dass die vielen Men- VThema: Das Unerwartete! Als ich schen sein Land kahlfressen könn- zusagte, dachte ich mir, dass sich ten, wie die Rinder das Gras auf zum „Unerwarteten“ bestimmt den Weiden kahlfressen (vgl. Num etwas sagen lässt, kommt doch 22,4). Gott häufig unerwartet. Umso mehr war ich bei der Vorbereitung Daher schickt Balak nach dem erstaunt, dass ich in den gängigen weisen Bileam, der als hochan- theologischen Lexika kein Stich- gesehener Seher galt. Er möge wort zum Begriff „Unerwartet“ kommen und das fremde Volk mit fand, auch nicht zum Gegenbegriff einem Fluch belegen. Obwohl Bi- Erwartung. Hier geht es nahtlos leam von Gott erfährt, dass er Is- von der Erwählung zur Erweckung rael nicht verfluchen soll, macht über. Auch der Schlagwortkatalog er sich trotzdem mit seiner Eselin unserer Stiftsbibliothek weist zum auf den Weg. Dabei erlebt auch Thema „unerwartet“ keinen Tref- Bileam Unerwartetes. fer auf. Dreimal sträubt sich das vertraute Das hatte ich wirklich nicht er- Tier weiterzugehen, so dass Bile- wartet! Das Unerwartete ist an- am zornig wird und seine Eselin scheinend kein theologischer Be- schlägt. Doch plötzlich beginnt griff, kein Schlagwort für die Lehre diese zu sprechen und Bileam er- von Gott. Der biblische Befund da- kennt den Grund ihrer dreimali- gegen ist ein anderer. Unerwartet gen Verweigerung. Ein Engel des beginnt der Dornbusch in der Wü- Herrn versperrt den Weg. Dieser ste zu sprechen, so dass Mose der beauftragt Bileam nochmals, Isra- Name Gottes offenbart wird. Un- el nicht zu verfluchen, sondern es erwartet kommen die Weisen aus zu segnen. dem Morgenland und bringen die wohlgeordnete Welt Jerusalems Die Geschichte ist anrührend. völlig durcheinander. Unerwartet Wie oft haben wir Befürchtungen, ruft Jesus vier Fischer am See von wenn unerwartet Fremdes auf Galiläa in seine Nachfolge. Die Li- uns einbricht. Ich denke in diesem ste der Beispiele ließe sich belie- Zusammenhang gerade an die vie- big fortsetzen. len Menschen, die auf der Flucht sind und eine sichere Heimat su- Besonders gefällt mir zu die- chen, während bei uns viele Angst sem Thema die Bileamsgeschichte haben, dass es nicht für alle rei- (Num 22-24). Unerwartet siedelt chen könnte. das Volk Israel am Ende seines

4 Grusswort Abt Johannes

Oder mir kommen die ersten Aufmerksamkeit und Geduld un- Jahre unserer Obdachlosenarbeit seren Gästen begegnen und sich in den Sinn, als sich auch unserere für sie Zeit nehmen, sodass unse- Gemeinschaft immer wieder die re Einrichtung für viele Besucher Frage stellen musste: Können wir ein Segen ist. die Hilfsbedürftigen überhaupt versorgen? Wie sichern wir den Freilich werden wir dabei bis- Unterhalt und den Betrieb des weilen auch an unsere eigenen Haneberghauses? Welche finan- Grenzen geführt, wenn es zum ziellen Mittel werden dafür -not Beispiel an manchen Tagen an wendig sein? Freilich haben wir Einfühlungsvermögen mangelt dann erlebt und erleben es immer oder man die Geduld verliert. Ich noch, wie viele unerwartet durch glaube das kennt jeder von uns, ihre großzügigen Gaben unser En- wenn etwa Zeitdruck oder hohe gagement unterstützen. Ihnen al- Arbeitsanforderungen uns be- len sei an dieser Stelle dafür aus- lasten. Manchmal kann es dann drücklich gedankt. eine vertraute Person sein, die uns z.B. sagt: „Du musst auf Dei- Oder wie oft wollen wir die ge- nen Stil und Deine Kräfte achten. wohnten Wege weiter gehen oder So kann es nicht weitergehen.“ setzen uns kraftvoll für eine Sache Aber das wollen wir schon gar ein, damit etwas weitergeht. Und nicht hören, sondern tun es mit wie schnell werden wir ärgerlich, einer abfälligen Bemerkung ab. Dr. Johannes Eckert OSB, wenn nicht alles so abläuft, wie Abt der Abtei St. Bonifaz wir es uns vorstellen. Manchmal braucht es die un- in München und Andechs erwartete Krise einer Erschöp- Das geschieht eigentlich tagtäg- fung oder eines Misserfolgs, dass lich in unserem Haneberghaus. uns die Augen aufgehen und wir Wenn z.B. ein Gast in seiner Not erkennen, worauf es letztlich an- seine Geschichte erzählen will kommt, sodass unser Leben nicht und dabei unerwartet die Klei- zum Fluch, sondern zum Segen derausgabe blockiert. Wenn ein wird. Daher sollten wir dankbar Patient in der Praxis nur mit ge- sein, wenn manch vertraute Ese- brochenem Deutsch sein Leiden lin an unserer Seite unerwartet zu schildert und von den Mitarbei- sprechen beginnt, freilich auch für tern Geduld und Aufmerksamkeit jeden vertrauten Esel, der uner- gefordert sind. Wenn jemand in wartet auf einen Engel verweist. der Dusche länger braucht, weil er es einfach genießt, sich ein- So wünschen wir Ihnen allen mal wieder zu waschen und ihm viel Sensibilität für das, was uner- das warme Wasser guttut, wäh- wartet in Ihr Leben einbricht, und rend draußen die Verantwortli- Gottes reichen Segen für Ihren je chen den Zeitverzug im Blick auf eigenen Lebensweg die Wartenden als Verzögerung sehen.

Daher möchte ich allen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbei- tern herzlich danken, dass sie mit

5 Vorwort Frater Emmanuel

Liebe Freundinnen, liebe Freunde unserer Obdachlosenhilfe im Haneberghaus,

enn sie das Wort Geld, Zeit oder Ihrer Anteilnahme. und, wenn dies nicht gelingt, die Zuwendung in eine Es ist also Ihre Zuwendung, die es Geduld zu haben, es zumindest Suchmaschine ein- uns erst ermöglicht, den armen dabei bewenden zu lassen – ich geben, werden sie und obdachlosen Menschen in hoffe, Sie können mir dieses kleine Wmannigfache Begriffserklärungen diesem Umfang Zuwendung zu- Wortspiel nachsehen. erhalten. kommen zu lassen. Trotz aller Hindernisse und Entweder als geldliche Gabe: Ich möchte mich an dieser Schwierigkeiten, unseren Besu- Stelle bei Ihnen allen bedanken, chern Zuwendung zukommen • [Bei]hilfe, Förderung, Hilfs- denn Sie sind es, die unsere tag- zu lassen und ihnen in ihrem gelder, Spende, Unterstützung, Zu- tägliche Arbeit ermöglichen und Mensch-Sein und ihrer Einzigar- schuss; (schweizerisch) Beitrag; uns darin bestärken. Dafür ein tigkeit respektvoll zu begegnen. (gehoben) Scherflein; (bildungs- herzliches Vergelt‘s Gott, auch im Das ist es, was unsere Mitarbeiter, sprachlich) Obolus; (abwertend) Namen all unserer Besucher, Mit- seien sie haupt- oder ehrenamt- Almosen; (Politik) Subsidien; (Wirt- arbeiter sowie des gesamten Kon- lich tätig, tagtäglich leisten, um schaft) Subvention vents unseres Klosters! das Wort Jesu aus dem Matthäus- Evangelium mit Leben zu erfüllen. oder im zwischenmenschli- Im Zusammenhang mit diesem chen Bereich: Wort, der Zuwendung, möchte ich Im letzten Jahr trat auch das auch , nun schon zum wiederhol- Unerwartete, das Abt Johannes • Entgegenkommen, Freund- ten Mal, das Wort Jesu aus dem in seinem Grußwort beschreibt, in lichkeit, Gunst, Güte, Sympathie, Matthäus-Evangelium zitieren: unserer täglichen Arbeit in einer Unterstützung, Verständnis, Wohl- “Ich war fremd und obdachlos Form ein, die über das normale wollen, Zuneigung; (gehoben) Ge- und ihr habt mich aufgenommen“ Maß hinausging: Die von der Stadt neigtheit, Gewogenheit; (gehoben Mt 25,35 betriebenen sogenannten Säube- veraltend, sonst ironisch) Huld rung der Umgebung des Haupt- All die oben genannten Facet- bahnhofs von Dealern, Drogenab- Nun, Sie werden sich vielleicht ten, die dieses Wort Zuwendung hängigen und Suchtkranken. fragen, ob ich hier an dieser Stelle in sich trägt, treffen auf unsere ein akademisches Seminar aus Arbeit mit den Menschen zu, die Manche dieser Menschen dem Fachgebiet Germanistik ver- sonst im Alltag keinerlei Zuwen- sahen das Gelände unserer Abtei anstalten will, aber Zuwendung ist dung erfahren. Wir versuchen, als nicht überwachte, rechtsfreie ein zentraler Begriff unserer - Ar unseren Gästen, seien sie obdach- Rückzugsfläche an, was derar- beit, und zwar in mehrfacher Art los, arm, fremd, alt, psychisch tige Ausmaße annahm, dass wir und Weise. oder körperlich krank, mit Empa- gezwungen waren, einen Wach- thie und Freundlichkeit zu begeg- dienst mit der Sicherung unseres So sind Sie es, liebe Freundin- nen, sie unser Wohlwollen spüren Geländes zu beauftragen. Dies ist nen und Freude unserer Obdach- zu lassen, ihre Not zu lindern und eine Entwicklung, die uns allen gar losenhilfe, die durch Ihre Zuwen- sie zu befähigen, ihre Situation nicht behagt, die sich aber nicht dung unsere Arbeit erst möglich nachhaltig zu verbessern. vermeiden ließ und sich nun – lei- machen, sei es durch Zuwendun- der – als unabdingbar notwendig gen materieller oder auch imma- Ihnen durch Hinwendung Zu- erwiesen hat. terieller Art, durch Spenden an wendung zukommen zu lassen

6 Vorwort Frater Emmanuel

Ich möchte ich mich auf diesem ohne ihr engagiertes Tun, das mit Wege beim Sozialreferat der Lan- Geld nicht aufzuwiegen ist, wäre deshauptstadt München, dem Be- unsere Arbeit nicht möglich. zirksausschuss Maxvorstadt und dem Bezirksausschuss Schwabing- An dieser Stelle möchte ich West herzlich dafür bedanken, aber auch nochmals all unseren dass sie sich an der Finanzierung Mitarbeiterinnen und Mitarbei- dieses Wachdienstes großzügig tern danken, sowohl denen, die di- beteiligt haben und uns dadurch rekt in unserer Obdachlosenhilfe ermöglichten, unser Hauptaugen- beschäftigt sind, als auch denen, merk wieder auf unsere eigentli- die im Konvent der Abtei arbei- che Arbeit richten zu können. ten und das Haneberghaus tätig unterstützen. Sie machen unse- Des Weiteren möchte ich auch ren Dienst in dieser Qualität erst folgenden Institutionen danken, möglich, sie stellen sich tagtäglich die im letzten Jahr unsere Arbeit den Anforderungen, die die Arbeit durch großzügige Gaben unter- mit armen und obdachlosen Men- stützt und so verschiedene Pro- schen mit sich bringt. jekte erst möglich gemacht haben: Der Bonifatius-Haneberg-Stiftung, Ohne dieses Engagement, das der Antenne Bayern Stiftung, Hilf- weit über einen „normalen“ Rah- Mahl, der Stiftung für München, men hinausgeht, wären wir als Frater Emmanuel Rotter OSB, der BayWa-Stiftung, dem Rudolf Konvent nicht in der Lage, eine Gründer und Leiter der Moshammer – Licht für Obdach- Einrichtung wie das Haneberg- Obdachlosenhilfe St. Bonifaz lose e.V. sowie dem SZ- Adventska- haus zu betreiben. Schließlich lender. Ihnen allen an dieser Stelle möchte ich auch allen Mitarbei- ein herzliches Vergelt‘s Gott! tern unserer Wirtschaftsbetriebe in Andechs danken, die durch Auch im Jahr 2018 konnten ihre Arbeit die materielle Grund- wir uns wieder über eine breitge- lage für unser soziales und kari- fächerte Unterstützung, sei es in tatives Wirken im Haneberghaus Form von Geld- oder Sachspen- schaffen. den, sowie über viele Gebete für unsere Arbeit freuen. Auch wur- So verbleibe ich, mit der Bitte den wieder eine Reihe von Ak- um Gottes reichen Segen, tionen zugunsten unserer Arbeit durchgeführt – erwähnt seien an Ihr dieser Stelle die vielen Firmgrup- pen, die Pfarrgemeinden, Frau- enbünde-/gemeinschaften, die Vereine, Schulen und Privatperso- nen, die uns tatkräftig unterstützt haben. Auch ihnen allen möchte ich ganz herzlich danken, denn

7 Unser Team – Unser Projekt

Das Team der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz im Haneberghaus (Stand September 2019)

Träger Benediktinerabtei St. Bonifaz München / Andechs

Hausleitung Infothek Arztpraxis Fr. Prior Emmanuel Rotter OSB Peter Döbler Dr. Irene Frey-Mann Bernhard Schächtele (Ärztliche Leitung) Vinicio Violatto Dr. Birgit Potyka (Ärztliche Leitung) Sozialdienst Oliver Gunia (Pflegeleitung, Fachtherapeut Robert Greiner für Wundheilung ICW) (Stellvertretende Hausleitung) Hilde Göczi-Löscher Sr. Monika Plank CS Dr. Simone Hartinger Irmgard Hüttinger Edeltraut Kinzinger Sonia Koeva Dr. Lothar Nusselt Bernadette Riederer Wolfgang Rother Sabine Schubert Dr. Gerda Schwarz Dr. Rudolf Stanislaus Prof. Dr. Roswitha Thurmayr Dr. Gabriele Zöllner

8 Unser Team – Unser Projekt

Essensausgabe Kleiderausgabe Das Team der Arztpraxis in der Obdachlosenhilfe von St. Bonifaz Frauke Vineta Bülow Roman Krivsky bei einem Team-Dinner im Andechser am Dom Edmund Bielesch Sr. Dolore Fischbacher Gaudensia Degenhardt Dr. Meinrad Gingele Foto: Wolfgang Rother Klaus Ettmüller Manfred Karch Ramona Groß Kasim Mehmedovic Robert Grünwald Peter Radzyminski Sepp Rauch Richard Steinbichler Monika Wissel Bäderabteilung Michael Zendel Hans Heidelck Georg Neudecker

9 Unser Team – Unser Projekt

Hoher Besuch im Haneberghaus Am 26. Juli 2018 waren Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Sozial- ministerin Kerstin Schreyer zu Gast, um sich über unsere Arbeit zu informieren.

Abt Johannes Eckert und Fr. Prior Emmanuel Rotter mit Ministerpräsident Markus Söder und Sozialministerin Kerstin Schreyer (links halb averdeckt)

Foto: Sven Hoppe/dpa

inisterpräsident Mar- Söder kurz nach seiner Wahl zum kus Söder ist als bayerischen Regierungschef quasi Franke aus Nürnberg einen „Antrittsbesuch“ beim praktizierender Christ Oberhaupt der römisch-katholi- Mevangelisch-lutherischen Glau- schen Kirche. Anlässlich einer Pri- bens. Nur gut einen Monat nach vataudienz bei Papst Franziskus seiner Wahl zum bayerischen Re- am 1. Juni 2018 kündigte Söder gierungschef Mitte März 2018 ein Hilfsprogramm für Obdach- initiierte er den sogenannten lose in Bayerns Großstädten an. „Kreuz-Beschluss“, bei dem die bayerische Staatsregierung ent- Zahlreiche Medien berichteten schied, dass ab dem 1. Juni 2018 über diesen Besuch und vermu- in jedem Dienstgebäude des Frei- teten, die päpstliche Aura könne staats ein Kreuz anzubringen sei. Einfluss auf Söder gehabt haben: Hierzu entstand im ganzen Land „Ein so reiches Land wie wir sollte eine kontroverse Diskussion, ob da mehr machen“, hatte er im An- es sich beim Kreuz um ein religiö- schluss an das Vier-Augen-Ge- ses Zeichen handele, oder ob die- spräch formuliert. Der Papst habe ses vor allem „unsere bayerische sehr positiv darauf reagiert. Fran- Identität und Lebensart“ spie- ziskus hat sich in der Vergangen- gele, wie es der Ministerpräsident heit immer wieder persönlich für betonte. Obdachlose eingesetzt, im April 2018 gab er etwa zu seinem Na- Ähnlich wie seine Vorgän- menstag an rund 3.000 Bedürftige ger machte aber auch Protestant im Vatikan Eis aus.

10 Unser Team – Unser Projekt

achleute beschäftigen sich Laut Söder solle es bei dem Als weiteren wichtigen Schritt eingehend mit der Defini- Hilfsprogramm, welches „Bayern- wurde die Einrichtung eines Run- tion von Wohnungslosig- Küche“ heißen könne, so berich- den Tisches „Obdachlosigkeit in keit. Allerdings wird bun- tete die Presse nach seiner Au- Bayern“ vereinbart, bei dem Kom- Fdesweit keine Statistik geführt und dienz beim Papst, darum gehen, munen, Kirchen und Wohlfahrts- die Erhebungen auf Bundeslände- die Kommunen zu unterstützen. verbände sich stärker vernetzen rebene sind nicht vergleichbar. An Als Beispiele nannte er Unter- sollen, um ihre Angebote besser dieser Stelle daher ein kleines Glos- bringungsmöglichkeiten sowie die aufeinander abstimmen und Lü- sar zu diesem Thema. Versorgung mit Essen und Wasch- cken schließen zu können. Auch gelegenheiten. „Wir wollen den wenn der Freistaat rechtlich nicht Obdachlos Kommunen bei diesen Aktivitä- zuständig ist, will er sich zukünftig Zustand, in dem Menschen über ten helfen“, sagte Söder. In den stärker engagieren und die Kom- keinen festen Wohnsitz verfü- kommenden Wochen werde die munen unterstützen. gen und im öffentlichen Raum, Staatsregierung auf potenzielle im Freien oder in Notunterkünften Partner zugehen. Ein mögliches Vehikel soll eine übernachten neu zu gründende (Verbrauchs-) Wohnungslos Zwei Monate nach der Audi- Stiftung „Obdachlosenhilfe - Bay Oberbegriff für die Lebenslage von enz in Rom besuchte Minister- ern“ sein, die gezielt Projekte Menschen ohne festen Wohnsitz präsident Söder am 26. Juli 2018 fördern kann, welche der Ver- oder geschützten privaten Wohn- gemeinsam mit Sozialministerin besserung der Situation der woh- raum; diese wohnen häufig auf Ko- Kerstin Schreyer die Obdachlo- nungs- und obdachlosen Men- sten der Kommunen in Pensionen, senhilfe von St. Bonifaz, um sich schen dienen. Parallel zur neuen Frauenhäusern o.ä. vor Ort ein Bild von der vielfäl- Stiftung soll auch der Aktions- Ungesichertes Wohnen tigen Arbeit für die wachsende plan „Hilfe bei Obdachlosigkeit“ Menschen, die über keinen eigenen Zahl der Bedürftigen zu machen, weiter ausgebaut werden, so be- Wohnraum verfügen und vorüber- die in der Landeshauptstadt ohne tont das Sozialministerium. Ge- gehend bei Freunden oder Familie Obdach sind und meist auf der plant sei etwa die Stärkung der wohnen Straße leben. Abt Johannes und Koordinierungsstellen und die Er- Prior Frater Emmanuel führten weiterung bereits bestehender Ungenügendes Wohnen den hohen Besuch durch das Ha- Modellprojektförderungen. Menschen, deren verfügbarer neberghaus und erklärten Ange- Wohnraum im Hinblick auf Privat- bote und Herausforderungen der Abzuwarten bleibt, ob die ge- heit, Hygiene oder Platzangebot täglichen Arbeit. planten Maßnahmen der Staats- unzureichend ist regierung angesichts des extrem Das Haneberghaus ist ein wichtiger Anlaufpunkt für Obdachlose in München angespannten Wohnungsmark- Fotos: Sven Hoppe/dpa tes gerade in München und sei- nem Umland mehr als nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein können. Text: Vera Schäfer mit diversen Presseberichten

11 Unser Team – Unser Projekt

Zu Besuch bei Münchens Obdachlosen – Söder verspricht mehr Hilfe

Anlässlich des Besuchs von Söder und Schreyer im Haneberghaus verbreitete die dpa einen Text, der von zahlreichen Medien übernommen wurde.

