das archiv der arbeiterjugendbewegung jahrestage · berichte ·Rezensionen • sammelt und bewahrt Quellen zur Geschichte neues archivteam der Arbeiterjugendbewegung aus mehr als 100 Jahren • es stellt sie der Öffentlichkeit zu Forschungszwecken zur Verfügung • und beteiligt sich selbst an der Aufarbeitung der Geschichte. 2013 Der Förderkreis ›D okumentation der Arbeiterjugendbewegung ‹ …

• unterstützt die Arbeit des Archivs finanziell • er beteiligt sich an der Erforschung der Geschichte der Arbeiterjugendbewegung durch eigene Tagungen und Veröffentlichungen Archiv der Arbeiterjugendbewegung Das Archiv der Arbeiterjugendbewegung ist auf die Unterstützung des Förderkreises angewiesen – und der Förderkreis auf seine Mitglieder! Jede Mitgliedschaft unterstützt das Archiv!

Mitgliedsantrag Archiv der Arbeiterjugendbewegung Einzugsermächtigung Haardgrenzweg 77 · 45739 Oer-Erkenschwick Archiv der Arbeiterjugendbewegung Ja, ich trete dem Förderkreis Dokumentation Konto: Zeltlagerplatz e.V./Förderkreis · Sparkasse Vest Recklinghausen der Arbeiterjugendbewegung bei. Konto-Nr. 701284 · BLZ 42650150 IBAN DE96 4265 0150 0000 7012 84 · BIC WELADED1REK Ich unterstütze die Arbeit des Archivs der Arbeiterjugendbewegung mit einem jährlichen Beitrag von: Hiermit ermächtige(n) ich (wir) Sie widerruflich, die von mir (uns)

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2 013 Archiv der Arbeiterjugendbewegung · Oer-Erkenschwick

Die »Mitteilungen des Archivs der Arbeiterjugendbewegung« werden Archiv der Arbeiterjugendbewegung vom Förderkreis »Dokumentation der Arbeiterjugend­ ­bewegung« und Haardgrenzweg 77 | D-45739 Oer-Erkenschwick dem Archiv der Arbeiterjugendbewegung herausgegeben. Fon: 02368–55993 | Fax: 02368– 59220 [email protected] | www.arbeiterjugend.de Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Bankverbindung Zeltlagerplatz e.V./Förderkreis Konto-Nr. 701 284 | BLZ 426 501 50 Sparkasse Vest Recklinghausen Redaktion Bodo Brücher, Alexander J. Schwitanski, IBAN DE96 4265 0150 0000 701284 SWIFT/BIC WELA DED1 REK Wolfgang Ullenberg-van Dawen ISSN 1866-3818

Gestaltung Gerd Beck In einigen Fällen konnten die Inhaber von Rechten an Fotografien nicht ermittelt werden. Abbildung Umschlag Collage Chile Solidaritätsplakate Etwaige Inhaber von Rechten an in diesem Heft abgebildeten Fotos werden gebeten, Kontakt mit dem Archiv der Arbeiterjugendbewegung aufzunehmen. Anmeldung ANMELDEBOGEN PER POST Archiv der Arbeiterjugendbewegung · Autoren Haardgrenzweg 77 · 45739 Oer-Erkenschwick PER FAX 023 68.5 92 20 PER MAIL [email protected] Dörte Hendrik Werner Stefan Hein Giese Ley Moitra Jahrestagung 2014 FR 31. Jan – Sa 01. feb 2014 · Tagungsbeitrag 10,– Euro THEMA: Kay Wolfgang Jörg Schweigmann- Uellenberg-van Wollenberg 2014 – Arbeiterjugend Greve Dawen im Ersten Weltkrieg

Ich buche folgende Übernachtung(en) im Salvador-Allende-Haus:

FR 31. Jan – Sa 01. feb 2014

DOPPELZIMMER 42,–Euro NAME · VORNAME FR 31. Jan – Sa 01. feb 2014 Autorinnen und Autoren EINZELZIMMER 55,– Euro der Ausgabe 2013 SA 01. feb – SO 02. FEB 2014 DOPPELZIMMER 42,–Euro

Dörte Hein, geb 1979, ab 1999 Studium der Geschichte, Ethnologie Kay Schweigmann-Greve, geb. 1962, zunächst aktiv in der bündischen SA 01. feb – SO 02. FEB 2014 ADRESSE und Politikwissenschaft­ in , 2006 Abschluß Magistra ­Jugend, seit 1979 aktiv bei den Falken, 1990 –1993 Bezirksvorsitzender EINZELZIMMER 55,– Euro Artium mit einer Arbeit über die Lebens- und Arbeitsbedingungen in Hannover. Mitbegründer des dortigen Israel-Arbeitskreises der afrikanischer Vertragsarbeiter/-innen in der DDR. Freiberufliche Falken, seit 2003 Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bildungs- und Archivarbeit, ehemalige Bildungsreferentin bei in Hannover, seit 2009 des Trägervereins der Jüdischen Bibliothek Die Verpflegung im SALVADOR-ALLENDE-HAUS der SJD – Die Falken LV Schleswig-­ Holstein, seit November 2013 Han­nover. Arbeitet als ­Justiziar bei der Landeshauptstadt Hannover, ist im Übernachtungspreis enthalten. DATUM · UNTERSCHRIFT Leiterin des Archivs der Arbeiterjugendbewegung. ­Promotion 2011: Chaim Zhitlowsky, Philosoph, Sozialrevolutionär und ­Theoretiker eines säkularen jüdischen Diasporanationalismus. Hendrik Giese, geb. 1972, hat Politischen Wissenschaften, Mittlere und Neuere Geschichte und Volkskunde studiert, arbeitet als Wolfgang Uellenberg-van Dawen, geb. 1950, Promotion im Fach ­ Bildungs­referent in der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein. Geschichte, Leiter des Ressorts Politik und Planung in der Ver.di ­Bundesverwaltung, Vorsitzender des Förderkreises »Dokumentation Werner Ley, geb. 1949, Dipl. Pädagoge, 1974 – 1976 Mitglied der Arbeiter­jugendbewegung«. im ­Koordinationsausschuss der Westdeutschen Chilekomitees, 1980 – 1986 Bundessekretär der SJD – Die Falken, 1986-2012 Jörg Wollenberg, geb. 1937, ist Professor i. R. für politische Weiter- Gewerkschaftssekretär bei ver.di. bildung an der Universität . Vor und neben seiner Tätigkeit als Hochschul­lehrer (1978 –2002) leitete er die u.a. Arbeit und Leben in Stefan Moitra, geb. 1973, Studium der Geschichte und Medien- Göttingen (1966 –71), die Volkshochschulen in Bielefeld (1971-78) wissenschaft in Bochum und Glasgow; Arbeitsschwerpunkte in und Nürnberg (1985-92) und gehörte zu den Gründern der Gedenk- der Gewerkschaftsgeschichte und Filmgeschichte, Promotion stätte in Ahrensbök/­ Ostholstein (ab 2001). Zahlreiche Veröffentli- am University College, London, über Kino und Arbeiterkultur in chungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung und des Widerstands, Deutschland und Großbritannien. Seit 2011 Wissenschaftl. Mit-­ der Judenverfolgung und der NS-Kriegsverbrechen, zur Arbeit der arbeiter am Deutschen Bergbau-Museum Bochum. Gedenkstätten, der Erwachsenenbildung­ und politischen Kultur der BRD.

2 013 2 013 Archiv der Arbeiterjugendbewegung · Oer-Erkenschwick Archiv der Arbeiterjugendbewegung · Oer-Erkenschwick Editorial Mitteilungen 2013

Liebe Genossinnen und Genossen, in diesem Jahr wird es nur eine Ausgabe der Mitteilungen bewegung der Bezug zur Arbeiterjugendbewegung und geben. Ein Grund ist der Wechsel in der Leitung des ­ihrer Geschichte wichtig. Neue Archivleiterin wird Dörte ­Archivs. Alexander Schwitanski hat seinen Traumjob ge- Hein, die bereits ein halbe Stelle im Archiv hat und sich in funden. Er wird das Archiv des Hauses der Geschichte des diesen Mitteilungen vorstellt. Glückwunsch und auf gute Ruhrgebietes in Bochum leiten. Dazu gratulieren wir ihm Zusammenarbeit! sehr herzlich. Diese Berufung verdankt Alexander seiner historischen und archivfachlichen Kompetenz. Sie ist auch Für die zweite Stelle liegen ebenfalls mehrere Bewerbungen eine Auszeichnung für das Archiv und den Förder­kreis, der vor, sodass wir davon ausgehen können, diese Stelle zu Be­ das Archiv ideell und materiell unterstützt. ginn des nächsten Jahres besetzen zu können.

Um eine möglichst nahtlose Nachfolge zu ermöglichen, Diese Mitteilungen enthalten neben den Berichten von der haben die Vertreter der »vier Säulen«, die das Archiv Mitgliederversammlung und dem Vorschlag einer Satzungs­ ­tragen – der Bundesvorstand und der Landesvorstand änderung für die Mitgliederversammlung im Jahre 2015 der SJD – Die Falken, der Vorstand des Zeltlagerplatz e.V. Beiträge zur Darstellung der Arbeiterjugendtage, die auf und des Förderkreises am 1. Juli entschieden, die Stelle der der letzten Archivtagung gehalten wurden. Wir haben uns Archivleitung möglichst zum 1. Oktober 2013 zu ­besetzen. am Workers Youth Festival im Mai in Dortmund beteiligt, Gleichzeitig sahen wir uns in der glücklichen Lage, eine das für die Veranstalter – Jusos und Falken – ein großer zweite Stelle zum 1. Januar 2013 besetzen zu können. Erfolg war. Auf der anschließenden Bundeskonferenz der Schwerpunkt dieser zweiten Stelle ist die ­historische SJD – Die Falken wurde mit Josefine Tischner und Imma­ ­Jugendbildung. Damit wollen wir zum einen den wachsen­ nuel Benz erstmals eine Doppelspitze gewählt. Immanuel den Anfragen aus den SJD – Die Falken gerecht werden ist unser Ansprechpartner für das Archiv. Auf gute Zusam­ und das Archiv enger mit der Bildungsarbeit im Salvador menarbeit! Allende Haus verzahnen, zum anderen interessante Bildungs­ projekte mit Schulen, Häusern der offenen Tür und Die nächste Archivtagung wirft den Blick 100 Jahre zurück ­Jugendprojekten realisieren. auf den Ersten Weltkrieg und die Lage der arbeitenden ­Jugend, ihre soziale Situation und die Haltung zum Krieg. Beide Stellen wurden ausgeschrieben. Auf die Stelle der ­Archivleitung bewarben sich 48 teilweise sehr qualifizierte Ich hoffe, viele von euch dort zu treffen, und bedanke mich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, mit guten archiv­ für die gute und solidarische Unterstützung. fachlichen Qualifikationen, Bezügen zur Geschichte von Widerstand und Verfolgung und der Arbeiterbewegung. Die Findungskommission aus den Vorsitzenden der »vier Freundschaft! Säulen« entschied sich, drei Bewerberinnen und drei Be­ Wolfgang Uellenberg-van Dawen werber einzuladen. Uns war neben der archivfachlichen Qualifikation und dem Bezug zur Geschichte der Arbeiter­

1 THEMen 4 Dörte Hein Die Berichterstattung über die Arbeiterjugendtage 10 Stefan Moitra Falken in Motion Zur filmischen Darstellung der Arbeiterjugendtage vom frühen Kino bis 1979 Inhalt 16 Werner Ley Chile-Solidarität in Köln Mitteilungen 2013 Jahrestage

20 Jörg Wollenberg »Die am 9./10. November durchgeführte Judenaktion hat in hiesigen marxistischen Kreisen starken Unwillen hervorgerufen.« Antifaschistischer Widerstand von Arbeiterjugendlichen mit der bündischen Jugend, der Sportjugend und dem »politisierenden Katholizismus« in Bremen.

personen 31 Zirl (Cécile) Steingart (1916 – 2013) Bundistin, Résistance-Kämpferin, Aktivistin des Pariser SKIF und Journalistin gestorben

35 Aus dem archiv Die neue Archivleiterin stellt sich vor Das Archivteam Digitalisierung der Plakatsammlung Neue Onlinedatenbank Vorverzeichnung von Fotos

berichte 40 17. Mitgliederversammlung des Förderkreises am 20. Januar 2013 Arbeitsbericht des Vorstands · Arbeitsbericht des Archivs 46 Kay Schweigmann-Greve Weimar 13 Falken, Pfadfinder, Alevitische Jugend, Wandervögel und Hashomer Hatzair treffen sich mit Blick auf die Geschichte und Zukunft der Jugendbewegung am historischen Ort

Neue bücher 48 Hendrik Giese Falkenkindheit Susanne Kalweit (Hg.), »Ich hab’ mich niemals arm gefühlt!«, Die Kielerin Rosa Wallbaum erzählt aus ihrem Leben 50 Kay Schweigmann-Greve Kurze Geschichte der Jugendbewegung Arno Klönne, Es begann 1913. Jugendbewegung in der deutschen Geschichte

Nachrichten 52 Änderung der Satzung des Förderkreises »Dokumentation der Arbeiterjugendbewegung« 56 Die Stiftung zur Förderung des Archivs der Arbeiterjugendbewegung und der sozialistischen Kinder- und Jugendarbeit

veranstaltungen 60 Jahrestagung des Förderkreises »Dokumentation der Arbeiterjugendbewegung« 2014 Thema: Arbeiterjugend im Ersten Weltkrieg

2 Thema

Ein Schiff für die Weihnacht der chilenischen Kinder. Eine Solidaritätsaktion mit Chile. AAJB – PL-B 168

3 Berichterstattung über die Arbeiter- jugendtage

dörte hein

» as Archiv der Arbeiterjugendbewe­ Printmedien an der Berichterstattung, über die lo­ Die sozial­de­ mokratische gung birgt eine Vielzahl an Quellen kalen und regionalen Grenzen der jeweiligen Ver­ Berichterstat­ zur historischen Aufarbeitung der anstaltungsorte hinaus, reichte. Und ob die Arbei­ tung in der Arbeiterjugendtage. So können nicht nur Ton- terjugendtage, flankiert durch die Presse, im ­aus­gehenden und Filmmitschnitte, sondern auch schriftliche bundesweiten Kontext gar Bedeutung erlangten. ­Weimarer Materialien wie Broschüren, Protokolle, Plakate ­Republik be- sowie Zeitungsberichte zur Recherche heran­ Für die einzelnen Arbeiterjugendtage variiert tonte in einer­ gezogen werden. Zeitungsberichte vermitteln der Umfang der Quellen enorm; so ist für die militaristisch vor­­rangig den öffentlichen und damit einen 1970er und 1980er Jahre eine äußerst reich­ kämpferischen ­distanzierteren Blick als andere Quellen, wie haltige Quellenlage zu verzeichnen, deren Be­ Sprache die beispielsweise Protokollsammlungen, auf die richte sich quer durch die Presselandschaft zie­ Massen­- besprochenen Ereignisse. Dieser Blick ist oft­ hen. Hingegen steht für die 1920er und 1930er wirkung der mals durch die politische Ausrichtung der Jahre sowie für die 1950er Jahre nur eine klei­ Arbeiter- Printmedien bzw. der für sie tätigen Bericht­ nere Auswahl an Pressestimmen für eine Auswer­ jugendtage. erstatter und Berichterstatterinnen gefärbt und tung zur Verfügung. Hauptsächlich handelt es muss daher in einem Presserückblick Berück­ sich dabei, bis auf wenige Ausnahmen, um Be­ sichtigung finden. Allerdings handelt es sich richte aus der sozialdemokratisch geprägten bei den hier herangezogenen Zeitungsaus­ Presse. Die Auswahl der aus der Zeitungsaus­ schnitten zum Teil auch um Berichte, die von schnittsammlung des Archivs der Arbeiterjugend­ den Ausrichtern der Arbeiterjugendtage als Pres­ bewegung entnommenen Zeitungsberichte ist se­mitteilungen an die verschiedenen Zeitungs­ zwar nicht erschöpfend, doch recht beispielge­ redaktionen gegeben und von diesen in unver­ bend und vorerst ausreichend für einen ersten änderter Form übernommen wurden. Sicherlich Überblick über die Berichterstattung zu den können auch solche Pressemitteilungen spannend Arbeiterjugendtagen. Aufgrund der beschriebe­ sein, ist doch daran ablesbar, welche Themen nen Quellenlage wird im folgenden Text das für wichtig erachtet wurden, um diese in die Haupt­augenmerk auf die zweite Hälfte des 20. Öffentlichkeit zu tragen und damit auch die Jahrhunderts gelenkt, doch sollen ebenso, öffentliche Wahrnehmung der Arbeiterjugend­ wenn auch in geringerem Maße, die vorange­ tage mit zu prägen. In diesem Zusammenhang gangenen Jahre Berücksichtigung finden. stellt sich die Frage, inwieweit das Interesse der

4 Die Demonstration von Stärke – Nach dem Krieg – Das Wieder­ Die Arbeiterjugendtage in der erwachen der Arbeiterjugend­ ausgehenden Weimarer Republik tage

Die gesellschaftliche Stimmung gegen Ende der Noch im Jahr der Neugründung der Sozialisti­ Weimarer Republik schlug sich deutlich im schen Jugend – Die Falken, 1947, fand in Stutt­ Thema Sprachduktus der sozialdemokratischen Bericht­ gart wieder ein Arbeiterjugendtag statt. Diesem erstattung über die Arbeiterjugendtage in Dort­ folgten wenige Jahre später zwei weitere Jugend­ Bericht- mund 1928 und in Frankfurt am Main 1931 nie­ tage in Hamburg 1951 und in Dortmund 1955. erstattung der. Sowohl das Hamburger Echo als auch die Vergleicht man die Berichterstattungen dieser über die Volksstimme, beide der sozialdemokratischen drei Jugendtage miteinander, fällt vor allem der Arbeiter- Partei nahestehenden Tageszeitungen zur Zeit Unterschied in der Stimmung und Sprache ins jugendtage der Weimarer Republik, betonten in einer mili­ Auge. Der Bericht des Telegrafen 1947, einer taristisch kämpferischen Sprache die Massen­ SPD-nahen Tageszeitung in , wirkt sprach­ wirkung der beiden Veranstaltungen sowie die lich eher kraftlos und geschwächt, Zurückhal­ Stärke und Durchschlagskraft der Jugend aus tung und Trauer wurden hier dem Lesenden dem organisierten Arbeitermilieu.1 Reden be­ vermittelt. Diese Stimmung wurde zudem in­ kannter politischer Persönlichkeiten wie Carl haltlich gestützt, indem die isolierte Position Wilhelm Severing, Reichsinnenminister 1928, des Verbandes auf dem internationalen Parkett Erich Ollenhauer, Vorsitzender der SAJ, und sowie in der innerdeutschen Teilungssituation Paul Löbe, Reichstagspräsident 1931, wurden beschrieben und das Fehlen der internationa­ in vollem Umfang und im letzteren Fall zum len Gäste bedauert wurde. Hingegen betonte Teil mit Kommentaren zur Intensität und Länge der Volkswille, das Wochenblatt der SPD in der Beifallsbekundungen abgedruckt, so dass Württemberg-Baden, den Neubeginn der Sozia­ kein Zweifel an dem republikbejahenden Cha­ listischen Jugend, deren »Wille zu einer ersten rakter der Veranstaltung und der starken Ver­ Manifestation [...] stärker« war.7 Die Westfä­ bundenheit mit der Sozialdemokratie entste­ lische Rundschau griff zudem die öffentlichen hen konnte.2 Zeitungen der deutsch-nationalen Forderungen Paul Löbes nach der »Wiederher­ Richtung sowie das Zentralorgan der KPD, die stellung der deutschen Einheit, die Beseitigung Rote Fahne, kritisierten Jürgen Thiel zufolge jeglicher Furcht vor einer neuen Diktatur und allerdings den Arbeiterjugendtag in Frankfurt die Verwirklichung des Gedankens der Freund­ am Main, wobei die Rote Fahne im Verlauf des schaft« auf.8 Während die Sozialistische ­Jugend Jugendtages ihre Einschätzung, dass sich die Ende der 1940er Jahre der Öffentlichkeit ihren SAJ im Zerfallsprozess befinde, bestätigt sah.3 zaghaften und vorsichtigen Versuch eines Neu­ Die Frankfurter Zeitung berichtete ausführlich starts zeigte, zog in den 1950er Jahren eine von über den Frankfurter Jugendtag; deren positive stärkerem politischen Selbstbewusstsein zeu­ Berichterstattung die hohe lokale Bedeutung gende Sprache in die sozialdemokratisch ge­ der Veranstaltung widerspiegelte. Zudem spricht prägte Presse ein. Zum einen wurde auf die sie der SPD, bedingt durch die hohen Teilneh­ Anwesenheit der zahlreichen internationalen mendenzahlen und der sichtbaren Begeiste­ Gäste und damit auf den wieder erworbenen rung, einen großen Rückhalt in den Reihen der Anschluss der Sozialistischen Jugend an die in­ Jugend zu.4 Allerdings warf die Frankfurter ternationale Arbeiterjugendbewegung hinge­ Zeitung am Ende ihres Berichtes die kritische wiesen, zum anderen wurde über die klar ab­ Frage auf »ob nicht diese Jugendlichen, wenn grenzende Haltung des Jugendverbandes zum sie älter sind, sich von der Partei entfernen, da politischen System der DDR und die Teilung ihr Ziel der Sozialismus ist und sie so in einen Deutschlands berichtet.9 Das Hamburger Echo Gegensatz zum tagespolitischen Pragmatismus stellte 1951 den Gegensatz zwischen dem frei­ der Partei geraten können«.5 Eine Frage, die willigen Engagement innerhalb der sozialisti­ Thiel zufolge vor dem Hintergrund des zu­ schen Jugend in der BRD und der staatlich künftigen Verhältnisses der SAJ-Mitglieder zur ­angeordneten Teilnahme der Jugendlichen an SPD nicht ganz unberechtigt war.6 zeitgleich veranstalteten Weltfestspielen in der

5 DDR besonders heraus.10 Die regionale Presse Jugend Deutschlands – Die Falken wurde in wie Hamburger Echo bzw. Westfälische Rund­ Köln zu einer bitteren Lehre für . schau, nutzte die Veranstaltungen, um die Seine Festansprache vor 6 000 Falken aus dem ­Zustimmung und Verbundenheit der jeweili­ ganzen Bundesgebiet wurde durch Pfiffe und gen Städte Hamburg und Dortmund mit den Zwischen­rufe wie ›Lügner‹ und ›Wer hat uns ­Arbeiterjugendtagen zu signalisieren. Auffällig verraten – die Sozialdemokraten‹ laufend unter­ Thema oft wurden die regionalen Verantwortungs­­ brochen.«13 In diesem Zuge rückt ein weiteres, Bericht- träger mit Auszügen ihrer Reden zitiert,­ wie häufig angesprochenes Thema in den Fokus erstattung beispielsweise die Grußworte und Rede des der Untersuchung. Wortwendungen wie »kriti­ über die Ersten Hamburger Bürgermeisters Max Brauer sche Solidari­tät« bzw. »im kritischen Konflikt Arbeiter- (SPD), der die Gelegenheit wahrnahm, die Ver­ mit der SPD« verdeutlichen eine im Gegensatz jugendtage dienste seiner Landesregierung um die Stär­ zu den 1950ern Jahren stärker zu beobachtende kung der Jugend herauszustellen. distanzierte Hal­tung der SJD – Die Falken zur Sozialdemokratischen Partei. Die Neue Rhein­ zeitung spielte gar mit der bürgerlichen Angst Pfiffe und Buhrufe auf dem vor dem Kommunismus, indem dort festgestellt ­Kölner Arbeiterjugendtag 1974 wurde, dass »sich die große unabhängige Arbeiter­ jugendorganisation [...] weit nach links« orien­ Nach einer Pause von 19 Jahren fand 1974 wie­ tiert habe und Gefahr laufe, »von konservativen der ein von der SJD – Die Falken ausgerichteter Gegnern mit Kommunisten unter eine Ballon­ Arbeiterjugendtag statt. Der ausrichtende Bun­ mütze gesteckt zu werden«.14 Diesen zwei Haupt­ desvorstand berief sich dabei auf die Anfänge themen nachgeordnet finden sich mehrere Ver­ der Arbeiterjugendbewegung 1904 und nahm öffentlichungen eigener Pressemitteilungen der das siebzigjährige Bestehen zum Anlass für die Falken über einzelne Veranstaltungen und Aktio­ Durchführung der Veranstaltung. In der Presse nen während des Arbeiterjugendtages und der bekam dieser Arbeiterjugendtag nicht nur regi­ Falkenarbeit der Gliederungen vor Ort in den onale, sondern auch überregionale Aufmerk­ jeweiligen lokalen und regionalen Tagesblättern. samkeit. Hauptsächlicher Aufhänger in der Be­ richterstattung war die Rede Herbert Wehners, des damaligen Vorsitzenden der sozialdemokra­ »Die Ost-West-Konfrontation« tischen Bundestagsfraktion, auf der Abschluss­ auf dem Arbeiterjugendtag kundgebung in der Kölner Sporthalle. Eine Viel­ in Berlin 1979 zahl an Zeitungen, wie beispielsweise der Kölner Stadtanzeiger, der Ostfriesische Kurier oder die Bezüglich des Arbeiterjugendtages in Berlin Kieler Nachrichten stützten sich in ihren Ver­ 1979 bestimmte ein Thema maßgeblich die öffentlichungen vorrangig auf den Wortlaut der Zeitungsschlagzeilen aus dem ganzen Bundes­ von der Deutschen Presseagentur (dpa) heraus­ gebiet im Vorfeld und auch noch im Nachgang, gegebenen Pressemeldung über die »von Beifall­ nämlich das zeitgleich stattfindende FDJ-Treffen aber auch von Pfiffen und Zwischenrufen be­ mit erwarteten 500000 Teilnehmenden in Ost- gleiteten Rede«11 Herbert Wehners, in der er Berlin. Ähnlich zu der Berichterstattung in den sich »für starke Solidarität in der Arbeiterwelt 1950er Jahren wurden die freiwillige Teilnahme und im Bereich politisch-parlamentarischen am Arbeiterjugendtag sowie der nichtstaatliche Handelns«12 einsetzte. Der Hinweis auf die Pfiffe und parteiunabhängige­ Charakter des Jugend­ und Buhrufe tauchte vermehrt in den Schlag­ verbandes der Falken im Westen dem staatlich zeilen auf. Konservative Blätter wie der Bayern­ »verordneten« Treffen der Freien Deutschen kurier und auch linke Zeitungen wie die DKP- Jugend (FDJ) im Osten gegenübergestellt und Zeitung Unsere Zeit nutzten das Ereignis, um entsprechend gewertet.15 Mit der skandalträch­ ihre Kritik an Herbert Wehner und der Sozial­ tigen Meldung, dass ca. 200 Teilnehmende des demokratischen Partei zu verschärfen. So hieß Jugendtages an der Einreise nach Ost-Berlin, es im Bayernkurier: »Das 70jährige Jubiläum wo sie an den Feierlichkeiten der FDJ hatten der von der SPD unterstützten Sozialistischen teilnehmen wollen, gehindert worden seien,war

6 der Höhepunkt in der Presseberichterstattung ein Wort gesagt hat. Trotz seiner Solidaritäts­ erreicht. Diese Nachricht­ schlug vor dem Hinter­ bekundungen gehen 2/3 der Kundgebungsteil­ grund der Ost-West-Auseinandersetzungen große nehmer. Die Aussicht auf eine Stadtrundfahrt Wellen in der bundesrepublikanischen Presse­ ist ihnen wichtiger.«20 landschaft und wurde vielfach von westlichen Journalisten zum Beweis für die ablehnende Haltung der DDR-Regierung gegenüber frei­ An einem Strang mit der SPD? – heitlichem politischem Gedankengut ange­ Der Dortmunder Arbeiter­ führt. Schlagzeilen wie »Am Alex: Angst vor jugendtag 1984 ›Falken‹ und Jubel vom Tonband«16, »FDJ-­ Festival: Ostberlin ›siebte‹ Westbesucher«17 oder Das ambivalente Verhältnis der Falken zur »Falken unerwünscht. Einreiseverweigerungen SPD bestimmte auch 1984 die Presseberichte nach Ostberlin«18 spiegeln diese Tatsache ein­ über den Kinder- und Arbeiterjugendtag in drucksvoll wieder. Zwar wurden die Titel­ Dortmund. Während die Westfälische Rund­ schlagzeilen je nach Zeitung mit unterschiedli­ schau leichte Abgrenzungsversuche in den Reden cher Schärfe formuliert, die Artikel über das sowohl Werner Kindsmüllers (Bundesvorsitzen­­ Einreiseverbot klangen jedoch vielfach iden­ ­der der SJD – Die Falken) sowie des Gastredners tisch, da sich die Redaktionen auf die Meldun­ (Vorsitzender der SPD) festzustellen gen von Nachrichtenagenturen wie dpa und meinte, berichtete die WAZ über einen deut­ Reuter stützten. Die Nachricht schaffte es so­ lich SPD-freundlicheren Kurs der Falken und gar als eine der wichtigsten Meldungen des beschrieb diesen als »Wende hin zur SPD«.21 ­Tages in den innenpolitischen­ Teil des Nach­ So heißt es dort: »Im Mittelpunkt des Treibens richtenspiegels des Presse- und Informations­ stand die ›Wende‹: nicht nur die ›Wende‹-Politik amts der Bundesregie­rung vom 4. Juni 1979. der Regierung Kohl/Genscher, sondern vor allem Dass dieses Ereignis zum Politikum wurde, die ›Wende‹ hin zur SPD, die mit Brandt, Heine­ zeigte zudem nicht zuletzt die Forderung der mann und anderen Spitzenfunktionären der ständigen Bonner Vertretung in Ost-Berlin früher eher misstrauisch beäugten Jugendorga­ nach einer Begründung für die Einreisever­ nisation ihre Aufwartung machten.«22 Willy weigerung vonseiten der DDR-Regierung. Brandt als Hauptredner auf dem Jugendtag wurde zum medienwirksamen Aufhänger zahl­ Mit der« Meldung,­ Ein weiteres, in geringerem Umfang bespro­ reicher Presseberichte, die hauptsächlich dessen dass ca. 200 chenes Thema war die Kritik aus linken Kreisen Aufruf an die Falken zur »Teilnahme an der Jugendtagsteil- an der starken Präsenz der SPD auf diesem von der Friedensbewegung organisierten ›Volks­ nehmende an ­Arbeiterjugendtag, die auch Gliederungen der befragung‹ am 17. Juni«23 aufgriffen. der Einreise nach Falken formuliert hatten. So gab der Kreisver­ Ost-Berlin ge­ band der Falken in Bremen eine Pressemittei­ Im Vergleich zu den Vorjahren wurde insge­ hindert worden lung an die Tageszeitung, in der er seine Haltung samt weniger ein von kritischer Auseinander­ seien, war der wie folgt verdeutlichte: »Gegen alle diese setzung als von ähnlichen politischen Forde­ Höhepunkt Punkte, gegen die wir in Berlin demonstrieren rungen geprägtes Bild von dem Verhältnis zwi­ in der Presse­ wollen, haben Sozialdemokraten nicht nur nichts schen Falken und SPD gezeichnet. Zudem wur­ berichterstattung getan, sondern sie teilweise erst geschaffen. de den Falken eine aktivere politische Rolle erreicht. Was also soll uns und denen, die unsere Kund­ sowie ein damit verbundener Bedeutungsge­ gebung besuchen, ein Sozialdemokrat sagen winn zugeschrieben, der mitunter auf deren können, und wenn er etwas sagt, was bitte sollen Positionierung zu internationalen Themen zu­ wir davon ernst nehmen? […] und zweitens rückzuführen war. »Ende der 60er Jahre spiel­ wollen wir in Berlin unseren AJT veranstalten ten die ›Falken‹ keine aktive Rolle im Protest und nicht der SPD ein Forum bieten.«19 Auch der jungen Generation. Das änderte sich, als die Kommunistische Volkszeitung stellte jene sie Partei für Chile ergriffen, für schwarze Kinder ablehnende Haltung heraus und berichtete, in Soweto und neuerlich für Mittelamerika.«24 dass »der ›SPD-Linke‹ Eckert, vom Berliner Die WAZ griff die Feststellung Werner Kinds­ Parteivorstand […] ausgepfiffen [wird], ehe er müllers auf, dass die Falken immer wichtiger

