Anna Schiener M. A.

DIE STÄDTISCHE SPARKASSE AMBERG IM 19. JAHRHUNDERT

Inaugural-Dissertation in der Philosophischen Fakultät I (Philosophie, Geschichte, Sozialwissenschaften) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Dekan: Professor Dr. Sefik Alp Bahadir

1. Gutachter: Professor Dr. Alois Schmid 2. Gutachter: Professor Dr. Wolfgang Wüst

Tag der Disputation: 12. Mai 2005

Vorwort

Die vorliegende Untersuchung wurde im Wintersemester 2004/05 von der Philosophi- schen Fakultät I der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als Dissertation angenommen. Zur Veröffentlichung erfolgte eine geringfügige Überarbeitung.

Zahlreichen Personen habe ich zu danken:

Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Alois Schmid, Universität München, der mein Studium von Beginn an mit Wohlwollen beglei- tete. Seine begeisternden Lehrveranstaltungen führten mich zur Landesgeschichte. Trotz räumlicher Distanz wußte ich die Arbeit bei ihm gut aufgehoben. Herrn Professor Dr. Wolfgang Wüst danke ich für freundliche Geneigtheit und die Übernahme des Zweitgutachtens. Ferner möchte ich Herrn Professor Dr. Peter Högemann danken, von dem ich lernen durfte, daß Alte Geschichte weit über Athen und Rom hinausgeht.

Der Sparkasse Amberg-Sulzbach und ihrem Vorstandsvorsitzenden Herrn Heribert Niedermeier danke ich für die großzügige Öffnung des Archivs. Ausdrücklich möchte ich mich bei Herrn Hans Erras für sein freundliches Entgegenkommen bedanken.

Die Damen und Herren der benützten Archive standen mir stets hilfreich zur Seite. Weit über das zu erwartende Maß hinaus unterstützten mich Herr Archivamtmann Dipl.- Archivar (FH) Erwin Stoiber, Staatsarchiv Amberg, der Leiter des Stadtarchivs Amberg, Herr Dr. Johannes Laschinger und Herr Dipl.-Archivar (FH) Jörg Fischer, Stadtarchiv Amberg. Ohne das große Engagement der genannten Herren wäre manches im Verborgenen geblieben.

INHALTSVERZEICHNIS

A) EINLEITUNG 1 I. Problemstellung, Gang der Untersuchung 1 II. Forschungsstand 3 III. Quellenlage 4

B) SPARKASSEN: VON DER IDEE ZUR REALISIERUNG 6

C) AMBERG ZU BEGINN DES 19. Jahrhunderts 9 I. Amberg im „neuen“ Bayern 9 II. Die städtische Verfassung 10 III. Die Bürgermeister 11 IV. Die finanziellen Verhältnisse 13 V. Die Bevölkerung 14 VI. Die wirtschaftlichen Verhältnisse 15 1. Die allgemeine Lage 15 2. Der Handel 16 3. Das Manufakturwesen 16 4. Das Gewerbe 19 VII. Das Bergwerk 21 VIII. Die Königliche Gewehrfabrik 23

D) DIE GRÜNDUNG DER SPARKASSE AMBERG 26 I. Zur Vorgeschichte 26 II. „Die Errichtung einer Sparkasse für die Stadt Amberg“ 28 III. Die Gründungsstatuten 29 1. Umfang der Statuten 29 2. Präambel - Nachwort 30 3. Gewährträger - Verwaltungsgremium 32 4. Zweckbestimmung - Einlegerkreis - Geschäftsbezirk 33 5. Eröffnung - Öffnungszeiten 35 6. Einlagenhöhe - Ruhende Einlagen 36 7. Zinsen - Rückzahlung der Guthaben 39 8. Haftung 41 9. Quittungsbücher 42 10. Zusammenfassung der Statuten der Sparkassen Nürnberg, Augsburg, Amberg 43 11. Filiationsverhältnisse 44 IV. Zusammenfassung 45

I E) 1825 BIS 1840 48 I. „Die innere Einrichtung der Sparkasse“ 48 II. Die Anlage der Gelder 50 1. Leihhaus, Stadtkammer 50 2. Staatsschuldentilgungskasse 52 III. Die finanzielle Entwicklung bis 1840 62 1. Das erste Geschäftsjahr 62 2. Die Geschäftsjahre 1826/27 bis 1839/40 69 IV. Die Einlegerschaft 72 1. Die Sozialstruktur der Einleger 72 2. Die Herkunft der Einleger 78 V. Sparkassenpersonal 79 VI. Der Konflikt mit der Kreisregierung 86 1. Auszahlung der Honorare 87 2. Schließung der Sparkasse 100 3. Überarbeitung der Statuten 102 VII. Zusammenfassung 104 Exkurs: Leihhäuser in Amberg 106

F) 1840 BIS 1848 115 I. Der Neubeginn 115 1. „Laut sind die Klagen“: die Situation der Sparer nach Schließung der Sparkasse 115 2. Statuten nach Regensburger Vorbild 116 3. Die neuen Statuten vom 16. Juli 1840 119 4. Verwaltungsorganisatorische Änderungen 121 5. Das Ende der dreizehnjährigen Auseinandersetzung 121 6. Der Sparkassenbetrieb geht weiter 122 7. Rückzahlung nicht mehr zugelassener Einlagen 123 8. Initiativen der Sparkassen Nürnberg und München 124 II. Braucht der Landgerichtsbezirk Amberg eine eigene Sparkasse? 126 III. Staatliche Maßnahmen 131 1. Anlagestopp bei der Staatsschuldentilgungskasse 131 2. Das Normativ vom 30. Januar 1843 132 a) Auswirkung auf die Sparkasse Amberg: neue Statuten 133 b) Reaktionen anderer Sparkassen 135 IV. Die Trennung von der Staatsschuldentilgungskasse 137 V. Geschäftsentwicklung 147 1. Passivgeschäft 147 2. Aktivgeschäft 152 3. Überschüsse 157 VI. Die Sparer 160 VII. Sparkassenpersonal 161 VIII. Zusammenfassung 162 Exkurs: Auswanderung 164 Exkurs: Der Bau des städtischen Krankenhauses 170 II G) 1849 BIS 1869 179 I. Staatliche Initiativen 179 1. Die Umfrage vom 30. Dezember 1848 179 2. Leih- und Hilfskassen 182 3. Förderung der Sparkassen 1863 187 4. Weitere staatliche Maßnahmen 190 II. Verwaltung - Geschäftsführung 192 1. Eigenmächtige Ausweitung des Einlegerkreises 192 2. Öffnungszeiten 196 3. Einführung des Kalenderjahres als Rechnungsjahr 198 4. Sparkassenpersonal 198 III. Geschäftsentwicklung 202 1. Passivgeschäft 202 a) Neueinlagen, Rückzahlungen 202 b) Gesamteinlagen 209 2. Aktivgeschäft 213 a) Hypothekardarlehen 214 b) Anlage in Staatspapieren 216 c) Kommunalkredit 217 d) Anlage bei Gesellschaften 218 e) Aktivgeschäft bayerischer Sparkassen 219 3. Rentenüberschüsse 221 4. Reservefonds 223 IV. Die Sparer 225 V. Zusammenfassung 227 Exkurs: Die Maximilians-Rettungsanstalt 228 Exkurs: Die Errichtung des Gaswerks 236

H) 1870 BIS 1885 241 I. Staatliche Förderung des Sparkassenwesens 241 1. Das Ende der Einlagenbeschränkungen 241 a) Die Haltung des Amberger Magistrats 246 2. Die „Vermehrung der öffentlichen Sparkassen“ 250 II. Verwaltung - Geschäftsführung 253 1. Die neue Geschäftsordnung 253 2. Neue Statuten 1874 256 3. Einführung der Reichswährung 260 4. Umzug 1879 260 5. Sparmarken 261 6. Sparkassenpersonal 263 III. Geschäftsentwicklung 265 1. Passivgeschäft 265 a) Neueinlagen, Rückzahlungen 265 b) Gesamteinlagen 268 2. Aktivgeschäft 271 a) Hypothekardarlehen 272 b) Anlage in Staatspapieren 274 c) Kommunalkredit 275 III d) Anlage bei kommunalen Stiftungen 277 e) Anlage bei Gesellschaften 277 f) Kontokorrent 277 3. Rentenüberschüsse 280 4. Reservefonds 282 IV. Sparer 287 V. Zusammenfassung 289

I) 1886 BIS 1905 291 I. Staatliche Maßnahmen 291 1. Anlagen in laufender Rechnung 291 2. Förderung des Sparkassenwesens 1895 291 a) Stellungnahmen 293 b) Keine Konkurrenz für die städtische Sparkasse: „Amberger Credit-Verein“ - 294 „Darlehenskassenverein“ - „Privat-Spar-Verein“ - „Privat-Spar-Gesellschaft“ 3. Entschließung vom 10. Juni 1905 296 a) Stellungnahme der städtischen Sparkasse Amberg 301 b) Die städtische Sparkasse Amberg und der Oberpfälzische Sparkassen-Verband 303 II. Verwaltung - Geschäftsführung 305 1. Neue Statuten 1886 305 a) Rückzahlung hoher Guthaben 307 2. Geschäftsordnung 1889 308 3. Sparkassenpersonal 310 III. Geschäftsentwicklung 314 1. Passivgeschäft 314 a) Neueinlagen, Rückzahlungen 314 b) Passiva 318 2. Anlagepolitik 320 a) Hypothekarkredite 322 b) Anlage bei Gesellschaften und Kreditinstituten 322 c) Anlage bei der eigenen Gemeinde und anderen juristischen Personen 323 d) Anlage in Staatspapieren 324 e) Anlage bei kommunalen Stiftungen 325 f) Kontokorrent 326 3. Der Reinertrag und dessen Verwendung 327 4. Der Reservefonds 332 5. Das Reinvermögen 334 IV. Zusammenfassung 336

J) FAZIT 337 I. Resümee 337 II. Ausblick 340

ANHANG 344

ABKÜRZUNGEN 370

QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS 371

IV 1 A) EINLEITUNG I. Problemstellung, Gang der Untersuchung Diese Arbeit versucht, die Geschichte der städtischen Sparkasse Amberg im Verlauf des 19. Jahr- hunderts darzustellen. Sie nähert sich ihrem Betrachtungsgegenstand von landesgeschichtlicher Warte und hat somit mehrere Aufgaben zu erfüllen, nämlich diejenige über vergleichende Be- trachtungsweisen eine Positionierung ihres Untersuchungsobjektes im übergeordneten Raum zu finden und durch Integration von Politikgeschichte, Wirtschaftsgeschichte, Sozialgeschichte und von Kulturgeschichte ein komplexes Bild der Unternehmensgeschichte zu entwerfen. Herauszuar- beiten sind die Charakteristika in der Entwicklung des Instituts unter Einbeziehung der durch das Engagement des bayerischen Staates vorgegebenen normativen Richtlinien. Denn zwei „Herren“ prägten die Geschicke der bayerischen Sparkassen: einerseits bestimmten staatliche Vorgaben die Ausrichtung des Sparkassenwesens als Teil eines sozialen Sicherungssystems, andererseits verfolg- ten die Gewährträger der Sparkassen, soweit dies der administrative Rahmen zuließ, eigene Ziele. Die Wechselbeziehungen zwischen den übergeordneten und den lokalen Entscheidungsträgern, hier des Amberger Magistrats, gilt es aufzuzeigen. Die Arbeit gliedert sich chronologisch: in sechs Kapiteln ist die Entwicklung der städtischen Spar- kasse Amberg von ihrer Gründung im Jahr 1824 - sie wurde als drittes Institut im Regenkreis nach den Kassen in und Eichstätt errichtet - bis ins Jahr 1905 zu verfolgen. Vorangestellt wurde eine „Bestandsaufnahme“ der Stadt Amberg zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die dazu dient, die Sparkasse in ihrem Umfeld zu verorten und die lokalen sozioökonomischen Rahmen- bedingungen abzustecken. Das anschließende Kapitel behandelt in Ausführlichkeit die Gründung des Instituts als kommunale Einrichtung, die, nicht durch Eigeninitiative entstanden, kaum indivi- duelle Züge trägt, sondern statutarische Bestimmungen der beiden bayerischen Ursparkassen - der 1821 gegründeten Nürnberger und der im Folgejahr eröffneten Augsburger Kasse - und der Münchner Sparkasse, vor allem deren fehlende Einlegereingrenzung, übernahm. Die zeitliche Definition der weiteren Kapitel wird zum einen durch externe, zum anderen durch interne Ein- flüsse bestimmt. Der nächstfolgende Abschnitt endet mit der vorübergehenden Schließung der Sparkasse im Jahr 1840, die eine erste Zäsur in deren Geschichte darstellt. In diesen ersten Jahren spielte die Anlagemöglichkeit bei der Staatsschuldentilgungskasse eine zentrale Rolle für die Spar- kasse, die auf ein eigenes Aktivgeschäft verzichtete und sich in völlige Abhängigkeit von Annahme und Verzinsung der erhaltenen Gelder durch den bayerischen Staat begab. Die Schließung der Sparkasse resultierte aus einer Auseinandersetzung des Amberger Magistrats mit der Kuratelbehör- de, die dem Personal eine ausreichende monetäre Entschädigung verweigerte. Ein hoher Einla- genstand, der ein ebenso hohes Gewährträgerrisko mit sich brachte, veranlaßte die Kreisregierung, auf eine Statutenänderung zu drängen und damit Einlegerkreis und Einlagenhöhe zu begrenzen. Die Auswirkungen dieses Eingriffs sind Gegenstand des anschließenden Kapitels. Das Ende des Abschnitts - das Jahr 1848 - wird nicht durch ein endogenes Ereignis bestimmt, sondern durch die in diesem Jahr verordnete Loslösung der Sparkassen von der Staatschuldentilgungskasse, die der 2 Magistrat als „lebensnotwendig“ für die Amberger Kasse betrachtet hatte. Die Jahre von 1849 bis 1869 bilden ein weiteres Kapitel. Maßgebend waren die engen staatlichen Vorgaben, über die sich die Sparkassenführung von Fall zu Fall hinwegsetzte. Sie plädierte schließlich für eine Ände- rung der einschränkenden Bestimmungen, wie sie das Normativ des Jahres 1874, das Gegenstand des vorletzten Kapitels - 1870 bis 1885 - sein wird, brachte. Die Gründerjahre und die großzügi- gen neuen Statuten ermöglichten einen bedeutenden Wachstumsschub, den der Ge-währträger selbst durch die Wiedereinführung restriktiver Einleger- und Einlagenbeschränkungen beendete. Ab 1886 bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums mußte sich die städtische Sparkasse Amberg mit dürftigen Wachstumszahlen zufriedengeben, um den in permanenter Finanznot be-findlichen Gewährträger durch Abgabe der Überschüsse unterstützen zu können. Die Arbeit endet mit dem Jahr 1905. Bei den Verantwortlichen setzte ein langsames Umdenken ein, man wurde sich der Tatsache bewußt, daß die rigorosen Durchgriffe des Gewährträgers dem Unternehmen schadeten, daß ein Modernisierungsprozeß einsetzen mußte. Die Neuausrichtung der Sparkasse zog sich bis in die Mitte der 1920er Jahr hin. Sie wurde nicht in die Arbeit, deren Thema das 19. Jahrhundert ist, einbezogen. Den einzelnen Kapiteln sind detaillierte Darstellungen der wirtschaftlichen Entwicklung des Un- ternehmens zugeordnet; ebenso fanden die überbetrieblichen Einflüsse, hier in Gestalt staatlicher Maßnahmen, und nicht zuletzt das Sparkassenpersonal, das hinter dem Magistrat als Entschei- dungsträger zurückstand, Berücksichtigung. Die Verfasserin hielt es für geboten, Teilaspekte der Geschichte anderer, mittelbar durch die Zu- teilung von Überschußanteilen mit der Sparkasse verbunden Amberger Institutionen, über die kaum Veröffentlichungen vorliegen, in Form von Exkursen in die Arbeit aufzunehmen. Es handelt sich um die Kinderbewahrstätte „Maximilians-Rettungsanstalt“ und um die Errichtung des städti- schen Krankenhauses und des Gaswerkes. Daß auch Ambergs Leihhäuser Gegenstand eines Ex- kurses wurden, lag am Fehlen jeglicher Informationen über diese Einrichtungen - außer dem Wis- sen über die Tatsache ihrer Existenz waren keine Details bekannt. Die Sparkassenverantwortlichen beabsichtigten anfangs, die eingelegten Gelder der städtischen Pfandleihe zu übergeben, doch kurz nach Gründung wich man ohne aus den Archivalien erkennbaren Anlaß von diesem Vorha- ben ab. Da zudem vage zeitgenössische Äußerungen über den Zusammenbruch des Leihhauses vorlagen, erachtete es die Verfasserin zur Klärung der Umstände für unerläßlich, weitere Nachfor- schungen anzustellen. In ähnlicher Weise fand die Auswanderung den Weg in vorliegende Arbeit. Es interessierte zunächst lediglich die Anzahl der Emigranten der 1840er Jahre. Das Fehlen brauchbarer Veröffentlichungen veranlaßte die Suche nach entsprechendem Quellenmaterial, das in Form statistischer magistratischer Erfassungen für große Teile des 19. Jahrhunderts vorhanden war und ausgewertet werden konnte. Es bildet die Grundlage für den Exkurs „Auswanderung“.

3 II. Forschungsstand Die Sparkassenhistoriographie hat längst den ihr gebührenden Platz in der Geschichtswissenschaft eingenommen. Zu verdanken ist dies zwei herausragenden Persönlichkeiten, die sich in außeror- dentlicher Weise um die Aufarbeitung der Sparkassengeschichte bemühten: Dr. h. c. Manfred Pix1 und Professor Dr. Dr. Josef Wysocki, dem früh verstorbenen „Vater der modernen Sparkassenhis- toriographie in Deutschland“.2 Beide gründeten im Jahr 1981 den „Arbeitskreis für Sparkassenge- schichte“, der vier Jahr später in die „Gesellschaft zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung über das Spar- und Girowesen e. V.“ eingegliedert wurde. Die jährlich in Neuhof a. d. Zenn ab- gehaltenen Symposien „Bayerische Sparkassengeschichte“ leisteten systematische Forschungsar- beit mit dem Ziel, die zunächst von der Wissenschaft vernachlässigte Sparkassengeschichte zu positionieren und sie interdisziplinär „vor dem Hintergrund der wirtschafts-, sozial- und kulturge- schichtlichen Rahmenbedingungen“3 zu beleuchten.4 Die Nutzbarmachung der Ergebnisse für die Sparkassenpraxis nahm für beide Initiatoren einen besonderen Stellenwert ein. Als Veröffentli- chungsorgan stand anfangs die Zeitschrift „Sparkassen in der Geschichte“ zur Verfügung, ab 1987 gab Manfred Pix die „Zeitschrift für bayerische Sparkassengeschichte“ heraus. Die hier publizier- ten wissenschaftlichen Arbeiten bieten „wichtige Materialsammlungen für Sparkassen, Wissen- schaftler und historisch Interessierte.“5 Für seine großen Verdienst um die sparkassenhistorische Forschung verlieh die Philosophische Fakultät für Geschichte und Kunstwissenschaften der Lud- wig-Maximilians-Universität München Manfred Pix im April 1999 die Ehrendoktorwürde. Die Darstellung der Geschichte einzelner Sparkassen fand im besonderen ab 19966 in Form zahl- reicher Festschriften7 ihren Ausdruck, die in unterschiedlichem Maße wissenschaftlichen Ansprü- chen genügen - sie dienen vorrangig institutionellen Bedürfnissen und der Repräsentation der Unternehmen. Abseits reiner Jubiläumspublikationen wurden Sparkassen Thema einer größeren Zahl von Zulassungs-, Diplom- und Magisterarbeiten8 und einiger Dissertationen, unter denen die Arbeiten von Marion Hruschka zur Sparkasse Straubing-Bogen, Richard Merz zur Stadtsparkasse Augsburg und Ingeborg Rygol zur Sparkasse Regensburg hervorzuheben sind. Der städtischen Sparkasse Amberg wurde zum 100jährigen Bestehen des Instituts im Jahr 1925 zum ersten Mal eine Festschrift gewidmet. Verfaßt wurde die immerhin 140seitige Schrift vom Leiter des städti- schen Revisionsamtes Josef Schroll, dem primär fehlende Exaktheit in der Faktendarstellung vor- zuwerfen ist.9 Die Arbeit ist selbstredend überholt und genügt in keiner Hinsicht heutigen wissen-

1 Zu Biographie und Forschungsaktivitäten Pix’ vgl. Feldenkrichen/Krüger 10 - 13. 2 Pix, Nachruf 193. Verzeichnis der Veröffentlichungen Wysockis in: ZbSG 11 (1997), 429 - 442. 3 Feldenkirchen/Krüger 11. 4 Zu Intention und Zielen ausführlich Pix, Aufbruch. 5 Pix 183. 6 Im Jahr 1996 jährte sich die Gründung der ersten bayerischen Sparkasse in Nürnberg zum 175. Mal. 7 Vgl. dazu Reinhart, Sparkassenhistoriographie. Hier Titel der zwischen 1996 und 1998 veröffentlichten Festschriften. Ebd. 350 Anm. 2. 8 Vgl. Pix, Aufbruch 17f. 9 Er vermischte die Gründungsstatuten mit den Änderung, die 1829 vorgenommen wurden. Seine „Zusammensetzung der Sparkassen-Kommission seit 1825“ ist fehler- und lückenhaft. Weitere Beispiele könnten angeführt werden. Schroll 20 - 26, 133. 4 schaftlichen Anforderungen. Ein nicht genannter Verfasser beschäftigte sich 1955/56 mit der Geschichte der nunmehrigen Stadtsparkasse Amberg. In zehn Fortsetzungen schilderte er im „O- berpfälzer Jura“ die Geschichte der Kasse von ihren Anfängen bis in seine Gegenwart.10 Vergleicht man die Artikel mit der Jubiläumsschrift Schrolls, wird ersichtlich, daß sich der Autor nicht die Mühe eigenen Quellenstudiums machte, sondern Schrolls Arbeit als Grundlage verwendete. Eine zweite Festschrift erschien zum 150jährigen Jubiläum der Sparkasse im Jahr 1975; die wenige Seiten umfassende Broschüre wandte sich ohne wissenschaftlichen Anspruch an ein breites Publi- kum. Im Zug der 1996 einsetzenden „Welle“ von Jubiläumsschriften zu den 175jährigen Ge- burtstagen der frühen bayerischen Sparkassen erhielt auch die zwischenzeitlich fusionierte Spar- kasse Amberg-Sulzbach eine Festschrift,11 die im Jahr 2000 erschien. Sie wurde auf Wunsch des Vorstandes äußerst knapp gehalten und behandelt auf 48 Seiten die Geschichte der Stadtsparkas- se Amberg, der Kreissparkasse Amberg, der Stadt- und Kreissparkasse Sulzbach-Rosenberg und der Sparkasse Amberg-Sulzbach. Die Schrift wurde auf Grundlage des vorhandenen Quellenmaterials erstellt, bietet jedoch nicht mehr als einen kurzen Überblick über die Geschichte des jeweiligen Instituts. Wissenschaftlichen Anforderungen entspricht sie nicht. Vorliegende Arbeit möchte die Lücke der fehlenden wissenschaftlichen Bearbeitung der Geschich- te der städtischen Sparkasse Amberg schließen. Sie wird sich allerdings auf das 19. Jahrhundert beschränken.

III. Quellenlage Die städtische Sparkasse Amberg wurde als kommunale Einrichtung gegründet, deren Kuratel die Regierung des Regenkreises, später der Oberpfalz und von Regensburg, Kammer des Innern, aus- übte. Demzufolge befindet sich die aus dem Geschäftsbetrieb entstandene Korrespondenz, ferner Statuten und Geschäftsordnungen im Stadtarchiv Amberg und im Staatsarchiv Amberg. Die Ober- aufsicht übte das Ministerium des Innern und zeitweise das Ministerium des Handels und der öf- fentlichen Arbeiten aus, daher finden sich weitere Archivalien im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München. Zur Vorgeschichte der Sparkassengründung liegen in den beiden Amberger Archiven keine Materialien vor; bezüglich des Schriftwechsels mit den Magistraten Augsburg und Nürnberg wurde auf die dortigen Stadtarchive zurückgegriffen. Die Quellenlage ist, ebenso wie dies Merz und Rygol in ihren Dissertationen zur Augsburger beziehungsweise Regensburger Sparkasse fest- halten, „temporär lückenhaft“,12 wobei sie für die Jahre bis etwa 1850 als gut bezeichnet werden darf. Für die folgenden Jahre werden die zeitlichen Lücken zunehmend größer, was nicht zwin- gend auf eine schlechte Überlieferungssituation hinweisen muß, sondern durchaus als beginnen- der Emanzipationsprozeß gedeutet werden kann.

10 Oberpfälzer Jura Nr. 18/1955, Nr. 19/1955, Nr. 21/1955, Nr. 1/1956, Nr. 3 - 7/1956, Nr. 10/1956, Nr. 11/1956. 11 Anne Schiener, Sparkassenbild. 175 Jahre Sparkasse Amberg-Sulzbach 1825 - 2000, Amberg 2000. 12 Merz 4; Rygol 17. 5 Im Stadtarchiv Amberg sollten sich, wie Schroll angab, die Jahresrechnungen der Sparkasse be- finden. Er hielt in seiner Jubiläumsschrift fest, sie vollständig bis auf das Jahr 1838 - „diese Jahres- rechnung fehlt im städtischen Archiv“13 - vorgefunden zu haben. Die Suche nach diesen wichtigen Primärquellen war jedoch vergeblich; sie galten schließlich als verschollen. Für die Verfasserin ergab sich hieraus eine prekäre Situation, denn im Unterschied zur Sparkasse Regensburg14 hatte man in Amberg darauf verzichtet, Rechenschaftsberichte zu veröffentlichen und aus dem Schrift- verkehr gingen zu selten Geschäftszahlen hervor. Um die Kluft bis zu den Veröffentlichungen des Königlichen Statistischen Bureaus zumindest für einige Jahre zu schließen, wurde der Versuch unternommen, über die Akten der Staatsschuldentilgungskasse Regensburg Zahlen zum Aktivge- schäft der Sparkasse, das sich anfangs ausschließlich auf die Anlage beim Staat konzentrierte, vor- legen zu können. Auch dieser Versuch scheiterte. Als Verwahrungsort der Bestände kam allein das Staatsarchiv Amberg in Frage, doch hier hatte mein keine Kenntnis von entsprechenden Archiva- lien. Die Akten des „Rechnungswesens der Königlichen StaatsSchulden-Tilgungs-Special Cassa Regensburg“ waren um 1867 nach Landshut verbracht worden. Über den Schriftverkehr des Staatsarchivs Amberg mit dem Staatsarchiv Landshut konnte festgestellt werden, daß die Archiva- lien im Zuge der Beständebereinigung 1969/70 nach Amberg kamen. Eine Einordnung der Abga- be in die Bestände des Staatsarchivs erfolgte jedoch bis heute wegen Personalmangels nicht. Die Durchsicht der ungeordneten Kartons ergab das Fehlen jeglicher Akten zur Anlage von Sparkas- sengeldern. Vermutlich wurden diese beim Brand auf der Burg Trausnitz zerstört. Das historische Archiv der Sparkasse Amberg-Sulzbach, dessen Standort zunächst nicht bekannt war, konnte auf dem Dachboden der Geschäftsstelle Hahnbach in der Nähe von Sulzbach- Rosenberg gefunden werden. Es befindet sich in ungeordnetem Zustand und ist nicht optimalen Bedingungen ausgesetzt. Von den zahlreichen Geschäftsbüchern, die die Sparkasse führte, - Jour- nale, Kontroll-, Vormerkungs-, Quittungs-, Übersichts-, Hauptbücher, Auszüge aus den jeweiligen Büchern - konnten keine Exemplare gefunden werden. Doch nach intensiver und zeitaufwendiger Suche kamen die Jahresrechnungen zutage, denen, wie von Schroll angegeben, lediglich der Jahr- gang 1838/39 fehlt. Damit standen bedeutende Primärquellen15 zur Verfügung, die nicht nur Aus- kunft zur Entwicklung des Passiv- und Aktivgeschäfts geben, sondern ebenso zum Sparkassenper- sonal und dessen Entlohnung, zur Verteilung der Rentenüberschüsse, zu Darlehensnehmern, zum Reservefonds und dessen Verzinsung, zur Aufnahme von Vorschüssen, zur Höhe der Zinssätze und zur Verwendung der von der Sparkasse gewährten Kommunalkredite. Sie enthalten indes keine Informationen zu Struktur und Anzahl der Sparer, zur individuellen Guthabenhöhe und zum Sparverhalten.

13 Schroll 42. 14 Rygol 17. 15 Vgl. Merz 4; Rygol 17. 6 B) SPARKASSEN: VON DER IDEE ZUR REALISIERUNG Sparkassen konnten erst entstehen, nachdem man den Individualismus „entdeckt“ hatte. Im Ver- lauf des 18. Jahrhunderts hatte die Vorstellung vom Individuum soweit Inhalt gewonnen, daß sich „die Postulate der persönlichen Freiheit und der Verantwortung des einzelnen für sein Leben zwingend ableiteten. Die Verpflichtung zur [persönlichen] Daseinsvorsorge ergab sich [zwangsläu- fig] als weitere Folgerung aus diesen Grundsätzen“.16 Den Trägern dieses Gedankengutes galt die Sparsamkeit als zentrales Erziehungsziel für die breite Bevölkerung. Man erkannte rasch, daß die angestrebte Spartätigkeit der Kanalisierung und einer Infrastruktur bedurfte: die Sparkassenidee war geboren. Den ersten Vorstoß unternahm im Jahr 1611 der französische Gesandte Hugues Delestre. Er legte Maria von Medici - Regentin für ihren unmündigen Sohn Ludwig XIII. - ein 1 200 Seiten umfassendes gesellschaftspolitisches Reformwerk vor, das den Titel „Le premier Plant du Mont de Piété François consacré à Dieu“ trug. Sein Ziel lag in einer generellen inneren und äußeren Erneuerung des französischen Staates. Delestre hatte unter anderem Vorschläge zur Er- richtung von Waisenhäusern und von Heimen für mittellose Priester ausgearbeitet; Witwen, Wai- sen und Arme sollten kostenlos Rechtsschutz in Anspruch nehmen können, und er trat für den Aufbau einer Handelsflotte ein.17 Innerhalb seiner sozialpolitischen Ausarbeitungen nahm die Vor- stellung, jeder Person müsse die Möglichkeit offenstehen, „contre les maladies, famines, usures, exactions et banqueroutes“18 finanzielle Vorsorge treffen zu können, breiten Raum ein. Damit dies gelänge, hatte der Mons pietatis nach Delestres Auffassung sparkassenähnliche Aufgaben zu über- nehmen. Jedermann sollte zu einem Zinssatz von 3,33 % Einlagen in unbegrenzter Höhe einzah- len können, für Angehörige unterer Gesellschaftsschichten, wie Dienstboten oder Arbeiter, sah er einen erhöhten Zinssatz von 5,88 % vor. Die Aktiva gedachte er bei Pfandleihen oder als Beteili- gung bei Handelsgeschäften unterzubringen.19 Eine Umsetzung der Vorschläge Delestres unter- blieb aus innenpolitischen Gründen. Zur Errichtung der ersten französischen Sparkasse kam es erst über 200 Jahre später.20 Der englische Schriftsteller Daniel Defoe gilt als weiterer Pionier des Sparkassengedankens. Er reg- te in seiner 1697 erschienen Schrift „An Essay on Projects“ die Etablierung von lokalen Hilfsein- richtungen auf Gegenseitigkeit an. Um Bettelei und Armut zu verhindern, sollte nach seiner An- sicht jedermann von Jugend an einen Teil seines Verdienstes „sicheren Händen anvertrauen und ihn als Unterstützungsfonds für sich selbst liegenlassen, bis er durch Alter oder Unfall unfähig ge- worden sei, für sich zu sorgen.“21 Die Anregungen Defoes fanden in Großbritannien weithin Be- fürworter, eine Vielzahl von Hilfsvereinen auf Gegenseitigkeit wurde gegründet. Die früheste Sparkasse errichtete allerdings erst gut 100 Jahre nach Defoes Vorstoß Priscilla Wakefield in Tot-

16 Wysocki, Einführung 10. 17 Ashauer 31. 18 Wysocki, Sparkassenidee 98. 19 Ashauer 31. 20 Pohl 96; Moster/Vogler 106. 21 Trende 5. 7 tenham, Middlesex. Sie hatte im Jahr 1798 eine Wohltätigkeitsgesellschaft für Frauen und Kinder ins Leben gerufen, die 1801 durch eine Sparkasse erweitert wurde.22 „Die erste Gründung einer echten Sparkasse fand wohl, dem gegenwärtigen Forschungsstand ge- mäß, in Deutschland statt.“23 Am 1. August 1778 wurde in Hamburg die „Allgemeine Versor- gungsanstalt“ durch die Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe errich- tet. Sie „bewegte sich [...] im wesentlichen noch in den traditionellen Bahnen des Versicherungs- geschäftes. Die große Neuerung bestand allerdings in der als neunte Sparte ausgewiesenen Erspa- rungsklasse.“24 Diese bot Angehörigen der Unterschichten erstmals die Möglichkeit, durch Sparen eine selbständige Vorsorge gegen finanzielle und materielle Not zu betreiben. Als älteste „in unun- terbrochener funktionaler und institutionaler Kontinuität als solche heute noch selbständig beste- hende Sparkasse Deutschlands“ bezeichnete Wysocki die im Jahr 1786 gegründete Leihekasse der Grafschaft Lippe, später Sparkasse Detmold.25 Ashauer führt weitere Institute an, die auf längere Tradition verweisen können; sie waren indes nicht als Sparkassen errichtet worden,26 so die Gräf- lich-Castell-Remlingen’sche Land-Credit-Casse, die 1774 mit dem Ziel gegründet wurde, „den Wucher in der Grafschaft zu verdrängen und die weitere Verarmung der bäuerlichen Untertanen zu verhindern“.27 Sie erfüllte vorrangig die Aufgaben einer Hypotheken- und Depositenbank. Als erstes kommunales Institut entstand in Deutschland im Jahr 1801 die Göttinger Sparkasse.28 Bis zur Gründung der ersten bayerischen Sparkasse sollten noch weitere 20 Jahre vergehen. Der außerordentlich regenreiche und kalte Sommer des Jahres 1816 verursachte eine Mißernte, der eine Hungersnot folgte. Die Getreidepreise stiegen in Bayern bis zum Herbst 1817 beinahe um das Fünffache. Ein Großteil der Bevölkerung konnte den Bedarf an Grundnahrungsmitteln nicht mehr decken, denn annähernd Dreiviertel der Ernährung bestand aus Getreideprodukten. Die in der Folge entstehenden Krawalle mußten zum Teil militärisch beendet werden.29 Unter dem Eindruck der Krise ergriff die bayerische Staatsregierung gesetzliche Maßnahmen, die präven- tiv wirken sollten. Mit dem Normativ vom 17. November 181630 wurde die Zuständigkeit für das Armenwesen an die Kommunen zurück übertragen - der zentralistische Staat hatte akzeptiert, „daß [die] Verordnungen über das Armenwesen bei der nachtheiligen Einwirkung der bisherigen außerordentlichen Zeitumstände nicht allenthalben in erwünschten Vollzug gekommen sind“.31 Aufgabe der Armenpflegen sollte es nun nach Artikel 57 des Normativs sein, „nach Umständen für

22 Gosden 153. 23 Wysocki, Einführung 13. Zu den frühesten Sparkassengründungen in ausgewählten europäischen Ländern vgl. ebd. Tabelle S. 14. 24 Pohl 90. 25 Wysocki, Gutachten 50. Zu den deutschen „Ursparkassen“ vgl. Ashauer 51, 54; Wysocki, Untersuchungen 16f.; Pohl 90 - 92. 26 Ashauer 58. 27 Horster 588. Vgl. Jochen Klein, Zwei Jahrhunderte Fürstlich Castell’sche Bank, Credit-Casse - Geschichte einer fränki- schen Bank, Würzburg 1972. 28 Mura 78. 29 Vgl. Mertens 74f. 30 RBl. 1816, 779 - 816. 31 Ebd. 779. 8 die Bildung von SparKassen für Zeiten des Alters und der Noth [...] zu sorgen, besonders aber dahin zu trachten, daß für HandwerksGesellen und Dienstboten ein Sicherungsverband auf Fälle der Krankheit, mittels kleiner Beiträge von ihrem Lohne unter Mitwirkung der Meister und Diens- tesherren, zu Stand komme.“32 Mit diesem ersten Vorstoß, den Sparkassengedanken in eine Rechtsnorm einzubinden, machte sich der bayerische Staat zum Vorreiter unter den deutschen Staaten. Die sächsische Regierung folgte 1822, in Preußen griff der Staat erst ab 1831 ordnend in das Sparkassenwesen ein.33 Bereits drei Jahre vor der Initiative der bayerischen Staatsregierung hatte Rudolph Sigmund von Holzschuher, Mitglied der Gesellschaft zur Beförderung vaterländi- scher Industrie, vorgeschlagen, in Nürnberg ein Sparkasse zu errichten. Doch die Kriegsunruhen verhinderten die Ausführung seines Plans, man nahm ihn erst 1817 wieder auf. Die als rein priva- tes Projekt konzipierte Sparkassengründung scheiterte jedoch an der mangelnden Investitionsbe- reitschaft der in Aussicht genommenen Geldgeber.34 Im selben Jahr verfaßte der Münchner Hauptbuchhalter Johann Kaspar Brunner eine Stellungnahme zur Errichtung von Sparkassen, die er dem bayerischen Innenminister Friedrich von Thürheim übersandte.35 Er bezog sich in seinen Ausführungen auf die 1805 in Zürich gegründete Sparkasse, bei der sein Vater als Einnehmer tätig war. Die bayerische Staatsregierung nahm Brunners Ausarbeitungen zur Kenntnis, eine unmittel- bare Reaktion erfolgte nicht. Nach Inkrafttreten des Gemeindeedikts von 1818 kamen als Sparkas- senträger nun auch Kommunen in Frage. Zum Ende des Jahres 1820 legte der Nürnberger Magist- ratsrat Johannes Scharrer ein Konzept zur Gründung einer städtischen Sparkasse vor, das im Mai 1821 von den kommunalen Gremien genehmigt wurde.36 Der Eröffnung der ersten bayerischen Sparkasse stand nun nichts mehr im Wege; sie erfolgte am 1. November 1821. Drei Monate spä- ter wurde die Augsburger Kasse, die nicht von der Kommune, sondern von einem Verein getragen wurde, errichtet. Als drittes bayerisches Institut nahm am 1. Oktober 1822 die Würzburger Spar- kasse, die wiederum unter städtischer Trägerschaft stand, ihren Betrieb auf.37 Die vierte bayerische und erste Sparkasse des damaligen Regenkreises wurde am 2. Februar 1823 in Regensburg eröff- net.38 Zwei Jahre später folgte als drittes Institut im Regenkreis - nach der ebenfalls im Jahr 1823 gegründeten Sparkasse Eichstätt - die städtische Sparkasse Amberg.

32 Ebd. 801. 33 Ashauer 89, 94. 34 Mertens 111f. 35 BayHStAM, MInn 52670; Auszüge abgedruckt in: Trende 70f. 36 Zu den Kontroversen vgl. Mertens 112f. 37 Merz 7. 38 Rygol 23. 9 C) AMBERG ZU BEGINN DES 19. JAHRHUNDERTS I. Amberg im „neuen“ Bayern Mit dem Regierungsanstritt Kurfürst Maximilians IV. Joseph begann „eine neue bayerische Ge- schichte“1 - aus dem Stände- und Privilegienstaat des Ancien Régime entwickelte sich das moder- ne Staatsbayern. Die Reform2 der Verwaltung setzte mit der Einrichtung des „Geheimen Ministe- rialdepartements“ ein und fand ihren Abschluß mit der Schaffung der Generalkommissariate, der späteren Kreisregierungen, als Mittelbehörden.3 Grundlage des staatlichen Neubaus wurde die Verfassung vom 1. Mai 1808. Ihr folgte am 21. Juni 1808 die Verordnung über die Territorialein- teilung, die die bayerischen Gebiete unter Einbeziehung geographischer Gegebenheiten nach verwaltungstopographischen Gesichtspunkten in 15 Kreise gliederte.4 Im Zug dieser Neuorganisa- tion bestimmte man am 23. April 1799 Amberg zunächst zum Sitz einer Landesdirektion,5 deren Zuständigkeit sich auf die kurpfälzische Oberpfalz, das Herzogtum Sulzbach und die Landgraf- schaft Leuchtenberg erstreckte.6 Als mit der oben genannten Verordnung vom Juni 1808 die bis- herige Provinzialeinteilung beseitigt wurde, erlangte Amberg als Zentrum des neu entstandenen Naabkreises zum letzten Mal Hauptstadtfunktion.7 Gebietsabtretungen und hinzugekommene Landesteile8 führten zwei Jahre später zu einer Neueinteilung der Verwaltungsbezirke in nunmehr neun Kreise. Der Naabkreis wurde aufgelöst, dessen nördlicher Teil dem Mainkreis, dessen südli- cher Teil dem Regenkreis zugeschlagen. Die Stadt Amberg, seit 1809 direkt dem Generalkreis-

1 Bosl 216. 2 Eine Darlegung der Reformen unterbleibt hier. Vgl. Auswahlliteratur Rode 25, Anm. 29. 3 Vgl. Weis 71; Volkert 35 - 40; Anegg 6 - 11. 4 Emmerig 11; Emmerig, Entwicklung 306; Volkert 36; Rode 26, Anm. 32. „Kreis“ war seither die Bezeichnung für die mittlere Verwaltungsebene. Obwohl der Begriff „Regierungsbezirk“ schon 1828 Verwendung fand, kennt die Bayerische Verfassung von 1946 noch immer den „Kreis“. „Regierungsbezirk“ wurde erst seit der Bezirksordnung von 1953 zur ständigen und ausschließlichen Benennung der einzelnen Verwaltungsgebiete. Emmerig 11. 5 Josepf von Destouches, der eine Reihe historisch-statistisch-staatswirtschaftlicher Arbeiten verfaßte und 1810 zum Mitglied der bayerischen Akademie der Wissenschaften ernannt wurde, gab in seiner „Statistischen Beschreibung der Stadt Amberg“ einen Überblick über Bildung und Aufgaben der Landesdirektion. Sein Einblick ist unmittelbar, denn er fungierte ab 1799 als Landesdirektionsrat und ab 1808 als Kreisrat in Amberg: „Diese Landesdirektion, als die oberste Landesadministrationsstelle der Oberpfalz, eröffnete ihre Sitzungen den 3ten May 1799. Sie bildete zwar ein ganzes Landeskollegium, war aber in vier Deputationen getheilt, wovon die erste die Landeshoheits-, Gränz- und fiskalischen Sachen, die zweyte die Polizeysachen, die dritte die Staatswirthschafts- und Rechnungsgegenstände, und die vierte die Landkulturs- Forst- und Bauangelegenheiten besorgte. Ein Präsident war der Vorstand des ganzen Kollegiums; jede Deputation hatte einen Direktor und vier Räthe. Der Polizeydeputation waren drey Medizinalräthe zur Theilnahme an medizinisch-polizeylichen Gegenständen beygeordnet, nebst diesem Rathspersonale wurden zwey Landeskommissarien zur Besorgung der Amtsextraditionen, Visitation der Aemter, und städtischen und märktischen Verwaltungen, zur Unter- suchung der Beamten, dann fünf Sekretäre, fünf Rechnungskommissäre, ein Archivar und ein Archivars-Registrator, nebst einem Archivskanzelisten, drey Registratoren, ein Expeditor zugleich Taxator, ein Repartitor auf der Kanzley und 11 Kanzelisten, dann 1 Rathsdiener und 3 Bothen angestellt, auch wurden drey Land- und Forstgeometers ernannt, und die Provinzialstaatskasse blieb wie ehevor mit einem Kassier, Controleur Offizianten, Amtschreiber und Kassendiener besezt. [...] Die Landesdirektion theilt sich seit dem 20zigsten August des Jahres 1803, nur mehr in zwey Deputationen, wovon die erste in zweyen Sektionen die Hoheits-, Fiskalats- und Polizeygegenstände, die zweyte die Rechnungs-, Regie- Forst- Bau- und Kultursgegenstände in drey Sektionen bearbeitet, wobey aber an dem Personale nichts abgeän- dert oder beschränkt wurde; doch werden die Bergwerks- und Hütten-, dann Gewehrfabriksgeschäfte von einem eig- nen hierzu aufgestellten Rath, jedoch mit Theilnahme der zweyten, oder staatswirthschaftlichen Deputation behandelt.“ Destouches 60f. Joseph von Destouches, Statistische Beschreibung der Stadt Amberg, 1808, Nachdruck 1984, ist nicht zu verwenden, da er Druckfehler enthält; Beispiel S. 78. 6 Emmerig, Entwicklung 306; Volkert 35. 7 Zur Gliederung des Naabkreises vgl. Rode 34. 8 Die Veränderungen des bayerischen Staatsgebietes von 1801 bis 1814 übersichtlich tabellarisch in ebd. 243. 10 kommissariat unterstellt,9 verlor damit ihren Status als Hauptort der Oberpfalz10 an die für Bayern gewonnene Stadt Regensburg, die nun Hauptstadt des Regenkreises wurde.11 In Amberg blieb als höchste Behörde das Appellationsgericht.12

II. Die städtische Verfassung13 Mit Beginn des 19. Jahrhunderts hatte sich die verfassungsrechtliche Stellung der Stadt Amberg, wie dies für alle bayerischen Kommunen14 zutraf, gravierend geändert. Deutlich wird dies in der von Weiß geschilderten Auseinandersetzung des Amberger Magistrats mit der ansässigen Landes- direktion. Auf Grund der Verordnung vom 20. August 1801 hatte diese die Vorlage einer Aufstel- lung des städtischen Vermögens gefordert. Dagegen verwahrte sich der Magistrat unter Hinweis auf den Privilegienstatus der Stadt energisch, jedoch vergeblich.15 Der von Montgelas seit 1802 betriebene Entzug der Selbstverwaltung der Städte und Märkte unterstellte die kommunale Admi- nistration der Aufsicht eines kurfürstlichen Stadtkommissärs,16 der ab 1805 die Umgestaltung des Magistrats nach dem Vorbild Ingolstadts17 vornahm. Bestand die städtische Verwaltung bisher aus vier Bürgermeistern, 14 Inneren und 24 Äußeren Räten, dazu einem Stadtschreiber und einem Syndikus,18 setzte sich nun der Magistrat aus einem juristisch qualifizierten Bürgermeister, einem eben solchen Magistratsrat, einem Bausachverständigen, sechs bürgerlichen Magistratsräten, zwei Stadtschreibern, zwei weiteren Schreibern und vier Polizeidienern zusammen. Die städtische Ge- richtsbarkeit19 wurde mit Erlaß vom 18. Dezember 1802 abgetrennt20 und von einem neu instal- lierten Stadtgericht, das aus dem Stadtoberrichter, einem Aktuar, einem Boten und einem Eisen- gerichtsdiener bestand, wahrgenommen.21 Nach dem Gemeindeedikt von 181822 gehörte Amberg

9 Volkert 402. 10 Der Begriff „Oberpfalz“ verschwand mit der Benennung der Kreise nach Flußnamen. Erst die Verordnung vom 29. November 1837 änderte die Bezeichnung „Regenkreis“ in „Oberpfalz und Regensburg“ und trug damit der histori- schen Grundlage des neu entstandenen und im wesentlichen dem heutigen Regierungsbezirk „Oberpfalz“ entspre- chenden Kreises Rechnung. Volkert 405; Emmerig, Entwicklung 310. 11 Die durch die Verordnung vom 23. September 1810 für den Regenkreis hinzu gewonnenen beziehungsweise abge- tretenen Gebiete in Rode 29. Abbildungen der Kreiseinteilungen von 1808 (Naabkreis), 1810 (Regenkreis), auch 1817 (Regen-Kreis) und 1837 (Oberpfalz und Regensburg) in Emmerig, Entwicklung 308f. 12 Fuchs 202. Errichtet am 24. Juli 1808; Personal: 1 Präsident, 2 Direktoren, 16 Räte, 4 Sekretäre, weitere Unterbeam- te. Hubmann fol. 208. Appellationsgerichte befanden sich in Ansbach, Bamberg, München, Neuburg/Donau, Straubing und Würzburg. Grabuth 155. 13 Vgl. Fritsch 45 - 60. 14 Zu außerbayerischen Städten vgl. Matzerath 12f; hier Literaturverweise. 15 Weiß 33. 16 Zur Position des Stadtkommissärs Weiß 57 - 63. 17 Zur „Ingolstädter Verfassung“ ebd. 40. 18 Seit Ratsbeschluß vom 24. Februar 1437 wurden in Amberg jeweils vier Bürgermeister gewählt. Jeder übte sein Amt für ein Vierteljahr verantwortlich aus. Von 1484 bis 1597 wich man von dieser Bestimmung ab und wählte fünf Bürger- meister. Liste der Bürgermeister in Ambronn/Wanderwitz 407 - 418. Äußerer und Innerer Rat lassen sich seit 5. Juni 1418 nachweisen. Der Innere Rat war an sämtlichen kommunalen Entscheidungen beteiligt. „Der Äußere Rat wurde hingegen nur bei der Besetzung der Ämter, bei Beratung und Beschluß allgemeingültiger Satzungen und Verordnungen sowie bei anderen Beratungen und Beschlüssen hinzugezogen, die von allgemeinem Interesse für die Stadt waren.“ Fritsch 50f, 53f; Rubenbauer 36 - 39, 49 - 55, 58 - 67; Destouches 69. Eine Aufstellung der Amberger Stadtschreiber und Stadtsyndici in Ambronn/Wanderwitz 418 - 420. 19 Zum Stadtgericht vgl. Fritsch 54 - 56. 20 Zu den Gründen Weiß 35. 21 Laschinger, Amberg 59; Fritsch 47, 50, 56; Destouches 119; Hubmann fol. 201. 11 zu den Städten der II. Klasse23 mit dem Status einer kreisunmittelbaren Stadt, an deren Spitze der Magistrat und das Kollegium der Gemeindebevollmächtigten standen.24

III. Die Bürgermeister25 Die Bürgermeisterwahl vom 21. Oktober 1800 bestimmte, wie in Amberg üblich, vier Personen für das städtische Amt: Franz Michael Girisch, Mathias Platzer, Joseph Anton Allioli und Johann Georg Klier.26 Girisch war zum Zeitpunkt der Wahl 54 Jahre alt, verheiratet und kinderlos. Seit 1771 bekleidete er kommunale Ämter. Zunächst war er als Innerer Rat für das Steueramt und die Straßeninspekti- on zuständig. Im Oktober 1778 wurde er zum ersten Mal zum Bürgermeister gewählt; ab 1796 versah er das Amt in alleiniger Verantwortung.27 Folgender Sachverhalt führte zu diesem Novum in Ambergs Geschichte: Im Oktober 1778 waren zusammen mit Girisch Johann Joseph Mayr,28 Adam Bernhard Faßmann29 und Eustach Fleischmann30 zu Bürgermeistern gewählt worden. In den Folgejahren fanden keine weiteren Wahlen statt. Mayr starb am 18. Juni 1792,31 Fleischmann 1796.32 Auch Faßmann mußte zwischenzeitlich verstorben sein, so daß Girisch schließlich nach Fleischmanns Tod „5 volle Jahre als einziger Bürgermeister regirte“33. Gleichzeitig fungierte er von 1796 bis 1800 als Stadtkämmerer.34 Girisch starb im Jahr 1816.35

22 Abdruck in Knemeyer 30 - 62. 23 Laschinger, Amberg 59 ist zu korrigieren. Weiß 255. 24 Aufgabe der Gemeindebevollmächtigten innerhalb der kommunalen Verwaltung war die Wahl des Magistrats, der sich in Städten II. Klasse aus einem Bürgermeister, einem oder zwei rechtskundigen Räten, einem Stadtschreiber und sechs bis zehn Bürgern zusammensetzte, letztere versahen ihr Amt als Magistratsräte sechs Jahre. Sie erhielten eine angemessene Entschädigung. Die Zahl der Gemeindebevollmächtigten, die von Wahlmännern gewählt wurden, betrug das Dreifache der Zahl der bürgerlichen Magistratsräte. Ihre Amtszeit war auf neun Jahre beschränkt. Der Magistrat war verpflichtet, alle wichtigen Gemeindeangelegenheiten mit den Gemeindebevollmächtigten zu beraten und sie bei der Bestellung des städtischen Personals zu hören. Bei Nichteinigung entschied die Kuratelbehörde. Die Gemeindebevoll- mächtigten versahen ihre Stelle unentgeltlich.„Nur erwiesene körperliche oder geistige Unfähigkeit oder ein sechzigjäh- riges Alter, sind gültige Entschuldigungs-Ursachen, wegen welcher ein Gemeinde-Glied die Stelle eines Bevollmächtigen ablehnen kann.“ Verfassung und Verwaltung §§ 9, 47, 50, 52, 74, 77, 79, 81, 82, 83, 88; IBl. Re. 1827, 1708 - 1710; Knemeyer 41 - 51. Zu den Aufgaben des Magistrats: Verfassung und Verwaltung §§ 55 - 72; Knemeyer 44 - 47. 25 Die wenigen persönlichen Daten der vier Bürgermeister entstammen einem Zufallsfund in der Korrespondenz des Stadt- und Polizeikommissariats, in dem es um Besoldungsfragen ging. Weiteres Quellenmaterial zu den städtischen Vorständen konnte nicht gefunden werden. Personalakten zu den Bürgermeistern des 19. Jahrhunderts sind ab Vinzent König (10. August 1866 bis 19. Januar 1892) vorhanden. 26 Ambronn/Wanderwitz 417; Destouches 69. 27 Ambronn/Wanderwitz 407 ist diesbezüglich zu korrigieren. 28 Mayr war seit 1771 zusammen mit Eustach Fleischmann und einem weiteren Gesellschafter Besitzer der Amberger Steingutfabrik. Nichelmann 284. 29 Faßmann war Apotheker. Er erhielt im Jahr 1760 das Amberger Bürgerrecht. StadtAAm, Bd. 245, fol. 28v. 30 Der Kaufmann Eustachius Fleischmann stammte aus Sulzbach. Er wurde im Jahr 1762 Amberger Bürger. StadtAAm, Bd. 245, fol. 29v. Von 1778 bis 1796 übte Fleischmann das Amt des Stadtkämmerers aus. Ebd. Repertorium Rechnun- gen fol. 10. 31 Hubmann fol. 161. 32 Ambronn/Wanderwitz 417. 33 StadtAAm, Zg. I 336, Schreiben Girischs an das Stadt- und Polizeikommissariat vom 13. November 1805. 34 Ebd. Repertorium Rechnungen fol. 10f. 35 Hubmann fol. 242. 12

Mathias Platzer wurde in Amberg geboren, hatte ein Theologie- und Rechtsstudium absolviert und war unverheiratet. Seit 1776 stand er als Innerer Rat in städtischem Dienst. Im Jahr 1805 gab er an Privatier zu sein und über ein Vermögen von 10.000 fl. zu verfügen.36 Joseph Anton Allioli, laut Bürgerbuch Handelsmann,37 war vor der Wahl zum Bürgermeister 25 Jahre als Innerer Rat tätig. Zum Zeitpunkt der Amtsübernahme hatte er das 63. Lebensjahr vollen- det. Allioli war verheiratet und hatte 2 Söhne.38 Er starb am 19. April 1838.39 Am längsten in städtischen Diensten stand Johann Georg Klier, nämlich seit 1763. Das Bürgerbuch verzeichnet ihn als Schreiber.40 In den Jahren 1801 bis 1807 hatte er das Amt des Stadtkämmerers übernommen.41 Klier wurde im Februar 1738 geboren und starb 1820.42 Er hatte es im Jahr 1805 zu einem Vermögen von 7.000 fl. gebracht.43 Im Jahr 1805 standen den vier Bürgermeistern folgende Einkünfte aus ihren kommunalen Tätigkei- ten zu:

Allioli 357 fl. Girisch 390 fl. Platzer 369 fl. Klier 469 fl. Die Besoldungsunterschiede ergaben sich aus den verschiedenartigen Aufgaben der Kommunal- vorstände. Jeder erhielt 100 fl. für seine Funktion als Bürgermeister, die restlichen Beträge ent- schädigten für Arbeiten in weiteren städtischen Ämtern, so war Platzer unter anderem Verwalter des Katharinenspitals.44 Die deutlich höhere Summe Kliers resultierte aus seiner Tätigkeit als Stadt- kämmerer, wofür er ebenfalls 100 fl. erhielt.45 Die vier Bürgermeister versahen ihr Amt bis Mitte 1807. Am 13. Juli 1807 wurde Anton Samuel Joseph Weingärtner zum neuen Bürgermeister ernannt.46 Mit seiner Berufung begann eine neue Ära für Ambergs Stadtverwaltung, denn Weingärtner wurde zum alleinigen städtischen Vorstand bestimmt mit einem Gehalt von 1.000 fl. jährlich plus 10 Scheffel47 Korn, freie Wohnung und Beheizung im Wert von 355 fl. 45 kr.48 Vom 23. Februar 181349 bis 24. September 1818 fungierte er als königlicher Kommunaladministrator50 und ab

36 StadtAAm, Zg. I 336, Schreiben Platzers an das Stadt- und Polizeikommissariat, undatiert. 37 Ebd. Bd. 245, fol. 34, 8435. 38 Ebd. Zg. I 336, Schreiben Alliolis an das Stadt- und Polizeikommissariat vom 18. November 1805. 39 Hubmann fol. 333. 40 StadtAAm, Bd. 245, fol. 33v., 8419. 41 Ebd. Repertorium Rechnungen fol. 10f. 42 Ebd. Bd. 245, fol. 33v., 8419. 43 Ebd. Zg. I 336, Schreiben Kliers an das Stadt- und Polizeikommissariat vom 20. November 1805. 44 Ebd. Repertorium Rechnungen fol. 98f. 45 Ebd. Rechnungen I 276, 108 - 109, 114. 46 Ebd. Zg. I 342, Dekret des Generallandeskommissariats vom 13. Juli 1807. 47 1 Scheffel = 222,35 Liter. 48 StadtAAm, Zg. I 2039, Auszug aus der Kommunalrechnung 1817/18 o. D. Die übrigen Stadtverwaltungsmitglieder erhielten folgende jährliche Bezüge: 1. Literärrat 850 fl., 2. Literärrat 800 fl., Stadtschreiber 500 fl., jeder Magistratsrat 100 fl. Ebd. Zg. I 242, Schreiben der königlichen Kommission vom 25. September 1818. 49 Ambronn/Wanderwitz 417 ist zu korrigieren. „Durch allerhöchstes Rescript vom 23. Februar 1813 wurde Bürgermeis- ter Weingärtner zum Communaladministrator ernannt“. StadtAAm, Zg. I 342, Schreiben des Magistrats an die Kreisre- gierung vom 17. Januar 1840. 13

25. September 1818 als erster rechtskundiger Bürgermeister Ambergs. Dieses Amt behielt er bis zur Genehmigung seines Pensionsgesuchs am 6. Juni 1840.51 Faktisch hatte er den Dienst bereits am 12. Januar 1840 niedergelegt.52 Obwohl er die vorgeschriebenen 40 Dienstjahre in kommna- len Ämtern noch nicht erreicht hatte, wurde ihm ein jährliches Ruhegeld in Höhe von 1.431 fl. bewilligt.53 Seine Amtsführung erregte heftigen Unmut bei seinem Nachfolger, der wegen Lücken- haftigkeit der Amtsakten - Weingärtner hatte sie zum großen Teil mit nach Hause genommen und nur unvollständig wieder vorgelegt54 - jede daraus resultierende Verantwortung ablehnte. Auch die Registratur war unzulänglich geführt worden. Man hatte festgestellt, daß die Schriftstücke nicht repertorisiert wurden, keine fortlaufenden Nummern trugen und ohne Ordnung abgelegt worden waren.55 Weingärtner, in dessen Amtszeit die Gründung der Sparkasse fiel, wurde am 25. Mai 1778 in Sulzbach geboren. Über seine Ausbildung ist nichts bekannt. Am 20. oder 25. Februar 1801 über- nahm er die Funktion des Stadtschreibers in Amberg. Er war verheiratet und hatte mindestens einen Sohn.56 Hubmann hob besonders Weingärtners Aktivitäten in der Verschönerungskommis- sion hervor; ihm war die Anlage von Spazierwegen und Alleen rund um Amberg zu verdanken.57 Während einer Reise in seiner Funktion als städtischer Deputierter erlitt Weingärtner auf dem Weg nach München einen folgenschweren Unfall. Er wurde dabei nach einem Zusammenstoß mit Postpferden mehrere Meter mitgeschleift und zog sich schwerste Schädelverletzungen zu. Als Folge dieses Unfalls litt er an erheblichen Gedächtnisstörungen, die schlußendlich zu seiner vor- zeitigen Pensionierung führten.58 Weingärtner starb am 26. April 1860 in Amberg.59

IV. Die finanziellen Verhältnisse Wie sich die finanzielle Situation der Stadt Amberg zu Beginn des 19. Jahrhunderts darstellte, ließ sich nicht ermitteln. Die Stadtkammerrechnungen geben keinerlei Aufschlüsse.60 Zu vermuten ist eine wenig befriedigende Lage, bedenkt man den bis 1825 aufgelaufenen Schuldenstand von

50 Mit ihm wurden vier Municipalräte berufen: Glasermeister Hirner, Buchbinder Schenkl, Kaufmann Niedermayr, Seifensieder Schlager. Hubmann fol. 236. 51 StadtAAm, Zg. I 342, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 18. Juni 1840 52 Ebd. Schreiben des 1. Rechtsrats Rezer an die Kreisregierung vom 13. März 1840. Weingärtner hatte nach Übergabe seines Pensionsgesuchs am 12. Januar 1840 die magistratischen Amtsräume nicht mehr betreten. 53 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 18. Juni 1840. Für die Auszahlung des Ruhegelds in voller Höhe haben sich vor allem die Gemeindebevollmächtigten ausgesprochen. Ebd. Schreiben der Gemeindebevollmäch- tigten vom 15. Januar 1840. 54 So konnten im Verwaltungsbericht der Jahre 1833/34 bis 1838/39 keine Befähigungsnachweise des Magistratsperso- nals vorgelegt werden, da das „Qualifications Buch“ nicht aufzufinden war. Man vermutete, daß es sich in der Woh- nung des Bürgermeisters befand. Ebd. Zg. I 333, „XI Dienstesordnung und Dienstpolizei“, § 141. 55 StadtAAm, Zg. I 342, Protokoll vom 30. Juni 1840. 56 Ebd. Schreiben Weingärtners an den Magistrat vom 15. Januar 1840. 57 Hubmann fol. 255. 58 StadtAAm, Zg. I 342, Schreiben Weingärtners an den Magistrat vom 12. Januar 1840. 59 Hubmann fol. 165v. 60 StadtAAm, Rechnungen I 271 - 282. 14

35.000 fl., der sich durch das Leihhausdebakel um weitere 20.000 fl. erhöhte.61 Die Kommune hatte folgende Gesamteinnahmen und -ausgaben:62

Tabelle 1: Gesamteinnahmen/-ausgaben der Stadt Amberg 1800 - 1810 Jahr Gesamteinnahmen Gesamtausgaben

1800 10.972 fl. 10.524 fl. 1801 20.298 fl. 18.370 fl. 1802 14.295 fl. 9.780 fl. 1803 22.159 fl. 17.273 fl. 1804 21.731 fl. 15.311 fl. 1805 23.104 fl. 16.593 fl. 1806 24.671 fl. 20.607 fl. 1807 30.289 fl. 25.305 fl. 1808 38.916 fl. 36.566 fl. 1809 46.224 fl. 34.413 fl. 1810 34.993 fl. 27.901 fl.

V. Die Bevölkerung Amberg zählte im Jahr 1804 6.316 Einwohner, einschließlich 453 Militärangehöriger und 360 „Studirender“.63 Bis zum Jahr 1818 wuchs die Einwohnerzahl um 12,25 % auf 7.090 Personen. Amberg war damit die elftgrößte Stadt Bayerns64:

München 53.672 Einwohner Augsburg 29.809 Einwohner Nürnberg 26.854 Einwohner Würzburg 26.465 Einwohner Regensburg 18.933 Einwohner Bamberg 17.520 Einwohner Fürth 12.769 Einwohner Bayreuth 12.331 Einwohner Erlangen 9.009 Einwohner Landshut 8.092 Einwohner Amberg 7.090 Einwohner

Für das Jahr 1804 stellte sich die Bevölkerungsstruktur wie folgt dar:

61 Vgl. S. 106. 62 StadtAAM, Rechnungen I 271, fol. 67 ½v., 161; I 272 fol. 62, 129; I 273 fol. 64v., 136; I 274 - I 282 o. S. 63 Destouches 172. Unter „Studirenden“ sind Schüler des kurfürstlichen Gymnasiums, des ehemaligen Jesuitengymnasi- ums zu verstehen. Die im Kapitel „Von Unterrichts- und Erziehungsanstalten“ genannten 325 Studenten dürften sich auf das Jahr 1808/09 beziehen. Ebd. 181. Vgl. Müller 180 - 182. 64 Stat. JB 1894, 9. 15

Tabelle 2: Bevölkerung Ambergs 180465 Hausväter Hausmütter/Witwen Kinder Dienstboten männlich weiblich elternlos/unehelich männlich weiblich 1.528 1.769 751 1.107 189 322 650 davon bürgerlich 816 1.056 591 830 154 280 387

VI. Die wirtschaftlichen Verhältnisse 1. Die allgemeine Lage Die Situation zur Zeit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert schilderte Rapp folgendermaßen: „Lähmung und Rückgang lag fast in allen Verhältnissen der Stadt Amberg. Zum Ueberflusse kam dazu noch der zwischen Frankreich und Oesterreich ausgebrochene Krieg, dessen Schauplatz im August 1796 Amberg war, welches dabei durch Requisitionen und Plünderungen Unsägliches zu leiden hatte. Der Kaufmann Vitus Weiß allein hat seinen Schaden auf 28.000 fl. berechnet; von diesem kann man auf die übrige Bürgerschaft schließen.“66 Destouches leitete das Kapitel „Oeko- nomie, Handel und Fabriken“ seiner Beschreibung der Stadt Amberg mit einer vielfach zitierten Darstellung67 ein. Er charakterisierte Amberg als Ackerbürgerstadt: „Ein grosser Theil der Bürger und Einwohner Ambergs überhaupt, welche Gewerbe treiben, behandeln diese fast nur als Ne- bensache, und die Landwirthschaft als den vorzüglichsten Nahrungszweig. Selbst die ansehnlichs- ten Bürger und Besitzer der einträglichsten Gewerbe beschäftigen sich vorzüglich mit Oekonomie, und in dieser Hinsicht sind viele Bürger Ambergs Bauern und Oekonomen. Ihr Feldbau besteht zwar nur in walzenden Stücken, und einzelnen Wiesen und Aeckern, wovon keine einzelnen Besitzungen ein Hofgut bilden, immer ansehnlich und beträchtlich aber sind im Ganzen die Oe- konomien der Bürger Ambergs.“68 Dazu kommentiert Ambronn: „Man spürt, wie die Verhältnisse der seit dem 12. Jahrhundert weit ausgreifenden Handelsstadt eng geworden sind. Alle großen Unternehmungen, wie Bergbau-, Eisen-, Zinnblech- und Salzhandel sind der Stadt und ihren Bür- gern abhanden gekommen,69 zum einen durch das Aufhören des Bergbaus und das Darniederlie- gen der Eisenindustrie, zum anderen aber auch durch die Übergriffe des allmächtigen Landes- herrn, der unter dem Vorwand der merkantilistischen Wirtschaftslehre alle lukrativen Sparten in Handel und Gewerbe sukzessive an sich zog.“70

65 Errechnet aus Destouches 171. Additionsberichtigung: Bei „Ueberblick der wirklich in Amberg bestehenden Seelen- zahl des gefreyten Standes“ bestehen Übertragfehler aus „A II. Hausmütter“: falsch 313 - richtig 713 und aus „II. Kinder c. Elternlose und uneheliche Kinder“ falsch 30 - richtig 35. Die Summe des „Ueberblicks“ ergibt richtig 2.202 Personen; addiert mit „B. Der Bürgerstand“ 4.114 Seelen kommen die auf Seite 172 gezählten 6.316 Seelen zustande. Destou- ches bezog seine Daten aus der Volksbeschreibung des Jahres 1804. Ebd. 170. Vgl. Kaltenstadler 209 - 214. 66 Rapp 42. 67 Zuletzt Laschinger, Amberg 59. 68 Destouches 103. Zu ländlichen Kleinstädten um 1800 vgl. Kocka 97. 69 Der Zinnblechhandel kam 1656 zum Erliegen. - Gegen Ende des 17. Jahrhunderts mußte die Stadt den Handel mit den Erzeugnissen der Eisenhämmer den Produzenten überlassen. - Der städtische Salzhandel endete im Jahr 1757 als in Amberg ein staatliches Salzamt eingerichtet wurde. Ambronn 249 - 251. 70 Ebd. 252. 16

2. Der Handel Die Untersuchung Rodes zum Güteraustausch in Bayern um 1810 bestätigt die Nachrangigkeit der Handelstätigkeit in Amberg: „Insgesamt werden 24 Krämer genannt, zwei Kommissionäre handel- ten mit Büchern in einem Wert von 2.500 fl. Groß- und Detailhändler waren in Amberg nicht ansässig. In der Kategorie der Krämer sind ein Schnittwarenhändler mit einem Umsatz von 8.900 fl., 17 Spezereihändler mit Umsätzen über 8.000 fl. und sechs Händler, die sowohl mit Spezereien als auch mit Schnittwaren handelten, mit Verkaufserlösen von 34.000 fl. aufgeführt. Der Gesamterlös sämtlicher Krämer betrug 50.900 fl.“71 Rode ermittelte seine Daten auf Grundla- ge der Montgelas-Statistik des Jahres 1811/12 und stellte im Vergleich zur vorausgegangenen Er- hebung des Jahres 1809/10 - mit 32 genannten Krämern - einen Rückgang im Gesamterlös von 9.100 fl. fest.72 Destouches zählte für das Jahr 1804 noch 36 Handelsleute und Krämer, die er in drei Kategorien einteilte: vier Kaufleute handelten en gros73 mit Stoffen und Gewürzen; 11 Händ- ler - angesiedelt zwischen Groß- und Kramhandel - verkauften ebenfalls Stoffe, aber auch Gewür- ze, Spezereien und Artikel des täglichen Bedarfs wie Kaffee, Zucker, Tabak und Öl; schließlich betrieben 21 Krämer Handel mit Gewürzen und „kurzen Waaren“, die diese „allenthalben mit- schleppen“, also mit dem Korb umherzogen.74 In den wenigen Jahren zwischen den Ermittlungen Destouches’ und den statistischen Erfassungen Montgelas’ hatte die Zahl der Handeltreibenden in Amberg um 1/3 abgenommen.

3. Das Manufakturwesen „Auch das Fabrik- und Manufakturwesen konnte zur wirtschaftlichen Entwicklung [Ambergs] nur wenig beitragen,“75 denn von den in merkantilistischer Manier im 18. Jahrhundert errichteten Ma- nufakturen existierten nach Rapp im Jahr 1798 nur noch die Steinzeugfabrik, dazu eine Leder-,

71 Rode 120. In der Tabelle „Rangfolge der bayerischen Warenhandelsplätze“ ordnet Rode Amberg mit einem Waren- umsatz von 50.900 fl. den 47. Platz zu. An der Spitze steht München mit 3.763.000 fl., gefolgt von Nürnberg mit 3.404.400 fl. An dritter Stelle findet sich Regensburg mit 2.038.140 fl., an vierter Stelle Augsburg mit 1.915.185 fl. Ähn- liche Umsatzzahlen wie Amberg weisen Weiden (49.770 fl.) und Neuburg /Donau (46.739 fl.) auf. Die Händler Eich- stätts, das Platz 46 einnimmt, konnten 58.100 fl. erwirtschaften. Ebd. 221f., 1. Spalte. Bei der „Ermittlung der Zentrali- tätsebenen“ wird Amberg der unbedeutendsten Ebene III zugeordnet. Ebd. 234 72 Ebd. 73 Hubmann überliefert folgendes zum ersten Großhändler in Amberg: Gegen Ende 1780 „überschwemmte eine Menge junger Württemberger“ die Oberpfalz. Sie stammten aus Eningen, Oberamt Reutlingen, hießen Rall, Koch, Hofstetter und Mühleisen, waren miteinander verwandt und verschwägert und betätigten sich in Konkurrenz zu Juden als Hausie- rer in Textilwaren. Obwohl sie in Bayern nicht ansässig waren, unterhielten sie Niederlagen ihrer Waren in Pfreimd, Neumarkt und Hohenburg. Seit 17. April 1799 besaß David Rall die Erlaubnis, Textilwaren auf Märkten und an inländi- sche Krämer zu verkaufen. Als am 17. Juli 1800 die Stadt Pfreimd abbrannte, entschlossen sich David Rall und Bartho- lomäus Hofstetter ihren Sitz nach Amberg zu verlegen. Rall kaufte am 28. Mai 1804 ein Haus am Roßmarkt zum Preis von 2.300 fl. Am 13. Juli 1804 erhielt er mit dem Bürgerrecht die Erlaubnis zur Niederlassung und Betreibung der „Handelschaft en gros Rall, Hofstetter und Compagnie“. David Rall, geboren am 11. September 1771, starb am 9. Mai 1831 in Amberg. Hubmann fol. 12v.,13, 134v., 145, 182v., 184v.; StadtAAm, Bd. 245, fol. 48. Die Familie Rall blieb in Amberg ansässig. Ein Nachfahre David Ralls, Michael Rall, gründete 1896 die mechanische Buntweberei, die um 1900 bereits 40 Personen beschäftigte. Dollacker, Amberg 325. 74 Destouches 112. 75 Rode 120. 17 eine Spielkarten- und eine Dosenfabrik.76 Lediglich die Steinzeugfabrik, für deren Errichtung der Salzverwalter und Bürgermeister Simon Hetzendörfer am 18. August 1759 eine Konzession erhal- ten hatte, konnte längere Zeit erfolgreich weitergeführt werden; sie wurde am 1. April 1911 still- gelegt. Um 1800 dürften hier 14 Arbeiter Beschäftigung gefunden haben.77 Die von Rapp erwähnte Lederfabrik gehörte dem Lederer Franz Josef Fleischmann, der sie um die Zeit seiner Einbürgerung im Jahre 1786 gegründet haben könnte.78 Über deren Betrieb ist nichts be- kannt. Als der Schmidmühlener Bürger Felsner, der 1794 eine Dosenfabrik in Amberg eingerichtet hatte, in finanzielle Schwierigkeiten geriet, übernahm Fleischmann das Unternehmen. Er fabrizierte mit 6 bis 10 Personen „Dosen mit französischem Lack“ zum Preis von 2 fl. bis 2 fl. 45 kr. Die Dosen wurden aus Papier gefertigt, bemalt und mit Lack überzogen. Jährlich wurden circa 24.000 Stück abgesetzt. Wahrscheinlich beendete Fleischmann die Lederfabrikation, als sich der Aufschwung der Dosenfabrik abzeichnete. Letztere lief mindestens bis 1808, denn Destouches gab an, daß die „Fabrike in Amberg mit vielem Glücke fortgesetzt“79 werde. Kurze Zeit später ging sie trotz des Erfolgs ein. Nach dem Tod des bisherigen Dosenmalers, Rapp gab seinen Namen mit J. B. Schmid an, konn- te Fleischmann offenbar keinen adäquaten Künstler finden, der Absatz ging zurück, und der Betrieb mußte eingestellt werden.80 Für die Spielkartenfabrik Beck & Scribani nannte Rapp das Gründungsjahr 1793. Lorenz Xaver Beck war Buchbinder,81 über Joseph Georg Scribani ist nur das Jahr seiner Einbürgerung, nämlich 1789, bekannt.82 Die Teilhaberschaft endete 1804, als Beck die Fabrikation unter eigenem Na- men fortsetzte. Wie lange das Unternehmen bestand und wie viele Mitarbeiter beschäftigt wur- den, ließ sich nicht klären. Hubmann führte bei der Verzeichnung des Todestags Becks, dem 25. Februar 1839, an, er habe die Berufe Buchbinder und „Lottocollecteur“ ausgeübt. Zum Zeit- punkt seines Todes bestand die Spielkartenfabrikation demnach nicht mehr.83 Neben Becks Kartenproduktion dürfte ein weiteres Unternehmen dieses Genres in Amberg be- standen haben. Nach Hubmann erhielt Joseph Losch, „Kupferstecher und gewesener kurfürstli- cher Münzprägschneider zu Amberg, im Februar 1797 ein ordentliches Privilegium, Spielkarten aller Art zu verfertigen“.84 Über den Betrieb ist gleichfalls nichts bekannt. Im Jahr der Einbürgerung

76 Rapp 42. Die Verfasserin übernahm die in der verwendeten Quelle übliche Bezeichnung „Fabrik“. Zum Unterschied zwischen „Manufaktur“ und „Fabrik“ vgl. Zorn 789f. Der Errichtung von Manufakturen kam besondere Bedeutung zu. Sie „sollten allen Arbeitslosen und Unterbeschäftigten im Land Verdienst geben, Müßiggang und Bettel beseitigen hel- fen, den Arbeitern neue Produktionsmethoden lehren und zugleich ein Instrument gegen die wettbewerbsfeindliche Produktions- und Nachwuchspolitik der Zünfte sein.“ Slawinger 18. Vgl. Gömmel 25 - 27. 77 Nichelmann 284. Kurzer Überblick über die Geschichte des Unternehmens ebd. 284f. 78 StadtAAm, Bd. 245, fol. 40. Destouches nannte in seiner Gewerbeaufstellung von 1791 keine Lederfabrikation, je- doch fünf Lederer/Rotgerber, zu denen er Fleischmann gezählt haben wird. In die Kategorie „Fabriken“ nahm er die staatliche Gewehrfabrik, die Fayence- und die Dosenfabrik auf. Kriterium der Zuordnung als „Fabrik“ dürfte die Be- schäftigung von mindestens fünf Personen gewesen sein. Destouches 113 - 116. Vgl. S. 20 Tab. 4. 79 Destouches 115. 80 Ebd. 115f; Rapp 41f., 45; Nichelmann 284. 81 Er erhielt das Bürgerrecht im Jahr 1794. StadtAAm, Bd. 245, fol. 43v. 82 Ebd. fol. 41v. 83 Rapp 41; Hubmann fol. 184, 337. 84 Ebd. fol. 118v. 18

Loschs, 1801, wird das Unternehmen noch bestanden haben, denn das Bürgerbuch weist ihn als „Kartenfabrikanten“ aus.85 Am 13. Januar 1789 erhielt der Handelsmann Johann Jakob Fleischmann die Konzession zur Gründung einer Tabakfabrik mit ungarischem und pfälzischem Tabak. Diese errichtete er nicht in Amberg, er besaß hier seit 1780 das Bürgerrecht, sondern in Vilseck und verlegte sie nach Ni- chelmanns Interpretation im Jahr 1803 nach Amberg.86 Hubmann schrieb folgendes zu Fleisch- mann: „Als das bambergische Amt Vilseck 1802 an Bayern gekommen und der Handwerkszwang dieses Amtes am 17. Juni 1803 von der bayerischen Regierung aufgehoben worden war, verlegte der Kaufmann Jakob Fleischmann von Amberg, seine vor etlichen Jahren in Vilseck errichtete Ta- bakfabrik nach Amberg. Der von ihm aus ungarischen Blättern fabrizierte Schnupftabak fand vor- zugsweise in den Gegenden am Böhmerwalde und in Böhmen selbst großen Absatz.“87 Fleisch- mann starb am 24. Juni 1815 und vererbte die Schnupftabakfabrik an Andreas Fleischmann, wahrscheinlich seinen Sohn. Das Unternehmen wurde noch in der nächsten und wohl nur noch kurzfristig in der übernächsten Generation weitergeführt. Es wird nach 1876 eingegangen sein.88 Wie viele Personen Jakob oder Andreas Fleischmann angestellt hatten, ist nicht bekannt. Im Jahr 1817 gründete der französischen Emigrant und „Aventurer“ Theodor Dompierre eine wei- tere Tabakfabrik in Amberg. Sie wurde offenbar völlig unzulänglich geführt, denn wenige Jahre später mußte der Betrieb wegen Überschuldung eingestellt werden. Am 21. Februar 1824 fand die Restversteigerung statt.89 Über die Beschäftigungsverhältnisse auch dieses Unternehmens ist nichts bekannt. Die Fabrikzählung der Montgelas-Statistik90 des Jahres 1811/12 ergab für Amberg vier Manufaktu- ren: eine Buchdruckerei mit einem Umsatz von 2.500 fl., die Steingutfabrik mit einem Umsatz von 6.000 fl. und zwei Tabakfabriken mit einem Gesamtumsatz von 9.000 fl.91 Diese beiden Ta- bakfabriken lassen sich nach den obigen Angaben für das Jahr 1811/12 nicht feststellen. Es besteht die Möglichkeit, daß sich Hubmann bei der Angabe des Gründungsjahres der Tabakfabrik Dom- pierres irrte und dieses rückdatiert werden muß, oder aber es wurde zwischen 1805 - Destouches kannte keine der Tabakfabriken,92 weshalb das Jahr der Übersiedlung des Fleischmannschen Un-

85 StadtAAM, Bd. 245, fol. 46v. Eine der beiden Spielkartenfabrikationen könnte bereits 1791 bestanden haben. Destouches verzeichnete in der Gewerbestatistik dieses Jahres einen Kartenmacher. Ferner existierte eines der beiden Unternehmen noch zwischen 1823 und 1826. Vgl. S. 20 Tab. 4. 86 Nichelmann 284. 87 Hubmann fol. 179; Rapp 41; StadtAAm, Bd. 245, fol. 37. 88 Nach Nichelmann um 1860. Da Franz Xaver Fleischmann, der Unternehmer in dritter Generation, bei seinem Tod am 2. Juli 1875 noch als Tabakfabrikant bezeichnet wurde, und das Amberger Adreßbuch des Jahres 1876 seinen Sohn August ebenfalls als Tabakfabrikanten ausweist, wird der Betrieb länger bestanden haben als Nichelmann vermutete. Nichelmann 284; Hubmann fol. 242; Dollacker, Amberg 149; Amberger Adressbuch 1876 o. S. Zu Andreas Fleisch- mann vgl. S. 80f. 89 Hubmann fol. 250v., 286. 90 Vgl. Wüst 209f. 91 Rode 120. 92 Destouches’ Gewerbestatistiken erfassen die Jahre 1783, 1791, 1805. Destouches 77 - 79, 113 - 116. 19 ternehmens nach Amberg auf die Zeit nach 1805 zu verlegen sein wird93 - und 1811 eine weitere Tabakfabrik gegründet. Die Buchdruckerei wurde von Johann Georg Koch betrieben. Dessen Vater gleichen Namens er- warb am 8. Februar 1721 die Druckerei des Christian Oesser zum Preis von 700 fl. Nach dem Tod Johann Georgs sen. am 23. März 1774 ging das Unternehmen an den Sohn über. Es befand sich in dessen Haus am Roßmarkt (heute Roßmarkt 13).94 Über die Beschäftigungsverhältnisse ist nichts bekannt.

Tabelle 3: Ambergs Manufakturen im 1. Viertel des 19. Jahrhunderts Manufaktur Gründung und Ende des Unternehmens Beschäftigte

Steingutfabrik 1759 bis 1911 ca. 14 Lederfabrik um 1786 bis nach 1798 ? Dosenfabrik 1794 bis nach 1808 6 - 10 Spielkartenfabrik Beck & Scribani 1793 bis nach 1804 ? Spielkartenfabrik Losch 1797 (?) bis nach 1801 ? Tabakfabrik Fleischmann um 1805 bis nach 1860 ? Tabakfabrik (?) nach 1805 bis nach 1811/12 ? Tabakfabrik Dompierre 1817 (?) bis 1824 ? Buchdruckerei Koch 1774 bis 182595 ?

Von den acht gesicherten Betrieben überlebten lediglich drei, nämlich die Steingutfabrik, die Ta- bakfabrik Fleischmanns und eine der beiden Spielkartenfabriken das erste Viertel des 19. Jahrhun- derts.96 Die Beschäftigtenzahlen lassen sich nicht ermitteln; sie lagen bei 20 plus X. Für die in der Montgelas-Statistik erfaßten vier Unternehmen ergab sich ein Gesamtumsatz von 17.500 fl., ein Betrag der, wie Rode feststellt, tatsächlich kaum zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt beige- tragen haben wird.97

4. Das Gewerbe „Somit blieb die Wirtschaft Ambergs“, wie Laschinger konstatiert, „an der Schwelle vom 18. zum 19. Jahrhundert überwiegend von Handwerkern und kleinen Gewerbetreibenden bestimmt.“98 Drei Erhebungen liegen vor, um die Gewerbeentwicklung über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren zu verfolgen. Die Angaben zu den Jahren 1791 und 1805 stammen von Destouches. Wel- ches Quellenmaterial er zur Ermittlung seiner Zahlen zugrunde legte, ist nicht bekannt. Die Daten für das Jahr 1805 könnten im Rahmen der Berichtspflicht der Landeskommissariate entstanden

93 Aus Hubmanns oben zitierter Feststellung ergibt sich nicht zwangsläufig, wie Nichelmann annimmt, daß die Verle- gung im Jahr 1803 stattgefunden haben muß. Nichelmann 284. 94 Haffner 126f. 95 Die Druckerei wurde für kurze Zeit vom Schwiegersohn Kochs, Ferdinand Müller, weitergeführt. Haffner 127. 96 Vgl. S. 20 Tab. 4. 97 Siehe oben. 98 Laschinger, Amberg 58. 20 sein.99 Inwieweit nun die von ihm erstellten Angaben tatsächlich mit denen des Gewerbekatasters des Jahres 1826, der die konzessionierten Gewerbetreibenden der Jahre 1823 bis 1826 erfaßte, vergleichbar sind, ist nicht zu klären. In jedem Falle können Tendenzen sichtbar werden.

Tabelle 4: Ambergs Gewerbe 1791 - 1805100 - 1823 bis 1826101 Beruf Anzahl Beruf Anzahl Beruf Anzahl

Abdecker 0 - 0 - 1 Handschuhmacher 0 - 0 - 1 Sattler 4 - 4 - 4 Apotheker 2 - 2 - 2 Haubenmacher 0 - 0 - 1 Schäffler 6 - 7 - 8 Bäcker 26 - 28 - 35 Holzmesser 3 - 3 - 0 Schiffmeister 1 - 1 - 0 Bader 0 - 0 - 3 Hufschmied 6 - 7 - 0 Schirmmacher 0 - 1- 0 Beinringler102 0 - 1 - 1 Hutmacher 4 - 5 - 4 Schleifer 1 - 1 - 1 Bierbrauer, -schenk103 0 - 0 - 61 Kaminkehrer 3 - 3 - 1 Schlosser 4 - 6 - 4 Bierwirt 1 - 15 - 9 Kammacher 3 - 3 - 2 Schmied 0 - 0 - 7 Bildhauer 1 - 1 - 1 Kartenfabrikant 1 - 1 - 1 Schneider 33 - 33 - 39 Binder 6 - 7 - 0 Kistler104 0 - 0 - 7 Schreibwarenhändler 0 - 0 - 1 Bortenmacher 1 - 1 - 1 Klaviermacher 1 - 2 - 1 Schreiner 7 - 9 - 0 Bote 2 - 4 - 3 Klingenschneider 1 - 1 - 0 Schuster 31 - 31 - 34 Branntweinbrenner 0 - 0 - 18 Knopfmacher 1 - 1 - 1 Seifensieder 4 - 3 - 3 Buchbinder 3 - 3 - 4 Koch 10 - 11 - 15 Seiler 3 - 3 - 2 Buchdrucker 1 - 1 - 2 Kürschner 3 - 4 - 3 Siebmacher 2 - 2 - 1 Buchhändler 0 - 2 - 2 Kupferschmied 2 - 2 - 2 Spengler 3 - 3 - 3 Büchsenmacher 1 - 1 - 1 Lebzelter 2 - 2 - 2 Stärkmacher 0 - 1 - 0 Bürstenbinder 1 - 1 - 1 Lederhändler 0 - 0 - 1 Steingutfabrikant 1 - 1 - 1 Dachdecker 2 - 2 - 1 Leinweber 12 - 12 - 10 Strumpfstricker 5 - 4 - 4 Dändler105 1 - 8 - 0 Lohnkutscher 0 - 1 - 0 Tabakfabrikant 0 - 0 - 1 Drechsler 2 - 2 - 3 Maler 5 - 3 - 3 Tapezierer 0 - 0 - 1 Eisenhändler 0 - 0 - 3 Maurer 3 - 3 - 2 Täschner 1 - 1 - 1 Essigsieder 0 - 0 - 1 Melber106 12 - 13 - 13 Tischler 0 - 0 - 8 Färber 3 - 4 - 3 Messinghändler 0 - 0 - 1 Torwart 5 - 5 - 0 Feilenhauer 0 - 0 - 1 Metzger 18 - 20 - 28 Tuchmacher 9 - 9 - 5 Fischer 3 - 4 - 2 Müller 9 - 9 - 5 Tuchscherer 1 - 1 - 0 Fragner107 0 - 0 - 1 Musikanten 7 - 6 - 0 Uhrmacher 2 - 3 - 2 Fuhrmann 3 - 3 - 0 Naberschmied108 1 - 1 - 0 Wagner 4 - 4 - 4 Gärtner 4 - 9 - 0 Nadler 1 - 1 - 0 Walker 1 - 1 - 2 Geigenmacher 1 - 1 - 1 Nagelschmied 2 - 2 - 3 Wein-, Tafernwirt 14 - 22 - 24 Getreidemesser 1 - 1 - 2 Obsthändler 2 - 8 - 3 Weißgerber 2 - 3 - 2 Glaser 3 - 3 - 3 Perückenmacher 2 - 3 - 1 Wundarzt 5 - 5 - 0 Glockengießer 1 - 1 - 1 Pflasterer 2 - 2 - 0 Zeugmacher 4 - 3 - 2 Goldschmied 2 - 2 - 2 Posamentierer109 1 - 1 - 0 Zeugschmied 1 - 1 - 1 Großuhrmacher 1 - 2 - 1 Riemer 2 - 3 - 2 Zimmermann 2 - 2 - 2 Gürtler 2 - 2 - 1 Rosogliobrenner110 0 - 1 - 0 Zinngießer 2 - 3 - 2 Hafner 4 - 3 - 3 Rotgerber 5 - 8 - 7 Zuckerbäcker 2 - 2 -2 Händler 8 - 36 - 49 Säckler 4 - 5 - 1

99 Rode 41. 100 Destouches 77 - 79, 114. 101 StadtAAm, Zg. I 912 „Designation über die Gewerbs Besitzer bei der Stadt Amberg 1823 angefangen“. 102 Hersteller von Paternoster-Kügelchen aus Knochen = Rosenkranzmacher. 103 Destouches machte keine Angaben zu Bierbrauern und -schenken, da in „Amberg [... jeder] Bürger des Bierbrauens und Schenkens berechtigt“ ist. Destouches 79. Zu den Brauereien vgl. Stahl, Brau- und Gaststättengewerbe. 104 Kister, Kistler, Kistner = Kistenmacher. 105 Schätzer bei Versteigerungen, der Versteigerungsgut zum Teil erwarb und weiterverkaufte. 106 Mehlhändler. 107 Pfragner, Fragner = Kleinhändler. 108 Hersteller von Stahlwerkzeugen. 109 Hersteller von Bändern, Borten, Quasten und Schnüren. 110 Likörhersteller. 21 1791 1805 1823 - 26 Gewerbetreibende insgesamt 358 456 515 ohne Bierbrauer, -schenke und Branntweinbrenner 358 456 436

Destouches’ Nichterfassen der Bierbrauer und -schenke verunklart die Gesamtzahlen. Er wird ebenso die Branntweinbrenner unberücksichtigt gelassen haben. Beide Gruppen wurden ausge- schieden, um ein deutlicheres Bild zu erhalten. Zwischen 1791 und 1805 vergrößerte sich die Zahl der Gewerbetreibenden um 98. Das entspricht einer Steigerung von 27,4 %. Besonders Bier-, Wein- und Tafernwirte, Gärtner und Händler nahmen zu. Die Anzahl der letzteren hatte sich zunächst mehr als vervierfacht - die Zunahme resultierte aus Handwerksflucht111 -, um bis 1811/12, wie oben angeführt, um ein Drittel auf 24 zu sinken. In den folgenden Jahren nahmen die Handelstätigkeiten wiederum zu, bis sich schließlich um 1826 der Händlerstand verdoppelt hatte und nach den Bierbrauern und -schenken den zweiten Platz belegte. Im Hinblick auf sämtli- che Gewerbetreibenden ist zwischen 1805 und 1826 unter Nichtberücksichtigung der Bierbrauer, -schenke und Branntweinbrenner ein Rückgang um 20 Konzessionsnehmer, das entspricht 4,4 %, festzustellen. Für drei Berufsgruppen liegen Angaben zur Entlohnung vor:

Tabelle 5: Arbeitslohn 1804112 113 Maurer Dachdecker Dienstboten Meister Geselle Lehrling Handlanger Meister Geselle Lehrling Köchin Kindermagd Hausmagd114 Diener täglich täglich jährlich 30 - 48 kr. 30 - 36 kr. 20 - 24 kr. 16 - 20 kr. 30 - 36 kr. 24 - 30 kr. 16 - 20 kr. 24 - 36 fl. 12 - 18 fl. 10 - 16 fl. 48 - 96 fl. bis 40 kr. plus Kost

Zum Vergleich: Der Stadtknecht erhielt im Jahr 1805 einen jährlichen Lohn von 52 fl. plus Holz im Wert von 19 fl. 30 kr.115

VII. Das Bergwerk Ende des 17. Jahrhunderts wurde der Bergbau in Amberg, der mit dem Dreißigjährigen Krieg zum Erliegen gekommen war, neu belebt. Max II. Emanuel nahm die Betriebsführung in staatliche Hände und gestand der Kommune die halbe Ausbeute nach Abzug des Zehnten zu. Ende des Jahres 1792 wurde das Privileg, das der Stadt jährlich etwa 700 fl. eingebracht hatte, nicht wieder erneuert, denn „die Bergwerke [gehörten] nach staatsrechtlichen Grundsätzen dem allerhöchsten

111 Viele Kleinkrämer hatten „diesen Nahrungszweig [= Handel] meistens deßwegen ergriffen, weil sie der Betrieb ihres Handwerks nicht nährte.“ Zitzelsperger 6. 112 Destouches 97f. 113 1808 verdiente ein Maurer in München 52 kr., ein Handlanger 40 kr. täglich. Armenfürsorge 95. Vgl. Puschner 389 - 395. 114 1806 verdiente eine Magd in einem bürgerlichen Nürnberger Haushalt zwischen 12 und 16 fl. Engelsing, Einkom- men 38. 115 StadtAAm, Rechnungen I 276 fol. 121. 22

Landesfürsten jure regalium.“116 Alle Versuche der Stadt, sich gegen die gänzliche staatliche Über- nahme des Bergwerks zur Wehr zu setzen, scheiterten.117 Im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts wurden folgende Erzmengen gefördert:118

1800 4 513 to 1815/16 4 271 to 1804/05 5 569 to 1820/21 5 476 to 1810/11 6 240 to 1825/26 3 017 to

Rudhart führte an, daß das Amberger Bergwerk 2 Beamte, 1 Aufseher und 47 Bergleute beschäf- tigte.119 Deren Bezahlung erfolgte in Abhängigkeit vom Kornpreis: „Vermög anlegenden gnädigs- ten Befehl von dem k. Oberberg Comißariat de dato 6t. et praes. 13. August wurde der hiesigen Knappschaft wegen der in diesem Sommer eingetrettenen großen Theuerung die unterm 5t. No- vember und 3t. December 1807 eingezogenen 1/3 Schichtlohns-Zulag vom heurigen 3t. Quartal angefangen wieder in solange gnädigst bewilligt, bis der Preis eines Viertl Korn auf 3 f 30 kr und der übrigen ersten Lebensbedürfniße verhältnismäßig herabsinken.“120

Tabelle 6: Schichtlohn 1808; 1822/23121 Jahr Oberhauer Althauer Junghauer Haspelknecht Bergjunge wöchentlich täglich täglich täglich täglich 1808 3 fl. 10 kr. 28 kr. 27 kr. 26 kr. 18 kr. 1822/23 29 kr. 28 kr. 27 kr. 19 kr.

Im Vergleich mit den im Jahr 1804 gezahlten Handwerkerlöhnen zeigt sich der Arbeitsverdienst der Bergleute auf einem relativ niedrigen Niveau, das sich in einem Zeitraum von 15 Jahren kaum veränderte. Nicht außer acht gelassen werden darf jedoch, daß die genannten Zahlen lediglich Momentaufnahmen darstellen. Die Einkommenssituation konnte sich durch Zuschläge und Abzü- ge, wie oben gezeigt, kurzfristig verändern. So wurden 1817 4 kr. Schichtzulage gewährt, bis sich der Preis für 1 Scheffel Korn auf 25 fl. einpendelte.122 Darüber hinaus verbesserte sich unter Um- ständen die Lohnsituation des einzelnen durch weitere Zulagen. In einer Verordnung vom 30. November 1803 wurde ausgeführt, daß den Bergleuten bei unverschuldeten Betriebsstörun- gen „Wartegelder“ zustünden, daß für Einsparungen an Brennmaterial und für vom Personal vor- geschlagene umsetzbare technische Verbesserungen Prämien gezahlt würden, weiterhin, daß für überdurchschnittliches Arbeitsengagement mit finanziellen Belohnungen zu rechnen sei. Nichel- mann gibt allerdings an, daß aus dem vorliegenden Quellenmaterial nicht ersichtlich ist, in wel- chem Maße sich die Bestimmungen bei den Arbeitsentgelten niederschlugen.123 Möglicherweise

116 Zitiert nach Nichelmann, Erzberg 114. 117 Ebd. 113f. Vgl. Schremmer 175f. 118 Nichelmann, Erzberg 152. 119 Rudhart, Beilage Nro. LV, 42. 120 Zitiert nach Nichelmann, Erzberg 256. 121 Ebd. 256f. 122 Ebd. 257. Vgl. Baten 89. 123 Nichelmann, Erzberg 255. Die Bestimmungen muten geradezu modern an. 23 wurden sie nie umgesetzt. Der Grundlohn der Bergleute blieb weiterhin auf niedrigem Stand: „Da hat sich nun ein Verhältniß in der Weise ausgebildet, daß im Winter aus den umliegenden Ort- schaften die Maurer, Zimmerleute, Taglöhner und sonstige Arbeiter, welche zur Winterzeit eine Beschäftigung nicht finden, zum Bergbau kommen. Sie gehen im Sommer, wenn sie von Anderen mehr Lohn bekommen, wieder fort“.124 Fach- und Gelegenheitsarbeiten in Amberg und der Um- gebung wurden höher entlohnt als die Tätigkeit unter Tage. Der witterungsunabhängige Bergbau bot indes während der winterlichen Ausfallzeiten eine willkommene Verdienstmöglichkeit. Der Vorstand des Bergwerks bezog im Jahr 1821 als Staatsbeamter ein jährliches Gehalt von 1.378 fl., das sich aus dem eigentlichen Gehalt von 1.000 fl. und den üblichen Zuschlägen für Wohnung und Beheizung zusammensetzte. Die Besoldung entsprach den Bezügen des Amberger Bürger- meisters.

VIII. Die königliche Gewehrfabrik „Wir haben nach dem Antrage unseres Generalleutnants von Manson das Münzgebäude zu Am- berg zu einer Gewehrfabrik bestimmt und beschlossen, daß dasselbe zu dem Zweck unserem Oberkriegskollegium übergeben werden soll“.125 Auf Grund der kurfürstlichen Order vom 7. Feb- ruar 1801 wurde die seit 1690 in Fortschau bei Kemnath ansässige Waffenmanufaktur nach Am- berg verlegt. Zu den Gründen, die zum Umzug führten, hält Janssens fest: „Bei den Überlegungen haben sicherlich die Streitereien zwischen der militärischen Leitung und den Meistern eine Rolle gespielt. Die Meister hatten in der langen Zeit, in der sie sich selbst überlassen worden waren, ein Selbstbewußtsein entwickelt, das ihnen die Einordnung in eine militärische Hierarchie erschwerte. Zudem hatten sich die Fortschauer Meister dem zivilen Markt zugewandt und waren nicht ohne weiteres bereit, sich wieder in die Abhängigkeit des Staates zu begeben, was ihnen von den kommandierenden Offizieren übel genommen wurde. Es war also offensichtlich, daß man mit diesen Meistern kein neues Werk mit einer rationellen, arbeitsteiligen Arbeitsweise [...] aufbauen konnte. Ohne die Mitwirkung der Meister war allerdings auch der Standortvorteil, den das Werk in Fortschau bot, dahin. Das Rohmaterial mußte von weit her beschafft werden, und die zum An- trieb der Maschinen notwendige Wasserkraft war an anderen Orten leichter verfügbar. Die Be- triebsanlagen waren viel zu klein, und die Bohr- und Schleifmühle mußte dringend instand gesetzt werden.“126 Wegen Wassermangels im Münz- und Spitalgraben schlug Generalieutenant von Manson vor, den dem Paulaner Kloster in Amberg gehörenden Kupferhammer in Haselmühl, zu dieser Zeit etwa eine Stunde von Amberg entfernt, wiederherzustellen.127 Trotz der Unzulänglich- keiten beurteilte Rudhart die Ansiedlung des Unternehmens in Amberg positiv: Die Gewehrfabrik „scheint wegen der Nähe des Eisens und des Holzes zu Kolben, Schäften und Kohlen und wegen

124 Zitiert nach ebd. 257. 125 Zitiert nach Janssens 13. 126 Ebd. 127 Kaltenstadler 290f. 24 der Wohlfeilheit der Lebensmittel günstig gelegen zu sein.“128 In Haselmühl entstand eine Zweig- stelle der Gewehrfabrik; dort „wurde hauptsächlich das Schmieden, Bohren und Abdrehen der Gewehr-Läufe eingerichtet, während im Hauptgebäude zu Amberg das Anfertigen der Schloßteile, das Schäften und Garnieren der Gewehre vorgenommen wurde.“129 Das Eisen stammte aus den kurfürstlichen Betrieben in Weiherhammer, Fichtelberg und Bodenwöhr, der Stahl kam aus Re- gensburg und das Holz, vorrangig Nußbaum, aus der Gegend um Bamberg.130 Das Personalverzeichnis vom 18. März 1804 gibt Auskunft über die Beschäftigungsverhältnisse:

Tabelle 7: Personal der K. Gewehrfabrik Amberg 1804131 ständiges Personal Arbeiter132

1 Direktor 2 Bohrer 1 Inspektor 14 Büchsenmacher 1 Rechnungsführer 1 Büchsenmacherlehrjunge 1 Materialverwalter 4 Rohrschmiede 1 Kontrolleur 2 Schäfter 1 Pförtner 3 Schleifer 3 Schlosser 4 Schmiede 2 Schreiner 3 Tagwerker 3 Waffenschmiede

Insgesamt waren 47 Personen beschäftigt, davon 6 Personen als ständiges Personal, das monatlich besoldet wurde. Materialverwalter und Rechnungsführer erhielten 41 fl. 40 kr., Kontrolleur und Pförtner 18 fl. und 10 fl. 50 kr. Hauptmann Wink bezog als Direktor des Unternehmens 47 fl., Inspektor Heß verdiente 66 fl. 40 kr. Ein Gehalt in vergleichbarer Höhe bezog der 2. Literärrat beim Magistrat der Stadt Amberg.133 Die Arbeiter erhielten Löhne in unterschiedlicher Höhe. Der täglichen Höchstsatz betrug 1 fl. 10 kr. Er wurde einem Schlosser und einem Waffenschmied zu- gestanden. Den niedrigsten Lohn von 28 kr. - dieser Betrag entsprach etwa dem Höchstlohn eines Hauers - erhielten ein Schlosser und ein Tagwerker. Der Lehrjunge lag mit 18 kr. täglich deutlich unter diesem Satz. Das Einkommen eines Lohnarbeiters machte im Durchschnitt 44 kr. aus und erreichte in etwa die Obergrenze des täglichen Verdienstes eines Maurermeisters in Amberg.134 Zu berücksichtigen sind allerdings, wie vorstehend dargestellt, die nicht unerheblichen Schwankun- gen nach oben und unten, die aus der Funktion des einzelnen Arbeiters resultierten.135 In den Jahren nach 1804 verdoppelte sich die Zahl der Arbeiter nahezu. Die Statistik des Jahres 1809/10 gab 85 Beschäftigte und einen Umsatz von 42.000 fl. an.136 In den Jahren 1815 bis 1817 verdreifachte sich die Belegschaftszahl. Neben den 6 Angestellten wurden 260 Arbeiter beschäf-

128 Rudhart 159. 129 Hailer 4. 130 Kaltenstadler 291. 131 Ebd. 257. 132 Rudhart schrieb zur Herkunft der Beschäftigten: „[...] die Arbeiter sind meistens in der Umgegend ansässige Fami- lienväter.“ Rudhart 159. 133 StadtAAm, Zg. I 242, Schreiben der königlichen Kommission vom 25. September 1818. 134 Vgl. S. 21 Tab. 5. 135 Vgl. Janssens 77. 136 Rode 120. 25 tigt. Mitte 1819 hatte sich das Betriebspersonal auf 154 Personen verringert. Im Oktober 1820 fanden 146 Arbeiter in Amberg und 26 in Haselmühl Beschäftigung. Der Personalstand unterlag starken Schwankungen, die Fluktuation der Arbeiter war hoch. Die Leitung der Gewehrfabrik sah sich ähnlichen Schwierigkeiten gegenüber, wie dies bereits für das Bergwerk geschildert wurde. Zum Ende des Winters verließen Arbeiter das Werk, um besser bezahlten Tätigkeiten nachzuge- hen. Man versuchte dem mit einer spezialisierten Ausbildung und einer entsprechend höheren Entlohnung entgegenzuwirken.137 Die Beschäftigtenzahlen stagnierten in den folgenden Jahren. Um 1840 arbeiteten über 200 Personen in der Gewehrfabrik138, 1845 sank die Zahl der Arbeiter auf 189 Personen. Das in Amberg in der alten Münze und in Haselmühl ansässige Werk war von 1801 bis zum Ende des 1. Weltkriegs die einzige große Fabrikationsstätte für militärische Handfeuerwaffen in Bay- ern.139

137 Kaltenstadler 294f. 138 Vgl. Anhang S. 364 Tab. 3 c. 139 Batzl 62. Überblick über die Geschichte der Gewehrfabrik in Janssens 12 - 28. 26 D) DIE GRÜNDUNG DER SPARKASSE AMBERG I. Zur Vorgeschichte Am 9. Juli 18241 wandte sich der Magistrat der Stadt Amberg an die Magistrate der Städte Nürn- berg und Augsburg und bat um Auskunft die dortigen Sparkassen betreffend: „Um der höheren Anbefehlung zu genügen auch hier nach dem Beyspiel größerer Städte eine Sparkasse für Dienstbo- ten und Handwerksgesellen zuerrichten, wünscht man die Statuten und den innern Plan über die jenseits bereits eingeführte Sparanstalt zubesitzen, um daraus die ganze Manipulation hiebey und vorzüglich auch entnehmen zukönnen, durch welche Mittel und auf welche Art die Regie Kosten gedeckt werden.“2

In Amberg stand keine sozial engagierte Einzelperson aus der lokalen Oberschicht3 als treibende Kraft zur Sparkassengründung im Hintergrund. Der Magistrat handelte allein wegen der „höheren Anbefehlung“.4 Warum war die Stadtverwaltung nicht längst aktiv geworden und hatte sich, wie in der am 17. November 1816 ergangenen Verordnung „Das Armenwesen betreffend“5 empfohlen, um die Gründung einer Sparkasse bemüht? Vor dem Inkrafttreten des Gemeindeedikts von 18186 war es der entmündigten Kommune kaum möglich, sich für ein solches Projekt zu engagieren. Es hätte eines oder mehrerer gemeinnützig gesinnter Privatpersonen bedurft, die willens waren, die Initiative zu ergreifen und über ausreichende Mittel zur Sicherheitsleistung verfügten. Solche fan- den sich in Amberg, einer Kleinstadt, in der weder Handel noch Gewerbe blühte, nicht. Als nach 1818 die gemeindliche Trägerschaft möglich wurde, galt es, die für die Realisierung einer Sparkasse wohl wichtigste Frage zu klären, nämlich die nach der Anlage der Sparguthaben. Vor der Entste- hung eines gesamtwirtschaftlichen Kapitalmarktes waren die Möglichkeiten äußerst eingeschränkt. Es blieb die Anlage in Staatspapieren oder gegen hypothekarische Sicherheiten auf dem lokalen Kapitalmarkt.7 Für erstere mußte das Kursrisiko einkalkuliert werden, letztere schränkte die Liquidi- tät stark ein und konnte, wie auch die Anlage in Staatspapieren, Verluste nach sich ziehen. Eine

1 Nach Schroll setzte sich der Amberger Magistrat bereits am 7. September 1821 mit der Nürnberger Stadtverwaltung in Verbindung. Dies konnte nicht verifiziert werden. Schroll 37. 2 StadtAN, C 6 ÄMR Nr. 1786, Schreiben des Amberger Magistrats an den Magistrat der Stadt Nürnberg vom 9. Juli 1824; StadtAA, Bestand 1, Akt 1114, 35, Schreiben des Amberger Magistrats an den Magistrat der Stadt Augsburg vom 9. Juli 1824. Die gesamte Korrespondenz mit den Kommunen Augsburg und Nürnberg fehlt im Stadtarchiv Amberg. Aus der im Stadtarchiv Nürnberg liegenden Abschrift der Rückantwort lassen sich keine näheren Angaben zu den überlassenen Un- terlagen entnehmen. StadtAN, C 6 ÄMR Nr. 1786, Schreiben vom 22. Juli 1824. Dem Erwiderungsschreiben des Augs- burger Magistrats lag der „Plan über die innere Einrichtung der Ersparniß-Kassa in Augsburg“ und drei Seiten aus Ge- schäftsbüchern der Sparkasse bei. StadtAA, Bestand 1, Akt 1114, Nr. 36, Schreiben vom 23. August 1824. 3 Wie Johannes Scharrer in Nürnberg, Johann Lorenz von Schaezler in Augsburg, Joseph Wilhelm Behr in Würzburg oder Johann Wilhelm von Anns in Regensburg. 4 Um festzustellen, ob bereits vorab eine Sparkassengründung in der Absicht der Stadtverwaltung gelegen haben könnte, wurden die Ratsprotokolle ab dem Etats-Jahr 1818/19 bis zum Jahr 1823/24 überprüft. Das Ergebnis war negativ. Die Sitzungsprotokolle vor 1818/19 sind nur fragmentarisch vorhanden. Für die Jahre 1810/11, 1811/12 und 1813/14 bis 1817/18 fehlen sie gänzlich. Grund hierfür war die eingeschränkte kommunale Selbstverwaltung. StadtAAm, Rathsproto- kolle Bd. 78/1 bis 83. Fritsch 47f. 5 RBl. 1816, 779 - 803. Zur Genese des Sparkassenwesens Ashauer 31 - 37; Wysocki, Einführung 9 - 13; Armenfürsorge 27ff. Zu den Anfängen des Sparkassenwesens in Bayern und den ordnungspolitischen Maßnahmen des bayerischen Staa- tes Rygol 21 - 23; Reinhart/Zeitler 25 - 27; Armenfürsorge 61ff.; vgl. S. 7f. 6 Abgedruckt in: Knemeyer 30 - 62. 7 Dies galt für institutionelle Anleger ebenso wie für Privatpersonen. Vgl. Henning, Wurzeln 17. 27 kurzfristige, fest verzinste, sichere Anlageform existierte nicht.8 Für Ambergs Stadtväter war eine solch risikobehaftete Unternehmung unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Übernahme der Gewährträgerschaft und der bestehenden Verschuldung9 der Kommune inakzeptabel.10 Erst die Verordnung „Die Anlegung der Geldüberschüsse der Sparanstalten bei den Staatsschuldentilgungs- kassen betreffend“ vom 26. Februar 182311 hätte den Magistrat bewegen können, einer Sparkas- sengründung künftig weniger negativ gegenüberzustehen, denn mit diesem Erlaß war eine Regelung zur Anlage der Sparkassengelder gefunden worden.12 Die Staatsregierung machte hier nachdrück- lich auf die Notwendigkeit kommunalen Engagements für künftige Sparkassenerrichtungen auf- merksam und verwies auf die bereits erfolgreichen Kassen in Nürnberg und Augsburg: „Die Statu- ten der Sparanstalten zu Augsburg und Nürnberg sind bekannt zu machen, damit sie anderen Ge- meinden deren verständiger Sinn die Wohlthaten der Sparanstalten in moralischer und wirthschaft- licher Beziehung erkennen wird, bei Errichtung gleicher Anstalten als Leitfaden dienen können.“13 Der Staat hatte damit den Aufbau des Sparkassenwesens ausdrücklich zur Angelegenheit der Ge- meinden gemacht und diesen mit dem Nürnberger und dem Augsburger Modell einen Kanon an die Hand gegeben, dessen sich gründungswillige Magistrate bedienen sollten.

Trotz der nun günstigeren Voraussetzungen konnte sich die Amberger Stadtverwaltung nicht zur Gründung einer Sparkasse entschließen. Über ein Jahr nach Veröffentlichung der oben genannten Verordnung holte der Magistrat Auskünfte in Nürnberg und Augsburg über die dortigen Sparkassen ein, und er tat dies nicht freiwillig. Es waren - wie die Bekanntmachung der Sparkasseneröffnung zeigen wird - die drängenden Entschließungen der Regierung des Regenkreises vom 1. April14 und 11. Dezember 182315, die den Ausschlag zur Gründung und damit zur vorherigen Kontaktaufnah- me mit den Modellsparkassen gaben. Weshalb die Amberger Stadtväter weiterhin gezögert hatten, ist dem eingangs zitierten Brief zu entnehmen: Man war sich nicht im klaren, wie bei der ange- spannten finanziellen Lage der Kommune die laufenden Unterhaltskosten für den Sparkassenbe- trieb aufgebracht werden konnten.

