Chronik 2000

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Chronik 2000 CHRONIK 2000 1 Inhalt Vorwort 3 Katholische Kirche und Zwangsarbeit 144 Abschied von Akademiedirektor Dr. Gebhard Fürst 4 Aleksandr-Men-Preis 2000 an Michail Gorbatschow 146 Weihe der Kapelle im Tagungszentrum Stuttgart- Dialog – auch im Spannungsfeld von Kirche und Hohenheim 154 zeitgenössischer Musik 18 Ausloberpreis der Architektenkammer Baden- Württemberg 156 Berichte von Tagungen nach Themenbereichen 24 Sommerfest Hohenheim – EXPO 2000: Weltverantwortung in den Religionen – Dem Akademiefest Weingarten 160 (verlorenen) Sinn auf der Spur – Kampf ums Überleben Silvesterparty in Weingarten 164 oder schöpferische Entwicklung – Die Gottesfrage in christlicher und jüdischer Perspektive – Der Jude Jesus Publikationen aus dem Jahr 2000 166 und die Heiden – Trösten lernen? – Religiöse Erziehung in der Schule – Der Markt der Esoterik heute – Jud Süß: Kuratorium – Liste der Kuratoriumsmitglieder 168 Ein Fall und seine Deutungen – Nietzsche: Kritiker und Prophet für Christen heute? – Das verborgene Bauwerk Akademieverein 170 der Seele – Philosophische Sommerwoche – Gewalt: He- rausforderung des Verstehens – Die verschwiegene Lo- Spenderinnen und Spender 176 gik der Gesten – Projekt Werte Bilden Leben – Klio macht Schule – Der deutsche Katholizismus an der Jahrhundert- Kooperationspartner und Vernetzungen 178 wende 1900 – Meister Eckhart – Mirakel im Mittelalter – Historische Kriminalitätsforschung in der Vormoderne – Mitgliedschaften der Akademie 181 Barocke Frömmigkeit in Oberschwaben – Aschermitt- woch der Künstlerinnen und Künstler – Vernissagen – Katholische Akademien in Deutschland 182 Programm im Gespräch: Politik im Fernsehen – 23. Stutt- garter Tage der Medienpädagogik – 21. Hohenheimer Me- Veranstaltungsübersicht diengespräch – Weingartener Lateinamerikagespräche – – Offene Tagungen 188 Ravensburger Waaghausgespräche – Was macht den – Fachtagungen 193 Mann zum Mann? – Soziale Benachteiligung und Aus- – Abendveranstaltungen 210 grenzung in Deutschland – Wandel der Erwerbsarbeit in – Feste 212 der Informations- und Wissensgesellschaft – Soziale – Vernissagen 213 Grundrechte in der Europäischen Union – Europa braucht – Gastveranstaltungen 214 Einwanderer – Hohenheimer Tage zum Ausländerrecht Statistik 218 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Akademie 220 Impressum 224 2 Die Akademie im Jahr 2000: Aufbruch und Abschied Wohl nie im Leben unserer Akademie lagen Aufbruch und Abschied so dicht beieinander wie in ihrem 49. Jahr. Ein merk-würdiges Jahr ohnehin: den einen der Beginn eines neuen Jahrtausends/Jahrhunderts, den präziseren Rech- nern das letzte der sich verabschiedenden, den in biblischen Mustern Denkenden das Sieben-mal-siebte unserer Einrichtung. Von glücklichem „Aufbruch“ zunächst Am 1. Januar 2000 konnte die Akademie den Betrieb ihres erweiterten Tagungszentrums Stuttgart-Hohenheim auf- nehmen, zum lange angepeilten Stichtag also. Seitdem steht uns in Hohenheim effektiv zur Verfügung, was auf vielen Seiten vorangegangener Jahres-Chroniken als Hoffnung, als Vorhaben, in Plänen und Bildern und in Berichten über schrittweise Realisierung festgehalten ist. Parallel dazu konnten wir im Tagungshaus