Frater Prior Emmanuel Rotter erklärt Ministerpräsident Söder und Sozialministerin Schreyer die Obdachlosenarbeit im Haneberghaus Foto: Sven Hoppe/dpa

inisterpräsident Mar- Obdachlosen in den Kommunen kus Söder und Sozialmi- erteilte Söder eine Absage. „Wir Mnisterin Kerstin Schreyer müssen dagegen bessere Ange- (beide CSU) wollen Hilfsangebote bote für Obdachlose schaffen und für Obdachlose verbessern. Dafür in engen Kontakt mit Kommunen wollen sie unter anderem gemein- und Kirchen treten“, sagte Söder. sam mit Kirchen, Kommunen und Der Vorsitzende der Arbeiterwohl- Verbänden eine Stiftung grün- fahrt in Bayern, Thomas Beyer, den. „Wir sind ein reiches Land, hatte kritisiert, dass nicht bekannt doch auch vor unseren Türen gibt sei, wie viele Menschen in Bayern es Arme“, sagte Söder beim Be- überhaupt obdachlos sind. Eine such einer kirchlichen Obdachlo- Statistik hierzu habe die Staatsre- senhilfe in München am Donners- gierung bislang verweigert. tag. Die beiden Politiker trafen sich dort mit dem Abt von St. Bo- Sozialministerin Schreyer be- nifaz, Johannes Eckert, dem Leiter tonte: „Wir wissen oft gar nicht, der Obdachlosenhilfe, Frater Em- was schon alles getan wird.“ manuel Rotter, sowie einem ehe- Mehr Zahlen seien jedoch nicht maligen Obdachlosen. die Lösung. Helfer vor Ort wüss- ten am besten, wie viel und wel- Forderungen von Wohl- che Hilfe benötigt werde, sagte fahrtsverbänden nach verlässli- Schreyer. Nun gelte es, in Abspra- chen Statistiken zur Anzahl der che mit Kommunen, Kirchen und

12 Unser Team – Unser Projekt

Wohlfahrtsverbänden passende Derart genaue Zahlen gibt es Angebote zu schaffen. Ein runder in den anderen bayerischen Groß- Tisch später im Jahr solle mehr städten nicht. Diese registrie- Vernetzung bringen. Details zu ren lediglich die Zahl der Über- der geplanten Stiftung wurden zu- nachtungen oder der Menschen nächst nicht genannt. in städtischen Obdachlosenein- richtungen. Doch auch München, Ministerpräsident Söder wies Würzburg und Erlangen melden beim Besuch der kirchlichen Ein- eine Zunahme der untergebrach- richtung in München darauf hin, ten Obdachlosen seit 2014. dass der Staat für die Obdachlo- senhilfe rechtlich nicht zuständig In St. Bonifaz in München wer- sei – dies sei Aufgabe der Kom- den täglich rund 250 Menschen munen. „Dennoch wollen wir mit Nahrung versorgt. Außerdem die Kommunen hier nicht allein können Obdachlose in der Einrich- lassen.“ tung duschen und ihre Post abho- len. Es steht ihnen auch eine Klei- Vertreter der Großstädte in derkammer zur Verfügung. Abt Bayern hatten vom Freistaat mehr Johannes Eckert sagte nach dem Hilfe bei der Obdachlosenhilfe ge- Besuch: „Wir sind dankbar über fordert. Unterstützung vom Staat das Interesse an unserer Arbeit, sei bislang „Fehlanzeige“, kriti- weil unsere Gäste des Obdachlo- sierte etwa der Leiter des Sozial- senhauses keine gesellschaftliche amts in Nürnberg, Dieter Maly. Lobby haben.“ Er hoffe, dass auf Ein Gast des Haneberghauses Auch vom Sozialamt der Landes- den Besuch unkomplizierte und hauptstadt München hieß es, Un- niederschwellige Angebote für Foto: Bommi Schwierz terstützung vom Land gebe es Menschen in Not folgen werden. „derzeit nicht oder nur in begrenz- tem Rahmen“. Ministerpräsident Söder hatte im Juni nach einer Audienz bei Dabei verzeichnet die Hälfte Papst Franziskus mehr Engage- der Großstädte immer mehr Ob- ment für Obdachlose angekün- dachlose. Den größten Anstieg digt. „Ein so reiches Land wie wir meldet die Stadt Nürnberg. Für sollte da mehr machen“, sagte er. das Jahr 2014 hatte sie noch 1.550 Auf Initiative von Sozialministerin Menschen gezählt, die in den Ob- Schreyer trafen sich Anfang Juli dachlosenunterkünften im Stadt- Vertreter der Kirchen, der Kom- gebiet untergebracht waren oder munen, der Wohlfahrtspflege und etwa unter Brücken lebten; in die- der Bahnhofsmission zu einem sem Jahr sind es laut Sozialamt der ersten runden Tisch.

Stadt bereits 2.020 Menschen. Text: dpa/lby

13 Unser Team – Unser Projekt

Wo Obdachlose für Momente ein Zuhause finden Im Haneberghaus von Sankt Bonifaz bekommen täglich bis zu 250 Menschen Essen und Kleidung, Kranke werden kostenlos behandelt. Und es kommen immer mehr Hilfesuchende.

Frater Prior Emmanuel Rotter mit einem seiner Gäste Foto: Robert Haas

inten im Eck döst ein Mann. gibt es meist obendrein, wenn Er ist so erschöpft, dass er Frauke Vineta Bülow den bettelar- Hbeim Warten aufs Essen men Menschen dampfende Teller eingeschlafen ist. Die Kantine ist über den Glastresen reicht. Das um kurz nach neun Uhr morgens Lächeln der Leiterin der Essen- voll, meist sind es Männer mit sausgabe, eine Suppe, ein paar übernächtigten Augen, die sich Stunden Wärme, bevor es wieder von der bitteren Kälte der Nacht hinaus in die Kälte geht: für die Be- im Park aufwärmen. Bei einem dürftigen die einzigen Lichtblicke heißen Kaffee oder einem Teller in der alltäglichen Trostlosigkeit. mit warmer Suppe, die Frauke Vi- neta Bülow mit einem Lächeln Frater Prior Emmanuel Rotter über die Glastheke schiebt. steht an diesem Dezembermor- gen im Eingang zum Speisesaal Es ist kein Sitzplatz frei im Spei- und blickt besorgt eine ältere Frau sesaal, trotzdem ist es fast still. an. „Was is‘ denn Eahna passiert“, Kaum einer redet, die einen essen fragt er. „Operiert“, sagt die hum- schweigend, andere starren vor pelnde Frau und lächelt, dank- sich hin oder schlafen. Was soll bar für die Frage. Im Speisesaal man auch reden? Alle, die im Spei- ist es jetzt so voll, dass die Men- sesaal sitzen oder mit einer Tasse schen mit ihren Kaffeetassen im Kaffee auf dem Gang stehen, hat Gang nach freien Sitzplätzen su- die pure Not hierher getrieben. In chen. Der Prior schiebt eine hilflos den Wartesaal der Armut. blickende Frau behutsam zu einer Bank im Flur, lässt im Vorbeige- Täglich kommen bis zu 250 hen seine Hand auf der Schulter Menschen in die Obdachlosen- eines Obdachlosen ruhen, der ihn hilfe von St. Bonifaz. Sie erhal- freundlich grüßt. ten dort kostenlos eine Suppe mit Brot, für die meisten ist es die ein- Das Haneberghaus ist sozu- zige Mahlzeit am Tag. Ein Lächeln sagen die Erfindung von Frater

14 Unser Team – Unser Projekt

Emmanuel, wie ihn hier die Men- schen nennen. Als er sich vor mehr als einem Vierteljahrhun- dert für ein Leben im Kloster ent- schied, kam der heute 50-Jährige das erste Mal mit bitterer Armut in Berührung. An die Kloster- pforte von Sankt Bonifaz kamen immer häufiger Menschen, die nichts zum Leben hatten. Damals beschloss der junge Frater, diesen Menschen zu helfen. Schon bald gab es eine feste Armenspeisung im Gästesaal des Klosters, seit 1995 behandelt eine Ärztin kos- tenlos Kranke, die keine Versiche- rung haben.

Längst gibt es im 2001 einge- weihten Haneberghaus auf dem Klostergelände eine große Pra- xis mit mehreren Ärzten. Irene Frey-Mann beugt sich über das Bein eines Patienten, es ist ge- schwollen und entzündet. Das Impressionen aus dem Haneberghaus Fotos: Bommi Schwierz komme häufiger vor, sagt die Ärz- tin. Die Beine schwellen vom lan- gen Sitzen in der Kälte an, häufig schlafen die Obdachlosen auch im Sitzen. Durch die geschwolle- nen Beine verheilen selbst kleine Wunden nicht mehr richtig. „Die Herausforderung hier ist, dass man die Menschen so annimmt, wie sie sind“, sagt Irene Frey- Mann. „Und sie sind so dankbar und freundlich.“

Für die Ärztin, die im Keller des Haneberghauses täglich bis zu 25 Patienten behandelt, „ist es ein besonderer Ort: Das ist ein ganz tol- les Projekt – wo gibt es das sonst?“, sagt Irene Frey-Mann. In einigen Münchner Kliniken würden Pati- enten ohne Krankenversicherung leider oft nur gegen Vorauskasse behandelt, wenn überhaupt, sagt eine Sprechstundenhilfe der Obdachlosenpraxis.

15 Unser Team – Unser Projekt

Das Haneberghaus der Bene- vorherrschende Sprache. Die diktiner ist tatsächlich eine ein- Menschen kommen in der Hoff- zigartige Einrichtung in München. nung auf Arbeit nach München In dem Bau an der Karlstraße er- und müssen, wenn sie über- halten die Bedürftigen nicht nur haupt einen Gelegenheitsjob fin- Essen und medizinische Versor- den, meist illegal für Hungerlöhne gung, es gibt acht große Duschen, schuften – gerade in Branchen und nebenan auch eine Kleider- wie dem Bau oder der Hotellerie. kammer. „Heute geht‘s zu bei Mittlerweile sind drei von vier Hil- uns“, sagt Schwester Dolore. Ge- fesuchenden im Haneberghaus meinsam mit einer jungen Frau europäische Migranten. steht sie in einem verwinkelten Raum, in dem sich bis unter die Es ist der Reichtum der Stadt, Decke Pullover, Hemden, Hosen der die Armut anzieht, so para- und Schuhe stapeln. Schwester dox das klingt. Wo Luxuswohnun- Dolore ist eigentlich Hotelfach- gen entstehen, schuften auf den frau, aber wie so viele der Hel- Baustellen immer wieder mise- fer im Haneberghaus ist sie erfüllt rabel bezahlte Hilfsarbeiter aus von ihrer sozialen Arbeit. Bosnien, Rumänien und Bulga- rien. Frater Emmanuel versteht „SIE SIND UNSERE GÄSTE“ natürlich, dass die Menschen Denn die zwölf Hauptamtli- trotzdem kommen: Ein paar Euro chen und 20 Ehrenamtlichen im in Deutschland zu verdienen ist Haneberghaus erleben täglich, mehr als nichts in der Heimat, wo wie dringend nötig das Hilfsange- es keine Jobs gibt. bot in München ist. „Als ich 1991 mit der Arbeit anfing, waren es Rund um Weihnachten ist die 30 bis 40 Menschen, die täglich Stimmung im Haneberghaus be- kamen“, sagt Frater Emmanuel. sonders gedrückt. Die Männer sit- Heute seien es 200 bis 250 Men- zen schweigend herum. Die einen schen. „Sie sind unsere Gäste“, haben kein Geld, um sich etwas darauf legt der Prior Wert. Er Gutes zu gönnen, die anderen schätzt, dass etwa 800 Menschen keines, um zu ihren Verwandten in München auf der Straße leben, in die Heimat zu fahren. Einsam- das Sozialreferat glaubt, es sind keit und Hoffnungslosigkeit be- etwa 600. Viel zu viele auf jeden herrscht in diesen Tagen die Men- Fall, findet Frater Emmanuel. schen, die zur Obdachlosenhilfe Am liebsten wäre ihm, wenn er kommen. Am ersten Weihnachts- seine Obdachlosenhilfe schließen feiertag hat es dafür etwas ganz könnte, weil sie nicht mehr be- Besonderes für die Gäste gege- nötigt würde, doch er weiß: „Das ben: Wildgulasch mit Spätzle. Und wird ein Wunsch bleiben.“ dazu ein Lächeln aus der Küche.

Text: Thomas Anlauf Seit der EU-Erweiterung ist die www.sueddeutsche.de Zahl der Hilfesuchenden im Ha- 3. Januar 2018 neberghaus noch einmal deut- Mit freundlicher Genehmigung der lich angestiegen. Im Hof vor Süddeutschen Zeitung dem Gebäude ist an diesem De- zembermorgen Rumänisch die

16 Unser Team – Unser Projekt

Würde ist mehr als nur ein Bett Etwa 1.000 Menschen leben in München auf der Straße. Ende November 2018 hat der Stadtrat entschieden, das Kälteschutzprogramm in der Bayernkaserne ab Mai 2019 auf das ganze Jahr auszuweiten.

„Mit ihrem Schutzprogramm für Obdachlose hilft die Stadt Men- schen, die nichts mehr im Leben haben. Diese Geste ist in Deutsch- land einzigartig. Und doch ist es das Mindeste, was München für die Ärmsten der Armen tun kann.“ Ein Kommentar.

Hier geht es ums nackte Überleben, nicht um Luxus Foto: wohnungslosenhilfe- muenchen.net

s ist eine große mensch- In der Stadt leben nach jüngs- sollten nicht nur für die Nacht eine liche Geste. Obdachlose ten Schätzungen des Evangeli- Decke und ein dünnes Bett be- können künftig ganzjährig schen Hilfswerks 1.000 Menschen kommen, sondern sie sollten un- kostenlos in einem Haus auf der Straße. Aus ihrer Not he- beachtet ihrer Herkunft so schnell Eder ehemaligen Bayernkaserne raus, dass sie in ihren Heimatlän- wie möglich ins Sozialsystem inte- übernachten. Sie bekommen dort dern, vor allem Bulgarien und Ru- griert werden. Damit sie auch ein- ein sauberes Bett und können sich mänien, kaum Chancen haben, zu mal in einer wirklichen Wohnung duschen. überleben, hausen sie im wohlha- leben können und nicht tagsüber benden München unter Brücken, auf der Straße. Der Münchner Stadtrat hat am vor Kirchen und in Parks, um meist Dienstag mit großer Mehrheit be- für einen Hungerlohn zu schuften. Das kann zwar nur über Lan- schlossen, das Kälteschutzpro- des- oder Bundesgesetze geregelt gramm für Menschen ohne Bleibe Ja, die Menschen unter den werden. Dennoch sollte die Stadt auszuweiten, damit von Mai Brücken arbeiten oft hart, damit alles tun, um Obdachlosen, die nächsten Jahres an niemand mehr Bürofenster blitzen vor Sauber- hier arbeiten wollen, mehr als nur auf der Straße schlafen muss. Die keit, damit Hotelbetten blüten- das nackte Überleben zu sichern. Stadt bietet Menschen Schutz, die weiß sind, damit schicke Neubau- Diese Menschen sollten auch mal sonst vom Staat nicht geschützt ten in den Himmel wachsen. Diese tagsüber im Warmen bleiben und werden. Menschen, die nichts Menschen sind keine Last für die sich auch in halbwegs privater mehr im Leben haben und durch Gesellschaft, sie arbeiten, um zu Sphäre einen Tee kochen können. alle sozialen Raster fallen. Diese überleben – oft genug in ausbeu- Das wäre wahrer Humanismus. Geste ist in Deutschland einzigar- terischen Jobs, damit wir es im Kommentar: Thomas Anlauf tig. Und doch ist es das Mindeste, Alltag bequemer haben. www.sueddeutsche.de was München für die Ärmsten der 28. November 2018 Armen tun kann. Das Mindeste ist es, diesen Mit freundlicher Genehmigung der Menschen Würde zu geben. Sie Süddeutschen Zeitung

17 Unser Team – Unser Projekt

In der Kleiderkammer der Obdachlosenhilfe der Abtei gibt es Textilien für Bedürftige.

Foto: Robert Haas Könige im Sarg, Obdachlose im Speisesaal

Ludwig I. legte 1835 den Grundstein für die Benediktiner-Abtei in der Maxvorstadt. Heute bekommen dort Menschen, die auf der Straße leben, Essen, Kleidung und Beratung

iele der Menschen, wel- nur kostenlos Kaffee oder eine che durch die Pforte der warme Suppe, es gibt auch eine Abtei St. Bonifaz in der Arztpraxis, eine Kleiderkammer Karlstraße gehen, kom- und soziale Beratung. „Unsere Ar- Vmen nicht aus geistlichen oder beit“ schreibt Frater Emmanuel kulturgeschichtlichen Gründen. im Jahresbericht der Obdachlo- Sie kommen, weil sie Hunger ha- senhilfe, wird „immer mühsamer ben, weil sie durstig sind oder in diesen Zeiten des Wandels und durchgefroren, weil sie eine war- der Veränderung unserer Gesell- me Dusche brauchen oder ärztli- schaft und der Welt“. chen Rat – ja, und vielleicht auch seelischen Beistand. Die Benediktinerabtei St. Boni- faz mit ihrer vom Architekten Ge- Bis zu 250 Menschen nehmen org Friedrich Ziebland im roma- täglich die Obdachlosenhilfe von nischen Stil entworfenen Basilika St. Bonifaz in Anspruch, für die verdankt ihre Existenz dem baye- zwölf Hauptamtliche und 20 Eh- rischen König Ludwig I. Der Mon- renamtliche unter der Leitung von arch, der 1825 auf den Thron ge- Frater Prior Emmanuel Rotter ar- kommen war, hatte sich zum Ziel beiten. Im 2001 eingeweihten Ha- gesetzt, das infolge der Säkulari- neberghaus, benannt nach Dani- sation zerrüttete Verhältnis zwi- el Bonifatius Haneberg, der von schen Staat und Kirche wieder zu 1853 bis 1872 der Abtei vorstand, verbessern. Eines der dafür ange- erhalten die Obdachlosen nicht stoßenen Projekte war die Klos-

18 Unser Team – Unser Projekt

tergründung in der Maxvorstadt. gegeben hatte. Die dortige Braue- hat man dem unwürdigen Zu- „Wir König Ludwig von Bayern etc. rei trägt gleichermaßen zur Popu- stand ein Ende gemacht. Therese haben beschlossen, eingedenk larität und zum wirtschaftlichen ruht nun, ebenso wie ihr Mann, in des großen Nutzens, welchen der Wohlergehen der Abtei bei. Doch einem Sarkophag im Inneren des Benediktiner-Orden seit so vielen die Basilika respektive die strenge Gotteshauses. Jahrhunderten der Kirche, dem Haltung des Klerus brachte Lud- Staate und durch seine Forschun- wig auch erheblichen Ärger ein. Bei den Luftangriffen im Zwei- gen der Wissenschaft gebracht Der König hatte das Gotteshaus ten Weltkrieg wurde die Basilika hat, in der Haupt- und Residenz- zu seiner Grablege und zur letzten stark beschädigt. Nur die Außen- stadt eine Abtei St. Bonifaz nebst Ruhestätte seiner Gattin, Königin mauern und 22 Säulen des süd- Pfarrei zu gründen.“ Therese, bestimmt. Diese aller- lichen Gebäudeteils blieben ste- dings war Protestantin, und damit hen. Während der Südteil mit So stand es im offiziellen Text, begann das Schlamassel. sparsamen Mitteln nach dem als Ludwig I. am 12. Oktober 1835, Krieg restauriert wurde, errich- dem Tag seiner Silberhochzeit, Als Therese 1854 starb, sperr- tete man anstelle des zerstörten den Grundstein legte. Es dauer- te sich die katholische Geistlich- Nordteils ein Seelsorge- und Bil- te 15 Jahre, bis das Werk vollen- keit gegen deren Bestattung in der dungszentrum in Sichtbetonbau- det war, und als Erzbischof Karl Basilika. Ludwig tobte und wetter- weise. Der prachtvolle Eindruck, August Graf von Reisach im No- te gegen „die wortbrüchigen, un- den das ursprünglich 76 Meter vember 1850 das neue Gottes- dankbaren Pfaffen“. Die Angele- lange Kirchenschiff auf die Besu- haus einweihte, war Ludwig schon genheit ging bis nach Rom, was cher einst machte, lässt sich beim nicht mehr an der Macht. Nach zu der raffinierten Lösung führte, Gang durch den historischen Teil der Lola-Montez-Affäre hatte er Therese in einer Gruft unterhalb immerhin ahnen. Unüberseh- sich im März 1848 gezwungen ge- der Klosterkirche zu bestatten. bar aber sind die Narben, die der sehen, zugunsten seines Sohnes Ludwig war damit erst einverstan- Krieg hinterlassen hat. Der ludovi- Maximilian abzudanken. den, als man ihm mitteilte, dass zianische Glanz ist verblasst. er ein Stockwerk höher, in der Kir- Text: Wolfgang Görl Segensreich war es, dass Lud- che, liegen würde, direkt über sei- www.sueddeutsche.de wig den nach München gerufenen ner Gemahlin. „Das ist grade die 4. Mai 2018 Benediktinern noch das Kloster paßliche Lage für Mann und Frau“, Mit freundlicher Genehmigung der Andechs als Wirtschaftsgut mit- soll er gesagt haben. Im Jahr 2002 Süddeutschen Zeitung

Im Stil frühchristlicher Kirchen hat der Architekt Georg Friedrich Ziebland die Basilika St. Bonifaz in der Maxvorstadt errichtet, deren Schönheit von vielen Zeitgenossen enthusiastisch gepriesen wurde.