Die beiden entscheidenden Entschließungen richteten an sämtliche Land- und Herrschaftsgerichte des Regenkreises und an die Magistrate Amberg, Ingolstadt und Eichstätt.16 Die Adressaten wurden darin „eindringlicher ermuntert und aufgefordert“ den „mannigfaltige[n] Vortheil öffentlicher

8 Vgl. Wysocki, Passau 35. 9 Vgl. S. 107 Anm. 22. 10 Nicht nur Ambergs Stadtväter scheuten vor dem nicht einzuschätzenden Wagnis, das sie mit der Übernahme der Ge- währträgerschaft verbanden, zurück. Als weiteres Beispiel mag hier der Magistrat der Stadt Ansbach dienen, der aus Furcht vor belastenden Kosten die Gründung einer städtischen Sparkasse ablehnte und der Gesellschaft für vaterländi- schen Kunst- und Gewerbsfleiß die Initiative überließ. Reinhart/Zeitler 28. 11 RBl. 1823, 323 - 328; abgedruckt in: Wysocki/Pix 1995, 172; vgl. S. 53f. 12 Vgl. S. 50f. 13 Wysocki/Pix 1995, 172 § 15. 14 IBl. Re. 1823, 392f. 15 Ebd. 1412. 16 Die Sparkasse Eichstätt wurde noch 1823, die Sparkasse Ingolstadt 1833 gegründet. Trende 142, 152. 28 Sparanstalten“ zu erkennen und die „Errichtung solcher Institute“ zu bewirken. Darüber hinaus wurde zugesichert, daß die Gelder der Sparkassen bei der Königlichen Spezial- Staatsschuldentilgungskasse in Regensburg angelegt werden konnten. Mit der Entschließung vom 11. Dezember 1823 wurde die Kreisregierung schließlich unmißverständlich massiv in ihrer Forde- rung: „Insbesondere aber werden [...] die Magistrate [...] wiederholt [...] aufgefordert, dort wo sol- che Sparkassen noch nicht bestehen, deren Errichtung zu bewirken und zu befördern, sodann aber binnen 3 Monaten das Resultat anzuzeigen.“

II. „Die Errichtung einer Sparkasse für die Stadt Amberg“

Die Sitzung des Magistrats der Stadt Amberg am 23. Dezember 182417 behandelte nur einen Ge- genstand: Die Errichtung einer Sparkasse für die Stadt Amberg. Unter diesem Datum erließ der Magistrat folgende Bekanntmachung:18 „Amberg den 23. Dezember 1824 Bekanntmachung Die Errichtung einer Sparkasse betreffend ______Der Magistrat der Stadt Amberg hat auf dem Grunde der königlichen allerhöchsten Verordnung vom 26. Februar 1823, Regierungs- blatt Seite 323, und der Aufforderungen dd. 1. April, und 11. Dezember 1823 von Seite der könig- lichen Regierung des Regenkreises, nach vorausgegangenen verfassungsmäßigen Einvernehmen der hiesigen Gemeinde-Bevollmächtigten beschlossen, auch in Amberg, wie bereits in den ersten Städ- ten des Königreichs mit dem erfreulichsten Erfolge geschehen ist, eine Sparkasse zu errichten, und hierüber die höchste Genehmigung der königlichen Regierung erhalten, daher die Statuten dieser Anstalt mit dem Beifügen andurch öffentlich bekannt gemacht werden, daß: 1) die Sparkasse Donnerstag, den 3. Februar 1825 eröffnet wird, und die e r s t e W o c h e offen bleibe, um die Einlagen in Empfang zu nehmen. 2) daß sich diese Sparkasse nächst dem städt. Rathhause in dem Geschäftszimmer Nro. 18 im Erdgeschosse befindet, und die Verwaltung derselben zunächst einer eigenen Magistratischen Commission anvertraut sei, welche dermal aus dem rechtskundigen Magistratsrat Titl. Rezer als Vorstand, dem bürgerlichen Magistratsrath Anton Peßerl und dem Gemeindebevollmäch- tigten Karl Schloderer, dann dem Magistrats-Ersatzmann Philipp Mayer als Kassier bestehet. Magistrat der Stadt Amberg19 Weingärtner Wernhammer“

Über diesen Beschluß unterrichtete der Magistrat die Regierung des Regenkreises am 9. Januar 182520 und verwies darauf, daß die Gemeindebevollmächtigten, aus deren Kreis einer der beiden

17 StadtAAm, Rathsprotokolle Bd. 84, 23. Dezember 1824. 18 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209. 19 Zur Ausarbeitung der Statuten liegen keine Akten vor. Es läßt sich folglich nicht klären, auf welche Weise das Sat- zungswerk zustande kam und welche Personen die Gründung vorantrieben. 20 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 9. Januar 1825. 29 Kontrolleure gewählt wurde, mit der „Errichtung der Sparkasse und den bestehenden Plänen einverstanden“ seien. In neun Punkten wurde folgendes vorgelegt: ♦ die entworfenen Statuten ♦ die Zinsberechnung zu 4 1/6 % ♦ der Plan zur Sparkassenorganisation ♦ ein Quittungsformular ♦ ein Vormerkungsbuch ♦ ein Kassabuch ♦ ein Hauptbuch ♦ ein Kontrollbuch ♦ das tabellarische Übersichtsbuch der Sparkassenverwaltung Schon am 24. Januar 1825 erhielt der Magistrat die vorgelegten Entwürfe zurück, versehen mit der Bemerkung, „daß nach Ablauf jedes Jahres über die Verwerthung der Kassa Überschüsse für Grati- fikationen des Verwaltungspersonals spezieller berichtlicher Antrag zu erstellen sei, wonach deshalb dann Entschließung folgen wird.“21 Die Kreisregierung war demnach mit den Statuten und der in- neren Organisation der Sparkasse einverstanden, behielt sich jedoch ausdrücklich die Kontrolle über die erwirtschafteten Überschüsse vor. Mißbräuche sollten ausgeschlossen werden.

III. Die Gründungsstatuten22 1. Umfang der Statuten

Die Gründungsstatuten der Sparkasse Amberg sind mit 25 Paragraphen sehr ausführlich. Die bei- den Modellsparkassen Nürnberg und Augsburg kamen mit erheblich weniger, erstere mit neun, letztere mit elf Paragraphen23 aus. Bedeutend differenzierter wurden die Statuten etlicher in der Folge gegründeter Sparkassen ausgearbeitet, wie dies auch in Amberg geschah. Sie enthielten De- tails zum Sparkassenbetrieb, ausführliche Angaben zur Verzinsung der Einlagen und zum Teil um- fangreiche Erklärungen zum Zweck der Sparanstalt, die in den revidierten Statuten späterer Jahre wieder entfielen. Besonders umfassende Grundbestimmungen erhielt die am 6. Januar 1823 eröff- nete „Spar-Kasse für Ansbach“, die es auf immerhin 40 Paragraphen brachte,24 von denen man bei der Überarbeitung im Jahr 1833 18 als überflüssig erkannte und strich.25 Umfangreiche Grundbe- stimmungen sind jedoch kein Kennzeichen für die älteren bayerischen Sparkassen. Auch Kassen, die während der zweiten „Gründungswelle“26 errichtet wurden, verzichteten keineswegs auf de- taillierte Ausführungen zur Geschäftsführung, wie die 32 beziehungsweise 36 Paragraphen der

21 Ebd. Anmerkung der Kreisregierung. 22 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209. Abdruck Anhang S. 344 - 348. 23 RBl. 1823, 329 - 341. Abgedruckt in: Carl 13f.; Tradition, nach S. 47; Wysocki/Pix 1995, 173 - 175; Merz 17f. 24 RBl. 1823, 1064 - 1077. Abgedruckt in: Reinhart/Zeitler 242 - 248. 25 Extra-Beilage zu dem Rezat-Kreis-Intelligenz-Blatt Nr. 67 für das Jahr 1833; Reinhart/Zeitler 51. 26 Wysocki/Pix, Aufstieg 15. 30 Gründungsstatuten für die oberpfälzischen Distriktsparkassen Neumarkt und , die am 12. Juli 1836 für Neumarkt und am 1. Mai 1842 für Nabburg veröffentlicht wurden, zeigen.27

2. Präambel - Nachwort

Mit dem einleitenden Text zu den Gründungsstatuten wandten sich die Amberger Stadtväter an jedes „nützliche Glied der Gesellschaft“, dessen vordringlichster Wunsch es sein müsse, dieser nicht zur Last zu fallen. Einsichtig, daß solches der „unvermöglichen Volksklasse“ ohne Hilfeleistung kaum gelingen werde, bot man „den arbeitenden und dienenden Klassen“, dazu Kindern durch die Errichtung einer „unter obrigkeitlicher Aufsicht“ stehenden Sparkasse Gelegenheit, „ihre von Zeit zu Zeit gemachten Ersparnisse nicht nur sicher zu verwahren“, sondern durch Verzinsung das Er- sparte zu vermehren. Besonderer Unterstützung bedurften die unteren Schichten, da sie dazu neig- ten, ihren Verdienst „gewöhnlich leichtsinnig wieder aus[zu]geben“ oder von Dritten übertölpelt, ihres Geldes verlustig zu gehen.28 Die Sparkasse sollte dem nun entgegenwirken. Ihr kam die Auf- gabe zu, „unter Mitwirkung der Dienstherrschaften, Eltern und Handwerksmeister“ „Dienstboten, Kinder und Gesellen“ durch die fruchtbringende Anlage „einen Theils ihres Erwerbes“ von Putz- und Verschwendungssucht und dem „Uebermaße von Vergnügungen“ abzuhalten, um dadurch „zum Besitz eines eigenen Heerdes zu gelangen“ oder im Fall finanzieller Not über Mittel zu verfü- gen, „statt dem bittersten Elende und gänzlicher Armut preis gegeben zu sein“.

Präambel und Nachwort spiegeln jenes Gedankengut wieder, das seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert „unverzichtbarer Bestandteil einer jeden Erziehung zum Nutzen für die Allgemein- heit war: Fleiß, Ordnung und eben Sparsamkeit galten als unabdingbare Voraussetzungen einer tugendhaften und moralisch tadelfreien Lebensführung.“29 Die angeprangerte Verschwendungs- sucht, ein überzogener nicht dem Einkommen entsprechender Lebensstil galt seit der Aufklärung als Hauptursache der Armut.30 Zeitgenössische Untersuchungen des 19. Jahrhunderts zum Problem des Pauperismus31 bestätigten wiederholt diese Ansicht.32 Die Vergeudung an sich ausreichender Einkünfte und nicht die ökonomischen Rahmenbedingungen33 wurden als Ursache der Verelen-

27 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 9075, „Statuten der Sparkasse des Distrikts Nabburg“; ebd. Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 4944, „Statuten für die Spar- Leih- und Hülfs-Kasse des Landgerichtsbezirks Neumarkt“. 28 Dieser Topos findet sich wiederkehrend in der zeitgenössischen Literatur, die sich mit der Errichtung von Sparkassen auseinandersetzte. So bei Renner: „Gesetzt auch, daß er [= Tagelöhner, Dienstbote, Handwerkslehrling] Festigkeit des Karakters genug besitzt, und das in seinem Schatzkästlein Aufbewahrte nicht angreift, es zu keinem Vergnügen anwen- det, so ist er dennoch sehr oft der Gefahr ausgesetzt, von Andern theils durch List, theils durch Gewalt darum gebracht zu werden.“ Renner 5. 29 Schaich 15. Vgl. Karlwilhelm Stratmann, Die Propagierung von Arbeitsamkeit, Fleiß und Sparsamkeit. Zur sozialen Disziplinierung der Unterschichten im 19. Jahrhundert, in: ZbSG 9 (1995) 7 - 60. 30 Vgl. Krüger 355 - 357. 31 Zum Pauperismus als gesellschaftliche Frage in der Periode der Vor- und Frühindustrialisierung Conze 113. 32 Vgl. Johann Gottfried Hoffmann, Bemerkungen über die Ursachen der entsittlichenden Dürftigkeit oder des soge- nannten Pauperismus, in: Hoffmann, Nachlass kleiner Schriften staatswirtschaftlichen Inhalts, Berlin 1847, 213 - 245, abgedruckt in: Jantke/Hilger 361 - 376; ebenso Renner 27f. 33 Seitz 6. Auswahlliteratur zur sozialen Frage in Gall 128 - 132. 31 dung ausgemacht. Entsprechend äußerte sich der Initiator der am 1. Oktober 1822 in Würz- burg34 eröffneten Sparkasse Wilhelm Joseph Behr35: „ [...] vor allem [ist] unter der Klasse der Dienstboten und anderer unbemittelter Personen die Verschwendung zur Befriedigung der Eitel- keit, die Putzsucht und die Wagnis in dem verderblichen Lottospiele eingerissen“.36 Auch der Am- berger Magistrat bestätigte den kausalen Zusammenhang zwischen Putzsucht und Verarmung. „Am nachtheiligsten wirkt der Kleider Luxus der Dienstboten auf ihre dienstlichen Verhältniße ein“. Zweck des Aufwandes sei eine „äußerliche Gleichstellung mit den Dienstesfrauen“.37 Dieses mora- lische Fehlverhalten, das Eitelkeit und Hochmut demonstriere, werde ganz zwangsläufig in den materiellen Ruin führen.38

Die einleitenden und abschließenden Formulierungen der Amberger Satzung entsprachen voll und ganz der Intention, die die Obrigkeit mit den Sparkassengründungen verband. Dies zeigt die Ent- scheidung der Kreisregierung in Ansbach zum Präambeltext für die Statuten der Sparkasse Nürn- berg. Magistrat und Gemeindebevollmächtigte hatten unterschiedliche Vorschläge eingereicht, wo- bei letztere auf das „Anti-Luxus-Motiv“39 verzichteten. Die vorgesetzte Behörde entschied sich für die Ausarbeitung des späteren Bürgermeisters Scharrer und des Magistrats, die den Kampf gegen die Verschwendungssucht betont hatten.40 Über das von der Regierung angeregte Filiationssystem

34 Kniepert 15. Vgl. Dieter Schäfer, Würzburg. Stadt und Bürger in 175jähriger Geschichte der Städtischen Sparkasse, Stuttgart 1998. 35 Vgl. Max Domarus, Bürgermeister Behr. Ein Kämpfer für den Rechtsstaat, Würzburg 1971; Ulrich Wagner (Hg.), Wil- helm Joseph Behr. Dokumentation zu Leben und Werk eines Würzburger Demokraten (Veröffentlichungen des Stadtar- chivs Würzburg Bd. 1), Würzburg 1985. 36 Zitiert nach Kniepert 9. Johann Caspar Brunner, bayerischer Sparkassenpionier - vgl. S. 8 -, äußerte sich ähnlich; abge- druckt in Spiethoff 17 passim. 37 StadtAAm, Zg. I 333, VB 1833/34 bis 1838/39, § 87. Vgl. Engelsing, Vermögen 236. 38 Ebd. Knapp 40 Jahre später schrieb die Kreisregierung an das Ministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten: Die „Genußsucht der Dienstboten und Arbeiter, welche theils in der Stadt theils aus Anlaß der zahlreichen Kirchweihen regelmäßig den Verdienst einer ganzen Woche an den Feiertage verschwenden“ sei der Grund für „die geringe Theil- nahme der dienenden und arbeitenden Klasse an der Sparkasse“, unter anderem in den Bezirken oder Stadtamhof. StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3837, Schreiben der Kreisregierung an das Handelsministerium vom 28. Juni 1863. Noch 1880 finden sich in der Literatur zum Sparkassenwesen ähnliche Aussagen: „Daß die Sparcassen ferner das beste Mittel sind, dem verschwenderischen Consum und dem Luxus, welcher sich gegenwärtig in fast allen Volksclassen in einem widerwärtigen Grade breit macht, entgegen zu treten, liegt auf der Hand, und es steht fest, daß eine größere Verbreitung der Sparanstalten [...] dieses den Nationalwohlstand und die Moral der Gesammtheit schädigende Uebel immer mehr zurückdrängt und endlich die Ansprüche der Menschen wieder auf das in ihren Verhältnissen liegende Maß und Ziel beschränken wird. Fast täglich sehen wir in den Städten Frauen und Kinder wenig bemittelter Stände einen Aufwand an Kleidungsstücken etc. machen, der ihren Verhältnissen gegenüber zu groß ist und ihre finanziellen Kräfte weit übersteigt, und jeder der verehrten Leser hat wohl schon ähnliche Beispiele in Erfahrung gebracht und beobachtet. Betrachtet man unsere modernen Dienstboten, so sind es besonders die Dienstmädchen der Städte, welche sich immer mehr mühen, in Kleidung und Kopfputz ihre Herrinnen zu überflügeln, um so elegant als möglich zu erscheinen.“ Spittel 53f. Gut zweihundert Jahre früher hatte der Viztum von Landshut eine ähnliche Relation zwischen Kleiderluxus und Armut festgestellt: „[...] das man schie die ständt, vnd gradus der leith nit mehr von vnnd außeinander erkhenne“. Zitiert nach Baur 103. Den selben Tenor trägt eine Amberger Regierungsanordnung vom Mai 1737: „[...] der bis anhero offenbahre ungebührliche Kleider Tracht dergestalten besonders bey denen burgers Weibern, deren Töchtern und sammentl. dienst Persohnen gar aus allen Zill und Maas getretten, das sich selbe keines wegs scheuen die kostbarste Zeug, Porten, bänder, spizen und dergleichen öffters über ihr Vermögen und sonst habendten ehrlichen Verdienste offentlich zutragen“. Zitiert nach ebd. 106. 39 Mertens 118. 40 Ebd. 118f. 32 fanden die moralisierenden Ermahnungen Eingang in die Satzungen der in der Folge gegründe- ten Sparkassen.41

3. Gewährträger - Verwaltungsgremium

Die Sparkasse Amberg wurde als kommunales Institut gegründet,42 das heißt die Haftung für die eingelegten Gelder plus Zinsen lag bei der Stadt Amberg.43 Von den 22 im Jahre 1825 bestehenden bayerischen Sparkassen wurde der überwiegende Teil, nämlich 16 ebenso wie die Amberger Kasse als öffentliche Einrichtung geführt.44 Der Magistrat setzte zur unmittelbaren Kontrolle und Verwal- tung ein vierköpfiges Gremium ein. Die Aufgaben übernahmen ein bürgerlicher Magistratsrat, ein Gemeindebevollmächtigter und ein Kassier. Den Vorstand dieser Kommission hatte ein rechtskun- diger Rat inne, dessen Zuständigkeitsbereich sich auf die Einhaltung der Statuten und die Aufsicht über das Verwaltungspersonal erstreckte, das durch einen Diener ergänzt wurde.45 Dieses Gremium sollte seine Tätigkeit so lange unentgeltlich leisten, also ehrenamtlich tätig sein, bis die Sparkasse Überschüsse erwirtschaftet hätte. Erst ab diesem Zeitpunkt sah man sich in der Lage, „Honorarien“ zu gewähren.46 Eine Entlohnung durch den Träger der Sparkasse kam in keinem Fall in Frage.

41 So in den Satzungen der Sparkassen Würzburg, Kniepert 13; Ansbach, Reinhart/Zeitler 242; Regensburg, Rygol 38f.; München, StadtAM Sparkasse 15. Als Beispiel für das erzieherische Programm, das mit den Sparkassen verbunden wurde, sei hier ein Artikel, der im Neu- markter Wochenblatt im Jahre 1837 anonym erschien, wiedergegeben. Im Auftrag des Neumarkter Landrichters Wülfert wurde der Text als Sonderdruck mit dem Titel „Haus-Segen“ in den Gemeinden des Bezirks verteilt: „Haus-Segen Aufruf an Jung und Alt Ein wahrer Haus-Segen für alles Volk, eine Beförderungsquelle aller Tugend und Sittlichkeit, sind die Sparkassen, das sind Kassen, in welchen arme oder minderbemittelte Personen jedes Standes, Alters und Geschlechtes ihre geringeren oder größeren Ersparnisse gegen Zinsen und Zinses=Zinsen sicher aufbewahren, und dadurch ein Kapital für die Zeit der Noth oder des sonstigen dringenden Bedarfs sich erwerben können. Edle Menschen haben in allen Landen und in vielen Städ- ten und Orten solche Sparkassen errichtet, und ihr großer Segen, der sich fortpflanzt auf Kind und Kindeskinder hat sich noch überall bewährt. Arme Hausväter und Hausmütter haben durch geringe wöchentliche Ersparnisse, die sie in jene Kasse niederlegten, ihren Kindern ein Heirathsgut , sich selbst ein Hülfe in der Noth aufgespart; arme Kinder wiederum haben durch ihre Ersparnisse dies wankende Glück ihrer Aeltern aufrecht erhalten, und unter deren sorgenschweres Haupt ein sanftes Kissen gebreitet. [...] Sparsamkeit, da man nämlich das Seinige zu Rathe hält, unnötige Ausgabe ver- meidet, und von dem was Gott beschert, etwas zurücklegt, dass man im Nothfall eine Hülfe haben möge, und auch den Armen mittheilen könne, ist eine schöne christliche Tugend. Jesus Christus selbst, unser Heiland, ging uns hierin mit sei- nem Beyspiel voran, indem er seinen Jüngern gebot: ‘Sammlet die übrigen Brocken, auf dass Nichts umkomme.’ Spar- samkeit liegt mithin in Gottes Willen, und ist hie und da in der heiligen Schrift angepriesen. Sie liegt aber auch im Willen unseres erhabenen, weisen und gerechten Königes und unserer hohen und weisen Staatsregierung, und es sind hierin sogar große Vortheile geknüpft. Nach dem Gesetz sollen nämlich bey Ansässigmachungen auf Lohn-Erwerb jene Dienstbothen vorzüglich berücksichtiget und bevorzugt werden, welche durch Treu und Fleiß im Dienst, sowie durch Anlegung namhafter Ersparnisse bei der Sparkasse, Beweis von häuslichem Sinn gegeben haben. Endlich gewährt Spar- samkeit und unausgesetzte Benützung der Sparkasse große irdische Vortheile, wie sie auf keine andere Weise erlangt werden können. Wer nämlich täglich Einen Pfennig zurück, und monatlich oder vierteljährlich in die Sparkasse legt, der besitzt nach 5 Jahren 7 fl. 59 kr., nach 10 Jahren 17 fl. 8 kr., nach 20 Jahren 38 fl. 45 kr. Wer zwei Pfennige täglich für die Sparkasse zurück- und einlegt, besitzt nach 5 Jahren 16 fl. 4 kr., nach 10 Jahren 35 fl., nach 20 Jahren 78 fl. 15 kr. [...] Jeder Arme kann sich also leicht ein Kapital für die Stunde der Noth sammeln, kann für die Ruhe und das zeitliche Glück der Seinigen sorgen, kann sein eigenes Brot essen und braucht nicht Anderen oder seiner Gemeinde, sich selbst zur Schmach und Verachtung, zur Last fallen. [...] StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 4944, Druckblatt vom 7. März 1837. 42 Zu den Trägern der Sparkassen vgl. Hruschka 189 - 192. 43 Stat. 1825, §§ 5, 25. 44 Wysocki, Untersuchungen 35. Von privaten Trägern wurden die Sparkassen Augsburg, Ansbach, Gunzenhausen, Eich- stätt, Wunsiedel, Lindau betrieben. Trende 142, 148; Pix, L’Evolution 147. 45 Stat. 1825 § 1. 46 Ebd. § 2. Zur ehrenamtlichen beziehungsweise entlohnten Tätigkeit bei bayerischen Sparkassen vgl. S. 97f. 33

4. Zweckbestimmung - Einlegerkreis - Geschäftsbezirk

Zweckbestimmung der Sparkasse war die kostenfreie Annahme von Spargeldern, deren Verzinsung und die ebenso gebührenfreie Rückzahlung der Einlagen samt Zinsen an die Einleger,47 die gemäß Regierungsauftrag48 den unteren Gesellschaftsschichten angehören sollten.49 Der soziale Aspekt findet sich zwar in den Statuten aller in dieser Zeit existierenden Sparkassen,50 wie eng die Ziel- gruppe jedoch fixiert wurde, bestimmte der Gewährträger der Kasse individuell; eine Entschei- dungsbeeinflussung durch die Kuratelbehörde fand nicht statt. So entschied der Nürnberger Magist- rat, wie aus der Präambel zu den Gründungsstatuten hervorgeht, daß die Sparkasse allen Einwoh- nern der Stadt offenstehe, wenn auch auf Drängen Scharrers als vorrangige Klientel „Dienstboten und andere unbemittelte Personen der hiesigen Stadt und Vorstädte“51 angesprochen wurden.52 In der Präambel zum „Regulativ“ der Augsburger Sparkasse hielten die Gründer fest, daß sie der we- niger bemittelten Einwohnerschaft und hier im besonderen der „dienenden und arbeitenden Klasse Gelegenheit zu geben [wünschten], kleine Geld-Ersparnisse sicher und gegen Zinsen anzulegen.“53 Eine Beschränkung des Einlegerkreises nach dem Ausschlußprinzip fand bei beiden Sparkassen nicht statt. In die Nürnberger Kasse konnten alle Bewohner der Stadt einschließlich der Vorstädte einlegen. In Augsburg versuchte man die Zielgruppe insofern einzugrenzen, als Einlagen nur von „weniger bemittelten Einwohnern“ angenommen werden sollten. Wie eng oder weit „weniger be- mittelt“ in der Praxis tatsächlich gefaßt wurde, läßt sich in Ermangelung entsprechender Quellen jedoch nicht ermitteln.54 Eine exakte Definition der Zielgruppe erhielt dagegen die am 2. Februar 1823 eröffnete Sparkasse Regensburg.55 Der geistige Vater der Sparkasse, der zweite Bürgermeister Johann Wilhelm von Anns, dessen äußerst konservative Haltung Rygol mehrfach betont,56 hielt sich, ebenso wie der Würzburger Sparkassengründer strikt an den sozialpolitischen Gründungsauftrag und ließ ohne Ausnahme nur „Dienstboten, Handwerksgesellen und andere unbemittelte Personen, welche im Polizeibezirk wirklich wohnhaft sind“ 57 zur Sparkasse zu. Beide gehörten damit zu einer Minderheit unter den deutschen Sparkassengründern, die sich dem

47 Stat. 1825 §§ 2, 3. 48 Die Empfehlung des Art. 57 der Verordnung vom 23. November 1816 sprach von Handwerksgesellen und Dienstbo- ten. RBl. 1816, 801; abgedruckt in: Armenfürsorge 59. Eine exakte Fixierung der Zielgruppe erfolgte staatlicherseits mit dem Normativ vom 30. Januar 1843. 49 Zu den unteren Gesellschaftsschichten, zeitgenössisch häufig als „übrige Volksklassen“ bezeichnet, gehörten Hand- werksgesellen, Häusler, Tagelöhner, Ungelernte, Knechte, Mägde, Dienstboten, Manufaktur- und Heimarbeiter. Bau- mann 48. 50 Wysocki, Untersuchungen 31. 51 Wysocki/Pix 1995, 175. 52 Mertens 119. 53 Wysocki/Pix 1995, 173. 54 Merz 23, Anm. 11. 55 Rygol 46. 56 Ebd. 35, 39, 47. 57 Ebd. 39, § 3; Kniepert 13, § 1. 34 „Dienst an den unteren Einkommens- und Gesellschaftsschichten [...] so ausschließlich verpflich- tet [sahen], daß sie eine soziale Einschränkung der Sparer satzungsmäßig verankerten.“58

Der Magistrat Ambergs richtete sich bei der Definition des Einlegerkreises eher nach dem Nürnber- ger Modell, tatsächliches Vorbild für die Ausformulierung des § 4, der die Zielgruppe bestimmte, dürfte allerdings § 5 der Grundbestimmungen der Sparkasse München gewesen sein.59 Obwohl es keinen Hinweis der Kontaktaufnahme mit dem Münchner Magistrat gibt,60 wird beim Vergleich der beiden genannten Paragraphen deutlich, daß die Münchner Statuten in Amberg vorgelegen haben müssen.

Statuten der Sparkasse München61 Statuten der Sparkasse Amberg § 5 § 4 Obgleich die Sparkasse zunächst nur für Dienst- Obgleich die Sparkasse zunächst nur für die Dienst- boten und ledige Handwerker, und überhaupt boten, Handwerksgesellen und derlei Jungen, dann für die minder bemittelten Einwohner Klassen der überhaupt für die minderbemittelten Einwohner- königlichen Haupt und Residenzstadt München, klassen der Stadt Amberg, insbesondere aber auch insbesondere aber auch für Kinder der sämmtli- für Kinder der sämmtlichen hiesigen Einwohner chen hiesigen Einwohner ohne Ausnahme errich- ohne Ausnahmen errichtet wird, so soll doch hie- tet wird, so soll hiedurch eine ausdrückliche Be- durch keineswegs eine Beschränkung auf die Gren- schränkung weder auf die Gränzen des Stadtbe- zen des Stadtbezirks oder auf eine bestimmte Ein- zirkes, noch auf eine bestimmte Einwohner Klasse wohnerklasse ausgesprochen seyn. ausgesprochen seyn.

Die Sparkasse in Amberg war somit wie diejenige in München ohne jegliche Einschränkung für jedermann zugänglich. Im Unterschied zum Nürnberger Institut wurde die detaillierte Definition des Einlegerkreises Teil der Statuten. Die lokale Begrenzung auf den Polizeibezirk, die sowohl in Nürnberg als auch in Augsburg und Regensburg ausdrücklich vorgesehen und streng beachtet wur- de, unterblieb in München und Amberg.62 Ein Grund für diese Nicht-„Beschränkung auf die Gren- zen des [Amberger] Stadtbezirks“ könnte in der Absicht gelegen haben, die Bewohner des Landge- richtsbezirks Amberg nicht von der Teilnahme an der kommunalen Sparkasse auszuschließen. Landrichter von Goller bemühte sich zur Zeit der Gründung der städtischen Sparkasse erfolglos um die Errichtung einer eigenen Kasse für seinen Bezirk. Die Öffnung der kommunalen Sparkasse für jedermann ohne lokale Eingrenzung enthob Goller zunächst der Sparkassengründungsprobleme. Er

konnte der Kreisregierung gegenüber, als diese auf Errichtung einer eigenen Kasse drängte, auf die Möglichkeit der Teilnahme der Bevölkerung seines Bezirks an der städtischen Sparkasse in Amberg

58 Wysocki, Untersuchungen 33. 59 Pix verwies bereits auf den Einfluß der Münchner Satzung, bezog sich jedoch vorrangig auf die Präambel. Pix, L’Evolution 146. 60 Weder im Stadtarchiv München noch im Stadtarchiv Amberg findet sich diesbezüglicher Schriftverkehr. 61StadtAM, Sparkasse 15 „Statuten der in München errichteten Sparkasse“. Interpolierter Abdruck Hirschhorn 71 - 73. Beispiel: § 5 „Alle Zuschriften und Gelder müssen jedoch portofrei an die Sparkasse eingesendet werden.“ Dieser Satz fehlt in den Originalstatuten. 62 Präambeln zu den Gründungsstatuten der Sparkassen Nürnberg und Augsburg, Wysocki/Pix 175, 173; Merz 24; Rygol 43. 35 verweisen.63 Für den Amberger Magistrat spielte die damit einher gehende Haftungserweiterung vorerst keine Rolle, nahm er doch an, daß die Kasse eher in geringem Umfang genutzt werden würde.64

5. Eröffnung - Öffnungszeiten

Der Beginn der Sparkassentätigkeit wurde auf Donnerstag, den 3. Februar 1825 festgelegt. Interes- sierte erhielten in der darauffolgenden Woche täglich von 9 Uhr bis 12 Uhr und von 14 Uhr bis 16 Uhr Gelegenheit, Gelder einzulegen.65 Später stand die Sparkasse am ersten Werktag der Woche zur Geldannahme und -rückgabe bereit. Darüber hinaus öffnete man zusätzlich viermal im Jahr an den beiden Tagen nach dem Dienstbotenwechsel: nach dem 2. Februar, dem 1. Mai, dem 10. August und dem 11. November, und zwar ebenfalls von 9 Uhr bis 12 Uhr und von 14 Uhr bis 16 Uhr.66 Dem Dienstpersonal bot sich somit Gelegenheit, den an diesen Tagen erhaltenen Lohn um- gehend bei der Sparkasse einzulegen und nicht etwa in Gefahr zu geraten, die Gelder verschwen- derisch auszugeben. Die vormittägliche Geschäftszeit war ausschließlich für die Einzahlung von Einlagen bestimmt, die nachmittägliche für Rückzahlungen.67 In der zweiten Januarhälfte wurde die Sparkasse vollkommen für den Publikumsverkehr geschlossen, da in diesem Zeitraum die Jahre- sabschlußarbeiten, vor allem die Hauptzinsenberechnung, durchzuführen waren.68

Die wöchentlichen Öffnungszeiten der Sparkasse hatte der Amberger Magistrat analog denen der Sparkasse in Nürnberg geregelt: hier konnten Einzahlungen ebenfalls an einem Tag der Woche vor- und nachmittags getätigt werden. Die Möglichkeit nach den Tagen des Dienstbotenwechsels die Sparkasse zu nutzen, wurde in Nürnberg dagegen auf acht Tage ausgedehnt.69 Die Sparkasse Augs- burg verlegte die wöchentliche Öffnung auf den späten Samstagnachmittag, nämlich von 16 bis 19 Uhr, und bot ferner an jedem ersten Sonntag im Monat von 10 bis 12 Uhr Gelegenheit, die Kasse zu nutzen. Weitere Termine wurden nicht vorgesehen.70 Die in Augsburg praktizierte Regelung, die Kasse in der zweiten Januarhälfte zu schließen,71 übernahm man in das Statutenwerk der Amberger Sparkasse. Den Einlegern der Sparkasse Regensburg stand diese donnerstags vormittags und

jeweils acht Tage nach den Zieltagen 2. Februar, 23. April, 25. Juli und 1. November zur Verfü- gung. Diese Zielzeiten und die anschließende Öffnungsdauer waren identisch mit denen der Spar-

63 Die Bewohner des Landgerichtsbezirks stellten bis 1840 tatsächlich den größten Teil der Sparer. Zu den Bemühungen von Gollers vgl. S. 127. 64 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 22. Oktober 1838. 65 Stat. 1825 § 7. 66 Ebd. § 8. 67 Ebd. § 9. 68 Ebd. § 10. 69 Wysocki/Pix 1995, 175, § 3. 70 Ebd. 173, § 1. 71 Ebd. § 5. 36 kasse Nürnberg, nicht jedoch der wöchentliche ausschließlich vormittägliche Zugang zur Kasse. Die Sparkasse in München öffnete an zwei Tagen in der Woche, und zwar sonntags und montags von 9 bis 12 Uhr; darüber hinaus an den 14 Tagen nach den vier Zieltagen. Auch die Münchner Sparkasse wurde für die jährlichen Abschlußarbeiten geschlossen, hier allerdings nicht im Januar, sondern im gesamten September.72

6. Einlagenhöhe - Ruhende Einlagen

Alle um 1825 in deutschen Gebieten existierenden Sparkassen hatten die Festlegung von Mindest- einzahlungssätzen für notwendig erachtet.73 Bei der Sparkasse Amberg lag dieser Betrag ebenso wie bei den Sparkassen München, Nürnberg und Regensburg bei 1 fl.74 Die Sparkasse in Augsburg ließ dagegen bereits Beträge ab 30 kr. zu und unterschritt damit den durchschnittlichen Mindestsatz bayerischer Sparkassen von 0,8 fl.75 Für Kinder unter 15 Jahren wurde ein noch niedrigerer Betrag festgesetzt. Sie durften, „um solche frühzeitig zu Sparsamkeit als einer vorzüglichen Quelle morali- scher Tugenden zu gewöhnen“ kleine Summen, die allerdings 6 kr. nicht unterschreiten sollten, bei der Sparkasse anlegen.76 Die sozialpädagogischen Intentionen des Sparkasseninitiators von Schaez- ler treten hier deutlich hervor. Kinder wurden beizeiten an die Sparkasse herangeführt, um von Jugend an Vorsorge für die Zukunft treffen zu können;77 Erwachsene mußten nicht abwarten bis mehrere Tagesverdienste angespart waren, um in die Sparkasse einzulegen. „Das kontinuierliche Einlegen kleinerer Beträge“ hielt von Schaezler „im Interesse der Erziehung zur Sparsamkeit“78 für besonders wünschenswert. Noch unter dem Mindestsatz der Augsburger Kasse lag die Sparkasse in Ansbach, die von der Gesellschaft für vaterländischen Kunst- und Gewerbsfleiß errichtet worden war.79 Ein Einlagenminimum von 1 fl. erschien den Mitgliedern der Gesellschaft als zu hoch. Folgte man dem Nürnberger Modell, das 1 fl. vorsah, stand zu befürchten, daß „mancher Dienstbothe seine bey Seite gelegten Trinkgelder und dergleichen klei-ne Einnahmen unnöthigerweise wieder auszugeben geneigt“80 sei. Man entschied daher, ebenso wie die Verantwortlichen für die am 25. Juli 1823 eröffnete Sparkasse in Bayreuth,81 15 kr. als unterste Einlagengrenze festzulegen.82 Die höheren Mindesteinlagen anderer Sparkassen bedeuteten jedoch keineswegs, daß dort soziale Ge-

72 StadtAM, Sparkasse 15, Statuten § 9. 73 Wysocki, Untersuchungen 27. Zu den Gründen ebd. 20, 26 - 28. 74 Stat. 1825 § 11; Ettenhuber 32; Wysocki/Pix 1995, 175, § 5; Rygol 39, (4). 75 Wysocki, Untersuchungen 27. 76 Wysocki/Pix 1995, 173, § 2. 77 Als eine der Hauptursachen für die Verarmung erkannte von Schaezler „die mangelnde Vorsorge für die Zukunft in der Jugend“. Merz 9. 78 Wysocki, Untersuchungen 27. 79 Reinhart/Zeitler 21. 80 Zitiert nach ebd. 28. 81 Lang 18. 82 Ebd. 255, § 5. 37 sichtspunkte keine Rolle spielten. Der Grund für deren Bestimmung dürfte ein pragmatischer sein: man scheute wohl den Arbeitsaufwand, den Kleineinlagen mit sich brachten.83

Die Bestimmung eines Mindesteinlagebetrags ist, dies wurde bereits festgehalten, allen deutschen Sparkassen, die im Jahr 1825 bestanden, gemeinsam, nicht jedoch die Festlegung einer Einlagen- obergrenze. Von 22 in Bayern im Stichjahr 1825 existierenden Kassen hatten sich 17 für einen jähr- lichen Einlagenhöchstbetrag entschieden,84 so auch die Sparkasse in Amberg. Die Einzahlungssum- me durfte 250 fl. pro Jahr nicht überschreiten. Sobald sich das Gesamtguthaben einer Einzelperson auf 300 fl. belief, sollte diese innerhalb einer Frist von vier Wochen eine Verfügung zur weiteren Verwendung des Geldes treffen. Unterblieb dies, wurde eine Schuldurkunde auf den Namen des Eigentümers ausgestellt und in Verwahrung genommen. Eine Verzinsung des Betrags fand zwar nicht mehr statt, doch der Einleger konnte, falls weiteres Kapital zur Verfügung stand, dieses prob- lemlos neu anlegen bis wiederum 300 fl. aufgelaufen waren.85 Daß unter diesen Voraussetzungen die Sparkasse für kapitalkräftigeres Publikum als die Gesellen- und Dienstbotenschicht interessant wurde, liegt bei der garantierten Sicherheit der eingelegten Gelder auf der Hand. Für ruhendes Kapital wurde eine gesonderte Regelung getroffen. Beließ ein Sparer sein Kapital über drei Jahre unangetastet bei der Kasse und war sein Aufenthaltsort unbekannt, gingen Kapital und Zinsen an das Kreis- und Stadtgericht Amberg „zur geeigneten Verfügung“.86

Die Form der Einlagenbegrenzung, für die sich der Amberger Magistrat entschieden hatte, kann kaum sozialpolitischen Zielsetzungen entsprungen sein. Sie spricht vielmehr dafür, daß eher „ge- schäftliche Erfordernisse des Sparkassenbetriebes“ im Vordergrund standen.87 Einlagen in unbe- grenzter Höhe erschienen schlicht zu riskant.88 Eine Möglichkeit, „allzu große Einzelabhebungen zu verhindern“ und „einen insgesamt zu reichen Einlagenstrom abzuwenden“89 bargen die statutari- schen Bestimmungen nicht. Allerdings spielte die Notwendigkeit der Reglementierung des Geldzu- flusses und der Sicherung der Liquidität, die knapp 20 Jahre später für die Sparkassenverwaltung zum drückenden Problem wurde, bei Gründung der Kasse kaum eine Rolle, denn der Magistrat rechnete, wie bereits erwähnt, nicht mit einer allzu großen Frequentierung.90

Die Formulierung des § 11, in dem der höchst verzinsbare Betrag festgelegt wurde, entnahm der Amberger Magistrat beinahe wortgetreu dem § 10 der Statuten der Sparkasse München:

83 Wysocki, Untersuchungen 27. 84 Ebd. 85 Stat. 1825 § 11. 86 Ebd. Ob ein solcher Fall jemals eintrat, geht aus den Akten nicht hervor. 87 Wysocki, Untersuchungen 28. 88 Vgl. Gesellschaft 22f. Einlagen in unbegrenzter Höhe nahm die Sparkasse Donauwörth an. Malchus 103. Sie bildete unter den in Bayern im Stichjahr 1825 bestehenden Sparkassen die absolute Ausnahme. 89 Ebd. 90 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 22. Oktober 1838. 38 Statuten der Sparkasse München Statuten der Sparkasse Amberg § 10 § 11 Der geringste Betrag einer Einlage wird auf einen Der geringste Betrag einer Einlage wird auf Einen Gulden, der höchste Betrag aller Einlagen einer Gulden, der höchste aller Einlagen ein und der- Person im Lauf eines ganzen Jahres auf drei- selben Person im Lauf eines ganzen Jahres auf hundert Gulden festgesezt. So oft das Guthaben zweihundertfünfzig Gulden festgesetzt. So oft das eines einzelnen Individuums an eingelegtem Guthaben eines einzelnen Individuums an einge- Kapitale und kapitalisierten Zinsen die Summe legten Capitale und capitalisirten Zinsen die von dreihundert Gulden erreicht, wird dieser Summe von 300 fl. erreicht, wird dieser Betrag, Betrag, so fern der Gläubiger nicht innerhalb vier sofern der Gläubiger nicht innerhalb 4 Wochen Wochen selbst eine Verfügung trifft, ganz auf selbst eine Verfügung trifft, ganz auf Gefahr des- Gefahr desselben gegen sichere Hypothek und selben, gegen sicher Hypothek und Errichtung Errichtung einer auf den Namen des Kapital Be- einer auf den Namen des Capital-Besitzers aus- sitzers auszustellenden Schuld Urkunde ohne zustellenden Schuld-Urkunde ausgelehnt, und weitere Haftung der Spar Anstalt und des Magi- letztere für den Gläubiger bis zur Abforderung in strats ausgeliehen, die Schuld Urkunde für den Verwahr genommen, und nur der verfallene Zins Gläubiger bis zur Abforderung in Verwahr ge- nebst den etwaigen neuen Einlagen noch ferner nommen, und nur der verfallende Zins nebst den auf Rechnung der Anstalt fruchtbringend behan- etwaigen neuen Einlagen noch ferner auf Rech- delt werde, bis das neue Guthaben abermals die nung der Anstalt fruchtbringend angelegt werden, Summe von 300 fl. erreicht haben wird. bis das neue Guthaben abermals die Summe von 300 f erreicht haben wird.

Der Gründer der Regensburger Sparkasse setzte in gleicher Weise wie von Schaezler in Augsburg oder die Gesellschaft für vaterländischen Kunst- und Gewerbsfleiß in Ansbach einen bedeutend niedrigeren jährlichen Einlagenhöchstbetrag als in Amberg fest, nämlich 100 fl.91 Es handelt sich dabei um das niedrigste Einlagenmaximum, das Wysocki bei seinen Untersuchungen für Bayern feststellte.92 Rygol sieht nicht nur die sozialpolitische Motivation, die von Anns veranlaßte, sich für einen niedrigen Satz auszusprechen. Sie geht „bei der zu vermutenden geringen Risikobereitschaft des erzkonservativen Regensburger Sparkassengründers“ gleichermaßen von dessen Absicht aus, den Haftungsträger in möglichst geringem Umfang in die Pflicht zu nehmen.93 Ähnliche Beweg- gründe dürfen den obengenannten Sparkasseninitiatoren unterstellt werden.94 Das höchste Einla- gemaximum lag in Bayern bei 300 fl.95 Die Sparkassen in Nürnberg und München hatten sich für diese Obergrenze entschieden, wobei sich erstere, um bei einem zu großen Kapitalstrom steuernd eingreifen zu können, ein Annahmeverweigerungsrecht vorbehielt: „Sollten die Kapitalien sich zu sehr häufen, so bleibt es dem Institute vorbehalten, Einlagen zurückzuweisen oder zurückzuzahlen, deren Größe dem Zweck des Instituts nachtheilig werden dürfte.“96 Auf eine statuarische Bestim- mung ähnlichen Inhalts - von Schaezler hielt eine solche gleichfalls für geboten97 - wollte auch der Amberger Magistrat nicht verzichten: „[Es] wird sich ausdrücklich vorbehalten, solche Einlagen, welche mit dem Zwecke der Anstalt nicht vereinbar erscheinen, zurückzuweisen, oder wenn sie

91 Rygol 39, § 4; Wysocki/Pix 1995, 173, 2; Reinhart/Zeitler 244, § 5. 92 Wysocki, Untersuchungen 27. 93 Rygol 43. Vgl. Wysocki, Untersuchungen 28. 94 Ebd. 95 Ebd. 27. 96 Wysocki/Pix 1995, 175, § 5. 97 Ebd. 173, § 3. 39 bereits angenommen worden, mit den bedungenen Zinsen wieder zurück zu geben.“98 Ob von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch gemacht wurde, ist zweifelhaft. Hätte sie Anwendung ge- funden, hätte sich die Rüge des königlichen Rechnungskommissariats aus dem Jahr 1840 erübrigt.99

7. Zinsen - Rückzahlung der Guthaben

Die Zinsen wurden im ersten Einlagejahr nach einem Staffelprinzip berechnet: im 1. Quartal (1. Februar bis 30. April) zu 4 % im 2. Quartal (1. Mai bis 31. Juli) zu 3 % im 3. Quartal (1. August bis 31. Oktober) zu 2 % im 4. Quartal (1. November bis 31. Januar) zu 1 %. Die Verzinsung erfolgte am Ende des ersten Jahres und berechnete sich vom ersten Tag des Einlage- folgemonats an.100 Ab dem zweiten Einlagejahr betrug der Zinssatz 4 1/6 %. Für Kreuzerbeträge entfielen Zinszahlungen, „wie auch bei der Zinsenberechnung Brüche unter einem Pfennig unbe- achtet“ blieben.101 Nahm ein Einleger sein Guthaben noch im ersten Jahr zurück, fand keine Ver- zinsung statt. Man begründete diese Maßnahme mit der Absicht, „mutwillige Zurückforderungen, welchen kein Bedürfnis zur Seite steht,“102 zu unterbinden. Die Zinsberechnung erfolgte ausschließ- lich zum Abschluß des Rechnungsjahres, das heißt zum Ende des Monats Januar. An den darauffol- genden Öffnungstagen konnten sich die Einleger die errechneten Beträge ausbezahlen lassen.103 Entschied sich ein Sparer, die Zinsen zu kapitalisieren, wurden diese, unter der Voraussetzung sie beliefen sich auf mindestens 1 fl., ab dem 15. Februar eines Jahres ebenfalls mit 4 1/6 % verzinst. Sie wurden in der Folge als Kapital behandelt.104

Der Staffelzinssatz für die Erstjahreseinlagen entstammte den Statuten der Sparkasse Augsburg, e- benso der Zinsberechnungszeitraum. Der Zinssatz bezog sich in Augsburg allerdings auf Neueinla- gen eines laufenden Jahres und nicht ausschließlich auf Ersteinlagen; die Sparbeträge der Vorjahre wurden dort mit 5 % verzinst. Der besondere pädagogische Ansatz von Schaezlers zeigte sich nicht nur in der Bestimmung einer speziellen Einlagenbegrenzung für Kinder, sondern auch in der Fest- setzung eines um 1 % höheren Zinssatzes für Kinder unter 15 Jahren.105 Einen niedrigeren Zinssatz als in Augsburg mit 5 %, in München106 und Amberg mit 4 1/6 % setzten die Statuten der Sparkas- sen Nürnberg, Würzburg, Regensburg und Ansbach fest, nämlich 3 1/3 %, wobei dieser Zinssatz in Nürnberg für Sparer mit einem Guthaben bis 24 fl. galt. Höhere runde Beträge (25 fl. - 50 fl. - 75 fl.

98 Stat. 1825 § 11. 99 Vgl. S. 103f. Die Verwaltung der Sparkasse Landshut überprüfte vor allem anonyme Einleger - § 5 der Gründungs- statuten ließ namenlose Einlagen zu - auf Zugehörigkeit zum gewünschten Personenkreis. Verbarg sich hinter dem unbe- nannten Sparer eine vermögende Person, zahlte man die Einlagen zurück. Bleibrunner 90f., 106. 100 Stat. 1825 § 13. 101 Ebd. § 12. 102 Ebd. § 15. 103 Ebd. § 14. 104 Ebd. § 16. 105 Wysocki/Pix 1995, 173, § 5. 106 StadtAM, Sparkasse 15, Statuten, § 11. 40 usw.) wurden mit 4 % verzinst.107 In Augsburg und Amberg erfolgte die Zinsberechnung sparer- freundlich ab dem Tag der Einlage beziehungsweise ab dem Einlagefolgemonat. Weniger großzügig zeigten sich die übrigen genannten Sparkassen. Sie hatten bestimmt, daß sich die Verzinsung nach den jeweiligen Zieltagen richtete. Brachte ein Einleger seine Sparsumme an einem der Zieltage oder zu den anschließenden Sonderöffnungszeiten, begann mit diesem Zieltag die Verzinsung, erfolgte die Einlage jedoch im laufenden Jahr, wurden die Zinsen erst vom nächst folgenden Zieltag an berechnet.108 Bei Rücknahme des Guthabens im ersten Jahr entfiel bei den erwähnten Sparkas- sen, mit Ausnahme der Augsburger, die Zinszahlung.109 Von Schaezler gewährte „bey eintretendem wirklichen Bedürfniß im Laufe des Jahres“ 110 die übliche Verzinsung.

Zur Kündigung eines Guthabens erwartete die Amberger Sparkassenverwaltung, ebenso wie in München - hier betrug die Kündigungsfrist vier Wochen111 -, eine Vorlaufzeit, um sich mit liquiden Mitteln eindecken zu können. Die mündliche Willenserklärung reichte aus; der Sparer konnte so- dann in der Regel zum folgenden Monatsbeginn über die gewünschte Summe verfügen. Für die Sparkassen in Nürnberg, Würzburg und Regensburg war die Festsetzung einer Kündigungsfrist ver- zichtbar, da Rückforderungen ohne Angabe von Gründen ohnehin ausschließlich an den Zieltagen gestattet wurden. Behr begründete die Beschränkung der Rücknahmefreiheit folgendermaßen: „Der bei mehreren Sparkassen stattfindende Gebrauch, die Gelder jeden Tag zurücknehmen zu können, widerstreitet kennbar dem Zwecke solcher Anstalten, erschwert die Verwaltung und Buch- führung und macht sie zum Launenspiel solcher Darleiher, die heute einige Gulden bringen und sie nach wenigen Tagen oder Wochen wieder holen, vielleicht bloß um eine Laune zu befriedigen. Wer im Ernste sparen will, muß es nicht auf Wochen oder Monate, sondern auf Jahre tun; darum ist dieser Paragraph festgelegt“.112 Die private Sparkasse in Ansbach hatte gestaffelte Rückzahlungs- fristen eingeführt. Nach der Kündigung des Guthabens an einem der vier Zieltage „erfolgt die Heimzahlung bei Summen bis zum Betrage von 25 fl. in einem Vierteljahre, bei Summen bis zu 100 fl. in einem halben Jahre, endlich bei noch größeren erst in einem Jahre vom Tage der Auf- kündigung an, mit den bis dahin verfallenen Zinsen.“113 Von Schaezler hingegen zeigte sich auch bei den Rückzahlungsmodalitäten äußerst großzügig und erlaubte den Einlegern die jederzeitige Rücknahme ihrer Sparbeträge.114 Die Terminierung auf lediglich vier Zielzeiten jährlich oder die noch längeren Fristen in Ansbach schränkten den Zugriff der Sparer auf die eingelegten Gelder gerade in Notzeiten beträchtlich ein. Man sah deshalb Ausnahmen vor, die auch die Sparkasse in Amberg, trotz schon kurzer Kündigungszeiten einräumte. Bei Krankheit, Ansässigmachung, Verän-

107 Ebd. 175, § 6; Kniepert 14, § 4. Rygol 44; Reinhart/Zeitler 244 § 7. 108 Rygol 44; Wysocki/Pix 1995, 175, § 3; Kniepert 13 § 3; Reinhart/Zeitler 244, § 9; StadtAM Sparkasse 15, Statuten, § 12. 109 Rygol 44; Wysocki/Pix 1995, 175, § 6; Kniepert 14 § 4; Reinhart/Zeitler 244, § 11; StadtAM Sparkasse 15, Statuten, § 14, 110 Wysocki/Pix 1995, 173, § 6. 111 StadtAM, Sparkasse 15, Statuten, § 17. 112 Zitiert nach Kniepert 16. 113 Reinhart/Zeitler 245, § 14. 114 Wysocki/Pix 1995, 175, § 4; Kniepert 14, § 7; Rygol 39, § 7; 41 derung des Wohnsitzes oder Wandern115 durften die Einleger mit sofortiger Auszahlung der ge- forderten Summen rechnen: „In Fällen aber, wo das Bedürfniß vorhanden ist [...] findet die Rücks- zahlung ausnahmsweise sogleich statt“.116

8. Haftung

Die Sparkasse haftete nur für die im Einlagebuch eingetragenen Beträge, die in jedem Falle mit den in den Verwaltungsbüchern vorgetragenen Angaben übereinstimmen mußten. Dazu gehörten alle vom Kassier vorgenommenen Eintragungen zum Kapital- und Zinsstand, die von einem der Verwal- tungsmitglieder abgezeichnet worden waren.117 Eine Haftung gegenüber Dritten wurde grundsätz- lich ausgeschlossen, auch, falls der Einleger das Sparkassenbuch Dritten zu Zahlungszwecken vorge- legt hatte.118 Ein solches Vorgehen des Einlegers war nicht zulässig, da das Einlagebuch weder „an einen Dritten [...] cedirt“, das heißt an einen Dritten abgetreten, „noch verpfändet oder verkauft“ werden durfte. Eine Pfändung des Guthabens durch ein Gericht war jedoch durchaus möglich. Um hier keine Unklarheiten für den Einleger entstehen zu lassen, wurden die Statuten jedem Sparkas- senbuch beigefügt.119

Zur Ausformulierung des § 21, der die Haftung Dritten gegenüber regelte, bediente sich der Am- berger Magistrat der Grundbestimmungen der Sparkassen Augsburg und München.

Sparkasse Augsburg Sparkasse München Sparkasse Amberg § 7 § 21 § 21 [...] Die eingelegten Gelder Das Sparkassenbuch eines Theil- Das Sparkassenbuch eines Theilhabers nebst Zinsen, sowie die darüber habers dieser Anstalt kann von dieser Anstalt kann von diesem an einen ausgestellten Quittungsbücher diesem an einen dritten weder Dritten weder cediert, noch verpfändet sind einer Verkümmerung oder cedirt noch verpfändet werden. oder verkauft werden. Diese Bücher sind Inhibition nicht unterworfen, Damit hiedurch Niemand zu auch keinem Abzuge oder Inhibition un- jedoch mag dadurch die Hülfs- Schaden komme, werden die terworfen, doch mag dadurch die Hülfs- vollstreckung in die bei einem gegenwärtigen Statuten jedem vollstreckung in die bei einem Schuldner Schuldner sich etwa vorfinden- Einlag Buche beigegeben. sich etwa vorfindenden Quittungsbücher den Quittungsbücher der der Ersparnißkasse keineswegs aus- Ersparniss-Kasse keineswegs geschlosssen werden. Und damit hiedurch ausgeschlossen werden. [...] Niemand zu Schaden kommen, werden die gegenwärtigen Statuten jedem Einlag-Buche beigebunden.

115 Zur Sparmöglichkeit und -fähigkeit der wandernden Gesellen vgl. Reith 57 - 82 bes. 66 - 69. 116 Stat. 1825 § 17; Wysocki/Pix 1995, 175, § 4; Rygol 40, § 8; Reinhart/Zeitler 245, § 15. In Würzburg frühestens nach eineinhalb Monaten; Kniepert 14, § 7. 117 Stat. 1825 §§ 19, 20. 118 Ebd. § 19. 119 Ebd. § 21. 42 9. Quittungsbücher

Zur Legitimation der Einleger boten die beiden bayerischen Ursparkassen unterschiedliche Model- le. Die Sparkasse in Nürnberg stellte Sparkassenscheine aus: „Die Sparkassenscheine werden auf die Namen der Darleiher ausgestellt, und von dem Bevollmächtigten des Magistrats und dem Kas- sier der Anstalt unterzeichnet.“120 Von Schaezler dagegen entschied sich für Quittungsbücher: „Den Einlegern wird ein mit einer Nummer bezeichnetes, auf deren Namen gestelltes, und von dem je- weiligen Vorstande noch besonders contrasignirtes Quittungs=Buch behändigt“.121 Zu den Nachteilen des Scheinsystems, für das man sich nicht nur in Nürnberg entschied, sondern ebenso in Würzburg, Regensburg oder Fürth,122 äußerte sich Kniepert: „Dieses System der Quittungsschei- ne, dem eine fortlaufende Buchung in den Büchern der Sparkasse entsprach, hatte bei nur schein- barer Einfachheit recht empfindliche Mängel. Zur Hauptsache machte es eine Übersicht über den Guthabenstand der einzelnen Sparer wenn nicht unmöglich, so doch recht schwierig. Ebensowenig konnte die Sparkasse, solange sie diese System hatte [...] jemals die Zahl der Sparer auch nur annä- hernd richtig angeben. Sie wußte ja nicht, wieviel Sparscheine der einzelne Sparer besaß. - Ein zweiter Nachteil dieses Systems war, daß es eine Kapitalisierung der Zinsen erschwerte. Nach § 4 Absatz 1 der Satzung sollten diese, sobald sie ‘von einer Einlage einen Gulden betragen’, ‘zum Ka- pital geschlagen und gleichfalls verzinst’ werden. Nun war es aber infolge des Systems der Spar- scheine buchtechnisch unmöglich, die Zinsen wirklich zur ursprünglichen Einlage hinzuzuschlagen und zusammen mit dieser weiter zu verzinsen. Es blieb daher nur der Ausweg, die Zinsen einer Einlage, sobald sie den Betrag eines Gulden erreicht hatten, als eine n e u e E i n l a g e zu be- handeln, über die dann ein neuer Sparkassenschein auszufertigen war. Daß diese Art der Zinskapi- talisierung [...] weder dem sparenden Publikum noch dem Sparkassenverwalter besonders behagte, läßt sich denken. Es wäre vielmehr überaus verständlich, wenn der Sparkassenverwalter, um sich diese lästige Arbeit der Zinskapitalisierung vom Halse zu schaffen, sein Möglichstes getan hätte, um die Kunden zur Barabhebung ihrer Zinsen zu veranlassen. Sie konnten sie ja dann zugleich mit der etwaigen neuen Einlage wieder einzahlen. Und in der Tat läßt sich denn auch an Hand der Rech- nungsbücher nachweisen, wie verschwindend gering die Summe der kapitalisierten Zinsen wäh- rend des ganzen Jahrhunderts geblieben ist. Inwieweit die ausgezahlten Zinsen wirklich der Spar- kasse verloren gingen und nicht zusammen mit einer neuen Einlage sogleich wieder eingezahlt wurden, das läßt sich leider ebensowenig ermitteln, wie sich die Frage beantworten läßt, zu wel- chem Teil die Neueinlagen eines Jahres wirklich Neueinlagen und zu welchem Teile sie kapitalisier- te Zinsen sind. Alle diese Unklarheiten aber entspringen aus dem scheinbar so einfachen System der Sparkassenscheine.“123 Das Manko des fehlenden Überblicks über den Guthabenstand des

120 Wysocki/Pix 1995, 175, § 2. 121 Ebd. 173, § 4. 122 Kniepert 14, § 5; Rygol 40 (9). 123 Kniepert 17. 43 einzelnen Sparers veranlaßte den Nürnberger Magistrat bereits im Jahr 1840 vom Sparscheinsys- tem zur Ausgabe von Quittungsbüchern überzugehen. Die Sparkassen in Würzburg und Fürth be- harrten allerdings das gesamte 19. Jahrhundert hindurch auf dem Scheinsystem.124 In Amberg hatte man sich von Anfang an, wie in Augsburg und München, für Quittungsbücher entschieden.

10. Zusammenfassung der Statuten der Sparkassen Nürnberg, Augsburg und Amberg

Die folgende Aufstellung faßt in übersichtlicher Form die Gründungsstatuten der Sparkasse Amberg und der beiden Modellsparkassen Nürnberg und Augsburg zusammen:

Sparkasse Nürnberg Sparkasse Augsburg Sparkasse Amberg

Zweckbestimmung: Annahme von Zweckbestimmung: Annahme von Spargeldern, deren Verzinsung und Spargeldern, deren Verzinsung und Rückzahlung mit Zins und Zinses- Rückzahlung mit Zinsen zins unter Verwaltung des Magistrats unter Verwaltung und Garantie eines unter Verwaltung des Magistrats Garantie durch die Kommune Vereins (4 Vereinsmitglieder, 6 Assistenten) Garantie durch die Kommune 1 honorierter Kassier 1 Litt. Magistratsrat (Vorstand) 1 honorierter Buchhalter 1 bürgerlicher Magistratsrat 1 Gemeindebevollmächtigter 1 Kassier 1 Diener Honorierung vorgesehen, sobald Überschüsse erwirtschaftet werden Verwaltung gebührenfrei Verwaltung gebührenfrei Verwaltung gebührenfrei Zielgruppe, Geschäftsbezirk: Zielgruppe, Geschäftsbezirk: die weniger bemittelten Einwohner Augs- Zielgruppe, Geschäftsbezirk: die Einwohner Nürnbergs und der burgs, besonders Angehörige der dienen- jedermann ohne lokale Begrenzung Vorstädte, besonders Dienstboten den und arbeitenden Klasse und andere unbemittelte Personen vier Ziele: vier Ziele: (Lichtmeß, Walburgis, Laurenzi, (Lichtmeß, Walburgis, Laurenzi, Mar- Allerheiligen) tini) Öffnungszeiten: Öffnungszeiten: Samstag 16 bis 19 Uhr, am ersten Sonntag Öffnungszeiten: Zieltage und die folgenden 8 Tage, des Monats 10 bis 12 Uhr Zieltage und die folgenden 2 Tage weiterhin 1 Tag/Woche (nur Ein- Mitte bis Ende Januar geschlossen von 9 bis 12 Uhr (Einzahlungen) und zahlungen) von 14 bis 16 Uhr (Rückzahlungen), weiterhin jeder 1. Werktag/Woche Mitte bis Ende Januar geschlossen Ausstellung eines Quittungsbuches Ausstellung von Sparkassenschei- Ausstellung eines Quittungsbuches; nen; Vererbung möglich; Verpfän- Vererbung möglich; Verpfändung dung nicht möglich und Verkauf nicht möglich Einlagenhöhe: 30 kr. bis 100 fl. Einlagenhöhe: 1 fl. bis 300 fl. Kinder bis 15 Jahren: ab 6 kr. Einlagenhöhe: 1 fl. bis 250 fl.

mit Annahmeverweigerungsrecht mit Annahmeverweigerungsrecht mit Annahmeverweigerungsrecht Zinsberechnung: zum Ende des Monats Januar Zinsberechnung: zum Ende des Mo- nats Januar

124 Benker 54, 69; Kniepert 17. 44 Sparkasse Nürnberg Sparkasse Augsburg Sparkasse Amberg

Verzinsung: ab dem nächstfolgen- Verzinsung: 5 % für Vorjahresguthaben; Verzinsung: jährlich 4 1/6 % den Zieltag mit Staffelzinssatz: Staffelberechnung für Einlagen des laufen- Staffelberechnung für Einlagen des 1 fl. bis 24 fl. - 3 1/3 % den Jahres: ersten Jahres (Berechnung ab dem ab 25 fl. - 4 % 1. Febr. bis 30. April 4 % ersten Tag des Einlagefolgemonats): vor Ablauf eines Jahres zurückge- 1. Mai bis 31. Juli 3 % 1. Febr. bis 30 April 4 % forderte Einlagen bleiben unver- 1. Aug. bis 31. Okt. 2 % 1. Mai bis 31. Juli 3 % zinst 1. Nov. bis 15. Jan. 1 % 1. Aug. bis 31. Okt. 2 % Kinder erhalten pro Quartal 1 % mehr 1. Nov. bis 31. Jan. 1 % Zinsen vor Ablauf eines Jahres zurückgefor- derte Einlagen bleiben unverzinst

Zinsbeträge unter 1 fl. werden Zinsbeträge unter 1 fl. werden nicht nicht kapitalisiert kapitalisiert

Maximalverzinslicher Betrag: 300 fl. Maximalverzinslicher Betrag: 300 fl.

Rückzahlungen: ohne Kündigung Rückzahlungen: an jedem Kassentag; Aus- Rückzahlungen: mündliche Kündi- an den 4 Zieltagen; in der übrigen stellung einer am folgenden Montag ein- gung mit Auszahlung zu Beginn des Zeit nur bei nachgewiesenem lösbaren Anweisung Folgemonats; bei nachgewiesenem Grund möglich Grund jederzeit

11. Filiationsverhältnisse

Rygol konnte mit Hilfe eines 10 Punkte umfassenden Vergleichs der Statuten der Sparkasse Re- gensburg mit denen der Kassen Nürnberg, Augsburg und Würzburg, die von Anns im Vorfeld der Sparkassengründung konsultiert hatte, nachweisen, daß die Sparkasse Regensburg vorrangig als Filiation der Kassen Würzburg und Nürnberg und keineswegs wie Merz vermutete, von Augsburg anzusehen ist. 125

Ein ähnlicher Vergleich soll hier für die Sparkasse Amberg erstellt werden. In diesen Vergleich wer- den neben den Statuten der Sparkassen Nürnberg und Augsburg, die dem Amberger Magistrat nachweislich vorlagen, auch die Grundbestimmungen der Sparkasse München einbezogen. Wie dargelegt, gibt es in den Statutenwerken der Amberger und Münchner Sparkasse beinahe wort- wörtliche Entsprechungen, die den Gedanken an ein Filiationsverhältnis nahe legen.

Tabelle 1: Statuten der Sparkasse Amberg im Vergleich

Sparkasse Amberg Übereinstimmung Übereinstimmung Übereinstimmung mit Nürnberg mit Augsburg mit München 1. Gewährträger 1 0 1 2. Zielgruppe 1 1 1 3. Geschäftsbezirk 0 0 1 4. Öffnungszeiten 1 0 0 5. Schließung zur Zinsberechnung 0 1 1 6. Geringste Einlage 1 0 1 7. Maximale Einlage 0 0 0 8. Beginn der Verzinsung 0 0 0 9. Zinsanspruch 1 0 1 10. Zinssatz 0 0 1 11. Maximalverzinslicher Betrag 0 1 1 12. Rückzahlung 0 0 0 13. Ausstellung eines Quittungsbuches 0 1 1 Summe 5 4 9

125 Rygol 45. 45 Das Ergebnis - 9 von 13 möglichen Übereinstimmungspunkten - bestätigt die bereits angedeute- te Vermutung und führt zu dem anfänglich nicht zu erwartenden Befund, daß das Statutenwerk der Sparkasse Amberg vorrangig von dem der Sparkasse München und nur nachrangig von den beiden bayerischen Modellsparkassen beeinflußt wurde. Rygol schloß bei einem Verhältnis 2 von 10 mög- lichen Punkten ein direktes Filiationsverhältnis zur Sparkasse Augsburg aus. Im Fall der Sparkasse Amberg ist der von Merz vermuteten mittelbaren Einflußnahme der Augsburger Sparkassensatzun- gen jedoch zuzustimmen und Merz’ Ergänzung der von Pix vorgelegten Filiationskarte für die Augs- burger Sparkasse gerechtfertigt.126 Die ebenfalls von Pix erarbeitete Filiationskarte für die Sparkasse Nürnberg zeigt das Verhältnis der Amberger Sparkasse zu Nürnberg bereits auf und bedarf keiner Korrektur.

Es bleibt festzuhalten, daß die Statuten der Sparkasse Amberg kein originäres Werk des Amberger Magistrats darstellen. Man orientierte sich an den vorhandenen Grundbestimmungen der Sparkas- sen Augsburg, Nürnberg und vorrangig München - zum Teil mit wortwörtlichen Übernahmen. Der Münchner Magistrat nützte den Spielraum, der den frühen bayerischen Sparkasseninitiatoren auf Grund mangelnder restriktiver staatlicher Normen offenstand und legte eine großzügige, benutzer- freundliche Sparkassensatzung vor, die sich der Amberger Magistrat in weiten Passagen zu eigen machte.

IV. Zusammenfassung

Die städtische Sparkasse Amberg verdankt ihre Entstehung dem imperativen Druck der Regierung des Regenkreises.127 Thomes unterstellt, das „zum erfolgreichen ‘Management’ [eines Sparkassenin- stituts] erforderliche Know-how, basierend auf kaufmännischer Tradition, gepaart mit Aufgeschlos- senheit und Liberalität“ sei den Magistraten in den Jahren des beginnenden 19. Jahrhunderts ganz selbstverständlich eigen gewesen.128 Dies mochte für Städte wie Nürnberg, Regensburg oder Würz- burg gelten, die sich tatsächlich durch frühe Sparkassengründungen - initiiert von sozial-liberalem Gedankengut der einzelnen Gründerpersönlichkeiten - hervortaten, keinesfalls ist dies zu generali- sieren. Auf die Verwaltung der Stadt Amberg trifft obige Feststellung sicher nicht zu. Es muß deshalb nicht verwundern, daß die Gründung der Amberger Kasse noch nicht einmal als Resultat der Ver- ordnung zur Staatsschuldentilgungskasse gesehen werden kann. Ohne äußeren Zwang wäre der Amberger Magistrat, schon aus Furcht vor finanzieller Belastung, der Gründung einer Sparkasse nicht näher getreten. Eigene Zielvorstellungen in Zusammenhang mit der Sparkassenerrichtung bestanden definitiv nicht. Man hielt sich bei der Ausarbeitung der Statuten an bestehende Leitbilder und entschied sich im besonderen für das „offene“ Münchner Modell. Die von Wysocki erarbeitete

126 Merz 21; Pix, L’Evolution 155. 127 Vgl. Gräser 399. 128 Thomes 253. 46 Typologie129 der um 1825 bestehenden Sparkassen mag hier als Raster zur Bestimmung der Posi- tion der Amberger Sparkasse dienen:130

− Einlagenbegrenzung

Wysocki wies nach, daß es sich hierbei um „ein allgemeines, praktisch ausnahmslos nachweis- bares Merkmal“131 der deutschen Sparkassen handelte. Dieses Charakteristikum trifft auf die Amberger Kasse zu.

− Festsetzung von Zielgruppen

Bei den deutschen Sparkassen existierte keine einheitliche Haltung in Bezug auf ihre soziale Verortung. Zwar waren, wie Wysocki feststellte, „alle Sparkassen für Einleger aus den Unter- schichten bestimmt“,132 doch bei der Mehrzahl der Kassen unterblieb eine sozial einschränken- de Definition des Einlegerkreises. Hier ist die Sparkasse Amberg einzureihen.

− Sozialer Auftrag

An der Tatsache, daß allen Sparkassen ein sozialer Auftrag gemeinsam war, besteht kein Zweifel. Wenn er, wie bei der Sparkasse Amberg, nicht „in der sozialen Beschränkung des Zugangs zum Ausdruckt“133 kam, ist er an der Zielvorstellung „Entgegennahme kleinerer Kapitalsummen“ fest- zumachen. Obwohl als Zweck der Sparkasse Amberg nicht ausdrücklich die Annahme kleiner Sparbeträge genannt wurde, entspricht sie dieser Zielvorstellung, da sie Einlagen ab 1 fl. an- nahm. Dem gesellschaftspolitischen Ansatz der Kassen, das heißt Angehörigen unterer Schichten durch Sparen eine Möglichkeit der Daseinsvorsorge im Falle von Krankheit, Arbeitslosigkeit, Al- ter oder zur Familiengründung zu schaffen und insgesamt zu deren Eingliederung in die Gesell- schaft und zu sozialem Aufstieg beizutragen, kam die Amberger Kasse trotz fehlender Zugangs- beschränkung nach.

− Träger

Die deutschen Sparkassen verdankten ihre Existenz öffentlichen Körperschaften und Privatinitia- tiven. In Bayern überwogen kommunale Trägerschaften.134 Die Sparkasse Amberg wurde eben- falls in kommunaler Trägerschaft geführt.

− Geschäftsausrichtung

Es ist zu unterscheiden zwischen Sparkassen, deren Geschäftsaktivitäten ausschließlich auf die „Annahme von Spareinlagen beschränkt“135 blieben und solchen, die das Aktivgeschäft ein-

129 Wysocki, Untersuchungen 39. 130 Vgl. Merz 33. 131 Wysocki, Untersuchungen 39. 132 Ebd. 133 Ebd. 134 In Bayern wurden zwischen 1821 und 1833 insgesamt 33 kommunale Sparkassen gegründet. Das Landgericht Ober- günzburg errichtete im Jahr 1834 die erste Distriktsparkasse. Weber, Sparkassengründungen 112. 135 Wysocki, Untersuchungen 40. 47 schlossen. Zweck der Sparkasse Amberg war einzig Annahme und Verzinsung von Spargel- dern; die Ausgabe von Darlehen wurde nicht in Betracht gezogen. Eine Regelung für Aktivge- schäfte findet sich folglich in den Statuten nicht. Die Sparkasse Amberg ist somit denjenigen Kas- sen zuzuordnen, die allein wegen des Passivgeschäftes gegründet wurden. 48 E) 1825 BIS 1840 I. „Die innere Einrichtung der Sparkasse“

Der Magistrat hatte einen „Plan über die innere Einrichtung der Sparkasse“1 entworfen, der unter anderem den Ablauf der Ein- und Auszahlungsvorgänge mit genauer Tätigkeitsbeschreibung der einzelnen Kommissionsmitglieder festhielt und so einen Blick auf den Sparkassenalltag gestattet.2

Eine Viertelstunde vor dem Eintreffen der Verwaltungsmitglieder - der „Magistratscommißair“ als Vorstand erschien nur, falls seine übrigen Tätigkeiten es zuließen - öffnete der der Sparkassenkom- mission zugeteilte Diener das Geschäftszimmer. Die Geschäftsbücher und die „Geldkiste“ wurden zum Geschäftstisch gebracht. Anschließend durften die Einleger einzeln in der Reihenfolge ihrer Ankunft zur „Behandlung“ eintreten. Der Diener3 hatte nun dafür zu sorgen, „daß die vorgeschrie- bene Ordnung [nicht] gestört werde“.4 Man fragte die eingetretene Person, außer in der Eröff- nungswoche, ob dies die erste Einlage sei. Bejahte sie, wurde vom Kassier die laufende Nummer, der Name, der Familienstand und die Adresse des Einzahlenden,5 weiterhin das Datum und der Einlagebetrag in das Hauptbuch vorgetragen. Der Kassier wiederholte anschließend sämtliche An- gaben, wonach der Gemeindebevollmächtigte die Daten ins Kontrollbuch übernahm. Er brachte hier einen Verweis auf die Eintragungsseite im Hauptbuch an. Aufgabe des bürgerlichen Magistrats- rates war es, das Titelblatt des Einlagebuches mit allen persönlichen Angaben des Einlegers zu ver- sehen und den Hinweis auf die Eintragungsseite im Hauptbuch anzubringen. Seine Unterschrift bestätigte den Vorgang. Nach dem Zählen des Geldes wurde die Summe in Einlagebuch, Haupt- buch und Kontrollbuch eingetragen und dieses mit der Ermahnung an den Sparer zurückgegeben, das „Buch wohl zu verwahren“.6

Gab der Erschienene an, bereits eine Einlage bei der Sparkasse getätigt zu haben, so hatte er sein „Einlagebüchl“ dem Kassier auszuhändigen, der alle notwendigen Daten zur Gegeneintragung in Kontroll- und Hauptbuch und zur Neueintragung im Einlagebuch laut verlas. Der Vorgang folgte dann im einzelnen der Vorgehensweise der Ersteinzahlung.7

Wollte sich ein Einleger Geld zurückzahlen lassen, teilte er dies der Kommission mündlich vorab mit. Zur Legitimation legte er das Einlagebuch vor. Der Kassier „liquidierte“ das Guthaben, der Ma- gistratsrat trug die geforderte Summe in das Vormerkungsbuch mit Tages- und Monatsangabe und der Nummer des Hauptbuches ein. Ausführende und Empfänger hatten die Korrektheit des Vor- gangs unterschriftlich zu bestätigen. Bei der Rückgabe des Einlagebuches erfuhr der Einleger, „wann

1 StadtAAm, Zg. I 2058, „Plan über die innere Einrichtung der Sparkasse“ vom 2. Januar 1825. 2 Vgl. dazu die Beschreibung der Geschäftsabläufe bei der Sparkasse Augsburg. Merz 48f. 3 Zu seinen weiteren Aufgaben gehörte es, „die Papiere und Gelder hin- und herzutragen, die Aufgaben der Post“ zu erledigen und „die Geschäftstische reinlich und in Ordnung zu halten“. Schließlich kümmerte er sich um die winterliche Beheizung des Raumes. StadtAAm, Zg. I 2058, „Plan [...]“ 1. 4 Ebd. 5 Die Erfassung der persönlichen Daten der Einleger wurde später vernachlässigt. 6 StadtAAm, Zg. I 2058, „Plan [...]“ 3. 7 Ebd. 4. 49 er sein Geld in Empfang nehmen könne“8 - in der Regel zu Beginn des nachfolgenden Mo-nats, bei dringendem Grund noch am selben Tag. Über die angefallenen Zinsen konnte der Einleger in jedem Fall sofort disponieren. Zins- und Guthabenauszahlungen durften ohne das Einlagebuch nicht vorgenommen werden, da Auszahlungen ausschließlich an den Besitzer des Buches erfolgten, wobei eine Überprüfung dessen Identität unterblieb,9 an eine weitere Person nur, falls sie als be- rechtigt im Einlage- und Vormerkungsbuch angegeben und dem Verwaltungspersonal be-kannt war.

Zum Ende eines Sitzungstages stimmten die Verwaltungsmitglieder die Bücher ab und erstellten eine Tagesabschlußrechnung. Dazu wurden im Kontrollbuch die Eintragungen in den Spalten „Ein- lagen“ und „Ausgaben“ summarisch abgeschlossen und „hart an den letzten Zeilen, so daß nichts dazwischen geschrieben werden kann“ von den Verwaltungsmitgliedern unterschrieben.10 Inner- halb eines Tages übertrug der Kassier die gewonnenen Zahlen in das tabellarische Übersichtsbuch. Der Magistrat erhoffte sich mit dieser Maßnahme, „immer [den] ganze[n] Stand der Anstalt mit Ge- nauigkeit ersehen“ zu können. Außerdem sollten sich die Jahresabschlußarbeiten des Kassiers damit in einem überschaubaren Rahmen halten. Man ging davon aus, daß zum Jahresende lediglich „die Berechnung für das eben abfließende Jahr und der Übertrag“ vorzunehmen sei. Hier irrte der Ma- gistrat, die Arbeiten sollten so umfangreich werden, daß der Kassier keine Alternative sah, als auf seine Kosten einen Gehilfen einzustellen.11

Die Gelder, die zur Auszahlung bei der nächsten Sitzung gebraucht wurden, verblieben unter Auf- sicht und Haftung des Kassiers, ebenso das Hauptbuch, das tabellarische Übersichtsbuch, alle Ver- waltungspapiere, die Geldsäcke, der Siegellack und das Siegel, „worauf lediglich die Worte ‘Spar- kasse Amberg’ gestochen“ waren.12 Zu seiner Entlastung übergab der Kassier nach jedem „Sitzungs- tag“ alle „Urkunden für ausgelehnte Gelder“, wozu vorerst Stadtkammerscheine und Schuldentil- gungskasse-Papiere zählten, an die übrigen Kommissionsmitglieder, die die Dokumente zur Ver- wahrung an die kommunale Reservekasse weiterleiteten.13 Alle weiteren Akten, die Vorjahresab- rechnungen samt Belegen und zugehörigen Büchern, des weiteren die Blankoeinlagebücher, die vorrätigen Hauptbücher, tabellarischen Übersichtsbücher, Kontrollbücher, Vormerkungsbücher und

8 Ebd. 5. 9 Bis zum Jahr 1900 blieb die Nichtüberprüfung der Identität üblich. Zu Schwierigkeiten kam es nach den Akten zu- mindest in einem Fall. Anna Reindl, Ehefrau eines Hochofenarbeiters, hatte im Sommer 1888 von ihrem Bruder 200 Mark Heiratsgut erhalten, die sie bei der Sparkasse angelegt hatte. Am 8. Juni 1891 zeigte eine unbekannte Person Anna Reindls Sparkassenbuch vor und erhielt die noch vorhandene Spareinlage von 150 Mark plus 3 % Zinsen gegen Unterschrift, die aus drei Kreuzen bestand. Das Sparkassenbuch war gestohlen worden; der Diebstahl wurde allerdings erst vier Wochen später bemerkt. Da sich die Sparkasse weigerte, Ersatz zu leisten, klagte Anna Reindl beim Amtsgericht Amberg. Am 18. August 1891 wies das Gericht die Klage ab. Nach § 14 der Statuten vom 24. November 1874 genügte der Besitz des Sparkassenbuches als Legitimation. Das Amtsgericht wies darauf hin, daß es Aufgabe des Eigentümers sei, das Buch sorgfältig zu verwahren. StadtAAm, Zg. II 3871, Akt „Reindl Anna gegen Stadtmagistrat“. 10 Ebd. Zg. I 2058, „Plan [...]“ vom 2. Januar 1825, 7. 11 Vgl. S. 122. 12 StadtAAm, Zg, I 2058, „Plan [...]“ vom 2. Januar 1825, 9. 13 Ebd. 10. 50 Kassabücher14 verwahrte der Magistratsrat. Bei Bedarf gab er die benötigten Verwaltungsunterla- gen gegen Quittung heraus.15 Die genannten Maßnahmen dienten der sparkasseninternen Sicher- heit und der Unterbindung von Mißbräuchen.16

II. Die Anlage der Gelder 1. Leihhaus, Stadtkammer

Man beabsichtigte die eingenommenen Gelder wöchentlich, bei zu geringem Geldeingang von Monat zu Monat, zu 5 % anzulegen; gleichermaßen sollten die „eingehenden Zinsen [...] immer sorglich kapitalisiert werden“. Dies war einerseits Aufgabe des Magistrats, der die Gelder vorrangig dem städtischen Leihhaus anzuvertrauen gedachte, andererseits Aufgabe der Verwaltungskommis- sion, die die Kapitalien an die königliche Staatsschuldentilgungskasse in Regensburg weiterzuleiten hatte. In erster Linie sollte das Pfandhaus bedient werden; nur „wenn das hiesige Leihhaus derlei nicht bedurft“, wollte man die Anlage bei der Schuldentilgungskasse ins Auge fassen. Um die Liqui- dität der Sparkasse im Falle eines größeren Bedarfs nicht zu gefährden, setzte der Magistrat fest, daß aus allen „ihm parraten Mitteln augenblicklich Vorschüsse zu den nöthigen Zahlungen“ zur Verfügung zu stehen hätten.17 Die vom Amberger Magistrat präferierte Lösung der Frage, wie die Sparguthaben sicher und verzinslich anzulegen seien, basierte auf den Vorstellungen des Nürnber- ger Sparkasseninitiators Johannes Scharrer. Er lehnte „jede andere Verwendung der Gelder, sey es auf Wiederverleihung gegen Hypotheken oder gar auf Staatspapiere“ entschieden ab, denn dies „würde mit einem Risico verbunden seyn, das früher oder später ein Deficit zur Folge haben und einstens der Kommune ein schweres Opfer auferlegen würde.“18 Die Anlage der Gelder beim städ- tischen Leihhaus schien ihm die einfachste und am wenigsten riskante Möglichkeit zu sein. Grund- sätzlich bot sich neben dem Engagement in Staatspapieren nur der Weg in den lokalen Kapital- und Kreditmarkt. Beide Anlageformen wurden, da risikobehaftet, höchst skeptisch beurteilt, wie Schar- rers Äußerung deutlich zeigt. Zudem scheute man den hohen Arbeitsaufwand, den ds Kreditge- schäft mit sich brachte. In ähnlicher Weise entschieden sich die meisten der älteren bayerischen Sparkassen aus Sicherheits- und Einfachheitsgründen für die Anlage der Sparguthaben bei kommu- nalen Einrichtungen und - nachdem im Jahr 1823 der Weg zur Anlage der Gelder bei der Staats- schuldentilgungskasse frei geworden war - beim Staat, so die Sparkassen Augsburg, München, Landshut oder Ansbach.19 Die Sparkasse Regensburg legte auf Betreiben des Sparkassengründers die Aktiva ausschließlich bei städtischen Einrichtungen, beim Pfandamt und gelegentlich bei der

14 Die insgesamt äußerst aufwendige und sehr umständliche Buchführung gab 15 Jahre später Grund zu heftigster Bean- standung durch die Revisionsbehörde und mußte vereinfacht werden. Vgl. S. 103f. 15 StadtAAm, Zg, I 2058, „Plan [...]“ vom 2. Januar 1825, 13. 16 Ebd. 14. 17 Ebd. 8. Als die Staatsschuldentilgungskasse die Rückzahlung der Spargelder verweigerte, war die Sparkassenverwaltung gezwungen, auf diese Zusicherung des Magistrats zurückzugreifen. Vgl. S. 142. 18 Zitiert nach Mertens 130. 19 Merz, Gründung 193; Ettenhuber 38; Bleibrunner 104; Reinhart/Zeitler 34, 47. 51 Stadtkasse, an. Auch von Anns erachtete „Anlageformen wie Realkredite oder Staatspapiere als zu risikoreich für die haftungstragende Kommune“.20 Er verzichtete gänzlich auf die Dienste der Staatsschuldentilgungskasse.

Der Plan des Amberger Magistrats, die liquiden Mittel der Sparkasse beim städtischen Leihhaus unterzubringen, ließ sich durch die negative Entwicklung der Leihanstalt,21 die sich nach Eröffnung der Kasse wohl abzeichnete, nicht umsetzen. Man entschloß sich, von der Anlage der Gelder hier abzusehen und diese bei der Staatsschuldentilgungskasse unterzubringen. Auch unter den verän- derten Umständen kam für die Amberger Stadtväter der Eintritt ins Kreditgeschäft nicht in Frage. Ganz anders entschieden sich die Gründer der ebenfalls 1825 in Sulzbach errichteten Sparkasse. Die dortige Sparkassenkommission veranlaßten völlig andere Gründe als Scharrer, der sich öffent- lich gegen staatliche Anleihen ausgesprochen hatte22 und den der Geldstrom schließlich zwang, gegen alle Vorbehalte Hypothekendarlehen zu gewähren,23 sich auf die von ihnen gleichermaßen als riskant empfundene Darlehensvergabe einzulassen. 1822 hatte ein Brand in Sulzbach verhee- rende Schäden angerichtet. Es mußte umfangreiche Wiederaufbauarbeit geleistet werden.24 Die örtliche Handwerkerschaft, Gewerbetreibende und Grundbesitzer konnten sich durch Darle- hensaufnahmen bei der Sparkasse liquide Mittel verschaffen, die anderweitig kaum zu bekommen waren.25 So wird als erster Darlehensnehmer der Bindermeister Andreas Hölzel genannt, der 400 fl. zu 5 % Zinsen erhielt.26 Die Sparkasse in Sulzbach wurde nicht ausschließlich wegen des Passivge- schäftes, also der „sicheren und ertragbringenden Verwahrung kleiner Kapitalsummen“27 gegründet wurde, wie dies in Ansbach, Augsburg, München, Regensburg oder Amberg geschehen war. Die Gründerväter hatten wohl ebenso die Mittelbeschaffung für den Wiederaufbau ins Auge gefaßt. Die Sulzbacher Sparkasse gehörte mit ihrer Entscheidung für Darlehensvergaben jedoch zu den Aus- nahmen unter den bayerischen Sparkassen. 1834 hatten 62,8 % der Sparkassen ihre Gelder bei der Staatsschuldentilgungskasse, 24,9 % bei Gemeinden und Korporationen und nur 12,3 % in Darle- hen an Private angelegt.28 Keinen Niederschlag in den städtischen Akten fand die Entscheidung des Amberger Magistrats, Sparkassengelder nicht nur bei der Staatsschuldentilgungskasse, sondern ebenso bei der eigenen Gemeinde anzulegen. Aus der Jahresabschlußrechnung der Sparkasse geht jedoch hervor, daß im ersten Etatsjahr der weitaus größte Teil der Einlagen nicht beim Staat, sondern bei der Kommune

20 Rygol 43f. 21 Vgl. S. 107. 22 Mertens 180. 23 Im Jahr 1825 hatte die Sparkasse Nürnberg ihre Aktiva bei der Staatsschuldentilgungskasse, bei Privaten, bei den Kom- munen Windsheim und Rothenburg zu 5 %, bei der städtischen Leihanstalt, bei kommunalen Stiftungen, in Ge- treidemagazinaktien und bei der Gemeinde Gostenhof zu 4 % angelegt. Endres/Fleischmann 47. 24 Lanzl 6 - 8. 25 Born 199. 26 HASpAm-Su, Sulzbach-Hauptstelle, Schreiben der Kreisregierung an das Landgericht Sulzbach vom 25. August 1825. Schiener 52. 27 Wysocki, Untersuchungen 38. 28 Hartmann 213. 52 angelegt wurde.29 Der Grund für den Entschluß, Gelder hier unterzubringen, dürfte in der späten Genehmigung der Staatsschuldentilgungskommission zu suchen sein, die Einnahmen - Beträge ab 100 fl.30 - bei der -kasse in Regensburg anzulegen. Sie wurde offiziell erst über ein Jahr nach Grün- dung der Sparkasse, nämlich am 5. Mai 1826, erteilt.31 Daß die Anlage bei der Stadtkasse nicht als Langzeitkonzept gedacht war, zeigt sich bereits in der Rechnung des zweiten Etatsjahres. Weniger als die Hälfte des Anlagebetrags bei der Staatsschuldentilgungskasse war an die Gemeinde als Kredit gegangen. Ab dem dritten Etatsjahr wurden an sie keine weiteren Geldmittel vergeben.32

2. Staatsschuldentilgungskasse

Am 20. August 1811 hatte König Max I. Joseph eine Verordnung erlassen, mit der die Einrichtung einer Staatsschuldentilgungskommission beschlossen wurde.33 Mit dieser Verfügung wurde ab 1. Oktober 1811 die Verwaltung der Staatsschuld gänzlich von der übrigen Finanzverwaltung abge- trennt. „Die neue Kommission war zuständig für alle Zahlungen an Staatsgläubiger, Zahlungen an Inhaber von Kassenanweisungen, Zahlungen an Frankreich für die an Bayern, Regensburg und Bay- reuth überlassenen Domänen und für die Rückstände im Zivil- und Militäretat.“34 „Als Einnahmen [...] wurden der Schuldentilgungskasse der Ertrag des gesamten Malzaufschlags und der Erlös aus dem Teilverkauf der Bayreuther und Regensburger Domänen zugewiesen.“35 Dazu sollten ein Ta- bakregie-Monopol und Aufschläge bei den Maut- und Hallämter eingeführt werden, deren Erträge der Schuldentilgungskasse zuflössen.36 Die Staatsschuld belief sich bei Errichtung der Tilgungskasse auf 108.990.631 fl., für die mehr als 4,5 Millionen fl. Zinsen zu entrichten war.37 Mit der Verfas- sung von 1818 gingen Schuldentilgung und -aufnahme in die Verantwortung der Stände über. Die Schuldtitel wurden in unkündbare Staatsanleihen mit geregelter Verzinsung und Tilgung umgewan- delt. Forderungen konnten bis 1. Oktober 1824 geltend gemacht werden; danach erloschen sie.38 Bei Zusammentritt des ersten Landtags bezifferte der bayerische Finanzminister von Lerchenfeld die Staatsschuld auf 105,67 Millionen fl.39 Die vorgesehenen Einkünfte der Schuldentilgungskasse reichten nicht aus, so daß zur Deckung der Finanzlücken weitere Mittel bereit gestellt werden mußten. Sie wurden zum einen in der Ausgabe von Lotterielosen, zum anderen in den

29 HASpAm-Su, Rechnung 1825/26, fol. 2f. 30 Wysocki/Pix 1995, 172, § 6. 31 StAAm, Staatsschuldentilgungskasse Abgabe Landshut 1969/70, Karton Nr. 4, 48, Schreiben vom 5. Mai 1826. 32 HASpAm-Su, Rechnungen 1826/27 fol. 13 f.; 1827/28 fol. 4. 33 RBl. 1811, 1063; Ullmann 452 - 454. 34 Mussinan 35. 35 Staatsschuldenverwaltung 10. 36 Mussinan 29f. 37 Ullmann 210; Hartmann 206. Zur Entstehung dieser Schulden vgl. Hartmann 203 - 206; Hartmann, Schuldenlast; Staatsschuldenverwaltung 1 - 8. 38 Ebd. 11; Hartmann 208. 39 Ebd. 53 Geldern der zu gründenden Sparkassen gefunden.40 Von Lerchenfelds Interesse an der Grün- dung von Sparkassen war nicht nur finanzpolitischer Natur: „Nebst dieser [Aufnahme von Anleihen] dürfte die Anlegung einer Sparanstalt, und einer für die Versorgung bei erlangter Volljährigkeit oder Ansässigkeit berechneten Rentenanstalt dem Schuldentilgungsfonds bedeutende Kapitalien zu ge- ringen Zinsen verschaffen. Die erstere dieser Anstalten würde auf die Sittlichkeit und den Fleiß ei- ner größten Klasse der Bevölkerung, insbesondere der Dienstboten und Gesellen eine wohltätige Wirkung äußern“.41 Er sah bei der Errichtung von Sparkassen einen doppelten Gewinn, nämlich den eines Beitrags zur Sanierung der Staatsschuld und den sozialpolitischen Nutzen der Förderung der Sparwilligkeit unterer Schichten, die sich Rücklagen für Not, Alter und Krankheit verschaffen konnten. Die Schuldentilgungskommission stellte zur beabsichtigten Anlage der Sparkassengelder folgende Forderungen: „Die anzunehmenden Summen müssen mindestens einen Betrag von 500 - 1.000 fl. ausmachen. Die auszustellenden Obligationen werden nicht auf den Namen der Einleger, sondern auf den Namen der Anstalt ausgestellt. Die Rückzahlung bedarf der wechselseitigen Auf- kündigung, doch soll im Bedarfsfalle eine Ausnahmemöglichkeit gegeben sein. Es dürfen keine Gel- der von Handelsleuten oder Spekulanten unter dem Namen der Sparkasse angelegt werden.“42 Die Befürchtung, Kaufleute und reiche Bürger, vor allem diejenigen, die Sparkassen verwalteten, könn- ten die Kassen und damit die Staatsschuldentilgungsanstalten durch die Anlage ihrer eigenen liqui- den Mittel mißbrauchen, wurde bei den Sitzungen der Ständeversammlung diskutiert. Man erwog, die Genehmigung zur Geldanlage von einer kommunalen Leitung der Sparkassen abhängig zu ma- chen. Ferner sollte sicher gestellt werden, daß sobald sich Sparkassenverwaltungen entschieden, hypothekarische Privatkredite zu vergeben, die bei der Schuldentilgungsanstalt angelegten Gelder abgezogen und dem heimischen Kapitalmarkt zugeführt würden.43 Am 26. Februar 1823 wurde schließlich die Verordnung „die Anlegung der Geldüberschüsse der Spar=Anstalten bey den Staats=Schuldentilgungs=Kassen betr.“ erlassen.44 Sie ermächtigte die Schuldentilgungsanstalt „mit den Vorstehern der Sparanstalten, welche in irgend einer Gemeinde des Reiches unter der Leitung der Ortsbehörde mit erholter Genehmigung errichtet worden sind, in Anlehensgeschäfte zu tre- ten.“45 Zur Förderung des Sparkassenwesens kam der Staat den kommunalen Verwaltungen in be- sonderem Maße entgegen: „Obgleich gegenwärtig von den Schuldentilgungskassen neue Anlehen gegen höhere Prozente als zu 4 % nicht angenommen werden, so werden dennoch die überschüs- sigen Gelder der Sparanstalten in Rücksicht auf ihren wohlthätigen Zweck ausnahmsweise - so lan- ge noch 5 prozentige Staatsschulden bestehen gegen 5 prozentige Verzinsung angenommen.“46 Die

40 Ebd. 210. Hier Auflistung der Staatseinnahmen, die dem Tilgungsfonds zugeordnet wurden. 41 Zitiert nach ebd. 211. 42 BayHStA, MF 58457, Nr. 1. 43 Ebd. Nr. 3. 44 RBl. 1823, 323 - 328. Abgedruckt in: Schachner 121 - 123; Wysocki/Pix 1995, 172. 45 Ebd. § 1. 46 Ebd. § 2. Mit den ihr zufließenden Geldern zahlte die Schuldentilgungsanstalt 5prozentige Staatspapier zurück. Da für die Anlagen der Sparkassen wiederum 5 % zu entrichten waren, blieb die staatliche Zinslast dieselbe. Die Konvertierung in niedriger zu verzinsende Papiere unterblieb zu Gunsten der Sparkassen. Schachner 9. 54 Anlage der Gelder erfolgte stempelfrei, also steuerlich begünstigt.47 Der Erfolg gab der staatlichen Initiative Recht. Der Sorge um die sichere Anlage der Sparkassengelder enthoben, entschlossen sich etliche Gemeinden noch im Jahr 1823 zur Errichtung einer Sparkasse: Bayreuth, Donauwörth, Eichstätt, Landshut und Oberreuthe.48

Die Möglichkeit der sicheren, festverzinslichen Anlage der eingenommenen Gelder bei der Staats- schuldentilgungskasse spielte auch für die Amberger Stadtverwaltung nach dem Ausfall des städti- schen Leihhauses eine entscheidende Rolle. Als der Magistrat im Juli 182849 erfuhr, daß „neuer- dings genannte Kasse die weitere verzinsliche Anlegung der Sparkassa Beträge überhaupt zu Folge höherer Weisung verweigert“, sah er die weitere Existenz der Sparkasse gefährdet. In einem Schreiben an das Staatsministerium des Innern bat man eindringlich um die „Erhaltung dieses in jeder Beziehung nützlichen Instituts“ und um die Rücknahme der „so nachteiligen Verfügung“, da die Sparkasse „ihr Fortbestehen nur dadurch erhalten kann, daß ihre Gelder sicher angelegt sind und ohne Schwierigkeiten erhoben werden können, wozu namentlich zu Amberg sich durchaus keine Gelegenheit darbietet“.50 Untergebracht werden konnten die Gelder auf dem lokalen Kapi- talmarkt oder bei kommunalen Einrichtungen. Eine Anlage der Sparkassengelder bei der Stadt- kammer war nicht geplant und einzig als anfängliche Übergangslösung gedacht. Sie spielte zwi- schenzeitlich keine Rolle mehr. Die Kommunalkredite in Höhe von 2.152 fl. 21 kr. im zweiten E- tatsjahr 1826/2751 und von 415 fl. am 15. Juli 182852 waren unbedeutend. Die Stadt Amberg be- schränkte die finanzielle Beziehung zur Sparkasse allerdings nicht wegen mangelnden Geldbedarfs. Das Gegenteil war der Fall. Das Stadtkammerdefizit war durch die Mißwirtschaft der städtischen Leihhausverwaltung auf über 55.000 fl. gestiegen.53 Doch Kredite, wie sie von der Sparkasse zur Verfügung gestellt werden konnten - das Aktivvermögen betrug zum Ende des zweiten Etatsjahres 10.935 fl.54 -, eigneten sich allenfalls für das kurzfristige Stopfen der Löcher im Stadtsäckel,55 und sie erhöhten die Schuld durch Zinszahlungen. Nicht die Aufnahme von Krediten würde das Fi- nanzproblem lösen, einzig die Anhebung oder Neueinführung von Steuern könnte Entlastung für die kommunalen Finanzen schaffen. Der Magistrat einigte sich vier Jahre später mit der Kuratelbe- hörde auf die Erhebung eines Lokalmalzaufschlags56 zur Tilgung des Schuldenberges.57 In den nächsten Jahren wurde die Sparkasse sporadisch und wohl nur bei akutem Geldbedarf herangezo- gen. Bis 1840 erhielt die Kommune folgende Kredite: 58

47 Wysocki/Pix 1995, 172, § 11; Kermann 282. 48 Ashauer 93. 49 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 26. Juli 1828. 50 Ebd. 51 HASpAm-Su, Rechnung 1826/27, fol. 13f. 52 Ebd. Rechnung 1828/29, fol. 7. 53 Vgl. S. 107 Anm. 22. 54 HASpAm-Su, Rechnung 1826/27 fol. 21. 55 Eine langfristige Anlage der Sparkassengelder bei der Kommune kam aus Liquiditätsgründen nicht in Frage. 56 = Aufschlag zur staatlichen Biersteuer für kommunale Zwecke. Zur Einführung des Lokalmalzaufschlags in München vgl. Tröltsch 2 - 28. 57 Vgl. S. 107 Anm. 22. 58 HASpAm-Su, Rechnung 1829/30, fol. 7; Rechnung 1831/32 fol. 5; Rechnung 1832/33 fol. 4. 55 690 fl. am 14. März 1829 250 fl. am 5. Dezember 1831 132 fl. am 2. Januar 1832 80 fl. am 10. Februar 1832 400 fl. am 30. Juni 1832 42 fl. am 31. Januar 1833; insgesamt 1.594 fl.

Städtische Einrichtungen wie Stiftungen59 hatten offensichtlich keinen Geldbedarf - sie werden vielmehr wenige Jahre später selber als Geldgeber für die Sparkasse fungieren60 - und Darlehens- vergaben an Private standen außer Frage. Da alle anderen Möglichkeiten ausschieden, blieb aus Sicht des Magistrats für das Überleben der Sparkasse einzig die Anlage der Gelder bei der Staats- schuldentilgungskasse.

Am 29. November 182861 wurde diese angewiesen, ab 1. Mai 1829 Aktiva der Sparkassen nur mehr gegen 4 % Zinsen anzunehmen. Die Zinssenkung gab man an die Sparer weiter: ab 15. April 182962 zahlte die Sparkasse Amberg 3 1/2 % Zinsen.63 Diese Regelung galt für Neueinla- gen, da die Schuldentilgungskasse für ältere Einlagen weiterhin 5 % zahlte.64 Für den Kassier er- schwerten sich damit die Zinsberechnungen zum Geschäftsjahresende in beträchtlichem Maße. Er engagierte einen Gehilfen zur Unterstützung bei der Zinsberechnung ohne die dafür entstehenden Kosten der Sparkasse in Rechnung stellen zu können.

Die Zinssenkung stellte den ersten Versuch der Staatsregierung dar, den Kapitalzufluß an die Staats- schuldentilgungskassen zu bremsen. Das 1823 begonnene Förderprogramm wurde zu teuer. Die älteren 5%igen Staatsschulden waren fast zurückgezahlt, eine weitere gleichbleibende Verzinsung der Sparkassengelder, die in Höhe von 1.818.854 fl. bei der Schuldentilgungskasse lagen,65 erhöhte die Staatsschuld unweigerlich, eine Zinsreduktion wurde unumgänglich. Die Staatsschuldentil- gungskommission verband damit überdies die Hoffnung, die Sparkassenverwaltungen wendeten sich künftig mehr dem Kreditgeschäft zu, das einen höheren Ertrag versprach.66 Die bis zum 1. Mai 1829 angelegten Sparkassenkapitalien wurden Zug um Zug gekündigt und in 4%ige mobili-

sierte unaufkündbare Obligationen umgewandelt. 1829 belief sich die bayerische Staatsschuld auf 124.868.997 fl., die daraus erwachsende Zinslast auf 4.818.892 fl.67

Die Senkung des Zinssatzes erreichte nicht ihren Zweck, den Kapitalstrom einzudämmen. Darauf- hin erließ die Staatsregierung am 14. Januar 183668 eine Verfügung „Die neuen Anlehen der Spar-

59 Ambergs Stiftungen sind ein Forschungsdesiderat. 60 Vgl. S. 142. 61 Döllinger 2285f. 62 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209, Änderung der Statuten vom 1. Mai 1829. 63 Zu den Auswirkungen auf die Sparkasse Amberg und weitere bayerische Sparkassen vgl. S. 70. 64 Schachner 17. 65 BayHStA, MF 58457, Nr. 17. 66 Ebd. MInn 52670, fol. 215. 67 Ebd. Staatsschuldenverwaltung 2832, II, III. Zur Entwicklung der Staatsschuld in den 1820er Jahren vgl. Hartmann 212. 68 Döllinger 2287f. 56 kassen betr.“ Darin wurde die Staatsschuldentilgungskommission angewiesen, Sparkassengelder nur noch bis Ende September 1835 zu 4 %, von diesem Zeitpunkt ab zu 3 1/2 % Verzinsung anzu- nehmen. Beachtenswert ist der in Artikel 2 geäußerte Wunsch, die Zinssenkung möge nicht an die Sparer weitergegeben werden, da man die Institution Sparkasse nicht gefährden wollte: „Sehr zu beklagen wäre, wenn Sparkassen in Folge der oben bemerkten ZinsfußReduction auch den Zinsfuß ihrer Leistungen an die Einleger an Spargeldern herabsetzen und auf solche Weise nicht nur die künftige Teilnahme an dem Institut der Sparkassen und dessen Erweiterung, sondern vielleicht selbst deren Fortbestand gefährden würden, insbesondere ehe es entschieden ist, ob es dem unter- fertigten Staatsministerio gelingen wird, den Sparkasse Instituten in Folge der bereits ziemlich weit gediehenen Einleitungen ein anderweit günstiges Fundament zuzuweisen.“69 Die Staatsregierung suchte nach neuen Ansätzen für das Sparkassenwesen und schlug vor, bis es zu einer höchsten Ent- scheidung diesbezüglich gekommen sei, die Gelder „vorzugsweise an die solche Anleihen bedür- fenden Gemeinden, Stiftungen und Privaten zu 5 oder 4 % auszuleihen und nur in dem äußersten Falle des absoluten Mangels an solchen Anlehensgelegenheiten zu 3 1/2prozentigen Anlegung bei der StaatsschuldenTilgungsAnstalt zu schreiten.“70

Die Lage der Sparkassen hatte zu einer öffentlichen Diskussion geführt, zu der der Nationalökonom Professor Dr. Friedrich Hermann71 mit seiner Abhandlung „Ueber Sparkassen im allgemeinen, ins- besondere über Sparkassen mit Rücksicht auf die in Bayern bestehenden Anstalten der Art“ beitrug. Die Vorschläge Hermanns beeindruckten den bayerischen Staatsminister des Innern, Fürst Oettin- gen-Wallerstein, der sich seit längerem mit dem Sparkassenwesen befaßte. Im Februar 1834 hatte er der Kammer der Reichsräte einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem er beabsichtigte, vor allem der Landbevölkerung den leichteren Zugang zur Sparkasse zu eröffnen. Sparkassen hatten sich bis- her in Städten etabliert und würden in zu hohem Maße von wohlhabenden Bürgern frequentiert. Sinn einer Sparkasse sei es jedoch, den unteren Schichten, nicht nur in Städ-ten, sondern in glei- chem Umfang in ländlichen Gebieten zur Verfügung zu stehen. Oettingen-Wallerstein schlug vor, flächendeckend durch Kommunen und Armenpflegschaftsräte Distriktsparkassen gründen zu lassen, die auch Kleinstbeträge anzunehmen hätten. Dem Staat käme die Aufgabe zu, einen festen Zinssatz sicherzustellen. Oettingen-Wallersteins Entwurf scheiterte in der Staatsratssit- zung vom 23. Februar 1834.72 Zwei Jahre nach diesem Vorstoß unternahm er einen weiteren Ver- such, das Sparkassenwesen umzugestalten. Angestrebt wurde die Errichtung einer Zentralsparkasse, die „sich durch Kreiseinnehmereien, d. h. durch Einnehmereien für jede Provinz, durch Dist- riktseinnehmereien, d. h. für jeden Polizeidistrikt über die ganze Monarchie verbreiten und jede Gemeindeeinnehmerei soll die Gelder der genannten Personen [=Tagelöhner, Dienstboten, Lehr-

69 Ebd. 70 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209, Schreiben des Magistrats an das königliche Staatsministerium des Innern vom 26. Juli 1828. 71 Vgl. Friedrich Benedikt Wilhelm von Hermann. Ein Genie im Dienst der bayerischen Könige, Stuttgart 1999. 72 Zuber 160. 57 linge, Gesellen, amtlich erfaßte Minderbemittelte] jederzeit annehmen und an die Distriktsein- nehmerei spedieren, so daß die Einleger aller Hemmnisse und alles Zeitverlustes entbunden wä- ren.“73 Oettingen-Wallerstein beabsichtigte, zusätzlich an die Sparkassen die Aufgaben von Renten- anstalten zu delegieren und sie zur Erreichung eines höheren Zinssatzes als denjenigen, den die Staatskasse gewährte, mit der Hypotheken- und Wechselbank zu verbinden. Zu seinem Entwurf holte er verschiedene Stellungnahmen ein und wies dabei darauf hin, daß es nicht in seiner Absicht liege, auf Errichtung einer Landessparkasse zu bestehen, sondern daß der zentrale Punkt die Re- form des Sparkassenwesens im allgemeinen sei und ihm jeder Alternativvorschlag, der zur Errei- chung des Zieles „Anlage jedes Hellers, jeder Zeit, jeden Orts, schnell, sicher und nutzbringend“74 führe, willkommen sei. Eine eigens einberufene Kommission diskutierte die Vorschläge, entschied sich jedoch nach viermonatiger Beratungszeit im Mai 1837 gegen jeglichen staatlichen Eingriff.75 Es war somit nicht gelungen, ein „anderweit günstiges Fundament“ zu finden, auf dem aufbauend man die Sparkassengelder hätte unterbringen und die Staatsschuldentilgungsskasse entlasten kön- nen. Durch die im Jahr 1834 einsetzende zweite bayerische Sparkassengründungswelle76 kam es zu einer weiteren Häufung von Sparkassengeldern bei der Staatsschuldentilgungskasse. 1839 betrug das dortige Guthaben der bayerischen Sparkassen 6.762.551 fl.77

Die Anregung, nach lokalen Anlagemöglichkeiten zu suchen, nahm der Amberger Magistrat nicht auf. Er hatte in seinem Schreiben vom 26. Juli 182878 bereits darauf hingewiesen, daß in der Staats- schuldentilgungskasse die einzige sichere Anlagemöglichkeit läge und in Amberg keine weiteren Möglichkeiten gegeben seien. Daran hatte sich in den Folgejahren nichts geändert. Die gesamten Einlagen wurden weiterhin ausschließlich beim Staat untergebracht. Wie schwierig sich der Einstieg ins Hypothekengeschäft gestalten konnte, zeigt das Beispiel der Sparkasse Ansbach. Die ersten Ver- suche, an Privatpersonen Kapitalien zu 4 % Zinsen gegen sichere Hypotheken zu vergeben, unter- nahm man Anfang 1830. Innerhalb eines Jahres konnten jedoch nur 18.700 fl. an

73 Schachner 12. 74 Ebd. 13 75 Zuber 160. 76 Wysocki/Pix, Aufstieg 15. In der heutigen Oberpfalz: Burglengenfeld, Nabburg, Waldsassen, Tirschenreuth, Eschen- bach; Kuhnle 35 77 Hartmann 213. Darstellung der Anlagenentwicklung bei der Staatsschuldentilgungsanstalt 1828 - 1848 in Rygol 53. 78 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209, Schreiben des Magistrats an das Königliche Staatsministerium des Innern vom 26. Juli 1828. 58 Gewerbetreibende oder Handwerker wie den Bäckermeister Conrad Leidenberger, der 2.000 fl. erhielt, vergeben werden. Trotz bayernweit beachteter Verbesserungsvorschläge des eifrigen Ver- walters Brendel entwickelte sich das Geschäft in den 1830er Jahren äußerst schleppend; nur weni- ge Kreditanträge wurden an den Magistrat herangetragen. Brendel faßte die Gründe zusammen: Die „Beibringung der kostspieligen, jedoch unumgänglich nothwendigen gerichtlichen Zeugnisse [und die] Ungewißheit bey Verweigerung des Darlehens diese Auslagen vielleicht umsonst gemacht zu haben“,79 erschienen ihm als abschreckende Beweggründe. Für die Sparkassen war höchstmög- liche Sicherheit bei der Anlage ihrer Gelder oberstes Gebot, auf die Vorlage der notwendigen Nachweise - der Wert des Objekts stellte sich in der Brandversicherungs- und der Steuersumme dar - konnte keinesfalls verzichtet werden. Private örtliche Geldverleiher, die persönlichen Kundenkon- takt pflegten und deshalb unmittelbaren Einblick in die Geschäfte ihrer Klienten hatten, konnten sich erlauben, weniger strikt vorzugehen, eine Schätzung der zu beleihenden Liegenschaft, mochte ausreichen. Sie wurden offensichtlich von Geldsuchenden bevorzugt. Dazu kam nach Brendels Ansicht ein weiterer Grund, der potentielle Kreditnehmer veranlaßte, sich nicht an Sparkassen zu wenden. Man glaubte nämlich, es „seinem Credite oder auch seiner Leistung [...] schuldig zu seyn, wenn außer dem Gerichte so Wenige als moeglich von seinen Vermögensverhältnissen genaue Kenntniß erlangen“.80 Der Ansbacher Sparkasse gelang es bis 1842 nicht, das Hypothekengeschäft in Gang zu bringen; sie mußte ihre Gelder in Ermangelung weiterer Gelegenheiten zwangsläufig der Staatsschuldentilgungskasse anvertrauen.81 Vergleichbare Umstände - bevorzugte Hinwendung der Kreditwilligen an Geldverleiher und Skepsis bezüglich der Verschwiegenheit von Magistrat und Sparkassenverwaltung - sind für Amberg ebenso vorstellbar.82 Sie mögen es den Verantwortlichen schwer gemacht haben, die Gelder in Amberg oder der Umgebung unterzubringen. Völlig unmög- lich dürfte es nicht gewesen sein. Anders als in Ansbach - hier hatte man im Februar 1836 öffentlich bekannt gegeben, daß Gelder für Privatausleihungen zur Verfügung standen83 - bemühte man sich in Amberg in keiner Weise, das Hypothekengeschäft anzukurbeln. Es wurde kategorisch als zu un- sicher und zu arbeitsaufwendig abgelehnt.84

Dem Wunsch der Staaatsregierung, die erneute Senkung des Zinssatzes nicht an die Sparer weiter- zugeben, kam der Amberger Magistrat nicht nach. Ältere Einlagen wurden nun zu 3 1/2 % verzinst, für Neueinlagen gewährte man 3 % Zinsen.85

79 Zitiert nach Reinhart/Zeitler 58. 80 Ebd. 81 Ebd. 49 - 51, 58. 82 Im Jahr 1840 besaß ein einziger Amberger Bürger „Capitalien von der Bank“. Die ungenannte Person hatte sich einen Kredit in Höhe von 6.000 fl. verschafft. Dies könnte als Indiz dafür gelten, daß sich Kreditbedürftige ungern an öffentliche Einrichtungen wandten und die anonyme Privatausleihe bevorzugten. StadtAAm, Zg. I 333, VB 1840, § 18. 83 Reinhart/Zeitler 59. 84 Der Magistrat hatte kaum Zutrauen in die Fähigkeiten der örtlichen Gewerbetreibenden: „In oekonomischer Hinsicht wird zwar Vieles geleistet doch verharret man zu viel noch auf den alten Gewohnheiten und hergebrachten Schlendrian“. StadtAAm, Zg. I 333, VB 1840, § 140. 85 Zu den Auswirkungen auf die Sparkasse Amberg und weitere bayerische Sparkassen vgl. S. 71. 59 Tabelle 1: Anlage der städtischen Sparkasse Amberg bei der Staatsschuldentilgungskasse 1825/26 - 1839/4086 Jahr Betrag

1825/26 1.125 fl. 1826/27 5.794 fl. 1827/28 13.562 fl. 1828/29 21.351 fl. 1829/30 39.299 fl. 1830/31 37.609 fl. 1831/32 40.260 fl. 1832/33 45.460 fl. 1833/34 52.702 fl. 1834/35 60.632 fl. 1835/36 80.362 fl. 1836/37 103.612 fl. 1837/38 147.582 fl. 1838/39 231.952 fl.