Weingarten den Ausbau des Gästehauses zum gelungenen Abschluss bringen. Bräuchte es einer Bestätigung für die Richtigkeit beider Bauvorha- ben: der Zuspruch von außen und die steil gestiegenen Belegungszahlen wären Beweis genug! Dass beide Bauvorha- ben im Wesentlichen „unter Betrieb“ vor sich gingen und der erweiterte Tagungsbetrieb in Hohenheim im ersten Jahr ohne Aufstockung des Personals zu bewältigen war, verdient besondere Erwähnung und verdient ganz besonderen Dank an die Betroffenen! „Fit für die Zukunft“ sollten diese „äußeren“ Maßnahmen ihrer Absicht nach die Akademie machen, und so dürfte es – von manchen Details, wie üblich, abgesehen – wohl auch sein. Was sich in diesem Jahr 2000 in den alten und neuen Räumen an „Dialog und Gastfreundschaft“ vollzog, findet sich im Detail (wenn auch nicht in allen Details) auf den folgenden Seiten verzeichnet. Darunter Veranstaltungen im Rahmen unseres speziellen Jahresprogramms 2000plus – Zukunftsthemen für das 21. Jahrhundert ebenso wie Tagungen, die sich mehrheitlich in andere(n) Rahmen einfügten und unabhängig von der Zählung der Jahre und Jahrhunderte schlicht an der Tagesordnung waren. Trotzdem war in allem irgendwie der nahende Abschied von einem Jahrhundert fühlbar, in dessen Mitte (1951) unsere Akademie gegründet wurde, der Abschied von einem Jahrhundert, in dem – nach den schlimmen Erfahrungen in seiner ersten Hälfte – der vermeint- lich historisch sedimentierte Akademie-Gedanke in überraschender Variation und in bis dato ungekannter Realisie- rung sich neu Bahn gebrochen hatte. Und nicht zuletzt deshalb richtete sich der Blick bereits stark nach „vorne“: auf das 50-jährige Jubiläum unserer Gründung im Jahr 2001 und auf die überschaubaren Herausforderungen der unmit- telbaren Zukunft. Abschied von einer Ära Nichts deutete bis zur Jahresmitte darauf hin, dass davor noch ein sehr konkreter Abschied zu vollziehen wäre: der von unserem langjährigen Akademiedirektor Dr. Gebhard Fürst. Am 27. Juni zum Bischof der Diözese Rottenburg- Stuttgart gewählt und am 7. Juli bestätigt und der Öffentlichkeit vorgestellt, schied er am Tag seiner Bischofsweihe, 17. September 2000, von der Akademie, die er seit 1. Juni 1986 geleitet hatte. Die mehr als 14 Jahre seines Wirkens bezeichnen eine „Ära“, deren bescheidene Würdigung in dieser Chronik endlich jene Stelle findet, die ihr im öffentli- chen Wort a parte academiae aus Mangel an Gelegenheit bisher versagt geblieben war. Dr. Abraham Peter Kustermann Kommissarischer Akademiedirektor 3 konstruktiven Dialog und die sachliche Auseinanderset- Auf Augenhöhe mit zung aus christlicher begründeter Position und Reflexi- on heraus. Sein Ziel war, mit der Akademie auf Augenhö- Zeit und Gesellschaft he mit Zeit und Gesellschaft zu bleiben: mit der Akade- mie und ihrer Arbeit in der, für die und als Kirche. Gebhard Fürst ist es wie nie zuvor gelungen, den Multi- Gebhard Fürst hat das Profil der Akademie als dia- plikatoren in Gesellschaft, Kirche, Politik, Wirtschaft und logorientierte „Kulturstation“ nachhaltig geschärft Wissenschaft die Akademie als Forum des offenen Ge- sprächs zu vermitteln und sie die Kirche als Raum aktu- Verwurzelt im Glauben an Gott, den Liebhaber des Le- eller und kompetenter geistiger