7 Bericht- 12 Ebd. würden und die »SPD erkenne, dass sie das, erstattung über die 13 Bayernkurier, was der kritische Teil der Jugend an Themen ein­ Arbeiter- v. 2.11.1974, Art. »Wehner jugendtage bringen könne, nicht links liegen lassen dürfe«.25 und ›Die Falken‹«. 1 Volksstimme, 42. Jg., 14 Neue Rheinzeitung, Abschließend sei noch einmal auf die eingangs Nr. 196 v. 24.8.1931, Art. Nr. 238 v. 14.10.1974, »Das ist die rote Front!«; S. 3, Art. »Ein Wald von gestellte Frage hingewiesen, inwieweit die Be­ Thema Beilage zum Hamburger roten Fahnen«, richterstattung in der bundesweiten Presse auf­ Echo, Hamburg-Altonaer v. Thorsten Scharnhorst. Volksblatt, 54. Jg., Nr. 216 Bericht- gegriffen und damit ein breites öffentliches In­ 15 Mendener Zeitung, v. v. 6.8.1928, Art. »Tage 2.6.1979, Art. »Über erstattung teresse, über die lokalen und regionalen Grenzen der Jugend. Der Dortmunder ­Pfingsten steht ganz Berlin über die Arbeiterjugendtag.« hinaus, bedient wurde. Es lässt sich feststellen, im Zeichen der Jugend«, Arbeiter- dass bis zum Ende der Weimarer Republik Mel­ 2 Rede von Paul Löbe in: v. Thomas P. Spieker. Volksstimme, 42. Jg., Nr.196 jugendtage 16 Bild-Zeitung, Ausgabe dungen über die Jugendtage hauptsächlich in v. 24.8.1931, Art. »Die Berlin, v. 05.06.1979, Kundgebung im Stadion«. der sozialdemokratisch geprägten Presse zu fin­ Art. »Am Alex: Angst vor den waren. Mit eindeutiger politischer Botschaft, 3 Jürgen Thiel, Die sozialisti- ›Falken‹ und Jubel vom die Stärke der sozialdemokratischen Organisa­ schen Arbeiterjugendtage Tonband«, v. Uwe Wolf. während der Weimarer 17 Der Patriot, v. 05.06. tionen zu demonstrieren, wurde über die Ereig­ Republik,­ unveröffentlichte 1979, Art. »FDJ-Festival: Staatsexamensarbeit Univer- nisse detailliert und wortgewaltig berichtet. In Ostberlin ›siebte‹ West­ sität Hamburg 1984, S.117. den Nachkriegsjahren hingegen erlangten die besucher. Bonner Vertretung 4 Thiel, Arbeiterjugendtage, verlangt Begründung«, Jugendtage vorrangig in der lokalen Presse der S.117; Wolfgang Uellenberg, dpa-Meldung. Die Auseinandersetzungen Veranstaltungsorte mediale Aufmerksamkeit, 18 Burgdorfer Kreisblatt, sozialdemokratischer Jugend­ später hingegen, in den 1970er und 1980er Jah­ v. 05.06.1979, Art. »Falken organisationen mit dem unerwünscht. Einreisever- ren, wird vermehrt die bundesweite Verbreitung Nationalsozialismus,­ weigerungen nach Ost­ 1981, S.143. der Pressemeldungen erkennbar. Die öffentlich­ berlin«, dpa-Meldung. 5 Ebd. 6 Ebd. keitswirksamen Meldungen, die zum Teil skan­ 19 Die Tageszeitung, dalträchtigen Charakter trugen, wurden über 7 Volkswille, Wochenblatt v. 1.6.1979, Art. »›Arbeiter- der SPD Württemberg-­ jugendtag 1979‹ der ›Falken‹, die Nachrichtenagenturen überregional gestreut Baden, Jg. 2, Nr. 35 v. 30.8. Pfingsten in West-Berlin. und fügten sich meist in ein herrschendes poli­ 1947, Art. »Der Sozialisti- ­Kritik aus den Reihen der tisches Klima ein. Dabei sei beispielsweise an schen Jugend zum Gruß!«, ›Falken‹«, v. SJD – Die Falken v. Frieder Wurm. Kreisverband Bremen. die durch Buhrufe ausgedrückte Oppositions­ 8 Westfälische Rundschau, 20 Kommunistische Volks- haltung der Falken, an den zwischenstaatli­ 6.9.1947, Art. »Jugend zeitung, v. 4.6.1979, chen Konflikt um das Einreiseverbot nach Ost- glaubt an Freundschaft«, Art. »Arbeiterjugendtag Eigenbericht. der Falken – ›nicht ständig Berlin und schließlich an den Auftritt und Un­ vom Sozialismus reden‹«. terstützung Willy Brandts während der Zeit der 9 Rundschau für Groß-Dort- mund, vom 1.8.1955, S.3, 21 Westfälische Rundschau, schwarz-gelben Koalitionsregierung, erinnert. Art. »Sinn des Jugendtages Nr. 136 v.12.6.1984, Art. ist die Wiedervereinigung«, »›Falken‹ warnen vor Hamburger Echo 1951 (ohne ›tödlicher Sicherheitspolitik‹. Datumsangabe, vermutlich Brandt: SPD unterstützt 14.8.1951), Art. »Sozialisti- ­Raketen – Volksbefragung«, sche Jugend appelliert an v. Rainer Zunder. die Welt. Botschaft an die 22 WAZ, v. 12.6.1984, Jugendlichen hinter dem Art. »Wende der Arbeiter­ ­Eisernen Vorhang – Der jugend: ›Wir werden wieder Hamburger Jugendtag«, » wichtiger‹«. Skandal­trächtige Eigenbericht.­ 23 Vlothoer Anzeiger, v. ­Meldungen über 10 Hamburger Echo 1951, 12.6.1984, Art. »Brandt ruft (ohne Datumsangabe, die ­Jugendtage zur Teilnahme an Volksbe­ ­vermutlich 14.8.1951), Art. fragung auf«, AP-Meldung. ­erlangten bundes- »Sozialistische Jugend appel- weite Aufmerk­ liert an die Welt. Botschaft 24 Remscheider General­ samkeit. an die Jugendlichen hinter anzeiger, v. 12.6.1984, Art. dem Eisernen Vorhang – »›Falken‹ werden 80 Jahre Der Hamburger Jugendtag«, alt. Brandt dirigierte in Eigenbericht.­ Dortmund«, dpa-Meldung.

11 Kieler Nachrichten, v. 25 WAZ, v. 12.6.1984, 14.10.1974, Art. »›Nicht Art. »Wende der Arbeiter­ auf dem Buckel der Kleinen jugend: ›Wir werden wieder austragen‹«,­ dpa-Meldung. wichtiger‹«.

8 Arbeiterjugendtag Frankfurt 1931

Arbeiterjugendtag Frankfurt 1931

Arbeiterjugendtag Frankfurt 1931

Arbeiterjugendtag Hamburg 1951

Arbeiterjugendtag Dortmund 1955

Arbeiterjugendtag Berlin 1979

Arbeiterjugendtag Köln 1974

Arbeiterjugendtag Berlin 1979

Arbeiterjugendtag Dortmund 1984

9 Falken in Motion. Zur filmischen Darstellung der Arbeiterjugendtage vom frühen Kino bis 1979

Stefan Moitra

» robert den Film!« In dieser Forderung Spielfilme wie Brüder (1929) des Regisseurs In der Betrach- des KPD-Funktionärs Willi Münzen­ Werner Hochbaum über den Hamburger Hafen­ tung der Filme berg von 1925 kristallisiert sich die arbeiterstreik von 1896/97 blieben eine Aus­ lassen sich Auseinandersetzung der deutschen Arbeiterbe­ nahme. Dokumentarische Formate waren da­ Kontinuitäten wegung mit dem noch neuen Medium nach gegen leichter zu finanzieren. Dokumentationen in der filmi- dem Ersten Weltkrieg. Bereits in den 1910er über Versammlungen, Arbeitersportfestspiele, schen Selbst­ Jahren, als das Kino seine ersten Massenerfol­ Kundgebungen u. ä. bildeten schnell einen inszinierung ge feiern konnte, arbeiteten sich die Kultur­ Grund­stock an Material, das die Lichtbild­ ­ablesen, wie funktionäre in SPD und Gewerkschaften am zentrale an Partei- und Gewerkschaftsgliede­ auch der deut­ wenig klassenbewussten Inhalt des »Kintops« rungen distribuieren konnte. liche Wandel und der trotzdem wachsenden Begeisterung den die Arbei­ weiter Teile auch der Arbeiterschaft an dieser Ein Beispiel für solche frühen Eigenproduktionen terjugend­ neuen Attraktion ab. Die »Kinoseuche« wurde ist der Film über den von der Sozialistischen bewegung als Konkurrenz zur »kulturellen Hebung« der Arbeiterjugend (SAJ) 1923 veranstalteten 3. Deut­ in den sechs Arbeiterklasse, der sich die Arbeiterbewegung sche[n] Arbeiterjugendtag in Nürnberg (so auch Jahrzehnten verschrieben hatte, betrachtet.1 In den 1920er der Titel). In Anlehnung daran, was man zeit­ vollzog. Jahren begann sich diese vorwiegend ableh­ genössisch als »Aktualitäten« bezeichnete, ver­ nende Haltung zugunsten einer konstruktiveren einte der Film Elemente von lokaler Ereignis­ Nutzung des Films zu wandeln. Die Lichtbild­ berichterstattung mit Motiven arbeiterbewegter zentrale des Reichsausschusses für sozialistische Selbstinszenierung. Innerhalb des parteieigenen Bildungsarbeit organisierte ab 1924 den Kon­ Verleihnetzwerks konnte der Film dann über takt zu kommerziellen Filmverleihern, die Be­ den lokalen Rahmen hinaus betrachtet werden schaffung von Projektionsgeräten und die Aus­ und veranschaulichte den sozialdemokratischen bildung von Filmvorführern, so dass vor Ort, Betrachterinnen und Betrachtern vor Ort den sei es in Gewerkschaftshäusern oder durch eigens­ Massencharakter der Arbeiter(jugend)bewegung organisierte Wanderkinos, eine eigene sozial­ in den 1920er Jahren. demokratische Filmarbeit etabliert wurde.2 Die Produktion eigener Filme wurde zwar häufig Abgesehen von seiner Rolle als Beispiel für die gefordert, war jedoch vor allem aus finanziellen sozialdemokratische Filmpraxis der Weimarer Gründen nur bedingt in die Tat umzusetzen. Zeit kann der Nürnberg-Film aber auch aus

10 anderer Perspektive betrachtet werden. Mit der jungen Republik. Allein an den Teilnehmer­ ihm beginnt eine Reihe von Filmen, die zunächst zahlen lässt sich ablesen, welchen Massencha­ die SAJ, nach 1945 dann die SJD – Die Falken, rakter eine Veranstaltung wie der Arbeiterjugend­ über Arbeiterjugendtage hergestellt haben. tag in der Weimarer Republik besaß. Mit einer ­Neben dem Film von 1923 betrifft dies eine Dauer von etwa zehn Minuten entsprach der Dokumentation anlässlich des bundesweiten Film ganz den Erwartungen, die das zeitgenös­ Thema Falkentreffens in Dortmund im Jahr 1955, eine sische Publikum an einen Aktualitätenfilm stellte. Produktion über den Arbeiterjugendtag in Berlin Es ist zu vermuten, dass er tatsächlich nicht nur Filmische 1979 und schließlich einen Film von 1984 über im Verleih der SPD-Lichtbildzentrale einge­ Darstellung ein Treffen erneut in Dortmund. Eine gemein­ setzt wurde, sondern auch im Vorprogramm der Arbeiter- same Betrachtung dieser Filme bietet sich inso­ regulärer Kinos, zumindest im regionalen Nürn­ jugendtage fern an, als sich einerseits Kontinuitäten der berger Rahmen, wo auch ein lokales Interesse filmischen Selbstinszenierung ablesen lassen, als vorhanden war. auch der deutliche Wandel, den die Arbeiterju­ gendbewegung in den sechs Jahrzehnten voll­ In seiner Darstellungsform versucht der Film zog, die die Filmproduktionen voneinander das Massenereignis mit den damals üblichen, trennen. In der folgenden Skizze sollen die ersten noch etwas unausgefeilten filmischen Mitteln drei dieser Filme im Mittelpunkt stehen. Bis wiederzugeben und reiht dabei verschiedene auf den Titel von 1984 sind alle zumindest unter Szenen aus der Praxis der Arbeiterfestkultur an­ Beteiligung professioneller Filmemacher, wenn einander. Trotz der zu dieser Zeit noch sehr nicht ganz und gar, durch diese hergestellt wor­ statischen Kamera gelingt es den Filmemachern den. Zudem liegen die Filme von 1979 und gerade angesichts der schieren Menschenan­ 1984 im Zeitkolorit noch sehr nah beieinander, sammlung, verschiedene Motive der Massen­ so dass die genauere Betrachtung nur eines der inszenierung des Arbeiterjugendtags wiederzu­ beiden verzeihlich scheint. Da zu sämtlichen geben. Masse ist dabei jedoch nie eine anony­ Filmen so gut wie keine schriftliche Dokumen­ me, vereinheitlichte autoritäre Formation, wie tation überliefert ist, geht die Analyse vor allem sie nur elf Jahre später in Leni Riefenstahls von den Erzählstrategien und von den Motiven NS-Parteitagsfilm, der ja auch in Nürnberg ge­ der filmischen Selbstdarstellung aus. Damit dreht ist, auftaucht; vielmehr ist sie ein demo­ werden die Filme einerseits in ihrem medialen kratisches, dynamisches, aus Individuen beste­ Kontext verortet, andererseits zeigen sich Kon­ hendes Gebilde. Die statische Kamera kann tinuitäten und Veränderungen auch im Selbst­ diesen Eindruck insofern verstärken, als sie bild der Arbeiterjugendbewegung. sich meist ganz auf Augenhöhe mit den Be­ trachteten befindet. Auf eine längere Eingangs­ szene, in der der Einzug der verschiedenen 3. Deutscher Ortsgruppen der SAJ in Nürnberg festgehalten Arbeiterjugendtag wird, folgen obligatorische Szenen des Zusam­ Nürnberg 1923 menlebens im Jugendlager – diese wiederkeh­ renden Momente in sämtlichen Falkenfilmen: Nach Weimar 1920 und Bielefeld im Jahr darauf Ankunft, Verköstigung und gemeinsame Pflege war Nürnberg 1923 der dritte Veranstaltungs­ arbeiterkultureller Praktiken, hier in Form des ort für eine reichsweite Zusammenkunft der Gruppentanzes und der Massenkundgebung. sozialdemokratischen Jugendverbände. Insge­ Ein Stilmittel, das sich durch den ganzen Film samt fanden 50 000 Jugendliche den Weg nach zieht, ist ein sehr langsames Schwenken der Nürnberg, an der Abschlusskundgebung nah­ Kamera vorbei an den Versammlungsteilneh­ men sogar 200 000 Menschen teil, davon ein mern, um einen Eindruck von der schieren Großteil Arbeiter aus Nürnberg und Umge­ Menge zu vermitteln. Die Darstellung der in bung. Höhepunkt der Veranstaltung war eine der Arbeiterjugendbewegung beliebten Volks­ Feier am 11. August, dem Jahrestag der Verab­ tänze gerät durch die vielen Tänzer bildlich schiedung der Reichsverfassung, mithin ein Zei­ eher zu einem Durcheinander, bei dem aber alle chen der Verbundenheit der Arbeiterschaft mit sichtlichen Spaß haben. Erst in der Darstellung

11 ArbeiterjugendtagArbeiterjugendtag BerlinBerlin 19791979

Arbeiter jugendtag Dortmund 1955

12 des Abschlusszuges stellt sich eine stärker for­ die letzten zehn von insgesamt knapp 50 Minu­ mierte Ordnung ein. Ein militärischer Gleich­ ten, er nahm es also lediglich zum Anlass, eine schritt stellt hier allerdings die Ausnahme dar. Selbstdarstellung der Falken zu formulieren.

Als historisches Dokument vermittelt der Film Dramaturgisch strebt die filmische Erzählung einen außergewöhnlichen Eindruck von der le­ zwar auf den Arbeiterjugendtag als Höhe­ Thema bendigen Arbeiterkultur der Weimarer Repub­ punkt zu, fokussiert jedoch eigentlich auf die lik. Aber auch zeitgenössisch erfüllte er den Selbstdarstellung der Falken als attraktiver Ver­ Filmische Zweck, die Rolle der Arbeiterbewegung im band für Kinder und Jugendliche. So ist die Dar­ Darstellung öffentlichen Raum zu dokumentieren. Medien­ stellung des Dortmunder Treffens vor allem als der Arbeiter- wissenschaftlich ausgedrückt könnte man von Aneinanderreihung des Festivalablaufs aufge­ jugendtage einer indexikalischen Vergewisserung sprechen.­ baut: Ankunft am Dortmunder Bahnhof, Reden Die besondere Abbildfunktion des Films, mit wichtiger Vertreter der Falken, etwa von Heinz dem das Medium in seinen Anfangsjahren ins­ Westphal, dem damaligen Bundesvorsitzenden besondere assoziiert wurde, führte zu einer des Verbandes, Bilder von Sport- und Kultur­ medial vermittelten Standortbestimmung. Die veranstaltungen, weitere Ansprachen, insbe­ Bilder der Massenkundgebungen dienen als sondere eine durch Erich Ollenhauer, und ab­ Beweis für die Präsenz der Arbeiterbewegung schließend ein Fackelzug durch die nächtliche in der neuen demokratischen Gesellschaft. Das Stadt. Diesem ereignisbezogenen Abschluss Bild der Sozialistischen Arbeiterjugend, die in des Films geht die Selbstdarstellung des Ver­ ihren Praktiken bereits ganz bewusst versucht, bands voran, die wiederum in zwei Abschnitte ihren Mitgliedern ein demokratisches Selbstbe­ geteilt ist, eine Exposition, die eine allgemeine wusstsein zu vermitteln, tritt hinter dieser Aus­ Einführung in die Tätigkeiten der Arbeiter­ sage allerdings zurück. Wir sehen zwar, dass es jugendbewegung liefert, ihre historische Ent­ sich um eine Veranstaltung vor allem von wicklung und Verortung in der bundesdeut­ ­Jugendlichen handelt, aber in der Art der Visu­ schen Gegenwart, gefolgt von einer Konkreti­ alisierung unterscheiden sich die Bilder hier sierung der Falken-Aktivitäten durch die Dar­ kaum von anderen Darstellungen von Arbeiter-­ stellung des Zeltlagers zur Vorbereitung des Demonstrationen. Arbeiterjugendtages.

Volk von morgen Die überblicksartige Exposition verbindet ver­ Dortmund 1955 schiedene Facetten der Falkenaktivitäten. So wird die Heranführung von Kindern und Ju­ Den Film über Nürnberg und Volk von morgen, gendlichen an Künste und Hochkultur betont, die Dokumentation über den Arbeiterjugend­ an Theater, Malerei und Literatur. Hier unter­ tag 1955 in Dortmund, trennen 32 Jahre. Nicht scheidet sich der Kulturdiskurs der Falken wenig nur gesellschaftlich, auch filmgeschichtlich war von dem anderer gesellschaftlicher Gruppen in dieser Zeitraum von gravierenden Veränderun­ den fünfziger Jahren – mit dem Unterschied, gen geprägt. Sowohl Spiel- als auch Dokumen­ dass Kultur und Bildung gerade jenen vermittelt tarfilm entwickelten eigene Formen und Genres. werden sollten, die vom bürgerlichen Bildungs­ Volk von morgen entspricht ganz dem, was in system weitgehend ausgeschlossen waren. Neben den fünfziger Jahren Kulturfilm genannt wurde. der kulturellen Bildung werden außerdem die Als Regisseur fungierte Bodo Menck, ein be­ Urlaubsangebote der Falken dargestellt, mit kannter Auftragsfilmer der fünfziger und sech­ Bildern von Sportaktivitäten und romantischen ziger Jahre, der vor allem durch Arbeiten für Landschaftsaufnahmen. Drittens wird die Ein­ die Industrie hervortrat. Er verband Elemente übung demokratischer Praktiken durch die des Werbefilms, inklusive Spielhandlungen, mit ­Jugendlichen vorgestellt, hier durch die Insze­ der Darstellung eines Zeltlagers der Falken zur nierung einer Gruppendiskussion, in der Jungen Vorbereitung des Arbeiterjugendtags in Dort­ und Mädchen gleichermaßen frei ihre Meinung mund. Dem Treffen selbst widmet der Film nur über den Stand der jungen Demokratie äußern.

13 Diese Skizzierung der gegenwärtigen Aktivitäten Es folgt eine Großaufnahme der Sprecherin der Falken wird in einen historischen Zusam­ aus leichter Untersicht, die die Perspektive der menhang eingebettet, der zunächst die Wurzeln sitzenden Kinder einnimmt. Im Gegenschuss der Arbeiterjugendbewegung in der Arbeiter­ nimmt die Kamera die Sicht der Sprecherin ein, bewegung des Kaiserreichs verortet und dann zunächst mit dem Blick auf die Gruppe, dann anhand von Zeichnungen von Heinrich Zille auf einzelne Diskutantinnen und Diskutanten. Thema und Käthe Kollwitz die sozialen Probleme der Bei der Abstimmung am Schluss steht nicht Filmische Arbeiterschaft nach der Jahrhundertwende illus­ ­eine Aufnahme der ganzen Gruppe in einer Darstellung triert. Diese Bilder des proletarischen Elends ­Totalen, die womöglich zu große Distanz ge­ der Arbeiter- werden mit einem Idealbild der Gegenwartsge­ schaffen hätte. Vielmehr wird nur ein Ausschnitt jugendtage sellschaft kontrastiert: In einer Neubausiedlung gezeigt, eine Großaufnahme mehrerer Abstim­ mäht ein Mann zu fröhlicher Musik den Rasen mender, die dem Betrachter suggeriert, Teil der seines Vorgartens, während auf der Straße Kin­ größeren Gruppe zu sein. So wird das Publi­ der spielen und eine Frau mit Kinderwagen kum mit ästhetischen Mitteln in die Handlung spazieren geht. Aus dem Off heißt es, »Wie gesogen. Der demokratische Prozess wird nicht sehr hat sich in den fünfzig Jahren, die uns von nur abstrakt erklärt, sondern filmisch als attrak­ jener Zeit trennen, die Welt gewandelt? Mit tives Erlebnis inszeniert. Stolz dürfen wir sagen, dass der Sozialismus unseres Jahrhunderts der Jugend völlig neue Aufs Ganze gesehen lässt sich Volk von morgen Lebensräume erschlossen hat.« Dazu folgen insofern als Zeichen für die komplexe Stellung Bilder von Sportplätzen, Berufsschulen und der sozialistischen Milieukultur nach 1945 lesen. ­Jugendheimen. Das harmonische Idealbild der Einerseits werden die Werte von Demokratie Adenauer-Gesellschaft wird hier allenfalls inso­ und Teilhabe in der neuen Gesellschaft als Er­ fern durchbrochen, als die sozialen Standards rungenschaften der Arbeiterbewegung gezeigt, im Nachkriegsdeutschland Errungenschaften des auch und gerade durch die Erziehung zu de­ (demokratischen) Sozialismus sind. Die Brüche mokratischem Bewusstsein in der organisierten der Weimarer Zeit und des Nationalsozialis­ Arbeiterjugendbewegung. Andererseits vermei­ mus bleiben unerwähnt. Weitaus expliziter det es die filmische Selbstverortung, gesell­ wird bei den Jugendtagsreden die Abgrenzung schaftliche Brüche der Gegenwart und der jün­ vom DDR-Sozialismus betont. Erst in der Rede geren Vergangenheit deutlich zu benennen. So Erich Ollenhauers zum Ende des Films wird ist das hier gezeichnete Bild der Falken und die nationalsozialistische Diktatur erwähnt. ihrer Aktivitäten gut anschlussfähig an den auf sozialen Ausgleich gerichteten Konsens der Auf diese in ihrer Tendenz systemkonforme bundesdeutschen Nachkriegszeit. und integrative Botschaft folgt die Darstellung des Zeltlagers. Zwar wird hier ebenfalls der Urlaubs- und Freizeitcharakter der Falken her­ Arbeiterjugendtag ’79. vorgehoben, doch geschieht dies vor allem Jugend für den Sozialismus – durch die Betonung von Gemeinschaft, Selbst­ macht die Falken stark! verantwortlichkeit und der Einübung demo­ Berlin 1979 kratischer Kultur. Neben Gruppentänzen oder der Darstellung eines selbstorganisierten Fund­ Weitere 24 Jahre später hat sich das filmische büros wird dies beispielhaft an einer Szene Selbstbild der Falken formal wie inhaltlich ­illustriert, in der die Teilnehmer des Zeltlagers ­erneut verändert. Unübersehbar hat sich die über die Einrichtung einer Lager-Konsum­ Jugendkultur der nach-68er Jahre ins Bild ein­ genossenschaft diskutieren und nach intensiver geschrieben. Das lässt sich sowohl an Mode Aussprache per Abstimmung beschließen. Jeder und Frisuren festmachen als auch an dem Stellen­ Schritt wird filmerzählerisch bewusst im Schuss- wert, dem die Musik im Film eingeräumt wird. Gegenschuss-Verfahren inszeniert: Eine jugend­ Auch formalästhetisch bedient sich der Film liche Teilnehmerin stellt zunächst in einer Tota­ einer neuen Erzählform: Es gibt keinen allwis­ len der im Kreis sitzenden Gruppe ihre Idee vor. senden Erzähler, der aus dem Off die Botschaft

14 festklopft, wie im Film von 1955. Stattdessen langatmig wirken kann, aber ins ästhetische Falken in Motion! wird sehr offen in einzelnen, lose zusammen­ Konzept des Direct Cinema passte. Neben den Filmische Darstellung hängenden Szenen erzählt. Die Aneinander­ kämpferischen Ansprachen zu Beginn sind diese der AJT reihung des Jugendtagsablaufs, die auch in den Podiumsdiskussionen im Rahmen der Film­ beiden anderen Filmen aufscheint, wird hier struktur inhaltliche Marksteine – es geht hier 1 Von »Kinoseuche« spricht Roland, Gegen die Frauen- konsequent zum Stilmittel gemacht. Alle ge­ auch um die Tugend der offenen Diskussion als verblödung im Kino, in: zeigten Episoden werden gleichwertig ernst ge­ Qualität für sich, doch mindestens auf gleicher Die Gleichheit 23 (1912/13), nommen und nehmen den gleichen Raum ein. Höhe steht die inhaltliche Auseinandersetzung. 115f., wiederabgedruckt in: Jörg Schweinitz (Hg.), Prolog Damit orientiert man sich stark an dem, was vor dem Film. Nachdenken man im zeitgenössischen Dokumentarfilm Direct Im Vergleich mit den beiden Vorgängerfilmen über ein neues Medium 1909 –1914, Leipzig 1992, Cinema nannte. Der filmische Gegenstand wird ist Arbeiterjugendtag ’79 derjenige, in dem po­ S.127 – 130. gerade nicht vorab inszeniert, wie das 1955 noch litische Forderungen am explizitesten artikuliert der Fall war, vielmehr lässt sich die Kamera werden. Bei den Demonstrationen und Rede­ 2 Vgl. Jürgen Kinter, Arbeiter- bewegung und Film scheinbar unmittelbar auf das Geschehen ein. beiträgen und schließlich bei den Podiums­ (1895 – 1933). Ein Beitrag Allenfalls wird dem Material später in der diskussionen wird deutlich politisch Stellung zur Geschichte der Arbeiter- und Alltagskultur und der Schnittbearbeitung Struktur gegeben. Zwar be­ bezogen. Gleichzeit ist er aber auch der Film, gewerkschaftlichen und ginnt der Film mit der Einführung zweier ideal­ der am stärksten eine jugendkulturelle Sprache sozialdemokratischen­ Kultur- und Medienarbeit, Hamburg typischer Protagonisten, einem Lehrling und spricht, sei es durch Musik, sei es durch die 1985; Dieter Langewiesche, einer jungen Arbeiterin, die sich gleichsam von Mode und den Habitus der Beteiligten. Doch Das neue Massenmedium der Werkbank zum Arbeiterjugendtag auf­ma­ lässt sich hieran auch eine bezeichnende Wand­ Film und die deutsche ­Arbeiterbewegung in der chen, beide tauchen aber erst am Ende wieder lung in der Adressierung des Publikums fest­ Weimarer Republik, in: auf, um von ihren Eindrücken aus Berlin zu machen. Nimmt man den 1955er Film als Ver­ ­Jürgen Kocka u.a. (Hg.), Von der Arbeiterbewegung erzählen. gleich, dann ist der ältere Film allein der Form zum modernen Sozialstaat. nach an eine möglichst breite Zuschauerschaft Festschrift für Gerhard Ansonsten besteht der Film aus einer Aneinander­ gerichtet. Wenn es auch nahe liegt, dass Volk A. Ritter zum 65. Geburts- tag, München u.a. 1995, reihung von Impressionen. Die einzige Klammer von morgen vor allem in sozialdemokratischen S. 114 –130. besteht in den Aufnahmen der österreichischen und gewerkschaftlichen Kreisen vorgeführt Politrockband Die Schmetterlinge, die immer wurde, so unterscheidet er sich in der Art des wieder in längeren Passagen eingeflochten wer­ erzählerischen Aufbaus und auch im kulturpo­ den. Abgesehen hiervon lehnt sich der Film der litischen Duktus kaum von anderen Kultur­ Abfolge des Jugendtags an, hier dann doch filmen seiner Zeit. Der 79er-Film dagegen kann ähnlich­ wie seine Vorgänger: Bilder der Ankunft sowohl filmisch als auch inhaltlich als Veror­ in Berlin, Demonstrationszüge, Kundgebungen tung der Falken im Kontext der neuen sozialen und Reden (ziemlich kämpferisch, zu aktuellen Bewegungen der Phase nach 1968 verstanden Fragen von Jugendpolitik und zu den schlechten werden. Massenkompatibel war das offene Er­ Lebensbedingungen für viele Kinder und Jugend­ zählen des Films jedenfalls kaum mehr. Hier liche aus Arbeiterhaushalten) und schließlich deutet sich auch auf medialer Ebene ein Bedeu­ Szenen aus dem Lagerleben (Sport und Spiel, tungswandel für die Rolle der sozialistischen gemeinsames Musizieren, auch Ausruhen und Arbeiterjugend an – vom Massenphänomen Schlafen, bis hin zu einer kurzen, aber pointier­ Arbeiter­bewegungskultur 1923, über den auf ten Kussszene). Inhaltlich eindrücklicher werden politische und kulturelle Integration ausgerich­ dann allerdings Ausschnitte aus drei Podiums­ teten Film von 1955 bis hin zum politisch diskussionen eingeschoben, eine zur Geschichte ­direkteren, aber filmisch nicht mehr in die der Arbeiterjugendbewegung, eine zur Atom­ Breite zielenden Film über Berlin. energie und eine zur Frauenpolitik. Diese Szenen stechen stark ab von den übrigen – in Reden und Demonstrationszügen durchaus politisier­ ten – Jugendtagsimpressionen. Hier wird aus­ führlich diskutiert, ohne auszublenden. Einzelne Argumentationsgänge werden lange durchge­ halten, was für heutige Sehgewohnheiten fast

