Thüringer Plenarprotokoll 3/86 3. Wahlperiode 5. Juni 2003

86. Sitzung

Donnerstag, den 5. Juni 2003

Erfurt, Plenarsaal

Regierungserklärung des 7481 Ministerpräsidenten

Die Regierungserklärung wird durch Ministerpräsident Dr. Vogel abgegeben.

Die Aussprache zu der Regierungserklärung wird durchgeführt.

Im Anschluss überreicht Dr. Vogel der Landtagspräsidentin seine Rücktritts- erklärung als Ministerpräsident.

Wahl eines neuen Minister- 7501 präsidenten dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des - Drucksache 3/3366 -

Der Wahlvorschlag der Fraktion der CDU in der Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/3366 - wird in geheimer Wahl bei 83 abgegebenen gültigen Stimmen mit 47 Jastimmen, 34 Neinstimmen und 2 Stimmenthaltungen angenommen.

Damit ist der Abgeordnete Dieter Althaus mit der gemäß Artikel 70 Abs. 3 LV i.V.m. § 47 GO erforderlichen Mehrheit der Mitglieder des Landtags zum Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen gewählt.

Vereidigung des Minister- 7502 präsidenten

Der Ministerpräsident leistet den gemäß Artikel 71 Abs. 1 und 2 LV vorge- schriebenen Eid.

Rede des Ministerpräsidenten

Zweites Gesetz zur Änderung 7504 der Verfassung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/2911 - dazu: Beschlussempfehlung des Justizausschusses - Drucksache 3/3250 - DRITTE BERATUNG

Nach Aussprache wird der Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Druck- sache 3/2911 - in DRITTER BERATUNG mit Mehrheit abgelehnt. 7474 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Thüringer Bergbahngesetz 7507 (ThürBBahnG) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3019 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik - Drucksache 3/3329 - ZWEITE BERATUNG

Nach Berichterstattung und Aussprache wird die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik - Drucksache 3/3329 - einstimmig angenommen.

Der Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3019 - wird in ZWEITER BERATUNG unter Berücksichtigung der Annahme der Beschluss- empfehlung - Drucksache 3/3329 - und in der Schlussabstimmung jeweils einstimmig angenommen.

Erstes Gesetz zur Änderung des 7511 Thüringer Aufbaubankgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3185 - dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzaus- schusses - Drucksache 3/3328 - ZWEITE BERATUNG

Nach Berichterstattung und ohne Aussprache wird der Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3185 - in ZWEITER BERATUNG und in der Schlussabstimmung jeweils mit Mehrheit angenommen. a) Gesetz zur umfassenden Verwirkli- 7511 chung gesellschaftlicher Teilhabe behinderter Menschen im Freistaat Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/3249 - ZWEITE BERATUNG b) Thüringer Gesetz zur Herstellung 7512 gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3266 - ZWEITE BERATUNG

Nach gemeinsamer Aussprache wird die beantragte Überweisung des Ge- setzentwurfs der Fraktion der PDS - Drucksache 3/3249 - und die bean- tragte Überweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD - Druck- sache 3/3266 - an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit jeweils mit Mehrheit abgelehnt.

Der Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/3249 - wird in ZWEITER BERATUNG in namentlicher Abstimmung bei 77 abgegebenen Stimmen mit 17 Jastimmen, 58 Neinstimmen und 2 Enthaltungen (Anlage 1) sowie in der Schlussabstimmung mit Mehrheit abgelehnt. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7475

Der Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3266 - wird in ZWEITER BERATUNG in namentlicher Abstimmung bei 76 abgegebenen Stimmen mit 31 Jastimmen, 43 Neinstimmen und 2 Enthaltungen (Anlage 2) und in der Schlussabstimmung jeweils mit Mehrheit abgelehnt.

Fragestunde 7521 a) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Lippmann (SPD) 7521 Geplantes Kunststoff-Zentrum in Ostthüringen - Drucksache 3/3314 - wird von Staatssekretär Richwien beantwortet. Zusatzfrage. b) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Müller (SPD) 7522 Errichtung eines Fünf-Sterne-Hotels in Erfurt - Drucksache 3/3318 - wird von Staatssekretär Richwien beantwortet. Zusatzfrage. c) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Botz (SPD) 7522 Auswirkungen der Haushaltskürzungen auf die Ausgleichs- zulage in benachteiligten Gebieten - Drucksache 3/3339 - wird von Staatssekretär Baldus beantwortet. Zusatzfrage. d) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Höhn (SPD) 7523 Rechtsaufsichtliche Bestätigung kommunaler Kofinan- zierungsanteile - Drucksache 3/3332 - wird von Minister Trautvetter beantwortet. e) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dittes (PDS) 7524 Landesstraße im Jonastal (Ilm-Kreis) - Drucksache 3/3357 - wird von Staatssekretär Richwien beantwortet. Zusatzfrage. f) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gerstenberger (PDS) 7525 Durch die Staatsbauämter zu vergebende Planungsaufträge - Drucksache 3/3358 - wird von Staatssekretär Illert beantwortet. g) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ramelow (PDS) 7526 Einkommenssituation in Thüringen - Drucksache 3/3362 - wird von Minister Trautvetter beantwortet. Zusatzfrage. h) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Müller (SPD) 7527 Einstellung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Rahmen der Vorgänge um die TSI (Thüringer Straßenwar- tungs- und Instandhaltungsgesellschaft mbH) - Drucksache 3/3335 - wird von Staatssekretär Koeppen beantwortet. 7476 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Thüringer Gesetz zur Vereinheit- 7527 lichung des Disziplinarrechts Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3309 - ERSTE BERATUNG

Nach Begründung und Aussprache wird der Gesetzentwurf der Landes- regierung - Drucksache 3/3309 - an den Justizausschuss überwiesen.

Thüringer Gesetz zur Auflösung 7530 des Autobahnamtes und zur Än- derung straßen- und straßenver- kehrsrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3343 - ERSTE BERATUNG

Nach Begründung und Aussprache wird der Gesetzentwurf der Landes- regierung - Drucksache 3/3343 - an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik überwiesen. a) Durch Deregulierung und Ent- 7532 bürokratisierung die Attraktivität des Standorts Thüringen stärken Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/3159 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik - Drucksache 3/3330 - b) Verbesserung der Qualität 7532 des Wirtschaftsstandorts Thü- ringen durch Abschaffung von Verwaltungshemmnissen und Umsetzung von Deregulierungs- maßnahmen auf Bundes- und Landesebene Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3162 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik - Drucksache 3/3331 -

Nach gemeinsamer Berichterstattung und gemeinsamer Aussprache wird die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpo- litik - Drucksache 3/3330 - mit Mehrheit angenommen.

Der Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/3159 - wird unter Berück- sichtigung der Annahme der Beschlussempfehlung - Drucksache 3/3330 - mit Mehrheit angenommen.

Der Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3162 - wird mit Mehrheit abgelehnt. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7477

Arbeit des Ausschusses 7538 der Regionen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/3308 -

Nach Begründung durch den Einreicher erstatten Abgeordneter Schröter und Staatssekretär Kaiser den Sofortbericht der Mitglieder des Ausschus- ses der Regionen.

Auf Verlangen der Fraktion der PDS findet gemäß § 106 Abs. 1 GO eine Aussprache über den Bericht statt.

Die Erfüllung des Berichtsersuchens zu dem Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/3308 - wird gemäß § 106 Abs. 2 GO festgestellt.

Radwegenetz in Thüringen 7548 Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3336 -

Ohne Begründung durch den Antragsteller und nach Aussprache wird der Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3336 - mit Mehrheit abgelehnt.

Tourismuskonzeption 7554 für Thüringen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3341 -

Ohne Begründung durch den Antragsteller und nach Aussprache wird der Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3341 - mit Mehrheit abgelehnt.

Förderung der Job-Center 7561 Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3342 -

Nach Begründung und Aussprache wird der Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3342 - mit Mehrheit abgelehnt.

Erstellung eines Benchmarking- 7566 Berichts für Thüringen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3345 -

Nach Begründung und Aussprache wird eine beantragte Überweisung des Antrags der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3345 - an den Innenaus- schuss mit Mehrheit abgelehnt.

Der Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3345 - wird mit Mehrheit abgelehnt. 7478 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Anwesenheit der Abgeordneten:

Fraktion der CDU:

Althaus, Arenhövel, Bergemann, Böck, Bonitz, Braasch, Carius, Emde, Fiedler, Prof. Dr. Goebel, Grob, Groß, Grüner, Heym, Jaschke, Kallenbach, Köckert, Kölbel, Dr. Kraushaar, Krauße, Kretschmer, von der Krone, Lehmann, Lieberknecht, Mohring, Panse, Dr. Pietzsch, Pöhler, Primas, Schröter, Schugens, Schuster, Schwäblein, Seela, Dr. Sklenar, Sonntag, Stauch, Tasch, Trautvetter, Dr. Vogel, Vopel, Wackernagel, Wehner, Wetzel, B. Wolf, Wunderlich, Dr. Zeh, Zitzmann

Fraktion der PDS:

Buse, Dittes, Dr. Fischer, Gerstenberger, Dr. Hahnemann, Dr. Kaschuba, Dr. Klaubert, Dr. Koch, Kummer, Nothnagel, Ramelow, Scheringer, Sedlacik, Sojka, Dr. Stangner, Thierbach, Dr. Wildauer, K. Wolf, Zimmer

Fraktion der SPD:

Bechthum, Becker, Dr. Botz, Doht, Döring, Ellenberger, Gentzel, Höhn, Dr. Klaus, Künast, Lippmann, Dr. Müller, Pelke, Dr. Pidde, Pohl, Schemmel, Dr. Schuchardt, Seidel

Anwesenheit der Mitglieder der Landesregierung:

Ministerpräsident Dr. Vogel, Ministerpräsident Althaus, die Minister Diezel, Dr. Gasser, Gnauck, Dr. Krapp, Dr. Pietzsch, Prof. Dr. Schipanski, Schuster, Dr. Sklenar, Trautvetter Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7479

Rednerliste:

Präsidentin Lieberknecht 7481, 7487, 7494, 7498, 7501, 7502, 7504, 7547, 7548, 7549, 7550, 7551, 7554, 7555, 7556, 7557, 7561, 7562, 7563 Vizepräsidentin Ellenberger 7526, 7527, 7528, 7529, 7530, 7531, 7532, 7534, 7535, 7536, 7537, 7538, 7540, 7545, 7546 Vizepräsidentin Dr. Klaubert 7501, 7502, 7504, 7506, 7507, 7508, 7509, 7510, 7511, 7514, 7515, 7516, 7517, 7519, 7520, 7521, 7522, 7523, 7524, 7525, 7564, 7565, 7566, 7568, 7569, 7570, 7571, 7572 Althaus (CDU) 7502 Arenhövel (CDU) 7516 Bechthum (SPD) 7515 Bergemann (CDU) 7547 Dr. Botz (SPD) 7522, 7523, 7546 Buse (PDS) 7507, 7509, 7531, 7549, 7554 Dittes (PDS) 7524, 7525, 7568 Doht (SPD) 7508, 7550, 7556 Fiedler (CDU) 7569 Gentzel (SPD) 7494 Gerstenberger (PDS) 7525, 7534, 7561 Heym (CDU) 7532, 7552, 7555 Höhn (SPD) 7523, 7566, 7569, 7571 Kallenbach (CDU) 7531, 7548 Dr. Koch (PDS) 7528 Kretschmer (CDU) 7535, 7537 Kummer (PDS) 7504, 7520, 7545 Lehmann (CDU) 7511 Lippmann (SPD) 7521, 7531, 7536 Dr. Müller (SPD) 7522, 7527, 7561, 7563 Nothnagel (PDS) 7512, 7514, 7515 Pelke (SPD) 7519 Dr. Pidde (SPD) 7521 Dr. Pietzsch (CDU) 7514 Ramelow (PDS) 7487, 7516, 7526, 7527 Schemmel (SPD) 7506, 7528 Schröter (CDU) 7538 Sedlacik (PDS) 7545 Seidel (SPD) 7501 Stauch (CDU) 7481 Vopel (CDU) 7562, 7563 Wackernagel (CDU) 7509 B. Wolf (CDU) 7506, 7529 Dr. Zeh (CDU) 7498 Zitzmann (CDU) 7501, 7517 7480 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Althaus, Ministerpräsident 7502 Baldus, Staatssekretär 7523 Illert, Staatssekretär 7525 Kaiser, Staatssekretär 7540, 7548 Koeppen, Staatssekretär 7527 Maaßen, Staatssekretär 7514, 7515 Richwien, Staatssekretär 7510, 7521, 7522, 7525, 7530, 7532, 7557, 7564 Trautvetter, Innenminister 7524, 7526, 7527, 7566, 7571 Dr. Vogel, Ministerpräsident 7482 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7481

Die Sitzung wird um 9.02 Uhr von der Präsidentin des Abgeordneter Stauch, CDU: Landtags eröffnet. Frau Präsidentin, wir beantragen zusätzlich zur Aufnah- Präsidentin Lieberknecht: me in die Tagesordnung die "Nachwahl und ggf. Verei- digung eines stellvertretenden Mitglieds des Verfassungs- Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, gerichtshofs". Wir bitten um Einordnung nach Tagesord- Vertreter der Landesregierung und Gäste auf der Besu- nungspunkt 5 und bitten, diesen Punkt morgen als dritten chertribüne, insbesondere die Vertreter der Medien, ich Tagesordnungspunkt aufzurufen. darf Sie alle sehr herzlich begrüßen und eröffne die 86. Ple- narsitzung des Thüringer Landtags am heutigen 5. Juni. Des Weiteren beantragen wir zur Aufnahme in die Tages- Sie bemerken bereits die große Zahl von Gästen, aus be- ordnung das "Gesetz zur umfassenden Verwirklichung ge- sonderem Anlass allein über 70 akkreditierte Journalis- sellschaftlicher Teilhabe behinderter Menschen im Freistaat ten. Wir freuen uns über das hohe Maß an Aufmerksam- Thüringen", ein Gesetzentwurf der PDS in Drucksache keit, und wenn wir entsprechend aufmerksam auch hier 3/3249 und einen Gesetzentwurf der SPD "Thüringer Ge- im Saal und auf der Tribüne in dieser Situation miteinander setz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für umgehen, dann werden wir das alles gut bewältigen, denke Menschen mit Behinderungen" in Drucksache 3/3266. ich. An meiner Seite haben die Schriftführer Frau Abge- Das ist jeweils die zweite Beratung. Wir bitten um Einord- ordnete Künast und Herr Abgeordneter Mohring Platz ge- nung nach dem bisherigen Tagesordnungspunkt 9 und um nommen. Die Rednerliste wird Frau Abgeordnete Künast gemeinsame Beratung dieser beiden Gesetzentwürfe. führen. Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Illing, dem wir von hier aus gute Ge- Präsidentin Lieberknecht: nesungswünsche mit auf den Weg geben nach einer schwe- ren Operation, Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann können wir darüber abstimmen. Es ist jeweils die einfache Mehrheit (Beifall bei der CDU) erforderlich. Wer mit der Aufnahme der "Nachwahl und ggf. Vereidigung eines stellvertretenden Mitglieds des Ver- und Frau Abgeordnete Nitzpon. fassungsgerichtshofs" einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Einige Gegen- Einen Hinweis möchte ich noch geben. Der Thüringer Be- stimmen. Enthaltungen? Einige Enthaltungen. Dann ist das amtenbund hat heute zu einem parlamentarischen Abend mit Mehrheit so beschlossen und die Einordnung morgen eingeladen nach dem Ende der Plenarsitzung, etwa ge- als Tagesordnungspunkt 3. Dagegen sehe ich keinen Wi- gen 20.00 Uhr. derspruch, dann verfahren wir so.

Ich möchte noch einige Hinweise zur Tagesordnung geben. Ich komme zur Abstimmung über die Aufnahme der Die Tagesordnung wird wie folgt ergänzt: Zum Punkt 2 Drucksachen 3/3249 und 3/3266 jeweils in zweiter Be- "Wahl eines neuen Ministerpräsidenten" wurde eine Un- ratung. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das terrichtung in der Drucksache 3/3366 verteilt. Im Ältes- Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Eine Reihe von Ge- tenrat haben wir vereinbart, dass wir nach diesem Tages- genstimmen. Enthaltungen? 1 Enthaltung. Dann ist das ordnungspunkt und der anschließend vorgesehenen Ver- auch mit Mehrheit so beschlossen. Die Einordnung nach eidigung eine Unterbrechung der Sitzung vorsehen, um Tagesordnungspunkt 9 entspricht unserem normalen Ab- auch dem individuellen Bedürfnis der guten Worte und lauf, wenn wir es wie soeben aufgenommen haben. Regt des Händeschüttelns Gelegenheit zu geben. Als Präsidentin sich dagegen Widerspruch? Das ist nicht der Fall. Dann ist mir dafür auch an der passenden äußeren Form gele- ordnen wir diese Tagesordnungspunkte zur gemeinsamen gen. Ich habe deshalb zu einem kleinen Empfang drüben Beratung so ein. im neuen Gebäude gebeten. Nach diesen Formalien und der damit festgestellten Ta- Zurück zur Tagesordnung zu TOP 22 - Fragestunde: Es gesordnung komme ich zum Aufruf des angekündigten kommen folgende Mündliche Anfragen hinzu, nämlich die Tagesordnungspunkts 1 Drucksachen 3/3358 und 3/3362. Regierungserklärung des Darüber hinaus hat die Landesregierung angekündigt, zu Ministerpräsidenten dem Tagesordnungspunkt 18 b von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Ich darf Sie, Herr Ministerpräsident Dr. Vogel, bitten, Gebrauch zu machen. dies zu tun.

So weit die von mir zu gebenden Hinweise. Ich sehe aber Meldungen aus dem Plenum. Herr Stauch für die CDU- Fraktion. 7482 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Dr. Vogel, Ministerpräsident: len auch, dass wir in Zukunft erreichen, was noch nicht erreicht ist. Sie haben seit der friedlichen Revolution Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Da- Großartiges geleistet und es verdient, dass wir heute kei- men und Herren, Sorge tragen für Thüringen. Am 5. Fe- nen Vergleich zu scheuen brauchen und in vielen Berei- bruar 1992, um die Mittagszeit, gab der damalige Land- chen besser dastehen als andere. Nirgendwo in den jun- tagspräsident Dr. Gottfried Müller das Ergebnis der Wahl gen Ländern gibt es mehr ehrenamtlich engagierte Mit- zum Ministerpräsidenten bekannt: Schuchardt - 27 Stim- bürger als bei uns in Thüringen. Und es ist erfreulicher- men, Vogel - 50 Stimmen. Auf dem kurzen Weg durch den weise selbstverständlich geworden, über das eigene Land Mittelgang, den es damals hier noch gab, von der hinters- hinauszublicken. Das Land, die Kommunen, die Schulen ten Stuhlreihe wurde mir binnen Sekunden schlagartig und Hochschulen, die Kirchen, viele Vereine und Verbän- bewusst, was mir da bevorstand. Fast wäre ich wieder de unterhalten internationale Kontakte und Freundschaf- umgekehrt. Ich bin das nicht, sondern bin, hier nach der ten und pflegen den gegenseitigen Austausch. Ich grüße Vereidigung, zu einer ganz kurzen Erklärung an das Pult alle Partnerregionen, von Kleinpolen bis Kambodscha, der getreten und habe gesagt, ich weiß, dass mir eine große Kontakt zu ihnen war mir ein Herzensanliegen und ich Verantwortung auferlegt ist, diese Verantwortung ist kein bitte Sie und ich bitte die neue Regierung, auf diesem Weg Anspruch, sondern diese Verantwortung wird ein Dienst fortzufahren. sein. Heute - auf den Tag genau elf Jahre und vier Mo- nate später - verlasse ich diesen Platz. Ich werde am Ende Es gab schwere Stunden, die bestanden werden mussten: dieses Redebeitrags Frau Landtagspräsidentin mein Rück- Bischofferode 1993, der Anschlag auf die Erfurter Synago- trittsschreiben überreichen und mein Amt als Minister- ge am Gründonnerstag 2000 und vor allem der 26. April präsident in die Hand des Landtags zurückgeben. Mein 2002 - das Blutbad am Gutenberg-Gymnasium hier in Platz wird bis zum Ende der Legislaturperiode in den Rei- Erfurt. Ja, es gab schwere Stunden, aber es gab auch un- hen meiner Fraktion sein. Nach Artikel 75 Abs. 2 unse- leugbare Erfolge: Die Verabschiedung der Landesverfas- rer Landesverfassung endet mit meinem Rücktritt auch sung und ihre Bestätigung durch die große Mehrheit der die Amtszeit aller Kabinettsmitglieder. Ich habe deswe- Bevölkerung, die kommunale Gebietsreform, zügig und gen den Damen und Herren vorhin ihre Urkunde ausge- effektiv oder die Entwicklung Jenas zu der Region in händigt und sie gebeten, die Geschäfte bis zum Amtsan- Deutschland, deren technologische Leistungsfähigkeit tritt der Nachfolger fortzuführen. die größten Fortschritte macht.

Meine Damen und Herren, ich möchte heute, wie ange- Unternehmen von Weltruf haben sich in Thüringen kündigt, eine knappe Bilanz ziehen und sagen, wie ich angesiedelt, General Motors, Fujitsu-Siemens, Daimler- mir die Zukunft unseres Landes vorstelle. Das wird kurz Crysler, um drei Beispiele zu nennen. Wir können mit und in wenigen Stichworten und anhand von Beispielen Fug und Recht sagen, Thüringen ist wieder ein Automo- geschehen. Meine Arbeit zu beurteilen, steht mir nicht zu, billand geworden. das bleibt anderen vorbehalten. Ich habe versucht, dem Eid gerecht zu werden, den ich im Februar 1992 und dann Der Ausbau der Verkehrswege, rund 220 Autobahnkilo- erneut 1994 und 1999 geschworen habe. Ich bin gekom- meter sind neu gebaut oder ausgebaut worden. Etwa die men, weil ich gerufen wurde, ich wollte helfen; ich habe Hälfte der Landstraßen und 80 Prozent der Bundesstra- versucht, nach Kräften diesem Land zu dienen und meine ßen sind saniert. Wo beim Fernstraßenbau noch Lücken Pflicht zu tun. Wo mir das gelungen ist, bin ich dankbar, zu schließen sind, steht die Vollendung kurz bevor oder wo mir der Mut oder die Kraft oder die Einsicht fehlten, der Baubeginn ist absehbar. bitte ich um Entschuldigung. Ich war nie der Meinung, dass ich es besser wüsste. Ich wollte auf die Menschen Der Bau des größten Wasserkraftwerks in Deutschland zugehen und mithelfen, das Vertrauen in die eigene Kraft bei Goldisthal ist gelungen. Im Wismutgebiet sind buch- wieder herzustellen. 52 Kreisbereisungen, Hunderte von stäblich Berge versetzt worden und die Qualität von Luft Betriebsbesuchen, 600 Kilometer Fußweg durch das Land und Wasser ist eine völlig andere. Im Februar 1992 konnte sollten unter anderem dazu beitragen. man vom Hochhaus hier nebenan noch nicht auf die Stadt schauen. Jetzt ist der Blick wieder klar. Wenn wir heute in einem anderen Thüringen leben als vor 13 Jahren, als das Land wieder entstand, dann ist das zu- Der Nationalpark Hainich, die Wiedergründung der Univer- allererst das Verdienst der Bürgerinnen und Bürger des sität Erfurt, die Gründung der Fachhochschule Nord- Freistaats Thüringen. hausen und der Berufsakademie, die Errichtung von drei Max-Planck-Instituten, die Ansiedlung des Bundesarbeits- (Beifall bei der CDU, SPD) gerichts und der Bundesanstalt für Wasserbau, der Kin- derkanal in Erfurt, die Neukonzeption der Gedenkstätte Sie haben mit ungeheurem Mut und großem Fleiß Hand Buchenwald, die Stiftung Ettersberg, unser Engagement angelegt. Sie haben die Chance der wiedergewonnenen für die Zwangsausgesiedelten und für die Rehabilitie- Freiheit genutzt und sich durch alle Widrigkeiten nicht rung von SED-Opfern, die Kulturstadt Weimar 1999, der entmutigen lassen. Sie haben viel erreicht, aber sie wol- Neubau des Goethe-Museums, die Sanierung und Erwei- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7483 terung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, die Reno- (Beifall bei der CDU) vierung des neuen Museums, der Thüringentag, die über- durchschnittliche und überdurchschnittlich erfolgreiche Sollen wir Polizisten entlassen? Nein, ich halte es für rich- Förderung des Breiten- und Spitzensports, der Bürgerbe- tig, mehr grün auf die Straßen zu bringen. Im Übrigen, auftragte, vor ein paar Monaten die Errichtung der Stabs- meine Damen und Herren, darf man nicht Äpfel mit Bir- stelle Verwaltungsvereinfachung, das Landeserziehungs- nen vergleichen. Anders als in anderen Ländern stehen geld, das sind nur ein paar Beispiele, warum ich sage, es bei uns die Hortnerinnen im Sold des Landes und des- gab unleugbare Erfolge. wegen haben wir selbstverständlich mehr Personal auf der Zahlliste des Landes als Länder, die nicht die Träger- (Beifall bei der CDU) schaft für die Hortnerinnen beim Land haben.

Am schwierigsten war der Umbau der Wirtschaft. Er verlief Wir haben Schulden gemacht, hohe Schulden - nicht die in der Tat nicht ohne Schmerzen und Rückschläge. Aber höchsten, die sind in Sachsen-Anhalt und in Brandenburg auch hier ist Thüringen zu neuem Leben erwacht und ein gemacht worden. Bei der Schuldenlast liegen wir insge- modernes Land geworden. Nicht mehr volkseigene, über- samt in Deutschland auf Platz 9 und, meine Damen und dimensionierte und uneffektive Kombinate prägen die Wirt- Herren, ich bekenne mich zu unseren Schulden, weil sie schaftslandschaft, sondern eine vielfältige, mittelständisch eine der Voraussetzungen dafür waren, dass unsere Ar- strukturierte Unternehmensstruktur und das Handwerk. beitslosigkeit niedriger ist als die in allen jungen Län- 1990 war die Ausgangslage für uns in den neuen Ländern dern. Ich bekenne mich dazu, weil sie eine der Voraus- für alle gleich. Heute haben wir uns in vielen Bereichen setzungen dafür waren, dass wir eine Forschungsland- einen beachtlichen Vorsprung erarbeitet. Wir haben die schaft in Thüringen entwickelt haben und auch eine Vor- niedrigste Arbeitslosenquote unter den jungen Ländern. aussetzung dafür, dass wir den Thüringer Weg einer be- Die verarbeitende Industrie weist im Gegensatz zum Bun- tont familienfreundlichen Politik gegangen sind. destrend einen hohen Zuwachs aus. Wir können davon ausgehen, dass das produzierende Gewerbe weiter wächst. (Beifall bei der CDU) Unser Export entwickelt sich positiv. Die Zahl der Be- schäftigten im verarbeitenden Gewerbe wächst, während Als die Luft eisenhaltig wurde, als die Konsequenzen aus sie bundesweit leider zurückgeht. Das Interesse namhaf- den katastrophalen Einnahmeausfällen zu ziehen waren, ter Investoren ist groß, größer als unsere finanziellen Mög- haben wir Kurs gehalten. Wir sparen und gestalten und die lichkeiten, alle Vorhaben zu fördern. Prioritäten gelten weiter: Jugend, Kernbereich von Wissen- schaft und Forschung, Kommunen, innere Sicherheit, Thea- Die gute Nachricht, dass Brüssel unserem Förderkonzept terlandschaft. Ja, am Anfang war das Telefonieren schwie- für die Ansiedlung von Merck in Jena zustimmt und die riger als das Regieren. Heute ist das Finanzieren schwie- gute Nachricht, dass für die Edscha-Gruppe, die bei Arn- riger als das Bilanzieren, meine Damen und Herren. stadt ein Investitionsvolumen von 275 Mio. ¼ SODQW XQG bis zu 1.100 Arbeitsplätze schaffen will, dass dafür die Natürlich danke ich am heutigen Tag den Wählerinnen vertiefte Prüfung der Beihilfe eingeleitet worden ist. Diese und Wählern auch dafür, dass sie mir im wachsenden Maße guten Nachrichten kamen an dem Tag, an dem Minister Vertrauen geschenkt haben. Und ich danke dem Land- Schuster mitgeteilt hat, so wie er mit mir gekommen ist, tag. Die parlamentarische Demokratie hat sich bewährt. so werde er mit mir gehen. Das ist Zufall, aber es passt Aus allen Wahlen sind stabile Mehrheiten und stabile Re- zum erfolgreichen Wirken dieses Wirtschaftsministers und gierungen hervorgegangen und die demokratischen Par- dieses treuen Weggefährten. teien haben die Fähigkeit zur Zusammenarbeit immer wieder unter Beweis gestellt. Koalitionen waren nicht im- (Beifall bei der CDU) mer geliebt, aber sie haben dennoch erfolgreich gearbeitet.

Aber, meine Damen und Herren, die Strukturkrise der Bau- (Beifall bei der CDU) wirtschaft, die sich noch einmal beschleunigt hat und der unvermeidbare Personalabbau im öffentlichen Sektor wir- Deswegen danke ich allen Kolleginnen und Kollegen im ken sich insgesamt stärker aus als die Zuwächse in der Landtag dieser und der vorausgegangenen Legislaturpe- Industrie und beeinflussen selbstverständlich die Gesamt- rioden und ich bekunde der Opposition gegenüber Respekt. bilanz. Wir mussten Personal abbauen. Dass unsere Per- Auch wenn mir die Wähler diese Rolle weder in Rhein- sonalausgaben trotzdem hoch sind, liegt daran, dass wir land-Pfalz noch in Thüringen je übertragen haben, ich in Thüringen mehr Lehrer und mehr Polizisten als in an- weiß, Opposition hat es nicht leicht. Ich habe immer ver- deren Ländern haben. Und ich frage, sollen wir Lehrer sucht, die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass der ande- entlassen? Nein, meine Damen und Herren, ich verteidige re auch Recht haben könnte, meine Damen und Herren. es, dass wir eine Einstellungsquote für junge Lehrer ha- ben und dafür sorgen, dass auch junge Lehrer im Lande Ganz besonders danke ich den Kolleginnen und Kollegen, tätig werden können. die meine Regierung getragen haben. Das ist ja auch keine leichte Aufgabe, wenn man zum Beispiel einen Haushalt 7484 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 verabschieden muss, der einem überhaupt nicht schmeckt rungserklärung dieser 3. Legislaturperiode gegeben haben, und der in der Tat eine Zumutung darstellt. Deswegen ist nahezu vollständig eingelöst. Ich verweise unter an- danke ich für die 1. Legislaturperiode der CDU- und FDP- derem auf die Zwischenbilanz, die ich im März 2002 Fraktion, den Fraktionsvorsitzenden Schwäblein und vorgelegt habe. Aber damit ist die Arbeit nicht getan, bei Kniepert und den Mitgliedern des damaligen Kabinetts, Gott nicht. Es bleiben große Aufgaben; noch längst nicht insbesondere meinem ersten Stellvertreter, Herrn Kolle- alle Schäden der deutschen Teilung und alle Folgen des gen Fickel. sozialistischen Systems sind beseitigt. Thüringen ist wie- der erstanden; es ist kein ostdeutsches Land mehr. Es hat Ich danke für die 2. Legislaturperiode den Fraktionen von zur eigenen Identität gefunden, auch wenn es noch nicht CDU und SPD, Herrn Schwäblein für die erste Zeit und den ihm gebührenden Platz unter allen deutschen Län- insbesondere Herrn Köckert und Herrn Lippmann und dern einnimmt. Und dass das geschieht, bleibt das Ziel. den Mitgliedern meines damaligen Kabinetts, insbeson- Unser Dank an Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz, die dere meinem damaligen Stellvertreter, Herrn Kollegen uns von der ersten Stunde an besonders beigestanden ha- Schuchardt. ben, bleibt lebendig, aber der Dank gilt allen alten Län- dern, die, wenn auch nach harten Verhandlungen, die So- Und ich danke in der 3. Legislaturperiode der CDU-Frak- lidarpakte I und II mitgetragen haben. tion und dem Vorsitzenden Dieter Althaus und in der Re- gierung meinem Stellvertreter Andreas Trautvetter. Auch (Beifall bei der CDU, SPD) absolute Mehrheit will gelernt sein; ich hoffe, wir haben sie inzwischen gelernt. Die Leistung des Kabinetts, das Da die Scheinwerfer so ausgerichtet sind, dass wir gesehen ich bis gestern geleitet habe, steht für mich außer Frage. werden, aber wir die Tribüne nicht sehen können, weiß Zeigen Sie mir ein deutsches Kabinett, das über lange ich nicht, ob Herr Kollege Koch schon eingetroffen ist. Jahre besser und erfolgreicher zusammengearbeitet hat Jedenfalls möchte ich ihm stellvertretend für alle Minis- und mehr erreicht hat. Ich bedanke mich bei jedem Ein- terpräsidenten, die uns geholfen haben, gerade, weil er zelnen für gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit, zum heute anwesend ist, besonders herzlich danken. Teil über mehr als 11 Jahre. Meine besonderen Wünsche gelten den Kollegen, die dem neuen Kabinett nicht ange- (Beifall bei der CDU) hören werden. Aus Nachbarn, unerreichbar im nichtsozialistischen Aus- Insgesamt, meine Damen und Herren, danke ich den 24 land, sind in den letzten 13 Jahren Freunde und Partner Mitgliedern meiner drei Kabinette, die alle ihr Bestes zu geworden - die Bayern, zumal die Franken, die Hessen, die geben bereit waren. Niedersachsen. Unsere Initiative Mitteldeutschland ist er- freulicherweise allenthalben auf gute Resonanz gestoßen. (Beifall bei der CDU) Zusammenlegen der Länder - nein. Thüringen bleibt Thü- ringen, meine Damen und Herren. Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Landesregierung und den nachgeordneten Behörden. Ja, (Beifall bei der CDU, SPD) ich weiß, es ist üblich und auch nicht immer unberech- tigt, an der Verwaltung und an der Bürokratie Kritik zu Aber, enge Zusammenarbeit nicht nur um Geld zu spa- üben und so zu tun, als befände sich die Mehrheit in den ren, sondern auch um effektiver und attraktiver zu wer- Spitzenämtern der B-Besoldung. Aber wer mit ihnen über den - ja, enge Zusammenarbeit zwischen den drei mittel- ein Jahrzehnt zusammengearbeitet hat, weiß, dass es be- deutschen Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thü- rechtigt ist, sich bei den Mitarbeiterinnen und Mitar- ringen. beitern herzlich zu bedanken, insbesondere bei denen in der Staatskanzlei, die es nicht immer leicht mit mir hat- (Beifall bei der CDU; Abg. Bechthum, ten. Ich habe viel verlangt, aber weil sie diesem Land die- Abg. Höhn, SPD) nen wollten, haben sie Großartiges geleistet. Dass man- che mich gern ziehen sehen, um endlich einmal ausschla- Meine Damen und Herren, was dem Land wirklich fehlt, fen zu können, wie ich in einer Zeitung gelesen habe, sind Arbeitsplätze. 209.000 Arbeitslose im Mai dieses Jah- stimmt nicht. Herzlichen Dank meinen Mitarbeiterinnen res - 16,7 Prozent, das ist unerträglich und das darf nicht so und Mitarbeitern! bleiben. Vor allem darf es nicht noch schlimmer werden. Es fehlt auch in Thüringen nicht an Arbeit, aber weil die (Beifall bei der CDU) Lohnzusatzkosten zu hoch sind, ist sie zu teuer. Den Arbeitnehmern bleibt zu wenig und die Kosten für die Meine Damen und Herren, ich gehe jetzt, weil ich der Unternehmen sind zu hoch. Wir Deutsche sind nicht kon- Überzeugung bin, jetzt können meine Freunde es selbst. kurrenzfähig in Europa und wir nehmen hin, dass immer Es ist eine Mannschaft herangewachsen, die es selber kann, mehr Schwarzarbeit geleistet wird - der beste Beleg da- und vier Fünftel der Wahlperiode sind vorüber. Die Zu- für, es fehlt nicht an Arbeit. Dagegen muss jetzt endlich sage, die wir, und insbesondere ich, in der ersten Regie- etwas geschehen, und zwar sofort. Wenn jetzt nichts ge- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7485 schieht, geschieht etwas, und zwar etwas Negatives, und Wir müssen die Schwierigkeiten beim Thema Wasser/Ab- darum muss etwas geschehen. wasser in den Griff bekommen. Viele Zweckverbände ar- beiten ordentlich, aber es gibt auch schwarze Schafe, die (Beifall bei der CDU) unvertretbar hohe Beiträge gefordert haben. Die Thürin- ger Wasser- und Abwasser GmbH ist gegründet, um die- Die wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Krise, die Krise ses Ärgernis zu beseitigen. Sie soll sich der Problem- der sozialen Sicherungssysteme, darf sich nicht zu einer fälle annehmen und wo nötig muss hart durchgegriffen umfassenden innenpolitischen Krise ausweiten. Deswe- werden. gen muss die Stagnation überwunden werden und des- wegen darf die Stagnation nicht zur Rezession oder gar (Beifall bei der CDU; Abg. Bechthum, zur Deflation führen. Ich selber orientiere mich am Leit- Abg. Gentzel, SPD) bild der sozialen Marktwirtschaft: weniger Staat, mehr Eigenverantwortung. Meine Damen und Herren, wir müssen Investitionen in Bildung und Forschung Priorität einräumen. Ausgaben (Beifall bei der CDU) für Bildung und Ausbildung sind Zukunftsinvestitionen. Was die Schule betrifft: Wir haben bei PISA gut abge- Die Agenda 2010 kann ein Anfang werden, zumindest der schnitten, aber ein guter Platz bei PISA reicht nicht, mei- Anfang vom Anfang. Durchgreifende Maßnahmen sind ne Damen und Herren. Unsere Hochschulen belegen bei notwendig und Thüringen sollte bereit sein, an ihnen nach allen Rankings Spitzenpositionen, wir haben die meis- Kräften mitzuarbeiten. In den jungen Ländern allerdings ten Patentanmeldungen unter den jungen Ländern, aber muss mehr geschehen als in den alten. Ich hoffe, dass das muss für die Zukunft so bleiben. Wir haben ein flä- mein Sonderprogramm Ost nicht in Vergessenheit gerät, chendeckendes Netz von Forschungs- und Kompetenzzent- und zwar so lange nicht, bis es umgesetzt ist. ren, die Wissenschaft und Anwendung miteinander ver- zahnen und jungen Unternehmern den Start erleichtern. (Beifall bei der CDU) Hinzu kommen das Mediengründerzentrum in Erfurt, das Zentrum für intelligentes Bauen in Weimar, ein Anwen- Die Rahmenbedingungen für Investitionen dürfen sich dungszentrum für Kunststofftechnik in Ostthüringen, ein nicht verschlechtern. Was Herr Kommissar Barnier sich Zentrum für Mikro- und Nanotechnologie in Ilmenau und zum Ziel gesetzt hat, eine Strukturförderung nach 2006, ein Kompetenzzentrum für Strom- und Flächenmana- die sehr nahe am jetzigen Fördervolumen liegt, muss bei gement an der Fachhochschule Nordhausen. Für Erfurt den alten Ländern und beim Bund durchgesetzt werden und Weimar sind die konzeptionellen Vorabeiten so gut und vor allem die europäischen Förderbedingungen dür- wie abgeschlossen. fen sich nicht verschlechtern. Was wir aus eigener Kraft tun können, muss natürlich geschehen. Dazu gehört so Meine Damen und Herren, die Bevölkerung wird in Thü- viel Flexibilität wie möglich, im Tarifrecht und bei den För- ringen, wie im ganzen Bundesgebiet, in den nächsten Jah- derprogrammen. Dass unsere Erwerbstätigenquote über der ren stark abnehmen. Leider ist es aber in der Tat schwierig, Erwerbstätigenquote von Hamburg und Schleswig-Hol- in Deutschland eine wirkliche Debatte über die demogra- stein liegt, ist ein gutes Zeichen. Dass unser Lohnniveau phische Entwicklung und die Folgen dieser Entwicklung zu noch niedriger ist als anderswo ist ein zeitlich befristeter führen. Die Abwanderung ist dabei nur ein Teil unserer Wettbewerbsvorteil, den wir, so lange er noch besteht, aus- Sorgen und erfreulicherweise stehen inzwischen wach- nützen sollten. Aber auch der Ausbau der Verkehrsinfra- sende Zuwanderungsquoten aus den anderen deutschen struktur ist notwendig. Halten Sie bitte am Ausbau der Ländern zur Debatte. Entscheidend ist, meine Damen und ICE-Strecke und am Ausbau der Mitte-Deutschland-Ver- Herren, dass jedes Jahr mehr Menschen sterben als geboren bindung fest, werden. Drei Viertel des Bevölkerungsrückgangs in Thü- ringen ist darauf zurückzuführen. Bis 2020 müssen wir die (Beifall bei der CDU) Entwicklung akzeptieren. Wir müssen akzeptieren, dass wir in diesem Jahr 2003 36.000 Schulabgänger haben, aber die Mitte-Deutschland-Verbindung nicht zuletzt im Hin- 2010 nur noch 15.000. An dieser Zahl ist nichts mehr zu blick auf die BUGA 2007 in Gera. ändern. Die Vorausberechnungen für 2050 dagegen bin ich nicht bereit zu akzeptieren. Ich glaube nicht, dass Thü- (Beifall Abg. Kölbel, CDU) ringen 2050 nur noch 1,7 Mio. statt heute 2,4 Mio. Ein- wohner haben wird. Solche Vorhersagen haben in der Seit Monaten wird uns die Finanzierungsvereinbarung für Vergangenheit nie gestimmt und sie werden auch dies- den ICE versprochen, es gibt sie immer noch nicht. Wir mal nicht stimmen. müssen die Einlösung deswegen immer wieder fordern, die verbindlich gegebenen Versprechen anmahnen, jede (Beifall bei der CDU) Woche aufs Neue. Erfreulicherweise, meine Damen und Herren, erlaubt sich (Beifall bei der CDU) die Wirklichkeit, sich anders zu verhalten, als es statis- 7486 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 tisch über eine zu lange Zeit vorausberechnet wird, schon freiheitliche Selbstbewusstsein, das die Thüringerinnen und deswegen, weil man die Wirklichkeit beeinflussen kann, Thüringer aus der bitteren Lehre der Geschichte gewon- beispielsweise durch eine gute Familienpolitik. Eine gute nen haben, ist auch eine Voraussetzung für den weiteren Familienpolitik wird für 2050 andere Zahlen ausweisen, wirtschaftlichen Aufbau. Ein Selbstbewusstsein, das den als die, die in der Fortschreibung heute angegeben werden. Menschen Zuversicht gibt, auch die noch vor uns liegenden Schwierigkeiten zu bewältigen. Die Liberalitas Thuringiae Meine Damen und Herren, Thüringen braucht den Ver- ist ein kostbares Gut, das es zu stärken und zu mehren gilt. gleich mit den alten Ländern nicht zu scheuen. Meine Damen und Herren, ich gebe mich keiner Täu- (Beifall bei der CDU) schung hin und wir sollten uns alle keiner Täuschung hingeben, die kommenden Jahre werden nicht einfacher Eine große Mehrheit unserer Mitbürger stimmt dieser sein. Sie werden allen Beteiligten viel abverlangen und Aussage zu. Dass sich ein starkes Landesbewusstsein ent- sie werden nicht leichter werden als die Jahre, die hinter wickelt hat, ist alltägliche Erfahrung, aber sie lässt sich uns liegen. Aber ich bin aufgrund der Jahre, die hinter auch durch Umfrageergebnisse belegen. 46 Prozent der uns liegen, fest davon überzeugt, so wie wir die letzten Bevölkerung sehen sich zuerst als Thüringer, 28 Prozent Jahre gemeistert haben, werden die Thüringerinnen und zuerst als Deutsche und nur 15 Prozent als Ostdeutsche. Thüringer und werden Sie, meine Damen und Herren, Meine Damen und Herren, ein sehr gutes Ergebnis 13 auch die Zukunft meistern. "Alle große politische Aktion Jahre nach der Wiedervereinigung. besteht in dem Aussprechen dessen, was ist, und beginnt damit. Alle politische Kleingeisterei besteht in dem Ver- (Beifall bei der CDU) schweigen und Bemänteln dessen, was ist," sagt Ferdinand Lassalle. Wo er Recht hat, hat er Recht. Thüringen ist wieder selbstbewusst und weltoffen gewor- den. Die erste Regierungserklärung habe ich überschrie- (Beifall bei der CDU, SPD) ben "Thüringen - Deutschlands Mitte", meine 18. und letzte Regierungserklärung vor diesem Haus ergänze ich durch Meine Damen und Herren, meinen Freunden möchte ich den Wunsch für die Zukunft "Thüringen - Deutschlands zurufen: Stellt euch den Realitäten, sagt den Bürgern die starke Mitte, eine zukunftsträchtige Region im geeinten Wahrheit, nüchtern und ungeschminkt. Vor den Wahlen Europa". und nicht danach.

Seit Jahrhunderten hat Thüringen von seiner zentralen (Beifall bei der CDU) Lage profitiert. Menschen aus aller Welt haben sich hier niedergelassen und haben das Land geprägt und seit Jahr- Parteien müssen den Mut haben, den Wählern etwas zu- hunderten sind Menschen aus Thüringen in andere Län- zumuten. Parteien müssen die Zukunft zu ihrer Sache ma- der gegangen und haben dort sichtbare Spuren hinter- chen und nicht nur die Gegenwart. Aber Zukunft ist nicht lassen. Thüringens Zukunft liegt in der Mitte eines Euro- Besitzstandswahrung und Zukunft ist nicht Wohlstand auf pas, das nicht mehr durch Erbfeindschaften geprägt ist. Pump. Manchmal habe ich den Eindruck, wir hätten Ge- Die Erweiterung der Europäischen Union bringt sehr viel genwartsparteien und wir bräuchten Zukunftsparteien. In mehr Vor- als Nachteile. Von Polen, von dem ich hoffe, einer gegenwartsorientierten Gesellschaft ist es freilich dass in wenigen Stunden eine Zustimmung zum Beitritt nicht einfach, die Zukunft zum Thema zu machen. Trotz- gegeben wird von den polnischen Wählern, vom Balti- dem rufe ich meinen Freunden zu: Versucht es, wagt es, kum und von anderen mittel- und osteuropäischen Län- redet nicht nur über die Gegenwart, sondern redet über dern gehen positive Signale für unsere Wirtschaft aus. die Zukunft. Frau Birthler, Marianne Birthler, hat auf dem Es wirkt sich als Vorteil aus, dass wir den wirtschaftlichen ökumenischen Kirchentag gesagt: "Der Traum von der hei- Strukturwandel dieser Länder nachvollziehen können len Welt ist gefährlich. Zum Leben in Freiheit und Würde und dass wir Hilfestellung leisten können, dass wir - mit gehört, auf Wirklichkeit zu setzen statt auf Ideologie, und einem Wort - eine natürliche Brückenfunktion haben. auf Emanzipation statt auf Erlösung." Wer Politiker für Heilsbringer hält, ist Schuld daran, dass Politiker nicht Roman Herzog hat einmal gesagt: "Weimar sei Deutsch- erreichen, was ihre Aufgabe ist. Aufgabe der Politik ist land in nuce". Ich erlaube mir zu sagen, Thüringen ist die Kunst des Möglichen und nicht das Versprechen des Deutschland in nuce. Thüringen, das Land, in dem sich Unmöglichen, meine Damen und Herren. Kulturen begegnen und von dem immer wieder neue Im- pulse ausgehen, das Land der Kultur, nicht nur in seinen (Beifall bei der CDU, SPD) Zentren übrigens, sondern auch in den Regionen des Landes. Aber Thüringen steht auch für die Janusköpfig- Meine Damen und Herren, alles hat seine Zeit, so steht keit unserer Geschichte, für die Brüche unserer Geschichte, es schon im Alten Testament. Für jedes Geschehen gibt darum ist Dialogbereitschaft gefragt. Niemand wird ja es eine bestimmte Zeit, Zeit zum Niederreißen und zum wohl den unmittelbaren Zusammenhang zwischen kul- Aufbauen, Zeit zum Streiten und zum Frieden, Zeit zum tureller und wirtschaftlicher Entwicklung leugnen. Das Pflanzen und zum Ernten. Für mich ist der Zeitpunkt Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7487 gekommen, mich als Ministerpräsident zu verabschieden. Ich darf damit jetzt die Aussprache eröffnen, und als Erstem Ich bin dankbar für mehr als elf Jahre. Als ich kam, konnte dem Vorsitzenden der PDS-Fraktion, Herrn Bodo Rame- ich nur ahnen, worauf ich mich eingelassen habe. Heute low, das Wort geben. weiß ich es und heute bin ich voller Zuversicht für die Zukunft. Meine Damen und Herren, ich bin stolz auf Abgeordneter Ramelow, PDS: Thüringen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter (Beifall bei der CDU) Herr Ministerpräsident, die PDS-Fraktion hat sich erlaubt Ihnen 21 rote Nelken zu überreichen. 21 Abgeordnete Präsidentin Lieberknecht: sind wir und auch wir wollen unseren Respekt zollen. Die rote Nelke ist das Zeichen der Arbeiterbewegung aus der Vielen Dank, Herr Ministerpräsident Dr. Vogel, für diese Zeit des Sozialistengesetzes. Es war die Blume, die am Regierungserklärung und das eben überreichte Rücktritts- Revers getragen worden ist in einer Zeit, als es verboten schreiben. Ich will dessen Inhalt dem hohen Haus nicht war in Deutschland für andere Gedanken einzutreten. Des- vorenthalten: wegen glauben wir, dass die rote Nelke geeignet ist, ein wenig mehr Farbe, ein wenig mehr Rot in schwarze Ge- "Sehr geehrte Frau Präsidentin, hiermit erkläre ich unter danken zu bringen. Bezugnahme auf Artikel 75 Abs. 1 Thüringer Verfassung und § 4 Thüringer Ministergesetz meinen Rücktritt vom (Heiterkeit bei der CDU, PDS) Amt des Thüringer Ministerpräsidenten mit Wirkung vom 5. Juni 2003. Ihnen und Ihren Vorgängern im Amt dan- Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Minis- ke ich für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit terpräsident, ein großer Thüringer musste mal in der Pfalz über viele Jahre hinweg. Mit freundlichen Grüßen Ihr Besuch machen. Sie - als Pfälzer kann ich gar nicht sa- ." gen, aber als Wahlpfälzer, und immer noch mit einem Bein in der Pfalz fest verankert - wissen, worauf ich an- Auch wenn wir vorher, Herr Dr. Vogel, diesen Ablauf ge- spiele. Martin Luther wurde nach Worms einbestellt und nau besprochen hatten, ist es doch ein bewegender Moment mit den Formulierungen möchte ich beginnen, denn ich jetzt dieses Schreiben in der Hand zu halten. Ich will der denke, die Opposition hat eine Rolle, die sie vom Wäh- Aussprache der Fraktionsvorsitzenden nicht vorweggrei- ler übertragen bekommen hat, Dinge darzustellen, Din- fen, deswegen an dieser Stelle nur ein ganz kurzer Dank ge zu werten, die nicht dem entsprechen, wie Sie oder die und Respekt auch von meiner Seite für Ihren Dienst für un- Mehrheitsfraktion es bewerten würden. Das ist die Rolle ser Land über diese elf Jahre. Als Präsidentin des Thürin- von Regierung und Opposition. Ich beginne also mit dem ger Landtags darf ich dabei ganz besonders Ihren ganz Hinweis auf Martin Luther, der im Reichstag zu Worms persönlichen, wirklich beispielgebenden und immer wie- gesagt hat: "Hier stehe ich und kann nicht anders." Auch der beeindruckenden Einsatz gerade zur politischen Kultur, mir als Oppositionsführer sei es gestattet zu sagen: Ich zur demokratischen Kultur in der noch jungen Demokratie kann nicht anders als eine Bilanz zu ziehen, die sich nicht unseres Landes hervorheben. Das ist für die Zukunfts- unbedingt mit dem deckt, was Sie in Ihrer Bilanz selber trächtigkeit und auch Stabilität unserer politischen Ord- gezogen haben. Ich beginne mit einer Bewertung, die ein nung gerade in schwierigen Zeiten nicht hoch genug zu anderer Adliger dieser Tage gemacht hat, das war der Po- würdigen. Sie haben eben erneut in einer für Sie und, ich litikprofessor Raban Graf von Westphalen, der die Art und denke, für uns alle sehr nahe gehenden Situation ein Bei- Weise des Übergangs, wie Sie Ihr Amt angekündigt ha- spiel dafür gegeben. ben zurückzugeben, mit dem Hinweis bewertet hat, dass dieser Vorgang gegen den Sinn des Artikels 48 der Thü- Ich möchte Ihnen als Präsidentin und auch im Namen des ringer Landesverfassung verstößt. Er fühle sich daran erin- hohen Hauses ganz herzlich und ganz ausdrücklich schon nert, dass es kein Übergang nach Wahlmandat oder Wahl- an dieser Stelle Dank sagen. aufforderung ist, sondern ein Übergang, der eher ein Rück- fall in den Feudalismus sei und mit der Beschäftigung (Beifall bei der CDU, SPD; Abg. Zimmer, und der Wiedereinführung der Pfründewirtschaft einher- PDS) geht. Ein Zitat von Politikprofessor Raban Graf von West- phalen, der große Kritik an der Art und Weise geübt und Gern hole ich jetzt als Präsidentin noch nach, was Herr den Hinweis gegeben hat, dass eine Einlassung, die Dieter Ministerpräsident Dr. Vogel bereits getan hat, nämlich den Althaus offenkundig in der Presse gemacht hat, nämlich hessischen Kollegen vom Thüringer Ministerpräsidenten, dass der Termin des Übergangs und die Inszenierung auf Herrn Ministerpräsidenten Koch, auf der Besuchertribü- dem CDU-Parteitag schon ein Jahr vorbesprochen war. ne zu begrüßen. Herzlich willkommen. Auch daran sieht Raban Graf von Westphalen einen scharf zu kritisierenden Vorgang, weil das mit Wahlauftrag nichts (Beifall bei der CDU, SPD) zu tun hat. 7488 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben den Satz zen, denn sonst hätte ich die Sätze nicht verstanden, wenn zitiert und geprägt, und der wurde in den letzten Tagen der ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende von Thürin- immer wiederholt: "Zuerst kommt das Land, dann die Par- gen bei seinem Abgang sagt "Gott schütze Thüringen". tei, dann die Person." Ihr langjähriger Kronprinz hat die- Denn er hat ja die Mehrheit der CDU nicht auf seiner Seite sen Satz immer wieder vorgetragen. Ich will schon sa- gehabt. 4.138 Tage, Herr Ministerpräsident, war Ihre Amts- gen, die Art des Übergangs ist eigentlich eine Missach- zeit, auf den Tag genau 4.138 Tage, vom 5. Februar 1992, tung Ihres selbst gewählten Credos, denn in diesem Fall das war der Tag des Amtseides, bis zum heutigen Tag. kam zuerst die Partei. Sie haben auf dem Parteitag ange- kündigt, dass Sie das Wahlmandat, das Ihnen die Bürger Ich darf Sie erinnern, Herr Dr. Vogel, am 5. Februar 1992 übertragen haben, innerhalb der CDU-Familie sozusagen standen vor diesem Landtag 3.000 demonstrierende Kon- vererben. Der Wähler kann sich dazu erst nächstes Jahr sumbeschäftigte. Während Ihres Amtseides gab es eine De- äußern. Zwischenzeitlich sind wir alle Teil des Schauspiels, monstration der noch 24.500 sozialversicherungspflichti- bei dem man das Gefühl hat, dass zurzeit das goldene gen Arbeitnehmer in den Konsumgenossenschaften aus Zeitalter von Thüringen beschrieben wird. Ich schließe Thüringen, die darauf hofften Hilfe zu bekommen, nicht mich also der Bemerkung von Raban Graf von West- Fördergelder, nicht Subventionen, sondern Hilfe und da- phalen an: Es hat den Anschein des Rückfalls in den rauf hofften ihren Arbeitsplatz zu erhalten, wenn sie ihre Feudalismus bei Wiedereinführung der Kleinstaaterei. Betriebe umschulden können, weil sie das vermaledeite Problem der volkseigenen Grundstücke, die unter den (Unruhe bei der CDU) Kaufhallen waren, nicht gelöst haben und nicht gelöst be- kommen haben. Die Repräsentanten dieser Demonstra- Herr Dr. Vogel, von einem Urgestein des Parlamentaris- tion haben nicht einmal eine Audienz bekommen. Gleich- mus ist der Satz geprägt worden "Gott schütze Rheinland- zeitig ist im Thüringer Einzelhandel die Notwendigkeit Pfalz". Von einem Nachahmungstäter, der wohl witzig sein eines Raumordnungsgesetzes nicht erlassen worden, so wollte, stammte die Adaption "Gott schütze Thüringen". wie es damals schon in Nordrhein-Westfalen bestanden Jeder weiß, von wem diese Sätze sind und unter welchen hat und in anderen westlichen Bundesländern gang und Umständen sie gesagt wurden. Es war immer am Schluss gäbe war. Die Baunutzungsverordnung der BRD wurde einer politischen Karriere, es war immer das Ende einer damit wirkungslos gemacht und wir haben die Einfüh- unfreiwilligen Beendigung. Ich frage mich, wenn ich die rung von Großsupermärkten in Thüringen, die sich wie Sätze auf mich wirken lassen, und ich frage mich das folgt kennzeichnet: Wir haben zu viel Quadratmeter Ver- bis heute, wovor soll Gott eigentlich Rheinland-Pfalz und kaufsfläche und zu wenig Kaufkraft der Bürger, so dass Thüringen schützen? die Konsumbeschäftigten arbeitslos geworden sind. Von den einstmals 24.500 sind heute noch 300 Menschen bei (Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Vor der Konsum in Lohn und Brot. Auch in den Einkaufszent- PDS!) ren, die in Ihrer Amtszeit entstanden sind, stehen heute mittlerweile eine ganze Anzahl leer, die neuen Hallen (Beifall bei der CDU) der neuen Marktwirtschaft, die weder sozial noch golden ist, sondern auch eine andere, eine dunkle Seite hat. Das zeigt mir das Staatsverständnis, das aus der Mitte des hohen Hauses gelebt wird. Meine Damen und Herren, Sie haben in Ihrer Regierungs- erklärung darauf hingewiesen, auch auf die Problematik (Beifall bei der PDS) der Veränderung in diesem Land. Ich möchte es wie folgt untersetzen: 1991 waren noch 2,572 Mio. Menschen Thü- Man beruft sich auf Gott, beschwört Gott, um Gott zur ringerinnen und Thüringer, im Jahre 2001, also zehn Jahre Hilfe anzurufen, dass der Wähler uns nicht wählt. später, waren es 2,4 Mio. Wir haben in Ihrer Amtszeit 161.000 Menschen in Thüringen weniger. Es sind eben (Heiterkeit im Haus) nicht nur die Menschen, die gestorben sind, es sind auch die Menschen, die keine Chance in diesem Land gese- Sie trauen nicht dem Wähler, sondern Sie gehen in die hen haben. Es sind die jungen Leute, die gegangen sind Kirche beten, und hoffen dann im Gebet inständig, dass und immer noch gehen. Es sind genau die fehlenden Zu- die Wählerinnen und Wähler nicht merken, dass manches kunftschancen in der Mitte Deutschlands, die dazu füh- der Bilanz gar nicht so golden ist und dass der Kaiser ren, dass wir die Abwanderung immer noch nicht gebro- möglicherweise gar keine Kleider anhat. Aber da sollten chen haben und durch die Zuwanderung möglicherweise Sie dann wirklich nicht auf Gott vertrauen, denn gestat- nur der Austausch von Eliten gefördert wird. ten Sie mir, es gibt nicht Ihren Gott, es gibt vielleicht im universellen Sinn einen Gott, und dann ist es auch mein (Beifall bei der PDS) Gott. Und dann sage ich, mein Gott, vor was sollst du Rheinland Pfalz und Thüringen schützen? Ich habe die Meine Damen und Herren, beim Thema Arbeitsplätze, ich Vermutung, vor der Wirtschaftspolitik und der Politik, Herr werde darauf noch einmal zurückkommen, weil ich das Dr. Vogel, die Sie zu verantworten hatten, sollte Gott schüt- an Ihren eigenen Regierungserklärungen und nicht an den Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7489

Forderungen der PDS messe und ich denke, an den Ta- Entwicklung ist und wo ich hoffe, dass Merck tatsächlich ten sollte man Sie messen, an den Taten, die Ihren eige- baut und es nicht nur wieder eine Ankündigung ist, wie nen Worten folgten. Da, Herr Dr. Vogel, nehme ich Ihre es schon so oft auf dem Güterverkehrszentrum in Erfurt, Regierungserklärungen, die Sie im Verlauf der Jahre ab- wo etwas angekündigt worden ist, wo Tausende Arbeits- geben haben. Noch im Jahr 1992 als Sie den Amtseid plätze schon entstanden wären, wenn sich die Ankündi- geschworen haben, hatten wir 906.000 sozialversiche- gungen alle bewahrheitet hätten. Aber auch in Boomtown rungspflichtige Arbeitnehmer in Thüringen, im Februar Jena haben wir nur 64 Industriearbeitsplätze und in dem 2003 sind es 743.000 Menschen, die in Lohn und Brot Grenzort Eisenach, und das gehört auch zur Wahrheit, stehen. Das sind 163.000 Arbeitsplätze weniger im Ver- offenkundig um den niedrigeren Lohn, von dem Sie ge- lauf Ihrer Amtszeit. Das sind umgerechnet geteilt durch sprochen haben, ausnutzen zu können, gibt es immerhin die Tage Ihrer Amtszeit täglich 40 Arbeitsplätze, die in 138 Industriearbeitsplätze pro 1.000 Einwohner. Das ist Thüringen verloren gegangen sind; täglich, einschließ- für Eisenach ein gutes Zeichen, aber für Gera ein sehr lich Samstag und Sonntag, einschließlich der wenigen Ta- schlechtes Zeichen. Gemessen also an Ihrer eigenen Regie- ge, an denen Sie im Urlaub waren. Sie waren ja immer rungserklärung haben Sie den Ausgleich in Thüringen nicht an Bord bis auf ganz wenige Tage, aber auch selbst in geschafft. den Tagen sind täglich 40 Arbeitsplätze verloren gegan- gen. Es stimmt auch nicht, dass der Trendwechsel jetzt Um auf eine andere Regierungserklärung einzugehen, eingetreten wäre, dass er in der letzen Zeit eingetreten wäre. wo Sie Ankündigungen gemacht haben, denen außer der Auch im letzten Amtsjahr 2002 sind 21.000 sozialversi- Ankündigung nichts gefolgt ist, am 7. Dezember 1994 cherungspflichtige Arbeitsplätze in Thüringen verloren haben Sie hier im hohen Haus angekündigt, 100.000 zu- gegangen. Das, meine Damen und Herren, sind die echten sätzliche Arbeitsplätze initiieren zu wollen und Sie haben Zahlen. Wenn Sie im Wahlkampf den Satz geprägt haben, angekündigt, dass die Arbeitslosenquote unter 10 Prozent top Thüringen, dann sage ich, das top Thüringen, von dem gesenkt werden soll. Tatsache ist, 163.000 Arbeitsplätze Sie gesprochen haben und von dem Sie immer die ande- sind in Thüringen bis heute verloren gegangen. Die sind re Seite nicht zeigen, ist das Thüringen der niedrigsten weg. Tatsache ist, wir haben 40 Arbeitsplätze täglich, die Löhne, ist das Thüringen der niedrigsten Kaufkraft und verloren gehen. Tatsache ist, auch im letzten Amtsjahr Ihrer ist das Thüringen mit der höchsten Pendlerzahl. Wenn Zeit sind 21.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Tat- unsere Menschen nicht so flexibel wären und in die Alt- sache ist, wir haben eine Arbeitslosenquote von 17,1 Pro- bundesländer täglich oder wöchentlich fahren würden, wä- zent. Das heißt, top Thüringen hat eine dunkle Seite und re das Problem der Massenarbeitslosigkeit bei uns un- ich sage an dieser Stelle, der Kaiser hat keine Kleider gleich höher. an, auch keine neuen.