Auseinandersetzung bens, und gebunden an eine christliche Identität im In- erleben zu lassen. Die Kirche brauche neben „Sozialsta- teresse des ganzheitlichen Gelingens der menschlichen tionen“ fraglos auch „Kulturstationen“, argumentierte Person im Kontext von Gesellschaft und Umwelt, ver- er 1997 (1999 verstärkt nochmals in einem Interview mit sucht die Akademie bewusst und mit Sensibilität redli- der Herder-Korrespondenz) und löste damit großes Echo che Zeitgenossenschaft zu praktizieren, indem sie An- aus, dem ebenso respektvolle Anerkennung seines „Mo- teil nimmt an dem, was sich „in der Zeit“ vollzieht und dells“ von Akademiearbeit anzuhören war. vorbereitet (Gebhard Fürst, 1991). Neue Felder betreten 14 Jahre unter den Augen der Öffentlichkeit an einem Hier sei jedem Ehrgeiz gewehrt, „Geschichte schreiben“ vorgeschobenen Ort des Denkens und Sprechens. 14 zu wollen: die Geschichte eines Direktorats, die Geschich- Jahre „zwischen“ christlicher Botschaft und vielen Fa- te von ungefähr zwei Siebteln der Geschichte der Aka- cetten weltlicher Realität. 14 Jahre in Verantwortung für demie insgesamt. Nur „Tupfer“ sind denkbar – Tupfer, eine katholische Akademie, jenseits von „akademischer“ die wenigstens exemplarisch von dem sprechen wollen, Distanz zu den Dingen. was in einer wirklichen Bilanz breiter darzulegen wäre. Vielfältige Begegnungen und Auseinandersetzungen Vorwiegend schöne Geschichten wären zu schreiben haben in jedem Fall die gut 14 Jahre geprägt, in denen jedenfalls! Ähnlich der Ton, der bekanntlich die Musik Dr. theol. Gebhard Fürst die Akademie der Diözese Rot- macht: Wer die chromatischen Tutti vermisst, soll doch tenburg-Stuttgart als Direktor leitete. Damit hat der Theo- den Cantus firmus nicht und nicht die über ihn gebau- loge, Priester und heutige Bischof von Rottenburg-Stutt- ten Harmonien überhören! Denn ein freundliches Ständ- gart die seit Gründung der Akademie und damit seit den chen ist darzubringen! Tagen ihres ersten Direktors Prof. Dr. Alfons Auer unter Gebhard Fürst war angetreten in der erklärten Absicht wechselnden Stichworten gepflegte Tradition von Dia- auf „zeitgemäße Erneuerung der originären Ideen“. Als log und Gastfreundschaft, redlicher Zeitgenossenschaft, Schwerpunkte seiner eigenen Tagungsarbeit hatte er der Begegnung von Kirche und Welt fortgeführt und ihr ausgewiesen: Aktuelle Fragen von Christentum und Kir- dialogisches Profil nachhaltig geschärft. Das für die Fest- che in moderner Gesellschaft – Hermeneutik der Bibel veranstaltung zum 40-jährigen Bestehen der Akademie und die Bedeutung des Wortes Gottes für Kirche, Gesell- 1991 gewählte Thema „Dialog als Bedingung der diffe- schaft und Kultur – Reflexion auf das Selbstverständnis renzierten Gesellschaft“ spricht für sich – und muss für der Akademie. vieles sprechen, was in einer gerafften Würdigung des Das Bemühen, den Dialog stets auf der Ballhöhe des in- nun erledigten Direktorats hier nicht im Einzelnen be- terdisziplinären geistigen Treibens zu halten, führte un- rührt werden kann. ter seiner Leitung immer wieder zu neuen Themenfel- Dabei ging es Gebhard Fürst nie um ein Offensein nach dern, die in den Tagungshäusern Stuttgart-Hohenheim allen
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