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Tobias Deterding

In Gefangenschaft … - Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in am Ende des Zweiten Weltkriegs.

Dokumentation der Ausstellung des Museums Nienburg

Stunde Null – Das Kriegsende im Kreis Nienburg

Mit der Übergabe der Stadt Nienburg an die dern auch Menschen aus allen Teilen Europas britische Armee am 9. April 1945 endeten die mit einer völlig neuen Ordnung konfrontiert. Kriegshandlungen in dieser Region. Sie waren als Kriegsgefangene oder Zwangsar- beiter nach Nienburg gekommen, oder sie wa- In einigen Orten gab es bis zuletzt heftigen ren einfach auf der Durchreise vom Ende der Widerstand gegen die britische Armee durch Kampfhandlungen überrascht worden und wa- Wehrmacht und Volkssturm, doch in vielen ren nun hier gestrandet. Für viele endete jetzt Dörfern hingen beim Einmarsch der Briten ein langer Leidensweg, für andere war er noch weiße Fahnen aus den Fenstern – das Symbol nicht beendet, und für einige kam die Befrei- der Kapitulation. Auch Nienburg wurde – prak- ung durch die Alliierten zu spät. tisch in letzter Minute – kampflos durch den Bürgermeister übergeben. Die meisten Ein- Diese Ausstellung widmet sich vor allem dem wohner hatten zu diesem Zeitpunkt aber be- Schicksal dieser Befreiten, der „Displaced reits der Aufforderung der Stadtverwaltung Persons“ verschiedenster Herkunft, ob sie nun Folge geleistet und Nienburg fluchtartig ver- aus Konzentrationslagern, Kriegsgefangenen- lassen. lagern Arbeitserziehungslagern oder Arbeits- kommandos in Industrie und Landwirtschaft Auch wenn die Kapitulation Deutschlands erst kamen. einen Monat später erfolgte, sahen sich nun im Raum Nienburg nicht nur Deutsche, son-

Das Team Aufbau/Technik Ausstellungsidee Volker Rohner Kristina Nowak-Klimscha Ullrich Küpke Kurator Rolf Wankelmann Tobias Deterding

Danksagung Diese Ausstellung konnte nicht zustande Fritz Helfers, Stöckse kommen ohne die wissenschaftliche Vorarbeit Georg Heller, Nienburg zahlreicher Experten, von denen einige die Entstehung der Ausstellung auch beratend Helga Hinz, Nienburg begleiteten, darunter Martin Guse von der Horst Keuwel, Brokeloh Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau Albert Könemann, Nienburg sowie Hans-Jürgen Sonnenberg und Horst Horst Münch, Nienburg Münch aus Nienburg. Claudine Quatreville, lssy-les-Moulineaux Ferner möchten wir allen Leihgebern danken, ohne die wir die Ausstellung in dieser Form Gerhard Raake, Loccum nicht hätten verwirklichen können: Gabriele Rose, Wietzen Irmgard Achmus, Siegfried Schwarzer, Stöckse Werner Amt, Nienburg Ernst Siedenberg, Nienburg Henry Bockisch, Nienburg Hans-Jürgen Sonnenberg, Nienburg Annette Bultmann, Asendorf-Graue Stadt- und Kreisarchiv Nienburg Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau Keith Taylor, Hamburg Heimatverein Deblinghausen Dieter Vehrenkamp, Stöck Dorothea Gilster, Nienburg

Aufrüstung und Kriegsvorbereitungen

Militärische Einrichtungen und Rüstungsbetriebe im Kreis Nienburg

Mudra-Kaserne Wifo-Tanklager Schäferhof Muna Langendamm

Pulverfabrik Liebenau

Kampfstofffabrik Leese

Tanklager Loccum

Zwangsarbeiter im Kreis Nienburg

Um während des Weltkrieges die industrielle und allerdings, ähnlich wie die Kriegsgefangenen, je nach landwirtschaftliche Produktion aufrecht halten zu kön- Nationalität sehr unterschiedlich behandelt. Somit gab nen, mussten die durch den Wehrdienst fehlenden es auch unter den Zwangsarbeitern eine deutliche Arbeitskräfte ersetzt werden. Durch den Arbeitsein- Hierarchie. Russen und Osteuropäer galten als „ras- satz von Kriegsgefangenen allein ließ sich dieser Man- sisch minderwertig“, was sie auch deutlich zu spüren gel nicht beheben, zumal Kriegsgefangene laut Genfer bekamen, etwa durch geringere Essensrationen und Konvention nicht in Rüstungsbetrieben eingesetzt Misshandlungen. Die Sterberate war unter Angehöri- werden durften. Aus diesem Grund wurden massen- gen dieser Länder wesentlich höher als unter West- haft ausländische Arbeitskräfte aus den von Deutsch- europäern. land besetzten Gebieten in den hiesigen Betrieben Auch im Kreis Nienburg wurden Zwangsarbeiter in eingesetzt. Manche dieser Arbeiter wurden durch falsche Versprechungen in das Reichsgebiet gelockt, Rüstungs- und Heeresbetrieben eingesetzt. Nicht nur doch viele wurden einfach willkürlich verhaftet und in der Pulverfabrik Liebenau, sondern auch in der Kampfmittelfabrik Leese-Hahnenberg und in der verschleppt. Besonders in Osteuropa deportierten die deutschen Besatzer in einigen Fällen nahezu alle Lufthauptmunitionsanstalt (Muna) in Langendamm Jugendlichen aus ihrem jeweiligen Heimatdorf nach waren Zwangsarbeiter tätig. Darüber hinaus besaß fast jeder produzierende und landwirtschaftliche Deutschland. Betrieb im Kreis ausländische Arbeitskräfte. Die Im Gegensatz zu den Kriegsgefangenen hatten diese Zwangsarbeiter waren damit in Nienburg und in Zwangsarbeiter praktisch keine Rechte. Sie wurden sämtlichen umliegenden Dörfern allgegenwärtig.

Zwangsarbeiter in der Stadt Nienburg

Einwohnerzahl im Jahr 1936: 11.402 Zwangsarbeiter insgesamt: 1595 Herkunft der Zwangsarbeiter Polen: 438 Russland: 650 Ukraine: 3 Jugoslawien: 9 Kroatien: 2 Serbien: 3 Tschechien: 27 Lettland: 1 Litauen: 2 Estland: 3 Flamen: 2 Belgien: 52 Polen Russland Ukraine Jugoslawien Kroatien Holland: 156 Serbien Tschechien Lettland Litauen Estland Frankreich: 182 Flamen Belgien Holland Frankreich Italien Italien: 65

Die Pulverfabrik Liebenau

Plan des Geländes der ehemaligen Pulverfabrik, Nachkriegszeit (Sammlung Martin Guse)