Auf die Tatsache, daß der überwiegende Teil der bayerischen Sparkassen die günstige und als si- cher erachtete Anlage bei der Schuldentilgungskasse präferierte, wurde bereits hingewiesen. So hatte die Sparkasse Ansbach im Geschäftsjahr 1827/28 bei einer Gesamteinlage von 96.875 fl. 5.200 fl. bei der Kommune, 18.300 fl. beim Leihhaus und die Restsumme bei der Schuldentil- gungskasse angelegt.87 Deren oben geschilderter vergeblicher Versuch, das Privatkreditgeschäft vo- ranzubringen, führte dazu, daß „zunächst nichts anderes übrig blieb, als fast jeden eingelegten Gul- den der Staatsschuldentilgungkasse“88 weiterzureichen. Im Jahr 1837 waren von 461.525 fl. 92 % (424.925 fl.) beim Staat, 7,4 % (33.950 fl.) gegen hypothekarische Sicherheiten und 0,6 % (2.650 fl.) bei Stiftungen und Gemeinden angelegt.89 Die Sparkasse in Augsburg verfügte im Jahr 1830 über ein Gesamtguthaben von 784.281 fl., von dem 771.78 fl. beim Staat untergebracht waren. An der Beschränkung des Aktivgeschäfts auf die Unterbringung bei der Staatschuldentilgungkasse änderte sich hier bis 1846 nichts.90 In Landshut hatte man bis zum Geschäftsjahr 1829/30 ausschließlich bei der Schuldentilgungskasse angelegt. Durch die erste Zinsreduktion verunsichert, kümmerte sich die Sparkassenverwaltung ab 1830 verstärkt um die Unterbringung der Gelder bei privaten Kreditneh- mern. Im Geschäftsjahr 1833/34 wurde ein Drittel der Gesamteinlagen, nämlich 96.130 fl., 70 Pri- vatpersonen als Darlehen zur Verfügung gestellt. Die Sparkasse Nürnberg hatte im Jahr 1837 570.000 fl., das sind 64,6 % ihrer Aktiva, beim Staat angelegt. 18,8 % konnten bei kommunalen

86 HASpAm-Su, Rechnungen 1825/26, fol. 3; 1826/27, fol. 12f.; 1827/28, fol. 4; 1828/29, fol. 3; 1829/30, fol. 3; 1830/31, fol. 4; 1831/32, fol. 4; 1832/33, fol. 4; 1833/34, fol. 4; 1834/35, fol. 5; 1835/36, fol. 7; 1836/37, fol. 9; 1837/38, fol. 20; 1839/40, fol. 26. 87 Reinhart/Zeitler 47. 88 Ebd. 58. 89 Ebd. 60. 90 Merz 52, 92. 60 Einrichtungen und 16,6 % hypothekarisch bei Privatpersonen untergebracht werden. Die pro- zentuale Verteilung entsprach in etwa dem bayerischen Durchschnitt.91 Gänzlich ohne staatliche Unterstützung versuchten die Sparkassen in Würzburg und Regensburg auszukommen. Von Anns hatte bei Gründung der Sparkasse Regensburg die Zusammenarbeit mit dem städtischen Leihhaus vorgesehen. Seine Anlagepolitik war „darauf ausgerichtet, durch die Finanzierung des Pfandamts mit Sparkassengeldern die Kommune durch Gewährung eines mittelbaren Personalkredits zu unter- stützen.“92 Erst nach dem Ausscheiden von Anns änderte sich die Anlagestrategie der Regensburger Kasse. Im Geschäftsjahr 1839/40 kam es erstmals zu „Ausleihungen an Private“ über deren Höhe Rygol keine Angaben macht.93 In Würzburg wurden die Gelder zunächst beim Pfandamt angelegt, das ab 1825 wegen der Höhe der einlaufenden Beträge nicht mehr zur Verfügung stand. Man entschloß sich unter dem Einfluß Behrs, der Staatspapieren äußerst skeptisch gegenüberstand, für die Anlage bei der Stadtkammer. Im Unterschied zu den Stadtverwaltungen in Bayreuth94 und Am- berg sah man in Würzburg die Sparkassengelder als willkommene Möglichkeit zur Sanierung der städtischen Finanzen. Tatsächlich gelang es, ohne Steuererhöhungen die Hälfte des vorhandenen Schuldenberges abzutragen.95 Ab Ende 1833, Behr war ausgeschieden, vertraute auch die Sparkas- se Würzburg Sparkassenkapitalien dem Staat an, allerdings vorerst in geringerem Rahmen. Von 202.767 fl. wurden im Geschäftsjahr 1835/36 lediglich 78.500 fl. beim Staat und 123.867 fl. bei der Gemeinde angelegt.96 Das Verhältnis änderte sich relativ schnell: 1839/40 waren vom Aktiv- vermögen in Höhe von 304.340 fl. bereits 250.500 fl. bei der Staatsschuldentilgungskasse unterge- bracht.97 Kniepert sah im Verhalten des Stadtmagistrats ein bedauernswertes Desinteresse an der Sparkasse: „wir finden kein einziges aufmunterndes Wort an die sparende Bevölkerung mehr, not- gedrungen und widerwillig wird der aus der Sparkasse resultierenden Pflicht Folge geleistet. Für die trotzdem eingegangenen Spargelder aber wird die am wenigsten Arbeit verursachende Kapitalsan- lage - nämlich in Staatspapieren - gesucht, wobei die wichtige Nebenaufgabe der Sparkasse, die schon damals von den Regierungen richtig erkannt wurde [...], nämlich: möglichst weitgehende Befriedigung des lokalen Kreditbedürfnisses mehr oder weniger vernachlässigt wurde.“98 Eine ähnli- che Haltung nahm der Amberger Magistrat ein. Förderung der Sparkasse im Sinn des sozialpoliti- schen Gründungsauftrags, der der Stadtverwaltung mit dem Zwang zur Änderung der Statuten im Jahr 1840 deutlich vor Augen geführt wurde, fand nicht statt. Die Sparkasse erscheint als „notwen- diges Übel“, in dessen Dienst man sich ungern begab.99 Für die Unterbringung der Sparkassenkapi- talien suchte der Magistrat den einfachst möglichen Weg ohne die offenkundigen Vorzeichen zu

91 Benker 60; Hartmann 213. 92 Rygol 55. 93 Ebd. 94 Lang 27. 95 Kniepert 22f. 96 Ebd. 25f. 97 Ebd. Tabelle 2. 98 Ebd. 26. 99 Vgl. die Stellungnahme Fleischmanns S. 81. 61 beachten, die unter anderem die Sparkasse Landshut veranlaßten, nicht mehr ausschließlich in Staatspapieren anzulegen.

Folgende Tabellen zeigen das Anlageverhalten bayerischer Sparkassen im Jahr 1833/34:

Tabelle 2 a: Anlagepolitik bayerischer Sparkassen 1833/34100 Anlage bei Staat Gemeinden, Korporationen Privaten München x x Landshut x x Erding x x x Wasserburg x x Passau x x Ingolstadt x Mengkofen x Regensburg x Augsburg x Buxheim x Dillingen x Donauwörth x Günzburg x Kaufbeuren x x x Kempten x x Lindau x x Memmingen x x x Ansbach x x x Erlangen x Fürth x x x Gunzenhausen x x x Hersbruck x x Nördlingen x x Nürnberg x x x Rothenburg x Bamberg x x x Bayreuth x x x Weiden x Wunsiedel x Schweinfurt x Würzburg x x x

100 Hermann, Beilage. 62

Tabelle 2 b: Anlagepolitik bayerischer Sparkassen 1833/34

Anlage bei Anzahl

Staat, Gemeinden (Korporationen), Privaten 10 Staat 6 Privaten 4 Staat, Gemeinden (Korporationen) 3 Staat, Privaten 3 Gemeinden (Korporationen) 3 Gemeinden (Korporationen), Privaten 2

32,2 % der Sparkassen verteilten das Anlagerisiko auf Staat, Kommune und private Darlehensneh- mer. Ausschließlich dem Staat vertrauten 19,4 %. 9 Sparkassen (29 %) verzichteten völlig auf die Anlage bei der Staatsschuldentilgungskasse und entschieden sich wie die Sparkasse Regensburg für die alleinige Anlage bei der Kommune und/oder bei Privatpersonen.

III. Die finanzielle Entwicklung bis 1840 1. Das erste Geschäftsjahr

Daß sich die Sparkasse bereits in ihrem ersten Geschäftsjahr eines regen Zulaufs erfreuen konnte, zeigt der Bericht des Magistrats an die vorgesetzte Behörde für das Etatsjahr 1825/26.101 Nicht ohne Stolz über das doch beträchtliche Ergebnis schrieb Bürgermeister Weingärtner: „Hieraus wird sich die königliche Regierung zu überzeugen geruhen, daß die hiesige Sparkassa während ihrer kurzen Dauer nicht ganz unbedeutende Fortschritte gemacht hat.“102 Die Einlagen betrugen 6.206 fl. In gleicher Höhe erhielt die Kommune einen in unterschiedlichen Teilbeträgen von 33 fl. bis 901 fl. ausbezahlten Kredit, von dem im gleichen Etatsjahr 1.103 fl. zurückflossen. Bei der Staatsschulden- tilgungskasse hatte man 1.125 fl. angelegt.103 Die von Stadtkammer und Schuldentilgungskasse er- brachte Zinsleistung belief sich auf 191 fl. 40 kr. 1 pf.; beide entrichteten 5 % Zins. Trotz des posi- tiven Geschäftsverlaufs und der sicheren, verlustlosen Anlage schloß das erste Etatsjahr mit einem Defizit von 21 fl. 10 kr., das im Zinszahlungsmodus der Staatsschuldentilgungskasse begründet lag: „Die Ursache hiervon ist, daß den Einlagen durchaus die Zinse bis letzten Jänner 1826 zugerechnet sind, während von dem bei der k. Staatsschuldentilungskasse in Regensburg angelegten Kapitale von 1.125 fl. kein Zinsratum vom 13. August 1825 bis letzten Jänner 1826 bezahlt wurde, indem diese Kasse nur ganzjährige Zinse mit den Verfallzeiten nach dem Datum der Obligationen entrich- tet.“104 Die Zinsen für die beim Staat angelegte Summe waren in der Jahresrechnung berücksichtigt worden, flossen jedoch wegen des einjährigen Zahlungsturnus der Staatsschuldentilgungskasse nicht

101 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 27. November 1826. 102 Ebd. 103 HASpAm-Su, Rechnung 1825/26, fol. 1 - 4. 104 Ebd. fol. 15. 63 und ergaben nun das entsprechende Kassendefizit.105 Der rechnerische Reinertrag für das erste Geschäftsjahr betrug 5 fl. 52 kr. 2 pf. An Verwaltungskosten waren 70 fl. angefallen.106

Mit 6.206 fl. an Ersteinlagen hatte man tatsächlich ein respektables Ergebnis erzielt, das die Erwar- tungen des eher skeptischen Magistrats wohl erheblich übertraf, vergleichbar dem der in den 1850er/60er Jahren äußerst erfolgreichen Sparkasse in Ansbach,107 die in ihrem ersten Geschäftsjahr 1823/24 6.466 fl. 30 kr. eingenommen hatte.108 Trotz des annähernd gleichen Ergebnisses zeigen sich zwischen den beiden für jedermann zugänglichen Sparkassen deutliche Unterschiede. In Ans- bach hatten 164 Personen mit 340 Einlagen die genannte Sparsumme erbracht, dies entspricht ei- nem Durchschnittsbetrag von 39 fl. 25 kr. Der größte Teil dieser Einlagen, nämlich 270 (79,4 %), wurde in kleineren Summen von 1 bis 25 fl. einbezahlt. Unter den Sparern überwogen nicht Ange- hörige der politisch erwünschten Dienstbotenschicht (28 %), sondern Kinder, die mit 47 % fast die Hälfte der Sparkassennutzer ausmachten.109 In Amberg hingegen frequentierten im ersten Ge- schäftsjahr lediglich 67 Personen die Sparkasse. Sie verfügten über eine durchschnittliche Summe von 92 fl. 38 kr.110 Bedauerlicherweise kann über die soziale Schichtung der Einleger keine Aussage getroffen werden, da die Rechnungen der Amberger Sparkasse keine Angaben zu den Einlegern enthalten und weitere Quellen nicht verfügbar sind. Auch der „Extrakt aus dem Hauptbuch“, der in Form einer „Zusammenstellung aller Einlagen“ dem ersten Jahresabschluß beiliegt, kann hier nicht weiterhelfen. Man hielt die reine Namensnennung für ausreichend und verzichtete auf die Anga- ben von Beruf und Herkunft.111 Die Höhe der Einzeleinlagen läßt sich allerdings darstellen:

Tabelle 3: Einzeleinlagen Sparkasse Amberg 1825/26112 Einlagenhöhe 2 bis 10 fl. 11 bis 50 fl. 51 bis 100 fl. 101 bis 200 fl. 250 fl.

Anzahl 9 21 17 15 5 prozentualer Anteil 13,4 % 31,4 % 25,4 % 22,4 % 7,4 %

Eine ähnlich deutliche Entwicklung in der Kategorisierung der Einzeleinlagen wie dies für das erste Geschäftsjahr der Sparkasse Ansbach zutrifft, kann für Amberg nicht aufgezeigt werden. Knapp ein

105 Die Sparkassenverwaltung verbuchte die Zinsen der Staatsschuldentilgungskasse grundsätzlich im Jahr des Anfalls, nicht im Jahr der tatsächlichen Auszahlung. Dieses Vorgehen führte zu Unstimmigkeiten bei der Revision der Sparkassen- abrechnungen durch die kontrollierende Behörde. Bei der jährlichen Zinsauszahlung wurden nicht nur die Beträge für das vergangene Geschäftsjahr, sondern ebenso die fälligen Summen für das laufende -jahr mit angewiesen, die nun in der Kasse vorhanden waren, jedoch erst in den nächst folgenden Jahresabschluß eingingen. Die Rechnungen stimm-ten somit niemals mit dem tatsächlichen Kassenstand überein. 106 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 27. November 1826. Die Summe erstreckte sich nicht auf Honorare. Sie umfaßte die Anschaffungskosten für die Verwaltungs- und Sparkassenbü- cher, für Schreibmaterialien, Heizung und Licht. Zum Vergleich: Die Kosten für die Sparkasse in Augsburg beliefen sich auf 667 fl. 24 kr., hier allerdings einschließlich der Honorare. Merz 23. 107 Reinhart/Zeitler 66. 108 Ebd. 34. 109 Ebd. 35. 110 HASpAm-Su, Rechnung 1825/26, Beilage o. S. 111 Die erste Einlage in Höhe von 164 fl. stammte von Anna Lehmaier. Sie brachte ihren Sparstrumpf nicht am Tag der Eröffnung, sondern am 4. Februar 1825 zur Sparkasse und blieb an diesem Tag die einzige Nutzerin. HASpAm-Su, Rech- nung 1825/26, Beilage o. S. Allen übrigen Jahresabschlüssen fehlen ähnliche Anhänge. 112 Ebd. 64 Drittel der Einleger legte Beträge über 10 bis 50 fl. an, jeder vierte brachte es auf Summen bis 100 fl. Knapp über 20 % der Sparer verfügte über Beträge bis 200 fl. Den höchst möglichen Anla- gebetrag von 250 fl. konnten immerhin 5 Anleger aufbringen. Als niedrigsten Sparbetrag hatten zwei Personen jeweils 2 fl. der Kasse anvertraut.

Tabelle 4: Einleger und Einlagen im 1. Geschäftsjahr der Sparkassen Ansbach und Amberg Sparkasse Ansbach Sparkasse Amberg 1823/24 1825/26 Höhe der Einlagen 6.466 fl. 6.206 fl. Anzahl der Einlagen 340 67 Anzahl der Einleger 164 67 Durchschnittsbetrag je Einleger 39 fl. 25 kr. 92 fl. 38 kr.

Einlagen bis 50 fl. 308 (90,6 %) 30 (44,8 %)

Einlagen über 50 fl. 32 (9,4 %) 37 (55,2 %) Einlegerstruktur Dienstboten 28,1 % ? Kinder 46,9 % ? andere Personen 25,0 % ?

Die Sparkasse in Ansbach, wurde zu 75 % von Dienstboten/Kindern frequentiert. Dies schlägt sich in der Höhe der Einzeleinlagen nieder. Knapp über 90 % aller Einlagen beliefen sich auf maximal 50 fl. Weiterhin hatten 41 „Personen aus anderen Ständen“113 die Kasse genutzt, doch wird aus den Quellen nicht klar, welcher sozialen Gruppierung diese angehörten. Ob es sich dabei „primär um Angehörige der sogenannten besseren Schichten“114 handelte, bleibt offen. Festzuhalten ist, daß in der Kategorie 76 fl. bis zum Höchstbetrag von 100 fl. nur insgesamt 24 Einlagen (14,6 %) ermittelt wurden.115 In Amberg dagegen war über die Hälfte der Einleger in der Lage, mehr als 50 fl. zu spa- ren. Daß diesem Personenkreis Dienstboten angehörten, scheint eher unwahrscheinlich. Der durchschnittliche Dienstbotensparer konnte durchaus bis zu zwei Jahreslöhnen zurücklegen,116 doch wird dieser Betrag für Amberg kaum über 50 fl. anzusetzen sein.117 Einlagen von Dienstboten werden sich folglich unter den beiden Kategorien 2 bis 10 fl. und 11 bis 50 fl. fin-

113 Reinhart/Zeitler 35. 114 Ebd. 115 Wieviele Einleger die Höchstsumme angelegt hatten, geht aus Reinhart/Zeitler 35 nicht hervor. 116 Wysocki, Untersuchungen 82. Als Ersteinzahlerin der Sparkasse Bayreuth wurde eine Dienstmagd verzeichnet, die 30 fl. zur Kasse gebracht hatte und in den folgenden 20 Jahren durchschnittlich 47 fl. 30 kr. pro Jahr sparte. Lang 22. 117 Es war nicht möglich, das Einkommen von Dienstpersonal in Amberg um 1825 festzustellen. Der naheliegende Ver- such, durch Rechnungen der Stiftungen Aufschlüsse über die Entlohnung der dort beschäftigten Knechte und Mägde zu erhalten, schlug fehl. In den Stiftungsrechnungen wurden zwar Angaben zu den Besoldungen geführt, doch diese aus- schließlich global als Abführung an die Stadtkammer, die die Auszahlung an die Bediensteten vornahm, ohne Ein- zelbeträge zu nennen. Im Jahr 1804 betrug der durchschnittliche Jahreslohn einer Magd etwa 15 fl. Vgl. S. 21. Knapp 50 Jahre später erhielten die im Krankenhaus tätigen Dienstboten circa 38 fl. WBl. 1850, 223f. Es ist anzunehmen, daß ein Amberger Dienstbote um 1825 etwa 25 fl. jährlich verdiente. 65 den. Desgleichen werden der ersten Kategorie mögliche Sparbeträge von Handwerksgesellen zuzuordnen sein. Bei deren geringer Sparfähigkeit ist kaum mit Einlagen über 10 fl. zu rechnen.118 Der überwiegende Teil der Einleger, der in der Lage war, mehr als 50 fl. - vor allem mehr als 100 fl. - zu sparen, dürfte nicht den sozialpolitischen Zielgruppen, sondern kapitalkräftigerem Publikum aus der Handwerkerschicht, aus den Reihen sonstiger Gewerbetreibender oder durchaus höheren Gesellschaftsschichten zuzuordnen sein,119 die die problemlose, sichere, festverzinsliche Anlage schätzten. Die höher als in Ansbach angesetzte Einlagenbegrenzung erleichterte vermögenderen Bewohnern Ambergs und der Umgebung den Zugang zur Sparkasse, möglicherweise ohne zu- nächst den Umweg über Kindereinlagen nehmen zu müssen.120 Für die Sparkasse in Ansbach wur- den in besonderem Maße Einlagen von Minderjährigen festgestellt. Daß auch in Amberg Kinder zu den Sparern zählten, steht außer Frage. Ein quantitatives Erfassen ist jedoch nicht möglich. Statutengemäß fehlten Kindersparer der Kasse in Regensburg genauso wie Personen aus der Schicht der Gewerbetreibenden oder Handwerker. Von Anns hatte der von ihm initiierten Institution mit der Eingrenzung des zugelassenen Personenkreises auf „Dienstboten, Handwerksgesellen und an- dere unbemittelte Personen, welche im Polizeibezirke wirklich wohnhaft sind“ und mit einer Einla- gengrenze von 100 fl.121 ein enges Korsett angelegt. Wie in Ansbach wurde die Regensburger Kasse von Dienstboten nur zögerlich angenommen, was den Magistrat zu folgender Äußerung veranlaßte: „Wenn in dem ersten Jahre die Theilnahme an dieser so wohlthätigen dem Sittenverderbnisse und der Erarmung entgegenwirkenden Anstalt nicht in dem Maase Statt gefunden hat, als man hätte erwarten sollen, so dürfte diese Theilnahmslosigkeit größtenteils in dem, unserer Zeit eigenthümli- chen, vorherrschenden Hange zur Verschwendung und Ausschweifung, sonderheitlich aber darinn liegen, daß die meisten Dienstboten es vorziehen, ihren letzten Kreuzer an Putz und Vergnügen zu wenden, anstatt für ihre Zukunft zu sorgen; und das ihnen dargebotene Mittel, ihren sauer erwor- benen Lohn gewinnbringend und für dereinstige zweckdienlichere Bedürfnisse zu sichern, dankbar benützen.“122 Die Zurückhaltung der Dienstboten, fehlende Kindersparer und die Ausgrenzung vermögenderer Schichten brachten der Regensburger Sparkasse ein äußerst bescheidenes Ergebnis des ersten Geschäftsjahres: 26 Personen hatten 1.149 fl. einbezahlt.123

Eine vergleichbar enge Zielgruppendefinition wie in Regensburg hatte Behr für die Sparkasse in Würzburg entworfen. Er mußte sich am Ende des ersten Geschäftsjahres 1823 jedoch keineswegs

118 Wysocki, Untersuchungen 82; Reith 60. Zur Schwierigkeit der Einkommensberechnung für Handwerksgesellen vgl. Wysocki, Untersuchungen 53. Zur Sparfähigkeit der Handwerksgesellen Reith 62 - 67. 119 Ein Physikatsbericht des Kreis- und Stadtgerichtsarztes hielt fest, daß in Amberg eine vermögendere Bevölkerungs- schicht aus „hochbesoldeten Beamten, einzelnen Bürgern, Kaufleuten, Ökonomen, Gewerbetreibenden, dann [...] Fab- rikbesitzern und Rentiers“ anzutreffen war. Bergmeier 196. 120 Siehe unten. 121 Rygol 39 (3), (4). 122 Zitiert nach ebd. 65. Von Anns pflegte wie seine Zeitgenossen - auch der Amberger Magistrat - das bürgerliche Kli- schee des leichtlebigen Dienstboten. 123 Ebd. 64. 66 über leichtlebige Dienstboten beklagen, stammten doch mehr als 50 % der Einleger aus dieser Schicht. Appelle an Dienstherrschaften und Handwerksmeister, Dienstboten und Gesellen die Vor- züge des Sparens näher zu bringen,124 wie dies in Ansbach und Regensburg in Reaktion auf deren dürftiges Engagement geschah,125 waren in Würzburg nicht vonnöten.

Tabelle 5: Einlagen und Einleger der Sparkasse Würzburg im 1. Geschäftsjahr126 Sparkasse Würz- 1822/23 burg

Höhe der Einlagen 12.024 fl. Anzahl der Einleger 175 Einlegerstruktur Dienstboten 92 (52,6 %) Handwerker 19 (10,9 %) unbemittelte Personen 50 (28,5 %) Kinder 14 (8,0 %) Durchschnittsbetrag je Einleger 68 fl. 42 kr.

Behr hatte, wie von Anns, Kinder statutarisch nicht berücksichtigt; sie waren zunächst von der Teil- nahme an der Sparkasse ausgeschlossen. Im Laufe des ersten Geschäftsjahres änderte der Würzbur- ger Bürgermeister jedoch seine Meinung, „da er erkannt hatte, daß dadurch nicht nur der Geist der Sparsamkeit frühzeitig in den Kindern erweckt würde, sondern daß auch ‘die bis jetzt in den ein- zelnen Sparbüchsen der Kinder tot daliegenden Gelder zu einem im Leben und Verkehr wirkenden Kapitale umgeschaffen und somit zur Steigerung des Wohlstandes der Gemeinde das ihrige beitra- gen würden.’“127 Rund sieben Monate nach Eröffnung der Sparkasse wurden Kinder zugelassen. Ihr Sparbeitrag von 516 fl.128 - im Durchschnitt 36 fl. 51 kr. - spielte beim Erstjahresergebnis noch eine untergeordnete Rolle. Behr und von Anns hatten sich an die politisch gewünschte soziale Ein- schränkung des Sparerkreises gehalten. Es gelang jedoch nur in Würzburg, Angehörige der unteren Einkommensschichten in einem solchen Maß anzusprechen, daß sie Ihre ersparten Gelder tatsäch- lich der neuen Institution anvertrauten.

Auch in Landshut sah man sich grundsätzlichen Akzeptanzproblem gegenüber. Bereits zwei Monate nach Eröffnung der Kasse stellte die Sparkassenverwaltung fest, daß die betroffenen Einwohner „die Nützlichkeit und Selbstwohltätigkeit der Sparkasse hier [...] wenig anerkenn[en], ja, sollte man manchen Äußerungen [...] Glauben beimessen, so würde sie sogar dem Mißkredit unterliegen.“129 Zur Abhilfe schlug die Verwaltung eine vertrauensbildende Werbekampagne vor: „Es dürfte in ei-

124 Zur Sparsamkeitserziehung erwerbstätiger Jugendlicher vgl. Stratmann 9 - 25. 125 Reinhart/Zeitler 34; Rygol 66. 126 Kniepert 19. 127 Ebd. 128 Ebd. 129 Zitiert nach Bleibrunner 99. 67 ner dem Gemeinmann leicht verständlichen Sprache die Nützlichkeit und in mancher Bezie- hung Selbstwohltätigkeit des Instituts der Sparkasse auseinandergesetzt werden, ob in einem Privat- oder amtlichen Aufsatze“.130 In dieser Veröffentlichung sollte explizit auf die Gewährträgerschaft der Kommune hingewiesen werden: „Es dürfte ganz klar und offen die Erklärung gemacht werden, daß die Gemeinde für die Einlagen Schuldnerin ist und daher für Zahlung der Einlage und der Zin- sen verbunden und rechtlich vor Gericht belangt werden kann, daß der Gemeinde Mittel genug zu Gebote stehen ihre Verpflichtung gegen jeden Einlager genauest zu erfüllen, jedermann daher die beste Sicherheit für Kapital und Zinsen erhält.“131 Der Magistrat Landshuts übernahm die Vorschlä- ge der Sparkassenkommission und publizierte einen entsprechenden Aufsatz im Landshuter Wo- chenblatt.132 Vor allem setzte er den Vorschlag der Verwaltung um, den Zinssatz von 3 1/3 % auf 4 % anzuheben. Der Erfolg dieser Maßnahmen war beachtlich. Am Ende des ersten Geschäftsjahres, dem 30. April 1824, betrugen die Gesamteinlagen der Sparkasse Landshut 13.235 fl.133

Tabelle 6: Durchschnittseinlage pro Sparer im 1. Geschäftsjahr bei 7 bayerischen Sparkassen Sparkasse Betrag

Amberg 92 fl. 38 kr. Ansbach 39 fl. 25 kr. Augsburg134 69 fl. 42 kr. Bayreuth135 49 fl. München136 88 fl. 37 kr. Regensburg 44 fl. 12 kr. Würzburg 68 fl. 42 kr.

Der Vergleich der durchschnittlich jedem Sparer nach dem ersten Geschäftsjahr zur Verfügung ste- hende Betrag führt zu dem wenig überraschenden Resultat, daß diejenigen Kassen, deren Statuten die größten Freiheiten im Hinblick auf Einlagenhöhe und zugelassene Teilnehmer gewährten, den höchsten Pro-Kopf-Betrag verzeichnen konnten. Das Ergebnis der Sparkasse Amberg lag dabei noch vor dem der Kasse in München. Der Betrag in Amberg entsprach etwa dem geschätzten 3,5 bis 4fachen,137 in München etwa dem 4fachen Jahreslohn eines Dienstmädchens und dem 3fachen

130 Ebd. 131 Ebd. 132 Abgedruckt in ebd. 101f. 133 Ebd. 102. 134 Gesamtguthaben am Ende des Geschäftsjahres 1822/23: 92.950 fl.; Einleger: 1 334; Einlegerstruktur nicht bekannt. Merz 22. 135 Lang 24. 136 Gesamtguthaben am Ende des Geschäftsjahres 1824: 64.387 fl.; Einleger: 726; Einlegerstruktur nicht veröffentlicht. Ettenhuber 40. Hirschhorn gab 63.387 fl. Gesamtguthaben an. Hirschhorn 10. 137 Um 1805 verdiente eine Hausmagd zwischen 10 und 16 fl. jährlich, um 1850 lag der Betrag bei 36 fl.(Magd im städti- schen Krankenhaus); für 1825 wird eine Summe um 25 fl. anzunehmen sein. Destouches 98; WBl. 1850, 223f. Der in Amberg gezahlte Dienstbotenlohn entsprach dem von Wysocki errechneten Mittel der -löhne zwischen 1800 und 1850: Minimum 12 fl., Maximum 36 fl. Wysocki, Untersuchungen 55. 68 -lohn einer Köchin.138 Die niedrigsten Durchschnittsbeträge erreichten die Sparkassen Ansbach, Regensburg und Bayreuth. Letztere wies eine der Sparkasse Ansbach ähnliche Einlegerstruktur auf.

Tabelle 7: Einlegerstruktur der Sparkassen Bayreuth139 und Ansbach im 1. Geschäftsjahr Sparkasse Bayreuth Sparkasse Ansbach 1823/24 1823/24

Dienstboten 62 (33,9 %) 46 (28,1 %)

Kinder 74 (40,4 %) 77 (46,9 %) andere Personen 47 (25,7 %) 41 (25,0 %)

Gesamt 183 (100 %) 164 (100 %)

Gemeinsam ist beiden Kassen der große Anteil an Kindersparern. Lang konnte feststellen, daß in Bayreuth „vor allem Angehörige des höheren Bürgertums wie Bürgermeister von Hagen und andere Magistratsmitglieder, aber auch viele Handwerksmeister Konten auf die Namen ihrer Kinder“140 eröffneten. Wegen der Höhe der eingezahlten Beträge, schließt sie tatsächliche Ersparnisse der Kinder weitgehend aus. Anders als in Amberg oder München konnten in Ansbach und Bayreuth nur Einlagen bis 100 fl. getätigt werden, so daß sich Anlagewilllige für den Ausweg über die Anlage der Gelder auf die Namen von Familienangehörigen entschieden. Kniepert kommentierte diesen Sachverhalt folgendermaßen: „Das allgemeine Mißtrauen gegen Hypotheken verstärkte sich, sodaß das Geld andere Anlagemöglichkeiten suchte. Die Staats- und anderen Wertpapiere kamen dafür umso weniger in Betracht, als die Epoche von 1820 - 45 unter dem Zeichen massenhafter Konver- tierungen stand. So sank im Laufe der Zeit der Zinsfuß der bayerischen Staatspapiere in überaus kurzer Zeit von 5 auf 3 1/2 %.141 Eine sichere und konstante Anlagemöglichkeit schienen zu dieser Zeit die öffentlichen Sparkassen zu bieten, deren Einlagen einmal durch das Kommunalvermögen garantiert waren und zum andern besondere Vergünstigungen durch den Staat erhielten. Mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln versuchten darum auch die besitzenden Klassen an dem Nutzen der Sparkassen teilzunehmen. Sie umgingen bei den Sparkassen mit beschränkter Teilnahmebe- rechtigung die statutarische Festlegung sowohl des Teilnehmerkreises als auch der Höchstgrenze einer Einlage dadurch, daß sie ihr Vermögen teils auf den Namen ihrer Kinder, [...] teils aber auch auf den Namen ihrer Dienstboten oder anderer zur Teilnahme berechtigten Personen142 bei der Sparkasse anlegten.“143 Hier zeichnete sich die Entwicklungslinie ab, die auch dem Amberger Stadtmagistrat „im Laufe der folgenden Jahre noch viel Kopfzerbrechen verursachen sollte.“144

138 Ettenhuber 40. Zum Einkommen der Dienstboten vgl. Engelsing. 139 Lang 23. 140 Ebd. 141 Vgl. Kahn 35 - 97. 142 Dieses Vorgehen war sowohl bei den Kassen, die Einlagen durch anonyme Quittungsscheine bestätigten, als auch bei Bücher ausstellenden Instituten völlig risikolos. Schwierigkeiten mußten nicht erwartet werden, da derjenige, der Schein oder Sparkassenbuch vorlegte, als empfangsberechtigt galt. 143 Kniepert 20f. 144 Ebd. 19. 69 2. Die Geschäftsjahre 1826/27 bis 1839/40

Die wichtigste Quelle zur Darstellung der finanziellen Entwicklung sind die Jahresabschlußrechnun- gen, die für den Bearbeitungszeitraum lückenlos bis auf den Jahrgang 1838/39 vorliegen. Sie geben Aufschluß über Neueinlagen, Rückforderungen, Anlage der Gelder, Verwaltungskosten, Aktiv- und Passivvermögen, über das Sparkassenpersonal und später über den Stand des Reservefonds. Über Struktur und Anzahl der Einleger, auch zur individuellen Guthabenhöhe geben sie keine Auskunft.

Tabelle 8: Neueinlagen, Rückzahlungen, Gesamteinlagen bei der Sparkasse Amberg 1826/27 - 1839/40145 Jahr Neueinlagen Entwicklung Rückzahlungen Entwicklung Gesamteinlagen Entwicklung in % in % in %

1826/27 5.863 fl. - 5,5 1.261 fl. 11.017 fl. + 77,5

1827/28 9.231 fl. + 57,4 4.009 fl. + 68,6 16.462 fl. + 49,4

1828/29 11.883 fl. + 28,7 4.111 fl. + 2,5 24.462 fl. + 48,6

1829/30 13.527 fl. + 13,83 4.394 fl. + 6,9 34.113 fl. + 39,5

1830/31 11.299 fl. - 16,5 6.661 fl. + 51,6 39.156 fl. + 14,8

1831/32 7.185 fl. - 36,4 5.408 fl. - 18,8 41.337 fl. + 5,6

1832/33 11.369 fl. + 58,2 6.087 fl. + 12,6 47.061 fl. + 13,9

1833/34 12.990 fl. +14,3 6.132 fl. + 0,7 54.531 fl. + 15,9

1834/35 15.446 fl. +18,9 8.146 fl. + 32,8 62.515 fl. + 14,6

1835/36 27.442 fl. + 77,7 9.357 fl. + 14,9 80.600 fl. + 28,9

1836/37 33.198 fl. + 21,0 10.816 fl. + 15,6 103.874 fl. + 28,9

1837/38 55.415 fl. + 66,9 12.607 fl. + 16,6 147.827 fl. + 42,3

1838/39 181.817 fl.146 + 23,0

1839/40 78.086 fl. + 40,9 33.046 fl. + 162,1 231.951 fl. + 27,6

Im zweiten Geschäftsjahr erreichten die Neueinlagen nicht das Ergebnis des Vorjahres. Da jedoch nur geringe Rückzahlungen gefordert wurden, konnten die Gesamteinlagen um über 77 % steigen. Die folgenden Jahre bis 1829 brachten kontinuierliche Neueinlagenzuwächse mit zurückhaltenden Rückforderungen von durchschnittlich knapp über 4.000 fl. Die Gesamteinlagen hatten sich nun verfünffacht. Den ersten Einbruch in der Entwicklung der Sparkasse brachte die Zinsreduktion des

145 HASpAm-Su, Rechnungen 1826/27, fol. 4, 15, 19; 1827/28, fol. 1, 9, 18; 1828/29, fol. 1, 8, 16; 1829/30, fol. 1, 8, 16; 1830/31, fol. 1, 8, 15; 1831/32, fol. 1, 8, 15; 1832/33, fol. 1, 8, 15; 1833/34, fol. 1, 9, 15; 1833/34, fol. 1, 8, 15; 1835/36, fol. 1, 15, 24; 1836/37, fol. 1, 17, 28; 1837/38, fol. 1, 25, 35; 1839/40, fol. 1, 31, 41 146 StadtAAm, Zg. I 333, Beilage XXXV zum VB 1839, Addition berichtigt. 70 Jahres 1829. Die Zinssatzsenkung der Staatsschuldentilgungsanstalt gab die Sparkasse Amberg seit 15. April 1829 an die Sparer weiter; sie zahlte 3 1/2 %.147 Die Auswirkungen zeigten sich in den Geschäftsjahren 1830/31, 1831/32: die Neueinlagen gingen zunächst um über 16 %, im zwei- ten Jahr um über 36 % zurück. Gleichzeitig nahmen die Rückforderung um rund 52 % zu. Eine ähnliche Neueinlagenentwicklung läßt sich bei weiteren bayerischen Sparkassen aufzeigen. Die aus den staatlichen Maßnahmen resultierende Verunsicherung der Sparer schlug sich deutli-cher bei den Kassen nieder, die auf eine Zinsminderung nicht verzichteten.

Tabelle 9: Neueinlagenentwicklung bei 3 bayerischen Sparkassen 1826/27 - 1832/33148 Jahr München Regensburg Würzburg

1826/27 142.576 fl. 2.977 fl. 22.668 fl.

1827/28 199.876 fl. (+40,2 %) 29.016 fl. (+28,0 %)

1828/29 324.408 fl. (+62,3 %) 33.976 fl. (+17,1 %)

1829/30 437.655 fl. (+34,9 %) 8.100 fl. (+172,1 %) 41.266 fl. (+21,5 %)

1830/31 256.273 fl. (- 41,4 %) 6.535 fl. (-19,3 %) 43.386 fl. (+5,1 %)

1831/32 199.807 fl. (- 22,0 %) 5.570 fl. (- 14,8 %) 48.203 fl. (+11,1 %)

1832/33 237.951 fl. (+19,1 %) 3.443 fl. (- 38,2 %) 47.866 fl. (- 0,7 %)

Die Sparkassen München und Regensburg149 hatten die Zinsreduktion ebenso wie die Sparkasse Amberg an die Sparer weitergegeben und mußten beträchtliche Einbußen hinnehmen. Bei den Sparkassen München und Amberg war mit Ablauf des Geschäftsjahres 1831/32 die zweijährige Tal- sohle durchschritten, die bei der Sparkasse Regensburg ein weiteres Jahr andauerte. Ein wesentlich günstigeres Bild zeigt die Sparkasse Würzburg, die unverändert den gleichen Zinssatz bot. Ein deut- licher Einbruch blieb aus. Die Steigerung bei den Neueinlagen erreichte im Geschäftsjahr 1830/31 zwar nur mehr gut 5 %, doch brachte das Folgejahr bereits wieder einen prozentualen Anstieg von 11 %. Im Jahr 1832/33, in dem die Sparkasse Regensburg mit 38 % den größten Ein

147 Vgl. S. 55. 148 Hirschhorn 3; Rygol 69; Kniepert, Tabelle 1. 149 Weshalb von Anns, der unabhängig von der staatlichen Zinspolitik agieren konnte, den Zinssatz senkte, bleibt unklar. Rygol 55f. 71 lagenrückgang verzeichnete, hatte die Würzburger Kasse eine Abnahme von unter 1 % hinzu- nehmen, die das positive Entwicklungsbild keineswegs schmälerte. Die Jahre der ersten Krise konn- ten hier mit stagnierenden Einlagenzahlen überwunden werden.

Das Jahr 1832/33 brachte der Sparkasse Amberg den höchsten prozentualen Neueinlagenzuwachs seit ihrem Bestehen. Die Sparer hatten wieder Vertrauen gefaßt - die Gesamteinlagen wuchsen trotz der Neueinlagenflaute der vergangenen Jahre auf nunmehr 47.000 fl. In den folgenden Jahren stiegen die Einlagen kontinuierlich. Diese Entwicklung konnte auch die neuerliche Zinssenkung durch die Staatsschuldentilgungskasse im Jahr 1835 nicht unterbrechen. Obwohl die Kasse in Am- berg die Zinsminderung an die Sparer weitergab,150 stiegen die Neueinlagen um den höchsten pro- zentualen Anteil in 15 Jahren. Eine ähnliche Mißtrauenswelle, wie sie die erste Zinssenkung hervor- gebracht hatte, war ausgeblieben.

Nicht verschont blieb dagegen die Sparkasse Regensburg. Ihre ohnehin dürftig fließenden Neuein- lagen verringerten sich 1835/36 im Vergleich zum Vorjahr um rund 50 % auf 5.648 fl. Die Gesamt- einlagen der Sparkasse Regensburg machten in diesem Geschäftsjahr beinahe exakt die Hälfte der Einlagen der Kasse in Amberg aus, nämlich 40.079 fl.151 Rückläufige Einlagenziffern hatte auch die Sparkasse Augsburg zu verzeichnen, die 1835 den Zinssatz von 4 auf 3 1/2 % reduzierte. Ihre Neu- einlagen gingen in den Jahren 1834/35 bis 1836/37 zunächst um unbedeutende 1,1 % und 2,6 % zurück. Im letztgenannten Jahr betrug der Rückgang jedoch rund 20 %.152 Keine regressiven Ten- denzen verspürten die Sparkassen München und Würzburg. Erstere hatte den Zinssatz im Ge- schäftsjahr 1830/31 auf 4 % und im folgenden Jahr auf 3 1/3 % gesenkt. Letztere zahlte den Einle- gern seit ihrer Gründung unverändert 3 1/3 %.153 Der Einlagenzuwachs bewegte sich bei der Spar- kasse München im Jahr der Zinssenkung durch die Staatsschuldentilgungskasse um bescheidene 3 %, was auf eine gewisse Verunsicherung der Sparer hindeutet, doch das Folgejahr brachte bereits wieder ein Plus von 14 %. Bei der Sparkasse in Würzburg kann von einer Zurückhaltung der Einle- ger keine Rede sein. Sie verzeichnete Zuwächse von 19 % und 10 %.

Tabelle 10: Neueinlagenentwicklung bei 3 bayerischen Sparkassen 1834/35 - 1836/37154 Jahr Augsburg München Würzburg

1834/35 157.771 fl. 615.409 fl. 62.419 fl.

1835/36 153.689 fl. (- 2,6 %) 633.579 fl. (+ 3 %) 74.239 fl. (+18,9 %)

1836/37 123.582 fl. (- 19,6 %) 721.036 fl. (+ 13,8 %) 81.727 fl. (+10,1 %)

150 Vgl. S. 58. 151 Rygol 69. 152 Errechnet aus Merz 87, 91. 153 Hirschhorn 17; Kniepert Tabelle 1. 154 Merz 87; Hirschhorn 17; Kniepert Tabelle 1. 72 Die Jahre bis zur Schließung der Sparkasse Amberg brachten fortdauerndes Wachstum der Neu- einlagen bei gleichzeitig moderaten Rückforderungen. Allerdings ist ein sprunghaftes Anwachsen der Rückzahlungen im Geschäftsjahr 1839/40 festzustellen. Die Querelen um die Sparkassenver- waltung dürfte den Sparern nicht verborgen geblieben sein. Ein Teil der Einleger wird aus Sicher- heitsgründen sein Guthaben abgezogen haben.155 Nichtsdestoweniger verwaltete die Sparkasse am Ende des Betrachtungszeitraum ein Kapital, das in etwa dem Stadtkammervermögen156 entsprach.

Ein Vergleich der Sparkasse Amberg mit bayerischen Sparkassen bietet sich für das Jahr 1833/34 an. Für dieses Geschäftsjahr wurde eine einheitliche Erfassung aller bayerischen Sparkassen angeord- net.157

Tabelle 11: Passivvermögen bayerischer Sparkassen 1833/34

Sparkasse Passivvermögen

München 1.222.133 fl. Nürnberg 770.377 fl. Augsburg 596.212 fl. Landshut 247.832 fl. Würzburg 160.537 fl. Kaufbeuren 55.956 fl. Amberg 54.531 fl. Regensburg 24.583 fl.

Die bayerischen Sparkassen verfügten 1834 über eine Gesamteinlage von 4.485.487 fl.,158 wobei auf die drei vermögendsten Institute München, Nürnberg und Augsburg allein 2.588.722 fl., das entspricht 57,7 %, entfielen. Das Vermögen der Sparkasse Amberg erreichte annähernd das der Kasse in Kaufbeuren und lag deutlich über dem der Sparkasse Regensburg. Zur Summe von 1.896.765 fl., die nach Abzug der auf die drei größten Kassen entfallenden Einlagen verblieb, trug die Amberger Sparkasse 2,9 % bei, zur Gesamteinlage 1,2 %.

IV. Die Einlegerschaft 1. Die Sozialstruktur der Einleger

Die Sozialstruktur der Einleger läßt sich im Zeitraum bis 1840 lediglich für das Jahr 1838/39 darstel- len. Für dieses Etatsjahr führte der Magistrat im Verwaltungsbericht des Jahres 1839 statistische

155 Vgl. S. 91. 156 Stadtkammervermögen 1839/40: 255.270 fl. StadtAAm, Rechnungen I 311 fol. 222. 157 Abgedruckt in Hermann, Beilage. 158 Mayr IX. 73 Daten. Die einzigen im historischen Archiv der Sparkasse Amberg-Sulzbach liegenden Ge- schäftsbücher - bezeichnet als Sp 1 bis 3 -, die für den Bearbeitungszeitraum Namen, Berufe und Herkunft der Sparer angeben, beginnen im Etatsjahr 1835/36. Es handelt sich hierbei mit großer Wahrscheinlichkeit um tabellarische Erfassungen, mit denen man versuchte, den Guthabenstand der einzelnen Einleger aufzuzeigen, was - wie die von der Kuratelbehörde eingesetzte Prüfungs- kommission heftig rügte159 - nicht gelang. Sie erschließen die Einlegerschaft160 nur unvollständig, und es bleibt unklar, nach welchen Kriterien die aufgeführten Sparer verzeichnet wurden. Folgende Tabelle gibt die Daten des magistratischen Verwaltungsberichts für das Geschäftsjahr 1838/39 wie- der:

Tabelle 12: Einlegerstruktur Sparkasse Amberg 1838/39161 Anzahl der Sparer Gesamtguthaben Guthaben je Sparer Dienstboten 246 (15,9 %) 18.250 fl. (10,0 %) 74 fl. 12 kr.

Arbeiter, Gesellen, Lehr- 233 (15,0 %) 16.857 fl. ( 9,3 %) 72 fl. 20 kr. linge, Tagelöhner

Kinder 424 (27,3 %) 40.410 fl. (22,2 %) 95 fl. 18 kr. andere Personen 647 (41,8 % ) 106.300 fl. (58,5 %) 164 fl. 17 kr.

Der prozentual größte Anteil der Sparer stammte nicht aus den sozialpolitisch erwünschten Ziel- gruppen, sondern ist Gewerbetreibenden, Bauern, weiteren Berufsschichten wie städtischen Be- diensteten oder Militärangehörigen, auch Personen adeliger Herkunft zuzuordnen.162 Die Anzahl der sparenden Dienstboten und diejenige der Arbeiter/Gesellen/Lehrlinge/Tagelöhner bewegte sich etwa im gleichen Rahmen von 15 %; Kinder machten etwas mehr als ein Viertel der Einleger aus. Der Löwenanteil des Gesamtguthabens mit nahezu 60 % stammte von Angehörigen künftig ausge- schlossener sozialer Schichten. Lediglich knapp 20 % trugen die eigentlichen Zielgruppen zum Ge- samtergebnis bei. Ein geringfügig höherer Prozentsatz wurde zumindest buchmäßig von Kindern erbracht, die mit einem durchschnittlichen Betrag von 95 fl. weit über dem der Dienstboten- und Gesellenschicht lagen und ebenso weit über dem bayerischen Durchschnitt von 76 fl.163 Daß „sol- che Beträge unmöglich aus noch so fleißig gemästeten Sparschweinen“164 von Kindern165 stammen konnten, steht außer Frage. Es kann keinen Zweifel geben, daß auch hier gilt, was Wysockis Unter- suchungen erbrachten: „Die Kindereinlagen gehörten großenteils Kindern wohlhabender Leute“166 und „viele von diesen Einzahlungen [lauteten] nur dem Namen nach auf die Kinder, in Wirklichkeit [stellten] sie aber nichts anderes dar als eine Vermögensanlage der Eltern.“ 167

159 Vgl. S. 104. 160 Vgl. Anhang S. 363 Tab. 1b. 161 StadtAAm, Zg. I 333, Beilage XXXV zum VB 1839. 162 Vgl. Anhang S. 361f. Tab. 1a. 163 Errechnet aus Schachner 73. 164 Wysocki, Untersuchungen 78. 165 Zur Sparerziehung bei Kindern vgl. Berg 103; Richter 158f. 166 Vgl. dazu Merz 57. 167 Wysocki, Untersuchungen 78. 74 Die Frage nach den elterlichen Beweggründen mußte Wysocki unbeantwortet lassen: „Warum diese nicht selbst als Einleger auftreten wollten, ist schwer zu entscheiden, wenn keine entspre- chenden Satzungsvorschriften bestanden.“168 Für die Amberger Sparkasse bestanden, ebenso wie bei der Sparkasse München, keine einschränkenden Satzungsvorgaben, die den Umweg über Kin- dereinlagen notwendig gemacht hätten. Jede sparwillige Person konnte durch die Verteilung des zur Verfügung stehenden Betrags auf mehrere Sparkassenbücher jede beliebige Summe anlegen. Daß auf diese Weise stattliche Beträge zustande kamen, zeigt die Rüge, die der Sparkassenverwal- tung im Zusammenhang mit dem Guthaben des Forstmeisters Breyer aus Amberg erteilt wurde. Breyer besaß Sparkassenbücher im Wert von 2.500 fl., die er auf die Namen von zehn Familien- mitgliedern ausstellen ließ.169 Auch bei der Sparkasse München läßt sich die Tendenz zur Anlage auf den Namen von Kindern feststellen. Im Geschäftsjahr 1833/34 wurden 1.677 Einlagen für Kin- der errechnet; das entspricht 23,5 % der Gesamteinlagen. 6 Jahre später hatte sich der Anteil er- höht und machte nun 32,7 % aus.170 Die Kindereinlagen stellten mit 8.424 Einzelposten die höchs- te Quote bei den in München ansässigen Sparern. Sowohl die Sparkasse München als auch die Kasse in Amberg boten prinzipiell die Möglichkeit unbeschränkter Einlage in eigenem Namen. Trotzdem nutzte ein großer Teil der Einleger den zur Verfügung stehenden Spielraum nicht und zog die Anlage im Namen von Kindern vor. Hier sollte das Prestige der Sparkassen nicht außer acht gelassen werden, das kaum ein hohes gewesen sein dürfte. Sparkassen wurden im Bereich der Ar- menfürsorge verortet. Ein gewisser Unterschicht-„Geruch“ haftete ihnen sicher an, mit dem man sich nicht identifizieren mochte. Nichtsdestoweniger sah man die Vorteile, die sie mit sich brachten und nahm den Ausweg über Kinder. Um die Durchschnittsguthaben von Dienstboten und Arbeitern/ Gesellen/Lehrlingen zu bewerten, ist die Kenntnis deren jährlicher Einkommen notwendig. Vorab kann sicherlich folgenden Feststel- lungen Wysockis zugestimmt werden, auch wenn die Guthaben der Dienstboten und Arbeiter etc. aus Amberg und der Umgebung nicht an den bayerischen Durchschnitt des Jahres 1839 heran- reichten, der für Dienstboten bei 89 fl. 55 kr. und für Arbeiter etc. bei 85 fl. 37 kr.171 lag: Wenn „die Rede davon ist, Dienstboten172 und Handwerksgesellen173 den ‘Armen’ zuzurechnen, so mag das zwar einem bestimmten zeitgenössischen Inhalt dieses Begriffs entsprechen, darf jedoch auf keinen Fall im Sinne der völligen Mittellosigkeit interpretiert werden“. „Diejenigen Angehörigen der Unterschichten, die, von den sozialpolitischen Gründerabsichten avisiert, tatsächlich den Weg zu den Sparkassen fanden, erweisen sich somit also im Besitze von Geldbeträgen, die die Anwen

168 Ebd. 169 StadtAAm, Zg. I 2058, Erinnerung der Rechnungskommission vom 20. April 1840. 170 Hirschhorn 18. 171 Errechnet aus Schachner 73. 172 Vgl. Müller, Dienstbare Geister 225 - 229. 173 Zur Sparfähigkeit, -möglichkeit und -motivation von Handwerksgesellen und Lehrlingen vgl. Reith 57 - 82. 75 dung des Begriffs ‘Vermögen’ keineswegs unangebracht erscheinen lassen.“174 Der erste Verwal- tungsbericht des Amberger Magistrats,175 der auf Anordnung der Regierung für statistische Zwecke erstellt wurde, führt für das Stichjahr 1839 drei „fabrikmäßig betriebene Gewerbsunternehmungen“ an: die Gewehrfabrik, die Steingutfabrik und eine Tabakfabrik. Hier finden sich Angaben zu den Einkommen von Arbeitern.176 Den höchsten Durchschnittslohn erhielten die Beschäftigten der Ge- wehrfabrik mit 54 kr. täglich, gefolgt von denjenigen der Tabakfabrik mit 48 kr. und schließlich der Steingutfabrik mit 40 kr.177 Daraus ergibt sich wiederum ein Durchschnittsverdienst von 47 kr. täg- lich. Bei sechs Arbeitstagen pro Woche und 50 Arbeitswochen im Jahr stünden dem Durchschnitts- arbeiter 235 fl. jährlich zur Verfügung. Giebel errechnete für einen Arbeiter/Tage-löhner mit einer sechsköpfigen Familie Lebenshaltungskosten in Höhe von 150 fl., wenn äußerst sparsam gewirt- schaftet wurde.178 Unterstellt man bei einer weniger sparsamen Lebensführung einen Bedarf von 160 fl., könnte die Familie 75 fl. jährlich sparen, das entspräche 32 % des Einkommens. Etwa die- sen Betrag hatte der durchschnittliche Arbeiter/Geselle/Tagelöhner bei der Sparkasse deponiert. Zum Lohn des Dienstpersonals um 1840 können ebenso wie für die Zeit um 1825 keine Angaben gemacht werden. Geht man von geschätzten 30 fl. aus, besaß ein Dienstbote im Mittel ein Gutha- ben in Höhe seines 2,5fachen Jahreslohns und übertraf damit den durchschnittlichen bayerischen Dienstbotensparer, der über knapp zwei Jahreslöhne verfügte.179 In welchem Verhältnis die sparenden Dienstboten und Gesellen etc. zur Zahl der in Amberg arbei- tenden Angehörigen dieser Gesellschaftsgruppen stand, ist nicht zu ermitteln, da die vorhandenen Quellen keine eindeutigen Zuordnungen - in Amberg lebender/auswärtiger Dienstbotensparer, Ge- selle etc. - erlauben. Magistrat und Polizei180 fehlte zudem der Überblick über die Beschäftigungssi- tuation. Im Zusammenhang mit der Einführung eines Pflichtbeitrags von Handwerksgesellen und Dienstboten zur Krankenhausstiftung versuchte man deren Anzahl zu registrieren, kam jedoch über eine Schätzung nicht hinaus. Im August 1834 vermutete der Magistrat, daß etwa 260 Gesellen, cir- ca 90 männliche und rund 480 weibliche Dienstboten in Amberg beschäftigt seien; ihre Zahl schwanke jedoch ständig.181 Die statistischen Beiträge, die die Situation des Jahres 1840 darstellen, unterscheiden Gehilfen/Gesellen/Lehrlinge/Dienstboten, die bei handel- oder

174 Wysocki, Untersuchungen 82. 175 StadtAAm, Zg. I 333, VB 1833/34 bis 1838/39. Im Stadtarchiv Amberg findet sich für die 1. Hälfte des 19. Jahrhun- derts nur ein magistratischer Verwaltungsbericht, nämlich der hier erwähnte. Die übrigen Berichte galten als verschollen. Dies erscheint der Verfasserin unwahrscheinlich. Es ist vielmehr denkbar, daß keine weiteren angefertigt wurden. Im zeitlich nächstfolgenden Bericht aus dem Jahr 1869 finden sich historische Zusammenschauen, umfangreiche Rückblicke und Beschreibungen der Amberger Stiftungen. Diese detaillierten Arbeiten machen nur dann einen Sinn, wenn in den Vorjahren keine Berichte angefertigt wurden. Die ab 1870 regelmäßig weitergeführten Verwaltungsberichte enthalten keine derartigen Schilderungen mehr. 176 Vgl. Anhang S. 364 Tab. 3 a - c. 177 Errechnet aus Tabelle 3 c S. 364. 178 Giebel 103. Die zugrunde gelegten Lebensmittelpreise stimmen mit den für Amberg im VB aufgeführten Preisen mit geringen Abweichungen überein. StadtAAm, Zg. I 333, VB 1833/34 bis 1838/39 Beilage XXXIII. 179 Wysocki, Untersuchungen 82. 180 Es existiert kein polizeiliches Dienstbotenregister. 181 StadtAAm, Zg. I 780, Schreiben des Magistrats an das Stadtkommissariat vom 22. Aug. 1834. Vgl. S. 177 Anm. 54. 76 gewerbetreibenden Personen tätig waren, nicht. Hier wurden 620 männliche und 431 weibliche Beschäftigte ermittelt. Weiterhin hatten 111 männliche und 307 weibliche Dienstboten eine An- stellung bei der städtischen Oberschicht gefunden. Addiert man zu diesen die mit 594 angegebe- nen Tagelöhner182 und die im Verwaltungsbericht angeführten Arbeiter mit 242183 ergeben sich 2305 Personen, die als Gesamtgruppe in Relation zu den sparenden Dienstboten, Gesellen/Lehr- lingen/Arbeitern/Tagelöhnern gesetzt werden könnten. Hinzuzurechnen wären weiterhin die Berg- arbeiter, allerdings liegen hier erst für das Jahr 1847 Zahlen vor: 41 männliche und 9 weibliche Personen über 14 Jahren wurden beschäftigt.184 Inwieweit die nun ermittelten 2355 Beschäftigten die gesamte Dienstboten- und Arbeiterschicht in Amberg darstellen, läßt sich nicht sagen. Unbe- rücksichtigt muß ferner die Tatsache bleiben, daß ein Teil der Arbeiter nicht in Amberg ansässig war. Trotz der Unzulänglichkeiten konnten annähernde Zahlen zu den in Amberg lebenden Ziel- gruppenangehörigen ermittelt werden. Diese sind jedoch nicht in Relation zu der genannten An- zahl von Sparern zu setzen, da aus ebendieser Gesamtzahl die nicht aus Amberg stammenden Ein- leger auszuscheiden wären. Das Quellenmaterial läßt dies - wie erwähnt - nicht zu. Die in der magistratischen Statistik erfaßte Einlegerschaft kann mit den für die gesamtbayerischen Sparkassen erstellten Daten des Jahres 1839 verglichen werden:

Tabelle 13: Prozentualer Anteil einzelner sozialer Schichten Sparkasse Amberg 1838/39 - gesamtbayer. Sparkassen 1839185 Amberg Gesamtbayern 1838/39 1839 Dienstboten 15,9 % 33,71 %

Gesellen, Lehrlinge, 15,0 % 10,73 % Arbeiter, Tagelöhner Kinder 27,3 % 30,47 % andere Personen 41,8 % 25,09 %

Der Vergleich der für Amberg ermittelten Prozentanteile mit denjenigen Gesamtbayerns zeigt bei zwei der vier Kategorien ein deutliches Abweichen. Die für Handwerksgesellen etc. festgestellte Quote unterscheidet sich in nur geringem Maße, der Kinderanteil entspricht sich annähernd. Dage- gen zeigt der für Dienstboten und andere Personen errechnete Anteil eine merkliche Differenz zu den für Bayern ermittelten Zahlen. Immerhin ein Drittel der bayerischen Sparer stammte aus der Dienstbotenschicht, ein Ergebnis das die Amberger Sparkasse mit lediglich knapp 16 % der Einleger um die Hälfte unterschritt. Dem Amberger Magistrat war es bislang nicht gelungen, Dienstboten die individuelle Daseinsvorsorge mittels Sparen nahe zu bringen. Nachdem man in Ansbach und Re- gensburg erkannte hatte, daß diese der Sparkasse reserviert gegenüberstanden,

182 BSB 1, 51f. 183 StadtAAm, Zg. I 333, VB vom 14. November 1844, Beilage XXX. 184 BSB 1, 144. 185 Ohne Regensburg. Errechnet aus Schachner 73. 77 reagierten die dort Verantwortlichen und appellierten wiederholt an die Dienstherrschaften: „jeder, der sich von der Nützlichkeit dieser Anstalt überzeugt hat, [möge] in seinem Kreise dahin wirken, daß dieselbe von denjenigen Personen für welche sie hauptsächlich bestimmt ist [...] fleißi- ger benutzt werde, was nur durch zweckmäßige Belehrung bewirkt werden kann.“186 Der Erfolg der Aktivitäten blieb nicht aus. Im Jahr 1830 hatte bereits jeder dritte in Ansbach ansässige Dienstbote seine Spargelder bei der dortigen Kasse untergebracht.187 Ähnliche Regsamkeit ist für den Amberger Magistrat nicht belegbar. Man überließ das Engagement völlig der Eigenverantwortung der Betroffe- nen; Handlungsbedarf war für die Stadtväter nicht erkennbar. Sie beschränkten sich vielmehr auf Klagen über mangelnde Sparsamkeit und allgemein „über Unfleiß, Untreue und schlechte Auffüh- rung“188 der Dienstboten. Die Kassen in Ansbach und Regensburg waren aus gesellschaftlicher Ver- antwortung der Initiatoren entstanden, die mit dem Gründungsakt nicht endete. Der Amberger Magistrat hingegen nahm gegenüber der ihm durch eine obrigkeitliche Verordnung aufoktroyierten Sparkasse eine distanzierte Haltung ein. Einen sozialen Auftrag sah er sicher nicht.

In Bayern stammten 43 % der Einleger aus den sozialpolitisch gewünschten Zielschichten der Dienstboten und Gesellen etc., hinzu kamen 30 % Kindereinlagen, mithin war ein Viertel der Spa- rer der Kategorie „Andere Personen“ zuzurechnen. In Amberg umfaßte deren Anteil über 40 %. Sie hatten fast 60 % des Gesamteinlagevolumens angespart. Die für Bayern erfaßten Einleger dieser Gruppe brachten 45,9 % des Gesamtguthabens, nämlich 5.215.195 fl., auf. Dazu müßte weiterhin die Summe derjenigen Einlagen gerechnet werden, bei denen es sich nicht um tatsächliche Kinder- einlagen handelte. Der von Finanzminister von Abel geäußerte Verdacht, die bayerischen Sparkas- sen würden „von wohlhabenden Gutsbesitzern und Kapitalisten“ mißbraucht, woraus eine Überbe- anspruchung der Staatsschuldentilgungskasse resultiere,189 ist bei diesem Ergebnis durchaus nahelie- gend und für Amberg zutreffend. Von Abel plädierte für eine Abtrennung der Sparkassengelder vom Staatskredit und für deren Unterbringung auf dem lokalen Kreditmarkt.190 Zunächst versuchte man noch, über Zinskürzungen der an die Staatsschuldentilgungskasse strömenden Geldflut Herr zu werden, bis schließlich 1848 die endgültige Trennung vollzogen wurde. Für die Sparkasse in Amberg kam die Trennung von diesem Personenkreis mit der Neufassung der Statuten nach Wie- dereröffnung der Kasse im Sommer 1840.191

186 Zitiert nach Reinhart/Zeitler 34. 187 Ebd. 35. 188 StadtAAm, Zg. I 333, VB 1833/34 bis 1838/39, § 87. 189 BayHStA, MInn 52671, fol. 253f. 190 Ebd. fol. 280. 191 Vgl. S. 117. 78 2. Die Herkunft der Einleger192

Tabelle 14: Herkunft der Einleger der Sparkasse Amberg 1835/36 bis 12. Februar 1840193 (fragmentarisch) Zeitraum Stadt Amberg LG Amberg194 andere Orte/LGe ohne Angaben

1835/36, 1836/37 341 (43,7 %) 128 (16,4 %) 47/112 (6,0 % / 14,3 %) 153 (19,6 %)

1837/38 bis Juli 1839 258 (35,9 %) 269 (37,4 %) 22/131 (3,1 % / 18,2 %) 39 (5,4 %)

August 1839 bis 75 (27,1 %) 120 (43,3 %) 3/72 (1,1 % / 26,0 %) 7 (2,5 %) 12. Febr. 1840

Die oben erwähnten Geschäftsbücher Sp 1 bis 3 erfaßten nicht nur Namen und Beruf eines Teils der Einleger, sondern auch deren Herkunft. In Ermangelung weiterer Quellen sollen sie trotz der dargelegten Unzulänglichkeiten ausgewertet werden. Im ersten Buch wurden knapp 20 % der Ein- leger ohne Angabe aufgeführt. Sie verfälschen die tendenziellen Werte, jedoch wohl ohne die Aus- richtung zu verschieben. Aus Amberg stammte sicher der größte Teil der Einleger, doch lag die Quote unter 50 %. Die Sparkasse München, die ebenfalls keine Herkunftsbeschränkung festgelegt hatte, wurde in weit umfangreicherem Rahmen von der städtischen Bevölkerung frequentiert. Le- diglich 29,5 % der Sparer stammte aus dem ländlichen oder städtischen Umkreis der Stadt.195 Für die Sparkasse Amberg sind etwa 40 % der Sparer festzuhalten, die ihren Wohnsitz nicht in der Stadt hatten, wobei hiervon rund die Hälfte im direkten Umland ansässig war. Die übrigen Einleger ver- teilten sich auf Städte/Märkte und Landgerichtsbezirke in der weiteren Umgebung. Es wurden da- bei einzelne entfernt gelegene Orte genannt.196 Ohne Herkunftsangabe blieben im zweiten Ge- schäftsbuch lediglich 39 Einleger, so daß sich, soweit dies möglich ist, ein klareres Bild ergibt. Aus Amberg mit 258 und dem Landgerichtsbezirk Amberg mit 269 stammten knapp 75 % aller Sparer. Hier sind gravierende Änderung im Vergleich zum ersten Buch festzustellen. Der prozentuale Anteil der aus dem Landgerichtsbezirk Amberg stammenden Einleger hatte sich mehr als verdoppelt, wäh- rend die Zahl der Sparer aus der Stadt Amberg um ein Fünftel zurückging. Insgesamt 39 % der Ein- leger waren städtischer Herkunft und 61 % kamen aus Landgerichtsbezirken der näheren und wei- teren Umgebung.197 Nach dem dritten Buch hatte sich die Zahl der Einleger aus Amberg weiter verringert; er lag nur mehr bei 27 %. Der weitaus größte Teil der Sparer kam nun aus dem Landge- richtsbezirk Amberg. Im Vergleich zum vorherigen Erfas-sungszeitraum nahm deren prozentualer Anteil um 6 % zu. Einleger aus der Stadt Amberg hatten um rund 9 % abgenommen. Grundsätzlich war der Anteil der Sparer aus Städten/Märkten geringer geworden; er betrug nur noch 28,2 %,

192 Die Daten zur Herkunft der Einleger bilden nicht die Gesamteinlegerschaft ab. Sie beziehen sich auf die 1777 in den Geschäftsbüchern Sp 1 bis Sp 3 aufgeführten Sparer. 193 Errechnet aus HASpAm-Su, Sp 1 (1835/36, 1836/37), Sp 2 (1837/38 bis Juli 1839), Sp 3 (August 1839 bis 12. Februar 1840). Vgl. Anhang S. 363f. Tab. 2 a - c. 194 LG = Landgerichtsbezirk 195 Ettenhuber 49. 196 Vgl. Anhang S. 363 Tab. 2 a. 197 Vgl. Anhang S. 363 Tab. 2 b. 79 wohingegen die Zahl der Einleger aus Landgerichts-bezirken auf 69,3 % gestiegen war.198

Über den Zeitraum von fünf Jahren läßt sich eine deutliche Verschiebung von zunächst überwie- gender Frequentierung durch Sparer aus der Stadt Amberg hin zu Einlegern aus dem Landgerichts- bezirk Amberg feststellen, die schlußendlich in etwa denselben Prozentanteil erreichten wie die Amberger Einleger zu Beginn der Aufzeichnung. Eine solche Entwicklung lief völlig gegen die Inten- tion der Kuratelbehörde, die die ausschließliche Nutzung einer städtischen Sparkasse durch die Bewohner ebendieser Stadt vorsah. Da die Sparkassenverwaltung bei der Annahme von Geldern auswärtiger Sparwilliger, die kurze Zeit vor Schließung der Kasse rund 70 % der erfaßten Ein-leger ausmachten, in völliger Übereinstimmung mit den Statuten gehandelt hatte, wurde die Satzung der Sparkasse Amberg nicht nur im Hinblick auf die soziale, sondern ebenso auf die lokale Herkunft der Sparer überarbeitet. Drei Jahre vor dem Eingriff in die Statutenwerke der bayerischen Sparkas- sen durch das Normativ des Jahres 1843 wird die Kasse Statuten nach Regensburger Vorbild erhal- ten.199

V. Sparkassenpersonal

Die Beschaffung des Personals zur Verwaltung einer Sparkasse stellte für die Träger der Institution eine nicht immer leicht zu lösende Aufgabe dar. Als Beispiel sei hier das Landgericht Amberg200 genannt, das in den Jahren 1825/26 vergeblich versuchte, eine Sparkasse zu errichten.201 Eine der Schwierigkeiten bestand darin, Personen zu finden, die bereit waren, als Verwaltungsmitglieder unentgeltlich und damit nebenberuflich tätig zu werden. Daß auch der Amberger Magistrat von Schwierigkeiten dieser Art nicht verschont blieb, zeigt der Fall des Tabakfabrikanten, Kaufmanns und Gemeindebevollmächtigten Andreas Fleischmann, der hier ausführlicher dargestellt werden soll.202

Der in den ersten fünf Jahren des Sparkassenbestehens als Gemeindebevollmächtigter zum Verwal- tungspersonal gehörende Karl Schloderer - neben ihm hatten sich zum Dienst in der Sparkasse be- reit erklärt: der 1. Rechtsrat Joseph Friedrich Rezer als Vorstand, der Magistratsrat Anton Peßerl als Kontrolleur und Philipp Mayer als Kassier - war mit Beginn des Jahres 1830 Mitglied des Magistrats geworden und hatte als Vertreter der Gemeindebevollmächtigten aus der Sparkassenkom

198 Vgl. Anhang S. 364 Tab. 2 c. 199 Vgl. S. 119f. 200 Das Landgericht Amberg ä.O. wurde im August 1803 eingerichtet. Es entstand aus dem bisherigen Landrichteramt Amberg, den Pflegämtern Hirschau und Freudenberg-Rieden, dem bambergischen Amt Vilseck und den vogteilichen beziehungsweise niedergerichtlichen Untertanen des Hofkastenamtes Amberg. Im Jahr 1838 wurden 15 Gemeinden zur Bildung des Landgerichts ä.O. Vilseck abgetrennt. Sturm 27. 201 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209, Schreiben des Amberger Landrichters von Goller an die Kreisregierung vom 5. November 1826; Schiener 35. 202 Die unentgeltliche Tätigkeit des Sparkassenpersonals beschäftigte den Magistrat nicht nur im Fall des Andreas Fleisch- mann. Sie wird zu einer mehrjährigen Auseinandersetzung mit der Kreisregierung führen. Vgl. S. 86ff. 80 mission auszuscheiden. Somit war die Stelle eines der beiden Kontrolleure vakant. Der Magistrat schlug nun vor, den Handelsmann Andreas Fleischmann als Nachfolger Schloderers zu wählen, da er sich „wegen seiner Nähe am Sparkassenlokal am besten eignen dürfte“.203 Man drängte auf eine rasche Wahl und hoffte, daß die notwendige Einarbeitung bis 12. Februar 1830 abgeschlossen sein werde.204 Die Gemeindebevollmächtigten konnten schon drei Tage später dem Magistrat mitteilen, daß wunschgemäß Andreas Fleischmann als gemeindebevollmächtigtes Mitglied der Sparkassen- kommission „benannt sei und beygezogen werden soll“.205 Am 28. Januar erschien Fleischmann vor den Gemeindebevollmächtigten und erklärte, daß er die Wahl nicht annehmen könne und um Entbindung von dem Amt bitte. Als Gründe für seinen Wunsch führte er an, er sei vor 1 1/2 Jahren ernstlich erkrankt und habe von dieser Krankheit ein Augenleiden zurückbehalten, in dessen Folge er bei länger dauerndem Schreiben oder Rechnen von Schwindel befallen werde. Überhaupt sei er immer wieder kränkelnd und oft über mehrere Wochen bettlägrig, was seiner Tätigkeit bei der Sparkasse in keinem Fall zuträglich sein könne. Ferner nehme ihn in der verbleibenden Zeit seine Tabakfabrik206 und der damit verbundene Handel so sehr in Anspruch, daß, falls er in die Sparkas- senkommission eintreten müsse, dies für ihn und sein Geschäft mit den größten Nachteilen ver- bunden sei.207 Der Magistrat zeigte sich Fleischmanns Argumentation in keiner Weise zugänglich. Nach den Statuten habe ein Mitglied der Gemeindebevollmächtigten der Sparkassenkommission als Kontrolleur beizutreten. Um von einer solchen Aufgabe dispensiert zu werden, müßten triftige Entschuldigungsgründe erbracht und nachgewiesen werden. Die angeführten Argumente halte man für nicht ausreichend, zumal er offensichtlich ohne Probleme das Amt eines Gemeindebevollmäch- tigten208 ausüben könne. Er habe die Wahl zu akzeptieren und könne von seiner neuen Aufgabe nicht entbunden werden.209 Am 3. Februar 1830 hätte Fleischmann seine Tätigkeit bei der Sparkas- se aufnehmen müssen. Er gab jedoch unter diesem Datum zu Protokoll, daß er sich an die königli- che Regierung gewandt habe und bei dieser um eine Entscheidung bezüglich seiner Verpflichtung zur Übernahme des Amtes nachsuche. Solange diese Entscheidung nicht getroffen sei, bitte er um Beurlaubung.210 Tatsächlich hatte sich Fleischmann mit der Regierung des Regenkreises in Verbin- dung gesetzt.211 In einem 18seitigen Brief legte er

203 Demnach erwartete man von einem Gemeindebevollmächtigten als Kontrolleur in der Sparkassenverwaltung keine weiteren Kenntnisse als die, die er aus seinem bürgerlichen Beruf und seiner kommunalen Tätigkeit mitbrachte. Das Haus Fleischmanns (Lit. D Nr. 50 heute Marktplatz 10) befand sich in nächster Nähe zum Rathaus. StadtAAm, Bd. 457 ½. 204 Ebd. Zg. I 2060, Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 18. Januar 1830. 205 Ebd. Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 21. Januar 1830. 206 Andreas Fleischmann war vermutlich der Sohn des Gründers der Tabakfabrik, Jakob Fleischmann. Vgl. S.18. 207 Ebd. Protokoll vom 28. Januar 1830. 208 Die Gemeindebevollmächtigten wurden bei allen Gemeindeangelegenheiten gehört. Ihre Wahl erfolgte durch Wahl- männer. Sie verpflichtete zu Übernahme der gemeindlichen Aufgabe. Nur erwiesene geistige und körperliche Unfähigkeit und ein Überschreiten des 60. Lebensjahres konnten von dieser Pflicht befreien. Der Dienst war unentgeltlich zu verrich- ten. Verfassung und Verwaltung, §§ 77, 81, 82, 88. 209 StadtAAm, Zg. I 2060, Schreiben des Magistrats an Andreas Fleischmann vom 29. Januar 1830. 210 Ebd. Protokoll vom 3. Februar 1830. 211 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209, Schreiben vom 1. Februar 1830. 81 dar, weshalb aus seiner Sicht eine Tätigkeit als Mitglied der Sparkassenverwaltung mit seinen beruflichen Gegebenheiten unvereinbar sei. Es wies im besonderen darauf hin, daß die Sparkasse einen „guten Fortgang“ genommen habe und „mit einem sehr bedeutenden Kapitalstatt dotiert“ sei.212 Deshalb könne deren Verwaltung keinesfalls im Nebengeschäft ausgeübt werden. Ihm ließen seine hauptberuflichen Tätigkeiten als Fabrikant und Kaufmann keinen zeitlichen Spielraum, zumal seine Geschäfte auch im Ausland sehr gut liefen und er deshalb des öfteren auf Reisen sei. Von seiten des Magistrats käme nun der Vorschlag, ihm einen Vertreter beizugeben, was er „wegen der hiermit verbundenen Haftung und Gefahr“ unbedingt ablehnen müsse. Als warnendes Beispiel stünde ihm „die eingegangene Leihhausanstalt“ vor Augen: „Alles, was hiebei angestellt war, selbst die Kinder der Beamten unterliegen noch zur Stund einer schweren Verantwortlichkeit und es ist ihnen sogar zum Teil die Verfügung über ihre Besitzungen entzogen, ja selbst Arrestklagen verfolgen einen Teil derselben.“213 Und Fleischmann gab zu bedenken: “Wenn trotz der jährlich abgelegten Rechnungen und der von der königlichen Regierung gepflogenen Oberaufsicht solche unglückli- chen Ereignisse eintreten konnten, sollte bei der Sparkasse, welche im Anwachsen begriffen ist, nicht auch ein Unfall dieser Art geschehen“ können? Besonders schwer wiege für ihn - und davor habe er „eine unüberwindliche Abscheu [...] und einen herrlichen Widerwillen“ -, daß er auf sich, seine Familie „und sein sauer erworbenes Vermögen Haftungen zu laden“ habe, die mit der Zeit „den Untergang und das Verderben herbeiführen könnten.“214 Würde man ihn nun zwingen, die Kontrolleuraufgaben zu übernehmen, so müßte er einen Gehilfen in seinem Betrieb beschäftigen, der einen Teil seiner Tätigkeiten zu übernehmen hätte. Dies sei mit hohen Kosten für ihn verbun- den, da es sich um eine Vertrauensstellung handle und er eine geeignete Person entsprechend zu entlohnen habe. Die für ihn eigentlich unnötige Ausgabe belaste letztendlich seine Familie, der er „seine erste und letzte Rücksicht schulde“. Abschließend verlegte er sich darauf, die Gemeindlich- keit der Sparkasse in Frage zu stellen: „Unmöglich kann übrigens in dieser aus Privatzuschüssen entstandenen Sparkasse ein notwendiges Gemeindeinstitut gesehen werden. Sie ist und bleibt eine Privatunternehmung, wohltätig in ihren Zwecken, aber durchaus nicht mit der Gemeindeverwal- tung in unzertrennlicher Verbindung.“ Er entwickelte daraus den Gedanken, daß für einen Bürger, der im kommunalen Dienst stehe „absolut keine Notwendigkeit existiere, sich zur Mitverwaltung einer Sparkasse zu bemühen zu lassen und daß die bloße Abneigung [...] schon hinreichen müsse,“ eine solche Tätigkeit abzulehnen. Für den Magistrat der Stadt Amberg war die Stelle des Sparkas- senkontrolleurs eine gemeinnützige Gemeindestelle, vergleichbar der eines Magistratsrats, Ge-

212 Ende Januar 1830 verwaltete die Sparkassenkommission Guthaben in Höhe von 34.113 fl. HASpAm-Su, Rechnung 1829/30, fol. 16. 213 Vgl. S. 107. 214 Nach § 5 der Statuten haftete die Gemeinde mit ihrem Vermögen für die eingelegten Gelder. Die Haftung, die Fleischmann ansprach, bezog sich auf eventuelle Unregelmäßigkeiten in der Buchführung der Sparkasse. Das Sparkas- senpersonal hatte mit seinem persönlichen Vermögen für die korrekte Abwicklung der Geschäfte einzutreten. Eine Kauti- onstellung war nicht vorgesehen. Vgl. S. 82. 82 meindbevollmächtigten oder Distriktvorstehers.215 Nach erfolgter Wahl hatte man sich für diese Ämter im Dienst der Kommune zur Verfügung zu stellen. Um von der Verpflichtung entbunden zu werden, waren ausreichende Entschuldigungsgründe vorzulegen, wie dies auch von Fleischmann gefordert worden war.

Eine Stellungnahme der Kuratelbehörde ist nicht erhalten. Fleischmann216 konnte nicht gezwungen werden, in die Sparkassenverwaltung einzutreten, denn Schloderer blieb weiterhin Mitglied der Kommission.217 Daß damit gegen die Statuten verstoßen wurde, die ausdrücklich einen gemeinde- bevollmächtigten Kontrolleur vorsahen, bekümmerte den Magistrat offensichtlich nicht. Erst das Ausscheiden des bürgerlichen Magistratsrats Anton Peßerl zum 1. Februar 1834 veranlaßte die Stadtverwaltung, ein Mitglied der Gemeindebevollmächtigten als Kontrolleur benennen zu lassen, nämlich den Handelsmann Joseph Anton Wimpeßinger senior.218

Am 30. November 1836 wandte sich der Magistrat erneut an die Gemeindebevollmächtigten, um sie zur Wahl eines Sparkassenkontrolleurs aufzurufen,219 denn Wimpessinger senior war am 2. November 1836 verstorben.220 In diesem Schreiben äußerte die Stadtverwaltung exaktere Vor- stellungen von den Qualifikationen des Sparkassenpersonals als es bei der Wahl Fleischmanns ge- schehen war. Alle Verwaltungsmitglieder sollten „das Vertrauen der ganzen Gemeinde und des Magistrats genießen, im Rechnungsfach möglichst bewandert, und überhaupt in ihren Geschäften ordnungsliebend und verschwiegen sein“. Da sie „keine Caution zu stellen haben“, sollten sie „als vermöglich bekannt sein [...] damit der Magistrat und die Gemeinde für den nicht vorherzusehen- den Fall eines Rechnungsersatzes gehörig gedeckt und sicher gestellt seien“. Man erwartete die Wahl eines „in jeder Beziehung geachteten, würdigen Mitglieds“ und sah dem Neuantritt des Spar- kassenkontrolleurs - um „jede Stockung im Geschäft zu vermeiden“ - in Bälde entgegen. Am 16. Dezember 1836 teilten die Gemeindebevollmächtigten dem Magistrat mit, daß man sich für den Essigfabrikanten Franz Thaler entschieden habe.221 Die Stadtverwaltung sah keine Gründe, die

215 Städte waren in Bezirke eingeteilt. Für diese Bezirke oder Distrikte wurde vom Magistrat ein Vorsteher ernannt, der sich um die Gemeindeangelegenheiten in seinem Zuständigkeitsbereich kümmerte. Er beaufsichtige Brücken, Wege, Brunnen, Wasserleitungen, sorgte für die öffentliche Sicherheit und erhob die Gemeindebeiträge. Seinen dreijährigen Dienst versah er unentgeltlich und konnte die Aufgabe nur bei geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung oder wegen zu hohen Alters ablehnen. Verfassung und Verwaltung §§ 89 - 92; Knemeyer 51f. 216 Andreas Fleischmann starb am 17. März 1839. Die Schnupftabakfabrik erbte sein einziger Sohn Franz Xaver Fleisch- mann. Das Unternehmen prosperierte nicht. Am 1. Juni 1858 mußte Fleischmann den Steingutfabrikbesitzer Eduard Kick als Teilhaber aufnehmen und firmierte nun unter „Fleischmann und Kick“. Die Aufnahme des Teilhabers rettete die Ta- bakfabrik zunächst, sie konnte wohl entgegen Nichelmanns Vermutung weitere 20 Jahre bestehen. Dollacker bezeichnete Fleischmann bei der Angabe seines Todestages, dem 2. Juli 1875, noch als Tabakfabrikanten. Der Erbe des Betriebes, August Fleischmann, wurde im Amberger Adreßbuch von 1876 ebenfalls als Tabakfabrikant geführt. Unter seiner Leitung scheint das Unternehmen eingegangen zu sein. Hubmann fol. 333v, 476v.; Nichelmann 284; Dollacker, Amberg 149; Amberger Adreßbuch 1876, 12. 217 HASpAm-Su, Rechnungen 1830/31, fol. 16; 1831/32, fol. 16; 1832/33, fol. 16; 1833/34, fol. 16. 218 StadtAAm, Zg. I 2058, Undatiertes Blatt - nach dem 30. Juli 1840. Zur Wahl Wimpessingers existieren keine Akten. 219 Ebd. Zg. I 2060, Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 30. November 1836. 220 WBl. 1836, 360. 221 StadtAAm, Zg. I 2060, Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 16. Dezember 1836. 83 Wahl Thalers zu beanstanden und berief diesen zum Kontrolleur. Er trat seine Stelle am 3. Feb- ruar 1837 an.222

Nach einer Aufstellung, die im Zusammenhang mit der Auszahlung der Rentenüberschüsse erstellt wurde, schied Philipp Mayer am 31. Januar 1835 aus dem Amt des Kassiers.223 Nichtsdestoweniger unterschrieb er die Rechnung des Etatsjahres 1834/35, die im März 1835 abgeschlossen wur-de, zusammen mit den übrigen Verwaltungsmitgliedern.224 In den folgenden Jahren pflegten ausschließ- lich diejenigen Mitglieder zu unterzeichnen, die am Tag des Rechnungsabschlusses ein Sparkasse- namt bekleideten. Sie übernahmen die Verantwortung für die Richtigkeit der Rechnung unabhängig davon, ob sie im abgelaufenen Jahr der Sparkassenverwaltung angehört hatten oder nicht. Entwe- der verfuhr man beim Ausscheiden Mayers nicht auf diese Weise - er schloß deshalb als für das Jahr 1834/35 zuständiger Kassier, von den übrigen Sparkassengeschäften entbunden, die Rechnung ab - oder der Verfasser oben genannter Aufstellung irrte um ein Jahr. Denn, wäre Mayer am 31. Januar 1836 ausgeschieden, so hätte er die Rechnung 1834/35 - wie geschehen - völlig berechtigt unter- schrieben, nicht jedoch diejenige des Jahres 1835/36,225 da sie naturgemäß an diesem Tag nicht abgeschlossen werden konnte. Da weitere Quellen zum Amtsende Mayers fehlen, kann keine Klar- heit geschaffen werden.

Tabelle 15: Personal der Sparkasse Amberg 1825 - 1840 Zeitraum Vorstand Magistratsrat Gemeindebevollmächtigter Kassier

3. Febr. 1825 bis Rezer Peßerl Schloderer Mayer 31. Dez. 1829 1. Jan. 1830 bis Rezer Peßerl Mayer 1. Febr. 1834 Schloderer 1. Febr. 1834 bis Rezer Schloderer Wimpeßinger Mayer 31. Jan. 1835 (?) 1. Febr. 1835 (?) bis Rezer Schloderer Wimpeßinger Wernhammer 2. Nov. 1836 3. Nov. 1836 bis Rezer Schloderer Wernhammer 2. Febr. 1837 3. Febr. 1837 bis Rezer Schloderer Thaler Wernhammer 1. Febr. 1840

Zu den ersten Mitgliedern der Sparkassenkommission sind kaum persönliche Daten bekannt. Anton Peßerl war Kaufmann. Er eröffnete das erste Café in Amberg. Hubmann schrieb dazu: „Der Han- delsmann Anton Peßerl eröffnete am 25. September 1807 im oberen Stock seines Hauses an der Krambrücke [heute Georgenstr. 2] eine Kaffeschenkung, in welcher den Gästen ein Billiard,

222 Ebd. Schreiben des Magistrats an den Gemeindebevollmächtigten und Essigfabrikanten Franz Thaler vom 23. De- zember 1836. 223 Ebd. Zg. I 2058, undatierte Beilage. 224 HASpAm-Su, Rechnung 1834/35, fol. 16. 225 Sie wurde von Wernhammer unterzeichnet. Ebd. Rechnung 1835/36, fol. 27. 84 Kaffee, Bier, Liqueur, Wein, Speisen und eine Zeitung zu Gebote standen. So entstand das erste Kaffeehaus in Amberg, das sich jedoch nicht lange erhalten konnte.“226 Philipp Mayer war Seifen- sieder.227 Weiteres ist nicht bekannt. Karl Schloderer wurde 1788 geboren. Im Jahr 1818 erwarb er eine „Personelle Kramhandlungs-Konzession“. Sein Sohn August konnte das Unternehmen zu einer Großhandlung ausbauen.228 Die Familie besaß das Haus Lit. C Nr. 5 [heute Rathausstra-ße 4]. An- ton Wernhammer wurde am 24. Januar 1777 in Amberg geboren. Über seine Schul- und Ausbil- dungszeit ist nichts bekannt. Im Jahr 1794 erhielt er eine Anstellung als Unterschreiber und wurde 1807 in den städtischen Dienst übernommen. Am 24. September 1818 folgte die Ernennung zum Stadtschreiber, ab 1. Februar 1835 oder 1836 fungierte Wernhammer als Kassier der Sparkasse. Er wurde am 5. August 1840 wegen vermuteter Unterschlagung seiner Ämter enthoben. Wernham- mer starb am 24. September 1845 im Alter von 68 Jahren.229

Ab 12. Januar 1840 zog sich Bürgermeister Weingärtner wegen „Kränklichkeit und sehr geschwäch- ten Gedächtnisses“230 ohne vorherige Ankündigung aus seinem Amt zurück. Seine Vertretung über- nahm der 1. Rechtsrat Joseph Friedrich Rezer. Er war Sohn des bürgerlichen Schuhmachermeisters Johann Georg Rezer231 aus Amberg. Über Rezers Ausbildung liegen keine Informationen vor, eben- so ist nichts über seinen Eintritt in den Dienst der Stadt Amberg bekannt. Die Gemeindebevoll- mächtigten schlugen nach dem Ausscheiden Weingärtners vor, ihn ohne vorherige Wahl zum Bür- germeister zu ernennen und den 2. Rechtsrat Clement Greil232 zu seinem Nachfolger als 1. Rechts- rat zu bestimmen. Dieses Vorgehen genehmigte die Kreisregierung nicht, sie bestand auf einer ord- nungsgemäßen Wahl, die allerdings erst stattfinden könne, wenn über Weingärtners Pensionsge- such entschieden sei.233 Die Genehmigung zur Ruhestandsversetzung Weingärtners verzögerte sich durch das Einholen eines amtsärztlichen und weiterer Gutachten, so

226 Hubmann fol. 201v.; StadtAAm, Zg. I 222, 224. 227 IBl. Re. 1827, 1710. 228 Eger/Laschinger/Schmidt 53. 229 StadtAAm, Zg. I 349, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 31. August 1841; ebd. Schreiben Wern- hammers an den Magistrat vom 25. September 1841; ebd. gerichtsärztliches Attest vom 27. September 1841; ebd. Zg. I 2058, undatierte Beilage; Hubmann fol. 257, 373v.; vgl. S. 122 Anm. 32. 230 Ebd. Zg. I 342, Schreiben des 1. Rechtsrats Rezer an die Gemeindebevollmächtigten vom 15. Januar 1840. 231 Hubmann fol. 411. 232 Clement Greil bewarb sich am 2. Dezember 1825 mit neun weiteren Kandidaten um die Stelle des am 26. Oktober 1825 verstorbenen 2. rechtskundigen Magistratsrats Joseph Thoma. Greil war katholisch und zum Zeitpunkt seiner Be- werbung 25 Jahre alt. Er dürfte in Amberg geboren worden sein, wo er bis 1818 das Gymnasium besuchte. Im Anschluß studierte er an der Universität Landshut, die er am 24. März 1823 mit Erfolg verließ. Ein Jahr später legte er in Regensburg den Konkurs ab. Er war zunächst als Akzessist am Kreis- und Stadtgericht in Amberg tätig und wurde am 9. Januar 1826 zum 2. rechtskundigen Magistratsrat gewählt. Nach dem Weggang Rezers fungierte Greil vom 11. Ja-nuar bis 15. Mai 1850 zunächst als kommissarischer Bürgermeister und übernahm nach seiner Wahl ab 16. Mai 1850 das Amt des rechts- kundigen Bürgermeisters. In seiner Amtszeit wurden die Maximilians-Rettungs-Anstalt und das Gas-werk erbaut. Nach 40jähriger Dienstzeit beantragte er seine Versetzung in den Ruhestand, die am 25. April 1866 mit einem Pensionsgehalt von 1.200 fl. genehmigt wurde. Greil starb kurz darauf am 1. Juli 1866. StadtAAm, Zg I 340, Schreiben des Joseph Thoma sen. an den Magistrat vom 26. Oktober 1825; ebd. Bewerberliste um die Stelle Thomas, o. D.; IBl. Re. 1826, 7; Stad- tAAm, Zg I 340, Schreiben des Stadtkommissariats Amberg an den Magistrat vom 10. Ja-nuar 1829; IBl. Opf. 1850, 756f., 1213; KABl. Opf. 1866, 588; Dollacker, Amberg 46. 233 StadtAAm, Zg I 340, Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 30. Januar 1840; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 9. Februar 1840. 85 daß Rezer über fünf Monate gleichzeitig die Aufgaben des Bürgermeisters und 1. Rechtsrats zu versehen hatte, allerdings ohne offiziell von der vorgesetzten Behörde mit ersterem Amt betraut worden zu sein. In mehreren Schreiben an die Kreisregierung beklagte er sich über die Arbeits- überlastung und verwahrte sich gegen jegliche Haftung, die aus der Nichtbesetzung der Bürger- meisterstelle entstehe.234 Am 28. Juni 1840 wurden Rezer von der Kuratelbehörde endlich die Amtsgeschäfte als Stellvertreter des seit 6. Juni 1840 im Ruhestand befindlichen Weingärtners über- tragen.235 Die Kreisregierung beabsichtigte nicht, einen rechtskundigen, sondern einen bürgerlichen Gemeindevorstand zu installieren, obwohl sich Magistrat und Gemeindebevollmächtigte einstimmig für einen rechtskundigen Bürgermeister ausgesprochen hatten.236 Rezer selbst forderte eine rechts- kundige Stelle mit einem jährlichen Gehalt von 1.200 fl. plus freier Wohnung und 6 Klafter Brenn- holz. Die vorgesetzte Behörde genehmigte schließlich, wie von den Gemeindevertretern ge- wünscht, die Wahl eines rechtskundigen Bürgermeisters.237 Die Gehaltsvorstellung Rezers wurde allerdings übertroffen. Er erhielt jährlich 1.615 fl., freie Wohnung und 3 Klafter Brennholz.238 Seine Wahl fand am 20. Juli 1840 statt.239 Rezer blieb bis 10. Januar 1850 städtischer Vorstand.240 In seine Amtszeit fiel als wichtigste bauliche Tätigkeit die Errichtung des neuen städtischen Krankenhauses. Zu Beginn des Jahres 1850 verabschiedete sich Rezer von seiner Heimatstadt, die ihm die Ehren- bürgerwürde verliehen hatte.241 Er war Ende des Jahres 1849 zum Landrichter in Freising berufen worden,242 wo er bereits am 15. September 1850 verstarb.243 In den Statuten der Sparkasse Amberg war vorgesehen, den Kommissionsmitgliedern keine Ent- schädigung für ihren Arbeits- und Zeitaufwand zu gewähren, es sei denn, die Sparkasse hätte Über- schüsse erwirtschaftet.244 In diesem Fall gedachte der Magistrat die jährlichen Erträge bis zu einer Höhe von 300 fl. wie folgt zur verteilen: der rechtskundige Rat 3/40 der bürgerliche Magistratsrat 6/40 der Gemeindebevollmächtigte 6/40 der Kassier 18/40 der Diener 4/40 der Armenfonds 3/40

234 Ebd. Schreiben Rezers an die Kreisregierung vom 13. März 1840 und 21. Juni 1840. 235 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 28. Juni 1840; Schreiben Weingärtners an die Kreisregierung vom 20. Juni 1840. 236 Ebd. Schreiben Rezers an die Kreisregierung vom 10. April 1840; Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 20. Juli 1840. 237 Ebd. Schreiben Rezers an den Magistrat vom 18. Juli 1840; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 28. Juli 1840. 238 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 28. Juli 1840. 239 Ambronn/Wanderwitz 417. 240 Ebd. 241 WBl. 1850, 25. 242 Ebd.; StadtAAm, Zg I 344, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 23. November 1849. 243 Hubmann fol. 426. 244 Stat. 1825 § 2. 86 Dem Kassier stünden rund die Hälfte der Überschüsse zu, da er arbeitstechnisch die höchste Belastung, vor allem bei den Jahresabschlußarbeiten, hatte. Die 300 fl. übersteigenden Beträge flös- sen zu 1/3 dem Armenfonds zu. Die restlichen 2/3 sollten zu gleichen Teilen unter das Verwal- tungspersonal aufgeteilt werden, nur der Diener sei mit 1/10 des 300 fl. übersteigenden Betrages fix zu bedenken. Die Stadtverwaltung war verpflichtet, einen jährlichen Bericht über die Verwendung der Überschüsse der Kreisregierung zur Genehmigung vorzulegen. 245 In welcher Höhe tatsächlich ein finanzieller Ausgleich für die Verwaltungsmitglieder zu bewilligen sei, wurde Gegenstand einer jahrelangen Auseinandersetzung mit der Kreisregierung.

VI. Der Konflikt mit der Kreisregierung

Die Kontroverse mit dem kontrolleursdienstunwilligen Gemeindebevollmächtigten Andreas Fleischmann im Jahre 1830 deutete bereits die Schwierigkeiten an, die aus der Tatsache erwuch- sen, daß das Sparkassenpersonal unentgeltlich und auf eigene Verantwortung und Haftung seinen gemeinnützigen Dienst verrichten sollte. Statutarisch war, wie oben dargestellt, bestimmt worden, der Kommission und dem Diener dann Honorare zu bewilligen, wenn Überschüsse zur Finanzie- rung der Remunerationen herangezogen werden konnten. Der Verteilungsschlüssel lag der Kreisre- gierung vor; sie hatte ihn ohne Einwände akzeptiert. Als Kuratelbehörde oblag ihr die abschließen- de Genehmigung zur Vergabe der Gelder. Leider fehlt die Korrespondenz der Jahre 1829 bis 1834246 vollständig, so läßt sich nur aus einem undatierten Einzelblatt247, das aus dem Jahr 1839 stammen dürfte, entnehmen, daß der Magistrat mit der Vorlage des Jahresabschlusses 1826/27 am 21. November 1828 den ersten Vorstoß unternahm, dem Sparkassenpersonal Aufwandsentschädi- gungen zukommen zu lassen. Der magistratischen Offensive war kein Erfolg beschieden. Erst 10 Jahre später sollten die Kommissionsmitglieder die erste Abfindungszahlung erhalten. Der folgende Streit mit der Kreisregierung über die weitere Honorierung wird schlußendlich zu einer sechsmona- tigen Schließung der Sparkasse führen.

245 StadtAAm, Zg. I 2058, „Plan über die innere Einrichtung der Sparkasse“ vom 2. Januar 1825, 15. 246 Aus dem Jahr 1835 sind nur zwei Schriftstücke erhalten. Am 21. Januar 1835 sandte der Magistrat einen Abdruck der Statuten, einen Bericht über die Stand der Sparkasse und ein Verzeichnis über „die Einlage von solchen Capitalien, wel- che 100 fl. und darüber auswerfen, nebst dem Ertrag der Capitalien und ihren Zins“ an die Kreisregierung. Mögli- cherweise ist dies als erster Hinweis darauf zu sehen, daß die vorgesetzte Behörde mit dem Einlegerkreis nicht mehr ein- verstanden war. StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 21. Janu- ar 1835. Bei dem zweiten Brief handelt es sich um ein Begleitschreiben zur revidierten „Kassageschäftsführung pro 1833/34“. Offensichtlich hatte die Kreisregierung den Jahresabschluß moniert, und der Magistrat hatte ihn „den gege- benen Vorschriften gemäß gehörig berichtiget“. Was die Behörde beanstandet hatte, geht aus dem Schreiben nicht her- vor. Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 16. Juli 1835. Für das Jahr 1836 liegt ein einzelner Brief vor. Am 10. Juni antwortete die Kreisregierung auf die magistratischen Schreiben vom 7. und 12. März (diese fehlen) zum Stand der Sparkasse im Geschäftsjahr 1834/35. Sie bemängelte den Übertrag der Passivkapitalien aus dem Geschäftsjahr 1833/34, der mit 53.922 fl. anstelle von 53. 920 fl. aufgeführt worden war. StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben der Kreisre- gierung an den Magistrat vom 10. Juni 1836. Ungenaue Buchführung wurde der Sparkassenverwaltung des öfteren vor- geworfen. Bei Stichproben stellte die Verfasserin ebenfalls Übertragungs- und Additionsfehler fest. Vgl u. a. S. 84 Anm. 249, S. 222. 247 StadtAAm, Zg. I 2058, „Rechnungen der SparCaßa“, Einzelblatt, undatiert. 87 1. Auszahlung der Honorare

Am 10. August 1838248 berichtete die Sparkassenkommission von einer Vergabe der Rentenüber- schüsse an das Verwaltungspersonal und den Armenfonds. Man hatte für den Zeitraum von 1825/26 bis 1836/37 einen Überschußbetrag von 2.539 fl. 44 kr. 2 pf. errechnet. Von diesem wur- den 1.428 fl. 39 kr. 6 pf.249 für die Jahre 1825/26 bis 1834/35 nach folgendem Schlüssel verteilt und ausbezahlt:

Rezer 3/40 107 fl. 9 kr. Magistratsrat 6/40 214 fl. 17 kr. 3 pf. Gemeindebevollmächtigter 6/40 214 fl. 17 kr. 3 pf. Mayer 18/40 642 fl. 55 kr. Diener 4/40 142 fl. 52 kr. Armenfonds 3/40 107 fl. 9 kr.

Der verbleibende Rest von 1.111 fl. 4 kr. 4 pf. sollte vorerst nicht zur Disposition stehen, was den grundsätzlichen Anspruch des Sparkassenpersonals auf diesen Betrag jedoch nicht berührte. Hinzu kam die Summe für das Geschäftsjahr 1837/38 in Höhe von 222 fl. 51 kr. 2 1/2 pf. Die Globalbe- rechnung der Überschüsse begründete die Kommission mit der Tatsache, daß in den ersten Jahren des Sparkassenbestehens keine oder wenig Erträge anfielen, und man sich wegen des Zins- auszahlungsmodus der Staatsschuldentilgungsanstalt erst später einen Überblick über die tatsächli- chen Ergebnisse verschaffen konnte. Das erste rechnerische Guthaben wurde 1830/31 mit 534 fl. 35 kr. 3 pf.250 verbucht. In den Vorjahren schlossen die Jahresberichte wie im ersten Ge- schäftsjahr mit einem Defizit.

Am 14. August 1838 wurde die Kreisregierung von der Verteilung der Rentenüberschüsse an die Verwaltungsmitglieder in Kenntnis gesetzt.251 Die Behörde hatte sich in den Vorjahren nicht gene- rell gegen eine Zuweisung ausgesprochen: „In den Revisionsprotokollen 1831/32 bis 1836/37 ist bestimmt, daß nicht alle reinen Rentenüberschüsse als Honorar für das Verwaltungspersonal ver- wendet werden dürfen, allerdings wurde festgelegt, daß dem Personale eine dem Prüfer des Insti- tuts angemessene Remuneration zukommen soll“. Doch mit den von der Kreisregierung als prüfen- der Instanz vorgeschlagenen Remunerationsbeträgen,252 zeigte sich der Magistrat nicht einverstan- den. Die Vorschläge seien „mit den für die Sparkasse bestehenden Bestimmungen nicht überein- stimmend“, denn „diese Bestimmungen der Statuten sprechen unbedingt und ohne allen Vorbehalt von Verteilung sämtlicher reiner Überschüsse, keineswegs aber bloß von einem Teile derselben, der zu Gratifikationen fürs Verwaltungspersonale verwendet werden soll.“ Der Magistrat verwies auf den im „Plan über die innere Einrichtung“ angegebenen Verteilungsschlüssel, für den die auf-

248 Ebd. „Ausweis über Rentenüberschüsse“ vom 10. August 1838. 249 Die Verwaltungshonorare wurden in der Rechnung 1834/35 verbucht, Mayers Addition ergab 1.428 fl. 40 kr. 2 pf. HASpAm-Su, Rechnung 1834/35, fol. 12. Der Magistrat übernahm die falsche Summe in seinen Schriftverkehr. Die Ver- fasserin geht von der berichtigten Zahl aus. 250 HASpAm-Su, Rechnung 1830/31, fol. 15. 251 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 14. August 1838. 252 Deren Höhe ist dem Schreiben nicht zu entnehmen. 88 sichtliche Genehmigung vorliege und auf die Tatsache, daß es ausschließlich notwendig sei, „nach Ablauf jedes Jahres über die Verwendung der Kassaüberschüsse zu Gratifikationen für das Verwaltungspersonale speziellen Antrag zu erstatten, worauf dann Entschließung folgen“ werde. Man könne nicht erkennen, warum nun plötzlich „von den klaren Buchstaben der Statuten abge- gangen werden soll“. Als sich die Kreisregierung die Kontrolle über die Verteilung der Rentenüber- schüsse vorbehalten habe, „so tat sie dies lediglich in der Absicht, damit nicht Gelder verteilt wer- den, die keine Überschüsse oder noch besser gesagt, keine reinen Renten der Anstalt sind.“ Wenn die Kreisregierung damals grundsätzliche Einwände gegen den Verteilungsschlüssel gehabt oder Einschränkungen in Bezug auf die Höhe der zu verteilenden Gelder gewünscht hätte, so wären ohne Zweifel die Statuten nicht genehmigt „oder doch wenigstens anders modifiziert“ worden, was jedoch unterblieb. Der Magistrat gehe nicht von einem willkürlichen Akt der vorgesetzten Behörde aus, sondern vermute, daß die Kreisregierung einzig über die Höhe der auszuzahlenden Beträge irritiert sei. Man möge an höherer Stelle bedenken, daß sich die Summe aus den Überschüssen, die in zehn Jahren erwirtschaftet wurden, ergebe. Vor allem sei darauf zu ver-weisen, daß das Personal einer beträchtlichen Haftung „bei einem so großen gesamt Kapitale, welches itzt ohngefähr 170.000 fl. betragen mag“253 unterworfen sei. Ferner sei „die undenklich schwierige und wahrhaft ermüdende Rechnungsführung, besonders für den Kaßier“ in Erwägung zu ziehen, „der vorzüglich zur Zeit der Zinsenberechnung und Rechnungsstellung bei einer solchen Unzahl von einzelnen Positionen Tag und Nacht [!] am Geschäftstische sitzen darf“. Auf Grund dieser großen Belastung könne nicht ausgeschlossen werden, daß - sollte die Auszahlung verweigert werden - die Sparkas- senkommission zurücktrete, was dieser nicht abgeschlagen werden könne, da es sich bei der Kasse nicht um eine Stiftung des Magistrats handle und die Verwaltungsmitglieder der Sparkasse nicht dienstlich „zur Bekleidung einer Stellung gezwungen werden“ könnten, „die bei vielleicht unbe- deutenden Erträgnissen mit schweren Haftungen und Verantwortlichkeiten verknüpft“ sei.254 In ei- nem früheren Schreiben255 hatte die Kreisregierung den Magistrat aufgefordert, für die Einrichtung eines Reservefonds zu sorgen. Ein solcher Fonds erschien der Sparkassenkommission völlig über- flüssig, und man wandte sich nun mit Entschiedenheit gegen dessen Installierung: „Eine Sparkasse bedarf übrigens nie eines Reservefonds. Ihre Konstituierung ist so, daß sie heute bestehen, und in kürzester Zeit sich wieder auflösen kann. Sie nimmt Einlagen an und zahlt sie auf Verlangen wieder zurück. Daher haftet sie für nichts, als für

253 Die Gesamteinlagen des Geschäftsjahr 1838/39 beliefen sich auf 181.817 fl. StadtAAm, Zg. I 333, Beilage XXXV zum VB 1839. 254 Ebd. Zg I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 14. August 1838. Während der Auseinanderset- zung mit Andreas Fleischmann war der Magistrat noch der Meinung, bei der Übernahme von Sparkassenämtern handle es sich sehr wohl um dienstliche Verpflichtungen, die nicht ohne stichhaltige Begründung abgelehnt werden konnten. Worauf sich die hier erkennbare Meinungsänderung stützte, ist unklar. Die Regierung könnte sich in ihrem Antwort- schreiben an Fleischmann in dieser Hinsicht geäußert haben. 255 Das Schreiben ist nicht erhalten. 89 diese Kapitalien und ihre Zinsen. [...] Ihre Kapitalien liegen übrigens bei der Schuldentilgungs Kassa sicher. Die Zinsen werden von derselben hierfür pünktlich entrichtet und somit auch wieder richtig an die Einleger herausbezahlt. Was die Schuldentilgungs Kassa Zinsen mehr betragen als die Zinsen, welche die Einleger erhalten, das deckt die Regiekosten und das Übrigbleibende ist der reine Rentenüberschuß. Wozu soll daher ein Reservefonds gebildet werden? Begeht das Verwal- tungspersonale Irrtümer im Rechnungswesen, so haftet es mit seinem Vermögen, und Kassa Angriffe oder Schlechtigkeiten überhaupt zu begehen, wäre bei der vielfachen Kontrolle gar nicht einmal möglich, und zwar um so minder, als alle Einlagen gleich zur Schuldentilgungs Kassa eingeschickt werden, die Rekognitions Scheine oder Obligationen derselben aber nicht in ihren Hän-den, son- dern in der magistratischen Reserve Kassa liegen.“256 Die Etablierung eines Reservefonds hatte be- reits Johann Kaspar Brunner in seiner im Jahr 1818 dem bayerischen Innenministerium vorgelegten Stellungnahme zur Errichtung von Sparkassen vorgesehen.257 Hermann empfahl in seiner Erklärung zu den Sparkassen im Jahr 1835: „ Wo die Kapitale Privaten vorgeliehen werden, ist ein Reserve- fond [sic!] zur Deckung möglicher Verluste nöthig; hier fließen dann die Ueberschüsse zweckmäßi- gerweise in diesen.“258 Vorausschauende Gewährträger erkannten, daß mit den steigenden Einlagen ebenso die Haftungsverbindlichkeiten stiegen und bemühten sich selbständig um die Genehmigung zur Bildung eines Reservefonds. So wandte sich der Magistrat der Stadt Ansbach zu Beginn des Jah- res 1836 an die mittelfränkische Kreisregierung und schlug vor, ein Viertel der jährlichen reinen Überschüsse in einen Reservefonds einzubringen. Die vorgesetzte Behörde stimmte mit dem Hin- weis zu, daß die Kommune damit keineswegs aus der Haftungsverantwortung entlassen sei.259 Ähn- lich wenig Weitblick wie der Amberger Magistrat bewies der Würzburger Bürgermeister Matthäus Johann Bermuth. Er lehnte einen Reservefonds mit der Begründung ab, die Kommune habe die Garantie für die Einlagen übernommen und eine weitere Sicherung sei unnötig. Die unterfränki- sche Kreisregierung bestand jedoch darauf, „daß auf allmähliche Bildung eines Resevefonds für die Sparkasse Bedacht genommen werde, da sie so mehr gegen Wechselfälle und die Gemeinde vor Verlusten gesichert“ sei.260 Auch die Kreisregierung der Oberpfalz wird auf Bildung eines Reserve- fonds für die Sparkasse Amberg bestehen.

Im Antwortschreiben auf obige Eingabe des Magistrats erklärte sich die Kuratelbehörde mit der Auszahlung der Remuneration für die Geschäftsjahre 1825/26 bis 1834/35 einverstanden.261 Die sich aus den Rechnungen für 1835/36 und 1836/37 ergebenden Rentenüberschüsse von 352 fl. 11 kr. wurden wegen Unklarheiten in Bezug auf die Höhe der errechneten Summe nicht zur Auszah- lung an das Verwaltungspersonal frei gegeben. In Würdigung der im Brief vom 14. August 1838

256 StadtAAm, Zg I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 14. August 1838. 257 BayHStA, MInn 52670. 258 Hermann 500. 259 Reinhart/Zeitler 54. 260 Zitiert nach Kniepert 36. 261 StadtAAm, Zg I 2058, Schreiben der Kreisregierung an den Stadtmagistrat in Amberg vom 19. September 1838. 90 dargestellten Verhältnisse genehmigte die Kreisregierung zunächst 200 fl. als Gratifikation für die beiden Jahre und räumte die Möglichkeit ein, binnen sechs Wochen beim königlichen obersten Rechnungshof Berufung gegen den Bescheid einzulegen. Die angesprochenen Unklarheiten ent- standen aus der in Amberg üblichen Buchungspraxis der von der Staatsschuldentilgungskasse ge- zahlten Zinsen. Die Jahresabschlußrechnung des Geschäftsjahres 1838/39 war, vermutlich zum ersten Mal, dem zweiten rechtskundigen Magistratsrat Greil zur Prüfung übergeben worden. Greil verweigerte der Sparkassenabrechnung seine Zustimmung. Bei deren Revision war er auf Gründe gestoßen, die nach seiner Meinung eine Überarbeitung der gesamten Rechnungen seit Sparkassen- gründung notwendig machte. In der Folge könnten sämtliche Differenzen beseitigt werden, auch die aus den Jahresabschlüssen 1835/36 und 1836/37 resultierenden. Alle Magistratsmitglieder mit Ausnahme des sich im Urlaub befindenden Bürgermeisters Weingärtner schlossen sich ihm an. Die Einwände, die Greil vorbrachte, lassen sich nicht nachvollziehen, da seine Stellungnahme fehlt, doch ist der Korrespondenz des Magistrats mit der Kreisregierung zu entnehmen, daß es sich um Probleme bei der Errechnung der Rentenüberschüsse handelte.262 Man hatte die Stadtverwaltung aufgefordert nachzuweisen, daß die für die Jahre 1835/36 bis 1837/38 errechneten Rentenüber- schüsse, die den aus 1837/38 auf 1838/39 übergegangenen Kassenbestand von 487 fl. 58 kr. 1 pf. bei weitem überstiegen, tatsächlich bestehen. Einen anderen Nachweis als die in den Rechnungen angegebenen Zahlen konnte der Magistrat „nach der bisherigen Rechnungsmanipulation“ jedoch nicht liefern, es sei denn, es käme zur Überarbeitung sämtlicher Jahresabschlüsse, „in welchem Falle sich dann die Überschüsse für jedes Jahr rein herausstellen“. Der Magistrat schlug zur Behe- bung der Mißstände vor, „daß nie die Zinsraten, welche sich bis zum Jahresschlusse berechnen lassen, in dieser Rechnung aufgeführt werden, sondern die Zinsen erst in der nächst folgenden Rechnung, so sie wirklich fließen, in Rechnung zu stellen seien, in welchem Falle dann die Renten- überschüsse sich schon herauswerfen werden.“ Zu einer tatsächlichen Klärung könne es nur durch eine Überarbeitung aller Rechnungen kommen. Die von der vorgesetzten Behörde vorgeschlagene Regelung zur Auszahlung der Honorare wollte der Magistrat nicht akzeptieren. Er betonte ausdrücklich, daß der Sparkassenkommission aus den ersten zehn Jahren weitere 1.111 fl. 4 kr. 4 pf.263 zustünden und überdies die errechneten 352 fl. 11 kr.264, also insgesamt 1.463 fl. 15 kr. 4 pf.265 Bevor die Stadtverwaltung legale Mittel ge- gen den Bescheid einlegte, versuchte sie nochmals mit der Kreisregierung zu verhandeln. Zum wiederholten Male wurden die ermittelten Zahlen vorgelegt und auf die Statuten verwiesen. Die Bildung eines Reservefonds sei vollkommen inakzeptabel, da keine Notwendigkeit für dessen Ein- richtung bestehe und dieser in den Statuten nicht vorgesehen sei. Bei der Sparkasse handle es sich

262 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 13. März 1840. 263 Im Schriftstück 1.111 fl. 3 kr. 3 pf. 264 Im Schriftstück 352 fl. 10 kr. 265 Im Schriftstück 1.463 fl. 14 kr. 2 pf. 91 nicht um eine Stiftung, die durch Anhäufung von Rentenüberschüssen ihren Kapitalstock zu mehren suche. Falls die reinen Überschüsse nicht wie vorgesehen ausbezahlt werden könnten, wis- se man nicht, was mit dem sich nach und nach bildenden Vermögen geschehen solle: „Während nun einerseits diese Ersparung keinen Zweck hätte, müßte andererseits das Verwaltungs Personale gewissermaßen um gar nichts dienen.“ Auch der Punkt der schwierigen und aufwendigen Rech- nungsführung wurde noch einmal dargestellt. Umständlich sei vor allem die unterschiedliche Zins- berechnung für ältere und neuere Einlagen, und da es sich um eine Vielzahl von oft sehr kleinen Positionen handle, verlange die Berechnung eine „unendliche Aufmerksamkeit“. In besonderem Maße habe der Kassier „zu leiden“. Vor allem zum Jahresabschluß werde er in einem solchen Um- fange mit Arbeit überhäuft, daß er keinesfalls ohne Gehilfen auskomme. Dies sei schon bei dem nach zehnjährigem Dienst ausgeschiedenen Magistratsrat Mayer so gewesen und auch der jetzige Kassier, Stadtkämmerer Wernhammer, käme nicht umhin, auf eigene Kosten eine Hilfskraft zu be- schäftigen. Um sicher zu gehen, daß der Umstand der späten Aufstellung der Rentenüberschüsse von Regierungsseite nicht fehlinterpretiert werde, legte man abermals den Grund, also die verzö- gerte Zinsauszahlung der Staatsschuldentilgungskasse, die zunächst Kassendefizite ergab, dar.266

Die Sparkassenkommissionsmitglieder hatten zu diesem Zeitpunkt offensichtlich den Streit um die Auszahlung der ihnen ihrer Meinung nach zustehenden Gelder gründlich satt. Sie waren beim Ma- gistrat vorstellig geworden und hatten bekanntgegeben, daß sie nach Abschluß des laufenden Ge- schäftsjahres „bei solchen Umständen sich nicht mehr gebrauchen lassen“267 würden. Damit brach- ten sie den Magistrat in größte Verlegenheit, denn dieser sah wenig Chancen, Männer mit unbe- scholtenem Leumund zu finden, fähig mit den komplizierten Sparkassenabrechnungen zurechtzu- kommen, die willens waren, Haftungen auf sich zu nehmen und dies alles ohne finanzielle Ent- schädigung. Es war mit dem Schlimmsten zu rechnen, wenn die Kreisregierung sich gänzlich un- nachgiebig zeigte. Noch hoffte die Gemeindeverwaltung, die angeführten Argumente überzeugten die Behörde soweit, daß die errechneten Überschüsse in Gänze ausbezahlt werden dürften.