Abbildung: Nach einem Stich von J.M. von Söltl, 1854; Wiki Commons

19 Unser Team – Unser Projekt

Denn die Armen habt ihr immer bei euch, und ihr könnt ihnen Gutes tun, so oft ihr wollt (Markus 14,7)

Fr. Emmanuel schrieb diesen Beitrag über Herausforderungen und Perspektiven für Christen heute für ein Buch des Verlags der Abtei Münsterschwarzach

Als ich mit 23 Jahren in die Ab- im Jahr 1990 musste ich mich bei tei St. Bonifaz in München und der Klosterpfortenarbeit mit ob- Andechs eintrat, war ich ein aus- dachlosen Menschen auseinan- gebildeter Schreinergeselle und dersetzen. Nun hatte ich sie vor staatlich geprüfter Krankenpfle- Augen, musste ich mich mit ih- ger, aufgewachsen in einem klei- nen unterhalten – und sie zeigten nen Dorf bei Wasserburg am Inn mir dabei, dass sie auch nur Men- im Landkreis Rosenheim – der von schen sind wie du und ich. obdachlosen Frauen und Män- nern keine Ahnung hatte, sogar Wenn ich zurückblicke, musste Vorurteile pflegte gegenüber die- ich, mussten wir in viele Gesich- sen Menschen. ter der Armut sehen, mit der wir uns wohl so, wie unsere Gesell- Und nun können ich und meine schaft beschaffen ist, leider abfin- Mitbrüder in diesem Jahr zwei Ju- den müssen. biläen begehen: Vor 25 Jahren be- gann ich die niedrigschwellige Ar- Des Öfteren werde ich gefragt, beit mit obdachlosen Menschen was ich mir wünschen würde für in unserer Stadt München, und unser Haneberghaus. Meine stete vor 15 Jahren konnten wir unser Antwort ist, dass ich gerne arbeits- Haneberghaus der Obdachlosen- los wäre – das heißt, dass es keine hilfe St. Bonifaz eröffnen. Armen und keine Armut mehr ge- Fundamentalismus und Terror ben würde. Dies bleibt wohl lei- breiten sich aus, der Klimawandel Damit wurde unser Konzept der ein auf immer unerfüllbarer ist längst da – der Menschheit wird verwirklicht, bedürftigen Men- Wunsch, was uns auch der obige heute mehr denn je bewusst, dass schen, die auf der Straße leben, Vers aus dem Markusevangelium wir nur eine Erde haben, auf der wir alles was sie zum „Überleben“ mitteilen will. gemeinsam leben und überleben benötigen oder gebrauchen, un- können. Die Flüchtlingsproblema- ter einem Dach anbieten zu kön- Armut ist etwas sehr Viel- tik spült uns extreme menschliche nen. Dies ist kein Selbstzweck, schichtiges: Die Einsicht in un- Schicksale vor die eigene Haustür: auch kein Betriebsunfall, sondern sere Arbeit zeigt mir Armut, die Wie reagieren wir auf diese Not? Ausdruck unserer tiefsten, christ- aus verschiedenen Ursachen her- Wie kann ein friedlicheres Mitein- lich und benediktinisch geprägten rührt: Alkoholsucht, Verlust des ander gelingen? Überzeugung und unseres nieder- Arbeitsplatzes, Gefängnisaufent- schwelligen Konzeptes. halte, Scheidung, Trennung vom Ein Buch des Vier-Türme-Verla- Partner bzw. der Partnerin, Flucht ges der Benediktinerabtei Mün- Sie werden sich fragen, wo ich wegen Krieg, Terror und Verfol- sterschwarzach mit Beiträgen von denn meine Vorurteile gegenüber gung, eine erfolglose Arbeitsim- Fachleuten verschiedenster Diszi- diesen Menschen gelassen habe – migration, den Verlust naheste- plinen zum Weiterdenken, Disku- nun: Nach meinem Klostereintritt hender Personen, als Rentnerin tieren, aber auch zum Handeln.

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und Rentner mit viel zu wenig Ein- dig ertragen und für die Leben- kommen oder durch psychische den und die Verstorbenen zu Gott Erkrankung. Armut also vielerlei beten.“ Gründen, entstanden durch mate- rielle, existenzielle und körperlich- Ich möchte ihnen noch weite- gesundheitliche Notsituationen. re Erkenntnisse aus unserer Ar- beit mit und für obdachlose Frau- Es scheint für manchen schwer Foto: Bommi Schwierz en und Männer schildern: nachvollziehbar, warum wir uns im Indem wir Arme und Frem- • Wer arm ist, ist nicht auto- Haneberghaus auch um die Men- de aufnehmen, nehmen wir auch matisch unglücklich oder schen kümmern, die als Fremde Christus auf, der für uns Mensch glücklich oder sogar faul und nach Deutschland kommen und in wurde in allen Höhen und Tiefen nutzlos. Not leben. Darum möchte ich an menschlichen Lebens. Er wurde • Auch der Reiche ist nicht au- dieser Stelle nochmals nachdrück- in Armut geboren, weil kein Platz tomatisch glücklicher oder lich und aus vollem Herzen beto- in der Herberge war. Als Frem- unglücklicher oder geizig und nen, dass wir, auch wenn sich die der, der arm kam und arm wurde, selbstsüchtig. Struktur unserer Besucher im Ha- nackt und bloß in der Krippe. Wei- • Alle Menschen haben immer neberghaus verändert hat, wei- ter heißt es im selben Vers: „Das Anteil an dem, was sie aus ih- terhin unser Augenmerk darauf Auftreten der Reichen verschafft rer Situation machen. richten werden, dass unsere ein- sich ja von selbst Beachtung.“ heimischen und ortsansässigen So gibt es arme und reiche Obdachlosen nicht „unter den Hier nun eine weiter Definition Menschen, die sich ehrenamtlich Tisch fallen“. Übrigens hat sich das von Armut, denn auch Reichtum in unser Haneberghaus einbrin- in den vielen Jahren unseres Wir- kann Armut bedeuten – arm, weil gen. Und es gibt arme und reich kens noch nie geändert. Keiner, man sich als überheblich erwei- Menschen, die unsere Obdach- der zu uns kommt, wird bevorzugt se, arm, weil man ungerecht ist, losenhilfe finanziell unterstüt- behandelt, keiner bekommt mehr arm, weil man immer mehr be- zen. Was schließlich alle Spender oder weniger, auch wenn sich sitzen will, arm, weil man verlernt vereint, ist die Erkenntnis, etwas manche unserer Besucher per- hat loszulassen oder genügsam zu tun zu wollen, damit unsere Ge- manent benachteiligt fühlen. Wir sein. Reichtum kann Armut schaf- sellschaft – wenn auch nur einen müssen darauf achten, dass wir fen – durch Isolierung oder Solida- Hauch – gerechter und menschli- das, was wir geben können, mög- ritätsverlust. Der reiche Arme, der cher wird. lichst gerecht verteilen – was lei- Freundschaften kaufen muss! der dazu führt, dass nicht jeder je- Wird es uns gelingen, eine Ge- derzeit alles bekommt, was er will. In der Verkündigungsbulle von sellschaft zu werden, in der Men- Papst Franziskus zum Heiligen Jahr schen mit ganz verschiedenen Eine weitere Sichtweise der Ar- der Barmherzigkeit 2016 heißt es: Überzeugungen, Weltanschau- mut zeigt das 53. Kapitel der Regel „Entdecken wir erneut die leibli- ungen und Religionen auf die- unseres Ordensgründers Bene- chen Werke der Barmherzigkeit: ser unserer Erde, die ja schließ- dikt, das die Überschrift „Die Auf- Hungrige speisen, Durstigen zu lich für uns alle, egal ob reich oder nahme von Gästen“ trägt – des- trinken geben, Nackte bekleiden, arm, geschaffen wurde, friedlich halb bezeichnen wir übrigens die Fremde aufnehmen, Kranke pfle- zusammenzuleben? Besucher unseres Haneberghau- gen, Gefangene besuchen und ses nicht als Klienten, sondern als die Toten begraben. Und verges- Und so schließe ich nun end- unsere Gäste: sen wir nicht die geistigen Werke lich meine Ausführung mit einem „Vor allem bei der Aufnahme der Barmherzigkeit: den zweifeln- Zitat des römischen Dichters Te- von Armen und Fremden zeige den recht raten, die Unwissenden renz: „Ich bin ein Mensch. Nichts man Eifer und Sorge, denn beson- lehren, die Sünder zurechtweisen, Menschliches, denke ich, ist mir ders in ihnen wird Christus aufge- die Betrübten trösten, Beleidigun- fremd.“ nommen.“ (RB 53,15) gen verzeihen, die Lästigen gedul- Text: Frater Emmanuel Rotter OSB

21 Unser Team – Unser Projekt

Obdachlos bei Minusgraden Bei arktischen Temperaturen in München möchte man eigentlich ungern seine Wohnung verlassen. Was macht man aber, wenn man gar keine hat?

hristian R. hat viele Schich- weiß mittlerweile, wo er Hilfe fin- ten Kleidung übereinan- det. „Ich gehe zu den Templern der an. Die Kleiderkam- am Candidplatz oder zur Bahn- mer in St. Bonifaz versorgt hofsmission. Wer neu ist auf der Cihn mit dicken Pullis und Winter- Straße, kriegt oft Panik. Viele wis- jacken. Auf der Straße übernach- sen nicht, wohin.“ Auch er habe ten muss er zum Glück nicht – früher kalte Nächte auf der Straße der 44-Jährige hat eine Bleibe im verbracht. „Man darf nicht ein- Wohnungslosenheim an der Pil- schlafen, sondern muss immer gersheimer Straße. Jeden Tag mal wieder eine Runde gehen, um kommt R. hierher, ins Kloster St. nicht zu erfrieren.“ Vor allem Al- Bonifaz, wo er Tee, eine warme kohol sei sehr gefährlich – das Ri- Mahlzeit, Kleidung und eine heiße siko, nicht mehr aufzuwachen, sei Dusche erhält. hoch.

200 bis 300 Menschen su- Regelmäßig besucht auch Dr. chen die Obdachlosenhilfe an der Werner Korb den Zufluchtsort an Dr. Werner Korb, Karlstraße, laut Leiter Frater Em- der Karlstraße. Der Arzt unter- ehrenamtlicher Arzt in der Obdachlosenhilfe mauel Rotter, momentan täglich sucht und behandelt die Obdach- von St. Bonifaz auf. „Die Leute bleiben in diesen losen ehrenamtlich. „Momentan Foto: Westermann Tagen länger, um sich aufzuwär- sind viele krank. Husten, Schnup- men.“ Aber nicht länger als zwölf fen, Grippe – gefährlichere Krank- Uhr. Dann schließt die Einrich- heiten wie Lungenentzündung tung, und die Bedürftigen müs- oder sogar Erfrierungen gab es sen wieder raus in die Kälte. Auch noch nicht – zum Glück.“ 30 bis 40 Christian R. Patienten behandeln der Arzt und seine Kollegen in den kalten Mo- Draußen schlafen müsse aber naten in den dreieinhalb Stunden, niemand, betont er, es gebe aus- in denen die „Praxis“ geöffnet hat. reichend Unterkünfte. Seit elf Jah- www.tz.de ren lebt er ohne festen Wohnsitz, 2. März 2018

Einer unserer Gäste vor dem Bonifaz- Brunnen an einem kalten Wintertag

Foto: Westermann

22 Unser Team – Unser Projekt

Ein Ort für Sammlung und Gastfreundschaft 2018 hat die erste große Sanierung der Klostergebäude seit dem Wiederaufbau nach 1945 begonnen. Sie wird bis Ende 2020 dauern und ca. 20 Mio Euro kosten.

ir haben in 2018 mit der umfassendsten Sanierung der Klos- tergebäude begon- Wnen, seit sie nach Kriegsende wie- deraufgebaut wurden. Im Zuge des Bauprojektes werden die in der nebenstehenden Grafik rot mar- kierten Klostergebäude grundle- gend saniert und der Klausur- und Gästebereich klar aufgeteilt. Dazu werden auch Küchen- und Lager- räume für die Obdachlosenarbeit instandgesetzt.

Durch die großzügige Hilfe vie- ler Unterstützer werden elf Mil- lionen Euro über Zuschüsse und Fördergelder abgedeckt. Davon steuert allein der Verein der Freunde der Benediktinerabtei Sankt Bonifaz eine halbe Million Euro bei. Neun Millionen Euro bringt die Abtei selbst auf.

Lageplan und Gebäude des Benediktinerklosters Im Ost-Trakt des Klosters ent- St. Bonifaz in München. steht nun zum ersten Mal in der Rot eingefärbt: Geschichte des Klosters ein eige- Der Sanierungsbereich. ner, in sich abgeschlossener Gäs- tebereich. Die Zimmer sind mit Dusche und WC ausgestattet und den vielen Besuchern der Abtei ausreichend Platz.

Die Gästezimmer sind stark nachgefragt, da insbesondere viele Mönche aus anderen Klös- tern sich schon in der Vergangen- heit oft zu Studium, Sprachkursen oder Urlaub in München aufge- halten haben.

23 Unser Team – Unser Projekt

Die Helfer wollen gehört werden Der erste gesamtbayerische „Asylgipfel“ von Helferkreisen aus dem gesamten Freistaat fand am 3. Oktober 2018 in St. Bonifaz statt.

Rund 160 Teilnehmer formulierten ls der junge Afghane im von denen am Mittwochmor- beim ersten gesamtbayerischen Saal der Benediktiner- gen erst wieder einer aus Mün- Asylgipfel ihre Wünsche an die Po- abtei St. Bonifaz in Mün- chen in Kabul eingetroffen ist. litik. In Fragen der Arbeit gibt es viel chen das Wort ergreift, An Bord waren 17 abgelehnte Redebedarf. Aber vor allem wün- Afühlen sich viele der ehrenamtli- Asylbewerber. schen sich die ehrenamtlichen Hel- chen Helfer, als spräche er ihnen fer mehr Wertschätzung von der aus der Seele. Er befinde sich in ASYLGIPFEL IN MÜNCHEN: Politik. der Ausbildung, sagt der Mann, EHRENAMTLICHE MITARBEITER sein Chef sei mit ihm zufrieden, ERGEIFEN DAS WORT aber er habe keine Chance, an einen Pass zu kommen. Und des- An Aktualität gewann die Dis- halb drohe ihm die Abschiebung. kussion der Helfer, die bis aus „Bitte helft mir!“ Franken angereist waren, mit der Einigung des Bundeskabinetts Jost Herrmann, evangelischer vom Dienstag über die Eckpunkte Pfarrer in Schongau und Mitor- eines Zuwanderungsgesetzes und ganisator des ersten gesamtbay- mehr Chancen für geduldete Asyl- erischen Asylgipfels, erzählt von bewerber auf Arbeit. Gerade Letz- dem jungen Afghanen, weil er teres ist ein Punkt, der den Helfer- für ihn kein Einzelfall ist, sondern kreisen schon lange ein Anliegen symbolisch steht für das, was aus war. „Wir stehen voll hinter dem Sicht der Helferkreise in der Po- Spurwechsel. litik falsch läuft. Gut integrierte Menschen, die für sich selbst sor- Auch nichtanerkannte Asylbe- gen wollen, können schon bald in werber müssen eine Chance auf einem der Abschiebeflüge sitzen, Arbeit haben“, sagt Jost Herrmann.

Aus ganz Bayern waren Helferkreis- Mitglieder nach München gekommen, um Vorträge zu hören und ihre Wünsche an die Politik zu bündeln.

Foto: Markus Schlaf

24 Unser Team – Unser Projekt

Initiatoren des 1. Gesamtbayerischen Zudem müssten die Unternehmen WUNSCH NACH VERÄNDERUNG Asylgipfels, der am 3. Okt. 2018 in im Pfarrzentrum von St. Bonifaz stattfand. mehr Verantwortung bekommen UND SPIELRAUM NUTZEN Darunter Monsignore Rainer Boeck (2. bei der Auswahl ihrer Arbeits- v. l.), beim Erzbischöflichen Ordinariat Diözesanbeauftragter für Flucht, Asyl kräfte – ohne dass ihnen die Aus- Mit der neuen Legislaturperi- und Integration länderbehörde einen Strich durch ode verbinden viele Helfer auch die geplante Einstellung mache. den Wunsch nach einer Verände- Foto: Johnannes Beetz, Wochenanzeiger Medien GmbH Und auch Menschen mit schlech- rung in der Asylpolitik. „Eine Zeit ter Bleibeperspektive müssten die lang waren viele wie gelähmt, Möglichkeit bekommen, an einem weil sich so wenig getan hat“, sagt Sprachkurs teilzunehmen. Herrmann. Aber nach dem Gipfel habe er den Eindruck, dass nicht „Außerdem müssen diese der Frust überwiege, sondern der Kurse differenzierter werden.“ Es Wille, positiv zu gestalten. „Wir mache keinen Sinn, dass Hoch- sehen einen Spielraum und den schulabgänger im selben Kurs sit- wollen wir nutzen.“ Denn darum zen wie Analphabeten. Und zu- geht es den Helfern vor allem: Sie letzt die Sache mit dem Pass, wie wollen ihre praktische Expertise von dem jungen Afghanen be- einbringen. Sie wollen gehört und schrieben: „Die Behörden müssen ernstgenommen werden. auch andere Dokumente aner- kennen“, sagt Herrmann. Manch- Dass der unermüdliche Einsatz mal sei der Pass schlicht nicht zu zum Erfolg führe, macht Herrmann bekommen. auch an einem ganz anderen As- pekt fest: „Aus den Helferkreisen Dies sind einige der Punkte, die wurde berichtet, dass Rechtsradi- von den Helfern immer wieder kalismus in kaum einem Landkreis angesprochen würden, sagt Herr- eine Rolle spielt.“ Dies liegt laut mann. Das ist auch eine Erkennt- Herrmann auch an der Arbeit der nis des ersten gesamtbayerischen Helferkreise: „Dort sind viele Sym- Asylgipfels: „Die Probleme sind pathieträger tätig.“ So habe man nahezu überall dieselben.“ Ihre den Rechten keine Lücke gelas- Anregungen an die Politik wollen sen. Und das wollen sie auch wei- Bayerns Helfer nun in ein gemein- terhin nicht tun. sames Papier gießen und nach der Text: Dominik Göttler Landtagswahl an die neue Staats- regierung überreichen. www.merkur.de 13. Oktober 2018

25 Unser Team – Unser Projekt

Platte machen Obdachlose vor allem im Sommer, aber viele von ihnen leben auch in der kalten Jahreszeit im Freien Foto: Florian Peljak “Otto & Rosi“: Neuer Tagestreff für Wohnungslose

Die AWO wird in der Rosenheimer Straße 128d im Münchner Osten einen neuen Tagesaufenthalt für wohnungs- und obdachlose Frauen und Männer eröffnen, der ähnlich wie die Teestube „komm“ am Nachmittag geöffnet ist.

in ungewöhnliches Szene- bung des Sozialreferats für die Lokal soll im Herbst in Mün- Trägerschaft der zweiten Einrich- Echen eröffnen: Bei „Otto & tung dieser Art im Februar den Zu- Rosi“ können die Gäste nicht nur schlag erhalten. selbst kochen, sondern sich auch duschen und ihre Wäsche wa- Vor allem in der kalten Jah- schen. Dabei handelt es sich um reseit drängten sich wohnungs- einen besonderen Ort, nicht nur, lose Menschen in der Teestube weil es dort ausschließlich alko- „komm“ in der Zenettistraße. Seit holfreie Getränke gibt: Zum Be- 1980 ist die Einrichtung des Evan- ginn der kalten Jahreszeit wird gelischen Hilfswerks, einer Toch- die Münchner Arbeiterwohlfahrt tergesellschaft der Inneren Missi- in der Rosenheimer Straße 128d on, die Anlaufstelle vor allem für einen neuen Tagesaufenthalt für Menschen, die auf der Straße le- wohnungs- und obdachlose Frau- ben – also „Platte machen“, wie en und Männer eröffnen, den „Of- es im Szene-Jargon heißt. Rund fenen Tagestreff Ost“, kurz Otto. 550 der 9.000 Wohnungslosen in München dürften das nach Schät- Rosi steht für die Adresse, aber zungen sein. Wohnungslose oder auch dafür, dass das neue Ange- Menschen, denen Wohnungslo- bot wohnungslosen Frauen einen sigkeit droht, finden dort nicht nur eigens nur für sie reservierten Koch-, Wasch- und Duschgelegen- Schutzraum bietet. Die Arbeiter- heiten, sondern auch Beratung wohlfahrt hatte bei der Ausschrei- und Hilfe bei all ihren Problemen.