Unter den Rüstungsbetrieben, die den geheimen und aus Gefängnissen zur Strafe dorthin verlegt deutschen Kriegsvorbereitungen dienten, war die worden, wo sie unter KZ-ähnlichen Bedingungen Pulverfabrik Liebenau der größte ihrer Art im Nien- Schwerstarbeit verrichten mussten. Die Todesrate war burger Raum. Wie auch das Gelände der Kampfmittel- nicht nur durch die dort stattfindenden Exekutionen fabrik Leese-Hahnenberg stand die Fabrik in Ver- der Gestapo sehr hoch. bindung mit der Montan GmbH, unter deren Deck- Die Zwangsarbeiter, die in der Pulverfabrik arbeiteten, mantel die Oberste Heeresleitung die deutsche Auf- waren in eigens dafür errichteten Barackensiedlungen rüstung betrieb. untergebracht. Die sogenannten Ostarbeiter lebten Die Bauarbeiten begannen erst kurz vor Kriegsbeginn abgesondert unter besonders harten Bedingungen. 1939 unter der Führung der Firma Wolff & Co. Das Seuchen und Mangelerkrankungen grassierten vor all- riesige, bewaldete Areal zwischen Liebenau und em im sogenannten „Russenlager“ in . Steyerberg, die sogenannte Eickhöfer Heide, wurde abgesperrt und mit einem kilometerlangen Netz aus Das Krankenhaus in , das für die Behandlung der Arbeiter der Pulverfabrik zuständig war, musste Straßen und Eisenbahnschienen ausgestattet. Die Gebäude der Produktionsanlagen wurden teilweise um einen Barackenanbau speziell für Ausländer erwei- mehrstöckig unter der Erde angelegt und ihre Dächer tert werden. Nach der Befreiung durch die Briten ver- legten diese die Schwerkranken in Militärhospitäler zur Tarnung bepflanzt. wie das Hospital Montgomery in Bad Rehburg, das Für diese Aufbauarbeiten zog man ab 1940 Insassen sich in den Gebäuden der dortigen Lungenheilanstal- eines Arbeitserziehungslagers heran, das speziell zu ten befand. diesem Zweck bei Liebenau angesiedelt wurde. Die Häftlinge waren aus anderen Lagern, aus Arbeitskom- mandos von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen

Reste einiger Gebäude der Pulverfabrik im heutigen Zustand

Oberkommando beauftragt Wolff & Co. AG des Heeres (Okh) Walsrode

Auftraggeber und Planer und Erbauer des Eigentümer der Anlagen, übergibt Werkes und der Anlagen, Treuegeber des Reiches fertige sog. Muttergesellschaft Anlagen besitzt zu besitzt zu 100% fertigt und 100% verkauft Pulverprodukte

MONTAN Eibia GmbH GmbH verpachtet Betreiberin des Werkes bzw. Eigentümerin des Grund- der Anlagen, Tochter- stücks und Bauherrin, gesellschaft der sog. Treuhänderin des Reiches Muttergesellschaft

Das typische “Rüstungsviereck“ der Montan GmbH am Beispiel der Pulverfabrik Liebenau (Quelle: Horst Münch, Nienburg) Zwangsarbeiter der Pulverfabrik, die in Liebenau untergebracht waren

Insgesamt 6471 Polen 1412 Belgien 1321 Italien 1233 Protektorat 923 Holland 394 Frankreich 301 Ukraine 222

Bulgarien 198 Polen Belgien Italien Protektorat Holland Tschechien 198 Frankreich Ukraine Bulgarien Tschechien Rußland Russland 130 Serbien Slowakei Kroatien Ungarn Jugoslawien Serbien 47 Slowakei 32 Einwohnerzahl Liebenau 1936: 1192 Kroatien 25 Ungarn 21 Jugoslawien 14

Zwangsarbeiter der Pulverfabrik, die in Steyerberg untergebracht waren Eibia Wolff & Co insgesamt Einwohnerzahl UdSSR 1453 16 1469 Steyerberg Frankreich 770 770 1936: 1296 Polen 544 26 570 Deutsches Reich 504 61 565 Belgien 438 56 494 Holland 389 389 Protektorat 56 60 116 Jugoslawien 65 1 66 Dänemark 44 44 Bulgarien 30 30 Italien 27 27 Slowakei 22 22 Kroatien 15 15 Ungarn 3 3 o. Eintr. 118 1 119

Summe 4478 221 4699

Pulverfass aus der Pulverfabrik Liebenau Transportfass für Pulver und Sprengstoff der Wehrmacht, Artillerie Viele dieser Fässer für Nitrocellulose sind erhalten ge- blieben, weil sie von der Zivilbevölkerung nach Kriegs- Dieses Fass stammt aus der Muna (Lufthauptmuni- ende vom Gelände der Pulverfabrik mitgenommen tionsanstalt) in Langendamm. Erbaut wurde die Anla- und für andere Zwecke umfunktioniert wurden, etwa ge 1935-1938 am Rande des noch heute vorhandenen als Regentonnen oder Güllefässer. Standortübungsplatzes der Garnison Nienburg. In Lan- gendamm errichtete man zwei Lager für Fremd- und Stahlblech Zwangsarbeiter, ein Frauen- und ein Männerlager. Das 1940 - 1945 Männerlager befand sich am Ort der heutigen Stand- ortschießanlage. Im April 1945 wurden von der Wehr- Leihgabe Heimatverein Deblinghausen macht vereinzelt Sprengungen von Einrichtungen vor- genommen. Weitere Bezeichnungen für die Anlage waren auch die Namen Muna Westerbruch und Muna Kuckucksberg.

Kennzeichnung WaA 1939 (Heereswaffenamt) , zwei Abnahmestempel WaA 416 mit Reichsadler und Hakenkreuz.

Hersteller Fissler, Idar-Oberstein, Aluminium

Ca. 1939

Leihgabe Dieter Vehrenkamp, Stöckse

Tetyana Osnatsch

1922 im Dorf Iwot – Gebiet Sumy, Ukraine – geboren. 1939 Schulabschluss in Iwot Nach dem Einmarsch der Wehrmacht wurde sie 1942 mit ihrer Schwester Pelagajea und circa 15 ehemaligen Klassenkamerad/innen nach Deutschland verschleppt, um in der Pulverfabrik Liebenau zu arbeiten. Im sogenannten Ostarbeiterlager Steyerberg erkrankte sie 1943 an Lungentuberkulose und wurde fortan zu vergleichsweise „leichten Arbeiten“ herangezogen. Anfang April 1945 befreite die Britische Armee das Lager. Tetyana Osnatsch wurde in das „Hospital Montgomery“ in Bad Rehburg verlegt, um ihre Lungenerkrankung zu kurieren. Ihre Schwester begleitete sie, um als Pflegerin zu helfen. Die Briten hatten das Militärkrankenhaus im alten Kurhaus und in der Heilstätte Liebrechtsborn eingerichtet. Viele „Displaced Tetyana Osnatsch kurz vor ihrer Deportation Persons“ wurden dort medizinisch versorgt. (Sammlung Martin Guse) Tetyana Osnatsch starb dort nach zwei Monaten. Im selben Jahr kehrte ihre Schwester Pelagajea in die Ukraine zurück. Dort wurde sie vom KGB verhört. Sie sagte aus: „Am 02. Juli 1945 starb meine Schwester und ich habe sie dort beerdigt.“ Ihr Name ist auf der Kriegsopfer-Gräberliste des Gemeindefriedhofs Bad Rehburg vermerkt.

Brief von Tetyana Osnatsch aus dem Grabstein mit dem Namen von Tetyana Osnatsch „Ostarbeiterlager Steyerberg“ (Sammlung auf dem Friedhof in Bad Rehburg Martin Guse)

Karl Payuk Geboren 1926 im Dorf Mazkiwzi in der westukrainischen Region Chmelnyzkyj. Als der Vater sich gegen die Zwangskollektivierung der Landwirte aussprach, verbannte man die gesamte Familie in den Norden Russlands (Gulag in Republik Komy). Der Vater starb dort. Im Jahr 1931 Rückkehr in die Heimat. Verbot der Wiederansiedlung und erneute ‚Zwangsumsiedlung‘. Im Sommer 1942 erneute Rückkehr der Familie nach Mazkiwzi. Im September deportierte man den 16- Jährigen zur Zwangsarbeit nach Hannoversch Münden.