Zur Beantwortung des Briefes hatte sich die Kreisregierung mit den Statuten der Sparkasse ausei- nandergesetzt. Sie machte darauf aufmerksam, daß nach § 2 aus den nachgewiesenen Rentenüber- schüssen Honorare ausgezahlt werden können, allerdings sei keineswegs davon die Rede, daß der ganze Überschuß verteilt werden müsse. Man warf der Sparkassenkommission jetzt eigennütziges Handeln vor: „Wenn es nun einerseits auffallen muß, daß aus dem Sparkassen-Institute von Seite des Verwaltungspersonale namhafte, den ganzen Überschuß verschlingende Honorarien bezogen werden wollen, woraus nur zu klar das individuelle Interesse, nicht aber das Streben für ein

266 StadtAAm, Zg I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 24. September 1838. 267 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 24. September 1838. 92 gemeinnütziges Institut einige in den Bürgerpflichten begründete Mühen unentgeltlich zu über- nehmen hervorleuchtet [...]“. Auf die Bildung eines Reservefonds dürfe in keinem Fall verzichtet werden. Die Höhe der Remunerationen für die Jahre 1825 bis 1835 konnte nur deshalb genehmigt werden, da man die gegebenen Verhältnisse der schwierigen Geschäftsführung anerkenne, für die beiden Jahre 1835 und 1836 müsse es bei einer Auszahlungssumme von 200 fl. bleiben. Die Ab- sichtserklärungen der Verwaltungsmitglieder aus der Sparkassenkommission auszutreten, wünschte die Kreisregierung zu erhalten, um „hiernach das Weitere verfügen zu können.“268

Diesen Brief beantwortete der Magistrat mit einem 22seitigen Schreiben,269 das als Remonstrati- onsschrift bei der Kreisregierung und, falls dieses abgelehnt werden sollte, gleichzeitig als Rekurs- schrift270 an den königlichen obersten Rechnungshof zu verstehen war.271 Um die Errichtung des Reservefonds zu vermeiden, schlug der Magistrat als neuen Aspekt vor, den Verwaltungsmitgliedern Kautionen aufzuerlegen, da der einzige Grund für dessen Etablierung nur das Mißtrauen gegen das Personal sein könne. Ausdrücklich wandte er sich gegen die Argumentation der Kreisregierung, „daß man hierorts kein Streben zeige, für ein gemeinnütziges Institut einige in den Bürgerpflichten begründete Mühen unentgeltlich zu übernehmen.“ Bei der Gründung der Sparkasse sei von „un- entgeltlicher Besorgung der Verwaltungsstellen“ nicht nur keine Rede gewesen, sondern es sei vielmehr klar und deutlich bestimmt worden, daß die Überschüsse als Honorare ausbezahlt werden sollten. Der Magistrat vermutete, daß sich die Kreisregierung falsche Vorstellungen von den Ein- kommensverhältnissen in Amberg mache. In größeren Städten gebe es wohl eine Vielzahl von Bür- gern, die über ein jährliches Einkommen von 2.000 fl. und darüber verfügten, denen natürlich zu- zumuten sei, gemeinnnützige Pflichten ohne Kostenerstattung zu übernehmen. „Ganz andere An- sichten treten aber bei mittleren Provinzialstädten ein, wo die Einkünfte272 der Bürger mittelmäßig, ja oft sogar spärlich sind“. Es könne in keinem Fall angehen, daß das Wohl der Familien der betrof- fenen Verwaltungsmitglieder durch die Einschränkungen in der Berufsausübung, die der Dienst in der Sparkasse mit sich bringe, gefährdet werde,273 da die Kreisregierung den

268 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 2. Oktober 1838. 269 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 22. Oktober 1838. Die Regierung hatte sich zur besseren Kontrolle und Übersicht in den vorangegangenen Jahren nicht nur die jeweiligen Jahresabrechnungen der Sparkasse vor- legen lassen, sondern auch die tabellarischen Übersichts-, Kontroll-, Vormerkungs- und Kassabücher. Mit diesem Schrei- ben forderte die Stadtverwaltung diese Bücher zurück, da „ihr Besitz um so notwendiger ist, als von Zeit zu Zeit in den selben nachgeschlagen und öfters Aufschluß aus ihnen erholt werden muß.“ Ob sie tatsächlich zurückgegeben wurden, geht aus den Akten nicht hervor. 270 Der Termin für eine Berufung beim obersten Rechnungshof verstrich am 1. November 1838. Das Schreiben auch als Rekursschrift anzulegen, war eine Vorsichtsmaßnahme, um keine Fristen zu versäumen. 271 Unter offenem Tagesdatum liegt ein direkt an den obersten Rechnungshof gerichtetes Schreiben nicht identischen, aber ähnlichen Inhalts vor. Das Fehlen des Ausstellungsdatums spricht dafür, daß der Brief nicht abgesandt wurde. Stad- tAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an den königlichen obersten Rechnungshof vom Oktober 1838. 272 Zu den Bewohnern Ambergs mit einem jährlichen Einkommen von über 2.000 fl., gehörte der Inspektor der Gewehr- fabrik Voith, der ab 1820 ein Jahresgehalt - ab 1829 eine Pension in gleicher Höhe - von 3.000 fl., dazu freie Wohnung und Beheizung bezog. Kaltenstadtler 311. Amberger Bürgermeister erreichten nicht annähernd dessen Bezüge. Friedrich Rezer, ab 1840 städtischer Vorstand, erhielt 1.615 fl., freie Wohnung und 3 Klafter Brennholz. Vgl. S. 85. 273 Fleischmann hatte ähnlich argumentiert. Vgl. S. 81. 93 dringend erforderlichen finanziellen Ausgleich durch die Nichtauszahlung der Renten verweige- re. Im übrigen sei dem Magistrat bekannt, daß die Sparkassen anderer Städte, auch größerer, nicht unentgeltlich verwaltet würden. Ein Teil der Verwaltungsmitglieder erhalte Bezüge aus den Über- schüssen und ein Teil werde förmlich besoldet. Im § 4 der Statuten sei zwar bestimmt worden, daß die Sparkasse ohne Einschränkung für jedermann zugänglich sein sollte. Man habe trotzdem bei der Gründung erwartet, daß „keine anderen Einlagen als von Dienstboten [...], die ohnedies im Einzel- nen von keiner großen Bedeutung sein würden“, eingingen, mußte jedoch in der Folge feststellen, daß „auch andere, und zwar vermögliche Einwohner, nicht bloß aus dem hiesigen, sondern auch aus anderen Amtsbezirken daran Anteil genommen [hatten]274 und so erhielt die Spar Kassa zu Am- berg, einer bloßen Provinzial Stadt, eine Ausdehnung, daß man [...] sicher erwarten kann, sie ver- wahre eine Summe von 200.000 fl.“275 Betrachte man nun diesen Betrag und sehe in Relation dazu die dem Sparkassenpersonal für zwei Jahre (1835/36,1836/37) zugebilligten Gelder, nämlich dem Vorstand 15 fl. dem Kassierer 90 fl. dem bürgerlichen Magistratsrat 30 fl. dem Gemeindebevollmächtigten 30 fl. dem Diener 20 fl. so sei damit „nicht der 10. Teil der verwendeten Zeit, viel minder erst die Mühe der einzelnen Mit- glieder nebst ihre Haftung honoriert, die besonders bei dem Kassier so unendlich groß und mit Ri- siko verbunden ist.“

Als Mitte Januar 1839 noch keine Antwort auf dieses Schreiben eingetroffen war, wandte sich der Magistrat erneut an die vorgesetzte Behörde,276 da die Situation innerhalb der Sparkassenverwal- tung zwischenzeitlich bedenklich zu werden drohte. Der bisherige Kassier, Stadtkämmerer Wern- hammer, beabsichtigte seinen Dienst in der Sparkasse zum 1. Februar 1839 zu beenden. Wegen seines Alters, seiner übrigen Belastungen, nämlich der Verwaltung der Stadtkämmerei und der Hospitalstiftung, und des Fehlens der Möglichkeit zur Dienstverpflichtung sah sich der Magistrat gezwungen, dem Austrittsansuchen stattzugeben. Ein geeigneter Nachfolger wurde in der Person des Stadtschreibers Betz gefunden, der über die nötigen Kenntnisse in der Buchführung verfügte. Betz war jedoch nicht bereit, die Stelle anzutreten, „bis nicht vorher die Emolumente des Kassiers von höherer Stelle festgesetzt und ausgesprochen sind.“ Da in Amberg offenbar „kein Individuum bekannt [war], welches zu jener Funktion die erforderlichen Rechnungs-Kenntnisse“ besaß und sich obendrein bereit erklärte, gegen geringes Entgelt die verantwortungsvolle Aufgabe der Rechnungs- führung zu übernehmen, bat die städtische Verwaltung um schleunigste Entscheidung, wie beim Austritt des Kassiers Wernhammer am Ende des Geschäftsjahres 1838/39, zu verfahren sei, „ohne eine Geschäftsstockung herbeizuführen“. Am 1. Februar 1839 traf die Antwort277 der Kreisregierung

274 Vgl. S. 103. 275 Stand der Gesamteinlagen 1838/39: 181.817 fl. Vgl. S. 69 Tab. 8. 276 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 18. Januar 1839. 277 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 27. Januar 1839. 94 ein, die das Schreiben des Magistrats vom 22. Oktober 1838 mit den entsprechenden Jahresab- schlüssen dem königlichen obersten Rechnungshof zur Entscheidung vorgelegt hatte. Man teilte mit, daß über die Bezüge des Verwaltungspersonals keine Entscheidung getroffen werden könne, bis die Beurteilung des Rechnungshofes vorliege. Die Stadtverwaltung wurde im Falle des tatsächli- chen Austritts des Kassiers Wernhammer angewiesen, „sogleich und unter eigener Haftung für die aushilfsweise Aufstellung eines Rechnungsführers für die Spar-Kassa-Anstalt Sorge zu tragen.“278 Die Kreisregierung zeigte sich in höchstem Maße befremdet über die große Eigennützigkeit der Amber- ger Bürgerschaft, da „in den meisten Städten und Märkten die Verwaltung der Sparkassen mit Edel- sinn von rechtlichen Bürgern entweder ganz unentgeltlich oder doch nur um sehr geringe Remune- ration geleistet“ werde.

Der Vorwurf der Selbstsüchtigkeit und der Hinweis auf das gemeinnützige, fast unentgeltliche Han- deln der Sparkassenverwaltungsmitglieder in anderen Städten veranlaßte die Sparkassenkommissi- on, sich an die Magistrate von 16 bayerischen Städten zu wenden und um Beantwortung von vier Fragen zu bitten:279

− Wie hoch ist die Entschädigung für den Dienst in der Sparkasse? − Werden die reinen Rentenüberschüsse nach einem prozentualen Schlüssel an das Personal ver- teilt? − Werden aus den Überschüssen jährlich gleichbleibende Gehälter bezahlt? − Wozu wird der verbleibende Rest - nach Abzug der Honorare - verwendet?

Die angeschriebenen Magistrate antworteten wie folgt:

• Ansbach:280

Bei der Sparkasse handelt es sich um eine städtische Einrichtung mit kommunaler Haftung unter Leitung und Aufsicht des Magistrats. Die Sparkassenverwaltung besteht aus einer Person, die zugleich für die Verwaltung des Leihhauses zuständig ist. Beide Institutionen haben zu gleichen Teilen die Verwaltungskosten zu tragen. Der Verwalter bezieht 800 fl. Besoldung und 300 fl. Ent- schädigung für die Gehilfen, freie Wohnung und Beheizung. Ein dem Verwalter zugeteilter Diener erhält 288 fl. Besoldung, freie Wohnung und Beheizung. Von den jährlichen Überschüssen wird die Hälfte an die Pensionseinrichtung für städtische Beamte und Diener ausbezahlt, ein Viertel wird zur Tilgung des Kaufpreises für das von der Leihanstalt und der Sparkasse genutzte Haus verwendet, das restliche Viertel bildet einen Reservefonds, der eventuelle Kapital- oder Zinsverluste zu decken hat.

278 Ebd. Schreiben des Magistrat an die Kreisregierung vom 17. Januar 1840. 279 Ebd. Schreiben der Sparkassenkommission Amberg an die Magistrate der Städte Ansbach, Aschaffenburg, Augsburg, Bayreuth, Eichstätt, Ingolstadt, Kempten, Landshut, Memmingen, München, Neuburg an der Donau, Nürnberg, Passau, Regensburg, Straubing, Würzburg vom 10. Februar 1839. 280 Ebd. Schreiben vom 19. März 1839. 95 • Aschaffenburg:281

Nach den Statuten der Sparkasse sollte die Verwaltung unentgeltlich geschehen. Bei der Gründung im Jahre 1836 ging man davon aus, daß das Institut keinen großen verwaltungstechnischen Auf- wand verursachen würde. Hier irrte man. Die Sparkasse fand so großen Anklang, daß die Verwal- tung neu organisiert werden mußte. Ein zweiter Stadtkämmerer wurde angestellt, der nun die Spar- kassenverwaltung übernimmt. Ein Antrag auf Genehmigung dieser Maßnahme ist bei der Kreisregie- rung gestellt worden. Überschüsse erwirtschaftete man lediglich in geringem Umfange, deshalb wurde noch keine Verfügung über sie getroffen.

• Augsburg:282

Kassier und Buchhalter beziehen ein Gehalt. Dieses beläuft sich bei ersterem auf 500 fl. jährlich und eine zusätzliche Remuneration von 100 fl., bei letzterem auf 400 fl. plus 50 fl. Drei Amtsdiener leisten abwechselnd bei der Sparkasse Botendienste. Dafür erhalten sie zusammen 50 fl. pro Jahr. Die Gehälter und Remunerationen werden aus den Überschüssen bezahlt. Die nach Abzug aller Kosten verbleibenden Gelder werden bei der Sparkasse verzinslich angelegt und wohltätigen Zwe- cken zugeführt, über die der Magistrat noch bestimmen wird.

• Bayreuth:283

Das Verwaltungspersonal besteht aus einem Kassier, der zugleich die Stelle eines Leihhauskassiers innehat, einem bürgerlichen Magistratsrat als Kontrolleur, einem aus den Gemeindebevollmächtig- ten gewählten Kommissär und einem Diener. Der Kassier erhält nach Zahlung einer angemessenen Kaution ein jährliches Gehalt von 250 fl. Kontrolleur und Kommissär versehen ihren Dienst unent- geltlich. Dem Diener, der auch dem Leihhaus zugeteilt ist, werden 30 fl. jährlich ausbezahlt. Der Überschuß fließt nach Abzug der Personalkosten und einer Beihilfe zu den Verwaltungskosten des Magistrats wohltätigen Zwecken zu. Anfangs erhielt die Armenbeschäftigungsanstalt Gelder, nun der Armenfonds.

• Eichstätt:284

Die Mitglieder der Sparkassenkommission verwalten diese ohne Bezahlung. Sie können jedoch bei sich ergebenden Überschüssen beziehungsweise Einsparungen geringe Honorare beanspruchen. Bisher hat noch kein Verwaltungsmitglied Ansprüche auf finanziellen Ausgleich geltend gemacht. Man ist der Meinung, daß es den für die Sparkasse Verantwortlichen nicht zugemutet werden kön- ne, die lästigen und schwierigen Geschäfte der Verwaltung weiterhin unentgeltlich zu besorgen. Der Magistrat beabsichtigt deshalb, Remunerationen für die Kommissionsmitglieder zu beantragen.

281 Ebd. Schreiben vom 27. März 1839. 282 Ebd. Schreiben vom 27. März 1839. 283 Ebd. Schreiben vom 26. März 1839. 284 Ebd. Schreiben vom 23. März 1839. 96 Die Verteilung des Überschusses unterblieb bislang; er wird jährlich im Aktivvermögen ausge- wiesen.

• Ingolstadt:285

Das Sparkassenverwaltungspersonal besorgt die Geschäfte unentgeltlich. Die Überschüsse werden für Wohltätigkeitszwecke verwendet. Bisher wurde dem Armenfonds ein Zuschuß gewährt.

• Kempten:286

Die Mitglieder der Sparkassenverwaltung erledigen ihren Dienst ohne Honorierung. Die Über- schüsse werden dem Magistrat angezeigt, der mit den Gemeindebevollmächtigten deren Verwen- dung beschließt. Nach Genehmigung durch die Kreisregierung wurden die Gelder bisher für den Schulfonds und zum Bau einer protestantischen Friedhofskapelle verwendet.

• Landshut:287

Die Sparkassenverwaltungsmitglieder erhalten weder Honorar noch jährliche Bezüge. Es ist ein Sparkassenoffiziant angestellt, der einen Gulden Tageslohn bezieht. Die Überschüsse wurden bis- her nicht ausbezahlt. Sie stehen der Stadtkämmerei zur Verfügung.

• Memmingen:288

Das Verwaltungspersonal der Sparkasse besteht aus einem Kassier und einem Buchhalter. Beide sind in der magistratischen Stiftungskanzlei angestellt und besorgen die Sparkassengeschäfte ne- benberuflich. Der Kassier erhält dafür einen jährliche Remuneration von 100 fl., der Buchhalter eine solche von 45 fl. Dem Stiftungsdiener werden für notwendige Sonderbesorgungen 5 fl. 24 kr. gewährt. Diese jährlichen Aufwendungen von 150 fl. 24 kr. werden aus den Überschüssen bezahlt. Die restlichen Überschüsse werden als Reservefonds angelegt, der sicherstellen soll, daß der Zins- fuß nicht unter 3 1/2 % gesenkt werden muß, das heißt, bei einem Absinken unter den genannten Prozentsatz werden die notwendigen Ausgleichsgelder dem Reservefonds entnommen. Hierorts achtet man streng darauf, daß nur der zulässige Einlegerkreis, nämlich dienende Personen, ihre kleinen Ersparnisse zur Sparkasse bringen, so daß das Sparkassenkapital nicht in großem Maße an- wächst und der Magistrat kaum in die Situation kommt, zu große Summen zurückzahlen zu müs- sen.

• München289

Bei der Sparkasse ist ein Kassier und ein Buchführer angestellt, denen wegen des beträchtlichen Aufwandes zwei Offizianten und ein Diener beigeordnet sind. Der Kassier erhält ein jährliches Ge- halt von 1.000 fl., der Buchführer ein solches von 800 fl. Die Offizianten beziehen eine tägliche

285 Ebd. Schreiben vom 30. April 1839. 286 Ebd. Schreiben vom 3. April 1839. 287 Ebd. Schreiben vom 23. März 1839. 288 Ebd. Schreiben vom 24. März 1839. 289 Ebd. Schreiben vom 6. April 1839. 97 Entschädigung von 1 fl. 12 kr. Dem Diener wird ein Funktionsgehalt zugeteilt. Aus den Über- schüssen wurde ein Fonds gebildet, der in Wohltätigkeitsanstalten fließt.

• Neuburg (Donau):290 In Neuburg besteht keine Sparkasse. • Nürnberg:291 Der Sparkasse steht ein bürgerlicher Magistratsrat vor, der keine Bezüge erhält. Der Kassier der Sparkasse ist zugleich Kassier der Spitalverwaltung. Für diese beiden Funktionen bekommt er eine jährliche Remuneration von 150 fl. Dem Boten werden 100 fl. jährlich ausbezahlt; des weiteren ist der Sparkasse tageweise ein Gehilfe zugewiesen, der mit 45 kr. täglich entschädigt wird. Die Ren- tenüberschüsse wurden bisher in einem Reservefonds angelegt, über den die Kommune verfügt.

• Passau:292

Die Sparkassenverwaltung üben zwei bürgerliche Magistratsräte unentgeltlich aus. Die jährlichen Überschüsse liegen in einem Sparkassenfonds.

• Straubing:293 In Straubing besteht keine Sparkasse. • Würzburg:294 Das Sparkassenverwaltungspersonal besteht aus einem Kassier, einem Kontrolleur und einem Die- ner. In den ersten drei Jahren wurde die Verwaltung der Sparkasse zusammen mit der des Leihhau- ses unentgeltlich besorgt. Da in den folgenden Jahren die Arbeiten zunahmen, erhielt der Kassier ein jährliches Honorar von 100 fl., dem Kontrolleur wurden 50 fl. ausbezahlt. Später bekamen bei- de Sparkassenbeamte eine jährliche Zulage von 50 fl., so daß nun an den Kassier 150 fl. und den Kontrolleur 100 fl. fließen. Der Diener erhält wegen der großen Belastung 20 fl. im Jahr. Die Über- schüsse wandern zu 1/3 in die Stadtkasse, zu 1/3 in die Armenkasse und 1/3 verbleibt als Reserve- fonds bei der Sparkasse.

Tabelle 16: Jährliche Besoldung des Personals, Verwendung der Rentenüberschüsse bei 13 bayerischen Sparkassen Sparkasse Besoldung Verwendung des Rentenüberschusses

Ansbach Kassier 400 fl., Gehilfen 150 fl. ½ Stadtkammer, ¼ Erwerb des Sparkas- sengebäudes, ¼ Reservefonds Aschaffenburg keine; Antrag auf künftige Besoldung offen

Sparkasse Besoldung Verwendung des Rentenüberschusses

Augsburg Kassier 600 fl., Buchhalter 450 fl. wohltätige Zwecke

290 Ebd. Schreiben vom 24. März 1839. 291 Ebd. Schreiben vom 24. März 1839. 292 Ebd. Schreiben vom 30. März 1839. 293 Ebd. Schreiben vom 23. März 1839. 294 Ebd. Schreiben vom 23. März 1839. 98 Bayreuth Kassier 250 fl. Stadtkammer, wohltätige Zwecke

Eichstätt keine; Antrag auf künftige Besoldung offen

Ingolstadt keine Armenfonds

Kempten keine wohltätige Zwecke

Landshut keine Stadtkammer

Memmingen Kassier 100 fl., Buchhalter 45 fl. Fonds zur Sicherstellung eines Zinssatzes von 3 ½ % München Kassier 1.000 fl.; Buchführer 800 fl.; wohltätige Zwecke 2 Gehilfen, jeder 1 fl. 12 kr. täglich Nürnberg Kassier (zusammen mit Spitalverwal- Stadtkammer tung) 150 fl., Gehilfe 45 kr. täglich Passau keine Reservefonds

Würzburg Kassier 150 fl., Kontrolleur 100 fl. 1/3 Stadtkammer, 1/3 Armenkasse, 1/3 Reservefonds

Der Magistrat Amberg hatte 16 Kommunen angeschrieben. 15 Rückantworten295 sind erhalten. Von den 15 Sparkassen waren die Institute in Neuburg und Straubing zum Zeitpunkt der Anfrage noch nicht gegründet. In 7 von 13 Schreiben wurde bestätigt, daß die bei den Sparkassen tätigen Perso- nen Gehälter oder Remunerationen erhalten. Ein Magistrat beabsichtigte, um die Genehmigung zur Auszahlung von Honoraren nachzusuchen, ein weiterer hatte die Bewilligung zur Anstellung eines neuen besoldeten Sparkassenverwalters beantragt. 3 Sparkassen entschädigten die zum Teil tage- weise eingesetzten Gehilfen. In nur 4 Städten, nämlich in Landshut, Passau, Ingolstadt und Kemp- ten wurden keine Honorare oder Gehälter ausbezahlt. Einen Reservefonds zur Sicherung gegen Kapital- oder Zinsverluste unterhielten lediglich 3 Sparkassen. In Ansbach, Bayreuth, Landshut und Würzburg kamen der Gesamtrentenüberschuß oder Teilbeträge den Stadtkassen zu Gute. In den übrigen Städten wurden die Gelder für wohltätige Zwecke verwendet, oder man verzichtete auf eine Ausschüttung der Überschüsse. Ein interessantes Modell hatte die Sparkasse Memmingen ent- wickelt. Die nach Abzug der Honorare verbleibenden Gelder bildeten einen Fonds, der eine konti- nuierliche Verzinsung der Einlagen zu 3 1/2 % sicherstellen sollte. Das Ergebnis dieser Anfragen dürfte den Amberger Magistrat in seinem Wunsch nach ausreichender Besoldung der Sparkassen- kommission nur bestärkt haben und bestätigte die Argumentation im Schreiben an die Kreisregie- rung vom 22. Oktober 1838.

Am 12. Februar 1839 war die Entscheidung296 des obersten Rechnungshofes in Amberg eingetrof- fen. Dieser wies die Beschwerde wegen Nichtzuständigkeit zurück. Die Entscheidungsgründe wur-

295 Das Schreiben des Magistrats der Stadt Regensburg fehlt. 296 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 8. Februar 1839. 99 den wie folgt dargelegt: In dem vom Magistrat der Kreisregierung vorgelegten „Plan über die innere Einrichtung der Sparkasse“ war zwar festgesetzt worden, daß die verbleibenden reinen Ü- berschüsse nach einem festgesetzten Maßstab unter das Verwaltungspersonal und den Armenfonds zu verteilen seien, es wurde jedoch ausdrücklich bestimmt, daß nach Ablauf jeden Jahres über die Verwendung der Überschüsse Bericht an die vorgesetzte Behörde zu erstatten sei, wonach diese eine Verbescheidung folgen lassen werde.297 Der Kreisregierung als vorgesetzter Verwaltungs- und Kuratelbehörde kommt damit die Entscheidung über die Höhe des auszuzahlenden Betrages zu. Demzufolge handelt es sich hier nicht um einen Gegenstand des Rechnungsverfahrens, sondern der Administration. Nach der Zurückweisung des Rekurses lag die Entscheidung über die Höhe der Remunerationen nun wieder bei der Kreisregierung.

Leider fehlt die Korrespondenz für die folgenden Monate, so daß sich nichts über die Reaktion des Magistrats auf das Ergebnis der Anfragen bei den sechzehn Stadtverwaltungen beziehungsweise auf die Zurückweisung des Rekurses aussagen läßt.

Der erhaltene Schriftwechsel setzt mit einem Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 17. Januar 1840298 wieder ein. Erneut ist die Verteilung der Rentenüberschüsse Gegenstand der Korrespondenz. In der Zwischenzeit hatte sich argumentatorisch nichts geändert. Wiederum ging man auf die schwierige Situation des Kassiers ein, der den gesamten Monat Januar benötigte, um den Jahresabschluß zu erstellen und die Zinsberechnung vorzunehmen. Da in dieser Zeit die Spar- kasse geschlossen wurde, mußte in der ersten Hälfte des Februar das gesamte Personal zur Verfü- gung stehen, um den Betrieb aufrechterhalten zu können. Durch die große Akzeptanz der Sparkas- se nicht nur in Amberg, sondern auch in der näheren und weiteren Umgebung, und da nicht nur die weniger bemittelte Bevölkerungsschicht, sondern auch wohlhabende Bürger das Institut nutz- ten, war die Einlagensumme nach der letzten Aufstellung auf „die für Amberg höchst bedeutende Summe von 231.950 fl.“ angewachsen. Eine Möglichkeit, den Einlegerkreis einzuschränken, sah man im Hinblick auf die Statuten nicht. Die Höhe der Einlagen war zwar begrenzt worden, doch dies konnte problemlos umgangen werden, indem jedes Mitglied einer Familie den Höchstbetrag von 250 fl. einzahlte. Es gab Familien in Amberg, deren Sparvermögen 2.000 fl. bis 3.000 fl.299 be- trug. Manche nutzten die Sparkasse soweit aus, daß sie fingierte Namen nannten. Eine Überprü- fung der angegebenen Einlegerdaten durch die Sparkassenkommission erschien dem Magistrat zu aufwendig. Der Unmut über diese Situation machte sich Luft: „Daß nun die Verwaltungs Mitglieder der Sparkassa Zeit, Muße und Haftung bloß wegen des Interesses vermöglicher Kapitalisten zum Opfer bringen sollen, sind sie weder schuldig, noch kann ihnen mit Billigkeit eine solche Zumutung gemacht werden; denn es gilt ja hier nicht zum Besten der ärmeren Klasse sich eine kleine Mühe

297 Ebd. „Plan über die innere Einrichtung der Sparkasse“ vom 2. Januar 1825, 15. 298 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 17. Januar 1840. 299 Die im historischen Archiv der Sparkasse liegenden Bücher geben keine Möglichkeit festzustellen, ob dem tatsächlich so ist und, falls die Aussage auf Richtigkeit beruht, um wie viele Personen/Familien es sich handelte, die ein Spar- vermögen dieser Größe angelegt hatten. 100 gefallen zu lassen, sondern es handelt sich um die Verwaltung eines KapitalsStockes den selbst die hiesige Stadt-Kammer nicht größer besitzt.300 Für die Verwaltung des Stadtkammer Vermögens ist aber ein eigener Beamter angestellt und besoldet [...]. Wie könnte man daher den Mitgliedern der Sparkassa Kommission die mit so vielen Haftungen verbundene Verwaltung unentgeltlich oder gegen eine höchst unbedeutende Gratifikation überbürden?“ Der Magistrat legte die bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufene Summe, die zur Verteilung an das Sparkassenpersonal anstand, nach Jahren gegliedert dar. Aus den ersten zehn Geschäftsjahren hatten sich noch nicht verteilte Überschüsse von 1.111 fl. 53 kr. 6 pf. ergeben. Für die folgenden Jahre standen offen:

1835/36 543 fl. 41 kr. 3 pf. 1836/37 766 fl. 29 kr. 5 pf. 1837/38 906 fl. 54 kr. 7 pf. 1838/39 1.309 fl. 39 kr. 2 pf. Das ergab eine Summe von 4.638 fl. 38 kr. 7 pf.

Bei der Zuweisung dieser Überschüsse beabsichtigte die Stadtverwaltung, den Wünschen der Kreis- regierung insoweit nachzukommen, als sie nicht mehr auf eine Verteilung des Gesamtbetrages be- stand. Im einzelnen beantragte man folgendes: Die sich aus den ersten 10 Jahren ergebenden 1.111 fl. 53 kr. 6 pf. müßten ohne Abzüge ausge- schüttet werden, schon um dem ausgetretenen Kassier Mayer einen Teil der durch die Einstellung eines Gehilfen entstandenen Kosten zu ersetzen. Der Überschuß der übrigen Jahre sollte zu zwei Drittel nach dem bekannten Maßstab dem Personal zur Verfügung stehen, das restliche Drittel könnte für das Krankenhaus verwendet werden, solange dieses zuschußbedürftig sei, danach beab- sichtigte man, die Gelder an die Stadtkammerkasse abzugeben. Mit diesem Vorschlag zur Vergabe der Überschüsse beschritt der Magistrat neue Wege. Die bisherigen Vorstellungen gingen von einer alleinigen Verwendung der Gelder für Honorarzwecke aus. Doch die Korrespondenz mit den Stadtverwaltungen hatte gezeigt, daß die Überschüsse der Sparkassen durchaus in anderer Weise eingesetzt werden konnten; der Magistrat entdeckte die Sparkasse als kommunalen Geldlieferan- ten.

2. Schließung der Sparkasse Der Fall des Kassiers Wernhammer beschäftigte nun erneut. Er war am Ende des Geschäftsjahres 1838/39 „durch wiederholte Zusprüche“ überredet worden, ein weiteres Jahr der Sparkasse zur Verfügung zu stehen. Jetzt zeichnete sich ab, daß er tatsächlich nicht mehr in der Lage war, sein Amt ordnungsgemäß auszuüben. Sein Gedächtnis ließ nach,301 weshalb ihm die Zinsberechnungen

300 Das Stadtkammervermögen belief sich im Etatsjahr 1839/40 auf 255.270 fl. StadtAAm, Rechnungen I 311 fol. 222. 301 Ein zwanzig Monate später ausgestelltes gerichtsärztliches Gutachten bestätigte den Gesundheitszustand Wern- hammers. Er hatte sich bei einem Unfall während einer Dienstreise eine unzureichend abgeheilte Handverletzung zuge- zogen, die ihn beim Schreiben behinderte. Die rechte Hand zitterte. Er litt an Asthma und stand durch die lang andau- ernde schwere Erkrankung seines einzigen Sohnes unter starker psychischer Belastung, worauf seine eingeschränkte Kon- 101 größte Schwierigkeiten machten. Der Magistrat hatte sich, wie schon im Jahr zuvor, bemüht, einen Ersatz zu finden und die Stelle „andern vorzüglichen Bürgern hiesiger Stadt“ angeboten. Es fand sich jedoch niemand bereit, die Stelle ohne Honorierung zu übernehmen.302 Daß Wernham- mer zum 1. Februar 1840 seinen Dienst beenden würde, stand fest, daß sich aus dem Kreis der in Frage Kommenden niemand fand, dessen Aufgabe zu übernehmen, stand ebenso fest, und eine Möglichkeit zur Dienstverpflichtung gab es nicht: der Magistrat stand mit dem Problem, die Kassier- stelle zu besetzen, vor einer nicht zu lösenden Aufgabe. In dieser Situation fand sich kein anderer Ausweg als die Schließung der Sparkasse. Sie sollte zeitlich befristet werden und von Mitte Februar bis Mitte März dauern. Doch noch hoffte der Magistrat, die Kuratelbehörde werde der Verteilung der Rentenüberschüsse und einer ausreichenden Besoldung des Sparkassenpersonals zustimmen. Das Antwortschreiben der Kreisregierung traf am 16. Februar 1840 ein.303 Es enthielt nicht die ge- wünschte Entschließung zur Frage der Honorare. Die vorgesetzte Behörde ging auf die schwierige Situation, die sich durch den Austritt Wernhammers ergeben hatte, kaum ein. Es wurde wiederum dargelegt, daß das Personal keinen Anspruch auf die Gesamtauszahlung des Überschusses habe, daß ein Reservefonds für unvorhergesehene Fälle einzurichten sei und daß man es darüber hinaus äußerst bedauerlich finde, wenn sich in Amberg niemand bereit erklärte, die gemeinnützige Anstalt unentgeltlich zu verwalten. Es wurde angeordnet, nach § 1 der Statuten unverzüglich einen Kassie- rer zu bestellen, wobei besonders zu berücksichtigen sei, „daß ein solches Individuum gewählt werde, dessen Tätigkeit durch Sinn für Gemeindewohl vorzugsweise geleitet wird“. Eine mäßige Honorierung sicherte der Kreisregierung zu, ohne sich auf Zahlen festzulegen. In besonderem Ma- ße rügte man die Tatsache, daß die Sparkasse Gelder von „Kapitalisten“ annahm, „was nicht im Zwecke der Sparkasse gelegen“ sei und überdies zu sinnwidriger Anhäufung von Sparkassenkapita- lien führe. Um hier und auch in der Frage der Honorierung zu einem Schluß zu kommen, sollten die Statuten der Sparkasse geändert werden, im besonderen die §§ 2, 4, 11 und 12. Da die Kreis- regierung die Klärung der Honorarfrage verweigerte, blieb nur die Schließung der Sparkasse. Eine entsprechende „Ankündigung“ wurde an der Sparkassentür angebracht:304 „Dringender Geschäfte wegen bleibt die hiesige Sparkassa von heute, den 17. Februar, angefangen bis einschlüssig zum 16. März geschlossen, was den Einlegern hiemit zur Nachricht dient.“

zentrationsfähigkeit zurückgeführt wurde. Der Arzt prognostizierte ein weiteres rasches Nachlassen seiner Gedächtnisleis- tungen. StadtAAm, Zg I 349, Gerichtsärztliches Gutachten vom 27. September 1841. 302 Über die Befragungen wurden Protokolle angefertigt. Diese sind nicht vorhanden. 303 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben der Kreisregierung vom 12. Februar 1840. 304 Ebd. „Ankündigung“ vom 17. Februar 1840. 102 3. Überarbeitung der Statuten Bei der Frage der Änderung der Sparkassenstatuten mußten die Gemeindebevollmächtigten beige- zogen werden. Die Stadtverwaltung informierte sie am 29. Februar 1840 über die Lage in der Aus- einandersetzung mit der Kreisregierung und über die Notwendigkeit, § 2 wegen der Honorarfrage, § 4 wegen Definition der Einlegerschaft, § 11 wegen Beschränkung der Einlagensumme und § 12 wegen Änderung des Zinsfußes neu festzusetzen. Sie hatte dazu folgende Stellungnahme vorgese- hen:305 Im Bezug auf § 2 der Statuten lassen sich für die Honorare keine Summen im voraus nennen, da in Zukunft die Einlagesumme durch die Beschränkung des Einlegerkreises geringer werden wird. Folg- lich werden sich die Überschüsse ebenfalls reduzieren. Jetzt festgelegte Entschädigungssummen könnten durch künftige geringere Überschüsse nicht mehr gedeckt werden. Wie im Bericht vom 17. Januar 1840 schon angesprochen, sollen zwei Drittel der Gelder nach dem bekannten Schlüssel unter das Verwaltungspersonal verteilt, ein Drittel für das Krankenhaus verwendet werden und spä- ter in die Stadtkammer fließen. Sobald sich die Überschüsse reduziert hätten, wünscht man, die Gelder wieder ungeteilt an das Verwaltungspersonal auszahlen zu dürfen. Bei der Abänderung des § 4 wird beabsichtigt, den Einlegerkreis auf Dienstboten, Handwerksgesellen, Lehrlinge und Kinder aus dem hiesigen Polizeibezirk zu beschränken. Diese Änderung sollte nicht nur zukünftige, son- dern auch die bisherigen Sparer betreffen, so daß für alle, die nicht diesem Kreis angehören, eine vierwöchige Kündigung der Einlagen festgesetzt wird. Nach Meinung des Magistrats muß im Bezug auf § 11 bei der Festlegung des Minimal- und Maximalbetrages keine Änderung vorgenommen werden. Allerdings scheint es ratsam die Bestimmung „auf ein Jahr“ wegzulassen, um nicht zu der irrigen Annahme zu verleiten, es sei möglich, in jedem Jahr 250 fl. einzulegen. Im § 12 wird festge- legt, daß der Zinsfuß für neue Einlagen 3 % beträgt, da die Staatsschuldentilgungskasse nur noch 3 1/2 % Zinsen gewährt. Eine Stellungnahme der Gemeindebevollmächtigten ist dazu nicht erhalten. Die Kuratelbehörde hatte den Magistrat beauftragt, einen Kassier zu bestimmen, wobei diesem nur ein mäßiges, nicht näher beziffertes Honorar in Aussicht gestellt werden konnte. Einem solchen Auftrag nachzukommen war dem Magistrat nicht möglich. Auf das vage Versprechen eines geringen Honorars hin ließ sich in Amberg niemand zur Übernahme der Kassierstelle überreden.306 Da die Kreisregierung noch immer nicht bereit war, in der Vergütungsfrage einzulenken, mußte die Schlie- ßung der Sparkasse bestehen bleiben. Eine neuerliche „Ankündigung“ informierte die Einleger:307 „Durch den Austritt des Herrn Stadtkämmerers Wernhammer ist die Stelle eines Kassiers bei der hiesigen Sparkassa in Erledigung gekommen. Bis zur Wiederbesetzung derselben, welche wahr- scheinlich in Bälde erfolgen wird, muß daher die Kassa geschlossen bleiben.“

305 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 29. Februar 1840. 306 Ebd. Schreiben der Magistrats an die Kreisregierung vom 7. März 1840. 307 Ebd. „Ankündigung“ vom 15. März 1840. 103 Gut 14 Tage später traf die klärende Entschließung der Kreisregierung zur Honorarfrage in Am- berg ein.308 Sie legte fest, daß dem Verwaltungspersonal ein Anspruch auf die Verteilung aller ver- fügbaren Rentenüberschüsse nicht zugestanden werden könne. Dies müsse „ein für allemal sein Verbleiben haben“. Zum Ausgleich für die entstandenen Kosten wurde eine weitere Zahlung von 600 fl. an die Kommissionsmitglieder genehmigt. In der notwendig gewordenen Schließung sah die Kreisregierung einen sehr bedauerlichen Mangel an Gemeinsinn unter den Amberger Bürgern und betrachtete sie als „beispiellosen wahrhaft beklagenswerten Mißstand“ im Regierungsbezirk Ober- pfalz und Regensburg. Da die Notwendigkeit der Erhaltung der Sparkasse außer Frage stand, war man nun bereit in der Honorarfrage nachzugeben und bestimmte für den Kassier ein jährliches Gehalt von 300 fl. Eventuelle Vergütungen für die übrigen Verwaltungsmitglieder sollten je nach der weiteren Entwicklung des Institutes festgelegt werden. In der Frage der Überarbeitung der Sparkassenrechnungen überließ man die Entscheidung dem Magistrat. Auch eine Neuberechnung der Rentenüberschüsse könne an der genannten Entscheidung zur Honorarauszahlung nichts mehr ändern. Abschließend legte man dem Magistrat nahe, eine grundsätzliche Neubearbeitung der ge- samten Statuten, nicht nur einiger Paragraphen, vorzunehmen, wobei es besonderer Beachtung bedürfe, „keine Kapitalien von mehr als höchstens 200 fl. für die GesamtFamilienGlieder und Do- mestiken eines und desselben FamilienHaupts in einem und demselben Jahr anzunehmen.“ Daß eine Reform der Statuten unabdingbar sei, bestätigte gleichermaßen das Rechnungskommissa- riat der Kreisregierung in einer Stellungnahme, die im Rahmen der Revision der Sparkassenabrech- nung 1838/39 abgegeben wurde. Es erschien nicht nur eine Neuregelung der Satzungen notwen- dig, sondern auch der Sparkassenorganisation.309 Das Rechnungskommissariat hielt fest, Haupt- zweck einer Sparkasse sei ausschließlich, der dienenden und arbeitenden Klasse Gelegenheit zu geben, ihre Ersparnisse sicher und gegen Zinsen anzulegen. Es müsse daher „als ein auffallender Übergriff der Verwaltung [der Sparkasse Amberg] angesehen werden, daß [...] von reichen Bürgern, Beamten, Privaten, adeligen Gutsbesitzern und auswärtigen Untertanen ansehnliche Kapitalseinla- gen angenommen und dem trügenden Schein nach in einzelnen Summen zu 250 fl. auf alle Fami- lienglieder eingeschrieben worden sind. Unter solchen Einlagen sind ganz besonders merkwürdig:

2.500 fl. von dem königlichen Forstmeister Breyer zu Amberg 1.000 fl. von dem Gutsbesitzer Baron v. Schönstaett zu Wolfering 1.000 fl. von dem königlichen Revierförster Taucher in Nittenau 1.000 fl. von dem königlichen Revierförster v. Hetzendorf zu Kaltenbrunn 750 fl. von dem Austragsbauer Schirm zu Than 750 fl. von dem Hutmacher Pfeiffer in Amberg.“

308 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209, Schreiben der Kreisregierung vom 27. März 1840. 309 StadtAAm, Zg. I 2058, Erinnerung des Rechnungskommissariats vom 22. April 1840. 104 Weiterhin käme der geringste Teil der Sparer aus Amberg.310 Aus diesen Gründen habe das Institut in Amberg kaum mehr etwas mit einer Sparkasse im vom Staate gewünschten Sinn zu tun. Es verwundere, daß bisher von Seite der Staatsschuldentilgungskommission noch nicht gegen den offensichtlichen Mißbrauch eingeschritten worden sei.311 Als durchaus nachvollziehbar sehe man die Tatsache, daß sich niemand für die Übernahme der Kassierstelle finde, „wenn man die Art und Weise der unbegreiflich erschwerten Buchführung“ bedenke, „die in sich so unpassend als zweck- los und auch für die Revision zeitraubend ist. Bei dieser Verwaltung wurde bisher neben dem Kassa Tagebuch, ein Kontrollbuch, ein Vormerkungsbuch und ein Quittungsbuch, ein tabellarisches Ü- bersichtsbuch aller Einlagen und Rückgaben [...], und dann zu diesen noch eine besondere Zu- sammenstellung der Einlagen und Rückgaben geführt. So umständig und erschwerend nun alle die- se Bücher, Übersichten und Zusammenstellungen sind, so gewähren selbe doch nicht einmal den Überblick der von ein und dem selben Individuum bestehenden Einlagen, die erst für jedes Indivi- duum nach den verschiedenen Zeitabschnitten und Summen zusammengetragen wer-den müs- sen.“ Das Rechnungskommissariat empfahl dringendst eine Vereinfachung der gesamten Buchfüh- rung und eine Rückführung der Sparkasse auf ihren eigentlichen Zweck. Mit Schreiben vom 25. Mai 1840 ordnete die Kreisregierung die Änderung der Statuten, die „mög- lichst einfach und kurz“ abzufassen seien, an. Der Einlegerkreis müsse auf die dienende und arbei- tende Klasse beschränkt und „alle unstatthaften Einlagen“ zurückgezahlt werden. Die Buchführung solle künftig dem Beispiel der Regensburger Sparkasse folgen.312

VII. Zusammenfassung Die Jahre zwischen Gründung und vorübergehender Schließung der Sparkasse Amberg dürfen als Erfolgsgeschichte gelten. Am Ende dieses Zeitraums verwaltete die Kasse Guthaben in Höhe des Vermögens ihres Gewährträgers. Selbst die auf Grund überbetrieblicher Vorgaben notwendig ge- wordenen Zinssenkungen hinterließen kaum spürbare Zäsuren bei den Gesamteinlagen. Ermöglicht wurde diese außerordentliche Entwicklung durch das Fehlen interner und externer Beschränkun- gen. Etwa 60 % des Gesamtguthabens sparten Personen an, die nicht zu dem von der Staatsregie- rung intendierten Kreis der Sparkassennutzer gehörten. Initiativen zur Förderung einer höheren Akzeptanz der Sparkasse durch Angehörige der unteren Schichten, das heißt Werbemaßnahmen zur Aktivierung dieses Sparerpotenzials blieben von Seiten des Gewährträgers aus, ebenso unter-

310 Der Magistrat hatte diese Entwicklung bereits in seinem Schreiben vom 17. Januar 1840 angesprochen. Er sah sich jedoch im Hinblick auf die Statuten, die die Kuratelbehörde genehmigt hatte, außerstande, irgendwelche Gegenmaß- nahmen zu ergreifen. Ein Vorstoß zur Abänderung der Statuten durch die Stadtverwaltung unterblieb. 311 In der Verordnung vom 26. Februar 1823 „Die Anlegung der Geldüberschüsse der Spar-Anstalten bei den Staats- Schuldentilgungs-Kassen betreffend“ war bestimmt worden: „Wenn sich Verdacht ergäbe, daß der Verwalter einer Spar- anstalt nicht bloß die Überschüsse dieser, sondern auch größere Summen von Handelsleuten und Rentiren unter der Firma jener anzulegen sich erlaube, so hat sich Unsere Staatsschuldentilgungs-Commission deshalb mit der betreffenden Ortsbehörde zu benehmen, und ist ermächtiget, vorläufig die Annahme weiterer Anlehen von dieser Anstalt zu verwei- gern.“ RBl. 1823, 327. 312 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209, Schreiben der Kreisregierung vom 25. Mai 1840. 105 nahm man keine Vorstöße die Geschäftstätigkeit von einem reinen Passivgeschäft auf Aktivge- schäfte auszudehnen. Der Amberger Magistrat verhielt sich der ihm aufoktroyierten Kasse gegen- über reserviert. „Die wirtschaftliche Bindung der Sparkassen an die Gemeinden und Gemeindever- bände [war ...] für jene zunächst eher als eine Belastung, als Quelle eines gewissen Risikos zu se- hen“,313 das sich im Fall der Amberger Kasse als ein tatsächlich bedeutendes Haftungsrisiko mani- festierte. Daß man die Sparkasse als Bürde empfand, zeigen die Querelen während der mehrjähri- gen Auseinandersetzung mit der Kreisregierung um die Honorierung des Sparkassenpersonals, die wegen Nichteinigung mit der vorgesetzten Behörde zur Schließung des Instituts führte. Keine do- minante und vor allem ambitionierte Persönlichkeit, wie die Sparkasseninitiatoren Scharrer, Behr, von Anns oder der engagierte Verwalter der Ansbacher Kasse Brendel, bestimmte die Geschicke der Sparkasse Amberg. Grundsätzlich stieß sie eher auf das Desinteresse der Beteiligten; man begab sich mit wenig Begeisterung in den Sparkassendienst, wie der Fall Fleischmanns zeigte.314 Die inne- re Distanziertheit der Verantwortlichen führte jedoch nicht zu einem Mißerfolg des „Unternehmens Sparkasse“. Die offenen Statuten ließen die Kasse zur Kapitalsammelstelle für Angehörige aller sozi- alen Schichten aus der Stadt Amberg und vor allem der Umgebung werden. Schlußendlich konnte die Kuratelbehörde diesen Fortgang nicht mehr billigen. Sie interpretierte die Grundbestimmungen der Amberger Kasse nun als Verstoß gegen die Verordnung des Jahres 1823 mit der die Anlage der Sparkassengelder bei der Staatsschuldentilgungskasse ermöglicht wurde. Nachweislich zu viele „Handelsleute und Rentire“315 hatten ihre Kapitalien auf Kosten des Staates bei der Sparkasse un- tergebracht. Die Kreisregierung ordnete die Überarbeitung der Statuten mit dem Ziel an, künftig die Kasse nur noch für staatlicherseits erwünschte Einleger aus den unteren Gesellschaftsschichten zu öffnen und strikte Einlagenbegrenzungen einzuhalten. Als Beispiel stand den Verantwortlichen die Sparkasse Regensburg vor Augen.

313 Wysocki, Untersuchungen 155. 314 Daß auch in kleineren Kommunen aufgeschlossene und eifrige Bedienstete tätig waren, zeigt das Beispiel des Sulz- bacher Stadtschreibers Baumgärtner, der eine Tabelle entwickelt hatte, mit deren Hilfe der Arbeitsaufwand bei den jährli- chen Zinsberechnungen in der Sparkasse erheblich verringert wurde. Schiener 53. Zur Weigerung, ehrenamtliche Tätig- keiten in der Sparkasse zu übernehmen vgl. Gömmel, Sparkassengeschichte 66. 315 RBl. 1823, 327. 106 Exkurs: Leihhäuser in Amberg

Die Initiative zur Errichtung des ersten städtischen Leihhauses in Amberg ging von der Landesdirek- tion der Oberpfalz aus.1 Wegen des Fehlens geeigneter Räume zur Unterbringung der Pfänder zo- gen sich die Vorbereitungen schleppend hin. Man hatte an eine Verwahrung im Rathaus gedacht, von der der Magistrat dringend abriet, da „sich in dem Rathaus oben und unten so viel Ungeziefer aufhält“,2 und man die Diebstahlsicherheit nicht gewährleisten könne.3 Schließlich wurde eine Kommission mit der Untersuchung vor allem des in Frage kommenden Registraturraums beauf- tragt.4 Sie kam zu der Überzeugung, daß die Lokalität durchaus für den Zweck der Pfänderunter- bringung geeignet sei. Zugleich werde das Sichten und anschließende Verbringen der dort befindli- chen Akten in andere Räumlichkeiten die „geschäftshinderliche Registratursverwirrung“5 beseitigen. Die Landesdirektion ordnete daraufhin an, die Akten „aus dem Gewölbe in das Archiv [...] ord- nungsmäßig zu überbringen, zugleich die nötigen Baulichkeiten und übrigen Erfordernisse beizu- schaffen und dieses alles um so gewisser, damit längstens bis den ersten Tage im Monate Juni mit der Eröffnung des Leihhauses der Anfang gemacht werden könne.“6 Die zeitliche Vorgabe hielt der Magistrat nicht ein, denn erst „den 26. Juli 18067 [wurde] der Anfang mit dem Leihhaus gemacht“.8 Johann Baptist Schenkl,9 städtischer Rat und Pfarramtskassier, hatte das Amt des

1 Ein entsprechendes Schreiben der Landesdirektion liegt nicht vor. Da sich der Magistrat dem Projekt gegenüber eher widerspenstig verhielt („Die königlich baierische Landesdirection der obern Pfalz hat sich [...] vollends überzeugt, daß es dem gesagten Magistrate an dem Willen gebricht, die [...] Pfandhausordnung zum Wohl des Allgemeinen auszuführen und in Gang zu setzen.“ StadtAAm, Zg. I 856/1, Schreiben der Landesdirektion der Oberpfalz an den Magistrat vom 21. April 1806), dürfte der Anstoß zur Gründung von der vorgesetzten Behörde ausgegangen sein. 2 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Landesdirektion der Oberpfalz vom 15. April 1806. 3 Man befürchtete, daß „Leute mit Stehlen ihren Unfug treiben könnten, wie es mit dem großen Messingleuchter und mit mehr anderen Sachen bereits schon wirklich geschehen ist.“ Ebd. 4 Ebd. Schreiben der Landesdirektion an den Magistrat vom 7. Mai 1806. 5 Ebd. Schreiben der Landesdirektion an den Magistrat vom 10. Mai 1806. Vgl. Knöpfler 39. 6 Ebd. Schreiben der Landesdirektion an den Magistrat vom 18. Mai 1806. Zur Geschichte des Amberger Stadtarchivs Laschinger, Archiv. 7 Ältere bayerische Leihhäuser: Augsburg, gegründet 1591, Neugründung 1603; Nürnberg 1618; Würzburg 1750; Mün- chen 1754; Aschaffenburg 1804; Neuburg/Donau 1804; Ingolstadt 1805. Krauss 17, 21; Hruschka 179; vgl. S. 106 Anmm. 45, 47; S. 107 Anm. 56. Das Leihhaus der Stadt Regensburg nahm 1813 seinen Betrieb auf. Rygol 43. Seit 24. September 1808 lag eine Instruktion für die städtischen Polizeibehörden vor: „in jeder Stadt soll eine Leihanstalt bestehen“. HStAM MInn 59253 § 49. 8 StadtAAm, Rechnungen XV 23 fol. 1. Hubmann gibt fälschlich den 1. März 1806 als Eröffnungstermin an. Hubmann fol. 194. Für das erste Jahr, das heißt für den Zeitraum vom 26. Juli 1806 bis 31. Juli 1807, wurde in der „Rechnung des kgl. privilegierten Versatz Amts Amberg“ eine Einnahmensumme von 15.674 fl. 1 kr. verzeichnet. StadtAAm, Rechnungen XV 23, fol. 1v. Zur Frequentierung des Leihhauses lassen sich keine Details angeben, da man die einzelnen Geschäftsvorgän- ge in einem Hauptbuch erfaßte, das nicht archiviert wurde oder verloren ging. Die nicht unbedeutende Summe zeigt, daß Amberger und gewiß auch Auswärtige die neue Pfandleihe rege nutzten. 9 Schenkl wurde als drittes Kind des Amberger Buchbinders und Ratsherrn Simon Schenkl am 21. Juni 1765 geboren und starb in Amberg am 13. April 1834. Schenkl, Neudruck, o. S. Er richtete am 1. Januar 1811 eine private „Leih-anstalt ohne Zinsen für Arme“ ein: „Dem dringendsten Bedürfnisse der hiesigen Armen im Notfalle abzuhelfen, habe ich eine kleine Leihkasse, die in 100 fl. besteht, aus meinen Mitteln errichtet. Aus derselben wird den Armen, die eine kleine Summe nötig haben, Geld ohne Zinsen vorgestreckt, aber keine über 4 fl. und nicht länger als auf drei Monate. Da muß er es auf den versprochenen Termin wieder abzahlen. Zahlt er an dem versprochenen Termin nicht, so wird er notiert, und bekömmt , wenn er wieder etwas zu leihen begehrt, nur die Halbscheid der ersten Summe. zahlt er dreimal nicht, so wird er auf der Liste ausgestrichen und bekommt nie mehr etwas.“ Schenkl 184. Er erhielt für seine Verdienste um soziale Einrichtungen wie die Rumfordsche Suppenanstalt, seine Privatleihanstalt und für die Heraus-gabe von Schriften zur „Beförderung der Sittlichkeit, der Vaterlands- und der Regentenliebe“ die silberne Zivilverdienst-medaille. Hubmann fol. 236. Schenkl publizierte ca. 30 Werke u. a. „Ueber das Armenwesen, oder auf welche Weise können alle Armen, Witt- wen und Waisen versorgt, und wie kann der Umlauf der Bettler gesteuert werden?“, Amberg 1812; „Wie kann die Stadt- und Landwirthschaft am beßten und am leichtesten emporgebracht werden“, Erlangen 1814; „Neues Gebetbuch zur 107 Kontrolleurs10 übernommen. Er schrieb folgendes zur Errichtung der Pfandleihe: „Zur Beseiti- gung wucherischer Kontrakte und Zinsen, und zur Aushilfe der dürftigen Volksklasse geruhten S. k. Majestät [...] dieses Institut einzuführen und ihm eine förmliche Pfandhausordnung mitzuteilen. [...] Der Platz ist auf dem Rathaus zu diesem Unternehmen bestimmt.11 Für den Gulden [Leihgeldes] wird wöchentlich 1 Heller12 ohne Unterschied gegeben - keiner, der da Geld auf Pfand entlehnen will, ist verbunden, seinen Namen anzugeben; sondern dem Pfandgeber frei gestellt, durch selbst beliebige vertraute Personen seinen Versatz zum Amt zu schicken. [...] Das Pfandhaus ist wöchent- lich dreimal - nämlich am Dienstag, Donnerstag und Samstag - geöffnet, und zwar von 10 bis 12 Uhr und Nachmittag von 2 bis 4 Uhr.“13 Der Zinssatz von 10,83 % entsprach den bei städtischen Leihhäusern üblichen Sätzen.14 Das Amt des Verwalters übernahm Bürgermeister Joseph Allioli, zum Schätzer wurde der Schneidermeister und äußere Ratsherr Lorenz Welle ernannt.15 Ab Okto- ber 1812 führte Schenkl die Leihanstalt, die Aufgabe des Kontrolleurs ging an den Sohn Alliolis, Ulrich Anton, über.16 Ab März 1823 verantwortete Schenkl allein die Belange der Pfandleihe,17 bis ihm schließlich ab Mitte Juli 1823 Anton Peßerl18 als Kontrolleur zugeordnet wurde.19

Das Leihhaus wurde ineffektiv und ohne ausreichende Kontrolle durch die Stadtverwaltung ge- führt20 - möglicherweise kam es zu Veruntreuungen21 -, denn es bescherte der Kommune ein den Stadtsäckel zusätzlich belastendes Defizit von 21.100 fl.,22 das schließlich die Einstellung des Un-

Beförderung des wahren Christentums“, Augsburg ²1812. Wie lange er seinen Leih-betrieb aufrecht erhalten konnte, ist unbekannt. 10 Als Kontrolleur erhielt Schenkl im ersten Jahr eine Remuneration von 57 fl. 8 kr. 2 pf. StadtAAm, Rechnungen XV 23, fol. 5v. 11 Die Kommune erhielt jährlich 50 fl. Mietzins. Ebd. fol. 7. 12 1 Gulden = 60 Kreuzer = 480 Heller. 13 Schenkl 174f. Geldbedürftige mußten Pfänder nicht unbedingt zum Pfandhaus bringen. Sie selbst oder ihre Ver- trauenspersonen konnten zu jeder Zeit bei den Privatadressen der Leihhausverwalter vorstellig werden und dort ihre Wertgegenstände verpfänden. OWbl. 1807, 55f. Ob diese Praxis das spätere Defizit mit verursachte, ist nicht zu klären. 14 So auch beim Leihhaus der Stadt Passau, das im Mai 1815 eröffnet wurde. Wysocki, Passau 76. 15 Schenkl 174f. Allioli erhielt im ersten Jahr eine Remuneration von 76 fl. 11 kr. 1 pf., Welle wurden 38 fl. 5 kr. 2 pf. zuerkannt. Der zum Personal gehörende Leihhausdiener bezog 20 fl. 34 kr. 1 pf. StadtAAm, Rechnungen XV 23, fol. 5v. Für welchen Zeitraum Welle als Schätzer der Pfandhausverwaltung angehörte ist ebenso unbekannt wie die Namen seiner möglichen Nachfolger. 16 StadtAAm, Rechnungen XV 29. 17 Ebd. Rechnungen XV 39. 18 Der Kaufmann und bürgerliche Magistratsrat Anton Peßerl war Mitglied der ersten Sparkassenverwaltung. Vgl. S. 25. 19 StadtAAm, Rechnungen XV 40. 20 Eine Kontrolle der Leihhausverwaltung scheint, falls überhaupt, nur ungenügend stattgefunden zu haben. „Da es nicht ohne Grund zu vermuten ist, daß dieses Defizit durch das Verwaltungspersonal des Leihhauses herbeigeführt wurde, weil dem Vernehmen nach die früher gestellten Rechnungen ein solches nicht ausweisen“. Ebd. Zg. I 2039, Protokoll der Magistratssitzung vom 21. August 1827. Ebenfalls auf Vernachlässigung der Aufsichtspflicht ist das Defizit des seit 1847 in kommunaler Regie betriebenen Leihhauses der Stadt Kempten zurückzuführen. Hier belief sich der Fehlbetrag „nur“ auf 13.000 fl. Hefele 42 - 44. 21 Die Aussage Fleischmanns „ja selbst Arrestklagen verfolgen einen Teil derselben“ [= Leihhausverwaltung] könnte auf eine strafrechtliche Verfolgung wegen betrügerischen Handelns hinweisen. Vgl. S. 78. 22 Die in Eger/Laschinger/ Schmidt 29 getroffenen Feststellung „Es [= Leihhausunternehmen] muß aber ein reges Geschäft gewesen sein, denn die Stadt hat nicht draufgezahlt.“ ist gründlich zu revidieren. Zur selben Zeit kämpfte die Stadtkam- mer mit einem Fehlbetrag von 34.396 fl. Die Leihhausschuld erhöhte die Summe auf 55.496 fl. StadtAAm, Zg. I 2039, Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 31. August 1827. Zur Tilgung dieser Schulden wurde ab 16. November 1832 der Lokalmalzaufschlag „mit fünfzehn Kreuzern vom Metzen des zum braunen und weißen Biere verwendeten Malzes“ eingeführt. Ebd. Schreiben des Staatsministeriums des Innern an die Kreisregierung vom 22. Okto- ber 1832 und Bekanntmachung vom 30. November 1832. Der Malzaufschlag wurde in den Folgejahren meist in zehn- jährigem Turnus bewilligt, zuletzt bis 31. Dezember 1918. Die Stadtkammerrechnungen des Jahres 1918 weisen jedoch keine Einnahmen aus dem Malzaufschlag aus. Da für die Vorjahre 1912 bis 1917 weder Verwaltungsberichte des Magist- 108 ternehmens zur Folge hatte.23 Der letzte Rechnungsband zeigt die unbefriedigende Einnah- mensituation deutlich:

1823/24 909 fl. 49 kr. 1824/25 8.604 fl. 50 kr. 1825/26 758 fl. 24

Im dreijährigen Durchschnitt betrug die Jahreseinnahme 3.424 fl. 13 kr. Damit hatte man lediglich knapp über 20 % der Einnahmen des ersten Betriebsjahres erreicht. Die „Letzte Rechnung des Pfand-Amts Amberg“ führt den 21. Januar 1826 als „den letzten Pfänder Versatz Tag“25 an. Die endgültige Schließung erfolgte am 22. Januar 1827.26

Um die Institution Pfandhaus nicht gänzlich aufzugeben, bemühte sich der Amberger Magistrat im Januar, März und Oktober 1826 um einen privaten Leihhausunternehmer, der 3.000 fl. Kaution stellen, nachweisbares Vermögen besitzen und über ein „feuerfestes Lokal“ verfügen sollte.27 Auf diese Ausschreibungen meldete sich jedoch niemand. Die Folgen der Pfandhausschließung be- schrieb Hubmann: „[...] gar manche Privaten liehen im Geheimen auf Pfänder und machten sich durch Wuchergeschäfte berüchtigt“.28

Der zweite Versuch in Amberg ein Leihhaus zu etablieren, scheiterte ebenfalls. Ab 16. Juli 1839 betrieb der ehemalige Gutsbesitzer Leonhard Weber, nachdem er eine Kaution von 3.000 fl. hin- terlegt und eine Brandversicherung abgeschlossen hatte,29 im Haus Lit. B Nr. 1630 (Tanzhaus-gasse 4) mit zwei angestellten Schätzern31 eine Pfandleihe. Er öffnete montags, mittwochs und samstags von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr.32 Nach der neuen städtischen Pfandhausordnung durfte Weber 10 5/6 % Zinsen erheben.33 Gut drei Jahre nach der Eröffnung hatte er 3.374 fl. Verlust er- wirtschaftet und sah allein in der Erhöhung des Zinssatzes eine Möglichkeit, den Bestand seiner Leihanstalt zu sichern. Am 4. November 1842 stellte Weber einen entsprechenden Antrag beim Magistrat, der nicht genehmigt wurde. Daraufhin änderte er eigenmächtig den Zinssatz. Dies brach- te ihm eine Strafe von 25 fl. und die Verpflichtung ein, 46 fl. 47 kr. 4 pf. zuviel erhobener Zinsen zurückzuzahlen. Weber blieb schließlich nur die Einstellung des Pfandhausbetriebs zum Ende des

rats mit Angaben zu den kommunalen Erträgnissen noch Stadtkammerrechnungen angefertigt wurden, ist nicht zu erse- hen, wann die Erhebung eingestellt wurde. Im Verwaltungsbericht der Jahre 1910 und 1911 ist der Aufschlag ausgewie- sen. Stadtkammerrechnungen 1918, VB 1910/1911, 81. Wie die spätere Aussage Fleischmanns zeigt, machte der Magistrat Regreßansprüche geltend. Vgl. S. 78. Gegen wen diese erhoben und in welchem Umfang sie befriedigt wurden, ist den Akten nicht zu entnehmen. 23 StadtAAm, Zg. I 2039, Protokoll der Magistratssitzung vom 21. August 1827. 24 Ebd. Rechnungen XV 43, fol. 2. 25 Ebd. fol 1. Hubmanns Angaben zur Schließung des Pfandhauses sind falsch. Er gibt Oktober 1826 an: „Um diese Zeit wurde die Leihhausanstalt in Amberg aufgehoben.“ Hubmann fol. 295. 26 IBl. Re. 1827, 276. 27 IBl. Re. 1826, 1447. 28 Hubmann fol. 295. Vgl. Schubert, Wucher. 29 StadtAAm, Zg. I 856/3, „Neuumgearbeitete Pfandhaus-Ordnung für die Stadt Amberg“ vom 1. Oktober 1839, § 2. 30 Ebd. § 1. 31 Nach der „Pfandhaus-Ordnung“ war Weber verpflichtet, zwei Schätzer einzustellen: „[...] der Eine für Kleider, Wäsche, Leinwand, Kupfer, Zinn etc., der Andere für Juwelen, Gold und Silber.“ Ebd. § 4. 32 Ebd. § 3. 33 Ebd. § 10. 109 Jahres 1842.34 Um wucherische Geschäfte, wie sie nach Schließung des städtischen Leihhauses betrieben wurden, zu unterbinden, verbot der Magistrat bei einer Geldstrafe von 50 fl. die Errich- tung von Winkelleihhäusern.35

Ein Jahr nach Schließung der Weberschen Pfandleihe beschäftigte sich der Magistrat erneut mit der Errichtung eines - aus Sicht der Stadtverwaltung ungeliebten - Leihhauses: „Vielfältige Erfahrungen haben den Magistrat zu der Überzeugung gebracht, daß ein Pfandhaus - wiewohl in mancher Be- ziehung ein Übel - dennoch für hiesige Stadt nicht entbehrt werden könne.“36 Die Diskussion in- nerhalb der Stadtverwaltung, ob eine städtische oder private Pfandleihe einzurichten und wie hoch der Zinssatz festzulegen sei, führte zu Anfragen bei 19 bayerischen Kommunen. Es ergab sich fol- gendes Bild:

Tabelle 1: Pfandleihanstalten in 19 bayerischen Städten - Zinssatz ohne Leihhaus Privatleihhaus städtisches Leihhaus Zinssatz37

Lindau38 Memmingen39 Hof40 Eichstätt41 10 5/6 % Ingolstadt42 10 5/6 % Kempten43 8 1/3 % Landshut44 10 % Neuburg (Donau)45 10 5/6 % Ansbach46 10 5/6 % Aschaffenburg47 ? Augsburg48 8 %

34 StAAm, Reg. Kdl Abg. 1949, 8313/1, Schreiben Webers an die Kreisregierung vom 6. März 1843. 35 Hubmann fol. 355v. 36 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8313/1, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 16. Januar 1844. 37 StadtAAm, Zg. I 856/3 „Auszug aus den Pfandhausordnungen mehrerer Städte Bayerns“ o. D. 38 Ebd. Schreiben des Magistrats Lindau vom 22. August 1843. 39 Ebd. Schreiben des Magistrats Memmingen vom 31. August 1843. In Memmingen hatte ein Privatleihhaus bestanden, das wegen Nichtnutzung geschlossen worden war. 40 Ebd. Schreiben des Magistrats Hof vom 21. August 1843. 41 Ebd. Schreiben des Magistrats Eichstätt vom 23. August 1843. Das Leihhaus bestand seit 1. Oktober 1807. 42 Ebd. Schreiben des Magistrats Ingolstadt vom 24. Oktober 1843. 43 Ebd. Schreiben des Magistrats Kempten vom 23. August 1843. Das Leihhaus bestand seit 1841. 44 Ebd. Schreiben des Magistrats Landshut vom 21. August 1843. Das Leihhaus bestand seit 1. Mai 1811. 45 Ebd. Schreiben des Magistrats Neuburg vom 15. Dezember 1843. Das Leihhaus bestand seit 1. Januar 1804. 46 Ebd. Schreiben des Magistrats Ansbach vom 23. August 1843. Das Leihhaus bestand seit 11. November 1826. Es war mit der Sparkasse verbunden. 47 Ebd. Schreiben des Magistrats Aschaffenburg vom 19. August 1843. Das Leihhaus wurde 1804 als Privatunternehmen errichtet. Im Jahr 1842 ging es in kommunalen Besitz über. 48 Ebd. Schreiben des Magistrats Augsburg vom 12. September 1843. Das städtische Leihhaus wurde 1591 eingerichtet und kurze Zeit später wieder geschlossen. Am 11. März 1603 folgte die Neueröffnung. Krauss 17. 110 ohne Leihhaus Privatleihhaus städtisches Leihhaus Zinssatz

Bamberg49 10 5/6 % Bayreuth50 ? Nürnberg51 7 1/2 % Passau52 10 5/6 % Regensburg53 10 % Schweinfurt54 6 2/3 % Straubing55 ? Würzburg56 6 2/3 %

Rund 70 % der bestehenden Pfandleihen wurden von Kommunen betrieben, nur fünf führte ein Privatunternehmer. Die Zinssätze schwankten zwischen 6 2/3 % und 10 5/6 %. Obwohl nicht alle angeschriebenen Magistrate Angaben zum Zinssatz gemacht hatten, läßt sich eine eindeutige Ten- denz feststellen: Fast die Hälfte der Leihhäuser, darunter drei der fünf privat geführten Unterneh- men, forderte wie die bisherige Amberger Pfandanstalt den Höchstzinssatz. Nur zwei städtische Leihhäuser entschieden sich für den niedrigsten Satz.

Der Amberger Magistrat konnte sich trotz der eindeutig überwiegenden Zahl kommunaler Pfand- häuser nicht entschließen, eine städtische Leihanstalt einzurichten. Die negative Erfahrung, die man mit dem ersten Leihhaus gemacht hatte, wirkte noch immer nach. Keinesfalls wollte man sich mit Kosten belasten, „denn [der Magistrat] hat bereits vor mehreren Jahren über die Rentierlichkeit des Leihhausgeschäftes eine unvergeßliche Lektion bekommen.“57 Es mußte wiederum ein privater Betreiber gefunden werden. Durch Webers Aufgabe war klar geworden, daß man nicht umhin kam, die Leihhausordnung zu überarbeiten, „da sie für einen Privatmann zu wenig lukrativ“58 er- schien. Der Zinssatz von 10 5/6 % sollte zwar beibehalten werden,59 doch eine Gebühr von 1 kr. je Versatzgut brächte entsprechende Mehreinnahmen. Bei durchschnittlich 9.000 Einsätzen jährlich könnte mit 150 fl. zusätzlichem Einkommen gerechnet werden. Der Magistrat ging dabei von We- bers Frequentierung aus: er hatte im 1. Jahr 7.474, im 2. Jahr 9.167 und im 3. Jahr 10.297 Einsätze.

49 Ebd. Schreiben des Magistrats Bamberg vom 5. September 1843. 50 Ebd. Schreiben des Magistrats Bayreuth vom 28. August 1843. Das Leihhaus bestand seit 4. Sept. 1823. Lang 31. 51 Ebd. Schreiben des Magistrats Nürnberg vom 21. August 1843. Das städtische Leihhaus wurde am 4. November 1618 im Kloster St. Klara eingerichtet. Die Augsburger Leihhausordnung diente als Vorbild. Krauss 18, 21. 52 Ebd. Schreiben des Magistrats Passau vom 22. August 1843. Das Leihhaus bestand seit 30. Mai 1815. 53 Ebd. Schreiben des Magistrats Regensburg vom 24 August 1843. 54 Ebd. Schreiben des Magistrats Schweinfurt vom 23. August 1843. 55 Ebd. Schreiben des Magistrats Straubing vom 22. August 1843. Das Leihhaus bestand seit 1820. 56 Ebd. Schreiben des Magistrats Würzburg vom 29. August 1843. Das Leihhaus bestand seit 1750. 57 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8313/1, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 16. Januar 1844. 58 Ebd. 59 Der höchste Zinssatz von 10 5/6 % wurde von sechs der 13 Leihhäuser, die Angaben dazu gemacht hatten, erhoben. Der Amberger Magistrat entschied sich aus ökonomischen Gründen für die Beibehaltung der 10 5/6prozentigen Verzin- sung und stimmte mit knapp der Hälfte der Pfandleihen überein. Da in Amberg ein privates Leihhaus errichtet werden sollte, dürften vorrangig die Zinssätze der fünf Privatleihanstalten das Interesse des Magistrats gefunden haben. Drei for- derten den Höchstsatz, eine hatte 10 % und eine weitere 8 1/3 % festgelegt. Der Zinssatz der künftigen Amberger Pfand- leihe lag somit an der Obergrenze, jedoch im üblichen Rahmen. 111 Darüber hinaus legte man fest, daß mindestens für ein Vierteljahr Zinsen zu entrichten seien, auch im Falle einer früheren Auslösung. Von jedem Gulden Pfanderlöses konnten 3 kr. zur De- ckung der Versteigerungskosten einbehalten werden.60 Mit diesen Satzungsänderungen61 hoffte man, das Interesse kapitalkräftiger Leihhausbetreiber zu wecken. Doch die Ausschreibungen vom 3./17./18. Dezember 184462 und vom 20. März 184563 blieben ohne Erfolg.64 Nach einer neuerli- chen Veröffentlichung am 25. Juni 184665 meldete sich der Kaufmann Ignatz Adam,66 dessen Vater seit 1825 in Eichstätt ein Leihhaus führte.67 Er erhielt von der Kreisregierung die notwendige Ge- nehmigung68 und eröffnete seine Pfandleihe im Herbst 1846 im Haus Lit. B Nr. 16 (Tanzhausgasse 4), das er Weber abgekauft hatte.69 Die Geschäfte Adams, die er nicht selbst führte, sondern sei- nem Bruder Eucharius oder seiner Ehefrau überließ,70 dürften sich erfreulich entwickelt haben,71 denn im Jahr 1852 wurde es notwendig, die Lagerkapazität zu erhöhen. Adam erwarb das Anwe-

60 StAAm, Reg,. KdI Abg. 1949, 8313/1, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 16. Januar 1844. 61 Genehmigung durch die Kreisregierung am 8. März 1844. Ebd. 62 IBl Opf. 1844, 2083; „Die Bayerische Landbötin“ 17. Dezember 1844, 1410; „Der Korrespondent von und für Deutschland“ Zweite Beilage zu Nr. 353 vom 18. Dezember 1844, 2201. Eine Konzession für die Dauer von 10 Jahren sollte unter folgenden Bedingungen erteilt werden: Kaution 3.000 fl., Brandversicherung für Pfänder, nach dem 1. Be- triebsjahr jährlich 30 fl. an die Armenkasse. 63 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8313/1, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 5. August 1846. 64 „In der Zwischenzeit wurde [mit wucherischen Leihgeschäften] viel Unfug getrieben.“ Hubmann fol. 368. Das Verbot des Magistrats und die Androhung einer Geldstrafe scheinen kaum Wirkung gezeigt zu haben. 65 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8313/1, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 5. August 1846. 66 Adam war 35 Jahre alt, verheiratet und kinderlos. Er betrieb seit 1832 in Eichstätt eine Spezerei-, Schnitt- und Tuchwa- renhandlung und arbeitete gleichzeitig im Pfandhaus seines Vaters mit. Sein Gesamtvermögen belief sich auf 30.000 fl. StadtAAm, Zg. I 856/3, Protokoll vom 30. Juli 1846; ebd. Zeugnis des Magistrats Eichstätt vom 1. August 1846. Adam gehörte zu den Mitinitiatoren des „Amberger Credit-Vereins“. Von der Eröffnung am 21. April 1870 bis zu seinem Tod am 26. Juli 1874 fungierte er als dessen Kassier. Eger/Laschinger/Schmidt 59f., 75; Dollacker, Amberg 142. 67 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8313/1, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 5. August 1846. Der Vater von Ignatz Adam dürfte der Kaufmann Euchar Adam gewesen sein, der in Eichstätt anfangs die Sparkasse betrieb. Trende 148. 68 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 28. August 1846. 69 Genehmigung zum Betrieb des Leihhauses am 4. August 1846. StadtAAm, Zg. I 856/3, Protokoll der Magistratssitzung vom 4. August 1846. Hubmann gibt als Eröffnungstermin den 16. November an. Hubmann fol. 381. 70 Ebd. Zg. I 856/4, Protokoll vom 3. Oktober 1848. Adam betrieb weiterhin seine Geschäfte in Eichstätt. 71 Zum Geschäftsverlauf der Privatleihanstalt läßt sich nichts sagen. Im Zug der fälligen Konzessionserneuerung äußerte sich Adam zu den Einnahmen und Ausgaben des Jahres 1863: Einnahmen: 540 fl. Zettelgeld (= Pfandscheingebühren) für 17.777 versetzte Pfänder im Wert von 38.677 fl. 2.552 fl. Zinsen für 18.215 ausgelöste Pfänder im Wert von 39.685 fl. 3.092 fl. Ausgaben: 2.000 fl. Zinsen für die liquiden Mittel von 40.000 fl. 90 fl. Entlohnung für 2 Schätzer 27 fl. Kosten für 3 Versteigerungen 42 fl. Kosten für Geschäftsbücher und Leihzettel 9 fl. Kosten für Schreibmaterialien 42 fl. Feuerversicherungsprämie für Pfänder 9 fl. Prämie der Gebäudebrandversicherung 34 fl. Pflichtbeitrag zur Armenkasse 30 fl. freiwillige Unterstützung der Armenkasse 23 fl. Beleuchtungskosten 50 fl. Verlaßgelder 36 fl. Quartierlast 3 fl. kommunale Lasten 91 fl. Steuern 2.486 fl. Adam verblieben 606 fl. 49 kr. 2 pf. Ebd. Schreiben Adams an den Magistrat vom September 1864, o. T. 112 sen Lit. B Nr. 26 (Deutsche Schulgasse 7), das rückwärtig an das Leihhausgebäude stieß. Beide Häuser wurden durch Mauerabbrüche und Umbauten miteinander verbunden.72

Im Dezember 1872 trat Adams Sohn Emanuel,73 bisher als Buchhalter beschäftigt, in das väterliche Geschäft ein, das er bis 1879 führte.74 Er mußte zuletzt feststellen, daß der Betrieb unrentabel ge- worden war75 und schlug vor, Pfandleihe und Sparkasse zu vereinen. Der Magistrat lehnte ab und bot die Umwandlung in ein städtisches Leihhaus an.76 Er beabsichtigte eine rein formale Übernah- me durch die Kommune, der Adam zustimmte. Die Leihanstalt wurde in dessen Häusern belassen77 und ein Mietzins von jährlich 1.000 Mark vereinbart.78 Adam übernahm die Aufgaben des Verwal- ters, ohne gleichzeitig in städtischen Dienst zu treten.79 Er hatte jährlich 500 Mark an die Stadt- kammer zu entrichten und durfte den Resterlös als Gehalt für sich und sein Personal - er beschäftig- te seine Ehefrau Karoline und gelegentlich Taxatoren - einbehalten.80

Nach den neuen Statuten wurde ein jährlicher Zinssatz von 24 % erhoben.81 Damit forderte die Pfandleihe in Amberg den höchsten Zinssatz aller kommunalen bayerischen Pfandleihen.

Tabelle 2: Jahreszinssätze bei bayerischen kommunalen Leihhäuser 188082 Ort Jahreszinssatz Ort Jahreszinssatz

Amberg 24 % Bayreuth 12 % Freising 20 % Donauwörth 12 % Burghausen 18 % Erlangen 12 % Deggendorf 18 % Hof 12 % Straubing 18 % München 12 % Landhut 18 % Neumarkt 12 % Rosenheim 18 % Passau 12 % Aschaffenburg 12 % Schweinfurt 12 % Bamberg 12 % Würzburg 12 %

72 Ebd. Protokoll vom 2. September 1852. 73 Emanuel Adam übernahm ab Mitte 1874 die Nachfolge seines Vaters als Kassier des „Amberger Credit Vereins“. E- ger/Laschinger/Schmidt bezeichnen ihn irrtümlich als Neffen Ignatz Adams. Ebd. 75. 74 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8313/1, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 20. Dezember 1872 und 10. April 1880. 75 Inwieweit die Konkurrenzsituation, die durch die Eröffnung der Privatpfandleihe der Schreinerswitwe Anna Amode (Lit. B Nr. 105 = Viehmarkt 13) entstanden war, an der wenig einträglichen Situation Schuld trug, läßt sich nicht sagen. Adam gab für 1879 einen Gesamtumsatz von 77.065 Mark, Amode einen solchen von 14.772 Mark an. Sie hatte ihr Geschäft 1878 eröffnet. Wie lange es bestand, ist unbekannt. StadtAAm, Zg. I 256 b, Stellungnahme des Rechtsrats Schön vom 10. August 1904. 76 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8313/1, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 10. April 1880. 77 Ebd. „Statuten für die Pfandleihanstalt der Stadt Amberg“ vom 1. Juni 1880, § 2. 78 Ebd. 8313/2, Schreiben des Magistrats an das Staatsministerium des Innern vom 4. Januar 1905. 79 Ebd. 8313/1, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 13. Mai 1880. 80 Ebd. 8313/2, Schreiben des Magistrats an das Staatsministerium des Innern vom 4. Januar 1905. 81 Ebd. 8313/1, „Statuten für die Pfandleihanstalt der Stadt Amberg“ vom 1. Juni 1880, § 11. 82 Ebd. 8313/2 „Übersicht über die Höhe der Leihzinsen [...] bei den gemeindlichen Leihanstalten“, o. D. 113

Ort Jahreszinssatz Ort Jahreszinssatz

Augsburg 10 % Ansbach 10 % bis 99 Mark 6 % bis 499 Mark 5 % über 500 Mark Ingolstadt 10 % Dinkelsbühl 10 % bis 50 Mark 8 % über 50 Mark Kaufbeuren 10 % Nürnberg 9 % Kempten 10 % Regensburg 8 % Neu-Ulm 10 % Fürth 6 2/3 %

Ein Viertel der Leihhäuser überstiegen den durch die Verordnung vom 12. August 1879 festgeleg- ten Höchstzinssatz von 12 % jährlich, Amberg um das Doppelte; 11 Pfandleihen berechneten den vorgeschriebenen Zinssatz; 10 Leihanstalten erhoben einen geringeren Zins. Der hohe Zinssatz galt für das Amberger Leihhaus wahrscheinlich bis zum Ende des Betriebs, in jedem Fall bis zum Aus- scheiden Adams.83 Der Verstoß gegen die ministerielle Bekanntmachung vom August 1879 über den Geschäftsbetrieb der Pfandleiher84 hatte eine Maßregelung der Kreisregierung, die den Statuten zugestimmt hatte, durch das Staatsministerium des Innern zur Folge. Dieses ordnete an, den Leih- betrieb zum 31. Dezember 1881 einzustellen.85 Knapp einen Monat nach der Schließung erklärte der Magistrat, daß sich kein Privatbetreiber finde, der zum gesetzlich vorgeschriebenen Zinssatz von maximal 12 % den Betrieb übernehme. Die einzige Möglichkeit zur Fortführung der Pfandlei- he, sei die erneute Übernahme durch Adam zu den schon 1880 geltenden Bedingungen.86 Die Kreisregierung, die bereits die Statuten des Jahres 1880 ohne Beanstandung genehmigt hatte, stimmte auch hier - trotz des erhaltenen Verweises - ohne Einwände zu.87 Das städtischen Leih- haus, das täglich von 8 bis 11 Uhr und von 14 bis 17 Uhr, beziehungsweise 16 Uhr zur Winterzeit, geöffnet wurde, beschäftigte nun vier Personen: den Verwalter Emanuel Adam, dessen Ehefrau Karoline, eine Angestellte und eine Magd.88 Im Mai 1904 teilte Adam dem Magistrat mit, daß er sich wegen vorgerückten Alters und Kränklichkeit seiner Frau aus seiner Tätigkeit zurückzuziehen wünsche und bot seine Anwesen der Kommune zum Kauf an.89 Die städtischen Gremien waren übereingekommen, die Leihanstalt fortbestehen zu lassen, deshalb stimmten Sie dem Kauf der bei- den Häuser unter der Bedingung zu, daß Adam weiterhin als Verwalter zur Verfügung stehe.90 Die- ser willigte ein, und die Kommune erwarb die beiden Gebäude am 25. November 1907 zum Preis

83 StadtAAm, Zg, I 256 b, „Vertrag zwischen der Stadtgemeinde Amberg und den Leihhausverwalterseheleuten Emanuel und Karoline Adam“ vom Januar 1908, o. T., § 4. 84 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8313/1. 85 Ebd. 8313/2, Schreiben des Staatsministeriums des Innern an die Kreisregierung vom 24. Oktober 1880. 86 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 9. Februar 1882. 87 Ebd. Schreiben der Kreisregierung vom 22. Februar 1882. 88 Ebd. 8313/1, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 13. Mai 1880; ebd. 8313/2, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 27. Dezember 1885. 89 StadtAAm Zg. I 256 b, Schreiben Adams an den Magistrat vom 4. Mai 1904. 90 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8313/2 Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 26. Januar 1907. 114 von 39.000 Mark.91 Im April 1911 kündigte Adam sein endgültiges Ausscheiden zum 1. Mai 1912 an.92 Als neuer Verwalter wurde der Gasthofbesitzer Wilhelm Mayerhofer bestellt, da sich dessen Ehefrau und die beiden Töchter bereit erklärten, im Leihhausbetrieb mitzuarbeiten. Ohne eine solche Verpflichtung hätte die Stadtverwaltung drei Beamte und eine Hilfskraft zur Führung des Leihhauses ab- beziehungsweise neu einstellen müssen; die finanzielle Belastung hätte ein Weiterführen unmöglich gemacht.93 Der 1. Weltkrieg beendete die Geschichte des zweiten kommunalen Leihhauses in Amberg. Man hatte Mayerhofer für die Zeit vom 1. August 1914 bis 1. August 1916 ein jährliches Einkommen von 4.000 Mark garantiert. Bereits im ersten Kriegsjahr mußten 1.522 Mark zugeschossen werden, in unsicherer Zeit ein zu hoher Betrag für die Stadtverwaltung.94 Zudem drohten durch die Baufäl- ligkeit vor allem des rückwärtigen Gebäudekomplexes (Deutsche Schulgasse 7) - das Waschkü- chengewölbe war bereits eingestürzt95 - hohe Kosten für Reparaturen oder für Abriß und Wieder- aufbau zu entstehen. Die beiden städtischen Gremien entschieden daher, die kommunale Pfand- leihe aufzuheben und Mayerhofer gleichzeitig die Übernahme als Privatbetrieb anzubieten.96 Er stimmte zu und schloß mit dem Magistrat einen Pachtvertrag für das noch nutzbare Gebäude Tanzhausgasse 4. Ab 1. August 1916 führte der ehemalige Verwalter das Leihhaus auf eigene Rechnung fort.97 Der Pachtvertrag lief bis 31. Juli 191998 und wurde danach nicht mehr verlän- gert.99 Mayerhofer stellte den Leihbetrieb ein.

91 StadtAAm, Zg. I 256 b, Notariatsurkunde vom 25. November 1907. Die zum Kauf erforderliche Summe von 39.000 Mark wurde zu 4 % bei der städtischen Sparkasse aufgenommen. Verzinsung und Tilgung erfolgten mit jährlich 1.950 Mark aus den Einnahmen der Leihanstalt. Ebd. Schuldentilgungsplan vom 1. September 1906. 92 Ebd. Schreiben Adams an den Magistrat vom 22. April 1911. 93 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8313/2, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 24. November 1911. 94 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 8. März 1916. 95 StadtAAm, Zg. I 256 b, „Stellungnahme zum Zustand des städtischen Leihhauses“ vom 6. März 1916. 96 Ebd. Protokoll der Magistratssitzung vom 20. Juli 1916. 97 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8313/2, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 28. März 1917. 98 StadtAAm, Zg. I 256 b, Schreiben Mayerhofers an den Magistrat vom 25. Oktober 1916. 99 Die Häuser Lit. B Nrr. 16 (Leihhaus - Tanzhausgasse 4), 19 (Tanzhausgasse 2), 24 (Deutsche Schulgasse 3), 25 (Deut- sche Schulgasse 5), 26 (Leihhausrückgebäude - Deutsche Schulgasse 7) wurden 1925 abgerissen und bildeten „den Grundstock zum Lyzeumsneubau“. Dr.-Johanna-Decker-Schulen 45; Planskizze des überbauten Areals ebd. 46f; zur Geschichte der Schulen 13 - 45; heute Dr.-Johanna-Decker-Gymnasium und Realschule der Armen Schulschwestern, Deutsche Schulgasse 2. Vgl. Müller 179f. 115 F) 1840 BIS 1848 I. Der Neubeginn 1. „Laut sind die Klagen“: die Situation der Sparer nach Schließung der Sparkasse Die Schließung der Sparkasse blieb natürlich nicht ohne Folgen, im besonderen nicht für den ärme- ren Teil der Sparer. Die Gemeindebevollmächtigten beklagten sich heftigst beim Magistrat: „Die schon so lange bestehende Sperrung der Sparkassa hat schon viele Personen, welche ihr Geld in gutem Glauben diesem Institute übergeben, und auf die Statuten des selben vertrauen, dieses im Falle des Bedarfes wieder zurück zu erhalten hofften, in große Verlegenheit und bedeutende Unkosten versetzt. Es sind Fälle bekannt, daß Leute welche 200 fl. einlegten, dieses Geld notwen- dig brauchten und es wegen der so lange bestehenden Sperre nicht erhalten konnten, dieses Gut- haben mit einem Verlust von 25 bis 40 fl. verkaufen mußten. Laut sind die Klagen über diese ver- fügte, und so lange andauernde Sperre, und auch gerecht, und der Kredit und das Vertrauen, das man sonst unbedingt dem Gemeindevermögen schenkte, muß notwendiger Weise dadurch er- schüttert werden.“1 Daran, daß „mehrere Einleger bemüßiget gewesen sein sollen, ihre Darlehen in wucherische Hände zu verhandeln, weil derlei Quittungsbücher nach den älteren Statuten2 nicht einmal ins Leihhaus getragen werden durften“,3 kann nach obiger Aussage keinerlei Zweifel beste- hen. Klage führte auch das Kreis- und Stadtgericht Amberg in seiner Funktion als Obervormund- schaftsbehörde.4 Am 7. Juli 1840 wandte sich das Gericht, nachdem eine Eingabe beim Magistrat ohne Ergebnis geblieben war,5 an die Kreisregierung und machte darauf aufmerksam, daß durch die Schließung der Sparkasse trotz ergangener Gerichtsbeschlüsse weder Gelder angelegt noch bereits angelegte ausbezahlt werden könnten: „Um Beweis zu liefern, wie Schade bringend die Sperre für die bei fraglicher Kasse anzulegenden Pupillengelder wegen Zinsenentgang ist, erlaubt man sich ein Verzeichnis vorzulegen. Seit 12. Febr. [1840] hätten 976 fl. 38 kr. angelegt werden können. Zur Unterstützung der Kuranden hätte nach Gerichtsbeschlüssen ausbezahlt werden sol- len: 670 fl. 26 kr.“ Gegen daraus erwachsende Regreßansprüche von seiten der Mündelvertreter verwahrte sich das Gericht vorsorglich. Man bat, besonders im Hinblick auf „zum Teil tägliches Andringen der ärmeren Partheyen“, für eine möglichst schnelle Wiedereröffnung der Sparkasse zu sorgen. Sie hing von der Überarbeitung der Statuten und deren anschließende Genehmigung durch die Kuratelbehörde ab.

1 StadtAAm Zg. I 2058, Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 26. Juni 1840. 2 Stat. 1825 § 21 schrieb vor, daß „das Sparbuch eines Teilhabers dieser Anstalt [...] von diesem an einen Dritten weder cediert, noch verpfändet oder verkauft werden“ kann. 3 StAAm Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209 I, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 2. Juli 1840. 4 Ebd. Schreiben des Kreis- und Stadtgerichts an die Kreisregierung vom 7. Juli 1840. In welcher Höhe Mündelgelder bei der Sparkasse angelegt wurden, ließ sich nicht ermitteln. 5 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 2. Juli 1840. 116 2. Statuten nach Regensburger Vorbild Am 2. Juli 1840 hatte die Stadtverwaltung der Kreisregierung einen Entwurf zur Umarbeitung der Statuten vorgelegt. Nach Rücksprache mit dem Magistrat der Stadt Regensburg6 schlug man folgen- de Änderungen vor:7 (1) Da die Sparkasse wie jede andere städtische Einrichtung unter magistratischer Verwaltung steht und „deshalb gehörig kontrolliert erscheint“,8 bedarf es keines eigenen Vorstands für das Institut. (2) Die Zulassung zur Sparkasse wird, dem Beispiel Regensburgs folgend, „nicht bloß auf Dienstbo- ten, Handwerksgesellen und Lehrlinge [beschränkt], sondern auch auf solche unbemittelte Per- sonen, welche kein Realitäten Vermögen besitzen, ausgedehnt“. Ferner werden wie bisher Kin- der9 aufgenommen, „weil sich die Jugend hiedurch an Sparsamkeit gewöhnt, die für sie im spä- teren Alter von großem Vorteile ist.“ (3) Bei der Sparkasse in Regensburg sind spezielle „Einlagscheine“10 eingeführt, die man in Amberg für wenig nützlich hält, da „einzelne Papiere durch das Zusammenlegen sich leicht abnützen und zerreissen und wenn ein Individuum mehrere Einlagen macht, also auch mehrere Scheine erhält, von den selben sehr leicht einer verloren gehen kann, während ein in Deckel gebunde- nes Buch besser zur Verwahrung sich eignet“. Man hat deshalb wie in der Vergangenheit vor, Quittungsbücher auszugeben. (4) Das für jeden Einleger notwendige Quittungsbuch verursacht Kosten. Zur Deckung werden künftig bei Neuausstellungen einmalig 6 kr. je Buch eingezogen. Dieser Kostenfaktor muß den

6 Die Amberger Stadtverwaltung bat um Übersendung der Statuten und um Leerformulare sämtlicher Bücher, die bei der dortigen Sparkasse geführt wurden. StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an den Magistrat der Stadt Regens- burg. vom 30. Mai 1840. 7 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209 I, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung. vom 2. Juli 1840. 8 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 15. Mai 1840. 9 In den Statuten der Sparkasse Regensburg fehlt die ausdrückliche Erwähnung von Kindern als Sparkassennutzungsbe- rechtigte. Trotzdem waren sie als Sparer zugelassen. Nachdem das erste Geschäftsjahr völlig unbefriedigend verlaufen war, hatte man sich neben einer Zinserhöhung entschlossen, Kinder aller Bevölkerungsschichten zuzulassen. Die königli- chen Schulbezirksinspektoren wurden aufgefordert, „die Kinder hierüber zu belehren, und sie aufzumuntern, ihre kleinen Geschenke zusammen zu halten, und diese Ersparnisse von Zeit zu Zeit anzulegen, um sie schon in der frühsten Jugend an Sparsamkeit zu gewöhnen.“ Schreiben des Regensburger Magistrats an die Stadtschulbezirksinspektionen vom 15. Januar 1824, abgedruckt in: Gömmel/Boniakowski 29. 10 Einen solchen „Einlagschein“ hatte die Stadtverwaltung auf ihre Anfrage vom 30. Mai 1840 zusammen mit einem „HauptbuchsFoliumFormular“ und einem „JournalFormular“ erhalten. StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Regensburger Magistrats an den Amberger Magistrat vom 19. Juni 1840. Der Rückseite des Scheins konnte der Sparer statutarische Angaben entnehmen: „§ 1 Nur der wirkliche Darleiher ist als rechtmäßiger Besitzer dieses Scheins anerkannt, daher solcher weder verkauft, verpfändet, verschenkt, noch auf irgend eine andere Weise veräußert werden kann. § 2 In den nächsten acht Tagen nach jedem Ziel werden Einlagen angenommen, und vom Ziel an verzinset; nach Verfluß dieser 8 Tage können zwar jede Woche am Donnerstag von 9 bis 12 Uhr Einlagen gemacht werden, deren Verzinsung beginnt jedoch erst am nächsten Ziel. § 3 Rückzahlungen können nur nach vorangegangener viertel jähriger Kündigung verlangt und bewirkt werden; womit jedoch nur volle Jahreszinsen zu vergüten kommen. § 4 Einlagen unter einem Gulden und über Hundert Gulden auf einmal werden nicht angenommen. § 5 Jeder Gulden wird mit zwey Kreuzer des Jahres verzinset, und wenn die Zinsen einen Gulden betragen, so werden sie zum Kapital geschlagen, und ebenfalls verzinset. § 6 Nur Dienstboten, Handwerks=Gesellen und unbemittelte Personen, welche in Polizey=Bezirke dienen, arbeiten oder wohnhaft sind, werden als Theilnehmer an der Anstalt zugelaßen.“ StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Regensburger Magistrats an den Amberger Magistrat vom 19. Juni 1840, „Einlag- schein“. Sparkassenscheine blieben in Regensburg noch bis 1895 in Gebrauch. Im Zug der Umorganisation des Rech- nungswesen und der Einrichtung der monatlichen Verzinsung wurden ab 1. April 1895 auf den „allgemein gehegten Wunsch des Publikums“ hin Sparkassenbücher eingeführt. Gömmel/Boniakowski 57f. 117 Sparern bekannt gemacht werden, „damit Jeder sich im voraus überzeugen könne, welche Leistungen gefordert werden.“ (5) Im Januar bleibt die Sparkasse wegen der jährlichen Zinsberechnung geschlossen. (6) Der nach dem früheren § 11 auf 300 fl. festgesetzte Maximalanlagebetrag11 wird auf 250 fl. ge- senkt, wobei jährlich nicht mehr als 200 fl. angelegt werden dürfen, „weil sich die Sparkassa wahrlich nicht damit beschäftigen kann, anwachsende Einlags-Kapitalien [...] ausleihen zu lassen und allenfallsige Haftungen desfalls zu übernehmen.“ (7) Ein besonderer „Übelstand“ erwuchs in der Vergangenheit aus der Tatsache, daß alte Einlagen zu 3 1/2 % und neue Einlagen zu 3 % verzinst wurden. „Es hat diese Einrichtung zu vielen Ver- wirrungen Veranlassung gegeben und jedenfalls die Zinsenberechnung, also auch das Geschäft des Kassiers, in hohem Grade erschwert.“ Rückwirkend ab 1. Februar 1840 wird daher für alle Einlagen grundsätzlich ein Zinssatz von 3 % berechnet. (8) Wie bisher beginnt die Zinsberechnung nicht mit dem Tag der Einzahlung, sondern mit dem ersten Tag des Folgemonats. Bei der Rückzahlung der eingelegten Gelder werden die Zinsen nur mehr bis zum vorhergehenden Monat berechnet, da die Sparkasse ihrerseits bei Rückzahlung der bei der Staatsschuldentilgungskasse angelegten Gelder Zinsen nur bis zum letzten Tag des vorausgehenden Monats erhält, denn „sie kann ja nicht Zahlungen leisten, die sie selbst nicht in Einnahmen bringt.“ Zinsen, die bis zum 14. Februar eines Jahres nicht erhoben werden, können nicht vom 1. Februar, dem Beginn des Geschäftsjahres an, sondern erst ab 1. März kapitalisiert werden. (9) Um einem eventuellen Bargeldmangel vorzubeugen, muß eine Kündigungsfrist für Guthabe- nauszahlungen festgelegt werden. Der in Regensburg vorgesehene Zeitraum von einem Viertel- jahr erscheint dem Magistrat zu lang, da „Handwerksgesellen, Dienstboten und ärmere Indivi- duen“ bei Wechsel oder Wanderung einen solchen Zeitraum nicht zuwarten können. Man schlägt deshalb eine monatliche Kündigung vor. (10)Nach § 24 der alten Statuten hätte die Rechnungsstellung vier Wochen nach dem Jahre- sabschluß erfolgen müssen. Dies war bisher nie gelungen, da die Abschlußarbeiten mehr als ei- nen Monat in Anspruch nahmen, Vorarbeiten im Januar wegen der Zinsberechnungen nicht er- folgen konnten und es dem Kassier nicht möglich war, seine gesamte Arbeitskraft einzig der Sparkasse zur Verfügung zu stellen. Die Frist zur Vorlage des Jahresabschlußberichts sollte daher von vier auf acht Wochen verlängert werden. (11)Im „Plan über die innere Einrichtung der Sparkasse“12 war unter Nummer 9 festgelegt worden, daß die zum Ende eines Arbeitstages eingenommenen und nicht ausgeliehenen Gelder aus- schließlich vom Kassier verwaltet werden. Dies hielt man für nicht mehr angemessen. Der Ma- gistrat hatte bereits am 30. Oktober 183813 beschlossen, die Sparkasse in Zukunft unter die

11 Gemeint ist die Gesamteinlage je Sparer einschließlich Zinsen. 12 Vgl. S. 49. 13 StadtAAm, Sitzungsprotokolle des StadtMagistrats Bd. 98, 30. Oktober 1838. 118 „kumulative Sperre“ zweier Verwaltungsmitglieder, nämlich des bürgerlichen Magistratsrates und des Kassiers zu stellen.14 Diese Bestimmung sollte in die neuen Statuten aufgenommen werden. (12)Nach Meinung der Stadtverwaltung ist es nicht sinnvoll, der überarbeiteten Satzung Honorarre- gelungen hinzuzufügen. Mit Schreiben vom 15. Mai hatte die Kreisregierung einen Pauschalbe- trag von 300 fl. als Remuneration genehmigt,15 dies jedoch am 25. Mai16 revidiert und nun eine Verteilung der jährlichen Überschüsse vorgesehen. Daraus ergäbe sich für die Zukunft folgende Zuweisungen:

Reservefonds 4/40 Magistratsrat 6/40 Gemeindebevollmächtigter 6/40 Kassier 20/40 Diener 2/40 Armen- oder Krankenhausfonds 2/40

Dem will der Magistrat nicht zustimmen, da sich erst nach Ablauf von zwei Jahren17 ersehen läßt, in welcher Höhe Überschüsse erwirtschaftet wurden. Bis dahin ist unbedingt eine Festho- norierung notwendig, die aus 200 fl. für den zukünftigen Kassier Betz18 und 200 fl. für die übrige Sparkassenkommission bestehen muß. Sollte die Kreisregierung hierauf nicht eingehen, bliebe die Sparkasse trotz der Klagen der Amberger Bevölkerung weiterhin geschlossen. Da also eine klare Regelung frühestens in zwei Jahren möglich sein wird, kann die Honorarverteilung nicht Teil der Statuten werden. (13)Nach dem Vorbild der Sparkasse Regensburg beabsichtigt man, künftig nur noch drei Bücher zu führen, für die jeweils ein Verwaltungsmitglied verantwortlich zeichnet:

Hauptbuch - Kassier Journal19 - Gemeindebevollmächtigter Vormerkungsbuch - Magistratsrat.20

14 Bei der Sparkassenkommissionssitzung am 8. November 1838 bestätigten die Mitglieder von dieser Anordnung Kennt- nis genommen und sie umgehend in die Tat umgesetzt zu haben. „Den beiden Kassamitgliedern wurde schließlich eröff- net, daß in Zukunft alle Gelder der Sparkasse, welche nicht sogleich am nämlichen Tag ihrer Einnahme der Post zur Einlieferung an die Staatsschuldentilgungskasse übergeben werden können, stets in die Kassa gebracht werden müssen, und daß dieselbe fortwährend unter kumulativer Sperre zu halten sei.“ StadtAAm, Zg. I 2058, Protokoll der Sparkassen- kommissionssitzung vom 8. November 1838. 15 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 15. Mai 1840. 16 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 25. Mai 1840. 17 Diesen Zeitraum veranschlagte die Sparkassenverwaltung für die Rückzahlung der Guthaben an die Einleger, die ab sofort zur Sparkasse nicht mehr zugelassen waren. StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209 I, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 2. Juli 1840. 18 Betz war nicht bereit, ohne Zusage von 200 fl. jährlicher Entschädigung die Stelle als Kassier zu übernehmen. Stad- tAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 15. Mai 1840. 19 Aus Kontrollgründen sollte das Journal am Ende eines Tages von allen drei Kommissionsmitgliedern unterschrieben werden. 20 In der Verwaltungspraxis ergaben sich im Laufe der folgenden Jahre Änderungen in den Buchführungen. Der Kassier übernahm die Zuständigkeit für Journal, Hauptbuch und das gesamte Rechnungswesen. Der Magistratsrat erledigte die Auszahlungen. Beide teilten sich die Verantwortung für die Kasse. Damit oblag dem Gemeindebevollmächtigten als drit- tem Verwaltungsmitglied keine spezielle Aufgabe mehr. StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 Bd. I, Schreiben des Magist- rats an die Kreisregierung vom 3. November 1847; Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 4. November 1847; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 13. Januar 1848. Vgl. S. 161. 119

3. Die neuen Statuten vom 16. Juli 184021 Für die Ausarbeitung der revidierten Statuten standen dem Amberger Magistrat die sehr knapp ge- haltenen Statuten der Sparkasse Regensburg zur Verfügung. Ähnlich kurz wollte sich die Stadtver- waltung Ambergs jedoch nicht fassen. Sie hatte 15 Paragraphen entworfen, die die Kreisregierung am 16. Juli 1840 genehmigte.22 Diese unterschieden sich in einigen wenigen Punkten von den o- ben aufgezeichneten Vorschlägen. Die wesentlichste Änderung betraf die jährliche Maximaleinlage. Sie wurde wie in Regensburg auf 100 fl. festgelegt,23 ergänzt durch die Bestimmung, daß die Einla- gen sämtlicher Kinder einer Familie ebenfalls diesen Höchstbetrag nicht übersteigen durften.24 Mit dieser deutlichen Einschränkung beabsichtigte man, dem in der Vergangenheit oftmals beklagten „Mißbrauch“ der Sparkasse durch Einlagen auf die Namen sämtlicher Kinder einer Familie vorzu- beugen. Die Zinsberechnung hatte man ab dem 1. Tag des Anlagefolgemonats vorgesehen; sie erfolgte nun nach § 10 erst ab dem 1. Tag des nächsten Quartals. In Anlehnung daran wurden die Zinsen bei Rückzahlungen nur mehr bis zum vorausgehenden Quartal berechnet.25 Von einer mo- natlichen Kündigungsfrist sah man mit Ausnahme von Auszahlungen über 50 fl. ab.26 Zusätzlich aufgenommen wurde die Änderung der Öffnungszeit: Die Sparkasse war montags beziehungsweise dienstags, falls auf den Vortag ein Feiertag fiel, nur noch von 9 bis 12 Uhr geöffnet, ebenso an den beiden den bekannten Zieltagen folgenden Vormittagen und ausschließlich zur Zinsauszahlung an jeweils im Wochenblatt zu veröffentlichenden Tagen in der ersten Hälfte Februar.27 Wie vom Ma- gistrat unter Punkt (12) gefordert, fand die Verteilung der Honorare keinen Eingang in die Statuten. Desgleichen blieben die Punkte (10), (11) und (13) unberücksichtigt. Transitorisch wurde § 16 an- geschlossen. Er bestimmte, daß alle Einlagen über 250 fl. und alle Einlagen von Personen, die künf- tig von der Teilnahme an der Sparkasse ausgeschlossen waren, in möglichst kurzer Zeit zurückzu- zahlen sind. Die folgende Übersicht28 faßt die wesentlichen Punkte der Gründungs- und der revidierten Statuten zusammen und macht die Änderungen deutlich. Sie legt dar, daß im Prinzip alle Paragraphen Mo- difikationen unterworfen wurden. Nicht berührt waren die Zieltage und die Gewährträgerschaft der Sparkasse. Neu eingefügt wurden der quartalsmäßige Beginn beziehungsweise das quartalsmäßige Ende der Verzinsung. Die Vorlagefrist und die Verpflichtung zur öffentlichen Bekanntmachung der Jahresabschlußrechnung waren gänzlich gestrichen worden, da die Kreisregierung in ihrem Ge- nehmigungsschreiben untersagte, künftig Bestimmungen über Rechnungslegung und Kassenverwal- tung in die Statuten aufzunehmen.

21 StadtAAm, Zg. I 2058, Stat. 1840; abgedruckt Anhang S. 349ff. 22 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat der Stadt Amberg vom 16. Juli 1840. 23 Stat. 1840, § 7. 24 Ebd. § 2. 25 Ebd. § 10. 26 Ebd. § 11. 27 Ebd. § 5. 28 Regelungen, die ausschließlich das erste Jahr nach Inkrafttreten der revidierten Statuten betreffen, wurden nicht be- rücksichtigt. 120

Gründungsstatuten Statuten vom 2. Juli 1840 25 Paragraphen 15 Paragraphen unter Magistratsverwaltung, Gewährträger: Kommune unter Magistratsverwaltung, Gewährträger: Kommune vierköpfiges Verwaltungsgremium dreiköpfiges Verwaltungsgremium

Einlegerschaft: jedermann Einlegerschaft: Dienstboten, Handwerksgesellen, Lehr- linge, weniger bemittelte Personen, Kinder aller Bevöl- kerungsschichten ohne örtliche Begrenzung örtliche Begrenzung: nur Bewohner des Amberger Poli- zeibezirks gebührenfreie Ausstellung eines Quittungsbuches; Rück- Ausstellung eines Quittungsbuches mit einmaliger Ge- gabe bei Auszahlung des Gesamtkapitals; Verkauf, Ver- bührenerhebung von 6 kr.; Rückgabe bei Auszahlung des pfändung des Quittungsbuches nicht möglich; Vererbung Gesamtkapitals; Verkauf, Verpfändung, Verschenken des möglich Quittungsbuches nicht möglich; bei Teilnahmeberechti- gung Vererbung möglich, im anderen Fall Auszahlung

Zieltage: Lichtmeß (2. Februar), Walburgi (1. Mai), Lau- Zieltage: Lichtmeß, Walburgi, Laurenzi, Martini renzi (10. August), Martini (11. November)

Öffnungszeiten: montags, bei Feiertagen dienstags, 9 bis Öffnungszeiten: montags, bei Feiertagen dienstags, von 9 12 Uhr (Einzahlungen) und 14 bis 16 Uhr (Rückzahlun- bis 12 Uhr; an den beiden den Zieltagen folgenden gen); an den beiden den Zieltagen folgenden Vor- und Vormittagen; zusätzlich mehrere Tage in der ersten Nachmittagen Hälfte Februar zur Zinsauszahlung mit Terminveröf- fentlichung im Wochenblatt

Zinsberechnung im Januar mit Schließung der Sparkasse in Zinsberechnung im Januar mit Schließung der Sparkasse der 2. Hälfte Januar während des gesamten Januars

Einlagenhöhe: geringste Einlage 1 fl.; höchste jährliche Einlagenhöhe: geringste Einlage 1 fl.; höchste jährliche Einlage 250 fl.; mit Annahmeverweigerungsrecht Einlage 100 fl.; der Höchstbetrag gilt für sämtliche Kin- der einer Familie

Maximaleinlagebetrag (einschließlich Zinsen): 300 fl. Maximaleinlagebetrag (einschließlich Zinsen): 250 fl.

Zinssatz: 4 1/6 % (ab 15. April 1829 3 ½ %; ab 1. Oktober Zinssatz: 3 % 1835 3 % für Neueinlagen)

Verzinsung ab 1. Tag des dem Einlagetag folgenden Quartals; bei Rückzahlung bis Ende des dem Auszah- lungstag vorhergehenden Quartals keine Zinszahlung bei Rücknahme der Spargelder im er- keine Zinszahlung bei Rücknahme der Spargelder im er- sten Jahr sten Jahr

Kündigung: mündlich, Auszahlung zu Beginn des nach- keine Kündigungsfrist; Ausnahme: Auszahlungen über folgenden Monats; bei Begründung Ausnahme möglich 50 fl., hier monatliche Kündigung vorbehalten

Vorlagefrist der Jahresabschlußrechnung: 4 Wochen nach Abschluß; Überprüfung durch Magistrat; Veröffentlichung im Wochenblatt; Kontrolle durch Gemeindebevollmächtig- te; Revision durch Kreisregierung

121 4. Verwaltungsorganisatorische Änderungen Die unter den Punkten (10), (11) und (13) vorgeschlagenen Bestimmungen konnten nicht in die Statuten aufgenommen werden. Nichtsdestoweniger erwartete die Kreisregierung die Umsetzung der angesprochenen Pläne.29 Sie genehmigte die Verlängerung der Vorlagefrist für die Jahre- sabschlußrechnung bei den städtischen Behörden auf acht Wochen nach Ende des Geschäftsjahres. Binnen dreier Monate sollte die Abrechnung bei der Kuratelbehörde eingereicht werden. Genauso fand die Stellung der Kasse unter die gemeinschaftliche Sperre zweier Mitglieder der Sparkassen- kommission und die Reduzierung der Kassenbücher auf Haupt-, Tag- und Vormerkungsbuch ihre Zustimmung. Die noch immer schwebende Frage der Remunerationen wurde wie folgt entschie- den: Für das laufende Rechnungsjahr 1840/41 erhielt Kassier Betz 200 fl. Weitere 200 fl. wurden zu jeweils 6/20 an den Magistratsrat und den Gemeindebevolllmächtigten verteilt. 2/20 standen dem Diener zu. Von den übrigen 6/20 gingen 2/20 an den Armen- und 4/20 an den nun nicht mehr zu vermeidenden Reservefonds. Ab dem Geschäftsjahr 1841/42 ist von einer zahlenmäßig festgesetzten Honorierung abzusehen. Deren Höhe wird durch die jeweiligen Überschüsse be- stimmt werden. Die Verteilung folgt dem unter Punkt (12) der Vorschläge zur Abänderung der Sta- tuten aufgeführten Schlüssel.

5. Das Ende der dreizehnjährigen Auseinandersetzung Die Frage der offenen Remunerationen für die zurückliegenden Geschäftsjahre seit Sparkassen- gründung konnte nach der Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes nicht sofort geklärt werden, da die Höhe der Rentenüberschüsse noch zu ermitteln war. Vorab erhielt der nunmehrige Bürgermeis- ter Joseph Friedrich Rezer für seine Tätigkeit als Vorstand der Sparkasse 60 fl., der bürgerliche Ma- gistratsrat Karl Schloderer wurde mit 120 fl. entlohnt, dem Gemeindebevollmächtigten Anton Wimpeßinger30 gestand die Kreisregierung 30 fl. zu, dessen Nachfolger Franz Thaler 90 fl., der Kas- sier Anton Wernhammer bezog 360 fl. und der Diener Mehringer schließlich 80 fl.31 Der für Wern- hammer vorgesehene Betrag wurde nicht ausbezahlt, sondern zur Deckung seiner Haftungen als Stadtkämmerer und Hospitalverwalter einbehalten.32 Ein Jahr später stand dem Magistrat ein Ren-

29 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 16. Juli 1840. 30 Da Wimpeßinger zwischenzeitlich verstorben war, erhielten seine Erben den ihm zugeteilten Betrag. Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 24. September 1840v. 31 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 19. Sept. 1840; HASpAm-Su, Rechnung 1840/41, fol. 39f. 32 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 24. September 1840. Am 5. August 1840 erstattete der Magistrat wegen Wernhammers „bedeutendem Kassa Reste bei der Stadtkammer und Hospitalstiftung“ Anzeige bei der Kreisregierung, „damit nunmehr in Bälde die Administrativ-Untersuchung gegen ihn eingeleitet werde.“ Die Regierung ordnete die sofortige Suspendierung Wernhammers an. Er hatte ein Defizit von 1.127 fl. in der Stadtkam- mer und von 2.694 fl. in der Hospitalstiftung hinterlassen. Nach Abzug der beim Dienstantritt geleisteten Kaution und des Besoldungseinbehalts belief sich die Restschuld auf 1.888 fl. Die Untersuchung gegen Wernhammer ergab, daß dessen „Diensteshandlungen nicht bloße Rechnungsversehen sind, welche auf unrichtiger Rechnungsmanipulation oder auf Irrtum beruhten, sondern sie beweisen eine lose Amtsführung, eine offenbare Amtsuntreue und begründen den stärksten Verdacht förmlicher Unterschlagung.“ Trotz „des indizierten Verbrechens der Unterschlagung anvertrauter Gelder“ stimmten Magistrat und Gemeindebevollmächtigte überein, Wernhammer nach Genehmigung sei-nes Pensionierungsan- trages das volle jährliche Ruhegeld von 450 fl. zu gewähren. Allerdings verfügte die vorgesetzte Behörde einen jährlichen Behalt von 90 fl. zur Deckung des Defizits. Weitere Maßnahmen wurden nicht ergriffen. Wernhammer bot zusätzlich an, kostenlos im städtischen Archiv zu arbeiten, „weil es sich in ziemlicher Unordnung be-findet“. Zur „Unordnung“ im Archiv vgl. Laschinger, Archiv 166 - 168. Wernhammers dortige Tätigkeit blieb eine er-folglose. Zwei Jahre nach Beginn 122 tenüberschußbetrag von 2.855 fl. zur Verfügung. Von dieser Summe sollten 2.500 fl. an das bis zur Schließung der Sparkasse tätige Personal ausbezahlt werden, vorrangig an die Kassiere Mayer und Wernhammer für deren nicht unbeträchtliche Auslagen, die durch die Beschäftigung von Hilfs- kräften33 während der Zeiten der Zinsberechnung entstanden waren. Maßgeblich sollte der Vertei- lungsschlüssel der Gründungsstatuten sein.34 Dem stimmte die Regierung zu und verfügte, daß der Wernhammer35 treffende Betrag wiederum einzubehalten sei.36 Es erhielten

Josepf Friedrich Rezer 187 fl. Philipp Mayer 500 fl. Anton Wernhammer 625 fl. Anton Peßerl 150 fl. Joseph Anton Wimpeßingers Erben 118 fl. Franz Thaler 107 fl. Karl Schloderer 375 fl. Diener Mehringer 250 fl. Armenfonds 188 fl. 2.500 fl.37 Die 13 Jahre währende Auseinandersetzung um die Frage der Honorierung der Sparkassenkommis- sion war damit zu einem von allen Beteiligten akzeptierten Ende gekommen.