15 Chile - Solidarität in Köln

Werner ley

» m 11. September 1973 putschte in Chi­ Imperialismus und seine Schergen mit Regie­ Übereinstim- mung bestand le das Militär gegen die aus freien rungen umzugehen pflegten, die nicht will­ in der Abscheu Wahlen hervorgegangene Regierung fährig ihren Interessen diente. In Köln wurde vor den Ver­ der Unidad Popular unter Salvador Allende. Ge­ beispielsweise sofort nach Bekanntwerden des brechen der plant von US-amerikanischen Militärs und der Putsches die Initiative zu einer gemeinsamen Militärs und CIA und unterstützt von den NATO-Staaten Solidaritätsdemonstration ergriffen. Genossin­ in der Notwen- gingen die Putschisten mit äußerster Brutalität nen und Genossen der Kinderhilfe Lateiname­ digkeit der vor – das Stadion von Santiago de Chile wurde rika, das AStA-Auslandsreferat unter Enrique praktischen zum Internierungslager für Tausende Verfolgte. Schmidt, dem späteren sandinistischen Minis­ Solidaritäts­ Die dort stattfindende Folterung und Ermordung ter in Nicaragua, und viele andere Gruppie­ arbeit mit den des Liedermachers Victor Jara wurde zum Inbe­ rungen und Organisationen waren daran be­ Verfolgten und griff für Massenverhaftungen und Folterungen. teiligt. Letztlich scheiterte diese Initiative an Flüchtlingen. Präsident Salvador Allende wurde von den Put­ der Haltung der DKP und ihrer befreundeten schisten in der Moneda, dem Regierungspalast, Organisationen, die es ablehnten, dass die ein­ nach heftiger Gegenwehr von Getreuen, erschos­ zelnen beteiligten Organisationen ihre Losungen sen. Damit war der Versuch, den Sozialismus in frei wählen können sollten. In der Folge fanden Chile auf parlamentarischem Weg aufzubauen, am 21. und 22. September 1973 verschiedene gescheitert. Überall in der Bundesrepublik kam Protestkundgebungen statt. Diese Spaltung der es zu Protesten, spontanen Demonstrationen Solidaritätsbewegung für Chile in die Anhän­ und Kundgebungen. Die Empörung über den ger des friedlichen Weges zum Sozialismus und Putsch und die anschließende Verfolgung der ihre Kritiker war nicht nur in Köln, sondern Anhänger der Unidad Popular reichte weit bundesweit charakteristisch für die weitere ­hinein in die »demokratische« Öffentlichkeit. ­Solidaritätsbewegung. Wer die Politik der Uni­ Dazu trugen auch – in der Presse auch verkürzt dad Popular als sakrosankt erklärte und jeg­ wiedergegebene – Bemerkungen bei wie die des liche Kritik als Gefährdung einer einheitlichen CDU-Generalsekretärs , im Stadi­ Solidaritätsbewegung verstand, konnte nicht on von Santiago habe sich keiner der Häftlinge in ein Bündnis mit von den Beteiligten frei ge­ bei ihm beschwert und das Leben sei dort bei wählten Devisen einstimmen. In der Folge bil­ sonnigem Wetter recht angenehm. Der Putsch deten sich, wie fast überall, auch in Köln zwei, in Chile wurde zum Symbol dafür, wie der US- das Chile-Solidaritätskomitee und das Komitee

16 »Freiheit für Chile«, die selbst in der prakti­ Auch wenn die damals gewählte Sprache heute schen Flüchtlingsarbeit über punktuelle Kon­ ungewohnt erscheint, haben die Inhalte nichts takte kaum hinauskamen. Übereinstimmung an Aktualität verloren. Das Chile-Solidaritäts­ bestand in der Abscheu vor den Verbrechen komitee Köln gründete sich als Personen- und der Militärs und in der Notwendigkeit der Organisationsbündnis. Ihm gehörten weit über praktischen Solidaritätsarbeit mit den Verfolgten fünfzig Personen an. Schon sehr früh wurde in Thema und Flüchtlingen. Die SJD – Die Falken waren Zusammenarbeit mit dem AStA der Uni Köln überall sofort nach dem Putsch aktiv in der zu einer öffentlichen Blutspendeaktion auf­ Chile- Organisierung der Solidaritätsarbeit. In den gerufen – mit dem Erlös wurde die praktische Solidarität Gruppen und Zeltlagern wurden die Ereignisse Flüchtlingsarbeit finanziert. In regelmäßigen in Köln in Chile breit diskutiert, wobei es im Verband Treffen­ in der Evangelischen Studentengemeinde keine einheitliche Linie gab, welche der beste­ und bei der evangelischen Kirche am Kartäuser­ henden Solidaritätsbewegungen man unter­ wall wurde eine Informations- und Mobilisie­ stützen wollte. Dies war je nach den Gegeben­ rungskampagne mit Kundgebungen, Veranstal­ heiten und der politischen Präferenz von Ort tungen und Flugblattaktionen konzipiert. Am zu Ort unterschiedlich. Die Auseinanderset­ 19. und 20. Januar 1974 trafen sich in Göttingen zung über die Lehren aus der Politik der Uni­ Vertreter der »undogmatischen« Chile-Komitees dad Popular unter Allende wurde zu einer aus der gesamten Bundesrepublik. grundsätzlichen Debatte über den Reformismus. In der damaligen zugespitzten Diskussion habe Nach kontroversen Diskussionen kam es schließ­ ich in einem Plattformentwurf des Chile-Soli­ lich zur Verabschiedung des Göttinger Appells, daritätskomitees Folgendes zu Papier gebracht: eines inhaltlichen Minimalkompromisses, der bewusst eine Kritik des reformistischen Weges »Der Militärputsch vom 11. September 1973 aussparte und in dem zu einer bundesweiten war eine erneute Bestätigung dafür, dass der Demonstration zum Jahrestag des Putsches auf­ von den reformistischen Führern der Unidad gerufen wurde. Es wurde ein dreiköpfiger Koor­ Popular proklamierte sogenannte ›friedliche dinationsausschuss gewählt, dem Volpert Beyer und demokratische Weg zum Sozialismus‹ aus Frankfurt, Peter Fehrenbach aus Heidelberg eine Illusion der Reformisten ist und für und Werner Ley aus Köln angehörten. Für Vol­ die Arbeiterklasse immer in einer blutigen pert Beyer wurde nach seinem Ausscheiden Sackgasse endet, weil Imperialismus und ­Ende 1974 für das Frankfurter Komitee Joachim nationale Bourgeoisie die Machtpositionen, Weidner (Hippel) nachgewählt. Ihr Auftrag war auf denen die kapitalistische Ausbeuter- die inhaltliche und organisatorische Vorberei­ ordnung fußt, niemals freiwillig und kampf- tung der Demonstration am 14. September 1974. los aufgeben, und weil sie immer dann ihre eigene Legalität mit Füßen treten, wenn Dazu gehörte auch die Herausgabe der Chile- sie glauben, dass ihre Herrschaft bedroht Zeitung, die in einer Auflage von jeweils ist. Der Putsch vom 11. September war eine 25000 Exemplaren insgesamt viermal erschien, erneute Bestätigung dafür, dass der Sozialis- zur Situation in Chile und der Solidaritätsbe­ mus nicht durch die schrittweise Eroberung wegung informieren und die ersten Ausgaben und ›Umfunktionierung‹ des bürgerlichen zur zentralen Demonstration in Frankfurt mo­ Staates, sondern nur auf dessen Trümmern bilisieren sollten. Die Chile-Nachrichten waren errichtet werden kann. Dass der alte bürger- aus dem Umfeld des Sozialistischen Büros als liche Staatsapparat vom Proletariat nicht internes Informationsmedium bereits vor dem einfach übernommen ­werden kann. Dass der Putsch begründet worden und wurden später Sozialismus nur dann errichtet werden kann, als Lateinamerika-Nachrichten weitergeführt. wenn sich das Proleta­riat eigene Macht- organe schafft, als zentralisierte und bewaff- nete Gegenmacht zur alten bürgerlichen Herrschaft und als Rückgrat der neuen sozialistischen Gesellschaftsordnung.«

17 Zeitgleich begannen die Vorbereitungen zur Zur Chile-Woche organisierte das Chile-Komi­ Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland im tee Köln am 10. September 1974 eine Veran­ Juni 1974, für die sich Chile qualifiziert hatte staltung in der Mülheimer Stadthalle, ein Stra­ und die nicht ohne sichtbare Zeichen der Soli­ ßentheater in Köln-Kalk, es verteilte eigene darität stattfinden sollten. Schon während des Mobilisierungsflugblätter und die Chile-Zei­ ersten Spiels in Berlin wurden auf den Zuschauer­ tung, und verkaufte Fahrkarten zu den Sonder­ Thema rängen mehrere Transparente entrollt, allerdings zügen am 14. September nach Frankfurt. Diese Chile- von den Medien weitgehend totgeschwiegen. Fahrkarten waren konkurrenzlos günstig – für Solidarität Erst als es nach tagelangem Training im Grune­ DM 9.– ging es hin und zurück, allerdings um in Köln wald Berliner Genossinnen und Genossen ge­ den Preis, dass die Sonderzüge so überfüllt waren, lang, beim nächsten Chile-Spiel die Absper­ dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Fahrt rungen zu überwinden und das Spiel für länge­ in den Gepäcknetzen überstanden. Die Stimmung re Zeit zu unterbrechen, war die notwendige in den Zügen wurde dennoch als kämpferisch ­Außen­wirkung hergestellt. und enthusiastisch beschrieben.

Luis Vitale, führender Gewerkschaftsfunktionär In Frankfurt kam es zu einer überzeugenden des chilenischen Gewerkschaftsbundes CUT, Manifestation der Chile-Solidarität mit über der zu dieser Zeit noch in Chile in Haft war 25 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Auf und auf Initiative von Hans-Jürgen Wischnews­ der Abschlusskundgebung sprachen Vertreter ki freikam, berichtete nach seiner Freilassung, nahezu aller chilenischen Organisationen und dass man in den Gefängnissen die Spiele der vieler europäischer Solidaritätskomitees. Die Weltmeisterschaft sehen durfte und diese FAZ titelte am nächsten Tag: »Aufmarsch der Aktio­nen für die Internierten überhaupt die westdeutschen Ultralinken« (Frankfurter Allge­ erste Nachricht war, dass es eine internationale meine Zeitung vom 16. 9.1974). Nach der Viet­ Solidaritätsbewegung mit Chile gibt. In den nam-Solidarität konnte die Chile-Solidarität erst­ Gefängnissen und Internierungslagern der Junta mals wieder eine breite Massenwirkung entfalten. habe dies für die Gefangenen eine große mora­ lische Unterstützung bedeutet. Nach der Demonstration zum Jahrestag des Putsches fand bereits am 26. Oktober 1974 ein In Köln fand am 18. April 1974 in der Mülheimer Delegiertentreffen der Chile-Komitees zur Dis­ Stadthalle eine Solidaritätsveranstaltung der kussion seiner weiteren Schwerpunkte statt. In Kinder­hilfe Lateinamerika und des Chile-Soli­ einer Resolution wurden zwei Kernaufgaben daritätskomitees Köln mit dem argentinischen definiert: Liedermacher Daniel Viglietti statt. Insgesamt jedoch waren die Aktivitäten beider Komitees • eine Kampagne zur Freilassung in Köln im Frühjahr und Frühsommer 1974 der politischen Gefangenen zurückgegangen. Dies änderte sich erst mit der Vorbereitung zu den geplanten Aktionen zum • eine Kampagne zur diplomatischen Jahrestag des Putsches. und ökonomischen Isolierung der Militärjunta unter Pinochet. Die Arbeit im Kölner Komitee konzentrierte sich während des Sommers 1974 auf die Mobili­ Ein Koordinierungstreffen der europäischen sierung zur zentralen Demonstration am 14. Sep­ Chile-Komitees am 8. und 9. Februar 1975 in tember 1974 und der Vorbereitung einer vor­ Frankfurt diente der europaweiten Koordinie­ gelagerten Chile-Woche vor Ort. Das Angebot rung dieser Kampagnen. zu gemeinsamen Aktionen an das Komitee der DKP und ihrer Vorfeldorganisationen wurde In Köln wurde für den 24. Oktober 1974 in die von diesen nach einer abendfüllenden Diskus­ Bottmühle, das Falkenzentrum in Köln, einge­ sion zurückgewiesen. laden, um die weitere Arbeit zu beraten und das Chile-Solidaritätskomitee auch personell zu stärken. Auch hier wurden der Aufruf zur

18 Freilassung der politischen Gefangenen und Seit Mitte 1975 wurde die Solidaritätsarbeit die Boykottkampagne zu Schwerpunkten der mit Chile jedoch zunehmend überlagert durch Arbeit bis in den Herbst 1975 hinein. Die ge­ die Ereignisse in Portugal und Spanien. Die samte Linke, unabhängig von ihrer organisato­ Nelkenrevolution in Portugal und der Tod rischen Zugehörigkeit, war von den Ereig­ Francos in Spanien banden in neugegründeten nissen in Chile und der Solidaritätsarbeit stark Komitees die Arbeitskraft vieler Aktiver und geprägt. Nach dem Putsch wurde in Chile ließen die Ereignisse in Chile etwas in den Hin­ ­neben der weiterhin bestehenden brutalen tergrund treten. ­Repression wirtschaftspolitisch das Modell der Chicago Boys erprobt. Die radikale Einfüh­ Die Militärdiktatur konnte erst 1990 überwun­ rung der Instrumente des Neoliberalismus mit den werden. Niemand hatte sich 1973 auch Privatisierungen, Lohnsenkungen, Arbeitszeit­ nur vorstellen können, dass Pinochet und seine verlängerung etc. führte zu einer massenhaften Junta ihre Terrorherrschaft zwei Jahrzehnte Verarmung der Bevölkerung. Die Folgen dieser weiterführen könnten und er als Massenmörder Wirtschaftspolitik waren noch jahrelang Gegen­ hochbetagt im Bett versterben würde. stand der Bildungsarbeit, und damals galt als realitätsfern, wer behauptete, dass sich die gleichen Instrumente nach und nach weltweit durchsetzen würden.

Die gesamte« Linke, unabhängig von ihrer organi- satorischen Zu­ gehörigkeit, war von den Ereig­ nissen in Chile und der Solidari- tätsarbeit stark geprägt.

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19 » Die am 9./10. November durchgeführte Judenaktion hat in hiesigen marxistischen Kreisen starken Unwillen hervorgefufen.«1 Antifaschistischer Widerstand von Arbeiterjugendlichen mit der bündischen Jugend, der Sportjugend und dem »politisierenden Katholizismus« in Bremen.

Jörg wollenberg

» as haben wir uns damals gedacht? sie mit dem holländischen Schriftsteller Nico […], dass es in Bremen trotz Das fragte sich noch einmal der fast Rost immer wieder über die Frage, warum die Terror und Ver- 100 Jahre alte, international hochge­ Sozialdemokraten den Aufstieg der Nazis zur folgung gelun- schätzte englische Historiker Eric Hobsbawn Macht nicht hatten verhindern können. Gele­ gen war, ein in seinem 2009 veröffentlichten Rückblick auf gentlich kam der Reichstagsabgeordnete und Antifa-Bündnis die Ereignisse, die vor 80 Jahren zur Machtüber­ spätere Vorsitzende der SPD, Kurt Schumacher, von Jugend­ tragung an Hitler führten und die er als junger hinzu. Als Häftlingsbibliothekar der KZ-Lager­ lichen aus Student in Berlin erlebt hatte. Warum hat man bücherei mit einem Bestand von rund 18000 Kommunisten, Hitlers Aufstieg zur Macht nicht verhindern Bänden pflegte er die informellen Kontakte Sozialdemo­ können? Sein Resümee: »Es gab nichts Unaus­ zu zahlreichen Genossen, unterstützt u. a. von kraten und weichliches an den Ereignissen, die zu seiner Viktor Matejka, dem einflussreichen Wiener bündische Ernennung als Reichskanzler führten. Doch zu Kulturpolitiker­ und Linkskatholiken, der sich ­Jugendlichen diesem Zeitpunkt gab es nichts, was die Sozial­ in ­Dachau zum Kommunismus bekannte. Nico mit Kontakten demokraten oder die Kommunisten daran hätten Rost notiert dazu am 31. August 1944 in sein zum ISK her­ ändern können«.2 Ist das zutreffend? Gab es Dachauer Tagebuch3, nachdem sie über die zustellen und außerhalb nicht wenigstens in den Hoch­ singuläre Leistung der deutschen Arbeiterhoch­ ­Verbindungen burgen der Arbeiterbewegung wie in Hamburg, schulen und Arbeiterzentralbibliotheken dis­ zum VSK zu Bremen oder Nürnberg die Möglichkeit, den kutiert hatten – mit Vorlesungen in Nürnberg knüpfen. Faschismus aufzuhalten? oder Bremen von Oppenheimer, Sombart, Joseph Dietzgen, Rudolf Hilferding, Rosa Luxemburg, Viele Gegner des Nationalsozialismus fanden Karl Kautsky u.a.: erst in den Haftanstalten und Konzentrations­ lagern die Gelegenheit, über Ursachen und Folgen »Es ist eine Tragödie, die viele von uns nicht der Niederlage von 1933 nachzudenken. So zum sehen und begreifen, dass diese Zehntausende Beispiel die kampferprobten Bremer Sozialisten deutscher Sozialdemokraten […] trotz ihres gu­ und Gewerkschafter Emil Theil und Udo Mei­ ten Willens und obwohl sie viel belesener und necke oder der Nürnberger Sozialdemokrat und entwickelter waren als die meisten Arbeiter in Häftlingskapo im Krankenbau Heinrich Stöhr den anderen Ländern Europas, doch beinahe aus Nürnberg. Und das ausgerechnet im KZ nichts getan haben, um den Nazis den Weg zur Dachau, Stube 1, Baracke 13. Hier diskutierten Macht zu versperren. Sie hatten ein so großes

20 Wissen, doch in der Praxis – in der revolutio­ trafen mit dem Hauptredner Alfred Faust, nären Praxis wussten sie damit nichts anzufan­ SPD-Reichstagsabgeordneter und Chefredak­ gen. Ich neige oft zu der Annahme, dass den teur der Bremer Volkszeitung, einen Monat Deutschen, also auch den deutschen Arbeitern, später im Konzentrationslager Bremen-Mißler jede politische Intuition fehlt, jedes politische unfreiwillig zusammen. Auf die Machtergrei­ ›Feeling‹. An diesem Mangel sind natürlich auch fung vom 30. Januar 1933 hatte die Gewerk­ Jahres- verschiedene wirtschaftliche Faktoren schuld, schaftsführung mit Stillhalten und Anpassung tage vor allem die ständig größer gewordene gesell­ reagiert. Der Vorsitzende des ADGB, Theodor Antifaschisti- schaftliche Verarmung, wodurch die Kräfte und Leipart, meinte in Übereinstimmung mit dem Energien der Deutschen stets auf das Notwen­ SPD-Vorstand: »Organisation – nicht Demons­ scher Wider- digste gerichtet sein mussten, völlig absorbiert tra­tion: das ist die Parole der Stunde«. Vergeb­ stand von wurden durch die Sorge für den nackten Lebens­ lich warteten die Funktionäre vor Ort auf An­ Arbeiter- unterhalt, für die notwendigsten Dinge des täg­ weisungen von oben. Stattdessen wurden im jugendlichen lichen Lebens. Schuld daran ist auch ihre Vor­ März 1933 Kontakte zur NS-Führung aufge­ liebe für strengste Disziplin – die ihnen von nommen. Der im »Führerkreis« von jungen rech­ frühester Jugend an immer wieder eingeschärft ten Funktionären um Lothar Erdmann und wird –, das ihnen zur zweiten Natur gewordene Walter Pahl vorbereitete Aufruf des ADGB- Bedürfnis zu gehorchen, und ihr fester Glaube Vorstands im Zentralorgan des ADGB forderte an jede ›Obrigkeit‹ [...] alles Eigenschaften, die dazu auf, sich als »ein vollberechtigtes Mitglied ein Holländer nicht begreifen kann und will – der deutschen Volksgemeinschaft« an den und noch weniger akzeptiert! Unwillkürlich ­Demonstrationen zum 1. Mai 1933 zu beteiligen­ fällt mir dabei eine Anekdote von Karl Radek und gemeinsam mit den Nationalsozialisten ein, der von einem sozialdemokratischen Funk­ den zum »Tag der nationalen Arbeit« umbenan­n­ tionär zu erzählen pflegte, der in den November­ ten Kampftag als arbeitsfreien Tag zu begehen.5 tagen 1918, als die Berliner Arbeiter das Reichs­ tagsgebäude erstürmen wollten, auf einen Trotz dieses Höhepunktes und zugleich End­ ­Laternenpfahl geklettert sei und, so laut er punktes der gewerkschaftlichen Anpassungs­ konnte, gerufen habe: ›Aufpassen, Kameraden, politik formierte sich überall in Deutschland nicht auf den Rasen treten!‹«4 nach 1933 der Widerstand auf regionaler Ebene. Er beschränkte sich zunächst vornehmlich auf Wären die Zerschlagung der Gewerkschaften die Arbeiterbewegung und bezog die Juden mit und ihre wenigstens in den ein, die als Mitglieder der Arbeiterparteien und Hochburgen der Arbeiterbewegung zu verhin­ Gewerkschaften besonders gefährdet waren. dern gewesen? Hätte gar die Weimarer Repu­ Sofern sie nicht rechtzeitig emigrieren konn­ blik gerettet werden können, wenn die sozial­ ten, wurden sie in der Regel mit als Erste im demokratische Arbeiterbewegung mit den im März und April 1933 verhaftet oder in die frühen ADGB zusammengeschlossenen freien Gewerk­ Konzentrationslager eingeliefert. schaften und ihrer gemeinsamen Schutzorgani­ sation, der »Eisernen Front«, zusammen mit Es besteht kein Zweifel daran, dass die NS- der KPD, SAP, ISK und KPO Widerstand Bewegung in der Zeit ihres Aufstiegs in einer ­geleistet hätte? Immerhin demonstrierten am Arbeiterhochburg wie Bremen trotz des An­ 12. Februar 1933 in Nürnberg noch 60 000 passungskurses der Gewerkschaften nur schwer Menschen gegen den Hitler-Faschismus.»Nicht innerhalb der Arbeiter Fuß fassen konnte. Wahl­ der Marxismus, sondern das kapitalistische analysen im lokalen Bereich zeigen, entgegen Wirtschaftssystem­ ist Schuld an dem Chaos«, der Thesen von Falter, die besondere Resistenz verkündete der stellvertretende SPD-Vorsitzende der Arbeiterschaft gegenüber dem National­ Hans Vogel den Massen. In Bremen folgten am sozialismus.6 Die unversöhnliche Haltung gegen­ Vorabend der Reichstagswahl vom 5. März 1933 über dem NS-System dokumentieren auch die noch einmal 30 000 Teilnehmende dem Aufruf in den Stimmungs- und Lageberichten der Ges­ der »Eisernen Front«, dem sich erstmals die tapo festgehaltenen Nachrichten aus Betrieben Kommunisten­ anschlossen. Viele von ihnen und Stadtteilen. Versorgungsengpässe bei Nah­

21 rungsmitteln, Wohnungsmangel und unzurei­ prominente Bürger, die nach 1945 erneut die chende Löhne führten zu anhaltender Unzu­ Politik Bremens prägen sollten: Zu ihnen ge­ friedenheit unter der Arbeiterbevölkerung.7 hörten der Reichsbannervorsitzende Willy Dehn­ Auch die ersten Ergebnisse der »Vertrauensräte«­ - kamp, Senator und Bürgermeister ab 1951, der Wahlen von 1934/35 belegen die nach wie vor Maschinenschlosser Gustav Böhrnsen und der geringe Akzeptanz der Kandidaten der NSBO Redakteur der Arbeiter-Zeitung und Gewerk­ Jahres- in den Zentren der Arbeiterbewegung. Wie groß schaftssekretär des KPD -Bezirks Nordwest, tage die Verweigerung im Einzelfall war, zeigt das Johann Koschnick, der nach seiner Entlassung Antifaschisti- Beispiel der Bremer Vulkan-Werft, wo 1935 zu aus der Haft 1944 in Finnland als Mitglied des scher Wider- der aus Anlass der Wahl einberufenen Betriebs­ Strafbataillons 999 verstarb. Zu Dehnkamp stand von versammlung von 2500 Beschäftigten nur 250 und zu den der KPD angehörenden Vätern Arbeiter- erschienen. Daraufhin wurde eine zweite Ver­ der späteren Bremer SPD -Bürgermeister Hans jugendlichen sammlung anberaumt, und die NSBO bean­ ­Koschnick und Jens Böhrnsen, gesellten sich tragte in Anbetracht der Stimmung unter den zahlreiche Kommunisten und Sozialdemokraten, Arbeitern bei der Direktion die Schließung der die zwischen 1933 und 1945 in öffentlichen Werkstore während der Versammlung. Dies Schauprozessen wegen der Verteilung illegaler wurde abgelehnt. Zur zweiten Betriebsver­ Schriften und des Aufbaus verbotener Organi­ sammlung erschienen dann lediglich 200 Be­ sationen zu mehrjährigen Zuchthausstrafen ver­ schäftigte.8 Für die galt die Bremer urteilt worden waren. AG Weser-Werft noch 1936 als »kommunis­ tisch verseucht«. Sie empfahl, einen Zaun um Volksfront von Jugendlichen das Gelände der Werft zu ziehen und diese zum aus den Reihen der Sozialisten KZ zu erklären.9 Die zahlreichen Prozesse gegen und Kommunisten mit den Widerstandsgruppen aus der Arbeiterbewegung Naturfreunden, der Sportjugend belegen das Resistenzverhalten und den bis zum und der bündischen Jugend- Ende des Krieges anhaltenden Widerstand.10 bewegung

1.305 Bremer befanden sich nach Angaben der Eine der größten Verhaftungswellen betraf im Gestapo im ersten Jahr der Machtübertragung Sommer 1936 die Arbeiterjugendlichen der KPD, an Hitler in »Schutzhaft« und wurden in der die früh in Bremen Kontakt zu anderen Gruppen Regel ab März 1933 in das Bremer KZ Mißler, des Widerstands pflegten: zu Sozialdemokra­ ab 1. Oktober 1933 nach Ochtumsand einge­ ten, zu bündischen Jugendlichen oder zu den liefert. Folgt man der am 6. März 1934 von bürgerlichen Mitgliedern des Vereins für Sport der Bremer Polizeidirektion vorgelegten »Leis­ und Körperpflege (VSK). Auch zur Hamburger tungsbilanz«, dann verzeichnete die Bremer KP-Gruppe um Heinz Strelow und zu weiteren Gestapo innerhalb eines Jahres 31.000 »Ein­ Mitgliedern der späteren »Roten Kapelle« wie gänge, davon sind von der Exekutive 200 Cato Bontjes van Beek aus Fischerhude bestand ­Sachen bearbeitet worden. Rund 950 Haus­ über die Dannat-Geschwister und Hans Laufen­ suchungen wurden vorgenommen, festgenom­ berg ein enger Kontakt. 108 dieser verhafteten men im Hochverratsverfahren rund 450 Per­ Bremer Widerstandskämpfer wurden wegen der sonen, dem Gericht zugeführt rund 260 Perso­ »Bildung einer Volksfront von Sozialisten und nen«.11 In den Bremer Ermittlungsverfahren und Kommunisten« nach monatelanger Einzelhaft Prozessen, die zwischen 1933 und 1945 statt­ zwischen 1936 und 1938 vor dem Sonder­ fanden, wurden u. a. wegen der »Verbreitung gericht des Hanseatischen Oberlandgerichts in von Greuelmeldungen aus den Konzentrations­ Bremen in einem öffentlichen Schauprozess lagern«, der »Verbreitung illegaler Zeitungen«, zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt.12 der »Errichtung einer Einheitsfront zwischen »Böhme, Böhrnsen und andere Jungkommu­ KPD und SPD, hier KJVD und SAJ« oder der nisten versuchen derzeit, die Mitglieder des »Vorbereitung zum Hochverrat« weit über Vereins für Sport und Körperpflege (VSK) zum 500 Bremer Vertreter der Arbeiterbewegung zu Kommunismus herüber zu ziehen und jeden­ hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Dazu zählten falls in dem VSK eine kommunistische Jugend­

22 gruppe zu bilden. Dieses geschah im Auftrage tor ab, bevor sie am 18. Juni aufgrund einer Buckendahls. Er selbst befahl diese Jugend­ Amnestie die Freiheit erlangten.16 gruppe für den fraglichen Silvester in die Wie­ kau, um dort eine Schulung zum Zwecke einer Die politischen Köpfe der von Kommunisten Aktivierung der Arbeit zu veranstalten«, heißt geführten Bremer Gruppe der Arbeiterjugend­ es im Ermittlungsverfahren.13 Sie kamen ins lichen waren neben Klaus Bücking die beson­ Zuchthaus nach Bremen-Oslebshausen. Dort ders gefährdeten Juden Walter von Perlstein nahmen sie Kontakt auf zu den im November und Hermann Meyerhoff (KPD) und der ille­ 1935 verurteilten 47 Sozialdemokraten um gale KPD-Bezirksleiter Georg Buckendahl. Spä­ Hermann Osterloh.14 Den Erhalt von Tages­ ter kam Konrad Blenkle als Instrukteur von zeitungen vermittelte nach Mitteilungen von der Abschnittsleitung Nord der KPD mit Sitz Böhrnsen und Meinecke der AG-Weser-Chef in Amsterdam hinzu. Kontakt zur Gruppe hat­ Franz Stapelfeldt. Sie nutzten die nach 1918 ten auch der Schauspieler und Gründer der von Emil Sonnemann, dem Gründungsmitglied Bremer »MASCH« Edgar Bennert (nach 1945 der Bremer Linken, gut ausgestattete Häft­ Intendant in ), der Star des Bremer lingsbibliothek und setzten mithilfe des Morse­ Schauspielensembles Hans Müller und Max alphabets die marxistische Schulungsarbeit un­ Burghardt (nach 1945 »roter Intendant« des ter Georg Buckendahl fort. Eine Gruppe von Westdeutschen Rundfunks in Köln, dem Vor­ zwanzig verurteilten Jugendlichen hatte noch läufer des WDR, und Leiter der Deutschen unmittelbar nach dem Urteil und vor dem Staatsoper in Berlin). Zur AG Weser bestanden Transport in das Zuchthaus die Internationale über Lutz Bücking und Georg Gumpert Bezie­ gesungen. Die Bremer Gestapo-Beamten Her­ hungen zu Adolf Ehlers, Emil Theil, Leo Dra­ mann und Schrader hatten Mühe gehabt, das bent und Hermann Prüser. Für die Verbindung Eine Gruppe« Beziehungsgeflecht dieser Gruppe zu durch­ zu der für die Flugblattverteilung wichtigen von zwanzig schauen.15 Gruppe der Binnenschiffer sorgten Willi Müller verurteilten und Heinz Schramm, einst Organisationsleiter ­Jugendlichen Schon vor 1934 trafen sich einige von ihnen in im Seeleute-Einheitsverband. Selma Vöge und hatte noch der Wohnung des mehrfach verhafteten Juris­ Hermann Goldschrafe organisierten Kontakte ­unmittelbar ten Klaus Bücking (KPD) und seiner Frau, der zu den Atlas-Werken (Willi Bethge) und zu nach dem Urteil Pastorentochter Maria (später Krüger), um Borgward (Albert Oltmanns, Erwin Heine­ und vor dem marxistische Schulungsarbeit und Flugblattak­ mann). Besonders erfolgreich gestaltete sich Transport ins tionen wie den Druck der Kleinen Arbeiterzei­ die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Zuchthaus die tung vorzubereiten. Nach 1934 begegneten Sozialistischen Kampfbund (ISK) und den Internationale sich Mitglieder der Gruppe regelmäßig in einem »Roten Kämpfern« um Axel Dehms, Frieda gesungen. Blockhaus im Wald von Wildeshausen, der Arnold (Paul), Hermann Lücke, Jan Onasch Heini-Boye-Hütte, die lange auch Anlaufstelle und Albert Flachmann. Diese hatten als beken­ der Bremer Naturfreunde-Jugend gewesen war. nende Vegetarier mit der Einrichtung der von Dort trafen sie gelegentlich auch auf die illegale Hitler geförderten vegetarischen Gaststätten Gruppe der Bremer Bündischen Jugend um Kurt Kontakte­ zwischen den Gruppen erleichtert. Böhm, Karl Fricke und Fritz Pook, die von Die von ihnen herausgegebene Monatszeitung 1934 bis 1937 ebenfalls diesen Ort für Bespre­ Blick in die Welt kollagierte geschickt offizielle chungen mit der Hamburger Nerother-Wander­ Nachrichten des Systems zu Formen des Pro­ vogel Gruppe um Manfred und Christel Nord­ testes und der Resistenz. Erst im Mai 1937 mann nutzte und dort Vorbereitungen von wurden die Mitglieder des ISK verhaftet.17 »Treffahrten« organisierte. Diese Gruppe wurde Nach 1945 gehörten sie in der britischen Be­ 1938 »wegen illegaler Betätigung in der Bündi­ satzungszone mit dem Bremer Werner Hansen schen Jugend« und als »internationale Pfad­ (Wilhelm Heidorn) und seinem Bruder Adolf finder« vor dem Hanseatischen Landgericht Heidorn zu den Gründungsvätern der west­ Hamburg in Bremen angeklagt. Ihre Untersu­ deutschen Gewerkschaften und von »Arbeit und chungshaft saßen sie ab 4. November 1937 bis Leben«, der Kooperation von Volkshochschule zum 4. Mai 1938 im Polizeigefängnis am Oster­ und DGB in der Volksbildung.