Nach einem Fluchtversuch wurde Karl Payuk in Ausweisfoto der roten Armee 1945 verschiedenen Gefängnissen inhaftiert und verhört. (Sammlung Martin Guse) Urteil: 3 Wochen Haft im „Arbeitserziehungslager“ Liebenau. Januar 1943: Überstellung in das Konzentrationslager Neuengamme, anschließend Haft und Zwangsarbeit im Konzentrationslager Salzgitter-Drütte. Aufgrund des Frontverlaufes im April 1945 „Evakuierung der Häftlinge“ aus dem KZ Drütte. Der Häftlingszug wurde bei einem alliierten Luftangriff im Bahnhof Celle schwer zerstört. Viele Häftlinge starben. Andere entflohen dem Inferno und wurden „auf der Flucht erschossen“ (sogenannte „Celler Hasenjagd“). Karl Karl Payuk (vorne links) im Musikkorps der roten Armee, ca. 1948 (Sammlung Martin Payuk überlebte. Guse) Die SS trieb die Kolonne der verbliebenen Drütte- Häftlinge in das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Sechs Tage später erreichte die britische Armee das Lager und befreite die Insassen. Nach der Befreiung erkrankte Karl Payuk an Typhus und Ruhr. Nach seiner Genesung setzte man ihn als Kranken- pfleger im ostdeutschen Malchow ein, bevor die Rote Armee ihn im Dezember 1945 einberief. Ab 1946 fun- gierte er als Militärmusiker. Im Jahr 1950 aus dem Militärdienst entlassen, kehrte Karl Payuk nach achtjähriger Abwesenheit in die Heimat zurück. „In Liebenau brachten wir manchmal an einem Tag drei Tote von der Arbeit zurück ins Lager. Wir wurden ohne Grund geschlagen, durften nicht an der Seite stehen bleiben und umhergucken. (…) Die Arbeit durfte nur mit gesenktem Kopf verrichtet werden. Der Kopf durfte nicht gehoben werden, weil es sonst als Faulheit gewertet wurde.“ Karl Payuk mit einer Mutter nach seiner Entlassung aus der roten Armee und der (Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau, Rückkehr in sein Heimatdorf (Sammlung Zeitzeugengespräch vom 12.10.2008) Martin Guse)

Die Kriegsgefangenenlager Stalag X C und Oflag X B

Das Kriegsgefangenenlager am Ziegelkamp (Archiv Hans-Jürgen Sonnenberg, Nienburg)

Nach dem Überfall auf Polen im Jahr 1939 kamen ers- Die Gebäude des Offizierslagers, des Oflag, waren teil- te Kriegsgefangene ins Reichsgebiet. Als schließlich weise aus Stein errichtet, wohingegen das spätere große Teile von West- und Osteuropa unter der Kon- Mannschafts-Stammlager (Stalag) aus Holzbaracken trolle der deutschen Wehrmacht waren, wuchs die bestand. Zahl der Kriegsgefangenen um ein Vielfaches an. Ihre Die Offiziere wurden nicht zu Arbeitseinsätzen heran- Unterbringung wurde zunehmend zum Problem. gezogen, sondern verblieben in ihrem Lager. Sie durf- Zunächst wurden bestehende Gebäude und Einrich- ten auch unter Bewachung außerhalb des Lagers tungen für diese Zwecke genutzt. So waren polnische „spazieren gehen“. Sie bauten innerhalb der Umzäu- Kriegsgefangenen in Nienburg anfangs in Teilen der nung Gemüse an und vertrieben sich die Zeit mit 1936 errichteten Mudra-Kaserne untergebracht. selbst organsierten kulturellen Veranstaltungen. Gleichzeitig war neben der Kaserne bereits ein Lager für Offiziere im Bau, das im Mai 1940 in Betrieb ge- Zum Teil stehen die Steinbaracken heute noch an der Ziegelkampstraße und werden von der Bundeswehr nommen wurde. Bald jedoch reichte der Platz nicht mehr aus, und es mussten zusätzliche Unterkünfte, genutzt. In den Holzbaracken wurden zunächst Dis- meistens in Form von Barackenlagern, geschaffen placed Persons, befreite Zwangsarbeiter, unterge- bracht. Nach Kriegsende entstand aus den meisten werden. In Nienburg entstanden diese Baracken ne- ben der Kaserne. Das benötigte Gelände wurde von Baracken des ehemaligen Stalag das sogenannte Chur- der Wehrmacht entschädigungslos in Anspruch ge- chill-Camp, Nienburgs größtes Lager für Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. nommen.

Plan der Lager Oflag X B und Stalag X C an der Ziegelkampstraße, Nienburg Dieser Plan stellt die Situation des Lagers um 1944 dar und beruht auf Plänen und späteren Ergänzungen durch Zeitzeugenberichte. Urheber: Hans-Jürgen Sonnenberg, Nienburg-Langendamm

Gemälde "Mon coin á la stube 17" und “A travers les barbeles” "Meine Ecke auf Stube 17" und “Durch den Stacheldraht“, so die deutsche Übersetzung der Titel, wurden 1941 von dem fran- zösischen Hauptmann Raoul Lemennicier gemalt, einem Kriegs- gefangenen im Oflag XB Nienburg.

Die Gemälde wurden dem Museum Nienburg 2007 von seinem Sohn Bertrand Claude Lemennicier- Bucquet, Professor an der Sor- bonne in Paris, überreicht. Aquarell auf Papier, Eichenholz- Rahmen, Glas 1941

„Es gibt unter den Gefangenen etliche, die lich sind, und der Rest, weil sie sich keinen Hass gegen die Deutschen empfin- Vorteile (Entlassung) davon versprechen. den. Man kann sagen, von den 2000 Ge- Der überwiegende Teil aber setzt auf fangenen des Oflag X B sprechen sich etwa einen Sieg der Engländer und die 25 % für eine Annäherung an die Deut- Befreiung durch sie.“ schen aus, davon wiederum etwa 50 aus Anmerkungen eines französischen Überzeugung, 100 weil sie englischfeind- Kriegsheimkehrers, Februar 1941

Claude Bourdin

Geboren am 28. September 1910 in Sargé-sur -Braye (Loir et Cher) , wo er die Grundschule besuchte. Danach besuchte er die Ecole supérieure und die Ecole Normale (pädagogische Hochschule) Er arbeitete als Grundschullehrer zuerst in Blois, wo er seine Frau kennenlernte und 1936 heiratete. Zusammen zogen Sie nach Paris. Sie kauften eine Apotheke in Ivry-sur-Seine. Als junger Lehrer machte er 1931 und1932 eine militärische Ausbildung und wurde Oberleutnant. Die Mobilmachung seiner Einheit 131 Régiment d'infanterie erfolgte am 26.August 1939. Er wurde am 18. Mai 1940 in Pommereuil gefangen genommen und in das Oflag X B Nienburg gebracht. Dort war er Vertrauensmann eines Arbeitskomman- dos, das aus 28 französischen Offizieren bestand.