26 Unser Team – Unser Projekt

Vielen, die keinen festen Wohnhaus waren bislang im Erd- ÄRGER MIT NACHBARN VORBEUGEN Wohnsitz haben, dient die Tee- geschoß die Büros des zur Ge- Im Souterrain wird es Büros, stube außerdem als Postadresse. wofag gehörenden Wohnforums den Rückzugsraum und die Sani- Und nicht zuletzt bieten die Räu- untergebracht, die nach der Zen- tärräume für Frauen, zwei Com- me täglich zwischen 14 und 20 Uhr tralisierung der Gewofag-Standor- puter mit Internetzugang und einen Platz – trocken und warm te in Neuperlach frei wurden. Drucker und eine Kochgelegen- – zum Ausruhen. Bis die Teestu- heit geben, im Erdgeschoss die be öffnet, können Wohnungslose Rund 300 Quadratmeter ste- größeren Sanitärräume für die den Vormittag und die Mittagszeit hen nun zur Verfügung für den Männer, deren Anteil unter den im Haneberghaus von St. Boni- neuen Treff, im Erdgeschoss und Wohnungslosen noch immer faz verbringen, wo sie ein warmes im Souterrain. Letzteres wer- deutlich größer ist als der Frau- Gericht erhalten, aber auch du- tet Frey als „kleinen Wermuts- enanteil. Getränkeausgabe, Café schen und ärztliche Hilfe bekom- tropfen“, weil es nur außenrum mit rund 50 Sitzplätzen und Koch- men. Wenn die Teestube schließt, über einen Aufzug barrierefrei zu- und Waschgelegenheit sind dort können Wohnungslose im Winter gänglich sei. „Kleine Kompromis- ebenso untergebracht. die Kälteschutzräume in der Bay- se muss man eingehen“, denn die ernkaserne aufsuchen, die tags- Suche nach einem „idealen Ort“ Auch ein Raucherzimmer mit über geschlossen sind. kann sich Jahre hinziehen. spezieller Ablufttechnik wird es geben – um zu verhindern, dass Mit ihren 70 Sitzplätzen war die Die Lage im Münchner Osten die Wohnungslosen für die Ziga- Teestube im Winter völlig über- war beabsichtigt, da die Teestu- rette vor dem Treff stehen und es füllt, für die etwa 200 Menschen, be eher westlich orientiert sei. deswegen zu Ärger mit den Haus- die täglich kamen, gibt es nur Die Pläne für den Umbau sind be- bewohnern kommt. Alkoholische zwei Duschen. Auch die Möglich- reits eingereicht, „wir hoffen, dass Getränke gibt es nicht. Wer in ei- keiten zum Kochen und Waschen wir vor Beginn der Kälteperiode nem solchen Zustand auftaucht, sind wegen des Andrangs längst einziehen können“. Die Personal- dass er zum Risiko für andere Kli- nicht mehr ausreichend. Um an- suche für die sechs Stellen läuft enten werden könnte, erhält kei- gesichts steigender Wohnungslo- bereits, einen erfahrenen Leiter nen Zutritt. Ein Sicherheitsdienst, senzahlen Entlastung zu schaffen, habe man gewinnen können. „Wir wie er sich schon bei der Teestu- beschloss der Stadtrat, einen wei- wollen von Anfang an gute Ver- be bewährt hat, soll gewährleis- teren Tagestreff einzurichten und sorgung bieten“, betont Frey. Die ten, dass es gar nicht erst zu Prob- stellte rund 700.000 Euro für die Ausstattung soll gute Aufenthalts- lemen kommt. Text: Sven Loerzer jährlichen Betriebskosten sowie qualität ermöglichen, aber der 250.000 Euro einmalig für die Ein- Treff soll auch „nicht zum dauer- www.sueddeutsche.de richtung bereit. haften Wohnzimmer werden“. 23. Juli 2018 Mit freundlicher Genehmigung der Süddeutschen Zeitung DER TREFF IM MÜNCHNER OSTEN Den Zuschlag erhielt mit knap- pem Vorsprung die Arbeiterwohl- fahrt. Ihr Geschäftsführer Chris- toph Frey ist froh, dass er dank der städtischen Wohnungsbaugesell- schaft Gewofag auch schnell ein in der Größenordnung passendes Objekt finden konnte. Die Lage in Hier an der Rosenheimer der Rosenheimer Straße sei zwar Straße 128d entsteht der nicht zu 100 Prozent optimal, aber Offene Tagestreff Ost – daher auch der Name der Treff dennoch vom Ostbahn- „Otto & Rosi“. hof schnell zu erreichen. In dem Foto: Alexandra Schellnegger

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Gottes Adresse in der Großstadt Ordensgemeinschaften in der City-Seelsorge: Ein Radiobeitrag des Deutsch- landfunks portraitierte die vielfältige Arbeit von St. Michael und St. Bonifaz

Die Jesuitenkirche St. Michael will mit Predigt, Beichte und Kirchenmusik vor allem kirchenferne Menschen ansprechen

Foto: Wikimedia Commons

Als „City-Pastoral“ bezeichnet in Freitagabend in der Fas- Format, das bereits in der Ad- man in der Katholischen Kir- tenzeit in der Münche- ventszeit eingeführt wurde. che die Seelsorge im Zentrum ner St- Michaelskirche: Der von Großstädten. Es überrascht große Renaissancebau in Besucher: wenig, dass diese Seelsorge so Eder Innenstadt ist anheimelnd be- Ich bin zufällig herein... Was vielfältig ist wie die Metropolen leuchtet, auf den Bänken stehen sehr gut war: hier der Chor, der in selbst: Geschäftige Berufstätige, unzählige Kerzen, stimmungsvolle meinen Augen ganz hervorragend flanierende Touristen, Mitglie- Orgelmusik lädt Passanten aus das hier untermalt hat, uns hier ne der ganz verschiedener oder kei- der Fußgängerzone zum Verwei- tolle Symbiose aus Licht, aus Text ner Kirche und natütlich Obdach- len ein. und aus Musik. … In der Fußgän- lose mit den Herausforderungen gerzone durchgelaufen und ge- ihres täglichen Lebens – sie alle „Choral Evensong“ heißt die dacht, mal schaun, was... Licht sind Zielgruppen der vielgestalti- aus der anglikanischen Kirche ent- brannte... Ich war jetzt angenehm gen kirchlichen Arbeit in der City. liehene Liturgieform, bei der die überrascht über die guten Texte, musikalische Gestaltung einen die jetzt am Schluss noch hier und Der Deutschlandfunk hat am 15. wichtigen Raum einnimmt. Das die gesamte Symbiose aus Musik, April 2018 einen Hörfunkbei- Vokalensemble „Collegium Mona- Text und Lichteffekten. trag von Andrea Fleming über cense“ hat für diesen Abend eng- die City-Seelsorge von Ordens- lische und deutsche Stücke ausge- Besucherin: gemeinschaften in München ge- wählt, die in die österliche Bußzeit Ich fands sehr sinnenvoll und sendet und dabei die Arbeit der passen. Pater Karl Kern gibt einen sehr ansprechend, hat mir gut Jesuiten von St. Michael in der kurzen geistlichen Impuls. Die Kir- gefallen. Sehr in die Tiefe gegan- Neuhauser Straße ebenso vorge- che ist gut besucht und sowohl gen, indem auch unterschiedliche stellt wie unsere Obdachlosen- Stamm- wie auch Zaungäste sind Sinne angesprochen wurden mit arbeit. Anbei eine Transkription sehr angetan von dem neuen dem Weihrauch, den Lichtern und dieser Sendung. dem schönen Chor.

28 Unser Team – Unser Projekt

Älteres Ehepaar: P. Karl Kern SJ: Wir gehen auch sonntags hier Mein Zielpublikum sind Stamm- in die Kirche. Mein Mann ist Eng- gäste, die immer kommen, also länder und deswegen genießen Katholiken, aber auch evangeli- wir es noch mehr. Man fühlt sich sche Christen, die mit St. Michael eigentlich wie in England... [Er:] verbunden sind. Aber ich ziele an, Die Worte sind mir sehr vertraut, dass gerade Menschen, die eher die der Chor heute Abend gesun- fernstehend sind – und vor un- gen hat. [Sie:] Es tut richtig gut serer Türe sind es in der Stunde und die Atmosphäre ist hier auch über 10.000 Passanten, also Men- wunderbar... mit den Kerzen... es schen, die interessiert sind durch ist wirklich ganz wunderbar! den Raum, durch die Liturgien, die Angebote – anzusprechen. Auch wenn die Kirche St. Mi- chael keine eigene Pfarrei ist, son- Musik und gute Predigten, das dern als sogenannte Rektoratskir- waren schon seit ihrer Gründung che eine Nebenkirche des Doms, im 16. Jahrhundert die Schwer- fühlen sich viele Menschen hier punkte dieser Kirche, deren spiri- zu Hause, kommen regelmäßig in tuelle Anziehungskraft seit Beginn die Gottesdienste, nutzen das rei- vom Wirken der Jesuiten geprägt che Angebot an Vorträgen, Ge- war. Ihre Lage mitten in der Fuß- sprächskreisen und die geistliche gängerzone mit der frisch reno- Begleitung durch die Jesuiten, die vierten Fassade, die sich harmo- hier zuständig sind. Doch nicht nisch eingefügt in das Straßenbild, nur an diese Besucher richtet sich macht St. Michael zu einem Tou- das Veranstaltungsprogramm. Kir- ristenmagnet und lädt gleichzeitig chenrektor Pater Karl Kern be- als Ort der Ruhe und Besinnung schreibt die Menschen, auf die er zum Innehalten und Verweilen und sein Team die liturgischen und ein. Pater Kern sieht darin eine pastoralen Angebote ausrichten: große Chance:

P. Karl Kern SJ: Wir verstehen St. Michael als geistliches Zentrum, als geistliche Oase, wo man ganz ungefragt an- landen kann und wo man sich in dem Maße, wie man sich ange- sprochen fühlt, auch hineinziehen lassen kann in Einzelgespräche, Gruppen, regelmäßige Angebote, auch kleinere Gebetskreise, oder natürlich die großen Liturgien. Pater Karl Kern SJ, Kirchenrektor (Leiter von Kirche „Gott braucht eine Adresse“ und Zentrum) von – so steht es auf der Internet- St. Michael, seite der Michaelskirche, auf Institutskirche der Jesuiten der die vielen Angebote be- schrieben sind, die im Laufe des Foto: musikstiftung.org

29 Unser Team – Unser Projekt

Der Innenraum von St. Michael in der Neuhauser Straße Foto: Wikipedia Commons

Kirchenjahres Menschen mit den Chance darin, als Ordensgemein- überzeugenden Ästhetik weiter- unterschiedlichsten Hintergrün- schaft die Citypastoral mitzu- gegeben werden. Ich entwerfe den absprechen möchten. Da ist prägen. Die kontinuierliche Prä- selbst Messgewänder, ich schaue, die Aktion „Liebensbriefe“ nach senz und die überdurchschnittlich dass die Liturgie gleichzeitig einem Wortspiel zwischen Liebes- starke personelle Besetzung sieht streng und sehr menschlich rüber- und Lebensbriefen, mit der Kin- er als Vorteile, um den Menschen kommt. Streng in dem Sinn, dass der aus den umliegenden Schulen mehr und anderes anbieten zu man sagt: Da ist etwas Geform- im Oktober in die Kirche einge- können, als sie es in einer norma- tes, dem man sich auch aussetzen laden werden, um Briefe an ihre len Gemeinde vielleicht finden: kann. Dass die Ästhetik des Rau- verstorbenen Liebsten zu schrei- mes, die Ästhetik der Liturgie ... , ben und so einen kreativen Zu- P. Karl Kern SJ: dass da nicht irgendwelches Ge- gang zum Geheimnis von Tod und Ich fühle mich schon ein Stück rümpel rumsteht, dass da nicht ir- Auferstehung bekommen sollen. als Großstadtmissionar in einer gendwelche Anschläge an der fal- Rund um Allerheiligen und Aller- sehr offenen und freigebenden schen Stelle sind ... seelen sind dann diese Briefe an Weise, diesen Raum mit Leben zu den Seitenaltären der Kirche aus- erfüllen und mit Attraktivität zu Jenseits der Hektik des Alltags gestellt und geben auch Stamm- erfüllen, dass Leute spüren: Ich und der hohen Ansprüche, die gästen und Touristen wertvolle krieg hier was, ich nehm was mit! das Arbeitsleben und die priva- Gedankenanstöße. ten Beziehungsnetzwerke an die Damit die Botschaft ihre Menschen stellen, sollen sich die Der Valentinsgottesdienst lädt ganze Wirkung entfalten kann, Menschen in St. Michael aufge- Paare zu einem besonderen Segen legt Pater Kern Wert auf die Äs- nommen, gestärkt und ermutigt ein und erfreut sich großer Be- thetik des Gesamtbildes: Für ihn fühlen. liebtheit, wie auch der ökumeni- muss die äußere Gestaltung des sche Gottesdienst für Alleinerzie- Raums mit der Form der Liturgien P. Karl Kern SJ: hende und Geschiedene, die sich und der Botschaft des Gesagten Wenn die Menschen die Unter- hier in besonderer Weise in ihrer zusammenpassen: brechung des Gewöhnlichen spü- Situation wahrgenommen fühlen. ren in dem, was man vielleicht An- P. Karl Kern SJ: dacht oder gar Ehrfurcht nennen Pater Kern sieht eine besondere Glaube muss heute in einer könnte, was in jedem Menschen

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grundgelegt ist... stehenbleiben, Für Menschen, die auf der Straße oder „Segne mich“. Mit der gan- sitzenbleiben, sich gehen lassen, leben, aus unterschiedlichen zen Sanftmut eines Gottesfürchti- sowas wie eine innere Berührung Gründen, ist die Abtei der Bene- gen und mit dem Eifer der Liebe spüren und spüren, es geht hier diktiner von St. Bonifaz eine wich- gebe er unverzüglich Bescheid. um mich … Und es geht um meine tige Anlaufstelle geworden. Schon Sehnsucht nach Leben. Denn Ci- der heilige Benedikt hat in sei- Diese Worte hatte Frater Em- typastoral gerade heute muss es ner Regel die wichtige Funktion manuel Rotter durchaus im Ohr, verstehen, die oft verschütteten des Bruders an der Klosterpforte als er vor 27 Jahren den Pforten- Lebensfragen, die Sehnsüchte der beschrieben. dienst übernahm und immer wie- Menschen, die es ja gibt und die der Obdachlose empfing, die um großen Fragen des Menschen, die Sprecher liest aus der Regel des Unterstützung baten. Und die be- bleiben auch... Aber dass die spü- Hl. Benedikt: kamen sie in St. Bonifaz auch, so ren: Mensch, die sind von heute. An die Pforte des Klosters stelle dass ihre Zahl stetig wuchs. Zu- Und sie wecken in mir etwas, dem man einen weisen älteren Bruder, nächst kamen fünf bis sechs Per- ich mal nachgehen sollte... Etwas der Bescheid zu empfangen und sonen am Tag, dann waren es in Freiheit in einem anderen wach- zu geben weiß (…). Der Pförtner 20, heute werden bis zu 250 rufen, das wäre mein Anliegen. soll seine Zelle neben der Pforte Menschen am Tag versorgt. Fra- haben, damit alle, die ankommen, ter Emmanuel sieht das als eine Szenenwechsel: Zwischen dort immer einen antreffen, von wesentliche Aufgabe seiner Hauptbahnhof und Königsplatz dem sie Bescheid erhalten. Sobald Ordensgemeinschaft: liegt ein wichtiger Treffpunkt für jemand anklopft oder ein Armer ein ganz anderes Zielpublikum. ruft, antworte er: „Dank sei Gott“ Fr. Emmanuel Rotter OSB: Gerade wir als Benediktiner in der Stadt, wie in München, sind aufgefordert, sogar von Benedikt, unserem Ordensgründer, die auf- zunehmen wie Christus. … Beson- ders in den Armen sollen wir Chris- tus verehren.

Mittlerweile ist Frater Emma- nuel Prior von Sankt Bonifaz, also Vertreter des Abtes, und hat sich Frater Emmanuel mit Gästen vor dem Haneberghaus dafür stark gemacht, dass für die Foto: Bommi Schwierz Unterstützung der Obdachlosen solide Strukturen geschaffen und nicht nur Almosen gegeben wer- den. Heute gibt es im eigens dafür gebauten Haneberghaus täglich warmes Essen, Kleidung, die Ge- legenheit, sich zu waschen und medizinisch versorgt zu werden – und das 365 Tage im Jahr. Fra- ter Emmanuel ist überzeugt, dass die Sorge um diese Menschen auch ihm und seinen Mitbrüdern guttut:

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Schwester Dolore mit Gästen in der Kleiderkammer von St. Bonifaz

Foto: Bommi Schwierz

Fr. Emmanuel Rotter OSB: bekommen. Ich wünsche, dass sie Die Arbeit erdet uns, unsere Or- wieder hochkommen, sie sind ja densgemeinschaft, dass wir keine ganz unten. abgehobene Gesellschaft oder un- nahbare Menschen sind, weil wir Wichtig ist allen, die hier- ar im Ordensgewand rumlaufen oder beiten, dass sich jeder willkom- Mönche sind, sondern dass wir men fühlt, ein bisschen Ruhe und teilhaben an dem, was geschieht, Wärme finden kann. Dabei schaut im Guten wie im Schlechten. niemand auf Herkunft oder Religi- onszugehörigkeit. Für Frater Em- Die Arbeit für die Obdachlo- manuel steht der konkrete Dienst sen wird von vielen unterstützt, am Nächsten im Vordergrund, ob durch Material- oder Geld- darin sieht er seine Chance, den spenden oder durch tatkräfti- Menschen die Fürsorge Gottes ges Zupacken in der Küche, in der nahezubringen. Kleiderkammer oder bei der me- dizinischen Versorgung. Fr. Emmanuel Rotter OSB: Wir wollen ja nicht missionie- Auch Schwester Dolore von ren, das ist nicht unsere Aufgabe den Mallersdorfer Franziskanerin- – Mission geht bei uns über die nen ist seit sechs Jahren im Hel- Tätigkeit, nicht über das Wort. Es ferteam und arbeitet in der Klei- gibt Leute, die nichts mit der Kir- derkammer. Ihr geht das Schicksal che am Hut haben, mit dem Chris- der Menschen, denen sie begeg- tentum nichts am Hut haben, aber net, nahe: da haben sie immer noch Respekt – und dankbar sind sie. Schwester Dolore: Es ist manchmal traurig, zu- Es gibt Stammgäste, die jeden schauen zu müssen, wenn sie Tag kommen, und andere, die nur schon lange bei uns Kunden sind, bestimmte Angebote nutzen. Die dass nichts aufwärts geht, dass Atmosphäre im Speisesaal, der sie wieder Boden unter den Füßen jeden Morgen um sieben Uhr für

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Kaffee und später für eine heiße Jahren und viele helfen mir... Du- Dr. Irene Frey-Mann: Suppe öffnet, ist entspannt, man- schen, Kleidung... Leute arbeiten Wir fragen hier nicht nach der che Gäste unterhalten sich, an- hier... es passt. Religion, auch ich bin nicht nach dere sind über ihre Teller gebeugt [Vierter] Ich komme aus Schwe- meiner Religion gefragt worden, und essen allein. Sie kommen aus rin. Ich bin in Hamburg ausge- als ich hier angefangen habe zu ar- den unterschiedlichsten Gründen raubt worden... Ich hab das Glück, beiten. Aber natürlich ist der Hin- und manche genießen auch die dass es diese Einrichtung gibt und tergrund das Kloster, man weiß, Begegnung mit anderen: ich jetzt auch medizinisch versorgt dass da eine Haltung dahinter- werden kann. steht, es werden Werte vermittelt Obdachlose: in diesem Haus und das spüren die [Erster] Ab halb acht gibts nen Dr. Irene Frey-Mann kümmert Menschen schon, auch wenn sie Kaffee und ab acht ne warme sich seit vielen Jahren um die me- eine andere Religion haben oder Suppe. Das ist das erste Angebot dizinische Versorgung der Woh- keine Religion. morgens... wenn die Nacht kalt nungslosen, zunächst als ange- ist... stellte Mitarbeiterin, seit ihrer Nicht immer ist es leicht, und [Zweiter] Ich schlafe im Wald, Pensionierung ehrenamtlich. Sie hin und wieder gibt es Konflikte 10,15 km weiter außerhalb im ist überzeugt, dass der christliche oder jemand hält sich nicht an Süden. Das Duschen ist wichtig Hintergrund des Hauses durchaus die Hausregeln. Dann steigt Fra- in der Jahreszeit, Körperpflege. bei den Menschen ankommt, dass ter Emmanuel im Speisesaal auch Es hat halt doch auch etwas sich über die konkrete, unbürokra- schon mal auf den Stuhl und Unterhaltung. tische Hilfe mehr vermittelt als nur macht eine klare Ansage, wie man [Dritter] Ich komme seit vielen das Stillen der Grundbedürfnisse: sich im Haus zu verhalten hat. Aber alles in allem sind die Men- schen dankbar und manch einer nimmt schon mal einen Besen in die Hand, um zu helfen. Die Mön- che von St. Bonifaz sind in der Stadt eine bekannte Adresse, für ihre Angebote brauchen sie keine Werbung zu machen – die unkon- ventionelle Hilfe hat sich schnell rumgesprochen. Doch für Frater Emmanuel ist es mehr, als nur für das leibliche Wohl der Menschen zu sorgen. Er wünscht sich