6. Der Sparkassenbetrieb geht weiter Nach der Genehmigung der Statuten am 16. Juli 1840 ließ der Magistrat durch ein Inserat im Wo- chenblatt, durch Aushänge an der Amtstafel und an der Tür der Sparkasse und durch Bekanntgabe über die Armenpflege veröffentlichen, daß die Sparkasse ab 5. August wieder geöffnet sein werde.38 Der bis zum 1. Februar 1840 der Sparkassenkommission angehörende Stadtkämmerer Anton Wernhammer übergab seine Geschäfte am 30. Juli 1840 an Stadtschreiber Thomas Betz.

seiner vergeblichen, möglicherweise nur halbherzigen oder durch gesundheitliche Einschränkungen begrenzten Bemü- hungen beschloß die Stadtverwaltung einen berufsmäßigen Archivar zu verpflichten. Laschinger, Archiv 167f. Ob die Unterschlagungen im Zusammenhang mit den erheblichen Kosten, die die Rechnungsführung bei der Sparkasse mit sich brachte, zu sehen sind, muß offen bleiben. Möglicherweise rührte die Geneigtheit der Stadtverwaltung, Wernhammer den vollen Pensionsanspruch nicht streitig zu machen, daher. Ebd. Zg. I 349, Schreiben des Magistrats an die Gemeinde- bevollmächtigten vom 10. August 1841; Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 31. August 1841; Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 30. September 1841; Schreiben des Magistrats an die Kreisregie- rung vom 24. Oktober 1841; Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 18. Februar 1842; Schreiben der Kreis- regierung an den Magistrat vom 23. Februar 1842. 33 Die Stadtverwaltung honorierte, daß sich „Wernhammer als damaliger Cassier der Sparcassa mehrere Jahre hindurch für äusserst mühsame Zinsenberechnungen und Vorarbeiten zur Rechnungsstellung der Beihilfe des Magistrats Diurnisten Christian Bräuhauser bedienen [mußte], und Letzterer außer den Kanzleistunden oft bis in die tiefe Nacht hinein ihn bei seinen nach dem damals bestehenden Rechnungswesen sehr verwickelten Arbeiten wesentlich unterstützte.“ Ebd. Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 30. September 1841. 34 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 8209 Bd. I, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 6. August 1841. 35 Der Magistrat beantragte, von den für Wernhammers Ausfälle einbehaltenen 625 fl. an den Diurnisten Bräuhauser 25 fl. auszahlen zu dürfen, womit Wernhammer ausdrücklich einverstanden sei. Diesem Antrag folgte zwar die Kreisregie- rung nicht, doch sie genehmigte „wegen ausserordentlicher Geschäftsaushilfe bei Bildung der Sparkassa Rechnungen bis 1839/40 eine Remuneration von 25 fl. aus dem bei der Sparkassa bestehenden Reservefonde“. StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben der Kreisregierung vom 18. Oktober 1841. 36 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 17. August 1841. 37 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Sparkassenverwaltung vom 27. August 1841; HASpAm-Su, Rechnung 1841/42, fol. 23. 38 StadtAAm, Zg. I 2058, Bekanntmachung vom 19. Juli 1840. 123 Die Sparkassenkommission bestand nun aus dem bürgerlichen Magistratsrat Karl Schloderer, dem Gemeindebevollmächtigten Franz Thaler und Betz als Kassier.

7. Rückzahlung nicht mehr zugelassener Einlagen Dem Magistrat wurde es „zur besondern Pflicht gemacht, für den ungesäumten Vollzug der §§ 2 und 16 der Statuten Sorge zu tragen.“39 Die Kreisregierung erwartete, daß die Kapitalien der nach der neuen Satzung nicht mehr zugelassenen Sparer und alle Einlagen, die die Summe von 250 fl. einschließlich Zinsen überschritten, innerhalb von drei Monaten zurückgezahlt werden. Inwieweit sich die Stadtverwaltung tatsächlich einen Überblick über die Höhe der einzelnen Guthaben ver- schaffen konnte, läßt sich nicht feststellen. Möglich wurde eine exakte Erfassung des Einzelgutha- bens wohl nur bei Vorlage des Quittungsbuches. Zweifelhaft erscheint, ob es Kassier Betz gelang, jeden nun nicht mehr zugelassenen Sparer als solchen zu erkennen und ihn konsequent auszu- schließen. Man versuchte von Rechnungsjahr zu Rechnungsjahr rückwärts Aufstellungen zu erarbei- ten, was sich wegen der Vielzahl der Posten als äußerst schwierig erwies. Die Klage darüber gipfelte in der Aussage, die Kasse sei „mehr einer ProvinzialKapitalsAnlage als einer Sparkasse gleichge- stellt“.40 Für das jüngst verflossene Jahr fehlten noch jegliche Daten, so daß der Magistrat 1838/39 als Ausgangsjahr nahm. Um die von der Aufsichtsbehörde geforderten Rückzahlungen bewirken zu können, setzte sich der Magistrat mit der Staatsschuldentilgungskasse in Verbindung, um zu erfah- ren, „unter welchen Bestimmungen diese Gelder41 [...] zurückbezahlt werden und wienach also eine hinaus Leitung der eingelegten Kapitalien und Zinsen an die Einleger möglich gemacht wird.“42 Er erhielt den Bescheid, „daß nur gehörig abquittirte Obligationen zurückgegeben werden dürfen, um das Geld nebst Zinsen bis zum Kapitalabquittierungstage zu erhalten.“43 Die von der Kreisregie- rung festgesetzte Rückzahlungsfrist von drei Monaten konnte die Sparkassenverwaltung nicht ein- halten. Mitte Juli 1842 schrieb der Magistrat: „Ein bedeutendes Quantum [der zurückzuzahlenden Spargelder] blieb bei der Kasse und liegt auch jetzt da.“44 Und noch zu Beginn des Jahres 1844 wurde „allen auswärtigen Eigentümern von Sparkassa-Einlagen eröffnet, [daß] in den ersten 8 Tagen des Februars 1844 diese Einlags-Kapitalien nebst den sich bis dahin berechneten Zinsen zurückzu- nehmen“ seien.45 Nach der Rechnung des Jahres 1840/41 wurden 104.481 fl. an die Einleger zu- rückgegeben. In welcher Höhe nicht mehr zugelassene Sparbeträge betroffen waren, ist nicht zu ermitteln. Geht man von den Rückzahlungen des Vorjahres aus, ist einerseits zu berücksichtigen, daß es sich dabei nicht um eine der bisherigen Entwicklung folgende Summe handelt, sondern um einen beträchtlich erhöhten Betrag, der wohl aus der Angst der Sparer zur Zeit der Auseinanderset-

39 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 16. Juli 1840. 40 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Staatsschuldentilgungskasse München vom 30. Mai 1840. 41 Bedauerlicherweise fehlt die auszuzahlende Summe. Möglicherweise lagen noch keine Zahlen vor, und man informier- te sich vorab über die Modalitäten. 42 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Staatsschuldentilgungskasse München vom 30. Mai 1840. 43 Ebd. Schreiben der Staatsschuldentilgungskasse Regensburg an den Magistrat vom 23. Juni 1840. 44 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 Bd. I, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 5. Juli 1842. 45 WBl 1844, 4. 124 zung mit der Kreisregierung resultierte. Ein in etwa halbierter Betrag wird dem „normalen“ Fortgang entsprechen, wie er sich im Jahr 1841/42 neuerlich abzeichnete. Andererseits ist die Tat- sache einzubeziehen, daß sich hinter der Rückzahlungssumme nicht nur die üblicherweise anfal- lenden Rückforderungen, im Jahr 1839/40 also geschätzte 16.000 fl., und die Zwangsauszahlungen verbergen, sondern sicherlich auch Rückzahlungen, die einem durch die Schließung genährten Mißtrauen eigentlich sparkassenberechtigter Einleger entsprangen. Geht man davon aus, daß die Summe aus diesen und den gewöhnlich anfallenden Forderungen in etwa dem Betrag des Jahres 1839/40 entspricht, wurden im Jahr nach der Schließung der Sparkasse circa 70.000 bis 75.000 fl. an nicht mehr berechtigte Einleger zurückbezahlt; dies machte 30 bis 32 % der Gesamteinlagen aus.46 Daß es sich hierbei nicht um die Totaleinlagesumme aller ausgeschlossenen Einleger handelt, erschließt sich aus Obigem. Man konnte lediglich diejenigen ausbezahlen, die Einlagen freiwillig zurücknahmen.

Tabelle 1: Kapitalrückzahlungen Sparkasse Amberg 1836/37 bis 1841/4247 Jahr Betrag

1836/37 10.816 fl. 1837/38 12.607 fl. 1839/40 33.046 fl. 1840/41 104.481 fl. 1841/42 17.868 fl.

8. Initiativen der Sparkassen Nürnberg und München Die Verwaltung der Sparkasse Amberg stand in der Vergangenheit dem Problem der kaum einzu- dämmenden Geldflut einigermaßen hilflos gegenüber. Die Sparkasse Nürnberg wurde mit densel- ben Schwierigkeiten konfrontiert, die letztlich aus einer fehlenden Einlegereingrenzung und ebenso aus einer nicht exakt definierten Einlagenhöchstgrenze herrührten. In der Folge sahen sich beide Träger der Sparkassen einer „gefahrvollen Steigerung“48 der Einlagen gegenüber, der in Amberg auf staatliche Initiative mit einer Neufassung der Statuten Einhalt geboten wurde. Anders als die völlig passive Amberger Stadtverwaltung, die keinerlei eigenverantwortliches Handeln erkennen ließ, machte man sich in Nürnberg bereits seit 1837 Gedanken über die der Kasse zuströsmenden Gel- der. Zwar sprach der Magistrat von einem „blühenden Wachstum des Instituts“, das „durch zuvie- les Umgraben nicht untergraben werden“49 sollte, doch war man sich im klaren, daß die Einlagen- höhe von 889.000 fl.50 keine Obergrenze darstellte und daß mit dem zu erwartenden weiteren Wachstum in gleichem Maße die Haftungsverbindlichkeiten stiegen. Auf Anregung des neu gewähl- ten 2. Bürgermeisters Bestelmeyer wurden die Statuten schließlich überarbeitet und die Sparkasse

46 Vgl. S. 147. 47 HASpAm-Su, Rechnungen 1839/40 fol. 31; 1840/41 fol. 36; 1841/42 fol. 22; 48 Benker 60. 49 Ebd. 69. 50 Ebd. 125 „auf ihren ursprünglichen Zweck, nur die Ersparniße von Dienstboten und anderen unbemittel- ten Personen aufzunehmen, zurückgeführt“.51 Die in Nürnberg noch üblichen Sparkassenscheine hatten es bislang unmöglich gemacht, einen exakten Überblick über den tatsächlichen Guthabens- tand des einzelnen Sparers zu erhalten. Sie wurden abgeschafft und nach Augsburger Vorbild Quit- tungsbücher ausgegeben. „Man wollte dadurch erreichen, daß Einleger, die mehr Scheine in Hän- den hatten und mehr als 300 fl. stehen hatten, erfaßt würden, denn dieser Betrag sollte jetzt als Höchstgrenze eingeführt werden.“52 Als zugelassene Sparer galten nach der neuen Satzung des Jahres 1840 allein „Dienstboten, Gesellen, minorenne Kinder und andre unbemittelte Personen.“53 Im Unterschied zur Sparkasse Amberg hatten hier lediglich Minderjährige aus den unteren Schich- ten Zugang zur Kasse. Die verpflichtende Bildung eines Reservefonds wurde statutarisch festgelegt. Dieser sollte „wenigstens 10 Procent des Gesammteinlagekapitals mit Zinsen und Zinseszinsen“ betragen und „zum Ersatz möglicher Verluste oder Ausfälle“ dienen.54 Der von Bürgermeister Bestelmeyer erhoffte Erfolg, ein verringertes Einlagenwachstums, blieb aus. Als Gründe für den an- haltenden Ansturm auf die Kasse waren genau diejenigen auszumachen, die Kniepert in seiner Ar- beit über die Würzburger Sparkasse darstellte.55 Die Neufassung der Statuten bot der Nürnberger Sparkassenverwaltung kein Instrument um zu verhindern, daß „Einlagen auf mehrere Quittungsbü- cher, auf die Namen der Kinder, auch auf falsche Namen“ gemacht wurden,56 wie es auch in Am- berg gängige Praxis gewesen war. Es ist nicht zu übersehen, daß die neue Satzung noch immer kei- ne tatsächliche Einlagenbegrenzung vorsah: „Die Einlagen werden von einem Gulden an, als der kleinsten, bis zu Einhundert und Fünfzig Gulden, als der größten auf einmal, angenommen. Nur ausnahmsweise können von Dienstboten, Gesellen und minorennen Kindern, größere Einlagen bis zur Summe von Dreihundert Gulden angenommen werden, wenn selbige nachzuweisen vermö- gen, daß solche Gelder von wirklichen Ersparnissen herrühren.“57 In Amberg versuchte man mit einem niedrigen jährlichen Höchstbetrag, der für jeweils eine Familie galt, dem „Mißbrauch“ ent- gegen zu wirken. Eine vergleichbare Regelung wurde in Nürnberg nicht aufgenommen. Mit einem enormen Anstieg der Einlagen kämpfte auch die Sparkasse München. Das Geschäftsjahr 1839/40 brachte mit Neueinlagen in Höhe von 1.450.659 fl. einen Guthabenstand von 5.070.467 fl.58 Daß ein beträchtlicher Anteil von Sparern aus der gutsituierten Mittelschicht stam- men mußte, zeigt eine Aufschlüsselung nach der Höhe der Einlagen: 1833/34 hatten 38,5 % aller Sparer Einlagen in Höhe von 201 fl. bis 1.000 fl. bei der Sparkasse untergebracht. Hier hatte man ebenfalls den „Mißstand“ der Sparkassennutzung durch wohlhabende Einwohner der Stadt und

51 Ebd. 69. 52 Ebd. 53 Ebd. 61 § 1. 54 Ebd. § 3. 55 Vgl. S. 68f. 56 Benker 69. 57 Ebd. 61f. § 6. 58 Hirschhorn 17. 126 des Umlandes erkannt: „täglich kann man sich überzeugen, daß Leute 1.500 fl. bis 2.000 fl. bringen, sagt man ihnen sie können nicht mehr als 300 fl. anlegen, so sind sie schon soweit unter- richtet, daß sie so viele Namen angeben bis sie die ganze Summe anlegen können.“59 Der Andrang in die Sparkasse verwundert nicht, betrachtet man andere Anlagemöglichkeiten. Die Münchner Pfandleihe fungierte nicht nur als Kredit-, sondern auch als Anlageanstalt. Um 1840 mußte man mit einer Wartefrist von bis zu einem Jahr rechnen, wollte man dort Gelder zu 3 % anlegen. Bei der Hypotheken- und Wechsel-Bank lag der Zinssatz niedriger; sie gewährte 2 %. Die Sparkasse hinge- gen zahlte 3 1/3 % bei jederzeitiger Verfügbarkeit des Guthabens.60 In der Münchner Stadtverwal- tung wurde bereits seit der ersten Zinsreduktion durch die Staatsschuldentilgungskommission eine Senkung des Einlagenmaximums diskutiert. Vor allem die Gemeindebevollmächtigten befürchteten, die Kommune in kritischen Zeiten durch den hohen Einlagenstand zu sehr zu belasten. Die Spar- kassenkommission dagegen hielt Änderungen für kontraproduktiv und setzte sich für eine weitere freie Entwicklung der Kasse ein. Eine Revision der Statuten erfolgte erst zum 1. Oktober 1842. Die wichtigsten Schritte zur Reduzierung der Einlagen waren die Festlegung eines Maximalbetrages von 300 fl., der jährlich um 100 fl. erhöht werden konnte, und die Reduzierung des Zinssatzes auf 2 11/12 %. Die Maßnahme schien Erfolg zu haben, denn 1843 sank die Zahl der Sparer von 13 087 auf 8 884. Es waren jedoch nicht allein die neuen Richtlinien, die der Sparkasse vorder- gründige Entlastung schafften.61 „In den Geldverhältnissen trat nämlich ein vollkommener Um- schwung ein, der durch die zunehmende Teuerung der Lebensmittel und den allmählichen Ausbau der Eisenbahnen eingeleitet wurde.“62 Besitzer von Bargeld hielten dieses zurück, um in Eisen- bahnpapieren zu spekulieren, von denen sie eine hohe Verzinsung erwarteten. „Deshalb hoben einerseits die Kapitalisten ihr bei der Sparkasse zu 2 11/12 % ruhendes Geld schleunigst ab, um es rentabler anzulegen. Auf der anderen Seite wurden die eigentlichen Sparer gezwungen, auf ihren Notpfennig bei der Sparkasse infolge der teuren Zeiten zurückzugreifen.“63 Die Umwälzungen der 1840er Jahre warfen ihre ersten Schatten.

II. Braucht der Landgerichtsbezirk Amberg eine eigene Sparkasse? Bis zur Schließung konnten nach den Statuten auch die Bewohner des Landgerichtsbezirks Amberg in die städtische Sparkasse einlegen. Mit der Änderung der Satzungen im Jahr 1840 war dies nicht mehr möglich. Am 5. Oktober 1841 forderte die Kreisregierung das Landgericht auf, eine Stellung- nahme zum Stand der eigenen Sparkassengründung abzugeben.64 Landrichter Lindig mußte der vorgesetzten Behörde mitteilen, daß es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Errichtung einer Sparkasse gekommen sei. Er begründete dies folgendermaßen: „Schon bei der jüngsten Armendist-

59 Zitiert nach Ettenhuber 50. 60 Ebd. 51. 61 Hirschhorn 10 - 12. 62 Ebd. 12. 63 Ebd. 64 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8410/1, Schreiben des Landgerichts Amberg an die Kreisregierung vom 13. Nov. 1841. 127 riktsversammlung hat man den Gegenstand rubrizierten Betreffs zum Vortrag gebracht und zwar aus dem einzigen Grunde, weil dieses Bedürfnis seit der Ausschließung diesseitiger Amtunter- gebener von der Teilnahme an das Sparkasse-Institut der Stadt Amberg erst recht fühlbar wird. Al- lein im ganzen Landgerichtsbezirke ist kein Particulier oder ein Verein von solchen Personen aufge- treten, welche sich dem Geschäfte zu unterziehen bereit erklärten, und hinlängliche Sicherheit bieten könnten. Auf dem platten Lande findet sich ohnehin kein Individuum, welches die erforder- liche Routin in diesem Geschäft besitzet, wenn man auch voraussetzten wollte, daß mehrere Ge- meinden zu einem Verein zusammentreten und die erforderliche Garantie aufbringen könnten. Da eine Zwangsverbindlichkeit zur Errichtung eines Sparkassen-Instituts von einem Privaten oder Ver- ein von Gemeinden nicht wohl gedacht werden kann, so waren alle gedachten Versuche, ein sol- ches Institut ins Leben zu rufen, vergebens.“65 Mit ähnlichen Schwierigkeiten hatte sich der Amber- ger Landrichter von Goller bereits 1825/26 auseinandergesetzt. Auch er war von den Entschließun- gen der Regierung des Regenkreises vom 1. April66 und 11. Dezember 182367 betroffen, die die unverzügliche Gründung von Sparkassen einforderten, wozu es in von Gollers Bezirk68 nicht kam. Wichtigster Hinderungsgrund war die nun auch für Lindig aktuelle Frage der Übernahme der Ge- währträgerschaft für die Sparkasse.69 Nach § 4 des Distriktsumlagegesetzes vom 11. September 1825 hätten die Landgemeinden die subsidiäre Haftung übernehmen müssen, was nicht geschah. Eine Lösung wurde nicht gefunden und von Goller sah nur den von Kreisregierung und Amberger Magistrat akzeptierten Ausweg: „Will jedoch einer [...] in eine Sparkasse einlegen, so steht ihm nach den Statuten die Sparkasse Amberg offen.“70 In ähnlicher Weise suchte man nun erneut, trotz der Statutenänderung, Anschluß an die städtische Sparkasse zu finden. Am 30. November 1841 wandte sich das Landgericht an die Stadtverwaltung, „um die Teilnahme am dortigen Sparkassen Institut (wenigst auf eine gewisse Summe als Maximum) für gerichtische Amt- suntergebene, zu erwirken.“71 Doch der Magistrat „schien nicht geneigt“, denn er reagierte auf dieses Anschreiben nicht. Lindig verblieb es, die Kreisregierung darauf hinzuweisen, daß durchaus keine Hoffnung bestehe, „diesseitige Amtsuntergebene auch die wohltätigen Folgen eines Sparkas- se Instituts zukommen lassen zu können“, falls die Stadtverwaltung nicht zustimme, den Einzugsbe- reich der städtischen Sparkasse auszudehnen. Tatsächlich stand der Amberger Magistrat dem Antrag des Landgerichts völlig ablehnend gegen- über. Die zu erwartende Summe eingelegter Kapitalien - man dachte an Größenordnungen wie sie

65 Ebd. Schreiben des Landgerichts Amberg an die Kreisregierung vom 2. März 1842. 66 Ibl. Re. 1823, 355. 67 Ebd. 1278. 68 Vgl. S. 34f. 69 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 Schreiben des Landgerichts Amberg an die Kreisregierung vom 5. Nov. 1826. Weite- re Schwierigkeiten bestanden zum einen darin, geeignetes, unentgeltlich tätiges, kautionsfähiges Personal zu fin-den und zum anderen im Unwillen der Bevölkerung, die Sparkasse zu nutzen. Vgl. Schiener 35. Wie die zehn Jahre später erstell- ten Bücher der städtischen Sparkasse Amberg zeigen, hatte sich die Landbevölkerung doch von den Vorteilen der Spar- kasse überzeugen lassen. Vgl. Anhang S. 363f. Anm. 2 a - c. 70 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 I, Schreiben des Landgerichts Amberg an die Kreisregierung vom 5. Nov. 1826. 71 Ebd. 8410/1, Schreiben des Landgerichts Amberg an die Kreisregierung vom 30. Nov. 1841. 128 vor Änderung der Statuten erreicht worden waren - bereitete dem nun sensibilisierten Magist- rat höchste Sorge. Er war in keinem Fall mehr bereit, für derartig hohe Beträge Haftungen zu über- nehmen, im besonderen hielt man es für gänzlich inakzeptabel, für nicht Ortsansässige derartige Risiken eingehen zu müssen. Die Gemeindegremien erklärten einstimmig, daß für Gelder aus dem Bezirk keinerlei Garantien übernommen würden, käme es tatsächlich zu einer Ausweitung des Ein- zugsbereichs. Ferner sei Betz die zusätzliche Belastung, die das erhöhte Sparaufkommen mit sich brächte, unter keinen Umständen zuzumuten.72 An die Unmöglichkeit einer Sparkassengründung für den Bezirk konnte die Stadtverwaltung nicht glauben, denn „das hiesige Landgericht [kann] in seinem Bezirke ebenso gut wie dieses in mehreren anderen Landgerichtsbezirken73 des Kreises, z. B. in Neumarkt,74 Nabburg75 bereits möglich war, ein derlei Sparkassa Institut ins Leben führen und wenn ihm dieses hier nicht möglich, so ließe sich ein solches Institut ganz zweckmäßig in der Stadt Hirschau einrichten, wo ein geprüfter Stadtschreiber sich befindet und auch noch einige andere Individuen anwesend sein werden, welche die für das Verwaltungspersonale erforderlichen Kennt- nisse besitzen dürften.“76 Die Kreisregierung schloß sich schließlich den Argumenten des Magistrats an und erwartete, daß „eine eigene Sparkasse für den Landgerichtsbezirk zustande komme, wie bereits in mehreren anderen Landgerichten der Oberpfalz geschehen ist. Die segensreichen Wir- kungen eines solchen Institutes für Sittlichkeit und Wohlstand liegen zu klar vor Augen und haben durch Beispiele schon die unzweifelhaftesten Bestätigungen erhalten, als daß nicht der verständige- re Teil der Einwohnerschaft bei sachgemäßer Vorstellung dies einsehen und die übrige kurzsichtige Volksklasse durch seinen Einfluß für die Sache gleichfalls gewinnen sollte.“77 Zunächst überließ man die Angelegenheit sich selbst.78 Die Kuratelbehörde sandte am 8. Septem- ber und 7. Oktober 184279 Schreiben an das Landgericht, in denen sie aufforderte, innerhalb der nächsten 3 Wochen beziehungsweise 14 Tage über die Gründung der Distriktsparkasse Bericht zu erstatten. Sie erhielt darauf keine Antwort. Nun riß der Kreisregierung doch der Geduldsfaden. Sie

72 Ebd. 8209 I, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 21. Juni 1842. 73 Folgende Distriktsparkassen waren bis 1842 in der Oberpfalz gegründet worden: Vohenstrauß (geschlossen nach Zins- senkung der Staatsschuldentilgungskasse auf 4 %; Neugründung 1862), Bruck, Stadtamhof, Neumarkt, Neunburg v. W., , Nabburg, Waldmünchen, , Roding. Ebd. 3805, „Aufstellung der Sparkassengründungen“, undatiert; Kuhnle 35. 74 Die „Spar- Leih- und Hülfs-Kasse des Landgerichtsbezirks Neumarkt“ wurde 1836 gegründet. Die Statuten datieren vom 12. Juli 1836. StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 4944. Die Eröffnung der Sparkasse erfolgte am 16. Mai 1837. Ebd. Schreiben des Landgerichts Neumarkt an die Kreisregierung vom 17. Mai 1837. 75 Die „Sparkasse des Distriktes Nabburg“ wurde 1842 gegründet. Die Statuten datieren vom 1. Mai 1842. Ebd. 9057. 76 Ebd. 8209 I, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 21. Juni 1842. 77 Ebd. 8410/1, Schreiben der Kreisregierung an das Landgericht Amberg vom 20. Juli 1842. 78 Vorurteile und Desinteresse verhinderten gleichermaßen die Gründung mehrerer niederbayerischer Distriktsparkassen. Hruschka 199f. Dazu Thomes: „Das Gründungsprocedere verlief fast regelmäßig schleppend und artete oftmals in ein langwieriges politisches Gezerre aus, geprägt von einem geradezu unerträglichen Lavieren und Taktieren [...] in der Hoff- nung der Kelch Sparkasse gehe an ihnen vorüber. Die geäußerten Bedenken zählen Legion.“ Thomes 254. Zu den Grün- den Spiethoff 14. 79 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8410/1, Schreiben der Kreisregierung an das Landgericht vom 8. September und 7. Ok- tober 1842. 129 drohte mit Strafe,80 falls es nicht zur sofortigen Gründung einer Sparkasse käme. Schlußendlich entschied die Plenarversammlung des Distriktarmenpflegschaftsrates erst am 17. Januar 1843 ein- stimmig, eine eigene Kasse zu errichten.81 Eine vorläufige Satzung wurde ausgearbeitet und am 18. Februar der Kreisregierung zur Prüfung übersandt.82 Nach der Überarbeitung, die im Sinn des am 30. Januar 1843 veröffentlichten Königlichen Reskripts83 erfolgte,84 stimmte die vorgesetzte Behörde am 17. Mai 184385 der endgültigen Fassung mit 23 Paragraphen zu und drängte auf schnellste Er- öffnung der Kasse. Wann diese erfolgte, geht aus dem archivalischen Material nicht exakt hervor. Es lassen sich nur Eckdaten festhalten. Der frühest ansetzbare Zeitraum liegt bei Dezember 1843,86 der späteste Zeitpunkt ist der 10. Februar 1844.87 Als Sitz des Instituts, das „unter der Garantie und solidarischen Haftung sämtlicher Landgerichtsge- meinden stand“, wurde Amberg festgelegt.88 Der Vorstand, das heißt der Ausschuß des Distriktsar- menpflegschaftsrates, zeitweise ergänzt durch zwei Gemeindevorsteher, wählte zur Verwaltung der Sparkasse aus seinen Reihen einen Kontrolleur, dem ein von der Plenarversammlung des Distrikts- armenpflegschaftsrates berufener Kassier zur Seite stand. Diesem legte man eine nicht näher bezif- ferte Kaution auf und genehmigte ihm ein dem Ermessen des Vorstandes „entsprechendes Hono- rar“. Der Kontrolleur erhielt eine nach dem Geschäftsumfang zu berechnende jährliche Remunera- tion. Beide hatten sich in der Rechnungs- und Geschäftsführung nach der städtischen Sparkasse Amberg zu richten.89 Zur Teilnahme an der Sparkasse waren alle Minderjährigen, Dienstboten, Lehrlinge, Handwerksgesellen, Fabrikarbeiter und Tagelöhner aus dem Landgerichtsbezirk zugelas- sen.90 Jedem Sparer, der nur auf seinen eigenen Namen Einlagen tätigen konnte,

80 Ebd. Schreiben des Landgerichts an die Kreisregierung vom 5. Oktober 1842 v. Über das Ausmaß der eventuellen Strafe äußerte sich die Kreisregierung nicht. Die Regierung des Isarkreises glaubte ebenfalls durch Androhung einer Ord- nungsstrafe die Errichtung einer Sparkasse durchsetzen zu können. Es handelte sich um die Sparkasse für die Stadt Land- hut. Das Zwangsgeld betrug 10 fl. Gleich dem Landgericht Amberg ließ sich der Landshuter Magistrat von der Drohung nicht beeindrucken. Bleibrunner 88. 81 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8410/1, Auszug aus dem Protokoll der Plenarversammlung des Distriktarmenpflegschafts- rates vom 17. Januar 1843. 82 Ebd. Schreiben des Landgerichts an die Kreisregierung vom 18. Februar 1843. 83 Strauß 1193 - 1195; Veröffentlichung Ibl. Opf. am 25. Februar 1843, 305 - 312. 84 Die §§ 8, 10, 15, 17, 18 sind weitgehend wortgetreu den Punkten 1 a) - d), 3, 4, 5, 6, 7, 9 des Königlichen Reskripts entnommen. StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8410/1, Statuten Distriktsparkasse 1843. 85 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an das Innenministerium vom 28. Dezember 1843. Aussagen der Sparkassenverwal- tung bestätigen den Vollzug des Gründungsvorgangs im Jahr 1843, der wohl mit der Genehmigung der Statuten einher ging. In einer gutachtlichen Stellungnahme aus dem Jahr 1874 gab sie an: „Die hiesige Distrikts-Sparkasse wurde im Jahre 1843 gegründet“. HASpAm-Su, Gutachten über die Grundbestimmungen der Sparkassen 1874, 135; ebenso StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3806, „Summarische Nachweisung über die Distriktsparkasse in Amberg“ 1869 o. T.: „Die Sparkasse wurde 1843 errichtet.“ In späteren Jahren gab die Bezirkssparkasse vor, bereits 1840 gegründet worden zu sein. Werbe- plakate aus dem Jahren 1938, abgebildet in Schiener 34, 43. 86 Aus der Bemerkung „Die erste Rechnung wurde pro 1844/45 gestellt.“, ist nicht zwangsläufig zu folgern, daß der Be- trieb nicht schon im Dezember 1843 aufgenommen worden sein könnte. Man hätte die vermutlich wenigen Ein-gänge des Jahres 1843 separat in der Rechnung des Jahres 1844/45 ausweisen können. StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3806, „Summarische Nachweisung über die Distriktsparkasse in Amberg“ 1869 o. T. Die älteren Geschäftsbücher der Dist- riktsparkasse sind nicht mehr vorhanden. Sie wurden in einem feuchten Raum aufbewahrt und vermoderten. Man stampfte sie 1883 ein. Schiener 39. 87 StAAm, Reg. KdI. Abg. 1949, 8410/1, Schreiben des Landgerichts an die Kreisregierung vom 18. April 1844. 88 Ebd. Statuten Distriktsparkasse 1843, § 1. 89 Ebd. §§ 2 - 6. 90 Ebd. §§ 8, 9. 130 wurde, wie bei der städtischen Sparkasse, gegen 6 kr. Verwaltungsgebühr ein Quittungsbuch ausgestellt, das weder verkauft, verpfändet noch verschenkt werden durfte. Ein Vererben des Bu- ches war möglich, wenn der Erbe dem Einlegerkreis der Sparkasse entsprach.91 Die Kasse öffnete am ersten und letzten Sonntag des Monats von 10 bis 12 Uhr. Für die Auszahlung der Zinsen - man zahlte zunächst 2 1/2 %92 - war die erste Februarwoche vorgesehen, während des gesamten Januars blieb die Kasse wegen der Zinsberechnung geschlossen.93 Die Verzinsung begann, wenn mindes- tens 1 fl. angespart war; bei Neueinlagen frühestens nach einem Monat. Als geringster Einlagebe- trag wurden 30 kr. angenommen, als höchster einmaliger -betrag 100 fl. Jeder Sparer konnte ma- ximal 300 fl. jährlich anlegen; sobald einschließlich Zinsen 400 fl. erreicht wurden, endete die Ver- zinsung.94 Rückzahlungen waren nach einmonatiger Kündigung möglich, bei Beträgen über 150 fl. wünschte die Verwaltung die Einhaltung einer vierteljährlichen Kündigungsfrist. Ausnahmen wur- den gestattet, wenn der Kassenstand es erlaubte, allerdings mußte der Einleger Zinsabzüge in Kauf nehmen.95 Die Jahresabschlußrechnung sollte zum 30. Januar erstellt werden und anschließend zur Einsichtnahme durch den Distriktsarmenpflegschaftsrat und durch die Gemeindeverwaltungen 14 Tage aufgelegt werden. Eine Veröffentlichung der Zahlen war vorgesehen.96 Erster Kassier der Distriktsparkasse Amberg wurde der Privatier Georg Wolfring. Er hatte sich bereit erklärt, eine Kaution von bis zu 2.000 fl. zu stellen.97 Das Amt des Kontrolleurs übernahm Dekan Aigner.

91 Ebd. §§ 10 - 12, 20, 22. 92 Ebd. § 16. Dieser lautete: „Die Sparkassa entrichtet, so lange die Kapitalien bei der K. St. Sch. T. Kassa zu 3½ pCt. verzinslich angenommen werden, die Zinsen von den Einlagen zu 3 pCt., im entgegengesetzten Falle aber nur zu 2½ pCT. [...]“ Da die Staatsschuldentilgungskasse ab 1. Oktober 1843 keine Gelder mehr annahm, wurden, wenn die Distriktsparkasse nach diesem Datum eröffnet wurde, was wahrscheinlich ist, von Beginn der Sparkassentätigkeit an 2½ % gezahlt. MInn 52671 Sparkassen, 10. August 1842; Döllinger 2282 - 2288. Am 20. Januar 1844 fragte die Kreisregierung an, ob die örtlichen Verhältnisse eventuell eine Erhöhung des Zinsfußes erlaubten. Daraufhin beschloß die Sparkassen- verwaltung am 1. Februar 1844 2 ¾ % Zinsen zu zahlen. StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8410/1, Schreiben der Kreisregie- rung an das Landgericht vom 20. Januar 1844; ebd. Sitzungsprotokoll der Sparkassenverwaltung vom 1. Februar 1844. 93 Ebd. Statuten Distriktsparkasse 1843, §§ 13, 14. 94 Ebd. §§ 15, 18. 95 Ebd. § 17. 96 Ebd. § 23. 97 Ebd. Schreiben des Landgerichts an die Kreisregierung vom 18. Februar und 3. Mai 1843. Die Höhe der tatsächlich hinterlegten Kaution geht aus den Akten nicht hervor. Georg Wolfring oder Wolfering stammte aus Kemnath und war vormals Rentenverwalter. Er verfügte über ein Vermögen von über 10.000 fl. und besaß in Amberg das Haus Eichen- forstgäßchen 14. Es ist sehr wahrscheinlich, daß hier im Privathaus des Wolfring die ersten Sparkassengeschäfte getätigt wurden, denn der Standort der Kasse war in den folgenden Jahren gleichfalls an die Person des jeweiligen Kassiers ge- bunden. Die Unterbringung der Kasse im Privathaus des Kassiers war nicht unüblich. Auch in Ingolstadt wurden die Ge- schäfte der städtischen Sparkasse vom Wohnhaus des Kassiers aus erledigt. Nachdem Wolfring 1863 ausgeschieden war und Franz Lauerer zu seinem Nachfolger bestimmt wurde, befand sich die Sparkasse nach den Akten in der Unteren Nabburger Straße, die Angabe der Nummer fehlt. Der Krämer Joseph Lauerer besaß das Haus Untere Nabburger Straße 19. Er dürfte der Vater oder ein anderer Verwandter Franz Lauerers gewesen sein, der ihm dieses Haus später vererbte oder verkaufte. Hier oder im Haus gegenüber, Untere Nabburger Straße 20, das Franz Lauerer ebenfalls in Besitz hatte, dürfte die Distriktsparkasse zu suchen sein. Lauerers Bruder Josef gehörte das Haus Herrnstraße 15. Als dessen Sohn gleichen Namens 1892 zum Kassier ernannt wurde, zog die Sparkasse in dieses Haus und blieb hier bis 1958. StadtAAm, Ansässigmachungs-, Bürgerrechts-, Verehelichungs-Akten Nr. 8296; Zg. I 224; Bd. 457 ½; Zg. I 1300; Dollacker, Am- berg, 175; Brüll 6; Schiener, 40. 131 III. Staatliche Maßnahmen 1. Anlagestopp bei der Staatsschuldentilgungskasse Im Juni 1842 betrug der Stand der Sparkasseneinlagen bei der Staatsschuldentilgungskasse 11.794.026 fl.98 Diese Gelder belasteten die Staatsfinanzen in immer stärkerem Maße, da sie nun keine Tilgungsmittel für hochverzinsliche Staatsschulden mehr darstellten, sondern als teure Anlei- hen die Schuld steigerten. Unter dem Druck des ständig angewachsenen Kapitalienstroms entschloß sich das Innenministerium zu einer weiteren Zinssenkung. Ab 1. Oktober 1842 wurden 4prozentige Sparkassengelder nur mehr mit 3 1/2 % verzinst.99 Minister von Abel vertrat, wie be- reits dargestellt, die Meinung, Sparkassengelder seinen grundsätzlich vom Staatskredit abzukoppeln und dem lokalen Kreditmarkt zuzuführen. Daher verfügte er schließlich am 13. Oktober 1842, „daß vom 1. Oktober 1843 [...] die [...] allerhöchste Verordnung vom 26. Februar 1823 [...] außer Wirksamkeit zu treten habe, und daß demnach die Annahme von Sparkassa-Geldern bei der k. Staats-Schuldentilgungskassa nur mehr bis zu dem erwähnten Zeitpunkte stattfinden soll.“100 Die Anlage von Sparkassengeldern beim Staat war damit ab 1. Oktober 1843 gestoppt, der zu diesem Zeitpunkt bestehende Kapitalstock eingefroren; eine Entwicklung, auf die nicht nur der Amberger Magistrat mit Verärgerung und völligem Unverständnis reagierte. So beschlossen im Regierungsbe- zirk Unterfranken und Aschaffenburg fünf Sparkassen ihre Auflösung, und die beabsichtigte Grün- dung fünf weiterer Institute unterblieb.101 Die Entscheidung der Annahmeverweigerung wurde nicht unwidersprochen hingenommen. Merz faßt die in der Folge heftig geführten Landtagsdebatten zusammen:102 Vorrangig Ferdinand von Schaezler, ein Sohn des Augsburger Sparkassenmitbegrün- ders, sprach sich gegen die innenministerielle Entschließung aus. Er war überzeugt, daß mit dem Annahmestop den Sparkassen der „Todesstoß“ versetzt würde, da kaum eine Kommune in der Lage sei, Garantie und Verzinsung der Sparkasseneinlagen sicher zu stellen. Von Schaezler hielt die weitere unbeschränkte Annahme der Gelder durch den Staat, allerdings zu einem geringeren Zins- satz, für unabdingbar. Ein großer Teil der Kammermitglieder teilte dessen Meinung, doch fanden sich auch Gegenstimmen. Der Abgeordnete Dr. Schwindl gab zu bedenken, es bestünde gerade in Notzeiten die Gefahr des Abzugs eines Großteils der Gelder, was den Staat zwänge, höherverzinsli- che Mittel zu beschaffen. Das Finanzministerium hielt schließlich den Kritikern entgegen, die Spar- kassen hätten sich längst von ihrem Gründungsauftrag entfernt und seien nun als Rentenanstalten zu betrachten, ferner sei es finanzpolitisch ratsam, die schwebende Schuld in eine unkündbare umzuwandeln. Die Kammer der Reichsräte schloß sich dieser Auffassung an. Man hielt die Rück- führung der Sparkassen auf ihre sozialpolitische Basis für dringend erforderlich, die Annahmever- weigerung für Sparkassengelder ab 1. Oktober 1843 blieb bestehen.103 Die geforderte Reduktion

98 BayHStA, MInn 52671, fol. 256f. 99 IBl. Opf. 1842, 1605 - 1607. Abgedruckt in: Wysocki/Pix 1995, 187. 100 Strauß 1192f. Abgedruckt in: Wysocki/Pix 1995, 187. 101 Kniepert 39. 102 Ebenso Hruschka 183f. 103 Merz 68f. Vgl. Schachner 22f. 132 mußte zu einer Neuorientierung in der bayerischen Sparkassenpolitik führen, die ihren Aus- druck im Normativ vom 30. Januar 1843 fand.

2. Das Normativ vom 30. Januar 1843 Mit der Entschließung vom 30. Januar 1843 lag die erste Normativbestimmung104 für öffentliche Sparkassen in Bayern vor. Sie sollte mehr als 30 Jahre Gültigkeit behalten. Basierend auf der Stel- lungnahme Hermanns und dem Gesetzentwurf Oettingen-Wallersteins hatte von Abel ein als „un- vollkommen und unzureichend“105 beurteiltes Werk ausgearbeitet. In der Präambel begründete er die Notwendigkeit der Entschließung: „Da indeß die Sparkassen, deren ursprünglicher und eigent- licher Zweck darin besteht, Kindern und den Unansäßigen der minderbemittelten Classe zur all- mählichen Ansammlung, Mehrung, sicheren Bewahrung und nutzbringenden Anlegung ihrer eige- nen Ersparnisse Gelegenheit zu gewähren, hiedurch aber den Sinn für Enthaltsamkeit und kluge Sparsamkeit zu fördern, und dem Pauperismus entgegen zu wirken, - von dieser ihrer eigentlichen Zweckbestimmung im Laufe der Zeit sich entfernt haben, indem sich eine große Zahl von Unberu- fenen in den Mitgenuß der Vortheile eingedrängt hat, und da gleichzeitig mit der Erweiterung und Complizierung der Sparanstalten die gemeindliche Haftung in bedenklicher Weise sich erhöhte, - so ist es zu einer eben so wichtigen als dringenden Aufgabe erwachsen, die Sparkassen auf ihre wahre Bestimmung wieder zurückzuführen.“ Zur Teilnahme wurden zugelassen:

„a) Alle Minderjährigen ohne Unterschied des Standes und der Classe, b) Dienstboten, c) Lehrling, Handwerksgesellen und Fabrikarbeiter, d) Taglöhner. Alle diese jedoch nur bezüglich ihrer eigenen Ersparnisse.“

Die in § 1 festgelegte enge Definierung der Einlegergruppe wurde in § 2 verwässert: „Diese Be- schränkung der Theilnahme soll den Kreisregierungen zwar als R e g e l vorgezeichnet, es soll ihnen jedoch die Zulassung auch anderer Classen zur Theilnahme an den Sparkasse, da wo solche nach den örtlichen Verhältnissen als nothwendig oder wünschenswerth und dem Zwecke die-ser Anstalten angemessen erscheint, ausdrücklich vorbehalten [...] werden.“ § 5 legte die Einlagegren- zen fest: „Das Minimum der Einlage wird auf 30 kr., das Maximum einer e i n m a l i g e n Einla- ge eines einzelnen Individuums auf 100 fl., das Maximum der Summe der von einem einzelnen Individuum innerhalb eines Jahres zu machenden mehrmaligen Einlagen zusammen auf 300 fl. festgesetzt.“ § 6 bestimmte die Summe von 400 fl. als Limit des Gesamtguthabens einschließlich der Zinsen. Eine Kündigung des Guthabens konnte nach § 7 nur nach vorangegangener individuell festzulegender Kündigung erfolgen. Der Zinssatz war mit der zuständigen Kreisregierung abzuspre-

104 Strauß 1193 - 1195; abgedruckt in: Wysocki/Pix 1995, 188f. 105 Schachner 16. 133 chen. Zur Deckung der Verwaltungskosten hielt das Ministerium eine Spanne von 0,5 % zwi- schen dem Zins für Aktivkapitalien und dem zu zahlenden Zins für Passivkapitalien für ausreichend (§ 8) . Die Verzinsung der Einlagen - ab 1 fl. - begann nach einer Wartefrist von einem Monat (§ 9). Zinsen waren bei Nichterhebung umgehend zu kapitalisieren (§ 10). Mit § 13 wurden die Kreisre- gierungen beauftragt, „die sorgfältigste Prüfung der Zulänglichkeit und Nachhaltigkeit“ der von den Gewährträgern zu übernehmenden Garantien durchzuführen. Das Innenministerium erwartete die sofortige Umsetzung der Bestimmungen und Berichterstattung, „wo die örtlichen Verhältnisse eine Modifikation zu gebieten scheinen.“ Schlußendlich sollten die Statuten der reorganisierten Sparkas- sen dem Ministerium vorgelegt werden. Mit dieser Entschließung wurden nicht mehr als Rahmenbedingungen geschaffenen, die den öffent- lichen Trägern der Sparkassen einen ausreichenden Spielraum ließen, um örtliche Gegebenheiten bei der Ausarbeitung der Statuten zu berücksichtigen. Konnte man die vorgesetzte Kuratelbehörde von der Notwendigkeit bestimmter Abweichungen überzeugen, durfte das Normativ außer acht gelassen werden. Von einer Rechtssicherheit, wie Merz meint, kann sicher nicht gesprochen wer- den.106 a) Auswirkung auf die Sparkasse Amberg: neue Statuten 1843 Drei Jahre nach der ersten Überarbeitung der Gründungsstatuten wurde durch das Normativ vom 30. Januar 1843 eine neuerliche Revision notwendig. Die hier geforderte Reduktion hatte bei der städtischen Sparkasse Amberg bereits mit dem Inkrafttreten der revidierten Statuten im Jahr 1840 stattgefunden. Nach Maßgabe des Normativs mußten lediglich die §§ 7, 9, 10 und 11 der aktuellen Grundbestimmungen geändert werden. Die in der Verordnung in den Punkten 7 b) und 9 festge- legte tagesgenaue Zinsberechnung erschien dem Magistrat als erheblich zu zeitaufwendig und kompliziert. Er beantragte deshalb, die Zinsberechnung grundsätzlich bis zum letzten Tag des vo- rangehenden Monats vornehmen zu dürfen.107 Die Kreisregierung akzeptierte die Modifikation und genehmigte den eingesandten Statutenentwurf am 8. November 1843. Sie wies darauf hin, daß der Beachtung des vorgeschriebenen Einlegerkreises besonderes Augenmerk zu widmen sei, Verstöße würden mit Ordnungsstrafen von 5 bis 25 fl. je nach Einzelfall geahndet.108 Die Veränderungen der Statuten vom 14. November 1843,109 die mit dem 1. Februar 1844 in Kraft traten,110 sind im Ver- gleich mit den Grundbestimmungen des Jahres 1840 der nachfolgenden Aufstellung zu entnehmen:

106 Merz 70. 107 StAAm Reg. KdI Abg. 1949, 8209 I, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 4. Oktober 1843. 108 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 8. November 1843. 109 Abgedruckt in: Schiener 20f. 110 WBl 1844, 9f. 134

Statuten vom 2. Juli 1840 Statuten vom 14. November 1843 16 Paragraphen 20 Paragraphen unter Magistratsverwaltung, Gewährträger: Kommune unter Magistratsverwaltung, Gewährträger: Kommune dreiköpfiges Verwaltungsgremium dreiköpfiges Verwaltungsgremium

Einlegerschaft: Dienstboten, Handwerksgesellen, Lehrlinge, Einlegerschaft: Dienstboten, Handwerksgesellen, Lehrlin- weniger bemittelte Personen, Kinder aller Bevölkerungs- ge, Fabrikarbeiter, Taglöhner, sehr wenig bemittelte Per- schichten sonen, Kinder aller Bevölkerungsschichten

Einlagen nur mit Namensangaben möglich

bei Falschangaben Rückzahlung der Einlagen mit Zinsrück- forderung

örtliche Begrenzung: nur Bewohner des Amberger Polizei- örtliche Begrenzung: Gemeindeangehörige bezirks

Ausstellung eines Quittungsbuches mit einmaliger Gebüh- Ausstellung eines Quittungsbuches mit einmaliger Gebüh- renerhebung von 6 kr.; Rückgabe bei Auszahlung des Ge- renerhebung von 6 kr.; Rückgabe bei Auszahlung des Ge- samtkapitals; Verkauf, Verpfändung, Verschenkung des samtkapitals; Verkauf, Verpfändung, Verschenkung des Quittungsbuches nicht möglich; bei Teilnahmeberechti- Quittungsbuches nicht möglich; bei Teilnahmeberechti- gung Vererbung möglich, im anderen Fall Auszahlung gung Vererbung möglich, im anderen Fall Auszahlung

Zieltage: Lichtmeß, Walburgi, Laurenzi, Martini

Öffnungszeiten: montags, bei Feiertagen dienstags, von 9 Öffnungszeiten: montags, bei Feiertagen dienstags, von 9 bis 12 Uhr; an den beiden den Zieltagen folgenden Vor- bis 12 Uhr; zusätzlich mehrere Tage in der ersten Hälfte mittagen; zusätzlich mehrere Tage in der ersten Hälfte Februar zur Zinsauszahlung mit Terminveröffentlichung im Februar zur Zinsauszahlung mit Terminveröffentlichung im Wochenblatt oder durch Ausrufen Wochenblatt

Zinsberechnung im Januar mit Schließung der Sparkasse Zinsberechnung im Januar mit Schließung der Sparkasse während des gesamten Monats während des gesamten Monats

Einlagenhöhe: geringste Einlage 1 fl.; höchste jährliche Ein- Einlagenhöhe: geringste Einlage 30 kr.; höchste einmalige lage 100 fl.; der Höchstbetrag gilt für sämtliche Kinder Einlage 100 fl.; höchste jährliche Einlage 300 fl. einer Familie

Maximaleinlagebetrag (einschließlich Zinsen): 250 fl. Maximaleinlagebetrag (einschließlich Zinsen): 400 fl.

Zinssatz: 3 % Zinssatz: 3 1/3 %

Verzinsung ab 1. Tag des dem Einlagetag folgenden Quar- Verzinsung: ab 1. Tag des dem Einlagetag folgenden Mo- tals; bei Rückzahlung bis Ende des dem Auszahlungstag nats; bei Rückzahlung bis Ende des dem Auszahlungstag vorhergehenden Quartals vorhergehenden Monats keine Zinszahlung bei Rücknahme der Spargelder im ersten Jahr keine Kündigungsfrist keine Kündigungsfrist Ausnahme: bei Auszahlungen über 50 fl. bleibt monatliche Ausnahme: bei zu geringem Kassenbestand monatliche Kündigung vorbehalten Kündigungsfrist

Der Vergleich zeigt, daß tatsächlich nur wenige Änderungen notwendig wurden. Man ergänzte entsprechend § 1 des Normativs den Einlegerkreis um Fabrikarbeiter und Tagelöhner, die in den älteren Statuten den „weniger bemittelten Personen“ zuzuordnen waren und keine eigentliche Erweiterung der Teilnahmeberechtigten darstellten. In die neuen Statuten wurde nach § 3 der Ver- ordnung aufgenommen, Einlagen ausnahmslos mit Namensangaben zu versehen. Für die Sparkasse Amberg stellte dies keine Neuerung dar, da es bislang üblich war, Quittungsbücher auf die Namen 135 der Sparer auszustellen. Anonyme Einlagen, wie sie in Landhut möglich waren,111 erfolgten hier nicht. Wie im Jahre 1840 bestimmt, blieben Nichtgemeindeangehörige aus Haftungsgründen von der Teilnahme ausgeschlossen, obwohl die staatlichen Normen keine diesbezügliche Regelung vor- sahen. Die Festsetzung der Zieltage entfiel, die kurze Öffnungszeit, die nach Meinung der Gemein- debevollmächtigten der Sparkassenentwicklung hinderlich im Wege stand, wurde beibehalten, genauso die Schließung der Kasse zur Zinsberechnung. Die größte Veränderung betraf die Einla- genhöhe. Sie wurde in Übereinstimmung mit § 5 des Normativs festgelegt. Für die Sparer bedeute- te dies einen erheblich größeren Spielraum als er ihnen nach den seit 1840 gültigen Statuten einge- räumt worden war. Sie durften in den drei seither verstrichenen Jahren eine jährliche Einlage von 100 fl. für sämtliche Mitglieder einer Familie nicht überschreiten. Nun wurde es für die Sparwilligen möglich, bis 300 fl. im Jahr auf ihren Namen, falls sie der zulässigen Einlegerschicht angehörten, oder im Namen jedes ihrer Kinder anzulegen. Konstellationen wie sie für den Amberger Forstmeis- ter Breyer geschildert wurden, waren nach dieser Fassung der Statuten kaum auszuschließen.112 Man hatte bei der Neubearbeitung der Statuten im Jahre 1840 strenge Maßstäbe in Bezug auf die Einlagenhöhe und die Verteilung der Gelder innerhalb einer Familie angelegt. Der „Mißbrauch“ der Sparkasse wurde weitestgehend erschwert. Mit den neuen Grundbestimmungen hatte die Sparkas- senverwaltung nun kaum eine Handhabe, Anlagen auf die Namen aller Kinder einer Familie zu verhindern. Wie im § 4 des Normativs wurde zwar bestimmt, daß unbefugte Einlagen umgehend zurückzuzahlen seien, doch gab es eine ähnliche Anweisung bereits in den Gründungsstatuten, die in den 15 Jahren bis zur Neufassung keine Beachtung gefunden hatte.113 Die Umsetzung hätte der konsequenten Kontrolle durch die Sparkassenkommission bedurft, die wohl nicht nur wegen der unübersichtlichen Buchführung kaum realisierbar war. Der Erhöhung der jährlichen Sparbeträge folgte die Anhebung der Maximaleinlage von 250 fl. auf 400 fl. Für die Kapitalien wurden nun 3 1/3 % Zins entrichtet. Die Verzinsung begann sparerfreundlich ab dem Einlagefolgemonat und en- dete mit Abschluß des Monats, das der Rückzahlung vorausging. Eine Kündigungsfrist war auch in der Neufassung der Statuten nicht vorgesehen. Man behielt sich jedoch die Möglichkeit eines vier- wöchigen Auszahlungsaufschubs vor. b) Reaktionen anderer Sparkassen In Ermangelung weiteren Quellenmaterials bleibt unklar, wie der Amberger Magistrat die Neurege- lung beurteilte und ob Alternativvorschläge ausgearbeitet worden waren. Solche legte der Verwal- ter der Sparkasse Würzburg vor. Er regte an, die maximale Gesamteinlage auf 499 fl. anzuheben, um es Einlegern zu ermöglichen, nach Erreichen der Höchstgrenze in Staatspapieren anzulegen. Sein Vorschlag fand zwar die Zustimmung des Armenpflegschaftsrates und der Gemeindebevoll-

111 Bleibrunner 90f. 112 Vgl. S. 74. 113 Stat. 1825, § 11. 136 mächtigten, nicht jedoch diejenige des Magistrats. Ferner beantragte Braunwart eine Senkung des Zinssatzes auf 3 %, da er wegen der unsicheren Anlagemöglichkeiten befürchtete, größere Be- träge könnten unverzinst in der Kasse liegen bleiben, ein Umstand, der auch für die Sparkassen- verwaltung in Amberg zu einem Problem werden sollte. Man einigte sich in Würzburg schließlich darauf, ältere Guthaben bis zum 1. Oktober 1843 mit 3 1/3 %, Neueinlagen mit 3 % zu verzinsen. Im übrigen folgten die revidierten Statuten den Vorgaben des Normativs.114 Nur geringfügiger Modifikationen bedurften die Statuten der Sparkasse Augsburg, die in letzter Be- arbeitung aus dem Jahr 1835 stammten. Man fand, „daß in der Hauptsache nichts zu ändern ist“.115 Bei Einlagenhöhe, Verzinsung, Kündigung und Rückzahlung bestand keine Notwendigkeit zur Um- arbeitung, eine Erweiterung des Einlegerkreises hielt man jedoch für wünschenswert. Seit längerem war es Usus, soziale Einrichtungen wie Waisenhäuser, Kinderanstalten oder die Fuggerei, weiterhin Gewerbe- und gemeinnützige Vereine zur Sparkasse zuzulassen. Die bisherige Praxis fand nun ih- ren Niederschlag in den neuen Grundbestimmungen, die ansonsten kaum Veränderungen erfuh- ren.116 Eine Ergänzung zum obrigkeitlich gewünschten Einlegerkreis hielt auch der Magistrat Ansbach für geboten. Hier dehnte man den Kreis der Einlageberechtigten auf vermögenslose „Militär-Personen niederen Grades, Amts- und Kanzlei-Individuen, Studierende ohne Eltern, Frauenspersonen, wel- che von ihrer Hände Arbeit leben“ und auf „Austrägler“ aus.117 Eine umfangreiche Überarbeitung erfuhren die Statuten der Sparkasse Regensburg. Die zuletzt gül- tige Fassung des Jahres 1835 umfaßte 11 knapp gehaltene Paragraphen, die nun auf 16 erheblich ausführlicher formulierte erweitert wurden. Der Einlegerkreis bestand aus den in der Verordnung vorgegebenen Gruppen, was für die Regensburger Kasse prinzipiell keine Veränderung bedeutete, obwohl bisher Lehrlinge, Tagelöhner und Fabrikarbeiter nicht explizit genannt worden waren. Eine Ergänzung hatte man vorgesehen: „Die von Verwandten, Pathen oder andern Wohlthätern für Kin- der schenkungsweise gemachten Einlagen, so wie kleine Erbschaften der zur Einlage berechtigten Personen, werden den eigenen Ersparnissen derselben gleich geachtet, wenn sie die Summe von 50 fl. in einem Jahre nicht übersteigen.“118 Rygol sieht diese Auflage in der „ängstlichen Haltung begründet [...], verdeckte Einlagen von Nichtteilnahmeberechtigten bzw. größere Einlagen unbe- dingt ausschließen zu müssen.“119 Einlagenhöhe und Maximaleinlage wurden den Vorgaben des Normativs angepaßt. Den Zinssatz setzte man wie in Amberg auf 3 1/3 % fest. Nach § 8 der Ver- ordnung war zwischen Aktiv- und Passivkapitalien eine Zinsdifferenz von 0,5 % anzustreben. Bei einem zu dieser Zeit landesüblichen Zinssatz von 4 % hätten beide Sparkassen den Einlegern 3 1/2 % gewähren können. Rygol hält fest, daß seit ihrer Gründung eine möglichst niedrige Verzinsung

114 Kniepert 40 - 42. 115 Merz 71. 116 Ebd. 71f. 117 Reinhart/Zeitler 65. 118 Rygol 82, § 1. 119 Ebd. 86. 137 typisch für die Geschäftspolitik der Regensburger Sparkasse war.120 Dieser Leitlinie folgte man weiterhin. Für die Amberger Sparkasse konnten ähnliche Prinzipien nicht festgestellt werden. So räumte sie in den Jahren nach der Gründung 4 1/6 % ein, während die Regensburger Kasse ledig- lich 3 1/3 % zubilligte. Doch in der Zwischenzeit hatte der Amberger Magistrat entdeckt, daß die Sparkasse weniger als „eine Belastung, als Quelle eines gewissen Risikos zu sehen“121 war, sondern vielmehr als Mittel zum Besten der Gemeindekasse, in diesem Fall zur Unterstützung des Kranken- hausneubaus.122 Nun mußte eine möglichst hohe Gewinnmarge das Ziel der Sparkassenpolitik sein und danach handelte die Stadtverwaltung mit Genehmigung der Kreisregierung.

IV. Die Trennung von der Staatsschuldentilgungskasse Wie viele andere bayerische Kassen kämpfte auch die Amberger Sparkasse mit der Weigerung der Staatsschuldentilgungskasse, bei ihr angelegte Gelder zurückzuzahlen. Seit 4. September 1845 wurden gekündigte Sparkassenkapitalien „ohne erhaltene höchste Genehmigung“ nicht mehr aus- bezahlt.123 Der Magistrat wandte sich Hilfe suchend an die oberpfälzische Kreisregierung, die ihn voll und ganz unterstützte und beim Innenministerium protestierte: „Die Anlegung der Sparkassen bei der Staatsschuldentilgungskasse war bis 1. Okt. 1843 durch die allerh. Verordnung vom 26. Febr. 1823 gestattet und die Bedingungen wurden in dieser Verordnung festgesetzt, welche erst durch Minist. Rescript vom 13. Okt. 1842 als von 1. Okt. 1843 an aufgehoben erklärt wurde. 1823 wurde keine Unaufkündbarkeit festgelegt, sondern in § 5 und § 8 festgelegt, daß die Zurückzahlung des Anlehens auf wechselseitiger Aufkündung von 3 Wochen bis zu 3 Monaten beruht. Auch solle in dringendem Bedarfsfall die Kündigungsfrist außer acht gelassen werden, falls nicht bes. große Summen gefordert werden.“ Die Verordnung von 1842 habe keine Änderung der Kündigungsfrist festgelegt, daher sei der Amberger Magistrat berechtigt, unter Berücksichtigung der vorgesehenen Fristen, die angelegten Kapitalien zurückzufordern. Die Unkündbarkeit der Sparkassenkapitalien liefe völlig gegen „die Natur der Sache“, da diese jederzeit vollständig von den Einlegern zurückge- fordert werden könnten. Eine Sparkasse könne folglich ihre Gelder nicht unkündbar anlegen.124 Bislang hatte die Staatsregierung zugesichert, den Sparkassen im Bedarfsfalle Kapitalien auszuzah- len; sie betrachtete diese als aufkündbare, als schwebende Schuld. Nun war man davon abgerückt. Schriftlich fixiert wurde die Neuausrichtung im Reskript vom 27. Oktober 1845, mit

120 Ebd. 121 Wysocki, Untersuchungen 155. 122 Vgl. S. 176. Man hatte aus den Rückantworten der wegen Besoldung und Verwendung der Überschüsse angeschrie- benen Sparkassen entnommen, daß einige Institute die Gewinne an städtische Einrichtungen abgaben. Der Magistrat, der zunächst keine andere Verwendungsmöglichkeit der Überschüsse sah, als diese dem Sparkassenpersonal auszuzahlen, änderte daraufhin angesichts der städtischen Finanznot seine Haltung der Sparkasse gegenüber vollkom-men. 123 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben der Staatsschuldentilgungskasse Regensburg an den Magistrat vom 30. Januar 1847. 124 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 Bd. I, Schreiben der Kreisregierung an das Ministerium des Innern vom 26. Januar 1846. 138 dem die Unaufkündbarkeit der Sparkassengelder verfügt wurde.125 Dagegen verwehrte sich nicht nur der Amberger Magistrat und mit ihm die Kreisregierung der Oberpfalz, auch Vertreter weiterer Städte wie Ansbach, Augsburg, Bamberg, Fürth126 oder München hielten es für gänzlich unzulässig, „wenn die Staatsschuldentilgungskasse ohne Einwilligung des Gläubigers - der Sparkasse - diese Staatsschuld in eine unaufkündbare verwandle.“127 Völlig anders beurteilten Magistrat und Sparkassenverwaltung in Würzburg die Lage. Die Gemeindebevollmächtigten empfahlen Vorkeh- rungen, um im Fall einer Zahlungsverweigerung der Staatsschuldentilgungskasse gewappnet zu sein. Die Stadtväter hingegen beharrten auf ihrer Meinung, Vorsichtsmaßnahmen seien überflüssig. Selbst nach einem abgelehnten Antrag auf Auszahlung von 100.000 fl. glaubte man noch, sich auf die Zusagen der Tilgungskommission aus den Jahren 1836 und 1844 verlassen zu können, nach denen Abschlagszahlungen geleistet würden.128 Die 1840er Jahre waren Krisenjahre, nicht zuletzt verursacht durch die Mitte des Jahrzehnts auftre- tenden Mißernten. Agrar- und folgende Hungerkrise verursachten beträchtliche Preissteigerungen und verknappten die liquiden Mittel.129 An die Sparkassen wurden vermehrte Rückzahlungsforde- rungen herangetragen, die, wie der Landtagsabgeordnete Schwindl vorausgesehen hatte, die Staats- schuldentilgungskasse in höchstem Maße belasteten. Die Sparkasse Nürnberg richtete Ende 1846 ein Gesuch an das Finanzministerium, innerhalb von zwei Monaten 100.000 fl. aus der Staats- schuldentilgungskasse zurückzuzahlen.130 Der Antrag wurde mit der Begründung abschlägig verbe- schieden, die bei der -kasse angelegten Kapitalien würden zur Finanzierung der Eisenbahnbauten gebraucht; von 10.086.703 fl. waren 10 Millionen fl. in Anspruch genommen worden.131 Große Summen des Staatsbudgets verschlangen neben dem Eisenbahn- der Festungsbau in Ingolstadt und die Ausrüstung der Armee. Schon seit Mitte 1845 war die Geldknappheit bei der Sparkasse Mün- chen zu spüren: „Unsere Einnahmen an Sparkassa Einlagen mindern sich bei dem gegenwärtigen Mangel an Geld im allgemeinen u. bei den hohen Preisen der Lebensmittel von Tag zu Tag, dage- gen mehrt sich die Rücknahme von eingelegten Kapital in auffallender Weise, so daß wir aus den Einnahmen nicht den 4. Teil der Rückzahlungen bestreiten können.“132 Nicht nur wirtschaftliche Erwägungen, wie Spekulationen im Eisenbahnbau, und die Erhöhung der Lebenshaltungskosten sorgten für den Abzug der Sparkassengelder, auch die Gerüchte, die Kapitalien würden für Ottos Griechenlandengagement verwendet, führten zu vermehrten Rückforderungen.133 Mehrere Bitten der Münchner Sparkassenkommission um Kapitalauszahlungen wurden von der Staatsschuldentil- gungskasse abgelehnt, so daß die Stadtverwaltung als einzigen Ausweg die Schließung der Sparkas-

125 Merz 73. 126 Hirschhorn 13. 127 Ettenhuber 53. 128 Kniepert 47. 129 Vgl. Giebel 74 - 76; BSB XV, I. Die Statistik führt 5 Jahre mit hohen Getreidepreisen an: 1816, 1817, 1846, 1847, 1854. 130 BayHStA, MF 58458. 131 Kniepert 44. 132 Zitiert nach Ettenhuber 52. 133 Ebd. 54. 139 se sah. Minister von Abel gab schließlich der Forderung nach und veranlaßte bis Ende des Jah- res 1845 die Auszahlung der beantragten Summen.134 Zu Beginn des Jahres 1846 benötigte die Münchner Kasse weitere 500.000 fl., deren Auszahlung verweigert wurde. Ein Gesuch an den Kö- nig blieb unbeantwortet. Als der Kassenstand auf 7.800 fl. sank und mit Georgi der Dienstboten- wechsel bevorstand, drohte ein weiteres Mal die Insolvenz, die Minister von Abel verhinderte, in- dem er die Staatsschuldentilungskasse anwies, 200.000 fl. in bar und 500.000 fl. in Obligationen auszuzahlen.135 Die Kritik der Regensburger Kreisregierung am Vorgehen der Staatsschuldentilgungskasse war so berechtigt wie nutzlos. Am 30. Dezember 1846 kündigte der Amberger Magistrat 10.000 fl., die für zwei Privatdarlehen vorgesehen waren,136 um knapp drei Wochen später zu erfahren, daß „dem gestellten Gesuche nicht statt gegeben werden könne.“137 Damit war die Realisierung der laufenden Darlehensprojekte in Gefahr. Für den Wirt Joseph Winkler waren 3.000 fl., für den Regierungsaudi- tor Max Emanuel Dietl 7.000 fl. als 4prozentige Darlehen gegen hypothekarische Sicherheiten von der Kreisregierung genehmigt worden.138 In Reaktion auf diese unerfreuliche Situation - man hatte sich vor knapp zwei Jahren notgedrungen zur Darlehensvergabe durchgerungen, sichere -nehmer gefunden und nun fehlte Geld, um die neue Anlageform in gewünschtem Maße umzusetzen - ver- faßte der Magistrat eine Stellungnahme zur allgemeinen Lage der Sparkasse, die hier trotz ihrer Länge wiedergegeben werden soll. Sie zeigt die angespannte Lage, in die sich die Stadtverwaltung durch die frühere Entscheidung für ein „passives Aktivgeschäft“, die ausschließliche Anlage beim Staat, manövriert hatte. Den Verantwortlichen stand deutlich vor Augen, daß unter den jetzigen Umständen die künftige Existenz der Sparkasse auf dem Spiel stand und daß auf den Stadtsäckel eine nicht unerhebliche zusätzliche Belastung zukommen könnte. Darüber hinaus verdeutlicht sie die Abläufe des Geschäftsvorgangs zwischen Sparkasse und Staatsschuldentilgungskasse: „Von dem Zeitpunkt der Entstehung der hiesigen städtischen Sparkassaanstalt angefangen, sohin seit dem Jah- re 1826 [sic!] bis in die letzte Zeit wurden alle in die hiesige Sparkasse eingelegten Kapitalien, so- bald selbe den Betrag von einigen hundert Gulden erreicht hatten, bei der K.St.Sch.T.K. [= Königli- che Staatsschuldentilgungskasse] angelegt139 und es wurden nach Größe der eingesandten Beträge, gleichviel, ob selbe nur einige Hunderte oder auch Tausende von Gulden betrugen, Obligationen ausgefertigt, gegen deren abquittierte Einsendung jederzeit die Kapitalien wieder zurückverlangt werden konnten, sobald die diesseitige Anstalt solche zu Rückzahlungen u.d.gl. benötiget war. Die Anlegung dieser Gelder, wenngleich um geringere Zinsen, beim Staate geschah aus dem Grunde, weil die Rückzahlung in jedem Augenblicke das Bedürfnis erlangt, die

134 Ebd. 52. 135 Ebd. 54. 136 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Staatsschuldentilgungskasse Regensburg vom 30. Dez. 1846. 137 Ebd. Schreiben der Staatsschuldentilgungskasse Regensburg an den Magistrat vom 18. Januar 1847. 138 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 15. Oktober und 4. November 1846. 139 Es fehlt der Hinweis auf die gewährten Kommunalkredite. 140 Sparkassaanstalt also nie in Verlegenheit gebracht werden konnte, wenn Einlagen gekündet wurden und man mußte bei dieser guten Absicht um so mehr verbleiben und stets neue Kapitalien an die K.St.Kasse einsenden, weil eben von daher wirklich augenblicklich jede verlangte Rückzah- lung erfolgte. Schon vor einigen Jahren wurde von Seite der K.St.Sch. T.Kommission die Zusam- menziehung kleinerer Obligationen in Urkunden auf größere Beträge angeordnet, wogegen sich diesseits aus dem Grunde geweigert wurde, weil die Zinsen dann nicht mehr zu verschiedenen Zeiten in kleineren Beträgen, sondern auf einmal in einer größeren Summe fällig werden, folglich die Verwendung für die Anstalt nicht mehr so zweckmäßig wie früher erfolgen könne und weil man befürchtete, es konnten Rückzahlungen in kleineren Beträgen beanstandet werden, allein man erhielt die ausdrückliche Zusicherung, daß Abschlagszahlungen auf größere Obligationen zu jeder Zeit erfolgen können, und wirklich konnte man solche bisher ohne Anstand erlangen, bis auf die neueste Zeit, wo von der K.St.Kassa eine eigene Genehmigung nachgesucht werden mußte. Nun aber, nachdem zu Rückzahlungen ein Kapital von 5.000 fl. erforderlich wäre und solches bei der K.St.Sch.T.Kasse Regensburg reklamiert wurde, erfolgte die [...] Rückäußerung nach welcher eine Rückzahlung nicht erfolgen könne, aber die Umschreibung der Obligationen in au porteur Obliga- tionen gestattet werde, durch deren Verpfändung bei einer der beiden Banken140 oder sonst sich die nötige Barschaft ohne Kapitalsverlust verschafft werden könnte. Auf diese Art der Gelderwer- bung für die hiesige Sparkassenanstalt kann sich aber der Magistrat als Verwaltungsbehörde nicht einlassen, abgesehen davon aber würde es auch rein unmöglich werden, den vollen Neuwert der Urkunden bei dem nun gesunkenen Kurs zu erlangen, um so weniger als auch bei den Banken sowohl als bei den sonstigen Abnehmern Abzüge für Spesen u.d.gl. berechnet werden würden; überhaupt kann ein solches Manipulieren und Handeln wohl von Privaten nie aber von einer Be- hörde mit amtlichen Geldern unternommen werden. Die Sparkassengelder wurden in der Voraus- setzung, daß selbe zu jeder Zeit zurück erlangt werden können, beim Staate angelegt und in keiner anderen Absicht auch vom Staate angenommen, deshalb muß es auch hiebei so lange sein Verblei- ben haben bis sich nicht von diesseits auf andere Bestim-mungen eingelassen werden wird. Es dürf- te aber auch genügend erscheinen, daß die K.St.Sch.T. Kommission auf Verlangen Abschlagszah- lungen leistet, denn wird es bekannt, daß in den Rückzahlungen der Sparkassaeinlagen Stockungen eintreten, dann wird voraussichtlich eine solche Anzahl von Aufkündungen geschehen, daß viel- leicht die Gesamtsumme der beim Staate angelegten Gelder [...] auf einmal notwendig würde. Nach den Bestimmungen der durch die hohe Kreisregierung genehmigten Statuten haftet das hiesi- ge Kommunalvermögen für die Gesamteinlagen, es kann also nie der ohnehin dem Stand der min- derbemittelten Einwohner angehörige Einleger ein Nachteil treffen, wohl aber steht das Kommunal- vermögen in Gefahr einen Verlust zu erleiden, wenn die K.Staatskasse die Rückzahlung

140 Königliche Bank, Bayerische Hypotheken- und Wechselbank. 141 in barem Geld verweigern kann, und der Magistrat durch Aufkündungen von Einlagen gezwun- gen würde, die Staatspapiere um den nun gesunkenen Kurs zu veräußern. Um nun einerseits die hier so wohltätig wirkende Anstalt vielleicht nicht gar der Auflösung zuzuführen, andererseits aber einen unausweichbar das hiesige Kommunalvermögen treffenden Nachteile abzuwenden, findet sich der Magistrat verpflichtet, das Sachverhältnis der hohen K.Kreisregierung als Kuratel Stelle zur Kenntnis zu bringen und zu bitten, höchstselbe wolle geruhen, durch Verwendung beim K.Innenministerium zu erwirken, daß von den angelegten Sparkassegeldern jederzeit soviele zu- rückgezahlt werden als zu Rückzahlungen gekündeter Einlagen nothwendig sein wird“.141 Der Aufforderung, sich erneut für die Sparkassenbelange einzusetzen, folgte die Kreisregierung zwei Monate später. Sie schloß sich der Argumentation des Amberger Magistrats an, äußerte nach- drücklich ihr Unverständnis für das Gebahren der Staatsschuldentilgungskasse, das die Sparkassen in „höchst bedenkliche Verlegenheiten“ brächte und bat um Feststellung, inwieweit die Verfah- rensweise der Staatsschuldentilgungskasse tatsächlich von seiten der Staatsregierung gebilligt wer- de.142 Knapp zwei Monate später folgte die Antwort des Innenministeriums. Es begründete die Rückzahlungsweigerung mit „der ausserordentlichen Inanspruchnahme aller verfügbaren Mittel derselben [=Staatsschuldentilgungskasse] für den Bau der Eisenbahnen“, weshalb „die Heimzah- lung von dort anliegenden Sparkassekapitalien durchaus nicht gestattet“ werden könne, „vielmehr nur die angebotene Umwandlung derselben in 3 1/2%ige au porteur Obligationen als zulässig“ zu billigen sei. Die Rechtfertigung des Innenministeriums, die Sparkassenkapitalien für den Eisenbahn- bau zu sperren, hatten die Kassen in München und Nürnberg bereits im Jahr zuvor akzeptieren müssen. Mit keinem Wort ging das Ministerium auf die bedenkliche Lage der an die Schuldenkasse gebundenen Sparkassen ein.143 Nun geriet die Amberger Sparkasse „täglich mehr in Verlegenheit“. Sie war gezwungen, „sogar schon von Privaten Vorschüsse aufzunehmen [...], um innerhalb der statutenmässigen Aufkündzeit Rückzahlungen leisten zu können“.144 Bei den Vorschußgebern handelte es sich um Amberger Stif- tungen und um den Hafnermeister und Magistratsrat Bedall. Im einzelnen wurden im Geschäftsjahr 1847/48 aufgenommen:145

Spitalstiftung146 1.465 fl. Bedall 1.000 fl. Stadtkammer 475 fl. Waisenhausfonds147 420 fl. Faber’sches Schulbenifizium 400 fl.

141 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 6. April 1847 142 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209, Bd. I, Schreiben der Kreisregierung an das Ministerium des Innern vom 19. Juni 1847. 143 Ebd. Schreiben des Ministeriums des Innern an die Kreisregierung vom 7. August 1847. 144 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 20. Juni 1847. 145 HASpAm-Su, Rechnung 1847/48 fol. 10. 146 Vgl. S. 234 Anm. 53. 147 Vgl. S. 235 Anm. 57; Anhang S. 359. Im Jahr 1849/50 besaß die Waisenhausstiftung ein Vermögen von 50.325 fl. mit einer jährlichen Einnahme von 2.004 fl. 142 Federl’sche Stiftung148 400 fl. Schenkl’sche Stiftung149 285 fl. Gymnasialfonds 125 fl. Leprosenhaus150 95 fl. Deutscher Schulfonds 30 fl. Armenfonds151 25 fl. Katharinenspitalstiftung152 10 fl.

Die Sparkasse hatte insgesamt 4.730 fl. zu 4 % erhalten.153 Auch die Stadtkammer gewährte der Sparkasse zur Überbrückung der Engpässe bei Zins- und Rückzahlungen Vorschüsse, die sie groß- zügig zinslos zur Verfügung stellte. An die Sparkasse flossen154

1844/45 400 fl. 1845/46 1.400 fl. 1846/47 900 fl. 1847/48 475 fl., insgesamt 3.175 fl.

Eine schnelle Lösung der „gegenwärtigen Kalamität“155 fand sich nicht. Auf keinen Fall wollte die Stadtverwaltung au porteur Obligationen akzeptieren, da „ein bedeutender Schaden für das zur Haftung verpflichtete Gemeindevermögen entstehen würde“. Inhaberobligationen lehnte der Ma- gistrat ab, da sie im Unterschied zu den festverzinslichen Anlagen bei der Staatsschuldentilgungs- kasse Kursschwankungen unterworfen waren. Man suchte nach anderen Auswegen und war nun „zur Überzeugung gelangt, daß nur durch e i n Mittel“ die Misere beseitigt werden könne: § 2 der Statuten mußte geändert werden. Auch Auswärtige - im Rahmen der zulässigen Einlegerschicht - sollten als Sparer akzeptiert werden, und eine Erhöhung des in § 6 festgelegten Einlagenmaximums von 400 fl. auf 600 fl. führe zwangsläufig zu merklichen Mehreinnahmen. „Hiedurch würde bald eine namhafte Summe zur Einlage kommen, welche zum Teil zu Abzahlung der zu Einlagrückzah- lungen bereits aufgenommenen Kapitalien verwendet, zum Teil aber gegen vorschriftsmäßige Hy- pothek und aufkündbar bei Privaten angelegt werden könnte. Es wäre sodann die Möglichkeit ge- geben, im Falle eines Geldbedarfes solche Hypothekurkunde entweder an Stiftungen oder an Priva- te zu zedieren oder die Kapitalien selbst aufzukünden und sonach würde keinen Augenblick mehr eine Geldverlegenheit entstehen“.156 Die beim Staat angelegten Gelder blieben unangetastet bis deren Rückzahlung geregelt werde, oder aber der Wert der Obligationen erhöhte

148 Bei der Federl’schen Stiftung handelte es sich um eine Stipendienstiftung. 149 „Diese Stiftung wurde gegründet im Jahre 1804 von dem fürstl. Landesdirektionsrathe Joseph Anton v. Schenkl zum Zwecke der Unterstützung armer Jünglinge und Mädchen, vorzüglich aus der Familie des Stifters.“ Das Gründungskapital belief sich auf 2.000 fl. Im Jahr 1869 betrug das Stiftungsvermögen 2.700 fl. Davon waren 265 fl. bei städtischen Einrich- tungen zu 4 % und 2.435 fl. zu 4 1/2 % in Hypotheken angelegt. VB 1869, 96. 150 Vgl. S. 234 Anm. 54. 151 Vgl. Anhang S. 358. 152 Vgl. S. 234 Anm. 52. 153 HASpAm-Su, Rechnung 1847/48 fol. 8f. Daß Stiftungsgelder zur Überbrückung an Sparkassen flossen, war nicht unüb- lich. Vgl. Hruschka 184. Auch die Nürnberger Sparkasse hielt ihre Liquidität mit Vorschüssen aus städtischen Stiftungen aufrecht. Carl 60. 154 HASpAm-Su, Rechnungen 1844/45 fol. 10; 1845/46 fol. 6; 1846/47 fol. 8; 1847/48 fol. 8. 155 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 6. September 1847. 156 Ebd. 143 sich auf den Nominalbetrag, der dann der Sparkasse uneingeschränkt zur Verfügung stünde. Die Kreisregierung konnte der Argumentation des Magistrats durchaus folgen, sie hatte jedoch Be- denken wegen eventuell negativer Auswirkungen auf den Bestand der Distriktsparkasse Amberg und holte deshalb eine Stellungnahme des Landgerichts zur Frage der Erweiterung des Einlegerkrei- ses bei der städtischen Sparkasse ein.157 Landrichter Lindig ging von einem „höchst nachteiligen Einfluß auf das Bestehen der Sparkasse im Landgerichtsbezirk“ aus, falls es tatsächlich zur vorgesehenen Ausdehnung des Einzugsbereiches käme. Als Grund gab Lindig an, die Bezirksbewohner hegten gegenüber der Sparkasse ein grund- sätzliches Mißtrauen, das aus der Zeit stamme, als man sie zwang, ihre bei der städtischen Sparkas- se angelegten Ersparnisse zurückzunehmen. Stünde nun die städtische Einrichtung wieder offen, interpretiere das die Bevölkerung dahingehend, „daß der landgerichtlichen Sparkasse von höchster Stelle das verdiente Zutrauen nicht geschenkt werde“, was sicher zur Folge hätte, daß Gelder aus der Kasse abgezogen würden und somit deren Bestand gefährdet sei. Der Landrichter forderte, eine Erweiterung des § 2 der städtischen Sparkassensatzung ausschließlich für Bezirke zu bewilligen, die noch keine Sparkasse gegründet hatten.158 Die Kreisregierung entsprach Lindigs Wunsch nach Ausschluß der Amberger Landgerichtsbewohner von der Teilnahme an der städtischen Sparkasse. Die vom Magistrat gewünschte Anhebung des Einlagehöchstbetrages wurde nicht genehmigt, da sie nicht dem Normativ vom 30. Januar 1843 entspreche, das ein Einlagemaximum von 400 fl. vorse- he.159 Wenige Tage nach Entscheid der Kreisregierung erließ der Magistrat eine Bekanntmachung: „Nach höchster Regierungsentschließung [...] dürfen auch Einwohner aus solchen Landgerichtsbe- zirken, in welchen keine Sparkassen bestehen, sich durch Einlagen an der hiesigen städtischen Sparkassa für die Zukunft wieder beteiligen“. Abschriften gingen an die Landgerichte Sulzbach, Nabburg, Kastl und Parsberg.160 Ein kurzfristiger Erfolg, wie von der Stadtverwaltung erhofft, stellte sich jedoch nicht ein. Noch zweimal wandte sich der Magistrat an die Staatsschuldentilgungskasse in Regensburg. Er bat zum einen um Auszahlung von 3.000 fl. für die anstehende jährliche Zinszahlung,161 zum anderen erkundigte sich nach der grundsätzlichen Möglichkeit, die angelegten Sparkassenkapitalien zurück- zuerhalten.162 Er wurde an die Staatsschuldentilgungskommission in München verwiesen,163 die die Anträge an das Innenministerium weiterleitete. Bevor dort über die Gesuche entschieden werden konnte, sollte die Stadtverwaltung Fragen nach der Anlagepraxis, nach dem Gesamtbetrag der Ein- lagekapitalien und nach der Höhe der gekündigten Guthaben beantworten.164 In der Hoffnung auf

157 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an das Landgericht Amberg vom 27. September 1847. 158 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 Bd. I, Schreiben des Landgerichts Amberg an die Kreisregierung vom 6. Oktober 1847. 159 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 12. Oktober 1847. 160 StadtAAm, Zg. I 2059, Bekanntmachung vom 20. Oktober 1847. 161 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Staatsschuldentilgungskasse Regensburg vom 16. Dezember 1847. 162 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Staatsschuldentilgungskasse Regensburg vom 2. April 1848. 163 Ebd. Schreiben der Staatsschuldentilgungskasse Regensburg an den Magistrat vom 19. Dezember 1847. 164 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 3. April 1848. 144 Beschleunigung des Verfahrens reagierte der Magistrat umgehend: insgesamt waren 120.400 fl. ausgeliehen; davon hatte man 78.900 fl. (65,5 %) beim Staat gegen Mobilisierungsobligationen und 41.500 fl. (34,5 %) bei Privaten gegen hypothekarische Sicherheiten angelegt.165 Ende März 1848 belief sich das Gesamtguthaben aller Sparer auf 121.020 fl. Die Verteilung nach Höhe der Gesamt- einlage des einzelnen Sparers stellte sich wie folgt dar:

353 Einleger mit einem Einlagekapital von 1 bis 100 fl., gesamt 18.304 fl. 207 Einleger mit einem Einlagekapital von 101 bis 200 fl., gesamt 29.946 fl. 256 Einleger mit einem Einlagekapital von 201 bis 400 fl., gesamt 72.770 fl.

Sparguthaben über 400 fl. bestanden nicht. Seit Beginn des neuen Geschäftsjahres, also seit 1. Fe- bruar 1848, hatte man bereits 7.276 fl. an die Einleger zurückbezahlt, 5.300 fl. waren erneut ge- kündigt worden und standen zur Auszahlung offen. Davon betrafen 2.410 fl. Guthaben von 100 bis 200 fl. und 2.890 fl. Guthaben von 200 bis 400 fl. Beträge unter 100 fl. wurden, wenn es die Neu- einlagen zuließen, möglichst sofort ausbezahlt. Der Magistrat hoffte, daß die nach 4wöchiger Frist zurückzuzahlenden 5.300 fl. umgehend freigegeben würden. Eine Kündigung der seit 1845 bei Privatpersonen angelegten Gelder kam nicht in Frage, da man die Betreffenden keinesfalls in Schwierigkeiten bringen wollte. Darüber hinaus betrug die Kündigungsfrist der Darlehen drei Mo- nate, ein zu langer Zeitraum für eine termingerechte Auszahlung der zurückgeforderten Einlagen.166 Mittlerweile hatte die Amberger Sparer Panik ergriffen. Gerüchte, die unter den „mindern Ständen“ kursierten, die Sparkassengelder seien in Gefahr, führten zu „mehrfältigen Kapitalsaufkündigun- gen“167 und veranlaßten den Magistrat zu folgender Bekanntmachung: „Nachdem sich das jeden Grund entbehrende Gerücht verbreitet haben soll, als kämen die bei Sparkassen angelegten Gelder in Gefahr, so wird lediglich die im § 1 der jetzigen Sparkassastatuten enthaltene Bestimmung wie- derholt bekannt gemacht, nach welcher die Einlage bei der hiesigen Sparkassen Anstalt durch das Gemeindevermögen garantiert werde, woraus sich wohl von selbst ergibt, daß nie eine Gefahr für die bei der hiesigen Anstalt beteiligten Einleger sich ergeben könne.“168 Die Bekanntmachung er- reichte ihren Zweck, weitere Panikabhebungen unterblieben. Trotzdem benötigte die Sparkasse dringend Geldmittel. Der Magistrat berichtete in einem Schreiben an die Staatsschuldentilgungs- kommission, es seien nun Auswanderungswillige, die den Kapitalbedarf der Sparkasse erhöhten, weshalb man weitere Gelder anforderte.169 Nach den magistratischen Erhebungen zur Auswande- rung emigrierten in den Jahren 1847/48170 rechtlich ein kinderloses Ehepaar und eine Frau ohne weiteres Vermögen,171 so daß - vorausgesetzt deren Geldmittel waren tatsächlich bei der Sparkasse

165 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 8. April 1848. 166 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 8. April 1848. 167 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Staatsschuldentilgungskasse Regensburg vom 3. April 1848. 168 Ebd. Bekanntmachung vom 5. April 1848. 169 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Staatsschuldentilgungskommission vom 16. April 1848. 170 1848/49 erfolgte nach der magistratischen Erfassung keine Auswanderung. 171 Vgl. S. 165 Tab. 1. 145 angelegt - 420 fl. zur Auszahlung anstanden172, eine eher unbedeutende Summe, die vermu- ten läßt, daß die Auswandernden vorgeschoben wurden, um zusätzliche Gelder locker machen zu können.173 Der im Landtag diskutierte Gesetzentwurf zur Regelung der Sparkassenangelegenheiten174 ver- setzte „neuerdings die Teilhaber an der hiesigen Anstalt in Angst“. Der Magistrat beeilte sich, eine weitere Bekanntmachung zu veröffentlichen175, um die aufgebrachten Sparer zu beruhigen. Er ver- sicherte nochmals, daß „durch die in den Statuten ausgesprochene Haftung des hiesigen Gemein- devermögens die höchste Sicherheit für Kapital und Zinsen gegeben“ sei. Weiterhin habe man ei- nen großen „Teil des Sparkassavermögens und zwar circa 43.000 fl. bei Privaten auf ganz sichere Hypotheken“ angelegt „und sollten die dem Staate dargeliehenen Summen im Bedürfensfall auch nicht jeder Zeit sogleich erhalten werden können, so sind bei dem Umfang des hiesigen Kammer- vermögens doch immer hinlängliche Mittel vorhanden die benötigten Gelder anderweitig aufzu- bringen.“ Um den Sparern letzte Unsicherheiten zu nehmen, schlug die Stadtverwaltung schließlich vor, jeder Einleger möge sich „durch Einsicht der Rechnungen und mündliche Aufklärungen ent- weder persönlich oder durch sachverständige Stellvertreters von dem Stande der Anstalt bei dem Kassier Stadtkämmerer Betz überzeugen und sich vollständige Beruhigung verschaffen.“ Dieses Mal waren die Beschwichtigungsversuche des Magistrats weniger erfolgreich: 13.000 fl. wurden gekün- digt. Doch Betz konnte nicht, wie dies der Magistrat in seiner Bekanntmachung darstellte, zum Stadtkammervermögen Zuflucht nehmen, denn aus städtischem Vermögen war diese Summe nicht aufzubringen, „weil eben hier das neue Krankenhaus in Bau begriffen ist“ und „alle bei der ma- gistratischen Kasse eingehenden Gelder also dahin verwendet werden müssen, um dort keine Sto- ckung eintreten zu lassen.“176 Er mußte einen anderen Weg finden, um die Liquidität der Kasse aufrecht zu erhalten: „Durch den von Seiten der Staatsregierung herbeigeführten Mißkredit der Sparkassen wurde zur gleichen Zeit eine große Zahl von Einlagen aus Furcht vor Verlustgefahr ge- kündet und die Kasse war genötiget nicht nur durch den Umsatz der Obligationen mittels Zessi- on177 Gelder aufzubringen, sondern auch, da dieses nicht vollständig ausreichte, selbst Kapitalien gegen 4 % Verzinsung auf so lange aufzunehmen, bis die Rückzahlung durch eingehende Kapitalien oder Einlagen wieder möglich wird, und hiedurch, da nemlich keine Stockung in den Zahlungen bemerkbar wurde, hat sich der Credit so ziemlich erhalten.“178 Betz gelang es, durch Abtretungen

172 Seit 1847 betrug die staatlich geforderte Barschaft für Einzelwanderer 170 fl. und für Familienwanderer 125 fl. IBl. Opf. 1847, 921 - 927. Die magistratischen Erhebungen zur Auswanderung sahen eine Spalte „Vermögen“ vor. Für den erfaßten Zeitraum 1839/40 bis 1872 wurden nur zu 9 Personen - darunter die Tochter eines Seifensieders, die die be- achtliche Summe von 4.000 fl. besaß - Angaben verzeichnet. Da die gesetzlichen Vorschriften die Auswanderungsge- nehmigung unter anderem vom Vorhandensein der obengenannten Mindestbarschaft abhängig machten, mußten die Emigranten mindestens über die geforderten Summen verfügen. In die Spalte „Vermögen“ wurden die Geldmittel einge- tragen, die die Auswanderer darüber hinaus mit sich führten. Vgl. S. 165f. Tab. 1. 173 Andererseits hätten natürlich nichtrechtliche Auswanderer die Auszahlungssumme durchaus erhöhen können. Die Anzahl der nichtrechtlichen Emigranten und die mitgeführten Geldbeträgen liegen im Bereich des Spekulativen. 174 Schachner 25 - 27. 175 StadtAAm, Zg. I 2058, Bekanntmachung vom 2. Mai 1848. 176 Ebd. 177 Über Abtretungen ist den Akten nichts zu entnehmen. 178 HASpAm-Su, Rechnung 1848/49 fol. 11. 146 und durch die zusätzliche Aufnahme von 4.610 fl. - die Sparkasse erhielt folgende Einzelbeträ- ge -: 179

1.760 fl. Oberpfälzische Stipendienstiftung 1.000 fl. Getreidemesser Franz Sendlbeck 1.000 fl. Georg Hirschmann 500 fl. Martin Winkler 350 fl. Kaufmann Karl Schloderer nicht nur den Engpaß zu überwinden, sondern den „Credit“, also das Vertrauen der Sparer hinläng- lich zu stabilisieren, indem er den Einlegern Bargeld auszahlte und nicht in Staatsobligationen Zu- flucht nahm. Die Krise war damit gemeistert. Der Fortbestand der Sparkasse gesichert. Dies gelang der Sparkasse München nicht. Ende März 1848 benötigte sie knapp 1,5 Millionen fl., um deren Auszahlung der Magistrat in einer Bittschrift an den König ersuchte. Die Gesuche an Ludwig I. hatten sich in den vergangenen Jahren als rettende Maßnahme erwiesen, doch der König hatte am 20. März die Abdankungsurkunde unterzeichnet, und nun blieb das Finanzministerium hart. Die Deckungsmittel, die man der Kasse zugestand, reichten nicht aus, am 21. April 1848 er- klärte sie ihre Zahlungsunfähigkeit. Die Stadtverwaltung hatte zwar alle ihr zu Gebote stehenden Mittel ausgeschöpft, doch man konnte die städtischen Kassen und Stiftungen nur soweit belasten, soweit nicht der Zusammenbruch des kommunalen Haushalts drohte. Schließlich wurden Anleihen bei der Nürnberger Bank und der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank aufgenommen, die in Teilbeträgen zum Februar und zum April 1848 gekündigt beziehungsweise nicht mehr verlängert worden waren.180 In den Jahren 1846 bis Anfang 1848 hatte die Sparkasse München 2,85 Millionen fl. an die Sparer zurückzuzahlen.181 Der Wunsch der Staatsregierung, den Bankrott der Kasse abzuwenden, ließ Gelder aus der Schuldentilgungskasse fließen, die den übrigen Sparkassen trotz vielfacher Hilferufe verwehrt blieben. Vom Herbst 1845 bis zum März 1848 wurden für sie lediglich 276.176 fl. ausge- schüttet.182 Davon hatte die Sparkasse Amberg erhalten:183

1.022 fl. am 23. Juli 1845 1.000 fl. am 11. Oktober 1845 10.000 fl. am 20. Dezember 1845 3.000 fl. am 20. Dezember 1845 20.000 fl. am 20. April 1846 3.000 fl. am 31. Januar 1848, insgesamt 38.022 fl. Im Frühjahr 1848 kam es zu vermehrten Rückforderungen, da gerüchteweise bekannt wurde, daß nach einem im Landtag diskutierten Gesetzentwurf die Einlagen nicht in bar, sondern in Staats-

179 Ebd. 180 Ettenhuber 557f. 181 Hirschhorn 12. 182 Geyer 410 - 412. 183 HASpAm-Su, Rechnungen 1845/46 fol. 5; 1846/47 fol. 6; 1847/48 fol. 7. 147 schuldmobilisierungsobligationen zurückgezahlt würden.184 Dieser Ansturm führte schlußend- lich zum Zusammenbruch der Münchner Sparkasse und mit ihr der Staatsschuldentilgungskasse. Der Abgeordnete und Nürnberger Bürgermeister Bestelmaier, der wie von Schaezler der vorgeleg- ten Gesetzesfassung kritisch gegenüberstand, arbeitete einen eigenen Antrag aus, der in das Gesetz vom 4. Juni 1848185 mündete. Mit diesem Gesetz vollzog sich die Trennung von Sparkassen und Staatsschuldentilgungskasse. Im Artikel I wurde entschieden, den Zinssatz für die beim Staat liegen- den Sparkassenkapitalien rückwirkend vom 1. April 1848 von 3 1/2 % auf 4 % zu erhöhen. Die Zinsmehreinnahmen waren ausschließlich für die Einleger bestimmt. Artikel II sah vor, ab 1. Januar 1849 jährlich 1 Million fl. in dreimonatlichen Raten anteilig nach Höhe des Guthabens der jeweili- gen Sparkasse auszuzahlen. Artikel III wies die Sparkassenverwaltungen an, die unteren Einwohner- schichten bei den Rückzahlungen bevorzugt zu behandeln. Artikel IV erlaubte schließlich den Kommunen, „bis zu dem Betrage jener [bei der Staatsschuldentilgungskasse] angelegten Summe 4prozentige Sparkassa=Schuldscheine in Abschnitten von 25, 50 und 100 fl. auszustellen.“ Der bayerische Staat schuldete den Sparkassen 10 Millionen fl., die er schon im Interesse der wei- teren wirtschaftlich-industriellen Entwicklung in keinem Fall sofort zurückzahlen konnte. Durch die jährlichen Abschlagszahlungen in Höhe von 1 Million fl. erstreckte sich die Tilgung der Schuld auf einen Zeitraum von 10 Jahren. Die Sparkassenverwaltungen blieben mit dem Problem der Zufrie- denstellung der Sparer auf sich gestellt. Immerhin durften sie sicher sein, die Einlagen tatsächlich zurückzuerhalten. Im Jahr 1848 hatte die Sparkasse Amberg noch 74.002 fl. bei der Staatsschulden- tilgungskasse angelegt.186

V. Geschäftsentwicklung 1. Passivgeschäft

Tabelle 1: Neueinlagen, Rückzahlungen, Gesamteinlagen städt. Sparkasse Amberg 1840/41 - 1848/49187 Jahr Neueinlagen Entwicklung Rückzahlungen Entwicklung Gesamteinlagen Entwicklung in % in % in % 1840/41 28.719 fl. 104.481 fl. 158.026 fl. 1841/42 18.802 fl. 17.868 fl. 131.319 fl. 1842/43 15.886 fl. - 15,5 26.784 fl. +49,9 121.896 fl. - 7,2 1843/44 16.813 fl. + 5,8 21.884 fl. - 18,3 118.320 fl. - 2,9 1844/45 22.113 fl. + 31,5 24.657 fl. +12,7 117.828 fl. - 0,4 1845/46 20.239 fl. - 8,8 19.236 fl. - 22,0 121.386 fl. + 3,0 1846/47 27.865 fl. + 37,7 ? 128.986 fl. + 6,3 1847/48 22.877 fl. - 17,9 30.093 fl. +56,4 122.535 fl. - 5,0 1848/49 19.540 fl. - 14,6 ? 111.902 fl. - 8,7

184 Schachner 25 - 27. 185 GBl. 1848, 177 - 182. Abgedruckt in: Wysocki/Pix 1995, 191. 186 HASpAm-Su, Rechnung 1848/49 fol. 4. 187 Ebd. Rechnungen 1840/41 fol. 1, 38, 45; 1841/42 fol. 1, 22, 30; 1842/43 fol. 1, 20, 27; 1843/44 fol. 1, 11, 20; 1844/45 fol. 1, 11, 16; 1845/46 fol. 1, 10, 16; 1846/47 fol. 1, 18; 1847/48 fol. 2, 11, 21; 1848/49 fol. 3, 23. 148 Nach der Wiedereröffnung im Sommer 1840 kämpfte die Sparkasse mit einem Vertrauensver- lust, der bis 1842 anhielt. Die sinkenden Neueinlagen und gleichzeitig steigenden Rückzahlun- gen188 spiegeln deutlich die Verunsicherung der Sparer wider. Die Kasse hatte ihren bis dahin guten Ruf verloren. Das folgende Jahr brachte zwar einen nur geringen Zuwachs von knapp 6 %, doch damit war die rückläufige Tendenz gestoppt, der Neueinlagentiefstand in diesem Jahrzehnt über- wunden; nicht einmal das Krisenjahr 1848 wies einen ähnlich niedrigen Neueinlagenzufluß wie das Jahr 1842 auf. Die neuen Statuten des Jahres 1843 erleichterten den Zugang zur Sparkasse, erlaub- ten höhere Einlagen, und nicht zuletzt die Zinserhöhung mag ihren Beitrag dazu geleistet haben, die Kasse nun wieder attraktiver erscheinen zu lassen. Die Rückforderungen sanken um knapp 20 %, erreichten allerdings im Folgejahr beinahe den hohen Stand des Jahres 1842. Im Jahr 1844 stie- gen die Neueinlagen um über 30 %, verringerten sich jedoch ein Jahr später um 8,5 % und wuch- sen 1846 um annähernd 40 %. Schließlich brachten die beiden Problemjahre 1848189 und 1849 im Durchschnitt immerhin noch 21.000 fl., so daß ein wirklicher Einbruch im Neueinlagengeschäft ausblieb. Die Schwierigkeiten, die auf Betz zukamen, sind beim Vergleich der Einzahlungen und Auszahlungen zu erkennen. In vier Jahren überstiegen die Rückforderungen die Neueinlagen:

1842/43 um 68,6 % 1843/44 um 30,2 % 1844/45 um 11,5 % 1847/48 um 31,5 %

Die Rückzahlungen des Jahres 1842 dürften Betz noch keine Probleme bereitet haben, flossen doch von der Staatsschuldentilgungskasse 56.372 fl. zurück.190 Doch in den folgenden Jahren er- hielt die Sparkasse Amberg nur unregelmäßig Gelder:191

1843/44 6.700 fl. 1844/45 ------1845/46 15.022 fl. 1846/47 20.000 fl. 1847/48 3.000 fl. 1848/49 ------

Wie bereits geschildert, gelang es Betz, mit Hilfe von Abtretungen, der zusätzlichen Aufnahme von Kapitalien und der weiterhin fließenden Neueinlagen die Liquidität der Sparkasse aufrecht zu erhal- ten. Ob er ähnlich erfolgreich hätte handeln können, wäre die Reduktion der Sparkasse im Jahr 1840 unterblieben, ist fraglich. Die Rückzahlungen der Jahre 1846/47 und 1848/49 lassen sich nicht ermitteln. Wie die Gesamteinlagen zeigen, die bis 1844 ständig sanken, 1845/1846

188 Die Rückzahlungssumme des Jahres 1840/41 stellt keinen„normalen“ Betrag dar, sondern faßt die üblichen Rückfor- derungen und die durch die Statutenänderung notwendigen Zwangsrückzahlungen zusammen. Vgl. S. 123f. 189 Zur Lage in Amberg vgl. Laschinger, Amberg 68f. 190 HASpAm-Su, Rechung 1842/43 fol. 16. 191 Ebd. Rechungen 1843/44 fol. 10; 1845/46 fol. 5; 1846/47 fol. 8; 1847/48 fol. 7. 149 kurzfristig stiegen und 1848 ihren Tiefststand erreichten, dürften sie im Jahr 1846 die Summe der Neueinlagen nicht überschritten haben, 1848 allerdings werden die Rückforderungen deutlich über 19.000 fl. gelegen haben. Die meisten bayerischen Sparkassen hatten in den Jahren 1845 bis 1848 mit Einbußen, einige um ihr Überleben zu kämpfen. Daß es durchaus auch Kassen gab, die weniger von den Auswirkungen der Krisenzeit tangiert wurden, zeigt das Beispiel der Sparkasse Würzburg. Sie erlebte im Verlauf der vier Jahr nur einmal, nämlich 1847, einen eher unbedeutenden Einbruch von knapp 16 % bei den Neueinlagen. Die Rückforderung stiegen 1846 um 22 %, im Folgejahr um 7 %. Um einem weiteren Abwärtstrend zu begegnen, beeilte sich der Magistrat den verängstigten Sparern zu versi- chern, es bestünde kein Anlaß zur Befürchtung, gekündigte Einlagen würden in Papieren zurückge- zahlt. Da die Einleger ihre Gelder tatsächlich in bar erhielten, beruhigten sich die Gemüter rasch. Die Neueinlagen wuchsen gegen den bei anderen Sparkassen festzustellenden Trend im Revoluti- onsjahr 1848 um beachtliche 24 %, und die Rücknahmen sanken um beinahe 40 %. Die Kommu- ne hatte ihren Teil dazu beigetragen, das Vertrauen in die Sparkasse zu stabilisieren, indem sie für die Barauszahlungen ein Darlehen von 40.000 fl. aufnahm, das innerhalb von drei Jahren zurück- gezahlt werden konnte.192

Tabelle 2: Einzahlungen/Rückzahlungen bei 3 bayerischen Sparkassen 1845/46 - 1848/49193 Augsburg Regensburg Würzburg Jahr Neueinlagen Rückzahlungen Neueinlagen Rückzahlungen Neueinlagen Rückzahlungen

1845/46 170.401 fl. 198.155 fl. 24.545 fl. 23.882 fl. 122.185 fl. 114.266 fl. 1846/47 151.183 fl. 192.872 fl. 138.648 fl. 139.510 fl. (-11,3 %) (-2,7 %) (+13,5 %) (+22,1 %) 1847/48 154.746 fl. 232.410 fl. 16.708 fl. 37.784 fl. 116.693 fl. 148.972 fl. (+2,4 %) (+20,5 %) (-31,9 %) (+58,1 %) (-15,8 %) (+6,8 %) 1848/49 59.210 fl. 166.324 fl. 9.175 fl. 25.160 fl. 144.887 fl. 91.605 fl. (-61,7 %) (-28,4 %) (-45,1 %) (-33,4 %) (+24,2 %) (-38,5 %)

Schwieriger gestaltete sich der Verlauf bei der Sparkasse Augsburg. Sie verzeichnete ab 1846 rück- gängige Einlagen. Zunächst fielen sie um 11 %, erholten sich kurzfristig und brachen 1848 mit über 60 % deutlich ein. Merz geht davon aus, daß die Zunahme der Bevölkerung, die im Jahr 1849 auf 37.986 Einwohner angewachsen war, das Sparerpotenzial erhöhte und einen völligen Kollaps des Neueinlagengeschäfts verhinderte. Vor allem die Arbeiterschaft hatte sich auf über 6.000 Personen erhöht.194 Sie konnten einen Ausgleich zu Gesellen, Dienstboten und Tagelöhnern schaffen. Be- denklich waren allerdings die hohen Rückforderungen. Sie überstiegen die Neueinlagen

1845 um 15,7 % 1846 um 27,6 % 1847 um 50,2 % und 1848 um 180,9 %.

192 Kniepert 48f. 193 Merz 87; Rygol 69; Kniepert Tabelle 1. 194 Merz 91. 150 Die Sparkassen Würzburg und Amberg konnten mit den weiterhin fließenden Neueinlagen Rück-forderungen kurzfristig abdecken. Ähnliches mochte der Augsburger Kasse zunächst ebenfalls noch gelingen, doch in den Jahren 1847, 1848 wird dies kaum mehr möglich gewesen sein. Merz hält denn auch fest, daß die Sparkasse bis zum Februar 1847 sämtlichen Rückzahlungswünschen nachkommen konnte. „Dabei schöpfte sie vor allem aus dem disposiblen Fonds beim Bankhaus Erzberger & Schmidt, den Vorschüssen an das Leihhaus und die Antonspfründe und dem Topf der 3,5%igen Staatspapiere.“195 Nach der Auflösung des Fonds wandte sich die Sparkassenverwaltung an die Staatsschuldentilgungskasse mit der Bitte um Bargeldauszahlung; man brauchte kurzfristig knapp 30.000 fl. Die Auszahlung erfolgte nicht, auch mehrere Eingaben beim Finanzministerium verhalfen nicht zu den benötigten Barmitteln. Die Lage spitzte sich schließlich zu: für Mai 1848 waren 131.569 fl. bereits gekündigt und für die Folgemonate 74.800 fl. zur Kündigung vorgemerkt, die Kasse besaß demgegenüber 41.464 fl. an liquiden Mitteln. In einer Krisensitzung beschloß die Sparkassenkommission, zunächst wöchentlich nicht mehr als 3.000 fl. auszubezahlen und Darle- hensnehmern dringend nahezulegen, ausgeliehene Gelder zurückzuzahlen. Weiterhin hofften die Verantwortlichen, mit einer Erhöhung des Zinssatzes auf 4 % neue Einleger gewinnen zu können. Nachdem man von der Staatsschuldentilgungskasse 40.000 fl. erhalten hatte, konnten die wöchent- lichen Zahlungen von 3.000 fl. geleistet werden, allerdings nur bis Anfang September 1848. Die Kündigungsflut hatte bis dahin abgenommen, doch die Mittel waren nun erschöpft. Gerade recht- zeitig kam schließlich die Mitteilung der Schuldentilgungskasse, die erste Rate in Höhe von 25.497 fl., der sich aus dem Gesetz vom 4. Juni ergebenden Rückzahlungen, stehe für die Augsburger Kas- se bereit.196 Damit konnte der unmittelbar bevorstehende Zusammenbruch verhindert werden, die Jahre der Krise waren beendet. Als Beispiel für ein Institut, das von der Zahlungsunfähigkeit der Staatsschuldentilgungskasse nicht betroffen war, mag hier die Sparkasse Regensburg dienen. Man hatte die Aktiva nicht beim Staat, sondern bei städtischen Einrichtungen und hypothekarisch bei Privatpersonen angelegt. Nichtsdes- toweniger machte sich die allgemeine Unsicherheit und die Lebensmittelverteuerung auch hier bemerkbar. Zur Überwindung der ab 1847 auftretenden Zahlungsengpässe setzte die Verwaltung der Sparkasse Regensburg dieselben Mittel ein, deren sich Betz in Amberg bedient hatte. Hier führ- ten allerdings die sinkenden Neueinlagen und steigenden Rückforderungen zu erheblich größeren Liquiditätsproblemen als in Amberg. Im Jahr 1848 verzeichnete die Kasse 63 % weniger Neuzugän- ge als 1845. Zusätzlich überstiegen die Rückzahlungen die Neueinlagen um 126,1 % im Jahr 1847 und um 174,2 % im Jahr 1848. Um der drohenden Illiquidität zu entgehen, trat man im Jahr 1847 Aktiva in Höhe von 5.250 fl. an Stiftungen ab und nahm 6.375 fl. an Vorschüssen auf. Im folgenden Jahr konnte der Zusammenbruch nur durch die weitere Aufnahme von 1.124 fl. und die

195 Ebd. 94. 196 Ebd. 94 - 96. 151 nochmalige Abtretung von 10.716 fl. verhindert werden.197 Die Rückforderungen entsprachen in etwa denen der Sparkasse Amberg, doch hatte man weniger Einbußen bei den Neueinlagen hinzunehmen. Nicht nur die Rückzahlungen stimmten annähernd überein, auch die Gesamteinla- gen lagen beinahe gleich auf, wobei in keinem Jahr die Regensburger Kasse höhere -einlagen ver- zeichnen konnte als das Amberger Institut.198

Tabelle 3: Gesamteinlagen Sparkasse Regensburg, städt. Sparkasse Amberg 1841/42 - 1848/49199 Jahr Regensburg Amberg

1841/42 84.573 fl. 131.319 fl. 1842/43 121.896 fl. 1843/44 102.892 fl. 118.320 fl. 1844/45 111.039 fl. 117.828 fl. 1845/46 112.006 fl. 121.386 fl. 1846/47 128.986 fl. 1847/48 103.604 fl. 122.535 fl. 1848/49 88.727 fl. 111.902 fl.

Die Gegenüberstellung der Gesamteinlagen wird aussagekräftiger, vergleicht man den sich daraus ergebenden Durchschnittsbetrag pro Einwohner:

Tabelle 4: Guthaben je Einwohner bei 3 bayerischen Städten 1840, 1843, 1846200 Jahr Amberg Regensburg Würzburg

1840 14 fl. 52 kr. 3 fl. 17 kr. 12 fl. 50 kr. 1843 11 fl. 11 kr. 4 fl. 23 kr. 14 fl. 50 kr. 1846 12 fl. 37 kr. 4 fl. 20 kr.201 15 fl. 16 kr.

Die Tabelle zeigt den ungünstigen Stand der Sparkasse Regensburg deutlich. Rygol führt die behin- derte Entwicklung der Kasse - eine Tendenz, die seit ihrer Gründung anhielt - sowohl „auf eine geringe Sparfähigkeit der Einleger als auch auf die statutenmäßige Begrenzung der Einlagen zu- rück“, maßgeblich jedoch sei die „mangelnde Akzeptanz der städtischen Sparkasse Regensburg innerhalb der Zielgruppen.“202 Über fehlende Zustimmung mußte sich die Amberger Sparkasse keinesfalls beklagen. Trotz der einschneidenden Veränderungen des Jahres 1840 erreichte sie in diesem Jahr ein besseres Ergebnis als die Würzburger Kasse. Der Vertrauensverlust der folgenden Jahre zeigt sich im Resultat des Jahres 1843. Bis 1846 stabilisierten sich zwar die Verhältnisse, doch der Einbruch hatte das neuerliche Erreichen ähnlicher Zahlen wie in Würzburg verhindert.

