25. Februar 1969: Fraktionssitzung
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SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 25. 02. 1969 [74] 25. Februar 1969: Fraktionssitzung AdsD, SPD-BT-Fraktion 5. WP, 118 Überschrift: »Protokoll der Fraktionssitzung vom 25. Februar 1969«. Dauer: 16.10– 19.50 Uhr. Anwesend: 168. Vorsitz: Schmidt; von 19.30 Uhr an Hirsch. Bundesregierung: Eppler, Heinemann, Strobel, Wehner. PStS: Arndt, Jahn. Protokoll: Jens. Datum der Niederschrift: 28. 2. 1969. Sitzungsverlauf: A. Politischer Bericht Herbert Wehner B. Politischer Bericht Alex Möller C. Informationen D. Lohnfortzahlung E. Parlamentsreform F. Vorbereitung der Plenarsitzungen a) Grüne Debatte/2. und 3. Lesung Marktstrukturgesetz/Große Anfrage der FDP zum Mansholt-Plan (BE: Martin Schmidt) b) 2. und 3. Lesung der 3. Novelle zum Häftlingshilfegesetz (BE: Korspeter) c) 2. und 3. Lesung Entwicklungshelfergesetz (BE: Freyh) d) Sonstige TO-Punkte und Ablauf der Plenarsitzungen (BE: Wienand) u. a. Besoldungsneuregelungsgesetz G. IPU-Frühjahrstagung in Wien 1969 (BE: Wienand) H. Nachwahl für den Postverwaltungsrat (BE: Wienand) I. Verschiedenes Helmut Schmidt spricht Hans Apel und Heinz Pöhler Glückwünsche zum Geburtstag aus; er begrüßt einen neuen Kollegen Dr. A. Nann1 und teilt mit, daß Hans-Jürgen Junghans mit einem Oberschenkelbruch ins Krankenhaus gekommen ist und wünscht gute Genesung. Hans Matthöfer bittet darum, daß die Fraktion sich zum Problem Spanien äußert.2 Einen entsprechenden Resolutionsentwurf will er am Ende der Fraktionssitzung vorlegen. Zu Pkt. 1 der TO3: (Politischer Bericht Herbert Wehner) Herbert Wehner gibt einen Bericht über die unmittelbaren Vorgänge zur Tagung der Bundesversammlung in Berlin. Der Tenor der Ausführungen wird durch Pressemittei- 4 lung der Fraktion Nr. 124 vom 25. 2. 1969 wiedergegeben (siehe Anlage). 1 Nann trat die Nachfolge der am 31. Januar ausgeschiedenen Ursula Krips an. Vgl. SPD-Fraktions- sitzung am 4. Februar 1969, Anm. 1. 2 Am 24. Januar 1969 hatte die spanische Regierung für drei Monate den Ausnahmezustand verhängt. Vgl. auch Anm. 29. 3 TO liegt dem Protokoll bei. TOP 12 »Nächste Termine« (Mo., 3. März 1969, 15 Uhr, Vorstand und PV; Di., 4. März 1969, 15 Uhr, Fraktion der Bundesversammlung) wurde nicht behandelt. 4 In der Auseinandersetzung um den Ort der Bundesversammlung hatten die DDR und der sowjeti- sche Botschafter Zarapkin Zugeständnisse bei der Passierscheinregelung für Westberliner zu Ostern Copyright © 2016 KGParl Berlin 1 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 25. 02. 1969 Anschließende Diskussion: Fritz Sänger möchte wissen, 1. ob der Kanzler5 eine dauerhafte Passierscheinlösung für die Verlegung der Bundes- versammlung aus Berlin gefordert habe, 2. ob der Brief von Klaus Schütz an Stoph unterwegs sei.6 Kurt Mattick weist darauf hin, daß der Landesvorstand in Berlin gestern getagt habe. Er hat den Beschluß gefaßt, Schütz in seinen Bemühungen um Erleichterung zu unter- stützen. Edith Krappe will wissen, ob der Fraktionsvorstand zum Berlin-Problem Überlegun- gen angestellt hat? Helmut Schmidt entgegnet, daß der Fraktionsvorstand sich damit beschäftigt hat;7 es sei jedoch niemandem damit gedient, wenn auch dieses Gremium sich in die öffentliche