Frater Emmanuel Rotter OSB: ... dass sie einfach mal wieder zur Ruhe kommen für ein paar Stunden, dass sie sie sein kön- nen. Den Obdachlosen im Ganzen zu sehen, den Menschen, nicht seine Religion, nicht seine Her- kunft, sondern den Menschen als Schöpfung. Text: Andrea Fleming Immer mit allen für den Deutschlandfunk Habseligkeiten unterwegs www.katholische-hörfunkarbeit.de 15. April 2018 Foto: Bommi Schwierz

33 Unser Team – Unser Projekt

Bitte stärken Sie die Bonifatius-Haneberg-Stiftung Mit Ihrer Spende oder Zustiftung können Sie unsere Obdachlosenarbeit nach- haltig unterstützen – oder bedenken Sie unsere Stiftung in Ihrem Testament

zu unterstützen. Neben dem Mahlzeit/Getränke, Brot, Obst, Geld, das vom Wirtschaftsgut An- Kuchen) für bis zu 250 Personen dechs und aus vielfältigen Spen- und an vier Tagen (Mo., Di., Do., den stammt, sorgt die Stiftung Fr.) eine Kleiderkammer, ein neu mit ihren Erträgen dafür, dass ausgebauter Bäderbereich, eine diese wichtige Arbeit am Nächs- Arztpraxis und kompetente Sozi- ten stattfinden kann – kompetent, alberatung (auch Mi.). herzlich, im Wortsinn bedingungs- los. Tag für Tag. Jahr für Jahr. MIT IHRER ZUWENDUNG ...... können Sie dazu beitragen, un- WER WAR BONIFATIUS sere Arbeit mit obdachlosen und HANEBERG? armen Menschen auf eine wirt- Der Name der Stiftung geht auf schaftlich verlässliche Grundlage Daniel Bonifatius Haneberg zu- zu stellen – mit einer Zustiftung, rück. Er war 1854 - 1872 zweiter einer Spende oder indem Sie un- Abt von St. Bonifaz zu München sere Obdachlosenarbeit in Ihrem Abt Daniel Bonifatius Haneberg, Gemälde in und Andechs und bekleidete bis Testament bedenken. der Klausur des Konventes von St. Bonifaz 1876 das Amt des Bischofs von Speyer. Als Haneberg 1850 in das Sollten Sie in Erwägung ziehen, neu gegründete Kloster St. Boni- sich durch eine Zuwendung an faz eintrat, war er nicht nur Pries- der Bonifatius-Haneberg-Stiftung eit mehr als 100 Jahren be- ter, sondern auch hochangesehe- zu beteiligen, so wenden SIe sich treut die Abtei St. Bonifaz ner Professor für Altes Testament bitte an unseren stellvertreten- obdachlose und arme Men- S und Orientalische Sprachen. Als den Vorstand: schen. Auch in München hat sich Abt kümmerte er sich mit beson- die Lebenssituation Obdachloser derer Fürsorge um die vielen Wai- Fr. Prior Emmanuel Rot- in den letzten Jahrzehnten zuneh- senkinder, die in Münchens Stra- ter OSB (Tel. 089 - 551710, mend verschlechtert. Deshalb be- ßen lebten. Für sie richtete er in obdachlosenhilfe@sankt-bonifaz. gannen Frater Emmanuel und ein Andechs die St. Nikolaus-Anstalt de). Sie finden uns auch im Netz Mitbruder bereits 1990, ihren Ein- ein, in der sie weitab vom Trubel unter satz für diese Menschen zu inten- der rasch expandierenden Groß- www.haneberg-stiftung.de sivieren. Ein Einsatz, der ab 1994 stadt menschenwürdig unterge- auch durch die Bonifatius-Hane- Wir freuen uns über jede Zu- bracht, unterrichtet und erzogen berg-Stiftung kräftig unterstützt wendung, jede Summe ist uns werden konnten. und ausgebaut werden konnte. willkommen. Bitte vergessen Sie für eine Zuwendungsbestätigung DAS HANEBERGHAUS ZIEL DER BONIFATIUS- nicht Ihren Namen und die Adresse. UND WAS ES LEISTET HANEBERG-STIFTUNG 2001 eröffnete das neue Hane- Die Stiftung wurde von zwei Bonifatius-Haneberg-Stiftung berghaus seine Pforte. In hellen Münchner Unternehmern ge- IBAN: DE56 7025 0150 0009 Räumen findet seit 17 Jahren all gründet. Alleiniges Ziel ist es, die 9525 99, BIC: BYLADEM1KMS das statt, was zuvor im Konvent- soziale Arbeit der Abtei St. Boni- gebäude angeboten wurde: Eine Haben Sie von Herzen Dank für faz langfristig abzusichern und tägliche Essenausagabe (warme Ihre großzügige Unterstützung!

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Sommerakademie 2018 beleuchtet König Ludwig I. Nach Themen rund um König Ludwig I. von Bayern behandelt die Sommer- akademie 2019 katholische Profile in Bayern während der Weimarer Republik

Nun schon zum achten Mal Benediktinerinnenkloster St. Wal- (sic!) und Prof. em. Hans-Michael luden die Benediktinerabtei St. burg in Eichstätt und 1837 Frau- Körner, ebenfalls von der LMU, Bonifaz und der Verein ihrer enchiemsee) bzw. neu gegrün- schließlich über den König und Freunde 2018 zu einer Sommer- det (1834 St. Stephan in Augsburg seine Straße. akademie ein. Den Verantwortli- und 1866 Schäftlarn). chen, allen voran Prof. Dr. Franz Ausgewiesene Kenner von Seit 2011 behandelt die Som- Xaver Bischof und Prof. em. Dr. König Ludwig I. und seiner Zeit merakademie Sankt Bonifaz ver- Hans-Michael Körner, war es wie- nahmen im Rahmen der Sommer- schiedene Aspekte der Beziehun- der einmal gelungen, mit König akademie die verschiedenen As- gen zwischen Staat und Kirche, Ludwig I. ein spannendes Jahres- pekte des königlichen Wirkens in vornehmlich in Bayern. Die Reihe thema zu finden. Im Jahr, in dem den Blick. wird von Prof. Dr. Franz Xaver Bi- sich Ludwigs Tod zum 150. Mal Dr. Birgitta Klemenz, Stiftsar- schof, Inhaber des Lehrstuhls für jährte, konnten sechs kompetente chivarin von St. Bonifaz sprach Kirchengeschichte des Mittelalters Referenten auch diesmal an hei- zu Beginn über „sein Sankt Boni- und der Neuzeit an der Katholisch- ßen Sommerabenden zahlreiche faz“, Prof. Dres. Stephan Haering Theologischen Fakultät der LMU, Geschichts-Interessierte in den OSB, Inhaber des Lehrstuhls für und Prof. em. Dr. Hans-Michael Pfarrsaal von St. Bonifaz locken, Kirchenrecht an der LMU, über Körner organisiert und geleitet. um zahlreiche Facetten dieser für „... seine Erneuerung der Klöster“ Themen der Sommerakademie unser Kloster so wichtigen Per- sowie Prof. Hermann Rumschöt- waren bislang „Die Säkularisa- sönlichkeit zu ergründen. tel, Generaldirektor der Bayeri- tion“ (2011), „Nationalsozialismus König Ludwig I. (1786-1868) hat schen Staatsarchive i.R. über die und katholische Kirche“ (2012), als Stifter von Sankt Bonifaz den Kirchenbauten von Ludwig I. „Kulturkampf im ausgehenden 19. Bau von Basilika und Kloster ini- Dr. Katharina Weigand, His- Jahrhundert“ (2013), „Das kon- tiiert und finanziert. Bereits 1846 torikerin an der LMU, stellte den fessionelle Zeitalter“ (2014), „Das hatte er das ehemalige Kloster An- König und seine Universität vor, barocke Bayern“ (2015), „Bonifaz dechs aus privater Hand zurück- Prof. Franz-Xaver Bischof sprach von Haneberg“ (2016) sowie „Re- gekauft, um es als Wirtschafts- über den König und seine Bischöfe form und Reformation“ (2017). gut und damit Lebensgrundlage Basilika St. Bonifaz an einem Sommerabend der zukünftigen Abtei in Mün- chen zu übergeben. Schon bald nach dem Tod seiner Frau Königin Therese im Jahr 1854 bestimmte der König Sankt Bonifaz auch zu seiner Grablege, wohin er dann nach seinem Tod in Nizza 1868 überführt werden sollte. Außer Sankt Bonifaz in München und Andechs hat Ludwig I. eine ganze Reihe von Benediktinerklöstern wiedererrichtet (1830 Metten, 1834 Ottobeuren, 1838 Schey- ern, 1842 Weltenburg, 1835 das

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In memoriam – wir gedenken Wir gedenken der Freunde unserer Obdachlosenarbeit, die uns bei wichtigen Aufgaben über lange Zeit tatkräftig unterstützt haben.

Im gesegneten Alter von 95 Jahren starb am 24. März 2018 Frau Therese Schottenhamel, Oberhaupt der ältesten Wiesnwirt-Familie. Frau Schot- tenhamel war eine tatkräftige und herzliche, eine menschenfreundliche und gläubige Frau, die Altabt Odilo (†) verbunden war und unsere Ob- dachlosenhilfe stets unterstützt hat. Wir gedenken ihrer in Dankbarkeit.

Am 3. Mai 2018 verstarb im hohen Alter von 88 Jahren Herr Studiendi- rektor i. R. Erich Karl Fischer, der unserer Obdachlosenhilfe freundschaft- lich verbunden war. Herr Fischer war Lehrer an der Schule Schloss Salem und pilgerte nach seiner Pensionierung gemeinsam mit seiner Frau immer wieder auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Wir erinnern uns dankbar an ihn.

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Vor allem aber gedenken wir der verstorbenen Gäste des Haneberghauses, auch wenn wir nur die Patienten der Arztpraxis mit Namen kennen.

Verstorbene Gäste des Haneberghauses in 2018

Hubert Schuster 74 Jahre Peter Seib 79 Jahre Erich Dausch 67 Jahre Albert E. Kagerer 78 Jahre Michael H. Werner 59 Jahre Karsten Timm 73 Jahre Gerhard Baur 59 Jahre Josef Braun 56 Jahre Peter Skorik 56 Jahre Ernest Ruszo 52 Jahre Ion Raduta 40 Jahre Martin Sirtl 50 Jahre Manfred Kellings 69 Jahre Ecaterina Konerth 83 Jahre Sorinel Costache 54 Jahre Sonja Zvonkovic 63 Jahre Franz Josef Kunkel 81 Jahre Günther Anetzberger 69 Jahre Antje Songwa 43 Jahre

Gedenkgottesdienst für alle Verstobenen ohne Obdach Schon seit mehreren Jahren haben wir jeweils am Allerseelentag, dem 2. November, in der Kryptakirche von St. Bonifaz einen festlichen Ge- denkgottesdienst für alle im Jahresverlauf verstorbenen Gäste des Ha- neberghauses gefeiert, bei dem für jeden uns persönlich und nament- lich bekannten Gast eine Kerze angezündet wurde. Wir freuen uns, dass es am 15. November 2018 nun erstmals in St. Mar- kus einen ökumenischen Gedenkgottesdienst für alle in 2018 verstorbe- nen obdachlosen und wohnungslosen Menschen in München gab, der von vielen kirchlichen Einrichtungen gemeinsam gefeiert wurde. Auch diese Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft lebten, dürfen nicht vergessen werden. Vor Gott sind wir alle gleich.

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Von Herzen Dank an alle Spender! Dank vor allem für die zahlreichen Sach- und Geldspendern und die vielfältige Unterstützung – ohne Sie gäbe es die Obdachlosenhilfe St. Bonifaz so nicht!

Brunnen mit der Bronzebüste des Ordensgründers der Benediktiner (Benedikt von Nursia, ca. 480-547) von Josef Henselmann

Foto: Bommi Schwierz

Wir danken ganz besonders ... • den zahlreichen Stiftungen, Vereinen und kommunalen Organen • einer ganzen Reihe von Unternehmen für ihre Sachspenden • befreundeten Klöstern v.a. für ihre Kleiderspenden • den Spendern von Kleider- spenden im großen Stil und den vielen kleinen Spendern • unseren Freunden und Förderern für Brot, Gebäck, Kuchen und Gemüse • und allen unseren sonstigen Spendern

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Liebe Freunde der Obdach- losenhilfe von St. Bonifaz,

damit es bei niemandem Miss- Obdachlosenhilfe verständnisse gibt, wollen wir auch diesmal wieder – genau wie St. Bonifaz München im Jahresbericht für 2017 im ver- gangenen Jahr – keine einzelnen Wir versorgen die Obdachlosen in unserer Stadt Namen nennen, sondern nur allen auf vielfältige Weise.

Geld- und Sachspendern von Her- Mit Essen, einem warmen Aufenthaltsraum, Duschmöglichkeiten, mit einer Kleiderkammer, zen für ihr Engagement danken. medizinischer Versorgung und Sozialberatung. Jeden, der zu uns kommt. Auch Ihr Beitrag ist absolut ent- scheidend für das Gelingen unse- res Projektes, ohne Sie wäre die Obdachlosenarbeit im Haneberg- haus so nicht möglich!

Darum Ihnen allen ein herzli- ches „Vergelt‘s Gott“! Ihr Fr. Emmanuel Rotter OSB

P.S. Wir freuen uns immer über sau- bere gebrauchte Herrenbeklei- dung, vor allem über Jeans in klei- nen Herren-Größen sowie über neue oder gut erhaltene und sau- ber gewaschene Unterwäsche und Socken, aber auch über Kör- perpflegeartikel und (bitte nur nach Absprache) über Lebensmit- tel- und Medikamentenspenden.

Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit:

Obdachlosenhilfe im Haneberghaus, Benediktinerabtei St. Bonifaz Karlstr. 34, 80333 München, Tel. 089/55171 - 300 [email protected], www.sankt-bonifaz.de Konto Nr. 22 14 300, Liga-Bank eG München, BLZ 750 903 00 Kennwort: OFW (Ohne festen Wohnsitz)

39 Menschen

Immer auf der Seite der Menschen Interview mit Hildegard Denninger, 70, der langjährigen Geschäftsführerin der Münchner BISS, der ersten deutschen Straßenzeitschrift

Mehr als 20 Jahre leitete sie als Geschäftsführe- Denninger offiziell im Ruhestand. Doch noch immer rin die Geschicke von BISS, der Münchner Straßen- ist die 70jährige aktiv und hilft mit, Menschen aus zeitschrift; seit nun mehr fünf Jahren ist Hildegard der Obdachlosigkeit zu begleiten.

Frage: Frau Denninger, Sie Frage: Was hat sich denn aber immer noch wehrt sich die sind ja immer noch bei BISS Ihrer Ansicht nach in den letzten CSU im Münchner Stadtrat, wenn anzutreffen? 25 Jahren geändert, was die es um wirksame Konzepte zur Wohnsituation in München Erhaltung von Bauland und gegen Denninger: Ja, klar, ich bin angeht? Privatisierung von Grundstücken auch nach meinem Ausscheiden geht. So wie auch der Freistaat das als Geschäftsführerin noch mit Denninger: Leider hat sich alte Gefängnis Am Neudeck, das 16 Stunden angestellt. Was nicht sehr viel geändert, es ist geplante Hotel BISS, zugunsten darüber hinausgeht, mache ich eher schlechter geworden. Es von Immobilienspekulanten und ehrenamtlich. driftet immer mehr auseinander nicht zugunsten der Menschen zwischen den „Habern“ und verkauft hat. Da könnte ich immer Frage: Was müsste denn „Nicht-Habern“. Zwar gibt noch wütend werden, wenn ich passieren, dass Sie ganz aufhören? es seit zehn Jahren mehr daran denke. Die Stadt bemüht Genossenschaftswohnungen, sich jetzt, das zu ändern, und Denninger: Ich habe eine tolle Nachfolgerin und arbeite ja nicht mehr im laufenden Geschäft mit, aber ich mache den Jahresabschluss für den Verein BISS und bin als Vorstandsvorsitzende für die Stiftung BISS verantwortlich. – Hildegard Denninger, langjährige Geschäftsführerin von BISS Die Arbeit für den Verein könnten Foto: BISS natürlich auch andere Personen machen. Aber BISS ist halt das „dritte Kind“ von mir und meinem Mann, und wie das halt so ist mit Kindern: Man freut sich total, wenn es ihnen gut geht und man hat nix mehr groß damit zu tun. Aber man ist ihnen immer verbunden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich nichts mehr mit BISS zu tun habe oder nicht mehr an BISS denke.

40 Menschen

vielleicht tut sich auch etwas im Frage: Warum wollten Sie Bund. Aber: Das, was da jetzt denn bei BISS mitmachen bzw. als langsam beginnt sich zu ändern, Geschäftsführerin einsteigen? haben wir bereits vor 20, 25 Jahren angemahnt. Das muss man Denninger: Letztlich war es sich mal vorstellen! mein Mann, der mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass Frage: Welche Rolle spielt sie eine Geschäftsführerin suchen. Sankt Bonifaz bei Ihrer Arbeit? Ich bin dann hin zu dem damaligen Interessenkreis, der die Zeitung Denninger: Sankt Bonifaz ist machte, und habe gesagt, ich will unser wichtigster und engster das machen. Denn die Zeitung, Partner in den letzten 25 Jahren die ist gut, damit muss doch etwas gewesen. Uns würde es gar zu verdienen sein und damit muss nicht geben, wenn uns nicht man etwas aufbauen können. der damalige Abt Odilo Lechner Ich hatte von Anfang an die feste aufgenommen hätte. Und ich Absicht, richtige Arbeitsplätze zu bin sehr froh, dass auch sein schaffen, denn das ist für mich Nachfolger, Abt Johannes Eckert, das Wichtigste, das was zählt. Es uns in sein Herz geschlossen hat. können zwar nicht alle Verkäufer angestellt werden, aber wenn HILFE JETZT – NICHT ERST MORGEN man wirklich von Integration und Wiedereingliederung reden Frage: Warum, glauben Sie, will, dann geht das nur über eine funktioniert das so gut? Anstellung, wo die Mitarbeiter dann ihr regelmäßiges Geld Denninger: Ich denke, wir erhalten, wo sie Rechte und haben beide dasselbe Ziel, sind Pflichten haben. in derselben Branche unterwegs und sind beide unabhängig. Und Frage: Warum waren Sie sich vor allem: Wir sind immer auf der da so sicher, dass das klappen Seite der armen Menschen! Das wird? gilt für Sankt Bonifaz und gilt auch für uns. Dazu kommt, dass wir Denninger: Ich komme ja vom direkt helfen können, ohne eine Dorf, aus einem Wirtshaus, da hat Vielzahl an Anträgen stellen zu man mit allen Menschen zu tun müssen, wenn klar ist, dass dieser und da gibt es auch Arme. Es hat Menschen sofort Hilfe braucht. auch ein Armenhaus gegeben in Heute und nicht erst morgen! – dem viele Kinder lebten, die sind Dazu kommt die medizinische so mitgelaufen. Aber oft ist aus Versorgung, die Sankt Bonifaz den Kindern, wenn man ihnen anbieten kann. Da hat sich eine Chance gegeben hat, etwas etwas aufgebaut zwischen den geworden. Plötzlich war einer Menschen und den Helfenden von Leiter der Metzgerei in einem Sankt Bonifaz, auch das verbindet großen Kaufhaus, oder sie haben uns seit Jahren. Viele unserer eine Lehre gemacht und später BISS-Verkäufer schätzen dieses selbst einen Handwerksbetrieb Angebot sehr und nutzen es auch gegründet – so etwas. Und so ist nach wie vor. das eben auch mit obdachlosen

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Menschen: BISS hat ihnen durch ISS ist ein Zeitungsprojekt, die Festanstellung eine Chance das Bürgern in sozialen gegeben, und sie haben es BSchwierigkeiten hilft, sich geschafft, tatsächlich wieder selbst zu helfen. Fuß zu fassen. Bei BISS war es ja auch so: Wir hatten zu Beginn Die Zeitschrift mit dem Na- kein Geld. Dennoch haben wir es men BISS ist die älteste und mit geschafft, alles zu finanzieren und einer monatlichen Auflage von alle unsere Ideen umzusetzen, ca. 40.000 Exemplaren eine der weil wir Unterstützer hatten. erfolgreichsten Straßenzeitungen Deutschlands. Vom Verkaufspreis OFFENES OHR, KONKRETE HILFE (2,20 Euro) behält der Verkaufende die Hälfte (1,10 Euro). Frage: Hatte Sankt Bonifaz da Über 100 Verkäufer*innen auch seinen Anteil dran? bringen das Magazin an die Leser*innen. So können sie sich Denninger: Wissen Sie, wenn entweder ein Zubrot zur Sozialhil- ich ehrlich bin: Ohne Sankt Bonifaz fe oder Grundsicherung verdienen hätten wir das nie geschafft. An bzw. bei einem Verkauf von 400 der Klosterpforte wurde von Exemplaren und mehr bei BISS fest Anfang an die Zeitschrift an angestellt werden. unsere Verkäufer ausgegeben Die regelmäßige Tätigkeit bie- und wir konnten uns immer an tet die Möglichkeit, den Tag zu Frater Emmanuel und Altabt strukturieren und Kontakte zu Odilo wenden, wenn wir Rat und Kund*innen zu knüpfen. Die ste- Hilfe brauchten. Das beginnt ten sozialen Kontakte stärken das bei einem offenen Ohr für eine Selbstwertgefühl und ermöglichen schwierige Situation und mündet schrittweise Wege aus der Isolati- in konkrete Hilfe. Ich wäre nicht on, Armut und Ausgrenzung. geeignet für eine Arbeit in einem Amt, ich brauche den direkten, In einer durch professionel- unbürokratischen Weg. le Journalist*innen begleiteten Schreibwerkstatt können die Interview: Clemens Finzer, Verkäufer*innen ihre Gedanken Bayerischer Rundfunk und Ansichten zu Papier bringen, Vorsitzender des Pfarr- die dann in der Zeitschrift veröf- gemeinderats St. Bonifaz fentlicht werden. BISS erhält keinerlei öffentliche Gelder, sondern finanziert den Ge- schäftsbereich durch den Verkauf der Zeitschrift und Anzeigen. Da- neben tragen zahlreiche Spenden von Münchner Unternehmen und Bürger*innen zum Gelingen des Projektes bei. Alle Spenden werden für Betroffene eingesetzt.