Claude Bourdin im Oflag X B in Nienburg Die Offiziere des Kommandos verließen das Oflag (Leihgabe Claudine Quatreville) Nienburg am 14. Juli 1942, um in Hannover in einer Porzellanfabrik und einer Möbeltischlerei als Hilfs- kräfte eingesetzt zu werden. Bourdin arbeitete als Drechsler in der Firma Uhlemeyer. Am 12. Mai 1945 kehrte er nach Hause zurück. 1947 gab er den Lehrerberuf auf, um nur noch als Geschäftsführer seiner Apotheke in Neuilly-Plaisance zu arbeiten. Claude Bourdin starb am 6. November 1999 im Krankenhaus in Le Raincy.

Zeichnung Karten spielender Offiziere im Claude Bourdin (Mitte, 2. v. r.) mit anderen Oflag X B, aus dem Nachlass von Claude französischen Offizieren im Oflag X B, 1. September Bourdin 1940 (Leihgabe Claudine Quatreville)

Lagergeld (verschiedene Scheine) werke ausgezahlt, die ihnen das deutsche Wach- Mit diesem Lagergeld konnten Kriegsgefangene personal abkaufte. Waren im Lager und in bestimmten Geschäften Papier, bedruckt kaufen. Das Geld wurde ihnen als Lohn für Arbeits- um 1940 einsätze oder als Preis für selbst hergestellte Kunst- Leihgabe Hans-Jürgen Sonnenberg, Nienburg Die Außenkommandos das Stalag X C

Durch den Kriegsdienst der meisten wehrfähigen nung des Mannschafts-Stammlagers Nienburg: Es war Männer herrschte in Deutschland ein großer Mangel das dritte – C – im Wehrbereich zehn, lateinisch X, an Arbeitskräften. Diesem begegnete man zum Teil eingerichtete Lager. durch den Einsatz von Kriegsgefangenen. Einfache Dem Stalag X C Nienburg unterlag die Verwaltung der Soldaten, die keinen Offiziersrang hatten, durften nach der Genfer Konvention nur zu Arbeitseinsätzen Arbeitskommandos etwa zwischen Emsland und We- herangezogen werden, die nicht mit Rüstung und ser bis hinauf zu den Ostfriesischen Inseln. sonstiger Kriegswirtschaft zusammenhingen. Deshalb Vor Ort lebten die Kriegsgefangenen zusammen in arbeiteten viele Kriegsgefangene in der Landwirt- einer Unterkunft und wurden von Landesschützen schaft, in Handwerksbetrieben und im Straßenbau. oder Ordnungskräften der jeweiligen Gemeinde be- Um die Arbeitskommandos zu organisieren, ordnete wacht. Oft saßen die Kriegsgefangenen in den Land- wirtschaftsbetrieben zusammen mit der Familie am man sie größeren Gebieten zu, die den damaligen Wehrbereichen entsprachen. Die Wehrbereiche selben Esstisch, obwohl dies streng verboten war. Der waren wiederum zwischen den einzelnen Stamm- Lohn wurde den Gefangenen in Lagergeld ausgezahlt, mit dem sie bestimmte Produkte in bestimmten Läden lagern aufgeteilt. Somit erklärt sich auch die Bezeich- kaufen konnten.

Stroh-Schatulle Herzförmiger Korb aus geflochtenem Stroh Flechtarbeit eines russischen Kriegsgefangenen aus dem Außenkommando des Stalag X C Nienburg bei Mit Kopierstift wurde auf dem Innenfutterstoff in dem Gutsbesitzer Schriever in der Hakenstraße 5 auf Russisch der Satz aufgemalt: "Gebe ich jemandem / dem Hakeschen Hof. Dort haben sich vermutlich zwei den ich liebe / Dein H." Der Korb wurde von einem Kommandos befunden, 5230 I und 5230 II. Die Scha- russischen Kriegsgefangenen in einem Außenkom- tulle ist ein Geschenk eines französischen Kriegsgefan- mando des Stalag X C in Brokeloh hergestellt. Er ar- genen an den Wachmann Klußmeier, der in einem der beitete auf dem Hof des Leihgebers. beiden Kommandos bei Schriever für etwa ein halbes Stroh Jahr zum Auskurieren seiner Kriegsverletzung als Ca. 1945 Wachmann eingesetzt war. Leihgabe Horst Keuwel, Brokeloh Strohwulste, Flechtarbeit; innen: Pappe

1944

Geboren am 13. 3. 1906 in Oisy -le -Verger . André Gromez Dort arbeitete er als Landwirt auf den Hof seiner Familie. Im Februar 1925 begann er seinen Wehrdienst. Bei Kriegsbeginn trat er erneut in die Armee ein. Am 19. 6. 1940 wurde er in den Vogesen von der Wehr- macht gefangen genommen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er den Dienstgrad Unteroffizier. Am 23. 7. 1940 wurde er im Durchgangslager Neu- Breisach registriert. Ende Juli 1940 wurde er in das Stalag X B Sandbostel überführt. 12. 8. 1940 Beginn des Einsatzes im Arbeitskommando 1107 in Brebber 10. 1. 1940 Übernahme der Verwaltung durch das Stalag X C Nienburg 5. 1. 1943 „über Stalag X B beurlaubt“ 17. 1. 1943 Ankunft mit einen Transport in Compiégne, von dort Weiterfahrt nach Arras.

Passfoto aus der Personalkarte des Bis zur Ankunft der Alliierten in seinem Heimatort wurde Stammlagers XB Sandbostel er immer wieder von der Wehrmacht zum Arbeitseinsatz herangezogen.

Theaterliebhaber arrangieren etwas nach ihren Erinnerun- gen oder verfassen etwas und erheitern ihre Kameraden. Lobenswerte Anstrengung von allem, um die Traurigkeit zu vertreiben, die sich an Feiertagen den Unbeschäftigten noch mehr bemächtigen würde. Außer den Wegen für den Bauern, die mich in die Umgebung gebracht haben, kenne ich nichts auf dem Land, das mich umgibt. Soviel über unsere Freiheit, was ich verstehe; aber manchmal frage ich

Kriegsgefangene des Arbeitskommdos des mich, ob ihr euch nicht Illusionen hingebt, was uns betrifft. Stalag XC, dem auch André Gromez (rechts) Auszug aus einem Brief von André Gromez vom 25. 1. angehörte. ( Repro von Jens Nordmeyer, 1945 Bremen)

Vorder- und Rückseite einer Menükarte für eine Festessen des Arbeitskomman- dos 1107 Brebber am 1. Januar 1943, die unter anderem von Andre Gromez und Edmond Maurin unterschrieben wurde. Ob das Festessen in diesem Umfang tat- sächlich stattfand, ist fraglich. Stiftung Lager Sandbostel

Fingerring mit Initialen „E R“ Angefertigt um 1942/1943 von Kriegsgefangenen des Stalag X C – Lazarett Zweigstelle Rohrsen (). Als Material diente eine Reichsmark, die offenbar Kinderspielzeug "sechs pickende Hühner". umgeschmolzen wurde. Die Bezahlung für den Ring erfolgte in Naturalien (Lebensmitteln) Dieses Spielzeug wurde von russischen Kriegsgefange- nen eines Arbeitskommandos in Stöckse hergestellt, Eisen die vielleicht dem Vater des Leihgebers bei der Wald- 1942/1943 arbeit halfen. Durch die Pendelbewegung des Ge- Leihgabe Irmgard Achmus, Rohrsen wichts „picken“ die Holzhühner auf der Platte.