Diskussion einmische. Die politische Verantwortung für diese Frage liegt eindeutig bei der Bundesregierung. Franz Neumann gibt die Anregung, daß sich Sachverständige der Fraktion sofort zu- sammensetzen, um über das Problem Bundesversammlung zu beraten. Am Donnerstag oder Freitag dieser Woche solle dann evtl. eine außerordentliche Fraktionssitzung statt- finden. Stefan Seifriz weist darauf hin, daß das Thema Berlin auch innerparteilich diskutiert wird. Die Haltung der Fraktion wird bei vielen Genossen draußen nicht verstanden. Herbert Wehner erklärt zusammenfassend: Von Kiesinger wurde angedeutet, daß Pas- sierscheine nur zu Ostern kein Äquivalent für die Verlegung der Bundesversammlung seien. Ein Brief von Klaus Schütz sei an Stoph unterwegs. Zu den Äußerungen von Kurt Mattick stellt er fest, daß der Status von Berlin immer umstritten gewesen sei und es auch weiterhin, solange keine Friedensregelung zustande gekommen ist, bleibt. Es sei falsch, daß über den Status von Berlin-West verhandelt wird. Er weist darauf hin, daß die Iswestija in einem Artikel selbst darauf aufmerksam gemacht hat, daß die Verlegung der Bundesversammlung mit der Passierscheinfrage nichts zu tun habe.8 Wir seien frei, die Bundesversammlung dort zu veranstalten, wo wir wollen, d. h. aber auch in Berlin. Wenn es gelänge, eine akzeptable Lösung des aktuellen Problems herbeizuführen, so würde das keineswegs einen Rückzug bedeuten, sondern wir würden dadurch nur zu- sätzliche Bewegungsmöglichkeiten erhalten. Wenn es nicht zu einer Verlegung kommt, ist die Situation auf alle Fälle besser als vorher. Die Tatsache, daß dieses Angebot von Ostberlin vorliegt, ist ein erstrangiges Ereignis. Helmut Schmidt teilt auf die Anregung von Franz Neumann mit, daß im Falle beson- derer Ereignisse sofort der Fraktionsvorstand zusammentreten werde. 1969 angeboten, sofern die Bundesversammlung nicht in West-Berlin tage. Ein solcher Verzicht kön- ne auch das deutsch-sowjetische Verhältnis günstig beeinflussen. Vgl. dazu EUROPA-ARCHIV 1969, Z 55 f. Die Pressemitteilung der Fraktion liegt dem Protokoll bei. 5 Kurt Georg Kiesinger. 6 Der Berliner Regierende Bürgermeister hatte in diesem Brief an den DDR-Ministerratsvorsitzenden seine Bereitschaft bekundet, mit Ostberlin Vereinbarungen über den »innerstädtischen Verkehr« zu treffen. Vgl. EUROPA-ARCHIV 1969, Z 56. 7 Der Vorstand war der Ansicht, ein Verzicht auf die Bundesversammlung in Berlin könne nur gegen eine dauerhafte Lösung der Probleme des innerdeutschen Verkehrs ausgehandelt werden, sah aber davon ab, in der gegenwärtigen Situation konkrete Beschlüsse zu fassen. Vgl. hierzu das Protokoll der Fraktionsvorstandssitzung vom 25. Februar, AdsD, SPD-BTF 5. WP, 243. 8 Vgl. »›Iswestija‹: Gefährliches Spiel um Westberlin«, NEUES DEUTSCHLAND vom 26. Januar 1969, der den ISWESTIJA-Artikel vom 24. Januar zitiert. Copyright © 2016 KGParl Berlin 2 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 25. 02. 