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BISS-Jubiläum: Anerkennung ist wertvoller als Geld Seit 1993 unterstützt die Straßenzeitung BISS Menschen, die keine Chance auf dem regulären Arbeitsmarkt haben. Seit 25 Jahren verkauft Tibor Adamec dieses Magazin – der 81-Jährige Staatenlose hat keinen Tag wegen Krankheit gefehlt.

eicht gebückt steht Tibor Früher war Tibor Adamec Adamec im Untergeschoss einmal Bürger der Tschecho- am Marienplatz. Viele slowakei. Jetzt hat er einen seiner Kollegen haben deutschen Pass, aber keine Lsich für die Arbeit einen Staatsangehörigkeit. „Reisepass aufklappbaren Hocker besorgt, für Ausländer“ steht auf dem Adamec verzichtet darauf. Um ihn Dokument. Darüber prangt der herum hetzen Menschen zu den Bundesadler. Adamec, Tibor, steht S-Bahnen, es ist laut. Adamecs darin, geboren am 1. August 1937 Stimme ist leise, es ist nicht ganz in Bratislava. Staatsangehörigkeit: einfach, ihn zu verstehen. Aber ungeklärt. kraftlos wirkt Tibor Adamec mit seinen 81 Jahren nicht. Der Tschechoslowake Tibor Adamec hat in den Fünfzigerjahren Bis zu neun Stunden täglich als Radio- und Fernsehtechniker steht er an seiner Säule im beim Militär gearbeitet. Irgend- Untergeschoss. Das halte fit, sagt wann sollte er zum Offizier er und klopft sich auf sein Bein: befördert werden, die Zulassung „Die Muskeln sind steinhart.“ für den Lehrgang hatte er schon Adamec betont gerne, dass er auf dem Schreibtisch liegen. Aber der dienstälteste Biss -Verkäufer Tibor Adamec, 81, seit 1993 BISS-Verkäufer Adamec wollte nicht. Der Kalte ist. Seit 1993 unterstützt die und damit der Dienstälteste Krieg bestimmte die Stimmung Straßenzeitung Biss Menschen, Foto: Sascha Kletzsch unter den Soldaten. Jederzeit die keine Chance auf dem ersten konnte aus den festgefrorenen Arbeitsmarkt haben. Und Adamec Beziehungen zwischen Ost und ist bereits seit 25 Jahren dabei. West ein Weltenbrand werden. Er desertierte, flüchtete in die DDR. Dass er in all den Jahren nie Mit der Uniform hatte Adamec krankgeschrieben war, ist ihm auch seine Staatsbürgerschaft wichtig. Auch, dass er gesund zurückgelassen. Der tschecho- lebt und wenig bis gar keinen slowakische Staat hatte sie Alkohol trinkt. „Ich war nie in desertierten Soldaten entzogen. meinem Leben betrunken“, sagt Ohne Papiere lebte Adamec erst er. Manche Leute denken, Biss in Zwickau, dann in Ost-Berlin. werde nur von Obdachlosen und trockenen Alkoholikern verkauft, An einem Tag im Jahr 1958 erzählt er. Adamec will mit diesen schlenderte Tibor Adamec an Vorurteilen aufräumen. Jeden Tag jenem Zaun entlang, der drei Jahre kommt er mit Hut und Anzug zur später zum „antifaschistischen Arbeit. Schutzwall“ ausgebaut wurde. Er, der Staatenlose. Noch aber war die Grenze nicht

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so stark bewacht, als dass sie ISS, die älteste Straßenzei- Adamec abschrecken konnte. Er, tung des Landes, will zum der ehemalige Soldat, kannte den 25. Jubiläum die Aufmerk- Rhythmus der Patrouillen. Als samkeit der Münchner sich die Gelegenheit bot, rannte Bnoch stärker auf Armut und Ob- er los. Er kletterte über den dachlosigkeit lenken und Berüh- Stacheldraht. Er verhedderte sich, rungsängste abbauen. riss sich los, hetzte weiter. Dann war er drüben. Eine aufsehenerregende Skulp- tur am Wittelsbacherplatz soll un- Der Staatenlose zog nach ter dem Motto „I Will Be With You, München, heuerte wieder als Whatever“ („Ich werde immer bei Radio- und Fernsehtechniker an. Dir sein“) dazu beitragen – als Be- Bis zur Wende arbeitete er in gegnungsort. Das Reiterdenkmal dem Beruf, dann ging die Firma Maximilians I. wurde mit einem pleite. Adamec, mittlerweile 56, halbtransparenten Pavillon um- bewarb sich um eine neue Stelle. BISS-Titelbilder in 7-8 und 10/2018 zeigen geben. Historisch passender Hin- Beim Arbeitsamt hieß es, das die besondere Skulptur zum 25. Jubiläum tergrund: Der Kurfürst (1573-1623) Höchstalter für Neueinstellungen Foto: : www.biss-magazin.de bat, kein Aufsehen um seine Beer- liege in seiner Branche bei 40. digung zu machen, sondern das Plötzlich war er arbeitslos. Geld den Armen zu geben.

Adamec stand vor dem Die eindrucksvolle Skulptur, beruflichen Nichts. Dann hörte entworfen vom Londoner Künst- er von einer neu gegründeten lerduo Heather Peak und Ivan Mo- Straßenzeitung. Er bewarb sich. rison, soll ein Symbol für Unsicht- Im November 1993 verkaufte er barkeit im öffentlichen Raum sein, seine erste BISS. Aus der ersten ein Dankeschön an die Münchner Zeitung seien mittlerweile mehr und ein Ort der Begegnung mit als eine halbe Million geworden, einem ausführlichen Programm. schätzt er. Dazu gehören Führungen, Begeg- nungen mit BISS-Verkäufern und Adamec hat nie Rentenbeiträge ein Open-Air-Konzert ebenso wie bezahlt, deswegen arbeitet er eine Fotoausstellung. auch mit 81 Jahren noch. Das Sozialamt will er auch im hohen Das Motto „I Will Be With You, Alter nicht in Anspruch nehmen. Whatever“ ist mit Bedacht gewählt: „Ich bezahle alles selber, Essen, Es steht für die Versicherung, dass Miete, Strom.“ Aber Adamec steht man auch in Krisen nicht allein ist nicht nur wegen des Geldes Tag für und zugleich für den Hinweis, dass Tag im zugigen Untergeschoss des soziale Ungerechtigkeit eine Ge- Marienplatzes. Die Anerkennung, sellschaft nicht loslässt. die er erfährt, ist ihm mindestens genauso wichtig. Manche sagen ihm, er sei ein Vorbild. „Das ist wertvoller als Geld.“

Text: Linus Freymark

www.sueddeutsche.de 29. November 2018 Mit freundlicher Genehmigung der Süddeutschen Zeitung 44 Menschen

Eine laute Stimme sein für die Menschen am Rande Georg Falterbaum, der neue Caritas-Direktor, über Wohnungsnot, realistische Forderungen und den langen Weg zwischen Bewusstsein und Umsetzung

Seit Februar 2018 ist Georg Falterbaum Direktor der langjährige Erfahrungen im Sozialdienstmanage- Caritas im Erzbistum München und Freising. Wahr- ment und setzt auf eine fruchtbare Zusammenar- lich ein Spitzenverband mit rund 9.000 Mitarbei- beit mit anderen Einrichtungen. Für den Jahresbe- tenden im eigenen Trägerbereich und etwa 30.000 richt des Haneberghauses hat ihn Clemens Finzer Mitarbeitenden in fachverbandlichen und ange- in seinem Büro nahe des Münchner Hauptbahnhofs schlossenen Bereichen. Falterbaum verfügt über getroffen.

Frage: Sind Sie heute schon einem Falterbaum: Für mich bedeu- die Punkte, die uns besonders be- Obdachlosen begegnet? tet das, dass wir uns öffentlich zu treffen, herauszustellen. Wort melden und Position bezie- Falterbaum: Nein, heute noch hen – für unsere Einrichtungen 2018 machte unsere Jahres- nicht. genauso wie für die Menschen, kampagne „Jeder Mensch braucht die sich nicht artikulieren können ein Zuhause“ auf den Mangel an Frage: Vermissen Sie das? oder die nicht gehört werden. Als bezahlbarem Wohnraum auf- größter Sozialverband in Mün- merksam. In mehreren Aktionen Falterbaum: Jein! Wenn es daran chen und Oberbayern nimmt uns hatten wir die Wohnungsnot, die läge, dass ich keinen Obdachlosen die Öffentlichkeit wahr und die in München und Oberbayern in- sehe, weil es keinen gibt, wäre das Politik sehr ernst. Aber natürlich zwischen auch die Mittelschicht wunderbar. Die andere Seite ist gibt es unterschiedliche Interes- trifft und die Armen verzweifeln natürlich: Obdachlosigkeit gehört sen. Wir werden nicht nachlassen, lässt, angeprangert. Mit mobilen – leider – mit zu dieser ansonsten Zimmern sind wir auf Roadshow wohlhabenden Stadt; ich halte es gegangen. Unsere in Fußgänger- für falsch, dass man mit Vehemenz zonen, auf Stadtteilfesten und öf- versucht, sie zu verstecken. Wo fentlichen Plätzen aufgestellten Georg Falterbaum, 2018 der neue Direktor es Obdachlosigkeit gibt, soll man der Caritas im Erzbistum München und Wohn- und Badezimmer erzeug- sie auch sehen dürfen. Sonst sig- Freising ten hohe Aufmerksamkeit für das nalisiert die Politik ja fälschlicher- Foto: Thomas Klinger/CARITAS München Thema. weise, dass wir dieses Problem Auf große Resonanz stieß auch überhaupt nicht haben. Aber Ob- unsere Postkartenaktion zum dachlosigkeit ist leider ein Fakt in Thema Wohnungsnot: 1.500 Un- dieser Stadt! Wir müssen das Pro- terzeichner forderten Politiker in blem nachhaltig lösen und die Be- Bund, Land und Kommune noch reitschaft der Menschen, Lösun- vor der Landtagswahl zu schnel- gen anzupacken, wächst, wenn sie lem Handeln auf. Unhaltbar ist das Problem wahrnehmen. für uns, dass in München 1.600 Kinder und Jugendliche woh- Frage: Sie haben in einem Inter- nungslos sind. Wohnungslosigkeit view gesagt, dass die Caritas eine für Kinder und Jugendliche stelle „laute Stimme sein möchte für die ich mir besonders dramatisch vor. Menschen am Rande“. Was genau Dagegen etwas zu machen, halte heißt das? ich für vordringlich.

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Frage: Was plant die Caritas dabei Frage: Kann es sein, dass Sie sehr miteinander, das ist schon bemer- konkret? diplomatisch unterwegs sind? kenswert und beeindruckend.

Falterbaum: Wir sind im besten Falterbaum: Ja, damit bin ich Frage: Befürchten Sie Konsequen- Austausch mit dem Haneberg- gut gefahren. Es ist nicht sinn- zen aus den jüngsten kirchlichen haus von Sankt Bonifaz und dem voll, draufzuhauen und zu sagen, Skandalen für diese Arbeit? Katholischen Männerfürsorgever- wir brauchen morgen 10.000 ein, der in diesem Segment stark neue Wohnungen. Das ist unre- Falterbaum: Dass Einrichtungen aufgestellt ist. Es geht um die Ent- alistisch. Die Politik hat es Jahre, wie Sankt Bonifaz oder die der Ca- wicklung der Kinder, die Möglich- Jahrzehnte lang verschlafen, aus- ritas gefährdet sind, glaube ich keit, die Schule besuchen zu kön- reichend Sozialwohnungen zu nicht. Ich könnte mir sogar vor- nen, da muss Wohnraum her. Die bauen. Noch dazu sind 30.000 stellen, dass es genau andershe- Stadt München tut einiges, aber Wohnungen in Bayern leichtfer- rum läuft. Dass im kirchlichen Be- offenbar noch zu wenig, wenn tig verkauft worden. Das aufzuho- reich genau jene Einrichtungen, wir die Ergebnisse nüchtern zur len, das geht nicht von heute auf die den Menschen direkt hel- Kenntnis nehmen. morgen. Daher bitte ich, das nicht fen, einen noch höheren Wert er- als leise Stimme zu werten. Wenn halten als sie ihn ohnehin schon Frage: Warum werden Sie dann Sie ernst genommen werden wol- haben. Wenn man es gesamtge- nicht laut? len mit Forderungen, müssen die sellschaftlich betrachtet, nehmen auch realistisch sein. die Bedarfe und die Bedürftigkeit Falterbaum: Das waren und das ja eher zu. Von daher erwarte ich sind wir. Wir fordern kontinuier- Frage: Wie kann Sankt Bonifaz an- nicht, dass die relevanten Einrich- lich mehr sozialen Wohnungsbau ders helfen als die Caritas? tungen für Menschen, die konkret für München und Oberbayern. etwas bewirken, weniger werden. Wir haben die zuständigen Politi- Falterbaum: Ich kann mich noch Schön wäre natürlich, es bräuchte ker auf Bundes- und Landesebene sehr gut entsinnen, als ich das weder die Obdachlosenhilfe von und auch Oberbürgermeister Rei- erste Mal mit Frater Emmanuel Sankt Bonifaz noch die Caritas. ter angeschrieben. Und jetzt hof- im Haneberghaus war. Meine blei- Dann wäre die Welt in Ordnung, fen wir, dass sich etwas tut. bende Wahrnehmung ist eine be- aber das wird es in absehbarer sondere Herzlichkeit, Wärme und Zeit nicht geben. Frage: Gibt es schon erste Offenheit. Ich war erstaunt, wie Interview: Clemens Finzer, Reaktionen? harmonisch, wie friedlich das Bayerischer Rundfunk Ganze abläuft, beispielsweise in Vorsitzender des Pfarr- Falterbaum: Der lange Weg zwi- der Kleiderkammer. Das beson- gemeinderats St. Bonifaz schen Bewusstsein und Umset- dere Flair, der besondere Umgang zung ist ein Problem. Man kann nicht sagen, von heute auf mor- gen ändert sich das. Die Bekun- Nur ein Ausschnitt der Angebote der Caritas München Foto: www.groeters.de dungen sind eindeutig, viel tun zu wollen – sowohl hier in der Stadt als auch im Land. Jetzt kommt Baurecht dazu, wir erleben das im Münchner Norden: Will man wirk- lich, dass dort gebaut wird? Man- che schon, andere sagen: „Ja, aber nicht hier“! Diese Interessenskon- flikte sind da, die muss man auch ernst nehmen und wir können nicht sagen: Bauen, bauen, bauen.

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„Bezahlbares Wohnen: Jeder Mensch braucht ein Zuhause.“ So lautete nicht nur auf der bundesweiten Ebene, sondern auch in der Erzdiözese München und Freising das Jahresmotto 2018 der Caritas. Aber wer oder was genau ist nochmal die Caritas und wieviele Menschen und Themen stehen dahinter? Georg Falterbaum bei der Aktion „Jeder Mensch braucht ein Zuhause“ 2018 in München

ls Caritas bezeichnet Spitzenverbände der freien Wohl- Falterbaum ist seit Februar 2018 man den Wohlfahrts- fahrtspflege, die in einer Bundes- der Vorsitzende des dreiköpfigen verband der römisch- arbeitsgemeinschaft zusammen- Vorstandes und damit für die Stra- katholischen Kirche in arbeiten. Die Caritas gilt als Zu- tegische Entwicklung, den Spit- ADeutschland, als Deutschen Cari- sammenschluss von 6.450 recht- zenverband und die Kommunika- tasverband e.V. den 1897 gegrün- lich eigenständigen Trägern mit tion zuständig. deten Dachverband der mehr als rund 660.000 Mitarbeitern (das Der Deutsche Caritasverband 900 einzelnen Organisationsein- entspricht > 400.000 Vollzeitstel- organisiert seit 2010 jährliche heiten der sozialen Arbeit, die len) als der größte private Arbeit- Kampagnen und Initiativen zu ver- meist selbst e.V.s sind. geber Deutschlands. schiedenen sozialpolitischen The- men. In 2018 war das Jahresthe- Die Caritas ist einer der sechs Zusätzlich engagieren sich rund ma „Bezahlbares Wohnen: Jeder 500.000 Ehrenamtli- Mensch braucht ein Zuhause.“ Im che in den vielfältigen Rahmen dieser Kampagne wur- Caritas-Einrichtungen den in München und Oberbayern und Projekten, dar- vielfältige Aktionen durchgeführt, unter Krankenhäuser, darunter eine Roadshow, die auf Alten- u. Pflegeheime, die Wohnungsnot aufmerksam Jugendheime, Kinder- macht, und ein Kreativwettbe- gärten, Tagesstätten, werb. Zentrale Fakten zur Woh- Tafeln, Hilfsstationen nungsnot wurden kommuniziert, und zahlreiche ambu- sozialpolitische Positionen der lante Dienste. Caritas formuliert und Caritas- Projekte zum Thema Armut und Der Caritasver- Wohnen vorgestellt . band in der Erzdiözese München und Frei- Doch trotz aller Aktivitäten der 10 Gebote geben sing ist als Träger von Caritas: In München und Oberbay- Wohnungslosigkeit ern wird die Wohnungsnot wohl der Kampagne mehr als 350 eigenen der Katholischen Einrichtungen und noch lange das beherrschende so- Arbeitsgemeinschaft Diensten der größte zialpolitische Thema bleiben. Wohnungslosenhilfe (KAG W) für 2018 Wohlfahrtsverband Text: Vera Schäfer in Oberbayern. Georg (mit wikipedia und caritas.de)

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Nicht jeder bekommt ein Bett Unter der Brücke zur Landshuter Allee haben über Monate Menschen gelebt. Die Stadt hat das Camp geräumt, aber das grundsätzliche Problem ist damit nicht gelöst. Bewohnt werden solche Camps häufig von Menschen aus Osteuropa, die meist keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben.

ahrscheinlich hat es einsehbaren Treiben im Schatten Camps erfahren. Bewohnt werden kaum jemand mitbe- des riesigen Verkehrsknotens, sie vor allem von Osteuropäern, Wkommen. Dass da bald gingen Sozialarbeiter ein zumeist Rumänen und Bulgaren, unter der Brücke zur Landshuter und aus. Bis das Camp schließlich die schon in ihrer Heimat oft am Allee, auf der man so oft im Stau auf Betreiben der Stadt geräumt Rande der Gesellschaft standen, steht, Menschen gewohnt haben. wurde. weil sie Minderheiten angehören. Monatelang, ohne Toiletten, Die Szene ist in starker Bewegung, ohne fließendes Wasser. Dafür Wie das eben so läuft mit hat Sozialreferentin Dorothee inmitten von Abfällen, die sich bei wilden Obdachlosencamps, denn Schiwy beobachtet, immer wieder solchen Camps fast zwangsläufig ein Einzelfall war das Lager am geht es hin und her zwischen den ansammeln, denn natürlich lag Olympiapark keineswegs. 30 bis Heimatorten und München. das illegale Zeltlager an keiner 40 Mal, so schätzt Münchens Route der städtischen Müllabfuhr. Wohnungsamtschef Rudolf Das Problem dieser Klientel: Die Irgendwann erfuhren auch die Stummvoll, werden die Behörden Menschen haben normalerweise Behörden von dem schwer pro Jahr tätig, wenn sie von solchen keinen Anspruch auf Sozial- leistungen. Und damit auch nicht auf eine der Unterkünfte, die das Sozialreferat für Obdachlose bereithält. Lediglich im Winter, wenn im Freien Nächtigende in ernsthafter Gefahr sind, steht ihnen das Kälteschutzprogramm in der Bayernkaserne offen. Eine Gruppe Männer wartet an der Ecke Landwehrstraße/Goethestraße auf Arbeit Ansonsten gilt: Wer über eine Foto: www.abendzeitung.de, Daniel von Loeper Heimatadresse in einem EU-Land verfügt, gilt nicht als wohnungslos. Auch wenn er in Wahrheit unter einer Straßenbrücke am Mittleren Ring nächtigt. Oder zwischen Bahngleisen im Münchner Osten. Oder unter den Isarbrücken. Manchmal auch in einem Auto.