Sie haben Recht, es gibt in Ihrer Amtszeit einen erfolgrei- Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Minis- chen Paradigmenwechsel, den wir nicht bestreiten wollen terpräsident Dr. Vogel, symbolisch wollten wir Ihnen und nicht bestreiten werden, das sind die Industriearbeits- als PDS-Fraktion einige Geschenke zum Abschied über- plätze. Wir haben mit 58 Industriearbeitsplätzen pro 1.000 geben. Symbolisch, Sie haben selber darauf verwiesen, Einwohner den höchsten Besatz an Industriearbeitsplät- symbolisch das bittere Salz von Bischofferode. Sie haben zen in ganz Ostdeutschland. Gemessen aber am Durch- selber davon gesprochen. "Die kalte Fratze des Kapitalis- schnitt der Bundesrepublik Deutschland sind das trotz- mus", das war der Satz, den Sie geprägt haben. Das ist ein dem nur 69 Prozent, d.h., der lange Weg, der noch vor Zitat von Bernhard Vogel, meine Damen und Herren. Auch uns liegt, ist unglaublich schwer und steinig. Wir sagen wenn Sie sich vielleicht nicht daran erinnern können in aber, gemessen an Ihrer eigenen Postulierung, die Sie in der mittleren Sitzreihe und aufstöhnen. Ich danke Ihnen der Regierungserklärung am 26.02.1992 hier vom Pult für diesen Satz. Die Kalikumpel von Bischofferode wür- verkündet haben, dass Sie sich es zu Eigen machen und den aber mehr danken, wenn aktive Politik gegen die Bun- als politischen Auftrag betrachten, dass die regionalen Un- desregierung gemacht worden wäre und die Grube heute terschiede in Thüringen, bezogen auf die Industriearbeits- noch produzieren würde, dann würde das Kali auf dem plätze, nicht auseinander dividieren sollen. Heute muss Weltmarkt abgesetzt werden zu den Preisen, die heute ich sagen, Herr Ministerpräsident, man hat das Gefühl, verdient werden, würde Bischofferode schwarze Zahlen dass die Regionen, die mit "A" anfangen und die von den schreiben und wir hätten einen florierenden Betrieb in Bürgern damals abgestimmt worden sind, dass sie in Thü- Thüringen mehr. ringen integriert werden, Altenburg und Artern, von die- sem Prozess ausgeschlossen, abgehängt worden sind. Denn, (Beifall bei der PDS) meine Damen und Herren, wenn ich es messe an der Ver- teilung der Industriearbeitsplätze im Freistaat Thüringen, Bei Ihrem letzten Wahlkampf, Herr Dr. Vogel, und das dann haben wir festzustellen, dass die ehemalige Industrie- nehme ich wirklich übel, gab es eine so genannte Vogel- stadt Gera, die einmal geprägt war von der Industrie, heute fluglinie, es gab ein Unterstützungsprogramm aus Suhl, nur noch 24 Industriearbeitsplätze pro 1.000 Einwohner die sich Ihrem Wahlkampftross angeschlossen haben. Das hat, während das von Ihnen gerade so beschworene Boom- hat den Namen Spatz und Sperber, Schwalbe - es sind town Jena, was wirklich ein Zentrum in Forschung und die Mopeds von Simson. Diese wurden auf Ihrer Wahl- 7490 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 kampftour gezeigt. Sie haben damals einer landeseige- Wo wir bei unangenehmen Erinnerungen sind, sei er- nen Gesellschaft gehört, diese Firma, das ist verschleiert wähnt, Ihre Regierung, Herr Dr. Vogel, Sie haben sich worden, alles ist später erst aufgeklärt worden. Das Er- bedankt für drei Legislaturperioden. In diesen Legisla- gebnis aber, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter turperioden waren Sie auch zuständig für die Personal- von Simson 1999 gewusst hätten, dass Sie für Ihren Wahl- politik. Sie waren immer der Strahlemann, das hat mich kampf diese Mopeds fahren und anschließend in der Ver- immer sehr beeindruckt. Sie haben es immer geschafft, antwortung Ihres Kabinetts gegen die Wand gefahren wer- nach außen für das Gute der Landesregierung und das den, dann hätten sie sich an der Wahlkampftour nicht be- Wohl der Bürger zu stehen. Da waren Sie ein Marken- teiligt. Ein Simson-Moped hätte ich Ihnen gern mit einem produkt von Thüringen, unter Marketinggesichtspunk- schwarzen Trauerflor überreicht. ten ein genialer Werbefeldzug, den Sie immer deutlich auch sehr persönlich repräsentiert haben. Für die Skandale Eine weitere Bemerkung, die ich mir überhaupt nicht er- waren Sie nie zuständig. Da gibt es einen eklatanten Wi- sparen kann: Eine CD aus Albrechts hätten wir Ihnen gern derspruch, an den ich wenigstens dann personifiziert er- mitgebracht. Denn dort ist uns ein ungenießbares Pilz- innern will. Da gab es einen Sozialminister Hans-Hen- Gericht eingekocht worden, ein Pilz-Gericht, das in Mühl- ning Axthelm, der vergessen hat - hausen immer noch vor Gericht Schlagzeilen macht, aber ein Pilz-Gericht, bei dem das einzigste Mal in Deutschland (Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Den ken- eine Staatskanzlei durchsucht wurde von LKA und BKA, nen Sie auch noch?) Beschlagnahmungen vorgenommen worden sind und die Akten, die eigentlich in das Wirtschaftsministerium ge- (Unruhe bei der CDU) hören, in der Staatskanzlei verschlossen lagen und bis heute ein Gezerre vor den Gerichten ist. Ein Arbeitsplatzsiche- da war ich schon hier, Herr Althaus, da war ich schon rungsprogramm für Polizei, für Juristen, für Staatsanwälte hier, Sie werden es nicht glauben, ich bin auch seit 1990 und für Rechtsvertreter. Dort wird Geld hineingegeben, um hier - seine Schmuddelhefte zu bezahlen und das Hunde- offenkundig keinen Ansehensverlust auf der noblen wei- shampoo auch ohne zu bezahlen mitgenommen hat. ßen Weste der Landesreigerung zu hinterlassen. Round about 300 Mio. DM sind in Albrechts verschwunden, ver- (Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Ich glaub', schollen auf Nimmerwiedersehen. Die Steuergelder, Herr er war im falschen Film.) Trautvetter, Sie können sich die Augen zuhalten und die Hände über den Kopf schlagen. 300 Mio. DM ... Da gibt es den Innenminister Willibald Böck. Bei dem will ich nur an eine einzige Affäre erinnern, deren Kerb- (Zwischenruf Trautvetter, Innenminister: holz ganz viele gibt, aber eine sei mir gestattet, die so Herr, schmeiß Hirn vom Himmel!) genannte Raststättenaffäre. Es gibt die erste Computeraf- färe, nicht die in der großen Koalition, die dann anschlie- Ja, Hirn hätte ich mir gewünscht in der Kontrolle durch ßend medial aufgeblasen worden ist. Es gibt die erste die Landesregierung. Sie, Herr Trautvetter, waren verant- Computeraffäre, die sich mit dem Finanzminister Klaus wortlich in der Staatskanzlei für die Kungelrunde, die Zeh verbindet, und es gibt den Justizminister Andreas TIP und TIF und all diese Machenschaften getrieben hat, Birkmann, der in der Staatsaktion, als die Staatskanzlei die CD Albrechts gegen den Rat der Wirtschaftsprüfer ge- durchsucht wurde, zu viel als Justizminister telefonierte kauft hat und anschließend mit der Verschleuderung des - wenigstens einmal zu viel telefonierte. Steuergelds einhergegangen ist. Da haben Sie sich ein Denkmal gemacht. (Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Sie haben keinen politischen Anstand.) (Beifall bei der PDS) (Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Machen Meine Damen und Herren, auch an das weiße Gold Thü- Sie so weiter?) ringen soll an dieser Stelle erinnert werden - symbolisch eine Vase von Graf Henneberg. Auch dort haben Sie, Natürlich mache ich weiter, das ist die Aufgabe der Herr Trautvetter, die Finger zutiefst drin gehabt. Wenn Opposition. die Thüringer Aufbaubank am Schluss Rechtsanwälte be- schäftigen muss, um sich mit der Thüringer Industriebe- (Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das muss teiligung auseinander zu setzen, also die Gesellschaft, die aber nicht sein.) von Steuergeldern gegründet worden ist und uns immer erzählt worden ist, die sei staatsfern, dann zeigt das den Die Opposition hat eine Bilanz zu ziehen. Zustand, dass Landesgesellschaften nur noch mit Juristen miteinander umgehen und unterm Strich in Größenord- (Beifall bei der PDS) nungen dabei die Opfer die Arbeitnehmer waren, die ihre Arbeitsplätze verloren haben. Gestatten Sie mir, dass ich auf das Zitat des Minister- präsidenten eingehe. Ferdinand Lassalle hat gesagt: Man Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7491 soll sagen, was ist, und nicht, wie man glaubt, sich die worten habe ich nie bekommen. Als ich mich bei Ihnen Welt zurechtmogeln zu können. beschwert habe, dass ich keine Antworten bekomme, habe ich auf diese Antwort nicht einmal eine Antwort bekom- (Heiterkeit und Beifall bei der PDS) men. Da sage ich, Herr Ministerpräsident - und das wur- de auch beim Verfassungsstreit vom Kollegen Schemmel Da gibt es einen Andreas Birkmann, der zu viel telefo- deutlich -: Fragen dürfen wir, die Antworten werden uns niert und in juristische Abläufe eingegriffen hat, was sich nur erteilt, wenn sie genehm sind und in das goldene Bild für einen Justizminister nicht gehört. Und es gibt einen passen. Innenminister, der sich eine CD zu viel hat brennen las- sen. Ich hoffe ja, es war ein Rohling von Pilz, dann wäre Wenn ich beim Persönlichen bin: In Gera haben Sie wenigstens Umsatz bei Pilz gesichert worden. Während über mich folgenden Satz geschrieben bzw. dem CDU- sich andere Menschen Musik auf CDs brennen lassen, Parteitag zur Kenntnis gegeben - Frau Präsidentin, ich war ein Innenminister so frei und hat sich vertrauliche zitiere: "Der andere ist in Thüringen nicht heimisch gewor- Unterlagen auf CD brennen lassen, die anschließend den - ein Mann von gestern, der seiner Jugendzeit als Klas- verschollen sind - verschollen im Nebel -, also Christian senkämpfer im Westen nachtrauert und dem die friedli- Köckert sei an dieser Stelle auch erwähnt. Kurz gesagt, che Revolution einen Strich durch seine sozialistische Ihr Kabinett "Pleiten, Pech und Pannen", zusammenge- Rechnung gemacht hat." fasst von Spaßbädern zu bienenfleißigen Honorarsamm- lerinnen, von Kungelrunden in der Staatskanzlei zu Haus- (Beifall bei der CDU) durchsuchungen in selbiger mit LKA und BKA, mit allen Folgen, die bis heute nicht ausgestanden sind. (Zwischenruf Abg. Stauch, CDU: Besser kann man's nicht sagen.) Sie selbst standen und stehen für gelebten Parlamenta- rismus. Das war gut und bleibt gut, aber ein zu souve- (Heiterkeit bei der CDU) ränes Parlament, Herr Dr. Vogel, das ist nicht Ihr Ding. Sie haben ja eben gesagt, Opposition haben Sie nie ler- Die mittlere Sitzreihe ist erfreut. Dazu nur zwei Erwide- nen müssen. Opposition ist aber Bestandteil parlamenta- rungen: Ich habe in Thüringen geheiratet und habe in rischer Demokratie. Opposition braucht Mitbeteiligung, Thüringen eine Familie gegründet. Ich habe meinen ers- Opposition braucht nicht nur das Engagement der Oppo- ten Wohnsitz nach Thüringen verlegt. Ich habe zwar nach sition selber, sondern auch parlamentarische Informatio- der Lex Schuster hier kandidiert, aber anschließend für nen. Ich erinnere an dieser Stelle, Frau Präsidentin, an die eine nächste Kandidatur mich entschieden, meine Wur- Drucksache 3/50 in dieser Legislatur, die unter dem Titel zeln in Thüringen endgültig einzuschlagen. "Weiterentwicklung und Stärkung des Föderalismus" stand. Darin verbirgt sich der Appell aller deutschen Landtags- (Beifall bei der PDS) präsidenten, die Oppositionen ernsthaft in Kontrolle ein- zubeziehen. Diese ernsthafte Umsetzung der Drucksache Ich habe meine Verwurzelung vollzogen, sagen jeden- 3/50 sind Sie diesem Parlament schuldig geblieben. Und falls meine Frau und mein Kind. Es mag Ihnen ja nicht Ihren Nachfolger, Herrn Althaus, erinnere ich schon da- passen, dass ich hier stehe, es mag ja sein, dass Sie gern ran und auf diesem Weg: Wir haben gemeinsam, Herr wieder mit Ausweisung arbeiten möchten, aber ich ... Gentzel, Sie und ich, in Lübeck im Konvent das Lübe- cker Abschlussdokument beschlossen. Lassen Sie uns, (Heiterkeit bei der CDU) wenn Sie in wenigen Minuten hier gewählt worden sein sollten, Sie daran erinnern, dass das, was Sie vorher als (Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Wieder, Fraktionsvorsitzender mit uns beschlossen haben, wir wieso wieder.) anschließend kommen, um mit Ihnen als Regierungs- chef, als Ministerpräsident über die Umsetzung des Lü- Ausgrenzung ist auch eine Form von Ausweisung. Herr becker Konvents zu sprechen. Dr. Vogel, Ausgrenzung, für sich reklamieren Hiesiger zu sein und anderen absprechen Hiesiger zu sein, das ist (Beifall bei der PDS) der Widerspruch. Herr Schwäblein sei erinnert, als Frak- tionsvorsitzender im Erfurter Stadtrat plädiert er gerade Herr Dr. Vogel, mir persönlich haben Sie einmal ins dafür, dass die Aufbauhelfer, die, die hier alle gut be- Stammbuch geschrieben, ich solle doch nicht so laut und zahlt sind, ihren ersten Wohnsitz endlich in Erfurt anmel- so frech und so viel im Internet über die Skandale des den sollen, weil ansonsten die Zweitwohnsitzsteuer ein- Landes öffentlich reden, das sei doch schlecht für das Land. geführt werden muss. Bitte appellieren Sie doch mal an Sie haben mir dann gesagt, ganz, ganz mit Vehemenz: Ihre eigenen Kolleginnen und Kollegen und Freunde, die Fragen Sie doch, Herr Abgeordneter, fragen Sie doch. Ich alle hier gute Posten gefunden haben, gut dotierte Jobs habe anschließend hier im Landtag gefragt, ich habe den in Thüringen eingenommen haben. Appellieren Sie doch Rat erfüllt, den Sie mir gegeben haben. Ich darf Ihnen mal daran, dass die ihren ersten Wohnsitz hier anmelden, heute an Ihrem letzten Amtstag in diesem Amt sagen: Ant- dann können wir darüber reden, wer heimisch geworden 7492 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 ist und wer nicht. Das war eine neben der Selbstbefreiung ...

(Beifall bei der PDS) (Unruhe bei der CDU)

Eine zweite Bemerkung will ich in dem Zusammenhang Meine Damen und Herren, ich rede von den angetrete- machen. Die friedliche Revolution hat mir keinen Strich nen Überlebenden, nicht von unserer Sicht auf die Din- durch meine sozialistischen Hoffnungen gemacht, ganz ge. Die Angetretenen dort auf dem Appellplatz noch leben- im Gegenteil. Mit dieser friedlichen Revolution habe ich den Buchenwaldhäftlinge haben eine andere Erinnerung erst angefangen, eine sozialistische Vision zu entwickeln, als die, die Ihnen hier verordnet werden soll.

(Heiterkeit bei der CDU) (Beifall bei der PDS) weil mit dem Ende ... Und wer sich als Überlebender an Selbstbefreiung erin- nert und sagt, wir haben unseren Teil dazu geleistet, dem (Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Das sollte man die Achtung und die Ehre nicht verweigern, war die Aussage des Tages.) auch wenn der Teil der Befreiung durch die amerikani- sche Armee der zentrale ist. Aber ohne das Engagement Ich habe an die rote Nelke am Anfang meiner Rede er- ganz vieler Buchenwaldhäftlinge wäre auch der demokra- innert. Es gab schon mal eine Zeit, in der man von So- tische Aufbruch nach 1945 in diesem Teil nicht gelun- zialismus nicht reden durfte. Das Ende des Staatssozia- gen. Dazu haben Buchenwaldler sehr viele Opfer auch lismus ist erst der Aufbruch, bei dem wir noch nicht wis- danach bringen müssen. sen, ob Kapitalismus am Ende das Ende der Geschichte ist. Die jetzige Form des Kapitalismus und der gelebte Eine zweite Bemerkung: Während Sie zu Recht die Re- Neoliberalismus ist eine Form, die uns in diesem Land habilitation ... nicht weiterbringt, weil sie Opfer produziert und immer mehr Menschen am Wegesrand liegen lässt. (Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Spezial- lager 2.) (Unruhe bei der CDU) Herr Althaus, es gab einige Monate unter der amerika- Insoweit bleibe ich dabei: Sie leben Ihre Werte, wir kri- nischen Zeit, in der hier sehr demokratisch antifaschis- tisieren Sie nicht für Ihre Werte, ob katholisch, ob christ- tisch in Kommunen Aufbauarbeit gemacht worden ist. lich-demokratisch, ob konservativ, aber als Christ, als Protestant, als Mensch mit immer noch sozialistischer (Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Unter der Vision erlaube ich mir, dass wir einen anderen Werte- amerikanischen Fahne.) kanon auch repräsentieren. Und beide gehören in diese Gesellschaft, Ihre, aber auch unsere, weil erst alles zu- Es gibt eine zweite Bemerkung: Während Sie sich enga- sammengenommen ein Ganzes gibt, dass es Alternati- gieren für die Rehabilitation der Opferbiographien der ven auch zu bestimmter Politik gibt. DDR, wo wir ausdrücklich Ja dazu sagen, gibt es etwas anderes, wo Sie sehr persönlich dagegen gekämpft und Meine Damen und Herren, ich möchte noch ein paar gestanden haben, das ist das Denkmal des unbekannten Bemerkungen über das konservative Wertesystem ma- Wehrmachtsdeserteurs auf dem Petersberg. Auch da sage chen; das möchte ich mir erlauben über das Geschichts- ich, bis zum heutigen Tag sind die Deserteure der faschisti- bild. Herr Dr. Vogel, wir achten Ihre Lebensleistung und schen Naziarmee nicht rehabilitiert worden. Auch dort Ihre Weltanschauung, aber oft genug haben Sie wissent- sollte man die Achtung und die Ehre akzeptieren und auch lich oder unbeabsichtigt Ansichten und Biographien ne- diesen Menschen die notwendige Würde zuteil werden giert oder gar angetastet. Dazu will ich zwei Beispiele lassen. sagen. Was wir sehr gut finden, ist, dass Sie im Kabinett die Vorbereitung zum 60. Jahrestag Buchenwald schon (Beifall bei der PDS) vorbereitet und selbst angeschoben haben. Wir hoffen, dass Ihr Nachfolger dieses konsequent weiter umsetzt. Eine letzte Betrachtung, die erwähnt sei. Das Frauenbild Aber ich erlaube mir daran zu erinnern, dass Sie am 50. möchte ich nur anreißen. Sie haben einmal den Satz ge- Jahrestag auf dem Appellplatz Buchenwald den Teil der prägt: Wenn die Frauen in Thüringen nicht eine solche Selbstbefreiung einfach weggelassen haben. Erwerbsneigung hätten - und in Ihrer Rede heute steht es andeutungsweise wieder drin -, wäre die Arbeitslosigkeit (Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Es gab so hoch wie in Rheinland-Pfalz. Warum, Herr Dr. Vogel, keine Selbstbefreiung.) ist das die Erwerbsneigung der Frauen? Wieso ist das ge- schlechtsspezifisch? Wieso machen Sie das geschlechts- spezifisch fest? Welches Bild verbirgt sich eigentlich dage- gen? Haben Frauen ein geringeres Recht, Erwerbsarbeit Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7493 nachzugehen? Luther war von Thüringen aus in Worms, Sie hätten es dann nicht mehr weit bis nach Speyer, Und eine zweite Bemerkung: (Zwischenruf Abg. Althaus, CDU) (Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Herr Ramelow, das ist wieder tendenziös.) aber Speyer liegt daneben.

Bei der Frage der Bundespräsidentenkandidatur geht ja (Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Das soll- der Satz um, dass die Konservativen nur dann eine Frau ten Sie sich mal merken.) präsentieren, wenn es keine Chance gibt. Also das böse Wort der Zählkandidatin. Sie haben Gelegenheit, in we- Ich wusste nicht, dass Worms und Speyer heute nicht nigen Wochen dafür zu sorgen, dass die Bundesrepublik mehr in Rheinland-Pfalz liegen. Deutschland auch eine Bundespräsidentin als ganz nor- mal gelebten Tatbestand haben kann. (Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Aber Sie haben gesagt, Worms liegt in der Pfalz.) (Beifall bei der PDS) Das stimmt, aber in Rheinland-Pfalz. Verzeihen Sie, wenn In einem Punkt unterscheiden wir uns ganz deutlich, das ich jetzt daran erinnere, dass Rheinland-Pfalz das ganze ist das Bild von der Bildung. Sie sind als Kultusminister Land ist, deswegen ist Rheinland-Pfalz auch das junge schon in Rheinland-Pfalz, daher kenne ich Sie seit mei- Land und wir das alte Land. Wir sind nämlich historisch nem 12. Lebensjahr, für eine Frühselektion. Sie sagen im- viel älter. mer fördern und unterstützen, aber gleichzeitig setzen Sie auf die frühe Selektion, also das gegliederte Schulsystem (Beifall bei der CDU) des 19. oder des frühen 20. Jahrhunderts war Ihr Credo und bleibt Ihr Credo. Wir sagen, wir setzen dagegen ganz Also einen wohlverdienten Ruhestand wünschen wir Ihnen. klar einen Bildungsbegriff, bei dem längeres gemeinsa- Nach so viel Engagement in und für Thüringen haben mes Lernen im Zentrum steht und bei dem zusammen ler- Sie sich viel Zeit in Speyer redlich verdient. Da warten nen und zusammen leben im Sozialverband der notwen- die Weinstuben, da wartet das Feuerbachhaus, da wartet dige Kitt ist, der junge Menschen auf dem Lebensweg in die "Schweizer Amsel" und der "Alte Engel". Ich sage, diese Gesellschaft begleitet. Wir haben da keine Hoffnung Herr Dr. Vogel, einfach ins "Altpörtel". Genießen Sie das mehr bei Ihnen, dass sich im Gedankenbau etwas verän- Altstadtfest und mit Ihnen kommt noch eine andere Le- dert. Wir hoffen aber, dass Herr Althaus einige neue Ak- gende nach Speyer in den nächsten Tagen oder Wochen, zente setzt, wenn es darum geht, dass Bildung auch anders das weiß ich nicht genau. Quasi eine Vogelfluglinie, die gelebt werden kann. sich zurzeit nach Speyer aufmacht, nämlich die große Legende der Concord. Die letzte fliegende Concord wird in (Beifall bei der PDS) Speyer aufgestellt, quasi zwei Vögel fliegen nach Speyer.

Den Hinweis auf den Austausch von Eliten habe ich ge- Eines ganz persönlich: Nächstes Jahr, wenn die Wähle- macht. Wenn man in Thüringen eine soziologische Um- rinnen und Wähler in Thüringen entschieden haben und frage starten würde, eine Untersuchung unter den Spitzen- wir als PDS unser Votum bekommen haben werden, so entscheidern, würde man wahrscheinlich feststellen, dass herum wie anders herum, eines verspreche ich, wenn in den Posten, die das Land vergeben hat, in der Verwal- wir so zulegen, wie wir es hoffen, tung, bei der Justiz oder bei den öffentlich-rechtlichen Stellen nicht nur ein Eldorado für vertraute Personen ent- (Heiterkeit bei der CDU) standen ist oder nahe stehende Personen, nein, ich wage die These, dass man folgende Kriterien am meisten wie- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nach der der finden wird: männlich, westdeutsch, konservativ. So Rede heute nicht.) ist eben auch in Ihrer Amtszeit das Land neu und wei- terentwickelt worden. das verspreche ich, weil es muss auch erlaubt sein,

Trotzdem, auch wenn wir eine andere Sicht auf Ihre (Unruhe bei der CDU) Amtszeit haben, habe ich zwei persönliche Wünsche am Schluss Ihrer Amtszeit, quasi als Wünsche mit auf den die Person zu kritisieren für die Amtszeit, für die Re- Weg. chenschaft abzulegen ist und über die wir unseren Rechen- schaftbericht abzulegen hatten und nicht den Schatten, Erstens, Herr Dr. Vogel, ich wünsche Ihnen wirklich von den er wirft durch die großen Scheinwerfer, die auf ein- ganzem Herzen einen wohlverdienten Ruhestand. mal eine Riesenperson zeigen. Wir haben es mit einem Menschen zu tun, Herr Dr. Vogel, als Mensch sagen wir (Heiterkeit bei der CDU) danke. Sollten wir es tatsächlich schaffen, ein erfolgrei- 7494 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 ches Ergebnis einzubringen, verspreche ich Ihnen ein (Zwischenruf aus der CDU-Fraktion) Sommerfest in Speyer. Wir werden die Gruppe Blues & Blödel von Speyer engagieren, damit es ein schönes Fest (Heiterkeit bei der CDU) in Speyer gibt. Das war nicht im Eichsfeld, das weiß ich. Die Frage ist, Meine Damen und Herren, ein weiterer Wunsch, den ich wo er den Satz gesagt hat. Ich dachte ... ganz persönlich habe: (Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Müntzer (Unruhe bei der CDU) war nie im Eichsfeld.)

Nach über 50 Jahren Grundgesetz, nach fast 60 Jahren Er war nie im Eichsfeld, aber in Mühlhausen. Aber trotz- Bundesrepublik Deutschland, nach fast 15 Jahren Gesamt- dem wäre Müntzer für Sie der Richtige, den ich Ihnen auf deutschland, meine sehr verehrten Damen und Herren, den Weg gebe, Herr Althaus: "Die Herren machen es sel- wünsche ich mir ganz persönlich eine Bundespräsiden- ber, dass ihnen der arme Mann zum Feind wird." Sorgen tin. Die Bundesrepublik Deutschland besteht nicht nur Sie dafür, dass der arme Mann in diesem Land das Gefühl aus Männern und es wird Zeit, auch Frauen das höchste hat, dass es einen Aufbruch gibt, der nach vorn geht, die Staatsamt im Land zu übertragen. besten Jahre liegen vor uns. Eines darf ich Ihnen sagen, am Wahltag kann der Wähler entscheiden und nicht die Mehr- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Frau heitsfraktion, wie sie hier sitzt, ob der Übergang gelingen Zimmer.) wird. Wir sagen, wenn der Wähler wägt und prüft, was ab- gerechnet worden ist, dann wird der Übergang gelingen. (Unruhe im Hause) Vielen Dank.

Sehr geehrter Herr Althaus, ich muss jetzt spekulieren. (Beifall bei der PDS) Ich vermute, Sie haben ein knappes Jahr Amtszeit vor sich. Gehen wir von dem 11. Juli 2004 als Wahltag aus - (Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Peinlich.) rein fiktiv - es ist ein Sonntag, Präsidentin Lieberknecht: (Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Nicht mal da haben Sie Recht.) Es hat jetzt das Wort der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Heiko Gentzel. also der 13. Juni 2004. Eine knappe einjährige Amtszeit haben Sie vor sich. Wir, Herr Althaus, würden tief den Abgeordneter Gentzel, SPD: Hut vor Ihnen ziehen und Ihnen für Folgendes auch die Hand reichen, unser Engagement mit einbringen, wenn (Unruhe im Hause) es Ihnen gelingt, den Trend zu brechen, dass täglich 40 Menschen ihre Arbeit verlieren und umdrehen, dass in Frau Präsidentin, der Amtszeit, die Ihnen noch zur Verfügung steht, 40 Men- schen zusätzlich in Lohn und Brot kommen. Das wäre aller Präsidentin Lieberknecht: Mühe wert, darin würden wir Sie unterstützen, diesen Weg würden wir begleiten, und wenn Sie für längeres Ich darf bitten, sich auf den neuen Redner zu konzent- gemeinsames Lernen eintreten, so wie Sie es angekün- rieren. digt haben, für die Stärkung des Sozialstaats und für die Aktivierung des parlamentarischen Lebens, so wie wir es Abgeordneter Gentzel, SPD: in Lübeck beschlossen haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der Umsetzung der Drucksache 3/50 und Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Umsetzung direkt demokratischer Elemente, wie sehr geehrter Herr Ministerpräsident, es hat in der letz- wir es auch besprochen haben, auf diesem Weg wollen ten Zeit im Thüringer Landtag eine wahre Inflation von wir Sie begleiten. Dafür reichen wir die Hand. Wenn wir Regierungserklärungen gegeben. Viele erscheinen mir auch uns daran beteiligen können, dass endlich ein Aufbruch im Nachhinein noch als vollkommen überflüssig, weil Ost entsteht und der Nachbau West hier beendet wird, eben auch folgenlos. dann sagen wir, für Kreativität und eine einzige nach- haltige innovative Zone Thüringen, das wäre ein Projekt, Die heutige Regierungserklärung des Ministerpräsidenten bei dem wir Sie in Ihrem Weg begleiten würden. Wenn Sie war eine andere, war eine besondere. Seit dem CDU-Par- dafür streiten, sagen wir ja. Für ein einfach nur "weiter teitag vom 24. Mai dieses Jahres wissen wir, dass er heute so", sagen wir nein. Am Schluss ein Wort an den Eichs- sein Amt als Ministerpräsident niederlegen wird. So war felder von einem anderen, der ihn im Eichsfeld geprägt also von vornherein klar, dass wir heute so eine Art Bi- hat, und Sie werden gleich sagen, das ist auch gar nicht lanz Bernhard Vogel in elf Jahren vorgetragen bekom- im Eichsfeld. Thomas Müntzer hat gesagt ... men. Einige haben in den letzten Tagen in diesem Zusam- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7495 menhang vom Ende einer Epoche gesprochen. Mir, uns regierung. Dieser endete übrigens abrupt 1998. Hatte er Sozialdemokraten geht das viel zu weit. Viel sympathi- damals noch Verständnis für viele Unzulänglichkeiten auf scher ist die eigene Einschätzung des Ministerpräsidenten - Bundesebene, sprach er öfter davon, man sollte nicht so ich zitiere: "Ich wollte helfen und ich habe versucht zu viel diskutieren, sondern man sollte eben anpacken, aber helfen. Ich habe versucht, meine Pflicht zu tun - nicht mehr seit 1999, Herr Ministerpräsident, geht Ihnen nichts mehr und nicht weniger." richtig schnell und gut genug - so ändern sich halt die Zeiten. (Beifall bei der CDU, SPD) (Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Ja, leider.) Dieses, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das selbstbewusste Understatement, wie es sich für einen Mi- Es ist, Herr Ministerpräsident, im Wesentlichen Ihr Ver- nisterpräsidenten gehört. Ich habe mir einige Reden und dienst, in der 1. Legislaturperiode grundhaft Ordnung in Ankündigungen des Ministerpräsidenten der letzten elf die Landesregierung gebracht zu haben. So wurden Abläufe Jahre, insbesondere hier in diesem Haus, noch einmal deutlicher nachvollziehbar. Wichtig war auch, dass Sie dem durchgelesen und ich komme zu folgendem Resümee: Mit damaligen F.D.P.-Wirtschaftsminister an einer Stelle deut- ihm - auch mit ihm - ist in Thüringen viel erreicht worden, lich widersprochen haben, nämlich, dass wir industrielle Kerne in Thüringen nicht brauchen. Wir brauchten sie und (Beifall Abg. Zitzmann, CDU) wir brauchen sie sehr wohl. Der Schaden, den die falsche Wirtschaftspolitik des damaligen Wirtschaftsministers aber auch er war nicht frei von Irrtümern und Fehlern. Bohn angerichtet hat, ist wohl auch heute noch kaum zu be- Sie können jetzt weiterklatschen. ziffern. Nicht unerwähnt, wenn allerdings auch reine An- gelegenheit des Parlaments, soll die Verabschiedung der (Beifall bei der SPD) Landesverfassung sein. Nach meiner Auffassung gehört sie nach wie vor zu den mondernsten in Deutschland. Es gibt keinen Grund, den scheidenden Ministerpräsidenten zu segnen oder gar heilig zu sprechen - Herr Althaus bei (Beifall bei der CDU, SPD) Ihren Reden habe ich immer das Gefühl, wir stehen kurz davor -, ich bin mir aber auf der anderen Seite wiederum Auch wenn Sie, Herr Ministerpräsident, weil Sie damals sicher, Herr Ministerpräsident, Sie wollen dieses gar nicht. nicht Abgeordneter waren, nicht direkt an dieser Verab- schiedung oder an dem Entwurf zur Landesverfassung Meine Damen und Herren, als Ministerpräsident Bern- beteiligt waren, gehe ich mal davon aus, dass im Hinter- hard Vogel vor elf Jahren nach Thüringen kam, hatte er grund Ihre ordnenden Hände gearbeitet haben - Ihre Frak- im sprichwörtlichen Rucksack, den man immer so mitbringt tion hatte es auch damals nötig. vor allem eines: einen riesigen Erfahrungsschatz. Dies ge- paart mit Routine, Erfahrung und Fleiß war bitter nötig. (Beifall bei der PDS, SPD) Nicht nur durch eine Clownerie seines Vorgängers Josef 'XFKDþKDWWHGHU5XI7KULQJHQVJHOLWWHQDXFKGHU=X (Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Nicht stand der Thüringer CDU war erbärmlich. unverschämt werden!)

(Beifall bei der SPD) (Heiterkeit bei der CDU)

Wenn ich mich so an all die Kandidaten erinnere, die Herr Schwäblein, warum lachen eigentlich immer alle, damals gehandelt worden sind, wenn Sie reden?

(Zwischenruf aus der SPD-Fraktion) Meine Damen und Herren, Bischofferode, das war der Beginn des Verlusts der Kali-Industrie für Thüringen (Heiterkeit bei der CDU) und bleibt der dunkle, bitter dunkle Fleck der 1. Legisla- turperiode. sage ich für Thüringen und für die CDU: Es hätte viel schlimmer kommen können. (Beifall bei der SPD)

(Beifall bei der SPD) Die Landesregierung vermochte es nicht, dieses zu ver- hindern, zu groß und zu stark war das Bündnis gegen So ist es nicht verwunderlich, eher nachlesenswert, dass den Fortbestand der Thüringer Kali-Industrie. der Ministerpräsident Bernhard Vogel in seiner ersten Regierungserklärung im Thüringer Landtag Aufgaben und Meine Damen und Herren, die 2. Legislaturperiode war Forderungen formuliert hat, von denen heute noch viele die Legislaturperiode der großen Koalition. Vieles, Herr unterschrieben werden können. Auffällig bleibt bei all Ministerpräsident, haben Sie und wir in der Regierung, diesen Dingen sein damaliger Großmut mit der Bundes- in den Fraktionen gemeinsam angepackt und zu einem 7496 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 guten Ende gebracht. Ich erinnere gern daran, dass in den und unsicheren Zeiten - ich behaupte immer noch, wider Zeiten, in denen wir gemeinsam regierten, die Investi- besseres Wissen - ein Doppelhaushalt, der bei seiner Ab- tionsquote im Haushalt regelmäßig deutlich über 20 Pro- stimmung schon Makulatur war. zent lag und, ich füge hinzu, das alles ohne Buchungs- tricks. Wir waren uns auch sehr schnell einig, Bundes- (Beifall bei der SPD) mittel insgesamt zu komplementieren und somit alle mög- lichen Fördermittel vom Bund abzurufen; das war nicht Einmal, Herr Ministerpräsident, sind Sie im besten Sinne in allen neuen Bundesländern so. Wir haben gemeinsam des Wortes der Landesvater gewesen. In den schlimmen Ordnung in die Aufbaubank gebracht und begonnen, die Stunden um das Massaker am Gutenberg-Gymnasium Landesgesellschaften zu ordnen und haben trotz dieses haben Sie den Menschen Halt gegeben und immer die Engagements für die Thüringer Wirtschaft und für den richtigen Worte gefunden. Sie haben dafür gesorgt, dass Mittelstand den zweiten Arbeitsmarkt nicht vergessen. unbürokratisch geholfen wurde. Dafür ist Ihnen ganz besonders Dank zu sagen. (Beifall bei der SPD) (Beifall im Hause) Die Jugendpauschale - damals insbesondere von der CDU noch mit Fragezeichen versehen - hat sich bewährt. Die Meine Damen und Herren, die Bilanz der 3. Legislatur- Kreisgebiets- und die Gemeindegebietsreform waren ein periode ist bisher dünn, sehr dünn, und so drängt sich riesiger Kraftakt. Alle wissen, wir hätten längst nachbes- die Schlussfolgerung auf, Sie, Herr Ministerpräsident, sern müssen. Dies bleibt eine große Aufgabe für die Zu- haben Ihren Zenit überschritten. Ein Führungswechsel in kunft. Im Bereich Wissenschaft und Forschung legten wir Thüringen ist nötiger denn je. Ob dieser Führungswech- mit viel Kontinuität und mit vielen Haushaltsmitteln die sel auch der richtige ist, diese Frage wird die Zukunft be- Saatkartoffeln, die wir Thüringer später einmal ernten wol- antworten. len. Gern erinnere ich an die solide Neustrukturierung in der Thüringer Theater- und Orchesterlandschaft. Die ge- Meine Damen und Herren, ich habe anfangs von Irrtü- gebene Fünfjahresgarantie wurde selbstverständlich ein- mern und Fehlern des Ministerpräsidenten gesprochen. gehalten. Die Zeit von 1994 bis 1999 bezeichne ich als Ich will jetzt aber nicht, wie vielleicht der eine oder an- die erfolgreichsten Jahre in Thüringen. dere befürchtet, die ganzen Skandale der letzten 11 Jahre abarbeiten - nein. In Ihrem Rucksack voller Erfahrungen, (Unruhe bei der CDU) Herr Ministerpräsident, haben Sie auch Falsches aus dem Westen mit in das Thüringer Parlament gebracht. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD) In der großen Koalition haben wir mit großem Respekt voreinander gearbeitet. Nicht immer war eitel Sonnen- Zu erwähnen ist da an erster Stelle, dass das generelle schein, aber der Wille, gemeinsam erfolgreich zu sein, Ablehnen von Oppositionsgedanken schon zur politi- half manche Krise zu überwinden. schen Kultur geworden ist.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Das (Beifall bei der PDS, SPD) war doch wieder nicht ehrlich.) Wider besseres Wissen wurde den Anträgen der Oppo- Herr Kretschmer, wenn Sie Richter wären über Ehrlich- sition sogar der Weg in die Ausschüsse verwehrt, nur keit oder nicht, dann ist Deutschland verloren. um den Gedanken nicht zuzulassen, dass es den einen oder anderen Punkt gibt, in dem die Opposition auch mal Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter schneller, auch einmal besser gedacht hat. Herr Dr. Bernhard Vogel, 1999 führten Sie die CDU zu einem überragenden Wahlsieg und es ist unstrittig, dass Zweitens - ich habe es schon erwähnt -, Ihr Umgang mit Sie ein zentraler Faktor dieses CDU-Wahlsiegs waren. der Bundesregierung ist im Wesentlichen immer partei- Nach der Kabinettsbildung und der ersten Regierungs- politisch geprägt gewesen. bildung wurde es aber ruhig, zu ruhig. Statt, wie verspro- chen, mit absoluter Mehrheit kraftvoll zu regieren - Skan- (Beifall bei der SPD) dale, Skandälchen, Stillstand. Im Wissenschaftsbereich ein Hochschulpakt für die Zukunft, aber weniger Geld für Jede Menge Verständnis für die Regierung Kohl, selbst die Forschungseinrichtungen. Im Bildungsbereich die stän- bei offensichtlichen Fehlern wie beispielsweise dem Prinzip dige Erklärung, dass bei PISA andere schlechter waren "Rückgabe vor Entschädigung", Verständnis und die Auf- als wir. Die Skandale um die Minister Köckert und Birk- forderung, so etwas nicht zu diskutieren. Prinzipielles Un- mann und statt einer durchschlagenden Verwaltungsre- verständnis für die Regierung Schröder, und wenn man form Verschiebung von Personal von der einen Einrich- sich mal anschaut, wie sich die einzelnen Reformvor- tung in die andere. Und nicht zuletzt in finanziell schweren schläge in den letzten Wochen und Monaten angenähert Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7497 haben, fragt man sich, wo das eigentlich herkommt. Meine Damen und Herren, gern hätte ich jetzt auch ge- sagt, bei Ihnen, Herr Dr. Vogel, war ein Wort auch im- Und als letzten Vorwurf, aber auch als schwersten an mer ein Wort. Über lange Zeit habe ich dieses aus den Ihre Seite, das bewusste und ständige Verleumden der guten Erfahrungen der großen Koalition auch getan. Aber SPD. Auch auf Ihrem letzten Landesparteitag konnten Sie selbst haben Lassalle zitiert, wir sollen sagen was ist, Sie es sich nicht verkneifen, der SPD vorzuwerfen, sie also, wir sollen bei der Wahrheit bleiben. Ihr Abgang redet dieses Land schlecht. Um es zum hundertsten Male zum jetzigen Zeitpunkt, die Machtübergabe auf einem hier in diesem Thüringer Landtag zu sagen, und in der silbernen Tablett an den jetzigen Fraktionsvorsitzenden Hoffnung, dass Sie es endlich auch so zur Kenntnis neh- Dieter Althaus ist das Ergebnis eines Wortbruchs. men: Kritik an der Thüringer Landesregierung ist nicht identisch mit der Kritik am Freistaat Thüringen. (Beifall bei der SPD)

(Beifall bei der SPD) Sie haben in dieser Legislaturperiode - und teilweise un- gefragt - immer betont, dass Sie bis zum Ende der Le- Sie, meine Damen und Herren von der CDU, Sie sind gislaturperiode Ministerpräsident bleiben werden. Natür- nicht Thüringen. lich ist es wahr, dass Sie vier Fünftel dieser Legislaturpe- riode abgeleistet haben, aber Ihr Versprechen galt auf (Beifall bei der PDS, SPD) fünf Fünftel, auf eine volle Legislaturperiode. Und so wer- den Sie, Herr Abgeordneter Dieter Althaus, heute Minis- An Hunderten von Stellen und auch immer wieder in terpräsident aufgrund eines Wortbruchs. der Opposition hat die SPD betont, dass der Freistaat Thüringen in den letzten Jahren ein gutes Stück voran- (Beifall bei der SPD) gekommen ist. Und trotzdem werden wir weiterhin über die Fehler der Regierung ... In dem Zusammenhang erinnere ich Sie nicht gern, aber ich erinnere Sie an die Überschrift Ihres Wahlprogramms (Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Ich denke und Ihre Aussagen zur Wahl 1999. Das trug die Über- Stillstand; Stillstand haben Sie vorhin schrift "Die Zusage". Über Ihre politische Zukunft, Herr gesagt.) Ministerpräsident, gibt es mindestens genauso viele Spe- kulationen wie über die Zusammensetzung des Kabinetts Warum greifen Sie denn immer bei dem Begriff "Feh- Althaus. Auch daran möchte ich mich nicht beteiligen. ler" ein? Warum gehen Sie denn da immer gleich so sta- tisch hoch? Ich wünsche Ihnen aber für Ihr weiteres Leben außer- halb der Politik, also dem Politpensionär, wenn Sie es Aber trotzdem werden wir weiterhin über die Fehler der denn werden, Gesundheit, Glück und ein ganzes Stück- Regierung reden. Und dieses Reden über die Fehler der chen Ruhe, die Sie sich in den letzten Jahren wohl mehr Regierung ist nicht identisch mit einer Kritik an der Ent- verdient haben als viele andere. Vielleicht nutzen Sie wicklung des Freistaats insgesamt, zumal wir Sozialde- diese Zeit ja für die eine oder andere Wanderung auch mokraten eben nicht vergessen, dass wir fünf sehr er- wieder in den Pfälzer Wäldern, vielleicht gemeinsam mit folgreiche Jahre dieses Land mitgestaltet haben. Ihrem Bruder. Vielleicht unterliegen Sie auch der Verlo- ckung, ein Buch über Ihren politischen Werdegang und Meine sehr verehrten Damen und Herren in diesem ho- dann natürlich auch über die Thüringer Zeit zu schreiben. hen Haus, machen wir unter all das, was ich jetzt gesagt Ich verspreche Ihnen, ich würde es gern kaufen, zumal habe, mal einen Strich, wägen das Gute mit dem weniger Guten ab - was bleibt als Resümee? Trotz aller Abstriche, (Heiterkeit im Hause) die letzten 11 Jahre haben Thüringen vorangebracht, ein großes Stück vorangebracht. ich die Hoffnung habe, dass es da auch ein Kapitel über die Landesförderung der Pilzansiedlung in Thüringen gibt. (Beifall bei der CDU, SPD) Allzu gern hätte ich dieses Geheimnis noch gelüftet ge- sehen. Daran, Herr Ministerpräsident, haben auch Sie einen großen Anteil. Dafür ist Ihnen zu danken. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke Ih- nen, dass Sie mir zugehört haben. Herr Ministerpräsident (Beifall bei der CDU, SPD) Dr. Bernhard Vogel, wir danken Ihnen.

Sie haben routiniert, mit unendlichem Fleiß und Ihrem (Beifall bei der SPD) Erfahrungsschatz Ihren Anteil an dieser so erfolgreichen Entwicklung. 7498 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Präsidentin Lieberknecht: Deshalb ist es mir ein Bedürfnis, Ihnen vor allem ande- ren, was noch zu sagen ist, im Namen der CDU-Fraktion Das Wort hat jetzt der stellvertretende Vorsitzende der erst einmal danke zu sagen. CDU-Fraktion, Klaus Zeh. (Beifall bei der CDU) Abgeordneter Dr. Zeh, CDU: Ich bin sicher, dass ich dies auch im Namen der meisten Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen Thüringerinnen und Thüringer sagen kann: Danke für Ihr und Kollegen, vor allem aber sehr geehrter Herr Minis- Kommen, danke für Ihren Einsatz, danke für Ihren Dienst terpräsident Dr. Vogel, ich möchte jetzt nicht gleich auf an unserem Land. das eingehen, was hier von der Opposition gesagt worden ist, denn mir geht es heute um die Person und um den (Beifall bei der CDU) Menschen Bernhard Vogel. Danken möchte ich auch für Ihre heutige Rede. Sie hat (Beifall bei der CDU, SPD) mir, und, ich glaube, auch meinen Kollegen, viel Zuver- sicht gegeben. Sie hat gezeigt, dass es wichtig ist, trotz Erlauben Sie mir, am heutigen Tag Ihr viel zitiertes Motto oder gerade wegen der Schwierigkeiten, die wir noch zu "Erst das Land, dann die Partei, dann die Personen" aus- bewältigen haben, Visionen zu haben. Das Land braucht nahmsweise einmal umzukehren. Erst die Person Bern- Frauen und Männer, die Visionen haben und diese dann hard Vogel und dann das Land, obwohl das mittlerweile auch mit Tatkraft in die Realität umsetzen. kaum noch ein Unterschied ist, denn Ihre Person, Herr Ministerpräsident, und das Land Thüringen sind mittler- Meine Damen und Herren, der Volksmund sagt: "Wenn weile untrennbar miteinander verbunden. du wissen willst, was man über dich denkt, dann musst du dem Volke aufs Maul schauen." Nun, ich habe mir die (Beifall bei der CDU) Lesermeinungen aus den Zeitungen der letzten Tage an- geschaut, um zu sehen, was die Menschen im Land über Wer heute an Bernhard Vogel denkt, denkt unwillkürlich Bernhard Vogel denken. Ich erlaube mir, daraus zu zitieren. an Thüringen und wer heute von Thüringen spricht, kennt Das erste Zitat: "Vogel geht leider zu früh. Herr Vogel hat Bernhard Vogel. Bei der Betrachtung Ihrer Regierungs- sehr viel für Thüringen getan. Das Land hat mit ihm wieder zeit haben Sie in Ihrer Rede vor allem den Thüringerin- an Wert und Anerkennung gewonnen.", so ein Leser. nen und Thüringern für ihre Leistungen gedankt. Es ist - und ich möchte das noch einmal zitieren - "zuallererst (Beifall bei der CDU) das Verdienst der Bürgerinnen und Bürger, die mit un- geheurem Mut und großem Fleiß Hand angelegt haben, Vogel geht leider zu früh - eine solche Äußerung ist wohl die Chance der wiedergewonnenen Freiheit genutzt haben das Beste, was man sich wünschen kann. Ja, der Leser und sich durch alle Widrigkeiten nicht haben entmutigen hat auch gesagt, das Land hat mit ihm wieder an Wert lassen." und Anerkennung gewonnen. Bernhard Vogel hat Thü- ringen über die Landes- und Bundesgrenzen hinweg in- (Beifall bei der CDU) ternationale Anerkennung und wieder einen hervorragen- den Namen gegeben. Dies ist gut für uns und wir kön- Ja, Herr Ministerpräsident, Sie haben Recht. Die Bürge- nen auch ein wenig Stolz darauf sein. Der Name Thürin- rinnen und Bürger dieses Landes haben Großartiges ge- gen ist nicht nur in den Partnerregionen Essex, Picardie leistet. Darauf können wir Stolz sein. Aber es bedarf im- und Kleinpolen bekannt. Man kann das wohl ganz allge- mer auch Frauen und Männer, die die Rahmenbedingun- mein feststellen. Erst gestern hat Kenji Okada, der Ge- gen dafür setzen. Es bedarf Frauen und Männer, die Ziele sandte aus der Botschaft von Japan mit Selbstverständ- haben, die Mut machen und dabei auch mutige, manch- lichkeit mir gegenüber festgestellt: Wir in Japan kennen mal sogar unpopuläre Entscheidungen treffen. Bernhard Vogel aus Thüringen. Bernhard Vogel ist wohl der beste Botschafter Thüringens in Europa und der Welt. Thüringen verfügt heute über beste Standortfaktoren. Sie, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, haben also nicht (Beifall bei der CDU) nur schlechthin Weichen für Thüringen gestellt, Sie ha- ben auch die richtigen Weichen gestellt und damit ein Ein zweiter Leser schreibt: "So hat Vogel auch viel für gutes Fundament für die Zukunft gelegt. Thüringen ist Thüringen bewegt und als Ministerpräsident würde ich auf einem guten Weg und bei allen Schwierigkeiten, die versuchen, seinen Weg weiterzumachen." Ein weiterer noch vor uns liegen, können wir sagen: Thüringen hat gute schreibt: "Ich denke, wir brauchen heute mehr dieser Cha- Perspektiven für die Zukunft. rakterleute, die auch mal entscheiden und diese Diskutie- rerei in der Politik verkürzen. Ich wünsche mir, dass sein (Beifall bei der CDU; Abg. Bechthum, SPD) Nachfolger hier anknüpfen kann." Nun, diese Äußerungen gehen an beide, den Amtsträger und den Nachfolger. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7499

Sehen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, bel umzugehen. Der evangelische Landesbischof Christoph und Herr Ramelow, die Leute draußen sehen das ganz Kähler drückte dies in einem MDR-Interview so aus: "In anders als Sie. schwierigsten Situationen, wie nach dem 11. September oder nach dem Amoklauf am Gutenberg-Gymnasium, war (Beifall bei der CDU) in seinen Reden auch immer sein Herz zu spüren. Er hat aufgenommen, was in der Bevölkerung gefühlt wurde, Herr Ramelow, ich weiß, dass Sie die Thüringer Verfas- aber noch nicht ausgedrückt und geschrieben war." Ich sung ablehnen, aber etwas besser kennen sollten Sie sie danke Herrn Kähler für diesen Satz. schon. In Thüringen wird der Ministerpräsident vom Land- tag, vom Parlament gewählt. Deshalb ist es natürlich ver- (Beifall bei der CDU) fassungskonform, wenn der Ministerpräsident dieses Amt auch wieder an den Landtag zurückgibt. Wer die Arbeit von Bernhard Vogel bewertet, darf sie nicht vergleichen mit der eines Gärtners, der im Frühling (Beifall bei der CDU) Radieschen sät, um sie im Frühsommer zu ernten. Die Ar- beit Bernhard Vogels ist vergleichbar mit der eines Förs- Im Übrigen: Ihre Rede fand ich unwürdig, Ihnen fehlt es ters, der Bäume pflanzt, damit ein Wald daraus wird. an Anstand. Wälder wachsen Jahr für Jahr

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Jawohl.) (Beifall bei der CDU)

(Beifall bei der CDU) und noch nach Generationen wird man die Leistungen zu würdigen wissen. Herr Ministerpräsident, genau das Ihr Politikstil und der Politikstil der PDS heißt: schlecht- ist Ihr Markenzeichen: Nachhaltigkeit, im Grunde ein sehr machen, niedermachen, kaputtreden. Ich sage mit voller konservativer Begriff, nach dem Sie, Herr Ministerprä- Überzeugung, Herr Ramelow: Gott bewahre Thüringen sident, Ihre Politik eindrucksvoll ausgerichtet haben. Dies vor diesem Politikstil. wird Ihnen auch vom katholischen Bischof Wanke attes- tiert. Bei der Männerwallfahrt stellte er am 29.05. fest - (Beifall bei der CDU) ich zitiere: "Eben diesen Eindruck politischer Kurzatmig- keit hatte ich bei unserem jetzt scheidenden Thüringer Die Thüringerinnen und Thüringer wollen Kontinuität in Ministerpräsidenten Bernhard Vogel nicht. Ihm ging es diesem Land. Sie wollen, dass fortgesetzt wird, was Bern- glaubhaft um das ganze Land, um das Wohl aller Men- hard Vogel begonnen hat. Ich denke, da sind sie bei Dieter schen hier im Freistaat." Althaus und der CDU Thüringen an der richtigen Adresse. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU) Sicherlich, wenn in 20 bis 30 Jahren einmal Dissertatio- Dieter Althaus wird natürlich auch neue Akzente setzen, nen über diese Zeit des Anfangs der ersten 12 ½ Jahre in aber wichtig ist auch die Motivation, aus der er handelt. Thüringen geschrieben werden, dann wird es wohl auch Ich darf Dieter Althaus zitieren: "Wir sind nicht selbstver- Neunmalkluge geben, die genau wissen, was alles hätte liebt in Macht, wer so denkt, denkt am Ende nur an sich. anders gemacht werden müssen. Wir wollen das Land gestalten, damit das Land weiter vorankommt." So gestern Dieter Althaus in der Fraktion. Zum Beispiel in der Frage Bischofferode, Herr Gentzel, wird man vielleicht auch vermerken, dass der damals ver- Dr. Vogel hat dies vorgemacht, Dieter Althaus wird ihm antwortliche Manager bei der Treuhand, Klaus Schucht, folgen. Er wird seinen eigenen Stil, sein eigenes Schritt- als Wirtschaftsminister der SPD-Regierung in Sachsen-An- maß finden und Thüringen erfolgreich prägen. Wie sagte halt angehörte, zumindest nachher wurde. der Leser weiter, ich zitiere noch einmal: "Wir brauchen Leute, die auch mal entscheiden und diese Diskutiererei (Beifall bei der CDU) in der Politik verkürzen." Ja natürlich, auch der Stil macht die Musik. Dies gilt in der Politik allemal. Bernhard Vogel (Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Wir kön- z.B. kann entscheiden, aber er fällt Entscheidungen erst, nen auch gern über die Gewerkschaftsrolle wenn sie reif sind. Manchmal sind sie gleich reif, viel reden.) öfter aber braucht es zunächst den politischen Dialog. Dass Dr. Vogel ein Meister des politischen Dialogs ist, haben Aber, Herr Gentzel, die meisten der Dissertationen - da- wir häufig alle erfahren. Ich glaube, man kann mit Fug von bin ich felsenfest überzeugt - werden zu der glei- und Recht behaupten, als Dr. Vogel 1992 nach Thüringen chen Schlussfolgerung kommen, wie Sie, Dieter Althaus, kam, erhielt die demokratische Kultur in diesem Lande so treffend formuliert haben, ich darf zitieren: "Bernhard eine neue Qualität. Er hat ein zielsicheres Gespür für die Vogel ist ein Glücksfall für Thüringen". Empfindungen der Menschen und weiß mit ihnen sensi- 7500 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

(Beifall bei der CDU) dung des 20. Jahrhunderts, mit ihrem Reformansatz ermög- licht sie auch auf geisteswissenschaftlichem Gebiet neue, Dass dies selbst aus bayerischer Perspektive nicht anders moderne Studiengänge. Mit der Integration der Theolo- gesehen wird, hat an Ihrem 70. Geburtstag gischen Fakultät in die Universität Erfurt erst kürzlich verkündet. "Und, was dich auszeichnet,", sagte er, "nicht ist der Schlussstein eines Wegs gesetzt, den Bernhard Vogel nur die Glaubwürdigkeit und ein Politiker zu sein, der den mit Durchsetzungsvermögen, aber auch Überzeugungs- föderalen Gedanken Zeit seines Lebens hochgehalten hat, kraft und Argumentationsstärke beschritten hat. Ich habe du trägst ja im Grunde genommen als Brückenbauer das mich für Sie gefreut, Herr Dr. Vogel, dass das in Ihrer Hammbacher Schloss und die Wartburg in deinem Her- Amtszeit noch möglich geworden ist. Ein guter Lohn für zen. Du verbindest Alt und Jung, ich sage nicht Neu, du solide Arbeit. verbindest alte und junge Länder und bist damit ein Brü- ckenbauer in Deutschland." (Beifall bei der CDU)

(Beifall bei der CDU) Damit gehören evangelische Theologie in Jena und ka- tholische Theologie in Erfurt zum festen Bestandteil un- Herr Ministerpräsident Koch - Sie sind heute unter uns, serer Hochschullandschaft. Ein weiterer Beleg ist die Neu- seien Sie auch meinerseits herzlich gegrüßt -, ich denke, gründung der Fachhochschule in Nordhausen. Lassen Sie in Hessen wird man das sicherlich nicht anders sehen. mich das ganz persönlich anfügen: Ich freue mich natür- lich verständlicherweise darüber besonders, zumal sie der (Beifall bei der CDU) Region Impulse zu geben vermag. Auch die Gründung der Berufsakademie ist eine Erfolgsstory geworden. Ich Jede Auflistung der Erfolge und Verdienste von Bernhard kann mich noch genau an das Hin und Her erinnern, das Vogel für Thüringen, die ich heute und hier machen würde, Für und Wider der Lobbyisten; all dies wäre ohne die wäre lückenhaft und unvollständig, nur schlaglichtartig Beharrlichkeit und Zähigkeit von Bernhard Vogel nicht will ich einiges herausgreifen. zustande gekommen.

Unter Führung von Bernhard Vogel hat Thüringen den (Beifall bei der CDU) Strukturwandel in der Wirtschaft im Wesentlichen abge- schlossen und steht bei den wichtigsten Wirtschafts- und Vieles andere könnte ich noch aufzählen, die Familien- Arbeitsmarktdaten an der Spitze der jungen Länder. politik, das Programm für mehr Sicherheit in Thüringen, insbesondere Ihr Einsatz zur Stärkung der Demokratie (Beifall bei der CDU) und gegen Extremismus und Gewalt in unserem Land.

Aktuelle Investitionsentscheidungen von Daimler-Chrysler, (Beifall bei der CDU) von Merck und Edschda bestätigen die Attraktivität Thü- ringens als Wirtschaftsstandort. Die Arbeitslosigkeit ist die Der Ausbau der sozialen Einrichtungen, die Verbesse- geringste der jungen Länder. Sie ist noch zu hoch und rung der Umweltqualität, Ihr Einsatz für die Landwirt- für uns natürlich eine bleibende Aufgabe, aber gerade da- schaft, all dieses verbinden wir mit Bernhard Vogel und bei müssen wir leider immer wieder feststellen: Fehler seinen Kabinetten, die aus den unterschiedlichsten Koa- in der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung können wir litionen bestanden. Als CDU-Fraktion haben wir Ihre Po- auf Landesebene nicht ausgleichen. litik nach besten Kräften unterstützt. Dies war nicht im- mer leicht, da auch schwierige politische Entscheidungen (Beifall bei der CDU) durchgesetzt werden mussten, aber wir haben uns einge- bracht, wir haben diskutiert, entschieden, und dann zusam- Umso mehr bemühen wir uns zum Beispiel um Investi- mengestanden. Auch für diese Zusammenarbeit möchte tions- und Technologieförderung sowie um den Ausbau ich Ihnen im Namen unserer Fraktion danken. der Infrastruktur bei den Verkehrswegen, für die Forschung und die Kommunen. Am ICE und an der Mitte-Deutsch- (Beifall bei der CDU) land-Verbindung werden wir festhalten, Herr Minister- präsident, dessen können Sie gewiss sein. Abschließend noch einmal zur Person von Bernhard Vogel. Gestatten Sie mir einen Vergleich. Es wird allenthalben Ein guter Beleg für die Nachhaltigkeit der Politik Bern- über das Verhältnis von Bernhard Vogel zu Frauen spe- hard Vogels sind auch die Spuren, die er im Bildungsbe- kuliert. reich in Thüringen hinterlassen hat. Meine Damen und Herren, wer Bildungspolitik macht, muss die Generatio- (Heiterkeit im Hause) nen im Blick haben. Gerade die Verantwortung für kom- mende Generationen ist der Lebensnerv für richtige Bil- Ich möchte mit einem Zitat von Anton Tschechow ant- dungspolitik. Die Neugründung der Universität Erfurt war worten: "Am liebsten erinnern sich die Frauen an die Män- nicht nur schlechthin die letzte deutsche Universitätsgrün- ner, mit denen sie gemeinsam lachen konnten." Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7501

(Heiterkeit im Hause) dem ebenfalls die absolute Mehrheit erforderlich ist. Kommt die Wahl im zweiten Wahlgang nicht zustande, Wer Sie kennt, Herr Ministerpräsident, der weiß, dass Sie so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meis- so richtig lachen können. Es ist die Fröhlichkeit, die aus ten Stimmen erhält. Dazu liegt Ihnen nun eine Unter- Ihrem Herzen kommt. Sie haben uns gezeigt, dass Poli- richtung in der Drucksache 3/3366 vor. Der Wahlvor- tik bei aller Ernsthaftigkeit nicht nur eine todernste An- schlag der CDU-Fraktion - vorgeschlagen ist der Abge- gelegenheit ist. Politik muss auch noch den Menschen ordnetenkollege Dieter Althaus -, entsprechend ist auch erkennbar werden lassen. der Stimmzettel aufgebaut. Es steht da Abgeordneter Dieter Althaus Ja/Nein/Enthaltung, so dass jeder sein Vo- (Beifall bei der CDU) tum in geheimer Wahl durch Ankreuzen des entspre- chenden Kreises abgeben kann. Damit bitte ich jetzt die (Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Wie geht Wahlhelfer Frau Bechthum, Herrn Braasch und Frau das jetzt mit den Frauen zu Ende?) Sojka ihr Amt als Wahlhelfer zu übernehmen und die Kollegin Zitzmann an meiner Seite bitte ich um den Sie haben in einer für mich sehr eindrucksvollen Art mit Namensaufruf. Wir treten jetzt in die Wahlhandlung ein. dem Satz des kleinen Prinzen von Saint Exupéry Ihre Ver- Bitte, Frau Zitzmann. bundenheit mit Thüringen zum Ausdruck gebracht: "Du bist zeitlebens verantwortlich für das, was du dir vertraut Abgeordnete Zitzmann, CDU: gemacht hast." In Speyer haben Sie dies aus Anlass der Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt am 21. Sep- Althaus, Dieter; Arenhövel, Johanna; Bechthum, Rose- tember 2002 staatstragender gesagt, auch das möchte ich marie; Becker, Dagmar; Seidel, Harald; Bergemann, zitieren: "Ich muss nicht betonen, wie gern ich - nicht zu- Gustav; Böck, Willibald; Bonitz, Peter; Dr. Botz, Gerhard; letzt aus Dankbarkeit für das Geschenk der Deutschen Ein- Braasch, Detlev; Buse, Werner; Carius, Christian; Dittes, heit - ein Thüringer geworden bin." Herr Ministerpräsident, Steffen; Doht, Sabine; Döhring, Hans-Jürgen; Ellenberger, Sie haben auch gesagt, Sie sind stolz auf Thüringen. Ich Irene; Emde, Volker; Fiedler, Wolfgang; Dr. Fischer, möchte Ihnen antworten: Wir sind stolz, einen solchen Ursula; Gentzel, Heiko; Gerstenberger, Michael; Politiker und Menschen in unseren Reihen zu haben. Prof. Dr. Jens Goebel; Grob, Manfred; Groß, Evelin; Grüner, Günter; Dr. Hahnemann, Roland; Heym, Michael; (Beifall bei der CDU) Höhn, Uwe; Huster, Mike; Illing, Konrad;

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wohl ver- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: dienter Ehrenbürger in Tröbnitz!) Dürfte ich die Journalisten bitten, den Weg zur Wahl- Vielen Dank für alles, was Sie uns gegeben haben. Gehen urne wenigstens frei zu halten. Sie bitte den Weg mit uns weiter. Vielen Dank. Abgeordnete Zitzmann, CDU: (Beifall bei der CDU) Jaschke, Siegfried; Kallenbach, Jörg; Dr. Kaschuba, Karin; Präsidentin Lieberknecht: Dr. Klaubert, Birgit; Dr. Klaus, Christine; Dr. Koch, Jo- achim; Köckert, Christian; Kölbel, Eckehard; Dr. Kraus- Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich kann haar, Ingrid; Krauße, Horst; Kretschmer, Thomas; von damit die Aussprache schließen. der Krone, Klaus; Kummer, Tilo; Künast, Dagmar;

Ich komme jetzt zum Tagesordnungspunkt 2 Abgeordneter Seidel, SPD:

Wahl eines neuen Minister- Lehmann, Annette; Lieberknecht, Christine; Lippmann, präsidenten Frieder; Mohring, Mike; Dr. Müller, Alfred; Nitzpon, dazu: Unterrichtung durch die Cornelia; Nothnagel, Maik; Panse, Michael; Pelke, Birgit; Präsidentin des Landtags Dr. Pidde, Werner; Dr. Pietzsch, Frank-Michael; Pohl, - Drucksache 3/3366 - Günter; Pöhler, Volker; Primas, Egon; Ramelow, Bodo; Schemmel, Volker; Scheringer, Konrad; Schröter, Fritz; Gemäß Artikel 70 Abs. 3 unserer Landesverfassung in Ver- Dr. Schuchardt, Gerd; Schugens, Gottfried; Schuster, bindung mit § 47 unserer Geschäftsordnung wird der Franz; Schwäblein, Jörg; Sedlacik, Heidrun; Seela, Reyk; Ministerpräsident vom Landtag mit der Mehrheit seiner Dr. Sklenar, Volker; Sojka, Michaele; Sonntag, Andreas; Mitglieder ohne Aussprache in geheimer Abstimmung ge- Dr. Stangner, Isolde; Stauch, Harald; Tasch, Christina; wählt. Thierbach, Tamara; Trautvetter, Andreas; Dr. Vogel, Bernhard; Vopel, Bärbel; Wackernagel, Elisabeth; Wehner, Zum Wahlverfahren: Erhält im ersten Wahlgang niemand Wolfgang; Wetzel, Siegfried; Dr. Wildauer, Heide; Wolf, diese Mehrheit, so findet ein neuer Wahlgang statt, bei Bernd; Wolf, Katja; Wunderlich, Gert; Dr. Zeh, Klaus; 7502 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Zimmer, Gabriele; Zitzmann, Christine. Althaus, Ministerpräsident:

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: "Ich schwöre,"

Es dürften alle ihre Stimmen abgegeben haben. Ich schließe Präsidentin Lieberknecht: den Wahlgang und bitte darum, dass die Stimmen aus- gezählt werden. "dass ich meine Kraft dem Wohle des Volkes widmen,"

Präsidentin Lieberknecht: Althaus, Ministerpräsident:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte die Plätze ein- "dass ich meine Kraft dem Wohle des Volkes widmen," zunehmen und die interessierten und arbeitenden Jour- nalisten bitte ich uns trotzdem die Aufmerksamkeit zu Präsidentin Lieberknecht: ermöglichen, denn ich gebe jetzt das Wahlergebnis be- kannt: "Verfassung und Gesetze wahren,"

Der Thüringer Landtag hat bekanntlich 88 Mitglieder, Althaus, Ministerpräsident: abgegebene Stimmzettel 83, ungültige Stimmzettel 0, gültige Stimmzettel also 83. Von den abgegebenen gül- "Verfassung und Gesetze wahren," tigen Stimmzetteln entfielen auf den Abgeordneten Dieter Althaus 47 Jastimmen, 34 Neinstimmen, 2 Enthaltungen. Präsidentin Lieberknecht:

Damit ist der Abgeordnete Dieter Althaus gemäß Arti- "meine Pflichten gewissenhaft erfüllen," kel 70 Abs. 3 unserer Landesverfassung in Verbindung mit § 47 unserer Geschäftsordnung mit der Mehrheit der Althaus, Ministerpräsident: Mitglieder des Landtags zum Ministerpräsidenten des Frei- staats Thüringen gewählt. Herzlichen Glückwunsch, Herr "meine Pflichten gewissenhaft erfüllen," Althaus! Präsidentin Lieberknecht: (Beifall bei der CDU, SPD) "und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde." Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird jeder noch per- sönlich die Gelegenheit haben zu gratulieren. Althaus, Ministerpräsident:

Ich frage Herrn Althaus zunächst: Nehmen Sie die Wahl "und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde, so wahr an, Herr Althaus? mit Gott helfe."

