Jahresbericht Der Heinrich-Böll-Stiftung

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Jahresbericht Der Heinrich-Böll-Stiftung Vorwort I Ralf Fücks Foto: Julia Baier II Barbara Unmüßig Foto: Bettina Keller Hinter uns liegt ein Jahr, das uns noch einmal verdeut- Ein Markenzeichen der Stiftung sind unsere Bei - licht, wie wichtig die Arbeit unserer Stiftung ist. – Es träge zur sozialen und ökologischen Transformation herrscht wieder Krieg in Europa, im Nahen Osten, in im eigenen Land wie auf globaler Ebene. Klima- und vielen Regionen Afrikas. Der Konflikt um die Ukraine Ressourcengerechtigkeit sind ein zentrales Motiv belastet auch die internationalen Beziehungen, ins- unserer internationalen Ökologiearbeit. Mit dem besondere zwischen Europa und Russland. In Syrien «Fleischatlas 2014», der in mehrere Sprachen über- und im Irak hat sich die Situation durch die militäri- setzt worden ist, haben wir in Deutschland, Europa schen Erfolge des Islamischen Staats verschärft. Die und weltweit eine breite Öffentlichkeit erreicht. Er Lage in Gaza ist nach dem Krieg im letzten Sommer ist die erfolgreichste Publikation in der Geschichte mit 2.000 Toten und mehr als zehntausend Verletz- der Stiftung. ten weiterhin prekär. Terror organisationen wie Boko Wir haben uns 2014 auf den Weg gemacht, unsere Vorwort Haram in Nigeria gefährden jede Zivilität. Trotz al- Arbeitsweise und unser politisches Profil zu reflek- ledem und gerade deswegen setzen wir uns mit al- tieren. Mit der Strategie 2020 wollen wir uns für die ler Kraft für den Auf- und Ausbau demokratischer politischen, ökonomischen und sozial-ökologischen Strukturen und Zivilgesellschaften, für friedliche Herausforderungen der kommenden Jahre fit ma- Konfliktlösungen und eine an den Menschenrechten chen, unsere Stärken und Kompetenzen ausbauen. orientierte Politik ein. Wir liefern Hintergrundinfor- Wir möchten uns bei allen unseren Mitarbeiterin- mationen und bieten Diskussionsforen, die über die nen und Mitarbeiterin für ihr großartiges Engage- Konflikte und ihre Dynamiken aufklären, und wir su- ment und ihren Einsatz gerade auch unter häufig chen gemeinsam mit einer Vielzahl von Partnerinnen schwierigen Rahmenbedingungen sehr herzlich be- und Partnern nach Lösungen zur Beilegung von Kon- danken. Ein herzliches Dankeschön geht auch an die flikten. Wegen der zahlreichen Kriege und sich ver- vielen Menschen, die sich ehrenamtlich für die Stif- schärfender sozialen Krisen ist die Zahl der Flücht- tung engagieren. Der Erfolg unserer Arbeit ist ein linge weltweit auf über 50 Millionen gestiegen. Zu gemeinsamer. den Fluchtursachen klären wir auf und setzen uns für eine humane Flüchtlings- und Asylpolitik bei uns ein. Berlin, im April 2015 RalfFücks BarbaraUnmüßig Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung 2 Demokratie und Menschenrechte und Demokratie I Flüchtlinge auf Lampedusa Foto: Sigrid Reinichs 3 Teilhabe stärken, Menschenrechte durchsetzen! Demokratie steht in vielen Teilen der Welt unter Druck. Demokratische Spielräume werden ein geschränkt, Repressionen gegen Andersdenkende und -handelnde nehmen zu. Der autoritäre Ent wicklungsstaat von Äthiopien bis China verspricht zwar ein besseres Leben und mehr Wohlstand, aber ohne Freiheit, Rechtsstaat- lichkeit und politische Partizipation. Ob in illiberalen oder liberalen Demokratien – wirtschaftlich mächtige Eliten nehmen immer mehr Einfluss auf politische Entscheidungen. Freiheit, Gerechtigkeit, Menschenrechte und Demokratie sind die normativen Grundlagen unserer Arbeit – in Deutschland und auch weltweit. Wir haben Büros in 31 Ländern. Zusammen mit unseren inter- nationalen Partnerinnen und Partnern versuchen wir, Menschenrechte und Demokratie die Spielräume für politische und gesellschaftliche Teilhabe und Emanzipation auszuloten und auszuwei- ten. Es erfordert Finger spit zengefühl und große Ver- antwortung, für uns und unsere Partnerinnen und Partner. 4 Syrien Nach drei Jahren hat sich der Konflikt in Syrien zu einem Krieg mit über 200.000 Todesop- fern, Millionen Flüchtlingen und einer extrem notleidenden Zivilbevölkerung entwickelt. Sämtliche Initiativen, den Konflikt beizulegen, sind bislang gescheitert. Durch die militä- rischen Erfolge der Terrormiliz IS hat der Bürgerkrieg eine neue Qualität gewonnen. Nach Jahren des Zögerns bewog das rasche Vorrücken der IS die Amerikaner und Europäer dazu, doch militärisch im Irak zu intervenieren. Eine politische Strategie zu einer Lösung des Konfliktes ist hinter diesem Engagement der internationalen Gemeinschaft jedoch nicht zu erkennen. Syrien – Krisenherde in der Welt Krisenherdeder in I Der Krieg in Syrien hat mittlerweile 3,8 Millionen Menschen zu Flüchtlingen – gemacht. Foto: Bryan Denton/The New York Times/Redux/laif Was kann eine Organisation wie die einem Vorort von Damaskus, der seit knapp zwei Heinrich-Böll-Stiftung tun? Jahren von syrischen Regierungstruppen belagert