197 Rygol 68. 198 Von einer Dominanz der Sparkasse Regensburg im Regierungsbezirk Oberpfalz wie Weber sie im Hinblick auf das Jahr 1843 darstellen möchte, kann definitiv nicht die Rede sein. Weber, Sparkassengründungen 117. 199 Ebd. 69. 200 Kniepert Tabelle 1; Rygol 60, 69; Hermann 6f., 12f., 14f. 201 Gesamteinlagen 1847, Einwohnerzahl 1846. 202 Rygol 60. 152 2. Aktivgeschäft Seit 1. Oktober 1843 nahmen die Staatsschuldentilgungskassen keine Sparkassengelder mehr an. Der Amberger Magistrat hatte bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Anstrengungen unternommen, die uneingeschränkte Bindung der Sparkasse an den Staat zu lockern; man hatte, wie mehrfach darge- stellt, die risikolose, stets die notwendige Liquidität gewährleistende Anlagemöglichkeit als unab- dingbar notwendig betrachtet. Um so mühevoller wurde es nun für die Stadtverwaltung, eine neue Konzeption für die Verwaltung und Anlage der Sparkassengelder zu erarbeiten. Man reagierte un- gehalten und empört auf die neu entstandenen Schwierigkeiten, die es schnellst möglich zu beseiti- gen galt. In mehreren Fällen waren von Sparern größere Summen zurückgefordert worden, ohne daß entsprechende Barschaften in der Kasse abrufbar lagen. Um den Ansprüchen nachkommen zu können, mußten gleich große Beträge bei der Staatsschuldentilgungskasse gekündigt werden, was man eigentlich hatte vermeiden wollen, da diese künftig nicht wieder dort angelegt werden konn- ten. „Später werden gewöhnlich wieder so viele Einlagen deponiert, daß die aufgekündeten Kapita- lien damit hätten hinweggeschickt werden können und eine Aufkündigung der Kapitalien bei der Schuldentilgungskasse [wäre] nicht nötig gewesen, wenn erstere würden früher eingelegt worden sein.“203 Fürs erste hatte man versucht, Rückforderungen ausschließlich über Neueinlagen zu de- cken, um den bei der Staatsschuldentilgungskasse sicher angelegten Kapitalbestand nicht antasten zu müssen. Doch dieses Konzept erwies sich schnell als nicht praktikabel. Auch ein weiterer Ver- such, das ungeliebte, weil riskante und aufwendige Kreditgeschäft durch die kurzfristige Übernah- me von Stiftungsgeldern204 zu umgehen, scheiterte, in diesem Fall am Veto der Gemeindebevoll- mächtigten: „Es liegen nämlich von Zeit zu Zeit bedeutende Geldvorräte der Stiftungen in der [Stif- tungs-]Reservekasse und müssen ziemlich lange aufbewahrt werden, bis sich angemessene Schuld- ner zur Kapitalaufnahme finden. Es wäre nun auch für die Stiftungen vorteilhaft, wenn sie für jene Zeit, während welcher sie bisher das Geld unfruktifizirlich in der Kasse mußten liegen lassen, von der Sparkasse 3 1/2 Prozent für augenblickliche Vorschüsse erhalten könnten. Die Ausleihung der Stiftungskapitalien an Privaten soll aber durch diese Manipulation weder geschmälert noch gehin- dert werden, im Gegenteile soll bei der Sparkasse der verzinsliche Vorschuß nur bis zu dem Zeit- punkte gelassen werden, wo er als Kapital an einen Privaten ausgeliehen werden kann“.205 Die Gemeindebevollmächtigten verweigerten mit 15 zu 4 Stimmen die Zustimmung zu diesem Vorha- ben. Der bürokratische Aufwand erschien ihnen zu hoch.206 Dem Mangel an verfügbarem Bargeld folgte zeitweise eine Häufung von Neueinlagen, da, wie zu erwarten, nicht immer entsprechende Rückforderungen eingingen, so daß die Stadtverwaltung nicht umhin kam, nach weiteren Anlage-

203 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 4. Dezember 1843. 204 Vgl. Hruschka 184. 205 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 4. Dezember 1843. Zu Stif- tungen und Fonds als Kreditgeber vgl. Hruschka 246 - 265. 206 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 9. Januar 1844. 153 möglichkeiten zu suchen. Es widerstrebte ihr jedoch noch immer „solche neuen Einlagen an Private auszuleihen“,207 denn man befürchtete „empfindlichste Nachteile“:

− „Weil solche Gelder eine geraume Zeit unbenützt in der Kasse liegen bleiben müssen, bis sich ein tauglicher Schuldner findet, welcher die erforderliche Sicherheit gewähren kann, während man von dem Zeitpunkt der Einlage schon 31/2prozentige Zinsen zahlen muß. − Weil es gar oft Anstände wegen der Zinsenzahlung gibt und trotz aller angewendeten Vorschrift dann doch Nachlässe und Verluste eintreten können.“208

Eine Änderung dieser negativen Haltung brachten die Finanzierungsprobleme, die mit dem Kran- kenhausneubau auf die Stadtverwaltung zukamen.209 Seit dem Etatsjahr 1841/42 flossen Gelder aus den Rentenüberschüssen der Sparkasse in den Krankenhausfonds.210 Dies sollte solange geschehen, bis das Hospital in der Lage sein werde, sich finanziell selbst zu tragen. Damit jedoch „diese Ren- tenüberschüsse der Sparkasse sich in Zukunft nicht zu bedeutend mindern, sollen Sparkasse Einla- gen gegen 4 % Zinsen und hinreichende Hypothekenstellung auf den Grunde von Anlehenstabel- len wie andere Stiftungskapitalien an Private ausgeliehen werden.“211 Einen Monat nach dieser Ent- scheidung konnte Betz bereits das erste Hypothekardarlehen in Höhe von 500 fl. vergeben, weitere 18.150 fl. wurden im laufenden Etatsjahr 1845/46 genehmigt. Es erhielten:212

500 fl. Georg Geisler Amberg 2.000 fl. Leonhard Stiedl Lauterhofen 300 fl. Josef Grundler Dieterskirchen 700 fl. Stephan Steinwald Pittersberg 3.150 fl. Johann Graßer Hirschau 7.000 fl. Georg Schmid, Tafernwirt Ensdorf 5.000 fl. Joseph Winkler, Wirt Amberg

Von den sieben Darlehensnehmern stammten lediglich zwei aus Amberg. Die übrigen lebten in den umliegenden Landgerichtsbezirken Amberg, Kastl, Schwandorf und Neunburg v. Wald. Bei der Darlehensneuvergabe im Folgejahr wurden vier Amberger berücksichtigt, darunter mit der be- achtlichen Summe von 14.000 fl. der Tafernwirt Xaver Bruckmüller.213 Die restlichen sechs Schuld- ner kamen aus den Landgerichtsbezirken Amberg, Kastl, Nabburg, und Sulzbach. Insgesamt wurden 1846/47 27.500 fl. neu verliehen:214

650 fl. Johann Grasser Hirschau 3.000 fl. Josef Winkler, Wirt Amberg 14.000 fl. Xaver Bruckmüller, Tafernwirt Amberg 1.500 fl. Xaver Hausner Kastl 450 fl. Johann Lindner Knölling

207 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 4. Dezember 1843. 208 Ebd. 209 Vgl. S. 170ff. 210 Vgl. S. 157. 211 StadtAAm, Zg. I 773, Sitzungsprotokoll des Magistrats vom 29. Januar 1845; ebd. Bd. 104. 212 Die Rechnungen 1845/46, 1846/47 führen die Darlehensnehmer namentlich und mit Herkunftsangabe. Die Be- rufsangaben wurden gelegentlich vermerkt. HASpAm-Su, Rechnung 1845/46, fol. 3f. 213 Bis 1855/56 hatte Bruckmüller die höchste einmalige Darlehenssumme erhalten. 214 HASpAm-Su, Rechnung 1846/47, fol. 11f. 154

1.700 fl. Joseph Stohrer Amberg 200 fl. Joseph Eichhorn Gschwindt 1.200 fl. Lorenz Hösl Nabburg 4.000 fl. Georg Lehner,215 Handelsmann Amberg 800 fl. Nepomuk Götz Vilseck

Die wenigen Ausleihungen an Ortsansässige mißfielen dem Innenministerium. Man veranlaßte die Kreisregierung, auf eine Statutenänderung zu dringen und eine Beschränkung des Kreises der Dar- lehensnehmer einzuführen. Gegen diese Forderung bezog die Kreisregierung energisch Stellung: Es könne nicht angehen, auf der einen Seite den Sparkassen die Möglichkeit zu entziehen, „noch fer- nerhin die Überschüsse bei der k. Staatsschuldentilgungs Kasse verzinslich anzulegen“ und auf der anderen Seite, wenn die Sparkasse sich nun zu einer Anlage bei Privaten entschlossen habe, Vor- schriften zu machen, an welchen Personenkreis die Gelder auszuleihen seien. „Deshalb kann kei- nesfalls die Sparkasse gezwungen werden, ihre Gelder nur an Personen ihres Zuständigkeitsbe- reichs zu verleihen, da nicht sicherzustellen ist, daß auch genug Personen darlehensbedürftig sind, beziehungsweise genug Personen in der Lage sind, ausreichende Sicherheit zu stellen.“ Es sei zwin- gend notwendig, auch außerhalb des lokalen Marktes Gelder unterbringen zu können.216 Eine Än- derung der Satzung käme keinesfalls in Frage. Die Kreisregierung konnte sich mit ihrer Argumenta- tion durchsetzen, eine Definition der Darlehensnehmer im Sinn des Innenministeriums unterblieb. Im Jahr 1847 erfolgten wegen Geldmangels keine Darlehensvergaben. Erst im April 1848 wurden an Franz Kellermann aus Amberg weitere 2.000 fl. ausgeliehen.217 Bei den Kreditnehmern aus Am- berg handelte es sich vorrangig um Wirte, die die Sparkassenverwaltung zu den sichersten Schuld- nern rechnete. Wünschenswert wäre ein verstärktes Engagement in Gewerbetreibenden gewesen. Der Magistrat hielt in seinem Verwaltungsbericht aus dem Jahr 1839/40 fest: „Im Allgemeinen ha- ben sich die hiesigen Gewerbe noch nicht auf den Standpunkt erhoben, daß sie mit vielen Gewer- ben größerer Städte in gleiche Kathegorie gesetzt werden konnten, weil es ihren Besitzern mitunter an höherer Ausbildung, und was die Hauptsache ist, auch an dem erforderlichen BetriebsCapitale mangelt.“218 Die Sparkasse Amberg verlangte von ihren Kreditnehmern den üblichen Zinssatz von 4 %, ebenso wie die Ansbacher Sparkasse, deren Hypothekengeschäft bis zu Beginn des Jahres 1842 nur zöger- lich vorangekommen war. Angesichts der zu erwartenden Schwierigkeiten nach dem Anlagestopp bei der Staatsschuldentilgungskasse hielt Kassier Brendel nur einen Weg für möglich, die Gelder bei Privaten unterzubringen, nämlich den der Zinssenkung. Er schlug dem Magistrat vor, für bestehen-

215 Georg Lehner war Wachszieher. Er kaufte sich am 17. Februar 1841 mit einem Anteil von 75 % in die Amberger Steingutfabrik ein. Die restlichen 25 % konnte er bereits knapp vier Monate später erwerben. Bis 31. August 1843 blieb er Alleinbesitzer des Unternehmens. Zum 1. September übernahm der in Schnaittenbach ansässige Betreiber einer To- nerdeschlemme Eduard Kick die Hälfte der Steingutfabrik. Schließlich verkaufte Lehner am 1. September 1846 seine Betriebsanteile zum Preis von 50.000 fl. an Kick. Hubmann fol. 346, 358v., 361, 379. 216 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 Bd. I, Schreiben der Kreisregierung an das Ministerium des Innern vom 26. Januar 1846. 217 HASpAm-Su, Rechnung 1848/49, fol. 13. 218 StadtAAm, Zg I 333, VB § 96. 155 de und künftige Ausleihungen an Privatpersonen den Zinssatz auf 3 1/2 % zu reduzieren. Sein Vorstoß hatte Erfolg. Im Februar 1842 waren gut 5 % des Aktivvermögens der Sparkasse Ansbach gegen hypothekarische Sicherheiten angelegt, bis zum September 1846 konnte sie annähernd 25 % bei Privaten unterbringen.219 Für Brendel wurde die Senkung notwendig, da „der auf 3 1/2 % Pro- zent und noch tiefer dahier und in der Umgegend auf eine ziemliche Entfernung gesunkene“220 Zinsfuß verhinderte, daß sich Geldsuchende an die Sparkasse wandten. Sie fanden jederzeit Ver- leiher, die zu günstigeren Sätzen unkompliziert Geld zur Verfügung stellten. In Amberg und der Umgebung registrierte man keinen Verfall des Zinssatzes, so daß Betz in kurzer Zeit sichere Darle- hensnehmer für die Sparkassengelder finden konnte. Im ersten Jahr nach dem magistratischen Beschluß, Kredite an Privatpersonen zu vergeben, konnten immerhin 15,3 % des Aktivkapitals hier untergebracht werden, im Geschäftsjahr 1846/47 waren es bereits 35,6 % und damit prozentual deutlich mehr als im selben Jahr bei der Ansbacher Sparkasse. Das Aktivgeschäft der Sparkasse Amberg bestand von der Gründung bis zum Jahr 1845 ausschließ- lich in der verzinslichen Anlage bei der Staatsschuldentilgungskasse; ab 1845 entschloß sich die Stadtverwaltung aus oben dargelegten Gründen, Hypothekardarlehen an Privatpersonen zu verge- ben. Die Staatsschuldentilgungskasse zahlte bis 31. März 1848 3 1/2 % , ab 1. April 1848 4 % Zin- sen221; von den Darlehensnehmern erhielt die Sparkasse 4 % Zinsen.222

Tabelle 5: Anlage der Aktiva der städt. Sparkasse Amberg 1840 - 1848223 Jahr Staatsschuldentilgungskasse Private

1840/41 159.092 fl. 1841/42 130.972 fl. 1842/43 121.622 fl. 1843/44 116.922 fl. 1844/45 116.922 fl. 1845/46 101.900 fl. 18.650 fl. 1846/47 81.900 fl. 46.150 fl. 1847/48 78.900 fl. 42.150 fl. 1848/49 74.002 fl. 37.750 fl.

Wie die Sparkasse Amberg betrieb die Sparkasse Augsburg ein „passives“ Aktivgeschäft. Hier entschloß man sich ähnlich spät, Gelder nicht ausschließlich beim Staat zu deponieren, nämlich im Jahr 1846. Merz gibt eine Übersicht zum Aktivbestand des Jahres 1848/49:224

219 Reinhart/Zeitler 61. 220 Zitiert nach ebd. 221 HASpAm-Su, Rechnung 1848/49 fol. 4. 222 Ebd. Rechnung 1845/46 fol. 3. 223 Ebd. Rechnungen 1840/41 fol. 28; 1841/42 fol. 16; 1842/43 fol. 15; 1843/44 fol. 9; 1844/45 fol 8; 1845/46 fol. 2f., 3f.; 1846/47 fol. 2, 6; 1847/48 fol. 3, 6; 1848/49 fol. 4 - 8. 224 Merz 93. 156

Staatsschuldentilgungskasse 968.900 fl. Staatsobligationen 6.000 fl. Stiftungen 6.600 fl. Privatpersonen 82.000 fl. insgesamt 1.063.500 fl.

Das Kreditgeschäft war in Augsburg eher zögerlich angelaufen. Lediglich 8 % des Gesamtguthabens wurde an Stiftungen oder Privatpersonen zu einem Zinssatz von 4 1/2 % vergeben. Die befürchtete Einschränkung der Liquidität ließ die Sparkassenverwaltung zurückhaltend agieren. Man hielt „wei- terhin eine Unterbringung der Sparkassengelder ’beim Staate’“ für wünschenswert.225 In Amberg dagegen mißtraute man nach dem „von Seiten der Staatsregierung herbeigeführten Mißkredit der Sparkassen“226 der Anlage beim Staat und setzte verstärkt auf hypothekarische Darlehen. Im Jahr 1848 waren bereits 34 % des Gesamtguthabens bei Privatpersonen untergebracht.; eine Anlage bei städtischen Institutionen unterblieb jedoch. Ebenfalls relativ spät stieg die Würzburger Sparkasse ins Kreditgeschäft ein. Die Aufstellung Knieperts verzeichnet zwar für die Jahre 1833/34 bis 1837/38 hypothekarische Anlagen, doch diese beliefen sich im Durchschnitt auf 400 fl. jährlich und sind zu vernachlässigen. Kredite in größerem Rahmen wurden ab 1843/44 vergeben, zunächst 8.800 fl., ein Jahr später bereits 28.705 fl. Im Jahr 1848/49 hatte die Würzburger Sparkasse 9,5 % ihres Ge- samtguthabens hypothekarisch untergebracht.227

Tabelle 6: Anlage des Aktivkapitals bei 3 bayerischen Sparkassen 1848/49 Amberg Augsburg Würzburg

Aktivkapital 111.752 fl. 1.063.500 fl. 465.513 fl.

davon angelegt beim Staat 74.002 fl. (66,2 %) 974.900 fl. (91,7 %) 414.000 fl. (88,9 %)

bei städtischen Institutionen 6.600 fl. ( 0,6 %) 7.500 fl. ( 1,6 %)

bei Privaten 37.750 fl. (33,8 %) 82.000 fl. ( 7,7 %) 44.013 fl. ( 9,5 %)

Die drei hier aufgeführten Sparkassen hatten erst 20 beziehungsweise über 20 Jahren nach ihrer Gründung den Weg ins Kreditgeschäft gefunden; die Amberger Kasse verfolgte nun diesen Kurs am konsequentesten. Mit der Vergabe eines Drittels ihres Aktivkapitals an private Darlehensnehmer ließ sie die beiden größeren Sparkassen, die sich eher verhalten um die Unterbringung ihrer Gelder auf dem lokalen Kapitalmarkt bemühten, weit hinter sich.

225 Ebd. 96. 226 HASpAm-Su, Rechnung 1848/49 fol. 10. 227 Kniepert, Tabelle 2. 157 3. Überschüsse

Tabelle 7: Verwendung der Rentenüberschüsse der städt. Sparkasse Amberg 1841/42 bis 1848/49228 1841/42 1842/43 1843/44 1844/45 1845/46 1846/47 1847/48 1848/49 Kassier Betz Betz Betz Betz Betz Betz Betz Betz 300 fl. 275 fl. 200 fl. 200 fl. 200 fl. 200 fl. 200 fl. 200 fl. Magistratsrat Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer 90 fl. 82 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. 75 fl. Gemeinde- be- Thaler Thaler Thaler Thaler Thaler Thaler Thaler Zunner vollmächtigter 90 fl. 82 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. 40 fl. 40 fl. Diener 30 fl. 27 fl. 20 fl. 20 fl. 20 fl. 20 fl. 16 fl. 20 fl. Armenkasse 30 fl. 107 fl. 108 fl. 20 fl. 20 fl. 20 fl. 20 fl. 30 fl. Reservefonds 60 fl. 55 fl. 40 fl. 40 fl. 40 fl. 40 fl. 100 fl. 35 fl. Kämmerei 1.000 fl. 300 fl. 200 fl. 52 fl. 29 fl. 39 fl. 39 fl. 49 fl. Krankenhaus- 370 fl. 900 fl. 300 fl. 300 fl. 300 fl. 120 fl. 530 fl. 700 fl. stiftung

Gesamt 1.970 fl. 1.828 fl. 988 fl. 752 fl. 729 fl. 559 fl. 1.005 fl. 1.149 fl.

Bis zum Jahr 1840 wurden die von der Sparkasse erwirtschafteten Gewinne anteilmäßig ausschließ- lich an Personal und Armenfonds ausbezahlt. Eine Abgabe der Überschüsse an weitere städtische Einrichtungen zog der Magistrat nichts ins Kalkül. Mit dem Inkrafttreten der neuen Statuten führte man die Festbesoldung des Sparkassenpersonals ein, die Einrichtung eines Resevefonds wurde ver- pflichtend vorgeschrieben, der überschießende Betrag stand zur freien Verfügung. Nun klagte der Magistrat nicht mehr, wie in der Vergangenheit geschehen, er wisse nicht, wo diese Gelder unter- zubringen seien. Nach Lektüre der Antwortschreiben auf die Anfrage des Magstrats bei mehreren bayerischen Städten zu deren Verwendung der Rentenüberschüsse, dürfte sehr schnell der Plan Gestalt angenommen haben, Erträge der Sparkasse in kommunale Unternehmungen fließen zu lassen. Ein Umdenken hatte stattgefunden: „War die wirtschaftliche Bindung der Sparkassen an die Gemeinden [...] somit für jene zunächst eher als eine Belastung, als Quelle eines gewissen Risikos zu sehen, so änderte sich dieses negative Vorzeichen, als die Sparkassen in die Gewinnzone rück- ten“.229 Ab Frühjahr 1840 trat die Planung des Krankenhausneubaus in die konkrete Phase; ein geeignetes Grundstück mußte erworben werden. Da die Finanzierung auf allzu unsicheren Beinen stand, wird der Stadtverwaltung die Gelegenheit gerne wahr genommen haben, mit den Sparkas- senüberschüssen den Krankenhausfonds aufzustocken. Im Zeitraum von 1841

228 Die Überschüsse waren bei Erstellung der laufenden Jahresrechnung noch nicht genehmigt. Sie wurden in der Rech- nung des nächst folgenden Jahres verbucht. StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 5. August 1842; Schreiben des Magistrats an die Sparkassenkommission vom 13. August 1842; HASpAm-Su, Rechnung 1842/43, fol. 21; StadtAAm, Zg. I 2062, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 25. Okto-ber 1843; HASpAm-Su, Rechnungen 1843/44 fol. 15; 1844/45, fol. 12. Das Genehmigungsschreiben der Kreisregierung fehlt. Stad- tAAm, Zg. I 2062, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 19. Juni 1845; HASpAm-Su, Rechnung 1845/46, fol. 10; StadtAAm, Zg. I 2062, Schreiben der Kreisregierung vom 27. Juni 1846; HASpAm-Su, Rechnung 1846/47, fol. 13; StadtAAm, Zg. I 2062, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 26. August 1847; HASpAm-Su, Rech- nung 1847/48, fol. 13; StadtAAm, Zg. I 2062, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 22. März 1849; HASpAm-Su, Rechnung 1848/49, fol. 15; StadtAAm, Zg. I 2062, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 25. Januar 1850; HASpAm-Su, Rechnung 1849/50, fol. 15f. 229 Wysocki, Untersuchungen 155. 158 bis 1848 wurden 3.520 fl. bereitgestellt. Dieser Betrag stimmte annähernd mit dem Kaufpreis des Grundstücks am Mariahilfberg, das für die Errichtung des Krankenhauses angekauft worden war, überein.230 Nicht nur für den Krankenhausneubau waren Zuschüsse vorgesehen, auch die Stadtkammer erhielt Gelder; im Jahr 1841/42 1.000 fl., in den beiden Folgejahren 500 fl., deren Verwendung im städtischen Budget nicht geklärt werden konnte. Möglicherweise wurden hier in der Vergangenheit entstandene Kosten pauschal aufgerechnet. Zu den für die Jahre 1844/45 bis 1848/49 errechneten 208 fl. finden sich in den Rechnungen der Sparkasse Angaben wie „für das Lokal“ oder „für Beheizung, Schreibmaterial und so weiter“, mithin Ausgaben, die aus dem laufen- den Sparkassenbetrieb entstanden und die bisher von der Kommune übernommen worden waren. Unabhängig davon wurden „Regie-“, also Verwaltungskosten ausgeworfen:231

1841/1842 54 fl. 19 kr. 1842/1843 69 fl. 13 kr. 1843/1844 24 fl. 18 kr. 1844/1845 49 fl. 5 kr. 1845/1846 38 fl. 1 kr. 1846/1847 70 fl. 2 kr. 1847/1848 35 fl. 30 kr. 1848/1849 23 fl. 53 kr.

Welche Ausgaben im einzelnen mit diesen Beträgen gedeckt wurden, läßt sich nicht präzisieren. Ein wesentlicher Teil der Überschüsse war für das Sparkassenpersonal vorgesehen. Auf die drei Kommissionsmitgliedern und den Diener entfiel ein Drittel des Gesamtgewinns der Jahre 1841 bis 1848, wobei der größte Betrag mit 1.775 fl. an den Kassier ging, dessen Funktion die höchste Ar- beitsbelastung mit sich brachte. Bisher war der Lokalarmenfonds als einzige kommunale Institution mit insgesamt 397 fl. bedacht worden,232 nun erhielt die Armenkasse Zuschüsse in Höhe von 355 fl.233 Für den verbindlich vorgeschriebenen Reservefonds wurden insgesamt 410 fl. festgesetzt. Er

230 Vgl. S. 173. 231 HASpAm-Su, Rechnungen 1842/43 fol. 21; 1843/44 fol. 17; 1844/45 fol. 13; 1845/46 fol. 13; 1846/47 fol. 14; 1847/48 fol. 14; 1848/49 fol. 17; 1849/50 fol. 17. 232 Ebd. Rechnungen 1834/35 fol. 12; 1836/37 fol. 20; 1840/41 fol. 40; 1841/42 fol. 23. 233 Der Magistrat ließ im Jahr 1851 ein „Verzeichniß der in der Stadtgemeinde Amberg bestehenden Armen-Versorgungs- und andern Wohlthaetigkeits-Anstalten“ erstellen. Hier finden sich Angaben zum Armenfonds und zur Armenkasse. Aus- züge aus dem Verzeichnis im Anhang S. 358ff. Der Lokalarmenfonds verfügte im Jahr 1849/50 über ein Vermögen von 30.406 fl. Die Armenkasse besaß kein Stamm- vermögen; sie erhielt „Renten aus dem Armenfonds mit beiläufig 600 fl. von dem königlichen Rentamte Amberg 625 fl. aus Stiftungen u. Kirchen 280 fl. vom Leihhause 30 fl. aus dem Fonde für Kreis-Irren 50 fl. Schrannengelder, Tanzmusiken, Hundvisitationen, Erbschaften etc. 750 fl. Opfern etc. 450 fl. Ersatzleistungen 300 fl. Das an der Gesammt-Bedarfs-Summe fehlende wird durch Zwangsbeiträge gedeckt nach einer beiläufigen Summe von 3.800 fl.“ Die Sparkassenbeiträge wurden nicht gesondert aufgeführt. Mit den freiwilligen und den Zwangsabgaben unterstützte man im Etatsjahr 1848/49 450 bedürftige Personen. StadtAAm, Zg. I 1858. 159 sollte 10 % der Einlagensumme betragen und war in den Jahresrechnungen gesondert auszu- weisen, was die Sparkassenverwaltung seit Einführung des Fonds im Jahr 1840 praktizierte. Anfangs hatte der Magistrat die Etablierung rundweg abgelehnt. Daß er noch immer als entbehrliches Übel betrachtet wurde, zeigt das zögerliche Wachstum des Fonds. Ob Ambergs Stadtvätern klar war, daß die „wesentliche Bedeutung der Sicherheitsrücklage in der finanziellen Verselbständigung der Kasse in bezug auf den Garantieverband [lag]“, darf bezweifelt werden. Obendrein schaffte ein, „ausrei- chend dotierter Reservefonds der Sparkasse die Möglichkeit, Verluste ‘in sich’ auszugleichen. Die- se durch eine genügende Sicherheitsrücklage verselbständigte Kasse wendet von dem Garantiever- band die Gefahr der Störung und der Zerrüttung des Kommunalhaushaltes ab, die aus der Unter- haltung einer Sparkasse grundsätzlich herrühren kann.“234 Bei den äußerst knappen Mitteln der Kommune hätte eine eigenständige Sicherung gegen Verluste im unbedingten Interesse der Stadt- verwaltung liegen müssen. Die Einstandssumme des Jahres 1840/41 kam durch die Auszahlung der Rentenüberschüsse aus den Jahren vor Schließung der Sparkasse zustande. Dies war der einzige größere Betrag der dem Fonds bis 1872 zufloß. Von den insgesamt erwirtschafteten 8.982 fl. 26 kr. wurden 4,6 % an den Reservefonds abgeführt, der im Jahr 1848/49 einen Stand von 1.372 fl. auf- wies.235 Diese Summe entsprach 1,2 % der Gesamteinlagen; von den geforderten 10 % war die Sparkasse Amberg weit entfernt.

Tabelle 8: Stand des Reservefonds der städt. Sparkasse Amberg 1840/41 bis 1848/49 Jahr Betrag in % der Gesamtein- lagen 1840/41 825 fl. 0,5 1841/42 885 fl. 0,7 1842/43 940 fl. 0,8 1843/44 980 fl. 0,8 1844/45 1.020 fl. 0,9 1845/46 1.060 fl. 0,9 1846/47 1.100 fl. 0,9 1847/48 1.286 fl. 1,0 1848/49 1.372 fl. 1,2

Ein günstigeres Verhältnis von Reservefonds zu Gesamteinlagen wies die Sparkasse Augsburg auf. Sie hatte im Jahr 1849 mit 27.459 fl. 2,3 % ihrer Einlagen abgesichert. Hier beanspruchte man den Reservefonds erstmals in den schwierigen Jahren 1848 und 1849, die ein negatives Betriebsergeb- nis von zusammen 1.013 fl. auswiesen. Die Rücklagen des Fonds erlaubten den Ausgleich ohne die Kommune in Anspruch nehmen zu müssen.236 Für die Sparkasse Amberg trat im gesamten Bearbei- tungszeitraum kein ähnlicher Fall auf.

234 Wysocki, Untersuchungen 156. 235 HASpAm-Su, Rechnung 1848/49 fol. 22. 236 Merz 98. 160 VI. Die Sparer Die Sparkassenakten und ebenso die Geschäftsbücher der Sparkasse geben keinerlei Auskunft über die Einlegerstruktur. Aus einer statistischen Arbeit des Magistrats lassen sich immerhin für Ende des Jahr 1842 Daten entnehmen.

Tabelle 9: Einlegerstruktur städt. Sparkasse Amberg 1842237 Anzahl der Sparer Gesamtguthaben Guthaben je Sparer

Dienstboten 230 (24,0 %) 32.200 fl. (27,4 %) 140 fl.

Gesellen, Lehrlinge, 220 (22,9 %) 30.360 fl. (25,9 %) 138 fl. Arbeiter, Tagelöhner

Kinder 407 (42,4 %) 44.770 fl. (38,1 %) 110 fl. andere Personen 103 (10,7 %) 10.050 fl. (8,6 %) 97 fl. 36 kr.

Im Vergleich mit der Situation des Jahres 1838/39 zeigt sich ein Rückgang der Einleger von 1.550 auf 960, also um 38 %. Dieser Verlust ist eindeutig dem Ausscheiden der bisher in der Kategorie „andere Personen“ geführten Sparer zuzurechnen. Die Angehörigen der Dienstboten- /Gesellenschicht und Kinder sind zahlenmäßig annähernd gleich geblieben. Eine ins Gewicht fal- lende Veränderung ergibt sich beim Durchschnittsguthaben der Einleger. Die der Kasse treu geblie- benen Dienstboten und Gesellen etc. konnten ihre Guthaben nahezu verdoppeln; auch die Kin- dersparer, die nun den prozentual höchsten Anteil der Einleger ausmachten, legten um 15,8 % zu. Dagegen ging das Sparguthaben der „anderen Personen“ um rund 41 % zurück. Sicher hatten die vermögendsten Einleger ihre Gelder abgezogen, zum einen weil die neuen Statuten es so vorsahen, zum anderen weil ihnen die Querelen um die Staatsschuldentilgungskasse nicht verborgen blieben und sie glaubten, ihre Gelder in Sicherheit bringen zu müssen. Darüber hinaus fanden sie ander- weitig sichere und besser verzinste Anlagemöglichkeiten.238 Bei den verbliebenen „anderen Perso- nen“ wird es sich vorrangig um Gewerbetreibende und vermutlich auch um Militärangehörige239 gehandelt haben. Für Ende des Jahres 1848 liegen weitere Zahlen, allerdings ausschließlich zu den Gesamteinlegern, vor:

Tabelle 10: Anzahl der Sparer - Gesamteinlage - Durchschnittseinlage städt. Sparkasse Amberg Ende 1842, 1843, 1848240 Jahr Anzahl der Sparer Gesamteinlagen Durchschnittseinlage 1842 960 117.380 fl. 122 fl. 16 kr. 1843 894 119.597 fl. 133 fl. 46 kr. 1848 882 105.337 fl. 119 fl. 26 kr.

237 StadtAAm, Zg. I 334, Beilage XXXV. 238 Vgl. S. 181. 239 Vgl. Braun 205 - 220. 240 StadtAAm, Zg. I 334, Beilage XXXV; ebd. Zg. I 2063 „Summarische Nachweisung“ o. D.; StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3806 „Summarische Nachweisung“ o. D. 161 Die Anzahl der Sparer hatte 1848 im Vergleich zu 1842 erwartungsgemäß abgenommen, je- doch lediglich um 8,1 %. Ebenso ging der durchschnittliche Betrag je Sparer nach einer Steigerung im Jahr 1843 zurück. Er lag allerdings nur um 2,5 % unter dem Ergebnis des Jahres 1842. Wie oben bereits dargestellt, kann von einem Einbruch im Krisenjahr 1848 keinesfalls die Rede sein.

VII. Sparkassenpersonal Bei Änderung der Statuten im Jahr 1840 war bestimmt worden, daß ein dreiköpfiges Gremium für die Führung der Sparkasse ausreichend sei. Den Hauptteil der Verwaltungstätigkeit übernahm der Kassier. Für den Gemeindebevollmächtigten, der bisher für das Kontrollbuch verantwortlich zeich- nete, wurde keine neue Aufgabe gefunden, „somit war dieser seit der Zeit ganz ohne Beschäftigung und mußte lediglich einen müßigen Zuseher machen, war also um so entbehrlicher, als er auch an der Kassasperre keinen Anteil hatte, ihm sonach auch in dieser Hinsicht keine Haftung oblag, da die Sparkasse unter der doppelten Sperre des Magistratsrates und des Kassiers sich befindet.“241 Nach dem Tod des Gemeindebevollmächtigten Franz Thaler im September 1847 sah der Magistrat „eine günstige Gelegenheit [...], daß diese Rolle nicht wieder zu besetzen sei, [... denn] durch die Nichtbesetzung dieser Stelle werden [...] die Verwaltungskosten vermindert, welches um so mehr berücksichtigt werden muß als der nach Abzug derselben verbleibende Rentenüberschuß jährlich größtenteils der Krankenhausstiftung zufließt, welche Stiftung wegen des eben in Begriff stehenden Baues des Marienspitalgebäudes eines ganz besonderen Aufhülfs bedarf.“ Gemeindebevollmächtig- te und Kreisregierung stimmten jedoch dem Antrag der Stadtverwaltung auf Streichung der Stelle nicht zu, da im § 1 der Statuten ausdrücklich die Beiziehung eines Gemeindebevollmächtigten als Angehörigen der Sparkassenkommission vorgesehen sei, unabhängig davon, welche speziellen Auf- gaben dieser zu übernehmen habe.242 Als Nachfolger Thalers wurde der Getreidemesser Johann Georg Zunner bestimmt.243

Tabelle: Personal der städt. Sparkasse Amberg 5. August 1840 - 1848 Zeitraum Kassier Magistratsrat Gemeindebevollmächtigter

5. Aug. 1840 bis Betz Schloderer Thaler Sept. 1847 Sept. 1847 bis Betz Schloderer 31. Jan. 1848 ab 1. Februar 1848 Betz Schloderer Zunner

Nach Wiedereröffnung der Sparkasse wurde Thomas Betz mit den Aufgaben des Kassiers betraut. Er wurde 1804 geboren; sein Geburtsort ist unbekannt. Nach der Schulzeit absolvierte Betz eine Ausbildung als Schreiber und legte die Concurs-Prüfung vor der Regierung mit der Note I ab. Über seine weitere berufliche Tätigkeit ist ebenfalls nichts bekannt. Am 18. November 1837 begann er seinen Dienst in der Amberger Stadtverwaltung und wurde am 1. Januar 1838 zum Stadtschreiber

241 StadtAAm, Zg. I 2060, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 3. November 1847. 242 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 13. Januar 1848. 243 Ebd. Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 1. Februar 1848. 162 mit einem jährlichen Gehalt von 500 fl. plus freier Dienstwohnung im Baustadelgebäude er- nannt. Vom 6. August 1840 bis 7. März 1842 vertrat er Wernhammer in dessen Funktion als Stadt- kämmerer und Hospitalverwalter, ohne sein eigenes Amt als Stadtschreiber abgeben zu können. Ab 8. März 1842 bis zu seinem Tod am 18. Mai 1864 fungierte Betz als Kämmerer und Hospitalver- walter. Er bezog ein jährliches Gehalt von 700 fl. und freie Dienstwohnung mit Gartennutzung im Hospitalgebäude. Betz war unverheiratet.244 Zunner wurde 1790 geboren und verstarb am 24. Au- gust 1868. Er fungierte zuletzt als Schrannenmeister.245 Weitere persönliche Daten sind unbekannt. Die Besoldung des Sparkassenpersonals erfolgte nun unabhängig von der Höhe der Überschüsse. Betz erhielt als Kassier zunächst 300 fl. Die Summe reduzierte sich mit geringer werdendem Ar- beitsaufwand im Jahr 1842/43 auf 275 fl. und ab dem Folgejahr auf 200 fl. Ebenso wurden die jähr- lichen Entschädigungen für den Magistratsrat und den Gemeindebevollmächtigten eingeschränkt. Sie erhielten 90 fl., 82 fl. 30 kr. und schließlich ab 1843/44 60 fl. Die Remuneration des als ab- kömmlich eingestuften Gemeindebevollmächtigten wurde nach dem Tod Thalers auf 40 fl. gesenkt und diejenige des Magistratsrats ab 1848/49 auf 75 fl. erhöht.

VIII. Zusammenfassung Der Konflikt mit der Kreisregierung endete für den Gewährträger der Amberger Sparkasse mit einer wegweisenden Erkenntnis: Die Sparkasse konnte durch die Erwirtschaftung von Überschüssen zum Besten der Gemeindekasse beitragen. Für den Magistrat, der die ökonomische Situation der Kom- mune in düsteren Farben schilderte: „Amberg befindet sich zur Zeit nicht in der Lage, daß Handel und Gewerbe eine gewisse Wohlhabenheit hervorrufen können, denn es entbehrt aller jener groß- artigen Vortheile, welche manche andere Gegenden des Königreichs bereits genießen. Keine schiffbar gemachten Ströme, keine Eisenbahn, nichts ist vorhanden dem hiesigen Handels- und Gewerbswesen einen Aufschwung zu verschaffen. Daher kommt es auch, daß reiche Fabriken und Gewerbsbesitzer hier gar nicht und wohlhabende nur sehr wenige anzutreffen sind. Würden nicht viele Gewerbetreibende dahier Nebengewerbe suchen, oder die Ökonomie nebenbey ausüben, so wären sie nicht einmal im Stand ihre Familie ordentlich ernähren zu können“,246 wurde die Kasse Mittel zum Zweck, in diesem Fall, um zur Finanzierung des geplanten Krankenhausneubaus beizu- steuern. Mit dem Inkrafttreten der revidierten Statuten hatten sich die Rahmenbedingungen für die Sparkasse grundlegend verändert. Zugelassen waren nun ausschließlich die obrigkeitlich erwünsch- te Zielgruppe der Dienstboten Gesellen, Lehrlinge, Arbeiter, Tagelöhner, gering bemittelten Perso- nen und Kinder; all diese unter Beachtung einer strikten Einlagenlimitierung und unter Ausschluß nicht in Amberg ansässiger Personen. Damit nahm die Amberger Kasse in strengerer Form diejeni-

244 Ebd. Zg. I 349, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 31. August 1841; Schreiben Betz’ an den Magistrat vom 6. Oktober 1841 und 7. Juni 1844; Stellungnahme Rezers vom 27. Februar 1842; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 8. März 1842; Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 16. Juli 1844; Todesanzeige vom 18. Mai 1864. 245 Dollacker, Amberg 90. 246 StadtAAm, Zg. I 334, Beilage VIII. 163 gen Bestimmungen vorweg, die das Normativ von 1843 allen bayerischen Sparkassen zur Auf- lage machte. Durch die Beschränkung des Einlegerkreises auf die Bewohner der Stadt Amberg, rückte die Frage der Gründung einer Sparkasse für den Landgerichtsbezirk Amberg ins Bewußtsein. Sie wurde nach einem neuerlichen Versuch, Anschluß an die städtische Sparkasse zu finden, in die Tat umgesetzt. Die Weigerung des Staates, weiterhin Sparkassengelder anzunehmen, zwang den Gewährträger zur Neuorientierung im Hinblick auf die Anlagepolitik. Die bislang kategorisch abge- lehnte Vergabe von Hypothekarkrediten wurde nun forciert, sie wird künftig die Ausrichtung der Kapitalienanlage bestimmen; Darlehensvergaben machten im Jahr 1848/49 bereits über 30 % des Aktivgeschäftes aus. Durch die obrigkeitlich verordneten Rückzahlungen des Jahres 1840 erlitt die Einlagenentwicklung einen empfindlichen Einbruch, der wegen des nicht mehr kapitalkräftigen Sparerkreises in den folgenden Jahren nicht egalisiert werden konnte. Bis zum Krisenjahr 1848 gin- gen die Gesamteinlagen um 50 % zurück. Die Phase der Auszahlungsverweigerung der Sparkassen- gelder durch die Staatsschuldentilungskasse überstand die Amberger Kasse ohne die Hilfe des Ge- währträgers in großem Rahmen in Anspruch nehmen zu müssen. Weiterhin fließende Neueinlagen, Abtretungen und zusätzliche Kapitalaufnahmen sicherten die Liquidität und zeugen von umsichti- gem Handeln des neuen Sparkassenverwalters. Insgesamt ging die Sparkasse gestärkt aus den Jah- ren des Umbruchs hervor. 164 Exkurs: Auswanderung1 Die Abwanderung aus der Stadt Amberg im 19. Jahrhundert fand innerhalb der Dissertation Hein- rich Klingers „Die Bevölkerungsbewegung der Stadt Amberg bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert“ die bisher einzige wissenschaftliche Bearbeitung. Klinger behandelt das Thema äußerst knapp ohne eine begriffliche Trennung von Binnen- und Auswanderung vorzunehmen.2 Hartmannsgruber, der die in den „Beiträgen zur Statistik des Königreichs Bayern“ und in der „Zeitschrift des k. bayeri- schen statistischen Bureau“ vorliegenden Materialien zur Auswanderung aus der Oberpfalz im 19. Jahrhundert auswertete, wirft Klinger vor, seine Zahlen auf Grund nicht ausreichend breiter Quellengrundlage ermittelt zu haben, nämlich für das 19. Jahrhundert auf Basis der Bürgerbücher.3 Dieser Vorwurf ist berechtigt, setzt Klinger doch Abwanderung mit Aufgabe des Bürgerrechts gleich und rechtfertigt damit seine Quellen in Form von Bürgerbüchern, Stadtkammerrechnungen und einem Steuerbuch.4 Für den hier zu bearbeitenden Zeitraum ist diese Grundlage völlig untauglich. So gibt das Amberger Bürgerbuch, das die Einbürgerungen des 19. Jahrhunderts verzeichnete,5 zwar sporadisch Informationen zu Auswanderungen, doch da es keinesfalls alle Bewohner Ambergs erfaßte und die Angaben zu den Auswanderungen eher willkürlich erscheinen, ist es als Quelle für statistische Daten unbrauchbar. Relevant sind die im Stadtarchiv vorliegenden Akten Zg. I 147, 211 und Zg. II 1919, die detailliert Auskunft über Beruf/Herkunft, Ziel und Grund der Auswanderung für die Jahre 1839 bis 1872 - mit zweijähriger Lücke - geben. Da Hartmannsgruber in seinem Auf- satz die Gesamtoberpfalz bearbeitete und wegen seines Quellenmaterials wenig detaillierte Zahlen zu Amberg vorlegen kann6 und Klingers Ausführungen auf unzureichenden Quellen beruhen, sollen im folgenden die im Stadtarchiv Amberg vorhandenen statistischen Erhebungen aufgezeichnet wer- den.7

1 Der Exkurs beabsichtigt in keiner Weise eine detaillierte Untersuchung der Amberger Auswanderung des 19. Jahrhun- derts mit den notwendigen Einbindungen in den Kontext Oberpfalz - Bayern - übrige deutsche Gebiete. Für die vorlie- gende Arbeit interessierte vorrangig die Auswanderungsquote der 1840er Jahr und die den Auswandernden zur Verfü- gung stehenden Geldmittel. Vgl. S. 144. Das Nichtvorhandensein brauchbarer veröffentlichter statistischer Zahlen machte die Suche nach entsprechenden Quellen notwendig. Sie wurden in Form von magistratischen Erhebungsbögen im Stadt- archiv Amberg gefunden. Diese sind detaillierter und für einen größeren zeitlichen Rahmen verfügbar als die den regie- rungsamtlichen Statistiken zu entnehmenden Angaben zu den Auswanderern Ambergs. Vgl. Hartmannsgruber 347. Sie decken jedoch nicht das gesamte 19. Jahrhundert ab. 2 Klinger 72 - 79. 3 Hartmannsgruber 338. Hier weiterführende Literatur. 4 Klinger 73. Zu bemängeln ist das Fehlen exakter Quellenangaben. 5 StadtAAm, Bd. 245. 6 Hartmannsgruber 350. 7 Statistische Materialien für den Zeitraum vor 1831 fehlen im Stadtarchiv Amberg. In StadtAAm, Zg. I 145 findet sich der Hinweis, daß alle Auswanderungsanträge und -aufstellungen an das königliche Kreis- und Stadtgericht Amberg abgegeben wurden. Diese Schriftstücke sind nicht mehr existent. Der in obengenanntem Akt befindlichen Korrespondenz läßt sich entnehmen, daß im Jahr 1819 zwei Brüder, Joseph und Simon Fehlner, ohne Genehmigung nach Ungarn emigrierten. Ihr Vermögen von 125 fl. wurde eingezogen. Ebd. Schreiben des Magistrats an die Regierung des Regenkreises vom 31. Mai 1819. Im Verwaltungsbericht des Magistrats für 1833/34 bis 1838/39 findet sich eine summarische Angabe zur Auswan- derung in den Jahren 1831/32 bis 1838/39. Demnach emigrierten in diesem Zeitraum 10 Personen, deren Ziel nicht Nordamerika war. Weitere Details fehlen. Ebd. Zg. I 333, VB 1833/34 bis 1838/39. Die Montgelas-Statistik des Jahres 1811/12 führt für Amberg drei weibliche Auswandernde im Alter von 16 bis 40 Jahren an, die über ein Vermögen von 1.787 fl. verfügten. Das Zielland fehlt. Kleindinst 247. Vgl. Kaltenstadler 157 - 178. 165

Tabelle 1: Auswanderung8 1839/40 - 1850/51, 1853 - 18729 Jahr Männer Frauen Beruf/Herkunft Ziel Grund10 Vermögen

1839/4011 1 Schriftsetzer Nassau 1 500 fl. 1 Obstlertochter Wien 2 200 fl. 1 Beisitzertochter Österreich 2 --- 1 Inwohnertochter Österreich 2 --- 1 Melbertochter Österreich 2 --- 1 Garkochtochter Österreich 2 --- 1840/41 1 Porzellandreher Preußen 1 --- 1 Schlossergeselle Nassau 1 --- 1 Inwohnertochter Wien 2 --- 1841/42 1 Schneidergeselle Wien 1 --- 1 Hutmachergeselle Steiermark 1 --- 1 Metzgersohn Österreich 1 --- 1 Schlossergeselle Köln 1 --- 1 Botentochter Wien 2 --- 1 ? Braunschweig 2 --- 1 Schneidertochter Frankfurt 2 --- 1842/43 1 Sattlergeselle Wien 1 --- 1 Zimmermanntochter Wien 2 --- 1 Mühlpächtertochter Wien 2 --- 1843/44 1 Schlossergeselle Baden 1 --- 1 Rentnersohn Wien 1 500 fl. 1844/4512 1 1 Beisitzer13 Nordamerika 1 --- 1 1 Drechsler14 Nordamerika 1 --- 1 Nagelschmiedgeselle Wien 1 --- 1 Beisitzertochter Hannover 2 --- 1 Melbertochter Wien 2 --- 1845/46 1 Schiffmanntochter Wien 2 --- 1 Inwohnertochter Wien 2 --- 1846/47 1 Obstlertochter Wien 2 --- 1847/48 1 1 Beisitzer15 Nordamerika 1 --- 1 Bergmanntochter Preußen 2 --- 1849/5016 1 Schiffmanntochter Wien 2 --- 1850/51 1 ? Wien 2 --- 185317 1 ? Schweiz 1 --- 5 Dienstboten Österreich 1, 2 --- 1854 2 Dienstboten Österreich 2 --- 1855 1 ? Österreich 3 1.000 fl. 1 ? Österreich 1 --- 1 Dienstbote Österreich 2 800 fl. 1 ? Österreich 2 --- 1856 1 ? Österreich 1 --- 1 Dienstbote Österreich 2 --- 1 Dienstbote Österreich 2 --- 1 ? Preußen 2 --- 1857 1 Handwerker Preußen 1 150 fl. 1 Handwerker Österreich 1 350 f 1 Handwerker Österreich 1 --- 2 Dienstboten Österreich 1 --- 1858 1 Handwerker Österreich 1 --- 1 Handwerker deutsch. Staat 1 --- 5 Dienstboten Österreich 1 --- 1859 5 Handwerker Österreich 1 --- 5 Dienstboten Österreich 1 ---

8 Unter Auswanderung ist die Abwanderung über die bayerische Staatsgrenze hinaus zu verstehen. 9 Für die Jahre 1851/52 und 1852/53 liegen keine Angaben vor. Ob in diesen Jahren keine Auswanderungen stattfanden oder ob das archivalische Material lückenhaft ist, ließ sich nicht klären. 10 1 = Ansässigmachung; 2 = Verehelichung; 3 = Eintritt in den Militärdienst. 11 StadtAAm, Zg. I 211, „Ein- und Auswanderung 1839/40 - 1843/44“ vom 14. November 1844. 12 Ebd. „Ein- und Auswanderung 1844/45 - 1850/51“ vom 24. März 1852. 13 Ein Ehepaar mit 4 unmündigen Kindern. 14 Ein Ehepaar mit 8 unmündigen Kindern. 15 Ein Ehepaar ohne Kinder. 16 Im Jahr 1848/49 erfolgte keine Auswanderung. 17 Ebd. Zg. I 147, „Tabellarische Übersicht der Auswanderungen 1853 - 1863“, ohne Datum. 166

Jahr Männer Frauen Beruf/Herkunft Ziel Grund Vermögen

1860 1 Handwerker Österreich 1 --- 1 Dienstbote Österreich 1 --- 1861 1 Handwerker Österreich 1 --- 2 Dienstboten Österreich 1 --- 1862 2 Handwerker Österreich 1 --- 1863 1 Handwerker Ungarn 1 --- 1 Handwerker Österreich 1 --- 1 Handwerker Württemberg 1 --- 1864/6518 1 Schlossergeselle deutsch. Staat ? --- 1865/66 1 Metzgergeselle deutsch. Staat ? --- 1 Totengräbertochter deutsch. Staat ? --- 1 Seifensiedertocher deutsch. Staat ? 4.000 fl. 1866/67 1 Hutmachergeselle deutsch. Staat ? 600 fl. 1 Bäckerstochter ? ? --- 1868 1 Badergeselle Frankfurt ? --- 1 Schuhmachertochter Österreich ? --- 1 ? Österreich ? --- 186919 1 Schneidergeselle deutsch. Staat 1 --- 1 Feilenhauergeselle deutsch. Staat 1 --- 1 Maler deutsch. Staat 1 --- 1 Braumeister deutsch. Staat 1 --- 1 Universitätsprofessor deutsch. Staat 1 --- 1 1 Bildhauer20 Österreich ? --- 1 Rotgerberstochter deutsch. Staat 2 --- 1 ?21 Österreich ? --- 1 ? Österreich ? --- 1 ? Österreich ? --- 187022 1 Steingutarbeiter deutsch. Staat ? --- 1 ? Österreich ? --- 1871 1 Gewehrfabrikarbeiter Amerika ? --- 1 Schuhmachergeselle Amerika ? --- 1 Bader Österreich ? --- 1872 1 Metzgergeselle Amerika ? ---

Die Haltung des bayerischen Staates zur Auswanderung war die einer Duldung. Grundsätzlich heg- te man die Überzeugung, daß jeder in der Heimat sein Auskommen finden könne und es keinen Grund gebe, sich den Unwägbarkeiten einer Ansiedlung in fremden Ländern, vor allem in Nord- amerika auszusetzen.23 Man hinderte Auswanderungswillige, soweit sie die rechtlichen Bestimmun- gen24 einhielten, jedoch nicht, sich im europäischen oder überseeischen Ausland niederlassen. Die gesetzlichen Direktiven stellten allerdings nicht nur wegen der geforderten Barschaft von 170 fl. für

18 Ebd. Zg. II 1919, „Statistische Erhebung über die Bewegung der Bevölkerung Ein- und Auswanderung 1864/65 bis 1872“ vom 15. November 1865; 15. November 1866; 12. November 1868. 19 Ebd. Zg. I 211, „Ein- und Auswanderungen 1869“ vom 15. November 1869; Zg II 1919, „Statistische Erhebung [...]“, hier vom 26.Oktober 1870. 20 Ein Ehepaar mit 7 Kindern. 21 Eine Frau und 3 Kinder. 22 StadtAAm, Zg. II 1919, „Statistische Erhebung [...]“, vom 22. März 1871; 19. Februar 1872; 4. Februar 1873. 23 Albrecht zitiert eine der zahlreichen Veröffentlichungen in den Intelligenzblättern der 1840er/50er Jahre, deren ab- schreckender Charakter Einfluß auf die Wanderungswilligen nehmen sollte. Man stellte darin nur Personen mit ausrei- chenden Geldmitteln - als ausreichend wurden mindestens 125 fl. pro Kopf betrachtet - in Aussicht, in Amerika Fuß fassen zu können. Im gegenteiligen Fall hielt man es für nur zu wahrscheinlich, daß die Auswandernden das Proletariat in den Landungshäfen vergrößerten. Albrecht 113. Zu den betrügerischen Machenschaften in den Ankunftsorten vgl. Fenske 211. Den obrigkeitlichen Bekanntmachungen stand eine Vielzahl in Umlauf gebrachter, zum Teil lancierter Schriftstücke gegenüber. Begeisterte Auswanderer schilderten werbewirksam die Vorzüge der neuen Heimat: „Der gemeine Mann lebt in Amerika besser als in Deutschland der vornehmste. Kurz, man kann nicht beschreiben, wie gut es in Amerika ist.“ „Ich muß schließen, die Augen stehen mir voll Tränen, wenn ich bedenke, daß ihr noch unter dem Joch schmachtet.“ Zitiert nach Fenske 193. Zur Bedeutung der Auswanderung für die Wirtschaft der Auswanderungshäfen vgl. Engelsing, Bremen 43 - 84. 24 Zu Auswanderungsrecht und -politik vgl. Albrecht 112 - 116; Hartmannsgruber 339 - 342; Sander 63f.; Kaltenstadler 162f. 167 Einzelwanderer und 125 fl. pro Kopf für Familienwanderer hohe Hürden dar. In Folge der feh- lenden Freizügigkeit - bis 1861 existierte im bayerischen Strafgesetzbuch der Tatbestand der uner- laubten Auswanderung - wanderte eine schwer quantifizierbare Anzahl von Personen heimlich ab. Sicher verließen auch Bewohner Ambergs ihre Heimat nicht rechtlich. Über das Ausmaß können lediglich Vermutungen angestellt werden.25 Die Gliederung der bayerischen Auswanderung des 19. Jahrhunderts in drei Phasen, wie sie von Fehn propagiert wurde - wobei hier wegen des quellenmäßig vorgegebenen Rahmens nur die ers- ten beiden zeitlichen Abschnitte von Interesse sind - bis 1846 vorrangig Einzelwanderung, bis 1880 hauptsächlich Familienwanderung,26 läßt sich für Amberg nur für die erste Phase verifizieren. Von den insgesamt 31 erwachsenen Personen waren 27 (87,1 %) Einzelwanderer; doch im folgenden Zeitraum verringerte sich der prozentuale Anteil der alleinstehenden Auswanderer keineswegs, er erhöhte sich vielmehr auf 93,7 % (74 von 79 Personen). Die Familienauswanderung spielte für Am- berg eine völlig untergeordnete Rolle;27 ebenso die Auswanderung nach Nordamerika. Von den insgesamt 5 abwandernden Familien hatten sich 3 in den Jahren der Hungerkrise um 1845 für die Vereinigten Staaten entschieden. Ihnen folgten erst eine Generation später 2 Handwerksgesellen und 1 Gewehrfabrikarbeiter nach. Das erklärte Ziel des überwiegenden Teils der Amberger Aus- wanderer - ledige Söhne und Töchter von Handwerkern und Beisitzern, die ihr Brot wiederum als Handwerker28 oder als Dienstboten verdienten - war Österreich. 50 % der allein auswandernden Männer und 85,2 % der Frauen nannten als Ziel Wien, österreichische Landesteile oder Österreich im allgemeinen.29 Die Ansässigmachung in anderen deutschen Staaten beabsichtigten immerhin noch 39,2 % der einzelwandernden Männer, doch nur 14,8 % der Frauen. Ziele wie Schweiz und Ungarn spielten eine zu vernachlässigende Rolle. Insgesamt emigrierten in 30 Jahren 101 Einzelper- sonen, von denen 54,5 % weiblich waren. Die Gründe der Auswanderungen sind eindeutig: 32 der Frauen gaben an, den staatlichen Ehebeschränkungen entfliehen zu wollen;30 dieselbe Motivation kann für die fünf Frauen, die in den Jahren bis 1868 ohne Nennung des Auswanderungsgrundes in der Statistik geführt wurden, angenommen werden. Demnach wanderten 67,3 % der Frauen we-

25 Vgl. Fenske 201. Gelegentlich kamen die Behörden im nachhinein zu Informationen über nicht rechtliche Auswande- rer. Zahlen zur Gesamtoberpfalz, allerdings ausschließlich zur Nordamerikaauswanderung, bei Albrecht 134. Sander hielt eine dreimal größere heimliche als rechtliche Auswanderung für durchaus wahrscheinlich. Sander 65. Erfolgreich heim- lich Ausgewanderte forderten ihre Angehörigen in der Heimat unverhohlen auf, ebenfalls heimlich auszuwandern: „Lie- ber Vater u. Bruder, mach Dich auf den Weg sobald wie möglich und schreibe nur, wenn Du abreist.[...]. So gib nur keinen Kreuzer aus für einen Paß oder Auswanderung. Denn Du brauchst nichts!“ Brief des Christoph Reinfeld vom 6. November 1846 aus Rochester/USA, zitiert nach ebd. 66, Anm. 4. Vgl. Albrecht 134 - 138; Hartmannsgruber 340f.; Sander 64 - 67. 26 Vgl. Hartmannsgruber 350. 27 Hartmannsgruber weist darauf hin, daß sich unter den Einzelwanderern sicher Familienväter befanden, die zunächst versuchten, eine Existenz aufzubauen und später ihre Familie nachkommen ließen. Die nachziehende Restfamilie tauchte in der Statistik folglich als weibliche Einzelperson mit Kindern auf. In Amberg ist dies nur einmal der Fall. 1869 wird eine Frau nicht genannten Berufs oder Herkunft mit drei Kindern aufgeführt. Es muß sich hier jedoch keineswegs um eine Familienzusammenführung handeln. Sie könnte auch Witwe oder unverheiratet gewesen sein. 28 Vgl. Schwarz, 161 - 163. 29 Der genaue Zielort konnte bei den Statistiken ab 1853 nicht mehr angegeben werden. Die Formulare ließen nur mehr die globale Angabe „Österreich“ zu. 30 Zu den staatlichen Reglementierungen von Ansässigmachung und Verehelichung vgl. Matz, Pauperismus ; Heydenreu- ter, Vermögen. 168 gen der Unmöglichkeit, in der Heimat eine Familie gründen zu können, aus.31 Die übrigen einzelwandernden Frauen32 gaben ebenso wie die Mehrheit der Männer (78,3 %) Ansässigmachung als Motiv ihrer Abwanderung an - die restriktiven Gesetze zur Gewerbeordnung, die erst Anfang 1868 fielen, erschwerten eine freie Berufsausübung in der Heimat beträchtlich.33 Auswanderungs- spitzen finden sich in den Jahren 1839/40, 1841/42, 1844/45, 1853 und 1858. Die meisten Aus- wanderer verließen Amberg 1859 und 1869.

Tabelle 2: Auswanderungsziele Ziel Männer Frauen Familien Gesamt

Österreich 23 46 2 82 (1 Mann, 2 Frauen, 10 Kinder) deutsche Staaten 18 8 26 Schweiz 1 1 Ungarn 1 1 Vereinigte Staaten 3 3 21 (3 Männer, 3 Frauen, 12 Kinder) ungenannt 1 1

Gesamt 46 55 5 132 (4 Männer, 5 Frauen, 22 Kinder)

Tabelle 3: Jährliche Auswanderung 1839/40 - 1872 Jahr Anzahl der Personen Jahr Anzahl der Personen Jahr Anzahl der Personen 1839/40 6 1845/46 2 1853 6 1840/41 3 1846/47 1 1854 2 1841/42 7 1847/48 3 1855 4 1842/43 3 1848/49 0 1856 4 1843/44 2 1849/50 1 1857 5

1844/45 7 + 12 Kinder 1850/51 1 1858 7

31 Nösselt zitierte die Magd Klara Weiglin, die wegen nicht ausreichenden Heiratsguts keine Möglichkeit zur Vereheli- chung und damit Versorgung in ihrer Heimat sah. Sie beabsichtigte den Glasmacher Josef Hirmann aus Bistritz, Öster- reich, zu ehelichen. Die Begründung ihres Auswanderungsgesuches stammte aus dem Jahr 1810. Der zugrunde liegende Sachverhalt änderte sich in den folgenden Jahrzehnten nicht. „Mein Vater kann mir nicht mehr als 200 fl. als Heiratsgut, und diese noch in Bancozetteln, geben, welche nach bayerischem Kurs dermalen 50 fl. ausmachen, wo kann ich in Bay- ern mit einem Heiratsgut von 50 fl. ankommen, wahrlich wäre ein stetes Dienen mein beständiges Los und würde ich einmal als Dienstbot krank werden, so wären obenbenannte 50 fl. verloren. Heirate ich aber obenbenannten Hirnmann, so bekomme ich ein schönes Anwesen, ich werde mit meinem wenigen Heiratsgut versorgt, mein Dienen hat einmal ein Ende und ich werde selbständig. Wer wird nicht nach einer solchen Ehe schreiten?“ Nösselt 43. 32 Dies darf auch für die beiden 1869 nach Österreich ausgewanderten Frauen angenommen werden. 33 Vgl. zur Motivation der Auswanderung nach Österreich Nösselt 42 - 58. 169

Jahr Anzahl der Personen Jahr Anzahl der Personen Jahr Anzahl der Personen

1859 10 1864/65 1 1869 11 +10 Kinder 1860 2 1865/66 3 1870 2 1861 3 1866/67 2 1871 3 1862 2 1868 3 1872 1 1863 3

170 Exkurs: Der Bau des städtischen Krankenhauses Der Verwaltungsbericht des Magistrats aus dem Jahr 1869 gibt einen kurzen Überblick über die unterschiedlichen Stationen des städtischen Krankenhauses in Amberg: „Das städtische Kranken- haus war ursprünglich das Haus Lit. A Nr. 3, welches zur Zeit Eigentum der Stadtgemeinde ist und künftighin als Armenhaus verwendet werden wird;1 von da wurde es im Jahre 1804 in das obere Spital in der Ziegelgasse, und im Jahre 1820 von da in das frühere Soldatenlazarett2 bei St. Kathari- na [...] verlegt. Am 26. August 1847 wurde der Grundstein zu dem gegenwärtigen Krankenhause gelegt, und dasselbe am 25. August 1850 bezogen.“3 Dieses neue Krankenhaus war nach beträchtlichen Schwierigkeiten am Mariahilfberg entstanden. Die alte am Friedhof St. Katharina gelegene Pflegeanstalt genügte modernen Ansprüchen schon längst nicht mehr; sowohl innere als auch äußere Einrichtung ließen zu wünschen übrig. Es fehlte neben vielem ein Garten, „wo die rekonvaleszierenden Kranken durch Bewegung in freier Luft sich mehr erholen können.“4 Zudem lag das Gebäude zu weit vor der Stadt, und der Standort direkt am Friedhof5 erschien den Stadtvätern für die Erhaltung des seelischen Gleichgewichts der Kranken wenig geeignet. Vor Erwerb eines geeigneten Grundstücks waren die finanziellen Mittel zu prüfen. Aus Legaten und Schenkungen standen 5.100 fl. zur Disposition, das Aktivkapital der Krankenhaus- stiftung betrug 8.500 fl., somit verfügte man über 13.600 fl., die, darüber waren sich Magistrat und Gemeindebevollmächtigte völlig im klaren, keinesfalls ausreichten. Man setzte alle Hoffnungen auf weitere Nachlässe und Zuwendungen; 2.000 fl. waren bereits avisiert worden.6 Die Finanzierung dieses Großprojektes stand auf allzu schwankendem Grund. Optimistisch vertraute man vagen Zu- sagen und verharrte in dem Glauben, daß die Zukunft die finanzielle Frage lösen werde . Der Magistrat fand sehr schnell einen passenden Bauplatz, nämlich einen Garten mit Brunnen vor dem Nabburger Tor, der für 3.400 fl. zum Kauf angeboten wurde.7 Den Gemeindebevollmächtig- ten hingegen sagte das Grundstück nicht zu. Es lag nach ihrer Meinung zu nahe an der Schießstätte, man befürchtete, daß „die Kranken, besonders die sensiblen derselben durch das Schießen zu

1 Das Haus Lit. A Nr. 3 (heute Lazarettgäßchen 1) wurde zusammen mit dem Haus Lit. A Nr. 4 (heute Lazarettgäßchen 3) am 14. Oktober 1869 aus dem Besitz des Privatiers Johann Bogensberger gegen eine jährliche Leibrente von 600 fl. er- worben. Die Verwendung als Armenhaus war ab 1871 vorgesehen. VB 1869, 34. 2 Vgl. Braun 208. 3 VB 1869, 75. 4 StadtAAm, Zg. I 773, Protokoll vom 30. März 1840. Zu den Reformkrankenhäusern als Ort der „Umsetzung neuer Verhaltensmuster [... und] der Anhebung des kollektiven Sauberkeitsstandards der breiten Bevölkerung“ vgl. Frey 252 - 260. Neben hellen Krankenzimmern, Bademöglichkeiten und moderner Sanitärtechnik sollten großzügige und gepflegte Gartenanlagen den Genesungsprozeß voranbringen. Ebd. 259. 5 Hier befand sich bis 1522 das Frauensiechenhaus. Männliche Leprakranke waren im Leprosenhaus an der Hl. Drei- faltigkeit untergebracht. Nach der Umwandlung des Frauensiechens in ein Lazaretthaus, das Katharinenspital, wurden alle Amberger Sondersiechen im Leprosenhaus an der Hl. Dreifaltigkeit (heute Regensburger Str. 26) einquartiert. Schmidt 11 - 14. 6 StadtAAm, Zg. I 773, Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 31. März 1840. 7 Ebd. 171 sehr beunruhiget würden.“8 Sie präferierten einen Garten vor dem Wingershofer Tor, dessen günstige, zentrale Lage gefiel.9 Schließlich einigten sich die beiden Gemeindegremien auf den am Mariahilfberg gelegenen Grundbesitz des Salzamtschreibers und Kaufmanns Josef Lauerer.10 Es handelte sich um einen Gemüse- und Obstgarten mit Brunnen und um einen Acker, auf dem ein Tagelöhnerhäuschen stand. Den Magistrat begeisterte die sonnige und gesunde, vor kalten Ost- und Nordwinden geschützte Lage. Am 17. Mai 1841 stimmten die Gemeindebevollmächtigten dem Kauf zu.11 Vier Wochen später regte sich Bürgerprotest. Zehn Anlieger versuchten durch eine Eingabe bei der Kreisregierung den Kauf des Grundstücks und damit den Bau des Krankenhauses zu verhindern. „Dieses Vorhaben beschwert uns viel zu sehr, greift viel zu nachteilig in unsere Le- bensverhältnisse ein, als daß wir nicht nach allen unseren Kräften trachten sollten, die Ausführung desselben auf jede mögliche Weise zu verhindern.“12 Wortführer war Karl Bouhler, Hauptmann des Infanterieregiments Albert Pappenheim. Er beschrieb die Umgebung Ambergs als von allen Seiten durch Gartenhäuser umgeben, „die von Leuten der untersten Schicht, Tagelöhnern und Beisitzern, bewohnt werden.“ Nur im Nordosten der Stadt - also in dem Bereich, der für den Krankenhaus- neubau vorgesehen wurde - seien „nach und nach mehrere wohl gebaute, geräumige und für Fa- milien aus höheren Ständen geeignete Häuser entstanden“, die von ihm und den Mitunterzeich- nern bewohnt würden. Da das Krankenhaus in unmittelbarer Nähe ihrer Anwesen gebaut werden sollte, sei „es um der Familien Wohl, um das häusliche Glück, um den Wert der aus besonderer Vorliebe teuer erkauften Besitzungen geschehen.“ Die Wertminderung der Immobilien, die Einbu- ße des Erholungswertes und vor allem die ihnen zugemutete Ansteckungsgefahr echauffierte Bouh- ler. Der unumgängliche Abtransport der Verstorbenen und damit der Anblick ständig vorbeifahren- der Totenwagen - im besonderen bei Epidemien - dürfe ihnen und in keinem Fall ihren Kindern auf Dauer zugemutet werden. Ferner hielt er die Lage am Mariahilfberg für zu rauh und deshalb unge- eignet für Kranke. Die Wasserversorgung könne für einen größeren Betrieb wie das Krankenhaus niemals ausreichen,13 und zudem seien die Wasserrechte nicht eindeutig geklärt. Notfalls würde man durch alle Instanzen bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung klagen, und dies könne bedeuten, daß das Krankenhaus ohne Wasserversorgung bleibe. Bouhler und seine Mitstreiter leg- ten der Kreisregierung deshalb nahe, die Genehmigung zu verweigern und den

8 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 25. Juni 1841. Vgl. Braun 209. 9 Ebd. Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 9. April 1840. 10 Joseph Lauerer war bis zum Ende der Salzschiffahrt auf der Vils im Jahr 1826 Salzkondukteur und Schiffmeister. Er wurde danach als Amtsschreiber beim königlichen Salzamt angestellt. Hubmann fol. 295v. 11 StadtAAm Zg. I 773, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 25. Juni 1841. 12 Ebd. Schreiben von 10 Einwohnern an die Kreisregierung vom 16. Juni 1841. 13 Die Wasserversorgung stellte, zumindest in den ersten Jahren nach Inbetriebnahme des Krankenhauses, tatsächlich ein Problem dar. Dr. Lukinger, der Arzt des Krankenhauses schrieb in seinem ersten Rechenschaftsbericht: „[...] wer berück- sichtiget, daß jeder Tropfen Wasser außerhalb des Hauses, das Trinkwasser für die Kranken selbst aus der Stadt herbei geholt werden muß, wird die Aufgabe zu würdigen wissen, welche [...] im Laufe dieses Jahres mit aller Aufopferung und Unverdrossenheit so glänzend gelöst“ wurde. Für das Holzmachen, Heizen der Öfen, Holen der Arzneimittel aus einer der beiden Apotheken und für die Besorgung des Trinkwassers war ein Knecht eingestellt worden. Rechenschaftsbericht des Dr. Lukinger vom 10. Oktober 1851, abgedruckt in: ATbl. 23. Oktober 1851. 172 Magistrat zu veranlassen, an anderer, weniger störender Stelle, das heißt in der Umgebung der genannten Tagelöhner und Beisitzer, zu bauen.14 Nachdem sich die Stadtverwaltung nach über einjährigem Bemühen endlich auf das Lauerersche Grundstück geeinigt hatte, wollte sie sich kei- nesfalls durch das Vorgehen einiger Einwohner von dem nach ihrer Meinung optimal geeigneten Gelände abbringen lassen. In der Stellungnahme für die Kreisregierung15 legte man detailliert dar, daß keine der Liegenschaften der Unterzeichner direkt an das in Aussicht genommene Areal ansto- ße, zum Teil sogar in beträchtlicher Entfernung von diesem liege. Auch der Garten mit Wohnhaus des Hauptmanns Bouhler habe keine gemeinsame Grenze mit Lauerers Grund, es erstrecke sich vielmehr ein weiterer großer Acker zwischen beiden Anwesen. Bei einem derartigen Sachverhalt gehe es „ins Lächerliche, wie dieser Mann nur auf den Gedanken einer Protestaktion kommen konnte.“ Die Frage der Ansteckungsgefahr, die von Krankenhäusern ausgehe, beantworte sich nach Meinung des Stadtverwaltung von selbst. Sollte es eine solche geben, dürfte keine Krankenanstalt inmitten einer Stadt liegen. „In München16 [...] und noch in so manchen anderen Städten befinden sich die Krankenspitäler auf den schönsten Plätzen. Überall stehen in der Nähe wohnbare Gebäu- de, und doch sind ihre Besitzer noch nicht wie die Mücken hinweggerafft worden.“17 Der von Bouhler als untragbar empfundene Anblick von Totenwagen verwunderte den Magistrat, gerade er als Militär und ebenso der mit ihm protestierende Leutnant von Riederer müßten an derlei Anbli- cke gewöhnt sein. Zur Beruhigung der Anwohnerschaft wolle man gleichwohl dafür sorgen, daß es zu so wenig Begegnungen mit dem Leichenwagen wie möglich komme. Dieser sollte deshalb vor- rangig in den frühen Morgen- oder den späten Abendstunden fahren. Die Androhung eines Rechts- streits um die Wasserrechte erboste die Stadtväter ganz besonders, denn die Gegebenheiten seien keinesfalls ungeklärt, sondern eindeutig. Bouhler und die Mitunterzeichner Mayer und Kellner un- terhielten ihre Wasserbassins und Springbrunnen mit städtischem Wasser. Dieser Luxus sei Wasser- vergeudung auf kommunale Kosten „und nun haben sie noch die Frechheit, verhindern zu wollen, daß der Magistrat seinem neuen Krankenhause nicht einmal das notwendigste Element, nämlich reines und gutes Wasser zum Genusse, zum Ko-chen und Bade zuführen dürfe, damit sie in ihrem schmutzigen und nur egoistischem Interesse nicht beschränkt werden möchten.“ Die Kreisregierung wies nach dieser Eingabe des Magistrats die Klageschrift Bouhlers zurück und erhob keine Einwän- de gegen den Erwerb des Geländes, 18 da von sanitätspolizeilicher Seite die Zustimmung erfolgt war.19

14 StadtAAm, Zg. I 773, Schreiben von 10 Einwohnern an die Kreisregierung vom 16. Juni 1841. 15 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 25. Juni 1841. 16 Ein kurzer Überblick über die Geschichte des 1813 eröffneten Allgemeinen Krankenhauses der Stadt München in: Andrea Wagner/Reinhard Spree, The Financial Development of the General Hospital in Munich 1830 - 1894 (Münchner wirtschaftswissenschaftliche Beiträge 99-05) München 1999, 4 - 8; weitere Literatur ebd. 2. 17 In Amberg befand sich das Militärlazarett innerhalb der Stadt. Es war seit 1803 im leerstehenden Paulanerkloster unter- gebracht. Braun 208. 18 StadtAAm, Zg. I 773, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 30. Juli 1841. 19 StAAm, Reg. d. Opf. KdI 1383, Gutachten vom 15. Juli 1841. 173 Trotz der Genehmigung verzögerte sich der Kauf des Grundstücks um ein weiteres Jahr, ver- mutlich wegen der schwierigen Geldmittelbeschaffung. Erst am 24. August 1842, nachdem Lauerer der Stadtverwaltung eine Entscheidungsfrist gesetzt hatte,20 erstellte man einen Finanzierungsplan: die Krankenhausstiftung besaß nun 13.798 fl., dazu kämen aus dem Verkauf zweier zum Kranken- haus gehöriger Äcker 410 fl. Bei der Sparkasse waren 800 fl. aus Sammlungen angelegt worden. Sie sollten samt 81 fl. Zinsen dem Krankenhausfonds zufließen. Das derzeitige -gebäude könnte von der Leprosenhausstiftung angekauft werden; der Schätzpreis lag bei 5.100 fl. Schließlich hatte man vor, Rentenüberschüsse der Sparkasse in Höhe von 1.370 fl. zur Verfügung zu stellen. Der Gesamt- betrag von 21.559 fl. genügte für die vom Magistrat veranschlagten Baukosten in Höhe von 18.000 fl. plus den mit Lauerer mündlich vereinbarten Grundstückspreis von 3.500 fl. Damit schien die Finanzierung gesichert, weiteres Kapital mußte voraussichtlich nicht beschafft werden.21 Am 15. September 1842 wurde das Anwesen zum vereinbarten Preis erworben und bis zum Baubeginn verpachtet.22 Der Baufortschritt wurde folgendermaßen konzipiert: Das Mauerwerk sollte soweit errichtet wer- den, daß es im Winter 1843/44 ausfrieren und im Frühjahr 1844 austrocknen könne. Mit der Fer- tigstellung des Krankenhauses rechnete man dann bis zum Winter 1844/45.23 Diese Pläne zer- schlugen sich wegen Verzögerungen bei der Erstellung des Kostenvoranschlags und der Baupläne durch die königliche Bauinspektion Amberg. Erst zweieinhalb Jahre nach dem Erwerb des Grund- stücks lagen Kalkulation und Pläne vor, man hatte Kosten in Höhe von 26.660 fl. errechnet.24 Der 1842 ausgearbeitete Finanzierungsplan war längst hinfällig geworden, ein neuer Entwurf mußte vorgelegt werden. Das Vermögen der Krankenhausstiftung hatte sich durch mehrere Legate und Schenkungen auf 18.590 fl. erhöht. Aus den Renten der Stiftung ergaben sich 800 fl., 5.100 fl. konnten, wie schon früher beabsichtigt, durch den Verkauf des derzeitigen Krankenhausgebäudes an die Leprosenhausstiftung erzielt werden.25 Die beiden dem Krankenhaus gehörigen Äcker hatten in der Zwischenzeit einen beachtlichen Wertzuwachs erfahren. Sie wurden mit einem Verkaufs- wert von 1.400 fl. veranschlagt, 786 fl. flössen aus dem Reservekassenbestand der Stadtkammer dem Baubudget zu. Der nun verfügbare Betrag von 26.676 fl. deckte den reinen Baukostenvoran- schlag; für die Inneneinrichtung des Krankenhauses reichte er nicht aus.26 Nun hätten die Bauarbei-

20 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 16. Juli 1842. 21 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 24. August 1842. 22 Ebd. Bekanntmachung vom 16. September 1842. 23 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 21. Dezember 1842. 24 Ebd. Schreiben der Bauinspektion Amberg an den Magistrat vom 14. März 1845. 25 Das Leprosenhaus bei der Dreifaltigkeitskirche befand sich in schlechter baulicher Verfassung. Der überwiegende Teil des Hauses war nicht beheizbar. Es wurde 1872 abgebrochen. Schmidt 13. Eine Beschreibung des Gebäudes im Zustand des Jahres 1842 ist abgedruckt in: Schmidt 15f. 26 StadtAAm, Zg. I 773, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 5. April 1845. Die mangelhafte Innenaus- stattung des Krankenhauses zeugte vom kommunalen Finanzengpaß. Über ein Jahr nach der Einweihung entsprach sie keineswegs den magistratischen Vorstellungen: „Ein Prachtgebäude steht auf schönem, geräumigen Stiftungseigentum - doch in keinem Verhältnisse zu seinem Äußern steht das Innere. Das Stadtvermögen, die Kapitalien sind aufgezehrt [...], die Mittel rissen ab, als es zur Beischaffung der innern Einrichtung kam. [...] Wir verzagen nicht, vertrauen wie bisher auf den Wohltätigkeitssinn der Freunde dieser Anstalt.“ Ebd. Zg. I 1858, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 9. Oktober 1851. Die Mittel aus dem städtischen Steueraufkommen - der Lokalmalzaufschlag war erhöht worden - wur- 174 ten beginnen können, doch plötzlich erklärte sich die königliche Bauinspektion mit dem ge- samten Projekt nicht mehr einverstanden. Sie kritisierte die Lage des Krankenhauses wegen der beabsichtigten Frontstellung nach Westsüdwest. Diese Ausrichtung sei wegen der häufigen Stürme, die am Berg abprallten, hier verwirbelten und mit „den in der Nähe des Krankenhauses gesammel- ten Stoffen von verschiedenen Krankheiten“ wieder über die Stadt zögen, ungeeignet. Die Luft sei „in kurzer Zeit mit Krankheitsstoffen und anderen schädlichen Dünsten immer mehr geschwängert“ und schade den Bewohnern.27 Weiterhin bemängelte die Inspektion die nicht ausreichende Was- serversorgung und warf dem Magistrat vor, das Krankenhaus überdimensioniert zu planen. Ur- sprünglich sei man von einem Gebäude für 50 Kranke ausgegangen, was vollkommen ausreichend sei, nun wolle die Stadtverwaltung 100 Personen unterbringen.28 Zur Frage der Gesundheitsgefähr- dung holte der Magistrat die Stellungnahme des Kreis- und Stadtgerichtsarztes Dr. Wiesend ein, der die Argumente der Bauinspektion pauschal für Unsinn erklärte. Gerade die Luftbewegung sei es, die zur Genesung der Kranken beitrage. Von schädlichen Dünsten, die über die Stadt zögen, könne keine Rede sein. Ein eventueller Wassermangel ließe sich aus Sicht des Arztes auf einfache Weise, nämlich durch eine Brunnenbohrung im Hof des künftigen Krankenhauses beheben.29 Die Vorhal- tung, das Gebäude zu geräumig entworfen zu haben, wies der Magistrat energisch zurück. Die Ent- scheidung darüber obliege nicht der königlichen Bauinspektion, sondern einzig und allein den städ- tischen Gremien.30 Weiterhin fand es die Inspektion unpassend, im Erdgeschoß des einstöckig ge- planten Hauses Patientenzimmer einzurichten.31 Hier sollten eventuell Wirtschaftsräume und die für die Pflege zuständigen Schwestern untergebracht werden. Für Betreuung und Versorgung der Kranken sah der Magistrat nicht mehr als drei bis vier Schwestern vor. Da im Erdgeschoß 18 Zim- mer eingerichtet werden sollten, hätte nach den Vorstellungen der Bauinspektion die Vorsteherin sechs Zimmer und jede der übrigen Schwestern vier Zimmer zur Verfügung. Dies sei hanebüchene Platzverschwendung. Man habe auch nicht vor, eine größere Anzahl von Schwestern zu beschäfti- gen, denn die „Stadtgemeinde will eine Krankenanstalt und

den für den Ausbau des Rathauses und zur „totalen Pflasterung der Straßen in hiesiger Stadt, welche unaufschiebbar ist“, verwendet. Ebd. Das Krankenhaus mußte auf städtische Zuschüsse verzichten und blieb auf Spenden angewiesen. 27 Nach der Miasmenlehre konnten sich krankheitsauslösende Stoffe in der Atmosphäre verbreiten. Vgl. Frey 256. 28 StadtAAm, Zg. I 773, Stellungnahmen des Kreis- und Stadtgerichtsarztes Dr. Wiesend vom 21. Mai 1845 und des Ma- gistrats vom 17. Juli 1845. Die Argumente der Bauinspektion erinnern an die Eingabe Bouhlers. Ob es eine Verbindung Bauinspektion/Bouhler und Mitstreiter gab, ließ sich nicht klären. 29 Ebd. Stellungnahme des Dr. Wiesend vom 21. Mai 1845. 30 Ebd. Stellungnahme des Magistrats vom 17. Juli 1845. 31 Nach ebd. „Programm zu den Lokalitäten des neuen Krankenhauses“ vom 15. Januar 1845 sah die Verteilung der Räume folgendermaßen aus: Erdgeschoß, Hauptgebäude: 3 Zimmer für die Pflegerinnen, 2 Wärterzimmer, 6 Krankenzimmer für je 4 Personen, 3 Krankenzimmer für je 3 Personen, 4 Zimmer zur freien Verfügung, 1 Leichenraum, Küche, 1 Badezimmer, Speisesaal, 1 Arztzimmer; Rückgebäude: Sektionszimmer, Waschküche, Holzlege, Brunnen. 1. Etage: Kapelle, 2 Krankensäle für je 9 Personen, 2 Wärterzimmer, 6 Krankenzimmer für je 4 Personen, 4 Kranken- zimmer für je 3 Personen, 4 Krankenzimmer für je 2 Personen, Operationssaal, kleine Holzlege, Garderobe. Das Kran- kenhaus war für die Aufnahme von 95 Patienten ausgelegt. Zur Funktion der Kapelle vgl. Labisch/Spree 9. 175 keineswegs ein Kloster bauen.“ Sonstige Auseinandersetzungspunkte waren die Beheizung, die Fassadengestaltung und die Frage, ob Wärterzimmer einzurichten seien.32 Die ständig neu auftre- tenden Schwierigkeiten zermürbten den Magistrat. Trotz des längst erfolgten Grundstückskaufs und der fortgeschrittenen Bauplanungen, erwog man, den Krankenhausbau nicht weiter zu verfolgen. „Lediglich in Berücksichtigung der großen Wohltat für das menschliche Wohl und in der tröstlichen Zuversicht, die k. Regierung werde ferner gedulden, daß solche an und für sich lobenswerte Unter- nehmungen einer Gemeinde höheren Orts eher befördert und unterstützt als durch alle möglichen Hindernisse gehemmt und zurückgeschreckt werden, haben den Magistrat veranlaßt, durch einen hiesigen Baumeister die als vorzüglich anerkannten Krankenanstalten zu Nürnberg,33 Bamberg34 und Würzburg35 besichtigen [...] zu lassen.“36 Um sich ein Bild machen zu können, wie man bei den drei Reformkrankenhäusern37 die Probleme gelöst hatte, schickte der Magistrat einen Sachver- ständigen in die genannten Städte. Er sollte vorrangig über „die innere Einrichtung derselben [=Krankenhäuser] besonders in Bezug auf Beheizung und Luftreinigung nähere Überzeugung“ ge- winnen.38 Nach dessen Anhörung beschlossen die Gemeindegremien eine Planänderung: „Das künftige neue Krankenhaus soll nicht nach dem früheren, sondern nach dem neuen Planentwurfe also mit einem Erdgeschosse und 2 Stockwerken, dann mit zwei kürzeren Seitenflügelgebäuden hergestellt werden. Da nach dem vorläufigen Kostenanschlage die Bausummen für dieses Kranken- gebäude [...] sich auf 29.345 fl. entziffern, so wird die Bausumme schon vorläufig von der

32 Ebd. Stellungnahme des Magistrats vom 17. Juli 1845. 33 Das an der Sandgasse neu erbaute Krankenhaus der Stadt Nürnberg wurde am 15. Oktober 1845 nach fünfjähriger Bauzeit eingeweiht. Es war außerhalb der Stadtmauer an der Stelle des heutigen Opernhauses errichtet worden. Die Baukosten in Höhe von 276.000 fl. machten es zum teuersten Projekt der Kommune seit Beginn des Jahrhunderts. Das Haus verfügte über 79 Zimmer und eine Kapazität von 268 Betten. Windsheimer, 43; 45; 262, Anm. 66. Bühl-Gramer gibt die Baukosten mit 265.000 fl. und die Kosten für die Innenausstattung mit 112.600 fl. wieder. Bühl-Gramer 507, Anm. 81. Einweihungsdatum nach G. Merkel, Bericht über das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Nürnberg vom 15. Oktober 1845 bis 6. September 1897, in: Festschrift zur Eröffnung des neuen Krankenhauses der Stadt Nürnberg, Nürn- berg 1898. 34 Das Bamberger Krankenhaus, eine Stiftung Fürstbischof Franz Ludwig von Erthals, am 11. November 1789 eingeweiht, steht als Stätte für heilbare Kranke am Beginn der modernen Krankenhausgeschichte Deutschlands. Es wurde in geringer Entfernung vom Stadtzentrum an der Regnitz erbaut. Die Gesamtbaukosten für die Heilstätte, deren Belegung auf 120 Personen ausgerichtet worden war, betrugen über 60.000 fl. Das Krankenhaus entsprach in Lage, Bauart und Einrichtung neuesten ärztlichen Erkenntnissen. Vor allem zwei Innovationen setzten Maßstäbe: zum einen die Stellung der Betten- kopfenden an die Zwischenwände - eine Positionierung, die die Längsachse der Räume frei zugänglich machte; zum anderen die Verbindung schmaler Gänge mit Aborten zu den Krankenzimmern. Das in Bamberg entwikkelte Kranken- hausmodell wurde zum Vorbild für Krankenhausbauten in Deutschland. Schemmel 4, 7, 9, 11, 12; Frey 255 - 257; Guth 81 - 97; Labisch/Spree 12. 35 „Das Würzburger Juliusspital verkörperte [...] einerseits den traditionellen Typus des städtischen Armenhospitals für Alte, Irre und Kranke, es wurde aber andererseits von den Fachgelehrten der Zeit unter die ‘bürgerlichen Krankhäuser’ gerechnet, weil hier erste bauliche Maßnahmen zur Gewöhnung der Unterschichten an moderne Körpernormen frühzei- tig ergriffen wurden.“ Man lobte „die hohen geräumigen Säle, die Ventilatoren und die in Schränken an den Wänden der Krankensäle untergebrachten Nachtstühle, die ähnlich wie im Bamberger Krankenhaus von außen entsorgt werden konn- ten.“ Frey 257. Der Südflügel des Juliusspitals wurde neu gebaut und seit 1793 mit heilbaren Kranken belegt. La- bisch/Spree 12. Zur Geschichte des Spitals Wendehorst, Juliusspital. 36 StAAm, Reg. d. Opf. KdI 1383, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 21. Juli 1846. 37 Im deutschsprachigen Raum genossen die Krankenhäuser in Bamberg und Würzburg zusammen mit den Anstalten in Berlin (1727/1789), Wien (1784) und München Vorbildcharakter. Labisch/Spree 12. 38 Ebd. Ratsprotokolle Bd. 105, Sitzung vom 3. April 1846. 176 Gemeinde genehmiget.“39 Schlußendlich wurde ein letzter Kostenvoranschlag in Höhe von 29.394 fl. ausgearbeitet und mit den Plänen der Kreisregierung zur Genehmigung übersandt. Man bat eindringlich darum, diese neuen Pläne nicht durch die Bauinspektion begutachten zu lassen, da sie dem Projekt „unfreundlich und man darf behaupten sogar feindlich“ gegenüberstehe.40 Die Aufsichtsbehörde folgte der magistratischen Bitte nicht, und tatsächlich fand die Bauinspektion zu den alten Beanstandungspunkten - ungeeigneter Bauplatz, unzureichende Wasserversorgung - neue Einwände. Sie bemängelte die ungenügende Geschlechtertrennung, ebenso wie die zu große Anzahl von Fenstern, die zu winterlicher Auskühlung führe und zu viel Licht einlasse, das „den Kranken leicht lästig“ werde.41 Ein weiterer Bauplan wurde angefertigt und am 7. Juli 1847 endgül- tig genehmigt.42 Der Grundsteinlegung stand nun nichts mehr im Wege. Diese wurde für den 25. August vorgesehen, dem Geburts- und Namenstag des Königs, nach dem das neue Krankenhaus benannt werden sollte.43 Doch Amberg erhielt kein Ludwigsspital, denn Ludwig I. lehnte die Na- mensvergabe ab, da das Gebäude ohne Staatsmittel und ohne jedwede Zuwendungen aus der königlichen Schatulle erstellt werde.44 Es erhielt den Namen Marienspital.45

Im eingangs erwähnten Verwaltungsbericht des Jahres 1869 wurden Gesamterstellungskosten von 48.875 fl. angegeben, die man in folgender Weise aufgebracht habe:

„28.053 fl. wurden aus dem bisherigen Vermögen der Krankenhausstiftung und aus dem Erlöse des an die Leprosenhausstiftung verkauften alten Krankenhauses gewonnen, 5.950 fl. Schenkungen, 5.800 fl. aus dem ehemaligen Gymnasialfonde, 9.072 fl. aus Rentenüberschüssen der städtischen Sparkasse in den Jahren 1844 bis 1853.“46

Nach dieser Aufstellung hätte die städtische Sparkasse immerhin 18,6 % der Gesamtbaukosten aus ihren Rentenüberschüssen finanziert. Tatsächlich wurden in den hier angegebenen neun Jahren nur 4.197 fl. für die Krankenhausstiftung zur Verfügung gestellt. An der Richtigkeit der in den Sparkas- senrechnungen aufgeführten Zahlen kann kein Zweifel bestehen, da die jeweiligen regierungsauf- sichtlichen Genehmigungen, an die der Magistrat bei der Verteilung der Überschüsse gebunden war, vorliegen. Wie die Tabellen zeigen, wurde in den Jahren 1841/42 bis 1861/62 annähernd die oben genannte Summe erreicht, nämlich 9.081 fl.47 Insgesamt gingen in den Jahren 1841/42

39 Ebd. 40 Ebd. Zg. I 773, Schreiben des Magistrats vom 25. August 1846. 41 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 14. März 1847. 42 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 7. Juli 1847. 43 Ebd. Schreiben des Magistrats an König Ludwig I. vom 2. August 1847. 44 Ebd. Schreiben des königlichen Kabinettsekretärs an den Magistrat vom 21. August 1847. 45 Das Krankenhaus trägt heute den Namen Klinikum St. Marien. Es ist Lehrkrankenhaus der Universität Erlangen- Nürnberg. 46 VB 1869, 75. 47 Vgl. S. 157 Tab. 7; S. 221 Tab. 13 a, b. 177 bis 1871 12.001 fl. an die Krankenhausstiftung.48 Dies war der höchste Betrag, der aus den Rentenüberschüssen der Sparkasse als Sustentation an andere städtische Einrichtungen floß.

Das Krankenhaus hatte seinen Betrieb am 2. September 1850 aufgenommen. Im ersten Jahr seines Bestehens wurden 128 Frauen und 173 Männer vom Arzt des Krankenhauses, Dr. Lukinger, be- handelt. Ihm standen, wie vom Magistrat vorgesehen, drei Ordensschwestern49 zur Seite. Die schwereren Arbeiten erledigten eine Magd und ein Knecht.50 Im Durchschnitt wurden für jeden Patienten täglich 18 kr. für Verpflegung und medikamentöse Behandlung veranschlagt.51 18 Jahre später versorgten ein Arzt und ein Chirurg unwesentlich mehr Kranke, nämlich 345, die von nun vier Schwestern gepflegt wurden. Für die Hilfsarbeiten standen zwei Mägde und ein Knecht bereit. Die Kosten für Behandlung, Medikamente und Verpflegung betrugen pro Person und Tag: „1 fl. für solche, welche auf eigene Kosten Aufnahme suchen und ein Separatzimmer verlangen, 48 kr. für die übrigen, 45 kr. zahlt die Distriktsarmenpflege Amberg für die aus dem Landgerichtsbezirke Am- berg Aufnahme findenden Kranken, 12 kr. [zahlt] die hiesige Armenpflege für arme Kranke aus hiesiger Stadt.“52 Die im folgenden angeführten Personengruppen wurden im Krankenhaus unent- geltlich behandelt, vorausgesetzt sie hatten die vom Magistrat festgesetzten Beiträge entrichtet53:

48 Vgl. S. 157 Tab. 7; S. 221f. Tab. 13 a - c; S. 280 Tab. 19 a. 49 Die Barmherzigen Schwestern hatten sich bereit erklärt, die Pflege zu übernehmen. StadtAAm, Zg. I 776, Vertrag vom 5. August 1850. 50 Knecht und Magd erhielten freie Unterkunft und Verköstigung. Zusätzlich bezog der Knecht 40 fl., die Magd 36 fl. pro Jahr. WBl 1850, 223f. 51 Rechenschaftsbericht des Dr. Lukinger vom 10. Oktober 1851, abgedruckt in: ATbl. vom 23. Oktober 1851. 52 VB 1869, 75. 53 Seit 1. Mai 1834 wurden Pflichtbeiträge erhoben: „Demnach hat jeder hier arbeitende ledige Handwerksgeselle oder Hilfsarbeiter, sowie jeder Knecht oder männliche Dienstbote wöchentlich 2 kr. und jeder weibliche Dienstbote für die Woche 1 kr. Beitrag zu leisten.“ Dafür wurde den Beitragszahlern kostenlose ärztliche und medikamentöse Versorgung im Krankenhaus einschließlich Verpflegung zugesichert. Im Falle einer Erkrankung ohne notwendigen Krankenhausauf- enthalt waren ärztliche Betreuung und die Versorgung mit Medikamenten ebenfalls frei. In den Jahren vor dieser Ent- scheidung hatte man versucht, die Beitragszahlung auf freiwilliger Basis zu organisieren. Bis Ende des Jahres 1822 wurden Handwerksgesellen und Dienstboten im Krankheitsfall grundsätzlich unentgeltlich versorgt. Im November 1822 legte der Armenpflegschaftsrat dar, daß die kostenlose Versorgung nicht mehr finanzierbar sei. Ab 1. Januar 1823 sollte nun nach Beschluß der städtischen Gremien jeder Dienstbote und Handwerksgeselle wöchentlich 1 kr. entrichten, der vom Dienst- herren einbehalten und durch einen städtischen Diener eingesammelt würde. Das Vorgehen auf freiwilliger Basis be- währte sich nicht: „Gleich anfangs schien diese Einrichtung den erwünschten Erfolg zu haben, seit einiger Zeit vermin- dern sich aber diese Beiträge in hohem Grade, woran dem Vernehmen nach mehrere Dienstesherrn die Schuld tragen, weil sie ihre Dienstboten selbst zur Verweigerung dieser wöchentlichen Abgabe zu bereden suchen, obgleich es für diese Dienstesherren ganz vorzüglich wünschenswert sein sollte, ihre kranken Ehehalten nicht in ihren Wohnung behalten zu müssen. Man sieht sich daher veranlaßt, hiermit öffentlich bekannt zu machen, daß künftighin kein Dienstbote, der nicht für jede Woche 1 kr. zum Krankenhausfonde beiträgt, die unentgeldliche Aufnahme in das Krankenhausspitale mehr erhoffen dürfe.“ Die Pflichtbeiträge einzutreiben, dürfte kein leichtes Unterfangen gewesen sein, denn dem Magistrat fehlte die Übersicht über die tatsächliche Anzahl der Dienstboten und Handwerksgesellen in der Stadt. Man war auf Schätzung angewiesen und stellte lapidar fest, daß die Zahl wohl sehr schwankend sei. Für das Jahr 1834 ging man von circa 260 Handwerksgesellen aus. Die Zahl der männlichen Dienstboten wurde auf rund 90 und die der weiblichen auf etwa 480 geschätzt. Um wenigstens eine Übersicht über die Dienstbotenbewegung zu erhalten, wurden ab 1857 alle neu ausgestellten und vorgelegten Dienstbotenbücher registriert. Die in einer Aufstellung zusammengefaßten Daten werden im Anhang S. 365f. Tab. 4 dargestellt. Polizeiliche Dienstbotenregister finden sich in den Akten nicht. Wahrscheinlich haben sie nie existiert; im anderen Fall hätte sich der Magistrat nicht mit Schätzungen begnügen müssen. StadtAAm, Zg I 780, Schreiben des Armenpflegschaftsrates an den Magistrat vom 12. November 1822; Bekanntmachung vom 29. No- vember 1822; Bekanntmachung vom 20. Januar 1827; Bekanntmachung vom 15. April 1834; Schreiben des Magistrats an das Stadtkommissariat vom 22. August 1834; ebd. Zg. I 932, „Verzeichnis über ausgefertigte Dienstbotenbücher“. 178 1) „Alle auswärts beheimateten Dienstboten, Gewerbsgehilfen, Lehrlinge, Fabrik- und andere Lohnarbeiter, welche dahier im Dienste oder in einer ständigen Arbeit stehen, dann alle dahier beheimateten dergleichen Individuen, wenn sie weder einen eigenen Haushalt haben, noch bei ihren Eltern wohnen, haben Krankenhausbeiträge zu entrichten, und zwar die männlichen 11 kr. und die weiblichen 7 kr. per Monat, 2) die an der hiesigen Studienanstalt und Gewerbschule inskribierten Schüler haben per Jahr einen Beitrag von 30 kr. zu entrichten, 3) die Bahnhofarbeiter haben einen monatlichen Beitrag von 16 kr., und die Aufseher an der hiesi- gen Gefangenenanstalt einen Quartalsbeitrag von 32 kr. 4 pf. zu entrichten.“54

54 VB 1869, 76. 179 G) 1849 BIS 1869 I. Staatliche Initiativen 1. Die Umfrage vom 30. Dezember 1848

König Maximilian II. schuf mit der Verordnung vom 11. November 18481 das Staatsministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten. Das neue Ressort erhielt die vorher dem Innenministerium zugeordneten Bereiche Ackerbau und Viehzucht, Fabrik-, Manufaktur-, Gewerbe-, Bank- und Ver- sicherungswesen, Innen- und Außenhandel, Maß-, Münz- und Gewichtssystem, Verkehrsaufsicht und Landbauwesen. Aus dem Finanzministerium wurden die Zollverwaltung und aus dem Kultus- ministerium das Ausbildungswesen für Gewerbe und Landwirtschaft übernommen.2 Mit dieser Neuordnung fielen auch die Sparkassen in den Verantwortungsbereich des Ministers des Königli- chen Hauses und des Äußeren, der das Handelsministerium zusätzlich versah. Allerdings blieb „die staatliche Kuratel gegenüber den Sparkassen als gemeindliche Institute“ dem Staatsministerium des Innern vorbehalten.3 Eine eindeutige Separierung von organisatorischer Verwaltung einerseits und finanztechnischer Beaufsichtigung andererseits, wie sie aus dieser Kompetenzaufteilung erwuchs, ließ sich in der Praxis freilich kaum durchführen. Im Rahmen des in § 7 der oben genannten Ver- ordnung erteilten Auftrags zur Erstellung einer umfassenden Statistik Bayerns, erging ein Reskript an sämtliche Kreisregierungen, mit dem diese aufgefordert wurden, Aufschluß über die Situation der Sparkassen zu geben:

1) „Welchen Einfluß hat die oben erwähnte Reorganisation der Sparkassen [= Normativ vom 30. Januar 1843] auf den Bestand derselben sowie auf die Anzahl und Kategorie der Teilnehmer bisher geäußert, und welche Wünsche und Anträge bestehen hinsichtlich der Beibehaltung oder Abänderung der einzelnen Normativsbestimmungen?

2) Welchen Erfolg haben die Bestimmungen der Art. I, III und IV des erwähnten Gesetzes [vom 4. Juni 1848] in Ansehung der beteiligten Sparkassen seither gehabt und welcher Gebrauch ist insbesondere von dem letzteren Artikel bis jetzt gemacht, dann welche Anordnungen sind zum Behufe der Leitung und Überwachung des Vollzuges jener Bestimmungen getroffen worden, oder sollen für die Zukunft getroffen oder beantragt werden?

3) Welche Anordnungen sind insbesondere wünschenswert, um der bei einzelnen Sparkassen in- haltlich der Mitteilungen des k. Staatsministeriums der Finanzen und der k. Staatschuldentil- gungskommission bestehenden allzu beträchtlichen Geschäftsausdehnung und der für die haf- tende Gemeinde hieraus entspringenden Gefahren entgegen zu wirken? endlich

1 RBl 1848, 1105. 2 Volkert 234. 3 Schachner 32. 180 4) welche Wirkungen hat das, durch das Ausschreiben des k. Staatsministeriums des Innern vom 10. August laufenden Jahres in Ansehung der Dringlichkeit inzwischen modifizierte Rescript des genannten k. Staatsministeriums vom 16. September 1846 im Betreff der Verbindung der Leih- und Hilfskassen mit den Sparkassen bisher geäußert und welche Anträge bestehen hin- sichtlich der etwaigen Veränderung oder Erweiterung der bezüglichen Direktiven?“4

Das Ministerium bat um Informationen zum Erfolg der durch das Normativ vom Januar 1843 ange- strebten Reduktion der Sparkassen, im besonderen im Hinblick auf den eingeschränkten Teilneh- merkreis. Ferner interessierten die Auswirkungen der mit 1. April 1848 in Kraft getretenen Zinser- höhung und die Frage, inwieweit die Kassen von der Möglichkeit, Schuldscheine für die Einleger auszustellen, Gebrauch gemacht hatten, weiterhin, ob vorrangig die Forderungen von Angehörigen der Unterschichten berücksichtigt wurden. Die noch immer „allzu beträchtliche Geschäftsausdeh- nung“ einiger Sparkassen - zu ihnen gehörte die Kasse in Ansbach5 - beunruhigte die Verantwortli- chen, und man erwartete Vorschläge zu Maßnahmen mit deren Hilfe die Haftung für die betroffe- nen Gemeinden möglichst gesenkt werden konnte. Schließlich sollten sich die Sparkassenverwal- tungen zu ihren Erfahrungen hinsichtlich der Verbindung von Spar- mit Leih- und Hilfskassen äu- ßern.

Die Regierung der Oberpfalz und von Regensburg, Kammer des Innern, reichte die Umfrage an die betroffenen Magistrate und Landgerichte weiter und forderte deren Stellungnahme ein.6 Die Am- berger Stadtverwaltung äußerte sich wie folgt:

„ad 1. Die bei der städtischen Sparkasseanstalt früher bestehenden Statuten wurden durch die al- lerhöchste Verordnung v. 30. Januar 1843 so wenig geändert, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Anzahl oder Kategorie der Einleger nicht hätte bemerkt werden können. Der Art. 6 der Normalbe- stimmungen, nach welchem für eine Gesamteinlage, welche 400 fl. erreicht, jegliche Verzinsung aufhört, dürfte übrigens als zu drückend erscheinen und deshalb dahin abzuändern sein, daß bloß der durch Zinsenkapitalisierung die Normalsumme von 400 fl. übersteigende Mehrbetrag nicht verzinst wird, da durch bar Einlage wegen des bestehenden Verbotes die Normalsumme ohnehin nicht überschritten werden kann, das Anwachsen durch Zinsenkapitalisierung aber mit zu großen Nachteil belegt ist, welcher oft von dem [...] Einleger, der von der Größe seines Guthabens keine genaue Kenntnis hat, nicht abgewendet werden kann. ad 2. Durch das neue Gesetz ist bei weitem das Vertrauen nicht wieder hergestellt worden, wel- ches der Sparkasse durch den in den letzten Ständekammern gebrachten Gesetzentwurf so sehr entrückt wurde. Die hiesige Anstalt hat übrigens nur einen Teil der Kapitalien beim Staate angelegt und konnte bisher durch Aufnahme von momentanen Vorschüssen oder Zessionen von Hypothe-

4 StadtAAm, Zg. I 2058, Rescript des Staatsministeriums des Handels und der öffentlichen Arbeiten vom 30. Dez. 1848 5 Reinhart/Zeitler 70. 6 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 8. Januar 1849. 181 kenKapitalien an Privaten oder Stiftungen mit Zuhülfnahme der neuen Einlagen immer noch soviel Geld aufbringen damit nicht nur die in Art. III des Gesetztes bezeichneten, sondern sämtliche Beteiligte, welche ihre Einlagen kündeten, befriediget werden konnten ohne zu dem in Art. IV des Gesetzes bewilligten Mittel der Ausfertigung von Sparkassaschuldscheinen greifen zu müssen. Mit dem am 1. Februar h. Jrs. [= heurigen Jahres] beginnenden neuen Rechnungsjahr steht eine Erhö- hung des Zinsfußes um 1/3 PerCent für sämtliche Einlagskapitalien bei der hiesigen Sparkasse in Aussicht, wodurch der Einleger nach Art. I des Gesetzes die Begünstigung der Zinsenerhöhung von den beim Staate angelegten Teil der Sparkassengelder vollständig zugewandt wird. Außer der bishe- rigen gesetzlichen Rechnungsrevision und Einsicht der Belege scheint eine weitere Anordnung zur Leitung und Überwachung des Vollzugs der gesetzlichen Bestimmungen nicht notwendig. ad 3. Es hat sich schon bisher bewährt, daß die Gelegenheit zur Geldanlage bei Sparkassen durch Vermögliche nicht mehr gesucht wird, da einerseits das Vertrauen mangelt, andererseits aber unter den jetzigen Verhältnissen jeden Augenblick die Gelder auf sichere Hypothek gegen bedeutend höhern Zinsertrag angelegt werden können, was um so mehr vorgezogen wird, als nun die Wohlthat, im Bedürfensfall sogleich seine Gelder aus der Sparkasse wieder zurückempfangen zu können, aufgehört hat. Eine noch weitere Beschränkung oder zu ängstliche Überwachung der Sparkasse in Bezug auf Annahme von Einlagen würde in kurzer Zeit ihre gänzliche Auflösung und hiemit eine nicht geringe Verlegenheit für die zur Haftung verpflichteten Gemeinden herbeiführen, da hiedurch bei den Sparkassen der Verkehr mit Geld noch mehr gehemmt und die Gelegenheit, mit eingehenden Geldern sogleich wieder gekündete Rückzahlungen leisten zu können, ohne den auf Zinsen angelegten Hauptstock immer angreifen zu müssen, noch mehr erschwert wird. Ein ste- tes Aufkünden der gegen hypothekarische Sicherheit angelegten Sparkassenkapitalien, deren Rück- zahlung im Bedürfensfall durch unaufhaltsame Exekutionsmittel betrieben werden muß, bringt a- ber, wie bei anderen Anstalten sich bereits bewährt haben soll, solche Familien, bei welchen diese Kapitalien angelegt sind und welche unter den gegenwärtigen Zeitverhältnissen neue Kapitalien nicht aufzubringen vermögen in unverschuldetes Unglück, da sie von Haus und Hof getrieben wer- den müssen. Dieser Umstand, welcher mit vielleicht beabsichtigten künftigen neuen Einrichtungen der Sparkassen so sehr zusammenhängt, dürfte wohl zu berücksichtigen sein. Die hiesige Sparkasse ist aus wohl erwogenem Grunde mit einer Leih- oder Hilfskasse nicht in Verbindung, es kann also in dieser Beziehung über die Wirkungen des Ausschreibens vom 10. Au-gust v. J. [= vorigen Jahres] keine Mittheilung gemacht werden.“7

Die Statutenänderung des Jahres 1843 hatte auf die Sparkasse Amberg tatsächlich kaum Auswir- kungen, denn die von der Regierung gewünschte Reduktion hatte hier bereits im Jahr 1840 stattge- funden. Die bayerischen Sparkassen äußerten sich überwiegend positiv zur Wirksamkeit des

7 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 12. Januar 1849. 182 Normativs. In Oberbayern und in den fränkischen Regierungsbezirken hielt man eine weniger strenge Zugangsberechtigung zu den Sparkassen für wünschenswert und ebenso einen größeren Spielraum hinsichtlich des Einlagemaximums.8 Dessen Höhe fand in Amberg keine Mißbilligung, man hielt jedoch die Gesamteinlagesumme, ab der die Verzinsung endete, für diskussionswürdig. „Den Einfluß des Gesetzes von 1848 bezeichneten die Oberpfalz und Oberfranken als sehr un- günstig, indem sich dortselbst bei Kündigung älterer Kapitale Mangel an Neueinlagen bemerkbar machte.“9 Wenn sich die Kreisregierung der Oberpfalz negativ zu den 1848 gefundenen Regelun- gen äußerte, konnte sie sich mit dieser Einschätzung nicht auf die Sparkasse Amberg beziehen. Man beklagte zwar einen gewissen Vertrauensverlust, fand jedoch keine weiteren Kritikpunkte und ver- wies darauf, daß es gerade Neueinlagen waren, die die Auszahlung der gekündigten Einlagen so weit sicher stellten, daß sämtliche Forderungen befriedigt werden konnten, ohne zu Schuldschei- nen greifen zu müssen. Wie die Antwort auf Punkt 3 der Anfrage zeigt, hielt der Magistrat die be- stehenden Regelungen für völlig ausreichend. „Vermögliche“ fanden zur Zeit nicht den Weg in die Sparkasse, da ihnen einerseits das Vertrauen fehlte und andererseits der Markt günstigere Anlage- möglichkeiten bot. Ein übermäßiges Wachstum der Kasse stand daher nicht zu erwarten. Von einer Verringerung des Einlagemaximums riet man dringend ab, um weiterhin mit Hilfe der eingehenden Gelder den Rückforderungen nachkommen zu können, und zwar ohne Hypothekardarlehen kün- digen zu müssen. Die „wohl erwogenen Gründe“, die den Magistrat daran hinderten, eine Leih- oder Hilfskasse mit der Sparkasse zu verbinden, legte er in einem späteren Schreiben explizit dar, auf das anschließend eingegangen wird. Die Kreisregierung der Oberpfalz sprach sich grundsätzlich gegen eine solche Verflechtung aus. Besonders die Berichte der Sparkassen Neumarkt10 und He- mau11 trugen zu diesem Votum bei, das sich auf Mißbrauchsvorwürfe stützte. Bestehende Verbin- dungen sollten aufgehoben werden, „da die aus der Hilfskasse dargeliehenen Gelder bei dem be- deutenden Sinken der Güter und bei der Armut der Besitzer zu Verlust zu gehen in Gefahr seien, wodurch der Kredit der Sparkassen noch mehr erschüttert werde.“12 In Ober- und Niederbayern bestanden derartige Vereinigungen nicht.