Abgeordneter Althaus, CDU: Präsidentin Lieberknecht:

Frau Präsidentin, ich nehme die Wahl an. Wir haben den Eid gehört. Noch einmal herzlichen Glück- wunsch, alles Gute! (Beifall im Hause) (Beifall bei der CDU, SPD) Präsidentin Lieberknecht: Ich möchte jetzt Herrn Ministerpräsidenten Dieter Althaus Gut, wir haben die Annahme der Wahl gehört. Wir kom- die Möglichkeit geben, kurz einige Worte an uns, an das men somit zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 3 hohe Haus zu richten. Ich bitte die Journalisten die ver- einbarten Regeln wieder einzuhalten. Vereidigung des Minister- präsidenten Althaus, Ministerpräsident:

Ich bitte den soeben neu gewählten Ministerpräsidenten Sie haben so viele Bilder von mir, das füllt Archive. Und Dieter Althaus zu mir zum Mikrophon zu kommen. ich kann Ihnen versprechen, auch jetzt werden die Bilder nicht schöner, Sie sollten also die bisherigen nehmen. Herr Ministerpräsident, ich lese Ihnen die in der Verfas- sung des Freistaats Thüringen vorgeschriebene Eidesfor- Meine sehr verehrte liebe Präsidentin, meine sehr ver- mel vor. Sie können diese Eidesformel anschließend be- ehrten Damen und Herren, ich möchte aus ganzem Her- kräftigen mit den Worten: "So wahr mir Gott helfe". Ich zen Ihnen, den Mitgliedern meiner Fraktion, aber auch bitte Sie nun diese Formel nachzusprechen: "Ich schwöre," dem ganzen hohen Haus danken, dass Sie mir das Ver- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7503 trauen geschenkt und damit hohe Erwartungen an mich mir. Wir haben Verantwortung wahrzunehmen. Das Stich- und meine Amtsführung verbunden haben. Sie haben eben, wort Arbeitslosigkeit gibt ein ganzes Spektrum an Auf- als ich den Eid gesprochen habe, gehört, was meine Auf- gaben auf. Jeder weiß, dass der Einsatz Arbeitslosigkeit gabe ist. Ich will mich dieser Aufgabe mit ganzer Kraft, zu bekämpfen jeder Mühe wert ist, aber auch der Einsatz aber ich hoffe auch mit Ihrer Unterstützung, widmen. Ich für die Benachteiligten in unserem Land, für Behinderte, bitte Sie als frei gewählte Abgeordnete in diesem hohen die, die ihre Chancen nicht genauso nutzen können. Glei- Haus und damit über Sie alle Bürgerinnen und Bürger chermaßen, auch das will ich deutlich sagen, muss unser dieses Landes: Kommen Sie auch mit Vertrauen auf mich und mein Einsatz der Leistungskraft, dem Wachstum un- zu und unterstützen Sie mich bei meiner, bei unserer serer Gesellschaft dienen. Wie sonst soll dieses Land, die- Arbeit für Thüringen. se Gesellschaft, jeder Einzelne die Kraft zur Solidarität haben, wenn nicht über Leistungskraft, über Wachstum Heute ist nicht die Zeit für ausführliche Erklärungen, und damit über die Chance, auch helfen zu können, wo morgen früh werde ich mein Kabinett benennen. Es wird man helfen muss. hier im hohen Haus vereidigt und im nächsten Monat werde ich meine Regierungserklärung halten. Aber Sie Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist unzwei- gestatten mir sicher kurz eine für mich wesentliche Leit- felhaft und bei allem Streit auch deutlich und andere idee für meine und, ich denke, für unsere Arbeit zu be- sehen das häufig etwas klarer als wir selbst, Thüringen nennen. Bei allen Meinungsverschiedenheiten, die sind ist auf einem hervorragenden Weg in den letzten 13 Jah- auch heute deutlich geworden, beim Streit über die politi- ren vorangeschritten und wir stehen ausgezeichnet da. schen Entscheidungen, ob in Detailfragen oder auch ganz Das minimiert nicht, dass wir viele Aufgaben haben. Aber grundsätzlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, die es macht doch deutlich - und ich finde, das muss auch im Verfassung unseres Freistaats Thüringen, im Besonderen Mittelpunkt der politische Debatte im Alltag sein -, dass der erste Teil, gibt Staatsziele, Grundrechte und Grund- die harte Arbeit der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat, prinzipien unserer Ordnung vor. Ich werde, und ich bitte aber auch die engagierte Arbeit unzähliger Kommunal- Sie ebenfalls, mich genau danach richten. Unsere Verfas- politiker und auch die ertragreiche Arbeit der Landespo- sung muss unsere Orientierung bleiben, damit Freiheit litiker erfolgreich waren in diesem Land und für die Men- und Demokratie in diesem schönen Freistaat auch in Zu- schen in diesem Land. Deshalb liegt es mir am Herzen, kunft gesichert bleiben. gleich als Allererstes denen zu danken, die besonders Verantwortung wahrgenommen haben. Da nenne ich zu (Beifall bei der CDU) allererst die Ministerpräsidenten dieses Freistaats Josef 'XFKDþ XQG EHVRQGHUV %HUQKDUG 9RJHO  :HLFKHQstel- Natürlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe lungen, die sich gelohnt haben. Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, an einem solchen Tag geht mir im Besonderen die Zeit von 1989/90 durch (Beifall bei der CDU) den Kopf. Die Freude, dass die Mauer weg ist und dass wir in Frieden die Wiedervereinigung unseres Vaterlan- Politiker sollen durch Weisheit, durch das, was sie tun, des gestalten dürfen, ist immer noch meine Hauptmotiva- aber auch durch das, wie sie es tun, ausstrahlen. Politi- tion für meine Arbeit und, ich denke, das sollte für uns ker sollen eine Vision haben, aber sie sollen auch in der alle auch in Zukunft so bleiben. Es war ein Sieg der Frei- Realität bezogen die Wege gehen. All diese Erwartungshal- heit. Es war aber auch ein Sieg der Demokratie. Freiheit tungen haben die Menschen zu Recht. Das setzt voraus, und Demokratie sind nicht automatisch gesichert, sondern dass sie menschlich und politisch Erfahrungen mitbringen Feinde von Freiheit und Demokratie sind immer auch ge- und dass sie diese menschlichen und politischen Erfah- rade in freiheitlichen Bedingungen unter uns. Ich glaube, rungen auch in ihr Amt einbeziehen; auch das werde ich es ist unsere Verantwortung, als frei gewählte Abgeordnete, gern tun. Ich danke auch allen Kabinettsmitgliedern, sehr dieser Verfassung verpflichtet, dafür zu sorgen, dass nie bewusst allen, die seit 1990 in einer besonderen Verant- wieder Ideen über Menschen herrschen, sondern dass wir wortung hier im Freistaat ihre Arbeit ausgeführt haben. die Menschenwürde jedes Einzelnen so ernst nehmen, dass Ich danke auch allen Abgeordneten dieses hohen Hauses, sie Ausgangspunkt und Zielpunkt unserer Politik sein muss. auch aus den vorherigen Legislaturperioden und ich sage sehr bewusst denen von Oppositions- und Regierungs- (Beifall bei der CDU, SPD) fraktionen, weil dadurch die Demokratie lebendig und weil dadurch die Demokratie akzeptabel und zukunftsfä- Diese Erfahrung lehrt uns unsere Geschichte. Bei allem hig gestaltet werden kann. Thüringen ist ein schönes Land, Streit dürfen wir, denke ich, diese Erfahrung, die die Ge- ein traditionsreiches Land, aber auch ein sehr modernes schichte lehrt, nicht vergessen, wir Deutsche im Beson- Land. Wer unseren Freistaat von außen betrachtet, be- deren. Aber wir haben auch in jüngster Geschichte er- kommt diese Prädikate auch immer wieder gesagt. Damit fahren, wie Freiheit des Einzelnen gefährdet ist. sind wir ein Freistaat mit guter Zukunft, wenn wir es schaffen aus unseren Potenzialen die Kraft zu schöpfen, Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich hat die Entwicklung auch weiter zu gestalten. Wir sind, meine dieses Land viele Probleme. Ich habe viele Aufgaben vor sehr verehrten Damen und Herren, weder jung noch alt. 7504 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Wir sind schlicht Thüringen, wir sind auch nicht Ost oder dern nur wenn wir es schaffen, das auch freiheitlich für- West. Es wäre schön, wenn wir nach 13 Jahren Wieder- einander nutzbar zu machen. Deshalb ist Partnerschaft vereinigung unseres Vaterlandes dahin kommen würden, angesagt, das muss die Leitlinie der Politik sein. wo die Normalität uns eigentlich sieht, wir sind Thü- ringer. Es gibt Hessen, es gibt Bayern, es gibt Sachsen Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke meiner und wir alle zusammen sind Deutsche und Europäer. Fraktion für die besondere Unterstützung, jetzt, aber auch in den vergangenen Jahren. Ich bitte die Opposition um (Beifall bei der CDU) kritische, aber auch faire Begleitung. Ich danke meiner Familie und hoffe auch in Zukunft auf liebende Nach- Meine sehr verehrten Damen und Herren, was uns trägt, sicht. Sie können davon ausgehen, dass ich meinen Auf- scheint nicht immer offensichtlich zu sein. Aber es ist trag prägnant, und so wie es die Eidesformel ausdrückt, das, was wirklich spürbar ist, was erlebbar ist in unseren ausführen will. Ich bitte um Ihre Unterstützung. Gemeinden, in unseren Städten, das ist vor allen Dingen unsere Kultur. Die Kultur, die sich im Personalen aus- (Beifall bei der CDU, SPD) prägt, aber auch in unserer Lebensgeschichte, in unserer Kulturgeschichte. Diese Kultur bezieht sehr bewusst mit Präsidentin Lieberknecht: ein die wechselvolle, zum Teil auch dramatisch wechsel- volle Geschichte. Diese Kultur zu erhalten, das Positive Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Liebe Kollegin- weiterzuentwickeln, aus der Geschichte zu lernen, das nen und Kollegen, ich unterbreche jetzt wie angekündigt ist die Hauptaufgabe eines Landes. Deswegen haben wir die Sitzung und lade zum Empfang. Wir sehen uns hier den Kulturföderalismus, deswegen haben wir Länder, die wieder um 12:40 Uhr. den Bund gebildet haben, weil diese Aufgabe eine Auf- gabe ist, die man nur vor Ort in einem Land umfassend Vizepräsidentin Dr. Klaubert: gestalten kann. Dass die Thüringer Kultur vielfältig ist, wissen Sie alle. Jeder kann dazu etwas beitragen. Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 7

Aber Thüringen ist auch ein Land mit Verantwortung. Zweites Gesetz zur Änderung Verantwortung, die sich sehr persönlich ausprägt und die, der Verfassung des Freistaats wenn wir sie wirklich leben und ernst meinen, auch die Thüringen Kraft zur Solidarität gibt. Thüringen ist, wenn wir die Kul- Gesetzentwurf der Fraktion der PDS tur und die Verantwortung in den Mittelpunkt rücken, - Drucksache 3/2911 - ebenfalls dann ein Land der Werte. Allzu oft wird über dazu: Beschlussempfehlung des Werte philosophiert, es werden Tagungen abgehalten und Justizausschusses es wird diskutiert, welche Werte gültig sind, welche Werte - Drucksache 3/3250 - möglicherweise keine Gültigkeit mehr haben. DRITTE BERATUNG

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Werte muss Die Berichterstattung entfällt, da sie bereits in der letzten man leben und nur gelebte Werte haben wirklich Bestand Plenarsitzung erfolgte. Ich eröffne die Aussprache und und eine Zukunft. Deshalb werde ich persönlich in der rufe als ersten Redner Abgeordneten Kummer, PDS-Frak- Amtsführung die Werte, die für Thüringen aus der Ver- tion, auf. fassung, aber auch für mich ganz persönlich wichtig sind, leben und ich hoffe, dass sie erfahrbar werden. Nein, es Abgeordneter Kummer, PDS: ist wirklich viel zu tun, keine Frage. Die Arbeit wird nicht auf sich warten lassen. Aber ich bin auch stolz auf das Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben Erreichte, auch stolz darauf, dass ich mit Ihnen allen hel- jetzt den ersten Tagesordnungspunkt nach der Neuwahl des fen durfte, dass wir so weit gekommen sind. So ein Stolz Ministerpräsidenten und der Raum ist leider noch sehr spär- verleiht nicht falsches Selbstbewusstsein, sondern dieser lich gefüllt. Ich hoffe, das liegt nicht am mangelnden In- Stolz motiviert zum Handeln. Das Handeln von uns, von teresse. mir, soll sich ausrichten an der Zukunft. Wir müssen für Familien attraktiv bleiben und noch attraktiver werden. (Zwischenruf Abg. Wackernagel, CDU: Was, Wir müssen uns für Kinder einsetzen, für Jugendliche. Herr Kummer, hier bin ich.) Damit ist Zukunft gestaltbar und wir müssen darauf ach- ten, dass soziale und wirtschaftliche Stabilität nicht durch Frau Wackernagel, ich sehe Sie natürlich. Ich hatte aber ein Gegeneinander organisiert werden soll, sondern dass darauf gehofft, dass der Ministerpräsident im Raum ist, Soziales und Wirtschaftliches sich in einer sozialen Markt- weil ich ihm für seine Amtszeit wünschte, dass sie ge- wirtschaft, auf die ich mich ausdrücklich beziehe und zu prägt sein soll von hohem demokratischen Anspruch, von der ich mich ausdrücklich bekenne, bedingen. Die Zukunft Öffentlichkeit und Transparenz der Entscheidungen der in Freiheit und Solidarität wird nicht im Widerspruch zwi- neuen Regierung. schen Sozialem und Wirtschaftlichem gestaltbar sein, son- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7505

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Die gen zu spenden. Meist tun sie das über den Verein "Al- Wünsche kann man trotzdem noch ...) ternative 54", der laut seiner Satzung Projekte gemein- nütziger Vereine mit Thüringenbezug fördert. Der Ver- Ich wünsche mir das ja auch trotzdem, Herr Kretschmer. ein ist als gemeinnützig anerkannt und wir müssen auch jedes Jahr unsere Abrechnung gegenüber dem Finanzamt (Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Sie vorlegen, so dass das auch kontrolliert wird. Einige Ab- haben aber wünschte gesagt.) geordnete unserer Fraktion spenden aber auch an andere Vereine, z.B. zur Kofinanzierung von Arbeitsplätzen im Weil ich die Hoffnung nicht aufgeben will, gibt unsere Bereich des zweiten Arbeitsmarkts. Das lässt die Satzung Fraktion Ihnen mit dem jetzigen Tagesordnungspunkt, also der "Alternative 54" nicht zu, da die Gelder sonst bei der mit unserem Gesetzesantrag die Chance, diesen hohen An- Vielzahl von Anträgen, die es an uns gibt, nicht ausrei- sprüchen auch bei der Festlegung der Diäten gerecht zu chen würden. werden. Meine Damen und Herren, Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, stim- men Sie unserem Gesetz einfach zu. (Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Ihr könnt doch die Spenden erhöhen.) (Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Ja, kommt noch.) als Vorsitzender des Vereins "Alternative 54" möchte ich hier einiges zur Arbeit dieses Vereins sagen. Seit Mai 1995 Die Argumente wurden in den vorangegangenen zwei erfolgten Zuwendungen an Vereine, Verbände, Kirchen- Lesungen bereits ausgetauscht. Wir legten dar, dass die gemeinden und in begründeten Einzelfällen auch an Bür- Höhe der Abgeordnetenbezüge Ergebnis einer öffentli- gerinnen und Bürger. Wir bewilligen ca. 100 Anträge im chen Meinungsbildung und nicht eines zweifelhaften Auto- Jahr und ich möchte für jedes Jahr ein Beispiel mal hier matismus sein soll. Die SPD wollte nicht so weit gehen nennen. Symbolisch für die Zielsetzung des Vereins ist und war nur für eine einmalige Diätenerhöhung wegen eigentlich die erste Zuwendung. Im Rahmen der Opera- der miserablen Situation des Landeshaushalts. Neben die- tion Andruscha wurden 1.000 DM in einen Hilfsfonds ent- sen beiden Vorschlägen zu unseren Diäten waren aber noch richtet, um einem neunjährigen Jungen im Kaliningrader eine ganze Reihe weiterer Vorschläge in der Beratung Gebiet eine lebenserhaltende Herzoperation zu finanzie- zum Gesetzentwurf zu vernehmen. Es gab z.B. den Vor- ren. 1996 bezuschussten wir z.B. eine Klassenfahrt für die schlag von Herrn Gentzel, ein Halbtagsparlament einzu- Körperbehindertenschule Erfurt mit 300 DM. 1997 erhielt richten, den die PDS-Fraktion deutlich ablehnt, weil da- das DRK Hildburghausen 400 DM für die Anschaffung mit keine Bürgernähe gewährleistet werden kann und weil von Möbeln für ein Obdachlosenzentrum. 1998 wurden auch eine ausreichende Regierungskontrolle auf diese Art die Mühlhäuser Werkstätten für Behinderte mit 800 DM und Weise unserer Meinung nach nicht möglich ist. bedacht, die als Zuschuss für die Errichtung von Werk- stätten für seelisch Behinderte eingesetzt wurden. 1999 er- Von Herrn Schwäblein, den ich im Moment leider auch hielt der Gehörlosensportverband Thüringen einen Zu- nicht im Saal sehe, erfuhren wir, dass er meint, sein Geld schuss von 600 DM für die Ausrichtung der 21. Deutschen wert zu sein. Viele Thüringer fragten sich nach dieser Aus- Gehörlosenleichtathletik-Hallenmeisterschaft. Einer Familie sage, ob sie wirklich so wenig Geld wert wären, wie sie aus Altengottern mit zwei schwerstgeschädigten Kindern bekommen. Ich denke, das ist ein ernstes Problem. Dann wurde im Jahr 2000 in akuter Notsituation ebenfalls eine verbreitete Kollege Schwäblein noch die Erkenntnis, die Zuwendung in Höhe von 1.000 DM überreicht. PDS wolle mit einfacher Bundestagsmehrheit Entschei- dungen des Bundesverfassungsgerichts aufheben lassen. (Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Sollen Da frage ich mich natürlich schon, wo er diese Erkennt- wir jetzt jeder unsere Spendenlisten vorle- nis hernimmt. Unser Bundestagsantrag, den er sicherlich gen?) meinte, forderte, dass für verfassungswidrig erklärte Ge- setze 120 Tage nach dieser Erklärung des Gerichts auto- Im Jahr 2001 erhielt die Junge Gemeinde Stadt Mitte matisch außer Kraft treten sollten. Wir nehmen Verfas- Jena 1.000 DM für ihr Projekt "Offenes Internetcafe". sungsgerichte ernst, sonst würden wir sie auch nicht so ziemlich oft anrufen. (Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Las- sen Sie es Herrn Wunderlich schriftlich Als weiterer CDU-Redner trat in der zweiten Lesung Herr zukommen, das reicht.) Wunderlich auf. Auch ihn vermisse ich im Moment. Er war sehr unwissend in Bezug auf das Spendenverhalten Im Jahr 2002 bekam z.B. eine kinderreiche Familie aus der PDS-Abgeordneten. Seiner Bitte, darüber zu berichten, Höngeda mit zehn Kindern einen Zuschuss für die Er- möchte ich hier nachkommen. Die Abgeordneten der Frak- richtung eines Bades. tion der PDS verpflichteten sich zu Beginn dieser Legis- latur, die in den fünf Jahren anfallenden Diätenerhöhun- 7506 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Können dieser Festlegung der Höhe der Bezüge der Landtagsab- Sie nicht mal zum Thema kommen?) geordneten. Die Thüringer Landtagsabgeordneten binden sich durch diese Regelung an das Wohl und Wehe der Ein Kollege aus Ihrer Fraktion bat darum und ich kom- Thüringer Bevölkerung. So, wie die Einkommensentwick- me dem gern nach. lung sich in Thüringen entwickelt, genauso entwickeln sich auch die Bezüge der Landtagsabgeordneten. Meine Damen Meine Damen und Herren, ich denke, das hat schon sehr und Herren, aus diesem Grunde kann ich Ihnen nur emp- deutlich etwas mit der Debatte zu tun, ob jemand sein fehlen, der Beschlussempfehlung des Justizausschusses Geld wert ist und ob ehrenamtliche Aktivitäten z.B. in zu folgen und zur Ablehnung des Gesetzentwurfs damit diesem Land eine entsprechende Anerkennung benötigen. die Empfehlung aussprechen. Herr Kummer, noch eines zur Klarstellung, weil doch der eine oder andere von der (Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das reicht schreibenden Zunft vorhin zugehört hat. Wir beschlie- aber nicht, was Sie da erzählen.) ßen heute keine Diätenerhöhung. Ich will das nur noch einmal so deutlich sagen, weil ich die Schlagzeile mor- Die Bereitstellung der Mittel aus der "Alternative 54" gen schon wieder sehe, dass die Thüringer Abgeordne- wird unabhängig von einer politischen Nähe zur PDS ge- ten heute eine Diätenerhöhung beschlossen hätten. Ihr währleistet. Das hat bisher noch nie eine Rolle gespielt. Antrag geht dahin, den Artikel 54 Abs. 2 aus der Ver- Es ist auch anderen Abgeordneten, als denen der PDS- fassung zu streichen. Es geht im Moment nicht um eine Fraktion möglich, in diesem Verein Mitglied zu werden, Diätenerhöhung. Danke für die Aufmerksamkeit. um hier entsprechend unterstützend zu wirken. Wir ha- ben insgesamt bis zum 31. Mai 2003 321.000 ¼DXVge- (Beifall bei der CDU) reicht. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ehren- amtliche Arbeit ist auch ihr Geld wert. Auch aus diesem Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Schemmel Grund möchte ich Sie bitten, die automatische Diäten- zu Wort gemeldet. anpassung aufzuheben und gerade in der gegenwärtigen Haushaltssituation ein Stück weit zu verzichten, damit wir Abgeordneter Schemmel, SPD: z.B. mit den dadurch eingesparten Mitteln den Anspruch des Ehrenamts auf Unterstützung schaffen können. Darum Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte ich Sie, meine Damen und Herren. Vielen Dank. sehr geehrte Herren Staatssekretäre, die Sie heute aus- nahmsweise einmal in Ihrer vollen Schönheit zu bestau- (Beifall bei der PDS) nen sind und sich nicht hinter dem Rücken Ihrer Minis- terinnen oder Minister verbergen müssen, Vizepräsidentin Dr. Klaubert: (Beifall im Hause) Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Wolf zu Wort gemeldet. ich freue mich, Sie so in dieser Art und Weise hier zu sehen. Abgeordneter B. Wolf, CDU: (Zwischenruf Richwien, Staatssekretär: Ich Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordne- hoffe, wir gefallen.) ten, wir behandeln heute in dritter Beratung die Druck- sache 3/2911, parallel dazu die Beschlussempfehlung des Wenn es um Diäten geht, meine Damen und Herren, also Justizausschusses in der Drucksache 3/3250. Es geht um um die Aufwandsentschädigung und Grundentschädigung, den Gesetzentwurf der PDS-Fraktion zur Änderung der findet dieses meist öffentliches Interesse. So auch, wenn Verfassung. Inhalt dieses Gesetzentwurfs ist die Abschaf- dies im Bundestag geschieht, so, wenn dies in den Land- fung der Thüringer Indexregelung, das heißt die Strei- tagen geschieht und so auch, wenn dies bei den Aufwands- chung des Artikels 54 Abs. 2 der Thüringer Landesver- entschädigungen der ehrenamtlichen Mitglieder von Stadt- fassung. Es gab und gibt unterschiedliche Verfahren zur parlamenten, Kreisparlamenten, Gemeinderäten geschieht. Festlegung der Höhe der Bezüge der Abgeordneten. Auch Wobei ich das Letzte, hier muss ich einmal eine Lanze bre- der Thüringer Landtag hat es mit unterschiedlichen Kom- chen für die Kollegen, die diese Arbeit ehrenamtlich ma- missionen probiert, die Höhe der Diäten beraten zu las- chen in den Ebenen Kreis und Stadt, über diese Aufwands- sen, aber beschließen musste es letztendlich dann doch entschädigung sich dort zu monieren, ist eigentlich ange- immer der Landtag. Aber alle Kommissionen sind im- sichts der Arbeit, die die Leute dort vor Ort ehrenamt- mer nur ein Behelf, um die Höhe der Bezüge der Abge- lich leisten, wirklich manchmal regelrecht lächerlich. ordneten festzulegen. Auch die Indexregelung ist mit Si- cherheit nicht der Weisheit letzter Schluss. Aber die Thü- (Beifall im Hause) ringer Indexregelung ist die beste mir bekannte Lösung Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7507

Bei diesen Diskussionen fällt dann immer wieder der Be- Als Berichterstatter ist der Abgeordnete Buse benannt. griff "Selbstbedienungsmentalität" - ein schlimmer Begriff, Wir kommen in zweiter Beratung zur Berichterstattung. der uns auch natürlich hin und wieder etwas trifft. Es müss- Bitte, Herr Abgeordneter. te natürlich der Wunsch der Parlamentarier sein, aber auch der Bürger im Land draußen, die die Parlamentarier ge- Abgeordneter Buse, PDS: wählt haben, dass es diese Selbstbedienungsmentalität eigentlich gar nicht geben kann. Suchen wir doch ein- Sehr verehrte Frau Präsidentin, werte Damen und Her- mal gemeinsam nach einer Lösung, dass es nicht zu die- ren, der Thüringer Landtag hat in seiner 78. Sitzung am ser Selbstbedienungsmentalität kommt. Da würde mir ers- 30. Januar 2003 den Gesetzentwurf der Landesregierung tens einfallen, die Parlamentarier legen nicht mehr durch zum Thüringer Bergbahngesetz in erster Lesung behan- Abstimmung die Höhe ihrer eigenen Aufwandsentschä- delt. Den Gesetzentwurf begründete bekanntlich der Mi- digung und Grundentschädigung fest. Das ist doch prima. nister für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur. Zur wei- teren Beratung wurde auf Antrag der SPD-Fraktion der Zweitens: Eine vom Parlament völlig unabhängige Stelle Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit bestimmt erforderliche Anpassungen. Ich sage ja theore- und Strukturpolitik überwiesen. Der Ausschuss hat in sei- tisch Anpassung, weil es Erhöhungen sind, aber theore- ner 34. Sitzung am 9. April 2003 die Durchführung einer tisch auch Erniedrigungen sein könnten. Also eine vom schriftlichen Anhörung beschlossen und den TÜV Thürin- Parlament unabhängige Stelle bestimmt das. Da fiele mir gen e.V., die DEKRA Automobil GmbH, den Landes- z.B. das Landesamt für Statistik ein. verband Thüringen des Bundes für Umwelt und Natur- schutz Deutschland, den Verband für Seilbahnen, Schlepp- Drittens: Die Anpassung wird an objektive Kriterien gekop- lifte und Wintertourismus in Thüringen e.V. und den Ge- pelt. Jeder vernünftige Mensch im Land draußen sagt, die meinde- und Städtebund Thüringen um eine schriftliche machen es nicht mehr selbst. Es macht eine vom Parla- Stellungnahme gebeten. Dieser Bitte sind alle fünf Insti- ment unabhängige Stelle. Es wird an objektive Kriterien tutionen nachgekommen. In ihren Zuschriften wurden Hin- gekoppelt. Jeder wird sagen, das ist okay so. Nichts anderes weise, Anregungen und Bedenken zu den §§ 2 - Begriffs- ist diese Lösung, die wir in Thüringen haben und nichts bestimmungen, 3 - allgemeine Anforderungen, 4 - Bau- anderes ist das, was die PDS mit ihrem Antrag aus der Ver- und Betriebsgenehmigungen, 5 - Genehmigungsverfah- fassung herausfegen will. Deswegen, meine Damen und ren, 6 - Änderungsanzeige, 7 - Genehmigung der techni- Herren, sind wir von der SPD-Fraktion natürlich weiterhin schen Planung, 8 - Betriebseröffnung, 13 - Betriebslei- a) auf dem Boden der Verfassung und b) für diese ver- tung, 15 - Mitteilungspflicht, 18 - zuständige Behörde und nünftige Regelung, die jedem einsichtig ist. Deshalb soll 22 - zu Rechtsverordnungen sowie auch zu den §§ 23 es so bleiben, wie es ist. Basta. bis 25 geäußert. In seiner 36. Sitzung am 15. Mai 2003 hat der Ausschuss die Möglichkeit genutzt, sich mit der (Beifall bei der CDU, SPD) Landesregierung zum Grundanliegen des Gesetzentwurfs zu verständigen, die Ergebnisse der schriftlichen Anhö- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: rung sowie weitere Vorschläge der Ausschussmitglieder zu beraten. So hat der Ausschuss festgestellt, dass ein Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor. Ich Thüringer Gesetz über Bergbahnen die Einbeziehung schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung eben der Bergbahnen, der Seil- und zahnstangengeführ- über den Gesetzentwurf der Fraktion der PDS in der ten Bahnen sichert und damit im Sinne der Vermeidung Drucksache 3/2911 nach Dritter Beratung. Wer diesem zweier Gesetze zu begrüßen ist. Ausdrücklich hat der Aus- zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. schuss dafür plädiert, nicht ortsfeste Schlepplifte von der Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Gibt es Stimm- Regelung des Gesetzes auszunehmen, weil im Sinne des enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Mit einer großen An- zuständigen Personenverkehrs keine Aufsichtspflicht beim zahl von Gegenstimmen ist der Gesetzentwurf abgelehnt. Land liegt. Als notwendig hat es der Ausschuss erachtet, Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7 und komme zum dass eine klare Zuständigkeit für den Erlass technischer Aufruf des Tagesordnungspunkts 8 Regeln als technische Bestimmungen sowie für die ein- deutige Ausfüllung des unbestimmten Begriffs von we- Thüringer Bergbahngesetz sentlichen Änderungen in der Form erfolgt, dass diese (ThürBBahnG) wesentlichen Änderungen solche Änderungen sind, die Gesetzentwurf der Landesregierung die Betriebssicherheit berühren. Deshalb unterbreitet der - Drucksache 3/3019 - Ausschuss zu diesen beiden Problemen die in der Be- dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schlussempfehlung aufgenommenen Änderungsvorschlä- schusses für Wirtschaft, Arbeit ge unter den Punkten 1 und 2. Hinsichtlich der Hinweise und Strukturpolitik zur Umweltverträglichkeitsprüfung verweist der Ausschuss - Drucksache 3/3329 - nach Beratung auf die bestehende Ausregelung im ent- ZWEITE BERATUNG sprechenden Fachgesetz, die eine weitere Einbeziehung in das Bergbahngesetz überflüssig macht. Zu den gege- benen Hinweisen zum Genehmigungs- und Anzeigever- 7508 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 fahren kam der Ausschuss zu der Feststellung, dass ge- (Beifall bei der PDS) mäß der EU-Richtlinie unter Hinweis auf den § 1 des vor- liegenden Gesetzentwurfs ein Bericht über die Sicher- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: heitsanalyse eingeschlossen ist und der Bezug auf Teile oder Baugruppen gleicher Bauart für die Ausnahmerege- Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Doht lung zur Änderungsanzeige eindeutig ist und keiner Er- zu Wort gemeldet. gänzung bedarf. Im Zusammenhang mit der unterschied- lichen Klassifizierung der Betriebsleitung und in Anerken- Abgeordnete Doht, SPD: nung entsprechender Hinweise der Anzuhörenden hat der Ausschuss das Votum bestätigt, keine Unterscheidung Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Ausschuss zwischen der Betriebsleitung bei Bergbahnen und bei für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik hat sich in sei- Schleppaufzügen zu machen. Deshalb ist in der Beschluss- ner letzten Sitzung mit dem Thüringer Bergbahngesetz empfehlung in Punkt 3 eine entsprechende Kürzung des beschäftigt und im nächsten Tagesordnungspunkt mit An- § 13 vorgenommen worden. Eine Festlegung von Zeit- trägen zu Deregulierung und Entbürokratisierung in Thü- abständen zur Mitteilungspflicht der Unternehmer von ringen. So weit zu Theorie und Praxis. An den Regulie- Bergbahnen gemäß § 15 lehnt der Ausschuss als Über- rungsvorschlägen zum Bergbahngesetz bestand im Aus- regulierung ab, insbesondere mit dem Hinweis auf die schuss doch auch einiger Zweifel, was auch ein Grund geregelte Möglichkeit zur Anforderung von Betriebsbe- mit dafür war, dass diese schriftliche Anhörung zustande richten. Der Ausschuss folgte dem Vorschlag, in § 20 kam, aber ich muss sagen, auch die Anhörung hat letztend- Abs. 3 "Widerruf der Genehmigung" den in unseren Hö- lich hinsichtlich Deregulierung und Entbürokratisierung henlagen denkbaren Schneemangel zu berücksichtigen keine wahren Anregungen ergeben. Fakt ist, dass es eine und damit einen Tatbestand einzuführen, der nicht zur EU-Richtlinie gibt, die uns dazu zwingt, dieses Gesetz in Aufhebung der Genehmigung nach 2-jähriger Unterbre- Kraft treten zu lassen, da bislang noch die alten DDR- chung des Betriebes führen soll. Deshalb sollen in die- Bestimmungen gelten und diese 2004 außer Kraft treten. sen Absatz für Versagungsgründe Witterungsumstände Da neben den technischen Bestimmungen und den Re- unschädlich sein. Ein entsprechender Vorschlag liegt Ih- gelungen zur Planung und Genehmigung neuer Anlagen nen dazu vor. auch ein Großteil der Paragraphen die Sicherheit von Seil- bahnen und Schleppliften tangiert, ist es sicherlich auch Zu § 22 "Rechtsverordnung" vertrat der Ausschuss die richtig, dieses Gesetz zu beschließen. Es gab im Ausschuss, Auffassung, dass im Sinne der Deregulierung anstelle wie bereits von Herrn Buse gesagt, eine intensive Bera- der mit dem Wort "erlässt" zwingenden Darstellung eine tung. Die SPD-Fraktion hatte drei Änderungsanträge ein- den Notwendigkeiten angepasste Möglichkeit als Kann- gebracht, zum einen wollten wir in § 13, der die Betreiber Regelung vorzusehen ist. Zu den nach § 24 möglichen von Seilbahnen und Schleppliften verpflichtet, einen Be- Einschränkungen von Grundrechten entsprechend vor- triebsleiter einzustellen, die gemeinnützigen Vereine, die liegenden Hinweisen wurde ausdrücklich in der Aus- Betreiber von Schleppliften sind und deren Lifte und An- schussberatung auf die Schutzwirkung des Grundgeset- lagen nur zur Beförderung der eigenen Mitglieder dienen, zes und bei notwendigen Abweichungen auf die dafür von dieser Auflage ausnehmen. Hierzu gab es seitens der bestehenden gesetzlichen Regelungen oder richterlichen Landesregierung den Verweis auf den Absatz 5, dass die- Anordnungen hingewiesen. Insofern hat der Ausschuss ser dann zur Anwendung kommt. Dort heißt es, dass die keine Notwendigkeit zur Veränderung des § 24 des Ge- Aufsichtsbehörde bei einfachen Verhältnissen Ausnahmen setzentwurfs gesehen. zulassen kann, d.h., dass zwar Vereine einen Ansprech- partner benennen müssen, aber nicht unbedingt verpflich- Zu § 25 "Übergangsbestimmungen", den der Ausschuss tet sind, einen bezahlten Betriebsleiter einzusetzen. Darauf- auf der Grundlage vorliegender Hinweise der Anzuhören- hin haben wir unseren Antrag zurückgezogen, wir werden den beriet, schloss sich der Ausschuss der von der Lan- allerdings, wenn dieses Gesetz in der Praxis zur Anwen- desregierung vorgetragenen Bestandsschutzerklärung un- dung kommt, uns schon vor Ort bei den entsprechenden ter Beachtung der Tatsache an, dass in Thüringen bisher Vereinen informieren, ob die Zusage auch so eingehalten noch kein Bergbahngesetz besteht und die Seilbahnvor- wird, denn, ich glaube, es ist keinem Verein aufzuerlegen, schriften erstmals im Jahr 2004 wirksam werden. Im Sinne jetzt noch einen bezahlten Betriebswart oder Betriebslei- der Ausschussberatung liegt Ihnen in der Drucksache ter einzustellen, sie haben so mit der Lösung ihrer eige- 3/3329 die Beschlussempfehlung des Ausschusses für nen Probleme schon genug zu tun. Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik vor. Der Ausschuss bittet um Zustimmung. § 20 - auch bereits in der Berichterstattung genannt worden - betrifft den Widerruf der Betriebsgenehmigung, Abschließend möchte ich namens des Ausschusses den die erfolgen soll oder kann, wenn eine Bahn zwei Jahre Beteiligten für ihre schriftlichen Hinweise und Anregungen nicht in Betrieb genommen wurde. Nun ist es durchaus sowie die Diskussionen im Ausschuss danken. Ich danke vorstellbar, dass bei den Witterungsbedingungen in Thü- Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. ringen auch eine Bahn mal zwei Jahre keinen Schnee er- lebt und wir möchten nicht, dass dann erst ein riesen- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7509 großer Prüfaufwand in Gang gesetzt wird, sich ein Stab Meine Damen und Herren, ich möchte Ihre Aufmerk- von Mitarbeitern im Landesverwaltungsamt darum küm- samkeit jedoch noch mal auf den Aspekt der Sicherheit mert, warum denn diese Bahn nun nicht betrieben wurde lenken, und zwar ist es wirklich wichtig, dass die Sicher- und vielleicht ein intensiver Schriftwechsel geführt wird. heitsbelange im Zusammenhang mit den technischen An- Deswegen von uns der Vorschlag, hier "außer aus Witte- lagen zu sehen sind. Immer wieder auftretende Unglücks- rungsgründen" einzufügen, d.h., wenn zwei Jahre kein fälle bei Seilbahnen zeigen, dass Sicherheitsstandards und Schnee gelegen hat, dann muss ein Betreiber nicht erst die Einhaltung technischer Bestimmungen bei der Per- begründen, warum er denn nun nicht vom Himmel ge- sonenbeförderung ein hohes Gut sind. Allein aus diesem fallen ist. Und das, denke ich, ist auch ein Vorschlag zur Grund ist die zügige Verabschiedung des Thüringer Berg- Deregulierung. bahngesetzes und die damit einheitliche Regelung für Ge- nehmigung, Bau und Betrieb notwendig. Der bisherige Des Weiteren ist an uns eine Anregung vom TÜV heran- Wildwuchs an Übergangs- und Ausnahmeregelungen, dif- getragen worden, die Vorschriften für die Kreuzung von fusen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, teilweise Seilbahnen und Schleppliften mit Straßen-, Wegen- und auf Basis von veralteten DDR-Richtlinien, führte immer Versorgungsleitungen zu regeln, was bislang nicht im zu einem Sicherheitsrisiko für Nutzer und Betreiber un- Detail geregelt ist. Wir haben auch dieses Anliegen an serer Skilifte in Thüringen. Bei der Gefährdung von den Ausschuss herangetragen und seitens der Landesre- Menschen darf es aber keinen rechtsfreien Raum geben. gierung wurde hier zugesagt, in einer der bereits anste- Deshalb, meine Damen und Herren, ist allen Beteiligten henden 11 Rechtsverordnungen, dies zu regeln. Insofern zu danken, dass es in Thüringen bisher zu keinen nennens- haben wir darauf verzichtet, noch auf einer 12. Rechts- werten Unfällen gekommen ist und letztlich die Weiter- verordnung zu bestehen. Uns kommt es darauf an, dass entwicklung unseres Wintertourismus auch von einem dieses Problem geregelt wird, denn dies ist auch ein si- sicheren Skilift abhängt. Mitunter wurde das Bergbahn- cherheitstechnisches Problem. gesetz als ein Beispiel für Überregulierung und als ein unnötiges Gesetzeswerk bezeichnet, was ich nicht so sehe, Abschließend kann ich für meine Fraktion sagen, dass denn man kann klar sagen, dass dieses Gesetz aus der Sicht wir dem Gesetz in der vorliegenden Fassung mit den Än- des Gefährdungspotenzials für Personen Sinn macht und derungen, die der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und dass wir den Grundgedanken der EU-Richtlinie, auch wenn Strukturpolitik beschlossen hat, zustimmen werden. diese insbesondere auf die - darauf möchte ich noch mal hinweisen - traditionellen Hochgebirgsländer gezielt ist, (Beifall bei der SPD) für uns sehr wichtig ist, denn am Ende macht ein Sicher- heitsmangel an der Zugspitzschwebebahn oder am Schlepp- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: lift in Lauscha für die Betroffenen keinen Unterschied. Die Deregulierung, dort wo es Sinn macht und wo Bür- Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Wacker- ger und Investoren entlastet werden, dann finde ich das nagel zu Wort gemeldet. toll mit dem Gesetz. Bei den Regelungslücken, wenn es um die Sicherheit technischer Anlagen geht für den Men- Abgeordnete Wackernagel, CDU: schen, müssen wir schon ein bisschen aufpassen. Gerade weil wir über Sicherheit von Menschen nachdenken und Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, einen Gipfel mir das ein Anliegen ist, bitte ich um Zustimmung zu die- in Thüringen mit Schneeschuhen oder Tourenski zu er- sem Gesetz. reichen, davon träumen ja einige von uns - ich auch. Hügel um Hügel in Thüringen zu erreichen, um die touristi- (Beifall bei der CDU) schen Leiteinrichtungen, die dafür erforderlich sind, näm- lich die Seilbahnen und die Schlepplifte, das ist undenk- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: bar, wenn wir das nicht hätten. Für die PDS-Fraktion hat sich der Abgeordnete Buse zu Das Thüringer Bergbahngesetz soll uns nun eine durch- Wort gemeldet. gängige EU-konforme Rechtsgrundlage für die Einrich- tung und das Betreiben von Seilbahnen und Liftanlagen Abgeordneter Buse, PDS: schaffen. Die Notwendigkeiten und Regelungsbedürfnisse sind bei der Einbringung bereits durch Kollegen Buse er- Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, läutert worden und ich möchte auch darauf im Einzelnen gestatten Sie einige Bemerkungen aus Sicht der Frak- nicht mehr eingehen. Auch die schriftliche Anhörung von tion der PDS. Betroffenen hat ihren Niederschlag in der Ihnen vorlie- genden Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirt- Der heute zur Abstimmung vorliegende Gesetzentwurf be- schaft, Arbeit und Strukturpolitik als Vorlage gedient und rücksichtigt bekanntlich die entwicklungsbedingte Fort- Sie können darin nachlesen. schreibung von Vorschriften im Bereich der Bergbahnen, die unter anderem noch aus dem Jahr 1971 stammen so- wie - das wurde hier eben auch noch mal angesprochen 7510 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

- die notwendige Umsetzung der entsprechenden EU- unbürokratische Anwendung, zu der, wenn es so beschlos- Richtlinie. Diesem Anliegen dient, darin wurden wir auch sen wird, wie es heute vorliegt, der Gesetzgeber ja auch durch die zuständigen Fachexperten bestärkt, der heute bewusst einen gewissen Spielraum gegeben hat, beitragen. dem Landtag zur Beschlussfassung vorliegende Gesetz- Das wünsche ich uns gemeinsam. Ich bedanke mich für entwurf. Einer Zustimmung durch die Fraktion der PDS Ihre Aufmerksamkeit. steht meines Erachtens nichts im Wege. (Beifall bei der PDS) Gestatten Sie mir aber trotzdem, auf drei Aspekte kurz einzugehen, weil ich glaube, wir betrachten diesen Ge- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: setzentwurf nicht allein aus dem notwendigen Regelungs- bedarf. Für die Landesregierung hat sich Staatssekretär Richwien zu Wort gemeldet. Eine erste Überlegung: Diese Gesetzgebung, mag sie nun auch nicht zu den bedeutendsten für das Leben in Thü- Richwien, Staatssekretär: ringen, insbesondere für die wirtschaftliche Entwicklung in Thüringen gehören, fand ja nun mal in einer Situation Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen statt, in der Entbürokratisierung, Deregulierung auf der und Herren Abgeordneten! Vielen Dank, Herr Abgeordne- Tagesordnung stehen. Frau Doht machte in der Nen- ter Schemmel, für die Blumen in Richtung Staatssekre- nung der unmittelbaren Ausschussberatungsabfolge von täre. Wo Sie Recht haben, haben Sie natürlich Recht. Tagesordnungspunkten darauf aufmerksam. Auch in die- sem Plenum werden wir uns mit weiteren Anträgen zu (Zwischenruf Abg. Dr. Schuchardt, SPD: Das dieser Frage beschäftigen. Und ich stimme Frau Wacker- war bei ihm noch in eigener Sache.) nagel zu: Das Gesetz schafft keine Überregulierung. Mög- liche Befürchtungen an dieses Gesetz treffen nicht zu. (Heiterkeit im Hause) Die Abgeordneten, jedenfalls für den Ausschuss möchte ich das sagen, waren bemüht, auch einzelne Fragen in dem Das wollte ich zum Schluss noch erwähnen, Herr Abge- Gesetz nicht überzuregulieren. Auch wenn es im vorlie- ordneter Schuchardt. genden Fall nicht besonders gravierend war, beschlei- chen mich jedenfalls zunehmend Befürchtungen, dass Ent- Aber nun zum vorliegenden Antrag: Frau Präsidentin, bürokratisierung und Deregulierung auch als plakatives meine Damen und Herren, der vorliegende Entwurf der Gegenargument gegenüber Vorschlägen und Anträgen der Landesregierung zum Thüringer Bergbahngesetz soll im Opposition zunehmend Verwendung finden, und davor Freistaat die Rechtsgrundlage für das Betreiben, den Neu- möchte ich uns gemeinsam warnen. bau sowie die Durchführung von technischen Änderun- gen von Seilbahnen und zahnstangengeführten Schienen- Zum anderen, zweitens, habe ich die Hoffnung, dass das bahnen für den Personenverkehr schaffen. Gegenwärtig Gesetz mit dazu beiträgt, unter Berücksichtigung des Na- gilt für die Bergbahnen im Freistaat noch eine Rechts- turschutzes zur Attraktivität des Tourismus, insbesondere form der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik des Wintertourismus, beizutragen. Auch wenn es nach Be- als Landesrecht gemäß Artikel 9 Abs. 1 Satz 1 des Eini- schlussfassung dieses Gesetzes sicherlich keinen Run auf gungsvertrags. Diese Vorschrift aus dem Jahr 1971 re- Bau- und Betriebsgenehmigungen geben wird, so glaube gelt lediglich die technischen Grundsätze für Seilbah- ich, dass künftig die Umweltauswirkungen durch den Be- nen. Angesichts der fortschreitenden technischen Entwick- trieb von Bergbahnen stärker zu beachten sind. Bekanntlich lung und der Harmonisierung des europäischen Rechts legt das UVP-Gesetz Normierungen für den Bau von Berg- lässt sich diese Regelung nicht mehr in vollem Umfang bahnen fest, deren unmittelbarer Zusammenhang mit dem anwenden. Ferner fehlen eindeutige Anordnungen zur Umweltschutz sich nicht sofort oder wenn überhaupt er- technischen Prüfung und Überwachung sowie zur staat- schließt. So ist z.B. ein Planfeststellungsverfahren durchzu- lichen Aufsicht. Diesem Regelungsbedarf wird das zu führen, wenn eine Unverträglichkeitsprüfung durchzufüh- erlassende Thüringer Bergbahngesetz unter Beachtung ren ist, die bekanntlich an Seillängen und damit weniger der Deregulierung, Frau Doht, hinreichend gerecht. Zu- an maßgebenden Kriterien für Umweltbelastungen wie gleich wird damit die Richtlinie des Europäischen Parla- z.B. Personenbeförderungskapazität gebunden ist. Die Stel- ments und des Rates über Seilbahnen für den Personen- lung des Ausschusses dazu habe ich vorhin schon darge- verkehr in staatliches Recht umgesetzt. Durch die Um- legt. Ich würde dafür plädieren, dass das weiter in unserer setzung der EU-Richtlinie in nationales Recht wird erst- Arbeit beobachtet werden muss. Und schließlich, ich sagte mals eine europaweite einheitliche Standardisierung bei es bereits, betrachte ich das Gesetz auch als einen - wenn Sicherheitsbauteilen zum Schutz der zu befördernden auch kleinen - Baustein dafür, dass die Attraktivität des Personen geschaffen und somit eine Vereinheitlichung Wintertourismus im Land, in dem der Winterleistungssport im europäischen Warenverkehr erreicht. mit seinen nationalen und internationalen Erfolgen einen guten Klang hat, weiter erhöht wird. Dazu wird aber nicht Meine Damen und Herren, zu den Ausschussberatungen das Gesetz schlechthin, sondern seine Umsetzung und möchte ich nichts mehr sagen, ich glaube, darüber ist hinrei- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7511 chend berichtet worden. Lassen Sie mich aber abschließend Notwendigkeit sowie die Eckpunkte des Gesetzentwurfs feststellen, dass mit dieser Gesetzesvorlage die Vorausset- von Frau Ministerin Diezel umfassend dargelegt. Dieses zung für einen attraktiven und sicheren Bergbahnbetrieb Änderungsgesetz macht sich aufgrund der Vorgaben der - darauf hat Frau Wackernagel schon hingewiesen - nicht Europäischen Kommission zu Fragen der Vermeidung un- zuletzt zum Vorteil des Thüringer Tourismus geschaffen berechtigter Wettbewerbsvorteile erforderlich. In § 2 des wird. Ich bitte auch um Ihre Zustimmung. Danke. Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfs findet sich nunmehr eine umfassende Aufzählung aller Förderbereiche, auch (Beifall bei der CDU) solcher, denen sich die Thüringer Aufbaubank in Zukunft annehmen könnte. Nach den Darlegungen der Frau Minis- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: terin im Ausschuss schloss sich eine kurze Diskussion an, deren Schwerpunkte die Aufgabenübertragung an die Thü- Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstim- ringer Aufbaubank, die Möglichkeit der Auflegung eigen- mung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ständiger Förderprogramme und die Einbeziehung bzw. für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik in der Druck- Kontrollmöglichkeiten des Landtags und dessen Ausschüs- sache 3/3329. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das se bei diesen Fragen waren. Diese aufgeworfenen Fra- Handzeichen. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? Das gen wurden seitens des Thüringer Finanzministeriums ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht ausführlich beantwortet. der Fall. Damit ist die Beschlussempfehlung einstimmig angenommen worden. Sehr geehrte Damen und Herren, der Haushalts- und Fi- nanzausschuss empfiehlt dem Landtag im Ergebnis sei- Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf ner Beratung mehrheitlich und ohne Gegenstimmen die der Landesregierung in der Drucksache 3/3019 nach Annahme des Antrags der Landesregierung in der Druck- zweiter Beratung unter Berücksichtigung der Annahme sache 3/3185. Die Beschlussempfehlung unseres Ausschus- der eben abgestimmten Beschlussempfehlung. Wer dem ses liegt Ihnen dazu in der Drucksache 3/3328 vor. Ich Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um das Hand- danke für Ihre Aufmerksamkeit. zeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht (Beifall bei der CDU) der Fall. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenom- men. Ich bitte, das in der Schlussabstimmung zu bekun- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: den. Wer dem Gesetz zustimmt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Möchte jetzt je- Wenn ich das recht überblicke, gibt es keine Redemeldun- mand dagegen stimmen oder sich der Stimme enthalten? gen zu diesem Tagesordnungspunkt. Dann kann ich gleich Das ist nicht der Fall. nach der Berichterstattung zur Abstimmung kommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8 und komme zum Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Landesre- Aufruf des Tagesordnungspunkts 9 gierung in Drucksache 3/3185 in zweiter Beratung. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke Erstes Gesetz zur Änderung des schön. Das ist eine Mehrheit. Die Gegenstimmen bitte. Thüringer Aufbaubankgesetzes Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Es gibt eine ganze Gesetzentwurf der Landesregierung Reihe von Stimmenthaltungen. Ich bitte in der Schluss- - Drucksache 3/3185 - abstimmung zu bekunden, wer dem Gesetzentwurf zu- dazu: Beschlussempfehlung des stimmt, der möge sich von den Plätzen erheben. Danke Haushalts- und Finanzaus- schön. Das ist eine Mehrheit. Ich frage jetzt nach den Ge- schusses genstimmen. Würden Sie sich an der Seite mal entschei- - Drucksache 3/3328 - den, ob Sie da sind oder nicht? Die Gegenstimmen bitte? ZWEITE BERATUNG Die gibt es nicht. Die Stimmenthaltungen nun. Danke schön. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen und ich Als Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Lehmann schließe den Tagesordnungspunkt 9. benannt worden und ich bitte um die Berichterstattung. Ich komme nun zum Aufruf des neuen Tagesordnungs- Abgeordnete Lehmann, CDU: punkts 9 a und b

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Be- a) Gesetz zur umfassenden Verwirkli- schluss des Landtags vom 3. April 2003 wurde der Gesetz- chung gesellschaftlicher Teilhabe entwurf der Landesregierung zur Änderung des Thüringer behinderter Menschen im Freistaat Aufbaubankgesetzes zur weiteren Beratung an den Haus- Thüringen halts- und Finanzausschuss überwiesen. Diese Beratung Gesetzentwurf der Fraktion der PDS fand in der 50. Sitzung unseres Ausschusses am 16. Mai - Drucksache 3/3249 - dieses Jahres statt. Zu Beginn der Beratung wurden die ZWEITE BERATUNG 7512 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 und Ich komme noch dazu, Frau Vopel, bleiben Sie doch ganz ruhig. Das, was uns dort geboten wurde, zeigt mir b) Thüringer Gesetz zur Herstellung sehr deutlich, dass Sie unseren Gesetzentwurf nicht ein- gleichwertiger Lebensbedingungen mal richtig gelesen haben. Ansonsten hätten Sie mit so für Menschen mit Behinderungen einem Schmarren nicht zusammengerechnet und diese Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Summe hier so felsenfest als ein Totschlagargument ge- - Drucksache 3/3266 - gen unseren Gesetzentwurf eingesetzt. ZWEITE BERATUNG (Beifall bei der PDS) Wir werden beide zweite Beratungen in gemeinsamer Aussprache durchführen. Als erster Redner hat sich zu Dass diese 500 Mio. ¼KRFKJHVWDSHOWVLQGZHUGHLFK,KQHQ Wort gemeldet Herr Abgeordneter Nothnagel, PDS-Frak- jetzt im Folgenden, und Ihnen auch Frau Vopel, bewei- tion. sen. Ich fange an mit dem Thema "Mobilitätsgeld, Mobili- tätspauschale." Von Seiten des Ministeriums wurden hier Abgeordneter Nothnagel, PDS: 329 Mio. ¼IUGLHVHQ1DFKWHLOHUUHFKQHW,FKVDJHGDV ist falsch. Der gewählte Ansatz von über 182.000 poten- Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Her- ziellen Anspruchsberechtigten ist nicht korrekt, denn die ren, ohne Zustimmung der einbringenden Fraktionen, Mobilitätspauschale kann nur dann gewährt werden, wenn die bekanntlich beantragt hatten, die zweite Beratung jemand die Einzelabrechnung nach §§ 4 und 5 nicht gel- der beiden Gesetzentwürfe im Juli-Plenum durchzufüh- tend machen will. Das heißt aber auch, der jeweils behin- ren, hat die Mehrheitsfraktion bei der Feststellung der derte Mensch muss nachweisen, dass er in diesem Monat heutigen Tagesordnung diese zweite Lesung beantragt, wegen der Unterstützung der Behinderung Fahrten zur und zwar ohne inhaltliche Beratung. Behandlung oder zu Beratungsstellen unternommen hat und diese nicht durch andere gesetzliche Vorschriften, Die beiden Gesetzentwürfe sollen scheinbar so schnell wie z.B. dem SGB V oder SGB IX, abgedeckt sind. Die wie möglich beerdigt werden. Dies wird den Menschen Pauschale soll also kein genereller Zuschuss sein, son- mit Behinderung im Freistaat gerade im Europäischen dern lediglich an die Stelle der Einzelberechtigung im Jahr der Menschen mit Behinderung in tiefer Erinne- konkreten Fall treten. In diesem Zusammenhang ist auch rung bleiben als segensreicher Fehlschritt für mehr Teil- zu berücksichtigen, dass zum einen die konkreten Ansprü- habe für Menschen mit Behinderung. Aber, wie gesagt, che im Einzelfall den Betroffenen nur unter sehr bestimm- diese heutige Beratung findet fast ohne Ausschussbera- ten Voraussetzungen zustehen, so dass zum Beispiel der tung statt. Die PDS-Fraktion hatte einen Selbstbefassungs- Anspruch nach § 4 Abs. 1 nur dann, wenn sie wegen Art antrag für die letzte Sitzung des Ausschusses für Sozia- und Schwere der Behinderung den ÖPNV, den öffentli- les, Familie und Gesundheit gestellt, um zumindest die chen Personennahverkehr, nicht nutzen können. Das be- ominösen in der ersten Sitzung von Herrn Minister trifft nur wenige, besonders schwer benachteiligte und be- Dr. Pietzsch genannten 500 Mio. ¼]XWKHPDWLVLHUHQ einträchtigte Menschen. Selbst der Anspruch auf Auskunft und Beratung ist eingeschränkt für Fälle der Unterstüt- (Beifall bei der PDS) zung zur Bewältigung der Behinderung.

Als in der ersten Lesung der damalige Sozialminister Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Übrigen darf Pietzsch diese 500 Mio. ¼ LQ GHQ 5DXP VWHOOWH KDWWH nicht übersehen werden, dass auch im Steuerrecht Mobi- mein Kollege Werner Buse ganz spontan gesagt: "Diese lität ohne Murren und größere Diskussionen in erhebli- 500 Mio. ¼ZXUGHQLP0LQLVWHULXPVSLW]JHUHFKQHW$,FK chen Größenordnungen öffentlich subventioniert wird. glaube, seine spontane Reaktion war genau die richtige. Ein weiteres Thema ist das Thema "Assistenz und das (Beifall bei der PDS) Assistenzgeld". Hier wurden 135 Mio. ¼YRP0LQLVWHrium errechnet, ein systematischer Fehler. Der Anspruch auf In der Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familie und Assistenzgeld setzt neben einer Schwerbehinderung von Gesundheit konnten der Minister und seine Mitarbeiter uns 80 Prozent noch einen erhöhten, wegen Art und Schwere diese 500 Mio. ¼ ]ZDU DXIVFKOVVHOQ DEHU VR ZLH LFK der Behinderung über den üblichen Bedarf hinausgehen- meine, nicht gerade sehr fachkompetent. den Assistenzbedarf voraus. Diese besonderen Anspruchs- kriterien treffen nur auf einen Bruchteil der Behinderten (Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für Sozi- zu, die einen Grad der Behinderung von 80 oder mehr ha- ales, Familie und Gesundheit: Das ist eindeu- ben. Denn zum einen benötigen nicht alle, die einen Grad tig gewesen.) der Behinderung von 80 oder mehr haben, Assistenz, zum anderen müssen bei Assistenz selbst höhere Anforderun- (Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Das war gen erfüllt sein. Es ist also systematisch falsch, als Aus- hervorragend vorbereitet.) gangszahl für die Anspruchsberechtigten von Assistenz- geld die Zahl aller Schwerbehinderten mit einem Grad Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7513 der Behinderung von 80 oder mehr anzusetzen. Im Übrigen men würden, die Gesetzentwürfe an die Ausschüsse zu haben nur diejenigen Schwerbehinderten einen Anspruch überweisen, damit wir gemeinsam daran arbeiten können. auf Assistenz, die diese Leistung zur Sicherung einer In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie im Juni gereifter sind selbstbestimmten Lebensführung benötigen. Wie gesagt und sich Ihre heutige Entscheidung nochmals gut über- können viele der Schwerbehinderten ihr Leben auch ohne legen. die Assistenzleistung selbstbestimmt führen. Behinderte Menschen in Thüringen haben mir in Vorbe- Meine Damen und Herren, dass die finanziellen Bedenken reitung auf die heutige zweite Lesung folgende Hinweise nur vorgeschoben sind, ist doch offensichtlich. Wenn und Argumente noch einmal mit auf den Weg gegeben. Sie es wirklich ehrlich gemeint hätten mit der Gleich- Ich möchte Sie Ihnen noch einmal ganz kurz benennen. stellung von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Thüringen, dann hätten Sie den Gesetzentwurf der PDS Wenn es in Thüringen ein Landesgleichstellungsgesetz mit seinen Artikeln, insbesondere mit dem Artikel 2, den geben würde, vorausgesetzt die Inhalte stimmen, dann Nachteilsausgleichen, ernster genommen. Das wollten wäre erstens die Kommunikation mit Landesbehörden Sie aber nicht, weil die Mehrheit im Haus der Meinung für Gehörlose durch die Anerkennung der Gebärdenspra- war und ist, dass es dieser parlamentarischen Initiative che möglich und hätte Bindungswirkung für alle Landes- nicht bedurfte, da wir hier im Haus sowie im Ausschuss verwaltungen. für Soziales, Familie und Gesundheit schon sehr inten- siv über diese Thematik gesprochen haben und hätten. Ja, Zweitens wären öffentliche Gebäude wie Behörden und meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU- Verwaltungen, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Bil- Mehrheit im Haus und von der Landesregierung, gere- dungseinrichtungen, aber auch Gaststätten, Arztpraxen det wurde über dieses Thema hier im Haus wirklich viel, usw. für alle mobilitätsbehinderten Menschen zugäng- aber getan hat sich diesbezüglich noch nichts. Die Be- lich und auch nutzbar. troffenen im Land ... Drittens gäbe es mit einem Landesgleichstellungs- bzw. (Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU) Behindertenbeauftragten einen Ansprechpartner für alle behinderten Bürgerinnen und Bürger. Dieser muss einen Frau Arenhövel, was hat sich hinsichtlich Gleichstel- direkten Draht zur Landesregierung haben, um die Be- lung getan? Dann sagen Sie es, ich spüre davon nichts. lange behinderter Menschen auch wirkungsvoll zu vertre- ten und umzusetzen. Diesem Anliegen kann ein Bürger- Die Betroffenen im Land sind es langsam Leid, dass nur beauftragter nicht gerecht werden. darüber geredet wird und sich Politiker in Sonntagsre- den profilieren, aber in keinster Weise bereit sind, die Viertens wäre eine gleichberechtigte Nutzung des Öf- Lebensverhältnisse behinderter Menschen zu verbessern, fentlichen Personennahverkehrs möglich, was sehr wichtig indem sie sich für Bürgerrechte und Menschenrechte für das ländlich strukturierte Thüringen ist. stark machen und diese letztendlich auch durch Gesetze umgesetzt werden. Fünftens hätten behinderte Kinder und Erwachsene bes- sere Bildungsmöglichkeiten und wären unabhängiger von (Beifall bei der PDS) Sonderprogrammen und Fördermitteln.

Wenn Sie nur ein bisschen daran interessiert wären, ein Die Behindertenverbände gehen nicht davon aus, dass Landesgleichstellungsgesetz mit zu erarbeiten, dann hät- sich die Bedingungen für behinderte Menschen von heute ten Sie nicht die Überweisung an die Ausschüsse ver- auf morgen verbessern, aber Gesetze, die in der Zukunft weigert. Aber damit haben Sie versucht, mit einem Fe- wirksam werden, müssen bereits heute entsprechende Rich- derstrich diese Debatte abzubügeln, um möglichst schnell tungen weisen und Festlegungen beinhalten. Ein Lan- wieder zu einer Tagesordnung zu kommen, um von die- desgleichstellungsgesetz ohne Leistungsgesetz ist ähn- sem Thema abzulenken. Meine sehr verehrten Damen und lich dem Behindertengleichstellungsgesetz, also kosten- Herren, wenn Sie wirklich Interesse gehabt hätten, dann neutral. Somit, meine sehr verehrten Damen und Herren hätten Sie mit uns in den Ausschüssen um die besten von der Landesregierung und von der CDU-Mehrheit, Lösungen für die betroffenen Menschen hier im Land dis- wird Ihr Kostenargument und die wirklich abenteuerli- kutieren und streiten können. Und wenn Sie Ihr Kosten- che und lächerliche Zahl von 500 Mio. ¼DGDEVXUGXP argument wirklich ernst genommen hätten, dann hätten geführt. Sie doch mit uns über den Artikel 2, die Nachteilsausglei- che, reden können. Dann hätten wir doch gemeinsam Lö- Ich frage Sie heute, sehr geehrter Herr Minister sungen finden können, wie zum Beispiel das In-Kraft-Tre- Dr. Pietzsch: Sind Sie immer noch der Meinung, dass die ten eines Landesgleichstellungsgesetzes, in dem zeitlich PDS-Fraktion mit ihrem Gesetzentwurf Utopia aufge- geregelt wird, wann und in welcher Form die Nachteils- baut hat oder sind Sie es nicht, der mit seiner Phantasie- ausgleiche nachgeschoben werden. Die Zeit dafür wäre ja zahl versucht hat, ein Totschlagargument zu geben, um noch, wenn Sie heute unserer erneuten Bitte nachkom- diese Utopiatheorie von Ihnen zu untermauern? Das, was 7514 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Sie sich während der ersten Lesung bei beiden Gesetz- (Beifall bei der CDU) entwürfen erlaubt haben, zeigt uns sehr deutlich, wie Sie mit Ihrer Mehrheit umgehen und dies in eine Politik der Abgeordneter Nothnagel, PDS: Arroganz der Macht umsetzen. Dass Sie, meine Damen und Herren der Landesregierung, aber auch von der CDU- Gut, Herr Abgeordneter Dr. Pietzsch, ich habe gesagt, Mehrheit im hohen Hause, nichts vom Europäischen Jahr auch im Namen der Thüringer Behindertenverbände, der Menschen mit Behinderung verstanden haben, das und das lässt doch alles offen. Ich habe das außerparla- nämlich unter dem Motto läuft: "Nichts über uns - ohne mentarische Bündnis benannt und in diesem Bündnis uns", ignorieren Sie und deutlicher, wie Sie sich zur ersten haben sich diese Verbände organisiert. Lesung verhalten haben, konnten Sie das auch nicht zeigen. (Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn Eierei.) heute die Mehrheit des Hauses die feierliche Beerdigung beschließt, kann ich Ihnen - und dies auch im Namen der Das ist keine Eierei, Herr Bergemann. Ich unterstütze die Thüringer Behindertenverbände - Folgendes mit auf den Forderungen des außerparlamentarischen Bündnisses und Weg geben: das unterstützen wir auch als PDS-Fraktion. So viel zu Ihrer Frage. 1. Die PDS-Fraktion wird in den verbleibenden Monaten dieser Legislaturperiode Einzelanträge zum Thema "Gleich- (Beifall bei der PDS) stellung von Menschen mit Behinderung" in den parla- mentarischen Gang geben. Den Thüringer Behindertenverbänden möchte ich von dieser Stelle aus nochmals ausdrücklich danken für ihr 2. Außerparlamentarisch wird die PDS alle Aktivitäten jahrelanges Engagement, auch mit unserer Fraktion, und von Vereinen und Verbänden, insbesondere die des außer- möchte sie gleichzeitig ermuntern, nicht müde zu wer- parlamentarischen Bündnisses unterstützen, die ein Lan- den bei der Realisierung unseres Traums eines Landes- desgleichstellungsgesetz für Thüringen fordern. gleichstellungsgesetzes für Thüringen, nicht nachzulas- sen und weiterhin dafür zu kämpfen. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: (Beifall bei der PDS) Herr Abgeordneter Nothnagel, gestatten Sie eine Anfra- ge, ich nehme an durch den amtierenden Minister oder Vizepräsidentin Dr. Klaubert: durch den Abgeordneten Dr. Pietzsch? Für die Landesregierung hat sich Staatssekretär Maaßen Abgeordneter Dr. Pietzsch, CDU: zu Wort gemeldet.