wird, flohen in den letzten Jahren ca. 150.000 syri- Wir können aufklären! Über die Hintergründe und I sche Palästinenser/innen nach Jordanien, in den Dynamiken des Konflikts. Denn nur so kann – trotz Liba non und nach Europa. Dort richten sie sich aufs der Komplexität des Konflikts – eine qualifizierte Dis- Neue in einer temporären Existenz ein, in der Hoff- kussion über Handlungsoptionen der internationalen nung, irgendwann zurückkehren zu können. Die Gemeinschaft und Deutschlands geführt werden. Wir Filmemacherin Carol Mansour hat mit Unterstüt- appellieren an die politische Verantwortung des Wes- zung der Stiftung die persönlichen Schicksale, aber tens und versuchen, Chancen für politische Lösun- auch die Hoffnungen und Träume von palästinen- gen auszuloten und Mut zu machen! In Syrien, dem Demokratie und MenschenrechteDemokratieund sischen Flüchtlingen aus Syrien in dem Dokumentar- Libanon und Deutschland unterstützen wir Aktivis- film « We cannot go there now, my Dear » festge halten. tinnen und Aktivisten, die sich vor Ort für ein demo- kratisches Syrien einsetzen. Und wir wollen den Politikempfehlungen unzäh ligen Kriegsflüchtlingen ein Gesicht geben, Das internationale Engagement in Syrien droht zu indem wir ihre Geschichten erzählen. einem vereinfachten « entweder IS oder Assad » zu verkommen. Auch die Europäische Union (EU) hat Ein Film über Flüchtlingsschicksale keine gemeinsame politische Strategie. In Zusam- Der Krieg in Syrien hat mittlerweile 3,8 Millionen menarbeit mit der niederländischen Friedensorgani- Menschen zu Flüchtlingen gemacht – unter ihnen sation PAX (früher PAX Christi) haben unsere Büros auch zahlreiche Palästinenser, die nun bereits zum in Brüssel und Beirut Politikempfehlungen für die zweiten Mal ihr zuhause verloren haben. Allein aus EU erarbeitet. Dort wird unter anderem nahegelegt, dem palästinensischen Flüchtlingslager Yarmouk, sich trotz der Drohung der terroristischen IS- 5 II Mariam Jalabi, Mitglied des Nationalen Verbindungsbüro der UN und des Syrian Women Networks, forderte mehr Einfluss III 27. November 2014: Barbara Unmüßig und Ralf Fücks von Frauen in internationalen Friedensverhandlungen. übergaben den Petra-Kelly-Preis 2014 an Amir Kazkaz. Von den Preisträgern fehlt noch immer jede Spur. Bewegung nicht erneut auf Assad einzulassen. Die EU solle darüber hinaus und trotz aller Vorbehalte Petra-Kelly-Preis 2014 für syrische eng mit der syrischen Opposition und den syrischen Menschenrechtsaktivist/innen Kurden zusammenarbeiten und die Widerstandsfä- Syrien III Der Petra-Kelly-Preis 2014 ging an das Violations higkeit lokaler Gemeinschaften unterstützen. Auch Documentation Center Syrien und vier seiner Mitar- – müsse die humanitäre Hilfe für syrische Flüchtlinge beiter/innen: Razan Zeitouneh, Samira al-Khalil, Wael und die Zivilbevölkerung Priorität haben. Hammadeh und Nazem Hammadi. Am 9. Dezember 2013 wurden die vier in der Nähe von Damaskus von Frauen an die Friedenstische Unbekannten entführt. Seither fehlt von ihnen jede Die Luftbombardements in Syrien und Irak treffen II Spur. nicht die Kämpfer des syrischen Assad-Regimes oder Das 2011 gegründete Violations Documentation die islamistischen Terrororganisationen, sondern in Center sammelt und dokumentiert Informationen erster Linie die Zivilbevölkerung. Um eine nachhal- über Verstöße gegen das Völkerrecht in Syrien und tige Friedenslösung zu erreichen, müssen Frauen in macht sie öffentlich zugänglich. Die Verbrechen wer- Welt Krisenherdeder in die Friedensverhandlungen eingebunden werden. den dabei unabhängig von der Konfliktseite doku- Darüber bestand Einigkeit bei einem Fachgespräch, – mentiert. Die Organisation will damit ein objektives zu dem Ende November 2014 das Gunda-Werner- Gedächtnis der syrischen Revolution schaffen, das Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung Expert/innen nach Beendigung des Bürgerkrieges den Grundstein aus internationalen Organisationen, aus Syrien und für die kollektive Aufarbeitung von Menschenrechts- Irak nach Berlin eingeladen hatte. Es galt zu klären, verbrechen legen kann. unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Mit dem Petra-Kelly-Preis zeichnet die Heinrich- Strategien Frauen mögliche Waffenstillstands- und Böll-Stiftung Menschen und zivilgesellschaftliche Friedensverhandlungen auf nationaler und internati- Vereinigungen aus, die sich auf besondere Weise für onaler Ebene beeinflussen können und wie auch das die Achtung der Menschenrechte, für das gewalt- massive Problem der sexualisierten Kriegsgewalt freie Lösen von Konflikten und den Schutz unse- zum Thema werden kann. Auch wenn die UN-Resolu- rer Umwelt einsetzen. Der Preis ist mit 10.000 EUR tionen 1325 die Beteiligung von Frauen an Friedens- dotiert und wird alle zwei Jahre verliehen. verhandlungen vorschreibt, so bleibt dies bislang MenschenrechteDemokratieund
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