2. Leih- und Hilfskassen Das Handelsministerium suchte nach weiteren praktikablen Lösungen für die Unterstützung der ärmeren Klassen und war dabei auf die Hilfskassen in Verden und Braunschweig gestoßen. In Ver- den hatte sich 1834 ein Verein etabliert, der durch die Ausgabe von 40 Aktien zu je 5 Talern ein Kapital von 200 Talern aufgebracht hatte. „Dieses Kapital ist dazu bestimmt worden,

8 Schachner 33. 9 Ebd. 10 Vgl. ebd. 41. Siehe unten. 11 Die „Spar- und Darlehens-Anstalt“ des Landgerichts Hemau wurde in der 1. Hälfte des Jahres 1838 eröffnet. StAAm, KdI Abg. 1949 Nr. 9381/1, Schreiben der Kreisregierung an das Landgericht Hemau vom 10. März 1838. 12 Schachner 33. 183 hülfsbeürfigen, aber als rechtliche Leute bekannten Menschen eine angemessene Unterstüt- zung zu gewähren.“ Nach Stellung von zwei Bürgen konnte jeder „rechtliche, mäßige und fleißige Mensch“ die von ihm benötigte Summe erhalten. Bei Auszahlung wurden von jedem Taler 8 Pfennige einbehalten. Mit dieser Summe waren die Zinsen im voraus abgegolten und somit säu- mige Zinszahlungen ausgeschlossen. Der Betrag stellte ferner die Bezahlung eines Dieners sicher, der einmal wöchentlich den Tilgungsbetrag von 12 Pfennigen je Taler direkt beim Schuldner ein- sammelte. Der Verein hatte „mit seinem Kapital und mit Geldern, welche ihm zur Benützung ge- gen übliche Zinsen übergeben worden sind,“ bis 1846 einen Umsatz von circa 60.000 Talern er- zielt. Interessant ist, daß in diesem Zeitraum nur 4 Zwangseintreibungen notwendig wurden, was das bayerische Handelsministerium von der Effektivität des Systems, das auf die „Sittlichkeit der Menschen eingewirkt und sie zur Sparsamkeit, Nüchternheit und zum Fleiß angetrieben hat“, über- zeugte. Nach diesem Vorbild war vom Braunschweiger Bürgerverein ebenfalls eine Hilfskasse ge- gründet worden, der eine dritte in Holzminden folgte. Man überlegte nun, diesem Beispiel folgend in Bayern ähnliche Einrichtungen zu schaffen, damit sich „selbst der ärmste Taglöhner richtig zum Schlafen niederlegen [kann], da er weiß, wenn er nur seinen guten Ruf bewahrt, im Falle ihm ein Unglücksfall, sei es durch Krankheit oder einen Sterbefall in seiner Familie, Verlust an seinem Vieh betrifft, oder wenn er Wirte zu zahlen hat, oder vielleicht im Herbste Getreide oder Kartoffeln billig kaufen kann, geholfen wird.“13 Das Ministerium interessierte sich für die Einschätzung der vor Ort Verantwortlichen und erbat deren kritische Äußerung.14 Der Amberger Magistrat konnte dem in positivstem Lichte dargestellten Hilfskassensystem nichts Erfolgversprechendes abgewinnen. Jede Veränderung innerhalb der bestehenden Struktur führe zwangsläufig zu einer neuerlichen Verunsicherung der Sparer, die nach den Ereignissen der letzten Jahre noch immer kein Vertrauen fassen könnten, jeglicher diesbezüglicher Neueinrichtung mißtrauten und diese Bedenken sofort auf die Sparkasse übertrügen. Die Kreditvergabepraxis der Hilfskassen betrachtete die Stadtverwaltung als grundsätzliches Problem. Verweigere man einem Antragsteller den nachgesuchten Betrag, bringe man ihn leicht in den Ruf, kein „rechtlicher, mäßi- ger und fleißiger Mensch“ zu sein. Besonders zu befürchten sei dies in einer „Stadt geringen Ran- ges“, in der jeder jeden kenne. Daraus entstünde eine Zwangssituation, der man sich nicht ausset- zen wolle. Da die Hilfskassen nur von der „minderbemittelten Einwohnerklasse und von Proleta- riern“ in Anspruch genommen werden sollten, müßte in kleineren Städten wie Amberg mit Til- gungsproblemen gerechnet werden, „weil es, vorzüglich in den Wintermonaten an ständiger Arbeit, sohin an Verdienst fehlt, und es sohin [...] unmöglich ist, die wöchentlichen ständigen Abschlags- zahlungen“ zu leisten. „Müßten aber die Ausstände durch Exekution beigetrieben werden, so wird hiedurch, abgesehen davon, daß öfters wegen Mangels entbehrlicher Gegenstände, gar keine Erhe- bung mehr möglich wäre, gewiß bei der niedern Klasse eine für die gegenwärtigen Zeitverhältnisse

13 StadtAAm, Zg. I 2058, Beilage zum Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 23. März 1849. 14 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 23. März 1849. 184 nur wenigst taugliche Stimmung erzeugt.“ Aus genannten Gründen lehnte die Stadtverwaltung die Einführung „solcher Vereine im Allgemeinen und insbesonders aber für hiesige Stadt“ ab.15 „Eine nicht kleine Anzahl von Sparkassen hatte sich in Deutschland mit Leih- und Hilfskassen in Verbindung gesetzt, vielfach erschien die Sparkasse als Annexum dieser letzteren.“16 Zu den Kas- sen, die zusammen mit Leih- und/oder Hilfskassen gegründet worden waren, gehörten die Dist- riktsparkassen Hemau und Neumarkt, die sich, wie oben erwähnt, nach eigener Erfahrung gegen diese Verbindungen aussprachen. Erstere wurde mit einer Hilfskasse geführt, deren Aufgabe darin bestand, „den Bewerbern gegen Verzinsung und Sicherheit Darlehen“ zu gewähren.17 Die Höhe dieser Darlehen, die mit 4 % zu verzinsen waren, „sollen nicht unter 5 fl. und nicht über 100 fl. betragen, und durch die Zahl 5 theilbar seyn.“18 Als Sicherheitsleistungen standen folgende Alterna- tiven offen:

„durch gerichtliche Bürgschaft solventer Privaten, durch Bürgschaft der betreffenden Gemeinden, 19 durch Hypothekenbestellung.“ Die Ende 1836 regierungsaufsichtlich genehmigte „Spar- Leih- und Hülfs-Kasse“ des Landgerichts Neumarkt gab in ihrer Funktion als Leihkasse „Darlehen auf Faustpfänder an Einheimische und Fremde, an letzte nur dann, wenn sie sich über ihre Person gehörig legitimieren können, oder wenn eine angesessener Einwohner sich für sie“ verbürgte.20 Verpfändet werden konnten die üblichen Ob- jekte, wie „Gold, Silber, Kupfer, Messing, Zinn, Uhren, Edelstein, Sammt, Seide, Wollen- Baumwol- len- und Leinen-Waaren, Weißzeug, Wäsche, werthvollere Kleidungsstücke, Hausgeräthe, reinliche Betten, und deutsche Staatspapiere und Kapitalbriefe au porteur“, zu einem Zinssatz von 10 %.21 Die Hilfskasse lieh „redlichen, in Noth versetzten Land- und Gewerbsleuten, welche kein Mittel zur Ab- stellung ihrer Noth besitzen, kleinere und größere Hülfskapitalien gegen billige Verzinsung und fris- tenweise Heimzahlung auf Bürgschaft ihrer Gemeinden.“22 Hilfe erhielten Personen, die − „unverschuldet in Noth gekommen sind, − im allgemeinen Ruf der Sittlichkeit, Rechtlichkeit, Häuslichkeit und Thätigkeit stehen, und sol- chen im Leben bewährt haben, − einer Hülfe dringend bedürftig sind, und durch das darzuleihende Hülfskapital in den Stand gesetzt werden, sich in bürgerlichen Ehren und in Erwerbsfähigkeit zu erhalten, − keine anderen Mittel zur Abhülfe ihrer Noth besitzen, namentlich weder ein Anlehen auf ge- wöhnlichem Weg erhalten, noch eine Hypothek bestellen können, und endlich

15 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 8. Mai 1849. 16 Schachner 38. 17 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949 Nr. 9381/1, Statuten o. J. § 9. 18 Ebd. §§ 10, 11. 19 Ebd. § 12. 20 Ebd. Statuten vom 12. Juli 1836, § 33. 21 Ebd. §§ 34, 42. 22 Ebd. § 60. 185

− ein Zeugniss darüber beybringen, dass die Gemeinde ihres Wohnortes nicht nur für dieses Alles, sondern auch für die richtige Zahlung der Zinsen und sämmtlicher Kapitalsfristen, volle und un- bedingte Bürgschaft leiste.“23

Die geringste ausgeliehene Summe sollte 5 fl. betragen, die höchste nicht über 300 fl. Der Zinssatz belief sich auf 4 %.24 Schon ein Jahr nach Inkrafttreten der Statuten wurden diese ergänzt: „den [...] bezeichneten hülfsbedürftigen Land- und Gewerbsleuten sollen Hülfskapitalien auch gegen gericht- liche Bürgschaft solventer Privaten, so wie gegen Hypothek oder sonstige genügende Sicherheit verliehen werden.“25 Schließlich wurde der Maximalleihbetrag auf 500 fl. angehoben, der sich auf 1.500 fl. ausdehnen ließ, falls das Landgericht als Kuratelbehörde zustimmte.26 Zunächst prosperier- te die Hilfskasse. Die Erfolgsmeldungen führten in den kritischen Jahren 1842/43 zu Diskussionen im Landtag, die in folgendem Antrag gipfelten: „Die Regierung soll mit allen ihr zu Gebote stehen- den Mitteln dahin wirken, daß mit den bereits bestehenden oder noch ins Leben tretenden Spar- kassen Leih- und Hilfskassen verbunden und daß diesen alle jene Rechte und Befugnisse beigelegt werden, deren sich ähnliche, im Königreich bereits bestehende öffentliche Anstalten zu erfreuen haben.“27 Von Schaezler sprach sich allerdings entschieden gegen solche Kombinationen aus, „da man auf die Einbringlichkeit der hinausgegebenen Gelder nicht rechnen könne“,28 man dürfe in keinem Falle Sparkassengelder auf derart unsichere Weise anlegen.29 Eine von der Regierung initi- ierte Erhebung führte nicht zu einem positiven Ergebnis, so daß die Kreisregierungen im Mai 1846 angewiesen wurden, die Verbindungen von Spar- und Hilfskassen sorgfältig zu überwachen und bei Neugründungen vor allem der Sicherung der Gelder höchste Aufmerksamkeit zu widmen.30 Die aufstrebende Hilfskasse Neumarkt wurde „von Darlehnssuchern aus allen Teilen des Landes aufge- sucht, zumal man dort sehr leicht Geld erhielt und nicht nur Beträge bis zu 1.500 fl. [...], sondern bis zu 20.000 fl.; einmal wurden sogar 40.000 fl. an eine Person ausgeliehen.“31 Hier versagte das Aufsichtssystem. Mit Genehmigung der vorgesetzten Behörde wurden insgesamt 458.870 fl. ohne ausreichende Sicherheiten ausgegeben. In vielen Fällen entschied der Kassier eigenmächtig und unterließ es, die Zustimmung der Kuratelbehörde einzuholen: „oft machte er selbst den Bürgen und oft begnügte er sich, wenn B unter Bürgschaft des A 1.000 fl. und dann A unter Bürgschaft des B die gleiche Summe entlieh.“32 Größere Summen wurden unter fortlaufenden Nummern so ver- teilt, daß sie in den Kassenbüchern als Darlehensbeträge um 500 fl. erschienen. Die Revision wur- de völlig unzureichend durchgeführt, niemand legte Widerspruch gegen dieses Vorgehen ein. Als

23 Ebd. § 61. 24 Ebd. §§ 66, 67. 25 Ebd. Additional-Artikel vom 10. Juli 1837. 26 Schachner 39. 27 Zitiert nach ebd. 24. 28 Ebd. 29 Vgl. Merz 69. 30 Entschließung des Ministeriums des Innern vom 16. Mai 1846, die Verbindung von Leih- und Hilfskassen mit den Sparkassen betr. Strauß 1200f. Abgedruckt in: Wysocki/Pix, Aufstieg 121. 31 Schachner 42. 32 Ebd. 186 schließlich das Gerücht, es sei zu Kassenunregelmäßigkeiten gekommen, unter der Bevölke- rung für Unruhe sorgte, ordnete die Kreisregierung eine außerplanmäßige Überprüfung an, die ein Defizit von rund 500.000 fl. zu Tage förderte und Unterschlagungen des Kassiers aufdeckte. Die nun folgende Kündigungswelle zog eine ebensolche von Zwangsversteigerungen nach sich, die den Wert von Grund und Boden erheblich minderten. Der Distriktrat verweigerte die Haftpflichtleis- tung, da er die Meinung vertrat, der Staat trage wegen „der Nachlässigkeit in der Ausübung seiner Kuratel das wesentlichste Verschulden“.33 Da es zu keiner einvernehmlichen Regelung mit der Dist- riktversammlung kam, verordnete die Regierung eine Umlage von 30 kr. je Steuergulden, die nur mit militärischer Intervention durchgesetzt werden konnte. Der in Aussicht genommene Prozeß gegen den Staat als Mitschuldner wurde nach der Einholung von Gutachten fallengelassen. Man entschied sich, ein Darlehen in Höhe von 200.000 fl. bei der bayerischen Hypotheken- und Wech- selbank aufzunehmen und wandte sich Hilfe suchend an den Landtag, der beschloß, dem Distrikt Neumarkt ein unverzinsliches Darlehen aus Staatsmitteln in einem Betrag von 200.000 fl., rück- zahlbar innerhalb von 30 Jahren, zu gewähren.34 Der „Fall Neumarkt“ rückte die Sparkassen merklich in das Bewußtsein der Regierung. Sie forderte gutachtliche Stellungnahmen ein, veranlaßte ausführliche Erhebungen und scheute sich nicht, aus- ländische Ministerien zu kontaktieren, um von deren Erkenntnissen zu profitieren.35 Letztlich ebne- ten die negativen Erfahrungen den Weg für eine Neuordnung des bayerischen Sparkassenwesens. Als sich der Amberger Magistrat gegen eine Verbindung der Sparkasse mit einer Hilfskasse aus- sprach, ahnte er wohl nichts von der Mißwirtschaft bei der Spar- und Hilfskasse Neumarkt, die den Haftungsträger durch Bürgschaftsreitereien und Unterschlagungen an den Rand des wirtschaftlichen Ruins brachte.36 Er mißtraute dem System prinzipiell, da er die Anlage selbst geringster Summen bei der „minderbemittelten Einwohnerklasse“ für zu riskant hielt. Ein finanzielles Wagnis gleich welcher Art wollte die Amberger Stadtverwaltung in keinem Falle eingehen. Noch trug die Kommune am Zusammenbruch des städtischen Leihhauses, der den Stadtsäckel weiterhin belastete, und man kämpfte um die Finanzierung des Krankenhausneubaus. Risiken, wie sie die durch die Hilfskassen ausgegebenen Personalkredite mit sich brachten, wollte man sich nicht aufbürden.

33 Ebd. 44. 34 Ebd. 44f. 35 Trende 306. 36 Vgl. Spiethoff 63 - 66. 187 3. Förderung der Sparkassen 1863

Die Entwicklung der bayerischen Sparkassen verlief nicht zur Zufriedenheit des Staatsministeriums des Handels und der öffentlichen Arbeiten; man mußte feststellen, daß diese „nicht mehr prospe- rieren“.37 Die Einlagengesamtsumme aller 248 Sparkassen betrug im Verwaltungsjahr 1861/62 23.682.778 fl., eine steigerungsfähige Summe, schloß doch „diese an sich erfreuliche Wahrneh- mung die Überzeugung nicht aus, daß der Kapitalienbestand der Sparkassen in Bayern nach den fast durchweg sehr günstigen Erwerbsverhältnissen der zunächst beteiligten Classen der Bevölke- rung noch weit unter der erreichbaren Höhe steht.“38 Maßnahmen, „diese nützlichen Institute auf jede tunliche Weise zu fördern“,39 sollten schleunigst ergriffen werden. Die Initiative dazu war von König Maximilian II. ausgegangen: „Es ist Mir mitgeteilt worden, daß unsere Sparkassen im allge- meinen zu geringe Zinsen zahlen und daß diese Institute nicht prosperieren. Auch wurde Mir die Andeutung gemacht, daß bei der in Aussicht genommenen Erweiterung der Befugnisse der Hypo- theken- und Wechselbank eine günstige Gelegenheit geboten sei, die Annahme der Bedingungen durchzusetzen, daß höhere Zinsen für die Sparkassenkapitalien gezahlt werden müßten. Ich sehe einer gutachtlichen Berichterstattung über diese Punkte entgegen.“40 Magistrate und Bezirksämter wurden angewiesen, durch Erhebungen zu klären, ob in den letzten 5 bis 10 Jahren die Passivkapi- talien der einzelnen Sparkassen abgenommen hätten. Mußte dies bejaht werden, erwartete das Ministerium eine Stellungnahme der zuständigen Sparkassenverwaltungen zur Frage, ob eine Zins- erhöhung größeren Sparanreiz bieten könnte. Erstmalig wurde in Erwägung gezogen, für langfristig angelegte Gelder - man dachte an 5 bis 10 Jahre - höhere Zinssätze zu genehmigen.41 Weisungs- gemäß legte die Amberger Sparkassenkommission folgende Aufstellung vor:42

1853/54 118.653 fl. 1854/55 120.589 fl. 1855/56 124.100 fl. 1856/57 123.489 fl. 1857/58 128.642 fl. 1858/59 137.983 fl. 1859/60 145.461 fl. 1860/61 158.174 fl. 1861/62 163.847 fl. 1862/63 163.906 fl.

37 StadtAAm, Zg. I 2063, Schreiben der Kreisregierung an sämtliche Bezirksämter und die Magistrate Amberg und Re- gensburg vom 20. April 1863. 38 KABl. Opf. 1863, 1727. 39 StadtAAm, Zg. I 2063, Schreiben der Kreisregierung an sämtliche Bezirksämter und die Magistrate Amberg und Re- gensburg vom 20. April 1863. 40 Datiert 21. März 1863. Zitiert nach Schachner 33. 41 StadtAAm, Zg. I 2063, Schreiben der Kreisregierung an sämtliche Bezirksämter und die Magistrate Amberg und Re- gensburg vom 20. April 1863. 42 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 8. Mai 1863. 188 Das Sparaufkommen hatte sich in den ersten 4 Jahren des Erhebungszeitraums nur unwesent- lich erhöht. In den folgenden Jahren wuchsen die Guthaben jedoch kontinuierlich und erreichten 1862/63 eine Zunahme von 38,1 % im Vergleich zum Ausgangsjahr. Von rückläufigen Einlagen konnte in Amberg nicht die Rede sein. Der Magistrat äußerte sich zufrieden mit dem Stand der Sparkasse und sah keinen Grund nicht am bestehenden Zinssatz von 3 1/3 % - in der Ratssitzung vom 16. Januar 1849 war die Erhöhung des Zinsfußes von 3 % auf 3 1/3 % beschlossen worden - festzuhalten. Eine Genehmigung durch die vorgesetzte Behörde hatte man nicht eingeholt. Trotz des eindeutigen Verstoßes gegen geltende Bestimmungen erklärte sich die Kreisregierung mit dem Vorgehen der Stadtverwaltung einverstanden, da die privat untergebrachten Gelder 4 1/2 % Zinsen einbrachten.43 In Zukunft sollte „sich jedoch der Magistrat derartiger eigenmächtiger Statutenabän- derungen [...] enthalten.“44 Eine weitere Belebung des Geschäfts hielt man in Amberg für ausge- schlossen. Auch die langfristige Bindung der Sparguthaben erschien trotz erhöhten Zinssatzes nicht das geeignete Mittel zu sein, um einen Aufschwung herbeizuführen, denn „zum Verzicht auf Auf- kündigung auf längere, sogar 5 bis 10 Jahre wird sich die minderbemittelte Klasse nicht herbeilas- sen, weil zum großen Teil auch darin die Liebe und das Vertrauen zu den Sparkassenanstalten be- gründet ist, daß Jeder vollständiger und unbeschränkter Herr seiner oft sauer erworbenen Ersparnis- se bleibt und in deren Barbesitz im Bedürnißfalle jeden Augenblick wiedergelangen kann.“45

Die städtische Sparkasse Amberg gehörte zu den 106 Kassen, die bei einem Zinssatz von 3 1/3 %, über die Hälfte der gesamtbayerischen Einlagen des Jahres 1861/62 eingenommen hatten. 16 Kas- sen räumten den niedrigsten Zinssatz von 2 1/2 % ein, darunter die Institute in München, Hilpolt- stein und Neumarkt (Opf.), die zusammen 2.269.799 fl. beisteuerten. Auf die übrigen 13 Kassen entfiel die geringe Summe von 94.575 fl.; im Durchschnitt hatte jedes der 13 gering verzinsenden Institute lediglich 7.275 fl. eingenommen.46 „Diese Ziffern, sowie der Umstand, daß nach den vor- gelegten Nachweisen gerade bei denjenigen größeren Anstalten, welche die verhältnismäßig güns- tigsten Rechnungsergebnisse aufweisen, der Zinsfuß für die Sparkasseeinlagen auf 3 1/3 % festge- setzt ist, liefern den Beleg, daß diese Verzinsung nicht bloß die befriedigendste Beteiligung der Ein- lagenberechtigten hervorruft, sondern auch [...] günstige finanzielle Erfolge für die betreffenden Gemeinden sichert.“47 Letzteres sollte jedoch nicht zum vorrangigen Ziel der Kommunen werden: „Namentlich scheint es unzuläßig, daß Institute, welche die öffentliche Fürsorge für die unbemittel- ten Classen der Bevölkerung in Leben gerufen hat, überwiegend den Charakter

43 Die Erhöhung des Darlehenszinssatzes von 4 auf 4 ½ % erfolgte im September 1849. HASpAm-Su, Rechnung 1849/50 fol. 8. 44 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 I, Protokoll Referat 14 vom 14. Juli 1854. 45 StadtAAm, Zg. I 2063, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 8. Mai 1863. 46 KABl. Opf. 1863, 1728. 47 Ebd. 189 lukrativer Communalanstalten erlangen.“48 Gleichwohl beauftragte das Staatsministerium sämt- liche Kreisregierungen, bei bestehenden Sparkassen „darauf zu dringen, daß an der 3 1/3%igen Verzinsung, oder soferne aus außerordentlichen gewichtigen Ursachen eine Ausnahme motiviert erscheint, wenigstens an der 3%igen Verzinsung der Einlagekapitalien als Minimum“ festgehalten werde, beziehungsweise durch eine Statutenänderung eine mindestens 3%ige Verzinsung sicherzu- stellen. Ebenso sollten neu gegründete Sparkassen auf die obigen Zinssätze festgelegt werden.49 Ganz allgemein gab man sich - ähnliche Aufrufe waren bereits 1861 veröffentlicht worden - „der Erwartung hin, daß die Distrikts- und Lokal-Behörden, die Geistlichen und Lehrer, Eltern, Dienst- herrschaften, Fabrikherrn und Gewerbsmeister die Förderung diese gemeinnützigen Anstalten nach Kräften angelegen sein lassen.“50 Diese Ermahnungen zielten im besonderen auf die geringe Beteili- gung der „dienenden und arbeitenden Klassen in den der Kreishauptstadt Regensburg näher gele- genen Bezirken“, wie Burglengenfeld, Stadtamhof, Falkenstein oder Nittenau.51 Allerdings hielten nach obrigkeitlicher Meinung nicht geringe Zinssätze die Landbevölkerung davon ab, die Sparkasse zu nutzen, sondern die „Genußsucht der Dienstboten und Arbeiter, welche theils in der Stadt theils aus Anlaß der zahlreichen Kirchweihen regelmäßig den Verdienst einer ganzen Woche an den Fei- ertagen verschwenden“,52 hemme deren Spareifer.

Die oberpfälzischen Sparkassen gewährten folgende Zinssätze:53 3 Sparkassen 2 1/2 % 2 Sparkassen 2 1/2 % für kleinere Beträge, 3 % für größere Beträge 2 Sparkassen 2 1/2 % für kleinere Beträge, 4 % für größere Beträge 1 Sparkasse 3 1/5 % 1 Sparkasse 3 1/4 % 1 Sparkasse 3 1/4 % für kleinere Beträge, 3 1/2 % für größere Beträge 10 Sparkassen 3 1/3 % 4 Sparkassen 3 1/2 %.

Die Kreisregierung sah im gesamten ein befriedigendes Ergebnis der Sparkassenentwicklung in ihrem Bezirk. Die Gründe dafür suchte sie in „Sparsamkeit, Arbeitsamkeit, Nüchternheit, die den Oberpfälzern eigen sind.“54 Tatsächlich zeigt sich der beachtliche Stand der oberpfälzischen Spar- kassen beim Blick in die Statistik: im Durchschnitt fielen auf jeden Kreisbewohner 6,1 fl. Hinter Mittelfranken und Schwaben nahm die Oberpfalz den 3. Platz ein. Der Mittelwert für Bayern lag bei 5 fl.:55

48 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3837, Schreiben des Handelsministeriums an die Kreisregierung vom 4. Nov. 1863. 49 KABl. Opf. 1863, 1729. 50 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3837, Bekanntmachung der Kreisregierung vom 24. April 1861. 51 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an das Ministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten vom 28. Juni 1863. 52 Ebd. 53 Ebd. Den geringsten Zinssatz zahlten die Distriktsparkassen Hiltpoltstein, Neumarkt und Velburg. Für sie wurde ein Satz von 3 1/3 % angestrebt. Insgesamt bestanden in der Oberpfalz 29 Sparkassen, davon 17 distriktive und 12 kommunale. 5 Sparkassen hatten keine Angaben zu den Zinssätzen gemacht. 54 Ebd. 55 Schachner 127, Beilage VI. 190 Mittelfranken 12,2 fl. Schwaben 7,1 fl. Oberpfalz 6,1 fl. Oberbayern 5,2 fl. Niederbayern 5,1 fl. Unterfranken 3,4 fl. Oberfranken 2,5 fl. Pfalz 1,3 fl.

Weder die oberpfälzischen Sparkassen im allgemeinen,56 noch die städtische Sparkasse Amberg im besonderen fielen in die Kategorie der Kassen, die „nicht prosperierten“. Man hielt deshalb hier eine Änderung der Statuten für nicht erforderlich, auch die vorgeschlagene „längere, halb- oder ganzjährige Aufkündungszeit“ der Einlagen, die das Staatsministerium bereits grundsätzlich geneh- migt hatte,57 fand keinen Eingang in die Bestimmungen. Die Kreisregierung hatte sich, wie der Amberger Magistrat, gegen die langfristige Anlage der eingelegten Gelder zu einem höheren Zins- satz ausgesprochen, da die Ersparnisse „vor allem als Nothpfennig für die arbeitende und dienende Klasse bei Krankheiten und Nothfällen dienen“58 solle. Man befürchtete, es könne „Menschen die- ser Klassen“ nicht nahe gebracht werden, daß die gesparten Gelder erst nach Ablauf einer be- stimmten Frist zur Verfügung stünden.

4. Weitere staatliche Maßnahmen

Mit der Entschließung vom 20. Mai 1864 wurden getrennte Buchführung und gesonderte Rech- nungslegung für Sparkasse und Reservefonds verpflichtend.59 Gut einen Monat später folgten Richt- linien die „Behandlung des Rechnungswesens der Spar- Hilfs- und Leihkassen betr.“60

Wie bereits geschildert, hatte sich König Maximilian II. für eine Zusammenarbeit der Sparkassen mit der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank ausgesprochen. Als diese Ende Januar 1864 die Genehmigung zur Pfandbriefausgabe beantragte, stimmte man dem Vorhaben unter der Bedingung zu, daß die Bank einen Beitrag zur Förderung der Sparkassen leiste. Sie unterbreitete drei Vorschlä- ge, von denen der erste allgemeine Zustimmung fand: „Eröffnung eines Kontokorrents zu 3 1/2 % für alle am Sitz der Haupt- oder Zweigniederlassungen der Bank befindlichen Sparkassen (statt der sonst üblichen 2 %), wobei ein gewisses Maximum festgestellt werden müsse.“61 Der Amberger Magistrat begrüßte den Vorschlag, hielt das Konzept unter den örtlichen Gegebenheit jedoch nur insoweit für umsetzbar, als „der zum Absatz von Pfandbriefen in Amberg bereits aufgestellte Agent

56 Nur 4 der 29 Sparkassen hatten mit abnehmenden Einlegerzahlen zu kämpfen. Ebd. 34. 57 KABl. Opf. 1863, 1730. 58 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3837, Schreiben der Kreisregierung an das Ministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten vom 28. Juni 1863. 59 KABl. Opf. 1864, 1129. 60 Ebd. 1129 - 1134. 61 Schachner 35. 191 dieser Bank, Kaufmann Wolfgang Wimpeßinger,62 auch zum Abschließen von Contocorrentge- schäften bevollmächtigt würde. Die hiesige Sparkasse ist oft in der Lage einen Baarvorrath von 3 bis 5.000 fl. unverzinslich in der Cassa liegen zu lassen; es kann ihr also nur erwünscht sein, wenn für diesen Betrag bis zum Bedarfe oder anderweitigen fructifizierlichen Anlage bei dem Agenten der bayer. Hypotheken und Wechselbank zu 3 1/2 % darleihen könnte.“63 Am 12. Februar 1866 erließ das Handelsministerium die entsprechende Entschließung; die Bank hatte eine verbindliche Zusage für fünf Jahre gegeben.64 Nur 24 Sparkassen machten anfänglich von dem Angebot Gebrauch.65 Die Sparkasse Amberg beantragte zwar ein Kontokorrent in Höhe von 3.000 fl., das am 1. März 1866 genehmigt wurde,66 aus den Quellen geht jedoch nicht hervor, ob es zu einer Zusammenarbeit mit einem eventuellen Nachfolger Wimpeßingers nach dessen Tod im Juli 1865 kam.67

Seit 28. März 1864 war für die Sparkassen eine weitere Kooperation mit der Bank möglich. Den Gemeinde- und Stiftungsverwaltungen wurde erlaubt, Aktiva in zu 4 % offerierten Pfandbriefen anzulegen. Die Erwerbung sollte nicht über pari erfolgen, und die Pfandbriefe mußten auf den Namen der Gemeinde, Stiftung oder Sparkasse vinkuliert werden.68 Auch dieses Angebot nahmen die Sparkassen eher zögernd an.69

Die am 31. Juli 1869 veröffentlichte königliche Verordnung „Die Capitalsausleihungen der Ge- meinden und Stiftungen betr.“70 stand in Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Sparkasse Neumarkt. Sie regelte die Anlagepolitik kommunaler Einrichtungen und legte besonderes Augen- merk auf die Vergabepraxis bei Hypothekardarlehen. „Zur Anlage waren künftig nur noch Hypo- theken (bis zur halben Höhe des Wertes der zu beleihenden Objekte), Schuldverschreibungen des bayerischen Staates und unter dem Vorbehalt ministerieller Genehmigung Darlehen an Körper- schaften des öffentlichen Rechts und Kreditinstitute zugelassen.“71 Bei unsicher erscheinenden Ka- pitalanlagen sollte die umgehende Kündigung folgen. Hilfs- und Leihkassen konnten weiterhin be- stehen bleiben.

62 Wimpeßinger war zeitweise Mitglied der Sparkassenkommission. Vgl. S. 199f. 63 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3837, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 14. Juni 1864. 64 KABl. Opf. 1866, 210 - 212. Schachner 36. 65 Ebd. Dazu gehörten die Sparkassen München (330.000 fl.) und Ansbach (200.000 fl.). Die Kassen in Nürnberg und Regensburg lehnten ab. StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3837, „Verzeichniß der Sparkassen, welche ein Contocorrent bei der Hypotheken- und Wechselbank wünschen“ o. D. 66 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3837, Schreiben des Innenministeriums an die Kreisregierung vom 1. März 1866. 67 Möglicherweise wurde die Agentur nach dem Tod Wimpeßingers nicht weiter betrieben, und die Sparkasse verzichtete deshalb auf eine Zusammenarbeit mit der Bank. Vgl. S. 200 Anm. 128. 68 Merz 117. 69 Jungmann-Stadler 151f. 70 RBl. 1869, 1441 - 1448. 71 Spiethoff 62. Nicht zugelassen wurden Darlehen an landwirtschaftliche Bezirksvereine und ähnliche Institutionen. Sie hatten „abgesehen von vorhandenem Kapitalsvermögen, als solche keine Sicherheit zu bieten [...]. Ausleihungen von Geldern gegen Verpfändung von Werthpapieren [können] wegen der in dieser Hinsicht sich ergebenden Haftungen und Inconvenienzen der Gemeinde- und Stiftungsverwaltungen [...] nicht gestattet“ werden. StadtAAm, Zg. II 3866, Schreiben des Innenministeriums an die Kreisregierung vom 17. Juni 1896. 192 II. Verwaltung - Geschäftsführung 1. Eigenmächtige Ausweitung des Einlegerkreises

Die seit 1843 bayernweit geltenden Bestimmungen zum Einlegerkreis der Sparkassen und zur Ma- ximalhöhe der Einlagen wurden erst mit der Verordnung vom 20. Mai 1874 aufgehoben. Die Am- berger Sparkassenverwaltung akzeptierte die Einschränkungen solange man sie für nützlich hielt. Als die Kasse wegen der Auszahlungsverweigerung der Staatsschuldentilgungskasse in Liquiditätseng- pässe geriet, hielt man sich weniger streng an die statutarischen Vorgaben und nahm höhere Beträ- ge auch von nicht zugelassenen Personen an. Die Kuratelbehörde nahm erstmals zu Beginn der 1850er Jahre davon Kenntnis. Die Revision der Jahresabrechnungen 1851/52 und 1852/53 hatte ergeben, daß die Einlagenhöchstgrenze mehrfach überschritten worden war und man vermutete, daß nicht alle Sparer dem genehmigten Kreis entstammten. Einen genauen Überblick konnte sich die Kuratelbehörde jedoch nicht verschaffen, da die „vorgelegten Extrakte aus den Hauptbüchern [...] eine vollständige Kontrolle“72 nicht zuließen. Bemängelt wurde insbesondere das Fehlen der Angaben zu „Stand oder Gewerbe der Einleger“, das Weglassen der Vornamen und eine zum Teil unleserliche Schrift - absichtliches Handeln ist nicht auszuschließen. Um eine gründliche Prüfung vornehmen zu können, wies man den Magistrat an, „ein alphabetisches Verzeichnis der Einleger in der Art herzustellen, daß die Einleger mit Tauf- und Zunamen, Wohnort und Stand genau vorgetra- gen und bei jedem derselben alle seine Einlagen, wie sie in dem Hauptbuche unter den verschie- denen Abteilungen vorkommen, eingestellt werden, so daß die Gesamtsumme aller Einlagen eines jeden Einzelnen sogleich ersichtlich ist.“73 Noch immer mangelte es der Amberger Sparkasse, wie dies schon vor 1840 kritisiert worden war, an der Möglichkeit, sich einen Gesamtüberblick über den Stand des Sparguthabens eines einzelnen zu verschaffen. Das „anbefohlene Verzeichnis wurde angefertigt und [...] zur Vorlage gebracht“,74 findet sich jedoch nicht in den Akten. Es dürfte die Erwartungen der vorgesetzten Behörde kaum erfüllt haben, denn die Angaben zu Person, Stand und Tätigkeit der Einleger waren auch den Eintragungen in den Hauptbüchern nicht zu entneh- men. „Der desfalsige Abgang müßte vielleicht bei der nächsten Zinsenzahlung, wo die meisten Bücheln wieder zur Vorlage kommen, ergänzt werden.“75 Den Verdacht, die Sparkasse könnte nicht zugelassene Personen als Einleger dulden, versuchte man so weit wie möglich zu entkräften: „Übrigens dürfte sich bei den meisten schon aus der Größe der Einlagen ersehen lassen, daß selbe nur unbemittelten Personen angehören, so wie die Versicherung gegeben werden kann, daß wenn solches nicht wegen Geldverlegenheit absolut notwendig ist, von hiesigen Einwohnern Unberech- tigte nicht zugelassen, von auswärts wohnenden aber nur insoferne Einlagen angenommen werden als denselben [...] die Teilnahme gestattet ist.“76 Man hatte in der vergangenen Krisenzeit zur

72 Ebd. Zg. I 2058, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 11. Februar 1854. 73 Ebd. 74 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 18. März 1854. 75 Ebd. 76 Ebd. Den Einwohnern von Landgerichtsbezirken, in denen keine Sparkasse bestand, war die Teilnahme an der städti- schen Sparkasse Amberg gestattet. Vgl. S. 143. 193 Selbsthilfe gegriffen, da „von keiner anderen Seite Hülfe geleistet wurde“ und hielt sich, um „größere Nachteile abzuwenden, bei den Einlagen nicht mehr so streng an die Statuten“.77 Die Annahme von höheren Einlagebeträgen - notgedrungen von nicht zugelassenen Sparern - setzte man mit Kapitalaufnahmen, die das Gesetz vom 4. Juni 1848 erlaubte,78 gleich und erhielt auf diese Weise „ohne Ausfertigung von 4 % Schuldscheinen [...] die zur Deckung des Bedarfes nötigen Mit- tel.“79 Die Restriktionen, die den Sparkassen auferlegt waren und deren strikte Einhaltung die Kreis- regierung einforderte, führten nach Ansicht des Magistrats in eine Sackgasse. „Daß übrigens eine Sparkasse überhaupt nicht bestehen kann, wenn die Einlagen nur von solchen Einlegern gesche- hen, bei welchen täglich die Zurückforderung der Gelder voraussichtlich ist, liegt klar am Tage [...]. Eben so gewiß ist aber auch, daß niemand mehr in eine Sparkasse einlegen wird, wenn er nicht bestimmt weiß, daß er im Bedürfnisfalle sein Geld wiedererhalten kann, und niemand wird von Sparkassen Kapitalien aufnehmen, wenn täglich die Gefahr besteht, daß das erst mit vielen Kosten erlangte Darlehen wieder zurückbezahlt werden muß und dadurch noch größere Verlegenheit als vor der Aufnahme bereitet wird.“80 Gleichzeitig sei die Sparkassenkommission verpflichtet, dafür zu sorgen, Gelder nicht zinslos in der Kasse liegen zu lassen, was jedoch zwangsläufig geschehe, wenn aus geschilderten Gründen keine Kapitalnachfrage mehr bestehe. Der Kassier hatte sich nach Mei- nung des Magistrats weitgehend an die Einlagenbegrenzung gehalten. Dies könne die Kreisregie- rung aus der Tatsache ersehen, daß sich der Guthabenstand seit Jahren nicht vergrößere. „Der hie- sigen Sparkasse war es nie darum zu tun ein großes Kapital zu erlangen, denn wären die angebote- nen Einlagen ohne Berücksichtigung der Statuten angenommen worden, so würde der Stand we- nigstens das 3fache des dermaligen Betrages erreicht haben“.81 Man sah im Hinblick auf die über- wundenen Schwierigkeiten keinen Sinn darin, „ein zu großes Sparkassekapital zu besitzen, wenn nicht höchstens berücksichtiget werden sollte, daß das hiesige Krankenhaus durch die zugewiese- nen Anteile an den Rentenüberschüssen einen bedeutenden Beitrag zu seiner Existenz erhält“.82 Die Verärgerung des Amberger Magistrats über die neuerlichen Beanstandungen der Kuratelbehör- de zeigten sich deutlich: Hätte man nicht im Schuldentilgungsplan für das Krankenhaus einen be- deutenden Betrag aus den Rentenüberschüssen der Sparkasse vorgesehen und bestehe nicht ein unbezweifelbarer Nutzen für Kinder, Dienstboten und unbemittelte Personen, würde „es den Ma- gistrat wenig berühren, ob eine solche Anstalt hier besteht oder nicht.“83 Man

77 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3837, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 18. März 1854. 78 Der Magistrat interpretierte Artikel IV in seinem Sinne: „ Die Gemeinden, welche [...] nicht vorziehen, ihren Bedarf auf andere Weise zu decken [...]“. Wysocki/Pix 1995, 191. 79 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3837, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 18. März 1854. 80 Ebd. 81 Ebd. 82 Ebd. 83 Ebd. 194 war durchaus bereit, die Existenz der Sparkasse in Frage zu stellen. Eine Rückzahlung der Einla- gen, die den Höchstbetrag überschritten, werde in keinem Falle sofort vorgenommen, sondern allenfalls schrittweise.84 Für den Magistrat stellten die entgegen den Wortlaut der Statuten ange- nommenen Gelder Rettung in aussichtsloser Lage dar. Für die Kuratelbehörde hingegen handelte es sich um einen krassen Verstoß gegen geltende Bestimmungen: „Die Sparkasse in Amberg [darf], so wie jede andere, keine Bank für Reiche und Kapitalisten, sondern eine Sparanstalt für die ärmere Volksklasse und Kinder sein, weshalb der Magistrat zur genauesten Einhaltung der [...] Sparkassesta- tuten vom 14. November 1843 um so mehr anzuhalten sein dürfte, als diejenigen, für welche die Sparkasse Institute bestimmt sind, gewiß nur höchst selten auf einmal 100 fl., in einem Jahr 300 fl. und im ganzen 400 fl. anzulegen vermögen und solche, welche über größere Summen disponieren können, für die anderweitige Anlage ihrer Kapitalien zu sorgen haben.“85 Die Einwände der Am- berger Stadtverwaltung gegen den Vollzug der Bestimmungen der Sparkassenstatuten ließ die Kreis- regierung nicht gelten, denn „eben durch die Einlage größerer Kapitalien [kann] die Sparkasse in Zahlungsverlegenheit geraten, wenn zufällig oder planmäßig mehrere solcher Kapitalisten ihre Ein- lagen gleichzeitig zurückfordern“.86 Die den Betrag von 400 fl. überschreitenden Einlagen waren nach Anweisung der Kreisregierung „allmählich, längstens aber innerhalb zwei Jahren zurückzuge- ben“.87 Auf ein Verzeichnis der Einleger wollte die Kuratelbehörde nicht verzichten und erwartete dessen Vorlage binnen eines Jahres.88 Dieser Termin konnte nicht eingehalten werden. „Man [hat- te] zwar bei den inzwischen sich ergebenen einzelnen Vorlagen der Sparkassabücher, namentlich aber gelegentlich der heurigen Zinsenzahlung die Hauptbücher in Beziehung auf Namen und Stand der Einleger nach Möglichkeit ergänzt, [...] allein nachdem im heurigen Jahr kaum die Hälfte der Zinsen am Verfalltermin 1. Februar erhoben [...] wurden, so ist ein großer Teil von Sparkassabü- cheln nicht zur Vorlage gekommen“.89 Ein zu diesem Zeitpunkt erstelltes Verzeichnis wäre wieder- um unvollständig gewesen. Man verzichtete deshalb auf die Zusammenstellung und bat um ein weiteres Jahr Aufschub.90 Eine zweieinhalbjährige Korrespondenzlücke läßt offen, ob die Übersicht schlußendlich angefertigt werden konnte.

Die einschränkenden Bestimmungen der Statuten empfand man in zunehmendem Maße als belas- tend. Vor allem der Maximalbetrag von 100 fl. je einmalige Einzahlung stieß nun auf heftige Kritik. Sparer die bis zu 300 fl. pro Jahr anlegen wollten, mußten „wenigstens 3mal zur Anstalt kommen und die Sparkassakommißion [hatte] das Geschäft 3mal zu besorgen“.91 Insgesamt sei dies ein für alle Beteiligten zu großer zeitlicher und bürokratischer Aufwand. Im besonderen hatte sich die

84 Ebd. 85 Ebd. 8209 I, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 14. Juli 1854. 86 Ebd. 87 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 28. Juli 1854. 88 Ebd. 89 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 29. August 1855. 90 Ebd. 91 Ebd. Zg. I 2059, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 3. August 1860. 195 Kassakommission des Bezirksgerichts Amberg, das die Kuratelgelder bei der Sparkasse unter- brachte, über die Auflage beklagt. Für die Sparkassenverwaltung, der es bei Kündigungen größerer Beträge gelegentlich an Bargeld fehlte, ergab sich bei Erhöhung der Einzeleinlage auf 300 fl. zur zeitlichen Einsparung ein weiterer Vorteil: Durch die Anhebung der Liquidität könnten Rückzah- lungen sofort erfolgen, ohne von der nach den Statuten möglichen Kündigungsfrist, die den zu zah- lenden Zinsbetrag zwangsläufig erhöhte, Gebrauch zu machen.92 Mit dem Vorstoß des Magistrats § 5 der Statuten in diesem Sinne zu ändern, erklärten sich die Gemeindebevollmächtigten einver- standen.93 Daraufhin genehmigte die Kreisregierung die vorgeschlagene Festsetzung des einmaligen Einlagehöchstbetrages auf 300 fl.94

Nicht nur in Amberg wurden Stimmen laut, die auf eine Änderung des Normativs von 1843 dräng- ten. In Augsburg beklagte man ebenso die geringe Höhe der Einmal- und der Gesamteinlage, ge- nauso wie die Eingrenzung des Sparerkreises. Wie in Amberg hatte man die einschränkenden Pa- ragraphen der Statuten längst weniger konsequent beachtet. Der Entwurf neuer Statuten ohne Ein- lagen- und Einlegerrestriktionen scheiterte jedoch am Veto der Gemeindebevollmächtigten, die vor dem Haftungsrisiko zurückschreckten.95 Der zu geringe Spielraum, der den Sparkassenverwaltun- gen nach 1843 blieb, wurde zum Gegenstand von Debatten im niederbayerischen Landrat. Man diskutierte die Befreiung der Sparkassen von einengenden Bestimmungen durchaus kontrovers. Einerseits sah man das Anliegen der Sparkasse Straubing, die „wegen des Hindernisses der Norma- tiv-Bestimmungen nicht in dem von den Einlegern gewünschten Maaße entsprechen könne“, ande- rerseits war zu beachten, daß „die allgemeine Erhöhung des Maximalbetrages der Spar-Einlagen für alle Sparkassen wegen der für kleinere Gemeinden schwierigen Haftung durchaus nicht wün- schenswerth sei.“96 Man entschied sich, möglichst allen Seiten gerecht zu werden und stellte bei der Regierung den Antrag, es den Sparkassenverantwortlichen anheimzustellen, ob ein erweiterter Einlegerkreis und ein erhöhtes Einlagemaximum in die jeweiligen Statuten aufgenommen werde. Tatsächlich gestatteten die zuständigen Staatsministerien im Juni 1864 die bestehenden Bestim- mungen zu lockern und räumten den Gewährträgern einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Einlegerschaft und der Höhe der anzunehmenden Beträge ein.97 Im selben Monat besuchte eine Regensburger Kommission sechs bayerische Sparkassen, darunter auch die städtische Sparkasse in Amberg.98 Rygol faßt die Ergebnisse der Besuche zusammen:99 Die von den vorgesetzten Behörden wiederholt angesprochene Haftungserweiterung100 für die Gewährträger durch die Freigabe von

92 Ebd. 93 Ebd. Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 30. August 1860. 94 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 7. September 1860. 95 Merz 103f. 96 Zitiert nach Hruschka 186. 97 BayHStAM, MInn 52674 Sparkassen, 10. Juni 1864. 98 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3837 Stellungnahme vom 11. Juli 1864. 99 Rygol 97. 100 Am 11. Januar 1864 wandte sich das Ministeriums des Handels und der öffentlichen Arbeiten an die oberpfälzische Kreisregierung. Man trug heftigste Bedenken wegen der Vermögensstände der Sparkassen Cham, Weiden, Parsberg und Velburg. Keine dieser Kassen sei mehr ein „Wohlthätigkeits Institut“, sondern vielmehr eine Bank. Die Gewährträger 196 Einlagenhöhe und Einlegerkreis spielte für die Verantwortlichen der Sparkasse Weiden keine Rolle. Sie sahen in der Ausdehnung des Geschäftsumfanges das vorrangige Ziel der Sparkasse und damit einhergehend eine Vergrößerung der Überschüsse. Eine soziale oder regionale Beschränkung der Sparer existierte nicht. In Bamberg und Bayreuth hätten nach den Statuten ausschließlich Be- wohner der jeweiligen Kommune die Kassen nützen dürfen, tatsächlich hielten sich die Sparkassen- verwaltungen nicht an diese Vorgabe. Ebenso verfuhr die Kasse in Würzburg, bei der jeder Sparwil- lige ohne Ansehen der Herkunft zugelassen wurde.101 In Nürnberg überarbeitete man die Statuten mit dem Ziel den Verzinsungsstop aufzuheben und unverheiratete Frauen und Witwen zur Spar- kasse zuzulassen, also den Sparerkreis auszudehnen. Der Bericht der Kommission zeigt deutlich, daß die staatsministerielle Genehmigung vom Juni 1864 lediglich die bei einer Vielzahl von Spar- kassen längst üblich gewordenen Gepflogenheiten legalisierte. Die allgemeine Lockerung der Be- stimmungen von 1843 hätte die Entwicklung der bayerischen Sparkassen voran bringen können, wäre die Umsetzung nicht an der widersprüchlichen Haltung der Kreisregierungen - die Sparkasse Amberg sollte noch zu Beginn der 1870er Jahre gezwungen werden, die Bestimmungen von 1843 einzuhalten - und schließlich an der Uneinigkeit der beiden für die Sparkassen zuständigen Ministe- rien gescheitert.

2. Öffnungszeiten

Im Januar 1862 fragte man bei der Kreisregierung an,102 ob Einwände gegen eine weitere Änderung der Statuten bestünden. Das Bezirksgericht Amberg hatte sich über die nicht eingehaltenen Öff- nungszeiten der Sparkasse beschwert. Der Gerichtsbote, der die Pflegschaftsgelder aus verwaltungs- technischen Gründen nicht vor 11 Uhr 30 zur Einzahlung überbringen konnte, war um diese Uhr- zeit mehrfach abgewiesen worden, obwohl eine statutenmäßige Öffnungszeit bis 12 Uhr festgelegt war.103 Es war zwischenzeitlich üblich geworden, den Sparkassenverkehr bereits um

könnten in keinem Falle die Haftung übernehmen. Das Ministerium erwartete die Rückführung dieser Institute oder ordnete die Weiterführung als Privatunternehmen an. StAAm Reg. KdI Abg. 1949, 3837, Schreiben des Staatsministeri- ums des Handels und der öffentlichen Arbeiten an die Kreisregierung vom 11. Januar 1864. 101 Die Würzburger Gemeindebevollmächtigten gaben im Hinblick auf die Zulassungsbeschränkungen folgende Stellung- nahme ab: „Die Sparsamkeit ist nicht allein für Einzelne sondern für alle ein Garantie des Wohlstandes, der Sittlichkeit und der Ordnung und sollte ihrem Prinzip gemäß nach jeder Richtung des bürgerlichen Lebens ausgebreitet und geför- dert werden. Auch unsere städt. Sparkasse hat diesem allgemeinen Zweck Vorschub zu leisten, es kann daher n i c h t ihre Aufgabe sein, Jemanden, der sparen will, hiervon auszuschließen, sondern einem Jeden, der sparen will, dieses mög- lich zu machen und sein Vorhaben zu erleichtern. Die Ausschließung einzelner Einwohner-Kategorien von der Sparkas- seneinrichtung ist mithin in dem Wesen eines vernünftigen Sparkassensystems gar nicht begründet, vielmehr demselben entgegen, und die Aufgabe eines solchen besteht nur darin, einem J e d e n den Eintritt durch Annahme von Minimal- einlagen möglich zu machen. Die Aufstellung so vieler Kategorien und Rubriken für die Berechtigung zur Teilnahme ist an und für sich schon eine mißliche, jedenfalls unpraktische Sache. Je mehr Unterschiede gemacht werden, desto weniger werden sie eingehalten und am Ende werden sie gar nicht mehr beachtet.“ Zitiert nach Kniepert 79f. Die Amberger Stadtverwaltung wird sich in ähnlicher Weise äußern. Vgl. S. 247. 102 StadtAAm, Zg. I 2059, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 31. Januar 1862. 103 Ebd. Schreiben des Bezirksgerichts Amberg an den Stadtmagistrat vom 30. Dezember 1861. 197 11 Uhr 30 einzustellen, um Kasse und Bücher in Ruhe abschließen zu können.104 Man nahm die Beschwerde zum Anlaß, § 13 der Statuten zu ändern und die Öffnungszeit auf 2 1/2 Stunden zu verkürzen. Die Gemeindebevollmächtigten105 gaben ebenso wie die Kreisregierung106 ihre Zu- stimmung, so daß die Sparkasse nun offiziell montags nur noch von 9 Uhr bis 11 Uhr 30 für den Publikumsverkehr zugänglich war.

Zwei Jahre später bezweifelten die Gemeindebevollmächtigten die Richtigkeit ihrer Entscheidung. Sie waren zu der Überzeugung gelangt, eine tägliche Öffnung der Sparkasse sei sowohl für die Kommune als auch für die Nutzer der Sparkasse dienlich. Die Einlagensumme werde sich erhöhen, was wiederum eine Steigerung der Überschüsse zur Folge hätte: „Die Statuten der Sparkassa vor- trefflich passend bei Gründung dieser Anstalt bedürfen jetzt einer Revision, namentlich ist die [...] bisherige Eröffnung zu Einlage und Rückzahlungen als ungenügend als unzureichend sowohl für das Publikum als auch als eine Verkümmerung der Rentabilität der Anstalt und damit auch der Ge- meindeinteressen zu bezeichnen. Wir werden mit Ansprüchen, Anforderung und Geldbewilligun- gen aller und jeder Art im wahren Sinn des Wortes bestürmt, wir halten uns demnach das Gemein- deinteresse beherzigend, verpflichtet und mit uns der Magistrat, ohne abermalige Belastung unserer Mitbürger, neue Zuflußquellen zu suchen und zu finden. Diese Zuflußquelle ist bei der Sparkassa gefunden. Lassen wir nur eine unbedeutende Revision der Statuten eintreten, lassen wir die Spar- kassa täglich geöffnet sein, so ist an einer 2 bis 3fachen Rente gegen den bisherigen Ertrag, an einer jährlichen Rente von 2 bis 3000 fl. gar nicht zu zweifeln.“107 Das sah der Magistrat völlig anders. Eine sechsmalige Verlängerung der Öffnungszeit führe nicht zwangsläufig zu sechsmal mehr Einla- gen. Die augenblickliche Situation zeige vielmehr, daß weniger gespart werde. In der Zeit vom 1. Februar bis 8. August 1864 wurden 21.270 fl. ein-, jedoch 24.361 fl. ausbezahlt.108 Durch die lästi- ge Beschränkung des zugelassenen Einlegerkreises sei nicht mit einer plötzlichen Zunahme von Geldern zu rechnen. Gänzlich anders sehe die Lage der Distriktsparkasse aus. Hier müsse für die Bewohner des Bezirks täglich die Möglichkeit bestehen, die Sparkasse zu besuchen, da sie zu völlig unterschiedlichen Tagen nach Amberg kämen und eine nur einmalige wöchentliche Öffnung den Gang zur Kasse erheblich erschwere.109 Die Stadtverwaltung plagte vorrangig die Angst vor zusätzli- chen Kosten. Der Kassier und die beiden übrigen Kommissionsmitglieder waren an einem Tag in der Woche zum Sparkassendienst verpflichtet. Die bisher aus den

104 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 7. Januar 1862. 105 Ebd. Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 30. Januar 1862. 106 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 22. März 1862. 107 Ebd. Zg. I 2065, Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 9. August 1864. 108 Ebd. Aktenstück No. 5 vom 11. August 1864. 109 Die Bemerkung ist nicht dahingehend zu interpretieren, daß die Distriktsparkasse bereits zu dieser Zeit jeden Tag für den Publikumsverkehr geöffnet war. Sie bezieht sich vielmehr auf die Tatsache, daß deren Kassier Lauerer „in einer Ent- fernung von 10 Schritten von seiner Wohnung gegenüber sein Bureau hat und nebenbey sein Privatgeschäft erledigt.“ Er stand inoffiziell jederzeit für die sparkassendienstlichen Geschäfte zur Verfügung. Tägliche Öffnungszeiten - auch sonn- und feiertags - wurden erst ab dem Jahr 1912 eingeführt. StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 II, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 30. August 1864; Schiener 42. 198 Überschüssen gedeckten Kosten hielten sich somit in Grenzen. Tägliche Öffnungszeiten könn- ten mit nebenamtlich tätigem Personal nicht bewerkstelligt werden. Man müßte zumindest einen eigenen Sparkassenkassier einstellen und besolden. Das war dem Magistrat unter den jetzigen Be- dingungen zu riskant. Falls die Einlegerbeschränkung falle und ebenso die Verpflichtung, eine O- bergrenze der Sparsumme zu beachten, könne man über eine Verlängerung der Geschäftszeit nachdenken.110 Tatsächlich behielt man die montägliche zweieinhalbstündige Öffnungszeit der Sparkasse bis zu Beginn des Jahres 1908, als an einer grundsätzlichen Reform des Sparkassenwe- sens gearbeitet wurde, bei.111

3. Einführung des Kalenderjahres als Rechnungsjahr

Seit Gründung der Sparkasse begann das Rechnungsjahr mit dem 1. Februar und endete mit dem 31. Januar des Folgejahres. Die Zinsberechnung erfolgte im Januar; die Sparkasse war in diesem Monat für den Publikumsverkehr geschlossen. Im September 1866 wurde für das Rechnungswesen der Gemeinden und Stiftungen das Kalenderjahr als Rechnungsjahr verbindlich vorgeschrieben. Unter Bezugnahme auf diese Entschließung ordnete das Staatsministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten am 26. November 1867 an, die Regelung auf die Sparkassen zu übertragen. Aus dem Schriftverkehr geht nicht hervor, ob sich der Amberger Magistrat, ähnlich wie in Augsburg, negativ zu dieser Entscheidung äußerte.112 Da sich das Rechnungsjahr bei der Amberger Sparkasse lediglich um einen Monat verschob, ist dergleichen kaum zu erwarten. Die Weisung machte eine Änderung der §§ 14 und 15 der Statuten notwendig. Diese lauteten nun: „Während des ganzen Monats Dezember bleibt die Sparkasse [...] geschlossen, weil innerhalb desselben die Hauptzinsbe- rechnung, welche jährlich nur einmal geschieht, für das vom 1. Januar bis letzten Dezember lau- fende Verwaltungsjahr vorgenommen werden muß.“ „Die Hinauszahlung dieser für das Verwal- tungsjahr berechneten Zinsen geschieht nur in den ersten Tagen des Monats Januar.“113 Am 24. November 1868 wurde die Änderung der Statuten öffentlich bekanntgegeben.114

4. Sparkassenpersonal

Mit dem Tod Betz’ am 18. Mai 1864 war sowohl das Amt des Stadtkämmerers und Hospitalverwal- ters als auch das des Sparkassenkassiers, das er 24 Jahre versehen hatte, vakant. Zu Betz’

110 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 II, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 30. August 1864. 111 StadtAAm, Zg. II 3862, Sitzungsprotokoll vom 30. Januar 1908. 112 Merz 110. 113 StadtAAm, Zg. I 2059, Antrag der Sparkassenverwaltung auf Änderung der Sparkassenstatuten vom 6. November 1868; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 1. Februar 1869. 114 Ebd. Bekanntmachung vom 24. November 1868. 199 Nachfolger in dessen ersteren beiden Funktionen wurde Johann Baptist Lengfelder ernannt,115 der bei der Übernahme seiner neuen Aufgaben eine Kaution von 2.000 fl. entrichtete.116 Als Gehalt erhielt er 800 fl. jährlich und freie Wohnung im Hospitalgebäude.117 Lengfelder wurde am 7. Juli 1816 in Wernberg geboren. Seine schulische Ausbildung erhielt er in Landshut, wo er die Werk- tagsschule und bis 1834 die Lateinschule besuchte. Am 29. Mai 1838 legte er die Stadt- und Markt- schreiberprüfung ab. Lengfelder wurde ab 1. November 1841 als Oberschreiber beim Landgericht Amberg beschäftigt118 und trat ab Anfang November 1845 das Amt des Amberger Stadtschreibers an.119 Für die Nachfolge des Sparkassenkassiers dachte man anfangs an eine Persönlichkeit aus dem Kreis der bürgerlichen Magistratsräte. Doch „nachdem keiner der Herren Magistratsräte, welche ohnehin mit den übrigen Verwaltungsgeschäften überbürdet sind, sich zur Übernahme der Sparkas- se nach gehaltener Umfrage herbeigelassen hat, wurde Herr Stadtkämmerer Lengfelder als Sparkas- sakassier mit jährlich 300 fl. Entschädigung gewählt“.120 Lengfelder stimmte der Wahl zu121 und übte das Amt vorerst kommissarisch aus, ehe er am 17. Oktober 1864 als offizieller Nachfolger Betz’ eingeführt wurde122.

Die gemeindebevollmächtigten Sparkassenverwaltungsmitglieder wechselten in den Jahren 1849 bis 1870 je nach Zugehörigkeit zum städtischen Gremium in rascher Folge: bis Dezember 1852 Johann Georg Zunner, Getreidemesser123 ab Januar 1853 Joseph Mühldorfer, Weinwirt124 ab November 1854 Wolfgang Wimpeßinger, Kaufmann125 ab Mai 1857 Josef Liersch, Kaufmann126

115 Ebd. Zg. I 353, Protokoll vom 8. Juli 1864. 116 Ebd. Zg. I 2065, Schreiben des Magistrats an Lengfelder vom 26. September 1864. 117 StadtAAm, Ansässigmachungs-, Bürgerrechts-, Verehelichungsakten 4116, Schreiben vom 8. Juli 1864. 118 Ebd. Protokoll vom 26. Juni 1843. 119 Ebd. Protokoll vom 30. Oktober 1845. Weitere persönliche Daten zu Lengfelder sind unbekannt. Nachfolger Lengfel- ders als Stadtschreiber wurde Karl Klug, der vom 1. Oktober 1887 bis zu seinem Tod im Juni 1890 zusätzlich das Hospital verwaltete. Ebd. Protokolle vom 8. Juli 1864, 11. Oktober 1887 und 28. Juni 1890. 120 Ebd. Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Magistrats vom 19. Juli 1864. 121 Ebd. Schreiben Lengfelders an den Magistrat vom 24. Juli 1864. 122 Ebd. Protokoll vom 17. Oktober 1864. Lengfelder leistete folgenden Eid: „Ich schwöre zu Gott dem Allmächtigen einen bürgerlichen Eid, daß ich die Verpflichtungen eines Kassiers der Sparkassaanstalt gewissenhaft nachkomme und die soweit geltenden Statuten der Sparkassaanstalt genau beobachten wolle, so wahr Gott helfe und sein heiliges Wort.“ Ebd. 123 Zunner war seit 11. Juli 1816 Amberger Bürger. Er besaß eine Brau- und Schenkberechtigung. In seinem Haus Lit. A 157 (heute Badgasse 1) betrieb er eine Bierschenke. StadtAAm Zg. I 1033 „Brau- und schenkberechtigte Gemein- deglieder“. 124 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 II, Schreiben des Magistrats an die Sparkassenverwaltung vom 12. Januar 1853. Mühldorfers Vater Adam, ebenfalls Bier- und Weinschenk, besaß das Haus Lit. D 62 (heute Herrnstr. 14). Hier wird sich die Weinwirtschaft Joseph Mühldorfers befunden haben. StadtAAm, Zg. I 1033 „Brau- und schenkberechtigte Gemein- deglieder“. 125 Ebd. Zg. I 2060, Schreiben des Magistrats an den Vorstand der Gemeindebevollmächtigten vom 7. November 1854. Nach Hubmann war Wimpeßinger seit 1847 Mitbesitzer der Steingutfabrik bei Haselmühl, die 1843 von Wenzel Mühl- dorfer gegründet worden war. Ab April 1849 betrieb er eine Agentur der Hamburg-Amerikanischen-Paketfahrt-AG zur Vermittlung von Überfahrtsverträgen für Auswanderer. Darüber hinaus betätigte er sich als Agent der Bayerischen Hypo- theken- und Wechselbank. Wimpeßinger war zum Vorstand der Gemeindebevollmächtigten gewählt worden, und er verwaltete das Gaswerk. Hubmann, fol. 379v.; IBl. Opf. 1849, 723 - 725; WBl. 1852, 85; ebd. 1853, 28; StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3837, Schreiben des Magistrat an die Kreisregierung vom 14. Juni 1864. 126 StadtAAm, Zg. I 2060, Schreiben des Magistrats an die Sparkassenverwaltung vom 30. April 1857. 200 ab Oktober 1857 bis Ende 1860 Franz Lauerer, Kaufmann127 ab Ende 1860/Anf. 1861 bis 3. Juli 1865 Wolfgang Wimpeßinger,128 wie oben ab 26. Juli 1865 bis 20. März 1866 Karl Gruber, Eisenhändler129 ab 21. März 1866 bis 2. Nov. 1866 Josef Gresser, Essigfabrikant130 ab 3. November 1866 bis 31. März 1867 Joseph Mühldorfer,131 wie oben ab 1. April 1867 bis Dezember 1869 Josef Liersch,132 wie oben

Die Kontrolleure der Sparkasse, die aus den Reihen der bürgerlichen Magistratsräte bestimmt wur- den, zeichnete größere Kontinuität aus: Karl Schloderer übte seine Tätigkeit beinahe 30 Jahre bis 30. September 1863133 aus. Ihm folgte ab 1. Oktober 1863 der Spenglermeister Gallus Trümmer,134 der sein Amt bis Dezember 1869135 versah. Trümmer war gleichzeitig Verwalter des Marienspitals, der Frank’schen Kuratiestiftung, des Lokalarmenfonds und der protestantischen Schulstiftung.136 Schließlich übernahm der bisher bereits als Gemeindebevollmächtigter im Sparkassendienst ste- hende Josef Liersch die Funktion des ersten Kontrolleurs.137

Tabelle 1: Personal der städt. Sparkasse Amberg 1849 - 1869 Zeitraum Kassier Magistratsrat Gemeindebevollmächtigter

1849 bis 1852 Betz Schloderer Zunner Jan. 1853 bis ? Betz Schloderer Mühldorfer Nov. 1854 bis ? Betz Schloderer Wimpeßinger Mai 1857 bis ? Betz Schloderer Liersch Okt. 1857 bis Ende 1860 Betz Schloderer Lauerer Ende 1860/Anf. 1861 bis 30. Sept. 1863 Betz Schloderer Wimpeßinger 1. Okt. 1863 bis 18. Mai 1864 Betz Trümmer Wimpeßinger Juli 1864 (?) bis 3. Juli 1865 Lengfelder Trümmer Wimpeßinger 26. Juli 1865 bis 20. März 1866 Lengfelder Trümmer Gruber 21. März 1866 bis 2. Nov. 1866 Lengfelder Trümmer Gresser 3. Nov. 1866 bis 31. März 1867 Lengfelder Trümmer Mühldorfer 1. April 1867 bis Dez. 1869 Lengfelder Trümmer Liersch

127 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Sparkassenverwaltung vom 13. Oktober 1857. HASpAm-Su, Rechnung 1861/62, fol. 38. Lauerer übernahm Anfang 1863 die Stelle des Kassiers bei der Distriktsparkasse Amberg und betrieb eine Aus- wanderungsagentur. WBl. 1853; vgl. S. 130 Anm. 97. 128 HASpAm-Su, Rechnung 1861/62, fol. 38. Wimpeßinger starb am 3. Juli 1865. Er ertränkte sich aus nicht bekannten Gründen bei Ensdorf in der Vils. Wimpeßinger wurde 53 Jahre alt. StadtAAm, Zg. I 1093, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 4. Juli 1865; Dollacker, Amberg, 28. 129 HASpAm-Su, Rechnung 1866/67 fol. 8. 130 Ebd. Rechnung 1867 fol. 9. 131 Ebd. Rechnung 1868 fol. 8. 132 Ebd. Rechnung 1871 fol. 9. 133 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 I, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 4. August 1864. Schloderer starb am 23. September 1872 im Alter von 84 Jahren. Dollacker, Amberg 127. 134 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 I, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 4. August 1864. 135 Ebd. 8209 II, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 15. Mai 1869 und 18. September 1871. 136 StadtAAm, Ratsprotokolle Bd. 123, 16. Oktober 1863; HASpAm-Su, Rechnung 1864/65, fol. 11; Dollacker, Amberg 175. Er starb am 16. November 1879 im Alter von 76 Jahren. 137 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 I, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 18. September 1871. 201 Trotz des erwähnten Einlagenrückgangs war man mit der Entwicklung der Sparkasse nicht un- zufrieden. Seit Übernahme der Kassierstelle durch Lengfelder hatten sich die erwirtschafteten Über- schüsse kontinuierlich erhöht:138

1863/64 1.362 fl. 1864/65 1.370 fl. 1865/66 1.770 fl. 1866/67 1.919 fl.

Man lobte Lengfelder für sein umsichtiges Engagement in der Sparkasse, sorgte er doch dafür, daß die Gelder sofort angelegt wurden und nicht „nutzlos“ in der Kasse lagen. Darüber hinaus verfügte die Sparkasse zur Sicherung der Liquidität immer über ausreichendes Bargeld. Darin sah man ein besonderes Verdienst des neuen Kassiers. Um dessen Leistungen zu würdigen, schlug Bürgermeister König vor, die seit 15 Jahren gleich gebliebene jährliche Remuneration zu erhöhen: „Der Kassier hat das ganze Institut in Händen; eine Nichtanerkennung seiner Tätigkeit, eine, wenn auch nur vermeintliche Zurücksetzung, ein Sperren dem Kassier gegenüber, könnte leicht für das Institut eine verminderte Tätigkeit und sohin unliebe Folgen haben.“139 Damit die „Zukunft nicht hinter der Vergangenheit und Gegenwart zurückbleibt, sondern, daß der Stand der Kassa sich von Jahr zu Jahr hebt“,140 hielt König eine Erhöhung der jährlichen Zuwendung um 100 fl. für völlig gerechtfertigt. Eine Anhebung der Vergütung für die der Sparkassen angehörenden Kontrolleure erschien König nicht notwendig, da der weitaus größte und wichtigste Teil der Verwaltungstätigkeit vom Kassier erledigt werde. Nicht alle Ratsmitglieder teilten dessen Meinung. Sie plädierten für eine generelle Steigerung der Remunerationen, die allen Kommissionsmitgliedern zugute kommen sollte. Man einigte sich fürs erste auf folgende Zahlen:141

Kassier 400 fl. vorher 300 fl. Magistratsrat 90 fl. vorher 60 fl. Gemeindebevollmächtigter 60 fl. vorher 40 fl. Diener 30 fl. vorher 20 fl.

Schlußendlich wurden die beiden Kontrolleure entschädigungsmäßig gleichgestellt und erhielten jeweils 80 fl. Die erhöhten Bezüge bewilligte man erstmals für das Geschäftsjahr 1866/67. Wegen der rückläufigen Überschüsse erhielt Lengfelder ab 1869 wieder 300 fl. zugesprochen, die er bat nicht mehr jährlich, sondern monatlich auszuzahlen.142

138 StadtAAm, Zg. I 2059, Bemerkungen des Bürgermeisters König, undatiert. 139 Ebd. 140 Ebd. 141 Ebd. 142 Ebd. Zg. I 2062, Schreiben Lengfelders an den Magistrat vom 20. September 1870. 202 III. Geschäftsentwicklung 1. Passivgeschäft a) Neueinlagen, Rückzahlungen

Tabelle 2: Neueinlagen, Rückzahlungen bei der städt. Sparkasse Amberg 1849/50 - 1869143

Jahr Neueinlagen Entwicklung Rückzahlungen Entwicklung in % in %

1849/50 27.530 fl. + 40,9 28.526 fl.

1850/51 37.200 fl. + 35,1 27.874 fl. - 2,2

1851/52 26.572 fl. - 28,6 24.175 fl. - 13,2

1852/53 28.279 fl. + 6,4 33.109 fl. + 37,0

1853/54 25.574 fl. - 9,6 24.866 fl. - 24,9

1854/55 23.858 fl. - 6,7 25.610 fl. + 3,0

1855/56 23.665 fl. - 0,8 21.844 fl. - 14,7

1856/57 24.388 fl. + 3,0 26.970 fl. + 23,5

1857/58 26.179 fl. + 7,3 23.331 fl. - 13,5

1858/59 29.040 fl. + 10,9 21.994 fl. - 5,7

1859/60 32.682 fl. + 12,5 27.543 fl. + 25,2

1860/61 44.931 fl. + 37,5 34.731 fl. + 26,1

1861/62 40.688 fl. - 9,4 37.448 fl. + 7,8

1862/63 37.777 fl. - 7,2 40.325 fl. + 7,7

1863/64 37.294 fl. - 1,3 ?

1864/65 33.887 fl. - 9,1 37.752 fl. - 6,4

1865/66 34.426 fl. + 1,6 51.299 fl. + 35,9

1866/67 27.719 fl. - 19,5 44.462 fl. - 13,3

1867 44.707 fl. + 61,3 36.475 fl. - 18,0

1868 33.228 fl. - 25,7 37.101 fl. + 1,7

1869 50.483 fl. + 51,9 32.386 fl. - 12,7

Aus der Krisenzeit der 1840er Jahre ging die Sparkasse gestärkt hervor. Der Sparkassenverwaltung war es mit der Sicherung der Liquidität gelungen, das Vertrauen der Einleger zu stabilisieren; die Neueinlagen wuchsen bis 1851, die Rückforderungen nahmen ab; beides Anzeichen für die Ak- zeptanz der Sparer. Da die Neueinlagen die Rückforderungen überstiegen, konnte Betz auf weitere Vorschüsse verzichten. Im Jahr 1851 ist ein deutlicher Bruch feststellbar, die Einlagen gingen um annähernd 30 % zurück. Gründe dafür werden in der Geschäftspolitik Betz’ zu suchen sein. Er hat- te, wie oben dargelegt, zur Sicherstellung der Rückforderungen, höhere Sparbeträge angenommen, die nun von der Kuratelbehörde beanstandet wurden. Künftig mußte er den Vorgaben der Statuten Folge leisten, und dies bedeutete verminderte Neueinlagen. Die gesteigerten Rückzahlungen des Jahres 1852 dürften mit dem Gebot der Kreisregierung in Zusammenhang stehen, unrechtmäßig

143 HASpAm-Su, Rechnungen 1849/50 fol. 3, 14; 1850/51 fol. 3, 20; 1851/52 fol. 3, 26; 1852/53 fol. 3, 23; 1853/54 fol. 4, 30; 1854/55 fol 4, 28; 1855/56 fol. 3, 30; 1856/57 fol. 3, 33; 1857/58 fol. 3, 32; 1858/59 fol. 3, 31; 1859/60 fol 2, 34; 1860/61 fol. 2, 34; 1861/62 fol. 3, 37; 1863/63 fol. 3, 38; 1863/64 fol. 3, 39; 1864/65 fol. 4, 10; 1865/66 fol. 2, 7; 1866/67 fol. 2, 7; 1867 fol. 2, 8; 1868 fol. 1, 7; 1869 fol. 1, 10. 203 angenommenen Gelder zurückzuzahlen. Obwohl in diesem Jahr die Rückzahlungen die Neu- einlagen überstiegen, kam Betz ohne die Aufnahme zusätzlicher Kapitalien aus.144 Die Durststrecke - auch verursacht durch die steigenden Lebensmittelpreise145 - hielt bis 1857 an. Die folgenden drei Jahre brachten ansehnliche Zuwächse bei den Neueinlagen. Der Magistrat fand dafür einen Grund: „Mit dem Jahre 1858/59 begann in der hiesigen königlichen Gewehrfabrik ein bedeutend erhöhter Betrieb und hiedurch für die in derselben beschäftigten Arbeiter eine bedeutende Steigerung des Arbeitsverdienstes. [...] eine große Zahl dieser Arbeiter machten Ersparnisse, welche sie bei der Sparkasse anlegten.“146 Nicht nur für die Arbeiter der Gewehrfabrik erhöhte sich mit wachsendem Verdienst die Sparfähigkeit, auch Dienstboten nützten die Sparkasse vermehrt: „Es ist in gegenwär- tiger Zeit eine erfreuliche Erscheinung [...], daß von Dienstboten an einem Tag 20 bis 30 Einlagen geschehen, von denen jede nicht mehr als 5 bis 20 fl. [...] beträgt, wodurch sie sich im Verlauf von mehreren Jahren ein hübsches Sümmchen zurücklegen“.147 Der ab 1859/60 festzustellende Anstieg der Rückforderungen wird als Verunsicherung der Sparer durch die Mobilmachung der bayerischen Armee zu deuten sein. In München wurden im April und Mai 1859 „oft 20.000 fl. mehr in einer Woche ausbezahlt als eingelegt.“148 Andere bayerische Sparkassen zeigten - in unterschiedlichem Maße - ähnliche Tendenzen.

Tabelle 3: Einlagenentwicklung bei 3 bayerischen Sparkassen 1857/58 - 1860/61149 Augsburg Regensburg Würzburg Jahr Neueinlagen Rückzahlungen Neueinlagen Rückzahlungen Neueinlagen Rückzahlungen

1857/58 181.111 fl. 189.871 fl. 61.379 fl. 53.065 fl. 226.847 fl. 208.378 fl.

1858/59 202.909 fl. 213.590 fl. 51.465 fl. 58.379 fl. 230.779 fl. 212.412 fl. (+ 12 %) (+ 12,5 %) (- 16,2 %) (+ 10 %) (+ 1,7 %) (+ 1,9 %) 1859/60 194.486 fl. 201.296 fl. 52.995 fl. 57.255 fl. 264.608 fl. 216.063 fl. (- 4,2 %) (- 5,8 %) (+ 3 %) (- 1,9 %) (+ 14,6 %) (+ 1,7 %) 1860/61 218.713 fl. 213.483 fl. 53.560 fl. 56.446 fl. 286.407 fl. 213.886 fl. (+12,6 %) (+ 6,1 %) (+ 1,1 %) (- 1,4 %) (+ 8,2 %) (- 1 %)

Bei den drei Sparkassen Augsburg, Regensburg und Würzburg zeigen die Rückzahlungen steigende Tendenzen, jedoch bereits ein Jahr früher als bei der Amberger Kasse. Am deutlichsten fiel die Zu- nahme bei der Sparkasse Augsburg aus, allerdings wuchsen im gleichen Jahr die Neueinlagen um etwa den gleichen Prozentsatz. Trotzdem überstiegen die Rückzahlungen die Einlagen um 5,3 %. Im Folgejahr verminderten sich sowohl Neueinlagen als auch Rückforderungen um einen

144 Vgl. S. 205. 145 Merz 122; Kniepert 65. Die Statistik führt 1854 als eines von 5 Jahren mit den höchsten Getreidepreisen im 19. Jahrhundert. BSB XV, I. 146 StadtAAm, Zg. I 2063, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 8. Mai 1863. Zur Entwicklung der Löhne der Gewehrfabrik im 19. Jahrhundert liegen keine Zahlen vor. Janssens konnte ausschließlich für das Jahr 1804 Daten ermitteln. Im Jahr 1861 waren 570 Arbeiter beschäftigt. Janssens 74, 100. 147 StadtAAm, Zg. I 2063, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 8. Mai 1863. 148 Hirschhorn 19. 149 Merz 124; Rygol 111; Kniepert, Anlage 1. 204 annähernd gleichen Prozentsatz; die Summe der Rückzahlungen lag weiterhin über derjenigen der Einlagen. Ab 1860/61 trat die Konsolidierung ein. Die Sparkasse Regensburg mußte im Ge- schäftsjahr 1858/59 einen beträchtlichen Neueinlagenrückgang und gleichzeitig einen Zuwachs bei den Rückforderungen hinnehmen, in dessen Ergebnis letztere die Einlagen um 13,4 % übertrafen. Die beiden nachfolgenden Jahre brachten eine geringe Zunahme der Einlagen und eine ebensolche Abnahme der Rückforderungen. Doch weiterhin wurden mehr Gelder gekündigt als einbezahlt. Erst das Jahr 1863/64 wird den notwendigen Ausgleich bringen. Für die Regensburger Sparkassenver- waltung war es folglich unvermeidbar „durch eine Vielzahl von finanztechnischen Transaktionen wie die Gewährung von Barvorschüssen oder die Zession von Hypothekendarlehen gegen Barmit- tel immer wieder für Liquidität“ zu sorgen.150 Das beste Resultat erzielte die Sparkasse Würzburg. Hier nahmen die Rückforderung zwar über einen Zeitraum von zwei Jahren zu, doch lediglich in einem geringen Maße. Da die Neueinlagen gleichzeitig stiegen, im Geschäftsjahr 1859/60 um be- achtliche 15 %, und die Einlagen durchgängig über den Rückforderungen langen, spürte man in Würzburg eher weniger von einer Verunsicherung der Sparer. Das gute Ergebnis war der Tatsache zu verdanken, daß sich eine „äußerst liberale Praxis herausgebildet“ hatte: „Weder die Klasse der Einleger noch die Höhe der Gesamtsumme einer Einlage [wurde] statutenmäßig genau beachtet.“ Wie in Amberg wurde der Würzburger Magistrat aufgefordert, die „zu Unrecht angelegten Gelder umgehend wieder zurückzuzahlen.“ 151

Der Neueinlagenhöhenflug der Amberger Sparkasse endete 1861 abrupt. Bis 1866 mußte sie stän- dig sinkende Einlagen hinnehmen.152 Dollacker beschrieb die Lage in der Stadt: „Das Bargeld war ziemlich selten, eine Folge der unsicheren politischen Lage. Handel und Gewerbe153 gingen ziem- lich flau. Die Gewehrfabrik, Hochöfen, Eisenhämmer schränkten ihren Betrieb ein, ebenso das Bergwerk, welches wenig Absatz an Erz hatte. Fremde Bergleute wurden entlassen.“154 Das Kriegs- jahr 1866 brachte der Kasse eine Kündigungswelle: „Im vergangenen Jahr ereigneten sich so viele Rückzahlungen, daß die Sparkasse in Verlegenheit geriet und nicht wußte, wie sie das nötige Geld beschaffen konnte. Den Grund hiezu hat man teils in der damaligen Kriegszeit, teils aber auch und vorzüglich darin zu suchen geglaubt, daß der Zinsfuß im allgemeinen viel höher stand

150 Rygol 111. 151 Kniepert 68. 152 Im Januar und März 1862 wurden der „Privat Spar Verein“ und die „Privat Spar Gesellschaft“ gegründet. Auswirkun- gen auf die Entwicklung der Sparkasse sind unwahrscheinlich. StadtAAm, Zg. I 182, Nrr. 20, 21; ebd. Zg. I 183, Nrr. 12, 13. Die Verwaltung der Sparkasse betrachtete die auf Privatinitiative hin entstandenen Vereine nicht als Konkurrenz. Vgl. S. 295f. 153 Die Tab. 7 a, b, S. 365f., führen die Gewerbetreibenden und Händler des Jahres 1864 an. Gezählt wurden 474 Ge- werbetreibende und 154 Händler. Nach Aussage des Magistrats handelte es sich um sämtliche „Gewerbebesitzer im Stadtbezirk Amberg“. Im Jahr 1860 hatte man ausschließlich die Besitzer realer oder radizierter Gewerbe gezählt, so daß sich über einen Unternehmensrückgang nichts aussagen läßt. 153 Inhaber von Gewerbegerechtigkeiten wurden erfaßt; sie sind S. 364, Tab. 5 wiedergegeben. 154 Dollacker, Amberg 12. Im Jahr 1858 hatte man rund 170 Bergleute aus Berchtesgaden geholt, um die Stammannschaft zu verstärken. Sie wurden nun wieder entlassen. Bergmeier 159. 205 als von der Sparkasse bezahlt wurde.“155 Seit 1862 überstiegen die Rückforderungen die Neu- einlagen: 1862/63 um 6, 7 % 1864/65 um 11,4 % 1865/66 um 49,0 % 1866/67 um 60,4 %

Betz konnte sich in den vier Jahren, in denen die Rückzahlungen ebenfalls höher lagen als die Ein- lagen, nämlich 1849/50 um 996 fl. 1852/53 um 4.830 fl. 1854/55 um 1.752 fl. 1856/57 um 2.582 fl. durch den Einsatz der Gelder behelfen, die von der Staatsschuldentilgunskasse zurückflossen. Jähr- lich wurden viermal 1.900 fl. ausbezahlt; die letzte Rate mit 2.850 fl. ging im Geschäftsjahr 1861/62 ein.156 Im folgenden Jahr gelang es noch ohne Vorschüsse auszukommen, 1864/65 war dies nicht mehr möglich: „Wegen Mangels der nöthigen Baarschaft zur Bezahlung der Zinse wur- den 4 %ige Passivkapitalien entnommen“.157 Städtische Stiftungen und Fonds stellten zum üblichen Zinssatz von 4 % insgesamt 1.198 fl. zur Verfügung:

Seelhaus Stiftung158 310 fl. Max-Anstalt 55 fl. Hirschmann-Wurzer’sches Benefizium 160 fl. Getreidemagazinfonds 50 fl. Katharinenspital Stiftung159 120 fl. v. Günter’sche Stiftung160 50 fl. Leprosenhaus Stiftung161 87 fl. Landwirtschaftlicher u. Gewerbeschulfonds 50 fl. v. Schenkl’sche Stiftung162 75 fl. Lokalarmenfonds163 46 fl. Krankenhaus Stiftung 60 fl. Hospital Stiftung164 40 fl. Ströhl’sche Stiftung165 60 fl. Faber’sche Stiftung 35 fl.

War es 1864/65 die Zinsauszahlung, die Schwierigkeiten bereitete, fehlte ab Mai 1865 „die nöthige Baarschaft zur Bezahlung der aufgekündeten Einlagen“.166 Im Zeitraum vom 15. Mai bis 25. September 1865 wurden 7.950 fl. aufgenommen. Kommunale Institutionen konnten die not- wendigen Mittel kurzfristig nicht aufbringen, so daß die Sparkassenverwaltung nicht umhin kam,

155 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949. 8209 II, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 14. Februar 1867. 156 HASpAm-Su, Rechnung 1861/62 fol. 4. 157 Ebd. Rechnung 1864/65 fol. 7. 158 Vgl. Anhang S. 359f. 159 Vgl. S. 234 Anm. 52. 160 Vgl. Anhang S. 359. 161 Vgl. S. 234 Anm. 54. 162 Vgl. S. 142 Anm. 149. 163 Vgl. Anhang S. 358. 164 Vgl. S. 234 Anm. 53. 165 Vgl. Anhang S. 360. 166 HASpAm-Su, Rechnung 1865/66 fol. 4. 206 zusätzlich Privatpersonen in Anspruch zu nehmen.167 Beachtenswert ist der Betrag von 400 fl., den die Magd Barbara Heimler zur Verfügung stellen konnte:

Getreidemagazinfonds 1.600 fl. Rektor Trieb168 400 fl. Hospital Stiftung 1.250 fl. Armenfonds 300 fl. Josepha Merkl, Poststallhalterswitwe 1.000 fl. Reichalmosen Stiftung 300 fl. Krankenhaus Stiftung 700 fl. Seelhaus Stiftung 200 fl. Graf von Platten 500 fl. Protestantische Schulstiftung 150 fl. Frau von Oertel 500 fl. Leprosenhaus Stiftung 100 fl. Waisenhaus Stiftung 450 fl. Stadtkammer 100 fl. Barbara Heimler, Dienstmagd 400 fl.

Im Kriegsjahr 1866 lagen die Rückzahlungen um den höchsten Betrag innerhalb von 20 Jahren, nämlich um 16.743 fl. über den Einlagen. Nun wäre die Aufnahme weiterer Vorschüsse oder Zes- sionen zu erwarten, wie dies in Regensburg geschehen war. Doch der neue Kassier Lengfelder ging einen anderen Weg. Betz hatte bis zum Ende seiner Tätigkeit als Kassier im Mai 1864 trotz der Zah- lungsengpässe Kredite vergeben:169

1862/63 13.600 fl. 1863/64 15.050 fl. bis Mai 1864 7.475 fl.

Lengfelder stellte die Darlehensneuvergabe umgehend ein, und er dürfte Kredite gekündigt haben; die an Privatpersonen ausgeliehene Summe sank von 132.260 fl. im Geschäftsjahr 1865/66 auf 118.310 fl. in 1866/67. Der frei gewordene Betrag ersparte die Aufnahme weiterer Vorschüsse. Nach Meinung des Magistrats hatten die Liquiditätsprobleme, wie oben dargelegt, zwei Ursachen, zum einen die Kriegssituation, zum anderen der Stand des Zinssatzes. So gab die bayerische Hypo- theken- und Wechselbank Pfandbriefe „bis zu 50 fl. herab und zu 4 % verzinslich unter pari aus - ein verlockender Köder, auf den denn auch viele Sparkassengläubiger anbissen.“170 Als Gegen- maßnahme wurde, wie dies bei der Distriktsparkasse Amberg schon geschehen war,171 vorgeschla- gen, den Zinssatz rückwirkend vom 1. Februar 1867 an von 3 1/3 % auf 3 1/2 % zu erhöhen. Die Kreisregierung stimmte der Anhebung zu,172 und die Stadtverwaltung nahm nun diese abermalige Statutenänderung zum Anlaß, neue Sparkassenbücher mit dem aktuellen Stand der Bestimmungen drucken zu lassen und auszugeben.173 Die seit 24. Mai 1866

167 Ebd. fol. 4f. 168 Trieb engagierte sich für den Amberger Credit-Verein. Eger/Laschinger/Schmidt 60 - 63. Vgl. S. 294f. 169 HASpAm-Su, Rechnung 1862/63 fol. 7; 1863/64 fol. 32; 1864/65 fol. 10. 170 Kniepert 83. 171 StadtAAm, Zg. I 2059, Antrag der Sparkassa Verwaltung vom 2. Februar 1867. 172 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 II, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 1. März 1867. 173 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 26. Februar 1867. 207 geltende Anhebung des Darlehenszinssatzes von 4 % auf 4 1/2 % wurde gleichermaßen aufge- nommen.174

Am 27. April 1868 konnte man dem Amberger Amts- und Wochenblatt entnehmen, daß die Dist- riktsparkasse rückwirkend ab 1. Februar 1868 für Einlagen 4 % Zinsen vergütete. Der Zinssatz für ausgegebene Darlehen lag bei 5 %.175 Sofort bemühte sich Lengfelder, die Genehmigung für eine Angleichung der Zinssätze der städtischen Sparkasse zu erhalten. Er beantragte, „um die Existenz der Sparkassa nicht zu bedrohen, daß vom 1. Januar 1869 angefangen die Einlagen in die städti- sche Sparkasse mit 4 %, die aus derselben gegangenen Darlehen aber vom 1. April 1868 bezie- hungsweise 1. Oktober 1868 an mit 5 % zu verzinsen sein.“176 Magistrat,177 Gemeindebevollmäch- tigte178 und Kuratelbehörde179 stimmten dem Änderungsantrag zu. Ab 30. Juni 1868 konnten sich die Amberger am Aushang der städtischen Amtstafel über die neuen Zinssätze der Sparkasse infor- mieren.180 Lengfelders Zinspolitik und die insgesamt verbesserte wirtschaftliche Lage - „die Eisen- bahn hat [...] ein regeres Geschäftsleben auch in Amberg geschaffen, die meisten Handelsläden und Waarenauslagen haben sich modernisirt und die Stadt [...] zeigt ein freundliches und einladendes Aussehen“181 - ließen die Neueinlagen um mehr als 50 % ansteigen. Die Rückforderungen gingen um über 10 % zurück, damit war die Krisenzeit überwunden.

Von Einbrüchen, wie sie die Amberger Sparkasse 1865 und 1866 erlebte, blieben andere Sparkas- sen ebenfalls nicht verschont:

Tabelle 4: Neueinlagen, Rückzahlungen bei 4 bayerischen Sparkassen 1865/66, 1866/67182

Jahr Augsburg München Nürnberg Würzburg Neu- Rück- Neu- Rück- Neu- Rück- Neu- Rück- einlagen zahlungen einlagen zahlungen einlagen zahlungen einlagen zahlungen 1865/66 224.942 fl. 339.372 fl. 270.842 fl. 570.039 fl. 201.820 fl. 240.025 fl. 271.379 fl. 376.595 fl.

1866/67 235.683 fl. 443.691 fl. 484.618 fl. 392.254 fl. 279.670 fl. 271.734 fl. 380.951 fl. 382.696 fl.

Im Jahr 1865/66 lagen die Rückzahlungen über den Neueinlagen in München um 110,5 % in Augsburg um 50,9 % in Amberg um 49,0 % in Würzburg um 38,8 % in Nürnberg um 18,9 %.

174 HASpAm-Su, Rechnung 1866/67 Anhang. 175 Amberger Amts- und Wochenblatt 1868, Nro. 17 vom 27. April 1868, 67. 176 StadtAAm, Zg. I 2059, Antrag der Sparkassenverwaltung vom 12. Mai 1868. 177 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 II, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 14. Juni 1868. 178 StadtAAm, Zg. I 2059, Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 9. Juni 1868. 179 Ebd. Schreiben der Kreisregierung vom 25. Juni 1868. 180 Ebd. Bekanntmachung vom 30. Juni 1868. 181 Rapp 49. 182 Merz 1124; Hirschhorn 20; Kniepert Tabelle 1. 208 Das schlechteste Resultat erzielte die Sparkasse München. „In dermaliger betrübender politi- scher Lage werden die bei der Sparkassa und bei den Leihanstalten I und II von Privaten angelegten Ka-pitalien zahlreich gekündet.“183 Das waren bedrohliche Umstände, die die Kasse abermals in eine Lage wie im Jahr 1848 hätten versetzen können. Doch die Verantwortlichen meisterten die Situation nun geschickter. Man bot den Sparern zunächst unter dem Nominalwert ausgegebene Obligationen anstelle von Bargeld. Als in einem Monat Kündigungen bis zu 64.000 fl. anstanden, gewährte der Magistrat der Sparkasse Vorschüsse in Höhe von 90.000 fl. aus der Kommunalkasse. Schließlich verkaufte man Ostbahnaktien, um tatsächlich allen Kündigungswünschen nachkommen zu können. Mit diesen Maßnahmen gelang es schließlich, das Vertrauen der Einleger zu erhalten. Ferner trugen die am 31. August 1866 veröffentlichten neuen Statuten zur Verbesserung der Lage bei. Die Bestimmungen vom Oktober 1848, mit denen der Zinssatz auf 2 1/2 % festgesetzt worden war - „um die Kapitalisten von der Sparkasse abzuhalten“184 - wurden geändert. Man zahlte nun 3 1/3 % und hoffte auf einen Aufschwung, der tatsächlich im Folgejahr eintrat. Die Neueinlagen ü- bertrafen die Rückforderungen um 19 %.185 Von einer Erholung wie sie in München eintrat, war die Sparkasse Augsburg weit entfernt. Die Verhältnisse verschlechterten sich vielmehr. Im Kriegsjahr lagen die Rückforderungen um 88,3 % über den Einzahlungen. Liquiditätsnöte waren die Folge. Merz zitiert eine Schilderung des Magistrats zur Situation in Augsburg: „Die gegenwärtige Ge- schäftsstockung, die beginnende Arbeitseinstellung der hiesigen Fabriken und die dadurch erzeugte Noth unter der Tausende von Köpfen zählenden Arbeiterbevölkerung bringen es mit sich, daß die Kündigungen von Sparkasseneinlagen in rascher Progression sich mehren und daß dagegen neue Einlagen immer seltener werden“.186 Bisher hatte sich die Sparkassenverwaltung Mittel bei der Stadtkammer und verschiedenen Stiftungen besorgt, doch diese Quellen waren nun erschöpft. Ein Gesuch um Gewährung eines Darlehens bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank wur- de abgelehnt. Der Magistrat befürchtete das Schlimmste: „Eine Suspendierung der Rückzahlungen oder auch nur ein Hinausschieben derselben bis zum Ablauf der zwar statutenmäßigen aber prak- tisch niemals geltend gemachten vierteljährigen Kündigungsfrist würde eine wahre Panik hervorru- fen, den Credit der Sparkasse erschüttern, viele bedürftige Einleger in grenzenlose Verlegenheit stürzen und - was den Kenner der hiesigen Verhältnisse nicht befremden kann - sogar die Gefahr öffentlicher Ruhestörungen nahe rücken.“187 Durch Intervention des Ministeriums des Handels und der öffentlichen Arbeiten erhielt die Kasse schließlich das gewünschte Bankdarlehen, als Sicherheit hinterlegte sie Pfandbriefe. Man hatte sich nicht nur an die Bayerische Hypotheken- und Wechsel- bank gewandt, sondern auch die Augsburger Filiale der Königlichen Bank kontaktiert. Hier erhielt die Sparkasse im Geschäftsjahr 1862/63 60.000 fl., bis 1869 folgten weitere 50.000 fl.188 Die wie-

183 Zitiert nach Ettenhuber 82. 184 Hirschhorn 19. 185 Ettenhuber 82 - 86; Hirschhorn 19 - 22. 186 Merz 127. 187 Ebd. 188 Ebd. 128f. 209 dergewonnene Liquidität stabilisierte die Lage. Im Geschäftsjahr 1867/68 konnte durch ver- mehrte Neueinlagen die Relation von Ein- und Auszahlungen verbessert werden, die Rückforde- rungen übertrafen die Neueinlagen nur noch um 20 %. Günstiger lagen die Verhältnisse in Würz- burg, trotz der Differenz von beinahe 40 % im Geschäftsjahr 1865/66. Der Ansturm auf die Spar- kasse veranlaßte den Magistrat „eine beruhigende Bekanntmachung in sämtlichen Lokalblättern zu erlassen“,189 die tatsächlich Erfolg hatte. Nichtsdestoweniger führten auch hier die Rückforderungen zu Mangel an Barmitteln, so daß sich der Verwalter der Sparkasse gezwungen sah, Vorschüsse auf- zunehmen, da er Staatspapiere wegen des Kursverlustes keinesfalls verkaufen wollte.190 Das Ver- trauen der Sparer stellte sich rasch wieder ein, und im Jahr 1866/67 war der Ausgleich zwischen Einzahlungen und Rückforderungen hergestellt. Die wenigsten Schwierigkeiten hatte sicher die Sparkasse Nürnberg. Die im Jahr 1865/66 zum Ausgleich Ein-/Rückzahlungen fehlenden 38.205 fl. werden der Sparkassenverwaltung kaum Liquiditätsprobleme bereitet haben. Im folgenden Jahr überschritten die Neueinlagen die Rückforderungen um beinahe 8.000 fl. Von einer Krise konnte hier keine Rede sein.

Nach dem Kriegsjahr faßten die Sparer in Amberg wieder Vertrauen. Die Einlagen nahmen um über 60 % zu, und die Rückforderungen sanken um 18 %. Im Folgejahr überstiegen die Rückzah- lungen zwar noch einmal die Einzahlungen, doch 1869 erreichten die Neueinlagen mit über 50.000 fl. Werte, wie sie nur in den Jahren vor Schließung der Sparkasse zu verzeichnen waren. Die Aufnahme von Vorschüssen wurde nicht mehr notwendig.

b) Gesamteinlagen

Tabelle 5: Gesamteinlagen städt. Sparkasse Amberg 1849/50 - 1869191

Jahr Gesamteinlagen Entwicklung in %

1849/50 108.088 fl. - 3,4 1850/51 117.487 fl. + 8,7 1851/52 121.367 fl. + 3,3 1852/53 118.429 fl. - 2,4 1853/54 118.653 fl. + 0,2 1854/55 120.589 fl. + 1,6

189 Kniepert 81. 190 Dazu kommentiert Kniepert: „Wie tief der Kurs der Staatspapiere gesunken war, beweist u. a. das Reinvermögen der Sparkasse, das im Jahre 1870 70.863,51 fl. betrug, wobei die Wertpapiere, wie gewöhnlich, nach dem Nominalwert in Ansatz gebracht waren. Hätte man sie mit ihrem Kurswert eingesetzt, so würde sich die obige Summe um 50.762 fl. vermindert haben, sodaß das eigentliche Reinvermögen damals tatsächlich nur etwas mehr als 20.000 fl. betrug!“ Ebd. 82, Anm. 6. 191 HASpAm-Su, Rechnungen 1849/50 fol. 22; 1850/51 fol. 26; 1851/52 fol. 33; 1852/53 fol. 30; 1853/54 fol. 35; 1854/55 fol 34; 1855/56 fol. 37; 1856/57 fol. 39; 1857/58 fol. 39; 1858/59 fol. 39; 1859/60 fol 41; 1860/61 fol. 40; 1861/62 fol. 43; 1863/63 fol. 44; 1863/64 fol. 39; 1864/65 fol. 16; 1865/66 fol. 16; 1866/67 fol. 14; 1867 fol. 14; 1868 fol. 13; 1869 fol. 15. 210

Jahr Gesamteinlagen Entwicklung in % 1855/56 124.100 fl. + 2,9 1856/57 123.489 fl. - 0,5 1857/58 128.642 fl. + 4,2 1858/59 137.983 fl. + 7,3 1859/60 145.461 fl. + 5,4 1860/61 158.174 fl. + 8,7 1861/62 163.847 fl. + 3,6 1862/63 163.906 fl. + 0,03 1863/64 166.519 fl. + 1,6 1864/65 165.528 fl. - 0,6 1865/66 152.387 fl. - 7,9 1866/67 136.733 fl. - 10,3 1867 146.908 fl. + 7,4 1868 145.480 fl. - 1,0 1869 157.802 fl. + 8,5

Mit dem Wachstum der Neueinlagen und der Abnahme der Rückforderungen stiegen die Gesamt- einlagen zunächst. Die Jahre 1852 und 1853 unterbrachen diese Tendenz, ab 1854 wuchsen die Guthaben wiederum kontinuierlich bis sie mit über 166.000 fl. im Jahr 1863/64 ihren Höchststand seit 1839/40 erreicht hatten. Die Abnahme der Neueinlagen und der Anstieg der Rückforderungen vor und im Kriegsjahr mußte zu einem Einbruch in der Einlagenentwicklung führen. Zum Ende der 1860er Jahre nahm das Vertrauen in die Sparkasse wieder zu, und man konnte 1869 beinahe den Stand des Jahres 1860/61 erreichen. Eine Bewertung der Entwicklung wird möglich durch Vergleich mit anderen bayerischen Sparkassen.

Tabelle 6: Entwicklung der Gesamteinlagen bei 6 bayerischen Sparkassen 1849/50 bis 1869192

Jahr Amberg Augsburg München Nürnberg Regensburg Würzburg

1849/50 108.088 fl. 1.177.274 fl. 88.898 fl. 523.177 fl.

1855/56 124.100 fl. 1.223.013 fl. 1.017.317 fl. 772.739 fl. 144.224 fl. 737.761 fl.

1860/61 158.174 fl. 1.370.407 fl. 1.505.508 fl. 853.509 fl. 166.526 fl. 903.531 fl.

1864/65 165.528 fl. 1.365.492 fl. 1.290.924 fl. 935.255 fl. 171.174 fl. 1.024.198 fl.

1869 166.448 fl. 1.212.090 fl. 1.325.261 fl. 980.370 fl. 170.371 fl. 895.943 fl.

Trotz der Einbrüche entwickelte sich die städtische Sparkasse Amberg im Zeitraum zwischen 1849/50 und 1869 durchaus zufriedenstellend, wie das prozentuale Wachstum in Gegenüberstel-

192 Merz 87, 124; Hirschhorn 20; Rygol 113f.; Kniepert, Anlage 1. 211 lung mit den übrigen Sparkassen zeigt. Die Zunahme der Gesamteinlagen vom Ausgangsjahr bis 1869 stellte sich für die einzelnen Kassen wie folgt dar:

Regensburg 91,6 % Würzburg 71,3 % Amberg 54,0 % München 30,3 % Nürnberg 26,9 % Augsburg 3,0 %

Das beachtlichste Ergebnis erzielte mit über 90 % Zuwachs die Sparkasse Regensburg. Insofern kann dem Urteil Rygols nicht zugestimmt werden: Es ist „verständlich, daß das Ansteigen des Ge- samtguthabens der Sparer im Vergleich zu anderen bayerischen Sparkassen nur sehr bescheiden ausfiel.“193 Nicht der Anstieg des Gesamtguthabens fiel bescheiden aus, sondern die Höhe des Gut- habens in Relation zur Einwohnerzahl.

Tabelle 7: Einwohnerzahl/ Durchschnittsguthaben je Einwohner bei 6 bayerischen Städten 1864194

Amberg Augsburg München Nürnberg Regensburg Würzburg

Einwohnerzahl 12.039 49.332 167.054 70.492 29.893 41.082 Durchschnittsguthaben 13 fl. 45 kr. 27 fl. 41 kr. 7 fl. 44 kr 13 fl. 16 kr. 5 fl. 44 kr. 24 fl. 56 kr.

Rygol führt dies auf eine noch immer mäßige Akzeptanz der Sparkasse innerhalb der Zielgruppen zurück. Zu geringer Sparwilligkeit kam ferner eine ebensolche Sparfähigkeit, die zusammen die gehemmte Entwicklung der Sparkasse begründeten.195 Beim Vergleich des Lohnniveaus zeigt sich, daß in Regensburg Tage- und Gesindelöhne zu größten Teilen unter den in Amberg gezahlten la- gen. Die hier arbeitenden Knechte erhielten den höchsten Lohn in der gesamten Oberpfalz.196

Tabelle 8: Verdienst Tagelöhner/Gesinde in Amberg und Regensburg 1863197

Tagelohn Mann Gesindelohn jährlich Frau Knecht Magd Amberg 53 kr. 51 kr. 191 fl. 137 fl. Regensburg 42 kr. 33 kr. 188 fl. 140 fl.

193 Rygol 112. 194 BSB XIII, 13, 16, 18, 20. 195 Rygol 114, Anm. 177. 196 Für Mägde lag die Höchstsumme bei 153 fl., die im Bezirksamt Velburg gezahlt wurden. Die niedrigsten Löhne zahlte man im Bezirksamt Vohenstrauß: Knecht 118 fl., Magd 95 fl. In Gesamtbayern lagen die Höchstlöhne erheblich über denen der Oberpfalz: Knecht: 350 fl. Augsburg Magd: 280 fl. Augsburg 300 fl. Bamberg 250 fl. Bamberg 280 fl. Lindau 225 fl. Bayreuth BSB XV, 13, 19, 25. 197 BSB XV, 13. 212 Das schlechte Resultat der Sparkasse München wird ursächlich dem bereits 16 Jahre zurücklie- genden Zusammenbruch zuzuschreiben sein. Aus Sicherheitsgründen lag das Erreichen hoher Ein- lagensummen nicht im Interesse der Verantwortlichen. Man hatte, um kapitalkräftigere Sparer ab- zuhalten, einen niedrigen Zinssatz festgelegt, der trotz Vorstoßes des Magistrats zunächst nicht ge- ändert wurde. Die Gemeindebevollmächtigten verweigerten ihre Zustimmung: „In München sei das Risiko der Gemeinde bei der größeren Teilnahme viel umfangreicher und dem wirklichen Spa- rer sei Sicherheit und Verfügbarkeit wertvoller als höherer Zins.“198 Geringere Gesamteinlagen be- deuteten ein geringeres Haftungsrisiko. Darüber hinaus spielten die bereits für Regensburg agespro- chenen Gründe eine Rolle: „Die Entwicklung der neuen Sparkasse, die sich in den ersten Ge- schäftsjahren durchaus vielversprechend gestaltete, war ab 1860 in eine Phase der gehemmten Geschäftsentfaltung mit teilweise rückläufigem Einlagenstand getreten. [...] Die Gründe für diese gehemmte Entwicklung waren vielfältig und standen im engen sozio-ökonomischen Kontext jener Zeit. Wirtschaftliche Stagnation sowie Teuerung der Lebenshaltungskosten erschwerten das Sparen der kleinen Leute. Auf die Sparkasse, durch die Begrenzung des Kundenkreises auf die ärmeren Volksschichten eingeengt, mußte dies negative Auswirkungen haben.“199 Weiterhin entstand der Kasse durch die Gründung genossenschaftlicher Kreditvereine, die ebenfalls Kleinbeträge annah- men, und in der Zunahme von Sparkassen auf dem Land eine nicht zu unterschätzende Konkur- renz. Das Durchschnittsguthaben lag in Amberg gleichauf mit Nürnberg, ein beachtliches Ergebnis, das der positiven Lohnentwicklung in Amberg zu verdanken war. Die Institute in Augsburg200 und Würzburg erzielten unter den sechs in Tabelle 7 aufgeführten Kommunen die besten Resultate. Sie wurden allerdings weit übertroffen von den Kassen in Ansbach und Landshut. Letztere besaß im Jahr 1869 Gesamteinlagen in Höhe von 1.425.241 fl.,201 erstere erreichte 1865 mit 3.621.036 fl. ihren Höchststand im 19. Jahrhundert.202 Das Durchschnittsguthaben je Einwohner betrug für Landshut 110 fl. 43 kr. und für Ansbach 279 fl. 7 kr.203 Der außerordentliche Erfolg der Ansbacher Kasse lag in der ansehnlichen Größe ihres Einzugsgebietes begründet: „An der schon seit den 1830er Jahren bestehenden Ausbreitung der Sparkasse Ansbach auf beträchtliche Landstriche des Rezatkreises hatte sich im Laufe der Jahre nichts geändert, zumal dies der Magistrat wegen der jähr- lichen beachtlichen Gewinnausschüttungen tolerierte.“204 Ein Achtel des Gesamtguthabens stammte von Einwohnern Ansbachs, der Rest war von Sparern aus neun mittelfränkischen Bezirken angelegt worden. Die günstige Entwicklung, die die Sparkasse Ansbach zum größten Institut Bayerns werden ließ, hielt bis Ende der 1860er Jahre an. Ein Wachstum wie in Ansbach war für diejenigen Sparkas- sen, deren Einlegerkreis auf das jeweilige Stadtgebiet begrenzt blieb, so die Kassen in Nürnberg

198 Hirschhorn 20. 199 Ettenhuber 86f. 200 Merz gibt für 1864 wegen eines Rechenfehlers ein durchschnittliches Gesamtguthaben von 28,25 fl. an. Merz 126. 201 Mayr X. 202 Reinhart/Zeitler 69. 203 Es wurden die Einwohnerzahlen des Jahres 1864 zugrunde gelegt. BSB XIII, 14, 18. 204 Reinhart/Zeitler 70. 213 oder Augsburg - letztere mußte sich, wie gezeigt, zwischen 1849/50 und 1869 mit einem ge- ringen Gesamteinlagenwachstum von 3 % zufriedengeben -, ausgeschlossen.

2. Aktivgeschäft

Die Aktiva zeigen von 1849/50 bis 1863/64 einen kontinuierlichen Anstieg, dem ein Rückgang um 17,5 % bis 1866/67 folgte. Im Jahr 1869 erreichte das Aktivvermögen wiederum den Höchststand des Jahres 1863/64. Die Gelder waren anfangs ausschließlich beim Staat - in den Rechnungen wur- de nicht zwischen den noch immer bei der Staatsschuldentilgungskasse liegenden Beträgen und Staatspapieren unterschieden - und bei Privatpersonen angelegt. Ab 1850 gewährte die Sparkasse kommunale Kredite - allerdings ohne diese in der Rechnung des Jahres 1850 auszuweisen -, und sechs Jahre später erwarb sie die ersten Ostbahnaktien.

Tabelle 9: Aktivvermögen/Anlage der Aktiva bei der städt. Sparkasse Amberg 1849/50 bis 1869205 Jahr Aktivvermögen Staat Private Stiftungen/Gemeinden Gesellschaften

1849/50 109.510 fl. 66.410 fl. 40.700 fl.

1850/51 117.837 fl. 58.810 fl. 54.083 fl.

1851/52 121.981 fl. ?206 36.813 fl.

1852/53 119.498 fl. 43.610 fl. 72.298 fl. 1.000 fl.

1853/54 122.358 fl. 36.010 fl. 82.723 fl. 2.500 fl.

1854/55 121.715 fl. 31.010 fl. 53.803 fl. 9.330 fl.

1855/56 125.124 fl. 32.670 fl. 49.873 fl. 12.730 fl.

1856/57 124.602 fl. 24.915 fl. 80.140 fl. 11.245 fl. 150 fl.

1857/58 129.641 fl. 20.800 fl. 89.880 fl. 14.575 fl. 1.000 fl.

1858/59 138.912 fl. 19.020 fl. 99.665 fl. 15.035 fl. 1.000 fl.

1859/60 146.659 fl. 15.240 fl. 105.715 fl. 13.790 fl. 1.000 fl.

1860/61 159.384 fl. 11.450 fl. 124.385 fl. 10.865 fl. 1.000 fl.

1861/62 165.000 fl. 13.400 fl. 113.185 fl. 6.425 fl. 6.000 fl.

1862/63 165.068 fl. 13.900 fl. 104.255 fl. 15.935 fl. 7.120 fl.

205 HASpAm-Su, Rechnungen 1849/50 fol. 4 - 8, 22; 1850/51 fol. 3f., 26; 1851/52 fol. 3f. 33; 1852/53 fol. 3f, 7 30; 1853/54 fol. 5, 7, 11, 35; 1854/55 fol. 6f., 9, 12, 34; 1855/56 fol. 5f. 9, 37; 1856/57 fol. 6f., 10f., 13, 39; 1857/58 fol. 4, 6, 9f., 13, 39; 1858/59 fol. 4, 6, 8, 15, 39; 1859/60 fol. 3, 5, 9f., 18, 41; 1860/61 fol. 3, 5, 7, 8, 19, 23, 40; 1861/62 fol. 4, 6, 8f. 24, 43; 1862/63 fol. 4f., 10f., 26, 44; 1863/64 fol. 5f., 10f., 24 39; 1864/65 fol. 16, Anhang o. S.; 1865/66 fol. 16, Anhang o. S.; 1866/67 fol. 14, Anhang o. S.; 1867 fol. 14, Anhang o. S.; 1868 fol. 13, 20; 1869 fol. 15, 22. 206 Rechnung durch Feuchtigkeit beschädigt. 214

Jahr Aktivvermögen Staat Private Stiftungen/Gemeinden Gesellschaften

1863/64 167.881 fl. 13.900 fl. 125.885 fl. 15.170 fl. 7.120 fl

1864/65 166.898 fl. 13.900 fl. 125.885 fl. 15.170 fl. 7.120 fl.

1865/66 154.158 fl. 13.900 fl. 122.220 fl. 17.015 fl. 1.000 fl.

1866/67 138.452 fl. 15.900 fl. 106.310 fl. 15.015 fl. 1.000 fl.

1867 148.705 fl. 29.040 fl. 106.535 fl. 12.120 fl. 1.000 fl.

1868 147.075 fl. 18.900 fl. 116.060 fl. 11.080 fl. 1.000 fl.

1869 167.849 fl. 15.200 fl. 137.140 fl. 14.245 fl. 1.000 fl.

a) Hypothekardarlehen

Der Zinssatz für Hypothekardarlehen betrug bis zum August 1849 4 %, ab September dieses Jahres 4 1/2 %. Die Sparkassenrechnungen geben sehr unregelmäßig Aufschluß über die Gesamtschuld- ner. Meist wurden lediglich die im jeweiligen Jahr neu vergebenen Darlehen aufgeführt. Die Rech- nung des Jahres 1850/51 ist detaillierter, sie nennt - so Betz - sämtliche Alt- (Zinssatz 4 %) und Neu- schuldner (Zinssatz 4 1/2 %) in der Reihenfolge der Vertragsabschlüsse, die Berufe wurden gele- gentlich angegeben.

Tabelle 10 a: Private Schuldner der städt. Sparkasse Amberg 1850/51207 Schuldner Beruf Wohnort Darlehensbetrag Darlehensbetrag Zinssatz 4 % Zinssatz 4 ½ %

Georg Geisler Amberg 500 fl. Leonhard Reindl Lauterhofen 2.000 fl. Joseph Grundler Dieterskirchen 300 fl. Johann Graßer Hirschau 3.800 fl. Georg Schmid Tafernwirt Ensdorf 7.000 fl. Josef Kelch Wirt Amberg 3.000 fl. Xaver Bruckmüller Tafernwirt Amberg 14.000 fl. Christoph Hausner Kastl 1.500 fl. Johann Lindner Knölling 450 fl. Andreas Zeckl Goldschmied Amberg 650 fl. Sebastian Ernst Ökonom Amberg 800 fl. Thomas Finsterer Amberg 500 fl. Leonhard Schön Dirnsricht 400 fl. Michael Flierl Garsdorf 200 fl. Heinrich Götz Schmiedemeister Schlicht 400 fl. Michael Sasser Marbertshofen 600 fl.

207 HASpAm-Su, Rechnung 1850/51 fol. 4 - 11. 215 Schuldner Beruf Wohnort Darlehensbetrag Darlehensbetrag Zinssatz 4 % Zinssatz 4 ½ % Michael Federhofer Berghausen 1.000 fl. Franz Kellermann Tafernwirt Amberg 1.000 fl. Georg Spies Berghausen 1.800 fl. Karl Knirlberger Posamentier Amberg 1.000 fl. Leonhard Hiltner Au 933 fl. Jokob Brunner Stulln 700 fl. Georg Flierl Mons 600 fl. Erben der Katharina Hiltner Schicht 250 fl. Johann Schurz Freudenberg 300 fl. Johann Hirmer Schnaittenbach 300 fl. Johann Müller Forst 425 fl. Erben des Georg Trottmann Vilseck 200 fl. Stephan Thumann Traunfeld 1.000 fl. Margaretha Schmid Obstlerin Amberg 100 fl. Martin Klob Sattlermeister Amberg 200 fl. Stephan Hagl Maurergeselle Amberg 600 fl. Wolfgang Ströll Tagelöhner Amberg 150 fl. Adam Dirrmann Sunzendorf 625 fl. Anna Gollitsch Melberswitwe Amberg 1.200 fl.

Die Addition ergibt bei den Altschuldnern 35.100 fl., bei den Neuschuldnern 13.383 fl., insgesamt 48.483 fl. Laut Rechnung waren bei Privatpersonen jedoch 54.083 fl. angelegt. Es fehlen folglich 5.600 fl. Die fehlende Summe ist bei den Neuschuldnern zu suchen. Betz errechnete für die ab Knirlberger neu vergebenen Darlehen des Geschäftsjahres 1850/51 14.183 fl. Tatsächlich führte er lediglich Beträge in Höhe von 8.583 fl. an. Es ist möglich, daß die in der Rechnung angeführte Summe von 54.083 fl. richtig ist und Betz einen oder mehrere Darlehensnehmer nicht erfaßte, oder aber er hatte sich schlicht verrechnet und der korrekte Betrag müßte in der Rechnung 48.483 fl. lauten. Hier zeigt sich erneut, daß die Sorgfalt bei der Buchführung der Sparkasse sehr zu wün- schen übrig ließ.

Insgesamt wurden 35 Darlehensnehmer aufgeführt. Von ihnen stammten lediglich 13 (37 %) aus Amberg. Der größere Anteil (63 %) kam aus den umliegenden Bezirken, vorrangig Nabburg und Kastl, in denen keine Sparkassen existierten. Zur sozialen Struktur der Darlehensnehmer läßt sich wegen nur vereinzelter Angaben kaum eine Aussage treffen. 13 Schuldner wurden mit Berufsanga- be genannt; von ihnen waren vier Wirte, die die höchsten Einzelsummen erhalten hatten. Zusam- men wurden ihnen 25.000 fl. zur Verfügung gestellt, dies entspricht 51,6 % der Gesamtanlage- summe. Daß Wirte zu den gesuchten Darlehensnehmern gehörten, zeigt sich gleichermaßen bei der Sparkasse Augsburg. Merz konnte von 35 Darlehensnehmern 14 (40 %) der Kategorie Gastro- 216 nomie/Brauer zuordnen.208 Den geringsten Betrag von 100 fl. erhielt die Obsthändlerin Marga- retha Schmid. Sie war die erste Darlehensnehmerin der städtischen Sparkasse Amberg. An den Amberger Wirt Xaver Bruckmüller wurde die höchste Summe von 14.000 fl. ausgegeben. Die ü- berwiegende Zahl der Darlehen lag im Bereich unter 1.000 fl.:

Tabelle 10 b: Höhe/Anzahl Einzelkredite 1850/51

Betrag Anzahl in v. H. bis 500 fl. 15 42,8 % bis 1.000 fl. 12 34,3 % bis 5.000 fl. 6 17,1 % bis 10.000 fl. 1 2,9 % 14.000 fl. 1 2,9 %

Bis 1855/56 schwankten die an Privatpersonen ausgeliehenen Summen erheblich. Ab 1856/57 stiegen die Beträge kontinuierlich bis 1860/61. Nach zwei Jahren der Regression erreichten sie mit über 125.000 fl. einen vorläufigen Höhepunkt, der schließlich im Geschäftsjahr 1869 überschritten wurde. Die Vergabe von Hypothekardarlehen war zur bevorzugten Anlage geworden.

b) Anlage in Staatspapieren

Die Anlage beim Staat trat gegenüber der Ausleihe an Private völlig in den Hintergrund. Im Ge- schäftsjahr 1849/50 überstiegen die beim Staat deponierten Gelder die an Private ausgegeben noch um knapp 40 %, im Folgejahr nur noch um 8 %. Ab 1852/53 verringerte sich die Summe ständig zu Gunsten der Hypothekardarlehen. Daß Gelder in Staatspapieren angelegt worden waren, steht außer Frage, denn der bei der Staatsschuldentilgungsanstalt stehende Betrag, der global mit den Werten der Staatspapiere in den Rechnungen angegeben wurde, verringerte sich durch jährliche Zahlungen von viermal 1.900 fl. Die letzte Zahlung erfolgte im Geschäftsjahr 1861/62.209 Ab dem Folgejahr besaß die Amberger Kasse definitiv 13.900 fl. in Staatspapieren. In der Korrespondenz ist nur ein Mal von einer derartigen Anlage die Rede, nämlich von vier Au-porteur-Obligationen im Wert von 4.000 fl.210 Durch eine Verordnung aus dem Jahr 1846 war den Sparkassen gestattet worden, Staatspapiere zu erwerben. Im Unterschied zu den früher festverzinslichen Anlagen bei der Staatsschuldentilgungskasse waren die Obligationen Kursschwankungen unterworfen und damit weniger sicher.211 In diese Anlageform wollte man in Amberg in Zukunft „nur in Fällen, wo es durchaus an anderweitiger Gelegenheit zur Ausleihung mangelt, Zuflucht“

208 Merz 137. 209 HASpAm-Su, Rechnung 1861/62 fol. 4. 210 Weitere Informationen zur Anlage in Staatspapieren liegen nicht vor. 211 Reinhart/Zeitler 71. 217 nehmen.212 Die Staatsregierung hatte kaum Interesse an der Anlage der Sparkassengelder in Staatsobligationen, da im Unterschied zu Stiftungen und Gemeinden hier die Absicht einer dauer- haften Kapitalanlage fehlte. Dies wird darin deutlich, daß je Sparkasse Maximalbeträge für den Wertpapierkauf von den zuständigen Kreisregierungen festgelegt wurden. Man befürchtete, daß „die Staats-Schulden-Tilgungs-Anstalt selbst in die frühere Kalamität kommen könnte,“ wenn im Falle eines plötzlichen Bedarfs, Gelder an die Sparkassen zurückzuzahlen wären.213 In Amberg ver- hielt man sich somit ganz im Sinn der Staatsregierung, wenn nur in Ausnahmefällen auf diese Anla- ge zurückgegriffen wurde. Daß dies durchaus auch in anderer Weise gehandhabt wurde, zeigt das Beispiel der Sparkasse Ansbach. Sparkassenkassier Brendel „sah neben dem Hypothekengeschäft die einzige Chance, das Geld der Einleger nutzbringend anzulegen, im Kauf von Staatspapieren.“214 Die mittelfränkische Kreisregierung hatte allerdings die am Einlagevolumen gemessen geringe Summe von 50.000 fl. als Maximalbetrag für den Ankauf festgesetzt. Brendel gelang es dessenun- geachtet die Genehmigung zum Erwerb von 4%igen Grundrentenablösungsobligationen in Höhe von 100.000 fl. zu erhalten. Im Verlauf der 1850er Jahre kaufte die Sparkasse Wertpapiere bis zu Beträgen „von mehreren hunderttausend Gulden [...]. Die Kapitalanlage in Staatspapieren wurde also in der Ära Brendel neben dem Hypothekengeschäft zu dem wichtigsten Standbein des Aktiv- geschäftes der Sparkasse.“215 Für die Sparkasse Amberg spielte sie wie der Kommunalkredit eine untergeordnete Rolle.

c) Kommunalkredit

Die erste Ausleihung an eine städtische Stiftung wurde in der Rechnung des Jahres 1852/53 ver- bucht: die Krankenhausstiftung hatte 1.000 fl. erhalten, und zwar bereits am 19. Oktober 1850.216 Die erste Ausleihung an die Kommune erfolgte im Geschäftsjahr 1853/54.217 In der Rechnung des Jahres 1855/56 findet sich eine Aufstellung, die die Verwendung die Gelder wiedergibt:218

Krankenhausstiftung 700 fl. Stadtkammer - Schießstättenankauf 1.000 fl. Stadtkammer - Neupflasterung 1.000 fl. Stadtkammer - Neupflasterung 1.000 fl. Stadtkammer - Neupflasterung 1.000 fl. Stadtkammer - Neupflasterung 2.000 fl. Deutsche Schulstiftung 400 fl. Armenkasse 1.630 fl. Armenkasse 1.000 fl. Stadtkammer - Neupflasterung 1.500 fl.