Durch den Abgeordneten selbstverständlich. Maaßen, Staatssekretär:

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, nach diesem Beitrag des Herrn Abgeordneten Nothnagel Durch den Abgeordneten Dr. Pietzsch. Gestatten Sie die- drängt es mich, für die Landesregierung hier das Wort se Anfrage? zu ergreifen. Herr Abgeordneter Nothnagel, Sie haben mit Ihrem Beitrag die Regeln des Hauses verletzt. Ich möchte Abgeordneter Nothnagel, PDS: das einmal ganz deutlich sagen. Sie haben nämlich hier be- hauptet, und diese Behauptung weise ich zurück und ich Ich gestatte. bitte das Haus auch, das insgesamt zurückzuweisen, dass das Ministerium und die Mitarbeiter des Ministeriums und Vizepräsidentin Dr. Klaubert: der Minister selber in einer Ausschuss-Sitzung nicht anstän- dig und ordentlich Rede und Antwort gestanden hätten und Bitte schön. sich mit den Fragen nicht auseinander gesetzt hätten. Mir ist es leider verwehrt, Herr Abgeordneter Nothnagel, aus Abgeordneter Dr. Pietzsch, CDU: dem Ausschuss-Protokoll zu zitieren und Einzelheiten be- kannt zu geben, aber ganz pauschal muss ich diesen Vor- Herr Nothnagel, wenn ich recht gehört habe, haben Sie wurf zurückweisen. Die Beamten und der Minister gesagt, die Forderungen, die Sie jetzt aufstellen, fordern Sie im Namen der Behindertenverbände und dann sagen (Beifall bei der CDU) Sie als Erstes, was die PDS-Fraktion machen will. Ich hätte jetzt gern von Ihnen gewusst, im Namen welcher sind wohl vorbereitet in diese Sitzung gegangen. Sie ha- Behindertenverbände Sie diese Forderungen aufstellen? ben das ganze Zahlenwerk dargestellt, sie haben die Zahl, die Herr Minister Dr. Pietzsch in der letzten Plenarsitzung Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7515 genannt hat, im Einzelnen untersetzt, sie haben Rede und geld bezogen. Haben Sie das so wahrgenommen oder so Antwort gestanden zu allen Einzelheiten und deswegen wie Sie es jetzt eben kundgegeben haben? Dann ist ein- weise ich diesen Vorwurf einfach zurück. Ihr Minister und fach falsch, was Sie hier vom Rednerpult gesagt haben. die Mitarbeiter haben das gemacht, obwohl dieser Ge- setzentwurf nicht im Ausschuss auf der Tagesordnung Maaßen, Staatssekretär: stand. Aufgrund eines Selbstbefassungsantrags hat die Regierung zu Einzelheiten Stellung genommen und auf Ich weise, Herr Abgeordneter Nothnagel, den Vorwurf Befragen die einzelnen Zahlen erläutert. Wenn Sie das als der mangelnden Fachkompetenz zurück, und zwar mit unseriös betrachten, dann muss ich Ihnen erwidern, nach aller Entschiedenheit. dem, was ich jetzt gehört habe und was das Parlament in der letzten Sitzung erfahren konnte, darf ich sagen, dann (Beifall bei der CDU) betrachte ich den Gesetzentwurf der PDS-Fraktion als un- seriös, insofern als hier nicht klar gestellt worden ist, was Vizepräsidentin Dr. Klaubert: sich für jeden Gesetzentwurf gehört, dass nämlich auch die Auswirkungen und die Kosten im Einzelnen und mi- Nun Frau Abgeordnete Bechthum, bitte. nutiös genau dargestellt und erläutert werden. Abgeordnete Bechthum, SPD: (Beifall bei der CDU) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, aufgrund der Das fehlt diesem Gesetzentwurf, und deswegen sage ich, Verweigerungshaltung der CDU im Plenum am 8. Mai nicht das Auftreten der Landesregierung, sondern das, gibt es keine neuen inhaltlichen Dinge. Mit Verbitterung was hier geschehen ist, das Auftreten der PDS-Fraktion muss ich feststellen, selbst das Ergebnis des Berichtser- und der Antrag der PDS-Fraktion, der ist als solcher un- suchens im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesund- seriös. Im Übrigen kommt es mir nicht zu, mich über das heit wollte die Mehrheitsfraktion in diesem Haus nicht Parlament hinwegzusetzen, das die Befassung im Aus- abwarten, besser überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen. schuss mehrheitlich abgelehnt hat. Aber so viel darf ich doch wohl sagen, dass es die Landesregierung immer als Meine Damen und Herren, mit der zu erwartenden Ent- ihre Aufgabe ansieht, die Abgeordneten zu unterstützen scheidung heute, die Ablehnung des Gesetzentwurfs der und ihnen auf Fragen Rede und Antwort zu stehen und SPD zur Gleichstellung behinderter Menschen, stellt die zu Auskünften im Ausschuss bereit zu sein. Das hat sie CDU-Fraktion zumindest Teile und Arbeitsergebnisse der getan in sehr seriöser Weise. Und ich darf für meine Mitar- Enquetekommission 3/1 "Wahrung der Würde des mensch- beiter auch noch einmal in Anspruch nehmen, das hat sehr lichen Lebens in Grenzsituationen" in Frage. Als Ergeb- viel Vorbereitung und Mühe gekostet, um das in dieser nis der Arbeit der Kommission wird im Abschlussbe- Weise so seriös zu tun. Deswegen bitte ich, den Vorwurf richt mit den Stimmen der CDU-Mitglieder und ihrer zurückzunehmen, dass hier nicht seriös von Seiten der Re- Experten, hier insbesondere Prof. Dr. Isensee, der so ge- gierung gearbeitet worden ist. So viel von meiner Seite. nannte Verfassungspapst, die Forderung nach einem die Bundesgesetze, "Sozialgesetzbuch IX" und "Bundesgleich- (Beifall bei der CDU) stellungsgesetz für Menschen mit Behinderung", ergän- zenden Landesgesetz stehen. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Meine Damen und Herren von der CDU und sehr geehrte Für die SPD hat sich Frau Abgeordnete Bechthum zu Wort Frau Vorsitzende der Enquetekommission, wie wollen gemeldet. Einen kleinen Moment bitte, Frau Abgeordnete Sie erklären, dass Sie in der Kommission Empfehlungen Bechthum. Herr Abgeordneter Nothnagel, ich hatte das mit großartigen Forderungen zur Integration und Teilha- nicht gesehen. Sie haben eine Anfrage an den Herrn Staats- be von Menschen mit Behinderung einbringen und im sekretär. Herr Staatssekretär, gestatten Sie das? Der Herr Landtag nicht einmal bereit waren oder bereit sind, über Staatssekretär gestattet das. Frau Abgeordnete Bechthum, die gesetzgeberische Umsetzung zu diskutieren? wenn Sie mal noch einen kleinen Moment warten würden. Ich muss schon sagen, das grenzt an Scheinheiligkeit Abgeordneter Nothnagel, PDS: und ist heuchlerisch.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Maaßen, ich habe hier Meine Damen und Herren, für uns in der SPD steht fest, noch einmal mein Skript hervorgezogen und ich zitiere die Menschen mit Behinderung in unserem Land brau- jetzt einfach noch einmal die drei Zeilen: "In der Sitzung chen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, sie brau- des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit chen für die Teilhabe ein Landesgesetz, um ihre berech- konnten der Minister und seine Mitarbeiter uns diese tigten Interessen wahrnehmen zu können. Ich betone es 500 Mio. ¼]ZDUDXIVFKOVVHOQDEHUVRZLHLFKPHLQH noch einmal: Keiner hier hat das Recht, eine Gruppe von nicht sehr fachkompetent." Danach habe ich mich in mei- Menschen im Freistaat Thüringen bewusst vom gesell- ner folgenden Rede auf Mobilitätsgeld und auf Assistenz- schaftlichen Leben auszugrenzen. 7516 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

(Beifall bei der SPD) (Beifall bei der CDU)

Unser Gesetzentwurf ist realistisch und trägt auch der Das ist in meinen Augen keine gute Art und Weise. Die Haushaltssituation unseres Landes Rechnung. Das An- CDU-Fraktion hat hier mehrfach betont, dass sie Ach- gebot der SPD, Herr Minister Pietzsch hat es auch ange- tung hat vor der Personenwürde der Behinderten. Herr boten, über Fragen der Umsetzung der doch unzweifel- Nothnagel, das muss ich hier auch noch mal sagen, auch haft berechtigten Forderungen der Menschen mit Behin- wenn diese Argumente schon ausgetauscht worden sind: derungen im Gesetzentwurf zu sprechen, steht auch wei- Das, was sich hier für Behinderte im Freistaat getan hat terhin. Man muss aber eben nicht nur Sonntagsreden seit der Wende, seit 1990, kann sich wahrhaft mehr als se- halten, sondern auch den Willen zur Gestaltung haben. hen lassen, und wir müssen uns hier Ihre Vorwürfe über- Vielleicht tut sich jetzt mit dem neuen Ministerpräsiden- haupt nicht anhören. ten in dieser Richtung etwas Realistisches. Vermutlich meinen Sie von der CDU, dass die Menschen mit Be- (Beifall bei der CDU) hinderung Ihr Abstimmverhalten im Trubel des heutigen Tages nicht bemerken und bis zur Wahl 2004 vergessen Sie hatten, sicherlich auch aus Ihrem eigenen Interesse werden. Ich kann Ihnen versichern, die SPD, aber be- heraus, einen Antrag nach § 74 Abs. 2 der Geschäftsord- stimmt nicht nur diese allein, sondern auch die Behin- nung im Ausschuss gestellt, mit der Bitte verbunden, dass dertenverbände und ganz besonders das außerparlamen- die Landesregierung die Kosten untersetzt; das hat die Lan- tarische Bündnis für Behinderte, werden dafür sorgen, desregierung getan. Dieser Antrag ist im Ausschuss für dass wir hier in diesem Landtag so lange darüber reden abgearbeitet erklärt worden, und es sollte wohl lediglich werden, bis es ein entsprechendes Landesgesetz auch im noch eine Information an Sie weitergereicht werden, aber Freistaat geben wird. Vielen Dank. der Antrag war im Wesentlichen besprochen und auch für erledigt erklärt, und deshalb stand der zweiten Bera- (Beifall bei der SPD) tung dieser beiden Gesetze heute nichts mehr im Wege. Ich bin auch der Meinung, es ist ehrlicher, wenn wir den Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Leuten sagen, was geht und was nicht geht, meine Da- men und Herren. Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Aren- hövel zu Wort gemeldet. (Beifall bei der CDU)

Abgeordnete Arenhövel, CDU: Der PDS-Gesetzentwurf ist abzulehnen, weil er eine Fülle von Dingen enthält, die für ein Land überhaupt nicht Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- leistbar sind. Er beachtet eigentlich nicht, dass auch bun- ren, für die CDU-Landtagsfraktion gibt es keinen Zwei- desgesetzliche Rahmenbedingungen dafür erforderlich sind, fel darüber, dass ein Gleichstellungs- und Integrations- die auch aus unserer Sicht geändert werden müssen. Der gesetz hier im Landtag grundsätzlich eingebracht wer- SPD-Fraktion hatte ich schon in der ersten Beratung Ach- den soll. Allerdings müssen wir feststellen, dass ange- tung dafür gezollt, dass sie sich auf das Machbare be- sichts einer wahrhaft dramatischen Haushaltslage, einer schränkt hat und dass sie hier wirklich auch Dinge ein- Haushaltslage, wie wir sie noch nie in diesem Landtag gebracht hat, die wir auch für diskussionswürdig und für erlebt haben, es überhaupt nicht möglich ist neue Gesetze umsetzbar halten, aber nicht zu diesem Zeitpunkt. In diesem zu machen, die Geld kosten, sondern wir müssen diese Sinne möchte ich das hohe Haus bitten die beiden Ge- Wünsche, die berechtigt sind und die wir achten, im Mo- setzentwürfe momentan abzulehnen, aber an den Din- ment zurückstellen. Wir lehnen ein solches Gesetzesvorha- gen dranzubleiben und zum gegebenen Zeitpunkt hier ben nicht generell ab, sondern es ist ja auch zugesichert einen Gesetzentwurf zu beraten. Vielen Dank. worden von allen Beteiligten, dass wir die Lage in den Bundesländern, in denen solche Gesetze auf den Weg (Beifall bei der CDU) gebracht werden, beobachten werden und dass wir unse- rerseits bereit sind, ein solches Gesetz einzubringen, so- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: bald es die Haushaltslage zulässt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es gibt noch eine Redemeldung von Herrn Abgeordne- ten Ramelow, PDS-Fraktion. Herr Abgeordneter Nothnagel, Ihre Argumentation finde ich nun auch langsam etwas schwierig und auch heuch- Abgeordneter Ramelow, PDS: lerisch, weil es wichtig ist, dass man mit behinderten Menschen spricht, dass man sie einbezieht, aber ich wehre Herr Abgeordneter Pietzsch, ausdrücklich möchte ich Ihnen mich ganz massiv dagegen, dass man behinderte Men- zustimmen, dass weder der Abgeordnete Nothnagel noch schen politisch instrumentalisiert und sie für seine Zwe- die PDS als Fraktion oder Partei für die Behindertenver- cke missbraucht. bände spricht, sprechen sollte, deswegen bin ich jetzt vorgegangen, um das klarzustellen, auch im Namen von Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7517 meinem Kollegen Nothnagel, dass wir nicht das Sprach- Herr Staatssekretär Maaßen, auch das will ich anmer- rohr der Behindertenverbände sind ken, es steht Ihnen als Vertreter der Regierung nicht zu festzustellen, ob die Regeln des hohen Hauses hier ver- (Zwischenruf Abg. Wackernagel, CDU: ... letzt sind. Das steht dem hohen Haus nur selber zu. Die mehr?) Regierung hat auf bestimmte Fragen im Ausschuss zu antworten, und mein Kollege Nothnagel hat das, wie es Ja möchten Sie jetzt die Antwort nicht akzeptieren, dass beantwortet worden ist, in Zweifel gezogen. Das ist doch ich als Fraktionsvorsitzender dazu Stellung beziehe? Der sein gutes Recht, deswegen vertritt er aus oppositioneller Abgeordnete Pietzsch hat eine Frage gestellt, und im Na- Sicht die Wählerinnen und Wähler, die ihn hier in das men der PDS-Fraktion möchte ich ihm eine Antwort ge- Haus entsandt haben. Und da darf ich Ihnen sagen, meine ben, und da können Sie doch hier vorn nicht rumtoben. Damen und Herren, dass Sie beiden Gesetzen, und das nenne ich eigentlich die Verletzung des parlamentarischen (Beifall bei der CDU) Umgangs, nicht mal den Weg in die Ausschüsse gestattet haben, dass Sie schon bei der Abstimmung verhindert ha- Was ist denn das für ein parlamentarischer Umgang, meine ben, dass in den zuständigen Ausschüssen die Zahlen, die Damen und Herren? Das entlarvt sich wieder mal ein biss- hier gerade benannt worden sind, auf Basis der beiden chen selber. Also, Sie haben völlig Recht, Herr Abgeord- Gesetzentwürfe wenigstens parlamentarisch qualifiziert neter Pietzsch ... erörtert werden. Das nenne ich den eigentlichen Skan- dal, und das nenne ich im Umgang mit der Frage von (Zwischenruf Abg. Primas, CDU) Behinderten eigentlich den Tiefpunkt des Parlamentaris- mus, indem die Mehrheit überhaupt beschließt, was die Op- Wissen Sie, diese mittlere Sitzreihe macht es einem hier position tun soll oder was sie nicht tun soll, und Sie zen- vorn manchmal sehr schwer, weil ich nur das Gefühl ha- sieren von vornherein. Im Übrigen kann ich da nur sagen, be, Sie wollen die Oppositionsredner einfach stören, und Sie haben im Europäischen Jahr der Behinderten dem es geht Ihnen gar nicht darum, dass wir parlamentarisch Gedanken der Integration einen Bärendienst erwiesen. etwas abarbeiten, sondern es geht um Selbstbeweihräu- cherung, so mein Eindruck, Herr Abgeordneter. (Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Manch- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: mal denke ich auch, es geht um Selbstbefrie- digung.) Es gibt noch eine Redemeldung von Frau Abgeordneten Zitzmann, CDU-Fraktion, und eine von Frau Abgeord- Am heutigen Tag ist wirklich der Parlamentarismus in neten Pelke, SPD-Fraktion, wird mir jetzt signalisiert. Ich Thüringen auf den Nullpunkt gekommen. gehe davon aus, dass Sie damit einverstanden sind, dass wir die Fragestunde nach Beendigung dieses Tagesord- (Heiterkeit bei der CDU) nungspunkts beginnen.

Ja, das stimmt, Sie merken es gar nicht. Sie merken gar Abgeordnete Zitzmann, CDU: nicht, dass Sie wirklich den Feudalismus leben, dass Sie hier Hof halten, dass Sie das Parlament als Ganzes gar Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen nicht mehr wahrnehmen wollen, und darauf wollte ich und Herren Abgeordneten, ich habe ein bisschen Lam- jetzt eingehen. Herr Abgeordneter Pietzsch, es ist zutref- penfieber, das sage ich gleich vorweg, was dieses Thema fend, dass weder die PDS noch Herr Nothnagel für Be- betrifft und was ich jetzt persönlich dazu sage. Nach der hindertenverbände redet. Die Behindertenverbände reden letzten Plenarsitzung im Mai und nach dem gesprochenen für sich selber, das ist gut so, und das wird auch in Zu- Wort von Herrn Abgeordneten Nothnagel habe ich mir kunft so sein. Der Abgeordnete Nothnagel hört nur auf- viele, viele Tage überlegt, was ich heute sagen werde. Ich merksam dort zu. habe mich zu Wort gemeldet, weil ich denke, dass zu sei- nen Ausführungen aus der letzten Plenarsitzung und zu Frau Arenhövel, das will ich Ihnen auch sagen, einem Be- den heutigen unbedingt etwas gesagt werden muss, näm- hinderten, der hier im Parlament seine politische Arbeit lich von mir. Ich ärgere mich, vielleicht wie viele hier in macht, Heuchelei vorzuwerfen, wenn er von Ausgrenzung diesem Saal auch, über die Berichterstattung, die wir nach redet, das nenne ich auch Heuchelei, der letzten Plenarsitzung lesen konnten, aber grundsätz- lich auch über die Berichterstattung, die dieses Thema be- (Beifall bei der PDS) trifft, ein sehr sensibles Thema, was Menschen betrifft, die mit Behinderung leben müssen, ihre Angehörigen zäh- und damit haben Sie bewiesen, dass Sie politisch Behin- len dazu, ihre Freunde, ihre Bekannten. Ich hoffe, dass eines derte für eigene Zwecke benutzen wollen. Tages diese Plenarprotokolle von der heutigen und von der letzten Sitzung auch gelesen werden. Wo auch andere Kolleginnen und Kollegen zu dem Thema gesprochen ha- 7518 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 ben, die in einer sachlichen Art und Weise entsprechend Ich sage Ihnen, Dankbarkeit zeigen diese Menschen, sie der Thematik darauf hinweisen, wie es denn in unserem zeigen sie durch ganz kleine Gesten, die kriegen wir Land aussieht. Es macht mir Mut und ich glaube, dass manchmal gar nicht mit. Die Angehörigen zeigen es. Es ich jetzt eine Behauptung aufstellen kann und etwas sa- leuchten die Augen, wenn man mit diesen Menschen spa- gen kann, das für alle gilt, nämlich, dass hier in diesem zieren geht, wenn sie in öffentliche Einrichtungen kön- Plenarsaal niemand sitzt, egal zu welcher Fraktion er ge- nen, sicherlich manchmal mit Hindernissen, aber dafür hört, der ein Thüringer Gesetz zur Gleichstellung behin- haben wir die Novellierung der Bauordnung. Ich bin ge- derter Menschen nicht will. Dennoch trennen sich unse- spannt drauf, wie sich das umsetzen wird. Ich darf abso- re Auffassungen lut nicht vergessen, dass Angehörige, Freunde, Bekannte, die Betroffenen selbst seit Jahren - und ich weiß wovon (Beifall bei der CDU) ich rede, ich habe den Behindertenverband mit gegrün- det in Sonneberg - dankbar sind. Es wäre doch eigentlich dahin gehend, dass die Mitglieder der CDU-Fraktion - und ein großes Fragezeichen, wenn eine Zufriedenheit einge- ich gehöre dazu, ich kann mich nicht ausnehmen - in kehrt wäre. Selbstverständlich haben wir in bestimmten einer Verantwortung stehen für die Menschen, die hier in Bereichen noch nachzuholen. Ich lebe und arbeite viel mit diesem Land leben. Die Verantwortung hängt zusammen diesen Menschen, aber ich weiß, dass hier im Saal viele mit den Einnahmen, mit den Ausgaben, und es wäre fatal, genau das Gleiche tun, nämlich den Bezug herzustellen, in einer Situation, wo Thüringen ein Einnahmeproblem hat, kein Ausgabeproblem, ein halbherziges Gesetz auf (Beifall Abg. Wackernagel, CDU) den Weg zu bringen. Die Quantität, die Qualität werden nicht stimmen. Es wird Kritik geben von der Opposi- sich diesen Menschen auch anzubieten in der Hilfe, in tion, zu Recht von den Verbänden, weil wir dem einen der Unterstützung. Dazu gehört nicht nur eine intensive nicht weit genug gehen, dem anderen passt dies nicht. Kontaktpflege, sondern ich setze es auch fast jeden Tag So ist eine Situation unter die Menschen zu bringen, wo um. Aber ich schaffe mir natürlich auch keine Freunde, im Endeffekt keiner von uns eigentlich mit einem Erfolg wenn ich zu meinen Freunden im Behindertenverband herausgehen würde. Die Gemeinde Jutenbach in meinem und auch in anderen Verbänden, in der Diakonie, allen Landkreis Sonneberg hat einen Verein, der schon zwei die sich mit dem Thema befassen und Personen auch Bücher herausgebracht hat - es ist ein kleiner Verein, betreuen und schützen, immer klar ausspreche, was geht der ein Grenzmuseum betreut - und diese Bücher tragen und was nicht geht. Ich sage auch immer, das geht aus einen Titel. Dieser Titel heißt "Wider das Vergessen" und dem Grund nicht, da müssen wir ein bisschen warten, genau diesen Titel werde ich anwenden, wenn es um das das dauert noch ein paar Jahre, vielleicht 10, 20 Jahre, Thema "Verwirklichung gesellschaftlicher Teilhabe behin- ich weiß es nicht. Aber es dauert. Es liegt im wahrsten derter Menschen im Freistaat Thüringen" geht, wie Sie es Sinne des Wortes an den finanziellen Grundlagen. Gott als Abgeordnete der PDS-Fraktion beim Einbringen die- sei Dank, wenn ich in der Sache mit diesen Personen dis- ses Gesetzes genannt haben. Ich weiß, dass viele an die kutiere, hat mich noch niemand kritisiert, so nach dem DDR-Vergangenheit nicht mehr erinnert werden möch- Motto, die Zitzmann sitzt in der CDU-Fraktion und die ten. Andere lassen sie dafür wieder hochleben. Aber das haben die Gesetze der PDS abgelehnt, die haben die der kann jeder halten, wie er will. Ich sage das nur, weil das SPD abgelehnt. Ja, da setze ich mich mit ihnen auseinander am Anfang Ihrer Rede eine Rolle gespielt hat. Aber ein und dann sage ich, versteht doch mal die Situation. Kein Stück meines Lebens, das ich fast 20 Jahre mit Men- Gesetz bringt doch etwas, wenn ich es nicht mit einer fi- schen verbracht habe, die mit Behinderungen leben muss- nanziellen Grundlage untersetzen kann, mit einer Aus- ten und es mir, weiß Gott, auch darum geht, das Vergan- stattung, die dazugehört, also mit allem was dazugehört. gene immer in Erinnerung zu halten, immer wach zu Es tut dann auch gut zu wissen, dass sie mit mir an einem halten, damit wir es nicht vergessen, und wenn wir dann Strang ziehen, weil sie genau wissen, wenn ich was sage, von Menschenrechten, von Bürgerrechten sprechen, wie dann setze ich es um. Die Interessen der behinderten Bür- Sie, Herr Abgeordneter Nothnagel, dann werde ich das, gerinnen und Bürger im Freistaat, das maße ich mir mal an solange ich lebe, in diesem Bereich ganz besonders tun. zu sagen, sind unser aller Sache und wir tun es auch. Ich Aus dieser bitteren Erfahrung und aus eigenem Erleben tue ständig wie Sie etwas für die Gleichstellung behin- heraus muss ich mich zu dem, was hier in Thüringen seit derter Menschen und da trifft Ihr Vorwurf - ja, man müsste 13 Jahren für Menschen mit Behinderung getan wird, eigentlich sagen, warum zieh ich mir denn die Jacke an? - äußern, und zwar im positiven Sinne. Jetzt, Herr Frak- Ihr Vorwurf trifft aber so, weil es flächendeckend nicht tionsvorsitzender Ramelow, bekommen Sie ein Danke- stimmt. Wir tun etwas. Das ist wirklich auch sichtbar. schön. Ihre Einbringungsrede hat das aufgezeigt, und wer Wenn ich daran denke, was Sie gesagt haben, dass man mit offenen Augen durch dieses Land geht, der sieht, uns auf die Sprünge helfen muss, also mir muss niemand was in diesem Gebiet vonstatten gegangen ist. 1990 war auf die Sprünge helfen. Wir vergessen, und das ist ein es, als diese Menschen sich wieder auf die Straße getraut wichtiger Punkt, hin und wieder zu verkünden, was Po- haben. Ja hat das denn jeder von uns vergessen? sitives in diesem Bereich geschehen ist. Ich sagte ja am Anfang "Wider das Vergessen" und dazu gehört natürlich (Beifall bei der CDU; Abg. Pohl, SPD) auch die Entwicklung bis heute. Jeder von uns sollte diese Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7519 positive Entwicklung sein Eigen nennen und eigentlich (Beifall bei der CDU) auch so massiv vortragen. Alles, was für die Menschen mit Behinderung getan werden muss, stelle ich auch per- Ich bin eine davon. Ich weiß auch, dass alle anderen die- sönlich immer unter eine ganz bestimmte Sichtweise: Ist ses tun, denn sie sind für Menschen tätig und sie werden es machbar? Ist es umsetzbar? Passt die Finanzierung? auch tätig bleiben. Für mich ist diese Thematik immer, Wer macht es? Ich muss ja auch Personen wissen. Und es egal ob im Plenarsaal oder im Ausschuss, dem ich zwar gehört natürlich auch Mut dazu, den behinderten Men- nicht angehöre, aber ich arbeite in meiner Fraktion im schen zu sagen - aber ich habe es ja schon ausgeführt -, Arbeitskreis zu diesem Thema bestimmte Dinge zu, ich warum Bestimmtes nicht geht. bin auch in der Enquetekommission, ich denke, es ist ein- fach an der Zeit, auch einmal aufzuzeigen und das stän- Sie haben in Ihrer letzten Rede, Herr Abgeordneter Noth- dig zu tun, wie gut es eigentlich geworden ist nach der nagel, die Vergabe von Lottomitteln angesprochen. Nun Wende. Ich wünsche mir auf keinen Fall einen Rück- könnte ich mal etwas zynisch werden und sagen, ich gehe gang in diesen Bereich. Herzlichen Dank. mal davon aus, Sie haben mich nicht gemeint, aber ich denke, Sie haben alle hier angesprochen und ich möchte (Beifall bei der CDU) etwas dazu sagen. Ich bin nämlich sehr, sehr froh, dass es diese Überschüsse der Staatslotterie gibt und dass die Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Antragstellung bei den Ministerien erfolgt und die Aus- gabe der Lottomittel über die Ministerien ins Land gestreut Frau Abgeordnete Pelke. Bitte schön. wird. Denn sonst - und ich bin seit 1994 in diesem Land- tag - hätten mein Behindertenverband, der Arbeitersamari- Abgeordnete Pelke, SPD: terbund, die Arbeiterwohlfahrt, die Volksolidarität, der Blinden- und Sehbehindertenverband, der Gehörlosen- und Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr geehrte Schwerhörigenverband, die Evangelische Kirchgemeinde, Frau Zitzmann, sehr geehrte Frau Arenhövel, ich will an die Lebenshilfe nicht diese Ausstattung, die sie heute ha- diesem Punkt auch Frau Dr. Kraushaar benennen. Kein ben, nicht diese Behindertenfahrzeuge, die sie heute ihr Mensch zweifelt daran, dass Sie es ernst nehmen mit der Eigen nennen. Alles waren Möglichkeiten, die wir selbst- Behindertenpolitik. Liebe Frau Zitzmann, kein Mensch verständlich genutzt haben und die ich auch weiterhin zweifelt an, dass Sie sich engagieren und sich den Proble- nutzen werde, dazu werde ich jeden Verband ermutigen men der Menschen ungeachtet der parteilichen Zugehö- und ermuntern. Ich wehre mich auch dagegen, von we- rigkeit widmen. Das tun wir alle in diesem Haus, davon gen Gutdünken oder Lobbyismus. Wenn Sie so etwas erle- gehe ich aus, ben, wenn Sie so etwas kennen, sprechen Sie es offen an. Ross und Reiter nennen und dann sprechen wir darü- (Beifall bei der PDS, SPD) ber. Aber dieses Pauschale, ich bin zu Hause gefragt wor- den, als ich es erzählt habe, ja, was soll denn das, Ihr tut jeder in seinen Wahlkreissitzungen und jeder in seinen euch doch überhaupt keinen Gefallen. Ihr spielt euch doch Wahlkreis- und Abgeordnetensprechstunden. Aber wenn gegeneinander aus, das bringt doch nichts. Wissen Sie, das alles so ist ... Bitte? seit 1994 arbeite ich ohne Ansehen der Person und egal mit welchem Parteibuch jemand zu mir ins Büro kommt. (Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Die Ich helfe jedem, wenn ich kann. Oder ich zeige zumindest CDU hat alle Wahlkreise gewonnen.) Wege auf oder öffne Türen und mache auch Termine, wenn es denn notwendig ist. Ich scheue mich eigentlich vor Ach ja? Sind Sie sicher, dass Sie hier alles für sich allein in niemandem, weil ich denke, es dient der Sache. Anspruch nehmen können? Es gibt 88 Abgeordnete und die tun ihre Tätigkeit im Wahlkreis. Nun versuchen Sie Jetzt möchte ich auch etwas zu meiner Fraktion sagen. nicht, alles zu vereinnahmen. Jetzt ist es aber gut. Schluss Ich verstehe es halt nicht, aber vielleicht ist das Politik, mit lustig, mein Guter. die CDU-Fraktion hat sich und nimmt sich der Proble- me behinderter Menschen an - nicht, dass wir das stän- (Beifall bei der PDS, SPD) dig erzählen, sondern es ist einfach Tatsache - seit 1990. Aber was ich auch bemerke, jeder dreht es sich in der Es geht hier um die Frage der Gleichstellung von Men- Darstellung so, wie er es braucht. Das ist fatal, aber ich schen mit Behinderungen. Es geht darum, dass es zwei kann da einfach nicht mitgehen. Wir wehren uns auch Gesetzentwürfe gibt in diesem Landtag, die es nicht ein- gegen diese Unterstellung, dass wir die Behindertenthe- mal wert waren, von Ihrer Seite diskutiert zu werden. matik missachten. Das ist nicht wahr. Darum geht es, meine Damen und Herren von der CDU.

Nur für mich ein paar ganz wichtige Sätze noch, was diesen (Beifall bei der PDS, SPD) Behindertenbeauftragten betrifft. Ich bin der Meinung, dass hier im Thüringer Landtag 88 Behindertenbeauftragte Dass Behinderte für sich selbst reden, ist eine Selbstver- sitzen. ständlichkeit, und das tun die Damen und Herren auch 7520 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 mit Vehemenz und in aller Deutlichkeit. Glauben Sie Seniorenpolitik, für die Frauenpolitik - ich möchte jetzt nicht, dass wir sie erst auffordern müssen zu Demonstra- nicht alles auflisten. Wenn Sie der Meinung sind, dass tionen oder zu Äußerungen. Das tun sie von selbst. wir das alles ableisten können in der Detailliertheit, wie es notwendig ist, dann gibt sich jeder sicherlich redlich (Beifall bei der PDS, SPD) Mühe, aber ich glaube nicht, dass es zu viel verlangt ist, wenn es andere Beauftragte hier in diesem Land gibt, Dann geht es nur darum, die Forderungen und Wünsche auch über einen Behindertenbeauftragten nachzudenken. von Behinderten aufzunehmen und daran haben sich zwei Nicht mehr und nicht weniger haben wir von Ihnen ver- Fraktionen gehalten und haben dieses in einen Gesetz- langt. Sie haben nicht einmal mit uns darüber diskutiert. entwurf gekleidet. Der eine Gesetzentwurf hat ein sehr umfassendes Volumen, was relativ unrealistisch ist, das Die allerletzte Frage an die Kollegen der CDU-Fraktion: in Richtung der Kollegen der PDS. Inhalte will ich nicht Sie sagen, jetzt können wir dieses nicht tun. Dann wer- bewerten, sondern über die Frage dessen, was finanzierbar den Sie endlich so konkret und sagen, wann wollen Sie ist. Aber dann, liebe Kollegin Arenhövel, wenn Sie sagen, es denn tun. Wenn Sie jetzt nicht in der Lage sind, dass Sie unseren Gesetzentwurf mit Respekt ansehen und 300.000 ¼IUHL]XVFKDXIHOQGDQQZHUGHQ6LHHV]XHLQHP dass Sie ihn auch für finanziell zumindest realisierbarer anderen Zeitpunkt auch nicht sein, weil es hier schließ- halten im Gegensatz zu dem anderen Gesetzentwurf, dann lich und endlich darum geht, Prioritäten zu setzen und verstehe ich überhaupt nicht, wieso sich die Mehrheits- möglicherweise an anderer Stelle etwas wegzunehmen. fraktion weigert, gemeinsam im Ausschuss darüber nachzu- Dazu sind Sie jetzt nicht bereit. Ich glaube auch nicht, denken, wie und wo bekommen wir 300.000 ¼RGHUHLQ dass Sie zu einem anderen Zeitpunkt dazu bereit sind. paar Euro mehr zusammen, um Gleichstellung für Men- Dieses, denke ich, sollte man in der Öffentlichkeit auch schen mit Behinderungen tatsächlich umsetzen zu kön- entsprechend darstellen. Danke schön. nen. Das erklären Sie mir doch einmal. (Beifall bei der PDS, SPD) (Beifall bei der PDS, SPD) Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Ich habe Ihnen an dieser Stelle schon gesagt, an welchen Haushaltsstellen wir einsparen können. Es gab auch an Mir liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen mehr anderer Stelle bei der Haushaltsdiskussion durchaus An- vor. Es ist beantragt worden eine Ausschussüberweisung sätze, wo man darauf zurückgreifen kann, um zu sagen, beider Gesetzentwürfe erneut an den Ausschuss für Sozia- jawohl wir können dieses im ersten Ansatz finanzieren. les, Familie und Gesundheit. Wer diesem zustimmt, den Ich frage mich, warum Rheinland-Pfalz ein solches Ge- bitte ich nach folgenden Regeln jetzt die Hand zu heben. setz eingebracht und beschlossen hat, wobei tatsächlich Zuerst Abstimmung über das Gesetz unter a) in Druck- nicht exakt realisierbar war, wie viel finanzielle Unter- sache 3/3249, das ist der Antrag der PDS-Fraktion. Wer setzung dieses ausmacht. Aber ich bin wirklich der Mei- dieses an den Ausschuss für Soziales, Familie und Ge- nung, dass wir 300.000 ¼ELV¼LFKZLOOHVDXFK sundheit überweisen möchte, den bitte ich jetzt um das noch aufrunden, zumindest was unseren Gesetzentwurf an- Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. geht - hätten auf die Reihe bekommen können. Dass man Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier sich diesem Dialog nicht stellt, halte ich für den falschen Stimmenthaltungen? Es gibt 1 Stimmenthaltung. Weg. Ich sage Ihnen das auch ganz deutlich in Erinnerung an die Diskussion, die wir gestern hatten bei der Liga, Dann kommen wir zu dem Teil b), Gesetzentwurf der wo Abgeordneter Pietzsch, wenn ich das jetzt so sagen Fraktion der SPD in der Drucksache 3/3266. Wer diesen darf, und auch Sie da waren, und Sie beide immer deutlich noch einmal an den Ausschuss überweisen möchte, den gemacht haben, wir wollen den Dialog, wir wollen mit- bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die einander über viele Dinge reden. Ja, und an diesem Punkt Gegenstimmen bitte. Das ist das gleiche Bild wie vorher, haben wir nicht miteinander geredet. Sie sind auch nicht eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimm- auf das Anliegen der Behindertenverbände eingegangen. enthaltungen? Es gibt 1 Stimmenthaltung. Damit ist die Ausschussüberweisung und damit gewissermaßen der An- (Beifall bei der SPD) trag auf eine dritte Beratung abgelehnt.

Man hätte durchaus über andere Zeithorizonte und über Wir stimmen ab über die Gesetzentwürfe nach zweiter Finanzierungsmöglichkeiten reden können. Sie haben sich Beratung. Wer den Antrag der Fraktion der PDS in Druck- diesem verweigert. Ich sage Ihnen abschließend ganz sache 3/3249 ... Herr Abgeordneter Kummer? deutlich - und da bin ich mir auch nicht ganz sicher, wie ich nun das werten soll, was Frau Zitzmann gesagt hat -, Abgeordneter Kummer, PDS: es geht darum, für Behinderte einzutreten. Sie haben ge- sagt, es gibt hier 88 Behindertenbeauftragte. Völlig kor- Die PDS-Fraktion beantragt namentliche Abstimmung. rekt. Es gibt hier 88 Jugendbeauftragte, es gibt Beauf- tragte für den Arbeitsmarkt, es gibt Beauftragte für die Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7521

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Abgeordneter Lippmann, SPD:

Wer dem Gesetzentwurf der Fraktion der PDS in der Geplantes Kunststoff-Zentrum in Ostthüringen Drucksache 3/3249 nach zweiter Beratung zustimmen möchte, der dokumentiert das bitte durch die Abgabe der Der Ostthüringer Zeitung vom 12. Mai 2003 war zu ent- entsprechenden Stimmkarte. nehmen, dass der Thüringer Wirtschaftsminister auf einer Veranstaltung der CDU versprochen hat, in Ostthüringen (Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Und wer ein Kunststoff-, Applikations-, Kompetenz- und Weiter- nicht zustimmt, der muss auch seine Stimm- bildungszentrum errichten zu wollen. karte abgeben.) Ich frage die Landesregierung: Richtig. Wer nicht zustimmen oder sich enthalten möchte, tut das natürlich auch mit der entsprechenden Stimmkarte. Die Landesregierung kann das überhaupt nicht hören, die kann das gar nicht hören, wenn Sie nicht still sind. Ich nehme an, es hatte jeder die Gelegenheit, seine Stimmkarte abzugeben. Ich bitte um das Auszählen der 1. Wann soll dieses Kunststoff-Zentrum entstehen und Stimmkarten. welche Kosten werden damit verbunden sein?

Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung 2. Aus welchen Haushaltstiteln soll dieses Zentrum fi- zum Gesetzentwurf der Fraktion der PDS vor. nanziert werden?

Es wurden 78 Stimmen abgegeben; mit Ja haben 17 ge- 3. Welche Gespräche wurden bislang diesbezüglich mit stimmt, mit Nein haben 59 gestimmt, es gab 2 Stimment- Ostthüringer Kommunen geführt und mit welchem Er- haltungen. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt (nament- gebnis? liche Abstimmung siehe Anlage 1). Sehr verehrter Herr Staatssekretär, ich füge eine vierte, Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzent- Ihnen nicht vorher genannte Frage hinzu, die ich aber wurf der Fraktion der SPD in der Drucksache 3/3266. ohnehin hinterher gestellt hätte. Herr Abgeordneter Pidde, Sie möchten sicher namentli- che Abstimmung beantragen? 4. Wo soll dieses Kunststoffzentrum entstehen?

Abgeordneter Dr. Pidde, SPD: Vizepräsidentin Dr. Klaubert:

So ist es, Frau Präsidentin. Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Richwien. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Richwien, Staatssekretär: Dann werden wir auch über diesen Gesetzentwurf na- mentlich abstimmen. Vielen Dank, Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ich nehme an, es hatte jeder die Gelegenheit, seine Stimm- Lippmann für die Thüringer Landesregierung wie folgt. karte abzugeben. Ich bitte um das Auszählen. Zu Frage 1: Das Applikationszentrum Präzisions-Kunst- Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung stofftechnik Thüringen ist eine der vier von der Thüringer zum Gesetzentwurf der Fraktion der SPD vor. Landesregierung in der Technologiekonzeption Thürin- gen 2002 als prioritär eingestuften Infrastrukturmaßnah- Es gab 76 Stimmen; mit Ja haben 31 gestimmt, es waren men. Nach dem heutigen Stand soll mit der Realisierung 43 Neinstimmen und es gab 2 Stimmenthaltungen. Da- noch in diesem Jahr begonnen werden. Die Fertigstel- mit ist auch dieser Gesetzentwurf abgelehnt (namentli- lung ist für das Jahr 2004 geplant. Die Kosten belaufen che Abstimmung siehe Anlage 2). sich nach derzeitigem Stand auf maximal 25 Mio. ¼

Ich komme nun - etwas verspätet - zum Aufruf des Tages- Zu Frage 2: Die haushaltsmäßige Einordnung dieses Infra- ordnungspunkts 22 strukturprojekts findet sich im Einzelplan 07, Kapitel 14, Titelgruppe 75 - Infrastrukturprojekte im Bereich Tech- Fragestunde nologie - im Titel 89 375 - Zuschüsse für Investitionen an Sonstige. Die dort ausgewiesenen Ansätze können durch Als Erstes die Anfrage des Abgeordneten Lippmann in GA- und EFRE-Mittel verstärkt werden. Das als Ergän- der Drucksache 3/3314. zung noch dazu, weil in dem Titel die Summe nicht aus- reichen würde. 7522 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Zu Frage 3: Sowohl Herr Minister Schuster als auch gierung wie folgt: Mitarbeiter des TMWAI und Vertreter der STIFT haben mit Repräsentanten verschiedener Kommunen in Ostthü- Zu Frage 1: Ja, die Erste Thüringer Spielbankgesell- ringen zum Teil mehrfach gesprochen. Darüber hinaus hat schaft mbH & Co. KG, deren Komplementärin die Erste die STIFT als Maßnahmeträger auf der Grundlage von Thüringer Spielbank-Verwaltungsgesellschaft mbH und Vor-Ort-Besuchen und einem schriftlich zu beantwor- einziger Kommanditist der Freistaat ist, hat mit der Firma tenden Fragekatalog eine Standortanalyse von drei Orten Transaktio GmbH & Co. KG einen Mietvertrag über ge- vorgenommen. Diese Analyse wird zurzeit ausgewertet. werbliche Räume abgeschlossen. Eine Standortentscheidung - und somit beantworte ich auch gleichzeitig mit diesem Satz Ihre 4. Frage - soll in Zu Frage 2: Nach § 1 der Satzung der Ersten Thüringer der nächsten Kuratoriumssitzung der STIFT erfolgen. Spielbankgesellschaft mbH & Co. KG vom 08.12.1994 ist der Betrieb einer öffentlichen Spielbank Gegenstand Vizepräsidentin Dr. Klaubert: des Unternehmens. Im Rahmen dieser Geschäftstätigkeit ist das Unternehmen berechtigt, privatrechtliche Verträge ab- Es gibt offensichtlich keine weiteren Nachfragen, so rufe zuschließen, u.a. natürlich auch Mietverträge. ich als Nächstes die Anfrage des Abgeordneten Dr. Müller, SPD-Fraktion, in der Drucksache 3/3318 auf. Zu Frage 3: Der Entscheidung über den Standort der Spielbank liegt u.a. ein Gutachten zugrunde, in dem der Abgeordneter Dr. Müller, SPD: Standort Erfurt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als einziger tragfähiger Standort für eine Spielbank in Thü- Errichtung eines Fünf-Sterne-Hotels in Erfurt ringen bewertet wurde.

In der Stadt Erfurt gibt es zurzeit zwei Interessenten für Vizepräsidentin Dr. Klaubert: den Bau und Betrieb eines Fünf-Sterne-Hotels. Beide Ho- tel-Konzeptionen gehen von einer Integration der einzi- Es gibt eine weitere Nachfrage. gen für Thüringen geplanten Spielbank in das jeweilige Hotel aus, wobei einer der Investoren behauptet, bereits Abgeordneter Dr. Müller, SPD: einen Vertrag mit der Landesregierung bezüglich der In- tegration der Spielbank in sein Hotel zu haben. Habe ich das jetzt richtig verstanden? Es gibt diese Zu- sage an den Herrn Baumhöcker und sind weitere För- Ich frage die Landesregierung: dermittel für dieses Projekt "Am Brühl" vorgesehen, für das ja inzwischen Baurecht besteht? 1. Ist die Landesregierung oder ein Unternehmen mit mehr- heitlicher Beteiligung des Freistaats Thüringen bereits Richwien, Staatssekretär: eine vertragliche Bindung im Hinblick auf die Integra- tion der geplanten Thüringer Spielbank in ein bestimm- Das kann ich Ihnen nicht bestätigen, Herr Dr. Müller. tes Hotel eingegangen? Wir sind in der Prüfung.

2. Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage wurde Vizepräsidentin Dr. Klaubert: diese vertragliche Bindung eingegangen? Ich rufe als Nächstes die Anfrage des Abgeordneten Höhn, 3. Welche Entscheidungskriterien werden zur Standort- SPD-Fraktion, in der Drucksachen 3/3332 auf. Trägt die entscheidung für die Spielbank durch die Landesregie- jemand vor? rung herangezogen? Dann rufe ich als Nächstes die des Abgeordneten 4. Wurden durch die Landesregierung bzw. die Förder- Dr. Botz, SPD-Fraktion, in der Drucksachen 3/3339 auf. mittel bearbeitenden Stellen bereits schriftliche Förder- zusagen bzw. Fördermittelbescheide für eines der ge- Abgeordneter Dr. Botz, SPD: nannten Hotel-Projekte erteilt? Auswirkungen der Haushaltskürzungen auf die Ausgleichs- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: zulage in benachteiligten Gebieten

Für die Landesregierung antwortet Staatssekretär Richwien. Bereits im Doppelhaushalt 2003/2004 fehlen erhebliche Mittel für die Kofinanzierung der Gemeinschaftsaufga- Richwien, Staatssekretär: be zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten- schutzes (GA). Dadurch kommt es bereits nach den Zahlen Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen des bestehenden Doppelhaushalts zu einem Rückgang und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage des der Mittel von zirka 20 Millionen Euro. Der Hauptanteil Abgeordneten Dr. Müller für die Thüringer Landesre- entfällt dabei auf die Ausgleichszulage für benachteiligte Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7523

Gebiete, die um 50 Prozent gekürzt wurde. Zurzeit wer- Baldus, Staatssekretär: den im Rahmen des Nachtragshaushalts weitere Einspa- rungen diskutiert. Dieses ist natürlich schwierig, wenn man die Auswir- kungen einer nicht definierten Entscheidung darstellen Ich frage die Landesregierung: soll. Trotzdem kann ich das schon noch etwas vertiefen. Im Bericht über die Entwicklung der Landwirtschaft für 1. Welche Einsparmöglichkeiten sieht die Landesregie- das Wirtschaftsjahr 2001/02, den der Herr Minister in der rung überhaupt noch im Einzelplan 09? letzten Woche vorgestellt hat, ist der Zusammenhang zwi- schen der Ausgleichszulage und der Einkommenssituation 2. Kann die Landesregierung ausschließen, dass weitere bezogen auf den Hektar bewirtschafteter Fläche bzw. auch Kofinanzierungsmittel für die GA betroffen sein könnten? bezogen auf die beschäftigte Arbeitskraft in diesem Zu- sammenhang deutlich dargestellt. Insofern kann man eine 3. Hält die Landesregierung im Fall einer weiteren Redu- Relation zwischen Ausgleichszulage und Einkommenssi- zierung der GA-Mittel erneute Einsparungen im Bereich tuation sicherlich ableiten je nachdem, wie hoch die Aus- der Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten für mög- gleichszulage zurückgefahren werden müsste. Ich muss lich? aber ausdrücklich an dieser Stelle ausführen, dass es der erklärte Wille des zuständigen Ressortministers ist, die Aus- 4. Wie bewertet die Landesregierung das Risiko der Frei- gleichszulage nicht unter das heutige Niveau zurückzu- setzung von Arbeitskräften in Landwirtschaftsbetrieben fahren. in den betroffenen Regionen durch derart akute ein- schneidende Reduzierungen auf der Einnahmenseite? Vizepräsidentin Dr. Klaubert:

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Es gibt keine weiteren Nachfragen.

Für die Landesregierung antwortet Staatssekretär Baldus. Nun rufe ich die Anfrage des Abgeordneten Höhn, SPD- Fraktion, in der Drucksache 3/3332 noch einmal auf. Baldus, Staatssekretär: Abgeordneter Höhn, SPD: Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abge- ordneten, die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeord- Danke, Frau Präsidentin. neten Dr. Botz beantworte ich für die Landesregierung wie folgt - ich beantworte die Fragen 1 bis 4 im Block: Rechtsaufsichtliche Bestätigung kommunaler Kofinan- zierungsanteile Das Ergebnis der Steuerschätzung im Mai 2003 und an- dere ungünstige Einflüsse im Haushaltsvollzug erfordern Die meisten Förderrichtlinien des Freistaats Thüringen möglicherweise die Aufstellung eines Nachtragshaushalts verlangen bei einer kommunalen Antragstellung eine 2003. Die in diesem Zusammenhang zu treffenden Ent- rechtsaufsichtliche Bestätigung der Kofinanzierungsan- scheidungen können auch jene Sachverhalte, die Gegen- teile. Auch geringfügige Eigenanteile müssen dabei rechts- stand Ihrer Mündlichen Anfrage sind, berühren. Da es aufsichtlich bestätigt werden. Die Einholung der rechts- derzeit aber noch keine abschließenden Entscheidungen aufsichtlichen Bestätigung ist mit einem erheblichen Ver- für den möglichen Nachtragshaushalt 2003 gibt, ist zu waltungsaufwand verbunden. diesem Zeitpunkt auch keine verbindliche Beantwortung der gestellten Fragen möglich. Ich frage die Landesregierung:

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: 1. Hält es die Landesregierung für angemessen, dass selbst bei Kleinstbeträgen, die durch die jeweilige Kommune Herr Abgeordneter Botz, Sie möchten nachfragen? als Eigenanteil zur Kofinanzierung von Fördermitteln er- bracht werden müssen, eine rechtsaufsichtliche Würdigung Abgeordneter Dr. Botz, SPD: eingefordert wird, und wenn ja, warum?

Also, Herr Staatssekretär, ein gewisses Verständnis da- 2. Wäre es im Sinne von Verwaltungsvereinfachung und für, dass Sie hier gern im Block antworten, habe ich ja. in Anerkenntnis der kommunalen Selbstverwaltung nicht Aber bezüglich meiner Frage 4 - wie Sie das Risiko be- denkbar und wünschenswert, im Rahmen von Landesförde- werten, falls so etwas eintritt, möchte ich Sie doch bitten, rungen zu erbringende Eigenanteile unter einem bestimm- hier für die Landesregierung eine kurze Stellungnahme ten festzulegenden Betrag (beispielsweise 2.500 Euro) von abzugeben. der Bestätigungspflicht durch die Kommunalaufsicht zu befreien? 7524 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

3. Wie könnte eine generelle kommunalaufsichtliche Be- die Frage, welche Beträge für einen Haushalt von Bedeu- stätigungsfreiheit für geringfügige Eigenanteile geregelt tung sind, in erheblichem Umfang von der Haushaltssitua- werden, ohne alle Förderrichtlinien ändern zu müssen, die tion der jeweiligen Gemeinde abhängt. So kann ein relativ eine Bestätigung undifferenziert verlangen? geringer Betrag für eine große Gemeinde mit angespannter Haushaltssituation schwieriger zu finanzieren sein als für 4. Plant die Landesregierung eine Regelung, wie unter eine kleine Gemeinde mit einem gesunden Haushalt. Frage 3 genannt, wenn nein, warum nicht? Ich weise noch zusätzlich darauf hin, dass wir die Prü- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: fungen wahrscheinlich erweitern müssen, da wir bei In- vestitionen in die Prüfung immer die Folgekosten ein- Für die Landesregierung antwortet Innenminister Traut- beziehen werden, denn viele Investitionen, wo die Eigenan- vetter. teile zwar gesichert sind, stellen sich dann in den Folge- kosten und der Betreibung der entsprechenden Einrichtung Trautvetter, Innenminister: als für die Gemeinden nicht mehr finanzierbar heraus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, für die Landesregierung Zu Frage 3: Ich verweise hierzu auf meine Antwort zu beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt: Frage 2.

Zu Frage 1: Ja. Die Notwendigkeit einer rechtsaufsicht- Und zu Frage 4: Die Landesregierung beabsichtigt nicht, lichen Prüfung zu der Frage, inwieweit Gemeinden in der diese Regelung zu ändern, auch dies ist in der Antwort Lage sind, von ihnen zu tragende Eigenanteile im Rah- zu Frage 2 begründet. men von Fördermaßnahmen zu tragen, ergibt sich aus dem bundesweit geltenden förderrechtlichen Grundsatz, Vizepräsidentin Dr. Klaubert: dass Fördermittel nur dann vergeben werden dürfen, wenn die Gesamtfinanzierung der geförderten Projekte gesichert Es gibt keine weiteren Nachfragen. ist. Die entsprechende Regelung ist in § 44 Landeshaus- haltsordnung Nr. 1.2, dort steht: Eine Anfinanzierung von Ich rufe als Nächstes die Anfrage des Abgeordneten Dittes, Vorhaben, deren Gesamtfinanzierung nicht gesichert ist, PDS-Fraktion, in der Drucksache 3/3357 auf. ist unzulässig. Eine identische Regelung befindet sich in der Bundeshaushaltsordnung. Der mit dieser Prüfung ver- Abgeordneter Dittes, PDS: bundende Verwaltungsaufwand ist vertretbar, da die Kom- munalaufsichtsbehörden anhand der ihnen vorliegenden Im Rahmen geplanter Übertragungen von Landesstraßen Haushaltsdaten der Gemeinden prüfen, inwieweit not- auf Landkreise ist auch die Straße im Jonastal (Ilm-Kreis) wendige Eigenanteile im Haushalt der Gemeinde berück- von einer möglichen Übertragung betroffen. Nach Infor- sichtigt sind. mationen ist der wirtschaftliche Aufwand für einen dann notwendigen Ausbau der Straße unverhältnismäßig hoch, Zu Frage 2: Ein Verzicht auf die Prüfung durch die außerdem liegen ausweislich der Beantwortung der Kleinen Kommunalaufsicht bei Unterschreiten von bestimmten Anfrage 437 in Drucksache 3/1834 durch die Landesre- Grenzbeträgen z.B. von 2.500 ¼ ZLH LQ GHU )UDJHVWHOlung gierung erhebliche naturschutzfachliche Gründe gegen vorgeschlagen, ist aus mehreren Gründen nicht sinnvoll. einen Ausbau vor. Aus diesem Grund wird die Verlegung Dies ergibt sich zunächst aus der sehr differenzierten kom- der Straße bzw. deren vollständiger Rückbau geprüft. munalen Struktur in Thüringen mit nach wie vor sehr vielen VG-angehörigen kleinen und Kleinstgemeinden, Ich frage die Landesregierung: die jeweils einen eigenen Haushalt führen auf der einen Seite und Großstädten auf der anderen Seite. Ein einheit- 1. Welche unterschiedlichen Varianten sind derzeit in der licher Grenzbetrag hätte naturgemäß höchst unterschied- Prüfung (Ausbau, Rückbau, Neubau der Trasse außer- liche Bedeutung für die jeweiligen Haushalte. So mag halb des Jonastales), und wie werden diese ökologisch, ein Betrag in Höhe von 2.500 ¼IUGHQ+DXVKDOWHLQHU wirtschaftlich und infrastrukturell durch die Landesre- Großstadt eine zu vernachlässigende Größenordnung dar- gierung bewertet? stellen, für den Haushalt einer Kleinstgemeinde jedoch erhebliche Bedeutung haben. Vergessen werden darf auch 2. Wie ist der gegenwärtige Stand der Prüfungen der nicht, dass gerade bei kleinen und Kleinstgemeinden, vorliegenden Varianten? aber auch bei größeren Gemeinden durch eine Vielzahl von geförderten Maßnahmen die Summe der im Einzel- 3. Welche Stellungnahmen liegen von den betroffenen fall relativ geringen Einzelanteile durchaus schnell eine Gemeinden zu den unterschiedlichen Varianten vor? für den Haushalt bedeutsame Größenordnung erreichen kann. Es ist daher wichtig, dass die Kommunalaufsicht die 4. Wann ist mit einer Entscheidung zum Ausbau, Rück- Einzelbeträge im Zusammenhang mit dem Gesamthaus- bau bzw. zur Neutrassierung zu rechnen? halt bewertet. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7525

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Ich rufe als Nächste die Anfrage des Abgeordneten Gerstenberger, PDS-Fraktion, in der Drucksache 3/3358 Für die Landesregierung antwortet Staatssekretär Richwien. auf.

Richwien, Staatssekretär: Abgeordneter Gerstenberger, PDS:

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich beantworte die Münd- Durch die Staatsbauämter zu vergebende Planungsaufträge liche Anfrage des Abgeordneten Dittes für die Landes- regierung wie folgt: Im Auftrag der Landesregierung werden die Staatsbauämter bauvorbereitend, baubegleitend und -ausführend wirksam. Zu Ihrer 1. Frage: Es stehen sechs Varianten zur Diskus- sion, die sich unter anderem durch einen abschnittswei- Dazu werden in der Regel fachlich geeignete externe Pla- sen Neubau zwischen Espenfeld und Gossel und den nungs- und Überwachungskapazitäten eingesetzt. teilweisen Ausbau des Jonastals unterscheiden. Ich frage die Landesregierung: Zu Ihrer 2. Frage: Die Prüfung ist zum heutigen Zeit- punkt noch nicht abgeschlossen. 1. In welchem Umfang wurden in den Jahren 2000 und 2001 Planungs- sowie Bauleitungs- und Überwachungs- Zu Ihrer 3. Frage: Die Gemeinden haben sich weit ge- aufgaben (getrennt nach den Staatsbauämtern) für Maß- hend für einen Neubau zwischen Espenfeld und Gossel nahmen notwendig und welcher Anteil wurde davon durch ausgesprochen. die Staatsbauämter selbst durchgeführt?

Zu Ihrer 4. Frage: Zur Ermittlung der Vorzugslösung ist 2. In welcher Höhe wurden in den Jahren 2000 und 2001 nach Auffassung des TMWAI ein Raumordnungsver- Planungs- sowie Bauleitungs- und Überwachungsaufga- fahren, in dem auch die FFH-Verträglichkeit bewertet ben (getrennt nach den Staatsbauämtern) an entsprechende, werden muss, erforderlich. Die abschließende Entschei- in Thüringen ansässige Büros vergeben? dung liegt erst mit der landesplanerischen Beurteilung nach Abschluss des Verfahrens vor. Und da ergänze ich Vizepräsidentin Dr. Klaubert: noch, Herr Abgeordneter Dittes: Das heißt, wir müssten erst das Raumordnungsverfahren abschließen, um dann Für die Landesregierung antwortet Staatssekretär Illert. eine klare Aussage treffen zu können. Illert, Staatssekretär: Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Frau Landtagspräsidentin, meine sehr geehrten Damen Es gibt eine Nachfrage. und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Abgeordneter Dittes, PDS: Gerstenberger wie folgt:

Herr Richwien, ich unterstelle jetzt mal positiv für Sie, Zunächst gestatten Sie mir bitte eine Vorbemerkung: Die dass Sie die Frage 1 deshalb nicht beantwortet haben, um umfangreichen Leistungen, die die Bauverwaltung neben Zeit zu sparen und vielleicht auch den entsprechenden den beauftragten Architekten und Ingenieuren bei der Er- Umfang hier nicht darstellen wollen. Würden Sie mir die ledigung von Bauaufgaben des Landes und des Bundes zu schriftliche Beantwortung der Frage 1 zusichern, denn die erbringen hat, umfassen im Wesentlichen folgende Be- Frage, nach welchen Varianten und nach der Bewertung reiche: baufachliche Leistungen nach dem Leistungsbild dieser Varianten kann nicht dadurch beantwortet wer- der HOAI sind vorrangig solche der Planung und Bau- den, dass man die Anzahl benennt und feststellt, dass sie überwachung. Im Bereich der Planung und Bauüberwa- sich voneinander unterscheiden. chung erfolgt weit gehend eine Vergabe an freiberuflich tätige Architekten, Ingenieure und Sonderfachleute; hin- Richwien, Staatssekretär: gegen werden die Planungsphasen eins, zwei und neun - dies sind im Wesentlichen Grundlagen-, Entwicklungs- Herr Abgeordneter Dittes, ich bin gehalten, Mündliche An- und Bestandsdokumentation - von den Staatsbauämtern fragen kurz und prägnant zu beantworten. Ich sage Ihnen selbst erbracht. Diese Leistungen entsprechen etwa 11 bis aber zu, dass ich die Frage bzw. die Antwort noch etwas 20 Prozent der vollen HOAI-Leistungen. Vor allem aber untermauern möchte und werde sie Ihnen dann zuleiten. leisten die Staatsbauämter Baumanagementaufgaben mit Projektleitung und Projektsteuerung in Wahrnehmung Vizepräsidentin Dr. Klaubert: der Bauherrenfunktion für den Freistaat selbst. Darunter fallen die Auftragsverteilung, die Leistungsabnahme, die Weitere Nachfragen gibt es nicht. Vergütung der Auftragnehmer, die Verfolgung von An- sprüchen sowie die Beratung der Nutzer. Weiterhin wer- 7526 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 den auch Amtshilfen für die Ressorts geleistet, etwa bei nimmt (Zahlen bitte nach Vollzeit- und Teilzeitbeschäf- der Betreuung von Baumaßnahmen, die aus Zuwendun- tigten getrennt sowie geschlechtsspezifisch angeben)? gen oder Investitionshilfen des Landes oder des Bundes finanziert werden oder der Wertermittlung von Grund- 3. Wie viele Vollzeitbeschäftigte in Thüringen erzielen stücken. Löhne von weniger als 50 Prozent des Einkommens- durchschnitts des Freistaats, der in der internationalen Nun zu den Fragen 1 und 2: In der Vergabestatistik der Forschung als Armutsschwelle gilt (Zahlen bitte nach Staatlichen Hochbauverwaltung Thüringens werden Archi- Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten getrennt sowie ge- tekten- und Ingenieurverträge einheitlich erfasst; eine Tren- schlechtsspezifisch angeben)? nung nach Planungs-, Überwachungs- und Bauleitungs- aufgaben wird nicht vorgenommen. Es können nur die 4. Wie viele sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in von den Bauämtern vergebenen Leistungen summarisch Thüringen erhalten ergänzende Sozialhilfe (Zahlen bitte benannt werden. Im Jahr 2000 wurden von den Staats- nach Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten getrennt sowie bauämtern aus dem Bereich der baufachlichen Leistun- geschlechtsspezifisch angeben)? gen nach dem Leistungsbild der HOAI Aufträge mit einem Gesamtwert von 49,9 Mio. DM an Architekten und Inge- Danke. nieure vergeben. Der Anteil der an Thüringer Büros ver- gebenen Leistungen betrug insgesamt 42,7 Mio. DM, das Vizepräsidentin Ellenberger: sind 85,6 Prozent. Es verteilt sich auf die drei Staats- bauämter wie folgt: Staatsbauamt Erfurt 23,3 Mio. DM, Herr Minister Trautvetter, bitte schön. Staatsbauamt Gera 12,2 Mio. DM, Staatsbauamt Suhl 7,2 Mio. DM. Im Jahr 2001 betrug der Gesamtwert der Trautvetter, Innenminister: vergebenen Aufträge 44,6 Mio. DM. Davon entfielen auf Thüringer Büros 39,3 Mio. DM, gleich 89,5 Prozent, die Sehr geehrte Frau Präsidentin, namens der Landesregie- sich wie folgt auf die Staatsbauämter verteilen: Staats- rung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt: bauamt Erfurt 15,9 Mio. DM, Staatsbauamt Gera 18,5 Mio. DM, Staatsbauamt Suhl 4,9 Mio. DM. Die Fragen 1 bis 3 im Zusammenhang: Die amtliche Sta- tistik führt Lohnuntersuchungen im Rahmen der Gehalts- Vizepräsidentin Ellenberger: und Lohnstrukturerhebung nur in größeren Abständen durch. Die Daten aus der letzten Strukturuntersuchung Ich sehe keine Nachfragen. Vielen Dank. 1995 liegen jedoch so weit zurück, dass eine aktuelle Dar- stellung der Einkommenssituation im Freistaat im Sinne Wir kommen zur nächsten Frage des Abgeordneten der Fragestellung nicht gegeben werden kann. Anhalts- Ramelow in Drucksache 3/3362. Bitte schön, Herr Ab- punkte zur aktuellen Einkommenssituation der Beschäf- geordneter. tigten in Thüringen liefert der jährlich durchgeführte Mi- krozensus, der Stichproben von 1 Prozent der Einwohner Abgeordneter Ramelow, PDS: umfasst. Die Datenerhebung und Analyse erfolgt nicht in den in der Fragestellung angegebenen Grenzwerten. Des- Einkommenssituation in Thüringen wegen ist eine Darstellung und eine Analyse der Ergeb- nisse im Sinne der Fragestellung nicht im Rahmen einer Obwohl Thüringen zu den Bundesländern mit den nied- Beantwortung einer Mündlichen Anfrage möglich. Ich rigsten durchschnittlichen Löhnen und Gehältern zählt, verweise deshalb auf die Veröffentlichung der amtlichen wird in der öffentlichen Debatte eine Ausweitung des Statistik. "Niedriglohnsektors" gefordert. Zu Frage 4: Am 31.12.2001 gab es nach dem Statisti- Ich frage die Landesregierung: schen Bericht "Sozialhilfe in Thüringen" 1.694 erwerbs- tätige Personen, die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt 1. Wie viele Beschäftigte in Thüringen erzielen Löhne von erhalten haben. Davon waren 1.173 Personen vollzeitbe- weniger als 66 Prozent des Einkommensdurchschnitts des schäftigt - 580 Männer, 593 Frauen - und 521 Personen Freistaats, die die EU-Kommission unter Rückgriff auf teilzeitbeschäftigt - 151 Männer und 370 Frauen. Dem die Europäische Sozialcharta als Schwelle für "gerechte" statistischen Bericht kann jedoch nicht entnommen wer- bzw. "angemessene" Löhne ansieht (Zahlen bitte nach den, wie viele dieser Personen in sozialversicherungspflich- Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten getrennt sowie ge- tigen Beschäftigungsverhältnissen standen. schlechtsspezifisch angeben)? Vizepräsidentin Ellenberger: 2. Wie viele Vollzeitbeschäftigte in Thüringen erzielen Löhne von weniger als 60 Prozent des Einkommens- Es gibt eine Nachfrage. Bitte schön, Herr Abgeordneter durchschnitts des Freistaats, den der Armuts- und Reich- Ramelow. tumsbericht der Bundesregierung als Armutsschwelle an- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7527

Abgeordneter Ramelow, PDS: zustellen?

Herr Minister Trautvetter, hat die Landesregierung Kennt- 4. Trifft es zu, dass die Thüringer Landesregierung Ein- nis, wann gegebenenfalls die amtliche Statistik, von der fluss auf die Thüringer Justiz nimmt, da die Thüringer Sie eingangs geredet haben, aktualisiert wird? Staatsanwaltschaft auch wegen Versäumnissen der Auf- sichtspflicht bei der TSI gegen zuständige Stellen des Trautvetter, Innenminister: Landes ermittelt?

Wir haben im letzten Jahr eine Strukturerhebung durch- Vizepräsidentin Ellenberger: geführt, die notwendig ist, damit ich wieder eine Analy- se machen kann und wir schätzen ein, dass eine aktuelle Herr Staatssekretär Koeppen, bitte schön. Lohnstrukturerhebung in Thüringen bis Ende dieses Jah- res vorliegt. Koeppen, Staatssekretär:

Vizepräsidentin Ellenberger: Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- ren, für die Landesregierung beantworte ich die Anfrage Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Minister. von Dr. Müller wie folgt:

Wir kommen zur letzten Anfrage für heute, Drucksache Zu Frage 1: nein. 3/3335. Bitte, Herr Abgeordneter Müller. Zu Frage 2: nein. Abgeordneter Dr. Müller, SPD: Zu Frage 3: nein. Einstellung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Rahmen der Vorgänge um die TSI (Thüringer Straßen- Zu Frage 4: nein. wartungs- und Instandhaltungsgesellschaft mbH) Anymore fares, please? Ich darf vorausschicken, dass sich die Amtsbezeichnun- gen der Mitglieder der Landesregierung natürlich auf den Vizepräsidentin Ellenberger: gestrigen Tag beziehen. Es gibt auch ganz offensichtlich keine Nachfragen. Danke Seitens der Thüringer Staatsanwaltschaft wurden paral- schön. Wir schließen damit die Fragestunde und ich rufe lel zum Untersuchungsausschuss zur TSI GmbH Ermitt- den Tagesordnungspunkt 10 auf lungen durchgeführt. Zu den jeweils aktuellen Sachstän- den hat die Staatsanwaltschaft bisher keine öffentliche Thüringer Gesetz zur Vereinheit- Stellungnahme abgegeben. Mittlerweile wurde bekannt, lichung des Disziplinarrechts dass im Rahmen eines Treffens zwischen dem Thürin- Gesetzentwurf der Landesregierung ger Ministerpräsidenten, dem Thüringer Minister für Wirt- - Drucksache 3/3309 - schaft, Arbeit und Infrastruktur sowie dem Thüringer Jus- ERSTE BERATUNG tizminister die staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen im Rahmen der Vorgänge um die TSI eingestellt werden Wer wird den Gesetzentwurf einbringen? Vielleicht gar sollen. keiner? Sie machen es, bitte schön, Herr Staatssekretär.