Holz, Figuren teilweise lose 1941-45 Leihgabe Fritz Helfers, Stöckse

Gefangenenplakette eines serbischen Kriegsgefangenen Er arbeitete im Arbeitskommando 4642 in Großen- vörde. Die Gefangenenmarke stammt noch aus dem Stalag X B Sandbostel. Die serbischen Gefangenen wurden im August 1941 nach Nienburg in das Stalag X C zur Landarbeit verschickt. Später heiratete er die Tochter des Bauern, auf dessen Hof er arbeitete, und gründete eine Familie, die auf einem kleinen Anwesen in demselben Dorf lebte. Ca. 1940 - 1941 Private Leihgabe

Chronologie der letzten Kriegstage Datum Ort Ereignis

6. 6. 1944 Normandie D-Day: Invasion der a lliierten Streitkräfte in der Normandie

7. 3. 1945 Remagen Erste erfolgreiche Überquerung des Rheins durch die amerikanische Armee nach Einnahme der Brücke von Remagen.

1. 4. 1945 Nienburg Zerstörung des Nienburger Bahnhofs infolge eines Bombenangriffes.

5. 4. 1945 Nienburg Aufforderung der Stadtverwaltung an die Einwohner zum Verlassen der Stadt Nienburg

5. -8. 4. 1945 Stolzenau/Leese Überquerung der Weser zwischen Stolzenau und Leese durch die britische Armee, Errichtung eines Brückenkopfes und Einnahme von Leese nach dreitägigen Kämpfen.

Zwischen 5. Nienburg Luftangriff während des Besuchs des Gauleiters Hartmann Lauterbacher und 8. 4. 45

7. 4 .1945 Nienburg Die Front rückt an Nienburg heran

8. 4. 1945 Nienburg Stadtkommandant Hartmann erkennt die Aussichtslosigkeit der Lage, lässt aber dennoch einen Anschlag anbringen, dass jeder wehrtüchtige Mann, der die Bahnlinie nach Verden überschreitet, standrechtlich verurteilt wird.

8. 4. 1945 Liebenau Besetzung der Eibia -Anlagen in Liebenau durch die Briten, Befreiung der dortigen Zwangsarbeiter.

8./9. 4. 1945 Nienb urg Abzug der deutschen Truppen auf Drängen von Bürgermeister Beims und Landrat von Campe. Leutnant Bangemann übergibt Bürgermeister Beims vom geflohenen Kreisleiter ein Papier mit dem Wunsch, die Stadt kampflos zu übergeben

9. 4. 1945 Nienburg Ehemann, Kommandant der Muna Langendamm, verlangt von Bürgermeister Wilhelm Beims die Evakuierung der gesamten Stadt wegen Sprengungen auf dem Gelände. Die Sprengungen werden jedoch nicht durchgeführt. Die SS zieht sich aus der Stadt zurück, Bürgermeister Beims fährt mit dem Auto den britischen und kanadischen Panzern entgegen und übergibt die Kapitulation.

13. 4. 1945 Nienburg Adolf Hildebrandt wird von Oberst H. D. Murrane zum Bürgermeister ernannt. Der bisherige Bürgermeister Beims war kurz nach dem Einmarsch der Briten verhaftet worden. Einige Monate später wurde er für kurze Zeit interniert.

4. 5. 1945 Lüneburg Kapitulation auf dem Ti meloberg südlich von Lüneburg durch Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg, Ende der Kampfhandlungen in Norddeutschland, Dänemark, Norwegen und den nördlichen Niederlanden

7. -9. 5. 1945 Deutsches Reich Kapitulation der gesamten Deutschen Wehrmacht, Ende aller Kampfhandlungen in Deutschland.

Reichskleiderkarte Die Reichskleiderkarte wurde an die Bevölkerung ab- gegeben, um dafür kriegsbedingt verknappte und ra- tionierte Konsumgüter zu erhalten. Papier, bedruckt 1940 Leihgabe Helga Hinz, Nienburg

Selbstgemalte Feldpostkarten aus Russland Luftfeldpostbrief aus Deutschland zur Front in Russland Oster- und Weihnachtsgrüße des Gefreiten August Dolle von der Front in Russland aus den Jahren 1941 Adressiert an den an Obergefreiten August Dolle. Der und 1942. Die Rückseiten der Feldpostkarten bemalte Brief ging zurück, weil der Adressat inzwischen gefal- er selbst. len war. Papier, bedruckt und bemalt Papier, bedruckt Leihgabe Werner Amt, Steyerberg 30. 07. 1944 Leihgabe Werner Amt, Steyerberg

Blechdose Scho-ka-kola Diese koffeinhaltige Schokoladensorte wurde anläss- lich der Olympischen Sommerspiele 1936 als „Sport- schokolade“ eingeführt. Sie wurde auch vom Schoko- ladenhersteller Sprengel in Hannover produziert, der deswegen 1936 als für die Wehrwirtschaft wichtiger Betrieb anerkannt wurde. Im Zweiten Weltkrieg wur- de sie umgangssprachlich als „Fliegerschokolade“ be- zeichnet, da sie Bestandteil der Luftwaffenverpfle- Propaganda-Flugblatt der Alliierten gung war, aber auch der Verpflegung anderer Waffen- Solche Flugblätter wurden von Flugzeugen der gattungen, z. B. U-Bootbesatzungen oder Heer. Alliierten abgeworfen und appellierten an deutsche Blech Soldaten, sich zu ergeben und gefangen nehmen zu 1939-1945 lassen. Die Texte versuchten oft ganz konkret, be- stimmte Propagandafloskeln und Durchhalteparolen Leihgabe Gabriele Rose, Wietzen der deutschen Machthaber zu entkräften. Papier 1944-1945 Leihgabe Henry Bockisch, Nienburg

Uniformjacke des SS-Obersturmführers Heinrich Krickmann Heinrich Krickmann wurde 1911 in Liebenau geboren und fiel am 19. Februar 1943 bei Charkow in der Ukraine. Die Stadt Charkow war als Verkehrsknotenpunkt und Industriestandort von strategischer Bedeutung im zweiten Weltkrieg. Die deutsche 6. Armee nahm die Stadt im Oktober 1941 ein. Es folgten Massaker an den dort lebenden Juden und die gewaltsame Rekrutierung Einheimischer als Zwangsarbeiter. Heinrich Krickmann starb wahrscheinlich während des ersten Rückzugs der Wehrmacht aus der Stadt. Im August 1943 wurde Charkow endgültig von der roten Armee zurückerobert. Hellgrüne Uniformjacke mit vier aufgesetzten Taschen und Ärmelaufschlägen und dunkelgrünem Kragen. Ca. 1943

Eric Taylor

Geboren 1917 in London Eintritt in die Armee im Jahr 1939. Dort gehörte er dem 46 (Royal Marine) Commando an. Dieses Kommando war vor allem dafür zuständig, den feindlichen Widerstand an strategisch wichtigen Übergangspunkten zu brechen und Brückenköpfe für nachfolgende Armee-Einheiten zu errichten und zu sichern. Erste Einsatzorte waren Luc sur Mer in der Normandie am 7. Juni 1944 und anschließend verschiedene nordfranzösische Orte. Sein Kommando überquerte den Rhein am 23.-24. März 1945 und errichtete bei Wesel einen Brücken- kopf. Eric Taylors Kommando wurde als Verstärkung ein- gesetzt, um am Brückenkopf bei Stolzenau die Weser

Eric Taylor (rechts) mit Männern seines zu überqueren und den starken deutschen Wider- Kommandos (Leihgabe Keith Taylor, stand bei Leese zu brechen. Dieser Brückenkopf war Hamburg) neben Schlüsselburg einer der wichtigsten Übergangs- punkte der britischen Armee über die Weser. Am 9. April, als Leese bereits eingenommen war, er- weiterte und sicherte sein Kommando den Brücken- kopf weiter nördlich bei . Dort wurde auch das Foto der Rastenden aufgenommen. Eric Taylor hielt sich nur kurze Zeit im Kreis Nienburg auf, bevor seine Einheit zur Aller abkommandiert wurde, wo sie an den Kämpfen zur Überquerung des Flusses beteiligt war. Im Jahr 1948 trat Eric Taylor aus der Armee aus. Er arbeitete danach als Buchprüfer für London Transport.