1969 Zu Pkt. 2 der TO: Alex Möller gibt einen Bericht über den Stand der Beratungen im Vermittlungsaus- schuß zur Finanzreform. In diesen Beratungen ständen sich drei Gruppen gegenüber: finanzschwache, finanzstarke Länder und die Bundesregierung. Wenn in den letzten Beratungen am Mittwoch dieser Woche im Vermittlungsausschuß noch akzeptable Ergebnisse erreicht werden, würde dieses Gesetzgebungswerk immer noch den Namen einer Reform verdienen. Als Gemeinschaftsaufgaben sind bisher u. a. anerkannt: der Ausbau und Neubau von wissenschaftlichen Hochschulen und Kliniken, die Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur und der Küstenschutz. Ferner wurde eine gemein- same Rahmenplanung durchgesetzt. Bei den Geldleistungsgesetzen ist ebenfalls weit- gehend Verständigung erreicht. In der Finanzierungskompetenz ist mit Hilfe der fi- nanzschwachen Länder eine Generalklausel durchgesetzt worden. Der Bund kann da- nach Finanzhilfen zur Förderung des Wirtschaftswachstums zur Abwehr von Störun- gen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts und zur Beseitigung von regionalen Unterschieden in der Wirtschaftskraft gewähren. Die Regelungen in Artikel 106 über die Anteile an der Einkommensteuer entsprechen weitgehend den Wünschen der Ge- meinden. Die Länder haben lediglich eine Weiterleitungsfunktion. Die Gemeinden können die Hebesätze variieren. Unser Petitum war es, die Einkommensteuer möglichst insgesamt zu erfassen oder zu- mindest hoch in die Progression hineinzugehen. Entgegen den Wünschen des Bundes- rates haben wir es erreicht, daß der große Steuerverbund eingeführt wird. Auch die Umsatzsteuer wird zur Verbundsteuer. Von den Gesamteinnahmen erhalten die Länder etwa 30 % und der Bund etwa 70 %. Die Einkommensteuer soll je zur Hälfte an Bund und Länder fließen. Von der Umsatzsteuer sollen die finanzschwachen Länder vorab ein Viertel der Umsatzsteuer erhalten, das sind etwa 2,5 Mrd. DM. Der horizontale Finanzausgleich bleibt außerdem bestehen. Ergänzungszuweisungen sind zugelassen. Damit wurde bisher sehr viel von unserem Programm erreicht. Nur in der Gemein- schaftsaufgabe Lärm, Luft und Wasser sind wir unterlegen. Er gibt bekannt, daß morgen mittag eine Synopsis, aus der die bisherigen Ergebnisse über die Beratung der Finanzreform hervorgehen, allen Mitgliedern der Fraktion zuge- schickt wird. Anschließende Diskussion: Gretl Berger-Heise will wissen, ob mit der Formulierung in § 104 a GG »gesamt- wirtschaftliches Gleichgewicht« auch noch die Aufgaben, die im Städtebauförderungs- gesetz festgelegt sind, erfaßt werden. Alex Möller teilt mit, daß im Vermittlungsausschuß eindeutig die Meinung bestand, daß das Städtebauförderungsgesetz mit diesem Passus abgedeckt sei. Im Bericht des Aus- schusses wird darauf deutlich hingewiesen. Werner Jacobi äußert gegen die Aussage von Alex Möller zum Städtebauförderungsge- setz Bedenken. Es ist außerdem fraglich, ob die Geldleistungen aufgrund des Wohn- geldgesetzes in dem jetzigen Kompromiß enthalten sind. Heinz Westphal will wissen, ob die Beschlüsse des Haushaltsausschusses berücksichtigt sind. Alex Möller ist der Meinung, daß das Wohngeld in dem jetzigen Beschluß miteinge- schlossen ist. Der Widerstand gegen eine einheitliche Regelung in der Frage Wasser, Luft, Lärm kam vorwiegend von den finanzstarken Ländern, insbesondere von Heinz Kühn.9 Wenn das 9 Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens. Copyright © 2016 KGParl Berlin 3 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 25. 02. 1969 Ergebnis des Vermittlungsausschusses feststeht, hat der Bundestag nur noch Ja