Ich frage die Landesregierung: Koeppen, Staatssekretär:

1. Trifft es zu, dass es ein Treffen zwischen dem Minis- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Landes- terpräsidenten, seinem Wirtschaftsminister und seinem regierung legt Ihnen heute den Entwurf eines Thüringer Justizminister gegeben hat, bei dem der derzeitige Sach- Gesetzes zur Vereinheitlichung des Disziplinarrechts zur stand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bespro- Beratung und Beschlussfassung vor. Mit diesem Gesetz chen wurde? sollen das Thüringer Richtergesetz und das Gesetz über den Thüringer Rechnungshof an das geänderte deutsche 2. Ist es richtig, dass dieses Gespräch mit dem Ziel ge- Richtergesetz angepasst werden und an das Thüringer führt wurde, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Disziplinargesetz, versteht sich. Ziel des Gesetzes ist es, Rahmen der Vorgänge um die TSI niederzuschlagen? für den gesamten Bereich des Thüringer Disziplinarrechts eine einheitliche Terminologie und Systematik zu schaf- 3. Ist es richtig, dass es bereits eine Anweisung des Thü- fen. Die bisherige Rechtslage bleibt nahezu unverändert. ringer Justizministers an die zuständige Thüringer Staatsan- Das Thüringer Disziplinargesetz trat am 28. Juni 2002 waltschaft gegeben hat mit der Aufforderung, die Unter- in Kraft und ersetzt die bis dahin in Thüringen anzu- suchungen im Rahmen der Vorgänge um die TSI ein- wendenden Disziplinarordnungen des Bundes und des 7528 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Landes Niedersachsen. Es regelt das Disziplinarverfah- den Thüringer Rechnungshof in sprachlich einwandfreier ren gegen Thüringer Beamte und findet auf Richter und und präzisierter Form Anwendung finden. Ich bitte Sie, die- Staatsanwälte sowie Mitglieder des Rechnungshofs, die sem Gesetz zuzustimmen. Ich danke Ihnen für Ihre Geduld. richterliche Unabhängigkeit genießen, entsprechende An- wendung. Das Thüringer Richtergesetz und das Gesetz (Beifall bei der CDU) über den Thüringer Rechnungshof enthalten für die letzt- genannten Berufsgruppen ergänzende Vorschriften, die Vizepräsidentin Ellenberger: auf deren besondere rechtliche Stellung folgen. Wir kommen zur Aussprache und ich rufe als ersten Das deutsche Richtergesetz wurde geändert. Seine Ter- Abgeordneten Herrn Abgeordneten Schemmel ans Red- minologie wurde an das Bundesdisziplinargesetz ange- nerpult. Bitte schön, Herr Abgeordneter. glichen, das zum gleichen Zeitpunkt in Kraft getreten ist. Die Thüringer Gesetze haben die neuen Begriffe zu Abgeordneter Schemmel, SPD: übernehmen, da das deutsche Richtergesetz Vorschrif- ten enthält, die auf Richter im Landesdienst unmittelbar Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, meine Herren anzuwenden sind. Die mit dem vorliegenden Thüringer Staatssekretäre, die Anpassung disziplinarrechtlicher Vor- Gesetz zur Vereinheitlichung des Disziplinarrechts vor- schriften des Thüringer Richtergesetzes ist notwendig. geschlagenen Änderungen des Thüringer Richtergeset- Deshalb wird das Gesetz von uns auch im Grundsatz zes und des Gesetzes über den Thüringer Rechnungshof getragen werden. Allerdings erscheint die Eins-zu-eins- resultieren in erster Linie aus dem Wegfall des förmli- Übernahme beamtenrechtlicher Regelungen ins Richter- chen Disziplinarverfahrens. Die Vorschriften, die den Be- gesetz zum Teil problematisch. Ich will angesichts der griff verwenden oder auf ihm aufbauen, sollen an das nun Spezifik der Probleme jetzt nicht auf einige Stellen hin- geltende Verfahrensrecht angeglichen werden. Von den weisen. Ich möchte bloß sagen, dass wir sicherlich im im Thüringer Disziplinargesetz enthaltenen Bestimmun- Ausschuss zu überprüfen haben, ob nicht an dieser oder gen für Beamte wird dabei nur abgewichen, soweit die jener Stelle, wie gesagt durch die Eins-zu-eins-Über- unterschiedlichen Dienstverhältnisse dies erfordern. tragung von beamtenrechtlichen Vorschriften, die richterli- che Unabhängigkeit tangiert werden könnte. Das muss, Des Weiteren wird in § 60 des Thüringer Richtergeset- denke ich, bei diesem Gesetz noch abgeprüft werden und zes nun ausdrücklich festgehalten, dass in Disziplinar- ich denke, dass wir bei der Ausschussberatung - wir sollten verfahren gegen Richter nur ein Richter auf Lebenszeit beantragen, es an den Justizausschuss zu überweisen - zum Ermittlungsführer bestellt werden darf; im Verfah- vielleicht eine Anhörung durchführen sollten, damit wir ren gegen Staatsanwälte auch ein auf Lebenszeit ernannter den Richtervertretern die Möglichkeit geben, sich zu die- Staatsanwalt. Entsprechende Regelungen wurden für die sem Gesetz zu äußern, um dann wirklich auch für uns ab- Personen eingeführt, die bei der Entlassung eines Rich- gesichert zu haben, dass die richterliche Unabhängigkeit ters auf Probe oder der zwangsweisen Versetzung eines durch dieses Gesetz - was ich eigentlich voraussetze - aber Richters in den Ruhestand die Ermittlungen zu führen in keinster Weise tangiert wird. Deswegen bitte ich um haben. Überweisung an den Justizausschuss und kündige an, dass wir dort eine Anhörung beantragen werden. Danke. In den §§ 66 und 75 sind sprachliche Änderungen bzw. Anpassungen vorgenommen worden. Die einzige wirk- Vizepräsidentin Ellenberger: liche Änderung betrifft den § 62 des Thüringer Richter- gesetzes. Diese Vorschrift erlaubt, dass ein Richter nach Herr Abgeordneter Koch, bitte schön. Sie haben als Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens auch Nächster das Wort. gegen seinen Willen an ein anderes Gericht abgeordnet werden kann. Mit dem Wegfall des förmlichen Diszipli- Abgeordneter Dr. Koch, PDS: narverfahrens fällt auch die Grundlage für Abordnungen eines Richters gegen seinen Willen weg. Die Abordnung Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordne- eines Richters ohne dessen Zustimmung ist damit aus- ten, die landesdisziplinarrechtlichen Vorschriften außer- schließlich in § 37 Abs. 3 des Deutschen Richtergeset- halb des Thüringer Disziplinargesetzes sind mit Letzte- zes geregelt. rem nicht kompatibel, weil sie sich in diesem Punkt noch auf die alte Disziplinarordnung beziehen. Also, bei der Meine Damen und Herren, das Thüringer Richtergesetz Notwendigkeit einer Änderung besteht sicherlich Über- schafft einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interes- einstimmung zwischen Regierung und Opposition. Wir se des Dienstherrn und einer wirksamen Dienstaufsicht können dem Regierungsentwurf aber nicht folgen, wenn und der verfassungsrechtlich gesicherten richterlichen es um die Frage geht, wie die Anpassung zu erfolgen hat. Unabhängigkeit. Das vorliegende Gesetz nimmt eine ge- Der Regierungsentwurf wählt eine denkbar einfache Lö- setzestechnisch erforderliche Anpassung vor und trägt da- sung, das bedeutet aber nicht, dass die einfache Lösung für Sorge, dass die bewährten disziplinarrechtlichen Re- die unproblematische ist, sondern genau in diesem Punkt gelungen im Thüringer Richtergesetz und im Gesetz über ist es eine problematische. Dieser Regierungsentwurf be- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7529 schränkt sich im Wesentlichen auf eine sprachliche An- Interesse des Ansehens der Justiz geboten, dass diszi- passung der disziplinarrechtlichen Vorschriften beim Lan- plinarrechtliche Ermittlungen fortgeführt werden, um den desrechnungshof, den Richtern und Staatsanwälten. Das Verdacht für das Vorliegen eines Dienstvergehens aus- führt beim Disziplinarrecht der Richter und Staatsan- zuräumen. wälte zu einer Änderung, die mit Blick auf das Gebot der richterlichen Unabhängigkeit derart erheblich ist, dass ich Meine Damen und Herren, erwähnen möchte ich noch bereits an dieser Stelle, also in der ersten Lesung, meine den weisungsabhängigen Ermittlungsführer, der mit der Bedenken äußern muss. Beim Disziplinarrecht der Rich- beabsichtigten Anpassung an das Disziplinarrecht der ter und Staatsanwälte ist sowohl im Bund als auch in den Beamten den bisherigen unabhängigen und weisungsfreien Ländern die zentrale Bestimmung ein Verweis auf das Untersuchungsführer ersetzen würde. Auch diese Ände- Disziplinarrecht bei den Beamten. Im Thüringer Richter- rung scheint mir mit Blick auf die richterliche Unab- gesetz ist das der § 16. Danach gelten in Disziplinarsa- hängigkeit bedenklich und deren Revision bedenkenswert chen gegen Richter und Staatsanwälte die Bestimmungen zu sein. Aus meiner Sicht spricht mit Blick auf die Ge- des Disziplinarrechts der Beamten entsprechend. Durch die waltenteilung einiges dafür, abweichend von der Rechts- mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beabsichtigte Anpas- lage bei den Beamten, bei Richtern und Staatsanwälten sung an das Thüringer Disziplinargesetz vom 21. Juni 2002 das förmliche Disziplinarverfahren mit Zuständigkeit des hat dies folgende einschneidende Konsequenzen, meine Dienstgerichts für dessen Einleitung und Einstellung im Damen und Herren: Bekanntlich war Voraussetzung nach Richtergesetz zu regeln bzw. beizubehalten. dem alten Disziplinarrecht für den Erlass einer Diszipli- narverfügung oder die Einreichung einer Anschuldigungs- Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzent- schrift beim Disziplinargericht die Durchführung eines wurf ist offenkundig nicht so harmlos, wie es auf den förmlichen Disziplinarverfahrens. Nach der Bundesdis- ersten Blick erscheint. Es besteht Diskussionsbedarf. Eine ziplinarordnung und den Disziplinarordnungen der Län- Anhörung der betroffenen Richter und Staatsanwälte im der befand die Einleitungsbehörde, also der Dienstherr, Justizausschuss halte ich für unverzichtbar. Ich beantra- über die Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfah- ge daher auch namens meiner Fraktion die Überweisung rens. Abweichend hiervon bestand bei den Richtern und an den Justizausschuss. Danke. Staatsanwälten die Besonderheit, dass das Dienstgericht auf Antrag des Justizministers über die Einleitung des (Beifall bei der PDS) förmlichen Disziplinarverfahrens entschied. Entsprechend entschied das Dienstgericht auch über die Einstellung des Vizepräsidentin Ellenberger: förmlichen Disziplinarverfahrens. Der Grund für diese abweichende Regelung bestand darin, die Richter vor un- Herr Abgeordneter Wolf, bitte schön. gerechtfertigten Eingriffen der Exekutive in ihrer durch richterliche Unabhängigkeit gekennzeichnete Rechtsstel- Abgeordneter B. Wolf, CDU: lung zu schützen. Dieses durch die Gewaltenteilung be- gründete und in der Weimarer Republik praktizierte Dis- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ziplinarrecht bei den Richtern und Staatsanwälten wurde auch ich werde - das gleich vorweg - nachher die Über- bereits einmal, nämlich im Jahr 1937, abgeschafft. Nach weisung an den Justizausschuss beantragen, so dass wir der NS-Diktatur wurde mit Blick auf die richterliche Un- uns da fraktionsübergreifend sicherlich einig sind. abhängigkeit die Notwendigkeit gesehen, die Zuständig- keit des Disziplinargerichts bei der Einleitung des förm- Es gab in der Vergangenheit zwei Gesetzgebungsakte, die lichen Disziplinarverfahrens erneut einzuführen. Mit der sich sowohl auf das Thüringer Richtergesetz als auch Reform des Bundesdisziplinarrechts, die der Thüringer auf das Thüringer Rechnungshofgesetz auswirken. So ist Gesetzgeber im Wesentlichen mit dem Thüringer Diszi- mit Wirkung vom 01.01.2002 nach dem entsprechenden plinargesetz übernommen hat, entfällt nunmehr für die Beschluss des Deutschen Bundestags das Deutsche Richter- Beamten das förmliche Disziplinarverfahren. Würde der gesetz geändert worden und wir alle haben das Thürin- vorliegende Gesetzentwurf unverändert in Kraft treten, so ger Disziplinargesetz beschlossen, das dann zum 28.06. entfiele auch für die Richter und Staatsanwälte in Thü- in Kraft getreten ist. Beides wirkt sich auf das Thüringer ringen das förmliche Disziplinarverfahren. Damit entfie- Richtergesetz und auf das Thüringer Rechnungshofgesetz le gleichzeitig auch der Schutz vor Eingriffen des Justiz- aus. Diese beiden Gesetze stimmen nun nicht mehr mit ministeriums in die Rechtsstellung der Richter, der mit dem geltenden Recht überein. Prüfung durch das Disziplinargericht, ob ein förmliches Disziplinarverfahren einzuleiten ist, gewährleistet war. Vieles, was zu dem Gesetzentwurf als Änderungsvorschlä- Im Übrigen ist auch die Entscheidung des Disziplinar- ge oder Änderungsanträge vorgelegt wird, sind redaktionel- gerichts über die Einstellung disziplinarrechtlicher Er- le Änderungen, aber einiges geht auch darüber hinaus. So mittlungen nicht ohne Belang. Nicht nur, weil häufig ein in Nummer 4 § 60 betreffend: Hier findet das am 28.06. Interesse des betroffenen Richters oder Staatsanwalts an durch uns verabschiedete Thüringer Disziplinarrecht sei- einer Selbstreinigung besteht, wenn ihm zu Unrecht ein nen Eingang in die Gesetze. Berücksichtigt wird dabei Dienstvergehen angelastet wird. Es ist mitunter auch im auch die besondere Stellung von Richtern und Staatsanwäl- 7530 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 ten. Ob das ausreichend ist, wird dann sicherlich die Bera- Richwien, Staatssekretär: tung im Ausschuss noch zeigen. In Nummer 5 in § 61 wird aus dem verwendeten Begriff "Kürzung der Dienst- Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Da- bezüge" als Disziplinarmaßnahme eine "Gehaltskürzung" men und Herren Abgeordneten, der vorliegende Gesetz- im Text. Der Ausdruck "Versetzung" wird für die For- entwurf dient der Eingliederung des Autobahnamts in mulierung "Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn das Landesamt für Straßenbau. Durch den Neubau und mit geringeren Endgrundgehalt" eingeführt. Oder in der Ausbau der Bundesautobahnen in Thüringen erweitert sich Nummer 7 - vorhin ist schon mehrfach vorgetragen wor- das Autobahnnetz von derzeit ca. 300 Kilometer auf künftig den, dass das förmliche Disziplinarverfahren nicht mehr über 500 Kilometer. In diesem Zusammenhang besteht existiert, es ist weggefallen aufgrund der gesetzlichen Än- die Notwendigkeit, die Autobahnverwaltung auch per- derungen und damit ist auch keine Einleitungsbehörde sonell angemessen auszustatten. Der verstärkte und zeit- mehr für dieses Verfahren notwendig. Dies führt dann auch lich befristete Einsatz der Deutsche Einheit Fernstraßen- zu den entsprechenden Änderungen in § 63. planungs- und Bau GmbH, kurz gesagt die DEGES, für Aus- und Neubauaufgaben entlastet die Autobahnverwal- Wer sich den Gesetzestext genau durchsieht, wird fest- tung zwar von Vorbereitungs- und Bauaufgaben, die dau- stellen, dass das Disziplinarrecht des öffentlichen Dienstes ernden hoheitlichen Verwaltungs- und Unterhaltungsauf- eben kein Strafrecht für die in der Verwaltung Tätigen gaben, die mit der Fertigstellung der neuen Autobahnen oder Richter oder Mitglieder des Rechnungshofs ist, son- weiter zunehmen werden, müssen aber von der Autobahn- dern es ist jetzt eigentlich mehr Verwaltungsrecht und auch verwaltung wahrgenommen werden. Durch die Nutzung daraus resultieren viele der Änderungen, die vorgesehen vorhandener Synergien und die verstärkte Hilfe der DEGES sind. Wer sich den Gesetzestext zur Hand nimmt, wird soll die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass die feststellen, dass in der Begründung sowohl in Teil A als künftigen Aufgaben pflichtgemäß erfüllt werden können. auch in Teil B sehr ausführlich die einzelnen Änderun- Bei der Zusammenführung des Landesamts für Straßen- gen des Gesetzentwurfs begründet werden, da kann ich bau und dem Autobahnamt steht daher die Freisetzung mir das jetzt hier an dieser Stelle ersparen. Wen es inte- von Kapazitäten zur Übernahme der neuen Aufgaben im ressiert - und das sind sicherlich nicht so sehr viele, wenn Vordergrund. Die Eingliederung des Autobahnamts in das ich mir den Raum hier ansehe -, der kann sich das alles Landesamt für Straßenbau führt zu einer weiteren Straf- noch mal genau durchlesen. Aber ich möchte nicht ver- fung der Straßenbaubehörden, die mit der Bildung der gessen die Überweisung an den Justizausschuss zu be- vier Straßenbauämter eingeleitet wurde. Die Sonderstel- antragen. Danke schön. lung der Autobahnen im Straßennetz, ihre besondere ver- kehrs- und landespolitische Bedeutung rechtfertigen es, (Beifall bei der CDU) die Autobahnbehörde in die Mittelbehörde einzugliedern. Mit der Eingliederung wird der Autobahnbau künftig dem Vizepräsidentin Ellenberger: für Verkehr zuständigen Minister ohne Zwischenschal- tung einer weiteren Behörde direkt unterstellt. Zur Um- Mir liegen zu diesem Tagesordnungspunkt nun keine setzung dieses Vorhabens ist es erforderlich, das Auto- weiteren Wortmeldungen mehr vor und wir kommen bahnamt aufzulösen und das Thüringer Straßengesetz so- zur Abstimmung über die von allen drei Fraktionen be- wie die Verordnung über die Zuständigkeiten entspre- antragte Ausschussüberweisung. Wer der Überweisung der chend zu ändern. Durch den Gesetzentwurf soll darüber Drucksache 3/3309 an den Justizausschuss zustimmt, den hinaus dem Landesamt für Straßenbau die Zuständigkeit bitte ich um das Handzeichen. Das ist einmütig, vielen der Verkehrsbehörde für Autobahnen übertragen werden, Dank. Dann schließen wir den Tagesordnungspunkt 10 ab. die derzeit beim Ministerium liegt. Die Verkehrsbehörde trifft beispielsweise alle verkehrsbehördlichen Anordnun- Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf gen, also Maßnahmen zur Regelung und Lenkung des Ver- kehrs durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen Thüringer Gesetz zur Auflösung und ist verantwortlich für die Durchführung von Ver- des Autobahnamtes und zur Än- kehrsschauen. derung straßen- und straßenver- kehrsrechtlicher Vorschriften Es handelt sich insoweit um reine Verwaltungsaufga- Gesetzentwurf der Landesregierung ben, die von der Mittelbehörde wahrgenommen werden - Drucksache 3/3343 - können. Gleichzeitig wird eine Bündelung der Zustän- ERSTE BERATUNG digkeit für die Bundesautobahnen bei einer Behörde er- reicht. Die Wahrnehmung von Vollzugsaufgaben durch und Herr Staatssekretär Richwien wird den Gesetzent- das Landesamt für Straßenbau soll darüber hinaus dazu wurf einbringen. Bitte schön, Herr Staatssekretär. beitragen, der Mittelbehörde erworbene Erfahrungen im Straßenbau sowie der Unterhaltung und Verwaltung des Anlagevermögens zu erhalten. Daneben wird durch den Gesetzentwurf im Thüringer Straßengesetz eine Verord- nungsermächtigung eingeführt, um die Zuständigkeit des Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7531

Ministeriums entsprechend der künftigen Entwicklung sein wird. sachgerecht und schnell anpassen zu können. Schließ- lich werden Behördenbezeichnungen im Straßengesetz (Beifall bei der CDU) aktualisiert. Vielen Dank. Dazu braucht man eine effiziente Verwaltungsstruktur (Beifall bei der CDU) und die wird damit erreicht. Die Aufgaben fallen also nicht weg, sie werden zwar weniger bezüglich des Baus Vizepräsidentin Ellenberger: und des Ausbaus, aber bezüglich der Verwaltung werden sie natürlich nicht weniger, sondern werden mehr. Dazu Wir kommen zur Aussprache. Ich bitte als ersten Red- braucht man eine straffe Organisation und mit der Inte- ner Herrn Abgeordneten Lippmann ans Rednerpult. gration des Autobahnamts in das Landesamt für Straßen- bau ergeben sich Synergieeffekte. Kollege Lippmann, es Abgeordneter Lippmann, SPD: werden also letztlich Stellen eingespart, oder besser ge- sagt, es ergeben sich Synergien, weil man bestimmte Berei- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- che dann nicht mehr zweimal vorhalten muss. Das ist der ren, machen wir es kurz und schmerzlos. Wie der Herr Bereich, wo letztlich Kosten gesenkt werden. Darauf Staatssekretär gesagt hat, verlängert sich unser Auto- kommt es an. bahnnetz, das ist klar. Es wird ein Aufgabenmehrbedarf entstehen. Das Ziel ist nicht nur eine Straffung der Be- Ich möchte an der Stelle auch einmal sagen, die ganze hörden, sondern auch eine Bündelung vorzunehmen, die Straßenbauverwaltung in Thüringen hat in den letzten eine effizientere Bearbeitung der anstehenden Aufgaben Jahren erheblich Kosten eingespart. Durch die Privatisie- ermöglichen soll. Da ich immer ein Freund von geord- rung der TSI, also der Unterhaltungsarbeiten, und durch neten Abläufen bin, sage ich erstens, die Bündelung hält die Reduzierung auf vier Straßenbauämter sind also er- die SPD-Fraktion für gerechtfertigt; zweitens, ein Perso- heblich Kosten eingespart und damit das Landessäckel ent- nalmehrbedarf darf nicht entstehen. Ich glaube, das ist lastet worden. Ich denke, das ist ein sinnvolles Gesetzes- bei Ihnen auch angeklungen, wir hätten es sogar lieber, vorhaben. Ich beantrage namens meiner Fraktion die wenn ein Personalminderbedarf entstünde, aber da wage Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit ich keine Aussage zu machen. Drittens, wenn diese Um- und Strukturpolitik. Vielen Dank. strukturierung dieses Ziel erreicht, ohne dass die Quali- tät der Arbeit des Autobahnamts leidet, das ja dann eine (Beifall bei der CDU) Abteilung im Landesstraßenbau ist, dann ist das gut und richtig so. Die Einzelheiten sollten wir im Ausschuss für Vizepräsidentin Ellenberger: Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik klären. Vielen Dank. Herr Abgeordneter Buse, bitte schön, Sie haben das Wort. (Beifall bei der SPD; Abg. Vopel, CDU) Abgeordneter Buse, PDS: Vizepräsidentin Ellenberger: Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren, Herr Abgeordneter Kallenbach, bitte schön. uns liegt ja bekanntlich ein Gesetzentwurf zur ersten Be- ratung vor, der, wenn ich es einmal kurz sagen darf, neben Abgeordneter Kallenbach, CDU: den inhaltlichen Aufgaben die Zusammenlegung zweier Behörden zum Inhalt hat. Herr Staatssekretär Richwien Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat dazu seitens der Landesregierung auch noch einmal laut Grundgesetz Artikel 90 Abs. 1 ist der Bund Eigen- die Begründung hier gegeben. Es wurden ja schon in der tümer und Baulastträger für die Bundesfernstraßen und bisherigen Diskussion Effekte, Zielrichtungen dargelegt. damit auch für die Bundesautobahnen. Das Bundesver- Die Eingliederung des Autobahnamts in das Landesamt kehrsministerium ist die oberste Straßenbaubehörde für für Straßenbau wird - davon sind auch wir überzeugt - eine die Bundesfernstraßen, aber die Länder sind im Rahmen weitere Straffung der Straßenbehörden nach sich ziehen der Auftragsverwaltung zuständig für die Vorbereitung und vorhandene Synergien nutzen. Da stimme ich Ihnen und Durchführung von Investitionen auf diesen Straßen ja auch zu, Herr Kallenbach. Somit ist es durchaus ein und eben auch für die Unterhaltung und Verwaltung dieser Schritt in Richtung Straffung von Verwaltungstätigkeit, Straßen. Wie sie das organisieren und wie sie das struk- und bei diesem Schritt zeigt sich auch, dass mit der Bün- turieren, das ist der Länderhoheit überlassen. Wir hatten, delung von Behörden eine Aufgabenbewertung vorge- bevor das Autobahnbauprogramm begann, 250 Kilometer nommen wird. Ich glaube, dies ist auch bedeutsam hin- Autobahnen in Thüringen, im Moment sind es, der Staats- sichtlich einer möglichen Neuordnung künftiger Zustän- sekretär hat es gesagt, 299 Kilometer und in wenigen Jahren digkeiten von Aufgaben auf diesem Gebiet. Die bisheri- in der Endausbaustufe werden es 527 Kilometer Autobahn ge Beratung des Entwurfs in unserer Fraktion und Ge- in Thüringen sein. Das ist, glaube ich, die größte Steigerung spräche mit Betroffenen haben bisher bei mir keine Zweifel von allen Bundesländern, die überhaupt zu verzeichnen daran aufkommen lassen, dass die künftigen Aufgaben 7532 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 durch die Zusammenlegung der beiden Ämter nicht pflicht- dazu: Beschlussempfehlung des gemäß wahrgenommen werden. Wir sehen auch, dass Ausschusses für Wirtschaft, die Zusammenführung der Kapazität der beiden Behör- Arbeit und Strukturpolitik den die Realisierung weiterer Aufgaben im gleichen Per- - Drucksache 3/3331 - sonalbestand möglich machen wird. Das wird übrigens auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Be- Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Heym. Ich bitte hörden bestätigt, deren Mitwirkung am vorliegenden Ge- Sie, Herr Abgeordneter Heym, die Berichterstattungen setzentwurf, wenn meine Informationen stimmen, vor- vorzunehmen. bildlich gestaltet wurde. Somit hat für meine Begriffe die- ser Gesetzentwurf bereits jetzt schon eine zustimmungs- Abgeordneter Heym, CDU: fähige Qualität, aber wir werden uns natürlich der bean- tragten Diskussion im Wirtschaftsausschuss nicht ver- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte weigern. Unabhängig davon bin ich der Auffassung, dass Ihnen die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirt- möglicherweise, wie ich eingangs bereits darlegte, die schaft, Arbeit und Strukturpolitik zu den Anträgen "Durch weitere Beratung dieses Gesetzentwurfs oder aber auch Deregulierung und Entbürokratisierung die Attraktivität weiterer zu erwartender straßen- und straßenverkehrs- des Standorts Thüringen stärken", das ist der Antrag der rechtlicher Vorschriften und Verordnungen künftig noch Fraktion der CDU in Drucksache 3/3159, und "Verbes- stärker unter dem Aspekt der Funktional- und Verwal- serung der Qualität des Wirtschaftsstandorts Thüringen tungsreform zu führen sind. Stichworte seien hier nur durch Abschaffung von Verwaltungshemmnissen und Um- genannt: Umwidmung, Straßenbaulastveränderung etc. In setzung von Deregulierungsmaßnahmen auf Bundes- und diesem Sinne würden wir dann der Diskussion des Ge- Landesebene", das war der Antrag der Fraktion der SPD setzes im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Struktur- in Drucksache 3/3162, geben. Mit Beschluss des Thürin- politik entgegensehen. Ich danke Ihnen. ger Landtags vom 7. März 2003 ist nach gemeinsamer Aussprache der Antrag der Fraktion der CDU mit den (Beifall bei der PDS) Nummern 1, 2, 4 und 5, der Antrag der Fraktion der SPD an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpoli- Vizepräsidentin Ellenberger: tik überwiesen worden, nachdem die Landesregierung zu Punkt 3 des CDU-Antrags einen Sofortbericht gegeben Weitere Wortmeldungen gibt es nicht. Ich schließe die hatte. In seiner 36. Sitzung am 15. Mai hat der Ausschuss Aussprache und wir kommen zur Abstimmung über die für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik beide Anträge ge- Ausschussüberweisung. Wer der Überweisung der Druck- meinsam beraten. Der Ausschuss empfiehlt in der Ihnen sache 3/3343 an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und vorliegenden Drucksache 3/3330 die Annahme des Antrags Strukturpolitik zustimmen will, den bitte ich um das Hand- der Fraktion der CDU mit Änderungen und in Drucksache zeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Diese Über- 3/3331 die Ablehnung des Antrags der Fraktion der SPD. weisung ist einstimmig erfolgt. Ich schließe den Tages- ordnungspunkt 11. (Beifall bei der CDU)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12 in seinen Teilen Vizepräsidentin Ellenberger:

a) Durch Deregulierung und Ent- So, wir beginnen die Aussprache mit Ihnen, Herr Staats- bürokratisierung die Attraktivität sekretär Richwien. Bitte schön. des Standorts Thüringen stärken Antrag der Fraktion der CDU Richwien, Staatssekretär: - Drucksache 3/3159 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen schusses für Wirtschaft, Arbeit und Herren, in der Sitzung des Ausschusses für Wirt- und Strukturpolitik schaft, Arbeit und Strukturpolitik am 15. Mai im Jahr 2003 - Drucksache 3/3330 - wurde die Beschlussempfehlung für die heutige Plenar- sitzung abgestimmt, die Landesregierung zu bitten, im b) Verbesserung der Qualität IV. Quartal 2003 im Landtag zum Themenkomplex De- des Wirtschaftsstandorts Thü- regulierung zu berichten. Unabhängig davon möchte die ringen durch Abschaffung von Landesregierung in Ergänzung zu den Ausführungen im Verwaltungshemmnissen und Plenum am 7. März 2003 heute über den aktuellen Stand Umsetzung von Deregulierungs- informieren. maßnahmen auf Bundes- und Landesebene Im Rahmen der Organisation des Verwaltungsmoderni- Antrag der Fraktion der SPD sierungsprozesses wurde der Beirat "Moderne Verwal- - Drucksache 3/3162 - tung" eingerichtet. Er besteht aus Repräsentanten der Wirt- schafts- und Interessenverbände sowie der Gewerkschaf- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7533 ten und unterstützt durch seine Beiträge und die Diskus- verordnungen und Verwaltungsvorschriften in der Regel sion der ihm vorgelegten Projekte die Landesregierung zeitlich zu befristen, das heißt fünf Jahre. Nur ausnahms- bei der Erarbeitung von Vorhaben der Verwaltungsre- weise sollen sie unbefristet gelten. Zur Verbesserung des form. Durch den Beirat wird zugleich die zuständige In- Verfahrens bei der Erarbeitung von Gesetzen und Ver- formation der Interessenverbände und der Wirtschaft über ordnungen wurde der bestehende Prüffragenkatalog für die Entwicklung des Verwaltungsreformprozesses im Frei- Thüringer Rechtsvorschriften mit dem Ziel überarbeitet, staat Thüringen gewährleistet und dessen Mitgliedern die Gesetzesfolgen stärker bei der Konzeption und der Be- Möglichkeit eingeräumt, eigene Vorschläge zur Verwal- gründung von Vorschriften abzuwägen. Über diese, spe- tungsreform im Freistaat Thüringen einzubringen. ziell auf die Belange der Wirtschaft abzielenden Maßnah- men hat der Thüringer Innenminister den Wettbewerb Nachdem der Beirat bereits 2002 zu einer grundlegen- Normcheck ins Leben gerufen und am 19. Mai 2003 of- den Sitzung einberufen wurde, hat unter Vorsitz des In- fiziell vorgestellt. Dabei sind alle Normadressaten, also nenministers am 25.03.2003 die letzte Beiratssitzung statt- Bürger, Kommunen und Wirtschaftsunternehmen des Frei- gefunden. Die unabhängige Stabsstelle Verwaltungsver- staats Thüringen aufgerufen überzogene, überflüssige oder einfachung/Entbürokratisierung hat ihre Arbeit fortge- widersprüchliche Vorschriften, durch die sie sich in un- setzt. Sie ist mit vier Juristen aus unterschiedlichen Res- berechtigter Weise eingeschränkt sehen, zu melden. Für sorts besetzt. Als Leiter hat Herr Dr. Vogel den ehema- die besten Einsendungen werden Geld- und Sachpreise, ligen Präsidenten der VG Gera, Herrn Detlef Böttger, meine sehr geehrten Damen und Herren, vergeben. Der bestellt. Wissenschaftlich begleitet wird die Stabsstelle Wettbewerb wurde im Rahmen der Sitzung des Beirats von Prof. Dr. Böhret von der Deutschen Hochschule für moderne Verwaltung am 25. März vom Innenminister den Verwaltungswissenschaften in Speyer. Wir haben die Bun- zu beteiligenden Interessenvertretungen vorgestellt. Am desratsiniativen zum Verkehrswegeplanungs- und -be- 19. Mai 2003 wurde der Ausschreibungstext des Wett- schleunigungsgesetz zur Beschränkung der Verbandsklage bewerbs im Thüringer Staatsanzeiger veröffentlicht. Die auf den Weg gebracht, meine Damen und Herren. Der Preisverleihung ist für das IV. Quartal 2003 vorgesehen. Bundesrat hat unseren Vorschlägen bereits zugestimmt. Jetzt liegt es am Deutschen Bundestag konstruktive Re- Meine Damen und Herren, es stellt sich die Frage: Wie formvorhaben auch zu erkennen. sehen weitere, speziell auf die Wirtschaft zugeschnittene Schritte aus? Wir haben die Vorschläge und Anregungen Das Thüringer Innenministerium hat dem Landtag den Ent- von Unternehmen und Verbänden, die uns bislang vor- wurf der modernisierten Thüringer Bauordnung zugelei- lagen, gebündelt. Die Ressorts werden diese Themen be- tet. Sie wird das Bauen preisgünstiger machen und die Ver- werten. Ich will hier nur einige nennen. So wird der täg- fahren beschleunigen. Die Tageszeitungen berichteten be- liche Verwaltungsaufwand, wie er mit Statistiken und mit reits über die Genehmigungsfiktion im vereinfachten Ver- dem Umgang mit Behörden entsteht, kritisiert. Das Gros fahren. Die Thüringer Landesregierung hat unter Feder- der Anregungen bezieht sich jedoch auf das Bundesrecht. führung des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Ar- Breiten Raum nimmt die Diskussion um das Arbeitsrecht beit und Infrastruktur Forderungen und Vorschläge von ein, meine Damen und Herren. Generell wird Flexibili- Verbänden und Unternehmen zur Deregulierung zusam- sierung, insbesondere auf der Betriebsebene, verlangt. Das mengetragen. Der hierbei entstandene umfangreiche Ka- Steuerrecht soll vereinfacht werden, es ist nicht nur der talog wird nun von den Ressorts bis zur Jahresmitte be- vordergründige Wunsch nach weniger Steuern, es ist ins- wertet. Eine Reihe der erhobenen Forderungen wurde be- besondere der Wunsch nach Besteuerungsverfahren, wel- reits aufgegriffen. Beim Thüringer Wirtschaftsministerium che für die Wirtschaft weniger belastend sind. Gefordert wurde eine Anlaufstelle zum Abbau bürokratischer Hemm- wird in Sonderheit die Abschaffung der Ökosteuer und nisse eingerichtet. Aufgabe dieser Stelle ist es, Anregun- des Dosenpfandes. gen und Forderungen der Wirtschaft zu sammeln und an die zuständigen Stellen weiterzuleiten. Sie soll zugleich (Beifall bei der CDU) Kommunikationspartner für die Wirtschaft zu Fragen der Deregulierung sein. Damit wurde einer Forderung der Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu diesem The- Wirtschaft Rechnung getragen, einen konkreten Ansprech- ma Folgendes zusammenfassen: Deregulierung und Ent- partner in einem Ministerium für die Frage der Deregu- bürokratisierung sind eine ständige Aufgabe und ein Pro- lierung auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts zu haben. zess. Diese Aufgabe jetzt anzugehen, tut besonders Not. Das erste Gespräch mit Kammern und Verbänden hier- Sie ist aber nicht nur mit einem einzigen großen und schnel- zu hat am 22. Mai 2003 stattgefunden. Die Landesregie- len Schnitt zu bewältigen. Deregulierung und Entbüro- rung hat Arbeitshilfen zur Gesetzesfolgen- und Kosten- kratisierung ist ein Prozess, der viele kleine Schritte er- folgenabschätzung erarbeitet. Diese wurden bereits zum fordert, bis hin zum Umdenken bei allen Handelnden Teil den Ressorts als Arbeitsgrundlage zur Verfügung ge- und Betroffenen. Wichtig ist hierbei, dass wir die Schritte stellt. Sie sollen bei der Erprobung der Gesetzesfolgen- erkennen, die wir gehen müssen und es von besonderer abschätzung anhand eines noch auszuwählenden Rege- Bedeutung ist, dass wir sie sehr schnell gehen. Vielen Dank. lungsvorhabens mit großer Wirkungsbreite erste Anwen- dung finden. Zukünftig sind alle Gesetzentwürfe, Rechts- (Beifall bei der CDU) 7534 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Vizepräsidentin Ellenberger: der Zielstellung der Schwerpunktsetzung für die Abschaf- fung der die wirtschaftliche Entwicklung hemmenden Re- Herr Abgeordneter Gerstenberger, bitte schön, Sie haben gelungen abgelehnt wurde. Wer sind wir denn eigentlich? das Wort. Wer von uns ist in seiner täglichen Arbeit im Ringen um seine Existenz im gleichen Maße wie die Unternehmer, Abgeordneter Gerstenberger, PDS: Handwerker und Gewerbetreibenden nicht schon mit den überbordeten bürokratischen Regelungen konfrontiert wor- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Ver- den? Ich sage Ihnen, die eine derartige Anhörung abge- waltung hat sich perfektioniert und sie hat sich auch ein- lehnt haben, haben sich in einen Elfenbeinturm zurück- gerichtet und das Verwaltungshandeln wird durch recht- gezogen und betreiben Elfenbeinturmpolitik. Sie fühlen liche Vorschriften und eine immer engere Handhabung sich allwissend und haben die Verbindung zu denen des Ermessensspielraums bestimmt. Ergebnis des Gan- verloren, die täglich mit zen ist, wie es auch im Text der beiden Anträge deutlich wird, dass der Wirtschaftsstandort Thüringen einer drin- (Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Sie genden Stärkung durch Deregulierung und Entbürokra- waren nicht mal da und reden dummes tisierung bedarf. Nun können wir trefflich streiten, ob Zeug!) eine Entbürokratisierungskommission bei der Staatskanz- lei den Status quo minus bei den Regelungen erreicht und der Bürokratie und ihren Regelungen zu ringen haben. damit den Standort Thüringen stärkt, oder ob eine lange Zu diesen bürokratischen Regelungen gehört es auch nach überfällige Verwaltungsreform, wie vom Staatssekretär Ihrem Verständnis, dass man immer da sein muss, um zu ja auch mehr oder weniger versteckt im Satz angedeutet, erfahren und zu wissen was in den Ausschüssen beredet den Durchbruch bringen wird. wurde. Sie können davon ausgehen, Herr Kretschmer, dass meine Beziehung zu den Abgeordneten des Wirt- Meine Damen und Herren, was uns als PDS-Fraktion schaftsausschusses so gut funktioniert, dass ich zumin- allerdings an beiden Anträgen stört, ist ihre Anonymität dest über die Diskussionen die von Ihrer Seite geführt bei den Zielen in den Beschlusspunkten 1 bis 4 des CDU- wurden, ausreichend und umfassend in diesem Zusam- Antrags sowie 1 bis 8 im SPD-Antrag. Wollen wir eine menhang informiert wurde. Deregulierung um ihrer selbst willen? Wollen wir Zah- lenspiele, etwa so, dass von über 2.000 Verordnungen (Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Aber und Vorschriften mehr als 10 Prozent ab 01.01.2004 nicht anscheinend falsch!) mehr gültig sind? Ich meine, wir brauchen auch Deregu- lierung und Abbau von Verwaltungshemmnissen, um die (Beifall bei der PDS) Situation im Wirtschaftswachstum zu verbessern, die Ar- beitslosigkeit zu bekämpfen, Wirkung gegen Insolvenz- (Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Sie entwicklungen zu entfalten und insgesamt ein unterneh- haben ein Berichtswesen wie früher in der merfreundlicheres Klima zu schaffen. Das war ja auch, DDR!) wenn ich daran erinnern darf, der Ausgangspunkt der Ini- tiative der IHK und ihres Dachverbands. Nicht Aktion Nein wir haben kein Berichtswesen, wir haben eine ver- schlechthin also, sondern ergebnisorientiertes Handeln. nünftige Umgangsform, weil es uns um die Sache geht und nicht um die Anwesenheitsnachweise. Wenn wir, Uns geht es um eine Verbesserung der Dienstleistungs- meine Damen und Herren, den Wirtschaftsstandort Thü- funktion des Staates. Dazu ist Verkürzung und Verein- ringen wirklich stärken wollen, hätten wir das externe fachung von Genehmigungsverfahren, Antrags-, Bewil- Wissen um die Hemmnisse der direkt Betroffenen im Aus- ligungs- und Zulassungsverfahren notwendig, um Erhö- schuss in einer Anhörung aufgreifen können. hung der Transparenz staatlicher Verwaltungsakte und um unternehmerfreundlichen Zugang zu Leistungen öf- (Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU) fentlicher Einrichtungen zu erreichen. Uns geht es um den Abbau bürokratischer Belastungen für Bürgerinnen und Herr Kretschmer, Sie werden lästig. Bürger, Unternehmen und Handwerker. Nicht der Weg, meine Damen und Herren, Prüfung und Sortierung von Meine Damen und Herren, es ist doch so, dass nach Ende Vorschriften und Regelungen, sondern das Ziel, Verein- des ersten Jahrzehnts der Vereinigung der Aufholprozess fachung von Regelungen und Verbesserung in ihrer Hand- nicht nur an Dynamik verloren hat, sondern sich der Ab- habung sind für uns das Maß dieser Maßnahmen. stand zwischen Ost und West vergrößert. Es hat sich doch als Irrglaube erwiesen, dass erfolgreiche Standorte die (Beifall bei der PDS) Standorte mit Niedriglohnniveau sind. Und es hat sich bewiesen, dass wachsende wirtschaftliche Entwicklung Insofern, meine Damen und Herren, ist es schon sehr be- immer das Ergebnis politisch gestalteter, gesellschaftlich dauerlich, dass die Mehrheit der Abgeordneten sich für gewollter, innovativer Bündnisse war. Die Gesellschaft, so klug hält, dass eine Anhörung zu diesem Komplex mit die Bürgerinnen und Bürger, Unternehmer, Handwerker Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7535 und Gewerbetreibende wollen Veränderungen. Es ist also Ja, ja, gut. an uns, die politischen Voraussetzungen für eine Allianz für Arbeitsplätze, Ansiedlungen und Aufträge zu schmie- Ich war mir in der Landtagssitzung am 7. März 2003 den. Es ist also an uns, nicht nur Initiativen der Landes- schon nicht ganz schlüssig, warum wir beide Anträge an regierung zu begrüßen, sondern das Ziel zu formulieren, den Ausschuss haben überweisen müssen. Beim Antrag dass die Deregulierungsmaßnahmen zu erfüllen haben der CDU-Fraktion waren die Punkte 1, 2, 4 und 5 relativ und auf modernes Verwaltungshandeln, das die wirtschaft- klar eine Beschlusslage, wo wir Erwartungen sowohl an liche Entwicklung unterstützt, zu orientieren. Dabei geht es die Landesregierung als auch an die entsprechenden Gre- darum, Antragsteller wo nur möglich von Genehmigungs- mien richteten. Die Frage der Berichterstattung, das haben und Nachweispflichten zu entlasten, Gründungsdynamik wir heute erlebt von Herrn Staatssekretär Richwien, ist und wirtschaftliche Stabilisierung zu erreichen. Eine ver- eine andauernde und das ist auch vernünftig so, dass man besserte Koordinierung zwischen Wirtschafts-, Arbeits- uns auf dem Laufenden hält, was auf diesem Gebiet pas- markt, Technologie, Wissenschafts- und Forschungpoli- siert. Den Antrag der SPD-Fraktion habe ich damals schon tik zu erreichen, auch bei den Förderprogrammen und den - ja ich will nicht übertreiben - doch aber als Aktionis- zu schaffenden Rahmenbedingungen. Und es geht um Ent- mus bezeichnet, mehr oder weniger Rohrkrepierer, in dem lastung der Unternehmen und Selbstständigen, aber auch einzelne Punkte aus irgendwelchen Versatzstücken heraus- der Bürgerinnen und Bürger von Gebühren und Beiträgen. genommen worden sind, und ihn damals auch schon hät- ten ablehnen können. (Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Wen- den Sie sich nach Berlin und sagen Sie es Nun ist er an den Ausschuss überwiesen worden. Ich habe denen.) die Vermutung, und die Vermutung ist durch die Art und Weise, wie diese Anhörung dann beschlossen wer- Nur mit solchen Zielen, nicht nur durch bloße Überprü- den sollte, bestärkt worden, dass man einerseits ablen- fung der Außerkraftsetzung von Regelungen stärken wir ken wollte von der Bauchlandung von Herrn Clement den Standort Thüringen, machen wir Thüringen zu einem mit seiner Sonderwirtschaftszone - darüber redet man Innovationsprojekt Ost. Nicht Deregulierungs- oder Son- im Augenblick nicht mehr - derwirtschaftszonen a la Gilo, sondern eine Innovations- zone Thüringen ist notwendig und erforderlich. (Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, beide hier zur Diskussion und zum Zweiten noch ablenken will vom wirtschafts- stehenden Anträge sowie die Beschlussempfehlung sind politischen Chaos der Bundesregierung, indem man ver- der Anfangspunkt notwendiger Maßnahmen, der nun schon sucht, das, was so unterschwellig an Regulierungs- und zum zweiten Mal gegebene Bericht der Landesregierung Bürokratieabbauvorschlägen da ist, die in der Zuständig- nur eine Zwischenetappe. Mit der vom Ausschuss vor- keit nicht geordnet sind, Bund, Land, Kommune, alles so geschlagenen Ergänzung zur Berichterstattung über Er- an die Landesregierung abzudrücken und zu sagen, das gebnisse der Überprüfung wird uns die Möglichkeit ge- sind diejenigen, die daran schuld sind, dass es mit der geben zu bewerten, wie die von mir genannten inhaltli- Wirtschaft nicht weitergeht. Meine Damen und Herren, das chen Zielstellungen damit erfüllbar waren bzw. erfüllbar war meine Sorge. Und meine Sorge ist im Grunde genom- werden zu prüfen, ob zielorientierte Erarbeitung von De- men auch durch den Ablauf der Wirtschaftsausschuss- regulierungsvorschlägen erfolgte. Hoffen wir es im Inte- Sitzungen bestätigt worden, denn, wie gesagt, ich wusste resse der Arbeit Suchenden und des Freistaats Thürin- nicht so recht, was wir im Wirtschaftsausschuss mit den gen. Ich danke Ihnen. Anträgen machen sollen. Bei aller Verbundenheit gegen- über dem Kollegen Lippmann, das, was dann vorgetragen (Beifall bei der PDS) wird von der SPD-Fraktion, wir wollten eine Anhörung ma- chen, hatte meines Erachtens auch nur das Ziel zu verzö- Vizepräsidentin Ellenberger: gern. Ich will das auch noch einmal ganz deutlich sagen, Herr Gerstenberger, weil Sie möglicherweise nur bruch- Herr Abgeordneter Kretschmer, Sie haben das Wort. Bitte stückenhaft den Bericht davon erzählt haben. Herr Lipp- schön. mann stellte den Antrag, zu beiden Anträgen eine Anhö- rung zu machen, und zwar mit den Vertretern der IHK Abgeordneter Kretschmer, CDU: und des Thüringer Handwerkstages. Das war zunächst erst einmal der Antrag. Als wir nun nachfragten, was soll Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Gersten- denn nun eigentlich der Beratungsgegenstand sein, dann berger, Sie müssen mich auch weiter ertragen, selbst wenn weitete man sich auf und meinte, wir meinen speziell in Ihnen das lästig ist. Punkt 2 die Vorschläge aus Wirtschaft, Gewerkschaft, Ver- tretern an die Landesregierung, dazu wollen wir eine An- (Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Ja, hörung machen. Also, meine Damen und Herren, die zwei ja, aber nicht mit Ihren permanenten Zwi- Fälle mussten wir ja nun betrachten. Zu diesen Anträgen, schenrufen.) wie sie jetzt vorliegen, eine Anhörung zu machen, ist der- 7536 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 art sinnlos und erregt den Widerstand auch der Verbände, ben wir diese Sache abgelehnt. Herr Gerstenberger, ich weil Papiere liegen säckeweise da, was zu verändern ist. hätte es vielleicht nicht gesagt, das ist so ein bisschen eine Ich habe das mit meinem Zwischenruf, Herr Kollege Referenz gegenüber dem Herrn Kollegen Ramelow. Aber Gerstenberger, deutlich machen wollen. Die Wirtschaft ist die Chance, wenigstens mit Trick siebzehn B eine schrift- zum zweiten Mal nach Berlin gefahren, weil das ja eigent- liche Anhörung zu machen, die hat die Opposition nun lich das Resultat derer ist, die die Reformen verhindern. selber versimmst. Herr Ramelow ist vor der Zeit gegan- Sie können das heute in der "Thüringer Allgemeinen" sehr gen. Es fehlt Ihnen genau die eine Stimme. lebhaft nachlesen, wie das Ergebnis ausgegangen ist. Nichts mit Reform, Reparatur statt Reform. Es passiert nichts, so (Beifall bei der CDU) dass sich der IHK-Präsident, Herr Chrestensen, förmlich aufregt. Bei den Handwerkern müsste man sagen, wenn Meine Damen und Herren, wenn Sie hier schon parla- das so weitergeht, sind die eher abgeschafft, ehe wir die mentarische Arbeit besonders hervorheben und auch die Anhörung durchführen, meine Damen und Herren. Ich Berichterstattung in Ihrer Fraktion, dann hätten Sie das glaube, die Anhörung zu diesen beiden Anträgen hätte auch wenigsten abfragen müssen. Das ist die Sache, die die Leute nur noch mehr erregt. dem Ding noch die Krone aufgesetzt hat. Weil es inhalt- lich nichts Neues gab, bitte ich zu verzeihen, dass ich auch (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Glauben Sie?) ein wenig aus dem Gang der Ausschussberatung vorge- tragen habe. Diese jedoch eher politische Wertung ist dem Nun war aber die zweite Frage, die will ich hier deutlich Berichterstatter verwehrt geblieben. Deshalb habe ich es sagen, dass Herr Lippmann sagt, ja, nun wir wollten, oder hier getan, meine Damen und Herren. Für meine Frak- die SPD, ich muss die Form wahren, dass sie sagen, nein, tion ist klar, der Antrag der CDU-Fraktion in den ur- nein wir wollen mal hören, welche Vorschläge denn da sprünglichen Punkten 1, 2, 4 und 5 und nun erweitert um sind. Da muss ich Ihnen sagen, die Kammern haben schon die Berichterstattung im IV. Quartal Stabsstelle und Clea- vor langer Zeit ihr Papier auf dem Tisch gehabt "Schlanker ringstelle sollte heute hier angenommen werden. Die Po- Staat für starke Wirtschaft". Das Internet quillt über von sition zum SPD-Antrag, die versucht haben, in der Aus- Seiten Bürokratieabbau und Folgendem. Sie haben vom schuss-Sitzung mit einer Aktualisierung hinsichtlich des Staatssekretär Roland Richiwen gehört, wie sowohl jetzt Landesentwicklungsplans noch zu retten, was zu retten die Stabsstelle als auch die so genannte - neudeutsch - ist, bleibt auch weiterhin unverändert, den Antrag der Clearingstelle arbeitet, wo genau diese Vorschläge der Ver- SPD-Fraktion abzulehnen. Danke schön. bände, Gewerkschaften und Kammern gesammelt werden. Insofern hat sich unser Antrag qualifiziert, dass wir sa- (Beifall bei der CDU) gen, wir wollen in dem Bericht über Deregulierung und Endbürokratisierung nicht nur über die Ergebnisse der Vizepräsidentin Ellenberger: Stabsstelle unterrichtet werden, sondern eben auch die Ergebnisse dieser Clearingstelle der Landesregierung, also Herr Abgeordneter Lippmann, Sie haben das Wort, bitte. beim Wirtschaftsministerium hineinzunehmen. Daraufhin - also neue Kehrtwendung - die SPD-Fraktion konkretisiert Abgeordneter Lippmann, SPD: den Antrag. Wir wollen jetzt eine Anhörung machen, jetzt noch mit den Gewerkschaften. Die sind jetzt dazugekom- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, men, weil ich darauf hingewiesen habe. Unser Antrag ich will meine wenigen Worte dort beginnen, wo der ging ja weiter. Wir waren ja schon mit den Gewerkschaf- Herr Staatssekretär aufgehört hat. Er hat nämlich gesagt, ten im Boot. Also neue Anhörung IHK, Handwerkskammer Deregulierung und Entbürokratisierung ist ein Prozess, und Gewerkschaften zu - muss ich selbst schauen - also wie der ad hoc nicht von heute auf morgen zu bewerkstel- der Anhörungsgegenstand nur die Anträge. Wie gesagt, ligen ist, sondern den man beachten muss und den man liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen auch mal zu entwickeln hat. Recht hat er, das ist richtig so. darüber nachdenken, dass wir zwar für diese Arbeit, die wir hier verrichten, bezahlt werden, manche meinen viel- Herr Kretschmer, es war vielleicht eine etwas einseitige leicht zu gut bezahlt werden. Diese Leute, die wir anhören, Bewertung der Wirtschaftsausschuss-Sitzung. Ich habe machen das neben ihrer Arbeit. Ich stelle fest, eine In- zur ersten Lesung zu beiden Anträgen in einer Beratung, flation von Anhörungen und dass ich bei den Anzuhö- die ich für ausdrücklich fachlich und sachlich hielt - am renden die Frage schon sehr deutlich sehe: Was wollt 07.03. war sie wohl -, relativ ausführlich gesprochen und Ihr immer wieder dasselbe von uns hören? Ich ziehe aus- auch Beispiele genannt. Ich habe in diesen Bemerkun- drücklich diesen Bereich heran. Ich will mich nicht zu gen die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, erstens, dass Anhörungen von anderen Ausschüssen äußern, das steht die Inhalte beider Anträge vorurteilsfrei in den Ausschüs- mir nicht zu. Aber hier in dieser Frage sind, wie gesagt, sen beraten werden mögen. Zweitens hatte ich gesagt, die- säckeweise die Vorschläge auf dem Tisch. Ganz im Ge- sen Prozess nicht ausschließlich - und das ist der wesentli- genteil, die werden sehr unruhig, dass nichts passiert. Die che Punkt, Kollege Kretschmer - zu einer Angelegenheit Situation verschlimmert sich. Jetzt sind nicht Anhörun- der Exekutive werden zu lassen, sondern auch die Legis- gen gefragt, sondern Taten sind gefragt. Und deshalb ha- lative langfristig einzubinden und den Gesamtblock aller Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7537

Möglichkeiten, die hier genannt worden sind, schriftlich System der Bundesrepublik Deutschland nicht so ohne vorgelegt und mündlich vorgetragen, im Wirtschaftsaus- weiteres möglich sein. Das werden Sie mir wohl zuge- schuss mit denen zu beraten, die sich in den letzten Mo- stehen. Was augenblicks - und hier verlasse ich das Feld naten schon dazu sachlich und fachlich geäußert hatten. der beiden Anträge - die Frage aufwirft, ob dieses föde- Ich nenne da vorrangig die Industrie- und Handelskam- rale System, das ja ein Erfolgsmodell über viele Jahr- mern, den Dachverband. Diese Vorstellungen der SPD- zehnte gewesen ist, noch den Anforderungen der Zukunft Fraktion wurden leider nicht von der Mehrheitsfraktion gerecht werden kann. Aber das ist eine ganz andere Fra- dieses Landtags getragen. Wir hatten das befürchtet. Herr ge und heute auch nicht das Thema. Das Thema heute Kollege Kretschmer, Sie hatten ja auch zur ersten Lesung müssen wir heute zum Abschluss bringen. Ihr Antrag, schon Ihre Bemühungen erkennen lassen, nach Möglich- Kolleginnen und Kollegen von der CDU, fordert im Grunde keit die Anträge sofort abzustimmen, das heißt unseren genommen die Landesregierung dazu auf, Deregulierung abzulehnen. Was Sie dann bewogen hat, der Überwei- und Entbürokratisierung nicht aus dem Auge zu verlieren. sung an die Ausschüsse zuzustimmen - Das ist ein wenig dürftig. Dieser Antrag lässt das Parla- ment außen vor, obwohl dieses - und die Enquetekom- (Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Das ist mission, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat ja die Achtung vor der Meinung meiner Frak- bewiesen, dass das möglich ist - sehr wohl in der Lage ist, tion.) dazu eigene Vorschläge und Anregungen zu geben und zu machen. Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, nein, nein, das war etwas ganz anderes, Kollege ist eine vertane Chance. Vielen Dank. Kretschmer, das sage ich mal lieber nicht hier, das sagen wir unter vier Augen. Sie wollen die Legislative in die- (Beifall bei der PDS, SPD) sen doch recht komplizierten Prozess nicht einbinden. Sie halten es für überflüssig, beispielsweise die IHK dazu Vizepräsidentin Ellenberger: zu hören. Kollege Kretschmer, eines will ich Ihnen sagen, Sie haben gesagt, die Industrie- und Handelskammern wol- Es gibt eine weitere Wortmeldung. Bitte schön, Herr len es gar nicht, ich habe nach einem Gespräch mit der Abgeordneter Kretschmer. Industrie- und Handelskammer Abgeordneter Kretschmer, CDU: (Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Hier ist ein Brief von Herrn Grusser.) Frau Präsidentin, nur eine Klarstellung. Ich verwahre mich im Namen meiner Fraktion gegen den unterschwelligen in Erfurt, mit Herrn Chrestensen, den Wunsch geäußert be- Vorwurf, Herr Kollege Lippmann, wir wollten mit der kommen, eine Anhörung in diesem Landtag durchzufüh- Ablehnung Ihrer Anträge oder möglicherweise mit der ren, weil es eben nicht nur um bundespolitische Dinge Ablehnung der Überweisung an den Ausschuss am Par- geht, sondern auch um Dinge, die im Land geändert wer- lament vorbei oder nur bei der Landesregierung die Sa- den können. Das war auch der Sinn unseres Antrags. Das che liegen lassen. Ich will es noch mal deutlich sagen: ist bedauerlich, zumal auch der Ministerpräsident in sei- Die Anhörung, die Sie wollten, hat vielleicht einen eher nen Bemerkungen anlässlich der Beratung - er hatte das symbolischen Wert. Aber Sie haben in Ihrer Korrespon- Wort ergriffen - ausdrücklich gesagt hat, dass dies auch die denz, ich nehme an, die PDS hat in ihrer Korrespondenz Legislative zu machen und langfristig zu beachten habe. die Vorschläge der Kammern, ich habe Ihnen extra die Das werden Sie nicht abstreiten können. Da wir nun bes- Aktivitäten der Wirtschaftsverbände in Richtung der Bun- tenfalls nach dem, was wir im Wirtschaftsausschuss be- destagsfraktion geschildert. Nachdem sie im Januar und raten und beschlossen haben, gelegentlich Berichte der jetzt wieder da waren, sind die so krachsauer, dass sie von Landesregierung dazu vorgesetzt bekommen, den ersten Berlin zurückkommen müssen und sagen, wir haben mal umfänglichen, das hat auch der Staatssekretär heute be- miteinander geredet. Dafür ist eine Anhörung im Augen- stätigt, im IV. Quartal dieses Jahres, ist es eigentlich über- blick total das falsche Instrumentarium. Wir hätten einen flüssig, heute noch auf bestimmte Einzelheiten von De- ganzen Vormittag die Leute hierher bemüht und sie hätten regulierungsmaßnahmen einzugehen, weil sie für die Katz alles das, was auf dem Papier gestanden hat, uns noch mal sind. Es bleibt leeres Gerede, weil nicht erwünscht, meine vorgetragen. Was wäre denn im Endeffekt dabei heraus- sehr verehrten Damen und Herren. Das hatten wir uns gekommen, Herr Kollege Lippmann? Auch wir hätten wie- eigentlich angesichts der Thematik ein wenig anders vor- der sagen müssen, die Clearingstelle muss erst mal aus- gestellt. einanderfitzen, was geht auf den Bund, was geht auf uns, was geht meinetwegen auf die Kommunen. Das ist doch Für die abnorm hohe Regelungsdichte in Deutschland z.B. Punkt 4 oder Punkt 5 unseres Antrags, der sagt, wir allein die derzeitige Bundesregierung verantwortlich zu bitten auch das Innenministerium, genau diese Fragen zu machen, ist natürlich Quatsch. Dass es Quatsch ist, das klären. Ich weise noch mal im Namen meiner Fraktion wissen Sie auch. Dieses Chaos hat viele Väter aus jeder diesen Vorwurf zurück, wir hätten hier versucht, mit der politischen Partei. Nun müssen es aber auch alle ändern, Direktabstimmung im Plenum am 7. März, weil sich von das heißt verbessern. Nur wird dies im föderal verfassten der Sachlage her nichts geändert hat, eine Sache parlamen- 7538 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 tarisch zu Ende zu bringen, ohne die entsprechenden Gre- ligt. Diese indirekte Einflussnahme - Berichtspflicht und mien zu bemühen. damit Kontrolle - wurde schon immer über die Bericht- erstattung der Landesregierung im Ausschuss des Land- Vizepräsidentin Ellenberger: tags durch den Landtag wahrgenommen. Diese Praxis wird auch heute noch so geübt, wobei die beiden Mitglieder Gibt es weitere Wünsche zu reden? Das ist jetzt wohl nicht des AdR dann berichten. mehr der Fall. Ich schließe die Aussprache. Warum also nun diese Berichterstattung über das übli- Wir kommen zur Abstimmung über den CDU-Antrag in che Maß hinaus? Der Landtag hat durch Wahl aus seiner Drucksache 3/3159. Wir stimmen zunächst über die Be- Mitte einen Vertreter in dieses Gremium direkt entsandt schlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Ar- und hat somit nach Meinung meiner Fraktion auch einen beit und Strukturpolitik in Drucksache 3/3330 ab. Wer Anspruch auf eine direkte Berichterstattung über die Ar- der Beschlussempfehlung zustimmen will, den bitte ich beit und deren Ergebnisse. um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltun- gen? Bei einer Anzahl von Stimmenthaltungen ist dieser (Beifall bei der CDU) Beschlussempfehlung mit Mehrheit zugestimmt worden. Mehr als ein Jahr Mitgliedschaft im Ausschuss der Re- Jetzt stimmen wir unter Berücksichtigung dieser Be- gionen Europas, das ist eine einzigartige Situation. Eine schlussempfehlung über den CDU-Antrag direkt ab. Wer Region im Herzen Europas bezieht Position und resü- dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Hand- miert und versucht Zukunft mitzugestalten. zeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer größeren Anzahl von Enthaltungen ist diesem Antrag mit Ein kurzer Blick zurück: Die ehemalige DDR wurde per Mehrheit zugestimmt worden. Einigungsvertrag nach Artikel 23 des Grundgesetzes Mit- glied der Europäischen Union - ein Sonderfall in Europa, Jetzt kommen wir zum SPD-Antrag in Drucksache 3/3162. für uns ein Glücksfall. Heute betrachten wir quasi als Wir stimmen über diesen Antrag direkt ab, weil die Be- Westeuropäer die Osterweiterung. Welche Veränderung schlussempfehlung Ablehnung empfiehlt. Wer diesem An- in dieser kurzen Zeit! trag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Dieser Antrag ist mit Mehrheit abge- Doch lassen Sie mich zu Beginn einmal unsere Rechts- lehnt. stellung näher beleuchten. Gemeint ist natürlich im Zu- sammenhang dieser Berichterstattung die Stellung im Aus- Damit beende ich den Tagesordnungspunkt 12 und rufe schuss der Regionen Europas. Wie wir in die Lage ge- auf den Tagesordnungspunkt 13 kommen sind, habe ich gerade gesagt. Welche innerdeut- schen Regelungen es gibt, ist bereits ausgesprochen. Bleibt Arbeit des Ausschusses mir nur noch, die Bedingungen zu nennen, unter denen der Regionen man ein solches Mandat erwerben kann. Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/3308 - Erstens: Zunächst muss man ein Mandat bereits inneha- ben, welches durch Wahl auf politischer Ebene liegt. Begründung war nicht erbeten, sondern Sie geben den Bericht. Bitte schön, Herr Abgeordneter Schröter. Zweitens endet dieses Mandat vor Ablauf der AdR-Le- gislaturperiode, so endet auch das Mandat mit einer Über- Abgeordneter Schröter, CDU: gangszeit.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Drittens: Das Mitglied im AdR hat kein imperatives Man- vielleicht doch noch ein paar begründende Worte zum dat, ich betone dies besonders, da im Zusammenhang mit Antrag. Wie bereits in der schriftlichen Begründung ge- der Arbeitsweise des AdR sonst eine nicht zu bewälti- nannt, verfügt der Thüringer Landtag infolge der inner- gende Situation entstünde. Ich komme später noch ein- deutschen Regelungen dieses bekannten Rotationsverfah- mal darauf zurück. rens über 24 Mandate im Ausschuss der Regionen Euro- pas. Erstmals ist in dieser Legislaturperiode ein direkter Viertens: Man muss die Situation insgesamt bewerten. Einfluss auf die europäischen Entscheidungsprozesse für den Landtag möglich geworden. In der 1. und 2. Legisla- Der Ausschuss der Regionen besteht aus 222 Mitglie- turperiode des Ausschusses der Regionen war diese Mög- dern, die aus noch 15 Mitgliedstaaten entsandt werden. lichkeit seitens des Freistaats Thüringen auf ein Mitglied Er hat - genau wie dieser Landtag - Fraktionen; die größten begrenzt. Bei der Konstellation, der Minister war Mit- sind die EVP-Fraktion, die Fraktion der Europäischen glied des Ausschusses und sein Stellvertreter war der Volksparteien und die ESP-Fraktion, die Fraktion der Staatssekretär, war der Landtag nur indirekt über seine Europäischen Sozialdemokratischen Parteien, zu denen Kontrollaufgabe gegenüber der Landesregierung betei- u.a. die SPD auch gehört. Weitere Fraktionen existieren, Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7539 müssen aber wohl in diesem Zusammenhang nicht ge- rückfragt und Sachverhalte aufklärt. nannt werden. Außerdem gibt es die deutsche Delega- tion, die genauso, wie es in anderen Staaten üblich ist, An dieser Stelle möchte ich mich ganz besonders bei den versucht, gesamtstaatliche Interessen wahrzunehmen. Wenn für die Arbeit im Ausschuss der Regionen zuständigen Sie also betrachten, welche Gremien es hier in diesem Mitarbeitern in der Thüringer Landesvertretung, besonders Bereich gibt, so können Sie sich sicher vorstellen, dass die Frau Holeschovsky, ausdrücklich und persönlich bedan- Arbeit im AdR auch etwa einer Landtagstätigkeit gleich- ken für ihr Engagement. kommt, besonders auch unter der Betrachtung der Tatsa- che, dass es ebenso Fachkommissionen gibt, wie hier im (Beifall bei der CDU) Landtag Ausschüsse. Der Ausschuss der Regionen hat sechs solcher Fachkommissionen, in denen die Mitglie- Es ist gut zu wissen, dass es jemanden gibt, der zunächst der arbeiten. Jedes deutsche Mitglied ist auch Mitglied die Frage stellt, was für den Freistaat Thüringen gut ist in zwei Fachkommissionen. Das heißt ganz speziell für und dann erst überlegt, ob er dafür zuständig ist. Thüringen, Herr Minister Gnauck ist/war Mitglied in der Fachkommission für Außenbeziehungen und in der Fach- (Beifall bei der CDU) kommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa. Ich selbst bin Mitglied in den Fachkommissio- Ohne diese Dependance Thüringens in Brüssel, die De- nen Bildung und Erziehung und Wirtschaft und Sozia- pendance der Staatskanzlei, wäre eine koordinierende Ar- les. Zum zeitlichen Aufwand sei nach diesem ersten Jahr beit innerhalb der Landesregierung zum AdR praktisch gesagt, 6-mal im Jahr Plenarsitzungen mit je 2 Tagen. 5- zu allen Themen nicht möglich. Außerdem ist immer zu mal waren das Fachkommissionssitzungen beider Fach- beachten, da wir auch gesamtdeutsche Interessen zu ver- kommissionen. Ich will mich nicht über die Belastungen treten haben, dass Standpunkte des Bundesrates bekannt beschweren. Ich möchte nur sagen, dass man dies nicht sein müssen. Eine für den Freistaat qualitativ gute Arbeit nebenbei erledigen kann. wäre sonst wohl kaum möglich.