23 Ab April 1936 wurden allein im Prozess gegen tens, Elisabeth Fenske, Bertha Dannat, Maria Heinrich Lührs u. a. 108 Nazigegner angeklagt.18 Bücking-Krüger, Viktoria Knak oder Selma Dieser Prozess ist nicht nur wegen der großen Vöge, , und Zahl von Angeklagten von Bedeutung, sondern Frieda Paul. Dazu kamen Männer wie der Jude auch, weil er zeigt, dass es in Bremen trotz Terror Heiner Oliver, der von der Bündischen Jugend und Verfolgung gelungen war, ein Antifa-Bünd­ zum KJVD wechselte, Rudolf Böhme vom SAJ, Jahres- nis­ von Jugendlichen aus Kommunisten, Sozial­ die Werftarbeiter und KJVD-Mitglieder Gustav tage demokraten und bündischen Jugendlichen mit Böhrnsen, Kurt Baumgarte, Georg Gumpert, Antifaschisti- Kontakten zum ISK herzustellen und Verbindun­ Lutz Bücking mit Kontakten zu Leo Drabent, scher Wider- gen zum VSK zu knüpfen. Einige von ihnen saßen Hans Mikisch, Jakob Pfarr oder Karl Wastl, stand von schon zuvor in Haft, weil sie u. a. in den Prozess die alle eng mit älteren arbeitslosen Kunst­ Arbeiter- gegen die Kleine Arbeiter-Zeitung (ab Januar schaffenden wie Dietrich Arfmann, Albert jugendlichen 1936 gegen Georg Buckendahl und 62 weitere Gerken, Walter von Perlstein und Edgar Bennert Personen) verwickelt oder wie die 18-jährige kooperierten. Was sie einte, war der Kampf Alma Müller und 87 weitere Bremer im »Wahr­ ­gegen die Passivität und Niedergeschlagenheit heitsprozess« am 19. Juni 1934 zu Zuchthausstra­ besonders in den einstigen linken Vorreiter- fen verurteilt worden waren. »In Deutschland ist Betrieben. »Das war für uns noch bedrücken­ es verboten, die Wahrheit zu sagen«, heißt es in der als der Terror der Gestapo«, schrieb dazu der ersten Nummer der illegal in Bremen er­ einer von ihnen aus der englischen Kriegsge­ schienenen Wahrheit von April 1933.19 fangenschaft. Und Heinz Kundel (KPO/SAP) fügte in seiner Rede an die Bremer Arbeiter Das geglückte Beispiel einer antinazistischen über den Arbeitersender der BBC am 4. Januar Volksfront mehrerer Gruppen in Bremen, die 1945 hinzu: »Um Schluss zu machen, müssen bis zu seiner Verhaftung im August 1934 vom die Arbeiter [sich] wieder ihrer eigenen Kraft be­ Hamburger Harry Naujoks als illegalem poli­ wusst werden. Müssen sich organisieren, müssen tischen Leiter des Bezirks Nordwest aufgebaut solidarisch auch mit den ausländischen Arbeitern und anschließend von seinem Nachfolger Georg sein. Die deutsche Arbeiterschaft ist eine Kraft, Buckendahl mit Unterstützung von Conrad wenn sie einig ist und wenn sie weiß, was sie Blenkle aus Amsterdam fortgesetzt wurde, war will. Mit jeder politischen Gruppe, die den Sturz weniger das Resultat einer parteikommunisti­ Hitlers will, müssen wir zusammenarbeiten. schen Strategie. Die Mehrheit der Gruppe Wir müssen aus der Isolierung, aus der Passivi­ lehnte z. B. die Beschlüsse der Brüsseler Konfe­ tät heraus und handeln. Zwölf Jahre lang unter renz der KPD von 1935 mit der Strategie des dem furchtbarsten Naziterror haben wir uns »Trojanischen Pferdes« (Unterwanderung der nicht brechen lassen. Jetzt kommt unsere Nazi-Organisationen) ab. Das Zusammengehen ­Stunde. Seien wir bereit sie wahr zu nehmen.«21 war eher das Ergebnis von zum Widerstand bereiten Nonkonformisten, die schon vor 1933 Auch die Bremer SPD erlebte zwei größere Pro­ – und teilweise an ihren Parteivorständen vor­ zesse vor dem Hanseatischen Oberlandgericht bei – ein Miteinander unterschiedlicher Positio­ in Bremen: ab August 1934 gegen 88 Mitglieder nen ausprobierten hatten und unmittelbar nach des Reichsbanners, darunter Willi Dehnkamp, 1933 unterschiedliche Formen der Illegalität Hermann Engel und Alfred Göbel. Auch hier praktizierten. Die Ermittlungsverfahren gegen waren die meisten von ihnen Jugendliche unter Anhänger der Einheitsfrontaktionen führten in 25 Jahren und nach wie vor arbeitslos. Im No­ Bremen immer wieder zu Verhaftungen von vember 1934 gelang es der Gestapo, 47 Genossen Sozialdemokraten und Kommunisten, ohne dass aus den Reihen der illegal arbeitenden Bremer die Gestapo die losen Bündnisse durchschaute.20 SPD zu verhaften und wegen der Weiterfüh­ Altgediente und lernfähige Arbeiterfunktionäre rung einer illegalen Organisation zu mehrjäh­ besonders aus den Reihen der KPD stützten rigen Zuchthausstrafen verurteilen zu lassen, diese Formen der Verweigerung, der Resistenz darunter Hermann Osterloh, Emil Theil, Anna und des Widerstands so unterschiedlicher Frauen Stiegler, Hermine Berthold, Hans Hackmack, wie Alma Müller, Heidi Mikisch, Henni Kas­ Willi Blase und Richard Boljahn.22

24 Gegen die am 7. November 1938 verhafteten auch den Strafsenat des Hansatischen Ober­ Bremer SAP- und SAJ-Mitglieder um Karl und landesgerichtes in Erstaunen versetzte.26 Heinrich Rottmann, Martin Meyer und Johann Brünjes fand 1939 ein Prozess vor dem Reichs­ Die Bremer Gestapo blieb auch nach diesen kriegsgericht statt, der die »Roten Kämpfer« Prozessen verunsichert. So hält der Monatsbe­ Jan Onasch und Albert Flachmann mit einbe­ richt zur politischen Lage vom 5. August 1935 zog.23 Die Gruppe der ehemaligen SAJ-Mitglie­ fest: »Von der KPD bis zum politisierenden der um die Brüder Rottmann, Hildegard Esdor, Katholizismus und den reaktionären Kreisen Helmut Dantz, Julius Dierks, Friedrich Knigge, ist zunächst einmal die Einheitsfront herge­ Walter Beier und Anna Schnakenberg hatte stellt. Diese Einheitsfront richtet sich in fanati­ nach dem Verbot der SPD den Zusammenhalt schem Hass gegen die nationalsozialistische Organisiertes « durch den Eintritt in den Verein für Sport und Bewegung und den Aufbau des Dritten Reiches. Widerstands­ Körperpflege in Bremen aufrechterhalten und […] Die Zahl der Gegner und ihre Kampfes­ handeln war sich der bei diesem Verein bestehenden Abtei­ weise darf nicht unterschätzt werden. [...] Sie nach den ersten lung »Wandergruppen« ebenso angeschlossen verstehen es, Unruhen in die Reihen zu tragen«. Erfolgen der wie dem Turnverein »Freie Turner« in Blumen­ Und diese Unruhe ist aus Sicht der politischen NS-Verfolgungs­ thal. Die wegen Vorbereitung zum Hochverrat Polizei mit auf die falsche Behandlung der »Ju­ instanzen schon vorher verurteilten SAJ-Mitglieder Franz denfrage« zurückzuführen, auf »Ausfälle« und ­durchaus auch Boljahn und Rudolf Böhme hatten über Böhrn­ »Fehler« wie z. B. »dass ohne jede Veranlassung nach 1935 sen für Verbindungen zu kommunistischen Krei­ ein Jude verprügelt wurde«. Und der Bericht noch ­möglich. sen gesorgt, wie die Ermittlungsakten von 1938 fährt fort: »Wenn man andererseits dann beob­ festhielten.24 Besonders beunruhigt zeigte sich achtet, dass selbst Parteigenossen noch in Waren­ die Gestapo über die Häufigkeit der politischen häusern und in jüdischen Geschäften kaufen Sitzungen dieser Gruppen in den Jahren 1936 und damit die Juden finanzieren, dann klingt und 1937. Schulungsabende und Vorträge über es geradezu wie ein Hohn, wenn man sehen wirtschaftliche und politische Fragen fanden muss, dass – nur ein Beispiel zu nennen – das regelmäßig statt, wobei u.a. »das Buch ›Ein Weg­ jüdische Kaufhaus Julius Bamberger von Käu­ weiser zum Studium der ökonomischen Grund­ fern nahezu überlaufen ist«.27 Noch in dem Lage­ lagen von Karl Marx von Hermann Duncker bericht der Staatspolizeistelle Bremen für den sowie das Werk Das Kapital von Karl Marx in Monat November 1938 stellt die Gestapo mit der Bearbeitung von Kautsky benutzt‹ wurden«.25 Verwunderung fest, »dass die aus der Strafhaft Mit zwei Zellengenossen hatte einer von ihnen, entlassenen Marxisten von ihren politischen Martin Meyer, Schiffbauer bei der AG Weser, Freunden herzlich empfangen« wurden: »Die am 9. Dezember 1938 einen Ausbruchversuch Zurückgekehrten werden als Märtyrer bezeich­ aus dem Gefängnis Bremen-Ostertor unternom­ net, denen man besonders zugetan sein müsse. men, der jedoch misslang. Wegen dieser Tat Wiedersehensfeiern werden mit den Geburts­ wurde Meyer zu zwei Monaten Gefängnis ver­ tagsfeiern zusammengelegt. Hierdurch ist es urteilt und anschließend in das KZ Sachsen­ mög­lich, dass der Zusammenhalt bestimmter hausen überführt, während Heinrich Rott­ Grup­pen in legaler Form gewahrt bleibt.«28 mann als Führer der Gruppe vor dem Reichs­ Diese Feststellung, die sich auf die SPD und kriegsgericht in Berlin am 25. August 1939 das Reichsbanner bezieht, enthält zugleich den wegen Mangels an Beweisen freigesprochen Hinweis, dass die »am 9./10. November (1938) wurde – auch dank der Aussage des Kronzeugen durchgeführte Judenaktion in hiesigen marxis­ Gustav Böhrnsen. tischen Kreisen starken Unwillen hervorge­ rufen« hat: »Besonders ist dies in den Großbe­ Einer der größten Bremer Prozesse betraf trieben zum Ausdruck gebracht worden, wo schon 1934/35 über 85 Mitglieder des Rot­- bei jeder sich bietenden Gelegenheit dieses Thema front­kämpferbundes (RFB-Gau Nordwest), der besprochen wird. So wurde u. a. geäußert, dass ­wegen der Intensität des Widerstands und der der heutige Staat jeden verrosteten Nagel sam­ aufgefundenen Waffen, Sprengstoffe und Muni­ mele und wieder einschmelze, dass es ihm aber tion nicht nur die Gestapo beunruhigte, sondern bei der Zerschlagung von Schaufensterscheiben,

25 Mobiliar und sonstigen toten Gegenständen ­einem Jahr Haft in »Kolafu« (Zuchthaus und gar nicht darauf ankomme, ob das Volksver­ Konzentrationslager Hamburg-Fuhlsbüttel) da­ mögen geschädigt werde oder erhalten bleibe. von kam.33 Am 9. Dezember 1943 wurde die Es sei nicht angängig, dass man auf der einen kaufmännische Angestellte und Halbjüdin Lilly Seite spare und auf der anderen Seite alles zer­ Karmann als »defaitistische Zersetzungspropa­ schlage.«29 Der Mut aus diesen Kreisen der ille­ gandistin unserer Kriegsfeinde« zum Tode ver­ Jahres- galen Sozialdemokraten zeigte sich schon zuvor urteilt. Sie hatte »als Verkäuferin einer Kundin tage an der Verteilung von Aufrufen, am 4. Februar in Bremen, die heiraten wollte, gesagt, es sei Antifaschisti- 1934 an den Gräbern der Opfer der Nieder­ schwer jetzt zu heiraten, denn Stalin werde scher Wider- schlagung der Räterepublik in Walle vorbei zu verlangen, dass unsere Männer erst einmal stand von defilieren, der November-Ereignisse von 1918 Russland aufbauen, und wir hier würden nichts Arbeiter- zu gedenken oder Flugblätter der Sopade zu zu essen und zu kaufen haben und viele Jahre jugendlichen verteilen und über das Prager Manifest von am Boden liegen. Strafe müsse ja auch sein! 1934 kontrovers zu diskutieren.30 Deutschland trage ja auch einen großen Teil Kriegsschuld«.34 Am 25. September 1944 ver­ Bis Kriegsende fanden weitere Prozesse gegen kündete der Erste Senat des Volksgerichthofes Bremer Widerstandskämpfer statt. Jetzt vor­ das Todesurteil gegen den Werksschutzmann nehmlich vor dem Volksgerichtshof (VGH) in bei der Weser-Flug AG, Walter Rosik, wegen Berlin wegen »Wehrkraftzersetzung«, Vorbe­ des Abhörens von »feindlichen Sendern und reitung zum Hochverrat oder Landesverrat, der Verbreitung von Hetzgedichten«.35 Am 13. die mit hohen Zuchthausstrafen oder gar dem Oktober 1944 verurteilte der Zweite Senat Leo Todesurteil endeten. So wurden z.B. am 4. Juni Drabent und Johannes Neumann wegen Vor­ 1937 der ehemalige Bremer Bezirksleiter der bereitung zum Hochverrat (Aufbau von Be­ KPD und Reichstagsabgeordnete Robert Stamm triebszellen in Vegesack) zum Tode.36 wegen des Aufbaus der illegalen Landesleitung der KPD in Berlin zusammen mit Robert Remb­ te vom Zweiten Senat zum Tode verurteilt. Die Zur Rolle der Zeitzeugen spätere Bremer Senatorin Käthe Lübeck-Popall bei der Aufarbeitung kam mit zwölf Jahren Zuchthaus davon.31 Am des Widerstands 27. Juni 1939 wurde das Verfahren gegen den Steindrucker Karl Rottmann eingestellt, wäh­ Zahlreiche Regionalstudien bestätigen: Orga­ rend Martin Meyer (SAP) ins Konzentrations­ nisiertes Widerstandshandeln war nach den lager Sachsenhausen eingeliefert und im Mai ersten Erfolgen der NS-Verfolgungsinstanzen 1940 acht Jahre Zuchthaus erhielt.32 Im Okto­ durchaus auch nach 1935 noch möglich. Bis ber 1942 kam es in Bremen zu Verhaftungen zum Ende des Krieges entstanden immer wie­ der Kommunisten Richard Heller, Hermann der informelle Zellen. Neue Bündnis-Konstel­ Böse und Maria Bücking (Krüger) wegen ihrer lationen und erste Ansätze zu Einheitsfrontbil­ Zusammenarbeit mit der Hamburger Bästlein- dungen der Arbeiterparteien gegen den Faschis­ Jacob-Abshagen-Gruppe, die auf rund 200 mus waren zu beobachten. Das wird dann Männer und Frauen in den norddeutschen ­besonders deutlich, wenn man neben den Do­ ­Häfen zurückgreifen konnte und über Wilhelm kumenten der Verfolgungsbehörden die Be­ Guddorf zu den Mitgliedern der Schulze-Boy­ richte der Akteure und Zeugen des Wider­ sen/Harnack-Gruppe (Rote Kapelle) Kontakt stands auswertet und als Korrektiv zu dem pflegte. Der populäre Musiklehrer Hermann Aktenmaterial nutzt. Wenn auch die in den Böse starb am 17. Juli 1943 an den Folgen der Betrieben und Stadtteilen tätigen Widerstands­ Haft. Der ehemalige RFB-Bezirksleiter Richard gruppen nicht stark genug waren, um den NS- Heller opferte sein Leben, während Maria Bü­ Staat wenigstens in einer Region von innen her cking-Krüger, die bis 1936 eng mit der Gruppe zu brechen, so vereinte doch der Antifaschis­ des Jugendwiderstandes von Böhrnsen u. a. mus verschiedene Strömungen auf der Grund­ kooperiert hatte, durch eine geschickte, von lage einer gemeinsamen Gegnerschaft gegen Heller initiierte Täuschung der Gestapo mit das Herrschaftssystem der Nationalsozialisten.

26 Die Gemeinsamkeit des politischen Kampfes Gramsci), dessen Ergebnisse noch nicht voll­ beschränkte sich dabei nicht nur auf einen in­ ständig eingeholt sind. Dies gilt aber auch für haltlich durchaus unterschiedlich zu verstehen­ die Niederlagen nach 1945, die der jüngeren den antifaschistischen Minimalkonsens. Hin­ Arbeitergeneration nicht als politische Nieder­ ter diesem Konsens wurden auch Lernprozesse lagen bewusst sind, aber doch als biografische sichtbar, die es den unterschiedlichen Strömun­ Einschränkungen zunehmend spürbar werden. gen der Arbeiterbewegung ermöglichten, nach der Befreiung gemeinsam eine demokratisch- Es ist zweifelsohne kein Zufall, dass gerade die sozialistische Neuordnung zu initiieren. Denn Oppositionellen aus den Kreisen der Arbeiter­ nach der von Teilen der Arbeiterbewegung un­ bewegung entscheidend am Aufbau der neuen terstützten Abwehr frühzeitiger faschistischer Republiken nach 1945 beteiligt waren, auch Infiltrationsversuche wurden ab 1935 in den wenn diese Leistung in der Restaurationsphase größeren Betrieben – u. a. von den aus den der BRD bald in Vergessenheit geriet. Am 6. ­Arbeitslagern, Haftanstalten oder Konzentra­ November 1981 erinnerte der frühere Betriebs­ tionslagern entlassenen qualifizierten kommu­ ratsvorsitzende der AG Weser Gustav Böhrnsen nistischen oder sozialistischen Facharbeitern – in einem Gespräch an die Folgen des Verdrän­ Zellen aufgebaut, die den Ausgangspunkt der gens des Arbeiterwiderstands in der westdeut­ illegalen Arbeit bildeten und zu Keimzellen der schen Öffentlichkeit. Böhrnsen war 1942 nach »Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus« mehrmonatiger Einzelhaft aus dem Zuchthaus wurden. Auf jeden Fall gelang es in den Arbeiter­ Oslebshausen entlassen worden, um im Straf­ hochburgen, die in der Endphase Weimars bataillon 999 seinen Wehrdienst anzutreten. durch die Fraktionskämpfe zerstörten alten Er kam erst 1946 aus der Kriegsgefangenschaft Formen solidarischen Handelns unter den er­ nach Bremen zurück. Für das Verdrängen des schwerten Bedingungen des Widerstandes wie­ antifaschistischen Arbeiterwiderstands in der der zu reaktivieren. Das begünstigte auch außer­ herrschenden westdeutschen Geschichtsschrei­ betriebliche Gegenwehrstrategien und redu­ bung machte Gustav Böhrnsen politische Ta­ zierte die Anfälligkeit für die Nazi-Ideologie. bus verantwortlich. Er war als junger Mann Auf jeden« Fall Zweifelsohne ist das antifaschistische Bewusst­ von der SAJ über die KPO zum KJVD gegan­ gelang es in sein der Arbeiterbewegung durch solche Ent­ gen. Er hatte gehofft, »mit dieser Organisation den Arbeiter- wicklungen gestärkt worden. Denn so konnten endlich den Kampf gegen die Nazis so ent­ hochburgen, neue Ansätze alltäglicher Resistenz gegen die schieden führen zu können«, wie es seiner die in der End- faschistische Unterdrückung entwickelt werden. ­Meinung nach nötig war, »um ihren Vormarsch phase Weimars Gerade unter Berücksichtigung der Alltagser­ zu stoppen«. Gustav Böhrnsen, zur Zeit des durch die Frak- fahrungen im Nationalsozialismus und der Be­ ­Interviews Arbeitsdirektor bei VFW-Focker/ tionskämpfe achtung von Handlungen der Unbeugsamkeit Messerschmidt-Bölkow-Blohm GmbH (MBB/ zerstörten und der Verweigerung gegenüber der NS-Dikta­ VFW), war seit vielen Jahren ein prominenter alten Formen tur lassen sich Formen des »lautlosen Aufstan­ Vertreter der bremischen Sozialdemokratie und soli­darischen des« beschreiben, die den scheinbaren Gegen­ Nachfolger von Richard Boljahn als Fraktions­ Handelns unter satz zwischen der hohen moralischen Leistung vorsitzender in der Bürgerschaft. Er stellte den erschwer- der Widerstandskämpfer und dem letztlich po­ 1981 fest: »Heute wird man oft etwas schief ten Bedingun- litischen Scheitern des Widerstandes erklären angesehen, wenn man zugibt, dass man damals gen des Wider- helfen. Niederlagen müssen nicht notwendig diesen Vereinigungen angehört hat. Aber ich stands wieder zur politischen Apathie führen. Wo an sie erin­ bekenne mich da sehr offen zu. Ich bin immer zu reaktivieren. nert werden, wird auch die Erwartung einer ein Wanderer gewesen und ein Sucher nach po­ Wende wieder wach. Und die Erfahrung der litischen Wahrheiten, soweit es überhaupt poli­ Niederlage erweist sich nicht selten als Mög­ tische Wahrheiten gibt […]. Ich bin der Meinung, lichkeit, der Resignation und Passivität zu ent­ dass [...] dieser Widerstand dazu beigetragen gehen. Dies gilt historisch gewiss für die Arbeiter­ hat, einen neuen demokratischen Weg nach bewegung 1933. Auch sie erlitt ja keine totale dem Krieg vorzubereiten. Insofern bin ich stolz Niederlage. Schließlich war der antifaschistische darauf, der übrigen Welt ein Bild vermitteln zu Widerstand ein »Verteidigungswerk« (Antonio können, dass es auch andere Menschen gegeben

27 hat als die, die hinter Hitler herliefen. [...] Da­ Eine solche Rückerinnerung verband sich für für haben viele ihr Leben gelassen, viele haben die ältere Generation mit einer glaubhaften für lange Zeit ihre Freiheit geopfert. Und inso­ Zukunftsperspektive. Gestritten wurde darü­ fern hat es sich gelohnt auch zu zeigen, dass es ber, wie diese Perspektive umzusetzen wäre. nicht nur ein paar Offiziere gegeben hat, die Nicht im Ziel, sondern in der Frage nach dem sehr spät in Opposition zu Hitler gingen. Lan­ Weg der Arbeiterbewegung zur Eroberung der Jahres- ge davor gab es viele Menschen, die ihr Leben gesellschaftlichen und politischen Macht be­ tage gelassen haben, einfache Leute, die ins Zucht­ standen verschiedene Auffassungen. Für alle Antifaschisti- haus gegangen sind. Und ich zähle mich da Flügel der Arbeiterbewegung bestimmte diese scher Wider- auch dazu. Wir wollten eine bessere demokra­ Zukunftsperspektive die Erfahrung und das stand von tische Gesellschaftsordnung, weitergehend als Handeln nach 1945. Diese nach der Nieder­ Arbeiter- die Vorstellungen der Leute des 20. Juli. Die lage des Faschismus freigesetzte Dominanz der jugendlichen Zusammenarbeit in den kleinen Gruppen zwi­ Linken wurde jedoch in Westdeutschland inner­ schen Sozialdemokraten und Kommunisten war halb von zwei bis drei Jahren zerschlissen. Es keine Frage von Diskussionen. Sie war eine handelt sich um ein »Diskontinuitätsphäno­ Frage der Tat. Wir haben uns nicht in fruchtlose men der Zeitgeschichte« (Lutz Niethammer) Diskussionen über das eventuelle Wie nach mit Folgen für die Arbeiterbewegung. Mit der dem Ende des Nazi-Reiches eingelassen. Es war Entscheidung für den Westen waren die sozia­ eine wirklich gute Zusammenarbeit, soweit listischen Neuordnungsvorstellungen in der wie ich es beurteilen kann aus meiner Gruppe. BRD endgültig zurückgedrängt worden. Das Ich darf sie als überparteilich bezeichnen. Die verschärfte noch einmal die Polarisierung inner­ Tatsache, dass man heute der Meinung ist, nur halb der Fraktionen der westdeutschen Arbeiter­ den 20. Juli feiern zu dürfen und gleichzeitig bewegung. von dem Widerstand der Linken, vom linken Flügel der Arbeiterbewegung, nichts mehr hören In Bremen hatten die Widerstandskämpfer aus will, das beunruhigt mich tief. Ich kann doch allen Fraktionen der Arbeiterbewegung Ende einem Mann, weil er heute noch in der DKP April 1945 die »Kampfgemeinschaft gegen den ist, seinen Widerstand gegen dieses Nazi-­ Faschismus« (KGF) gegründet. Einer der Initia­ Regime nicht einfach wegnehmen und sagen, toren, der Lehrer von Gustav Böhrnsen und dieser Widerstand hat gar nicht bestanden«.37 Heinz Kundel, Adolf Ehlers (KPD/KPO/SAP, nach 1945 KPD, ab 1946 SPD), hatte schon 1944 die Parole ausgegeben, die den politischen Konsens der Gruppe für kurze Zeit prägen sollte: »Einheitsfront von General von Seydlitz bis Wilhelm Pieck«. Also ein Bündnis vom Bund deutscher Offiziere im »Nationalkomitee Freies Deutschland« bis zum führenden Repräsentan­ ten der alten KPD. Pieck hatte von 1896 bis 1910 seine politische Karriere in Bremen als ein­ flussreicher Sozialdemokrat und Gewerkschaf­ ter des Holzarbeiter-Verbandes begonnen und prägte als Vorsitzender des Bildungsausschusses des Gewerkschaftskartells und als erster haupt­ amtlicher Sekretär der Bremer Sozialdemokraten mit Johann Knief, Anton Pannekoek und an­ deren die Bremer Linke.38 Die KGF setzte sich vom 6. Mai bis zum 16. Dezember 1945 mit ihren über 6 000 Mitgliedern in 14 Ortsgrup­ pen immer wieder in ihrem Zentralorgan Auf­ bau dafür ein, »die Bildung einer sozialistischen Einheitspartei« als Hauptziel zu fordern.39 Zum

28 Zentralvorstand gehörten Sozialdemokraten Jahres- wie Emil Theil, zur KPD zurückgekehrte Oppo­ tage sitionelle wie Heini Busch oder Franz Cavier. Dazu kamen Georg Buckendahl und Hermann Wolters von der KPD, Vertreter aus dem Exil 1 Aus dem Lagebericht der Gestapo Bremen vom wie August und Irmgard Enderle (KPO/SAP), ­November 1938 Bundesarchiv Berlin (BArch), R.58/3717. weiter Hermann Lücke von der SAP und Fritz Ich stütze mich vornehmlich auf Polizeiberichte, ­Ermittlungs- und Prozessakten gegen Bremer Antifa­ und Frieda Paul vom ISK, ergänzt um den Re­ schisten, die im Bremer Staatsarchiv (StAB) und im Bundes- präsentanten des bürgerlichen Widerstandes, archiv in Berlin lagern, weiter auf die Berichte von Henry Studienrat Dr. Alfred Nawrath, den sie zum Oliver, Nazi Jahr 1933–1939. Erinnerungen, London 1985, in: Arbeiterbewegung und Sozialgeschichte, Heft 21/22, Vorsitzenden wählten. Sie alle verabschiedeten Bremen 2008, S. 19– 46. Außerdem auf zwischen 1979 einvernehmlich noch am 16. Dezember 1945 und 1983 durchgeführte Interviews mit Gustav Böhrnsen, Heinz Kundel, Wilma Landwehr, Udo Meinecke, Martin die »Entschließung zur Bildung einer Einheits­ Meyer, Karl und Hilde Grobe, Frieda und Hermann Prüser, partei«. Und dennoch treffen wir sie nach dem Hermine Berthold, Anni Vogee, Albert Flachmann, Georg Scheitern der Einheitssehnsucht erneut in Bre­ Stockmann, Bertha und Lu Dannat, Erwin Heinemann, ­Wilhelm Blase, Fritz und Frieda Paul, August Hogrefe, men und in anderen Hochburgen der Arbeiter­ Käte Lübeck-Popall, Willi Bethge, Georg Gumpert, bewegung bald wieder in den alten, gegen ihren Helene Dannat-Warnke, Maria Krüger, Hans Laufenberg, Richard Boljahn, Wilhelm Eildermann, Johann Reiners, Willen wiedergegründeten Arbeiterparteien ­Gerda von Perlstein, Willy Dehnkamp, Harry Naujoks, SPD und KPD, ab 1947, nach dem Ausschluss Tilla Hundertmark und Tim Bontjes van Beek. Siehe dazu u. a.: Peter Alheit, Jörg Wollenberg (Hg.), Geschichte aus der KPD wegen »Brandlerismus« oder »Ti­ ­erzählt. Politische Arbeiterbiographien, Bd. I: Käthe Popall, toismus«, teilweise in der »Gruppe Arbeiter­ Fischerhude 1985; Bd. II: Otto Kraus, Fischerhude 1987. politik«. Aus Bundesgenossen und politischen Ein Teil der Biographien liegt in der Video-Filmreihe ­»Bremer Arbeiterbiographien« von Ingeborg Gerstner, Freunden des Widerstandes wurden wieder Heinz-Gerd Hofschen, Wolfgang Jung, Mechthild Müser »feindliche Brüder«.40 und Jörg Wollenberg ausführlich dokumentiert vor ­(Kooperation Universität-Arbeiterkammer, Bremen, 1982 ff.). Eine Gesamtauswertung wurde verfasst von: Lore Heer-Kleinert, Mechthild Müser, Jörg Wollenberg, ­Forschungsprojekt Antifaschistischer Widerstand in Bremen 1933–1945. Erste Auswertung der Interviews mit Bremer Arbeiterveteranen, Bremen 1981. Dazu gehört auch der Ausstellungskatalog »Bremen 1933–45. Vom Handels­ zentrum zur Rüstungsschmiede«, Bremen 1983, und ­Beiträge des Forschungsteams Lore Kleinert, Mechthild Müser, Dieter Pfliegensdörfer und Jörg Wollenberg in: Zwangsarbeit, Rüstung, Widerstand 1931–1945, Bremen 1982; dieselben, Von der Krise zum Faschismus«. Bremer Arbeiterbewegung 1929 –1933, Frankfurt a.M. 1983; 8. Mai 1945. Neugeordneter Wiederaufbau oder ­verhinderte­ Neuordnung? Eine Materialsammlung, ­zusammengestellt von Jörg Wollenberg, Bremen 1985. Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass im Rahmen des ­Forschungsprojektes zahlreiche Diplomarbeiten und ­Promotionen entstanden, darunter u.a. die Arbeit von ­Dieter Pfliegensdörfer, Vom Handelszentrum zur Rüstungs- schmiede. Wirtschaft, Staat und Arbeiterklasse in Bremen 1929 bis 1945, Bremen 1986. Teile des hier abgedruckten Beitrags sind auch enthalten in: Jörg Wollenberg, Die Arbeiterbewegung­ zwischen Selbstpreisgabe, Zer­ schlagung und antifaschistischem Widerstand 1933 bis 1945. Das Beispiel­ Bremen, in: Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte­ der Arbeiterbewegung 2013/I, S. 5–29.

Diese « nach der Niederlage des Faschismus freigesetzte Dominanz der Linken wurde jedoch in Westdeutschland innerhalb von zwei bis drei Jahren zerschlissen.