Eric Taylor (mit Zeitung) ruhend am östlichen Ufer der Weser bei Landesbergen (Leihgabe Keith Taylor, Hamburg)

„Vor ungefähr 10 Monaten, am 10. April, kamen wir in Ihre Stadt; und wenn mir damals jemand gesagt hätte, daß Sie innerhalb eines Jahres vorbereitet sein wür- den, Ihre örtliche Regierung in Ihre eigenen Hände zu nehmen, so würde ich es nicht für möglich gehalten haben. […] Um 8.30 Uhr waren die Straßen wie ausge- storben. Sicherlich standen viele Bewohner der Stadt mit mehr oder weniger gemischten Gefühlen hinter ihren Fenstern, unsicher harrend der Dinge, die da kommen würden. Sie erhielten bald eine Antwort. In kurzer Zeit waren die Straßen mit Ex-Kriegs- gefangenen aller Nationalitäten übersät. Russische und polnische Zwangsverschleppte, die sich zum ersten Mal nach Jahren ihrer wiedergewonnenen Freiheit erfreuten, zogen plündernd durch die Stadt, bis allmählich die Lage wieder hergestellt wurde und Plünderungen einzelner wurden, - wer konnte sie dafür verantwortlich machen? Sie doch sicher nicht! […]“ Ansprache von Oberst Grover zur Amtseinführung von Robert Hoffmeister, 1. Februar 1946

Plakat Bekanntmachung Nr. 101 Feuerwaffen und Kriegsmaterial Viele Einwohner der Stadt und des Landkreises Nien- burg, die Feuerwaffen besaßen, ließen diese ver- schwinden, um nicht bei Hausdurchsuchungen durch britische Armeeangehörige wegen Waffenbesitzes verhaftet und möglichweise hingerichtet zu werden. In einigen Fällen wurden diese Waffen, z. B. Jagd- gewehre, lediglich versteckt, weil sie einen wertvollen Besitz darstellten. Oft wurden diese Waffen aber auch „entsorgt“, etwa in Gewässern wie dem Steinhuder Meerbach. Wer bis Ablauf einer bestimmten Frist eigene oder gefundene Waffen ablieferte, konnte Straffreiheit erwarten. Diese Amnestiefrist wurde Ausnahmegenehmigung zur Ausgangssperre mehrmals verlängert, offenbar aufgrund der Vermu- tung, dass noch nicht alles Waffenmaterial abgeliefert Diese Formular-Vordrucke wurden von der Militär- worden war. Man wollte zögernden Personen noch regierung verwendet, um bestimmten Personen- eine letzte Möglichkeit zum Handeln geben. gruppen das Verlassen ihrer Häuser während der Ausgangssperre zu genehmigen. Zu diesen Gruppen Papier, bedruckt konnten Angestellte und Arbeiter bei der Militär- 1945 regierung gehören, oder Personen, die für die Auf- rechterhaltung von Ordnung und Sicherheit unent- behrlich waren. Papier 1945

Fensterbank mit Inschrift „Highland Division 60 Blackwatch“ Diese Fensterbank stammt aus einem Haus in Steyer- berg, dessen Räume zum Teil von der britischen Ar- mee beschlagnahmt wurden. Auf dem Grundstück wurde eine KFZ-Werkstatt eingerichtet. Die schotti- schen Besatzungstruppen waren vom Kriegsende bis zum 21. Februar 1947 in Steyerberg. Insgesamt waren Besetzungs-Befehl der britischen Armee von ihnen 53 Häuser in Steyerberg beschlagnahmt Mit diesem Dokument wurde den Einwohnern des worden. Hauses, aus dem die Fensterbank stammt, mitgeteilt, Marmor, zum Teil beschriftet. bis wann sie ihre Wohnung für die Requirierung seitens der britischen Armee zu räumen hatten. Die 1945 Beschlagnahmung des Wohnraums fand am 12. Juni Leihgabe Werner Amt, Steyerberg 1945 statt.

Papier, beschädigt. 1945 Leihgabe Werner Amt, Steyerberg

Sondermarken der Wehrmacht und des Volkssturms von 1944/1945 und aus der Nachkriegszeit Die Briefmarken des Großdeutschen Reiches waren für das besetzte Deutschland gedruckt und 1945 die letzten Marken, die vor dem Kriegsende heraus- herausgegeben. Sie waren bis 1946 gültig. gegeben wurden. Die mit „M“ (=Militärpost) bedruck- ten Marken wurden schon vor Kriegsende in den USA Leihgabe Ernst Siedenberg, Nienburg

Briefmarken mit überstempeltem Hitler-Porträt Die meisten dieser besonderen Briefmarken wurden wahrscheinlich deshalb nicht mehr benutzt, weil dies nur bis zum August 1945 erlaubt war. Papier, bedruckt 1945 Leihgabe Georg Heller, Nienburg

Blechdose Cigarettes Diese Dose wurde wahrscheinlich von einem briti- schen Soldaten zurückgelassen und befand sich im Besitz des Vaters der Leihgeberin. Blech Ca. 1945 Leihgabe Gabriele Rose, Wietzen

Geboren 1895 als Ella Scheurenberg, Tochter des jüdischen Vieh - Ella Paradies händlers Adolf Scheurenberg in . 1920 heiratete sie den Bremer Handelsgehilfen Wilhelm Paradies und zog in dessen Heimatstadt. Ab 1929 führte das Ehepaar an verschiedenen Orten in Bremen kleine Geschäfte, unter anderem für Tabakwaren. Ab 1933 wurde das Geschäft ihres Vaters in Uchte boykottiert, so dass die Eltern 1935 nach Bremen ziehen mussten, um von der Familie ihrer Tochter versorgt zu werden. Auch deren Geschäfte wurden boykottiert und mussten wegen des Wehrdienstes von Wilhelm Paradies und des Berufsverbotes seiner Ella und Wilhelm Paradies nach 1945 Frau 1943 endgültig geschlossen werden. (Leihgabe Lothar Paradies) 1942 wurden Adolf und Elise Scheurenberg in das Konzentrations- lager Theresienstadt deportiert, wo sie kurze Zeit später infolge der dortigen katastrophalen Bedingungen verstarben. Ellas Vater, der Im Februar 1945 wurde auch Ella Paradies nach Theresienstadt Uchter Viehhändler deportiert, aber bereits Anfang Mai durch die rote Armee befreit. Adolf Scheurenberg, der 1942 im KZ Nach dem Krieg zog Ella Paradies mit ihrem Ehemann wieder nach Theresienstadt Uchte in das Wohnhaus ihrer Eltern. ermordet wurde (Leihgabe Lothar Paradies) „Vom Jahre 1933 ab ging in Folge der Boykottierungsmaßnahmen der Umsatz nicht nur stark zurück, sondern es war so, dass mein Vater praktisch überhaupt nichts mehr verdiente. Aufträge gab es für ihn als jüdischen Geschäftsmann überhaupt nicht mehr. Meine Eltern mussten in der Zeit von 1933 ab von der Substanz ihres Vermögens leben.“ Ella Paradies in ihrem Entschädigungsantrag von 1956