(Beifall bei der CDU) Zum Inhalt der Arbeit des vergangenen Jahres: Einige Themenschwerpunkte seien genannt. Zusammenarbeit im Nun zur Arbeitsorganisation: Der Ausschuss der Regio- erweiterten Europa, Einwanderungspolitik, die Halbzeit- nen hat gegenüber der EU-Kommission - genauso wie bewertung der Agrarpolitik, die Binnenmarktstrategie bis auch andere Gremien - lediglich eine beratende Funktion. 2006, um nur hier einiges zu nennen. Zu bemerken ist an Dies könnte sich ggf. in den Erörterungen des Konvents dieser Stelle, dass den Mitgliedern des Ausschusses für vielleicht verändern. Die Kommission entscheidet aller- Bundes- und Europaangelegenheiten des Thüringer Land- dings darüber, welche Gremien sie zu ihren Dokumen- tags die Arbeitsschwerpunkte des Jahres schriftlich über- ten um Stellungnahme bittet. Außer der Geschäftsord- geben wurden. Vielleicht weiß der eine oder andere außer- nungsfestlegung wird in der Regel vorgegeben, bis wann halb dieses Gremiums in den Fraktionen darüber Bescheid, man eine Stellungnahme zu einem Kommissionsdokument wenn man darüber gesprochen hat. haben möchte. Daraus ergeben sich andere als im Land- tag vorliegende Abläufe. Während es im Landtag eine eige- Lassen Sie mich allerdings noch eine Angelegenheit be- ne Entscheidung des Parlaments ist, wann und wie eine sonders erwähnen und etwas näher ausführen, die be- aus der Regierung vorgelegte Angelegenheit behandelt sondere Bedeutung für uns hat. Es geht um die Struktur- wird, ist im AdR in der Regel folgendes Verfahren zu ver- fondsförderung durch die EU. Wie jeder weiß, sind die zeichnen: Überweisung, also quasi die Bitte um Stellung- jungen Bundesländer insgesamt Ziel-1-Fördergebiet bei nahme durch die Kommission, erste Lesung in der Fach- der EU-Kommission. Die laufende Förderperiode geht kommission bei vorheriger Festlegung des Berichter- 2005 zu Ende. Während des Förderzeitraums kommen vor- statters im Präsidium des AdR, danach zweite Lesung in aussichtlich, so die Referenten das in etwa auch bestäti- der Fachkommission und Verabschiedung der Stellung- gen in den Ländern, noch 10 Mitglieder durch die Oster- nahme. Danach wird diese Stellungnahme im Plenum be- weiterung hinzu. Die Ziel-1-Förderung hat zum Krite- handelt. Nebenbei, wenn in einer Fachkommission eine rium, dass das Bruttoinlandsprodukt der Regionen, hier Stellungnahme einstimmig angenommen wird, wird dann in Deutschland der Bundesländer, noch unter 75 Prozent im Plenum zu dieser Stellungnahme nicht mehr disku- des Bruttoinlandsprodukts der EU der 15 liegt. Beim Ein- tiert. Das ist eine Geschäftsordnungsfestlegung, über die tritt von 10 neuen Mitgliedern mit einem sehr niedrigen wir vielleicht im Landtag auch nachdenken könnten. Bruttoinlandsprodukt tritt aber ein statistischer Effekt ein, der den Durchschnitt des Bruttoinlandsprodukts der Während der Plenarsitzung werden auch noch eine Viel- EU deutlich absinken lässt und u.a. auch Thüringen in zahl von Änderungsanträgen behandelt, die jedoch erst der misslichen Lage sein könnte, dass es knapp in der kurz vor Sitzungsbeginn vorliegen. Hier sei noch einmal Nähe der 75 Prozent liegt. Hier gibt es eine Thüringer Ini- auf dieses freie Mandat verwiesen. Ohne diese Möglich- tiative, alle betreffenden Regionen zusammenzuführen und keit wäre eine gerechtfertigte Arbeit nicht möglich, was eine angemessene Übergangsregelung zu finden, die auch nicht heißt, dass man zu vielen Themen natürlich auch für alle anderen Betroffenen notwendig ist. Am 30.04. 7540 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 dieses Jahres wurde von den 12 Regionen ein Positions- nung gefragt. Er hat ein persönlich großes Gewicht bei papier verabschiedet, welches der Kommission überge- der Meinungsfindung. In Kenntnis dieser Tatsache hat ben wurde. Dazu gab es ja heute Morgen auch in der sich Thüringen bereits um eine Berichterstattung bemüht, Regierungserklärung von Dr. Vogel einige Bemerkungen. hat allerdings bedauerlicherweise keinen Zuschlag erhal- Die Reaktion des zuständigen Kommissars Barnier war ten. Allerdings wollen wir für die Zukunft bei für den öffentlich zu erkennen, er hat die Regelungsnotwendig- Freistaat wichtigen Themen auch diesen Versuch wieder keit anerkannt und sie für einen langen Zeitraum als er- unternehmen. forderlich angesehen. (Beifall bei der CDU) Nun jedoch noch einige Bemerkungen zur Osterweite- rung: Wie in allen europäischen Gremien so ist auch im Damit komme ich zum Schluss. Wägt man ab, ob es einen AdR der Zeitpunkt gekommen, Veränderungen vorzuneh- sofortigen messbaren Erfolg im Vergleich zum betriebe- men. Mit der Unterzeichnung der Beitrittserklärung der nen Aufwand gibt, so muss man sagen, nach einem Jahr 10 neuen Mitgliedstaaten wurde vom AdR-Präsidium fest- ist dies noch nicht vollständig zu erzielen. Unstrittig aber gelegt, dass nunmehr Letztere in Anlehnung an die Ge- ist in jedem Fall, dass man bei langfristiger und stetiger pflogenheiten im Konvent auch vor der endgültigen ver- Arbeit einiges bewegen kann. Gegenseitige Kenntnis von fassungsmäßigen Entscheidung der jeweiligen Staaten Personen und Problemen sind von besonderer Bedeu- die benannten Mitglieder bereits jetzt zu den Sitzungen tung auf europäischer Ebene - mehr als in unseren zuwei- entsenden und diese teilnehmen können. Außer der Tat- len preußischen Denkstrukturen. Man kann nur allen, die sache, dass sich die Anzahl der Sprachen erhöht, in die mit europäischen Dimensionen in ihrer eigenen fachli- zu verdolmetschen ist, gibt es neuen Raumbedarf und chen Arbeit zu tun haben, empfehlen, die europäischen andere Notwendigkeiten. Ich glaube, besonders allerdings Institutionen zu besuchen, Gespräche zu führen und Hin- die neuen Probleme werden es sein, mit denen wir uns tergründe zu vermitteln. Das Thüringenbüro in Brüssel zu befassen haben, die werden, meiner Meinung nach, sollte dabei mehr in Anspruch genommen werden, diese zum Mittelpunkt haben den Bereich Landwirtschaft und Dienstleistungseinrichtung steht uns ja zur Verfügung. den Bereich Grenzregionen. In diesem Bereich wird be- sonders die zukünftige Arbeit liegen. Meine Damen und Herren, das Haus Europa bekommt einen Erweiterungsbau. Machen wir etwas daraus, damit Nebenbei bemerkt, die bisher nicht in Angriff genommene es dann auch nach unseren Vorstellungen eine Heimstatt innere Reform der EU wird jetzt wohl kommen müssen, sein kann. Vielen Dank. denn das derzeitige Recht jedes Mitgliedstaats, mindes- tens einen Kommissar zu stellen, hätte dann zur Folge, (Beifall bei der CDU) dass die Kommission auf 25 Mitglieder anwachsen wür- de. Der AdR würde eine Größe von bisher 222 dann 350 Vizepräsidentin Ellenberger: Mitgliedern haben. Das ist schon bereits so im Vertrag von Nizza festgelegt. Man muss sehen, welche Regionen Herr Staatssekretär Kaiser, bitte schön. von ähnlichen Problemen wie wir in Thüringen betrof- fen sind und muss versuchen, mit ihnen gemeinsam Lö- Kaiser, Staatssekretär: sungsansätze zu finden. Dass dies möglich ist, hat diese Initiative zum statistischen Effekt bewiesen. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung darf ich zum vorliegenden Aber noch etwas anderes ist für die zukünftige Arbeit Berichtsersuchen unmittelbar den Bericht der Landesre- von besonderer Bedeutung. Man muss die Vertreter aus gierung erstatten. Die Landesregierung ist außerordent- den Regionen kennen und auch selbst bekannt sein. Das lich dankbar dafür, dass erneut das Thema "Europa" hier setzt voraus, dass man die Sitzungen wahrnimmt, die Ple- auf der Tagesordnung des Landtags steht, in diesem Falle nen besucht, die Fachkommissionen besucht, seine Mei- aufgrund eines Antrags der CDU-Landtagsfraktion, der nung dort darlegt und die Gedanken austauscht. Meist auf die Arbeit und die Gewichtung des AdR, seine Mög- wird dies noch außerhalb der Sitzungen fortgesetzt, denn lichkeiten und Perspektiven abzielt. Ich darf vorweg auch am Rande der Tagungen sind noch andere Veranstaltun- gleich sagen, ich bin sehr dankbar, dass der Landtag 2001 gen, die man besuchen kann. diese Regelung treffen konnte, dass es nunmehr drei Ver- treter im Ausschuss der Regionen gibt. Nicht nur, dass Und noch eine andere Angelegenheit sei hier genannt, man auf unterschiedlichen Ebenen und mit vereinter Kraft weil sie von besonderer Bedeutung ist: das Berichterstat- dann für Thüringen Einfluss nehmen kann, in gewisser tersystem im AdR. Wie auch im Landtag werden von Weise auch werben kann, sondern auch, weil hier eine den Fachkommissionen Berichterstatter für bestimmte zusätzliche Sicht der Dinge aus der Mitte des Parla- Vorlagen bestimmt. Anders als im Landtag hat dieser ments heraus eingebracht werden kann. Ich bin in Son- Berichterstatter im Plenum seinen Platz im Präsidium derheit Herrn Abgeordneten Schröter und Herrn Abge- und wird bei jedem in der Plenarsitzung zu dieser Stel- ordneten Bergemann außerordentlich für diese geleistete lungnahme vorliegenden Änderungsantrag um seine Mei- Arbeit dankbar. Es zeigt sich auch heute, dass ich einen Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7541

Teil dessen, was ich sagen könnte oder möglicherweise teressen geht, immer noch sehr stark eingeschränkt sind. auch sagen wollte, nicht zu sagen brauche, weil Herr Was wir zu Recht gelegentlich als europäische Vielfalt lo- Schröter es bereits angesprochen hat. ben, die Unterschiedlichkeit in Kultur und Sprache, die Unterschiedlichkeit, die bunt und vielfältig und interes- Der Ausschuss der Regionen, die Vertretung der regio- sant macht, Europa auch Kraft geben kann, hat auch sei- nalen und lokalen Gebietskörperschaften der Europäi- ne Kehrseite. Und die 222 im Ausschuss der Regionen ver- schen Union geht auf eine Idee der Ministerpräsidenten tretenen Politiker der regionalen und lokalen Ebene spie- der deutschen Länder zurück. Die ursprüngliche Absicht geln deutlich die strukturelle und kulturelle Heterogenität war, der erheblichen und immer stärker zunehmenden der Europäischen Union wider. Es gibt eben Länder und Erweiterung der Brüsseler Kompetenzen eine kraftvolle Regionen, es gibt Departements und Gebiete und dem- regionale Interessenvertretung auf europäischer Ebene nächst, so hoffen wir, eben auch Woiwodschaften, auf die entgegenzustellen. Der Ausschuss, den die Ministerprä- wir uns freuen, wenn heute die Abstimmung so läuft, sidenten damals im Sinn hatten, unterscheidet sich aller- wie wir uns das, denke ich, in der Mitte Europas allesamt dings vom heutigen Ausschuss der Regionen ganz erheb- wünschen, dass es auch in Polen ein deutliches Ja zum lich. Die Ministerpräsidenten hatten ein Regionalorgan Beitritt zur EU gibt. Denn gelegentlich hört man den et- mit echten Mitentscheidungsfunktionen im Auge, das zu was törichten Satz: Polen möchte doch bitte nach Euro- einer dritten Kammer ausgebaut werden und quasi einen pa zurückkehren. Das ist natürlich Unsinn. Polen ist euro- europäischen Bundesrat darstellen sollte. Doch diese Vor- päisch, wie es auch Tschechien ist und wie es auch an- stellungen waren politisch in Europa nicht durchsetzbar; dere europäische Staaten im Osten sind. Es geht ledig- die Interessen waren zu unterschiedlich, auch die Struk- lich darum, dass auch jetzt diese Staaten in die Euro- turen in Europa. Aus einem Regionalorgan mit tatsäch- päische Union kommen, dass sie das bekommen - Herr lichen Mitentscheidungsrechten wurde ein Ausschuss der Schröter, Sie haben es angedeutet -, was wir hier so et- regionalen und lokalen Gebietskörperschaften mit bera- wa als Morgengabe beim Beitritt bekommen haben, als tenden Befugnissen, wie sie Herr Abgeordneter Schröter die Länder nach Artikel 23 Grundgesetz beigetreten sind. dargestellt hat. Und schon dies zu erreichen, diese Mit- Manche haben es gar nicht so richtig gemerkt, dass wir beratungsmöglicheit, diese Einflussnahme war nicht selbst- über Nacht zur EU gekommen sind. Das wird jetzt von verständlich. Dass der AdR überhaupt Bestandteil des den anderen Ländern endlich bald erstritten sein und da- Maastrichter Vertrags wurde, war ein bedeutsamer Erfolg rauf sollten wir uns freuen. der deutschen Verhandlungsführung. Seit der Konstitu- ierung des AdR am 9. März 1994 - erstes Thüringer Mit- (Beifall bei der CDU) glied war die heutige Landtagspräsidentin Christine Lieber- knecht - seit damals haben wir unsere eigenen Erfahrun- Vielfalt ist wunderbar, aber Vielfalt bedeutet natürlich gen mit dem Ausschuss der Regionen sammeln können. auch, es gibt Regionen mit Gesetzgebungskompetenzen, Und diese praktischen Erfahrungen lehren uns, dass die es gibt solche mit begrenzten Kompetenzen und es gibt die Orientierung am Bundesratsmodell in der Tat an den Ar- Vertreter der lokalen Gebietskörperschaften sui generis, beitsmöglichkeiten und in den Arbeitsergebnissen an der die fast die Hälfte der AdR-Mitglieder stellen. Aus dieser Sache vorbeigeht. Gleichwohl, auch wenn wir diese Mög- heterogenen Zusammensetzung ergeben sich fast zwangs- lichkeiten nicht haben, die sich im Bundesrat für uns als läufig unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie Sach- Land zeigen, plädiere ich sehr nachdrücklich dafür, die verhalte zu bewerten und welche Lösungen anzustreben zwar reduzierten, aber dennoch vorhandenen Möglichkei- sind, Unterschiedlichkeiten schließlich auch der Interes- ten von Mitwirkung, von Beratung und letztlich auf Um- sen aufgrund verschiedener und unterschiedlicher Gepflo- wegen doch Mitentscheidung im AdR offensiv und inten- genheiten und Gegebenheiten. siv zu nutzen. Mit Ausnahme der föderal verfassten Mit- gliedstaaten Deutschland, Österreich und Belgien gibt es Herr Schröter hat erfreulicherweise hier ein wenig dar- in der heutigen Europäischen Union keine ausgeprägte fö- gestellt, wie sich das im AdR abspielt und in den Aus- derale Tradition. Das spiegelt sich auch in der Struktur schüssen und ich kann wirklich nur bestätigen, das ist ein und Zusammensetzung des AdR wider, auch in den Mög- hartes Brot, dass und wie man sich dort die Verbündeten lichkeiten, die der Ausschuss zweifellos hat, die man zusammensuchen muss. Zum Glück gibt es das dort, üb- gleichwohl aber nüchtern gewichten muss. Auch wenn im rigens auch ein Vorteil dieser Einrichtung. Man hat ge- letzten Jahrzehnt bedeutende Fortschritte bei der Föde- legentlich den Eindruck, dort kann man argumentieren ralisierung einiger EU-Mitglieder zu verzeichnen sind - ich und das Argumentieren führt auch noch zu einem positi- nenne in diesem Zusammenhang beispielhaft nur Groß- ven Ergebnis. All das ist schön, aber gleichwohl, es ist britannien, das bekannt ist für seine zentralistische Tra- sehr, sehr schwierig und letztlich auch kompliziert und dition und seine ausgeprägte Abneigung gegen föderale es kostet viel Zeit und Kraft, sich erst einmal bekannt zu Tendenzen -, selbst dort haben sich mit Schottland und machen und sich Gehör zu verschaffen, um dann auch Wales zwei echte Regionen mit eigenständigen Kompe- wirklich zur Mitwirkung eingeladen und befähigt zu sein. tenzen etabliert, aber das sind erst wenige im Konzert der europäischen Staaten. Dies bedeutet auch, dass unsere Der AdR hat in der Tat einen eigenen Arbeitsstil entwickelt Möglichkeiten, Partner zu finden, wenn es um föderale In- mit einem hohen Maß an Diskussionsfreude und einer 7542 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 sehr dominierenden Rolle der Berichterstatter. Denn in sen. Unsere deutsche Philosophie und Position sieht so aus: der Regel folgt das Plenum bei den Abstimmungen den Sowohl Definition als auch Ausgestaltung von Dienst- Empfehlungen des Berichterstatters, nicht nur gelegent- leistungen der Daseinsvorsorge durch die EU sahen und lich erst nach längeren Debatten, die zu recht minimalen sehen wir als unzulässige Eingriffe in das Subsidiaritäts- Veränderungen von Vorlagen führen, was gleichwohl prinzip an. Andere, insbesondere französische Vertreter, dann dem einen oder anderen Vertreter die Zustimmung meinten hingegen, eine vertragliche Verankerung solcher ermöglicht. Dieser Arbeitsstil ist insbesondere für uns Regelungen sei eine Garantie für eine eigenständige Aus- Deutsche gewöhnungsbedürftig, wie auch die Gepflogen- gestaltung dieser Leistungen. Die Gründe für eine sol- heit, dass bestimmte Probleme in Vier-Augen- oder auch che Sichtweise zu kennen, muss nicht heißen, die Mei- Gruppengesprächen am Rande der Sitzung geklärt wer- nung zu teilen. Es schadet aber nicht, sich frühzeitig da- den, wobei das Letztere, das muss ich allerdings als re- rauf einzustellen. Warum sage ich das? Das Thema "Da- gelmäßiger Teilnehmer an Sitzungen des Bundesrates seinsvorsorge" wird uns nicht nur im Ausschuss der Re- sagen, inzwischen auch beim Bundesrat immer mehr zur gionen weiter beschäftigen, nachdem kürzlich die Euro- Gewohnheit wird, dass dort das eine oder andere doch noch päische Kommission ihr Grünbuch zu den Leistungen in kleinen Gesprächen am Rande der Sitzung geklärt der Daseinsvorsorge vorgelegt hat. Auch für die Debatte und abgeklärt werden kann. Das hat bedauerlicherweise, im Rat werden wir uns erneut zum Thema "Daseinsvor- und das spricht etwas für sich, in Berlin dann inzwi- sorge" zu positionieren haben. Und ich warne ein wenig schen den Namen "kleine Kungelrunde" bekommen. Aber davor, dass wir unter Subsidiarität preisen und gut fin- gut, ich halte es dennoch für eine gute Möglichkeit, dass den, dass nämlich das, was die kleine Einheit machen man Partner für seine Initiativen, für seine Ideen sucht kann von der kleinen Einheit gemacht werden soll und und sie letztlich auf diese Art und Weise auch findet. das, was von der großen besser gemacht wird, von der gro- ßen gemacht werden soll. Das ist in Europa keineswegs (Beifall bei der CDU) einheitliche Sichtweise. Es geht aus meiner Sicht bei die- sen Fragen um nicht mehr und um nicht weniger als um Aus Sicht der Landesregierung, meine Damen und Herren ein Stück Demokratie und bürgernahe Demokratie, dass Abgeordneten, ist der Ausschuss der Regionen ein be- die Dinge, die beim Bürger erledigt werden können oder deutsames, flankierendes Instrument unserer europapo- bürgernah erledigt werden können, dort auch möglichst litischen Mitwirkung. Durch die im schon genannten Ar- erledigt werden sollten. Wir müssen bei dem Verfolgen tikel 23 Grundgesetz, der allerdings heute eine andere Be- dieser Ziele offensiv vorgehen, auch um europäische Al- deutung hat, verbrieften Mitwirkungsrechte in EU-Ange- lianzen zu bilden. Wir brauchen Partner, wenn wir unse- legenheiten ist die Landesregierung in die Entscheidungs- re Ziele erreichen wollen. prozesse via Bundesrat direkt eingebunden. Sie wirkt an der Festlegung der Positionen der Bundesregierung, ins- (Beifall bei der CDU) besondere in den Fällen der "maßgeblichen Berücksich- tigung", direkt mit. Aber auch diese Form der direkten Nicht zuletzt deswegen ist es so bedeutsam, dass wir Mitwirkung über den Rat der Europäischen Union - ich uns auch in den europäischen Zuwachsländern, in den sage das, um jetzt nicht so stark negativ zum AdR abzu- Ländern, die jetzt dazukommen, frühzeitig engagieren. grenzen - schützt uns nicht immer vor Abstimmungsnie- Und auch deswegen ist unsere Partnerschaft mit Klein- derlagen oder davor, dass wir unsere Interessen nicht ge- polen, mit der Woiwodschaft Krakau, der früheren, so nügend unterbringen können. Im Ausschuss der Regio- wichtig, dass wir dort bekannt sind, dass wir dort An- nen können wir solche Niederlagen - ich sage es etwas sprechpartner haben und sie für unsere Ziele gewinnen spitz - live erleben, im Rat erfahren wir davon in der können, um letztlich Ziele, die im Sinne Europas und Regel erst im Nachgang. eines föderalen Europas wichtig sind, zu erreichen. Ich darf ein kleines Beispiel nennen. Herr Schröter hat es an- Der Ausschuss der Regionen ist aus Sicht der Landesre- gedeutet, ein sehr positives Beispiel ist unsere Initiative gierung ein bedeutsames flankierendes Instrument, und zu den Regionen mit statistischem Effekt. Diese Regio- nicht nur, um an der Meinungsbildung in Fragen der eu- nen sind wie Thüringen Ziel-1-Gebiete der EU-Struktur- ropäischen Politik mitzuwirken, sondern auch, um sich förderung. Sie laufen wie wir Gefahr, ihren Förderstatus ein eigenes Bild von diesem Prozess zu machen. nach 2006 aufgrund des so genannten statistischen Ef- fekts durch die EU-Erweiterung zu verlieren. Davon sind Ich darf es an einem Beispiel deutlich machen: Die Dis- dann 21 Mio. Menschen in der Europäischen Union be- kussion um die Daseinsvorsorge ist aus Sicht der Landes- troffen, die Hälfte davon in den jungen Ländern. regierung von zentraler politischer Bedeutung. Als der AdR im Herbst 2001 gegen deutsche Stimmen eine Stel- Es gibt also in anderen Mitgliedstaaten Regionen, die das lungnahme zur Daseinsvorsorge verabschiedete, hat sich gleiche Interesse haben und diese haben wir angespro- gezeigt, dass hier zwei grundverschiedene Philosophien chen, haben Partner gesucht und Partner gefunden. Es zur Daseinsvorsorge aufeinander gestoßen sind. Wiede- ist uns gelungen, neben den jungen Ländern auch die an- rum europäische Vielfalt, die wir begrüßen, mit der wir deren betroffenen europäischen Regionen mit ins Boot aber umgehen und die wir zu unserem Vorteil nutzen müs- zu holen und so konnten wir aus einer deutschen Forde- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7543 rung nach Fortbestand des Ziel-1-Status nach 2006 eine des Freistaats ist, ebenso die schon so genannte Daseins- europäische Forderung machen mit vielen Mitstreitern. vorsorge, ferner institutionelle Fragen im Rahmen des Dies hat die Europäische Kommission nicht unbeeindruckt Europäischen Konvents und selbstverständlich die schon gelassen und der für die Regionalpolitik zuständige Kom- mehrfach ins Gespräch gebrachte Erweiterung. missar Michel Barnier hat bereits Entgegenkommen sig- nalisiert und er hat angekündigt, es soll eine Ziel-1a-Förde- Lassen Sie mich bitte noch einige Aussagen zu den Ent- rung geben, die weitestgehend der bisherigen Ziel-1-Förde- wicklungsperspektiven des Ausschusses der Regionen rung entspricht. machen. Der AdR ist die jüngste Institution der Europä- ischen Union, das sollten wir uns bitte immer ins Ge- (Beifall bei der CDU) dächtnis rufen. Das ist keine alteingesessene, alterprob- te, bereits in bestimmten Bahnen laufende Einrichtung - Ich halte das in der Tat für einen großartigen Erfolg und nein, es ist die jüngste Institution der Europäischen Union, ich möchte allen danken, die auf welchen Ebenen und in mal gerade so eben zehn Jahre auf den Weg gebracht. welchen Gremien dabei mitgewirkt und dazu beigetra- Sie muss trotz aller in der letzten Legislatur erreichten gen haben. Fortschritte den Platz im EU-Institutionengefüge erst noch so richtig finden. Dies bedeutet aber auch, dass wir uns Ein weiterer positiver Nebeneffekt der Mitwirkung im intensiv einschalten, dass wir intensiv daran mitwirken, Ausschuss der Regionen sind die politischen Gespräche dass wir durch unsere Präsenz, durch unsere Positionie- am Rande der Fachkommissionssitzungen bzw. Plenar- rung zeigen, wie wichtig und bedeutsam wir den AdR tagungen in Brüssel. Dies gilt zum einen für die Kontakt- empfinden. Wir sind jetzt in der 3. Legislaturperiode, die pflege und Zusammenarbeit mit und zu unseren Partner- 1. Legislatur von 1994 bis 1998 war sehr stark von ad- regionen wie die Picardie und Essex, die ebenfalls im ministrativ organisatorischen Problemen belastet und ge- AdR vertreten sind, und es gilt natürlich - wie ich be- prägt. Das ist selbstverständlich, wenn eine solche Ein- reits gesagt habe - künftig hoffentlich und, ich sage, sicher richtung neu aufgebaut wird. auch für die Woiwodschaft Kleinpolen. Mit der administrativen Trennung von Wirtschafts- und Was ich gesagt habe, gilt aber auch für die politischen Ge- Sozialausschuss ist ein wichtiger Schritt in die richtige spräche mit Vertretern der in Brüssel ansässigen Institu- Richtung getan. Der AdR muss nun weit stärker, als das tionen, insbesondere der Europäischen Kommission. So in der Vergangenheit der Fall war, sein politisches Po- ist mit EU-Kommissar Michel Barnier ein ausführlicher tenzial und seinen politischen Charakter stärken und her- Gedankenaustausch über unsere Vorstellungen zur zu- vorheben. Dies kann er auch selbstbewusst tun, schließ- künftigen Ausrichtung der EU-Strukturpolitik in Gang lich ist er als einzige EU-Institution die Vertretung gewähl- gekommen und es ist hoch erfreulich, dass Barnier eine ter Regional- und Kommunalpolitiker. Alle anderen Institu- Einladung des Thüringer Ministerpräsidenten nach Thü- tionen auf der europäischen Ebene können dies so nicht ringen angenommen hat. Er hat zugesagt, dass er im Ok- für sich in Anspruch nehmen. Der Nizza-Vertrag schreibt tober in den Freistaat kommen wird. dies als so genannte Zulassungsvoraussetzung erstmals in Artikel 263 EGV fest, übrigens eine alte Forderung der Ich halte das für außerordentlich wichtig, denn es ist nö- deutschen Länder und auch des AdR. tig, dass die EU-Kommissare, denen man eine gewisse Dis- tanz nachsagt, zu dem, was vor Ort, auch hier bei uns in Wie lässt sich nun das politische Potenzial des AdR weiter den jungen Ländern oder in den Regionen stattfindet, stärken? Seinem Anspruch, als Wächter der Subsidarität dass sie wirklich sehen und erfahren was ist. Dass sie auf aufzutreten, könnte der AdR meines Erachtens noch bes- der einen Seite sehen, was bereits geschehen ist, dass sie ser gerecht werden. Aber dazu - wie gesagt - brauchen sehen, welche Fortschritte wir gemacht haben und was wir Verbündete, denn nicht überall spielt die Region in angerichtet wird, wenn beispielsweise bestimmte Förder- unserem Sinne die Rolle, wie dies eben sein sollte, gleich- maßnahmen nicht mehr kommen, dass wir nicht mehr in wohl müssen wir uns darum bemühen und kümmern. Wir der Lage sind, das, was gut auf den Weg gebracht wor- haben daher eine Reihe politisch richtungsweisender AdR- den ist, auch zu einem positiven Ende zu führen. Herr Stellungnahmen zu grundlegenden Themen der Europäi- Barnier ist herzlich willkommen wie auch alle anderen schen Union erarbeitet, die zum Teil aus der Feder deut- EU-Kommissare - wie immer sie heißen -, sie können gern scher Berichterstatter stammen, etwa die AdR-Stellung- hierher kommen, können sich anschauen, was hier Gutes nahme Appell für eine neue Subsidaritätskultur, die mit gelungen ist, aber auch, dass wir weiterhin die Unterstüt- großer Mehrheit vom Plenum verabschiedet worden ist. zung der Europäischen Union brauchen. Mit anderen Worten, über grundlegende Fragen der künfti- (Beifall bei der CDU) gen europäischen Strukturprinzipien besteht weit gehend Einigkeit, der Teufel steckt aber wie so häufig im Detail. Weitere Gespräche, die in Gang gesetzt wurden, betrafen In fachpolitischen Stellungnahmen werden eben doch ge- Themen wie beispielsweise die EU-Beihilfepolitik, die legentlich Forderungen nach EU-Regelungen erhoben, von großer Bedeutung für die künftige Regionalpolitik die aus unserer Sicht mit dem Subsidaritätsprinzip schwer- 7544 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 lich zu vereinbaren sind, wie etwa, ein Beispiel, neue verfügen. Das wäre Voraussetzung. Es kann nicht für Re- EU-Agenturen zur Überwachung bestimmten Sektoren gionen gelten, die keinerlei Gesetzgebungsbefugnisse ha- gefordert werden. Solche Überlegungen müssen auf un- ben. Es ist nicht einsehbar, weshalb Regionen, die sich seren Widerstand stoßen, denn das hat nichts mit Sub- in ihren Rechten durch EU-Regelungen beeinträchtigt sidarität zu tun und hat letztlich aus unserer Sicht auch sehen, keine Möglichkeit haben sollen, dies vom Euro- nichts damit zu tun, dass die Dinge, die auf der kleinen päischen Gerichtshof überprüfen zu lassen. Ist dies näm- Ebene geregelt werden sollten, dort auch geregelt wer- lich nicht möglich, so führt dies faktisch zu einer Schlech- den, sondern dass die EU sich hier Zuständigkeiten an terstellung beispielsweise gegenüber Unternehmen, denen Land ziehen will, die sie besser nicht hätte. diese Klagemöglichkeit offen steht.

Aus unserer Sicht sollte sich der AdR stärker auf die Ein weiterer Punkt, der mir wichtig ist: die Forderung nach Bereiche konzentrieren, in denen er mit seinen Stellung- einer stärkeren Vertretung im AdR, insbesondere im Zu- nahmen den europäischen Gesetzgebungsprozess beein- ge der EU-Erweiterung. Sie hat bisher leider kaum Re- flussen kann. Das heißt beispielsweise, dass der Ausschuss sonanz gefunden. Auch darauf hat dieser Landtag bereits insbesondere auf die regionalen und kommunalen Fol- hingewiesen und hier ist die Landesregierung ebenso dank- gewirkungen europäischer Rechtsetzungsvorhaben ab- bar für eindeutige Positionierung und das heißt Unter- stellt einschließlich der finanziellen Konsequenzen. Dies stützung in einer so wichtigen Frage. Deutschland wird würde es dem Ausschuss der Regionen sicherlich erleich- nach der Erweiterung auf 25 Mitgliedstaaten nach der- tern, auch vom Europäischen Parlament als gleichberech- zeitigem Stand weiterhin nur über 24 AdR-Sitze verfügen. tigter Partner akzeptiert zu werden. Dies entspricht nicht der Bevölkerungsstärke Deutschlands. Nachdrücklich unterstützen wir daher die Forderung des Das Europäische Parlament hat dem AdR seinen politi- Thüringer Landtags, die Zusammensetzung des AdR an- schen Anspruch, Vertreter der Bürger sein zu wollen, ge- zupassen. Die deutschen Konventsmitglieder haben die- legentlich übel genommen, weil man dort selbst die In- ses Anliegen inzwischen im Konvent eingebracht und for- ständigkeit reklamiert, was man Parlamentariern natür- dern, sich bei der künftigen Sitzverteilung im Ausschuss lich nicht unbedingt verübeln darf. Ich glaube aber, dass der Regionen am Europäischen Parlament zu orientie- sich inzwischen hier auf der Ebene von EU-Parlament ren. So ist für den AdR eine Aufstockung der Sitze von und AdR eine gesunde Zusammenarbeit anbahnt. Erst- gegenwärtig 222 auf 350 vorgesehen. Dies entspräche dann mals hat das Europäische Parlament, das mag ein Bei- der Hälfte der für das Europäische Parlament vorgese- spiel dafür sein, in diesem Jahr von der Möglichkeit Ge- henen Höchstsitzzahl von 700. Der eigentliche Charme brauch gemacht, vor Verabschiedung einer Stellungnah- dieses Vorschlags liegt aber darin, dass der Verteiler- me den AdR anzuhören, nämlich beim Napolitanobericht schlüssel des Europäischen Parlaments angewandt wer- zur künftigen Rolle der Regionen in der Europäischen den soll und dies bedeutet, dass das relative Gewicht der Union. deutschen Delegation im AdR erheblich gestärkt würde. Wir hätten als deutsche Mitglieder Anspruch auf mehr Sitze Die Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und ich glaube, das wäre ganz im Sinne auch der Stär- war dagegen von Anfang an intensiv und ist mittlerwei- kung des Föderalismus, der schließlich unser Exportarti- le durch eine Kooperationsvereinbarung institutionalisiert kel in Deutschland ist und den wir in Europa einbringen worden. In der laufenden Legislatur halten wir es nun für müssen. Es gilt unverändert der Satz von Lübbe, der ge- wichtig, dass sich der AdR weiter konsolidiert und sei- sagt hat: Europa wird föderal sein oder es wird nicht nen Auftrag, Wächter des Subsidiaritätsprinzips im ge- wirklich sein. nannten Sinne zu sein, stärker wahrnimmt. Wir halten es, meine Damen und Herren Abgeordneten, Eine Reihe von Akzeptanzproblemen würden sich aus mei- weiterhin für eine wichtige Aufgabe, den organisatorisch- ner Sicht dann von selbst erledigen. Wir treten also für personellen Unterbau des AdR zu stärken. Auf diesem eine behutsame Weiterentwicklung des AdR ein und die Gebiet konnte die deutsche Delegation im AdR in den alte Forderung nach Verleihung eines eigenständigen Kla- vergangenen Legislaturen bereits bedeutende Verbesse- gerechts und des Organstatus sollte in der nächsten Re- rungen erreichen. So konnten unter deutschem Vorsitz in gierungskonferenz endlich Realität werden. der eigens eingerichteten Geschäftsordnungskommission Verfahren verankert werden, die die Arbeitsfähigkeit des Die Landesregierung hat den Vertreter der deutschen Län- AdR effektiver gestalten. Ich nenne hier nur die Rege- der im Konvent, Herrn Ministerpräsidenten , lung für die Abfassung von Stellungnahmen, die Stärkung gebeten entsprechende Anträge in den Konvent einzubrin- der Filterfunktion der Fachkommissionen, die Möglich- gen. Dies entspricht übrigens dem Auftrag des Thürin- keit, vereinfachte Verfahren im Plenum anzuwenden so- ger Landtags in seinem Beschluss zum Europäischen Kon- wie ein Rückverweisungsrecht in die Fachkommission, vent im November letzten Jahres, für den die Landesre- wenn beispielsweise im Plenum mehr als 20 Änderungsan- gierung außerordentlich dankbar ist. Außerdem sollte ein träge vorliegen. Von diesen Möglichkeiten könnte aller- eigenständiges Klagerecht der Regionen zustande kom- dings meines Erachtens und nach persönlichen Erfahrungen men, der Regionen, die über Gesetzgebungsbefugnisse noch stärker als bisher Gebrauch gemacht werden. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7545

Jetzt kommt ein ganz schwieriges Problem, das wir aber zu machen. Thüringen ist das Land in der Mitte Deutsch- nur sehr schwer lösen können. Im Vergleich zu anderen lands und in der Mitte Europas. Es steht ihm besonders Nationalitäten sind deutsche Beamte in der AdR-Ver- gut zu Gesicht, in Europa Präsenz zu zeigen und sich mit waltung deutlich unterrepräsentiert. Das ist jetzt keine dem, was es hat, einzubringen. Ich bedanke mich. nationale Eitelkeit, so dass ich sage, es ist schade, dass nicht mehr Deutsch gesprochen wird, okay, das ist auch (Beifall bei der CDU) schade, aber, es hat in der Tat Probleme für unsere Ar- beit. Wenn die Zahl solcher Mitarbeiter und Ansprech- Vizepräsidentin Ellenberger: partner in der AdR-Verwaltung relativ klein ist, so hat das unmittelbare Konsequenzen für die Arbeit der deut- Ich frage die Fraktionen: Wird Aussprache gewünscht? schen Mitglieder, zumal Vorlagen in deutscher Sprache meist erst sehr spät zur Verfügung stehen. Aufgrund der Abgeordneter Kummer, PDS: EU-Personalauswahlverfahren ist bedauerlicherweise nicht damit zu rechnen, dass sich an dieser Situation so bald Die PDS-Fraktion beantragt die Aussprache. etwas grundlegend ändern wird. Allerdings - man soll die Hoffnung ja nie aufgeben - haben wir vielleicht eine Vizepräsidentin Ellenberger: Chance, wenn im Februar 2004 erneut ein Deutscher die AdR-Präsidentschaft übernimmt und vielleicht ergibt sich Gut. Dann gibt es die Aussprache und ich bitte als erste tatsächlich die Möglichkeit, auf diesem Gebiet kurzfris- Rednerin Frau Abgeordnete Sedlacik an das Rednerpult. tig ein wenig etwas zu erreichen. Die deutschen Minis- Bitte schön. terpräsidenten haben sich im vergangenen Jahr eingehend mit der Wahrnehmung von Länderinteressen im Ausschuss Abgeordnete Sedlacik, PDS: der Regionen befasst. Wir dürfen froh darüber sein, weil dies nicht zu allen Zeiten so war, dass die deutschen Mi- Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Staatssekretär Kaiser, nisterpräsidenten sich speziell um dieses Gremium, spe- werter Abgeordneter Herr Schröter, vielen Dank für Ihre ziell auch um den AdR in so besonderer Weise geküm- interessanten und ausführlichen Berichte. Ich kann es nur mert haben. Dabei ging es vor allem darum, wie sich das begrüßen, wenn die CDU-Fraktion mit ihrem Antrag be- gemeinsame Auftreten der deutschen Länder verbessern kundet, künftig den Thüringer Landtag stärker in die und mehr Gemeinsamkeit erreichen lässt. Die deutsche Arbeit des Ausschusses der Regionen einbinden zu wol- AdR-Delegation hat daraufhin eine Reihe organisatori- len. Allein wenn ich mir die überschwänglichen Ankün- scher Maßnahmen in Angriff genommen, die zu einer bes- digungen ins Gedächtnis zurückrufe, die vor und zu Be- seren Abstimmung zwischen den deutschen Mitgliedern ginn des Europäischen Konvents geäußert wurden und führen sollen. Die Landesregierung begrüßt dies außer- diese mit den konkreten Ergebnissen der Konventsarbeit ordentlich und sieht darin einen Anfang, mehr durch bes- vergleiche, so stimmt mich jedoch der angekündigte Be- sere Koordinierung und Abstimmung zu erreichen. deutungszuwachs des Ausschusses der Regionen im All- tag des Thüringer Landtags etwas skeptisch. Wer in die- Ich komme zum Fazit: Die Erwartungen der deutschen sen Tagen die Internetseiten des Europäischen Konvents Länder an den AdR waren sehr hoch, vielleicht, gewiss in der Hoffnung besucht, einen großartigen Verfassungs- sogar, waren sie zu hoch. Dass der AdR kein Europäi- entwurf vorzufinden, wird enttäuscht sein. Der Entwurf ist scher Bundesrat ist oder wird, sollte indessen nicht zur kein großes Dokument, sondern vielmehr ein sehr um- politischen Skepsis oder gar zum politischen Rückzug fangreicher Text und für den Laien weniger verständ- verleiten, es wäre ein Kardinalfehler. Gottlob denkt in lich. Der ursprünglich geäußerte Anspruch, dass der Ver- Wahrheit daran auch niemand. Für die Landesregierung trag so klar und verständlich sein müsse, dass ihn jeder bleibt der Ausschuss der Regionen ein wichtiges Instru- Schüler in der Oberstufe eines Gymnasiums verstehen ment, um Thüringer Interessen unmittelbar in den euro- kann, ist leider nicht Wirklichkeit geworden. So steht das päischen Entscheidungsprozess einbringen zu können. Ich erste Opfer dieses Konvents schon fest, nämlich die Klar- möchte daher immer wieder ermuntern, auch bestimmte heit, die Verständlichkeit und für uns alle die gewollte Bür- Probleme, die uns wichtig zu sein scheinen, hier im Par- gernähe der zukünftigen Verfassung sehe ich hier in Ge- lament zu diskutieren, wenn sie für den europäischen Ho- fahr. Der somit förmlich mit der Flut der Artikel und Ab- rizont von Belang sind und den Versuch zu unterneh- sätze erschlagene Besucher der Internetseite wird sich men, hier im Parlament einmütige Beschlussfassungen vielleicht später nur mal erinnern an den Streit in der Prä- herbeizuführen, dass wir mit umso größerer Kraft und ambel mit dem Thukydides-Zitat, welches lautet: "Unse- Möglichkeit dann im AdR tätig werden können. re Verfassung nennt sich Demokratie, weil die Macht nicht in den Händen einer Minderheit, sondern in der des Vol- Der Ausschuss der Regionen wird auch in absehbarer kes liegt". Das Zitat bleibt vielleicht in Erinnerung, und Zeit im Übrigen die einzige europäische Institution der der Streit, dass der Gottesbezug nun nicht in die Präambel regionalen und kommunalen Ebene bleiben. Wir tun da- kommt, wird eventuell noch den Papst ärgern und noch her, meine Damen und Herren, gut daran, uns dort weiter- viel mehr den CSU-Landesgruppenchef Glos. hin durch Präsenz und politisches Engagement bemerkbar 7546 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Aber bei dem Ausschuss der Regionen hat es doch viele Abgeordneter Dr. Botz, SPD: Ankündigungen gegeben, keine Spur ist nunmehr in dem Entwurf zu finden. So hieß es, der Ausschuss der Regio- Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nen solle künftig noch eine größere, noch stärkere Rolle ich begrüße im Namen meiner Fraktion den Tätigkeits- in der Union spielen. Er sollte die Möglichkeit des Zugangs bericht unserer AdR-Mitglieder, Herrn Schröter und den zum Europäischen Gerichtshof erhalten, also das Klage- Vertreter der Staatskanzlei. Dafür hätte es allerdings auch recht. Oder der Ausschuss sollte auch sogar aufschieben- Anlass gegeben, wenn wir in dieser Legislatur nicht in de Vetorechte im Bereich mit eindeutig regionalem Be- der glücklichen Lage wären, zwei AdR-Mitglieder zu ha- zug verliehen bekommen. Kein Wort davon im gegenwär- ben. Das nur als kleine Nebenbemerkung. Das heißt, auch tigen Entwurf des Konvents. Auch wenn voraussichtlich wenn die andere Zeit wieder eintritt, so dass wir nur einen die Regierungskonferenz die Stellung des Ausschusses der AdR-Vertreter als Thüringer haben, wäre es sicher hilf- Regionen nicht stärken wird, ist der Ausschuss der Re- reich, ab und zu - ich weiß nicht ob jährlich, das kann man gionen nicht nur dafür wichtig und unentbehrlich, um sicher später entscheiden - einen solchen Bericht zu erhal- die regionale Sichtweise in den Rechtsetzungsprozess der ten, denn ich glaube, er erfüllt doch mehrere Funktionen. Europäischen Union einzubringen, vielmehr könnte der Wir als Mitglieder des Ausschusses für Bundes- und Euro- Ausschuss der Regionen auch eine Rolle spielen, euro- paangelegenheiten haben - das möchte ich hier ganz klar papolitische Themen dem Bürger näher zu bringen. Dies zum Ausdruck bringen, ich weiß nicht, ob ich da meine setzt, auch auf Thüringen bezogen, doch voraus, dass die Vorrednerin falsch verstanden habe - regelmäßig die Ge- Themen in den Fachkommissionen und im Plenum des legenheit und wir haben sie auch genutzt, Frau Sedlacik, AdR eine Rolle spielen und auch stärker in der Arbeit unserer Fachausschüsse des Thüringer Landtags Berück- (Beifall bei der CDU) sichtigung finden. Berichte zu bekommen, nicht nur, wenn wir eine Frage (Beifall bei der PDS) gestellt haben, sondern - das möchte ich hier bei allen Reibereien, die sicher auch hinter uns liegen, ganz klar Derzeit ist es doch Praxis, dass die Mitglieder des Aus- sagen - in Richtung des nun ehemaligen Ministers für schusses für Bundes- und Europaangelegenheiten ledig- Bundes- und Europaangelegenheiten und Chefs der Staats- lich sehr sumarisch über die Beratungen im Plenum des kanzlei, Herrn Gnauck. Es war schon ein wesentlicher AdR informiert werden. Dies halte ich für völlig unge- Teil der Tagesordnung bisher, ich hoffe, dass das dann nügend. Über die anstehenden Beratungsgegenstände in auch in Zukunft so bleibt, unseres Ausschusses, dass wir den Fachkommissionen gibt es außer dem vom Präsidium Berichte aus dem AdR bekommen haben von unseren des AdR beschlossenen Arbeitsprogramm keinerlei Infor- Mitgliedern. mationen. Die Mitglieder des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten erhalten durch die Staatskanzlei Meine Damen und Herren, einer der entscheidenden Grün- lediglich die Tagesordnung der Plenarsitzungen des AdR. de der Schaffung des AdR, das will ich hier nur noch Bis zu der auf die Verteilung folgenden Ausschuss-Sitzung einmal kurz in Erinnerung rufen, war ja, das ist auch ge- kann dann das Plenum des AdR bereits getagt haben, so sagt worden, mit dem Maastrichter Vertrag der Versuch, dass die Ausschussmitglieder nur noch darüber informiert die direkte Einflussnahme kommunaler und regionaler werden, was eben bereits alles beschlossen wurde. Ich stelle Gebietskörperschaften auf Entscheidungsabläufe der EU- mir die zukünftige Arbeit zwischen den beiden Thüringer Institutionen zu stärken. Der Maastrichter Vertrag, 1991 Mitgliedern im AdR und dem Landtag so vor, dass die beschlossen, hat dann dazu geführt, leider dauern die Dinge Fachausschüsse des Landtags rechtzeitig über die in den manchmal, dass es im März 1994 die erste Sitzung des Fachkommissionen des AdR anstehenden Beratungsge- AdR gegeben hat. Das ist auch schon wieder fast ein Jahr- genstände informiert werden. Denn nur so, sehr geehrter zehnt her. Ich glaube, bei allen kritischen Bemerkungen, Herr Staatssekretär, können wir das, was auch Sie gerade die zum Teil die Vorredner hier schon angeführt haben, forderten, verwirklichen, dass wir uns intensiver einbrin- dass es, obwohl nicht alle ursprünglichen Wunschvor- gen und den politischen Charakter des AdR stärken kön- stellungen, gerade auch der deutschen Seite, Herr Görg- nen. Nur so können europapolitische Themen künftig im meyer, Sie haben das hier noch mal angesprochen ... Landtag und damit auch in der Öffentlichkeit die Rolle spielen, die Europa zusteht. Danke. (Zwischenrufe aus der CDU-Fraktion: Kaiser.) (Beifall bei der PDS) Ich bitte ausdrücklich um Entschuldigung, Herr Kaiser. Vizepräsidentin Ellenberger: Ich hoffe, Sie nehmen mir das nicht übel. Entschuldigen Sie, Herr Kaiser. Was Sie hier in diesem Kontext schon Herr Abgeordneter Botz, Sie haben das Wort, bitte schön. angesprochen haben, auch wenn sozusagen die Wunsch- vorstellungen der deutschen Seite hier nicht hunderpro- zentig umgesetzt werden konnten, hat der AdR mehrere positive Nebeneffekte gebracht und die sind zum Teil Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7547 angeklungen, ich will sie nur noch einmal klar unter- Einen Effekt möchte ich abschließend noch bestätigen setzen. Neben dem, was institutionell gelungen ist, wenn oder ergänzend anfügen und auch darin untersetzen, was die Mehrheiten im AdR für Stellungnahmen da sind, das Herr Kaiser hier angedeutet hatte. Es gibt einen Neben- ist ja eine zwingende Voraussetzung, dann werden sie an effekt, den wir seit 1994 mit dem AdR in Brüssel haben. die wichtigen anderen EU-Institutionen weitergebeben. Der besteht schlicht und einfach darin, dass wesentlich mehr Bürgermeister und auch lokale Volksvertreter aus Meine Damen und Herren, hier an der Stelle wirklich nur der gesamten Europäischen Union, und in wenigen Mo- noch einmal von meiner Seite aus meiner ehemaligen naten ja aus einem Europa, das fast 500 Mio. Einwohner Tätigkeit kurz die Bestätigung - und das ist nun schon hat, umfassen wird, direkte Möglichkeit haben, nicht nur einige Jahre her -, das ist nicht schlechter geworden, das mit den wichtigsten Personen, also Kommissaren, son- ist besser geworden. Im Europaparlament nimmt man so- dern auch mit Generaldirektoren und untergeordneten Be- wohl diesen auch kaum bekannten Ausschuss WSA, der amten in der Kommission direkt ins Gespräch zu kom- ja auch nur beratende Funktion hat, aber eben in zuneh- men, auch persönlich kennen zu lernen, sie einzuladen, mendem Maße auch die Stellungnahmen des AdR sehr, vor Ort zu holen. Meine Damen und Herren, wir wissen sehr ernst. Es gibt wirklich schon eine sehr hohe Anzahl das ja selber alle als Volksvertreter, das ist unbezahlbar, von Europaabgeordneten, die nur, wenn sie ganz schwer diesen Effekt wird man über die nächsten Jahre dann si- wiegende Gründe sehen, ganz einfach und locker über eine cher auch stärker verspüren. Insofern kann ich nur sagen, solche Stellungnahme in wichtigen Punkten hinweggehen. der AdR ist auf einem guten Weg, auch wenn die Vor- Das darf man hier auch einmal sagen und insofern auch stellungen des Klagerechts, auf die auch Frau Sedlacik diese Arbeit des AdR auch praktisch würdigen und un- jetzt noch mal eingegangen ist, nicht so kommen sollten, tersetzen. Ich möchte in aller Kürze, weil ich auch hier zu auch dann gibt es diese positiven Nebeneffekte. den Berichten nicht allzu lange sprechen möchte, noch einige Anregungen geben. Herr Schröter hat schon darauf Ich möchte aber zum Abschluss noch mal zum Aus- hingewiesen, dass es Bemühungen gab, einmal in Rich- druck bringen, dass ich mit meiner Fraktion es nach wie tung eines Berichts zu kommen. Ich möchte Sie bestär- vor für absolut angemessen halten würde, dass der AdR ken, diese Versuche weiter zu unternehmen - vielleicht als Ganzes, so wie er ja auch mehrheitlich Stellungnah- auch einmal die Anregung, es gibt ja auch das Instrument men verabschieden kann, als Körperschaft ein Klagerecht der Initiativberichte -, da hier ja schon die Vorarbeiten, selbstverständlich im vollen Bewusstsein und in Verant- Herr Kaiser hat es dargestellt, auf den Weg gebracht wur- wortung gegenüber der Interessenlage unserer Bürger in den hinsichtlich des Problems des statistischen Effekts. der EU erhalten sollte. Ich danke Ihnen. Dann wäre es ja denkbar, zu versuchen, solange wir so stark im AdR vertreten sind als Thüringer und eben mit (Beifall bei der SPD) allen anderen deutschen Vertretern, sicher auch interna- tional, es sind ja viele andere Regionen schon mit im Boot, Präsidentin Lieberknecht: doch einen Initiativbericht in die Richtung vielleicht auf den Weg zu bringen. Wenn dazu dann Beratungen und Herr Abgeordneter Bergemann, CDU-Fraktion. Anhörungen eventuell auch hier vor Ort in Thüringen ein- mal stattfinden könnten, wäre das sicher ein nützlicher Abgeordneter Bergemann, CDU: Beitrag, um die Tätigkeit des AdR auch den Bürgern und Kommunalpolitikern vor Ort noch etwas plastischer dar- Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellen zu können. Ich möchte auch folgende Anregung ge- nur einige wenige Anmerkungen. Herr Botz, ich danke ben: Meine Damen und Herren, die Berichterstattung hier Ihnen schon dafür, dass Sie klargestellt haben wie das im Parlament ist wertvoll und nützlich, aber man könnte das im Ausschuss üblich ist, dass die Landesregierung stän- auch noch ergänzen, weil ich, Sie wissen das aus unseren dig über den AdR berichtet und wir natürlich auch die Debatten bevor wir hier zur Wahl geschritten sind, dass Chance haben und sie genutzt haben in den letzten Jah- ich mit meiner Fraktion großen Wert darauf lege, dass es ren, Berichte über die Arbeit des AdR zu bekommen. Frau im AdR eben nicht nur in erster Linie um regionale Ver- Kollegin Sedlacik, der Kollege Schröter hatte das deut- tretung geht, sondern, ich zitiere mal, um "maßgebliche lich gemacht, aber es geht nicht vom Ablauf, dass man Akteure der lokalen und regionalen Gebietskörperschaf- dort ständig rückfragen kann, dafür gibt es das freie Man- ten", Sie haben das auch richtig erwähnt. Da wäre es doch dat. Das hat er, glaube ich, in seinen Ausführungen ganz durchaus auch hilfreich, z.B. dem Thüringischen Gemein- deutlich dargelegt. Das müssten Sie dann auch bitte zur de- und Städtebund laufend, auch perspektivisch regel- Kenntnis nehmen. mäßig einen solchen Bericht vorzulegen und sicher dann wechselseitig auch in der Diskussion die Anregung direkt Die zweite Bemerkung: Wir haben ja heute auch nicht von unseren Bürgermeistern und Landräten aufzugrei- über den Konvent geredet, Ihre Eingangsrede - fast eine fen und auch in den AdR einzubringen. Ich denke, darü- Viertelstunde - hat sich mit dem Konvent beschäftigt. ber könnte man durchaus nachdenken. Das war heute eine ganz klare Berichterstattung wie es der Abgeordnete Schröter vor einem Jahr hier im Ple- num gesagt hat, Herr Kollege Botz, auch für Sie, er wird 7548 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 jährlich dazu berichten. Und das haben wir heute getan, Auch noch einen Satz zum Konvent. Es ist wohl wahr, das hat er damals angekündigt, das finde ich auch sehr Herr Bergemann, ich kann das nur voll unterstützen, es in Ordnung, damit sind wir als Parlament angebunden. ging ja nicht um den Konvent, wobei auch ich ihn zwei-, dreimal erwähnt habe, weil ich Wünsche geäußert habe, Was die Frage des Gottesbezugs im Verfassungsvertrag was ich gern vom Konvent verwirklicht sehen würde. anbelangt, da werden Sie es mir sicher nachsehen, dass Ich habe meine Sorge, inwieweit dies tatsächlich alles, meine Fraktion sehr traurig wäre, wenn es nicht so wird. was wir aus der Sicht von den Regionen, aus der Sicht Aber ich bin guter Hoffnung, weil die Charta übernommen insbesondere auch von Deutschland, insbesondere auch wird, und damit ist ja der Gottesbezug schon hergestellt. aus der Sicht von Thüringen, was wir dort gern realisiert Danke schön. hätten und was sicherlich nicht alles realisiert wird. Aber der Entwurf, wie er vorliegt oder wie man ihn zum Teil (Beifall bei der CDU) im Internet sehen kann, ist mit Gewissheit nicht das End- ergebnis, und ich darf darauf hinweisen, ohne dies jetzt Präsidentin Lieberknecht: als "Drohung" missdeuten zu lassen, selbstverständlich müssen diese Dinge allesamt noch durch bestimmte Gre- Herr Staatssekretär Kaiser. mien hindurch und beispielsweise auch durch den Bun- desrat hindurch, und ich bin sicher, dass der Bundesrat Kaiser, Staatssekretär: allergrößten Wert darauf legt, dass in Sonderheit die Prinzi- pien von Föderalismus und von Subsidiarität Berück- Ich darf hier, Frau Präsidentin, nur zwei, drei Sätze noch sichtigung finden. Wir haben nicht die Absicht, dies bei hinzufügen und mich dafür bedanken, dass unterm Strich der Abstimmung an der Kasse zu hinterlassen und nicht da- doch hier sehr, sehr viel Gemeinsamkeit sichtbar gewor- rauf zu bestehen, dass das, was unser Gepräge macht, was den ist, die mir bei diesem Thema besonders notwendig unsere Bedeutsamkeit macht, was auch unsere Kraft macht zu sein scheint, auch im Sinne des Satzes "Einigkeit macht bei diesem Verfassungsvertrag, unter die Räder gerät. stark", wenn man bestimmte Ziele erreichen möchte. Nochmals besten Dank für die Möglichkeit hier ein Offenheit: Frau Sedlacik, es ist gerade gesagt worden, europapolitisches Thema zu besprechen, auch ein Dan- wir sind in der Tat offen und wir liefern, wo immer es keschön für die Diskussion und wir sollten uns alsbald gewünscht wird, Berichte und Informationen en détail bei passender Gelegenheit erneut mit dieser Thematik und en masse. Und Sie wissen auch, jeder kann sich mit der beschäftigen. Landesvertretung in Brüssel in Verbindung setzen, wobei ich hier noch nachzuholen habe, verehrter Herr Schröter, (Beifall bei der CDU) dass ein Dank an diese Vertretung gegangen ist, und sie leistet in der Tat eine sehr gute Arbeit. Präsidentin Lieberknecht:

Herr Botz, wenn Sie einen vorzüglichen Mitarbeiter von Weitere Wortmeldungen sehe ich jetzt nicht. Damit kann mir erwähnen, dann schmeichelt das mir auch und es ich die Aussprache schließen und kann noch feststellen, stört mich dann überhaupt nicht, wenn dieser Name an dass das Berichtsersuchen gemäß § 106 Abs. 2 unserer Stelle des meinigen gefallen ist. Geschäftsordnung erfüllt ist, sofern es dagegen keinen Widerspruch gibt. Widerspruch sehe ich nicht, dann ist (Beifall Abg. Wetzel, CDU) das so.

Frau Sedlacik, noch einen Satz: Sie haben verstanden, dass Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt 13 und kom- ich natürlich auch Skepsis transportieren wollte, ohne me nun zum Tagesordnungspunkt 14 durch den Transport von allzu viel Skepsis Hoffnung zu nehmen. Denn natürlich, wo wären wir, wenn wir keine Radwegenetz in Thüringen Hoffnung hätten, wir können sogar guter Hoffnung sein Antrag der Fraktion der SPD in diesen Fragen. Wir werden, da bin ich ganz sicher, - Drucksache 3/3336 - beim AdR in der Tat auf dem guten Weg sein, den auch der Abgeordnete Botz eben gerade genannt hat. Eine Begründung war nicht gewünscht von Seiten des Einreichers, wurde mir vermittelt. Das ist so, ja? Gut, Es ist wichtig und gut, dass Herr Schröter schon gesagt dann kommen wir unmittelbar zur Aussprache, und ich hat, dass hier erneut berichtet werden wird im kommen- gebe als Erstem das Wort Herrn Abgeordneten Kallen- den Jahr, und es ist richtig, dass selbstverständlich die bach, CDU-Fraktion. Landesregierung sich solchen Berichtsersuchen nicht ver- weigern wird. Es ist wichtig, dass die Information fließt Abgeordneter Kallenbach, CDU: und es ist wichtig, dass wir wissen, um was es geht, umso leichter lässt es sich gemeinsam für gute Ziele streiten. Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Radwegenetz in Thüringen, ein Antrag der Fraktion der Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7549

SPD, es liegt mir sehr am Herzen, aber es ist ein über- reichen, ich glaube, dann sind wir schon gut, weil wir dann schaubares Thema, das muss man schon auch hier fest- nämlich gleichzeitig auch die Planung gemeinsam reali- halten, und es ist nach allem, was ich weiß, auch nicht ein sieren können. Dann würden auch entsprechend die Kos- Thema, was politisch sonderlich umstritten ist, Gott sei ten reduziert. Meine Damen und Herren, was relativ we- Dank, kann man sagen. Wo stehen wir? Wir können heute nig Geld kostet, ist eine Beschilderung. Aber wenn die- feststellen, dass insgesamt der Ausbau des Radwegenetzes se nicht oder nur bruchstückhaft da ist, dann ist es ärger- in Thüringen auf einem guten Weg ist, dass wir aber noch lich. Solche Schilder, wir haben uns gerade erst in unse- längst nicht da sind, wo wir hinkommen wollen. Also, es rem Arbeitskreis kundig gemacht, kosten 3 bis 5 ¼SUR gibt nach wir vor auch einen großen Nachholbedarf. Stück, also das ist wirklich kein Kostenfaktor. Das kann man wirklich mit wenig Mitteln erreichen, aber es sollte Woraus ergibt sich nun die Notwendigkeit des Baus von auch ein einheitliches System sein, welches im ganzen Radwegen? Da gibt es verschiedene Kriterien, das muss Land durchgehalten wird, und da leistet unser Verkehrs- man an der Stelle deutlich hervorheben, auch wenn das ministerium sehr hilfreiche Arbeit. Ich möchte noch still- aus dem Antrag nicht hervorgeht. Ich nenne als Erstes be- gelegte Eisenbahnstrecken nennen, die entwidmet sind, sol- züglich der Notwendigkeit die Verkehrssicherheit. Wenn che gibt es, wie Sie alle wissen. Auch die eignen sich her- Sie nämlich eine stark belastete Straße haben, insbeson- vorragend für Radwege. dere mit vielen Lkw, dann ist es außerordentlich gefähr- lich dort Rad zu fahren. Das ist ein ganz entscheidendes Zum Schluss noch eine Bemerkung: Es handelt sich na- Kriterium dafür, dort einen straßenbegleitenden Radweg türlich, aber das wird oft vergessen, um ein ökologisches zu bauen. Ein zweites Kriterium können vorhandene oder Verkehrsmittel. Auch aus diesem Aspekt heraus sollte man sich noch entwickelnde Schulwege sein, weil natürlich es fördern und unterstützen. Aber da ist es eigentlich auch viele Kinder, viele Jugendliche mit dem Rad zur Schule ein bisschen widersinnig, wenn man dann beim Bau, bei fahren. Das kann ebenfalls ein wichtiges Entscheidungskri- der Planung eines Radwegs gleich wieder Ausgleichsmaß- terium für einen Radweg sein, oder die Verbindung zu nahmen fordert, welche die Sache verteuern und dadurch Einkaufszentren oder Ähnlichem. Natürlich ist auch der oft eine Bremse darstellen, wenn sie an Radwege einer touristische Aspekt ganz wichtig und entscheidend. Da- Kommune denken. Also, ein ökologisches Verkehrsmit- rauf wird Kollege Heym sicherlich noch eingehen. Es nützt tel, was auch aus dieser Sicht Unterstützung verlangt. Ich aber alles nichts, wenn nicht entsprechendes Geld zur danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, aber ich glaube, Verfügung gestellt wird. Zurzeit haben wir in unserem insgesamt lohnt es sich nicht aus diesem Antrag jetzt Doppelhaushalt 2003/2004 insgesamt etwa 2 Mio. ¼IU noch eine ganz breite Debatte im Ausschuss zu führen. straßenbegleitende Radwege an Landesstraßen - und nur Ich glaube, wir können das hier im großen Konsens auch dafür sind wir zuständig als Land - zur Verfügung. Ich entsprechend abarbeiten. Vielen Dank. sage aber auch gleich dazu, natürlich wirkt auch hier, lei- der, muss man sagen, die Bewirtschaftungssperre. Für stra- (Beifall bei der CDU) ßenbegleitende Radwege an Bundesstraßen stehen im Bun- deshaushalt für Thüringen ca. 3,8 Mio. ¼]XU9HUIgung. Präsidentin Lieberknecht: Das ist erfreulich, aber natürlich ist auch die Notwen- digkeit an Bundesstraßen Radwege zu schaffen viel hö- Damit kommen wir zum nächsten Redner. Ich gebe das her, weil dort die Verkehrsbelegung höher als an Landes- Wort Herrn Abgeordneten Buse, PDS-Fraktion. straßen ist. Insgesamt wurden seit 1993 für 8,4 Mio. ¼5DG wege an Landesstraßen gebaut. Das sind immerhin 85 km, Abgeordneter Buse, PDS: die dort neu gebaut wurden. 85 km kamen hinzu, das ist schon erfreulich, aber reicht natürlich noch lange nicht. Herr Kallenbach, sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Von Seiten des Bundes waren es 11,6 Mio. ¼IU5DG Abgeordnete! Herr Kallenbach, Sie bezogen sich auf den wege an Bundesstraßen. Damit konnten 114 km gebaut Antrag 3/3336 der Fraktion der SPD "Radwegnetze in werden. Aber mindestens genauso wichtig sind die kom- Thüringen" und nun weiß ich nicht so richtig, ob Sie die- munalen Radwege, denn die stellen oft die Verbindungs- sem Antrag zustimmen wollten oder nicht oder eine Be- stücke dar, oder stellen sie eben auch nicht dar, weil die richterstattung der Landesregierung mit einfordern woll- Kommunen oft nicht in der Lage sind oder es nicht als ten. Sie meinten hier im Plenum wäre der Raum darüber so wichtig erachten auf ihrem Gebiet, in ihrem Zustän- zu reden, gut, wenn wir heute den Beschluss fassen, wäre digkeitsbereich Radwege zu bauen. Aber das Ganze macht es sicher im nächsten Plenum mit der Berichterstattung nur einen Sinn, wenn sich daraus ein Netz entwickelt, was auch möglich, aber im Ausschuss wollen Sie diesen An- man durchgängig nutzen kann. Stücken sind sehr schön, trag scheinbar nicht haben und auch sicherlich nicht die aber nützen recht wenig; es müssen sich Netze entwickeln. Berichterstattung. Also über ein Thema, zu dem man der Auffassung ist, keine Berichterstattung der Landesregie- Ich denke, man soll den Grundsatz verfolgen, dass bei allen rung zu brauchen, haben Sie doch beachtliche Ausfüh- Neu- und Ausbauten von Straßen Radwege mitgebaut wer- rungen gemacht. Aber so ist das eben. den, entweder direkt mit einem kombinierten Rad-Geh- weg oder straßenbegleitend außerorts. Wenn wir das er- 7550 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