29 2 Eric Hobsbawm, Gefähr­ 9 Dazu Marßolek, Ott, 19 Zit. nach: Mechthild 32 BArch FBS 110/2318. liche Zeiten. Ein Leben im ­Bremen, S. 152 und ­Müser, Lore Heer-Kleinert, 33 Ursula Puls, Die Bäst-­ 20. Jahrhundert, München Pfliegensdörfer,­ Handels­ Die »Wahrheitsprozesse« lein-Jacob-Abshagen- 2003, S. 89 –91, hier S. 91. zentrum, S. 287–312. in Bremen 1934, in: Gruppe, Berlin 1959; Beiträge zur Sozialgeschichte 3 Nico Rost, Goethe 10 Siehe StAB, 3-S.1a, ­Marßolek, Ott, Bremen, Bremens 5 (1982), in Dachau,­ Frankfurt a. M. Nr. 27; BArch R 58/3370, S. 376 – 379; Maria Krüger, S. 159 – 212, hier S. 160. 1983, S. 72/73. 3717, 3718, FBS 110/1920, Erinnerungen 1907–1970, 2089, 2135. 2257, 2258, 20 Siehe u.a. das Verfahren Privatdruck 2011, S. 54–68. Jahres- 4 Karl Radek (eigentlich Karl 2259, 2318, 2437, 2568, von 1936/37 gegen die tage Bernardowitsch Sobelsohn), 34 Aus der Urteilsbe­ 2591, 2920, 2921, 2971, Sozialdemokraten­ Ziegel­ geboren 1885 im polnisch- gründung des 1. Senates Antifaschisti- 3017, 3090. decker, Paschke, Ahrens, galizischen Lemberg (Lwow) des Volksgerichtshofes Arfmann, Schröder und scher Wider- als österreichisch-ungarischer 11 Siehe die Akte aus dem unter dem Präsidenten den Kommunisten Friese Staatsbürger, Mitglied der StAB, 3-S.1a, Nr. 27. Zum ­Roland Freisler, BArch in: BArch FBS 110, S. 70–75. stand von Polnischen Sozialistischen KZ Mißler vgl. Jörg Wollen- FBS 110/2187. Partei (PSP) und Mitarbeiter berg: »Seit gestern bei 21 Siehe Jörg Wollenberg, Arbeiter- 35 BArch FBS 110/ der Bremer Bürgerzeitung ­Mißler. Kannst mich denn »Jetzt kommt unsere 2198, 2199. jugendlichen und der Arbeiterpolitik seit mal besuchen.« Zur Ge- ­Stunde«. BBC-Rede von 1908 mit den Gründern schichte der frühen Bremer Heinz Kundel am 4. Januar 36 BArch FBS 110/2135. der »Bremer Linken« Alfred Konzentrationslager Mißler 1945, in: Mitteilungen 37 Interview mit Gustav Henke, Johann Knief und und Ochtumsand 1933/34, des Förderkreises Archive Böhrnsen, 17.9.1979 und Paul Frölich; Mitarbeiter in: Bremisches Jahrbuch 70 und Bibliotheken zur 6.11.1981, hier 6.11.1981, ­Lenins in der Schweiz und (2011), S. 201–243. ­Geschichte der Arbeiter­ S. 16. Siehe auch die Video- in Moskau als Volkskom­ bewegung, Nr. 42, Filmreihe (Fn.1) zu Gustav 12 Siehe Anklageschrift missar für ausländische An- September­ 2012, S.14–23, Böhrnsen, hier Schluss und Ermittlungsakten in gelegenheiten. Ab Dezem- Zitat S.17. von Film 3. der Strafsache vor dem ber 1918 zusammen mit Hanseatischen­ Oberland­ 22 BArch FBS 110/2437; 38 Siehe u.a. Karl-Ernst Friesland (d.i. Ernst Reuter) gericht gegen Lührs, 110/2591; BArch R58/3370. ­Moring, Die Sozialdemo­ und Felix Wolf als Vertreter Waldheim u. a., BArch kratische Partei in Bremen der Bolschewiki in Berlin auf 23 BArch FBS 110/2511. FBS 110/1920, 2257, 1890 –1914, Hannover 1968, der Seite von Liebknecht Der am 24.3.1949 vom 2258, 2259, 2920, 2921; S. 69–117; Gerhard Engel, und Luxemburg. Von Stalin Steindrucker Karl Rottmann siehe auch Marßolek/Ott, Johann Knief – ein unvoll­ 1927 in die Verbannung eingereichte Antrag auf Bremen, S. 255 – 288. endetes Leben, Berlin 2011, nach Sibirien geschickt und Wiedergutmachung­ geht S. 94 –105. im Januar 1937 in einem 13 BArch FBS 110/ von einer Gruppe von 47 Schauprozess verurteilt, wird 2259, Bl. 53. verhafteten Personen aus, 39 Siehe Gemeinsam be- Radek am 19. Mai 1939 von denen 13 mit Rottmann gann es 1945. »Der Aufbau« 14 BArch FBS 110/1875. hingerichtet.­ am 7.11.1938 vor dem schrieb das erste Kapitel. 15 So nach dem Bericht Kriegsgerichtshof in Berlin Originalgetreuer Nachdruck 5 Aufruf an die Mitglieder des zu Einzelhaft ver-­ angeklagt worden waren. des »Aufbau«, Organ der der Gewerkschaften vom urteilten 18-jährigen Juden Es handelt sich um eine Kampfgemeinschaft gegen 15.4.1933, in: Gewerk- Henryk Oliver, den er Gruppe von Sozialisten den Faschismus (KGF), schafts-Zeitung vom mir 1983 aus London zu­ und Kommunisten, die mit ­Bremen 1945/46, Frankfurt 22.4.1933. stellte (siehe Fußnote 1), Böhrnsen, Böhme, Dantz a. M. 1978, Nr. 11, Jan. 1946, 6 Siehe u. a. Hans-Josef ­bestätigt auch in Interviews und Meyer am Volksfront- S. 5– 8; Siehe auch Peter Steinberg, Die Haltung mit Georg Gumpert im bündnis beteiligt und die Brandt, Antifaschismus der Arbeiterschaft zum NS-­ ­Oktober 1982 und mit 1949 als einstige KPD/ und Arbeiterbewegung. Regime, in: Jürgen Schmä­ ­Gustav Böhrnsen am KPO-Mitglieder zur SPD Aufbau-Ausprägung-Politik­ deke, Peter Steinbach (Hg.), 6.11.1981. gewechselt­ waren. in Bremen 1945/46, Der Widerstand gegen ­Hamburg 1976, S.100–143. 16 Vgl. dazu die Anklage- 24 BArch FBS 110/ den Nationalsozialismus, schrift gegen Böhm, Fricke 2318, S. 3 – 4. 40 Siehe Ulla Plener, Der München 1986, S. 868; u.a. in: StAHB 4.54 E 10531, feindliche Bruder: Kurt ­Jürgen W. Falter, Hitlers 25 Ebd., S. 7. u. die Berichte von Böhm Schumacher.­ Intentionen- Wähler, München 1991; u. Fricke vom 16.5.1950 26 BArch FBS 110/2089. Politik-Ergebnisse­ 1921 bis ­Michael Schneider, Unterm ­unter 4.54 E 2427 (Landes- 1952. Zum Verhältnis von Hakenkreuz. Arbeiter und 27 BArch R 58/3717, amt für Wiedergutmachung) Sozialdemokraten­ und Arbeiterbewegung 1933 ­Monatsbericht der Polizei ­anderen Linken aus histori- bis 1939, Bonn 1999, 17 BArch FBS 110/2511. vom 5. 8.1935. scher und aktueller Sicht, S. 31–120. 18 Siehe BArch NJ 1293 28 Ebd., Lagebericht Berlin 2003. 7 Siehe Pfliegensdörfer, und 14117, Bd.1: Prozess vom November 1938. Handelszentrum, »Kleine Arbeiterzeitung«, 29 Ebd. S. 304–312. Prozess gegen Lührs, 30 Vgl. Marßolek, Ott, ­Bücking, Kessler u.a.; 8 Siehe Inge Marßolek, Bremen,­ S. 220 –225. NJ 4718 und ST 3/717: ­René Ott, Bremen im ­Prozess gegen Wald- 31 Siehe Alheit, Dritten Reich. Anpassung – heim u.a. Wollenberg,­ Käthe Popall, Widerstand – Verfolgung, S. 56 –75. Bremen 1986, S.151.

30 Zirl Steingart Quelle: http://blogs.forward.com/the-arty-semite/178177/forverts- columnist-tsirl-steingart-dies-at-/, zuletzt geprüft am 20.09.2013. Zirl (Cécile) Steingart ist gestorben. Bundistin, Resistance-Kämpferin, Aktivistin des Pariser SKIF und Journalistin. 1916 – 2013

Am 18. Mai 2013 starb in Palm-Beach, Florida, 1933 emigrierte sie nach Paris, wo sie an der Zirl Steingart an den Folgen eines Autounfalls. Sie Gründung und dem Aufbau einer eigenen SKIF- war eine der letzten jüdischen Widerstandskämp- Organisation beteiligt war. Nach dem Einmarsch ferinnen gegen Nazideutschland. Sie beteiligte Nazideutschlands in Frankreich war sie im Wider- sich am Neuaufbau der Falkenbewegung nach stand aktiv und organisierte das Untertauchen dem Zweiten Weltkrieg. In den ersten Nachkriegs­ und Verstecken jüdischer Kinder vor der Deporta­ ­ jahren engagierte sie sich in der Betreuung von tion. Im August 1944 versteckte sie sich mit ihrem Holocaust-Waisen in Frankreich im Rahmen der Mann und sieben Freunden vom SKIF in einer ille­ bundistischen Falkenbewegung und war in den galen Wohnung in Lyon.3 In einem Beitrag für die folgenden Jahrzehnten eine bekannte Journalistin, bundistische Zeitung Undzer Tsait, die in New York deren Beiträge in der jiddischen Presse weltweit erschien, berichtete sie 50 Jahre später über ihre veröffentlicht wurden. Erlebnisse­ kurz vor der Befreiung Ende August 1944:

Zirl Steingart wurde am 11. März 1916 in Biały­stok »Sobald die Kunde von einem Aufstand in Villeur­ geboren1 und besuchte die polnische Volksschule, banne, einer am östlichen Stadtrand von Lyon anschließend »Ginsburgs Handelsschule«.2 Von gelegenen Industriestadt, sie erreichte, begab sich Jugend an war sie im Allgemeinen Jüdischen die Gruppe dorthin. Henri Steingart, Charl Shulz ­Arbeiterbund – der jüdisch-sozialdemokratischen und Marcel Bartman, die alle im Untergrund in Partei im Polen der Zwischenkriegszeit – und der und um Lyon lebten, bildeten die Führung der bundistischen Kinderorganisation SKIF (jiddisch: bundistischen Kampfgruppe, die mehrheitlich aus Sotsialistisher Kinder Farband) aktiv. früheren SKIFisten der Zeit vor dem Krieg bestand.

31 Ein ernstes Problem bestand darin, unter den Be- quartier dort ein. Hernri ging mit einem Genossen dingungen des Belagerungszustandes Kontakt zur Lebensmittel für die Kämpfer zu requirieren, örtlichen französischen Leitung des Aufstandes Charl Shulz war mit einer Spähpatrouille unter- zu knüpfen. »Nicole [Mandelmilch, eine sechzehn­ wegs, um die Gegend zu erkunden. Sie treffen jährige SKIFistin] und ich gingen zunächst hinunter auf eine große deutsche Abteilung. auf die Straße in Richtung Villeurbanne, um Kon- personen takt mit den Führern des Aufstandes anzuknüpfen. ›Feuer‹ befielt Charl. Ein Schusswechsel beginnt, Zirl (Cécile) Wir schlichen von Straße zu Straße, von Haus zu ein ungleicher Kampf. Die Deutschen sind mit Steingart Haus, an jeder Ecke stand ein Deutscher mit einem Maschinengewehren und Handgranaten bewaff- Maschinengewehr. An einem Ort lagen Leichen, net und haben Panzer. Charl Schulz erhält einen die Deutschen hatten sie massakriert. Es gelang Kopfschuss. Die Deutschen hängen den Toten uns schließlich, Villeurbanne zu erreichen, ohne an einem Baum auf, um die Bevölkerung abzu- eine deutsche Kugel abzubekommen.«4 Zirl wurde schrecken. Marcel Bartman wird leicht am Fuß das Verbindungsglied zwischen dem befreiten verwundet.«5 Villeurbanne und dem noch deutsch besetzten Lyon. Besonders erinnerte sie sich an den 25. August: Der deutschen Besatzung gelingt es, die Fabrik »Ich gelangte nach Villeurbanne. Dort musste ich zurückzuerobern, die Kämpfer müssen sich unter bereits die Armbinde der Widerstandskämpfer um­ Verlusten nach Villeurbanne zurückziehen. binden, um als eine der ihrigen erkannt zu werden. Es ist einfach nicht möglich, die Kampfstimmung »Die Deutschen haben auch danach die befreite in Worte zu fassen, den Enthusiasmus der franzö- Gegend um Villeurbanne angegriffen, viele Zivi- sischen Fahnen, die aus den Fenstern flattern. Auf listen erschossen und Häuser angezündet. Früh- allen Straßen Barrikaden. Die Bewohner des Viertels morgens, als ich mich mit Denise vorbereitete, schlossen sich den Reihen des Widerstandes an. nach Villeurbanne zu gehen, sah ich den Ort in Auch in unsere bundistische Kampfgruppe traten Flammen und das Artilleriefeuer von dort hörte junge Franzosen ein. Wir teilten mit ihnen unsere man in der ganzen Stadt. Und dort waren alle, die Waffen. uns nahestanden.

Eine junge Französin führte eine Kampfgruppe. Als erstes erreichte Salomon Buch unser Haus. Sie nahm Rache für ihren erschossenen Mann ›Alle sind dort umgekommen!‹ erklärte er uns. Er und alle Umgebrachten. Ein deutscher Panzer, der erzählte uns, wie er an der Fabrik Henri getroffen am Tag zuvor erobert worden war, stand mitten und ihn gewarnt habe, dort hineinzugehen. ­Henri auf dem Theater-Platz. Dort begegnete ich end- folgte ihm nicht und ging in die Fabrik, um Ver- lich meinen jungen Genossen, alle waren enthu­ wundete zu retten. Eine ganze Nacht saßen wir siastisch, wir lachten und weinten gleichzeitig. dort auf dem Lager, das wir für ihn auf den Dielen Salomon Buch bewachte gefangene Deutsche. aufgeschlagen hatten. Denis (seine Schwester) Charl Shulz drängte ungeduldig weiterzukämp- und ich konnten ihn nicht beruhigen. Wir mussten fen. Er begleitete mich aus der befreiten Zone dabei vorsichtig sein, damit uns nicht Nachbarn in der Hoffnung, dass wir uns bald im befreiten hören und entdecken, dass sich in der Wohnung Lyon träfen. Der Weg zurück fiel mir sehr schwer. noch Menschen befinden. Abgesehen davon wie Es war bereits Abend, die Stadt war noch stärker Denise und ich uns fühlten und der arme Vater von den Deutschen bewacht. Es gelang mir, mich von Nicole. auf Umwegen zu unserer Wohnung durchzu- schlagen, obwohl die Sperrstunde bereits erreicht Einige Tage später ging ich von Krankenhaus zu und es verboten war, sich auf der Straße auf­ Krankenhaus und suchte zwischen den Verwun- zuhalten […]. deten und Toten. Ich hoffte, dort jemanden von den unseren zu finden. Die französischen Kranken­ Am Morgen des 26. August brachen einige Grup- schwestern führten mich in ein Zimmer, in dem pen aus Villeurbanne auf in Richtung Vénissieux, verwundete Widerstandskämpfer lagen. Sie taten um auch diesen Ort einzunehmen. Unsere Kämp- so, als handele es sich um Taubstumme [Lyon fer besetzen eine Fabrik und richten ihr Haupt- war ja noch deutsch besetzt]. Ich erkannte nie-

32 manden. Als ich schon fast die Hoffnung verloren schwer traumatisiert den Holocaust überlebt hatte, Freunde unter den Überlebenden zu finden, ­hatten. Aufgabe des SKIF sei es, zu versuchen, tauchten nach und nach mein Mann Henri, Marcel ihnen ein wenig von ihrer Kindlichkeit zurück­ Bartman, Moishele Rotnemer, Nicole, Susi, Ivet zugeben. Zirl Steingart spielte bei dieser Arbeit und andere in unserer Wohnung auf. eine wesentliche Rolle.

Aber in welchem Zustand! Die Deutschen hatten 1951 wanderte sie nach Montreal aus, wo sie bis sie in der ganzen Gegend gesucht und franzö­ 1960 lebte und als Leiterin der jüdischen »Abra- sische Bauern hatten sie versteckt. Viele jedoch ham-Reisen-Schule« unterrichtete. Dann ließ sie fehlten, unter ihnen unser teurer, unvergessener sich in New York nieder, wo sie ab 1964 für den Charl Shulz im blühenden Alter von einundzwan- jiddischen Forwerts – eine seit 1897 bestehende zig Jahren. […] Acht Tage später kam die ameri- sozialistische Zeitung in jiddischer Sprache – kanische Armee und befreite Lyon. Der Aufstand schrieb, seit 1967 als ständige Mitarbeiterin. Ihre in Villeurbanne war eine große Hilfe, da wir den Themen dort reichten von Politik, Gleichberech­ Rückzug des deutschen Militärs empfindlich ge- tigung der Geschlechter, Kultur und »Frauen­ stört hatten. Die Bevölkerung begrüßte die ame- themen« bis zu einer eigenen Abteilung »Gesund rikanischen Befreier mit großer Freude und mit essen« und einer Kolumne über Mode. Auch Blumen. Leider konnten wir uns nicht in vollem ­Reisebeschreibungen veröffentlichte sie dort.12 Maße freuen, wir hatten in den letzten Tagen der Zierl schrieb auch für andere jiddische Zeitungen Befreiung zu viel durchgemacht.«6 weltweit, für die Pariser Unser Stime, für Forois in Mexiko, die New Yorker Unser Tseit und Weker Nach Kriegsende war Zirl aktiv an der Wieder- sowie die Tel Aviver Lebensfragen. Sie war Mit- gründung des Pariser SKIF beteiligt und vertrat glied der Führungsgremien des Bund in New York, die Organisation im Rahmen des neugegründeten die letzten Lebensjahre verbrachte sie in Florida.13 Internationalen Falken-Sekretariats.7 Gemeinsam mit ihrem Mann und weiteren überlebenden Bundisten organisierte sie ein Heim in Träger- schaft des SKIF, in dem jüdische Kinder, deren Eltern im Holocaust ermordet worden waren, aufwuchsen.8

In den ersten Jahren nach der Befreiung existierte der SKIF in Polen, Belgien und Paris. Zirl spielte hier eine wichtige Rolle, da ihre persönlichen Kontakte wesentlich die Verbindungen zwischen den Gruppen der versprengten Überlebenden aufrechterhielten.9 Zierl« spielte hier eine wichtige Bereits im Sommer 1946 nahm sie als Sekretärin ­Rolle, da ihre des Pariser SKIF auf Einladung der Woodcraft ­persönlichen Folk mit gut 100 französischen SKIFisten an dem ­Kontakte wesent­ IFM-Camp in Brigthon teil. In einem Circular-­ lich die Verbin­ Letter 10 der IFM aus dem Jahre 1948 berichtet dungen zwischen Cécile Steingart kurz von der Arbeit des französi- den Gruppen der schen SKIF, sie erwähnt dort das Gedenken an versprengten den Warschauer Ghettoaufstand und die umge- ­Überlebenden kommenen Kämpfer. In einem Bericht über die ­aufrechterhielten. Tätigkeit des SKIF in Frankreich und Belgien vom 24. März 194911 werden immer wieder die schlech- te seelische Verfassung und die Hoffnungslosig- keit der jüdischen Kinder angesprochen, die

33 Le SKIF, rue Vielli du temple 1945 (wahrscheinlich Paris), vorne rechts Zirl Steingart.

Zirl Steingart

1 Biographischen Daten, 3 Cécile (Zirl) Steingart, 7 So weist z.B. das Protokoll 9 Schweigmann-Greve, 11 Mouvement Populaire ­soweit nicht gesondert Bundishe kempfer in der Konferenz der Kinder- Kay: Sotzialistisher Kinder de l’Enfance vom 24. 3. ausgewiesen, in: Elias oifshtand fun Villeur- freundeorganisationen vom Farband­ (SKIF) Die Kinder­ 1949, bes. S. 2, im Archiv Schulman, Simon Weber, banne, frankreikh, in: 21./22. September 1946 in organisation des Allge­ von Maurice Bajczin, Paris. Leksikon fun Forverts Undser Tzait, New York, Zürich Cécile Steingart und meinen Jüdischen Arbeiter- U. a. dieser vermutet, dass shrayber zint 1897, September 1994, Georges Zylbert als Vertreter bundes seit 1945, in: Aus Cécil Steingart, eventuell New York 1987, S. 91 f. S. 28–32. des französischen SKIF aus. Religion und Zeitgeschichte­ ­gemeinsam mit weiteren 4 Ebd., S. 29 (Übersetzung 63 (2011), H. 2, S. 151. Helfern des SKIF, die 2 Berl Cahan, Leksikon 8 Es existiert ein Brief Zirl v. Kay Schweigmann-Greve). Autorin des Textes sei. fun idish-shraibers, Steingarts vom 31.4.1946 10 IISG Amsterdam, New York 1986, S. 524. 5 Ebd., S. 30. an das Jüdische Arbeiter­ IFM-Bestand, erste Mappe 12 Cahan, Leksikon fun komitee in Amerika, in dem (Konvolut). idish-shraibers. 6 Ebd., S. 31. es um Unterstützung bei 13 Luden Izchak, Chawerte der Anschaffung von Zirl Steingart (1916–2013), ­Material (die Liste der in: Lebensfragen, Tel Aviv, ­Gegenstände, die dem Brief Mai/Juni/Juli 2013, S. 15. beigefügt war, ist leider nicht erhalten) für die Arbeit des SKIF im Wert von 3000 Dollar ging.

34 Dörte Hein

Dörte Hein – Im Jahr 2007 bekam ich die Gelegenheit als Bil- Die neue Archivleiterin dungsreferentin für die SJD – Die Falken Landes- stellt sich vor verband Schleswig-Holstein tätig zu werden und so ich fand in diesem Verband meine politische Liebe Mitglieder des Förderkreises »Dokumenta- Heimat. Von Hause aus Historikerin zog es mich tion der Arbeiterjugendbewegung«, ich freue mich immer wieder in das Feld der Archivarbeit. Freibe- ab November dieses Jahres die Leitung des Archivs ruflich arbeite ich seit drei Jahren mit regionalen der Arbeiterjugendbewegung zu übernehmen und und bundesweiten Bildungsträgern sowie Archiven möchte mich euch daher gerne kurz vorstellen. zusammen und führe im Auftrag von Volkshoch- schulen Lehrveranstaltungen zum Thema Alte Hand­ Ich bin 33 Jahre alt und wohne seit zwei Jahren in schriften durch. Dadurch ergab sich ein Arbeits- Gelsenkirchen. Geboren und aufgewachsen bin schwerpunkt im Bereich der Paläographie, einer ich in Nordhausen, einer Stadt im Norden Thürin- der historischen Hilfswissenschaften. Weitere Prak­ gens, auch bekannt für den dort hergestellten tika in diversen Archiven folgten und ich baute Doppelkorn. Nach meinem Abitur ging ich nach eine enge Zusammenarbeit mit dem Archiv der Hamburg und begann ein Studium der Fächer Arbeiterjugendbewegung auf. Einige von Euch Geschichte, Politik und Ethnologie, welches ich kennen mich vielleicht schon von den Archiv­ mit einer Arbeit zu den Lebens- und Arbeitsbe- tagungen, an denen ich seit drei Jahren teilnehme dingungen afrikanischer Vertragsarbeiterinnen und und bei denen ich bereits Vorträge zu verschie­ Vertragsarbeiter in der DDR erfolgreich abschloss. denen Themen gehalten habe.

Während meiner Studienzeit entwickelte ich im Die zukünftige Verknüpfung meines politischen Rahmen meiner ehrenamtlichen Mitarbeit im ­Interesses mit den beruflichen Erfahrungen­ im ­Arbeitskreis Alternative Stadtrundfahrten im Landes­ Feld der Archivarbeit lassen mich auf die neuen jugendring Hamburg großes Interesse für die po- Aufgaben gespannt sein, und ich freue mich auf litisch-historische Bildungsarbeit, die mich in den die kommende Zusammenarbeit mit dem Förder- letzten 10 Jahren immer wieder begleiten sollte. kreis und den Gliederungen der SJD – Die Falken.

35 News Das Archiv- team stellt sich vor.

Monika Miklavcic Martin Becker

Sonja Werk-Schuch Roman Schuch

Das Archivteam Das Archivteam

Seit Mai 2013 hat das Archiv personelle Verstär- Martin Becker, Historiker und früher Geschäfts- kung bekommen. Seither gibt es ein richtiges führer des Eco-Archivs, hat für das Archiv in Team, das das Archiv betreut. ­mehreren Werkaufträgen Verzeichnungsarbeiten übernommen. In diesem Rahmen hat er auch Weiterhin dabei ist Monika Miklavcic, die seit den Bestand des Bundesvorstands der SJD – 1982 im Archiv arbeitet. Monika nimmt die Auf- Die Falken bearbeitet. Er hat nun eine Teilzeit­ gaben des Sekretariats wahr und betreut die beschäftigung im Archiv, in deren Rahmen er vor ­Bibliothek des Archivs. allem die Sichtung unseres Bibliotheksbestandes vornimmt. Ebenso bereits länger im Archiv ist Sonja Werk- Schuch, die nun seit Mai wieder einer halbe Im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung ­Stelle hat. Sonja bearbeitet die Plakatsammlung als studentische Hilfskraft betreut Roman Schuch und ist für Maßnahmen der Bestandserhaltung seit Mai unsere EDV-Struktur. zuständig.

36 Die Datenbank bietet Zugriffsmöglichkeiten auf Digitalisierung zwei Einrichtungen; die Kautskybibliothek und das der Plakat- Archiv der Arbeiterjugendbewegung. Die Kautsky­ bibliothek befindet sich in der Bildungs- und Be- sammlung gegnungsstätte Luise & Kautsky-Haus mit dem Sitz der Bundesgeschäftsstelle der SJD – Die Falken in Die Erschließung unserer Plakatsammlung macht Berlin und bewahrt die wichtigsten Werke von seit einiger Zeit gute Fortschritte. Über 2100 Plakate Luise und Karl Kautsky auf, die öffentlich zugäng- sind nun in der Datenbank erfasst. Mit zur Kata- lich sind. Um einiges umfangreicher erweisen sich logisierung gehört die Einbindung eines digitalen die Bestände des Archivs der Arbeiterjugendbe- Abbilds des Plakats in den jeweiligen Datensatz: wegung mit ca. 105 130 verzeichneten Objekten, So lässt sich leichter beurteilen, ob ein Plakat die sich von den Anfängen der Arbeiterjugendbe- wirklich einer Suchanfrage entspricht, außerdem wegung um 1904 bis heute erstrecken. kann man in den meisten Fällen mit dem Digitali- sat arbeiten und muss nicht mehr an die Originale, was die ja oft großformatigen, aus dünnem und billigem Papier hergestellten Plakate vor mecha- Suchanfragen über nischer Beschädigung schützt. die Onlinedatenbank

Konnten wir die Plakate in der Größe bis DIN A3 Den Nutzerinnen und Nutzern der Archiv-Online­ noch selbstständig digitalisieren, so verfügen wir datenbank stehen mehrere Suchmasken zur Ver- nicht über die notwendigen Geräte, um größere fügung, welche je nach Art und Umfang unter- Formate zu digitalisieren. Die verzeichneten Pla- schiedliche Suchoptionen zulassen. Mit Hilfe der kate der Größenklasse bis DIN A2, ca. 990 Stück, Suchmaske Bibliotheksrecherche können sämt­ gaben wir daher an einen externen Dienstleister. liche Bücher und Zeitschriften der Hand- und Die Firma Reprozentrum Rosenberger in Bielefeld ­Magazinbibliothek durch Eingabe von Sachbe- scannte die Plakate für uns ein. Wir konnten dann griffen, Namen von Autoren und Autorinnen die Digitalisate automatisiert den Datensätzen der oder der Titel, aufgerufen werden. Die Suche nach Plakate zuordnen. geeigneten Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln kann zudem, wie auch die übrigen Archivalien, über die drei weiteren Suchmasken der Beständerecher­ che erfolgen. Die Suchmaske der Recherche in den Beständen I hat nur eine geringe Auswahl an Such­ feldern und eignet sich daher besonders durch

Onlinedatenbank eine Stichwortsuche zu einem Thema für eine erste des Archivs der Arbeiter­ Orientierung über die vorhandenen Archivalien. jugendbewegung Da­gegen ermöglichen die Suchmasken Recher- che in den Beständen II und III eine deutlich ziel- Seit kurzem kann die Recherche in den Beständen genauere Recherche, indem dort erweiterte Such­ des Archivs der Arbeiterjugendbewegung über die funktionen wie Signaturen, Personen, Datierungen auf der Homepage eingestellte Onlinedatenbank oder auch Orte genutzt werden können. durchgeführt werden. Bei den verzeichneten Be- ständen handelt es sich um schriftliches und nicht­ Interessiert man sich in dem Suchergebnis nur für schriftliches Archivgut, worunter Zeitschriften, eine einzelne Objektart wie Fotografien oder Pla- ­Bücher, Fotografien, Filme, Tondokumente oder kate so ergibt sich mit der entsprechenden Ein- auch Plakate und Flugblätter zusammengefasst stellung im Feld der Objektarten unterhalb der werden. Für die Einsicht in die Aktenbestände ist Suchmaske die Gelegenheit dazu. Ist das Feld in aus datenschutzrechtlichen Gründen eine Anfrage Gänze blau untersetzt, dann erstreckt sich die an das Archiv zu richten. Mit einigen nun folgen- Suchanfrage auf alle im Archiv vorhandenen den Hinweisen werden die Recherchemöglichkeiten ­Objektarten. Durch die Auswahl einzelner oder sowie der Umgang mit der Onlinedatenbank des mehrerer der Objektarten erhält man eine auf Archivs näher erläutert. diese Archivalien beschränkte Ergebnisliste.

37 Suchergebnisse über die Onlinedatenbank

Die Suchergebnisse werden zunächst in einer Kurz­liste zusammengefasst und können durch abermaliges Anklicken der Nummerierung aus- führlicher eingesehen werden. Die Anzeige Stan- dardliste bietet dabei die umfangreichsten Anga- Bücher und Zeitschriften finden über die Suchmaske Bibliotheksrecherche ben zu den Objekten. Einzelne Objektarten, wie Plakate, Flugblätter und auch Fotografien, liegen teilweise bereits in digitaler Form vor und können in den Ergebnislisten Bilderkatalog, Standardliste und Bildergalerie eingesehen werden.

Mit Hilfe der Onlinedatenbank kann so eine Vor- auswahl der für die eigene Forschungsarbeit rele- vanten Archivalien getroffen und damit auch der Zeitaufwand für die Nutzung des Archivs be- Recherchemöglichkeit in den Beständen der Kautskybibliothek trächtlich verringert werden. Das Archivteam hilft und/oder des Archivs der Arbeiterjugendbewegung zudem bei allen Anfragen weiter und unterstützt gerne bei dem Umgang mit der Archiv-Online­ datenbank.

Die Vorverzeichnung von Fotos

Das Archiv der Arbeiterjugendbewegung erhält oft das Angebot, Fotos von Gliederungen der SJD – Die Falken oder auch Fotos von Privatpersonen Eingrenzung der Suche auf einzelne Objektarten aus deren Falkenzeit zu übernehmen. Ebenfalls oft handelt es sich dabei um Bilder in großer Stück­zahl. Das Archiv ist um eine sachgerechte Lagerung der Bilder bemüht, damit diese auch lange erhalten bleiben. Dadurch entstehen nicht unbeträchtliche Kosten, die sich nur dann lohnen, wenn die Bilder auch einen Aussagewert haben. Dieser ist nicht nur vom Bildinhalt abhängig, son- dern auch von Informationen, die sich nicht Plakate, Fotos, Flugblätter, Zeitschriftenartikel, Filme und Tonbänder finden über die Suchmasken Recherche in den Beständen I, II und III zwangsläufig aus dem Bild selbst erschließen ­lassen. Es handelt sich dabei um Informationen, die in den Katalog des Archivs aufgenommen werden, die das Archiv und seine Mitarbeiter aber nicht selbst produzieren können. Oft wissen halt nur die Besitzerinnen und Besitzer der Fotos, wel- ches Ereignis da abgebildet wurde, wer fotogra- fierte, an welchem Ort, und welche Personen auf dem Foto abgebildet sind. Solche Informationen sind auch wichtig, um das Bild einmal im Archiv wiederzufinden und zum Beispiel einer themati- Ergebnis der Suchanfrage mit Bildanzeige schen Suchanfrage zuordnen zu können.