Wie sehr sich die Obdachlosen- szene verändert hat, ist Stummvoll erstmals im kalten Winter 2011/12 so richtig bewusst geworden. Damals seien bei tagelangem Frost obdachlose Menschen aus Osteuropa

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Unter der Reichenbachbrücke nächtigen häufig Menschen aus Osteuropa. Die Stadt duldet solche Lager nicht.

Foto: Robert Haas

aufgefallen, „die wir bislang Langfristig geduldet werden nicht auf dem Schirm hatten“. die Schlaflager zwischen Büschen Plötzlich galt nicht mehr, was eine oder unter Beton trotzdem nicht. jahrelange Münchner Gewissheit „Wir wollen keine verfestigten war: Dass man notfalls jedem Camps in München“, berichtet Obdachlosen ein Bett anbieten Schiwy. Ziel der Sozialarbeit ist kann. Wenn er denn will. Das auf es deshalb auch immer, den die Wintermonate beschränkte Menschen klarzumachen, dass das Kälteschutzprogramm fängt Leben im Camp kein Dauerzustand zumindest die größten Härten auf, sein kann, zumindest nicht in im Sommer aber gibt es für die München. Wenn dann, wie an der zumeist als Tagelöhner angereisten Landshuter Allee, geräumt wird, Menschen aus Osteuropa bis ist immer auch die Polizei vor Ort. heute keine Schlafmöglichkeiten Schon zum Schutz der städtischen in städtischen oder von der Stadt Mitarbeiter. Obwohl das, wie das angemieteten Häusern. Sozialreferat versichert, noch niemals notwendig gewesen ist. Seit 2013 trifft sich alle 14 Tage unter Federführung des WIE DIE STADT KONKRET VORGEHT Sozialreferats die Arbeitsgruppe „Prekäres Wohnen und wildes Angefangen hat es an der Campieren“, an der mehrere Landshuter Allee, wie es immer städtische Referate, die Polizei anfängt, wenn die Stadt von und die Leitung der Streetwork- einem wilden Camp erfährt. Teestube „komm“ beteiligt sind. Zunächst kommen Sozialarbeiter Es ist kein Zufall, dass nicht vorbei und versuchen sich die Ordnungs-, sondern die ein Bild von der Situation zu Sozialbehörde den Ton angibt machen. Zugang zu finden. Wie – zunächst soll die Hilfe im viele Menschen wohnen dort? Vordergrund stehen. Wie sind ihre Lebensumstände?

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Was lässt sich tun, um die Verständigung möglich. Wenn alle Menschen zu unterstützen? Die Angebote fehlschlagen und das Obdachlosen können erfahren, Camp weiter existiert, berät der welche Anlaufstellen und Arbeitskreis über eine Räumung. Hilfsmöglichkeiten es für sie gibt An der Landshuter Allee haben und welche Rechte sie haben. die Experten diesen Schritt empfohlen. Das ist nicht zuletzt bei den prekären Jobs notwendig, die Auch dann aber rückt nicht sie sich manchmal täglich am etwa ein großes Polizeiaufgebot sogenannten „Tagelöhnerstrich“ zu nachtschlafener Stunde im Bahnhofsviertel neu an. Zunächst informieren suchen müssen. Bezahlt wird mehrsprachige Schilder die meistens unter Mindestlohn, Bewohner über das Campier- manchmal aber auch gar nicht. verbot, Ziel ist es noch immer, Sicherheitsvorgaben werden dass das Lager freiwillig missachtet, die Arbeitszeiten aufgelöst wird. Es folgt ein absurd ausgedehnt. „Es gibt Räumungstermin. Und schließlich keine Schäbigkeit, die es nicht die Räumung, bei der Mitarbeiter gibt“, ärgert sich Stummvoll über des Sozial-, Kreisverwaltungs- die Auftraggeber der armen und Baureferats und eben die Osteuropäer. Polizei anwesend sind. Eine Firma entsorgt anschließend den Müll. Zur klassischen Sozialarbeit kommt aber noch etwas hinzu: Auch dem Sozialreferat ist die Aussage „Ihr könnt hier nicht klar, dass die Auflösung der bleiben“. Feste Zeltstädte mit allem Camps keine Lösung darstellt. Drum und Dran, wie etwa in Paris, Klar, manchmal reisen die sind in München unerwünscht. Menschen heim (manche kehren Offiziell ist wildes Campieren dann aber auch wieder zurück), in München verboten, das gilt manche schaffen den Sprung in auch für die Tagelöhner-Lager, ein Arbeiterwohnheim. Einige die es in den unterschiedlichsten gehen aber nur einige hundert Größenordnungen im ganzen Meter weiter und eröffnen Stadtgebiet gibt. dort das nächste Camp. „Wir bringen die Menschen nicht BEI DEN AUFTRAGGEBERN KEINE ins Sozialleistungssystem“, SCHÄBIGKEIT, DIE ES NICHT GIBT sagt Stummvoll. Dass so viele Osteuropäer ihr Glück in München Zur Beratung gehört oft auch suchen, habe einen ganz das Angebot der Stadt, die einfachen Grund: „Das deutliche Heimreise zu finanzieren – und Wohlstandsgefälle“. immer wieder wird das auch Text: Dominik Hutter angenommen. „Wir bauen eine www.sueddeutsche.de Kommunikation auf und helfen“, 28. August 2018 berichtet Schiwy, der Abbau der Mit freundlicher Genehmigung der Schlafstätten solle möglichst im Süddeutschen Zeitung Dialog erreicht werden. Was nicht immer ganz einfach ist, denn ohne Dolmetscher seit oft keine

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Viel Warten und Hoffen

Foto: Privat Öffentliches Armutszeugnis Wohnungslose Roma zeigen in der Ausstellung „Heimat Straße – Menschen in München“ im Foyer von St. Bonifaz ihre akute Not im reichen München auf

Unsere Obdachlosenarbeit erfolgt eit 22 Jahren lebt Pembe hier anzutreffen: An dieser Ecke völlig unabhängig und wird aus- Penka in München, mehr der Münchner Innenstadt stehen schließlich durch Spenden sowie als 15 davon war sie woh- eigentlich immer sogenannte „Ta- die Überschüsse unserer Wirt- nungslos. Jetzt ist sie eine gelöhner“. In München gehören schaftsbetriebe in Andechs finan- Svon denen, die es gut haben. Sie sie fast alle zu der türkischsprachi- ziert. Trotzdem arbeiten wir natür- lebt in einer Unterkunft des Job- gen Roma-Minderheit Bulgariens. lich ständig in enger Kooperation centers, das Zimmer teilt sie sich mit einer ganzen Vielzahl von Or- mit zwei anderen Menschen. Un- Auch Penka stammt ursprüng- ganisationen und Einrichtungen, zufrieden ist sie deshalb nicht. Sie lich aus Bulgarien, ihre Familie lebt die sich der Obdachlosenarbeit in erinnert sich lebhaft daran, wie in Pasardschik. Vor kurzem war sie München verschrieben haben. es früher war, als sie von Wänden dort auf Besuch, dafür hat sie bei und einer Küche träumte. Träu- ihrem Arbeitgeber Urlaub einge- Und weil wir mitten in der Stadt me, die Menschen wie Pembe reicht. Der sollte sogar bezahlt über die entsprechenden Räum- Penka und andere Wohnungslose werden, ein echter Volltreffer. lichkeiten verfügen, finden in St. mit Hilfe von Einwegkameras fest- Bonifaz häufig Veranstaltungen gehalten haben. Das Sozialnetz- Viele bulgarische Migrantinnen statt, die sich im weitesten Sinne werk Regsam zeigt ihre Bilder un- und Migranten in Deutschland mit dem Themenkreis „Armut, Ob- ter dem Titel „Heimat Straße“ in können nur schwarz arbeiten, nur dachlosigkeit, Asyl“ beschäftigen. seiner Reihe „Aktiv gegen Armut“. selten werden sie offiziell ange- Hier stellen wir eine Ausstellung stellt. So sparen sich die Arbeitge- des Sozialnetzwerkes REGSAM Weil sie nicht mehr zur Arbeit ber nicht nur Sozialabgaben, son- vor (siehe S. 53) ebenso wie ein er- gehen darf, steht Penka mit einer dern nehmen den Mitarbeitern stes Vernetzungstreffen der bayeri- Freundin vor einem Laden an der auch fast jede Möglichkeit, sich schen Helferkreise Asyl (s. S. 24). Landwehrstraße, der syrische Sü- und ihre Rechte zu vertreten. ßigkeiten verkauft. Es ist leicht, sie

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PENKA NIMMT ALLE, DIE SICH erfahren“, erklärt sie. Die Leute EINLASSEN, MIT ZU DEN STATIO- erfahren es tatsächlich. In der Per- NEN IHREN TÄGLICHEN LEBENS formance „Tagasyl“ führen Penka und ihre Freunde durch die Stadt. Als die Münchnerin von dem Sie nehmen alle, die sich darauf Familienbesuch in der alten Hei- einlassen möchten, mit zu den mat zurückkehrt, ist ihr Job weg. Stationen ihres täglichen Lebens. Auch das versprochene Urlaubs- Eine solche Station ist die „Schil- geld hat sie bis heute nicht erhal- ler 25“. Hier, bei der „Migrations- ten, viel dagegen unternehmen beratung Wohnungsloser“ an der kann sie nicht. In Bulgarien ist es Ecke Schillerstraße/Landwehr- für Angehörige der türkischspra- straße, müssen sich wohnungslo- chigen Minderheit schwer, eine se Arbeitsmigranten jede Woche Arbeitsstelle zu finden. Behörden einen Wohnberechtigungsschein wie auch potenzielle Arbeitgeber ausstellen lassen, wenn sie in der hegen Vorurteile. Um eine Pers- Bayernkaserne schlafen wollen. pektive zu haben, verlassen vie- le Roma Bulgarien als sogenann- DIE KÜNSTLER KARNIK GREGORI- te Arbeitsmigranten Richtung AN UND BÜLENT KULLUKCU STAT- Deutschland, vor allem München. TEN DIE TAGELÖHNER MIT KAME- Arbeiten dürfen sie aber auch hier RAS AUS selten, täglich hoffen sie auf den Bürgersteigen an der Landwehr- Die frühere militärische Lie- straße auf einen Kurzzeitjob. genschaft an der Heidemannstra- ße ist provisorisches Zuhause für Pembe Penka will nicht mehr viele, die sonst draußen schlafen hinnehmen, dass ihr Arbeitneh- müssten. Bisher nur in den fros- merrechte verwehrt werden. „Sie tigen Nächten von November bis behandeln uns nicht wie Men- April, doch genau das könnte sich schen. Wie mit Tieren gehen sie dank „Tagasyl“ jetzt ändern. Eine mit uns um, das müssen die Leute der Spazierenden auf der ersten

Jobsuche an der Landwehrstraße Foto: Privat

52 Menschen

Tour im Mai 2018 ist Münchens Bayernkaserne unterzukommen, REGSAM ist der Name des Regio- Bürgermeisterin Christine Strobl beispielsweise. Mit einem Wohn- nalen Netzwerkes für Soziale Ar- (SPD). Mit der Armut der bulgari- sitz, den sie bei Jobbewerbungen beit, das in München seit über 25 schen Roma hat sie sich schon zu- angeben könnten, stiegen auch Jahren besteht. Mehr als 3.000 vor beschäftigt. Die akute Not in ihre Chancen auf eine Anstellung. Aktive in 16 Sozialregionen (= 25 ihrer Stadt zu erleben, schockiert Analog, auf Abzügen von Einweg- Stadtbezirken), über alle Institu- die Politikerin dennoch. Eine so kameras, starten diese Forderun- tionen, Träger und Hierarchien der wohlhabende Stadt wie München gen ihre Reise. Am Ende sind sie Zivilgesellschaft hinweg, arbeiten dürfe nicht wegschauen, wenn es wieder analog: auf dem Ausdruck gemeinsam, um die Stadtbewoh- um die Ärmsten gehe, sagt die So- zweier Anträge, eingereicht von ner wirkungsvoll zu unterstützen. zialdemokratin bei der Vernissage CSU und SPD. Sie möchten eine Die Vernetzungsarbeit des kleinen, zu „Heimat Straße“ am Dienstag. Möglichkeit finden, die Bayern- professionellen Teams wird von kaserne das ganze Jahr über für der Stadt München finanziert. Für „Tagasyl“ statten die Künst- Wohnungslose zu öffnen. Im Oktober 2018 organisierte REG- ler Karnik Gregorian und Bülent Text: Jana Sauer SAM eine neuntägige Veranstal- Kullkcu die Tagelöhner mit Einweg- tungsreihe „Aktiv gegen Armut“ kameras aus. Damit dokumentie- www.sueddeutsche.de mit mehr als 20 Events in allen ren die Erzählenden ihren Alltag, 16. Oktober 2018 Mit freundlicher Genehmigung der Stadtteilen, in deren Rahmen auch bebildern sich selbst. Sie wollen Süddeutschen Zeitung diese Ausstellung „Heimat Straße nicht mehr von anderen beschrie- – Menschen in München“ statt- ben werden. In der Ausstellung fand. Vom 16. Okt. - 30. Nov. 2018 fordern sie ein, was sie brauchen. waren in St. Bonifaz Fotos von Plät- Die Möglichkeit, dauerhaft in der zen und Menschen zu sehen, die im Mai 2018 während der mehr- fach durchgeführten Performance „TAGASYL“ entstanden waren. In diesem Projekt des AWO Info- zentrums Migration und Arbeit an Sonnenstraße 12a erzählten Tage- löhner und Wanderarbeiter(innen) aus Süd- und Osteuropa auf einem Der meist beengte Schlafplatz im Versteck Foto: Privat Rundgang durch das Bahnhofs- viertel aus ihrem Leben und gaben sehr persönliche Einblicke in ihre Situation. „Egal wo wir sind, wir werden ver- trieben.“ So lautete die Quintessenz ihres Lebens im reichen München, welche die überwiegend aus Bul- garien und Rumänien stammen- den Arbeitsmigranten zogen. Stän- dig in Angst vor Kontrollen, Kälte und Krankheit zu sein, ist für sie tagtägliche Realität. Für die Teil- nehmer der Rundgänge bei TAG- ASYL war es eine beklemmende Erfahrung.

53 Aktionen

Andrang wie nie – Weihnachtsfest im Haneberghaus Bei unserer traditionellen Weihnachtsfeier konnten an die mehr als 500 Gäste wieder liebevoll gepackte Päckchen verteilt werden, die große Freude machten

Für unsere Weihnachtsfeier im Haneberghaus standen die Gäste vorher in einer langen Schlange an

Foto: St. Bonifaz

in Geschenk verpacken für überwiegend Männer, die in St. weiß, was die Obdachlosen am einen Menschen, den man Bonifaz Hilfe bekommen, sollen nötigsten brauchen – und er weiß nicht kennt? Das erscheint zu Weihnachten beschenkt wer- auch, wie wichtig es ist, dass in zuerst einmal schwierig. den. Eines der Päckchen hat Mat- jedem Päckchen dasselbe drin ist. EDoch wenn es eine genaue Pack- thias gepackt: liste gibt, dann wird es schon ein- „Falsch machen kann man facher. Und trotzdem: man muss „Heuer mache ich das vierte etwas, indem man nicht das rein- sich auf den Weg machen, Dinge Packerl. Das ist eine Sache, die tut, was auf der Liste steht. Weil es aussuchen, entscheiden, kau- kommt so direkt an, zu 100 Pro- wirklich so ist, dass es gleich sein fen und hübsch verpacken. In der zent. Und wenn ich durch Mün- soll, weil sie vergleichen und sen- Pfarrei St. Bonifaz tun das jedes chen geh und rumfröstle, wie geht sibel sind. Alkohol soll keiner rein, Jahr mehrere hundert Menschen. es dann jemandem, der den gan- obwohl sehr viele Alkoholkranke Sie packen ein Weihnachtspäck- zen Tag draußen ist, vielleicht auch dabei sind. Manche, die ein Päck- chen für Obdachlose. die ganze Nacht. Darum macht chen packen, haben sich aufge- mir das Spaß, das Packerl zu ma- regt, dass sie Zigaretten reintun EIN HERZ FÜR OBDACHLOSE chen und dann auch zu überlegen: sollen, müssen, dürfen. Ich sag Freitagmorgen nach dem Ad- welcher Duschmittel-Duft wird immer: Das ist die einzige Mög- ventsgottesdienst an der Pforte dem am besten taugen, oder was lichkeit für manche, einen Luxus- St. Bonifaz im Münchner Stadtteil könnte er noch brauchen?“ artikel zu haben. Eine Schachtel Maxvorstadt. Frater Emmanuel, kostet eh schon 6,50 Euro oder 8 der dort die Obdachlosenhilfe Hinter der Pforte stapeln sich Euro, Zigaretten sind für die Leute, leitet, nimmt Weihnachtspäck- schon die Pakte, alle haben eine die rauchen. Man muss es nicht chen entgegen. Vor sieben Jah- ähnliche Größe. Denn es gibt eine reintun, aber es wäre schön.“ So ren hat er die Aktion „Pakete für genaue Packliste von Frater Em- erklärt Frater Emmanuel die Logik Obdachlose“ ins Leben gerufen. manuel, was drin sein soll. Er der einheitlichen Päckchen. Die Idee: jeder der vielen Gäste,

54 Aktionen

„STILLE NACHT“ IN ZEHN VER- SCHIEDENEN SPRACHEN

Außerdem sollen noch Hygi- eneartikel wie Zahnbürste und Zahncreme, Duschgel, Sham- poo, Süßigkeiten, Schal, Mütze und Handschuhe rein. Und weil schließlich Weihnachten ist, auch eine Kerze und ein Feuerzeug.

„So können die, die vielleicht auf der Straße schlafen, aber auch eine Hartz 4-Empfängerin, die sich so etwas nicht leisten kann, da- Mehr als 500 Päckchen warteten auf die heim auch mal eine Kerze anzün- zahlreichen Gäste unserer Weihnachtsfeier den.“ erklärt Frater Emmanuel. Foto: St. Bonifaz Verteilt werden die Geschenke Vor sieben Jahren begann es mit Päckchen, die bei einer festlichen am ersten Weihnachtsfeier- der Idee, genügend Weihnachts- Feier am ersten Feiertag an die vie- tag. Dann werden im Haneberg- päckchen für unsere pro Tag ca. len Gäste abgegeben werden, die haus von St. Bonifaz die Kerzen 250 Gäste zu erbitten. Inzwischen an diesem besonderen Tag kom- am Christbaum angezündet und packen zahlreiche Gemeindemit- men. Sie erhalten ein gutes Mahl „Stille Nacht“ gesungen – in min- glieder von St. Bonifaz und un- und es wird gesungen, so dass auch destens zehn verschiedenen sere Freunde aus Maitenbeth, aber bei denen ein wenig Weihnachts- Sprachen. auch immer wieder Kindergarten- stimmung aufkommt, die danach kinder und Mitarbeiter von Unter- wieder raus auf die Straße müssen, „Es ist Wahnsinn, was das bei nehmen jedes Jahr mehr als 500 weil sie ohne Obdach sind. Erwachsenen noch auslösen kann. Da steigt die psychische Anspan- nung, bei vielen steigt der Alko- Aus der Gemeinde Maitenbeth bei Haag in Oberbayern kamen auch heuer wieder 200 liebevoll gepackte Weihnachtspäckchen holpegel, da gibt es Aggressivität, Foto: Richterstetter es wird viel geweint. Viele haben Familien, zu denen sie nicht zu- rückkönnen, Familien, die sie nicht mehr wollen.“ so Frater Emmanuel

Wer Lust hat, ein Päckchen zu packen, der kann das noch tun. Bis zum 24. Dezember kann es an der Pforte von St. Bonifaz abgege- ben werden. Auf der Homepage der Pfarrei St. Bonifaz finden Sie die genaue Packliste.