(Zwischenruf Abg. Kallenbach, CDU: Dazu lage einerseits, aber vor allem aus Sicht der im weites- brauchen wir nicht die Landesregierung!) ten Sinne Stärkung der Wirtschaftskraft von Bedeutung. Insofern ist eine Befassung mit dem Thema aus unserer Sie brauchen dazu die Landesregierung scheinbar nicht. Sicht durchaus anzuraten. Die Landesregierung könnte mit dem Nachkommen nach einer Berichterstattung eine (Zwischenruf Abg. Kallenbach, CDU: Ja.) Grundlage legen, die eine gebotene Sachlichkeit der par- lamentarischen Diskussion auch im Ausschuss für Wirt- Wir kommen ja irgendwann heute zur Abstimmung und schaft, Arbeit und Infrastruktur nach sich ziehen würde. werden dann sehen. Weil kein Sofortbericht seitens der Landesregierung ge- geben worden ist - das wurde ja auch vorher schon nicht Schlagzeilen wie "Vom Fahrradland noch weit entfernt", signalisiert -, glaube ich, dass wir dem Antrag zustimmen "In Thüringen fehlen Radwege", "Mangelhafte Infrastruk- sollten, um uns mit einer Berichterstattung der Landes- tur bei zunehmenden Touristenzahlen" bezüglich Radwe- regierung zu diesem Thema zu beschäftigen. In diesem gebau sicherlich keine Erfindung der PDS - spiegeln ein Sinne würden wir dem Antrag zustimmen. bisschen die Tatsache wider, die Sie hier umschrieben ha- ben. Trotz aller Fortschritte reicht der gegenwärtige Stand (Beifall bei der PDS) noch nicht aus. Ohne Zweifel ist der Radverkehr noch zu wenig im Sinne des nicht motorisierten Verkehrs in Thü- Präsidentin Lieberknecht: ringen entwickelt. Ebenso ohne Zweifel ist, dass auch in Bereichen, in denen weit gehend intakte Radwege vorhan- So, es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Doht, SPD- den sind, die Zahl der Personen, die mit Fahrrädern un- Fraktion. terwegs sind, nicht überwältigend ist. Während das eine - Radwege und ihre Vernetzung - eine Frage der infra- Abgeordnete Doht, SPD: strukturellen Entwicklung darstellt, ist eben das andere - die Nutzung der Radwege - weitestgehend individuell ge- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Kallen- prägt. Richtig ist in jedem Fall, dass gut ausgebaute Rad- bach, es ist schön, wenn wir uns über das Radfahren einig wege einen Beitrag zur Senkung des Unfallgeschehens sind, aber wir hätten natürlich auch gern noch den Be- darstellen, auf das Sie auch hingewiesen haben, Herr richt der Landesregierung zu diesem Thema gehabt, und Kallenbach. Richtig in jedem Fall ist auch, dass vernetzte wenn er heute als Sofortbericht nicht kommt - wofür ich Radwege und ihre Beziehung zu territorialen oder regiona- aufgrund der Situation ja sogar ein gewisses Verständ- len Sehenswürdigkeiten von touristischer Bedeutung sein nis habe -, dann erwarten wir den doch zumindest in der können und sich unter anderem die Ausschilderung der nächsten Plenarsitzung. Fernradwege in Thüringen schon positiv bemerkbar ge- macht hat. Sicherlich gibt es noch Reserven, Herr Kollege (Beifall bei der SPD) Heym wird, wie angekündigt, auf diese Frage sicher noch einmal eingehen, was den Tourismus betrifft. Es ist sicher- Rad fahren liegt immer mehr im Trend und die Radfah- lich auch richtig, dass der Ausbaustandard und die Witte- rer machen in Thüringen ca. 6 Prozent des Verkehrsauf- rungsbeeinträchtigungen der Nutzung auch in Thüringen kommens aus. Viele Touristen nutzen die Fernradwege noch einiges zu wünschen übrig lässt. Die vielfältigen in Thüringen, um mit dem Rad Land und Leute kennen Prominenten-Fahrradtouren, auch in jüngster Zeit im Raum zu lernen. Aber für viele ist das Fahrrad auch das tägli- Jena-Weimar, zeigen sowohl die erreichten Fortschritte, che Verkehrsmittel, um möglichst staufrei und umwelt- aber auch noch zu behebende Unzulänglichkeiten. Licht freundlich an die Arbeit zu kommen oder tägliche Be- und Schatten, sehr geehrte Frau Doht, liegen also durchaus sorgungen durchzuführen. auf der Strecke Jena-Weimar beieinander, wenngleich das Licht aber sicher überwiegt. Rein formell müssen wir bei der Betrachtung des Radwe- genetzes zwischen straßenbegleitenden und touristischen (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Das kann Radwegen unterscheiden. In beiden Bereichen ist in den nicht sein!) letzten Jahren viel geschehen. Das soll hier nicht unter den Tisch gekehrt werden, sondern muss an dieser Stelle Die Frage ist, ob bei den wesentlichen Strecken mögli- auch einmal gesagt werden. che Unzulänglichkeiten bekannt sind. Mir ist z.B. bekannt, dass ausgewählte Wanderwege, insbesondere vor Neuauf- (Beifall bei der CDU) lagen von Wanderführern abgewandert und die Gegeben- heiten in Augenschein genommen werden. Für mich ist Ein durchgängiges Radwegenetz für ganz Thüringen ha- die Frage, ob dies z.B. auch für ausgewählte Radwege ben wir jedoch noch nicht erreicht. So gehören Radwe- zutrifft. Meine Damen und Herren, wenn im Antrag auf ge beim Neu- oder Ausbau von Bundesstraßen inzwischen eine Berichterstattung der Landesregierung abgestellt wird zum Standard. Bei den Landesstraßen haben wir hier noch und dazu explizit inhaltliche Anforderungen gestellt wer- Nachholbedarf. Für den Neu- und Umbau von Radwegen den, dann ist das unter anderem aus Sicht der Haushalts- stehen im Rahmen des Landesradwegeprogramms für Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7551

2003 974.000 ¼LP(LQ]HOSODQ)UGLH(UKDOWXQJYRQ angeschlossen sind, in Thüringen sind es bislang 60 Be- Landesstraßen sind für das Jahr 2003 im Bereich Erhal- triebe. Angebote, bei denen der Fahrradtourist sein Ge- tung Radwege 50.000 ¼HLQJHVWHOOW'DVLVWQLFKWVHKU viel päck weitertransportiert bekommt, die sind noch selte- und wenn man bedenkt, dass davon noch 15 Prozent ner. Gerade das sind Angebote, die insbesondere von Fami- einer Haushaltssperre unterliegen, dann relativiert sich lien mit Kindern gefordert werden. Aber auch ältere Leu- diese Summe noch mehr. Es ist auch davon auszugehen, te sind sicherlich froh, wenn sie nicht immer mit 20 kg dass mit den Verhandlungen zum Nachtragshaushalt der Gepäck den Berg hinaufstrampeln müssen. So steht z.B. Druck auf die freiwilligen Leistungen auch in diesem auch die Frage, warum sich im Bereich der Saale-Tal- Bereich zunehmen wird. sperren kein Bootsunternehmen findet, das Radler wei- tertransportiert. Denn gerade im Bereich der Saale-Tal- Das Wirtschaftsministerium ist daher schon im Hinblick sperren hat der Saale-Radweg einige extreme Steigun- auf die Verhandlung zum Nachtragshaushalt gefordert, gen aufzuweisen. Hier wäre ein alternativer Transport si- ein überzeugendes Konzept für den weiteren Ausbau des cherlich eine Möglichkeit, die von Touristen angenom- Radwegenetzes vorzulegen, um damit auch in den Res- men wird, die aber auch den Bootsunternehmen ihre Ein- sortabstimmungen und gegenüber dem Parlament beste- nahmen garantieren würde. hen zu können. Für uns ist es eine entscheidende Frage, wie viel Geld fließt wirklich in den kommenden Jahren Meine Damen und Herren, wir sind uns alle darüber im in den weiteren Ausbau des Radwegenetzes. Klaren, dass die finanziellen Spielräume in der Zukunft nicht größer, sondern eher enger werden. Deshalb sollte Auch im Tourismus hat das Fahrrad in den letzten Jahren auch im Bereich der Radwege über Synergieeffekte nach- immer mehr an Bedeutung gewonnen. Hier gibt ein Po- gedacht werden. Wir brauchen zum einen eine bessere tenzial, das ständig im Wachsen begriffen ist und dem sich Vernetzung zwischen den straßenbegleitenden und tou- die Tourismusindustrie auch verstärkt zuwendet. Mit den ristischen Radwegen. Wir sollten aber auch dort, wo es großen Fernradwegen bietet Thüringen attraktive Stre- möglich ist, diese Radwege zusammenführen. So läuft cken für Touristen, aber auch hier gibt es noch einige z.B. im Bereich Arnstadt der Gera-Radweg parallel zum Lücken zu schließen. Die Verbindung zwischen den Rad- Radweg an der B 4. Ob dies in einem Luftabstand von wegen muss verbessert werden, auch die Ausschilde- ca. 200 Meter nötig ist, darf bezweifelt werden. Ich glaube, rung. Teilweise sind die Oberflächen nicht immer optimal es wäre hier dem einheimischen Alltagsradler durchaus zu- oder die Radfahrer werden über Straßen geführt. Ein gro- mutbar, den Gera-Radweg mitzunutzen. Deswegen soll- ßes Problem dabei sind jedoch die Städte. Dort ist der ten wir bei künftigen Maßnahmen besser versuchen, Ver- Radfahrer dem Autoverkehr immer noch im vollen Um- kehr und Tourismus zu vernetzen, um Doppelungen zu ver- fang ausgesetzt. Die Radwege enden oft an der Stadt- meiden, um Mittel an anderen Stellen frei zu haben, da, grenze und auch die Beschilderung. Die Kommunen sind wo noch Lücken bestehen, wo es diese zu schließen gilt. oft aufgrund ihrer Finanznot nicht in der Lage, hier kurz- fristig nachzuziehen oder aber sie haben ihre Prioritäten (Beifall bei der SPD) anders gesetzt. Dabei ist nicht nur der Neu- und Ausbau weiterer Strecken ein Problem, sondern auch die Unter- Auch andere Programme, wie z.B. der ländliche Wege- haltung vorhandener Strecken. Vieles, bis hin zur Beschil- bau, können mit ein bisschen Fantasie und gutem Willen derung, wurde mit ABM und SAM geschaffen. Diese in ein Radwegenetz integriert werden. Hierzu bedarf es Stellen sind inzwischen nicht mehr vorhanden und der eines Partners, der koordinierend eingreift und versucht, die Unterhalt der Strecken oftmals nicht gesichert. Hier muss unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen. gemeinsam nach Lösungen gesucht werden. Lösungen, Aus unserer Sicht kann dieser Partner eigentlich nur das die auch diejenigen nicht aus ihrer Verantwortung lassen Wirtschaftsministerium sein, denn hier ist sowohl Tou- sollten, die mit an den Radwegen verdienen. Es dürfte rismus als auch Verkehr angesiedelt. einem Gastwirt, der an einem Radweg für seinen Betrieb wirbt, der von diesem Radweg seine Einnahmen hat, auch Mit unserem Antrag zur Berichterstattung wollen wir auch zuzumuten sein, sich z.B. an einer Ausschilderung dessel- Anregungen geben, in diese Richtung zu denken. Wir er- ben zu beteiligen. Ich denke, hier sollten wir zu partner- warten eine Bestandsaufnahme seitens des Wirtschafts- schaftlichen Modellen zwischen der Tourismusindust- ministeriums, die in jedem Fall Voraussetzung für die rie, den Verbänden und Kommunen kommen. Aber na- weitere konzeptionelle Planung ist. Deswegen bitte ich türlich braucht dieser Gastwirt auch eine Perspektive zum um Zustimmung zu unserem Antrag und erwarte einen Be- weiteren Ausbau zu den zeitlichen Prioritäten, um seine richt der Landesregierung in der nächsten Plenarsitzung. künftigen Angebote danach ausrichten zu können. (Beifall bei der PDS, SPD) Neben der Infrastruktur möchte der Thüringer Tourist auch entsprechende Angebote bekommen. Hier gibt es Präsidentin Lieberknecht: insgesamt in Thüringen noch Nachholbedarf. Wenn man z.B. einmal vergleicht, so gibt es in Nordrhein-Westfa- So, jetzt haben wir die Wortmeldung vom Abgeordne- len ca. 2.000 Betriebe, die dem System "Bett und Bike" ten Heym, CDU-Fraktion. 7552 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Abgeordneter Heym, CDU: (Beifall bei der CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen Neben den straßenbegleitenden Radwegen, die insbesonde- und Kollegen, also ich muss sagen, ich war schon ver- re auch einen verkehrsleitenden Aspekt haben, sind rund wundert, als ich - und das muss ich dazu sagen - beide 120 km Radwege neu gebaut worden, die rein touristi- Anträge der SPD-Fraktion zum Tourismus gelesen habe. schen Charakter haben. Das war ein Investitionsvolumen Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich fragen wol- von 9,4 Mio. ¼ZRYRQ0LR¼DXV*$0LWteln ge- len, warum in der SPD offensichtlich erhebliche Informa- kommen sind und der Rest eben aus Landesmitteln. Was tionsdefizite bestehen. Aber gerade weil die Frau Kolle- bei diesen Zahlen nicht erfasst ist, sind die Radwege, die gin Doht ja eigentlich in allen maßgeblichen Gremien, auch auf kommunaler Ebene gebaut worden sind. Das ist in denen über diese Thematiken gesprochen wird, mit auch noch mal ein zweistelliger Millionenbetrag. Das ist drinsitzt, könnte man auch zu dem Schluss kommen, dass schon eine beachtliche Größenordnung. Ich möchte z.B. nur der Antrag einfach nur von Aktionismus motiviert ist. ausführen, der Werratal-Radweg, der steht auf der Hitlis- te der deutschen Fernwanderradwege inzwischen an vierter (Beifall bei der CDU) Position. Ein anderer bedeutender Radweg ist der entlang der Saale. Stichwort - Radwegenetz: Wenn es einen touristischen Bereich gibt, touristische Infrastruktur, der nach der Wende (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Jawohl, bei null angefangen hat, dann war das das Radwegenetz. sehr gut.)

(Beifall bei der CDU) Wir haben hier eine länderübergreifende Arbeitsgruppe. Diese hat Erhebungen gemacht. Es sind also nicht irgend- Heute, zehn Jahre nachdem es eigentlich so richtig mit dem welche Zahlen, die jetzt vom Wirtschaftsministerium er- Bau losgegangen ist, haben wir 12 Fernradwanderwege, mittelt wurden, deshalb darf auch die Opposition geneigt von denen zehn durchweg befahrbar sind. Herr Buse, ich sein, diese Zahlen als richtig aufzunehmen. Es ist schon hätte ja vielleicht als Opposition mich auch solcher Über- beeindruckend, was da ermittelt wurde. Im Jahr 2002 wur- schriften bedient, wie Sie dies gemacht haben mit den den auf diesem Weg rund 210.000 Radler gezählt. Davon Presseartikeln, aber das ist einfach schlichtweg die Un- waren 17.000 Radfernwanderer. Es ist auch statistisch er- wahrheit. wiesen, dass ein Fernwanderer am Tag zwischen 50 und 60 ¼DXVJLEW'DYRQNDQQPDQDXFKOHLFKWDEOHLWHQZHO (Beifall bei der CDU) che Größenordnung die Radfahrer schon einnehmen, was die Einnahmesituation für die Gastronomie und für die Wenn irgendwelche Journalisten der Öffentlichkeit sug- touristischen Leistungsträger ausmacht. gerieren wollen, dass in Thüringen Fahrradland Ödland ist, dann hat er sich selber noch nicht auf den Sattel ge- (Beifall bei der CDU) schwungen und ist durch dieses Land gefahren. Diese Ergebnisse sind nicht vom Himmel gefallen. Sie (Beifall bei der CDU) sind das Verdienst der beteiligten Kommunen, der Tou- rismusverbände und eben der Landesregierung, Das muss man einfach mal so feststellen. (Beifall bei der CDU) (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Allein 300 km Radwege ...) die mit erheblichen Mitteln, aber auch koordinierend Un- terstützung gegeben hat. Es ist längst erkannt, dass der Die Fernradwanderwege haben eine Gesamtlänge von über Radtourismus ein steigendes Segment ist. Wir haben in 1.600 km. Sie sind mit den Nachbarländern abgestimmt der Vergangenheit, und wir werden auch in Zukunft da- und vernetzt. Also stimmt doch die Aussage nicht, dass die ran arbeiten, um diesen Teil touristischer Infrastruktur irgendwo anfangen und irgendwo enden, das ist schlicht- noch weiter zu komplettieren. weg einfach nur nicht richtig. Der Kollege Kallenbach hat schon ausgeführt, es sind straßenbegleitend 114 km an Bun- Es ist schon mehrfach angesprochen worden, es ist wenige desstraßen entstanden, an Landesstraßen 85 km, das alles Wochen her, dass diese so genannte Promi-Radtour dieses mit einem Investitionsaufwand von ungefähr 20 Mio. ¼ Jahr auch entlang der Ilm geführt hat, vom Goethehaus in beides zusammen. Das sind ja keine Kleinigkeiten. Da Weimar zur Goethehauskopie Bad Sulza. Ich kann nur muss man überlegen, welche Aufgaben in den vergange- sagen, dass - ich war selbst dabei - die Wegstrecke sehr nen Jahren durch diese Landesregierung zu bewältigen wa- attraktiv war, sie war schön. Ich habe sie auch als gut aus- ren, da kann man ganz einfach das, was in dem Radwe- gebaut empfunden, auch wenn noch nicht alles durchge- genetz hier entstanden ist, nicht so gering reden, wie das hend asphaltiert worden ist. Ich bin der Meinung, Rad hier mitunter von diesem Platz aus versucht worden ist. fahren hat noch ein bisschen was mit Natur zu tun. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7553

(Beifall bei der CDU) Gemeinde von sich behauptet, dass sie eine touristische Attraktion ist, dann muss es ihr das Geld wert sein, dort Natürlich ist auch - und das ist auch zuzumuten -, dass auch mal die Sense zu nehmen, ich mit dem Rad auch mal über ein paar hundert Meter vielleicht noch geschotterten oder anders befestigten Be- (Beifall bei der CDU) lag fahren kann. mal langzufahren oder vielleicht auch mal nach einem Herr Kallenbach hat es schon angesprochen, Hauptsa- starken Regen ganz einfach den Radweg abzukehren. Das che, meiner Meinung nach, an den bestehenden Radwe- sind Dinge, die müssen zumutbar sein. gen und insbesondere an den Fernwanderradwegen ist, dass die Beschilderung gut ist, dass gerade der ortsun- (Beifall bei der CDU) kundige Gast, ohne sich befragen zu müssen, auch die Ziele erreicht, die er finden will. Da gibt es sicherlich die Wir werden auch nicht umhin kommen, dass die Kom- eine oder andere berechtigte Kritik, aber - wir haben ja munen das machen. Es kann nicht sein, dass das Land die Zahlen gehört - die Kosten für die Beschilderung, die für solche Leistungen auch noch aufkommt. Es ist schon heute für Radwege anzuwenden sind, die sind in einem immer so gewesen, wenn ich die Kuh irgendwo melken überschaubaren Rahmen, deshalb sind die Probleme, mei- will, da muss ich sie halt auch ein bisschen füttern, an- ner Meinung nach, verhältnismäßig gering und mit wenig ders geht es nicht. Aufwand auch abstellbar. (Beifall bei der CDU) Der Wirtschaftsarbeitskreis meiner Fraktion ist, ich glaube, vor vierzehn Tagen am 19. Mai mit dem Rad von Ru- Richtig ist, dass die touristische Vermarktung der Rad- dolstadt nach Jena unterwegs gewesen, entlang der Saale. wege noch intensiviert werden muss. Frau Doht sagt, wir Auch von dort kann man berichten, dass die Anwohner- müssen Angebote entwickeln, da will ich ihr aber sagen, gemeinden gut zusammengearbeitet haben - auch die Landesregierung und auch wir Abgeordneten kön- nen die Aktiven nicht zum Jagen tragen. Da muss ich schon (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Mit Rast in manches auch selbst entwickeln. Wenn dort entlang eines Freienorla.) Radwegs auch die Möglichkeit ist, mit dem Boot viel- leicht ein Stück des Weges zurückzulegen, da muss ganz ja, mit Rast in Freienorla -, aber auch, dass die Gastro- einfach so viel Intellekt da sein, dass dort auch die Leis- nomen diesen Radweg längst als feste Größe touristi- tungsträger vor Ort diese Ideen haben und sie dann auch scher Attraktivität nicht mehr missen wollen, ja eigent- umsetzen. Da kann man sicherlich koordinierend helfen, lich gar nicht mehr missen können, denn wir haben es aus auch als Wirtschaftsministerium, aber letztendlich muss dem Mund des Gastwirts gehört, dass er fast 20 Prozent der Impuls von unten raufkommen. Die Behauptung der seiner Einnahmen aus dem Radweg zieht. Auf unsere Fra- SPD-Fraktion, dass es keine Verknüpfung von straßenbe- ge, wie wir denn vielleicht noch die ganze Geschichte at- gleitenden und touristischen Radwegen gebe, ist schlicht- traktiver machen könnten, hat uns der Wirt gesagt, es wäre weg falsch. Wer sich hier einmal eine Karte von Thürin- eigentlich am besten, wenn der Radweg unmittelbar an gen vornimmt, sieht die Fernwanderradwege, sieht in den seinem Haus vorbeiführt, aber wenn das schon nicht mög- Regionen, was die Gemeinden im letzten Jahrzehnt haben lich ist, was er verstanden hat, wäre es schön, wenn wir entstehen lassen, und er wird ganz schnell sehen, dass wenigstens noch ein Schild aufstellen, damit er auf sei- wir schon ein sehr dichtes Netz an Radwegen haben, die ne Einrichtung hinweisen kann. Das, muss ich sagen, sind eben nicht bloß irgendwo beginnen und irgendwo enden. auch Gelder, die zumutbar sind, die eben auch mal der Sicherlich muss das noch weiter ausgebaut werden, aber Leistungsträger, der Wirt, ganz einfach in die Hand neh- es hat ja auch keiner behauptet, dass wir mit dieser Ar- men kann und dort sein Schild aufstellt, um dort noch beit schon am Ende wären. mal auch selbst auf seine Einrichtung hinzuweisen. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU) Was uns aber eben gar nichts bringt, ist das Schlechtre- Eine viel größere Rolle wird in den nächsten Jahren die den der eigenen Leistungen. Unterhaltung der Radwege in Anspruch nehmen. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU) Ich kann ja verstehen, dass die Opposition mit diesem Da, denke ich, ist es so, dass in erster Linie die Kommunen, Antrag der Landesregierung sprichwörtlich mal ans Rad aber auch die Tourismusverbände zuständig sind. Frau pinkeln wollte, aber die, die Sie mit diesem Schlechtre- Doht hat gesagt, der Druck auf die freiwilligen Leistun- den treffen, das ist nicht die Landesregierung, das ist un- gen der Gemeinden wird größer. Das kann man so dar- ser eigenes touristisches Ansehen und den stellen, Frau Doht, ich bin aber der Meinung, wenn eine 7554 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

(Beifall bei der CDU) (Zuruf Abg. Kretschmer, CDU: Das ist doch gar nicht notwendig.) Nachteil haben in Thüringen die, die von den Touristen leben müssen und die bemüht sind, Gäste hierher ins Land Herr Heym, es mag ja wieder sein, dass die Opposition die zu holen. Deshalb ist Ihr Antrag dem touristischen Anse- Pressehoheit hat, weil Herr Ramelow so in der Presse hen abträglich, er ist irreführend und er ist unnütz, deshalb bekannt ist. Aber es gibt wieder Schlagzeilen, die da lauten: wird ihn meine Fraktion auch nicht unterstützen. "Thüringer Tourismus krankt an Kleinstaaterei", z.B. vom 16.05.2003. Ihre mögliche Reaktion wird erneut sein, jetzt (Beifall bei der CDU) fängt die Opposition schon wieder an und zitiert aus uns genehmen Zeitungen und die schreiben die Unwahrheit Präsidentin Lieberknecht: - so war doch eben Ihre Reaktion. Sie müssen schon ent- schuldigen, dass wir als Opposition sicherlich nicht als Es hat jetzt die Landesregierung das Wort. Herr Staats- Erstes einen Kniefall vor der Landesregierung machen. sekretär Richwien, möchten Sie? Dann hat Sie hier je- Aber auch keiner hat vorhin in der Debatte abgelehnt oder mand falsch notiert. Ich sehe keine weiteren Wortmeldun- geleugnet, dass es in den 10 Jahren nach der Wende zum gen und ich kann die Aussprache schließen. Thema Rad oder auch jetzt bei diesem Gebiet im Frei- staat Thüringen Erfolge gibt, das hat keiner hier gesagt. Ausschussüberweisung wurde nicht beantragt, so dass wir Das reden Sie sich immer nur ein. Sie kriechen gleich in unmittelbar über den Antrag der SPD-Fraktion in Druck- den nächsten Schützengraben, wenn die Opposition spricht sache 3/3336 abstimmen. Wer diesem Antrag die Zustim- und meinen "zurückschießen" zu müssen. mung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Ge- genstimmen? Das ist die Mehrheit. Enthaltungen? Dann (Beifall bei der PDS) ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt. Ich kann den Tagesordnungspunkt 14 schließen. (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Dann lesen Sie doch einmal den Antrag.) Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 15 Wir haben im Thüringer Landtag, wenn ich zum Thema Tourismuskonzeption zurückkommen darf, in den letzten Monaten ... für Thüringen Antrag der Fraktion der SPD (Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Antrag - Drucksache 3/3341 - lesen!)

Begründung wurde auch in diesem Fall nicht gewünscht. Ja, wir sind jetzt bei diesem Antrag Tourismus, wenn Dann kommen wir jetzt unmittelbar zur Aussprache. Ich Sie gestatten, Herr Bergemann. Wir haben in den letzten gebe als Erstem dem Abgeordneten Buse, PDS-Fraktion, Monaten recht intensiv über Fragen des Tourismus disku- das Wort. Ich wollte den Herrn Abgeordneten Heym noch tiert. Ich hoffe, das bestätigen Sie sicherlich. Der CDU- etwas schonen, weil er gerade eben erst geredet hat. Antrag zur Tourismusförderung in Thüringen und auch die Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Zukunft des Abgeordneter Buse, PDS: Tourismus in Thüringen waren aber für meine Begriffe nur scheinbar Anlass der Diskussion hier im Landtag. Not- Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, werte wendig wurde die Diskussion vor allem durch die Ent- Damen und Herren, ich muss noch einmal aus dem voran- wicklung, die in dieser Branche im Freistaat trotz aller gegangenen Punkt etwas zu Beginn hier darlegen. Wenn Förderung, trotz allem Erreichten aber in den letzten Jahren es jetzt schon so ist, dass die Opposition mit dem Antrag und Monaten zu verzeichnen war. Diese Situation und vor auf eine Berichterstattung die Landesregierung ans Bein allem die Ursachen dafür galt es zu analysieren und hierbei pinkeln will, wie das Herr Heym formulierte, ist uns nach meiner Auffassung trotz erfolgter Anhörung im Wirtschaftsausschuss zu dieser Thematik, trotz Diskus- (Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Ans sion auch hier im Plenum kein großer Wurf gelungen. Der Rad.) Wirtschaftsausschuss hat die Beratungsgegenstände für erledigt erklärt und das nutzten Sie ja vorhin, Herr Heym, ans Rad - Entschuldigung, dann hoffe ich nicht, Herr als einen Angriff auf Frau Doht, indem Sie sagten, die Heym, dass das der Anspruch der morgen neu zu verei- Fraktion passt nicht mehr auf, wir haben Tourismus ab- digenden Landesregierung ist. gehakt, es gibt die Erledigungsanträge des Wirtschafts- ausschusses, also haben wir erst einmal die nächsten Wo- (Beifall bei der CDU) chen und Monate Ruhe in dieser Thematik. Ich glaube nicht, denn Ich habe gesagt, ich hoffe nicht, Herr Kretschmer. Toben Sie doch nicht gleich so herum. (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das habe ich nicht gesagt.) Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7555

- so waren Sie zu verstehen - trotz vielfältiger Diskussion sprochen - die Regionalkonferenzen, die derzeit in den ist es meines Erachtens nicht gelungen, die tourismuspoli- Landkreisen draußen laufen, wo im Gespräch mit den tischen Zielstellungen und Leitlinien für den Freistaat zu Touristikern die unterschiedlichen Gegebenheiten erörtert fassen und ihre Realisierungsschritte zu präzisieren, zu- werden und eine Bestandsanalyse gemacht werden soll. kunftsfähige Organisationsstrukturen im Tourismus zu be- Denn, ich glaube, da können Sie alle zustimmen, erst wenn raten und Schwerpunkte für die weitere Förderung des Aus- ich weiß, wo ich stehe, kann ich die Wege beschreiben, die baus einer auf einer Konzeption fußenden touristischen mich zu dem Ziel führen, wo ich hin will. Das ist eben Infrastruktur festzulegen. Als Stichworte könnte ich ja aus wahrscheinlich der Unterschied, den wir da im Ansatz ha- der Diskussion in den letzten Wochen Produktentwicklung, ben und was uns auch trennt. Es ist nicht richtig, ein Kon- Struktur der Verbände, Personalausgestaltung und viele zept zum 30.09.2003 vorzulegen, wo ich genau weiß, dass Fragen mehr nennen. Denn eines fehlte nach meiner Auf- ich nachbessern muss. Es ist richtiger, eine fundierte Be- fassung allen geführten Diskussionen, die Kenntnisnahme standsanalyse zu machen und vor allen Dingen ins Ge- der wirklichen Probleme der vor Ort agierenden Touris- spräch mit den Kommunen, mit den Landkreisen und mit musverbände, -vereine und -organisationen und die Aus- den Verbänden zu kommen. Wir haben das ja vorhin im einandersetzung mit diesem Problem. Ein wenig vertrös- anderen Tagesordnungspunkt - und da sind wir ja d'accord, ten lassen habe ich mich dabei auf den Verweis, auf die da gehen wir vollkommen d'accord. Gerade der Tourismus Vorbereitung und Durchführung von Regionalkonferen- ist ein wirtschaftlicher Bereich, der in den Kommunen zen Tourismus. Nach wie vor habe ich die Auffassung, dass freiwillige Aufgabe ist. Jetzt hat das Land die Aufgabe, diese eigentlich gut geeignet sind, über die Sorgen und die schwere Aufgabe, die Kommunen, die Landkreise, die Nöte der vor Ort Tätigen und über künftiges abgestimm- Regionen in einem Konzept zusammenzuformen, wo alle tes und koordiniertes Handeln zu beraten. Dazu müssen alle auch mitgehen, was auch alle mittragen. Das sind ja ge- Beteiligten natürlich auch ermuntert werden und auf allen nau die Probleme, in denen wir in unterschiedlicher Inten- Seiten die Bereitschaft zu einer kritischen Betrachtung sität in Thüringen ein ganzes Stück weit kranken. Deshalb vorhanden sein. Im Ergebnis dieser Regionalkonferenzen bin ich der Meinung, die Tourismuskonzeption kann nur könnte aber ein mit den Regionen vorberatenes, abge- so gut sein, wie sie auch von den Regionen, von den Kom- stimmtes gesamtheitliches Tourismuskonzept für Thürin- munen, von den Landkreisen akzeptiert wird. Deshalb ist gen für die nächsten Jahre stehen, dessen Entwurf auf der es wichtig, darüber intensiv ins Gespräch zu kommen. Der angekündigten landesweiten Tourismuskonferenz - wahr- Staatssekretär hat in vorangegangenen Runden den Entwurf scheinlich September/Oktober - beraten werden könnte. einer solchen Konzeption für den Herbst dieses Jahres an- In diesem Zusammenhang ist die Initiative der Kollegen gekündigt. Ich finde, es ist auch der richtige Weg, dass wir der SPD-Fraktion, diese Grundüberlegung in einem Be- dann über diesen Entwurf miteinander ins Gespräch kom- schluss des Landtags festzuschreiben und die Landesregie- men. rung, wie es im Antrag heißt, aufzufordern, dem Landtag bis zum 30.09.2003 eine Tourismuskonzeption für den Ich möchte aber noch dazu sagen, dass es eigentlich nur Freistaat Thüringen vorzulegen, zu begrüßen und deshalb die eine Seite ist. Alle guten Konzeptionen im Touris- wird die PDS-Fraktion für diesen Antrag votieren. Ich mus nützen uns herzlich wenig, wenn die Leute, die wir danke Ihnen. eigentlich in Thüringen erwarten, aufgrund der miesen wirtschaftlichen Stimmung, die wir in diesem Land ha- (Beifall bei der PDS) ben, einfach nicht das Geld haben oder auch nicht die Zuversicht haben, Geld für einen Urlaub, z.B. in Thüringen, Präsidentin Lieberknecht: auszugeben.

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Heym, CDU- (Beifall bei der CDU) Fraktion. Deshalb ist es auf der anderen Seite ganz wichtig, und Abgeordneter Heym, CDU: da ist die Fraktion der SPD mit ihren Kollegen in Berlin in der Pflicht, für eine wirtschaftliche Stimmung in die- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit dem An- sem Land zu sorgen, die dem Einzelnen auch wieder trag, der gerade zur Debatte steht, fordert die SPD-Frak- Zuversicht gibt, die Zukunftsängste nimmt und dass er tion vom Wirtschaftsministerium die Vorlage einer Touris- wieder Lust hat, auch Geld für Tourismus, insbesondere muskonzeption. Das ist zunächst nichts Unanständiges. in Thüringen, auszugeben.

(Heiterkeit bei der PDS, SPD) (Beifall bei der CDU)

Was aber verwundert ist die Tatsache, dass dieser Antrag Ich will einen weiteren Punkt ansprechen und das sage jetzt kommt, nachdem auch von dieser Stelle aus der Herr ich auch durchaus gerichtet an die Behörden unseres Lan- Schuster dieses Konzept angekündigt hat und wir alle des: Wir müssen den touristischen Leistungsträgern auch wissen, dass es in Arbeit ist. Voraussetzung für dieses Kon- ein bisschen die Mühlsteine nehmen, die wir mitunter, die zept sind aber - und das haben Sie, Herr Buse, gerade ange- die Verwaltung ihnen mitunter umhängt. Ich will es an 7556 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 einem Beispiel deutlich machen. Bei mir war ein Mann Abgeordnete Doht, SPD: aus Weimar, der organisiert Goldgräberveranstaltungen Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, für Thüringen, (Heiterkeit bei der SPD) für die Thüringer Wirtschaft ist der Tourismus ein wich- tiges Standbein. Thüringen bietet auch ideale Vorausset- (Zwischenruf Abg. Seidel, SPD: Den kennen zungen für den Tourismus. Dieses Kapital, was wir ha- wir auch.) ben, die Landschaft, die große Geschichte, die historischen Bauwerke, die Kultur, all dies müssen wir für die Entwick- an der Schwarza. Sie können ja über den Mann lachen. lung des Tourismus nutzen, für die wirtschaftliche Ent- Folgendes ist dabei passiert: Er braucht für dieses Gold- wicklung unseres Landes und damit für die Schaffung von waschen in der Schwarza eine Genehmigung, und zwar Arbeitsplätzen und dies ist nicht nur Aufgabe der in der - ich habe es hinten auf dem Platz liegen - Entnahme von Tourismusbranche Tätigen, sondern auch Aufgabe der Lan- festen Stoffen aus Gewässern erster Ordnung. Da bean- despolitik. tragt der Mann im Dezember vergangenen Jahres die Genehmigung, um dort, sage ich mal, graben zu können, Meine Fraktion hatte sich deshalb mit einer Großen An- Gold waschen zu können, ich habe auch nicht gewusst, frage zur Zukunft des Tourismus an die Landesregierung welchen Zuspruch solche Veranstaltungen haben, aber es gewandt. Die Antwort auf diese Anfrage und ein CDU- ist in der Tat, ich habe mich mal befragt, ein ganz reger Antrag zum Tourismus waren Grundlage einer Anhörung Zulauf. Der Mann beantragt im Dezember dort die Geneh- im Wirtschaftsausschuss, an die sich intensive Beratun- migung, im Mai bekommt er den Bescheid vom Landes- gen anschlossen. Parallel dazu führte das Wirtschaftsmi- verwaltungsamt, von den sechs beantragten Standorten sind nisterium in den Landkreisen Regionalkonferenzen zum zwei genehmigt worden. Die Genehmigung selbst gilt für Tourismus durch. Sowohl im Ausschuss als auch auf die- ein halbes Jahr und an den beiden verbliebenen Standor- sen Regionalkonferenzen wurden seitens des Ministeriums ten hat er die Genehmigung erhalten, einmal für maxi- immer wieder Strukturveränderungen angekündigt und mal 4 Stunden mit maximal 20 Personen in der Schwar- bestehende Strukturen infrage gestellt. So sagte der da- za zu schürfen. Und für diesen Bescheid muss er noch malige Wirtschaftsminister Schuster in der Auswertung eine Gebühr von etwas über 800 ¼EH]DKOHQ'DPXVV ich der Anhörung, man müsse grundsätzlich alle Strukturen sagen, da fängt es an und wird unsinnig. Von solchen Din- hinterfragen, die Regionalverbände, den Landesfremden- gen müssen wir wegkommen, denn das ist die tägliche verkehrsverband und die TTG. Dies schafft zum einen Arbeit für die Leistungsträger. Verunsicherung bei den Betroffenen, was sich sicherlich nicht unbedingt motivierend auswirkt, zum anderen sollte (Beifall bei der CDU) man vorhandene Strukturen auch erst öffentlich infrage stellen, wenn man sich darüber im Klaren ist, was anders Da sind wir als Politik gefordert auch Einfluss auf Ver- werden soll und wie die Arbeit geleistet werden soll. waltung zu nehmen, um solchem Unsinn ein Ende zu ge- Hier haben wir allerdings außer dem oft zitierten Satz bieten. "Klasse statt Masse" nichts gehört und dies ist zu wenig als Leitlinie für die Tourismuspolitik einer Landesregie- Ich möchte zum Schluss kommen und sagen, Herr Buse, rung, deren Tourismuskonzept noch aus dem Jahr 1992 Konzeption ja, aber nicht nur Tourismuskonzeption, da stammt. Wir erwarten konkrete Zielsetzungen, wo will Thü- gehen wir miteinander einher, zur Tourismuskonzeption ringen im Tourismus hin, welche Zielgruppen wollen wir gehört auch eine Marketingkonzeption - Frau Doht sitzt mit erreichen, in welchen Zeiträumen sind welche Infrastruk- im Aufsichtsrat, sie kennt die Diskussionen, die wir zur- tureinrichtungen vorgesehen und welches Fördervolumen zeit führen -, das müssen zwei Werke sein, die meiner ergibt sich damit für den Landeshaushalt. Ein Infrastruk- Meinung nach wie ein Zahnrad ineinander greifen. Lassen turkonzept wurde seitens des Ministeriums schon zu Be- Sie uns das in Ruhe angehen und uns nicht von zeitli- ginn dieser Legislaturperiode zugesagt, es lässt bis heute chen Zielstellungen unter Druck setzen. Wir sollten die auf sich warten. Deswegen bleiben wir auch hier bei un- Dinge tiefgründig erörtern und letztendlich werden wir serem Antrag, denn sonst stehen wir am Ende der Legis- dann auch ein vernünftiges tragbares Konzept haben, was laturperiode da und warten immer noch auf ein Touris- auch in drei Jahren noch Gültigkeit hat und jetzt nicht mit muskonzept, wir haben leider wenig Zutrauen in diese Hast etwas machen und was nachbessern. In diesem Sinne Zusagen. Gerade dies sind aber Vorleistungen, die die bedanke ich mich. Landesregierung bringen muss, um in der Tourismusbran- che auch für die nächsten Jahre Perspektiven aufzuzei- (Beifall bei der CDU) gen, an denen sich dann auch die Leistungsanbieter orien- tieren können. Denn eines ist klar, die Kette funktioniert Präsidentin Lieberknecht: nur so, es muss Klarheit darüber herrschen, welche Ziel- gruppen ich erreichen will. Sollen das weiterhin nur die Es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Doht, SPD- Senioren sein, die zum Großteil in den Thüringer Wald Fraktion. zum Wandern kommen, will ich andere Zielgruppen er- reichen, will ich mehr Angebote für Familien mit Kin- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7557 dern machen, für Jugendliche, Bildungsreisen, will ich wir uns sicherlich einig, dass wir an einem Strang ziehen den Tagungstourismus weiter fördern - diese Zielvorstel- wollen -, wissen, welche Zielvorgaben es gibt, in welche lungen muss ich haben. Danach richten sich dann die zu Richtung es weitergehen soll im Thüringer Tourismus. tätigenden Investitionen in die Infrastruktur, was muss ich noch an Mitteln aufwenden, welche Einrichtungen, (Beifall bei der SPD) welche Attraktionen, auch z.B. wenn ich an Kinder und Jugendliche denke, fehlen noch im Lande. Auf diesen In- Präsidentin Lieberknecht: vestitionen und diesen Infrastruktureinrichtungen dann können die Leistungsanbieter ihre Angebote errichten. Es hat jetzt das Wort die Landesregierung, Herr Staats- Am Ende dieser Kette erst steht die Vermarktung. Wer sekretär Richwien. die Defizite allein beim Marketing sucht, verkennt seine eigenen Verantwortlichkeiten und zäumt das Pferd vom Richwien, Staatssekretär: Schwanz auf. Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen Neben den Perspektiven für den weiteren Ausbau der und Herren, vorab zwei Bemerkungen: Sehr geehrter Herr Infrastruktur, für den die Kommunen verantwortlich zeich- Buse, ich kann Ihnen natürlich auch noch eine Zeitungs- nen, für den aber auch das Wirtschaftsministerium, diese meldung aus dem Kopf zitieren: "Tourismus muss wie- Landesregierung als Fördergeber mit verantwortlich ist, der Chefsache werden" Ich kann mir auch vorstellen, dass muss auch klar sein, wer vor Ort Verantwortung trägt, Ihnen so eine Zeitungsmeldung gefällt, weil das ein Stück wer bestimmte Produkte bzw. Angebote erarbeitet, wer weit Zentralismus ist, weil Sie der Meinung sind, der Staat zwischen den verschiedenen Anbietern und Leistungser- kann es richten, und das kann ich Ihnen von dieser Stelle bringern koordiniert. Das Wirtschaftsministerium möchte sagen, das ist nicht mein Empfinden und das ist auch nicht den Landkreisen künftig mehr Aufgaben im Tourismus mein Weg. zuordnen. Dem ist erst einmal nichts entgegenzusetzen. Wenn man den Landkreisen hier aber zusätzliche Auf- (Beifall bei der CDU) gaben zuweist, dann müssen auch die rechtlichen Rah- menbedingungen stimmen. Die jetzige Kommunalordnung (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Unserer auch setzt den Landkreisen bei der Tourismusförderung enge nicht.) Spielräume. Denn Tourismusförderung ist Wirtschaftsför- derung und da gibt es bereits einschlägige Urteile. Wenn Ich glaube, da machen Sie es sich ein klein wenig zu ein- es denn das Wirtschaftsministerium ernst meint mit der fach. Wir haben in der Zwischenzeit vier Regionalkon- stärkeren Einbindung der Landkreise in den Tourismus, ferenzen durchgeführt und ich habe mir persönlich sehr, dann muss als Konsequenz die Ausgleichsfunktion für die sehr viel Zeit genommen, auf diesen Regionalkonferen- Landkreise in der Kommunalordnung verankert werden. zen die einzelnen Fragen, die einzelnen Sorgen und die einzelnen Nöte zu hören, zu bündeln. Nehmen Sie doch (Beifall Abg. Becker, SPD) einfach mal mit, dass wir mindestens die Hälfte der Re- gionalkonferenzen durchgeführt haben müssen, um über- Ansonsten wird auch das Engagement der Landkreise haupt eine Zwischenbilanz ziehen zu können. aus rechtlichen Gründen nur unzureichend bleiben kön- nen. Dann sollte man lieber über eine Stärkung der Re- Frau Doht, auch an Sie vielleicht die eine oder andere gionalverbände nachdenken. Bemerkung noch: Ich glaube, Sie wollen nicht von uns, dass wir mit diesem Konzept einen Schnellschuss ma- Das Wirtschaftsministerium hat nach der Sommerpause chen. Ich glaube, Sie sind bestens informiert, denn Sie noch eine Abschlusskonferenz zu den Regionalkonferen- hätten an dieser Stelle klar und deutlich sagen können, zen geplant. Die Sommerpause ist Mitte August zu Ende. dass ich mir auch die Mühe gemacht habe, in die Ar- Diese Zeit möchten wir der Landesregierung gerne ein- beitsgruppe der TTG zu gehen, um Ihnen, genau Ihnen räumen, aber dann erwarten wir ein schlüssiges Touris- auch zu sagen, wo wir letztendlich mit der Tourismus- muskonzept und, Herr Heym, Sie können nicht so tun konzeption hin wollen und welche Wege wir einschla- als wenn dann, wenn diese Konferenz gelaufen ist, erst gen werden und wollen. Manchmal habe ich so den Ein- mit der konzeptionellen Arbeit begonnen wird. Sie läuft druck bei Ihnen, dass Sie nach dem Motto vorgehen, wie ja bereits und es wäre schlimm, wenn das nicht so wäre. es mein Professor in Mathematik gesagt hat: Versuch ist ein anerkannter Rechenweg. Genau so gehen Sie hier vor, (Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Es wurde dass man einfach sagt, wir probieren mal und wir pro- doch schon begonnen.) bieren mal dort und irgendwo werden wir schon einen richtigen Weg finden und dann gehen wir vor. Das kann Eben, und deswegen ist es kein Unding, wenn wir ver- nicht der Weg sein, den werde ich auch nicht gehen und langen, dass am 30.09 ein solches Konzept dem Landtag dazu werde ich mich auch nicht hinreißen lassen. Ich glau- vorgelegt werden soll, damit letztendlich alle, die in Thü- be, wir werden diese Regionalkonferenzen durchziehen ringen für den Tourismus etwas tun wollen - und da sind und wir werden versuchen, hier diese Zwischenbilanz zu 7558 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 ziehen und das Ergebnis zu bündeln. Dann werden wir das Angebotsentwicklung und Vermarktung vor Ort und da- in den entsprechenden Gremien vorstellen und danach mit für den wirtschaftlichen Erfolg in den kommenden werden wir auch darüber diskutieren und, ich glaube, dann Jahren. Wesentliche Ergebnisse dieser Regionalkonferen- ist es auch der richtige Zeitpunkt. zen, das habe ich vorhin gesagt, werden wir dann in die- ser Zwischenbilanz bündeln und wir werden das in eine Meine Damen und Herren, in den vergangenen 12 Jahren neue Tourismuskonzeption einfließen lassen. wurde mit umfangreichen Fördermitteln eine Infrastruk- tur aufgebaut, die der Qualität in den alten Ländern nicht Das TMWAI hat mehrfach, zuletzt am 15. Mai im Wirt- nachsteht. Aber bei weitem nicht alle am Tourismus Be- schaftsausschuss des Thüringer Landtags, die Vorlage eines teiligten haben verstanden, dass nur im Rahmen der Kom- Entwurfs einer neuen Tourismuskonzeption im Herbst die- munikation und Kooperation die geschaffene Infrastruk- ses Jahres angekündigt. Im Oktober, meine Damen und tur auch in zusätzliche Gäste und Übernachtungen um- Herren, wird eine Tourismuskonferenz stattfinden, zu der zusetzen ist und durch nichts anderes. Da sind wir noch der mit den IHK, der TTG, dem Landkreistag und den lange nicht dort, wo wir letztendlich hin wollen. Insoweit Verbänden abgestimmte Entwurf vorgestellt werden soll. sind auch strukturelle Veränderungen dringend notwen- Vor diesen Hintergründen ist der vorliegende Antrag - dig, da haben Sie Recht, um Aufgaben zu definieren bzw. Frau Doht, nehmen Sie es mir nicht übel - der Fraktion abzugrenzen und Verantwortlichkeiten festzulegen. Wer der SPD weder nachvollziehbar noch hilfreich. sich mit der Thematik beschäftigt hat, der weiß, dass die Schuldzuweisung rundum geht. Aus diesem Teufelskreis (Beifall bei der CDU) wollen wir heraus, wir wollen klare Aufgabenzuordnung, um genau dann die Schwachstellen auch aufzuzeigen. Auch Ich wollte eigentlich an dieser Stelle, sehr geehrter Herr die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, Buse, meine Rede beenden, aber ich will Ihnen vielleicht das vergessen einige, haben sich in den letzten Jahren schon meine Gedanken und meine Hinweise mitteilen, verändert und wirken sich sichtbar auf die touristische wohl wissend, dass es nicht der Extrakt ist, den wir dann Entwicklung sowie den nationalen und internationalen letztendlich in dieser Zwischenbilanz darstellen. Ich möch- Markt aus. Dies zeigen auch die aktuellen Zahlen mit te aber trotzdem in aller Kürze einige grundsätzliche An- deutschlandweiten Rückgängen, denn nicht nur in Thü- merkungen zu unserer Tourismuspolitik machen, die na- ringen, sondern wir haben deutschlandweite Rückgänge türlich auch zentrale Inhalte der neuen Tourismuskonzep- der Übernachtungen allein im Jahr 2002 um 3 Prozent. tion sein werden. Auf diese veränderten Rahmenbedingungen müssen und wollen wir reagieren, aber alle am Tourismus Beteilig- Seit der Wende wurden die notwendigen Rahmenbedin- ten müssen dies tun. Wir müssen versuchen, alle zu bün- gungen geschaffen und Thüringen hat sich mit seinem deln und alle müssen letztendlich an einem Strang zie- Angebot, ich glaube, man kann sagen, am Markt etabliert. hen. Dies erfordert neue Strategien und Konzepte auch - Das belegen die kontinuierlichen Zuwächse bei den Gästen und das will ich hier gern zugeben - auf Landesebene. und den Übernachtungen, die sich im Zeitraum von 1992 Die Grundlage hierfür werden die neue Tourismuskonzep- bis 2000 auf eine Zunahme um mehr als 70 Prozent tion des TMWAI und das Marketingkonzept der TTG summieren. Dazu hat eine Förderung in Höhe von rund bilden. Das Tourismuskonzept wird sich unter dem Titel 685 Mio. ¼EHLJHWUDJHQXQGGLH=DKOPXVVPDQGRFKHLQ "Grundsätze zur weiteren Ausgestaltung des Tourismus fach mal zur Kenntnis nehmen. Die erforderlichen Grund- im Freistaat Thüringen" mit den künftigen tourismuspo- strukturen sind inzwischen geschaffen. Heute besteht die litischen Zielen und Leitlinien sowie Handlungsschwer- Notwendigkeit, die Tourismuswirtschaft für den Ausbau punkten im Freistaat Thüringen beschäftigen. ihrer Position und für neue Herausforderungen fit zu ma- chen. Ziel muss es sein, Aufgaben und Strukturen gemein- (Unruhe bei der CDU) sam weiterzuentwickeln und die Betonung liegt auf "ge- meinsam". Wir müssen seit etwa Jahresfrist mit zurück- (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Das ist aber gehenden Gästezahlen kämpfen, das ist richtig, aber ich Ihre Fraktion.) habe vorhin auch gesagt, nicht nur wir, sondern deutsch- landweit. Ich sage bewusst "kämpfen", denn es ist keine Herr Buse, es steht mir nicht zu, eine Bewertung vorzu- Frage, dass die Thüringer Tourismusbranche alles, aber nehmen. auch alles Machbare tun muss, um diesen Trend insgesamt wieder umzukehren. Die politische Diskussion darüber Parallel dazu wird ein neues Marketingkonzept durch die muss aber vom Kopf auf die Füße gestellt werden, auch TTG erarbeitet. Unabhängig davon sind wir bereits im wenn das einigen in diesem Haus nicht so zusagt. Sinken- Rahmen der Regionalkonferenzen mit den Regionen, Land- de Zahlen, meine Damen und Herren, im Tourismus sind kreisen, Verbänden, Kommunen und Leistungsträgern im das Ende einer Wirkungskette in der Wirtschaft, die - und Gespräch. Dabei stehen die strukturellen Fragen im Vor- das sage ich hier so deutlich - in Berlin beginnt. Ich habe dergrund, denn gerade die künftigen Strukturen werden das bereits im letzten Plenum dargestellt und das ist auch ausschlaggebend sein für eine bessere Kooperation und heute so, zunehmende finanzielle Belastungen der privaten Kommunikation, für eine effektivere und zielgerichtetere Haushalte und Unternehmen wirken sich zuerst dort aus, Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7559 wo es um die Extras, die freie Spitze geht. Sie werden als 2. Erweiterung der Produktlinien und Themen und Einschränkungen im Konsum und eben bei der Urlaubs- planung spürbar. Trotz nicht von der Hand zu weisender 3. weitere Steigerung der Produktqualität, um die er- Erfolge in den letzten zehn Jahren haben wir heute zent- reichte Marktposition zu behaupten und auszubauen. rale Probleme, die sowohl struktureller als auch program- matischer Natur sind. Man darf nicht glauben, dass die- Die TTG muss ihr Aufgabenspektrum entscheidender aus- se mit zusätzlichen Fördermitteln immer zu lösen sind, füllen. Die Gespräche hierzu haben wir mit der TTG, ins- denn nicht nur allein das Geld ist daran schuld, dass wir besondere mit einigen Vertretern des Aufsichtsrats, auf- nicht vorwärts kommen, denn hier liegt der Teufel im De- genommen. tail. Im Gegenteil, wir müssen aus dem, was an Infra- struktur sowie an finanziellen und personellen Kapazi- Meine Damen und Herren, es ist notwendig, dass die täten vorhanden ist, mehr machen, also mit gleich blei- aus dem Thüringer Gästepotenzial nachgefragten Ange- bendem Input einen größeren Output erreichen. Wir müs- bote in breiter Fülle hervorgebracht werden. Dies alles, sen also alle Aktivitäten, auch die der TTG, da gebe ich vor allem die Qualitätsverbesserung - Sie wissen, wovon Ihnen gern Recht, der Regionen, Kommunen und Leis- ich spreche -, ist hier in erster Linie durch konkrete Maß- tungsträger den aktuellen Erfordernissen anpassen. Ich nahmen nicht durch die Landesregierung, nämlich durch habe es immer einfacher gesagt, es ist nicht die Frage, was Maßnahmen vor Ort zu erreichen. Hier sind die Orte und bieten wir dem Gast an, sondern wir müssen die Frage Regionen, das sage ich deutlich, in der Verantwortung. stellen, was will der Gast und was will er hier erleben? Für die Intensivierung der Produktentwicklung, der Quali- Diese Frage, meine Damen und Herren, wird mir noch viel tätssteigerung und des Marketings ist dort eine Verbesse- zu wenig gestellt. rung der Kommunikations- und Kooperationsprozesse dringend notwendig. Ich möchte mir heute verkneifen, (Beifall bei der CDU) hier darüber zu sprechen, warum und weshalb einige Kooperationen nicht funktionieren. Da brauchen Sie nur Wenn ich dieses aber erreichen will, dann brauche ich tief vor Ort zu fahren, da werden Sie hervorragende Beispiele greifende Reformen, die sind notwendig. Die derzeitigen kriegen und Sie werden die Beispiele auch nicht nachvoll- Hauptprobleme liegen in der Produktentwicklung und im ziehen können und Sie werden sie auch nicht verstehen, Marketing. Es können aber nur vorhandene Angebote, mei- weil das ein normaler Mensch auch nicht verstehen kann, ne Damen und Herren, vermarktet werden. Wenn wir also wie kleinstaaterisch hier manchmal gedacht wird. im Marketing vorankommen wollen, muss die Produkt- entwicklung insgesamt, nämlich vor Ort, verbessert und Meine Damen und Herren, beleuchten wir nun die der- forciert werden. Dies funktioniert nur mit effizienten Struk- zeitige Situation auf den einzelnen Ebenen. Das möchte turen. Wir sehen die Notwendigkeit, die vorhandenen ich hier an der Stelle noch mal tun. Die TTG ist in den Strukturen und Verantwortlichkeiten auf den Prüfstand zu vergangenen Jahren mit der bisherigen themenorientier- stellen, Kräfte in Ressourcen zu bündeln und Aufgaben ten Vermarktung erfolgreich gewesen. Diese Strategie hat - das habe ich vorhin schon gesagt - klar abzugrenzen. Die- sich somit grundsätzlich bewährt. Es ist aber eine stän- se Fragen stehen deshalb im Mittelpunkt unserer Bemü- dige Anpassung an Kundenwünsche und Entwicklungs- hungen und sind das zentrale Thema der bereits erwähn- trends notwendig. Der TTG kommt hinsichtlich der Pro- ten Regionalkonferenzen. duktentwicklung eine wichtige Initiativ- und Regiefunk- tion zu, die noch stärker als bisher ausgefüllt werden muss. Frau Doht, Sie hatten mich eigentlich zur Tourismuskon- Den Verbänden ist es bisher noch nicht ausreichend ge- zeption befragt. Es wäre vielleicht auch ganz hilfreich, lungen, aus den regionalen Gegebenheiten heraus die wenn Sie dann meinen Ausführungen zur Tourismuskon- erforderlichen Kommunikations- und Kooperationspro- zeption auch lauschen würden, aber scheinbar doch nicht. zesse in Gang zu setzen. Den Kommunen und Landkrei- sen kommt eine wichtige Koordinierungsfunktion zu und (Beifall bei der CDU) die wird sich dann auch mehr oder weniger in dem neuen Konzept widerspiegeln. Meine Damen und Herren, zur derzeitigen Situation einige Ausführungen. Die TTG ist das Marketinginstrument für (Beifall bei der CDU) ganz Thüringen. Der Finanzrahmen der TTG ist in den vergangenen Jahren stetig erhöht worden, um den aktuel- Die aktuellen Probleme in der Produktentwicklung zeigen, len Anforderungen und Schwerpunkten Rechnung zu tra- dass ein qualifiziertes Management vor Ort häufig fehlt. gen. Um Thüringen als Tourismusstandort weiter erfolg- Einerseits sind kleine Tourismusorte nicht finanzkräftig reich am Markt zu positionieren sind nach meinem Er- genug, um dies zu leisten, zumal der Fremdenverkehr im- messen folgende Zielstellungen ausschlaggebend: merhin - das sage ich auch - eine freiwillige Leistung ist. Andererseits sind die vielen kleinen ortsbezogenen Struk- 1. Erschließung neuer Kundenpotenziale, insbesondere turen, die mit ihren Aufgaben oft überfordert sind, als eine eines jüngeren Klientel, wesentliche Ursache für die Probleme zu sehen. Quali- tätsmängel vor Ort einerseits und Ineffizienz der Arbeit 7560 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 andererseits sind die Folge. Die Betriebe und Leistungs- munen müssen qualifiziertes Personal auf eigene Kosten anbieter haben mit den wirtschaftlichen Folgen der rück- gewinnen und einsetzen, da Strukturen nicht von oben läufigen Gästezahlen zu kämpfen, meine Damen und Her- dirigiert werden können, sondern von unten wachsen müs- ren. Trotzdem wird oft am bisher üblichen Konkurrenz- sen, sind hier insgesamt natürlich auch die Landkreise ge- denken - das sage ich auch so deutlich - festgehalten und fragt. Es hat bereits erste Abstimmungen mit den Land- versucht, durch weitere staatliche Förderungen wirtschaft- räten gegeben. Es besteht Einvernehmen darin, dass die liche Probleme zu lösen. Die Leistungsanbieter müssen Strukturen gestrafft und die Ressourcen weiter gebün- untereinander viel stärker kooperieren und gemeinsame delt werden müssen. Insbesondere kleine Kommunen kön- Angebote entwickeln, um ihre Schlagkraft im Wettbe- nen nicht auf Dauer überregional bedeutsame Infrastruk- werb zu erhöhen. tureinheiten betreiben. Ihnen fehlt hierfür häufig das Mana- gement, das Personal und natürlich - wie schon erwähnt - (Beifall bei der CDU) die Finanzkraft. Aber für den wirtschaftlichen Erfolg hoch- wertiger Einrichtungen ist ein professionelles Manage- Wir gehen in ein Segment, meine Damen und Herren, was ment erforderlich. Es müssen die Rechtsgrundlagen da- schon besetzt ist. Das muss man doch einfach nur mal für geschaffen werden, dass hier ein starkes Engagement zur Kenntnis nehmen. Insgesamt betrachtet sind also tief der Landkreise möglich wird. Insgesamt ist zu fragen, wel- greifende Reformen der Organisationsstrukturen notwen- che Ebene künftig welche touristischen Aktivitäten betreut. dig. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruk- tur kennt die Probleme seit geraumer Zeit, aber eben ge- Meine Damen und Herren, ein Wort zu den Verbänden, rade Strukturen, Aufgaben, Kommunikation und Koopera- die ich nicht vergessen möchte. Aus einer stärkeren Ein- tion können die Regionen nur selbst in die Hand nehmen bindung der Landkreise in touristische Aktivitäten wird und organisieren. Hier sind folgende Prämissen für die sich auch ein verändertes Aufgabenspektrum logischer- Betriebe und natürlich auch die Kommunen notwendig: weise für die Verbände ergeben. Sie müssen ihre bishe- rige Tätigkeit im Hinblick darauf überprüfen, ob sie mit 1. Sie sind aufgefordert, eigene Erfolgsrezepte zu entwi- Erfolg aktuelle und künftige Aufgabenstellungen bewäl- ckeln, tigen können. Um die Schlagkraft und vor allem die Fi- nanzkraft der Verbände zu erhöhen, müssen auch hier 2. die erforderliche Qualitätsverbesserung anzupacken, Strukturen und Kräfte gebündelt werden. Die Kommuni- kation innerhalb der Tourismusregionen, aber auch zwi- 3. das Konkurrenzdenken abzulegen und die unerläss- schen der TTG und den Regionen muss erheblich ver- liche Kommunikation und Kooperation zu realisieren. bessert werden. Hierzu müssen verstärkt Kooperationen auf regionaler und örtlicher Ebene genutzt werden. Um Tourismus hört nicht an der Landesgrenze auf und be- diesen Prozess in Gang zu setzen und die Regionen da- ginnt auch nicht wieder an der Landesgrenze oder an einer bei zu unterstützen, hat das Wirtschaftsministerium mit Landkreisgrenze. der Durchführung von Regionalkonferenzen, meine Da- men und Herren, immerhin schon am 04.12.02 im Land- (Beifall bei der CDU) kreis Schmalkalden-Meiningen begonnen. Für die TTG heißt das, Kundenorientierung wird stärker in den Vor- Die Betriebe müssen grundsätzlich das wirtschaftlich Not- dergrund gestellt, um mit nachfragegerechten Angebo- wendige, wie z.B. auch die Qualifizierung ihres Personals ten die Treffsicherheit und Effizienz des Marketings zu selbst leisten und nicht nur staatliche Hilfe anfordern. erhöhen. Aufgrund ihrer Marktkenntnisse muss die TTG Sie wissen, dass wir gerade hier im personellen Bereich dafür sorgen, dass nachgefragte Produkte vor Ort entwi- immer die Situation hatten, dass die Damen und Herren ckelt werden. Sie muss also eine Initiativ- und Regie- drei Jahre in ihrer Funktion waren und danach wurde eine funktion übernehmen. Die Ergänzung der Produktlinien Neubesetzung vorgenommen, weil nämlich die Maßnahme und deren aktive Vermarktung sind, meine Damen und ausgelaufen ist. So können wir insgesamt nicht mehr Herren, dringend notwendig. Entsprechende Absprachen weitermachen und das kann auch nicht das Ziel sein. wurden hier mit der TTG schon getroffen.