38 Um diese Informationen aufnehmen zu können, braucht es die Hilfe der Besitzerinnen und Besitzer cm der Fotos. Selbstverständlich besteht die Mög- lichkeit, die Bilder ins Archiv zu bringen und zu- Größe B x H cm 13x9 sammen mit dem Archivpersonal die nötigen In- formationen festzuhalten. So haben wir es 2011 Farbe s/w Farbe in Zusammenarbeit mit dem mittlerweile verstor- benen Dieter Liedgens gemacht. Aber die Arbeit kann auch am heimischen Computer erledigt wer- den. Niels Rathmann aus Hamburg gab an das Archiv über eintausend Bilder aus seiner Falken- Bemerkung zeit ab. Im Vorfeld der Abgabe hatten wir zusam- men mit Niels Rathmann eine Excel-Tabelle ent- wickelt, in die er wichtige Daten zu seinen Fotos aufnahm. Zusätzlich sorgte er auch noch für die D atierung Jahr 1963 Digitalisierung der Bilder.

Niels Rathmann vergab für jedes Bild eine eigene Nummer, die auch dem Dateinamen der Digitali- Personen v.l.nr. 4. R eihe Nachname Vorname sate der Bilder entsprach. Jedes Bild erhielt eine eigene Zeile in der Tabelle, in die er die zum Bild gehörigen Angaben zum Datum der Aufnahme, zum fotografierten Ereignis, zum Ort der Auf­ Personen v.l.nr. 3. R eihe Nachname Vorname nahme, zu den abgebildeten Personen, zur Art der Aufnahme (s/w, Farbe) und zur Größe des Fotoabzugs eintrug. Viele Angaben ließen sich dabei durch Copy and Paste sehr leicht überneh- Personen v.l.nr. 2. R eihe Nachname Vorname men. Nach Erhalt dieser Tabelle konnten wir die wichtigen Informationen leicht in unsere Daten- bank übernehmen und Fotografien wie auch ­deren digitale Abbilder den Datensätzen zuordnen. Personen Kamps, Herbert · unbekannt · Stache, Lieselotte · Inderhees, Käthe v.l.nr. 1. R eihe Nachname Vorname Das Archiv stellte dann das Material bereit, um die Bilder konservatorisch gerecht zu verpacken und fügte diese dann in die Sammlung ein.

Wir danken Niels Rathmann für sein Engagement O rt Döbriach und seine Unterstützung. Wer auch Interesse hat, mit seinen Bildern so zu verfahren, kann die ­Tabellenvorlage beim Archiv erhalten. Wir beant- worten auch gern alle weiteren Fragen zum Ver- fahren. Beschreibung Gruppenbild, Landschafts - aufnahme, Luftbild Zeltlager, Kinder beim Essen, Schwimmen im Badesee etc. T itel Ereignis Sommer- zeltlager 1963 in Kärnten Foto 1

Beispiel N egativ

39 17. Mitgliederversammlung des Förder- durch Bewahrung ihrer Quellen erhalten und in Publikationen kreises »Dokumentation der Arbeiter­ veröffentlicht. Dieter Vassmers bedankte sich für das Ver­ jugendbewegung« am 20. Januar 2013 trauen, das er innerhalb des Vorstands genießen durfte. Es sei für ihn sehr bewegend gewesen, 1991 in den Vorstand koop- Am 20. Januar 2013 fand die 17. Mitgliederversammlung des tiert zu werden. Die erfahrende Zusammenarbeit habe ihm Förderkreises »Dokumentation der Arbeiterjugendbewegung« den persönlichen Weg in die deutsche Einheit sehr erleichtert. im Archiv der Arbeiter­jugendbewegung statt. Durch die Ver- sammlung führte Wolfgang Uellenberg-van Dawen. Friedrich Nachdem der schriftliche vorliegende Prüfbericht der Bundes- O. J. Roll und Waldemar Klemm hatten Grüße an die Ver- kontrollkommission verlesen worden war, der die ordnungs- sammlung geschickt. Die Mitgliederversammlung gedachte gemäße Buchführung des Förderkreises und Archivs bestätig- der verstorbenen Genossen Wilfried Hülsberg, Kurt Matthes te und die Entlastung des Vorstands empfahl, wurde dieser und Anton Zagel stellvertretend für alle Verstorbenen der ­ohne Gegenstimmen entlastet. ­Arbeiterbewegung. Vor den Wahlen zum Vorstand empfahl die Mitgliederver- Wolfgang Uellenberg-van Dawen und Alexander J. Schwitanski sammlung dem Vorstand, die Satzung so zu ändern, dass stellten die Arbeitsberichte des Förderkreisvorstands und künftig die jeweilige Mitgliederversammlung vor den Wahlen des Archivs vor (die Berichte sind nachfolgend abgedruckt). die Anzahl der Beisitzenden festlegen würde (ein entspre- Wolfgang Uellenberg-van Dawen kam dabei zu dem Fazit, chender Vorschlag für eine Satzungsänderung findet sich in dass der Förderkreis in den vergangenen zwei Jahren seine diesem Heft). Weiter erklärte Josephin Tischner vom Bundes- satzungs­gemäßen Aufgaben erfüllt habe; er leiste einen ganz vorstand der SJD – Die Falken, mittlerweile Bundesvorsitzende wesentlichen Beitrag zu den Sachkosten des Archivs und einen in der neu eingeführten Doppelspitze, dass der Bundesvor- ideellen Beistand für dessen Arbeit des Archivs. Wolfgang stand die Arbeit des Archivs wie des Förderkreises und seines Uellenberg-van Dawen dankt Knut Lambertin für dessen Vorsitzenden sehr schätze. Die Aufarbeitung der Geschichte der ­Engagement um den Falkenstammtisch in Berlin, bei dem das Arbeiterjugendbewegung habe für die Falkenarbeit großen Archiv sich stets vorstellen könne, was den Förderkreis leben- Nutzen. Sie schlug daher die Wiederwahl von Wolfgang Uellen­ dig halte. Er dankte weiterhin Alexander J. Schwitanski für des­ berg-van Dawen zum Vorsitzenden des Förderkreises vor. Die sen Arbeit im Archiv, ebenso Harald Banach, Monika Miklavcic nachfolgende Wahl bestätigte diesen Vorschlag einstimmig. und Sonja Werk-Schuch. Weiter wurden Hildegard Fuhrmann und Konrad Gilges als Weiter dankte er in Abwesenheit Karl Heinz Lenz, der aus be- stellvertretende Vorsitzende gewählt sowie Marianne Berger, ruflichen Gründen aus dem Vorstand ausschied, für dessen Bodo Brücher, Barbara Klatzek, Klaus Schäfer, Kay Schweig- Arbeit im Vorstand. Abschließend dankte Wolfgang Uellen- mann-Greve, Hartmut Veitengruber, Eberhard Weber und Gus- berg-van ­Dawen Dieter Vassmers für 22 Jahre Arbeit im Vor- tav Wilden zu Beisitzenden gewählt. Alexander J. Schwitanski stand des Förderkreises. Dieser habe die Traditionslinien der wurde als Geschäftsführer des Förder­kreises bestätigt und Arbeiterjugendbewegung auf dem Gebiet der früheren DDR Heinrich Eppe wieder zum Vorstand kooptiert.

40 Bericht des Vorstandes des Förder­ Am 26. November 2011 tagte der Vorstand in Berlin im Luise & vereins »Doku­mentation der Arbeiter­ Karl Kautsky-Haus und lud die Mitglieder des Förderkreises, jugendbewegung« für die Jahre die in Berlin leben, sowie wissenschaftlich Interessierte zu dem 2011 bis 2013 Vortrag Arbeiterwiderstand in Berlin 1933 –1945 – eine ver- gessene Tradition mit Hans-Rainer Sandvoß, Gedenkstätte 1. Zusammensetzung des Vorstands Deutscher Widerstand, ein. Leider sind der Einladung nur ­wenige gefolgt. Die Mitgliederversammlung am 20. Januar 2011 wählte in den Vorstand: Die Gruppe macht’s – lautete das Jahresthema der SJD – Die Wolfgang Uellenberg-van Dawen zum Vorsitzenden, Konrad Falken in 2010, aber was macht die Gruppe und vor allem wie Gilges und Hildegard Fuhrmann zu Stellvertretern sowie macht sie es? Dieser Frage aus zeitlicher Distanz nachzugehen, ­Marianne Berger, Bodo Brücher, Barbara Klatzek, Karl Heinz war sowohl Schwerpunkt der Mitteilungen 2010/II wie Thema Lenz, Günter Regneri, Kay Schweigmann-Greve, Klaus Schäfer, unserer Archivtagung am 20. und 21. Januar 2012. Dabei be- Dieter Vassmers und Eberhard Weber als Beisitzende sowie stand die besondere Herausforderung darin, nicht nur auf die Alexander Schwitanski (Archivleiter) als Geschäftsführer. Die Gruppen, ihre teilweise spärlichen Selbstzeugnisse oder die De­ Mitgliederversammlung war damit einverstanden, aus dem batte um das Selbstverständnis der Gruppenarbeit, ihre Kon- süddeutschen Raum ein weiteres Vorstandsmitglied bis zur zepte und Ziele zu blicken und diese kritisch zu diskutieren, nächsten Mitgliederversammlung zu kooptieren. Hartmut sondern vor allem in sie hinein zu schauen. Dies ist weitge- Veitengruber,­ ehemaliger Bundessekretär der SJD – Die Falken, hend gelungen, und die Beiträge der genannten Mitteilungen hat sich dazu bereiterklärt. Heinrich Eppe ist weiter als koop- gaben einen Einblick in diese spannende Tagung. Der Einblick tiertes Mitglied im Vorstand. in das Gruppenleben selbst eröffnete sich über den biographi- schen Weg und damit über Interviews und/oder Selbsterzäh- 2. Vorstandssitzungen lungen. In den Beiträgen von Marianne Berger, Gudrun Probst Eschke, Jürgen Reulecke und Hedi Tschirschke wurde dieser Der Vorstand hat im Berichtszeitraum sechsmal getagt. Regel- autobiographisch-biographische Zugang lebendig. mäßige Tagesordnungspunkte waren die Mitgliederentwick- lung sowie die Beitragseingänge und der jeweilige Haushalt. Ein großer Erfolg, sowohl bezüglich des Inhalts als auch der Der Förderkreis zählt zum 14.11. 2012 647 Mitglieder. Erfreu- Teilnahme, war das Anna-Siemsen-Symposion am 28. April lich ist, dass immer mehr jüngere Genossinnen und Genossen 2012, an dem unter anderen Angehörige der Familie Siemsen aus den Falken Mitglied werden. Die finanzielle Situation erlaubt aus Berlin und Buenos Aires teilnahmen. Ziel der Tagung war es weiterhin, dass der Förderkreis seiner wesentlichen Aufgabe,­ es, unterschiedliche Facetten und Aspekte im Leben und Werk die Arbeit des Archivs finanziell zu unterstützen, nachkommt. von Anna Siemsen zu beleuchten und über ihre Relevanz für die aktuelle Beschäftigung mit pädagogischen Konzepten zu 3. Tagungen des Förderkreises reflektieren. Der letzten Mitgliederversammlung vorausgegangen war die Tagung Von Mädelarbeit, Frauenquote­ und Doppelspitze. Sie Junge Forscher und Forscherinnen stellten ihre Arbeiten über stellte die Frauen in den Mittelpunkt der Betrachtungen, aller- Leben und Werk Anna Siemsens vor. Die Tagung im Ganzen dings zielte die Tagung auf die weiterreichende Frage nach hat gezeigt, dass die Auseinandersetzung mit dem Leben und der Konstruktion der Geschlechter innerhalb der Arbeiterjugend­ Werk von Anna Siemsen bedeutende Potenziale in sich birgt. bewegung generell. Dafür wurde der in der Sozialwissenschaft Dabei sind interdisziplinäre Zugänge erforderlich, um nicht und historischen Geschlechterforschung mittlerweile gängige nur die verschiedenen Aspekte und Facetten von Siemsens Begriff Gender eingeführt. Die Arbeit mit diesem Begriff löst Wirken aus jeweiligen Perspektiven zu erfassen, sondern um die Frage nach dem Verhältnis von Mann und Frau aus einer es auch als Teil übergreifender geschichtlicher Prozesse er- bipolaren Konfrontationsstellung und zeigt, dass für die Identi­ scheinen zu lassen. Vor allem die Verortung Anna Siemsens in täten von Frauen und Männern, auch für ihr jeweiliges Ge- den philosophischen und pädagogischen Traditionen wie auch schlecht, viele verschiedene Faktoren maßgeblich sind, sowohl in den Traditionen der Arbeiter(jugend)bewegung bietet da- kulturell geprägte Vorstellungen von Geschlechterrollen als bei eine Grundlage für weitere Forschungen und Analysen im auch objektive soziale Herrschafts- und Machtverhältnisse. Zusammenhang mit der historischen Entwicklung der sozia­ Wie fruchtbar die Schärfung des Blicks durch diesen Begriff sei listisch orientierten Jugendorganisationen und der Reformpä- kann, zeigten die engagierten Diskussionen über das Prinzip dagogik, zu denen die Tagung und der geplante Tagungs- der Koedukation im Verband. band wichtige Anstöße geben können.

41 Mitteilungen sowie Jahrestagung 2013 haben den Schwer- Bericht über die Tätigkeit punkt Geschichte der Arbeiterjugendtage. Dabei sollen so- des Archivs in den Jahren wohl das Gemeinschaftserlebnis, die Kultur der Jugendtage 2011 und 2012 und ihre politische Bedeutung aus historischer Sicht aufgear- beitet und diskutiert werden. I. Archivgut

1. Übernahme 4. Publikationen In den Jahren 2011 und 2012 wurden folgende Der Vorstand hat sich ausführlich mit den Publikationen des Bestände übernommen oder ergänzt: Archivs befasst. Nachdem in den letzten Jahren vier verschie- dene Reihen entwickelt wurden, konzentrieren sich die Publi- a) SJD – Die Falken: kationen vor allem auf die Mitteilungen, die im Wesentlichen • Bundesvorstand (1 Akteneinheit, Rückmelde- und Berichte von den Tagungen, Rezensionen sowie Aufsätze zum Evaluationsbögen zum Kinderrechtecamp 2008 und jeweiligen Schwerpunkt einer Tagung oder eines Jahresthemas Das Camp in Langeleben 2012) der Arbeiterjugendbewegung/SJD – Die Falken bringen. • Bundesvorstand (10 Akteneinheiten, ca. 2,4 lfm, Die Schriftenreihe des Archivs erscheint nun in Kooperation Faxberichte, Tageskopien, Zeitungsausschnittdienst, mit dem Klartext Verlag. Erschienen ist Band 21, Alexander Zeitschriften, Bücher, 2010) J. Schwitanski (Hg.), »Nie wieder Krieg!« Antimilitarismus und Frieden in der Geschichte der Sozialistischen Jugendinternatio­ • Bezirk Weser-Ems (1 Akteneinheit) nale, Essen 2012. • Kreisverband Aachen (ca. 0,3 m, Veröffentlichungen/ Infomaterial des Kreisverbands Aachen und des 5. Perspektiven des Archivs OV Merkstein) Bundes- und Landesvorstand der SJD – Die Falken diskutieren • Kreisverband Minden-Lübecke (4 Akteneinheiten, derzeit einen Neustart des Sozialistischen Bildungszentrums ca. 1,2 lfm, Pressemappe, Geschichte der Falken, Foto- Salvador-Allende-Haus. In diesem Rahmen hat sich der Vor- alben zu Zeltlagern, Buszeitungen zu Zeltlagern, stand mit der Aufgabe des Archivs, Kinder und Jugendliche ­Wandzeitungen) gesellschaftspolitisch und historisch zu bilden, befasst. Das Archiv hat den großen Vorteil, seine Aufgabe, die Geschichte • Landesverband Berlin (3 Akteneinheiten, Handakten der Arbeiterkinder und Arbeiterjugendbewegung in all ihrer des Landesvorsitzenden Janosch Winkelmann, medialen Vielfalt zu dokumentieren, mit einer direkten Um- 1998 – 2004) setzung dieser Dokumente in der Bildungsarbeit zu verbinden • Landesverband Berlin (4,80m, Schriftverkehr, Fahrten, und so Kinder, Jugendliche sowie ehren- und hauptamtlich Protokolle, 1978 – 1999) Tätige zu gesellschaftspolitischem Denken und Handeln anzu- regen, zu verbinden. Diese Aufgabe kann auf Dauer nur ge- • Landesverband Nordrhein-Westfalen leistet werden, wenn neben dem auch pädagogisch tätigen (ca. 1,2 lfm, Vermischtes) Archivleiter weitere ehrenamtliche Teamerinnen und Teamer • Landesverband Nordrhein-Westfalen (ca. 3 lfm, bzw. das SBZ-Team eingebunden werden. 36 Akteneinheiten, Landeskonferenzen, Einladungen und Protokolle, Landesvorstandsprotokolle, Bürobe­ sprechungen, Schrift­verkehr mit Gliederungen, Beziehungen zur Landes­regierungen, zur SPD, Schulpolitik, 1976 – 1987)

• Ortsverband Wanne (1 Akteneinheit, 1983 – 1987)

• Unterbezirk Dortmund (2,40 lfm, Naturfreunde- jugend, Jugendring Dortmund, Bücher, graue Literatur, Aufkleber, Textilien, Plakate, 1990 – 1999)

• Unterbezirk Recklinghausen (12 Stempel)

42 b) Nebenorganisationen 2. Ordnen und Verzeichnen

• Falken Bildungs- und Freizeitwerk NRW e.V. Der Schwerpunkt der Verzeichnung lag in den vergangenen (20 Akteneinheiten, ca. 1,6 lfm, AGOT Schnellbriefe, zwei Jahren auf der Erschließung der Plakatsammlung und des Verbindungen mit Mädchen- und Frauenkommission Altbestands des Bundesvorstands. Für die Erschließung der des Landesjugendrings NRW, 1993 – 1996; 2004 – 2008) Plakatsammlung wurde eine eigene Erschießungsrichtlinie er- stellt, die gesamte Sammlung auf Dubletten gesichtet, gezählt c) Personenbezogene Bestände und in vier Größenklassen unterteilt. Die Plakate der Größen- klassen DIN A3 und DIN A2 wurden bisher verzeichnet, die­ • Blievernicht, Heinz (2,4 lfm, Tonkassetten, jenigen der Größenklasse DIN A3 auch digitalisiert. Weitere Mitgliederkartei, Manuskripte, Zeitschriftenausschnitte, 2033 Plakate verbleiben zur Verzeichnung. Korrespondenz, Zeitschriften, Bücher) Die Aufarbeitung des Bestands des Bundesvorstands wurde in • Brücher, Bodo (ca. 0,30 lfm) der Größe von 120 Metern abgeschlossen. Weitere 60 Meter • Gröschel, Roland (8,8 lfm Akten, Interview- aus dem Bestand des Bundesvorstands verbleiben zur Ver- transskripte, ca. 650 Tonkassetten, Bücher) zeichnung. Ebenfalls in Verzeichnung befindet sich der Be- stand SJD – Die Falken, KV Düsseldorf. • Klarenberg, Klaus und Erika (2,4 lfm, Schallplatten, Bücher, Fotoalben, Zeitschriften, Bierkrug, Wimpel) Die Verzeichnung von Monographien und Zeitschriften wurde­ kontinuierlich fortgesetzt. • Kleitner, Hermann (1 CD mit Falkenliedern, Liederbuch, Grundsatzerklärung und Satzung Mit Stand vom 13.11.2012 waren in der Datenbank des der Falken, Aufnahmeschein) ­Archivs 111 084 Objekte erfasst. Davon entfallen auf die ver- schiedenen Objektarten: • Hans-Joachim, Lorenz (0,50 lfm, 1972 – 2009) Akten: 6 655 • Neumann, Norbert (1 Fotoalbum und Unterlagen Fotos/Postkarten: 7 763 zum IUSY-Camp Wien vom 1.– 10. Juli 1952) Bibliothek (mit Buch): 40 713 • Peters, Anna und Paul (0,3 lfm, Fotos, Literatur, Zeitungsartikel: 49 335 1932 – 2011) Plakate/Flugblätter: 1 470 Karten/Pläne: 9 • Schlusnath, Claus (Plakate) Briefe: 1 AV-Medien: 206 Periodika: 4 372 Sammlungsgut: 159

3. Raumbewirtschaftung

Von den ca. 500 Metern nicht verzeichneter Bücher wurden ca. 130 Meter bezüglich der Aufnahme in den Katalog bewertet. Um die Aufnahmefähigkeit für die kommenden fünfzehn Jahre sicherzustellen, wurde ein Konzept für die Magazine des Archivs erstellt.

4. Bestandserhaltung

Der bisher im Archiv befindliche Bestand der SJD – Die Falken, Landesverband Nordrhein-Westfalen, wurde in einem Umfang von 43 Metern umgebettet. Zurzeit finden entsprechende ­Arbeiten am Bestand SJD – Die Falken, Landesverband Ham- burg, statt.

Dokumente verschiedener Bestände wurde im Umfang von 16 984 Blatt der Massenentsäuerung unterzogen.

43 II. Bereitstellung In 2012 wurde der Versuch gemacht, mit dem Archivsym­ posion eine neue Veranstaltungsart zu etablieren, die insbe­ 1. Anfragen sondere die Bedeutung des Archivs für die wissenschaftliche ­Forschung aufzeigen soll. Marleen von Bargen (Hamburg), Bis zum 13.11.2012 wurden im Berichtszeitraum 210 An­ Alexandra Bauer (Hamburg), Manuela Jungbluth (Paderborn), fragen bearbeitet. Davon stammten 74 Anfragen aus Verbän- Francesca Lacaita (St. Andrews, U.K.) und Christoph Sänger den, 7 Anfragen aus dem Bereich der Medien, 100 aus dem (Wuppertal), stellten ihre aktuellen Forschungsbeiträge zu Le- Bereich der Wissenschaft, 10 aus dem Salvador-Allende-Haus ben und Werk Anna Siemsens vor, die von Prof. Dr. Wolfgang (nur in 2012 gezählt) und 19 von Privatpersonen. Keim (Paderborn) und Prof. Dr. Till Kössler (Bochum) bezüg- Durch Auskunft wurden 87 Anfragen erledigt, durch die Zu- lich ihres methodischen Zugangs und der Verortung Siemsens sendung von Material 82, durch Besuche des Archivs 41. in der erziehungswissenschaftlichen Forschung verortet wur- den. Ein Sammelband zum Symposion ist in Vorbereitung. 2. Bereitstellung elektronischer Findmittel Weitere Vernetzung mit der Wissenschaft wurde durch die Zur Vorbereitung auf eine Veröffentlichung unserer Daten- Wahrnehmung von zwei Lehraufträgen an der Ruhr-Uni-­ bank wurden ca. 25 000 Katalogeinheiten der Zeitschriften­ ver­sität Bochum, im Wintersemester 2011/2012 zum Thema artikel, ca. 1 200 Katalogeinheiten im Bereich der Akten und »Hoch die Internationale Solidarität!« Konzeption einer Aus- knapp 8 000 Katalogeinheiten zu Fotos redaktionell bearbeitet. stellung zu Salvador Allende und im Wintersemester 2012/ Zurzeit werden weitere knapp 6 400 Katalogeinheiten der 2013 zum Thema Archivwesen und Quellenkritik geleistet. Biblio­thek bearbeitet. Demselben Zweck dienten Referate bei der International ­Association of Labour and Social History am 7. 9. 2011 in Bonn III. Forschungs-, Bildungs- und und im Kolloquium Neuere Forschungen zur Geschichte des Informationsdienste Aufwachsens und der Erziehung an der Ruhr-Universität Bo- chum am 18.10. 2012. Ein Tagesseminar wurde zudem mit Im Berichtszeitraum erschienen vier Ausgaben der Mitteilungen dem Seminar Kinderfreunde und Reformpädagogik, Ansätze des Archivs der Arbeiterjugendbewegung zu den Themen Ge- einer sozialistischen Erziehung in der Weimarer Republik von schlechtergeschichte der Arbeiterjugendbewegung, Luise und Franz Josef Jelich am 10.11. 2012 abgehalten. Karl Kautsky, Gruppengeschichten und zur Geschichte der Zusammen mit dem Arbeitskreis Historische Friedensforschung ­Arbeiterjugendtage. In der Schriftenreihe des Archivs wurde organisierte das Archiv der Arbeiterjugendbewegung vom 4. Band 21, Alexander J. Schwitanski (Hg.), »Nie wieder Krieg!« bis 6. November 2011 die Tagung Erziehung zum Krieg. Erzie- Antimilitarismus und Frieden in der Geschichte der Sozialisti- hung zum Frieden. Friedenspädagogik im 20. Jahrhundert. Im schen Jugendinternationale, Essen 2012, veröffentlicht. Referat Zwischen Marx und Europa: Friedenserziehung in so- Die Homepage des Archivs wurde auch im Berichtszeitraum zialistischen Kinderorganisationen in Weimar und der frühen von Manfred Wientgen betreut. Die Angebote sozialer Netz- Bundesrepublik. Die Zeltlager Seekamp 1927 und Falkenstaat werke, insbesondere von Facebook, wurden vom Archiv nur Junges Europa 1952 wurden auch friedenspädagogische An- sporadisch betreut. sätze der Falken diskutiert.

Die beiden im Berichtszeitraum abgehaltenen Archivtagungen Im Rahmen der Jugendbildung wurden am 24.4.2012 beim beschäftigten sich in 2011 mit der Geschlechtergeschichte bei Bezirksausschuss des Bezirks Niederrhein, am 4.10.2012 beim der Arbeiterjugendbewegung und in 2012 mit der Geschichte Kreisverband Wuppertal und am 1.12.2012 beim Kreisver- der Gruppen in der Arbeiterjugendbewegung. Beide Veran- band Aachen Vorträge zur Falkengeschichte gehalten. staltungen fanden die durchschnittlichen vierzig Besucherin- Am 5.6. 2011 und vom 23. bis 24.1. 2012 wurde mit Schüle- nen und Besucher und konnten mit Dr. Ilse Fischer vom Archiv rinnen und Schülern der Sophie-Scholl-Gesamtschule Hamm der sozialen Demokratie, Prof. Dr. Jürgen Reulecke und Prof. ein Seminar zur Quellenkritik abgehalten, vom 10. bis 13.10. Dr. Barbara Stambolis auch auswärtige Referentinnen und Re- 2011 fand ein Schulklassenseminar zur Geschichte der sozialis- ferenten vorweisen. Mit Beiträgen zahlreicher Zeitzeuginnen tischen Kinder- und Jugendbewegung mit Schülerinnen und und Zeitzeugen und einem von Marianne Berger und Helmut Schülern aus Bremen statt. Riedel im Vorfeld der Archivtagung 2012 durchgeführten Inter- viewprojekt gelang auch die Verknüpfung von innerverband- Beim Vielfaltkongress der SJD – Die Falken im Kurt Löwen- licher Erinnerung und wissenschaftlicher Analyse. stein-Haus vom 17. bis 19.5.2012 war das Archiv mit einem Informationsstand vertreten.

44 Mit eigenen Beiträgen war das Archiv in folgenden 2. Fortbildungen Fremd­publikationen vertreten: Der Archivleiter hat zum Wintersemester 2011/2012 eine • Mitteilungen des Förderkreises Archive und Bibliotheken berufsbegleitende Fortbildung an der Fachhochschule zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Heft 39 vom Potsdam im Bereich Archivwesen aufgenommen. März 2011: Das Archiv der Arbeiterjugendbewegung in Oer-Erkenschwick. 3. AuSSenvertretungen und Kooperationen • Forum Geschichtskultur Ruhr, Ausgabe 1, 2012: Alexander J. Schwitanski vertritt weiterhin den DBJR bei Das Archiv der Arbeiterjugendbewegung der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik • Das Zeltlager im Rahmen des Portals Erinnerungsorte Deutschland in Bonn. Weiterhin aktiv präsent war das der Sozialdemokratie, online auf: http://erinnerungsorte. Archiv beim Arbeitskreis nichtstaatlicher Archive im Kreis fes.de/das-zeltlager/ Recklinghausen und beim Arbeitskreis Archive und Museen im Vest Recklinghausen. • Alexander J. Schwitanski, »Das Schicksal unserer jungen Republik legen wir in Eure Hände«: Der Film über die Kinderrepublik Seekamp, in: Anja Kruke, Meik Woyke (Hg.), 4. Berichterstattung über das Archiv Deutsche Sozialdemokratie in Bewegung, 1848 – 1863 – Umfangreiche Berichte über die Tagung zur Geschichte 2013, Bonn 2012. der Friedenspädagogik und zum Anna-Siemsen-Symposion wurden auf der einschlägigen Plattform H-Soz-u-Kult ver­ IV. Ausbildungsleistungen öffentlicht, zur Friedenspädagogik auf http://hsozkult.ge- schichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=3978&count= Im Berichtszeitraum betreute das Archiv berufsorientierend 1&recno=1&sort=datum&order=down&search=Friedensp eine Praktikantin und zwei Praktikanten sowie ausbildungs­ %C3%A4dagogik, zum Anna-Siemsen-Symposion auf begleitend eine Praktikantin. http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/ id=4263&count=1&recno=1&sort=datum&order=down& search=siemsen. V. Geschäftsführung und Grundsatzfragen Die Stimberg-Zeitung berichtete über das Archiv in folgenden Ausgaben:

1. Personal • Nr. 257 v. 4.11.2011, S. 3, Artikel »Jahre des Friedens«; zur Tagung Geschichte der Friedenserziehung Von Anfang Oktober 2011 bis Ende September 2012 und Friedenspädagogik; war Frau Werk-Schuch mit einer 20-Stunden-Stelle im Archiv ­beschäftigt. Seit Anfang Oktober 2012 arbeitet • Nr. 19 v. 23.1.2012, S. 3, Artikel »Tagung macht sie auf der Basis eines geringfügigen Beschäftigungs- Geschichte lebendig«, zur Archivtagung 2012; verhältnis mit 12 Wochen­stunden im Archiv. • Nr. 91 v. 18.4.2012, S. 4, Artikel »Meterweise Zeit­ Von Anfang Juni 2011 bis Ende Mai 2012 war Frau geschichte«, zur Abgabe der Westfälischen Rundschau Parand Laghai als Studentische Hilfskraft im Umfang an das Stadtarchiv Oer-Erkenschwick. von acht ­Wochenstunden im Archiv beschäftigt.

Seit Dezember 2012 arbeitet ehrenamtlich Harald Banach im Archiv.

Im Übrigen ergaben sich keine personellen Veränderungen.