Text: Elisabeth Tyroller www.br.de 19. Dezember 2017

55 Aktionen

Hier eine Auswahl der vielfältigen Aktionen, die uns 2018 unterstützt haben. Wir danken von Herzen dafür! Juge Leute haben sich auch in diesem Jahr Geldspenden von ganz verschiedenen Gruppen wieder sehr für unsere Arbeit interessiert. stärkten unsere Obdachlosenarbeit.

us der Imma- AMack-Realschule in Eching, einer staat- lichen Realschule mit dem Schulprofil „In- klusion“, besuchte uns einer Gruppe von Schülern und erfuhr von Frater Emmanuel viel über unsere Ar- beit für Obdachlose.

chüler der Klasse ber 13.000 Euro S8d des Rupprecht- Übekamen wir 2018 Gymnasiums in Mün- von der Münchner In- chen-Neuhausen itiative „Hilf Mahl“, besuchten die Ob- die im Winter Gäste dachlosenhilfe und in inzwischen 30 Re- ließen sich von un- staurants bittet, einen serer Arbeit berich- Euro auf ihre Rech- ten. Später engagier- nung zu addieren, der ten sie sich mit einer zu 100% bei den Ob- Spende für unsere Ar- dachlosen ihrer Stadt beit. Herzlichen Dank! ankommt. 1000 Dank!

m 8. Mai 2018 be- Asuchte eine inter- essierte Gruppe von Stipendiaten aus aller Welt das Haneberg- haus und informierte sich über die Arbeit. Organisiert hatte den Besuch die Brücke, Beratungsstelle für in- ternationale Studie- rende an der LMU.

56 Aktionen

Hier eine Auswahl der vielfältigen Aktionen, die uns 2018 unterstützt haben. Wir danken von Herzen dafür! Geldspenden von ganz verschiedenen Gruppen Sachspenden waren auch diesmal wieder eine stärkten unsere Obdachlosenarbeit. wichtige Ergänzung und Unterstützung.

chafkopfschule chon zum wieder- Se.V. heißt der Sholten Male hat Verein, der in Mün- das Haneberghaus chen Schafkopfen als im Advent eine Stol- Mannschaftssport be- lenspende der Bäc- treibt und unsere Ar- kerinnung München/ beit 2018 mit einer Freising überreicht Spende in Höhe von bekommen, hier Fr. Euro 500 unterstützte. Emmanuel mit den Von Herzen Dank Obermeistern Traub- dafür an alle Kartler! linger und Hoffmann. Herzlichen Dank!

om Ehepaar von VVogelsang des Hilfswerks Liechten- stein bekam das Ha- neberghaus in 2018 umfangreiche Kleider- pakete, die Pater Ul- rich bei einem Besuch gerne entgegennahm, wobei man sich ge- genseitig über die Ar- beit informierte.

.000 Euro erhielt die Ob- uch 2018 bot 3dachlosenhilfe auch 2018 Adie Firma Globe- wieder vom Rudolph Moos- trotter ihren Kunden hammer Lichtblick für Ob- wieder an, saubere, dachlose e.V., welcher vom noch funktionstüch- 2005 verstorbenen Münch- tige Schlafsäcke gegen ner Original gegründet wor- einen Rabattgutschein den war. Dank dafür! An von 10% für den Kauf Moosis Todestag am 14. Ja- eines neuen zu spen- nuar fand ebenfalls wieder den. Danke für die in eine Gedenkmesse in unse- München gespende- rer Hauskaptelle statt. ten Schlafsäcke!

57 Aktionen

Die (Wieder-)Entdeckung der Armut? Im Rahmenprogramm des 10. Festivals „Politik im Freien Theater“ zum Thema „Reich“ fand ein Diskussionsabend in St. Bonifaz statt

ie 10. Ausgabe des Festi- Unter dem Motto „Reich“ vals „Politik im Freien Thea- setzte sich die Münchner Ausgabe Dter“, eines der wichtigsten des Festivals mit Fragen nach wirt- Theatertreffen der Freien Szene, schaftlichen, kulturellen und so- fand vom 1.-11. November 2018 zialen Ungleichheiten auseinan- in München statt. Alle drei Jahre der und versuchte zu beleuchten, veranstaltet die Bundeszentrale warum die Schere zwischen „arm“ für politische Bildung/bpb die- und „reich“ sich im lokalen, na- ses Festival jeweils in Kooperation tionalen und globalen Maßstab mit einem städtischen oder staat- immer weiter öffnet. Das Rah- lichen Theater und einem Akteur menprogramm wandte sich ge- der Freien Szene, diesmal mit den meinsam mit zahlreichen Koope- Münchner Kammerspielen und rationspartnern und vielfältigen dem Spielmotor München e.V. Das Angeboten an ganz verschiedene Festival will ein Spiegel der politi- Zielgruppen und setzte dabei vor schen und gesellschaftlichen Lage allem auf innovative Formate sein und zugleich Überblick bieten Im Gemeindezentrum von St. über aktuelle Theaterästhetiken. Bonifaz fand am 9. November 15 innovative, interdiszipli- 2018 ein Diskussionsabend unter näre und genreübergreifende dem Thema „Die (Wieder-)Ent- Gastspiele der freien deutsch- deckung der Armut“ statt, der im sprachigen und internationalen Gespräch mit drei Wissenschaft- Theaterszene standen im Fokus lern klären sollte, in welcher Be- des Programms und wurden von ziehung die Kirche heute zu wirt- einem breit gefächerten Rahmen- schaftlichen Entwicklungen, zu programm ergänzt. Fragen nach Reichtum, Armut und globaler Ungleichheit steht. Ob es die Vielfalt der Angebote im Rahmen(programm) des Festivals und außerhalb war oder Mün- chen vielleicht nicht so ein diskus- sionsfreudiger Ort für selbstkriti- sche Themen ist wie bei früheren Festivals Berlin, Hamburg oder Köln – an diesem Abend hatten sich leider nur wenige Teilnehmer eingefunden, um zu debattieren. Schade, denn der Blickwinkel „aus dem Haneberghaus“ hierzu wäre für viele interessant gewesen. Text: Vera Schäfer mit Material des 10. Festivals

58 Aktionen

Ihre Aktionen können uns wirkungsvoll unterstützen Ob anlässlich von Geburtstag oder Trauerfall – Ihre Anlass- oder Gedenk- spende kann zu einer wichtigen Aktion für unsere Obdachlosenhilfe werden

achleute sagen: Noch nie in Hier kommt die sogenannte der Geschichte hat sich die „Gedenkspende“ ins Spiel, eigent- Bestattungskultur in unse- lich eine Anlassspende (s. links) rem Land in so kurzer Zeit im Trauerfall, bei der die Angehö- Fso drastisch verändert wie in den rigen bitten, im Gedenken an den ls Anlasspende werden alle letzten 30 Jahren. Das hat mit der Verstorbenen anderen zu helfen, Spendenvorgänge bezeich- Liberalisierung der Bestattungsge- die dringend Hilfe benötigen. An- net, die aufgrund eines be- setze zu tun, aber auch mit der zu- stelle von Kränzen und Blumen, A nehmenden Abwendung von der die schnell vergehen, lieber um stimmten Anlasses getätigt - wer den. Auf diesen Anlass macht christlichen Bestattungskultur und Spenden zu bitten, ist daher eine eine Person aufmerksam und bit- der Individualisierung in unserer schöne und tröstende Geste, mit tet gleichzeitig um eine Spende Gesellschaft. Mehr als je zuvor be- der oft auch ein Wunsch für einen dabei benannten Spen- stimmt heute der Markt die- Be des Verstorbenen erfüllt wird. denzweck, der zumeist in der Un- stattungskultur und die Vielfalt terstützung einer Non-Profit-Or- der Gestaltungsmöglichkeiten er- Viele gemeinnützige Organisa- ganisation (NPO) besteht. Die scheint schier grenzenlos. tionen bitten aktiv darum, Anlass- häufigsten Anlässe für eine solche oder Gedenkspenden für ihren Spendenbitte sind ein Geburtstag, Aber auch wenn sich das Be- guten Zweck zu erwägen. Auch für eine Hochzeit, ein Jubiläum oder stattungsverhalten in den- un uns sind sie eine wichtige Quelle, ein Trauerfall. Es kann sich aber terschiedlichen „Milieus“ in der um die Obdachlosenarbeit in St. auch um eine Feier aus sonstigem Bevölkerung, zwischen Einkom- Bonifaz für jeden anbieten zu kön- Anlass handeln. mensklassen sowie Menschen in nen, der zu uns kommt: Ohne Vor- Text: www.fundraising-wiki.de der Stadt und auf dem Land zu- aussetzungen und Bedingungen. nehmend unterscheidet und die Jeden Tag im Jahr. Erinnerungskultur immer neue Formen annimmt, bleibt eine Wir danken Ihnen daher sehr, Grundfrage: Wie angesichts von wenn Sie die Bonifatius-Hane- Krankheit oder Unglück und Tod berg-Stiftung zugunsten unserer eines geliebten Menschen Sinn fin- Obdachlosenhilfe bei Ihren Pla- den und Zuversicht, dass das irdi- nungen bedenken (s. S. 34). sche Leben irgendwie weitergeht? Text: Vera Schäfer

59 Presseecho

Der Besuch von Ministerpräsident Söder bei uns hatte ein großes Medienecho – hier eine Auswahl

Neue Passauer Presse, 27. Juli 2018

Mittelbayerische Zeitung, 27. Juli 2018

Abendzeitung, 27. Juli 2018 60 Presseecho

Obermain-Tagblatt, 27. Juli 2018

Neue Passauer Presse, 27. Juli 2018 tz, 27. Juli 2018

Münchner Wochenanzeiger, 19. Dezember 2018 61 Presseecho

62 Presseecho

IfR, Informationen für den Religionsunterricht. Nr. 79, September 2018

63 Statistik

Arztpraxis: Hohes Niveau – Struktur weiter verändert In 2018 knapp 4.000 Behandlungen an fast 1.400 Patienten – 82,0% sind Männer, der überwiegende Anteil zwischen 40 und 60 Jahre alt

, Anzahl der Patienten: 1.394 Anzahl der Behandlungen: 3.976 Entwicklung Die Gesamtzahl der Patienten liegt Geschlecht 6,6% unter dem Niveau des Vorjahres, die der Behandlungen 3,6% niedriger, dadurch hat sich die Lage ein wenig entspannt. 18,0% Aber immer wieder müssen wir Patienten an andere Stellen der medizinischen Versorgung Männer weiterverweisen. Frauen In 2018 waren 18% unserer 82,0% Patienten Frauen. Die Patienten kommen aus allen Altersgruppen, der Schwerpunkt liegt aber zwischen 40 und 60 Jahren.

Altersverteilung

Anzahl 550 Patienten 450 398 390

350

250 206 199

150 102 69 50 28 2

0-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 >70 -50

Freundliche Stimmung n unserer Arztpraxis

Foto: Bommi Schwierz

64 Statistik

Aktuell leben 53% unserer Patienten auf der Straße, 47% sind ohne Krankenversicherung und 66% kommen aus dem Ausland

Unterkunftsstatus

Haben Schlaf- gelegenheit 45,3% 54,7% Leben auf derr Straße

Versicherungsstatus

Mit Kranken- versicherung oder 47,6% durch Sozialamt 52,4% Nicht versichert

Staatsangehörigkeit

31,3%

Deutschland

Andere Länder

68,7%

Foto: Bommi Schwierz

65 Statistik

Der Trend setzt sich fort: Noch mehr Patienten ohne Obdach, ein höherer Anteil als je zuvor unversichert und immer mehr aus anderen Ländern

Entwicklung Unterkunftsstatus Entwicklung

100% Auch in diesem Jahr gilt: 90% 17% Ein Blick auf die drei Merkmale 25% 22% 25% 27% 30% 29% Unterkunft, Versicherungsstatus und 80% 41% 45% 53% 53% 52% 70% 55% Staatsangehörigkeit im Zeitverlauf 60% verdeutlicht, wie sehr die Struktur 50% unserer Gäste sich über die Jahre 40% 83% 78% verändert hat. 70% 75% 75% 71% 73% 30% 59% 55% 2018 lebten 55% unserer Patienten auf 47% 47% 48% 20% 45% der Straße, waren 52% von ihnen ohne 10% Versicherung und noch nie waren so 0% viele, nämlich 69% nicht-deutscher 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Herkunft. Bett Straße Diese tiefgreifende Veränderung der Struktur unserer Gäste während der vergangenen Jahre ist zum Großteil Entwicklung Versicherungsstatus auf Zuwanderer aus Süd-Osteueropa

2000 zurückzuführen, aber zunehmend auch

1800 auf Menschen, deren Heimat außerhalb von Europa liegt. 1600

1400 Wir sind und bleiben als eine erste

1.100 952 1200 1.046 Anlaufstelle, welche an ihre Gäste 1.405 703 845 1.363 1.279 1.186 663 keinerlei Bedingungen stellt, in einer 1000 1.412 1.407 1.147 1.313 so wohlhabenden Stadt wie München 800 886 1.031 960 an der vordersten Front internationaler 600 655 gesellschaftlicher Veränderungen. 796 400 789 731 708 691 657 470 200 441 404 317 336 375 272 257 249 297 176 208 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

nicht versichert versichert

Entwicklung Staatsangehörigkeit

100% 90% 25% 27% 27% 31% 33% 33% 80% 40% 50% 55% 70% 62% 63% 64% 69% 60% 50% 40% 75% 73% 73% 69% 67% 67% 30% 60% 50% 45% 20% 38% 37% 36% 31% 10% 0% Ø 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 zuvor

Ausland Deutschland Ausland

66 Statistik

Wie immer Schwerpunkt bei inneren Krankheiten, Haut-, chirurgischen und Suchtthemen, zudem psychische und neurologische Probleme sowie HNO

Diagnosestatistik 2018 Anzahl

Innere Krankheiten 1.465

Herz-Kreislauf, Blut 388 Diabetes, Fett, Gicht 224 Lunge 175 Infektionskrankh., Grippe 171 Magen, Darm 150 Leber, Galle, Pankreas 120 Adipositas 79 Schilddrüse 54 Niere 51 Onkologisch 29 Rheumatisch 24

Hautkrankheiten 473 Chirurgische Krankheiten 353 Sucht 267 Psychisch 132 HNO 100 Neurologisch 81 Augenerkrankung 53 Urologisch 43 Kopfschmerzen 35 Zahnprobleme 27 Gynäkologisch 19

Unsere langjährige Leiterin Dr. Irene Frey-Mann Pflegeversorgung besonders an den Füßen Foto: Margret Paal Foto: Bommi Schwierz

67 Statistik

Aber auch ein breites Spektrum von Pflegemaßnahmen spielt in der Arztpraxis des Haneberghauses eine wichtige Rolle

Pflegestatistik 2018 Anzahl

Fälle Pflegeversorgung 421 Große Wundbehandlung 214 Kleine Wundbehandlung 293

Einreibung 308 Fußpilzbehandlung 133 Kompressionsverband 98 Handbad 1 Fußbad 229 Fußpflege 95 Unterschenkelbad 1 Vollbad selbstständig 0 Vollbad mit Hilfe 0 Hilfe beim An- und Ausziehen 9 Entlausung 11 Krätze-Behandlung 5 Haare waschen 7 Haare schneiden 3 Bart schneiden 0 Rasur 0 Kleider richten, auch für KH 73 Socken 212 Schuhe 66 Brille 19 Medikamente richten 370 Entwurmung 0 Ohrspülung 5

Behandlungsort außer Haus 6

Besuch im KH, Altenheim u.a. 0 Besuch „zu Hause“ 0 Suchen auf der Straße 0 Telefongespräch in KH u.a. 0 Verbandmaterial mitgegeben 6

Impressionen aus der Arztpraxis im Haneberghaus Fotos: Bommi Schwierz

68 Statistik

Sozialberatung zeigt Fluktuation und große Vielfalt Auch in diesem Jahr gilt: Die Gäste, die Sozialberatung suchen, werden immer internationaler und auch jünger. Und immer mehr sind obdachlos.

2018 Anteil Verände- Anmerkungen absolut in % rung gegen-

über 2017 Postadresse Aufgrund der Vorgaben Anzahl beratener Gäste 1.045 + 1,3% des Jobcenters München werden Privatadressen Zugänge + 248 bei anderen Personen Abgänge – 245 nicht als Postadressen Kontoliste 93 – 1,1% akzeptiert. Dies führt dazu, dass auch Personen, die im Nationalität eigentlichen Sinne nicht akut wohnungslos sind, in Deutsch 437 41,8 +/– 0% unserer Einrichtung eine EU, Mittel-/Osteuropa 285 27,3 – 1,0% Postadresse haben. davon Bulgarien 58 Unterkunftsstatus Ungarn 56 Unter ‚unklar‘ sind alle Rumänien 54 Personen aufgeführt, über die aufgrund von Polen 50 Sprachproblemen, Kroatien 43 wechselnder Unter- Sonstige 27 kunftssituation oder mangelndem Informations- Sonstige EU 49 4,7 – 7,6% stand keine eindeutigen Außerhalb EU 274 26,2 + 7,9% aktuellen Aussagen getroffen werden können. Unterbringungen 13 Unterkunftsstatus Mit Unterkunft 299 28,6 – 9,1% Überwiegend obdachlos 463 44,3 +12,9% Unterkunftsstatus unklar 283 27,1 – 3,4% Altersstrukur bis 25 68 6,5 + 9,7% 26 - 35 223 21,3 + 6,7% 36 - 50 348 33,3 – 4,9% 51 - 60 250 23,9 + 2,5% ab 61 156 14,9 + 3,3% Geschlecht Sozialarbeiter Robert Greiner, Männlich 850 81,3 + 1,9% zugleich vertretende Hausleitung, Weiblich 195 18,7 – 1,5% bei einer Sozialberatung

Bemerkungen zur Statistik des Sozialdienstes • Nur ein kleiner Teil der Besucher des Haneberghauses (< 20%) will eine Sozialberatung. • In dieser Statistik ist daher nur enthalten, wessen Grunddaten erfasst wurden, weil er beim Sozialdienst zur Beratung war. • Im Servicebereich des Haneberghauses (Essen, Bäder, Kleiderkammer) liegt der Anteil von Gästen aus dem Ausland, v. a. aus (Süd-)Osteuropa, erheblich höher, vermutlich bei etwa 80%.

69 Werbung

70 Impressum

Impressum

Das Haneberghaus ist eine Einrichtung der Benediktinerabtei St. Bonifaz Karlstr. 34, 80333 München Tel. 089/55 171 – 300 Fax 089/55 171 – 302 E-Mail: [email protected] Homepage: www.sankt-bonifaz.de Herausgeber Benediktinerabtei St. Bonifaz Vertreten durch Frater Prior Emmanuel Rotter OSB Redaktion und Layout Frater Prior Emmanuel Rotter OSB Dr. Vera Schäfer Artikel aus der Süddeutschen Zeitung © Süddeutsche Zeitung GmbH, München. Mit freundlicher Genehmigung von Süddeutsche Zeitung Content (www.sz-content.de) und Süddeutsche Zeitung Photo (www.sz-photo.de) Unser besonderer Dank gilt Allen Autoren sowie für den Druck: Agentur Beckenbauer mit F & W Mediencenter Finanzielle Unterstützung, die natürlich steuerlich abzugsfähig ist, erbitten wir auf das Spendenkonto Liga-Bank eG München Konto Nr. 22 14 300 BLZ 750 903 00 IBAN DE94 7509 0300 0002 2143 00 BIC GENODEF1M05 Kennwort OFW (ohne festen Wohnsitz) + Kontoinhaber-/Adressinformationen für Zuwendungsbestätigung

Öffnungszeiten des Haneberghauses Pforte des Haneberghauses Täglich 7 – 15 h Speisesaal Täglich 7 – 12.30 h Ausgabe warmes Essen Täglich 8 – 10 h Kleiderausgabe* Mo/Di/Do/Fr 8.00 – 11.40 h Bäderabteilung* Mo/Di/Do/Fr 8.30 – 11.40 h Arztpraxis* Mo/Di/Do/Fr 8.30 – 11.30 h Sozialdienst/-beratung* Mo – Fr 7 – 15 h

* = außer an Feiertagen

71 Wir haben keine Vorschriften zu machen, sondern Türen aufzutun.

Frater Prior Emmanuel Rotter OSB

Obdachlosenhilfe im Haneberghaus Benediktinerabtei St. Bonifaz Karlstr. 34 80333 München Tel. 089 /55171 – 300 [email protected] www.sankt-bonifaz.de

Kath.-von-Bora-Str.