(Beifall bei der CDU) Abschließend ein Wort zur Landesregierung: Die Landes- regierung kann das alles initiieren, begleiten und unter- Letzter Punkt: Insgesamt ist hier mehr Eigeninitiative ge- stützen, aber nicht selbst realisieren, es sei denn, jemand fragt. Das belegen positive Beispiele, die es natürlich hier hofft auf die Wiedergeburt des Staatstourismus und möchte auch gibt. Da müssen wir nur nach den Preisträgern des die Regierung verpflichten, die zum Urlaub verdonner- Marketingpreises sehen. Für die Landkreise und kreis- ten Bürger busweise anzuliefern. freien Städte bedeutet das, die Straffung der Strukturen und die zielbezogene Bündelung finanzieller und perso- (Beifall Abg. Wackernagel, CDU) neller Ressourcen ist für sie dringend erforderlich. Es muss ein Umdenken vor Ort und eine neue politische Willens- Das TMWAI wird im Rahmen der Tourismuskonzeption bildung auf kommunaler Ebene erreicht werden. Kom- auch inhaltliche und förderpolitische Schwerpunkte und Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7561

Leitlinien fixieren und darstellen, wie diese Begleitung, siv-Center mit jeweils 350.000 ¼ Unterstützung der Akteure auf den verschiedenen Ebe- nen seitens der Landesregierung in Zukunft aussehen Ich bin der festen Überzeugung, dass Landkreise und wird. Vielen Dank. kreisfreie Städte sowohl finanziell als auch qualitativ Unterstützung benötigen. Wir müssen gemeinsam mit den (Beifall bei der CDU) Landkreisen und kreisfreien Städten die notwendigen kom- munalen Beratungsdienstleistungen in die Modernisierung Präsidentin Lieberknecht: der Bundesanstalt für Arbeit einbringen und zu einem Ge- samtkonzept verschmelzen. Da gibt es dringend Hand- Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, damit kann ich lungs- und Nachholbedarf. Diese Landesregierung hat sich die Aussprache schließen. Ausschussüberweisung wurde im Übrigen die Familienpolitik immer wieder auf die Fah- nicht beantragt, wir können also unmittelbar über den An- nen geschrieben. Bei der Einrichtung eines spezifischen trag in der Drucksache 3/3341 abstimmen. Wer diesem Serviceangebots für junge Menschen und ihre Eltern in- Antrag die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Hand- nerhalb der Job-Center können sie das durch Taten be- zeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? weisen. Genau dies hat der Landesjugendhilfeausschuss Das ist nicht der Fall, dann ist das mit Mehrheit abge- in dieser Woche auch beschlossen. lehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 15. Lassen Sie mich zusammenfassen: Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 16 1. Die Einrichtung der Job-Center ist überfällig und liegt Förderung der Job-Center auf der Hand. Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3342 - 2. Wir dürfen die Städte und Landkreise dabei nicht allein lassen, sondern müssen sie in einem gemeinsamen Pro- Die Einreicher wünschen Begründung und die wird Herr zess mit der Bundesanstalt für Arbeit unterstützen. Abgeordneter Dr. Müller vornehmen. Ich bitte das zu tun. 3. Wir haben für junge Menschen und ihre Familien ge- Abgeordneter Dr. Müller, SPD: rade an der ersten Schwelle während der Berufsfindung eine besondere Fürsorgepflicht. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Sie alle kennen aus den Gesprächen mit den Rat suchenden Bürgern die All dies können wir mit dem Ihnen vorliegenden Antrag Situation, dass Arbeit Suchende, die auf eine Chance hof- umsetzen, ich bitte deshalb um Ihre Zustimmung. fen, die wissen wollen, wie es weitergeht, häufig nicht nur innerhalb eines Amts von Tür zu Tür geschickt werden, (Beifall bei der SPD) sondern auch zwischen Arbeitsamt, Sozialamt und an- deren Dienststellen. Bei all diesen Dienststellen gibt es Präsidentin Lieberknecht: in der Regel kaum jemanden, der das Anliegen des Be- ratung Suchenden insgesamt erfassen kann. Dies aber Das war die Begründung. Wir kommen jetzt zur Ausspra- sollen und können Job-Center leisten. Gewiss, sie kön- che. Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Gersten- nen keine Arbeits- und Ausbildungsplätze backen, aber berger, PDS-Fraktion. sie können schnell und passgenau bürger- und betriebs- freundlich vermitteln und sie sind Sensoren für die Be- Abgeordneter Gerstenberger, PDS: dürfnisse der Betriebe und die Bedürfnisse der Arbeit Suchenden. Dies alles ist kein Wunschdenken, sondern Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die SPD- es funktioniert anderenorts. Es funktioniert zum Beispiel Fraktion beantragt, die Landesregierung soll den Aufbau seit Jahren in Köln und es funktioniert in Hessen, wo von Job-Centern in Thüringen mit einem eigenen För- Herr Koch modellhaft Job-Offensiv-Center fördert. derprogramm unterstützen. Nun hat die PDS-Fraktion schon häufig Aktivitäten in der Arbeitsmarktpolitik ein- Um dies zu erreichen, brauchen wir ein anderes Verständnis gefordert und wir sind die Letzten, die sich sinnvollen all derjenigen Dienststellen bei der Arbeitsverwaltung und Vorschlägen in diesem Problemfeld, das wieder von ver- den Kommunen, die in irgendeiner Weise zur beruflichen schiedenen Rednern als das Dringendste bezeichnet wurde, Integration beitragen können. Dann muss über die jeweils verschließen. Aber die Frage ist: Worum geht es eigentlich bestehenden gesetzlichen Grundlagen hinweg ein umfas- in dem Antrag? Job-Center sind ein Element der Forde- sendes Denken einziehen, ein Denken, welches sich zu- rung des Hartz-Papiers und sie sollen aus Sicht der Bun- nächst und vor allen Dingen an den Problemen des Rat desregierung bestimmte Bereiche der Arbeits- und So- Suchenden zu orientieren hat und eben nicht mehr vor- zialämter zusammenführen. Welche Details dazu aber bis- rangig an der Frage, für was bin ich zuständig und für her gesetzlich geregelt sind, was nicht. Genau deshalb zum Beispiel unterstützt das Land Hessen die modellhaft eingerichteten Job-Offen- 7562 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: wo diese Center eindeutig angegliedert sind bzw. an- Keine!) geliedert sein werden, jedenfalls nach dem, was wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt wissen. Es gibt dort offenbar ist nicht bekannt und welche überhaupt öffentlich be- bereits Vorstellungen, die aber noch nicht öffentlich ge- kannt sind, das ist auch weitestgehend im Dunkeln. Man macht wurden. Um hier für Klarheit zu sorgen, wäre es wolle flächendeckend Job-Center einrichten, betonte Wirt- vielleicht wünschenswerter, dass zunächst von Regie- schafts- und Arbeitsminister Clement bereits im Novem- rungsseite der entsprechende Gesetzesentwurf mit der ber 2002 im Bundestag in der Debatte um die ersten bei- Regelung der Verantwortlichkeiten und der Zielstellun- den Hartz-Gesetze. Doch er blieb unkonkret und er er- gen in der Qualifizierung der Mitarbeiter für diese neue gänzte nur, dass diese Job-Center vor der Zusammenfüh- Arbeitsaufgabe vorliegt, so dass wir uns anschließend rung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die für Anfang darüber verständigen können, welche Notwendigkeiten 2004 vorgesehen sei, geschaffen werden sollen und es hier bestehen. handele sich bei ihnen um - Zitat: "einheitliche Anlauf- stellen". "Einheitliche", meine Damen und Herren, Herr Ich halte es für richtiger und wichtiger, dass wir die ESF- Müller hat ja darauf verwiesen, dass das ein Problem und Arbeitsmarktmittel, die in viel zu knapper Form im darstellt. Freistaat zur Verfügung stehen, für aktive Arbeitsmarkt- politik, für die Arbeitslosen bzw. Nichtbeschäftigten im In einem Papier seines Ministeriums zur Umsetzung der Freistaat nutzen als für Qualifizierung von Angestellten Vorschläge der Hartz-Kommission wird nur der Daten- von Bundesbehörden. Ich bedanke mich. austausch zwischen Arbeits- und Sozialämtern themati- siert und Erleichterung zur Einrichtung von Job-Centern (Beifall bei der PDS) dabei gesehen. Zu weiteren Einzelheiten hält sich Herr Clement allerdings bis heute bedeckt. Meines Wissens ist Präsidentin Lieberknecht: es auch so, dass zwischen Arbeitsämtern und Sozialäm- tern eine Übereinkunft existiert und nach dieser auch be- Als Nächste hat das Wort Frau Abgeordnete Vopel, reits seit Anfang April so verfahren wird, dass diese ge- CDU-Fraktion. meinsamen Anlaufpunkte besetzt wurden, die Technik dort aufgestellt wird und erste Erfahrungen in der Kom- Abgeordnete Vopel, CDU: munikation gesammelt werden. Schon im September 2002, meine Damen und Herren, hatte jedoch Bundeskanzler Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich habe es Gerhard Schröder in einem Brief an Betriebsräte die Job- eben hinten schon gesagt, es kommt nicht allzu häufig vor, Center, ich zitiere: "als die weiterentwickelten Arbeitsäm- aber eigentlich könnte ich jetzt sagen, ich kann mich den ter" bezeichnet. In einem aktuellen Faltblatt der SPD mit Worten des Kollegen Gerstenberger nur anschließen. dem etwas unzusammenhängenden Titel "Agenda 2010 - schneller in neue Beschäftigung - das Arbeitslosengeld" (Beifall und Heiterkeit bei der PDS) wird von, ich zitiere nochmals: "den Job-Centern der um- strukturierten Bundesanstalt für Arbeit" gesprochen. Das Ein paar Sätze gestatten Sie mir trotzdem. Es ist tatsäch- heißt also, in bereits existierenden Job-Centern wie in lich so, es geht in diesem Antrag um die Job-Center, um München-Passing übernimmt, so jedenfalls eine Presse- die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, mitteilung der Bundesanstalt für Arbeit, das Arbeitsamt die wir befürworten, das haben wir immer gesagt. Wir ha- die fachliche Schulung und Qualifizierung der Mitarbeiter. ben auch immer gesagt, wir haben Prämissen und man Schon im September 2002 hat Staatssekretär Dr. Achen- kann das Ganze nicht trennen von der Gemeindefinanz- bach vom Bundesarbeitsministerium unmittelbar bevor- reform. Anders geht es nicht. Genau da liegt der Hase im stehende Verhandlungen mit kommunalen Spitzenverbän- Pfeffer, genau die Probleme sind noch nicht gelöst. Des- den angekündigt und Arbeitsschritte genannt, darunter die halb hat mich dieser Antrag schon etwas verwundert, Herr Prüfung räumlicher Voraussetzungen in den Arbeitsäm- Müller. Sie haben in der Sitzung am 3. April in der Ak- tern und Fragen des Datenaustausches. Der Datenaustausch tuellen Stunde, als es um die Zusammenlegung ging, selbst scheint ja bereits in Gang gekommen zu sein. Zudem gesagt, ich darf das mal kurz zitieren: "Wir haben ja das kündigte Achenbach schon für den Oktober gemeinsa- Hartz-Konzept und es ist bekannt, in welchen Zeitab- me Fortbildungen für Mitarbeiter von Arbeits- und Sozial- läufen die Umsetzungsschritte laufen. Das ist Hartz IV, ämtern an der Fachhochschule der Bundesanstalt für Ar- Zusammenlegung Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu Job- beit in Mannheim an. Centern ist vorgesehen für das IV. Quartal dieses Jahres, weil vorher die Gemeindefinanzreformkommission noch Aus dem bisher Gesagten geht für mich klar hervor, dass ihre Ergebnisse vorlegen muss." Also, lieber Herr Kollege Rahmenbedingungen für den einheitlichen Aufbau der Müller, Sie kennen doch das Verfahren, Sie kennen die Job-Center, bei aller Kritik, die man vielleicht inhaltlich Abläufe und umso mehr war ich jetzt verwundert. Sie an diesem Konstrukt haben kann, und Kriterien für die hatten mich heute ja im Laufe des Tages schon einmal Qualifizierung der Mitarbeiter zunächst eine Aufgabe der angesprochen, weil Sie jetzt Hessen ins Spiel bringen, Bundesregierung und der Bundesanstalt für Arbeit sind, da muss man doch einmal sagen, in Hessen ist doch eine Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7563 völlig andere Situation. Als Hessen bereits im Bundesrat Präsidentin Lieberknecht: diesen Vorschlag gemacht hat, mehr arbeitsfähige Sozi- alhilfeempfänger in Arbeit zu bringen, um dafür etwas zu Es hat jetzt das Wort in der weiteren Aussprache Herr tun, da wurde das doch von Ihrer Seite noch vehement be- Dr. Müller, SPD-Fraktion. kämpft. Dafür hat doch der vehement ge- worben, dass das endlich zum Tragen kommt. Da müssen Abgeordneter Dr. Müller, SPD: wir doch mal bedenken, dass die Situation in den alten und den neuen Bundesländern sehr unterschiedlich ist. Hier Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, eine kurze gibt es doch weitaus mehr Arbeitslosenhilfe-Bezieher als Bemerkung noch zu dem vorher Gesagten. Wo die 12.000 in den alten Bundesländern, und dort gibt es weitaus mehr zusätzlichen Mitarbeiter herkommen, das habe ich noch Sozialhilfeempfänger, die arbeiten könnten. Die Unterschie- nicht gehört. Das wären ja 15 Prozent Personalaufsto- de sind wirklich gravierend. Wir haben heute gerade in ir- ckung. Das kann ich mir nicht vorstellen. Das kann ich gendeiner Zeitung die Meldung gehabt, wie gerade in den mir insofern nur vorstellen, dass das aus anderen ... Ballungsräumen die Verteilung ist. Deswegen ist in Ih- rem Antrag schlicht und einfach ein Denkfehler. Gere- (Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Ich gelt ist das Ganze in Hartz II, umgesetzt werden soll es in gebe Ihnen den Artikel dann mal vor.) Hartz IV. Das wissen wir nun alles. Ja, ja, mit Presseartikeln ist das immer so eine Sache. Meine Damen und Herren, die Bundesregierung sagt selbst, Anderweitig haben wir das auch schon gehabt, wenn wir es soll, ich darf das noch einmal zitieren: "ein modernes hier was zitiert haben und Sie uns dann vorgeführt haben, Dienstleistungsangebot am Arbeitsmarkt geschaffen wer- dass die Realität ganz anders ist. Also, offiziell habe ich den, deshalb sollen die Arbeitsämter mittelfristig in so von diesen Dingen nichts gehört, ich kann mir das nur genannte Job-Center umgewandelt werden, eine gemein- so vorstellen, dass das durch den Umbau in der Behörde same Anlaufstelle für Arbeitslosenhilfe-Bezieher, für Trä- zu Stande kommt. ger und Sozialhilfeempfänger darstellen". Inwieweit da- durch auch ein Arbeitsplatz mehr entsteht, das ist eine Präsidentin Lieberknecht: ganz andere Frage, aber der Verfahrensweg, der ist doch eigentlich klar. Auch da muss ich wirklich Herrn Gersten- Herr Abgeordneter Dr. Müller, gestatten Sie eine Zwi- berger Recht geben, warum wir unsere Fördergelder, die schenfrage der Abgeordneten Vopel? in allen Bereichen hinten und vorn nicht ausreichen, jetzt dafür ausgeben sollen, das erschließt sich mir nicht, zu- Abgeordneter Dr. Müller, SPD: mal es in einer Pressemitteilung hieß, dass die Bundesan- stalt für Arbeit 12.000 neue Vermittlerstellen bewilligt Ja. bekommt, um diese Job-Center mit Leben zu erfüllen. Aber, auch das ist schon gesagt worden, noch haben wir Abgeordnete Vopel, CDU: kein Gesetz. Wir haben noch nicht einmal Eckpunkte und ich glaube auch nicht daran, dass wir vor der Sommer- Herr Kollege Müller, der Name Rudolf Anzinger, Wirt- pause einen Gesetzentwurf sehen werden. Ich denke, so- schaftsstaatssekretär, sagt der Ihnen was, der hat diese lange das nicht vorliegt, brauchen wir über finanzielle Mitteilung verfasst? Beteiligungen, ganz gleich wie diese stattfinden sollen, diese Job-Center, überhaupt nicht reden. Ich denke, der Abgeordneter Dr. Müller, SPD: Umbau der Bundesanstalt ist ein Jahr in aller Munde ge- wesen. Ich habe so irgendwie den Verdacht, dass das Wort Ja, der hat die nicht verfasst, der hat vor der Presse was Umbau auf bauliche Dinge mittlerweile bezogen wird. gesagt. Es ging um den inhaltlichen Umbau der Bundesanstalt. Im Moment höre ich nur von räumlichen Umbauten. Das ist (Heiterkeit bei der CDU) nämlich das Problem, vielleicht will man auf diese Art und Weise ein Stückchen davon ablenken. Das ist genau der Punkt. Ich habe keine offizielle Mittei- lung, weil ich mir das von der Dimension nicht vorstel- Meine Damen und Herren, wir warten gespannt auf den len kann, dass das 12.000 Neueinstellungen sind. Aber Gesetzentwurf, dann können wir uns dazu äußern und es bringt uns jetzt hier, glaube ich, nicht weiter. Und dann, dann werden wir weitersehen, aber diesen Antrag müs- es ist klar, bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- sen wir ablehnen. Danke schön. und Sozialhilfe geht es um die Zusammenlegung einer kommunalen Einrichtung mit einer Bundeseinrichtung. (Beifall bei der CDU) Wir sind der Meinung, die Länder können sich da nicht heraushalten, und Herr Koch hat das am Sonntag noch mal eindrucksvoll dargestellt auch in der ARD, dass Hessen hier in gewisser Weise in einer Vorbildwirkung nach vorn geht und das eben schon seit 01.01.2003 vorbereitet. Man 7564 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 weiß ja, in welche Richtung das läuft, und man braucht desländer werden noch lange nicht auf die beschäftigungs- nicht wie das Kaninchen vor der Schlange zu stehen und politische Krücke eines zweiten Arbeitsmarkts verzichten zu warten bis da mal ein Gesetz kommt. Sie kennen ja die können." Sie sehen, das Umdenken ist offensichtlich partei- Entwürfe, im Prinzip sind wir da gar nicht so weit ausei- intern ebenso wie bei den wirtschaftsnahen Medien mitt- nander. lerweile erlaubt. Und der Titel Ihres Leitantrages - ich ha- be im letzten Plenum schon darüber gesprochen - "Sozial Ich möchte Herrn Koch hier zitieren. Er sagt, Job-Cen- ist was Arbeit schafft" verschafft auch die Möglichkeit ter: umfassende Hilfe aus einer Hand, die Sozialverwal- zur Kehrtwende in der Arbeitsmarktpolitik. tung wandle sich von der Alimentationsinstanz zum mo- dernen Dienstleister. Dies ermöglicht einen Rundumser- Nun aber zurück zu den Job-Centern. Warum betone ich in vice individueller Betreuung und einen zielgenauen Ein- diesem Zusammenhang die öffentliche Beschäftigungs- satz der Mittel. Meine Damen und Herren, all dies kön- förderung? Innerhalb der Job-Center werden wir diffe- nen Sie der Internetveröffentlichung der Hessischen Staats- renziert feststellen können, wer sich mit welchen Unter- kanzlei zur Rolle der Job-Center entnehmen. Die heißen stützungsmöglichkeiten in betriebliche Angebote vermit- dort eben Job-Offensiv-Center, ich hatte darauf schon hin- teln lässt und für wen wir sehr wohl in öffentlicher Ver- gewiesen. Und wir sollten eben genau in Thüringen diese antwortung Ersatzangebote schaffen müssen. Wenn ich Offensive auch gestalten und uns vorbereiten auf die sage in öffentlicher Verantwortung, dann meine ich nicht Dinge, die hier kommen. Wir wissen, dass es ein schwe- etwa, dass die Durchführung dieser Ersatzangebote in rer Kompromiss ist zwischen der Bundes- und der Landes- erster Linie von der öffentlichen Hand zu erledigen ist. ebene, weil die Gemeindefinanzreform dranhängt. Auch hier werden wir auf Betriebsnähe zu achten haben und auf qualitativ hochwertige Angebote freier Träger Wir gehen mit dem Antrag im Übrigen auch darüber zurückgreifen. Die Einrichtung der Job-Center gibt uns hinaus, über diese einfache Diskussion Zusammenlegung also neben der Hilfe für Menschen selbst für die Be- Arbeitslosen- und Sozialhilfe, weil wir wissen, wie wich- triebe auch die Chance, Arbeitsförderungsinstrumente bes- tig junge Menschen für die Zukunft unseres Landes und ser als bisher zu steuern und vor allen Dingen besser als wie wesentlich die Weichenstellung an der Schnittstelle bisher aus den Regionen zu steuern. Auch dies ist eine von Schule und Beruf ist, und weil wir Familienpolitik konkrete Hilfe nicht nur für die Arbeit Suchenden, son- und die Rolle der Eltern ernst nehmen. Genau deshalb dern auch für die Städte, Gemeinden und Landkreise wollen wir nicht nur Leistungssysteme zusammenführen, unseres Landes. wollen wir nicht nur einen bürgerfreundlichen Service, wollen wir nicht nur einen betriebsnahen Beratungsser- Meine Damen und Herren, Sie wissen, ich bin Mathema- vice, sondern wir wollen auch ein spezifisches Service- tiker. Was ich Ihnen hier vorgetragen habe, ist logisch und angebot für junge Menschen und ihre Eltern. Wenn uns ist in anderen Ländern weit gehend erprobt. Wenn dem dies gelänge, dann könnten wir an dieser Stelle nicht nur dennoch nicht entsprochen werden sollte, dann würde in Ostdeutschland, sondern in der ganzen Bundesrepu- diese Regierungspartei mal wieder ein parteipolitisches blik Vorbildwirkung für unsere Bürger und für unsere Süppchen kochen. Weil ich aber an die Kraft der Ver- Betriebe entfalten. Aber dazu müssten Sie die heutigen nunft glaube, darf ich noch einmal um Ihre Zustimmung Worte von Dr. Bernhard Vogel ernst nehmen und müss- bitten. Vielen Dank. ten Ihren Parteigraben verlassen, den Parteigraben, den wir übrigens genau an dieser Stelle gern verlassen haben, (Beifall bei der SPD) indem wir den hessischen Vorschlag durchaus zu würdi- gen wissen, aber ihn ergänzen und verbessern wollen. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Wenn wir trotz der dramatischen Situation des Arbeits- markts - und diese Situation ist nicht zu beschönigen - Für die Landesregierung hat sich Staatssekretär Richwien mit allen uns möglichen Kräften und im abgestimmten zu Wort gemeldet. und vereinten Vorgehen mit der Bundesanstalt für Arbeit dafür sorgen wollen, dass jeder junge Mensch ein Ange- Richwien, Staatssekretär: bot erhält, wenn wir uns dazu bekennen wollen, dass dies auch für möglichst viele der anderen Arbeitslosen gilt, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann werden wir uns wieder zu einer verstärkten Förde- sehr geehrter Herr Dr. Müller, ich würde Ihnen empfeh- rung des öffentlich geförderten Arbeitsmarkts in Thürin- len, einfach mal beim Bundesministerium nachzufragen, gen bekennen müssen. Auch dabei brauchen Sie keine wann denn eigentlich die Gemeindefinanzreform kommt, ideologischen Sorgen mehr zu haben, der neue Minister- präsident hat sich in den vergangenen Wochen überra- (Beifall bei der CDU) schend sehr wohl zu ABM bekannt. Selbst das "Handels- blatt" hat erkannt, dass das Zurückfahren von Arbeitsbe- die zwingend notwendig ist, um die Zusammenlegung schaffungs- und beruflichen Bildungsmaßnahmen die Ar- von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu ermöglichen. beitslosigkeit im Osten entscheidend erhöht hat. In seiner Wenn wir dann mit den Kommunen darüber sprechen heutigen Ausgabe wird festgestellt - Zitat: "Die neuen Bun- wollen, müssen wir erstmal ein Papier auf dem Tisch ha- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7565 ben, und ich sehe dieses Papier weit und breit nicht. keine zusätzliche Belastung kommt und dass die Kommu- nen auch hier mit bedacht werden. Auch die Thüringer (Beifall Abg. Zitzmann, CDU) Landesregierung befürwortet daher eher eine Übertragung der Zuständigkeit für das neue System auf die Arbeits- Meine Damen und Herren, lassen Sie mich aber zurück verwaltung. Aus den genannten Gründen ist seitens der zu unserem Thema kommen, nämlich die Errichtung von Landesregierung weder ein Förderprogramm noch ein Job-Centern, die ja von der Bundesregierung im Zusam- Fortbildungsprogramm für die Einrichtung der Job-Cen- menhang mit der vorgesehenen Zusammenführung von ter vorgesehen. Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe und der Einführung des Arbeitslosengeldes II für den 1. Januar 2004 angekün- Meine Damen und Herren, ich möchte nun zum Punkt 3 digt wurde. Bislang liegt den Ländern, und das ist hier des Antrags etwas sagen. Bereits jetzt gibt es nicht nur schon gesagt worden, kein entsprechender Gesetzent- in den Geschäftsstellen der Arbeitsämter, sondern auch den wurf vor. Auch gibt es keine hinreichend verlässlichen gemeinsamen Anlaufstellen von Arbeits- und Sozialäm- Eckpunkte für die Zusammenlegung von Arbeitslosen- tern in Thüringen besondere Serviceangebote für arbeit- hilfe und Sozialhilfe und damit auch nicht für die Ein- und ausbildungsuchende Jugendliche, wie z.B. das Ju- richtung der Job-Center. Ich weise in diesem Zusam- gendsofortprogramm JUMP des Bundes. Die gemeinsa- menhang auf die von der Bundesregierung eingesetzte men Anlaufstellen wurden in Thüringen mittlerweile in Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen hin. jedem Arbeitsamtbezirk als Vorläufer zukünftiger Job-Cen- Der Bericht der Unterarbeitsgruppe Arbeitslosenhilfe/So- ter eingerichtet. Es ist nicht Aufgabe der Landesregierung, zialhilfe vom April dieses Jahres enthält kein einheitli- sondern des neuen Trägers, der zukünftigen Leistung Ar- ches Reformkonzept, sondern führt in den wesentlichen beitslosengeld II auch zukünftig spezifische Servicean- Punkten die unterschiedlichen Auffassungen der Mitglie- gebote für Jugendliche und gegebenenfalls deren Eltern der auf. Der Bericht beinhaltet deshalb mehrere Varian- in den Job-Centern zur Verfügung zu stellen. Allerdings ten und Modelle einer Zusammenführung. Die entschei- beabsichtigt die Landesregierung auch zukünftig, die Be- denden Fragen nach der Trägerschaft für das neue Sys- mühungen zur Begrenzung der Jugendarbeitslosigkeit viel- tem, der Höhe der neuen Leistung, der genauen Abgren- fältig zu unterstützen. So wird z.B. die Informationskam- zung der in den Job-Centern zu betreuenden Hilfeemp- pagne zur Verbesserung der Berufsvorbereitung und Be- fänger und vor allem die Frage nach der Finanzierung rufsorientierung Thüringen perspektiv fortgesetzt, die sich des Arbeitslosengeldes II und seiner Förderinstrumente neben den Jugendlichen auch an Eltern, Lehrer und Un- wurden bislang nicht beantwortet. ternehmer wendet. Gleiches gilt für die Förderung der Ausbildungsverbünde der überbetrieblichen Ergänzungs- Ich betone dies, weil dadurch deutlich wird, dass die ausbildung und von Maßnahmen der beruflichen Weiterbil- Voraussetzungen, von denen die SPD-Fraktion in der Be- dung. Außerdem wird durch das Land seit Jahren ein Son- gründung ihres Antrags ausgeht, ungeklärt und zudem frag- derprogramm - das vergessen einige - des Bundes umge- lich sind. So kann von einer gemeinsamen Verantwort- setzt und aufgestockt, indem in diesem Jahr rund 2.000 zu- lichkeit mehrerer gesetzlicher Leistungsträger im neuen sätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden. Leistungssystem aus meiner Sicht nicht ausgegangen wer- den, meine Damen und Herren, denn Ziel der Zusammen- Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss führung muss es sein, die bislang geteilten Zuständigkei- kommen, ich bin der Meinung, dass wir den Antrag der ten und Verantwortlichkeiten in einer Hand zu bündeln. SPD ablehnen sollten. Insbesondere erscheint eine Zuständigkeit der Kommu- nen für das neue Leistungssystem fraglich. Nach den bis- (Beifall bei der CDU) her bekannt gewordenen Vorstellungen der Bundesregie- rung und des Vorstandes der Bundesanstalt für Arbeit soll Vizepräsidentin Dr. Klaubert: die uneingeschränkte Zuständigkeit für das Arbeitslosen- geld II und damit auch für die Errichtung der Job-Center Es gibt keine weiteren Redeanmeldungen. Ausschussüber- beim Bund bzw. der Bundesanstalt für Arbeit liegen. weisung ist nicht beantragt worden, so werden wir direkt über den Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksa- Wegen der, meine Damen und Herren, überdurchschnittlich che 3/3342 abstimmen. Wer dem zustimmt, den bitte ich hohen Anzahl von Arbeitslosenhilfeempfängern, ich glau- um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen be, es ist hier schon von Frau Vopel darauf hingewiesen bitte. Das ist eine große Zahl von Gegenstimmen. Gibt worden, haben wir hier auch, ich sage es mal so, ein Ost- es Stimmenthaltungen? Und einige Stimmenthaltungen. West-Gefälle. Denn wir haben nun mal in den neuen Bun- Mit einer Mehrheit von Gegenstimmen ist dieser Antrag desländern, Sie sagten es, mehr Arbeitslosenhilfeempfän- abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 16. ger und weniger Sozialhilfeempfänger, und in den Alt- bundesländern ist es genau umgekehrt. Dort sind mehr Sozialhilfeempfänger und weniger Arbeitslosenhilfeemp- fänger. Deswegen, meine Damen und Herren, müssen wir natürlich als neue Bundesländer genau aufpassen, dass hier 7566 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 17 Trautvetter, Innenminister:

Erstellung eines Benchmarking- Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen Berichts für Thüringen und Herren, es ist sehr erfreulich, wenn sich die SPD Antrag der Fraktion der SPD nach der Begründung des Antrags eine effizientere Ver- - Drucksache 3/3345 - waltungsstruktur durch einen optimalen Einsatz der knap- pen Ressourcen erhofft. Die einreichende Fraktion hat Begründung durch Herrn Abgeordneten Höhn beantragt. Meine Damen und Herren, was verbirgt sich überhaupt hinter dem neudeutschen, schlagwortartigen und derzeit Abgeordneter Höhn, SPD: häufig Verwendung findenden Begriff des Benchmarkings? Es heißt durch Vergleiche zwischen Einrichtungen he- Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, über rausfinden, wo innerhalb der eigenen Organisation Ver- den Zustand der öffentlichen Kassen nähere Ausführun- besserungspotenziale bestehen und wie diese ausgeschöpft gen zu machen erübrigt sich, glaube ich, an dieser Stelle. werden. Da sind eine ganze Menge von Schritten und Pro- Ich kann mich erinnern, unser ehemaliger Finanzminister zessen, die einbezogen werden müssen: Erstmal über- Trautvetter hat irgendwann einmal einen Vorschlag ge- schaubare Bereiche festlegen, Bewertungskriterien ver- macht, das Thüringer Wappen mit einem neuen Wappen- gleichender Aufgaben und Prozesse, Vergleichspartner tier zu versehen. Er wollte damals das Känguru einfüh- festlegen. Es lohnt nicht, ein kleines Land mit einem gro- ren, mit leerem Beutel große Sprünge zu machen. Dieser ßen zu vergleichen, es lohnt nicht, ein dünn besiedeltes Zustand hat sich leider nicht verändert angesichts sinken- mit einem dicht besiedelten Land zu vergleichen, kriti- der Wachstumszahlen für Deutschland. Wenn man ... sche Kenngrößen zu ermitteln und vieles andere mehr. Dies vorausgeschickt, kann ich Ihnen mitteilen, auch (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Weil Rot- Benchmarking mit den beschriebenen Merkmalen findet grün das Futter wegfrisst!) in der Landesregierung statt,

Ja, das war ja klar. Ihr reagiert wie die pawlowschen (Beifall Abg. Zitzmann, CDU) Hunde, aber okay, das ist nun mal so. nicht erst heute, sondern schon seit vielen Jahren. Es Weil die öffentliche Hand sich sowohl Gedanken um die werden vergleichende Betrachtungen zur Struktur und Einnahmenseite machen muss - wir haben hier in diesem Ablauforganisation der Aufgabenerledigung und zum Stand Plenum schon oft darüber geredet -, gehört es natürlich von Verwaltungs- und Leistungsstandards vorgenommen. selbstverständlich auch dazu, sich über die Ausgaben- Entsprechende Vergleiche mit den Ländern sind fester seite verstärkte Bemühungen angedeihen zu lassen, und Bestandteil eines jeden Gesetzgebungsverfahrens und zwar bei jedem selbst. Auch wir als Land können dazu neuerdings im Zusammenhang mit der Einrichtung der einen Beitrag leisten. Dazu braucht man verlässliche Da- Stabsstelle auch jedem Erlass einer Verwaltungsvorschrift ten, dazu braucht man eine verlässliche Grundlage. Die vorgeschaltet. Ausgangspunkt des von der Landesregie- Wirtschaft, die Unternehmen bedienen sich da eines In- rung im Jahre 2000 beschlossenen Personalentwicklungs- struments, wie das in unserem Antrag zum Ausdruck konzepts war ein breit angelegter Vergleich der Organi- kommt, des Benchmarkings. Ich bin aufgefordert worden sationsstrukturen und des Personalbestands mit vier Ver- dies zu verdeutschen, das heißt nichts anderes als sich gleichsländern. Die von der Landesregierung im Septem- zu vergleichen. ber 2000 beschlossenen Behördenstrukturmaßnahmen wur- den, um nur ein weiteres Anwendungsbeispiel zu nennen, Wir wollen mit unserem Antrag den Grundstein heute allesamt von den entsprechenden Elementen in dem be- dafür legen, dass für das Land Thüringen für eine um- schriebenen Sinne vorbereitet und begleitet. Natürlich ha- fassende und grundlegende Verwaltungsreform auf der ben Ländervergleiche immer besondere Bedeutung. Nen- Basis von verlässlichen Vergleichen hier der Anfang ge- nen wir nur die Entwürfe zum Landeshaushalt. Zwischen macht wird. Dazu dient dieser Antrag. Danke schön. den Finanzministerien werden über die zentrale Datenstelle der Landesfinanzminister eine ganze Reihe von Kennzif- (Beifall bei der SPD) fern zu den Haushalten ausgetauscht und ausgewertet. In einigen Projekten unternehmen die Ressorts gezielte Un- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: tersuchungen jeweils ausgewählter Verwaltungsbereiche, um Effizienzpotenziale aufzudecken oder den Leistungs- Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat sich zu Wort stand Thüringer Behörden im Verhältnis zu Behörden gemeldet der amtierende Innenminister Trautvetter. anderer Länder mit identischer Aufgabenstruktur feststellen zu können. Ich nenne beispielhaft den Leistungsvergleich zwischen den Finanzämtern, ein Gemeinschaftsprojekt, wo Thüringen mit Bayern, Rheinland-Pfalz und Sachsen die- ses Projekt durchführt. In Zuständigkeit des Ministeriums Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7567 für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur wird jeweils für (Beifall bei der CDU) das erste Halbjahr eines laufenden Jahres ein verglei- chender Bericht der Länder Deutschlands erarbeitet. Neben dem Instrument des Benchmarkings hat die Lan- deregierung aber zwei weitere alternative Ansätze auf Als letztes Beispiel nenne ich das im Geschäftsbereich ihrem konsequenten Weg zu einer modernen effizienten des Justizministeriums laufende, derzeit in der Pilotphase Verwaltungsstruktur gewählt, auf die ich kurz eingehen befindliche Projekt Just in form. In diesem Controling- will. Zum einen die Aufgabenkritik: Effektive Form der Projekt werden die Binnenressourcen der ordentlichen Aufgabenwahrnehmung und der Aufgabenzuordnung sind Gerichtsbarkeit durch periodische Informationen aller Voraussetzung für effizientes Handeln in der öffentli- Steuerungsebenen mobilisiert. Das Projekt basiert auf den chen Verwaltung. Seit Januar 2003 wird daher eine Auf- Methoden des landesinternen Benchmarkings. Im Übri- gabenüberprüfung als Pilotprojekt im Innenministerium gen hat die Landesregierung bereits in ihrem Rahmen- durchgeführt, um mit dem vorgesehenen Konzept Erfah- konzept zur Weiterentwicklung der Verwaltungsreform rungen zu sammeln. Nach Abschluss und Auswertung des und der Organisation der Landesverwaltung vom Som- Pilotprojekts Ende 2003 soll, soweit das Projekt erfolg- mer 2001 den Nutzen und die Funktion eines Benchmar- reich gewesen ist, ab Januar 2004 die Aufgabenüberprü- kings als ein Baustein zur Erreichung effizienter Ver- fung auch in anderen Ressorts durchgeführt werden. Das waltungsstrukturen hervorgehoben. In dem Konzept ist Projekt wird durch einen externen Berater begleitet und ausgeführt, dass zur Verbesserung der Aufbau- und Ab- die Aufgabenüberprüfung sieht zum einen eine systema- laufstrukturen im Rahmen der Binnenmodernisierung der tische Prüfung des staatlichen Aufgabenbestandes auf sei- öffentlichen Verwaltung auch das Benchmarking als ein ne Berechtigung und seine Notwendigkeit vor und zum Instrument der Unternehmensführung der Privatwirtschaft anderen wird eine Vollzugsüberprüfung durchgeführt, bei in Betracht kommt. der die Art der Aufgabenerfüllung im Hinblick auf Funk- tionalität und Effizienz ihres Trägers und ihrer organisa- Und, meine Damen und Herren, ich kann mich erinnern, torischen Abwicklung untersucht wird. Die Aufgaben- als ich in meiner Funktion als Finanzminister zur Über- überprüfung ist zentraler Bestandteil der Optimierung des prüfung von Thüringer Standards eine Art Benchmar- Aufbaus und der Geschäftsabläufe der Landesverwaltung. king, möglicherweise hieß das damals noch anders, vor- Als weitere Möglichkeit zur Effektivierung der Landes- schlug, stieß das in der letzten Legislaturperiode bei den verwaltung geht die Landesregierung den Weg der län- Kollegen der SPD und hier vor allem auch bei jenen im derübergreifenden Zusammenarbeit, die ganz maßgeblich Kabinett auf wenig Gegenliebe. von Dr. Vogel vorangetrieben wurde und in der "Initiative Mitteldeutschland" haben sich die mitteldeutschen Län- (Beifall bei der CDU) der Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf eine Ver- tiefung der Verwaltungskooperation verständigt. Natürlich, Denn, wenn wir ein Benchmarking vornehmen, dann Herr Höhn, Benchmarking tritt auch hier in Erscheinung. sollten wir dies etwas breiter anlegen. Wenn ich an Stan- Ich muss in meinem eigenen Bereich kritisch hinterfra- dards aus dem Kultusbereich denke, Lehrer-Schüler-Ver- gen, warum die Statistik in einem vergleichbar großen hältnis, Hortbetreuung, dem Sozialbereich, dem Kulturbe- Land wie Baden-Württemberg, was etwa mehr Einwoh- reich, Theater und Orchester oder auch aus meinem eige- ner hat als Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die nen Bereich, Polizeidichte, IMK-Standard - alles Berei- Statistik mit einem Aufwand von 31 Mio. ¼erledigt, wäh- che, in denen wir uns in Thüringen wahrscheinlich über rend die Statistik in allen drei Ländern insgesamt 47 Mio. ¼ dem Durchschnitt der Länder bewegen. Ich weiß nicht, kostet. Das sind die Vergleiche, wo wir über Koopera- ob entsprechende Vergleiche und ihre möglichen Konse- tion versuchen wollen, effizient unsere Aufgaben zu er- quenzen gerade auch bei den SPD-Kollegen auf Zustim- ledigen und zur Kostenreduzierung zu kommen. Zu die- mung stoßen. Ich nenne nur das Beispiel Polizeidichte, die sem Vergleich brauche ich keinen externen Gutachter, Polizeidichte von Bayern und die Erfolgsquote in der Auf- das kann ich mir aus den Haushalten der einzelnen Län- klärung von Bayern. Wir sind mit 59,6 Prozent gut. Wir der selbst heraussuchen. haben eine Polizeidichte von 1 zu 340; Bayern liegt bei 1 zu 400 und hat aber eine Aufklärungsquote von 64 Pro- Es sei mir gestattet, abschließend noch einen Hinweis zu zent. Ihr glaubt doch nicht, dass ein Vorschlag des Thü- geben: Grenzüberschreitende Vergleiche können nie eine ringer Innenministers auf die Polizeidichte von Bayern zu abschließende politische Entscheidung der Landesregie- gehen, Beifall sowohl bei meiner Fraktion als auch bei rung oder des Landtags unter Einbeziehung der möglicher- der SPD finden würde. weise besonderen Thüringer Verhältnisse ersetzen. Die föderale Struktur der Bundesrepublik ruft naturgemäß nicht (Beifall bei der CDU) unerhebliche Unterschiede in der Aufgabendefinition, in der Organisationsstruktur und im operativen Ablauf der Ich denke, dass wir gut daran tun, dass wir unsere jetzi- Verwaltungstätigkeit in den einzelnen Landesverwaltun- ge Polizeidichte hochhalten und das wir diesen Spitzen- gen hervor, die jeweils Ausdruck der landespezifischen platz behalten können. politischen Grundsatzentscheidungen und der konkreten Verhältnisse in der Region sind. Da stoßen Länderver- 7568 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 gleiche häufig und sehr schnell an ihre Grenzen und die gung und Wettbewerbsfähigkeit als Leitbilder im Mittel- Landesregierung ist, wenn sie einen solchen Länderver- punkt der Kriterien, nachdem die Landesregierung ein- gleich unternimmt, sich bewusst, dass eine rein rechne- zelne Verwaltungsstrukturen in Thüringen einer Reform rische Übernahme von Vergleichsdaten nie zielführend unterziehen will. Herr Trautvetter, da können wir uns eben sein kann. Ihrer Bitte nicht anschließen, den eingeschlagenen Weg der Landesregierung auch in Zukunft zu unterstützen. (Beifall bei der CDU) Nun greift die SPD in ihrem Antrag wiederum auch nur Sie hat immer das Datenmaterial zu hinterfragen und er- einzig das Kriterium der Kostenminderung auf und be- forscht die Ursachen aufgedeckter Unterschiede, die bei nennt begleitend das Auffinden struktureller Auffällig- solchen Benchmarking zu Tage treten. Ein institutiona- keiten als Ziel des angestrebten Benchmarkingberichtes. lisiertes und indifferentes Benchmarking über alle Ver- Aber, meine Damen und Herren, auch Letzeres dient ein- waltungs- und Haushaltsbereiche hinweg, wie im Antrag zig und allein der Beseitigung mit dem Ziel der Kosten- der SPD-Fraktion gefordert, ist als politisches Steuerungs- minderung, wie es ausdrücklich der Begründung zu ent- instrument nicht zielführend. Ich empfehle daher, den An- nehmen ist und wie es auch der Begründung von Herrn trag der SPD-Fraktion abzulehnen und stattdessen die Höhn zu entnehmen ist, ein qualitativer Anspruch an eine Landesregierung auf ihrem eingeschlagenen Weg der Verwaltungs- und Funktionalreform findet sich seitens Verwaltungsmodernisierung zu unterstützen. der SPD in dieser Beratung nicht. Herr Höhn, ich hatte bei Ihrer Einbringung zum Antrag den Eindruck, dass es (Beifall bei der CDU) Ihnen gar nicht um die Verwaltungsreform in Thüringen als solche geht, sondern dass Sie als Finanzpolitiker das Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Ziel verfolgen, ganz zwingend eine Einsparung bei den Ausgaben der öffentlichen Gelder zu erreichen und die Für die PDS-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dittes Verwaltungsreform nur als Mittel dazu nutzen wollen. zu Wort gemeldet. Im Gegensatz dazu ist bei einer von uns als notwendig erachteten Verwaltungs- und Funktionalreform in Thü- (Unruhe im Hause) ringen ein ganzheitliches Herangehen vonnöten, die den gesamten Verwaltungsbereich in Thüringen mit umschließt, Abgeordneter Dittes, PDS: also auch nicht nur den sich als auffällig darstellenden Teil im Vergleich mit anderen Verwaltungsstrukturen an- Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, derer Länder. Das heißt für uns, dass an erster Stelle der es scheint Ihnen ja sehr viel Freude zu bereiten, dass ich Diskussion einer Verwaltungs- und Funktionalreform eine für die Fraktion zur Verwaltungsreform rede und zum An- qualitative Zielbestimmung stehen muss und eben nicht trag der SPD, die hiermit natürlich ein Thema aufgreift, der Versuch unternommen werden soll, über das formu- was im Freistaat Thüringen ohnehin zurzeit sehr inten- lierte Ziel der Einsparung von Geldern hier das Ziel der siv diskutiert wird, aber es wird eben auch nicht nur dis- Verwaltungsreform bereits eng geschrieben vorzugeben. kutiert, sondern es wird auch derzeit vollzogen, nämlich die Verwaltungsreform. Denken wir nur an die Debatte (Beifall Abg. Thierbach, PDS) zur Umgestaltung im Katasterwesen oder heute an das Gesetz zur Auflösung der Autobahnämter, welches der Da will ich nicht bestreiten, dass sicherlich der vermin- Landtag in erster Beratung gelesen hat. derte Einsatz von öffentlichen Geldern auch in der Ver- waltung des Freistaats Thüringen durchaus ein Ziel auch Nun folgt die Landesregierung aus unserer Sicht bei den einer Verwaltungsreform ist, aber eben ein gleichwertiges Einzelmaßnahmen ihrer Verwaltungsmodernisierung kei- Ziel neben anderen, das keine herausgehobene Rolle ha- nem schlüssigen Konzept. Während die Landesregierung ben darf und das auch letztendlich nicht dazu führen darf, dass die Verwaltungsstrukturen nur unter einem rein (Beifall bei der SPD) fiskalischen Blickpunkt betrachtet werden. im Rahmenkonzept zur Weiterentwicklung der Verwal- Ich möchte Ihnen, um auch ein Stück weit nach der Rede tungsreformen und der Organisation der Landesverwal- des Innenministers den Fokus auch auf qualitative An- tung einleitend noch von einem Wertewandel spricht, der sprüche einer Verwaltungsreform zu richten und weg von sich auf das Verhältnis zwischen den Bürgern und dem der Diskussion über die Verfahren des Benchmarkings Staat auswirke, und die Bürgerinnen und Bürger eine ge- zu kommen, einige dieser Kriterien benennen: Bürger- steigerte Mitwirkung an der staatlichen Tätigkeit fordern, nähe, Mitbestimmung der Beschäftigen im öffentlichen wird in den halbjährlichen Berichten der Landesregierung Dienst, Mitgestaltung an Verwaltungsentscheidungen durch zum Stand der Verwaltungsmodernisierung aber keines- Bürgerinnen und Bürger, Transparenz im Verwaltungs- falls ersichtlich, dass dieser Forderung gerecht oder ent- handeln, Einhaltung der Prinzipien der Subsidiarität und sprochen werden soll. Stattdessen stehen die einseitigen der Konnexität, Berücksichtigung der besonderen Interes- Orientierungen Effizienz, Kostenminderung, Beschleuni- sen von bestimmten Bevölkerungsgruppen, wie sie bei- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7569 spielsweise in Kapitel 28 der Agenda 21 genannt und Abgeordneter Fiedler, CDU: beschrieben worden sind, und nicht zuletzt, meine Da- men und Herren, die Sozialverträglichkeit der Verwal- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, tungsreform in Thüringen sind für uns Kriterien für eine der vorliegende Antrag von der SPD-Fraktion findet nicht solche Reform. unsere Zustimmung.

(Beifall bei der PDS) (Beifall bei der CDU)

Wir gehen davon aus, dass diese qualitativen Kriterien Der ehemalige Finanzminister und jetzige Innenminister einer Verwaltungs- und Funktionalreform mindestens hat die Ausführung klar auf den Tisch gelegt. Bei Gesetz- gleichwertig neben den Zielen, die Sie, meine Damen und gebungsverfahren, bei ähnlichen Vergleichen wird Bench- Herren der SPD, aber auch die Landesregierung, be- marking schon durchgeführt. Man kann sich sicher treff- nannt haben, stehen müssen, nämlich den Zielen der Ent- lich darüber streiten, ob man nicht hätte vielleicht vor bürokratisierung, der Beschleunigung und eben auch des fünf Jahren manche Dinge schon machen können und verminderten Kosteneinsatzes. dürfen, damals hatten Sie noch andere Meinungen, aber ich denke, das Entscheidende ist, dass jetzt die Dinge auf (Beifall bei der PDS) dem Prüfstand sind bzw. kommen. Wir brauchen dazu nicht noch unnützes Geld auszugeben für externe Gut- Meine Damen und Herren der SPD, einer solch ganzheit- achter, sondern das wird in der Landesregierung schon lichen Betrachtung entspricht Ihr Antrag, den Sie heute durchgeführt. Wir stimmen keiner Überweisung zu und dem Landtag vorgelegt haben, keinesfalls. Wir schlagen lehnen den Antrag ab. deshalb vor, im Innenausschuss den Antrag mit dem Ziel weiterzuberaten, weiter gehende Kriterien für einen (Beifall bei der CDU) Bericht zur Verwaltungsstruktur und zu Vorschlägen für eine Reform zu erarbeiten und eben nicht nur darauf ab- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: zielen, zu sagen, wir müssen Auffälligkeiten in Thürin- gen finden im Vergleich mit anderen Bundesländern, son- Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Höhn zu dern tatsächlich auch Kriterien suchen, wo wir uns in Wort gemeldet. einer Verwaltungsstruktur tatsächlich qualitativ von den Strukturen anderer Länder unterscheiden können und eben Abgeordneter Höhn, SPD: auch nicht mit dem Bericht anstreben, hier eine Nivel- lierung der Bundesländer oder der Strukturen in den Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Kollege Bundesländern anzustreben, sondern bewusst den quali- Dittes, ich kann Sie beruhigen. Ich weiß nicht, entweder tativen Schritt für eine Modernisierung zu gehen, haben Sie den Antrag nicht richtig gelesen oder wollen ihn eventuell nicht richtig verstehen, wir wollen eben (Beifall bei der PDS) nicht diesen rein fiskalischen Ansatz bei einer echten Verwaltungsreform in Thüringen. Das ist ja genau unser weil wir dann auch erst die Möglichkeit haben, dass ein Vorwurf. Wenn Sie unsere Debatten der Vergangenheit solcher Bericht die Voraussetzung und auch der Aus- aufmerksam verfolgt hätten, da ging es uns immer um gangspunkt für eine tatsächliche Verwaltungs- und Funk- eine weitgreifendere Debatte. Aber was wir tun sollten, tionalreform in Thüringen ist, der eben nicht nur durch die Herr Dittes, wir sollten nicht den zweiten Schritt vor Fraktionen des Thüringer Landtags dann getragen wird, dem ersten tun. Bevor ich eine solche Reform auf den sondern auch durch Interessenvereinigungen, Betroffe- Weg bringe, brauche ich verlässliche Daten, da brauche nenverbände und auch durch Bürgerinnen und Bürger ich einen verlässlichen Stand, wie die Verwaltungsstruk- und, wenn Sie so wollen, durch die Öffentlichkeit. turen in Thüringen im Vergleich mit den guten anderen Ländern stehen. Das ist der Hintergrund dieses Antrags. (Beifall bei der PDS) Es ist noch kein - das betone ich ausdrücklich und dieser Antrag erhebt auch nicht diesen Anspruch - Konzept für Meine Damen und Herren, sollte der Antrag allerdings eine Verwaltungsreform. diesen Weg in den Ausschuss nicht finden, wird meine Fraktion aufgrund der dargestellten Kritikpunkte nicht in (Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Das hätte ich der Lage sein, Ihrem Antrag zuzustimmen. Vielen Dank. Ihnen auch nicht unterstellt.)

(Beifall bei der PDS) Aber wir müssen endlich einmal dahin kommen, dass wir wirklich mal ehrlich miteinander umgehen. Herr Minis- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: ter, egal in welcher Funktion, die Landesregierung hat schon vor dem morgigen Mannschaftswechsel gern und Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Fiedler vor allen Dingen viel über das Thema Verschlankung der zu Wort gemeldet. Verwaltung und Verwaltungsmodernisierung geredet. Ich 7570 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 will auch gern zugestehen, dass es erste Anfänge gibt. Ich kommt, weil es eben rein fiskalisch motiviert ist, ohne eine weiß nicht, ob Sie es waren oder Kollege Dittes, das Bei- entsprechende Aufgabenanalyse aus. Da setzt unsere Kri- spiel der Katasterreformierung wurde hier genannt. Ich tik an. Dieses, meine Damen und Herren, das müssen Sie muss Ihnen ehrlich sagen, ich hatte den Eindruck, dass die- nun aber doch zur Kenntnis nehmen, Dahinwursteln in se so genannte Reform der Katasterverwaltung eher den Sachen Verwaltungsverschlankung, Modernisierung hat Wahlkreiszuschnitten der CDU gefolgt ist. mittlerweile dazu geführt, dass Thüringen in wichtigen Indikatoren stark im Ranking abgerutscht ist. Da nehme (Heiterkeit bei der CDU) ich als Beispiel nur die neuen Länder. Wir haben bei der Investitionsquote - und das ist die größte Sünde - einen er- Aber von einer echten Reform kann ich an dieser Stelle heblichen Rückschritt zu verzeichnen, aber auf der ande- nichts erkennen. Das heißt, außer einige Anfänge ... ren Seite leisten wir uns die zweithöchste Personalaus- gabenquote der neuen Länder. Das ist ein sehr deutliches (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wir haben Indiz für das Verschlafen notwendiger Handlungsschritte. alle einen Wahlkreis.) Meine Damen und Herren, wir haben die Landesregierung Herr Fiedler, ich entnehme Ihrem Lächeln, dass ich da schon öfter aufgefordert, diese konzeptionslose Heran- bei Ihnen offensichtlich Zustimmung finde. Danke. gehensweise aufzugeben und unter Nutzung externen Sachverstands alle Aufgaben und Ausgaben des Landes Meine Damen und Herren, herausgekommen bei den bis- zu durchleuchten. Wir haben, wenn Sie sich vielleicht er- herigen Bemühungen für eine echte Verwaltungsmoder- innern, bei den Beratungen zum letzten Doppelhaushalt nisierung ist neben drei Stabsstellen in drei verschiede- exakt einen solchen Antrag im Plenum mit eingebracht. nen Ministerien nach unserer Auffassung bisher nicht Der nun vorliegende Antrag soll dafür sorgen, dass die viel. Sieht man einmal von den erfolgten Privatisierun- Landesregierung zumindest verlässliche Ausgangsdaten gen oder Kommunalisierungen ab, sind auch da die fis- für einen Modernisierungsprozess ermittelt. Nur wenn kalischen Effekte eher zweifelhaft. Beispiel gefällig? man weiß, wo man steht, wird man sachgerecht entschei- den können. Deshalb, nun muss ich leider wieder einen (Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: In Ber- neuen Begriff, einen Fremdwortbegriff nennen, aber er lin.) hat sich in dieser Branche eben so verfestigt, das Prinzip der best practice, also der Vergleich mit den Besten auf Meistens wurde es sogar teurer als vorher, wie das Bei- dem jeweiligen Gebiet. Das ist die Methode, die auch in spiel der Privatisierung der Straßeninstandhaltung zeigt. der Wirtschaft angewandt wird. Bisher hat die Landes- Dort zahlen wir momentan drauf. Ich hoffe, dass die Ent- regierung immer nur Parameter verglichen, in denen Thü- wicklung dorthin geht, die auch ursprünglich einmal mit ringen gut weg kam und sich mit den Daten in der Regel dieser Privatisierung angedacht war. Die derzeitigen Er- selbst beweihräuchert. Damit, das sage ich Ihnen ganz deut- gebnisse lassen diesen Schluss nicht zu. Aber auch bei lich, muss Schluss sein. In unserem Entschließungsantrag den erfolgten Kommunalisierungen wird es regelmäßig im Dezember vergangenen Jahres hatten wir formuliert, nicht billiger, da die Kommunen nicht immer oder, an- ich zitiere an dieser Stelle: "... die gesamte Thüringer Lan- ders ausgedrückt, selten das vorhandene Personal für den desverwaltung durch externe Prüfer unter Berücksichti- jeweiligen Bereich komplett übernehmen. Ergebnis: Das gung der langfristigen demographischen Entwicklung in Land behält einen Teil des Personals und muss die Auf- Thüringen, der weiteren Effektivierung durch die Nut- gabe dennoch bezahlen. Das heißt, einen echten Einspar- zung moderner Computertechnik sowie unter Nutzung effekt gibt es da nicht. Ich muss Ihnen vorwerfen, auch von internem und externem Benchmarking eine Aufga- wenn Sie das nicht gern hören, meine Damen und Herren benanalyse sowie einer Zweck- und Vollzugskritik zu von der Landesregierung, auch von der CDU-Fraktion, unterziehen." Das haben wir im Dezember schon gefor- eine grundlegende Aufgabenanalyse und Ausgabenkritik dert und die Betonung und, Herr Minister, die Unterschei- und Effizienzevaluierung haben Sie bis heute nicht hinbe- dung hier an dieser Stelle liegt auf dem Begriff extern. kommen, obwohl Sie doch spätestens seit 1999 auf nie- Das ist der entscheidende Punkt. Sie nutzen dieses Mittel manden mehr Rücksicht nehmen mussten, weil ja hier zwar in Ansätzen, aber für eine umfassende Aufgaben- schon einige Male das Beispiel der großen Koalition als kritik reicht das nach unserer Auffassung nicht aus. Wie so genannter Hemmschuh auf diesem Gebiet genannt sinnvoll ein solcher Ansatz ist, schreibt uns der Ostdeut- worden ist. Sie haben seit 3 ½ Jahren allein die Chance sche Bankenverband, ich nehme an, die Kollegen bekom- dazu und es ist nichts passiert in dieser Richtung. Meine men auch jeden Monat diesen Infoport vom Ostdeutschen Damen und Herren, meine Fraktion, wir haben schon wie- Bankenverband. Ich darf aus der Mai-Ausgabe einmal an derholt auf diesen Missstand hingewiesen, dass Perso- dieser Stelle zitieren, Frau Präsidentin. nalkürzungen beispielsweise in der Regel, sage ich, nach der Rasenmähermethode durchgeführt worden sind und Vizepräsidentin Dr. Klaubert: es gibt bis heute kein schlüssiges Personalentwicklungs- konzept. Das, was Sie uns als solches zu verkaufen ver- Herr Abgeordneter Höhn, bevor Sie zitieren, will ich gern suchen, ist lediglich ein Personalabbaukonzept. Selbst das einmal darauf hinweisen, dass kaum noch etwas zu ver- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7571 stehen ist und dass dem Ganzen mit der Aufmerksam- schläge. So jedenfalls glaube ich ihn heute verstanden zu keit zu folgen ist, wie es auch der letzte Tagesordnungs- haben. Nehmen wir uns an der Wirtschaft ein Beispiel punkt am heutigen Tag verlangt von allen! und zeigen wir gemeinsam, dass auch die Politik hin und wieder marktwirtschaftlich denken kann. Denn eines steht Abgeordneter Höhn, SPD: fest, meine Damen und Herren, davon bin ich überzeugt, die nächsten Jahre werden uns als Politiker noch schwe- Vielleicht sollte ich etwas lauter reden, vielleicht geht es ren Prüfungen unterziehen. Wir müssen angesichts dra- dann. matischer Wachstumseinbrüche - und auch das sehe ich völlig unideologisch, wenn man sich in Europa umschaut - (Zwischenruf Abg. Schugens, CDU: Er kann und der damit verbundenen schmaleren Staatskassen noch doch aufhören.) ganz andere Wege gehen, die wir uns heute vielleicht noch gar nicht vorstellen können. Okay, das können wir machen. (Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Für uns ist Vizepräsidentin Dr. Klaubert: das selbstverständlich.)

Herr Abgeordneter, Sie reden laut genug. Der Saal ist Aber wir können heute damit anfangen. Deshalb bitte ich einfach zu laut. Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. Danke schön.

Abgeordneter Höhn, SPD: (Beifall bei der SPD)

Also noch einmal. Zitat aus dem Infoport des Ostdeut- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: schen Bankenverbandes: "Eine Stärkung der öffentlichen Investitionen, vor allem im Bereich der feststehenden Es gibt noch eine Redemeldung durch die Landesregierung. Infrastrukturdefizite wird nur möglich sein, wenn es ge- lingt, die öffentlichen Konsumausgaben zurückzuführen. Trautvetter, Innenminister: Dafür wiederum müssen zunächst Einsparpotenziale iden- tifiziert werden. Länder und Gemeinden stehen hier vor Herr Höhn, wir haben überhaupt nichts gegen Bench- derselben Herausforderung wie Unternehmen, die stetig marking. Sie können mir Bereiche nennen, wie Sie auch um Kostenoptimierung bemüht sein müssen. Unterneh- wollen, ich mache Ihnen für jeden Bereich, den Sie nen- men nutzen dazu das Instrument des Benchmarkings. Da- nen, innerhalb von einer Woche eine Vergleichsrechnung. bei vergleichen Unternehmen ihre Produkte oder Pro- Ich habe nicht immer einen positiven Eindruck von den duktionsabläufe mit denen der erfolgreichsten Wettbewer- vielen hochgejubelten externen Gutachtern. Ich bin mo- ber (best practice). Ein finanzpolitisches Benchmarking mentan gerade dabei, Wirtschaftsgutachten für Wasser- im Sinne eines Vergleichs der Aufgabenfelder öffentli- und Abwasserzweckverbände durchzuarbeiten. Was da cher Haushalte ist für die Zukunft unverzichtbar. Daraus hineingeschrieben worden ist, da bin ich etwas ernüchtert werden Basisinformationen zur gesamten Ausgabenstruk- über externe Gutachten. tur und damit Anhaltspunkte für Einsparpotenziale gewon- nen." Soweit der Ostdeutsche Bankenverband. Meine Da- (Beifall bei der CDU) men und Herren, die CDU-geführten Landesregierungen in Sachsen-Anhalt und die Regierung in Brandenburg In der Regel ist 90 Prozent Poesie aus vorgefertigten unter CDU-Beteiligung haben exakt dieses Modell ange- Textbestandteilen und nur 10 Prozent Inhalt. Ich will Ihnen wandt. Es gibt einen Benchmarking-Report aus Branden- noch einmal so ein Beispiel nennen. Ich habe das Bench- burg, wo man sich in allen öffentlichen Aufgabenfeldern marking-Gutachten für die Geschäftsfelder von Carl-Zeiss mit dem Land Sachsen verglichen hat - in allen. Die Lan- 1993 in die Hände bekommen. Da stand Oftalmologie desregierung in Brandenburg ist derzeit dabei, diese Aus- auf der Abschussliste. Es wäre kein zukunftsträchtiges wertung vorzunehmen und die entsprechenden Maßnah- Geschäftsfeld. Mittlerweile ist Zeiss in Jena das Zent- men einzuleiten. Es dürfte doch nun wirklich kein poli- rum in diesem Bereich, nicht nur in Deutschland, son- tisches Problem sein, diesen Ansatz für eine grundlegende dern weit darüber hinaus. Erhebung zunächst einmal auch in Thüringen durchzu- setzen. Das muss man doch völlig ideologiefrei sehen, (Beifall bei der CDU) meine Damen und Herren. Das heißt, externe Gutachten werden oftmals auch des- Ich denke, und damit komme ich dann zum Schluss, die wegen gemacht, weil man sich vor eigener Verantwor- neue Landesregierung kann an dieser Stelle, bei diesem tung drückt und sagt, das hat ja ein Externer geschrieben. Antrag der SPD unter Beweis stellen, dass sie es ernst Da habe ich etwas dagegen. meint mit den neuen, eigenen Akzenten, die vom Minis- terpräsidenten heute proklamiert wurden und vor allem Wir haben alle Zahlen vorliegen, im Statistischen Lan- mit den unvoreingenommenen Prüfungen sinnvoller Vor- desamt gibt es für jeden Bereich der öffentlichen Verwal- 7572 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 tung sämtliche Zahlen, wie viele Aufgaben werden dort Zum Zweiten möchte ich noch einmal darauf verweisen, durchgeführt, ich weiß, wie viel Familienprozesse, wie dass gegen 20.00 Uhr der parlamentarische Abend des viel Arbeitsgerichtsprozesse, wie viel Zivilgerichtspro- Thüringer Beamtenbundes beginnt. In diesem Sinne zesse und sonstige Prozesse gemacht werden, wie viel schließe ich jetzt den Tag heute ab wünsche Ihnen einen neue Anträge eingehen, wie viel erledigt werden und kann guten Abend. genau sagen, ist unsere Gerichtsbarkeit optimal ausge- richtet, oder ist sie nicht ausgerichtet. Schaffen bei uns diese Richter in der gleichen Zeit die gleiche Anzahl von E n d e d e r S i t z u n g: 19.47 Uhr entsprechenden Prozessen oder brauchen sie die doppel- te Anzahl dazu. Ich kann ausrechnen, dass ein Mitarbei- ter in der Landkreisverwaltung zur Berechnung eines Elternbeitrages für den Hort mehr Zeit zur Verfügung hat entsprechend unserer Kostenerstattung als ein Mitarbei- ter im Finanzamt für eine Steuererklärung. Die ganzen Zahlen liegen vor. Benchmarking ist wichtig, aber ich bin ein großer Verfechter dafür, dass wir uns die Aufgabe stellen, intern objektiv und ehrlich miteinander umzugehen

(Beifall bei der CDU) und ich verzichte im Benchmarking momentan gern auf externe Gutachter, die nur viel Geld kosten.

(Beifall bei der CDU)

Vizepräsidentin Dr. Klaubert:

Es liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor.

(Beifall Abg. Schemmel, SPD)

Es ist beantragt worden, diesen Antrag an den Ausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte? Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimm- enthaltungen? Es gibt 1 Stimmenthaltung. Mit einer Mehr- heit von Gegenstimmen ist die Ausschussüberweisung abgelehnt worden.

Demzufolge kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 3/3345. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte? Das ist eine Mehr- heit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltun- gen? Es gibt einige Stimmenthaltungen. Mit einer Mehr- heit von Gegenstimmen ist der Antrag abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 17.

Bevor ich den heutigen Plenarsitzungstag schließe, möchte ich darauf hinweisen, dass die Landesregierung die Re- gierungserklärung "Ehrenamt und Sport - Pluspunkte für Thüringen" zurückgezogen hat.

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Die alte oder die neue?) Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003 7573

Anlage 1

Namentliche Abstimmung in der 86. Sitzung am 05.06.2003 zum Tagesordnungspunkt 9 a

Gesetz zur umfassenden Verwirklichung gesellschaftlicher Teilhabe behinderter Menschen im Freistaat Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/3249 -

1. Althaus, Dieter (CDU) 49. Nitzpon, Cornelia (PDS) 2. Arenhövel, Johanna (CDU) nein 50. Nothnagel, Maik (PDS) ja 3. Bechthum, Rosemarie (SPD) Enthaltung 51. Panse, Michael (CDU) nein 4. Becker, Dagmar (SPD) Enthaltung 52. Pelke, Birgit (SPD) nein 5. Bergemann, Gustav (CDU) nein 53. Pidde, Dr. Werner (SPD) nein 6. Böck, Willibald (CDU) nein 54. Pietzsch, Dr. Frank-Michael (CDU) nein 7. Bonitz, Peter (CDU) nein 55. Pohl, Günter (SPD) nein 8. Botz, Dr. Gerhard (SPD) nein 56. Pöhler, Volker (CDU) nein 9. Braasch, Detlev (CDU) nein 57. Primas, Egon (CDU) nein 10. Buse, Werner (PDS) ja 58. Ramelow, Bodo (PDS) ja 11. Carius, Christian (CDU) nein 59. Schemmel, Volker (SPD) nein 12. Dittes, Steffen (PDS) ja 60. Scheringer, Konrad (PDS) 13. Doht, Sabine (SPD) 61. Schröter, Fritz (CDU) nein 14. Döring, Hans-Jürgen (SPD) 62. Schuchardt, Dr. Gerd (SPD) nein 15. Ellenberger, Irene (SPD) nein 63. Schugens, Gottfried (CDU) nein 16. Emde, Volker (CDU) nein 64. Schuster, Franz (CDU) 17. Fiedler, Wolfgang (CDU) nein 65. Schwäblein, Jörg (CDU) nein 18. Fischer, Dr. Ursula (PDS) ja 66. Sedlacik, Heidrun (PDS) ja 19. Gentzel, Heiko (SPD) 67. Seela, Reyk (CDU) nein 20. Gerstenberger, Michael (PDS) ja 68. Seidel, Harald (SPD) nein 21. Goebel, Prof. Dr. Jens (CDU) nein 69. Sklenar, Dr. Volker (CDU) nein 22. Grob, Manfred (CDU) nein 70. Sojka, Michaele (PDS) ja 23. Groß, Evelin (CDU) nein 71. Sonntag, Andreas (CDU) nein 24. Grüner, Günter (CDU) nein 72. Stangner, Dr. Isolde (PDS) ja 25. Hahnemann, Dr. Roland (PDS) ja 73. Stauch, Harald (CDU) nein 26. Heym, Michael (CDU) nein 74. Tasch, Christina (CDU) nein 27. Höhn, Uwe (SPD) nein 75. Thierbach, Tamara (PDS) ja 28. Huster, Mike (PDS) 76. Trautvetter, Andreas (CDU) nein 29. Illing, Konrad (CDU) 77. Vogel, Dr. Bernhard (CDU) 30. Jaschke, Siegfried (CDU) nein 78. Vopel, Bärbel (CDU) nein 31. Kallenbach, Jörg (CDU) nein 79. Wackernagel, Elisabeth (CDU) nein 32. Kaschuba, Dr. Karin (PDS) ja 80. Wehner, Wolfgang (CDU) nein 33. Klaubert, Dr. Birgit (PDS) ja 81. Wetzel, Siegfried (CDU) nein 34. Klaus, Dr. Christine (SPD) nein 82. Wildauer, Dr. Heide (PDS) ja 35. Koch, Dr. Joachim (PDS) ja 83. Wolf, Bernd (CDU) nein 36. Köckert, Christian (CDU) nein 84. Wolf, Katja (PDS) ja 37. Kölbel, Eckehard (CDU) nein 85. Wunderlich, Gert (CDU) nein 38. Kraushaar, Dr. Ingrid (CDU) nein 86. Zeh, Dr. Klaus (CDU) nein 39. Krauße, Horst (CDU) nein 87. Zimmer, Gabriele (PDS) 40. Kretschmer, Thomas (CDU) nein 88. Zitzmann, Christine (CDU) nein 41. Krone, Klaus, von der (CDU) nein 42. Kummer, Tilo (PDS) ja 43. Künast, Dagmar (SPD) nein 44. Lehmann, Annette (CDU) nein 45. Lieberknecht, Christine (CDU) nein 46. Lippmann, Frieder (SPD) nein 47. Mohring, Mike (CDU) nein 48. Müller, Dr. Alfred (SPD) nein 7574 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 86. Sitzung, 5. Juni 2003

Anlage 2

Namentliche Abstimmung in der 86. Sitzung am 05.06.2003 zum Tagesordnungspunkt 9 b

Thüringer Gesetz zur Herstellung gleich- wertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3266 -

1. Althaus, Dieter (CDU) 49. Nitzpon, Cornelia (PDS) 2. Arenhövel, Johanna (CDU) nein 50. Nothnagel, Maik (PDS) ja 3. Bechthum, Rosemarie (SPD) ja 51. Panse, Michael (CDU) nein 4. Becker, Dagmar (SPD) ja 52. Pelke, Birgit (SPD) ja 5. Bergemann, Gustav (CDU) nein 53. Pidde, Dr. Werner (SPD) ja 6. Böck, Willibald (CDU) nein 54. Pietzsch, Dr. Frank-Michael (CDU) nein 7. Bonitz, Peter (CDU) nein 55. Pohl, Günter (SPD) ja 8. Botz, Dr. Gerhard (SPD) ja 56. Pöhler, Volker (CDU) nein 9. Braasch, Detlev (CDU) nein 57. Primas, Egon (CDU) nein 10. Buse, Werner (PDS) ja 58. Ramelow, Bodo (PDS) ja 11. Carius, Christian (CDU) nein 59. Schemmel, Volker (SPD) ja 12. Dittes, Steffen (PDS) ja 60. Scheringer, Konrad (PDS) 13. Doht, Sabine (SPD) 61. Schröter, Fritz (CDU) nein 14. Döring, Hans-Jürgen (SPD) 62. Schuchardt, Dr. Gerd (SPD) ja 15. Ellenberger, Irene (SPD) ja 63. Schugens, Gottfried (CDU) nein 16. Emde, Volker (CDU) nein 64. Schuster, Franz (CDU) 17. Fiedler, Wolfgang (CDU) 65. Schwäblein, Jörg (CDU) nein 18. Fischer, Dr. Ursula (PDS) ja 66. Sedlacik, Heidrun (PDS) ja 19. Gentzel, Heiko (SPD) 67. Seela, Reyk (CDU) nein 20. Gerstenberger, Michael (PDS) ja 68. Seidel, Harald (SPD) ja 21. Goebel, Prof. Dr. Jens (CDU) nein 69. Sklenar, Dr. Volker (CDU) nein 22. Grob, Manfred (CDU) nein 70. Sojka, Michaele (PDS) ja 23. Groß, Evelin (CDU) nein 71. Sonntag, Andreas (CDU) nein 24. Grüner, Günter (CDU) nein 72. Stangner, Dr. Isolde (PDS) ja 25. Hahnemann, Dr. Roland (PDS) ja 73. Stauch, Harald (CDU) nein 26. Heym, Michael (CDU) nein 74. Tasch, Christina (CDU) nein 27. Höhn, Uwe (SPD) ja 75. Thierbach, Tamara (PDS) ja 28. Huster, Mike (PDS) 76. Trautvetter, Andreas (CDU) nein 29. Illing, Konrad (CDU) 77. Vogel, Dr. Bernhard (CDU) 30. Jaschke, Siegfried (CDU) nein 78. Vopel, Bärbel (CDU) nein 31. Kallenbach, Jörg (CDU) nein 79. Wackernagel, Elisabeth (CDU) nein 32. Kaschuba, Dr. Karin (PDS) ja 80. Wehner, Wolfgang (CDU) nein 33. Klaubert, Dr. Birgit (PDS) ja 81. Wetzel, Siegfried (CDU) nein 34. Klaus, Dr. Christine (SPD) ja 82. Wildauer, Dr. Heide (PDS) ja 35. Koch, Dr. Joachim (PDS) Enthaltung 83. Wolf, Bernd (CDU) nein 36. Köckert, Christian (CDU) nein 84. Wolf, Katja (PDS) ja 37. Kölbel, Eckehard (CDU) nein 85. Wunderlich, Gert (CDU) nein 38. Kraushaar, Dr. Ingrid (CDU) Enthaltung 86. Zeh, Dr. Klaus (CDU) nein 39. Krauße, Horst (CDU) nein 87. Zimmer, Gabriele (PDS) 40. Kretschmer, Thomas (CDU) nein 88. Zitzmann, Christine (CDU) nein 41. Krone, Klaus, von der (CDU) nein 42. Kummer, Tilo (PDS) ja 43. Künast, Dagmar (SPD) ja 44. Lehmann, Annette (CDU) nein 45. Lieberknecht, Christine (CDU) nein 46. Lippmann, Frieder (SPD) ja 47. Mohring, Mike (CDU) nein 48. Müller, Dr. Alfred (SPD) ja