45 Weimar 13 Falken, Pfadfinder, Alevitische Jugend, Wandervögel und Hashomer Hatzair treffen sich mit Blick auf die Geschichte und Zukunft der Jugendbewegung am historischen Ort berichte

Kay Schweigmann-Greve

Ende August fand das erste der drei für dieses gemeinsam war das große Interesse aneinander Jahr angekündigten überverbandlichen Jugend- und die Offenheit für die Gruppen- und Ver- treffen anlässlich des hundertsten Jahrestages des bandskultur, die die je anderen mitbrachten. Treffens der Freideutschen Jugend auf dem Hohen Meißner 1913 sowie des ersten Arbeiterjugend- Das Programm am Samstag war ebenso bunt tags 1920 in Weimar statt. Seinen Abschluss fand ­gemischt wie die anwesenden Gruppen. Für die das Treffen am Sonntagvormittag, den 1. Septem­ jüngeren Kinder bot Lampi, pensionierter Waldorf­ ber, auf dem Weimarer Theaterplatz mit vielen lehrer und Mitbegründer der »Fahrtengemeinschaft Blauhemden, einigen Pfadfindern, außerdem mit Artaban«, Plastizieren mit Ton an. Etwas ältere Vertretern­ des Bundes der Alevitischen Jugend­ konnten beim Amateurfunken mit Niels Grehm lichen, von Hashomer Hatzair und vereinzelten vom Pfadfinderbund Boreas mit der Welt ins Ge- Wandervögeln. spräch kommen. Während einige Teilnehmenden mit Karsten Thiemann und weiteren Falken aus Während die zum Zeltlager gehörigen Kinder in Berlin-Neukölln Arbeiterlieder und politische Lieder den Weimarer Straßen bei einem Stadtspiel un- lernten und besprachen, besuchten andere die Ge­ terwegs waren, boten die Jugendlichen Ergebnisse denkstätte des KZ Buchenwald. Wieder andere ihres »Goetheschredders« dar, einer kreativen übten mit den Braunschweiger Falken jonglieren Schreibwerkstatt, die während des Zeltlagers statt­ und den Umgang mit Feuerpois. Von den Falken gefunden hatte. Nach einer Darstellung des histo- aus Hannover kam eine AG über das Leben in rischen Zusammenhangs wurde am historischen Griechenland unter dem Regiment der Troika mit Ort, zu Füßen Goethes und Schillers, die »Weima­ lebhaften Diskussionen über Euro, Europa und rer Erklärung 2013« verlesen, in der die beteilig- die Selbstorganisation in der Not der griechischen ten Jugendverbände ihr Bekenntnis zu Demokra- Bevölkerung. Gregor Kritisis, ein Wissenschaftler mit tie, Toleranz und Pluralismus und ihre Ablehnung griechischen Wurzeln, referierte zu diesem Thema. von Rassismus und Antisemitismus formulierten. Eine schöne Bereicherung waren die Informatio- Bereits seit Freitag hatten Kinder, Jugendliche und nen zum Fortgang des »arabischen Frühlings« in Ältere auf dem Gelände des ehemaligen Hufe­land- Marokko und Ägypten, die die »Pfadfinder ohne Klinikums in Weimar ihre Zelte aufgeschlagen. Kluft und Hierarchien« (BDP) mitbrachten. Ge- Das Programm war so bunt gemischt, wie die werkschafter aus Marokko berichteten über die vertretenen Organisationen und Einzelpersonen. Bedeutung ihrer Organisationen für den Demo- Auf diese Weise gab es nicht nur die Möglichkeit kratisierungsprozess der Gesellschaft. Für den persönlicher Begegnungen zwischen Pfadfindern Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutsch- des BDP und des BdP, konservative Wandervögel land war die Teilnahme an einem Zeltlager Neu- konnten die veganen Speisen der anarchistischen land, dennoch trugen sie bereits mit einer eigenen Volxküche aus Hannover genießen, Deutschlehrer AG über die Verfolgung der Aleviten (eine am mit jungenschaftlicher Vita die Bearbeitung goe- Rande des Islam stehende kulturelle und religiöse thischer Texte bei den Falken beobachten. Ein Gemeinschaft) in der Türkei zum Programm bei. von der Kulturinitiative Lebendig Leben gestalte- Der langjährige Kontakt der Falken nach Israel ter Pfad der Sinne beruhigte manches Gemüt kam diesmal leider nur durch das eine oder andere nach engagierter Diskussion. Allen Teilnehmenden Lied zum Ausdruck, entsprechende Arbeitsgruppen

46 Außer Singerunden am Lagerfeuer, « gab es »Musik mit Stromanschluss« vor der Volxküche, was besonders viele jugendliche Teilnehmenden zu schätzen wussten.

kamen nicht zustande. Es ergaben sich jedoch Das gelungene Treffen fand dann am Sonntag viele Gespräche mit Yael Michail von Hashomer mit der Kundgebung vor dem Nationaltheater Hatzair Deutschland, die viel über ihren zionis- seinen öffentlichen Abschluss. Beim großen Ab- tisch-sozialistischen Bund berichten musste, dessen schlusskreis auf dem Lagerplatz waren sich die deutsche Sektion nach 73 Jahren erst im vergan- beteiligten Gruppen einig, ihre Zusammenarbeit genen Herbst wiedergegründet worden war. fortzusetzen, und die Kinder und Jugendlichen freuen sich auf ein Wiedersehen. Vielleicht in Die Bildungsstätte der Jugendburg Ludwigstein Weimar im kommenden Jahr. Weitere hinzukom- trug einen Theaterworkshop bei. Zu ihrer Gruppe mende Bünde werden dabei willkommen sein. gehörten auch Jugendliche, die als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus dem Sudan nach Deutschland kamen. Leider mussten die meisten dieser Jugendlichen in Hessen bleiben, da die Ausländerbehörde ihre Teilnahme verweigert hatte. Flüchtlinge dürfen sich in Deutschland nicht ohne Erlaubnis frei bewegen und ihr zuge- wiesenes Bundesland verlassen.

Etwas kontrovers verlief – notwendigerweise – die Diskussion um die »Weimarer Erklärung«, in der die vertretenen Organisationen SJD – Die Falken, Bund Deutscher Pfadfinder (Main-Taunus-Kreis und »Wilde Rose«), die Kulturinitiative Lebendig Leben und die Bildungsstätte der Jugendburg Lud­ wigstein einen gemeinsamen Nenner suchten. Auch die Einzelpersonen aus BdP, dem DPV und dem Wandervogel trugen noch manche Anregung bei.

Am Samstagnachmittag begrüßte Oberbürger- meister Stefan Wolf (SPD) die Teilnehmenden auf dem Lagerplatz, auf dem er, selbst ein alter Pfad- finder (VCP), sich sichtlich wohlfühlte. Die Präsen­ tation einiger AG-Ergebnisse leitete in ein eben- falls vielseitiges Abendprogramm über: Außer Singerunden am Lagerfeuer gestalteten Robert Schöning und Christian Kirchhof in der »Märchen­ jurte« einen Abend mit Erzählungen und Musik aus Orient und Okzident. »Musik mit Stroman- schluss« gab es vor der Volxküche, was besonders viele jugendliche Teilnehmenden zu schätzen wussten.

47 Susanne Kalweit (Hg.) Ich hab mich niemals arm gefühlt! Die Kielerin Rosa Wallbaum erzählt aus ihrem Leben

Arno Klönne Es begann 1913 Jugendbewegung in der deutschen Geschichte

Falkenkindheit hineingeboren und aufgewachsen in der Arbeiter­ jugendbewegung. Sie war Teilnehmerin der Kinder­ Hendrik Giese, Berlin republik Seekamp und bis zu ihrem Tode 2011 Susanne Kalweit (Hg.), engagiert in der Arbeiter- und Frauenbewegung » Ich hab’ mich niemals arm gefühlt!«, Schleswig-Holsteins. Die Kielerin Rosa Wallbaum erzählt aus ihrem Leben, Rotation 2010, Rosa und die Herausgeberin Susanne Kalweit haben 195 Seiten, ISBN 978-3-86850-644-0, auf freundschaftlicher Ebene viele Stunden Ge- Preis: 19,90 Euro spräche in den Jahren 2001 bis 2003 geführt und mitgeschnitten. Aus diesen Gesprächen, teilweise Sie durfte keine höhere Schule als die Volksschule gekürzt und nach den Lebensstationen im Inte­ besuchen, obwohl sie gerne wollte und auch die resse der Lesbarkeit neu geordnet, ist das vorlie- schulischen Leistungen stimmten. Der Lehrer hat gende Buch zusammengestellt worden. Kalweits so­gar extra noch einen Hausbesuch gemacht, Ziel bei der Bearbeitung der Mitschnitte war aber erfolglos. Die ökonomische Situation der es, Rosas Sprechweise im geschriebenen Text zu ­Familie und die Rollenvorstellungen der damaligen ­erhalten. Zeit ließen dass nicht zu: »[M]ein jüngster Bruder ist zur weiterführenden Schule gekommen. Aber Und wer Rosa Wallbaum persönlich kannte, er- bei mir ging das nicht. Ich habe das meinen Eltern kennt tatsächlich im Text ihre Art des Erzählens sehr, sehr lange übelgenommen; ich war viel- wieder. Wer sie nicht kannte, erlebt durch die be- leicht schon wieder verwitwet, als ich erkannte, hutsame Bearbeitung des gesprochenen Wortes dass sie gar nicht anders denken konnten. Sie waren eine besondere Lebendigkeit in dieser erzählten ja Kinder ihrer Zeit und sie haben gesagt: ›Du bist Autobiographie. ein Mädchen, du heiratest ja doch; die Jungs müssen mal eine Familie ernähren.‹ Ich konnte Das Buch ist keine klassische Biographie, es ist mich gar nicht damit abfinden, dass ich auf diese sehr subjektiv, die historischen und politischen Weise benachteiligt sein sollte.« (S.28 f.) Zusammenhänge werden im Buch nur erwähnt, wenn Rosa ihre Erzählungen entsprechend ange- Diese Situation ist der Schlüssel zum Verständnis reichert hat. In Ausnahmefällen wurden entspre- der Lebensgeschichte der Protagonistin dieser etwas chende Fußnoten gesetzt. Ansonsten muss der anderen »Biographie«: Rosa Wallbaum ist ein Kieler Leser auf eigenes Wissen um die Zusammenhänge Arbeitermädchen, 1915 in die Arbeiterbewegung zurückgreifen. Letztlich handelt es sich um einen

48 ausführlichen und detailreichen Bericht einer Zeit- fen etwa sechzehn, achtzehn Kinder, die Stroh­ zeugin. In Rosas Erzählungen begegnen dem Leser säcke, das war wie Tortenstücke. […] Für Kultur- zahlreiche Figuren der deutschen Arbeiter(jugend) beutel oder Koffer wäre im Zelt kein Platz gewesen. bewegung: Andreas Gayk, Kurt Löwenstein, Ernst Der Rucksack diente als Kopfkissen.« (S. 44/45) Busch, Willy Brandt, Hermann Neddermeyer und viele andere sind vertreten und verknüpft mit Es folgen Schilderungen zum »klampfenden« Ernst persönlichen Erlebnissen. Busch, zum gemeinsamen Baden, zum Abenteuer Lagerwache, zu den vielen Brotscheiben, die es Die erste Hälfte des Buches beschäftigt sich inten- jeden Tag gab und zur Mitbestimmung der Kinder siv mit Rosas Kindheit und Jugend im Kiel der und Jugendlichen. Nicht fehlen darf natürlich Weimarer Republik. Sie berichtet von Erlebnissen auch eine ausführliche und eindrucksvolle Schilde­ in der Schule und von der Einteilung der Schüler in rung der Anti-Kriegs-Feier mit Kurt Löwenstein. kommunistische, schwarz-weiß-rote und schwarz- rot-goldene Elternhäuser, von Kontakten zu ihren Ihre Erlebnisse bei den Kinderfreunden und in See­ jüdischen Mitschülerinnen und ersten Anfeindun- kamp haben Rosa bestätigt und ermutigt, sich für gen einzelner Schülerinnen aufgrund ihres jüdi- andere zu engagieren, Solidarität nicht nur zu er- schen Glaubens. fahren, sondern auch selbst erfahrbar zu machen. Das blieb auch nach 1933 so. Wenn Rosa auch Früh schon interessierte sich Rosa für Politik und nach eigenem Bekunden nicht im Widerstand begann, sich für Mitschülerinnen und gegen von war, hat sie sich doch auch unter dem National- ihr empfundene Missstände zu engagieren: »Wenn sozialismus ihr eigenständiges Denken bewahrt da irgendeine Ungerechtigkeit war, dann war ich und im Kleinen praktische Solidarität geübt. Mit sofort da. Ich kriegte fürchterliches Herzklopfen der Machtübertragung an die Nationalsozialisten und dann habe ich mich engagiert.«(S. 31) endete jedoch nach ihrer eigenen Aussage ihre Jugend, man traf noch gelegentlich Genossinnen In der Tätigkeit als Vertrauensschülerin und akti- oder Genossen aus der Arbeiterjugendbewegung, ves Mädchen bei den Falken, wie sie es selber unterhielt sich auch über früher. »Aber da kam formuliert, liegt die Basis ihres lebenslangen nicht ›Wollen wir uns nicht mal treffen?‹ oder so. Wenn« da ­Engagements für Gerechtigkeit, Bildung und Soli- Irgendwie hatten wohl alle Angst.« (S.75) ­irgendeine darität. Als ihre Eltern sie aufgrund fehlender Zeit ­Ungerechtigkeit für Unterstützung im Haushalt vor die Wahl stell- Die zweite Hälfte des Buches beginnt mit dem war, dann war ten, ob sie weiterhin zum Turnen, zum Mando­ Zweiten Weltkrieg, in dem Rosa Zeugin der Zer- ich sofort da. linenclub oder zu den Kinderfreunden gehen störung ihrer Heimatstadt wird und ihren Mann Ich kriegte möchte, fiel ihre Entscheidung auch sehr eindeu- verliert. Nach Kriegsende und Befreiung ist für fürchterliches tig aus: »Am allerliebsten bin ich zu den Kinder- Rosa klar: Es muss weitergehen und die Sozialde- Herzklopfen freunden gegangen. Ich glaube, das lag daran, mokratie muss eine gestaltende Kraft beim Wieder­ und dann dass wir ernsthaft diskutierten, dass wir uns um aufbau werden. Im Juni 1946 trat sie nach 1932 habe ich mich Probleme kümmerten. Damals hätte ich vielleicht zum zweiten Mal in die SPD ein, deren Mitglied engagiert.« noch nicht gesagt ›Wir wollten die Welt verbes- sie bis zu ihrem Tod blieb. Sie kandidierte mehr- Rosa Wallbaum sern.‹ Man hat sehr viel Wert darauf gelegt, dass mals für den Landtag und war viele Jahre Abge- wir ernst genommen wurden. Heute würde ich ordnete in der Kieler Ratsversammlung. sagen, da lag System drin – nicht uns zu indoktri- nieren, sondern die Zukunft der Arbeiterbewegung Das Streben nach Bildung blieb ein bestimmendes an die Probleme heranzuführen.« (S. 37) Moment in ihrem Leben: Sie nutzte die Angebote der Heimvolkshochschule, engagierte sich in der Ein prägendes Erlebnis war für Rosa die Kinder­ Frauenarbeit der SPD und wurde schließlich Studien­ republik Seekamp, die 1927 mit über 2000 Kindern leiterin an der neu gegründeten Gustav-Heine- in der Nähe von Kiel an der Ostseeküste stattfand. mann-Bildungsstätte in Malente. Mit dem Ende Den Alltag und ihre Erlebnisse in Seekamp konnte Ihres beruflichen Engagements in Malente im Rosa besonders schön und plastisch schildern, im Jahre 1974 endet auch das Buch. Bis ins hohe Alter Buch wird dies ebenfalls deutlich: »Im Zelt schlie- leitete sie noch Seminare zu politischen und ge-

49 sellschaftlichen Themen, heute ist die Bibliothek erhält auch die Arbeiterjugendbewegung, die ab der Bildungsstätte nach ihr benannt. Bis zu ihrem 1904 regional mit unterschiedlichen Schwerpunkten Tode blieb sie engagiert und eine wache Beob- entstand. »Im Unterschied zu den bürgerlichen achterin des politischen Geschehens um sie herum. Jugend­bünden unterlagen die Arbeiterjugend- gruppen von Beginn an einer strengen politischen Das Buch bietet interessante, mitunter auch kurz- Repression. Ein Höhepunkt dieser staatlichen ›Ge­ Rezensionen weilige Einblicke in das Leben einer Frau aus der fahrenabwehr‹ war das preußische Vereinsgesetz Falken- Arbeiterschaft und ihre durch die Arbeiter(jugend) von 1908, das zutreffend als ›Sozialistengesetz für kindheit bewegung beförderte Politik- und Bildungskarriere. die Jugend‹ bezeichnet wurde.«(S. 26) Auch die Es zeigt eine Frau mit klaren Prinzipien und Über- Aufspaltungen während des Ersten Weltkrieges zeugungen, die auch immer bereit war, eigene Feh- und die »Jenaer Arbeiterjugendkonferenz« unter ler einzugestehen und aus ihnen zu lernen. Das Teilnahme von Karl Liebknecht werden darge- Buch bringt viel Lokalkolorit aus Kiel, aber vor allem stellt. Die spätere geschichtsklitternde Vereinnah- auch anschauliche Schilderungen der Kinderrepu- mung dieser Konferenz durch die kommunisti- blik Seekamp, des Falkenalltags in den 1920er sche Geschichtsschreibung der DDR als Gründungs­ Jahren, die Verunsicherung nach 1933, Erlebnisse stunde des kommunistischen Jugendverbandes wird in Lehre und Beruf sowie Rosas politischer Karriere genauso erwähnt, wie die Karrieren der Meißner- nach 1945. fahrer Willi Münzenberg und Alfred Kurella in der Kommunistischen Jugendinternationale.

Auch die sozialdemokratische Jugendbewegung und ihr stilprägend jugendbewegter Arbeiterjugend­ tag 1920 in Weimar sowie die dortige Gründungs­ Kurze Geschichte konferenz der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) der Jugendbewegung werden geschildert, ihr sozialgeschichtlicher Hinter­ grund, die Unterschiede in den Lebenslagen Kay Schweigmann-Greve, Hannover bürgerlicher und proletarischer Jugendlicher und Arno Klönne, Es begann 1913. die daraus resultierenden unterschiedlichen Aus­ Jugendbewegung in der deutschen Geschichte, prägungen der entsprechenden Strömungen der Erfurt: Landeszentrale­ für politische Bildung ­Jugendbewegung werden erläutert. Es folgt ein Thüringen, 2013, 107 Seiten, ­Kapitel Weibliche Erwartungen an die Jugendbe- ISBN 978-3-943588-18-7, Preis: kostenlos. wegung. Primär bürgerliche Mädchen waren be- strebt, die Geschlechterhierarchie aufzubrechen, Passend zum einhundersten Jahrestag des Treffens die die deutsche Gesellschaft prägte, sie wollten deutscher Jugendbewegter auf dem Hohen Meiß- gleichberechtigtere Formen des Umgangs finden. ner 1913 erschien bei der Thüringer Landeszentrale Bei dieser Querschnittsbetrachtung geraten auch für politische Bildung ein handliches Bändchen, das die deutsch-jüdischen Jugendbünde als dritte Strö­ der Bedeutung der Jugendbewegung in der ersten mung in den Blick: »In der bürgerlichen Jugend- Hälfte des 20. Jahrhunderts nachgeht. In kurzen bewegung fanden Mädchen und junge Frauen Kapiteln werden die unterschiedlichen Aspekte und außer dem Ziel einer eigenständigen ›Jugendkul- Strömungen in lockerer, chronologischer Reihen- tur‹ keine männlich wie weiblich gleichermaßen folge dargestellt. Es werden der Wandervogel und gültigen Handlungsmuster, während diese in der seine Entstehungsbedingungen im Kaiserreich, die Arbeiterjugendbewegung und bei deutsch-jüdi- neoromantische Suche nach der blauen Blume und schen Jugendbünden existierten. In den sozialisti- der »Realitätsschock« des Ersten Weltkrieges be- schen Jugendorganisationen bot die soziale ›Kampf­ schrieben. Sodann folgt ein Einschub, der die Kate­ genossenschaft‹ von weiblicher und männlicher gorien Jugend und Jugendbewegung begrifflich Jugend ein gemeinsames Ideal, in deutsch-jü­ und historisch erläutert. Die »eigentliche« Jugend­ dischen Bünden entwickelte sich Geschlechter­ bewegung erhält hier eine sozial- und ideenge- gemeinschaft in der Abwehr des Antisemitismus schichtliche Vorgeschichte seit dem »Sturm und und auch durch das gemeinsame Wiederent­ Drang« im 18. Jahrhundert. Ein eigenes Kapitel decken jüdischer Kultur.« (S. 39)

50 Einen breiten Raum nimmt die Verarbeitung des weilige Besatzungsmacht, entstand ein pluralis- Kriegserlebnisses innerhalb der Jugendbewegung tisch aufgefächertes Spektrum unterschiedlicher ein: Antimilitarismus (etwa bei Hans Paasche oder Jugendorganisationen, das vielfach an die Weima- in der Arbeiterjugend) oder – wie in weiten Teilen rer Situation anknüpfte, »evangelische und katho­ der bürgerlichen Bünde – »Modernisierung« der lische Jugendorganisationen; die sozialistische (an Kriegsromantik etwa durch »völkische« Aufladung, der SPD orientierte) Jugendorganisation ›Die Falken‹, quasireligiöse Mystifizierung des Todes vieler Gewerkschaftsjugend, Sportjugendverbände; bün- Tausend Wandervögel bei Langemarck als »Opfer­ disch-pfadfinderische Organisationen ohne konfes­ tod« und Faszination für militärisches Gehabe und sionelle Bindung und die Naturfreundejugend«. Nach« der Be­ Technik. »So wurde unter Rückgriff auf religiöse (S.64) Auch die FDJ in der sowjetischen Zone ge- freiung Deutsch­ Symbolik, die Niederlage in einen Sieg, der Tod in hörte zunächst in diesen Kontext, wurde jedoch lands war die eine mythische Lebendigkeit umgefälscht. Die »bald von der kommunistischen Parteipolitik ver- Jugendbewe­ ›heroische Welt­anschauung‹ als jugendpädagogi- einnahmt«. (S. 64) Ein Unterschied zur Vorkriegs- gung jedoch – sches Leitbild breitete sich längst vor 1933 aus und jugendbewegung wird betont: Durchaus zur Ent- weder in Ost- reichte bis weit in die konfessionellen Jugendver- täuschung älterer Jugendbewegter, die nach 1945 noch in West­ bände, die Turnerjugend und politisch ungebun- gerne eine idealistisch gesonnene »neue Jugend« deutschland – dene Jugendorganisationen hinein.« (S. 47) samt pathetischer »Sendung der Jugend« organi- desavouiert siert hätten, traf dies nirgends auf Widerhall. Er- und beendet »Jugendbewegung und Nationalsozialismus« ist folgreicher war jedoch der Versuch, der »Hitler­ […]. ein eigenes Kapitel. Klönne stellt sein Urteil an den jugendgeneration« und der Jugend überhaupt Kapitelanfang: »Die Arbeiterjugendverbände waren eine wesentliche Mitverantwortung für den Natio­ 1933 Gegner des Nationalsozialismus; sofort nach n­alsozialismus zuzuschreiben. Eine Folge hiervon Beginn des ›Dritten Reiches‹ wurden sie unter- war, so Klönne, das späte Volljährigkeits- und Wahl­ drückt. Die deutsch-jüdischen Jugendbünde wur- rechtsalter von 21 Jahren. »Zwischen 1946 und den Opfer des NS-staatlichen Rassismus. Und die 1948 fand in Deutschland so etwas wie eine pub- bürgerliche Jugendbewegung? Um eines vorweg­ lizistische Kampagne statt, eine öffentliche War- zunehmen: Für die organisations- und machtpoli- nung vor dem ›Gift der Blauen Blume‹«. (S.73) In tische Durchsetzung des ›Dritten Reiches‹ war die der Notsituation jener Jahre in Ost und West waren Jugendbewegung ohne Bedeutung; nicht die Ju- sich die Repräsentanten von Politik, Kirchen und gendbünde waren es, auch nicht die bürgerlichen Sozialverbänden einig, dass Lagerfeuer und Fahrten­ und nationalistischen, die Hitler in den Sattel ver- romantik keine Berechtigung mehr hätten, die halfen oder der NS-Staatlichkeit ihren festen Boden Jugendverbände müssten sich »der sozialen Reali­ gaben. Aber ohne Zweifel gehörte zu weiten Teilen tät der Jugend stellen«. Diese Vorgaben gingen die bürgerliche Jugendbewegung zu jenen Strö- jedoch an den Wünschen vieler Jugendlicher vor- mungen in der deutschen Ideengeschichte, die Dis­ bei »Die Trümmerjugend war an großartig daher- positionen bereitstellten, also Denkweisen, Leit- kommenden jugendbewegten Deklarationen we- bilder und Verhaltensformen, an die der National­ nig interessiert, und sie drängte selbstverständlich sozialismus anknüpfen, die er für seine Zwecke nach Versorgung mit dem Nötigsten, mit Wohn- stückeln, bearbeiten und verwenden konnte, was plätzen, Ausbildungsplätzen und Arbeitsplätzen, einen erheblichen Teil seiner ›idealistischen‹ Seite aber vielfach wollte sie auch das nachholen, was ausmachte.« (S. 55) der reglementierte Staatsjugenddienst, die Kriegs- jahre und die Kriegsfolgen ihr verwehrt hatten, Nach der Befreiung Deutschlands war die Jugend­ nämlich ein unbeschwertes Leben in der freien bewegung jedoch – weder in Ost- noch in West- Zeit mit der jugendlichen Gruppe, auf Fahrt oder deutschland – desavouiert und beendet, vielmehr im Jugendlager«.(S.74) Erst Mitte der 1950er Jahre entstanden sehr schnell, beeinflusst durch die Be- verloren diese Formen für die Nachwachsenden strebungen der jeweiligen Besatzungsmächte, neue an Attraktivität. Klönne widerspricht auch der ver­ Jugendorganisationen, die zunächst an die Formen breiteten These, die Nachkriegsjugend sei »unpo- der alten bürgerlichen und proletarischen Jugend­ litisch« gewesen, jugendliches politisches Bewusst­ bewegung anknüpften. In den westlichen Besat- sein und Engagement seien eigentlich erst infolge zungszonen, durchaus mitgeprägt durch die je- der 68er-Bewegungen entstanden. Gemeinsamer

51 Nenner dieser früheren Jugend waren Ansätze einer eigenständigen Reflexion über den Nationalsozia­ Satzungs- lismus und ein weit verbreiteter Antimilitarismus. Dieser sei von den Falken bis zur katholischen Ju- änderung gend und selbst der FDJ als Grundstimmung deut­ Änderung der Satzung lich wahrzunehmen gewesen. Erst die Intervention Rezensionen des Förderkreises der jeweiligen Parteien habe die Jugendorganisa- Kurze ›Dokumentation der tionen »auf Linie« gebracht. Das Abschlusskapitel Arbeiterjugendbewegung‹ Geschichte beschäftigt sich – naheliegend für eine Publikation der Jugend- der Thüringer Landeszentrale für politische Bildung Änderung der Satzung des Förderkreises bewegung – mit der kommunistischen Dominanz und Verstaat­ ›Dokumentation der Arbeiterjugendbewegung‹ lichung und der FDJ in der DDR. Die 17. Mitgliederversammlung des Förderkreis Die zwar kurze aber differenzierte Darstellung, ›Dokumentation der Arbeiterjugendbewegung‹ die in jedem Abschnitt mit Literaturempfehlungen am 20. Januar 2013 hat beschlossen, der zum Weiterlesen versehen ist, eignet sich vorzüg- 18. Mitgliederversammlung 2015 einen Vorschlag lich für einen Einstieg in die Geschichte der Jugend­ für eine Satzungsänderung zu unterbreiten, bewegung(en) in Deutschland. Es ist sehr bedauer­ durch die die Anzahl der Beisitzenden im Vorstand lich, dass sie nicht bis in die jüngere Zeit fortge- des Förderkreises durch die jeweilige Mitglieder- setzt wurde. Dies mag dem engen Rahmen einer versammlung festgestellt werden soll. Publikation für eine Landeszentrale geschuldet sein, Der nachstehende Vorschlag für eine Neufassung ist jedoch unbefriedigend. Vielleicht besteht ja die der Satzung (rechte Spalte die aktuelle Fassung, Möglichkeit einer erweiterten Ausgabe anderswo. links der Änderungsvorschlag) greift diesen Diese müsste sich sowohl mit der getrennten Ge- Arbeitsauftrag auf. schichte bis 1989 als auch der Entwicklung seither und in diesem Rahmen auch mit dem Entstehen Die Neufassung nimmt folgende Änderungen vor: eigener migrantischer Jugendverbände wie Amaro • Eine Anpassung an die geschlechtergerechte Drom (dem Jugendverband der Sinti und Roma), Schreibweise, wie sie innerhalb des Verbands der der türkischen DIDF-Jugend (Föderation demo- SJD – Die Falken durch Beschluss des Bundesaus- kratischer Arbeitervereine) oder dem Bund der schusses vom 29.9.2012 geübt wird. Alevitischen Jugendlichen beschäftigen. • Eine Änderung von §7 bzgl. der Anzahl der Beisitzenden und eine Präzisierung der Vor- schriften über das Wahlverfahren auf Basis der geübten Praxis.

Gemeinsamer • Eine Neuformulierung in § 7 Abs. 3 der Kompe- » tenzen des Zeltlagerplatz e.V. bezüglich dessen Nenner dieser ­früheren Jugend Recht zur Ablehnung des Haushalts des Archivs. waren Ansätze Mitglieder des Förderkreises ›Dokumentation der ­einer eigenständi­ Arbeiterjugendbewegung‹ können Änderungs­ gen Reflexion anträge schriftlich bis sechs Wochen vor der über den Natio­ nächsten Mitgliederversammlung beim Archiv nalsozialismus der Arbeiterjugendbewegung einreichen. und ein weit ver- breiteter Anti- Zur 18. Mitgliederversammlung wird rechtzeitig militarismus durch Veröffentlichung der Einladung in einer der nächsten Ausgaben der Mitteilungen eingeladen werden.

52 Fassung vom 2.10.2004 Vorschlag der Neufassung Satzung des Förderkreises Satzung des Förderkreises ›Dokumentation der Arbeiterjugendbewegung‹ ›Dokumentation der Arbeiterjugendbewegung‹ (beschlossen auf der 13. MV 2.10.2004)

§1 Name §1 Name Der Verein führt den Namen »Förderkreis‚ Der Verein führt den Namen »Förderkreis‚ Dokumentation der Arbeiterjugendbewegung«. Dokumentation der Arbeiterjugendbewegung«.

§2 Zweck §2 Zweck Der Förderkreis ›Dokumentation der Arbeiterjugendbewegung‹ Der Förderkreis ›Dokumentation der Arbeiterjugendbewegung‹ ­bezweckt die ideelle und materielle Förderung des Archivs ­bezweckt die ideelle und materielle Förderung des Archivs der Arbeiterjugendbewegung und ihrer Dokumentation. der Arbeiterjugendbewegung und ihrer Dokumentation. In Zusammenarbeit mit dem Bundesvorstand der SJD – Die Falken, In Zusammenarbeit mit dem Bundesvorstand der SJD – Die Falken, dem Zeltlagerplatz e.V. sowie weiteren Organisationen dem Zeltlagerplatz e.V. sowie weiteren Organisationen hat der Förderkreis insbesondere folgende Aufgaben: hat der Förderkreis insbesondere folgende Aufgaben: • Beschaffung und Sicherung von Dokumenten und Materialien • Beschaffung und Sicherung von Dokumenten und Materialien der Kinder- und Jugendorganisationen der Arbeiterbewegung der Kinder- und Jugendorganisationen der Arbeiterbewegung in ihren aktuellen und historischen Zusammenhängen, um sie in ihren aktuellen und historischen Zusammenhängen, um sie der wissenschaftlichen Bearbeitung oder der Bildungsarbeit der wissenschaftlichen Bearbeitung oder der Bildungsarbeit zur Verfügung zu stellen. zur Verfügung zu stellen. • Mitwirkung bei der Initiierung und Betreuung wissenschaftlicher • Mitwirkung bei der Initiierung und Betreuung wissenschaftlicher Arbeiten zur historischen Jugendforschung, insbesondere der Arbeiten zur historischen Jugendforschung, insbesondere der ­Arbeiterjugendbewegung. ­Arbeiterjugendbewegung. • Sicherung der materiellen und sächlichen Ausstattung • Sicherung der materiellen und sächlichen Ausstattung des Archivs der Arbeiterjugendbewegung. des Archivs der Arbeiterjugendbewegung. Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Zwecke. Der Förderkreis bildet kein eigenes sächliches oder finanzielles Der Förderkreis bildet kein eigenes sächliches oder finanzielles ­Vermögen. Alle Maßnahmen und Materialien des Förderkreises ­Vermögen. Alle Maßnahmen und Materialien des Förderkreises ­gehen zweckgebunden für das Archiv der Arbeiterjugend- ­gehen zweckgebunden für das Archiv der Arbeiterjugend- bewegung an den Betreiber des Archivs, den Zeltlagerplatz e.V. bewegung an den Betreiber des Archivs, den Zeltlagerplatz e.V.

§3 Mitgliedschaft §3 Mitgliedschaft Mitglieder des Förderkreises ›Dokumentation der Arbeiterjugend­ Mitglieder des Förderkreises ›Dokumentation der Arbeiterjugend­ bewegung‹ können Einzelpersonen, Vereine, Verbände und bewegung‹ können Einzelpersonen, Vereine, Verbände und ­Organisationen werden, die den Zweck und die Ziele des Vereins ­Organisationen werden, die den Zweck und die Ziele des Vereins unterstützen. Über die Aufnahme entscheidet der Vorstand. unterstützen. Über die Aufnahme entscheidet der Vorstand. Die Mitgliedschaft erlischt durch Die Mitgliedschaft erlischt durch a) Austrittserklärung a) Austrittserklärung b) Ausschluss b) Ausschluss c) Auflösung des Vereines c) Auflösung des Vereines d) Tod des Einzelmitgliedes d) Tod des Einzelmitgliedes Der Ausschluss eines Mitgliedes erfolgt durch den Beschluss Der Ausschluss eines Mitgliedes erfolgt durch den Beschluss des Vorstandes. Gegen den Beschluss kann binnen einer Frist des Vorstandes. Gegen den Beschluss kann binnen einer Frist von 8 Wochen Widerspruch eingelegt werden. Über den von 8 Wochen Widerspruch eingelegt werden. Über den ­Widerspruch entscheidet die nächste Mitgliederversammlung. ­Widerspruch entscheidet die nächste Mitgliederversammlung.