Uchte Anfang des 20. Jahrhunderts. Das Haus der Scheurenbergs ist das zweite auf der rechten Seite. (Leihgabe Lothar Paradies)

Heiratsurkunde von Wilhelm Paradies und Ella Scheurenberg. Der Name „Sara“, den Ella Paradies wie alle Jüdinnen in der NS-Zeit als zweiten Vornamen zwangsweise annehmen musste, ist später wieder gestrichen worden. (Staatsarchiv Bremen)

Plakat: Variete 1945 Capitol-Revels. Variete- Plakat “What's on in Nienburg” Programm Für die Zivilbevölkerung Dieses Plakat warb für Unterhaltungsprogramme und Im Dezember 1945 gastierte dieses Varieté aus Han- Kulturveranstaltungen speziell für britische Besat- nover für drei Tage im Garnisons-Theater, das sich in zungstruppen. Dies erklärt auch den schwarzen, sprin- Nienburg im Parkhaus befand. Mit derartigen Veran- genden Keiler in der Bildmitte. Er war das Abzeichen staltungen begann allmählich wieder das kulturelle des 30. Corps, das nahezu alle britischen Soldaten auf Leben in Nienburg. dem Ärmel trugen Papier, bedruckt Papier, bedruckt 1945 1946 Papier, bedruckt. Papier, bedruckt

Geduldspiel "Mein Zeitvertreib"

Flache Pappschachtel mit 15 Spielsteinen mit den Num- mern 1 – 15, hergestellt aus gekörnten Militärknöpfen der Reichswehr bis Wehrmacht mit Regimentsnummer. Die Spielsteine wurden offenbar aus Teilen von Ge- schosshülsen angefertigt, die dann mit den Uniform- knöpfen gefüllt wurden. Das Spiel wurde Weihnachten 1945 als Geschenk gekauft. Auf dem Deckel ist die Spiel- regel aufgedruckt: Die Zahlen werden in buntem Durch- einander in die Schachtel gelegt und durch Hin- und Her- schieben in die richtige Reihenfolge (1-15) gebracht.

Keine Zahl darf herausgenommen, sondern nur durch Schieben weiterbewegt werden. Wer die richtige Rei- henfolge durch Schieben der Nummern in kürzester Zeit erreicht, ist Sieger. Pappe, Aluminium, Stahlblech Ca. 1945

Fotos aus dem „Churchill-Camp“ Diese Fotos entstanden in den Fünfzigerjahren und zeigen einige der Flüchtlingswohnungen in den Barak- ken an der Ziegelkampstraße. In einer Baracke war eine Kirche, in einer anderen eine öffentliche Küche untergebracht. In den Sechzigerjahren wurden die letzten Baracken abgerissen, als alle Flüchtlinge neue Wohnungen in Neubauten bezogen hatten. Nach 1950 Leihgabe Frau G., Nienburg

Baupläne für Flüchtlingswohnungen In den Fünfziger Jahren wurden zahlreiche Bauprojekte der gemeinnützigen Wohnungs- baugenossenschaft Nienburg durch die Kom- munalverwaltung genehmigt. In mehreren Phasen wurden neue Wohnblöcke für Flücht- linge an neuen Straßen, vor allem südlich der Ziegelkampstraße, errichtet, etwa an der Bie- lefelder Straße, der Göttinger Straße und der Detmolder Straße. In den Sechziger Jahren wurden diese Bauprojekte abgeschlossen und die letzten Baracken des Flüchtlingslagers „Churchill-Camp“ geräumt und abgerissen. Papier, bedruckt 1950 Leihgabe Stadt- und Kreisarchiv Nienburg

Familie Münch Die Familie Münch – Mutter, Sohn und zwei Töchter, die älteste Tochter verheiratet und Mutter von zwei Kleinkindern – flüchtete aus Ortelsburg in Ostpreußen (Masuren) nach Arens- hop, auf der Halbinsel Fischland-Darß/ Zingst. Der Vater war als Invalide zum Volkssturm ein- gezogen worden und galt seit 1945 als vermisst. Nach Kriegsende verweigerte man der Familie die Rückreise über die neue polnische Grenze, doch auch die Rückkehr nach Arenshop, das in- zwischen Sperrgebiet war, wurde von den Rus- sen verweigert. Daher wurde die Familie im Dorf Blankenhagen bei Ribnitz-Damgarten unter- gebracht. Von hier aus wollte die Familie nach Gelsenkir- chen zum Bruder der Mutter ziehen. Die Flücht- lingsströme aus dem Osten wurden jedoch von der britischen Militärregierung vorher abgefan- gen und umgeleitet.

So kamen sie für zwei Wochen in das Flüchtlings- Horst und Erna Münch in Leese, Oktober 1950 lager am Ziegelkamp in Nienburg, um darauf zu (Leihgabe Horst Münch, Nienburg) warten, eine neue Wohnung auf dem Land zuge- wiesen zu bekommen. Danach waren sie auf einem Bauernhof in Leese untergebracht, wo Mutter und Kinder zusam- men ein Zimmer bewohnten. Dort gab es zu- nächst keine Heizmöglichkeiten. Nach dem Tod seiner Mutter kam Horst Münch als Vollwaise in das Kinderheim Leese auf dem ehemaligen Werksgelände Hahnenberg. Außer- dem kümmerte sich noch seine ältere Schwester Erna um ihn.

Abmeldebescheinigung der Familie Münch aus Erna Münch heiratete den staatenlosen ehema- Blankenhagen bei Rostock, einer Durchgangs- ligen Jugoslawen Martin Jankovic, der im be- station auf ihrer Flucht (Leihgabe Horst Münch, nachbarten WARTA-Camp Leese, nicht weit ent- Nienburg) fernt vom Kinderheim, lebte und nicht in seine Heimat zurückkehren konnte. Horst Münch absolvierte zunächst eine Zimmer- mannslehre und danach eine Ausbildung zum Bauingenieur. Seit 1971 arbeite er als technischer Verwalter für die die IVG-Verwaltung Liebenau, zu der auch das Werksgelände Hahnenberg in Leese gehörte, der ehemalige Rüstungsbetrieb und spätere Standort des Kinderheims.