§4 Mitgliedsbeiträge §4 Mitgliedsbeiträge Zur Förderung des Vereinszweckes entrichten die Mitglieder Zur Förderung des Vereinszweckes entrichten die Mitglieder ­Beiträge an den Verein. Die Mindestbeiträge betragen ­Beiträge an den Verein. Die Mindestbeiträge betragen 25,00 Euro pro Jahr der Mitgliedschaft für Einzelpersonen 25,00 Euro pro Jahr der Mitgliedschaft für Einzelpersonen und 35,00 Euro pro Jahr für Verbände und Organisationen. und 35,00 Euro pro Jahr für Verbände und Organisationen. ­Abweichende ­Regelungen werden von der Mitgliederver­- ­Abweichende ­Regelungen werden von der Mitgliederver­- sammlung mit 2/3-Mehrheit beschlossen. sammlung mit 2/3-Mehrheit beschlossen. Die Mitgliedsbeiträge und Spenden werden unmittelbar an den Die Mitgliedsbeiträge und Spenden werden unmittelbar an den ­Betreiber des Archivs, den Zeltlagerplatz e.V. abgeführt und ­Betreiber des Archivs, den Zeltlagerplatz e.V. abgeführt und von diesem eingezogen. von diesem eingezogen.

53 §5 Mitgliederversammlung §5 Mitgliederversammlung Die Mitgliederversammlung findet mindestens alle 2 Jahre statt. Die Mitgliederversammlung findet mindestens alle 2 Jahre statt. Sie wird durch den Vorstand des Förderkreises schriftlich Sie wird durch den Vorstand des Förderkreises schriftlich mindestens acht Wochen im Voraus eingeladen. Die Einladung mindestens acht Wochen im Voraus eingeladen. Die Einladung gilt auch als ordnungsgemäß, wenn sie fristgerecht durch eine gilt auch als ordnungsgemäß, wenn sie fristgerecht durch eine Veröffentlichung in den ›Mitteilungen‹ des Archivs erfolgt. Veröffentlichung in den ›Mitteilungen‹ des Archivs erfolgt. Auf Beschluss des Vorstandes oder auf schriftlichen Antrag von Auf Beschluss des Vorstandes oder auf schriftlichen Antrag von ­mindestens 10% der Mitglieder des Förderkreises ist eine außer­ ­mindestens 10% der Mitglieder des Förderkreises ist eine außer­ ordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. Der Antrag ordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. Der Antrag ist zu begründen. ist zu begründen. Das Protokoll kann als Beschlussprotokoll in den ›Mitteilungen‹ Das Protokoll kann als Beschlussprotokoll in den ›Mitteilungen‹ des Archivs veröffentlicht werden. des Archivs veröffentlicht werden.

§6 Aufgaben der Mitgliederversammlung §6 Aufgaben der Mitgliederversammlung Die Mitgliederversammlung hat insbesondere die Aufgabe Die Mitgliederversammlung hat insbesondere die Aufgabe a) die Mitglieder des Vorstandes nach § 7a bis d zu wählen. a) die Mitglieder des Vorstandes Die Vorstandsmitglieder sind zugleich die Mitglieder des nach § 7a bis d zu wählen. ­Förderkreises im Kuratorium. b) den Arbeitsbericht des Förderkreises und des Archivs b) den Arbeitsbericht des Förderkreises und des Archivs ­entgegenzunehmen. sowie des Kuratoriums entgegenzunehmen. c) über die weitere materielle und ideelle Förderung des Archivs c) über die weitere materielle und ideelle Förderung des Archivs zu beraten und zu beschließen. zu beraten und zu beschließen. d) den von der Bundeskontrollkommission geprüften Finanz- d) den von der Bundeskontrollkommission geprüften Finanz- bericht und den Haushaltsabschluss vom Vorstand des bericht und den Haushaltsabschluss vom Vorstand des Zeltlagerplatz e.V. entgegenzunehmen. Zeltlagerplatz e.V. entgegenzunehmen.

§7 Vorstand §7 Vorstand Der Vorstand besteht aus Der Vorstand besteht aus a) dem Vorsitzenden a) dem/der Vorsitzenden b) zwei gleichberechtigten stellvertretenden Vorsitzenden b) zwei gleichberechtigten stellvertretenden Vorsitzenden c) acht Beisitzern c) einer von der Mitgliederversammlung vor der Wahl festzulegenden Anzahl von Beisitzenden d) dem Leiter des Archivs der Arbeiterjugendbewegung d) dem/der Leiter*in des Archivs der Arbeiterjugendbewegung Der Vorstand wird von der Mitgliederversammlung für zwei Jahre Der Vorstand wird von der Mitgliederversammlung für zwei Jahre gewählt; die Amtszeit verlängert sich bis zur Neuwahl durch die gewählt; die Amtszeit verlängert sich bis zur Neuwahl durch die Mitgliederversammlung. Die Wahl findet in getrennten Wahl- Mitgliederversammlung. Die Wahl findet in getrennten Wahl- gängen statt. Gewählt ist derjenige Kandidat, der mehr als die gängen statt. Sofern nicht anders beantragt, findet die Wahl Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen auf sich vereinigt. in offener Abstimmung statt. Der/die Vorsitzende und die stellver- Erlangt niemand diese Mehrheit, so ist die Wahl zu wiederholen. tretenden Vorsitzenden sind gewählt, wenn sie mehr als die Hälfte Gewählt ist dann der Kandidat, der die meisten Stimmen erhält. der abgegebenen gültigen Stimmen auf sich vereinigen. Erlangt nie- mand diese Mehrheit, so ist die Wahl zu wiederholen. Gewählt ist dann der/die Kandidat*in, der/die die meisten Stimmen erhält. Sofern nicht anders beantragt, werden die für die Sitze der Beisit- zenden vorgeschlagenen Kandidat*innen gemeinsam mit einfacher Mehrheit der Stimmen gewählt. Auf Antrag oder bei Ablehnung der Liste erfolgt die Wahl der Kandidat*innen für den Beisitz in ­getrennten Wahlgängen.

Der Vorstand schlägt dem Vorstand des Zeltlagerplatz e.V. einen Der Vorstand schlägt dem Vorstand des Zeltlagerplatz e.V. einen Haushaltsplan für das Archiv vor. Der Vorstand des Zeltlagerplatz Haushaltsplan für das Archiv vor. Der Vorstand des Zeltlagerplatz e.V. kann den Vorschlag nur aus triftigen Gründen ablehnen. e.V. kann den Vorschlag nur mit einer schriftlichen Begründung Kommt es zu keiner Einigung, muss eine Mitgliederversammlung ablehnen. Kommt es zu keiner Einigung, muss eine Mitgliederver- des Förderkreises ›Dokumentation der Arbeiterjugendbewegung‹ sammlung des Förderkreises ›Dokumentation der Arbeiterjugend- einberufen werden. bewegung‹ einberufen werden. Der Verein wird gerichtlich und außergerichtlich (Vorstand im Der Verein wird gerichtlich und außergerichtlich (Vorstand im Sinne des § 26 BGB) vertreten durch den ersten Vorsitzenden Sinne des § 26 BGB) vertreten durch den/die erste*n Vorsitzende*n ­zusammen mit einem stellvertretenden Vorsitzenden oder durch zusammen mit einem/einer stellvertretenden Vorsitzenden oder die beiden stellvertretenden Vorsitzenden. durch die beiden stellvertretenden Vorsitzenden.

54 §8 Kuratorium §8 Kuratorium Das Kuratorium des Förderkreises ›Dokumentation Das Kuratorium des Förderkreises ›Dokumentation der ­Arbeiterjugendbewegung‹ besteht aus der ­Arbeiterjugendbewegung‹ besteht aus a) dem Vorstand des Förderkreises a) dem Vorstand des Förderkreises b) Vertretern der folgenden Arbeiterjugendverbände: b) Vertretern der folgenden Arbeiterjugendverbände: • Arbeiter-Samariter-Jugend • Arbeiter-Samariter-Jugend • Christliche Arbeiterjugend (CAJ) • Christliche Arbeiterjugend (CAJ) • Deutsche Schreberjugend • Deutsche Schreberjugend • DGB-Gewerkschaftsjugend • DGB-Gewerkschaftsjugend • Evangelische Trägergemeinschaft • Evangelische Trägergemeinschaft für gesellschaftspolitische Jugendbildung für gesellschaftspolitische Jugendbildung • Jugendwerk der Arbeiterwohlfahrt • Jugendwerk der Arbeiterwohlfahrt • Jungsozialisten in der SPD • Jungsozialisten in der SPD • Naturfreundejugend Deutschlands • Naturfreundejugend Deutschlands • Solidaritätsjugend Deutschlands im RKB • Solidaritätsjugend Deutschlands im RKB • Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken • Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken Der Vorstand beruft das Kuratorium nach Bedarf ein. Der Vorstand beruft das Kuratorium nach Bedarf ein. Dem Kuratorium obliegt es, das Archiv der Arbeiterjugend­ Dem Kuratorium obliegt es, das Archiv der Arbeiterjugend­ bewegung in allen inhaltlichen und fachlichen Fragen bewegung in allen inhaltlichen und fachlichen Fragen zu beraten und seine Tätigkeit insbesondere in der Öffent- zu beraten und seine Tätigkeit insbesondere in der Öffent- lichkeit und im Bereich der Wissenschaft zu unterstützen. lichkeit und im Bereich der Wissenschaft zu unterstützen.

§9 Satzungsänderung §9 Satzungsänderung Satzungsänderungen können von der Mitgliederversammlung Satzungsänderungen können von der Mitgliederversammlung mit ¾ der Stimmen der anwesenden Mitglieder beschlossen mit ¾ der Stimmen der anwesenden Mitglieder beschlossen werden. Eine Änderung des Vereinszweckes ist unzulässig. werden. Eine Änderung des Vereinszweckes ist unzulässig. Die beabsichtigte Satzungsänderung muss den Mitgliedern Die beabsichtigte Satzungsänderung muss den Mitgliedern mit der Einladung zur Mitgliederversammlung zugehen. mit der Einladung zur Mitgliederversammlung zugehen.

§ 10 Auflösung § 10 Auflösung Die Auflösung des Vereins kann nur in einer zu diesem Zweck Die Auflösung des Vereins kann nur in einer zu diesem Zweck ­besonders einberufenen Mitgliederversammlung mit mehr ­besonders einberufenen Mitgliederversammlung mit mehr als ¾ der Stimmen aller anwesenden Mitglieder beschlossen als ¾ der Stimmen aller anwesenden Mitglieder beschlossen werden. werden.

§ 11 Inkrafttreten § 11 Inkrafttreten Diese Satzung tritt unmittelbar nach der Beschlussfassung Diese Satzung tritt unmittelbar nach der Beschlussfassung durch die Mitgliederversammlung in Kraft. Für die Beschluss- durch die Mitgliederversammlung in Kraft. Für die Beschluss- fassung ist die einfache Mehrheit der anwesenden fassung ist die einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder ausreichend. Mitglieder ausreichend.

Geänderte Stellen sind unterstrichen.

55 Stiftung zur Förderung des Archivs der Arbeiterjugendbewegung und der sozialistischen Kinder- und Jugendarbeit

Heinz Westphal

Die Stiftung zur Förderung des Archivs der Arbeiter­ Heinz Westphal, dem die Falken diese Möglich- jugendbewegung und der sozialistischen Kinder- keit verdanken, ist unter Falken und im Förder- und Jugendarbeit wurde 2002 durch den Bun­ kreis kein Unbekannter. Begonnen hatte West- desvorstand der SJD – Die Falken, den Zeltlager- phal sein Leben in Berlin, im Jahr 1924. Als Sohn platz e. V. und den Förderkreis »Dokumentation von Max und Alice Westphal wurde er in ein der Arbeiterjugendbewegung« gegründet Grund­­ ­Elternhaus geboren, dass Heinz Westphals dop- lage der Stiftung war eine Zuwendung aus dem peltes Engagement in der Sozialdemokratie und Erbe von Heinz Westphal, der den Falken und in der Jugendbewegung und für die Jugend nahe­ dem Förderkreis jeweils eine bedeutende Summe legte. Vater wie Mutter waren Mitglieder der so- zugesprochen hatte. Um dieses Geld sicher und zialdemokratischen Arbeiterjugendbewegung der langfristig für die Arbeit der Falken und des Förder­ Weimarer Republik, sein Vater zeitweise Vorsit- kreises einsetzen zu können, entschlossen sich zender des Verbandes der Arbeiterjugendvereine, der Bundesvorstand der SJD – Die Falken und der seit 1926 hauptamtliches Mitglied des Parteivor- Förderkreis »Dokumentation der Arbeiterjugend- stands der SPD. Das Ehepaar Westphal war gut bewegung« zusammen mit dem Zeltlagerplatz e.V., befreundet mit dem Ehepaar Ollenhauer. Erich dem Vermögensträger des Falken-Bundesverbands,­ Ollenhauer wurde Max Westphals Nachfolger als das Geld in das Stammkapital einer neu zu grün- Vorsitzender der Sozialistischen Arbeiter-Jugend, denden Stiftung einzubringen. später bekanntlich Parteivorsitzender der SPD.

56 Heinz Westphal (links) mit Erich Lindstaedt (rechts) im IUSY-Camp bei Stockholm 1950 AAJB 5/276

Auch die Karriere Heinz Westphals, der im Zweiten Sein Engagement für die Jugend endete nicht mit Weltkrieg verwundet wurde – sein Vater starb 1943 der Abgabe dieser Ämter. Er war Mitherausgeber an den gesundheitlichen Folgen mehrerer Inhaf- der Zeitschrift deutsche jugend, Vorsitzender des tierungen in Konzentrationslagern –, wies eine enge Kuratoriums des Europäischen Jugendwerks und Verzahnung von Partei und Jugendbewegung auf. Mitglied des Vorstands des Internationalen Bundes Seine Karriere begann 1946 als Jugendsekretär der für Sozialarbeit/Jugendsozialwerk. Zu Recht trägt Berliner SPD, 1948 wurde er Vorsitzender der Sozia­ der Preis des Bundesjugendrings und des Bundes- listischen Jugend Berlins. In dieser Zeit war Heinz ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Westphal involviert in die Auseinandersetzungen Jugend für ehrenamtliches Engagement in der mit der FDJ um die Gründung eines Gesamt­ Jugendarbeit seinen Namen. deutschen Bundesjugendrings und über die Ab- schottung des sowjetischen Sektors in Berlin. Als Seine Stationen in der SPD, der er seit 1945 ange- mehrere Angehörige der Falken in Ostberlin verhaf- hörte, und der bundesdeutschen Politik sollen nur tet und teils zu hohen Strafen verurteilt wurden, anhand von drei Stationen kurz zusammenge- stand auch Heinz Westphal 1949 in Ostberlin vor fasst werden: Nach seinem Engagement in der Gericht, kam glücklicherweise jedoch nach wenigen Jugendarbeit war es sicher kein Zufall, dass Heinz Tagen wieder frei. Heinz Westphal wurde Mitbe- Westphal zum Parlamentarischen Staatssekretär gründer des Deutschen Bundesjugendrings – ohne im Bundesministerium für Jugend, Familie und Erich Honecker und ohne FDJ. Ge­sundheit berufen wurde, ein Amt, das er von 1969 bis 1974 ausübte. 1982 wurde er selbst Mi- Sein weiterer Weg führte ihn von Berlin in das nister für Arbeit und Sozialordnung. Mit dem Bundessekretariat der SJD – Die Falken nach Han- Scheitern der Regierung Schmidt verlor Heinz nover. Von 1953 bis 1957 war er dann Bundes- Westphal dieses Amt. Er blieb Abgeordneter des vorsitzender der SJD – Die Falken. Bundestags bis 1990, seit 1983 als Vizepräsident Sein Engagement für die Jugend reichte jedoch des Parlaments. über die Falken hinaus. Von 1954 bis 1965 wirkte Heinz Westphal im Deutschen Bundesjugendring, zuerst als stellvertretender, dann erster Vorsitzen- der und später als Hauptgeschäftsführer.

57 Heinz Westphal beim Arbeiterjugendtag in Dortmund 1955 AAJB 5/27

Spenden an die Stiftung können auf folgendes Konto überwiesen werden: Stiftung zur Förderung des Archivs der Arbeiterjugendbewegung und der sozialistischen Kinder- und Jugendarbeit Bank für Sozialwirtschaft Konto-Nr.: 3156100 BLZ: 10020500 BIC: BFSWDE33BER IBAN: DE62 1002 0500 0003 1561 00

58 Die Stiftung zur Förderung des Archivs der Arbeiter­ jugendbewegung und der sozialistischen DieKinder- Stiftung und Jugendarbeit

Als Heinz Westphal 1998 starb, bekundete er durch Die SJD – Die Falken sind ein selbstorganisierter sein Testament, das die Gründung der Stiftung zur Verband von und für Kinder und Jugendliche.Das Förderung des Archivs der Arbeiterjugendbewe- heißt aber auch, dass sie keinen originären Er- gung und der sozialistischen Kinder- und Jugend- wachsenenverband haben, der schützend die arbeit erlaubte, seine Verbundenheit mit der sozia­ Hand über sie hält. Die Arbeit für und mit Kindern listischen Jugendbewegung. Das für die Stiftung und Jugendlichen kostet Geld, genauso wie der gedachte Erbe ging zu gleichen Teilen an den Bun­ Unterhalt der dafür nötigen Gebäude und Ein- ­desverband der SJD – Die Falken, den Zeltlager­ richtungen oder die wertvolle Arbeit des Archivs platz e.V. und den Förderkreis »Dokumentation der der Arbeiterjugendbewegung. Die Falken sind da­ Arbeiterjugendbewegung«. Alle drei Anteile bilden her darauf angewiesen, dass Personen, die ihre zusammen das Stammkapital der Stiftung. Die Jugend bei den Falken erlebt und in guter Erinne- Ka­pi­talerträge werden jährlich anteilig an die rung behalten haben, die Falken auch in ihrem ­Kapitaleigner zur Unterstützung ihrer Arbeit aus- späteren Leben weiter unterstützen. Die Stiftung geschüttet. Aufgrund dieser Konstruktion haben zur Förderung des Archivs der Arbeiterjugend­ weitere Zustifter zum Stammkapital die Möglich- bewegung und der sozialistischen Kinder- und keit, gezielt die Arbeit entweder der Falken, des ­Jugendarbeit bietet dazu eine gute Möglichkeit, Zeltlagerplatz e.V. oder des Archivs der Arbeiter- entweder um Spenden unmittelbar an die Falken, jugendbewegung zu fördern, indem sie ihre den Zeltlagerplatz e.V. oder das Archiv der Arbeiter­ Spenden einem bestimmten Anteil innerhalb der jugendbewegung und seinen Förderkreis zu ge- Stiftung zuordnen oder ihre Spenden im Rahmen ben oder durch seine Spende das Stammkapital einer Querschnittförderung auf alle drei Teile aufzustocken. Letzteres ist vielleicht vor allem inte- des Gesamtkapitals zu verteilen. Die Geschäfts­ ressant, um Teile des Erbes im Todesfall einer sinn­ führung der Stiftung ist im Bundesbüro der SJD – vollen Verwendung zuzuführen, ganz im Sinne und Die Falken angesiedelt. dem Beispiel von Heinz Westphal folgend.

Was tut die Stiftung mit den Kapitalerträgen bzw. was tun die Anteilseigner damit? Die Stiftung un- terstützt aus ihren Kapitalerträgen einerseits die Arbeit der SJD – Die Falken. Der Förderkreis »Doku­ mentation der Arbeiterjugendbewegung« – Heinz Westphal war bis zu seinem Tod dessen stell­ vertretender Vorsitzender – unterstützt ideell und ­finanziell die Arbeit des Archivs der Arbeiter­ jugendbewegung. Auch die Erträge der Stiftung kommen unmittelbar der Arbeit des Archivs zu- gute. Der Zeltlagerplatz e.V. ist nicht nur Vermö- gensträger des Bundesverbands der SJD – Die Falken. Er unterstützt auch die verschiedenen Trä­ger­ver­ eine von Bildungsstätten, Zeltlagerplätzen, Jugend­ heimen und Bauspielplätzen, die zu den Falken gehören und in denen Kinder und Jugendliche die nötigen Freiräume zu ihrer Freizeitgestaltung finden.

59 Archiv- tagung 31.01. – 1.2.’14 Archiv der Arbeiter- jugendbewegung Jahrestagung Oer-Erkenschwick des Förderkreises

Arbeiterjugend im Ersten Weltkrieg

Im August 2014 jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkriegs den Ersten Weltkrieg zu einer einschneidenden Erfahrung des zum einhundertsten Mal. Viele neue Publikationen werden den frühen 20. Jahrhunderts. Der Krieg prägte auch maßgeblich die Ersten Weltkrieg wieder als Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts Lebens- und Arbeitswelt der Menschen. Vor allem darauf liegt bewerten – und gerade aus Sicht der Arbeiterjugend- und der Schwerpunkt der Archivtagung. Wir beschäftigen uns mit Arbeiterbewegung­ ist eine solche Bewertung auch nicht falsch. dem Alltag von Frauen im Ersten Weltkrieg anhand von fotogra- Bis heute wirken die Spaltung der Arbeiterbewegung und der fischen Zeugnissen, den Kriegsfolgen für die Kinder vor allem aus Arbeiterjugendbewegung ebenso nach wie die Irritationen und dem proletarischen Milieu, der Haltung von Arbeiterjugendlichen das Unverständnis angesichts der Haltung der Sozialdemokratie zum Krieg, ihren Protesten und auch der Erinnerung an den Ersten im August 1914. Die stolze Behauptung des Erfurter Programms,­ Weltkrieg in den 1920er Jahren anhand der Rezeptionsgeschichte dass die Interessen der Arbeiterklasse in allen Ländern mit kapi- der Verfilmung von Remarques »Im Westen nichts Neues«. Die talistischer Produktionsweise gleich seien, erwies sich als Maku- Brücke zu den Kriegserlebnissen junger sozialistischer Soldaten latur. Doch nicht nur die »großen Fragen« der Politik machten wird durch die Schilderung deren Erlebnisse geschlagen.

PROGRAMM Arbeiterjugend im Ersten Weltkrieg

Freitag, 31.01.2014 Samstag, 01.02.2014 Samstag, 01.02.2014

18.00 Uhr 9.30 Uhr 14.30 Uhr Begrüßung und Eröffnung Die Väter gingen stumm Feldpostbriefe junger Sozialisten: Wolfgang Uellenberg-van Dawen, Köln ins Feld und fielen. Worldcafé mit Lesung zu Privatkorres­ 18.15 Uhr Kindheit und Jugend pondenz junger sozialistischer Soldaten, Vorstellungsrunde zwischen Erstem Weltkrieg durchgeführt von Teilnehmenden Marianne Berger, Bremen und Weltwirtschaftskrise des Gruppenleiterbildungskurses Prof. Dr. Barbara Stambolis, Paderborn angefragt 18.30 Uhr Arbeiterjugend zwischen Kriegs- 10.40 Uhr Kaffeepause 15.30 Uhr Kaffee und Kuchen (im Speisesaal)

begeisterung und Ablehnung 00 11. Uhr 16.00 Uhr Dörte Hein, Oer-Erkenschwick Der Krieg der Frauen: Im Westen nichts Neues. 20.00 Uhr Weibliche Arbeitskräfte Die Erinnerungskultur der Weimarer Buffet in Recklinghausen 1914–1918 Republik an den Ersten Weltkrieg. Gemütliches Beisammensein Dr. Matthias Kordes, Recklinghausen Filmvorführung 00 12. Uhr Mittagspause Im Westen nichts Neues Lewis Milestone, USA 1930 Einführung 13.30 Uhr Alexander J. Schwitanski, Bochum War Against War – 18.30 Uhr Abendessen Krieg dem Kriege: Gemütliches Beisammensein Proteste der Arbeiter am Ende der Veranstaltung Vorabend des Weltkriegs Jörn Wegner, Potsdam

60 Anmeldung ANMELDEBOGEN PER POST Archiv der Arbeiterjugendbewegung · Autoren Haardgrenzweg 77 · 45739 Oer-Erkenschwick PER FAX 023 68.5 92 20 PER MAIL [email protected] Dörte Hendrik Werner Stefan Hein Giese Ley Moitra Jahrestagung 2014 FR 31. Jan – Sa 01. feb 2014 · Tagungsbeitrag 10,– Euro THEMA: Kay Wolfgang Jörg Schweigmann- Uellenberg-van Wollenberg 2014 – Arbeiterjugend Greve Dawen im Ersten Weltkrieg

Ich buche folgende Übernachtung(en) im Salvador-Allende-Haus:

FR 31. Jan – Sa 01. feb 2014

DOPPELZIMMER 42,–Euro NAME · VORNAME FR 31. Jan – Sa 01. feb 2014 Autorinnen und Autoren EINZELZIMMER 55,– Euro der Ausgabe 2013 SA 01. feb – SO 02. FEB 2014 DOPPELZIMMER 42,–Euro

Dörte Hein, geb 1979, ab 1999 Studium der Geschichte, Ethnologie Kay Schweigmann-Greve, geb. 1962, zunächst aktiv in der bündischen SA 01. feb – SO 02. FEB 2014 ADRESSE und Politikwissenschaft­ in Hamburg, 2006 Abschluß Magistra ­Jugend, seit 1979 aktiv bei den Falken, 1990 –1993 Bezirksvorsitzender EINZELZIMMER 55,– Euro Artium mit einer Arbeit über die Lebens- und Arbeitsbedingungen in Hannover. Mitbegründer des dortigen Israel-Arbeitskreises der afrikanischer Vertragsarbeiter/-innen in der DDR. Freiberufliche Falken, seit 2003 Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bildungs- und Archivarbeit, ehemalige Bildungsreferentin bei in Hannover, seit 2009 des Trägervereins der Jüdischen Bibliothek Die Verpflegung im SALVADOR-ALLENDE-HAUS der SJD – Die Falken LV Schleswig-­ Holstein, seit November 2013 Han­nover. Arbeitet als ­Justiziar bei der Landeshauptstadt Hannover, ist im Übernachtungspreis enthalten. DATUM · UNTERSCHRIFT Leiterin des Archivs der Arbeiterjugendbewegung. ­Promotion 2011: Chaim Zhitlowsky, Philosoph, Sozialrevolutionär und ­Theoretiker eines säkularen jüdischen Diasporanationalismus. Hendrik Giese, geb. 1972, hat Politischen Wissenschaften, Mittlere und Neuere Geschichte und Volkskunde studiert, arbeitet als Wolfgang Uellenberg-van Dawen, geb. 1950, Promotion im Fach ­ Bildungs­referent in der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein. Geschichte, Leiter des Ressorts Politik und Planung in der Ver.di ­Bundesverwaltung, Vorsitzender des Förderkreises »Dokumentation Werner Ley, geb. 1949, Dipl. Pädagoge, 1974 – 1976 Mitglied der Arbeiter­jugendbewegung«. im ­Koordinationsausschuss der Westdeutschen Chilekomitees, 1980 – 1986 Bundessekretär der SJD – Die Falken, 1986-2012 Jörg Wollenberg, geb. 1937, ist Professor i. R. für politische Weiter- Gewerkschaftssekretär bei ver.di. bildung an der Universität Bremen. Vor und neben seiner Tätigkeit als Hochschul­lehrer (1978 –2002) leitete er die u.a. Arbeit und Leben in Stefan Moitra, geb. 1973, Studium der Geschichte und Medien- Göttingen (1966 –71), die Volkshochschulen in Bielefeld (1971-78) wissenschaft in Bochum und Glasgow; Arbeitsschwerpunkte in und Nürnberg (1985-92) und gehörte zu den Gründern der Gedenk- der Gewerkschaftsgeschichte und Filmgeschichte, Promotion stätte in Ahrensbök/­ Ostholstein (ab 2001). Zahlreiche Veröffentli- am University College, London, über Kino und Arbeiterkultur in chungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung und des Widerstands, Deutschland und Großbritannien. Seit 2011 Wissenschaftl. Mit-­ der Judenverfolgung und der NS-Kriegsverbrechen, zur Arbeit der arbeiter am Deutschen Bergbau-Museum Bochum. Gedenkstätten, der Erwachsenenbildung­ und politischen Kultur der BRD.

2 013 2 013 Archiv der Arbeiterjugendbewegung · Oer-Erkenschwick Archiv der Arbeiterjugendbewegung · Oer-Erkenschwick das archiv der arbeiterjugendbewegung jahrestage · berichte ·Rezensionen • sammelt und bewahrt Quellen zur Geschichte neues archivteam der Arbeiterjugendbewegung aus mehr als 100 Jahren • es stellt sie der Öffentlichkeit zu Forschungszwecken zur Verfügung • und beteiligt sich selbst an der Aufarbeitung der Geschichte. 2013 Der Förderkreis ›D okumentation der Arbeiterjugendbewegung ‹ …

• unterstützt die Arbeit des Archivs finanziell • er beteiligt sich an der Erforschung der Geschichte der Arbeiterjugendbewegung durch eigene Tagungen und Veröffentlichungen Archiv der Arbeiterjugendbewegung Das Archiv der Arbeiterjugendbewegung ist auf die Unterstützung des Förderkreises angewiesen – und der Förderkreis auf seine Mitglieder! Jede Mitgliedschaft unterstützt das Archiv!

Mitgliedsantrag Archiv der Arbeiterjugendbewegung Einzugsermächtigung Haardgrenzweg 77 · 45739 Oer-Erkenschwick Archiv der Arbeiterjugendbewegung Ja, ich trete dem Förderkreis Dokumentation Konto: Zeltlagerplatz e.V./Förderkreis · Sparkasse Vest Recklinghausen der Arbeiterjugendbewegung bei. Konto-Nr. 701284 · BLZ 42650150 IBAN DE96 4265 0150 0000 7012 84 · BIC WELADED1REK Ich unterstütze die Arbeit des Archivs der Arbeiterjugendbewegung mit einem jährlichen Beitrag von: Hiermit ermächtige(n) ich (wir) Sie widerruflich, die von mir (uns)

Mindestbeitrag für Personen 25,– € zu entrichtenden Zahlungen für den Förderkreis Dokumentation der Institutionen 35,– € Arbeiterjugendbewegung bei Fälligkeit zu Lasten meines (unseres) Die Zahlung erfolgt nach Erhalt der Rechnung, Kontos mittels Lastschrift einzuziehen: sofern keine Einzugsermächtigung (rechts) vorliegt.

Name · Vorname Geburtsdatum Genaue Bezeichnung der kontoführenden Bank

Straße/Hausnummer Konto-Nummer BLZ

PLZ/Ort Beitragshöhe:

Telefon/Fax/E-Mail Name/Vorname (Kontoinhaber/in)

Ort/Datum/Unterschrift Ort/Datum/Unterschrift

2 013 Archiv der Arbeiterjugendbewegung · Oer-Erkenschwick

Die »Mitteilungen des Archivs der Arbeiterjugendbewegung« werden Archiv der Arbeiterjugendbewegung vom Förderkreis »Dokumentation der Arbeiterjugend­ ­bewegung« und Haardgrenzweg 77 | D-45739 Oer-Erkenschwick dem Archiv der Arbeiterjugendbewegung herausgegeben. Fon: 02368–55993 | Fax: 02368– 59220 [email protected] | www.arbeiterjugend.de Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Bankverbindung Zeltlagerplatz e.V./Förderkreis Konto-Nr. 701 284 | BLZ 426 501 50 Sparkasse Vest Recklinghausen Redaktion Bodo Brücher, Alexander J. Schwitanski, IBAN DE96 4265 0150 0000 701284 SWIFT/BIC WELA DED1 REK Wolfgang Ullenberg-van Dawen ISSN 1866-3818

Gestaltung Gerd Beck In einigen Fällen konnten die Inhaber von Rechten an Fotografien nicht ermittelt werden. Abbildung Umschlag Collage Chile Solidaritätsplakate Etwaige Inhaber von Rechten an in diesem Heft abgebildeten Fotos werden gebeten, Kontakt mit dem Archiv der Arbeiterjugendbewegung aufzunehmen.