Horst Münch im Musikunterricht im Schulraum des Kinderheims Leese (Leihgabe Horst Münch, Nienburg)

Geboren am 15.03.1922 in Cosurice (Jugoslawien) Martin Jankovic 1930 - 1934 Besuch der Volksschule

1934 - 1942 landwirtschaftlicher Arbeiter auf dem Hof seines Vaters. Da der Vater bereits im Jahr 1940 eingezogen wurde, musste er als 18-jähriger den Hof übernehmen und alle anfallenden landwirtschaft- lichen Arbeiten mit der Mutter und den jüngeren Geschwistern durchführen. Am 1. 12. 1942 von der Deutschen Wehrmacht zum Militär eingezogen. Schon vorher musste er zeitweise bei der Deutschen Wehrmacht als Zivilist arbeiten. 1. 5. 1945 - 13. 8. 1945 Kriegsgefangenschaft nach der Gefangennahme in Palermo durch die Engländer. Im Lager erkrankte er schwer an Tuberkulose, worauf- hin er ins Krankenhaus Chetnitz Camp-Forli (Italien) überwiesen wurde. Bis zum 22.04.1947 diverse Krankenhausaufenthalte in Italien 22.04.1947 - 26.11.1947 Aufenthalt im Westfälischen Krankenhaus in Gütersloh, Landesheil- und Pflege- anstalt. Hier war er immer noch Kriegsgefangener. Erst im November 1947 wurde er aus der Kriegsgefan- genschaft entlassen. Nach Aufenthalten in verschiedenen Krankenhäusern in Deutschland wurde er in einem Lager bei Düssel- dorf im August 1949 als Lagerpolizist angestellt. Am 25.6.1949 als Tbc-Erkrankter von den Engländern ins WARTA-Lager, Leese überführt. Von August 1951 bis Dezember 1951 von den Eng- ländern als Wachmann bei der MSO (Mixed Service Organisation) in Bad Oynhausen eingesetzt. 12.01.1952 Heirat mit Ema Münch, die er während seines Aufenthalts in Leese kennengelernt hatte. Wegen der Heirat wechselte er seinen Arbeitsplatz von Bad Oynhausen nach Liebenau, weil hier eine Leihgabe Horst Münch, Nienburg Wohnung zur Verfügung stand und kurzfristig bezo- gen werden konnte. Ab dem 19.12.1951 von den Engländern als Wachmann bei der MSO im Miltärdepot in Liebenau, auf dem ehemaligen Eibia-Gelände, eingesetzt. 1.3.1961 Umzug von Liebenau nach Essen. Am 18. 1. 2002 verstarb Martin Jankovic während einer Kur.

Geboren am 22.12.1899 in Dortmund. Robert Hoffmeister Nach dem Schulbesuch Lehre als Buchdrucker. 1918 Eintritt die SPD. 1920 aktive Beteiligung am Generalstreik gegen den Kapp-Putsch. Anschließend langjährige Wanderschaft als Geselle und Studium an der Akademie für Arbeit in Frankfurt/ Main. Ende der Zwanzigerjahre von der SPD als Parteisekre- tär nach Nienburg berufen. 1929 in den Rat der Stadt sowie in den Provinzial-Landtag gewählt. In den Wahlkämpfen des Jahres 1932 organisierte er sozialdemokratische Kundgebungen und Demonstra- tionen gegen den Nationalsozialismus.

am 05.04.1933 „...wegen Gefährdung der öffentlichen Robert Hoffmeister als Verleger der Sicherheit und Ordnung...“ verhaftet. Hannoverschen Presse Am 20.05.1933 wurde er in das KZ Moringen über- (HAZ-Hauschild-Archiv, Historisches stellt und von dort im Oktober 1933 ihn in das Kon- Museum Hannover) zentrationslager Papenburg verlegt.

Im Dezember 1933 Entlassung aus der KZ-Haft im Zuge der Weihnachtsamnestie. In Nienburg eröffnete er einen Tabaksladen, da er durch den Ausschluss aus dem Buchdruckerverband keine Arbeit im erlernten Beruf annehmen durfte. Von 1939 bis 1945 war er Soldat. 1946 wurde Robert Hoffmeister Bürgermeister der Stadt Nienburg. 23.08.1946 Wahl zum Fraktionsvorsitzenden der SPD im niedersächsischen Landtag. Dieses Amt hatte er über fünf Wahlperioden inne. Der spätere Verlagsdirektor der „Hannoverschen Presse“ starb am 30.01.1966.

Seit dem Tage, an welchem ich vor 13 Jahren gezwun - Robert Hoffmeister nach Kriegsende auf gen wurde, meine Funktion als Worthalter des Bürger- dem jüdischen Friedhof in Hannover- vorsteherkollegiums niederzulegen, um einige Tage Bothfeld, wo in über 300 Urnen die Asche darauf in das Gefängnis zu wandern, hat die Nienbur- jüdischer KZ-Häftlinge bestattet ist. ger Bevölkerung in langen 12 Jahren kennen lernen (HAZ-Hauschild-Archiv, Historisches müssen, was es heißt, in einer Diktatur leben zu müs- Museum Hannover) sen! Die Herrschaft der N.S.D.A.P. ging in dem wahnsin- nigsten aller Kriege zu Ende, das deutsche Volk steht nun vor den Trümmern einer Politik, die nicht anders enden konnte! […] Ansprache Robert Hoffmeisters zur Eröffnung des Stadtparlamentes am 1. Februar 1946.

Geboren am 16. Februar 1901 in Nienburg/Weser Albert Könemann Nach dem Besuch der Volksschule und des Realgym- nasiums in Nienburg machte er eine Landwirtschaft- liche Berufsausbildung und besuchte anschließend die Landwirtschaftsschule in Bassum. Er arbeitete in landwirtschaftlichen Betrieben und wurde schließlich Landwirt in Nienburg. In der Zeit des Nationalsozialismus lebte er in der Ziegelkamp- straße. Während des Zweites Weltkriegs wurde er 1941 als untauglich ausgemustert und arbeitete daraufhin für den Reichsarbeitsdienst. Zu dieser Zeit waren russi- sche Kriegsgefangene auf seinem Hof beschäftigt. Nach Kriegsende bewahrte ihn einer dieser ehema- ligen Kriegsgefangenen vor der Lynchjustiz seitens anderer befreiter Russen. Albert Könemann gehörte zu den Gründungsmit- gliedern der Niedersächsischen Landespartei (NLP), aus der später die Deutsche Partei (DP) hervorging. 1945 trat er als Mitglied der NLP in den Stadtrat von Passfoto von Albert Könemann aus seinem Nienburg ein und wurde stellvertretender Bürger- Ausweis als Abgeordneter des Nieder- meister. Außerdem war er Mitglied des Polizeiaus- sächsischen Landtags. schusses des Regierungsbezirks Hannover und des Leihgabe Albert Könemann jr., Nienburg Kreistages in Nienburg. Von 1947 bis 1951 war Albert Könemann Mitglied der ersten Wahlperiode des Niedersächsischen Land- tages. Ab dem 28. März 1951 gehörte er der DP/CDU- Fraktion an.

Albert Könemann verstarb am 28. November 1970 in Stolzenau

Nach dieser Sitzung wussten wir, wie [wir] dran wa- ren, da wir eine staatsfeindliche Haltung eingenom- men hätten. Uns konnte eben Alles genommen werden. Albert Könemann in einem Brief von 1952 zur Ent- eignung seines Landes für den Bau der Mudra- Kaserne im Jahr 1935

Wahlkampfzettel Dieser Wahlkampfzettel richtet sich speziell an Flücht- linge als Wähler. Die Niedersächsische Landespartei (NLP) verstand sich als wichtigster Fürsprecher für die Interessen der Flüchtlinge und Vertriebenen. 1946 fanden zum ersten Mal nach dem Krieg wieder Wah- len für das Stadtparlament statt. Papier, bedruckt 1946