212 StadtAAm, Zg. I 2059, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 12. Februar 1858. 213 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an sämtliche Landgerichte und unmittelbare Magistrate des Regierungsbezirks vom 4. Februar 1858. 214 Reinhart/Zeitler 71. 215 Ebd. 72. 216 HASpAm-Su, Rechnung 1852/53 fol. 23. 217 Ebd. Rechnung 1853/54 fol. 29. 218 Ebd. Rechnung 1855/56 fol. 6 - 8. 218

Stadtkammer - Neupflasterung 800 fl. Stadtkammer - Neupflasterung 700 fl.

Den größten Posten nahmen die Ausleihungen an die Stadtkammer ein. Sie erhielt am 30. Sep- tember 1853 1.000 fl. für den Ankauf der Schießstätte und in unterschiedlichen Einzelbeträgen ab 1. Oktober 1853 insgesamt 8.000 fl. für die dringend notwendig gewordene Neupflasterung der Stadt.219 Insgesamt wurden 10,2 % des Aktivvermögens als Kommunalkredit220 ausgewiesen. Die Rechnungen der Sparkasse führen nur gelegentlich an, welchem Zweck die der Kommune zur Ver- fügung gestellten Gelder dienten. Auch die Stadtkammerrechnungen geben hier keinen ausrei- chenden Aufschluß. Lediglich für fünf weitere Jahre kann die Verwendung der Gelder aufgezeigt werden: 221

1856/57 2.000 fl. Straßenpflasterung 1857/58 9.210 fl. Ankauf des Kommunalbrauhauses, Bau der Kavalleriekaserne222 1859/60 3.000 fl. Reparatur des Kommunalbrauhauses 500 fl. Ankauf von Häusern zum Bau der Straße zum Bahnhof223 1862/63 1.600 fl. Pflasterung 1.600 fl. Bau der Kavalleriekaserne 10.400 fl. Bau der Straße zum Bahnhof 1863/64 1.050 fl. Ankauf eines Hauses zum Bau der Straße zum Bahnhof

Im Geschäftsjahr 1865/66 ging mit über 17.000 fl. der höchste Betrag im Bearbeitungszeitraum an kommunale Einrichtungen. Der prozentuale Anteil am Aktivvermögen bewegte sich zwischen 3,9 % im Jahr 1861/62 und 11,3 % im Jahr 1865/66. Für die an die Kommune ausgeliehenen Gelder er- hielt die Sparkasse 4 % Zinsen. d) Anlage bei Gesellschaften Betz gab in der Rechnung des Jahres 1856/57 an: „Bei der Ostbahn hat sich die Sparkasse mit 5 Aktien beteiligt.“224 Das Engagement in Ostbahnaktien blieb die einzige Aktivität der Kasse in Bezug auf die Anlage von Aktiva bei Gesellschaften bis sie sich im Juni/Juli 1861 mit insgesamt 5.000 fl. bei der zu errichtenden „Gasbeleuchtungsanstalt“ einkaufte.225 Im Folgejahr erwarb die Sparkasse weitere Anteile in Höhe von 1.120 fl.226 Nach der Übernahme des Gaswerks in kommunalen Besitz im Juli 1865 wurden die hier investierten 6.120 fl. umgebucht und nun unter An-lage bei Gemein- den und Stiftungen geführt.227 Bis Anfang der 1870er Jahre kamen zu den erwähnten fünf Ostbahn- aktien keine weiteren Beteiligungen an Gesellschaften.

219 Vgl. S. 174 Anm. 26. 220 Zur Definition Feldenkirchen 99. 221 HASpAm-Su, Rechnung 1857/58 fol. 30; 1859/69 fol. 32f.; 1862/63 fol. 7; 1863/64 fol. 32. 222 Vgl. Braun 207. 223 Vgl. S. 237 Anm. 7. 224 HASpAm-Su, Rechnung 1856/57 fol. 10. 225 Ebd. Rechnung 1861/62 fol. 8. 226 Ebd. Rechnung 1862/63 fol. 10. 227 Ebd. Rechnung 1866/67 Anhang o. S. 219 e) Aktivgeschäft bayerischer Sparkassen Wie erwähnt bildeten „bis Ende der fünfziger Jahre [...] die Wertpapierankäufe den zentralen Pos- ten im Aktivgeschäft“ der größten bayerischen Sparkasse in Ansbach.228 1850 wurden 57,1 % des Aktivkapitals in Staatspapieren angelegt, 1855 und 1857 war es ein annähernd gleicher Satz von 49,7 % und 49, 8 %.229

Tabelle 11: Aktivkapitalien der Sparkassen Augsburg/München/Regensburg /Würzburg 1859/60230 Augsburg München Regensburg Würzburg

Aktivvermögen 1.426.585 fl. 1.560.000 fl. 845.215 fl. Hypotheken 402.574 fl. 113.633 fl. 49.165 fl. (28,2 %) ( 5,8 %) Wertpapiere 277.480 fl. 1.067.441 fl. 23.830 fl. 645.600 fl. (19,5 %) (68,4 %) (76,4 %) Kommune/Stiftungen 594.755 fl. 67.000 fl. 23.000 fl. 150.450 fl. (41,7 %) ( 4,3 %) (17,8 %) Kreditinstitute 248.000 fl. (15,9 %)

Auch die Sparkassen München und Würzburg setzten auf die Anlage in Wertpapieren. In München griff man jedoch nicht auf Staatspapiere zurück, sondern man wählte die „schon bewährte Anlage- möglichkeit bei der Stadt, d. h. bei der städtischen Schuldentilgungskasse und Wohlfahrtsinstitutio- nen“.231 Im Geschäftsjahr 1859/60 waren 934.341 fl. in städtischen Wertpapieren angelegt.232 Der kommunale Kredit konnte vernachlässigt werden, da die Sparkasse auf diese Weise ohnehin „zum Mitfinanzierer städtischer Bauunternehmungen“ wurde.233 „München stand in der Frage der Ge- währung von Hypothekdarlehen [...] ungewöhnlich lange im Gegensatz zu vielen bayerischen und außerbayerischen Anstalten, die bald nach Gründung erfolgreich zur Befriedigung des Bedürfnisses nach Hypothekarkredit beigetragen hatten.“234 Die Sparkassenkommission lehnte diese Anlageform ab, da sie sich nicht in der Lage sah, die Kreditwürdigkeit von Privatpersonen zu überprüfen. Man befürchtete zudem einen unsicheren Zinseingang und zusätzliche Belastungen der Verwaltung. Bis zum Jahr 1880 wurden von der Sparkasse München keine Darlehen an Privatpersonen vergeben. Den Kommunen - und damit ebenso den städtischen Sparkassen - wurde im August 1869 staatli- cherseits empfohlen, da „das Bedürfnis, Hypothekenkapitalien zu erhalten, für Landwirtschaft und Gewerbe235 dermalen noch ein dringendes ist und die Hebung des Realkredites nicht bloß im all- gemeinen Interesse, sondern auch in demjenigen der Gemeinden liegt“, bei ihren Ausleihungen Hypothekendarlehen zu bevorzugen.236 Dieser Empfehlung kamen weder die Sparkasse München, noch die Sparkasse Würzburg nach. Letztere hatte sich bereits in den Vorjahren besonders in Staatsanleihen engagiert - 1859/69 mit über drei Viertel, 1863/64 mit 50,7 %, 1866/67 mit 51,2 %

228 Reinhart/Zeitler 74. 229 Ebd. 230 Merz 147; Hirschhorn 62; Rygol 117 ohne Angabe des Gesamtaktivvermögens; Kniepert Tabelle 2. 231 Ettenhuber 78. 232 Hirschhorn 62. 233 Ettenhuber 78. 234 Hirschhorn 63. 235 Vgl. Spilker 323 - 329. 236 Kniepert 86. 220 ihres angelegten Vermögens - und folgte dieser Politik bis in die 1870er Jahre. Ein weiterer Schwerpunkt bildete die Anlage bei der eigenen Gemeinde. Hier entwickelte sich der prozentuale Anteil von beinahe 18 % im Geschäftsjahr 1859/60 bis auf über 30 % im Jahr 1869. Die in Hypo- theken angelegten Beträge lagen 1863/64 gleichauf mit den in die eigene Gemeinde investierten Summen. Sie stagnierten in den folgenden Jahren und machten 1869 knapp 16 % des Anlagever- mögens aus.237 Die Regensburger Sparkasse legte noch zu Beginn der 1850er Jahre mehr als die Hälfte ihrer Aktivkapitalien bei kommunalen Einrichtungen an, immerhin gut 40 % wurden 1850/51 als Hypothekardarlehen ausgegeben. Dieses Verhältnis änderte sich in den Folgejahren. Im Jahr 1859/60 waren über 70 %, 1863/64 bereits knapp 80 % an Privatpersonen ausgeliehen. Wie in Amberg präferierte man in Regensburg diese Anlageform und verzichtete zunehmend auf Ausleihungen an die Kommune. Die Anlage von Aktivkapitalien beim Staat wurde wie schon in der Vergangenheit abgelehnt.238 Einseitige Anlagepolitik war nicht nur bei den Sparkassen Amberg, München, Regensburg oder Würzburg zu finden. So hatte die Kasse in Dingolfing im Jahr 1869 sämtliche, die Sparkasse Landau 98 % ihrer Aktiva in Hypothekenkrediten ausgegeben.239 Wie obi- ge Tabelle zeigt, konzentrierte sich die Sparkasse Augsburg zunächst nicht auf eine einzige Anlage- form. Sie engagierte sich zwar besonders bei der eigenen Kommune, vernachlässigte jedoch kei- neswegs das Darlehensgeschäft oder die Anlage in Wertpapieren, wobei vorrangig Grundrenten- und Eisenbahnobligationen erworben wurden.240 Doch bis 1869 hatten sich die Verhältnisse auch hier zu Gunsten der Hypothekendarlehen geändert: 62,8 % des angelegten Vermögens gingen an Privatpersonen, 22,5 % investierte man in Wertpapieren, und nur 10,5 % wurden städtischen Stif- tungen zur Verfügung gestellt. Die Kommune erhielt seit 1865/66 keine weiteren Kredite.241 Mit dieser prozentualen Verteilung stimmte die Sparkasse Augsburg beinahe exakt mit dem Durch- schnitt der gesamtbayerischen Sparkassen überein. Wie diese und die Sparkasse Amberg ihre Aktiva im Jahr 1869 verteilt hatten, zeigt folgende Tabelle:242

Tabelle 12: Prozentuale Verteilung der Aktiva bayerischer Sparkassen/städt. Sparkasse Amberg 1869 Bayerische Sparkassen Sparkasse Amberg

Hypotheken 62,3 % 81,8 % Wertpapiere 19,8 % 9,7 % Kommune/Stiftungen 11 % 8,5 % andere Anlage 6,9 %

237 Ebd. Tabelle 2. 238 Rygol 117. 239 Feldenkirchen 114. 240 Merz 140. 241 Ebd. 133. 242 Mayr XXVIII; Feldenkirchen 149, Tabelle A 3. 221 Die Sparkasse Amberg betrieb in ihrer Anlagepolitik „Monokultur“. So wie sie sich in ihren Anfangsjahren auf die Anlage beim Staat beschränkte, stützte sie sich nun auf das Hypothekenge- schäft. Wertpapiere spielten in ihrer Strategie eine ebenso untergeordnete Rolle wie der Kommu- nalkredit. Die übrigen bayerischen Sparkassen streuten ihr Risiko breiter und investierten etwa zwei Drittel ihrer Aktiva in Hypothekardarlehen und immerhin beinahe 20 % in Wertpapieren. Das En- gagement bei der eigenen Gemeinde war deutlich geringer, jedoch höher als in Amberg.

3. Rentenüberschüsse

Tabelle 13 a: Verteilung der Rentenüberschüsse der städt. Sparkasse Amberg 1849/50 bis 1855/56243 1849/50 1850/51 1851/52 1852/53 1853/54 1854/55 1855/56

Kassier Betz Betz Betz Betz Betz Betz Betz 300 fl. 200 fl. 200 fl. 200 fl. 200 fl. 200 fl. 200 fl. Magistratsrat Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer 75 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. Gemeinde- Zunner Zunner Zunner Zunner Mühldorfer Mühldorfer Wimpeßinger bevollmächtigter 40 fl. 40 fl. 40 fl. 40 fl. 40 fl. 40 fl. 40 fl. Diener 20 fl. 20 fl. 20 fl. 20 fl. 20 fl. 20 fl. 20 fl. Armenkasse 50 fl. 70 fl. 70 fl. 100 fl. 100 fl. Reservefonds 50 fl. 50 fl. 50 fl. Kämmerei 87 fl. 100 fl. 100 fl. 100 fl. 100 fl. Krankenhausstiftung 800 fl. 30 fl. 293 fl.. 579 fl. 545 fl. 555 fl. 454 fl. Gesamt 1.422 fl. 350 fl. 613 fl. 1.069 fl. 1.035 fl. 1.125 fl. 1.024 fl.

Tabelle 13 b: Verteilung der Rentenüberschüsse der städt. Sparkasse Amberg 1856/57 bis 1862/63244 1856/57 1857/58 1858/59 1859/60 1860/61 1861/62 1862/63

Kassier Betz Betz Betz Betz Betz Betz Betz 200 fl. 200 fl. 200 fl. 300 fl. 300 fl. 300 fl. 300 fl. Magistratsrat Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer Schloderer 60 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. 60 fl. Gemeinde- Wimpeßinger Wimpeßinger Lauerer Lauerer Lauerer Wimpeßinger Wimpeßinger bevollmächtigter 40 fl. 6 fl. 40 kr. 40 fl. 40 fl. 26 fl. 40 kr. 40 fl. 40 fl. Liersch Wimpeßinger 21 fl. 27 kr. 13 fl. 20 kr. Lauerer 11 fl. 53 kr. Diener 20 fl. 20 fl. 20 fl. 20 fl. 20 fl. 20 fl. 20 fl. Armenkasse 100 fl. 100 fl. 100 fl. 100 fl. 100 fl. 100 fl. 100 fl. Reservefonds 122 fl. 100 fl. 156 fl. 196 fl. 200 fl. 200 fl. Kämmerei 100 fl. 100 fl. 100 fl. 100 fl. 100 fl. 100 fl. 100 fl. Krankenhausstiftung 470 fl. 380 fl. 309 fl. 421 fl. 392 fl. 333 fl. 331 fl. Gesamt 1.112 fl. 900 fl. 929 fl. 1.197 fl. 1.208 fl. 1.153 fl. 1.151 fl.

243 StadtAAm, Zg. I 2062, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 15. Juni 1850; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 3. November 1851; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 25. Juli 1854; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 25. Juli 1854; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 21. Oktober 1855; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 4. August 1856; HASpAm-Su, Rechnung 1853/54, fol. 31. 244 StadtAAm, Zg. I 2062, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 9. September 1858; Schreiben des Magist- rats an die Gemeindebevollmächtigten vom 28. September 1858. Das Genehmigungsschreiben der Kreisregierung fehlt. Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 16. Mai 1860; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 16. Mai 1860; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 14. September 1861; Schreiben der Kreisregie- rung an den Magistrat vom 3. September 1862; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 6. Juli 1864; ebd. Zg. I 1093 Zusammenstellung der Rentenüberschüsse der Sparkasse vom 1. Dezember 1864; HASpAm-Su, Rechnungen 1858/59, fol. 33; 1861/62 fol. 38. 222

Tabelle 13 c: Verteilung der Rentenüberschüsse der städt. Sparkasse Amberg 1863/64 bis 1869245 1863/64 1864/65 1865/66 1866/67 1867 1868 1869

Kassier Betz Betz Lengfelder Lengfelder Lengfelder Lengfelder Lengfelder 300 fl. 90 fl. 300 fl. 400 fl. 400 fl. 400 fl. 300 fl. Lengfelder 210 fl. Magistratsrat Schloderer Trümmer Trümmer Trümmer Trümmer Trümmer Trümmer 40 fl. 60 fl. 60 fl. 80 fl. 80 fl. 80 fl. 80 fl. Trümmer 20 fl. Gemeinde- Wimpeßinger Wimpeßinger Wimpeßinger Gruber Mühldorfer Liersch Liersch bevollmächtigter 40 fl. 40 fl. 16 fl. 10 fl. 58 kr. 20 fl. 80 fl. 80 fl. Gruber Gresser Liersch 20 fl. 49 fl. 28 kr. 60 fl. Mühldorfer 19 fl. 34 kr. Diener 20 fl. 20 fl. 20 fl. 30 fl. 30 fl. 30 fl. 30 fl. Armenkasse 100 fl. 100 fl. 100 fl. Reservefonds 200 fl. 200 fl. 203 fl. 200 fl. 200 fl. 200 fl. 311 fl. Kämmerei 100 fl. 100 fl. 100 fl. 100 fl. 100 fl. 300 fl. 200 fl. Krankenhausstiftung 542 fl. 250 fl. 447 fl. 300 fl. 200 fl. 100 fl. 250 fl. Gasbeleuchtungs-fonds 300 fl. 500 fl. 300 fl. 300 fl. 150 fl. Max-Anstalt246 100 fl. 100 fl. 150 fl. 150 fl. Straßenbeleuchtungs- 329 fl. 306 fl. 106 fl. fonds Gesamt 1.362 fl. 1.370 fl. 1.766 fl. 1.919 fl. 1.796 fl. 1.596 fl. 1.401 fl.

Tabelle 13 d : Verteilung der Gesamtrentenüberschüsse der städt. Sparkasse Amberg 1849/50 - 1869 Personal Krankenhaus- Reservefonds Kämmerei Gasbeleuchtungs- Armenkasse Straßenbeleuchtungs- Max-Anstalt stiftung fonds fonds

8.511 fl. 7.981 fl. 2.638 fl. 2.187 fl. 1.550 fl. 1.390 fl. 741 fl. 500 fl. (33,4%) (31,3 %) (10,3 %) (8,6 %) (6,1 %) (5,5 %) (2,9 %) (1,9 %)

Im Zeitraum 1849/50 bis 1869 erwirtschaftete die Sparkasse Amberg Überschüsse in Höhe von 25.498 fl., im Durchschnitt 1.214 fl. 11 kr. jährlich. Wie in den Vorjahren wurde der höchste Be- trag für die Remunerationen der Sparkassenverwaltung verwendet. Eine ähnlich hohe Summe floß in die Krankenhausstiftung, die auf die finanzielle Beihilfe durch Amberger Stiftungen und die Spar- kasse nicht verzichten konnte.247 Die zwischen 1852/53 und 1867 konstant an die Stadt

245 Ebd. Rechnungen 1864/65 fol. 11f.; 1865/66 fol. 8f.; 1866/67 fol. 8f.; 1867 fol. 9; 1868, fol. 8; 1870, fol. 9; Stad- tAAm, Zg. I 2062, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 15. September 1866; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 7. September 1867; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 22. Juli 1868; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 1. Juli 1869; Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 22. September 1870. 246 = Maximilians-Rettungs-Anstalt für verwahrloste Kinder. 247 So leisteten im Jahr 1869 neben der Sparkasse die Seelhaus-, Reichalmosen-, Katharinenspital- und die Günther’sche Stiftung Sustentationsbeiträge in Höhe von 200 fl. VB 1869, 76. Die ebd. angegebenen 100 fl., die die städtische Sparkas- se zur Verfügung stellte, beziehen sich auf das Jahr 1868. Sie wurden im Folgejahr an die Krankenhausstiftung abgeführt. Im Jahr 1869 verfügte die Seelhausstiftung über ein Vermögen von 7.131 fl. VB 1869, 83. Vgl. Anhang S. 359f. Die Gün- ter’sche Stiftung besaß im selben Jahr ein Vermögen von 5.589 fl. VB 1869, 93. Vgl. Anhang S. 359. Zu Reichalmosen- und Katharinenspitalstiftung vgl. S. 233f. Anm. 51, 52. 223 kammer abgeführte Summe von jährlich 100 fl. wurde als Miet- und Heizungskostenbeitrag deklariert.248 Im Jahr 1868 nahm Kämmerer Lengfelder ein Darlehen von 1.000 fl. zur Verwendung bei der städtischen Feuerwehr auf. Die Rückzahlung erfolgte aus den Sparkassenüberschüssen. Man erhöhte deshalb ab 1868 den an die Stadtkammer gehenden Betrag zur Tilgung dieses Kre- dits.249 Insgesamt belief sich der an die Kämmerei abgegebene Anteil der Überschüsse auf knapp 9 %.

Der Gasbeleuchtungsfonds wurde nach dem Bau des Gaswerks als Schuldentilgungskasse einge- richtet.250 Zunächst hatte man Sparkassenbeiträge in den Schuldentilgungsplan aufgenommen - von 1864/65 bis 1868 insgesamt 1.550 fl. -, ab 1869 durften jedoch auf Anweisung der Kreisregierung weder in den Gasbeleuchtungs- noch in den Straßenbeleuchtungsfonds, der zwischen 1866/67 und 1868 741 fl. erhalten hatte, Sparkassengelder fließen. Letzterer war etabliert worden, da „in Folge der Vermehrung der Straßenlaternen in den letzten Jahren [...] die Kosten der Straßenbeleuchtung ziemlich gestiegen“ waren.251 Für die Beleuchtung von 135 Straßenlaternen wurden 1869 3.163 fl. veranschlagt.252 Ab 1. Januar 1870 wurden sämtliche Kosten der Straßenbeleuchtung aus der Ge- meindekasse bestritten.253

Die Armenkasse erhielt aus den Sparkassenüberschüssen von 1854/55 bis 1865/66 regelmäßig 100 fl. jährlich. Ab 1866/67 stellte man die Zahlungen ein und nahm an deren Stelle die Maximilians- Rettungsanstalt als zu bezuschussende Einrichtung auf. Die Kinderbewahranstalt gehörte zu den gering dotierten Sozialeinrichtungen Ambergs und blieb bis zur Schließung im Jahr 1936 auf Zu- schüsse angewiesen.254

4. Reservefonds Unwesentlich mehr als an die Stadtkammer, nämlich gut 10 % der Gesamtrentenüberschüsse, gin- gen an den Reservefonds, der in den Jahren 1850/51 bis 1853/54 mit Genehmigung der Kuratelbe- hörde nicht bedient wurde. Zunächst unterblieb jegliche Verzinsung, da der Fonds nicht als Aktiv- kapital betrachtet wurde. Daraus ergab sich die Überlegung, daß die eigentlich „nutzlosen“ Geld- mittel sinnvoll bei der Kommune untergebracht werden könnten. Der Magistrat sah den Fonds als kostenlos zur Verfügung stehenden Etat an und zog im Geschäftsjahre Jahr 1851/52 1.372 fl. ab. Sie wurden zur Bestreitung der Quartierkosten verwendet und sollten in jährlichen Raten von 200 fl. zurückgezahlt werden.255 Die Rückzahlung dauerte nicht wie vorgesehen sieben

248 So 1864/65; HASpAm-Su, Rechnung 1865/66 fol. 8f. 249 HASpAm-Su, Rechnung 1869 fol. 11; vgl. VB 1869, 28. 250 Vgl. S. 236. 251 VB 1869, 52. 252 Ebd. 55. 253 Ebd. 52. 254 Vgl. S. 233, S. 235. 255 HASpAm-Su, Rechnungen 1851/52, fol. 32; 1852/53, fol. 29. 224 Jahre, sondern man ließ sich bis 1861 Zeit, die Schuld auszugleichen.256 Eine Verzinsung des Reservefonds erfolgte ab dem Jahr 1868.257 Wo die Gelder zu 4 % angelegt wurden, geht aus den Rechnungen nicht hervor.

Tabelle 14: Stand des Reservefonds städt. Sparkasse Amberg 1849/50 - 1869258 Jahr Stand des in % der Jahr Stand des in % der Reservefonds Gesamteinlagen Reservefonds Gesamteinlagen 1849/50 1.422 fl. 1,3 1860/61 2.196 fl. 1,4 1850/51 1.422 fl. 1,2 1861/62 2.396 fl. 1,5 1851/52 1.422 fl. 1,2 1862/63 2.596 fl. 1,6 1852/53 1.422 fl. 1,2 1863/64 2.796 fl. 1,7 1853/54 1.422 fl. 1,2 1864/65 2.996 fl. 1,8 1854/55 1.472 fl. 1,2 1865/66 3.200 fl. 2,1 1855/56 1.522 fl. 1,2 1866/67 3.525 fl. 2,6 1856/57 1.644 fl. 1,3 1867 3.874 fl. 2,6 1857/58 1.743 fl. 1,4 1868 4.236 fl. 2,9 1858/59 1.843 fl. 1,3 1869 4.730 fl. 2,8 1859/60 2.000 fl. 1,4

Wie die Tabelle zeigt, erreichte der Reservefonds die vorgesehenen 10 % der Gesamteinlagen nicht. Die vorgesetzte Behörde ergriff allerdings keinerlei Initiative, um den Gewährträger zur Ein- haltung der Anweisung zu zwingen. Eine vergleichbare Entwicklung nahm der Fonds der Sparkasse Regensburg. Im Geschäftsjahr 1862/63 verfügten beide Kassen über einen einlagensichernden Betrag in Höhe von 1,6 % der Ge- samteinlagen. Bis zum Jahr 1866 verlief die Entwicklung der Fonds parallel, ab 1867 wies die Re- gensburger Sparkasse das günstigere Verhältnis auf. Dennoch erreichte sie zu keiner Zeit 10 % des Gesamteinlagevolumens. Im Unterschied zur Amberger Kasse war hier jedoch die Höhe des Reser- vefonds nicht vorgeschrieben.

Tabelle 15: Stand des Reservefonds Sparkasse Regensburg 1862/63 - 1869259 Jahr Stand des in % der Gesamt- Jahr Stand des in % der Gesamt- Reservefonds einlagen Reservefonds einlagen 1862/63 2.826 fl. 1,6 1866 4.652 fl. 2,7 1863/64 2.951 fl. 1,6 1867 5.360 fl. 3,2 1864/65 3.907 fl. 2,1 1869 6.400 fl. 3,8

256 Ebd. Rechnung 1861/62, fol. 30. 257 Ebd. Rechnung 1868, fol. 12. 258 Ebd. Rechnungen 1849/50 fol. 21; 1850/51 fol. 25; 1851/52 fol. 32; 1852/53 fol. 29; 1853/54 fol. 34; 1854/55 fol. 33; 1855/56 fol. 36; 1856/57 fol. 38; 1857/58 fol. 38; 1858/59 fol. 38; 1859/60 fol. 40; 1860/61 fol. 39; 1861/62 fol 42; 1862/63 fol. 43; 1863/64 fol. 38; 1864/65 fol. 15; 1865/66 fol. 15; 1866/67 fol. 13; 1867 fol. 13; 1868 fol. 12; 1869 fol. 14. 259 Errechnet aus Rygol 113, 119. 225 Die bayerischen Sparkassen verwendeten im Jahr 1869 52,3 % ihrer Überschüsse für den Re- servefonds und 47,7 % für andere Zwecke. Die städtische Sparkasse Amberg hingegen führte ledig- lich 22,2 % an den Fonds ab und 77,8 % gingen an Personal/kommunale Einrichtungen. Im allge- meinen legten die oberpfälzischen Sparkassen weniger Gewicht auf einlagensichernde Maßnah- men. Mit 36,9 % lagen sie jedoch noch deutlich über dem Wert der Amberger Kasse.260

IV. Die Sparer

Tabelle 16: Sparer/Durchschnittssparbeträge, städt. Sparkasse Amberg 1859/60 - 1868261 Jahr Handwerksgesellen, Lehr- Kinder Andere Personen Gesamt linge, Dienstboten, Fa- brikarbeiter, Tagelöhner a) Anzahl a) Anzahl a) Anzahl a) Anzahl b) Durchschnittsbetrag b) Durchschnittsbetrag b) Durchschnittsbetrag b) Durchschnittsbetrag 1859/60 a) 486 (44,3 %) a) 459 (41,8 %) a) 152 (13,9 %) a) 1097 b) 153 fl. 48 kr. b) 115 fl. 33 kr. b) 173 fl. 2 kr. b) 140 fl. 27 kr. 1861/62 a) 463 (42,4 %) a) 427 (39,1 %) a) 202 (18,5 %) a) 1092 b) 160 fl. 10 kr. b) 114 fl. 8 kr. b) 180 fl. 5 kr. b) 146 fl. 3 kr. 1862/63 a) 449 (41,7 %) a) 360 (33,4 %) a) 268 (24,9 %) a) 1077 b) 182 fl. 58 kr. b) 69 fl. 40 kr. b) 200 fl. 34 kr. b) 149 fl. 28 kr. 1863/64 a) 449 (41,8 %) a) 430 (40,0 %) a) 196 (18,2 %) a) 1075 b) 167 fl. 17 kr. b) 115 fl. 12 kr. b) 175 fl. 46 kr. b) 148 fl. 1864/65262 a) 397 (37,7 %) a) 333 (31,6 %) a) 323 (30,7 %) a) 1053 b) 185 fl. 39 kr. b) 66 fl. 13 kr. b) 195 fl. 48 kr. b) 150 fl. 57 kr. 1865/66 a) 381 (38,4 %) a) 316 (31,9 %) a) 295 (29,7 %) a) 992 b) 171 fl. 32 kr. b) 73 fl. 54 kr. b) 189 fl. 39 kr. b) 145 fl. 49 kr. 1866/67 a) 356 (40,1 %) a) 274 (30,8 %) a) 259 (29,1 %) a) 889 b) 168 fl. 57 kr. b) 65 fl. 16 kr. b) 200 fl. 2 kr. b) 146 fl. 3 kr. 1867/68 a) 356 (38,8 %) a) 259 (28,2 %) a) 303 (33,0 %) a) 918 b) 187 fl. 53 kr. b) 66 fl. 41 kr. b) 185 fl. 10 kr. b) 153 fl. 31 kr. 1868 a) 349 (39,0 %) a) 238 (26,6 %) a) 308 (34,4 %) a) 895 b) 189 fl. 4 kr. b) 64 fl. 37 kr. b) 181 fl. 56 kr. b) 153 fl. 45 kr.

Für die Jahre 1859/60 bis 1868 liegen statistische Daten der Sparkassenverwaltung zur Sparerstruktur vor. Die Verfasserin überprüfte stichprobenartig den Erfassungsbogen für das Jahr 1864/65. Die Durchsicht ergab die oben vermerkten Zahlen. Lengfelder hatte folgende Ergebnisse ermittelt:

Dienstboten 397 Kinder 335 andere Personen 324 gesamt 1056

Die Fehler beruhen auf Additionsmängeln. Bei den übrigen Daten sind ähnliche Inkorrektheiten wahrscheinlich, sie werden das Resultat wohl nur geringfügig verändern.

Durchgängig ist festzustellen, daß die staatlich gewünschte Zielgruppe der Gesellen, Lehrlinge, Dienstboten und Arbeiter den überwiegenden Anteil der Sparer bildete. Nach Aussage des Magist-

260 Mayr XXVf. 261 StadtAAm, Zg. I 2063. 262 Anzahl berichtigt. 226 rats263 sind vorrangig Dienstboten und Arbeiter264 als Frequentanten anzusprechen. Kinder mach-ten 1859/60 mit knapp 42 % noch einen erheblichen Anteil der Sparer aus; dieser sank im gleichen Maß, in dem die Quote der „anderen Personen“ stieg. Sie stellten anfangs lediglich 14 %, im Jahr 1868 immerhin rund 34 % der Sparer. Die Zunahme der statutarisch nicht zugelassenen Sparer stieg 1864 sprunghaft. In diesem Jahr konnte die Auszahlung der Zinsbeträge wegen man- gelnder Neueinlagen nicht mehr gewährleistet werden. Betz/Lengfelder hatten nicht nur in der Aufnahme von Passivkapitalien, sondern auch ganz pragmatisch in der Tolerierung von nicht zuge- lassen Einlagen Zuflucht genommen, um die Verluste zu kompensieren, die ohne eine solche Ent- scheidung beträchtlich höher ausgefallen wären. Der Anteil stieg bis 1868 bei rückläufigen Gesamt- sparerzahlen auf immerhin ein Drittel der Einleger. Daß es sich hierbei tatsächlich um eine Meh- rung der Sparer handelte, ist eher unwahrscheinlich. Hinter der Kategorisierung müssen sich nicht gezählte Individuen verbergen, es wird vielmehr eine Zählung der Sparkassenbücher stattgefunden haben. Wie sich zeigen wird, stellte Lengfelder - in der Vergangenheit war dies bereits gängige Pra- xis - für eine Person mehrere Quittungsbücher aus, falls höhere Summen eingelegt werden sollten, in einem Fall 11 Bücher um einen Betrag von rund 3.500 fl. zu verschleiern.265 Man wies ab 1864/65 Personen, die größere Summen anzulegen wünschten, nicht mehr ab oder empfahl den Ausweg über Kindereinlagen, die gleichermaßen gedeckelt waren und keine unbegrenzte Anlage zuließen - die Anzahl der einlegenden Kinder war im Vergleich zu 1863/64 um 22,6 %, deren Durchschnittssparbetrag um 42,6 % gesunken - sondern Lengfelder handelte, wie dies Franz Laue- rer als Kassier der Distriktsparkasse Amberg formulieren wird: „Man ist in der Krisis froh, wenn man nur Geld sieht und nimmt es, wo es zu finden ist.“266 Daß nun nicht tatsächlich kapitalkräftiges Pub- likum die Sparkasse aufsuchte, zeigt sich an den durchschnittlichen Sparbeträgen. In den Jahren 1867 und 1868 lagen die Einlagensummen der Handwerksgesellen etc. sogar über denjenigen der „anderen Personen“, wenn auch um geringe Beträge. Im neunjährigen Durchschnitt verfügten Ge- sellen, Arbeiter und Dienstboten über eine Sparsumme von 174 fl. Dieser Betrag überstieg den Mittelwert des jährlichen Einkommens von männlichen und weiblichen Dienstboten in Amberg um 10 fl.267 Insgesamt hatte die Anzahl der Sparkassennutzer von 1859/60 bis 1868 um 18,4 % abge- nommen, im gleichen Zeitraum stieg die Durchschnittseinlage je Sparer um 9,3 %.

263 Vgl. S. 203. 264 Im Jahr 1861 wurden in Amberger Produktionsbetrieben 727 Arbeiter und 55 Arbeiterinnen beschäftigt. Für das Berg- amt fehlen Angaben. Vgl. Anhang S. 367 Tab. 6. 265 Vgl. S. 246. 266 Vgl. S. 243. 267 Vgl. S. 211. 227 V. Zusammenfassung

Die Geschäftsentwicklung der städtischen Sparkasse Amberg stellt sich in den 1850er/60er Jahren durchaus positiv dar. Mit einem Zuwachs der Gesamteinlagen von über 50 % bis zum Jahr 1869 überholte sie die größeren Sparkassen München, Nürnberg und Augsburg bei weitem. An den Ein- lagenstand vor Schließung der Sparkasse im Jahr 1840 konnte sie jedoch nicht anknüpfen. Die Jah- re erhöhter Rückforderungen bewältigte die Kassenverwaltung in bewährter Weise durch zusätzli- che Kapitalaufnahmen und zurückhaltende Kreditvergabe. Schließlich ging man dazu über, den Einlegerkreis eigenmächtig auf nicht zugelassene Personen auszudehnen, um das Passivgeschäft zu beleben. Folgerichtig plädierte der Amberger Magistrat wie ein Großteil der bayerischen Sparkassen dafür, die einschränkenden Bestimmungen des Normativs von 1843 aufzuheben. Daß es die Spar- kassenverantwortlichen noch immer nicht verstanden hatten, die Zielgruppen auf breiter Basis von der Nützlichkeit der Sparkasse und der absoluten Sicherheit der eingelegten Gelder zu überzeugen, zeigt der Fall der Dienstmagd Barbara Heimler, die der Sparkasse in Zeiten der Liquiditätsprobleme immerhin einen Betrag von 400 fl. als Kapitalgeberin zur Verfügung stellen konnte.268 Das Aktivge- schäft wurde nun auf eine breitere Basis gestellt; es entwickelte sich jedoch eine eindeutige Domi- naz der Vergabe von Realkrediten - über 80 % des Aktivvermögens wurde im Jahr 1869 als Hypo- thekarkdarlehen ausgeliehen. In den Jahren zwischen 1849 und 1869 erwirtschaftete die Sparkasse Überschüsse in Höhe von gut 25.000 fl. Mit mehr als der Hälfte der Gelder unterstützte man kom- munale Einrichtungen - hier im wesentlichen die Krankenhausstiftung -, 10 % gingen an den zur Pflicht gewordenen Reservefonds, der zwar im Jahr 1869 den höchsten Stand seit seiner Einrich- tung erreicht hatte, jedoch mit lediglich knapp 3 % der Gesamteinlagen weit unter dem geforderten Ziel von 10 % verharrte. Die Gründung einer Leih- und Hilfskasse, die das Handelsministerium für eine probate Einrichtung zur Kreditvergabe an die „minderbemittelte Einwohnerklasse“269 hielt, lehnte man in Amberg, wie jede Form des Personalkredits, wegen der mit größter Wahrscheinlich- keit auftretenden Tilgungsprobleme ab. Bis zum Ende des gesamten Bearbeitungszeitraums hielten die Verantwortlichen an dieser Meinung fest; eine Leih- und Hilfskasse wurde in Amberg daher nicht errichtet. Der Vorstoß der Gemeindebevollmächtigen zur Ausweitung der Geschäftszeiten verlief im Sande. Nach Ansicht des Magistrats standen die Kosten für den Personalmehraufwand in keinem Verhältnis zu den zu erwartenden Mehreinlagen. Erst mit der Veröffentlichung einer neuen Geschäftsordnung zu Beginn des Jahres 1913270 wurden tägliche Öffnungszeiten eingeführt.

268 Zur möglichen Anlage der Gelder außerhalb der Sparkasse vgl. Engelsing, Vermögen 235. 269 StadtAAm, Zg. I 2058, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 8. Mai 1849. 270 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 2174, „Geschäftsordnung für die städt. Sparkasse Amberg“ vom 23. Januar 1913. Die Öffnungszeiten wurden auf sämtliche Werktage von 8 Uhr bis 12 Uhr ausgedehnt. Ebd. § 23. 228 Exkurs: Die Maximilians-Rettungsanstalt1

Am 30. August 1849 schrieb der Armenpflegschaftsrat der Stadt Amberg an den Magistrat: „Schon sehr häufig kam der Armenpflegschaftsrat in Verlegenheit wegen Unterbringung verlassener und verwaister Kinder bei ordentlichen Familien. Die Armenpflege kann nicht über so viele Mittel ge- bieten, um ein bedeutendes Kostgeld für solche Kinder auszusetzen, die Vormünder bekümmern sich gewöhnlich wenig oder gar nicht, ja sie kennen oft nicht einmal ihre Mündel, und es sind schon Fälle vorgekommen, daß derlei Pflegeeltern diese Kinder als förmliche Erwerbsquelle be- trachtet und zum Betteln benützt haben, geschweige denn, daß ihnen eine angemessene Erziehung zugewendet worden wäre.“2 Die Kinder blieben oft ohne jegliche Unterweisung und Ausbildung und würden unter Umständen zu einer Gefahr, in jedem Fall aber zu einer Belastung für die Ge- sellschaft, da es ihnen an Anleitung mangle, ihr eigenes Auskommen zu sichern. Abhilfe könne hier die Errichtung einer Erziehungsanstalt schaffen. Der Armenpflegschaftsrat schlug vor, eine solche Institution vorzugsweise für Mädchen bis zum 13./14. Lebensjahr einzurichten. Die Kinder sollten neben Religions- und schulischem Unterricht eine Ausbildung im Spinnen, Nähen und in weiteren häuslichen Arbeiten erhalten, die es ihnen ermögliche, ihren Lebensunterhalt als Dienstboten zu verdienen. Knaben könnten bis zum 7. Lebensjahr aufgenommen und im Anschluß im Waisenhaus erzogen werden. Verpflegungs- und Bekleidungskosten übernähme die Armenpflege, als Gebäude für die Unterbringung der Anstalt habe man an das frühere Kloster der Armen Schulschwestern gedacht.3 Bevor die Stadtverwaltung diesem Vorschlag nähertreten wollte, holte sie Erfahrungsbe- richte anderer Kommunen ein, wobei im besonderen die Finanzierung interessierte:

In Erlangen-Schallershof existierte eine Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder.4 Knaben und Mäd- chen waren getrennt untergebracht. Für 165 Kleinkinder gab es eine eigene Bewahranstalt. Die Kinder wurden seit Mitte 1849 mit der Anfertigung von Strohmatten beschäftigt. Als Bezahlung erhielten sie für 90 Ellen Strohgeflecht 50 kr. Die Ausgaben für die Rettungsanstalt beliefen sich im Jahr 1850 auf 378 fl., die Einnahmen auf 193 fl. Es ergab sich demnach ein Defizit von 185 fl., das durch eine Schenkung von 118 fl. und die Aufnahme eines Darlehens gedeckt wurde.5 In Ansbach bestand lediglich eine Kleinkinderbewahranstalt, die als private Einrichtung unter städtischer Auf- sicht geführt wurde. Andere elternlose Kinder wurden bei Pflegeeltern für wöchentlich 40 kr. un- tergebracht.6 In Donauwörth wurden verwaiste oder verwahrloste Kinder ausschließlich in Famili- enobhut gegeben, wofür die Armenpflege 2 bis 3 fl. monatlich je Kind vergütete.7 Die Stadt Bay-

1 Zur Geschichte der Kinderbewahranstalten in Bayern: Erning 718 - 745, hier weitere Literatur; Mühlbauer 356 - 373. Die ersten Anstalten wurden 1830/1831 in Burgfarrnbach und Nürnberg eingerichtet, ebd. 358; Diefenbacher/ Endres 533f. 2 StadtAAm, Zg. I 1860, Schreiben des Armenpflegschaftsrats an den Magistrat vom 30. August 1849. 3 Ebd. 4 Friedrich/von Haller/Jakob 414f. 5 StadtAAm, Zg. I 1860, Schreiben des Magistrats Erlangen vom 3. Februar und 7. März 1851. 6 Ebd. Schreiben des Magistrats Ansbach vom 5. Februar 1851. 7 Ebd. Schreiben des Magistrats Donauwörth vom 12. Februar 1851. 229 reuth besaß eine Kinderbewahranstalt, die jedoch nur sehr wenige Kinder aufnehmen konnte, eine Vergrößerung war in Planung.8

Diese Auskünfte dürften den Magistrat kaum zufriedengestellt haben. Entweder bestand keine An- stalt und die Kinder wurden nach wie vor Pflegeeltern anvertraut oder die Einrichtung war zu klein, um übertragbare Aussagen zu Betrieb und Unterhaltskosten anstellen zu können. Wenig ermuti- gend zeigte sich die Situation in Erlangen; die Rettungsanstalt war nicht im Besitz ausreichender Kapitalien und bedurfte somit weiterer Zuwendungen und Fremdmittel.

Daß dieser eher ungünstige Bericht bei der finanziellen Situation der Stadt den Magistrat zögern ließ, sich des Projekts energisch anzunehmen, ist nicht verwunderlich. Zunächst setzte man einen Ausschuß ein, der feststellen sollte, ob die Einrichtung einer Rettungsanstalt in Amberg tatsächlich vonnöten sei und falls dies bejaht werde, Vorschläge über Organisation und Finanzierung auszuar- beiten.9 Die Kommission kam nach kurzer Beratungszeit zu dem Schluß, daß eine solche Anstalt unabdingbar sei, da „derlei Kinder in den Händen sogenannter Kostleute nur höchst selten gedei- hen und überhaupt die Auffindung geeigneter Erzieheltern äußerst schwierig ist, und der Armen- pflegschaftsrat nur allzu oft bitter von denselben getäuscht worden ist; da demnach die auf die Er- ziehung und Verpflegung von derlei Kindern verwendete Kosten meist vergeudet waren, weil gleichwohl dieselben nur üble Erziehung erhielten, unbrauchbare Menschen wurden und das Pro- letariat vermehrten, so findet die Commission ein Mittel zur ferneren Abnahme von derlei Übeln ganz besonders in der Gründung eines Knaben- und Mädchen-Rettungshauses“.10 Mit der Erzie- hung der Kinder beabsichtigte man die Armen Schulschwestern zu betrauen, die sich bereit erklärt hatten, den Dienst für die erste Zeit unentgeltlich zu leisten.11 Die entfallenden Personalkosten würden die laufenden Unterhaltskosten nicht unerheblich mindern, und die Aufwendungen für Kleidung und Einrichtungsgegenstände hoffte man mittels Sachspenden aus der Bürgerschaft eben- falls sehr gering halten zu können. Der Armenpflegschaftsrat sah vor, pro Kind 40 fl. jährlich, wie bei der bisherigen Familienunterbringung, an die Rettungsanstalt auszubezahlen; zur Zeit unterhielt er 31 Schützlinge.12 Für die weitere Finanzierung wollte man zum einen staatliche Zuschüsse bean- tragen, zum anderen die Überschüsse der städtischen Stiftungen in Anspruch nehmen, auch die Sparkasse gedachte man heranzuziehen, und schließlich vertraute man auf Geldspenden und Lega- te sozial gesinnter Bürger.13 Weiterhin nahm man in Aussicht, entgeltpflichtige Plätze für Kinder, deren Eltern nicht die Möglichkeit hatten, ihren Nachwuchs tagsüber zu

8 Ebd. Schreiben des Magistrats Bayreuth vom 28. Februar 1851. 9 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 6. Juni 1851. 10 Ebd. Protokoll vom 8. Mai 1851. 11 Ebd. Schreiben der Oberin der Armen Schulschwestern an die Kommission zur Errichtung einer Rettungsanstalt vom 2. Mai 1851. 12 Ebd. Schreiben des Magistrats an den Armenpflegschaftsrat vom 20. Februar 1851. 13 Ebd. Protokoll vom 8. Mai 1851. 230 beaufsichtigen, zur Verfügung zu stellen.14 Letztendlich waren auch die Stadtväter von der Not- wendigkeit der Errichtung einer Kinderbewahranstalt überzeugt, vorrangig weil ihnen klar wurde, „daß, wenn nicht zur rechten Zeit durch außerordentliche Mittel Einhalt getan wird, das Übel [= Armut] eine gefährliche Höhe erreicht, wodurch bei geringen Anlässen Leben und Eigentum der besitzenden Volksklasse in Gefahr kommt.“15 Bettelnde und herumlungernde Kinder sollten „vor sittlicher und körperlicher Verwahrlosung geschützt, aus ihrem Elende gerissen und auf den Weg des Guten“ gebracht werden. Auch den Müttern unehelicher Kinder16 wollte man durch die Auf- nahme der Nachkommenschaft in die Anstalt mit Nachdruck zu ehrlichem Broterwerb verhelfen. „Außerdem soll diese Anstalt es möglich machen, ledigen Weibspersonen den Vorwand zu be- nehmen, welchen sie gewöhnlich vorschützen, wenn sie in einen Dienst geschafft werden. Ihre Kinder werden in die Anstalt gebracht und sie zum Dienen gezwungen.“17 Für die Unterbringung der Kinder zog man zwei Gebäude in die engere Wahl: das ehemalige Leprosenhaus bei der Drei- faltigkeitskirche18 und das im Besitz der Armen Schulschwestern befindliche „Klösterl“.19 Besser geeignet erschien das „Klösterl“, da das Leprosenhaus - von der Größe her durchaus ausreichend, von der Raumaufteilung her jedoch weniger günstig - hätte umgebaut werden müssen. Ferner lag das Haus zu weit vom Schulgebäude20 entfernt, im Unterschied zum „Klösterl“, von dem aus die Kinder in wenigen Gehminuten zum Unterricht gelangten.21 Am 19. August 1851 entschied sich der Magistrat endgültig für den Ankauf des „Klösterls“ und für die dortige Unterbringung der zu gründenden Kinderbewahranstalt.22 Erst vier Monate später, nach mehrmaligem Anmahnen, gaben die Gemeindebevollmächtigten ihre Zustimmung zum Erwerb des Gebäudes und zur Gründung der Anstalt.23 In der Zwischenzeit hatte eine großzügige Dotation das finanzielle Fundament der künftigen Rettungsanstalt geschaffen. Simon Zeilner,24 am 12. August 1784 in Amberg geboren, nun Pfarrer in Westen, hatte dem Amberger Stadtdekanat im Juni 1851 2.700 fl. mit der Auflage über- sandt, das Geld ausschließlich für die Rettungsanstalt zu verwenden. Weitere 300 fl. avisierte er für das Jahresende.25 Dazu waren 287 fl. aus Sammlungen eingegangen. Der Gründung der Bewahran- stalt schien nun nichts mehr im Wege zu stehen, der Kauf des „Klösterls“ konnte zum Abschluß gebracht werden.

14 Ebd. Protokoll vom 12. Mai 1851. 15 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 6. Juni 1851. 16 Die uneheliche Kinder entstammten nach Meinung des Magistrats überwiegend den „Concubinatsverhältnißen“ der Militärangehörigen, die strengerer Aufsicht unterworfen werden sollten. Ebd. Zg. I 333, VB 1833/34 bis 1838/39. 17 Ebd. Zg. I 1860, Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 6. Juni 1851. Zur mißbräuchlichen Nutzung der kommunalen Armenfonds vgl. Heydenreuter, Vermögen 63. 18 Vgl. S. 170 Anm. 5; S. 234 Anm. 54. 19 Heute Eichenforstgäßchen 12. 20 Vgl. Müller 169 - 171. 21 StadtAAm, Zg. I 1860, Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 6. Juni 1851. 22 Ebd. Protokoll vom 19. August 1851. 23 Ebd. Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 22. Dezember 1851. 24 Im Verwaltungsbericht des Jahres 1869 ist der Name falsch angegeben. VB 1869, 90. 25 Ebd. Schreiben des Stadtdekanats und Pfarramts Amberg an den Magistrat vom 2. und 12. Juli 1851; Schenkungsur- kunde vom 25. Dezember 1851. 231 Die Armen Schulschwestern hatten das Gebäude am 22. August 1838 von den Erben des Ge- richtsadvokaten Dr. Alois Mesmeringer zum Preis von 3.850 fl. erworben,26 um hier eine höhere Töchterschule27 und eine Kleinkinderbewahranstalt einzurichten. Letztere wurde am 15. Novem- ber 1839 eröffnet. Ihr Zweck war die „Aufsicht während der Tagszeit auf solche Kinder, welche zur Werktagsschule noch nicht pflichtig sind und Eltern angehören, die bei Ihrem Dürftigkeitsverhältnis- se in Folge ihrer Arbeiten oft ganze Tags vom Hause abwesend sind und ihre Kinder ohne Aufsicht zurücklassen oder deren Eltern eine so schlechte Aufführung pflegen, daß es in sittlicher wie in körperlicher Beziehung notwendig ist, für die üblen Beispiele der Eltern die Kinder zu entrücken und auch für einige Nahrung der Kinder zu sorgen, endlich in Kindern schon frühzeitig die Lust zum Lernen zu wecken.“28 Die finanziellen Mittel des Ordens hatten allerdings nicht ausgereicht, um den vollen Kaufpreis für das Gebäude und den unerläßlichen Umbau aufzubringen. Da die Errichtung der Schule und der Bewahranstalt im Interesse der Kommune lag, gewährte sie ein un- verzinsliches Darlehen in Höhe von 1.450 fl. und übernahm zusätzlich die Renovierungskosten, die sich auf 2.300 fl. beliefen. Über diese Beträge wurde eine Hypothek eingetragen. Letztendlich ü- bernahm die Stadtgemeinde eine Gesamtsumme von 4.470 fl. Die Rückerstattung setzte man bis zu dem Zeitpunkt aus, an dem sich die Verwendung des Anwesens änderte. Im September 1849 verließen die Armen Schulschwestern das Gebäude, es stand seither leer und wurde gelegentlich für Einquartierungen genutzt. Die Rückzahlung der Darlehen erfolgte nicht.29 Da der Schätzwert des „Klösterls“ - 4.500 bis 5.000 fl. - nahezu mit der der Kommune zustehenden Summe überein- stimmte,30 konnte diese kaum ein günstigeres Gebäude erwerben, zumal sich Lage und räumliche Ausstattung bestens für die künftigen Aufgaben eigneten. Nach einigen Verhandlungen ging das „Klösterl“ zum Gegenwert der offenen Forderung am 14. Juni 1852 in den Besitz der Stadt Amberg über.31 Beide Seiten verzichteten auf weitergehende Ansprüche.32 Die Frage der räumlichen Unter- bringung war damit gelöst, nicht jedoch diejenige der Finanzierung des laufenden Unterhalts.

Der Armenpflegschaftsrat errechnete einen jährlichen Bedarf von 2.887 fl. für die Unterbringung von 30 Kindern. Diese Summe überstieg die vorhandenen Mittel bei weitem. Bereit standen das

26 Ebd. Protokoll vom 20. Januar 1852. 27 Vgl. Müller 179. 28 StadtAAm, Zg. I 1858, „Verzeichnis der in der Stadtgemeinde Amberg bestehenden Armen-. Versorgungs- und andern Wohltätigkeitsanstalten, 1851“, Kleinkinderbewahranstalt. Seit Mitte der 1820er Jahre wurde in Deutschland die Not- wendigkeit einer außerfamilialen, öffentlichen Kleinkindererziehung diskutiert. Dazu Erning: „Die Auswirkungen der wachsenden Verarmung breiter Bevölkerungsschichten sowie die in der Frühindustrialisierung sich abzeichnende Proleta- risierung erzwangen einen Lohnerwerbstätigkeit auch von Frauen und Müttern, deren unbeaufsichtigte Kinder zu ver- wahrlosen drohten. [...] Die wachsende Armut nährte die Furcht vor einer Unzufriedenheit der Massen, der man u. a. durch Einrichtungen der Kinderbetreuung zuvorzukommen suchte. Mit diesem Entlastungsangebot hoffte man, die Eltern mit ihren ärmlichen Lebensumständen zu versöhnen und gleichzeitig die Kinder zu fügsamen Mitgliedern der gegebenen Gesellschaftsordnung zu erziehen.“ Erning 719. 29 StadtAAm, Zg. I 1860, Protokoll vom 20. Januar 1852. 30 Ebd. Protokoll vom 5. Januar 1852. Circa 1.000 fl. wurden für anstehende Reparaturen veranschlagt. 31 Ebd. Zg. I 1862, Schreiben des Magistrats an das Rentamt Amberg vom 12. Juni 1852. 32 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 3. Mai 1852. 232 Gründungskapital von 3.000 fl., ein Legat von 100 fl. und 323 fl. aus Kollekten. Die Hoffnung auf Vergrößerung des Grundstocks durch Schenkungen und Nachlässe hatte sich nicht erfüllt. Aus dem zu 4 1/2 % verzinsten Kapital ergaben sich jährlich 135 fl., Reichalmosen- und Hospitalstiftung könnten je 200 fl. beisteuern und aus Sammlungen veranschlagte man 100 fl.33 Diese 635 fl. mach- ten noch nicht einmal ein Viertel der pro Jahr aufzubringenden Summe aus. Das Defizit hätte die Armenkasse zu tragen, die dazu gewiß nicht in der Lage war, standen ihr doch jährlich nur etwa 3.800 fl. an Renten zur Verfügung, aus denen sie 450 Personen zu unterstützen hatte.34 Die unsi- chere Betriebskostenfinanzierung stellte nun das gesamte Projekt in Frage. Um das Vorhaben doch noch zu realisieren, beschloß der Magistrat, wie vorab geplant, Zuschüsse aus Kreismitteln zu bean- tragen, die die Entschließung des Innenministeriums vom 20. November 1851 in Aussicht stellte.35 Die Kreisregierung bewilligte, um die Gründung der Anstalt voranzutreiben, als Einmalzahlung 1.000 fl. und zum jährlichen Unterhalt zusätzliche 500 fl.36 Dieses finanzielle Polster schien der Stadtverwaltung ausreichend, um zur Eröffnung der Anstalt zu schreiten: „Den Bemühungen des Magistrats und des Armenpflegschaftsrates dahier ist es gelungen, eine neue Wohltätigkeitsstiftung ins Leben zu rufen. Diese mit allerhöchster Bewilligung Seiner Majestät des Königs Maximilians- Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder genannt, wird künftigen Mittwoch, den 12. laufenden Mo- nats [=12. Oktober 1853], vormittags 11 Uhr als am Namensfeste des hohen Taufpaten in dem ‘Rettungshause’ feierlich eröffnet und dem Orden der Barmherzigen Schwestern die Aufsicht und Pflege in dieser Anstalt, in welcher vorläufig 20 Kinder Aufnahme finden, übergeben.“37

Mit der Erziehung der Kinder wurde nicht wie ursprünglich vorgesehen die Armen Schulschwestern beauftragt, sondern die Barmherzigen Schwestern.38 Mit ihnen hatte der Magistrat Kontakt aufge- nommen, als ein Konsens mit den Schulschwestern hinsichtlich der Ablösesumme für das Gebäude und der Entlohnung für die Tätigkeit in der Anstalt nicht mehr zu erreichen war.39 Die Schulschwes- tern hatten 1.200 fl. für die Überlassung des Anwesens beansprucht und sich bereit erklärt, für kur- ze Zeit Pflege und Erziehung der Kinder ohne Entgelt zu übernehmen.40 Der Magistrat hingegen hatte 800 fl. geboten und die verbindliche Zusage des Ordens gefordert, fünf Jahre lang das Haus kostenlos zu leiten.41 Einer solchen Vereinbarung wollten die Schulschwestern nicht

33 Ebd. Zg. I 1861, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 25. Mai 1852. 34 Ebd. Zg. I 1858, „Verzeichnis der in der Stadtgemeinde Amberg bestehenden Armen-, Versorgungs- und andern Wohl- tätigkeitsanstalten, 1851“, Lokalarmenkasse. 35 Ebd. Zg. I 1861, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 25. Mai 1852. 36 Ebd. Schreiben der Kreisregierung vom 2. August 1853. 37 WBl. 1853, 510. Im „Rettungshaus“ wurde am 10. September 1854 eine Suppenanstalt eingerichtet. Minderbemittelte und Arme erhielten nach polizeilicher Feststellung ihrer Bedürftigkeit eine „Suppenkarte“. Nach deren Vorlage wurde ein Mal täglich ein Teller Suppe gereicht. Die Suppenküche betrieben die Barmherzigen Schwestern, die Kosten übernahm die Armenkasse. WBl 1854, 376. 38 Die Barmherzigen Schwestern hatten auch die Pflege im städtischen Krankenhaus übernommen. Vgl. S. 177 Anm. 49. 39 StadtAAm, Zg. I 1862, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 3. Mai 1852. 40 Ebd. Zg. I 1860, Schreiben des Ordens der Armen Schulschwestern an den Magistrat vom 2. Januar 1852. 41 Ebd. Protokoll vom 20. Januar 1852. 233 zustimmen.42 Schließlich einigte man sich außergerichtlich darauf, das Anwesen ohne weitere Zahlungen in den Besitz der Kommune übergehen zu lassen und im Gegenzug den Orden nicht für den Dienst in der Rettungsanstalt heranzuziehen.43

Um die veranschlagten Kosten zu senken, wurden lediglich 20 anstelle der geplanten 30 Kinder aufgenommen. Zu deren Erziehung entsandten die Barmherzigen Schwestern zwei Ordensangehö- rige nach Amberg, die freie Kost und Logis und je 50 fl. jährliche Honorierung bezogen. Sie durften Vieh und Geflügel halten, das sie nach eigenem Gutdünken selbst verwenden oder auch verkaufen konnten. Zu ihrer Unterstützung wurde eine Magd eingestellt. Diese erhielt neben freier Verpfle- gung pro Jahr 30 fl.44 In welchen Altersstufen die Kinder in die Anstalt aufgenommen wurden und welche erzieherischen Maßnahmen die Grundlage für ihr späteres Leben bilden sollten, zeigen die Satzungen der Rettungsanstalt und der Verwaltungsbericht des Jahres 1869: „Aufnahme finden Kinder vom 3. bis 14. Lebensjahre; die schulpflichtigen Kinder besuchen die hiesigen Stadtschulen, und werden außerdem in allen häuslichen und ökonomischen Arbeiten unterrichtet. Der Austritt aus der Anstalt erfolgt in der Regel mit dem zurückgelegten 14. Lebensjahre, und sorgt die Anstalt für das weitere Unterkommen derselben, indem sie ihnen einen Dienst oder den Eintritt in eine Lehre verschafft.“45 Trotz der geringeren Zahl aufgenommener Kinder mußte der Magistrat in den Jahren nach der Gründung weitere Zuschüsse bei der Kreisregierung beantragen, die diese gewähr- te, jedoch nicht ohne Gegenleistung.46 Da Mittel des Kreises in die Anstalt flossen, hatte die Stadt- verwaltung für drei Kinder aus dem Kreis Freiplätze einzurichten, die öffentlich ausgeschrieben wurden. Für die Aufnahme war ein Alter von drei Jahren und die Vorlage eines Gesundheits- und Impfzeugnisses Voraussetzung.47

Die Rettungsanstalt blieb bis zu ihrer Auflösung ein Zuschußbetrieb - „die Max-Anstalt war schon immer ein Sorgenkind“48 - und auf Unterstützung angewiesen. Im Jahr 186949 erhielt sie Zuschüsse von folgenden städtischen Institutionen:50

300 fl. Reichalmosenstiftung,51 300 fl. Katharinenspitalstiftung,52 200 fl. Hospitalstiftung,53 100 fl. Leprosenhausstiftung,54 150 fl. städtische Sparkasse, insgesamt 1.050 fl.

42 Ebd. Zg. I 1861, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 25. Mai 1852. 43 Ebd. 44 Ebd. Zg. I 1862, Vertrag vom 7. Oktober 1852. 45 VB 1869, 90; StadtAAm, Zg. I 1862, Stiftungssatzungen für die Maximilians-Anstalt vom 12. Oktober 1853. 46 Ebd. Zg. I 1861, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 8. Dezember 1854, 31. Januar 1862, 19. Dezem- ber 1863. Es wurden jeweils 500 fl. genehmigt. Vermutlich wurde derselbe jährliche Betrag auch für die Jahre 1855 bis 1861 gewährt. 47 Ebd. Bekanntmachung vom 4. Januar 1855. 48 Ebd. Zg. II 1334, Schreiben des Oberbürgermeisters Josef Filbig an die Generaloberin der Barmherzigen Schwestern vom 17. April 1936. 49 Im Verwaltungsbericht des Jahres 1869 wurden die einzelnen Titel detailliert dargestellt, deshalb mag es hier als exem- plarisches Jahr dienen. 50 Ambergs Stiftungen wurden bisher - mit Ausnahme zweier Aufsätze von Regler und Laschinger zum Bürgerspital - wis- senschaftlich nicht bearbeitet. 51 Die Reichalmosenstiftung richtete der Amberger Bürger Georg Kastner 1433 ein. Über die Dotation ist nichts bekannt; der Stiftungsbrief ist nicht mehr vorhanden. Im Jahr 1737 wurde das Stiftungsvermögen durch ein Legat der Anna Franzis- ka Günther um 4.000 fl. aufgestockt. Zweck der Stiftung war die Unterstützung armer Bürger durch Geld- und Naturalab- 234

gaben. Die Verteilung der Geldspenden regelte die Stiftungsverwaltung im 19. Jahrhundert nicht selbst, sondern übergab den jährlich vorgesehenen Betrag, hier 450 fl. (diese und alle folgenden Zahlen, ebenso die der unten aufgeführten Stif- tungen, beziehen sich auf das Jahr 1869; Ausnahmen sind angegeben), an die städtische Armenpflege. Die Ausgabe der Naturalabgaben erfolgte in eigener Regie. Sie bestand in der Vergabe von wöchentlich einem 7 Pfund schweren Laib Brot an jeden der 15 Pfründner. Das Gesamtvermögen der Stiftung belief sich auf 30.522 fl. Sie besaß außer dem Restkom- plex des sogenannten „Hüttenhofes“ keine weiteren Gebäude. Bei dem „Hüttenhof“ handelte es sich um eine ehemalige Ziegelhütte, die 1616 aus dem Besitz der Gemeinde Högling in den der Stadt Amberg überging. Diese wandelte das Anwesen in einen Bauernhof um, zu dem ein Forsthaus gehörte. Wegen zu geringer Pachterträge verkaufte der Magistrat den „Hüttenhof“ schließlich an die Reichalmosenstiftung. Die im Besitz der Stiftung befindlichen 7,06 Dez. Ackerland und 1,32 Dez. Fischweiher wurden für 42 fl. jährlich verpachtet. 90,81 Tgw. Waldungen erbrachten 709 fl. Das Aktiv- vermögen der Stiftung von 25.739 fl. war zu 3 ½ bis 5 % in Staatsobligationen, Grundrenten, Ostbahnaktien, Bodenzins- kapitalien, hypothekarischen Darlehen und bei anderen städtischen Stiftungen angelegt. Es erbrachte 991 fl. Zinsen. Schwaiger, Titel XIII; Laschinger 90 - 92; VB 1869, 68 - 70. 52 Über Gründer und Gründung ist nichts bekannt; der Stiftungsbrief existiert ebenfalls nicht mehr. Die älteste Rechnung - sie enthält keine Angaben zur Stiftung selbst - stammt aus dem Jahr 1552. Da sie als „Die Erst“ bezeichnet wurde, wird es sich um den rechnerischen Abschluß des Gründungsjahres handeln. Aufgabe der Stiftung war die Unterstützung alter, arbeitsunfähiger Dienstboten, die längere Zeit in Amberg beschäftigt waren. Die Pfründner erhielten im Spitalgebäude am Friedhof St. Katharina freie Wohnung und Beheizung, wöchentlich einen Laib Brot und 30 kr. bis 1 fl. je nach Bedürftig- keit; sie wurden unentgeltlich mit ärztlicher Hilfe und Medikamenten versorgt. Die Stiftung besaß ein Vermögen von 36.100 fl., dazu gehörte als Immobilienbesitz das Spitalgebäude, in dem der Hausmeister und 14 Pfründner lebten, 181,29 Tgw. Waldungen mit 2.125 fl. Einnahmen jährlich, 14,96 Tgw. Ackerfläche mit einem Ertrag von 227 fl. und 4,98 Tgw. Wiesen, die für 39 fl. verpachtet wurden. Die Stiftung verfügte über ein Aktivkapital von 25.012 fl., das zu 4 bis 5 % in Staatspapieren, Bodenzinskapitalien, bei anderen städtischen Stiftungen und gegen hypothekarische Sicherheit bei Privatpersonen angelegt war. StadtAAm, Rechnungen X 164; VB 1869, 85 - 87. Laschinger 91f. 53 Vgl. Laschinger, Spital; Regler, Bürgerspital. Die Stiftung wurde 1317 von Ludwig dem Bayern eingerichtet und ab 1326 vom Rat der Stadt verwaltet. Die Stiftungsbe- stimmungen wurden in der Weise interpretiert, daß ausschließlich notleidende Amberger Bürger Beihilfe fanden. Im Jahr 1870 erhielten 48 Pfründner finanzielle und Naturalunterstützung. Hinzu kamen vier Pfründen, die die Kreisregierung an bedürftige Hinterbliebene von Staatsbeamten verlieh. Die Pfründner erhielten folgende Zuwendungen: wöchentlich 16 kr., dazu 11 Pfund Brot, täglich eine Maß Bier, freie Wohnung und Beheizung, freie ärztliche Behandlung und Medika- mentenversorgung, schließlich Übernahme der Beerdigungskosten. „Es wird selten an eine Person eine ganze Pfründe verliehen, sondern in der Regel nur eine halbe. Viele Pfründner verzichten auf den Genuß der Wohnung, während um- gekehrt Wohnungsgenuß und Holzunterstützung auch an Nichtpfründner verliehen wurden.“ VB 1870, 61; StadtAAm, Urk. 7, Urkunde von 1317 April 22, gedruckt Laschinger, Denkmäler 6f.; StadtAAm, Urk. 16, Urkunde von 1326 Januar 28, gedruckt Laschinger, Denkmäler 16f.; Schwaiger, Titel XIII. Die Hospitalstiftung besaß im Jahr 1869 ein Gesamtvermögen von 271.948 fl. Darunter befanden sich folgende Immobi- lien: - die Spitalkirche - zwei Pfründnergebäude (heute Bahnhofstraße 5, Ziegelgasse 7) - ein Getreidespeicher - ein Pferdestall, ein Heustadel, ein weiterer Stall; alle durch das Militär gegen Überlassung des Pferdemists genutzt - das vom Verwalter bewohnte Haus (heute Bahnhofstraße 9) - das Mesnerhaus (heute ebenfalls Bahnhofstraße 9) - der Pfarrhof (heute Spitalgasse 3) - das Forsthaus in Köfering, bewohnt vom städtischen Oberförster und zwei Gehilfen - 51,22 Tgw. Gärten, Wiesen und Waldungen mit jährlichen Einnahmen von 8.406 fl. Vgl. Laschinger 91. - 149,01 Tgw. Ackerland mit jährlichen Einnahmen von 1.536 fl. Die Gesamteinnahmen des Jahres 1869 beliefen sich auf 22.672 fl., die Gesamtausgaben auf 21.180 fl. Das Aktivkapital betrug 145.856 fl. Es war zu 4 bis 5 % angelegt in Staatspapieren, Grundrentenablösungsobligationen, Ostbahnaktien, Bodenzinskapitalien, bei anderen städtischen Stiftungen und hypothekarisch bei Privatpersonen. Die Hospitalstiftung war von den 13 Amberger Wohltätigkeitsstiftungen die vermögendste. VB 1869, 62 - 65. 54„Diese Stiftung, deren Gründer unbekannt ist, besteht schon seit unfürdenklichen Zeiten und werden von derselben arme unheilbare Personen, welche dahier beheimatet sind, auf Lebensdauer aufgenommen. Dieselben genießen freie Wohnung in dem zur Stiftung gehörigen Hause am St.-Katharinen-Friedhofe und beziehen entweder wöchentlich ent- sprechendes Almosen in Geld oder die Kost durch den Hausmeister, sowie denselben auch gereinigte Leib- und Bettwä- sche und unentgeltlich ärztliche Behandlung zukommt.“ VB 1870, 62. Nach dem Bezug des neu erbauten Marienspitals im August 1850 wurde das vormalige Krankenhaus am Katharinenfriedhof an die Leprosenhausstiftung verkauft, die dafür ihr Haus an der Regensburger Straße aufgab. Zu den Siechenhäusern in Amberg vgl. Schmidt. Da das Gebäude durch die wenigen Pfründner nicht vollständig belegt wurde, vermietete man einen Teil der Räume an die städtische Armenpflege (Einnahme: 140 fl.). Sie brachte wohnungslose männliche Bedürftige hier unter. Die Leprosenhausstiftung besaß ein Vermögen von 15.814 fl. Außer dem nunmehrigen Leprosenhaus und Waldungen mit 58,19 Tgw., die 1.049 fl. ein- brachten, hatte die Stiftung keinen weiteren Immobilienbesitz. Das Aktivkapital in Höhe von 8.581 fl. war zu 4 bis 4 ½ % in Staatsobligationen, bei städtischen Stiftungen und in Hypotheken bei Privatperso-nen angelegt. Die Gesamteinnahmen betrugen 1.778 fl., die ausgaben 1.421 fl. VB 1869, 71f.; VB 1870, 62; Laschinger 91. 235 In diesem Jahr waren 20 Kinder auf Kosten der Armenpflege untergebracht, die 1.159 fl. für sie bezahlte. Eltern von 17 weiteren Kindern leisteten Unterhaltsgelder in Höhe von 1.087 fl. Die Beiträge der Armenpflege und der Eltern bildeten zusammen mit den Zuschüssen aus den städti- schen Stiftungen und der Sparkasse Einnahmen in Höhe von 3.296 fl. Demgegenüber standen die für den Anstaltszweck verwendeten Ausgaben mit einer Summe von 3.531 fl. Die Gesamteinnah- men bestehend aus obiger Summe, Zinserträgnissen, Legaten und Sammlungen betrugen 5.880 fl., die ausgaben 5.827 fl. Es verblieb ein Aktivrest von 53 fl. Ohne die Sustentationen städtischer Sozi- aleinrichtungen, die knapp 30 % des zweckgebundenen Ausgabenbetrages ausmachten, hätte die Anstalt nicht bestehen können. Die städtische Sparkasse wurde in den Jahren 1866 bis 1873 mit 1.100 fl. herangezogen.

Am 5. März 1936 verfügte Oberbürgermeister Filbig die Schließung der Rettungsanstalt. Er war sich längst darüber im klaren, „daß die Maxanstalt als ständiger Zuschußbetrieb aufhebungsreif ist und die dort untergebrachten Kinder dem Waisenhaus überwiesen werden sollen, durch welche Maß- nahme wenigstens ein Betrieb gesund gemacht werden kann.“55 Noch im Jahr vor der Schließung hatte die Kommune für Unterhalt und Erziehung von 60 Kindern 8.500 RM zugeschossen.56 Am 15. Mai 1936 wurde die Maximilians-Rettungsanstalt aufgehoben und die Kinder ins Waisenhaus57 eingewiesen, „obwohl es eine dumpfe Lage hat, düster und muffig ist“.58 Das Vermögen der An- stalt, 2.312,50 RM in Wertpapieren und Immobilien im Wert von 87.720 RM, wurden von der Stadt eingezogen.59 Im ehemaligen „Rettungshaus“ wurden im Erdgeschoß zwei Schulräume, ein Lehrerzimmer und eine Hausmeisterwohnung eingerichtet. Das erste und zweite Stockwerk bezog das städtische Museum.60

55 StadtAAm Zg. II 1334, Entschließung des Oberbürgermeisters Filbig vom 5. März 1936. 56 Ebd. Protokoll vom 11. März 1936; Schreiben des Oberbürgermeisters Filbig an die Generaloberin der Barmherzigen Schwestern vom 17. April 1936. 57 „Die Waisenhausstiftung wurde gegründet im Jahre 1737 von dem hiesigen Stadtdekan Johann Heinrich Werner durch Schenkung des Wohnhauses Lit. C Nr. 161 [heute Waisenhausgasse 3] dahier und beiläufig 30.000 fl. an Kapitalien, zum Zwecke der Aufnahme von Waisen vom 7. Lebensjahre an zu ihrer Erziehung durch einen eigenen Lehrer, mit besonde- rer Wart und Pflege durch einen Waisenvater und eine Waisenmutter (seit 12. Oktober 1854 durch barmherzige Schwes- tern vertreten), um nach vollendetem 15. oder 13. Lebensjahre als Handwerker oder Dienstboten ihr ferneres Fortkom- men zu finden. [...] Durch ein späteres Legat des kurfürstlichen Sekretärs und Hofgerichtsexpeditors Schwindler ad 8.000 fl wurden für arme Waisen der Gemeinde Schönsee Freiplätze gestiftet. Im Waisenhause befanden sich im Jahre 1869 28 Knaben, wovon 12 ganze Freiplätze hatten, und 4 geringen Kostgeldbeitrag bezahlten; die übrigen 12 Knaben waren gegen Kostgeldentschädigung von 50 bis 100 fl. auf Ansuchen ihrer Eltern aufgenommen.“ VB 1869, 80. Vgl. Georg Blößner, Kurze Geschichte des katholischen Waisenhauses in Amberg. Zum 200jährigen Jubiläum, 1937; Katholische Waisenhaus-Stiftung (Hg.), Johann-Heinrich-Werner-Haus. Kinderheim Amberg, 1966. Vgl. Anhang S. 359. 58 Ebd. Schreiben Filbigs an die Regierung von Niederbayern und der Oberpfalz vom 20. August 1936. Filbig hätte es vorgezogen, nach der Vereinigung von Rettungsanstalt und Waisenhaus die Kinder im „Rettungshaus“ unterzubringen, das die baulich bessere Substanz aufwies und für die Unterbringung der Kinder zweckmäßiger erschien. Da der Stif- tungsbrief jedoch Gebäude und Waisenhaus „für ewige Zeiten“ verband, mußten die Kinder das „Rettungshaus“ räumen. Ebd. Schreiben Filbigs an die Generaloberin der barmherzigen Schwestern vom 17. April 1936. 59 Ebd. Stellungnahme Oberbürgermeister Filbigs zur Auflösung der Maxanstalt vom 21. Januar 1938. 60 Ebd. Schreiben Filbigs an die Generaloberin der Barmherzigen Schwestern vom 17. April 1936. 236 Exkurs: Die Errichtung des Gaswerks1

Die städtische Sparkasse stellte in den Jahren 1864/65 bis 1868 zur Unterstützung des Gasbeleuch- tungsfonds 1.550 fl. zur Verfügung. Zu diesem Fonds schrieb der Magistrat im Verwaltungsbericht des Jahres 1869: „Die im Jahre 1861 erbaute Gasfabrik war ursprünglich Eigentum einer Aktienge- sellschaft, woran sich die Stadtgemeinde mit einem Aktienkapital von 60.000 fl. beteiligt hatte. Im Jahre 18642 wurde die Gasfabrik mit allen Zugehörungen an Gebäuden, Grundstücken, Röhrenlei- tungen, Anlagen und Betriebseinrichtungen, Materialvorräten, Apparaten, Gerätschaften etc. von der Stadtgemeinde käuflich erworben, zu welchem Zwecke dieselbe außer dem obigen Kapitale von 60.000 fl. noch eine weitere Schuld von 31.000 fl. contrahierte. Diese Gesamtschuld von 91.000 fl. nebst den Zinsen wird nach dem vorhandenen Schuldentilgungsplane in der Weise ab- getragen, daß alljährlich außer den vom Gaswerke aus dessen Renten genommenen 3.640 fl. noch weiter 800 fl. aus dem jährlichen Erträgnisse der Schrannengebühren und den Renten der Sparkas- se, somit in Summa 4.440 fl. hiezu (incl. Zinsenzahlung) verwendet werden, so daß die Gesamt- schuld mit 91.000 fl. im Jahre 1908 oder in 44 Jahren getilgt sein wird. Am Schlusse des Jahres 1869 betrugen die vorhanden Schulden noch 84.700 fl., welche auf nachstehende Gläubiger ver- teilt sind, wie folgt: 57.100 fl. auf städtischen Kassen und Stiftungen, 27.600 fl. auf Privaten. Der Gasbeleuchtungsfonds ist somit nichts anderes, als die Schuldentilgungskassa des Gaswerks, welche unter eigener Verwaltung lediglich zur Vereinfachung und Erleichterung der Verwaltung des Gas- werks steht.“

Die Errichtung eines Gaswerks war abhängig vom Anschluß der Kommune an das Eisenbahnnetz. Nur über den Schienenweg konnte die zur Erzeugung des Gases benötigte Menge Steinkohle kos- tengünstig und in ausreichender Menge herangeschafft werden.3 Obwohl im Frühjahr 18574 der Anschluß noch in weiterer Ferne lag, hatte sich die Amberger Stadtverwaltung an den Direktor des Nürnberger Gaswerks gewandt und um Auskünfte zu Bau und Betrieb des dortigen Werks gebe- ten.5 Die finanziellen Mittel zur Errichtung des Unternehmens sollte eine Aktiengesellschaft6 zur

1 Ein kurzer Abriß der Geschichte der Amberger Gasversorgung in Krapf 65f. Zur Errichtung von Gaswerken in Bayern vgl. Krapf, Entwicklung und Verwaltung 126 - 129. 2 Die Jahreszahl ist falsch. Die Kommunalisierung des Gaswerks erfolgte 1865. Krapf, Entwicklung und Verwaltung 130 ist zu berichtigen. Siehe unten. 3 Vgl. Matzerath 14f. Nürnbergs 2. Bürgermeister Johannes Scharrer drang im Vorfeld der Planung des dortigen Gaswerks auf eine Klärung, inwieweit die notwendigen Mengen „Qualitätssteinkohlen zu einem billigen Preis auf Jahre hinaus herbeigeschafft werden können“. Zelnhefer 22. 4 Witt 109f.; Zeitler 41f. Der Magistrat Ambergs bemühte sich bereits seit 1838 um den Bau einer Eisenbahnverbindung Nürnberg - Amberg - Regensburg. Da die Schiffahrt auf der Vils zum Erliegen gekommen war, hoffte man, über Eisen- bahnverbindungen zu den wirtschaftlichen Zentren Handel und Gewerbe in Amberg beleben zu können. StadtAAm, Zg. I 334, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 1. Dezember 1844; ebd. Beilage VIII. Vgl. Bräunlein 75f; Doll- acker, Ostbahn 1; Schneider 9 - 11; Spilker 285 - 289; Stark 43; Witt 74; Zeitler 11. 5 Die Anstoß zur Errichtung des ersten bayerischen Gaswerks in Nürnberg - das erste deutsche Gaswerk erstellte der Chemiker Wilhelm August Lampadius 1816 in Halsbrücke - dürfte auf Nürnbergs 2. Bürgermeister Johannes Scharrer zurückgehen. Der Bau begann jedoch erst über 10 Jahre nach Scharrers Initiative am 3. September 1846. Man hatte wegen der Rohstoffanfuhr ein Areal unweit des Bahnhofs der Nürnberg-Fürther-Eisenbahn in unmittelbarer Nähe des Rochusfriedhofs ausgewählt. Ende November 1847 konnte der Magistrat bekannt geben: „In wenigen Tagen wird von der Direktion der Gasbeleuchtung für Nürnberg solche eröffnet [...] Unserer Stadt ist die Ehre beschieden, die erste in Bayern zu sein, der vorläufig auf ihren größeren und belebteren Straßen und Plätzen diese so sehr gewünschte bessere Beleuch- 237 Verfügung stellen. Der Magistrat forderte im August 1858 Ambergs Bürger vergeblich auf, Akti- en dieser Gesellschaft zu zeichnen. Als im Frühjahr 1859 mit dem Bau des Amberger Bahnhofs begonnen wurde,7 waren die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, um die Pläne zur Einfüh- rung der Gasbeleuchtung durch den Bau eines Gaswerks in die Tat umzusetzen. Die Gemeindebe- vollmächtigten stimmten im November 1860 dem Bauvorhaben zu.8 Nachdem man sich auf einen Acker in der Nähe der Schießstätte als Standort für die Gasanstalt geeinigt hatte,9 beantragte der Magistrat im März 1861 bei König Maximilian II. die Genehmigung: „Das Bedürfnis nach einer Gasbeleuchtung hat sich auch für die hiesige Stadt geltend gemacht und es ist vorbehaltlich der Kuratelgenehmigung zwischen dem Direktor des Gaswerks Nürnberg E. Spreng10 und der Stadtge- meinde Amberg unterm 2. März 1861 ein Vertrag dahin abgeschlossen worden, daß sich Spreng verbindlich macht, um die Summe von 82.000 fl. eine Gasfabrik zu errichten und die Röhrenlei- tung in der Stadt zu bewerkstelligen und daß die Stadtgemeinde eine Aktiengesellschaft bildet, wo- bei sie sich vorweg mit 600 Aktien zu je 100 fl., E. Spreng mit 70 solchen beteiligt und der Rest mit 220 Aktien vorerst an die hiesigen Einwohner, dann auch an andere Teilnehmenslustige emittiert werde. Es soll sonach das ganze Baukapital ad 82.000 fl. nebst 7.000 fl. Betriebskapital in Summa 89.000 fl. durch Aktien aufgebracht werden.“11 Als Mitte Juni die Genehmigung des Königs ein- traf,12 wurde umgehend ein erneuter Aufruf zur Zeichnung von Aktien der „Actiengesellschaft für

tung zu Teil wird.“ Der Betrieb wurde am 1. Dezember 1847 aufgenommen. Zelnhefer 17, 24 - 26. Vgl. Bühl-Gramer 301 - 326. 6 Für die Gründung eines Gaswerks in Form einer Aktiengesellschaft entschied sich in deutschen Gebieten ein Drittel der Initiatoren. Wessel 74. 7 Dazu waren größere bauliche Vorarbeiten nötig. Die Stadtmauer mußte durchbrochen, der Stadtgraben überbrückt und eine Allee entfernt werden. Letzteres versuchte der Magistrat in mehreren Anläufen zu verhindern und erhob Einspruch gegen das Fällen der Alleebäume. Man einigte sich auf eine Neubepflanzung des künftigen Bahnhofsvorplatzes. Um den Durchgang vom Stadtinnern zum Bahnhof zu schaffen, wurden fünf Häuser mit Nebengebäuden, ein Stadel und ein Garten aufgekauft und abgerissen. Vgl. S. 218. Der Bau des Bahnhofs begann am 21. März 1859. Am 12. Dezember 1859 wurde die Linie Nürnberg - Amberg - Schwandorf - Regensburg dem Verkehr übergeben. Dollacker, Ostbahn 4 - 7; Zeitler 41f. Zur Veränderung in der städtebaulichen Struktur durch die Errichtung eines Bahnhofs vgl. Matzerath 15. „Die Verbindung zwischen Bahnhof und Stadtzentrum wurde in vielen Fällen zur Haupt-geschäftsstraße mit Telegraphen- und Postamt, Banken [...].“ Ebd. 8 Krapf 65. 9 StadtAAm, Zg. I 1086, Sitzungsprotokoll vom 6. März 1861. Der Kaufpreis des Geländes mit 1,5 Tgw. betrug 1.600 fl. Ebd. Zg. I 1089, Schreiben der Verwaltung des Gaswerks an den Magistrat vom 28. Dezember 1864 und ebd. Zg. I 1093, Protokoll vom 25. Juli 1865. 10 Der Gasingenieur Carl Ludwig Emil Spreng wurde am 6. Juni 1824 als ältester Sohn des Direktors des Karlsruher Gas- werks Johann Nepomuk Spreng geboren. Mit dem Nürnberger Friedrich August Sonntag hatte sich Johann Spreng in der „Badischen Gesellschaft für Gasbeleuchtung“ in Karlsruhe zusammengeschlossen und betrieb Gasanstalten in deutschen Städten wie Mannheim, Mainz und Karlsruhe. Beide übernahmen zusammen mit Josef Maier-Kapferer im Jahre 1851 die „Nürnberger Gasbeleuchtungsgesellschaft“, als deren Direktor Emil Spreng von 1855 bis 1863 fungierte. Neben dem Amberger Gaswerk errichtete er Werke in Ansbach, Bruchsal, Emden, Fulda, Jena, Lichtenfels, Meiningen, Nördlingen, Rottenburg am Neckar, Sonneberg, Tübingen, Weißenburg und Zweibrücken. Spreng revolutionierte die Gastechnik, im besonderen ging die Gewinnung von Anilinfarben aus den bei der Produktion anfallenden Abfallstoffen auf ihn zurück. Er gründete in Nürnberg die „Gas-Theerproduktenfabrik“, in der Anilinfarben hergestellt wurden. Spreng starb am 25. April 1864. Zelnhefer 27f; Nachruf Spreng 194f. 11 StadtAAm Zg. I 1093, Schreiben des Magistrats an König Maximilian II. vom 16. März 1861. Die Tatsache, daß nicht die Kommune, sondern ein Privatinvestor die Anlage erbaute, ist nicht untypisch für die Zeit der Industrialisierung. Auch das Nürnberger Gaswerk und weitere kommunale Einrichtungen wurden von Privatunternehmen auf deren Risiko errich- tet. Zelnhefer 24. Spreng baute zum Festpreis und auf eigene Gefahr. Durch seine finanzielle Einbindung in die Aktienge- sellschaft erwartete man eine gewisse Sicherheit für die Funktionsfähigkeit der Anlage. 12 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 15. Juni 1861. 238 Gasbeleuchtung in Amberg“ veröffentlicht.13 Doch die Beteiligung der Einwohner Ambergs war wiederum verschwindend gering.14 Nach dem Ende der Zeichnungsfrist entschloß sich deshalb der Magistrat, wie vorgesehen, auswärtige Interessenten zuzulassen und verschickte an die Magistrate Nabburg, Regensburg, Sulzbach, Vilseck und Weiden die Statuten der Gesellschaft mit der Bitte, diese an Bürger und Stiftungsverwaltungen weiterzureichen, zum einen um interessierte Aktionäre, zum anderen um Kapitalanlagewillige zu rekrutieren.15 Die Gelder flossen nicht wie erhofft, so daß dem Magistrat kein anderer Ausweg blieb als Kredite zu beantragen, um Zahlungsengpässe zu ver- meiden. „Die Einzahlungen von Darlehen aus Stiftungsgeldern oder durch Privatiere nicht minder aus der hiesigen Sparkasse16 in die Kassa für die Deckung der Kosten zur Errichtung der Gasbe- leuchtung erfolgen so lässig und in so geringen Beiträgen, daß der Magistrat zur Erleichterung der seinerzeitigen Rechnungsstellung und zur Erfüllung seiner Vertragsverbindlichkeiten gegenüber dem Unternehmer E. Spreng zu dem [...] genehmigten Mittel seine Zuflucht nehmen und bei der kgl. Bank in Nürnberg die Anfrage stellen mußte, ob selbe beziehungsweise die hiesige k. Filialbank geneigt wäre, der hiesigen Gemeinde 20.000 fl. zu 4 % gegen ratenweise Heimzahlung [...] zu lei- hen.“17 Im selben Schreiben mußte der Magistrat zugestehen, daß die beantragten 20.000 fl. kei- neswegs ausreichten, daß vielmehr 50.000 fl. benötigt würden, um den bis November vorgesehe- nen Bauabschluß nicht zu gefährden. Die Tilgung stellte sich die Stadtverwaltung so vor: „Der Ma- gistrat würde die ganze Summe ad 50.000 fl. durch Ablösung mittelst der bei seinen Stiftungen und der städtischen Sparkasse zur Heimzahlung kommenden Kapitalien in Raten von nicht unter 3.000 fl. zurückzahlen.“18 Mit der schnellen Genehmigung der Kreditaufnahme trug die Kuratelbehörde nicht unwesentlich dazu bei,19 daß das Gaswerk tatsächlich wie im Zeitplan vorgesehen am 10. November 1861 eröffnet werden konnte.20 Um die mit Spreng vereinbarten 82.000 fl. auszahlen zu können, genügte der Kredit von 50.000 fl. jedoch nicht, wie die Finanzierungsübersicht zeigt:21

13 Ebd. Bekanntmachungen vom 29. Juli und 24. September 1861. Statuten der Aktiengesellschaft in ebd. Zg. II 3904. 14 Diesen Umstand erklärte der Magistrat so: „Die Einzahlung von Aktien richtet sich so ziemlich nach der Beteiligung der Privaten an der künftigen Gasbeleuchtung.“ Ebd. Zg. I 1093, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 21. August 1861. Demnach wurde nur eine Handvoll privater Haushalte an das Gasnetz angeschlossen. Vgl. unten. Die glei- che finanzielle Zurückhaltung erlebte die erste mit der Errichtung des Nürnberger Gaswerks beschäftigte Gesell-schaft, die wegen Geldmangels und „da die Beteiligung der Einwohnerschaft am Unternehmen keinen Anklang fand“ aufgab. Zeln- hefer 24. Nach der Eröffnung des Amberger Gaswerks im November 1861 wurden 111 Straßenlaternen beleuchtet und 62 „Abonnenten“, die 296 Flammen betrieben, versorgt. Die „Abonnenten“ waren in der Mehrzahl kommunale und gewerbliche Abnehmer. Ebd. Zg I 1089, Schreiben der Verwaltung des Gaswerks an den Magistrat vom 28. März 1865. 15 Ebd. Bekanntmachung vom 29. Juli 1861. 16 Die Sparkasse engagierte sich am 25. Juni mit 3.000 fl. und am 2. Juli mit 2.000 fl. Ebd. „Übersichtliche Darstellung der Aufbringung des Bedarfs für die Gasbeleuchtungs-Einführung in Amberg“ vom 16. November 1861. Im Jahr 1862 erwarb die Sparkasse weitere Anteile in Höhe von 1.120 fl. HASpAm-Su, Rechung 1862/63 fol. 10. 17 StadtAAm, Zg I 1089, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 21. August 1861. 18 Ebd. 19 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 26. August 1861. 20 Ebd. Schreiben Sprengs an den Magistrat vom 8. November 1861. 21 Ebd. „Übersichtliche Darstellung [...] “ vom 16. November 1861. 239 „Als 4 % Darlehen wurden bis heute aufgenommen k. Filialbank Amberg 73.250 fl. an Aktien einbezahlt 2.400 fl. an Aktien einzuzahlen 600 fl. sind noch aufzunehmen 5.750 fl. 82.000 fl.“

Außer der Kommune mit 60.000 fl. und Spreng mit 7.000 fl. beteiligten sich folgende Bürger an der Aktiengesellschaft:22 Georg Eberth, Apotheker mit 400 fl. Joseph Liersch, Kaufmann mit 400 fl. Joseph Mühldorfer, Weinwirt mit 500 fl. Joseph Winkler, Magistratsrat mit 800 fl. Martin Winkler, Privatier mit 300 fl. 2.400 fl.

Die in der Fininanzierungsübersicht angesprochenen gezeichneten sechs Aktien à 100 fl. wurden nicht eingelöst, dafür erwarb Martin Winkler zwei und Eberth eine weitere Aktie, so daß sich schließlich Aktien im Wert von 2.700 fl. auf Privatpersonen verteilten.23 600 Aktien hatte die Kom- mune bereits in Besitz, 70 entfielen auf Spreng, 27 waren in Privathänden, damit verblieben 193 Aktien, die aus mangelndem Interesse von privater Seite zusätzlich von der Stadt Amberg über- nommen werden mußten.24

Die Amberger Gasanstalt stand in den ersten Jahren unter keinem guten Stern. Sie kämpfte zu- nächst mit Verlusten,25 so daß keine Dividenden gezahlt wurden.26 Die den Geldgebern zugesi- cherten 4 % Zinsen mußten aus der Gemeindekasse finanziert werden.27 Schließlich kam es zu Auseinandersetzungen mit dem Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft,28 der die Einsicht in die Rechnungsbücher verweigerte und eine Aufstockung des Betriebskapitals um 2.000 fl. forderte.29 Ferner erwies sich die Tatsache, daß Spreng als Aktionär bei allen verwaltungstechnischen Fragen hinzugezogen werden mußte und deshalb eigens aus Nürnberg anzureisen hatte, auf Dauer als zu

22 Ebd. Die genannten Personen dürften die ersten wenigen privaten Gasbezieher in Amberg gewesen sein. 23 Ebd. Zg. I 1087, „Zusammenstellung der [...] ausgegebenen Aktien“ vom 15. Februar 1862. 24 Ebd. Zg. I 1093, Schuldentilgungsplan vom 20. Mai 1865 25 Die Kreisregierung machte schadhafte Rohre und den fehlenden Absatz der Nebenprodukte der Gaserzeugung für die Verluste ver- antwortlich. Krapf 66, Anm. 134. 26 Andere bayerische Gaswerke arbeiteten durchaus kostendeckend oder bildeten eine willkommene zusätzliche Einnahmequelle für die Kommunen. So schrieben die Magistrate Schweinfurts und Würzburgs an die Amberger Stadtverwaltung, deren Gaswerke arbeiteten durchaus gewinnbringend, wobei ersteres immerhin 7 % Rendite abwerfe. Ebd. Zg. I 1089, Schreiben der Magistrate Scheinfurt und Würzburg vom 24. Februar 1865. Zur Rentabilität deutscher Gaswerke vgl. Brunckhorst 185 - 194. 27 Krapf 65; Brunckhorst 194. 28 Den Verwaltungsrat bildeten Rechtsrat Wiedenhöfer, Magistratsrat Mühldorfer, der Vorstand der Gemeindebevollmächtigten Wolfgang Wimpeßinger und als Vertreter der Aktionäre der Privatier Martin Winkler zusammen mit dem Apotheker Georg Eberth. StadtAAm, Zg. I 1089, Protokoll der Magistratssitzung vom 5. November 1861; Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 5. November 1861; Schreiben Sprengs an den Magistrat vom 6. November 1861. Wiedenhofer übernahm bis zu seiner Ernennung zum Notar in Stadtamhof am 1. Mai 1863 den Vorsitz. Nach seinem Ausscheiden trat Bürgermeister Greil dem Verwaltungsrat bei. Zum Vorstand wurde Eberth gewählt. Ebd. Umlaufschreiben vom 8. Oktober 1863. Michael Lauerer trat im Juli 1865 nach dem Selbstmord Wolfgang Wimpeßingers dessen Nachfolge als Gaswerkverwalter an. Dollacker, Amberg 28. Ob der von Dollacker angesprochene Fehl- betrag von 4.246 fl. bei der Gaswerkrechnung in Zusammenhang mit Wimpeßingers Freitod zu sehen ist, bleibt offen. Die im VB 1869 angegebene Dienstzeit Lauerers (1864 - 1869) ist unrichtig. 29 Krapf 66, Anm. 134. 240 kompliziert. Im Interesse der Vereinfachung der Geschäftsgänge und deren Überwachung,30 entschloß sich der Magistrat im Dezember 1863, die übrigen Aktionäre auszuzahlen und das Gas- werk in kommunalen Besitz überzuführen.31 Die Kreisregierung verweigerte die Zustimmung,32 worauf Bürgermeister Greil um das Einverständnis König Maximilians nachsuchte.33 Das Innenmi- nisterium machte die Genehmigung vom Vorliegen eines Gesamtschuldentilgungsplans abhängig.34 Daraufhin erarbeitete die Stadtverwaltung einen Entwurf, in dem sie von einer jährlichen Tilgung von 1.000 fl. aus kommunalen Geldern, zu erbringen aus Schrannen- und Hundevisitationsgeldern, aus den Gebühren des Rinder- und Schweinemarkts, mit 200 fl. aus den Rentenüberschüssen der Sparkasse und den Gewinnen der Gasanstalt ausging.35 Doch die Kreisregierung untersagte die zweckwidrige Verwendung der Hundevisitationsgelder,36 die der Armenkasse zustanden.37 Anstelle der Visitationsgebühren gedachte man nun 370 fl. aus dem erhöhten Lokalmalzaufschlag38 aufzu- bringen. Zusammen mit 470 fl. aus den Schrannengebühren und 160 fl. aus den Überschüssen der Sparkasse ergäben sich wiederum 1.000 fl.39 Auch dieser Vorschlag fand keine Zustimmung der vorgesetzten Behörde.40 Für den Magistrat wurde es unter diesen Umständen unmöglich, die jährli- che Tilgungssumme von 1.000 fl. aufrecht zu erhalten. Man senkte den Betrag auf 800 fl. und be- absichtigte die Sparkasse in erhöhtem Maße heranzuziehen: 470 fl. aus den Schrannengebühren, 300 fl. aus den Sparkassenüberschüssen und 30 fl. aus den Viehmarktgebühren plus 3.640 fl. aus den Renten des Gaswerks.41 Die Tilgung der in der Zwischenzeit auf 91.000 fl. angewachsenen Summe - das Betriebskapital der Anstalt war nun um 2.000 fl. aufgestockt worden - zog sich in die- sem Fall bis zum Jahr 1907/08 hin.42 Im Juni 1865 genehmigte die Regierung diesen Schuldentil- gungsplan und die Auszahlung der übrigen Aktionäre.43 Die Aktiengesellschaft ging in kommunalen Besitz über.44

Am 29. Juni 1882 beantragte die Stadtverwaltung die Löschung der Gesellschaft,45 die nach Beschluß des Landgerichts Amberg am 22. September 1883 erfolgte.46 Das Gaswerk wurde in die städtische Verwaltung integriert.

30 StadtAAm, Zg. I 1093, Schreiben des Magistrats an König Maximilian II. und das Staatsministerium des Innern vom 17. August 1864; HStAM, MInn 54860. 31 StadtAAm, Zg. I 1093; Ratsprotokolle Bd. 123, Sitzungsprotokoll vom 16. Dezember 1863. 32 StadtAAm, Zg. I 1093, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 23. April 1864. 33 Ebd. Schreiben des Magistrats an König Maximilian II. und das Staatsministerium des Innern vom 17. August 1864. 34 Ebd. Schreiben des Staatsministeriums des Innern an die Kreisregierung vom 20. September 1864. 35 Ebd. Abschrift des Sitzungsprotokolls vom 18. November 1864. 36 1862/63 erbrachten die Hundevisitationen 377 fl., im folgenden Etatsjahr 380 fl. Ebd. Aufstellung vom 23. November 1864. 37 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 17. Februar 1865. 38 Die Regierung hatte eine Verdoppelung des Lokalmalzaufschlags für 5 Jahre genehmigt. Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisre- gierung vom 22. März 1865. 39 Ebd. Schuldentilgungsplan vom 22. März 1865. 40 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 5. April 1865. 41 Ebd. Sitzungsprotokoll vom 11. April 1865. 42 Ebd. Schuldentilgungsplan vom 20. Mai 1865. Siehe eingangs zitierten Auszug aus dem VB 1869. 43 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 13. Juni 1865. 44 Ebd. Bekanntmachung vom 27. Juli 1865. 45 Ebd. Zg. II 3904, Schreiben des Magistrats an das Rentamt Amberg vom 29. Juni 1882. 46 Ebd. Schreiben des Magistrats an das Amtsgericht Amberg vom 18. Dezember 1883. Krapf gibt fälschlich das Jahr 1882 an. Krapf 66. 241 H) 1870 BIS 1885 I. Staatliche Förderung des Sparkassenwesens 1. Das Ende der Einlagenbeschränkungen Am 31. Dezember 1871 endete die Tätigkeit des Ministeriums des Handels und der öffentlichen Arbeiten. Seine Aufgaben gingen an unterschiedliche Ressorts.1 Die Sparkassen wurden der Abtei- lung Landwirtschaft, Gewerbe und Handel des Staatsministeriums des Innern zugeteilt. Diese Neu- ordnung der Oberkuratel brachte den Sparkassen das Ende der einschränkenden Bestimmungen, die das Normativ vom 30. Januar 1843 festgelegt hatte. Schon 1864 hatte sich der Staatsminister des Innern von Neumayr2 für „die freie Bewegung der Gemeinden in ihren kommunalen Angelegenheiten“3 ausgesprochen und eine Aufhebung der Ent- schließung von 1843 gewünscht. Doch das Ministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten verweigerte unter Hinweis auf die erst 1863 beschlossene Beibehaltung der Vorschriften des Dek- rets seine Zustimmung und hielt es für geboten, vor jeglicher Änderung eingehende Untersuchun- gen im In- und Ausland zu den Auswirkungen einer solch gravierenden Umgestaltung der Sparkas- sen durchzuführen. Als Befürworter der Einlagenbeschränkungen sah das Ministerium eine beson- dere Gefahr in den Haftungsverbindlichkeiten für die Spareinlagen. Die Höhe der Gesamteinlagen müsse sich aus der Haftungsfähigkeit des Gewährträgers definieren und könne keinesfalls eine An- gelegenheit kommunaler Selbstverwaltung sein. Neumayr wandte dagegen ein, nur unter der Vor- aussetzung hoher Einlagen erzielten „die Gemeinden Überschüsse [...], aus denen sie den für ihre Haftung so sehr wünschenswerten Reservefonds zu bilden in den Stand gesetzt wären.“4 Eine wei- tere Beibehaltung der Einlagenbeschränkungen sei folglich unnütz und nachteilig für die Gewähr- träger. Das Handelsministerium beharrte jedoch auf seiner negativen Grundhaltung, die Umfragen unterblieben und Neumayrs Vorstoß verlief im Sand.5 Drei Jahre später standen die Meinungen vice versa. Das Handelsministerium hatte inzwischen erkannt, daß ein hohes Einlagenkapital die Sparkassen zu „ausgezeichneteren Kapitalvermittlungsinstituten für den landwirtschaftlichen Kredit“ machte6, und wünschte, die Beschränkungen aufzuheben. Dem hielt nun das Ministerium des In- nern entgegen, die Kreditvergabe könne nicht Hauptzweck der Sparkassen sein. Vor allem der Fall der Sparkasse Neumarkt trug zum negativen Bild, das man im Innenministerium im Hinblick auf die Abschaffung der Beschränkungen zeichnete, bei. In den folgenden Jahren entspann sich ein reger Schriftverkehr mit den zuständigen Ministerien im deutschsprachigen Ausland, um sich die dortigen Erfahrungen mit dem Sparkassenwesen zunutze zu machen. Schließlich blieben auch die Sparkas- sen selbst nicht untätig. Die Distriktsparkassen Cadolzburg und Fürth wandten sich, um die „Besei- tigung der freien Bewegung der Spar- und Hilfskassen entgegenstehenden Bestimmungen“ durch-

1 Volkert 235. 2 Vgl. Götschmann 276 - 279. 3 Spiethoff 70. 4 Ebd. 71. 5 Ebd. 6 Ebd. 242 zusetzen,7 an den Landtagsabgeordneten Marquardsen, der sich im Sommer 1871 in ihrem Sinn äußerte: „Seit Jahren beklagen sich die Verwaltungen zahlreicher Distrikts- und Gemeindekas- sen über die von der Wissenschaft und Erfahrung verurteilten Beschränkungen, welche die ministe- rielle Normativentschließung vom 30. Jänner 1843 dem segensreichen Wirken der öffentlichen Anstalten auferlegt, [...] besonders über die völlig irrationellen Fesseln in Bezug auf Qualität der Einleger sowie die Höhe der Einlagekapitalien.“8 Die Frage nach einer baldigen Sparkassenreform beantwortete Minister von Schlör mit dem Hinweis auf die bereits im Gang befindlichen Erhebun- gen und weiteren ministeriellen Aktivitäten. Als Marquardsen 1873 erneut das Wort für die Spar- kassen ergriff, teilte man ihm mit, „daß die Erlassung einer diesbezüblichen Entschließung in kürzes- ter Frist nicht in Aussicht gestellt werden könne“, da vorerst lediglich Material gesammelt worden sei, das es nun zu bearbeiten gelte.9 Tatsächlich war man über reine Materialsammlungen längst hinaus gelangt, denn Mitte 1873 wurde ein „Entwurf. Grundbestimmungen über die Sparkassen von Gemeinden und Distrikten“10 an folgende Stellen zur Begutachtung übersandt:11

− Magistrate: Ansbach, Bayreuth, Freising, Günzburg, Hof, Kronach, Memmingen, Nürnberg, Pas- sau, Regensburg, Schweinfurt, Straubing, Würzburg − Distriktsparkassen: Amberg, Babenhausen, Cham, Pfarrkirchen, Simbach − Städtische Sparkassen: Ansbach, Augsburg, Erlangen, Forchheim, Sulzbach − Bankdirektoren: Sentner und Ströll, Bayerische Hypotheken- und Wechselbank; Dr. Keller, Süddeutsche Bodenkreditbank − sämtliche Kreisregierungen

Der Entwurf sah vor:

(1) Beibehaltung des bisherigen Einlegerkreises ohne Ausschluß der übrigen sozialen Gruppen (2) Trennung der Sparkassen von den übrigen Kassen der Kommune (3) Spareinlagen ohne Namensnennung sind unzulässig

(4) Anlage der Gelder nach der Verordnung vom 31. Juli 1869; breite Streuung des Anlagever- mögens; unkündbare Hypotheken und solche an 2. oder folgender Stelle sind zu vermeiden; an Hilfskassen dürfen maximal 5 % der Einlagen gehen (5) freie Bestimmung des Zinssatzes bis zu einem Gesamtguthaben von 500 fl. je Einleger (6) freie Festsetzung von Fristen zur Zinserhebung

(7) freie Festsetzung von Kündigungsfristen für Sparer aus bisherigem Einlegerkreis; für weitere Sparer mindestens 6 Monate

(8) Überschuß ist Eigentum des Gewährträgers; für einen Reservefonds in Höhe von 10 % der Gesamteinlage ist zu sorgen; die jederzeitige Verfügbarkeit des Reservefonds ist sicher zu stel- len

7 Schachner 48. 8 Ebd. 9 Ebd. 10 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3806. 11 HASpAm-Su, Distriktsparkasse Amberg, Gutachten IV. 243 (9) die Bestimmungen über die Verwaltung des Gemeinde- und Distriktvermögens sind ein- zuhalten (10) Geschäftsberichte sind jährlich zu erstellen und zu veröffentlichen (11) die Statuten haben zu enthalten a) Haftung des Gewährträgers für Verzinsung und Rückzahlung b) Höhe der Minimal- und der Maximaleinlage c) Angabe des Zinssatzes d) Angabe der Kündigungsfristen und Rückzahlungsbedingungen e) Vorschriften der Sparkassenverwaltung, Kaution des Verwalters, Angabe des Geschäftsortes

Die städtische Sparkasse Amberg gehörte nicht zum Kreis derjenigen, die um eine Stellungnahme gebeten wurden. Den Amberger Raum vertrat die Distriktsparkasse. Sie kommentierte lediglich zwei Punkte des Konzepts. Zu (1) schrieb die Sparkassenverwaltung: „Der Entwurf spricht von den in den betreffenden Bezirken wohnenden Personen. Insbesondere Dienstboten, Arbeiter etc. sind häufig in anderen Bezirken heimathsberichtigt, und nachdem gerade diese Klasse Leute meistens nur Dienst- oder Arbeitslöhne in kleineren Beträgen haben und die Anlage derselben in den hei- mathlichen Kreisen erschwert ist, dürfte die Theilnahme an den Sparkassen denselben ohne Unter- schied der Heimath im Wohnorte zugestanden werden. Nach den Erläuterungen zum Entwurf scheint dies zweifelhaft.“12 Die weitere Stellungnahme fiel erheblich umfangreicher aus. Sie zeigt unter anderem das Dilemma auf, in das sozial gesinnte Sparkassenverwaltungen durch die die Li- quidität einschränkende Anlage der Aktiva in Hypothekendarlehen geraten konnten. Hier bezog man sich im besonderen auf die 1866er Krisenzeit: „Es hat allerdings sein Bedenken, den Wir- kungskreis der Sparkassen zu weit auszudehnen. Es ist einerseits die Haftung der Gemeinde im Auge zu behalten, anderseits auch die Qualifikation des Verwaltungspersonals, das überhaupt und in rechnerischer Beziehung nicht immer die Gewandtheit haben dürfte, bankähnliche Institute zu leiten. Zur Bewältigung der Krisen ist unbedingt erforderlich, daß die Verwaltungen sich nach Um- ständen frei bewegen dürfen. Man ist in der Krisis froh, wenn man nur Geld sieht und nimmt es, wo es zu finden ist. Im Jahr 1866 wurden der Distrikts-Sparkasse bei ausgebrochenem Kriege 100.000 fl. aufgekündet, die Anstalt ihrerseits kündete 200.000 fl., um die Deckung sicher zu er- langen; - aber es gingen nicht mehr als 2.000 fl. ein. Die Schuldner kamen mit leeren Händen und baten um Nachsicht. Man gewährte sie ihnen und mußte sie ihnen gewähren, denn wenn man hartherzig genug gewesen wäre, die Leute von Haus und Hof zu treiben, wäre deshalb kein Kreu- zer in die Kasse geflossen.13 [...] Auch bezüglich der Zinszahlung, so lange diese auf einen gewissen Termin festgesetzt ist, ist eine freiere Bewegung unerläßlich. Die diesseitige Anstalt zahlt im Januar 16.000 fl. Zinsen aus. Bisher wurde erst im Monat November darauf Bedacht genommen, größeren Kassebestand zu sammeln und es hat seit zehn Jahren die Verwaltung damit vollkommen ausge- reicht. In einer gehemmten Lage, wenn nämlich nur die eigentlichen Spargelder annehmbar sind,

12 Ebd. Gutachten 136. 13 Die Verwaltung half sich durch die Aufnahme von Passivkapitalien. Ebd. 244 ginge dies natürlich nicht mehr. Man müßte schon im Sommer Gelder ansammeln, es gehen aber hierdurch viele Zinsen verloren, selbst wenn man die Bestände bei der Bank deponiren wür- de. Oder man bedarf zur Kompletirung eines Kapitals auf besonders gute Hypothek noch einiger hundert Gulden, und diese werden angeboten, soll man die Annahme verweigern? Oder es gelan- gen gekündete Hypothekkapitalien, über welche bereits wieder verfügt worden ist, nicht zur Heim- zahlung? So gibt es eben Verhältnisse, die sich jeder Berechnung entziehen und den Antrag recht- fertigen, daß erforderlichen Falls auch Kapitalien [= höhere Summen] zur Annahme gelangen dür- fen. Allerdings ist hiebei ein bescheidenes Maß einzuhalten. Der Kapitalstand soll im Verhältniß zum Reservefond sich bewegen, nur auf erste und sichere Hypotheken ausgeliehen und ein Theil in bayerischen Obligationen angelegt werden, um in der Krisis bei Banken darauf Geld erhalten zu können.“14 Sparkassenverwalter Franz Lauerer, der bis Ende 1860 bei der städtischen Sparkasse als Kontrolleur tätig war,15 sprach sich generell für die Abschaffung der Einlagebeschränkungen aus, um in Krisenzeiten die Liquidität zu sichern. Gegen jegliche Einschränkung wandte sich auch der Direktor der Süddeutschen Bodenkreditbank Dr. Keller: „Derartige Beschränkungen sind gehässig, denn sie machen die Theilnahme an einer zum allgemeinen Wohl bestimmten Einrichtung von der vorübergehenden Lebensstellung des ein- zelnen abhängig; sie sind auch irrationell. Betrachtet man die Enthaltsamkeit von gegenwärtigem Genusse zum Zweck der Kapitalansammlung als eine wirtschaftliche Tugend, so verdient der mit spärlichem Gehalte angestellte Staats- und Privatbeamte, der Kleingütler, der zum Kauf eines A- ckers, einer Kuh spart, der Gewerbetreibende, der durch Sparen sein Betriebskapital sich verschaf- fen oder vermehren will, die gleiche Förderung seiner Interessen, wie der Fabrikarbeiter, Gewerbs- gehilfe, Dienstbote.“16 Eine gänzlich andere Haltung nahm dagegen der Magistrat Regensburgs ein. Er lehnte eine „Erweiterung der Befugnisse für die Sparkasse generell“ ab, beharrte auf der ur- sprünglichen Gründungsabsicht, führte die „Erschwernisse bei der Anlage von zufließenden Spar- kassengeldern in Zeiten von Kursverlusten bei Staatsobligationen oder Wertschwankungen von beliehenen Immobilien“ ins Feld und hatte ebenso wie Lauerer Bedenken wegen der Qualifikation des Sparkassenpersonals. Grundsätzlich sah der Regensburger Magistrat keine Gründe, die Bestim- mungen des Jahres 1843 außer Kraft zu setzen.17 Die oberpfälzische Kreisregierung dagegen stimm- te in weiten Teilen dem Entwurf des Innenministeriums zu, so der Verringerung des Zinssatzes ab 500 fl. Gesamtguthaben je Einleger oder der Bildung eines Reservefonds in Höhe von 10 % der Gesamteinlagen. Darüber hinaus gehend wünschte sie die Zulassung aller Bevöl-kerungsschichten zur Sparkasse, die Errichtung von Hilfskassen zur Bekämpfung des Wuchers, die Verwendung von Sparkassenbüchern, die Vergabe von Personaldarlehen gegen Bürgschaft, die Gewährung von Lombard-Darlehen und die Einführung des Wertpapierkommissionsgeschäfts,

14 Ebd. 136f. 15 Vgl. S. 200. 16 Schachner 49. 17 Rygol 133. 245 zumindest für größere Sparkassen. Die Abführung der Gewinne an die Kommune mißbilligte die Kreisregierung entschieden. Sie sah vor, diese Überschüsse den Einlegern zukommen zu lassen, und zwar in Form von Dividenden oder durch Verteilung von Prämien.18 Die meisten Gutachten befürworteten die Aufhebung der entwicklungshinderlichen Beschränkun- gen. Dem trug die Entschließung des Staatsministeriums des Innern vom 20. Mai 187419 schließlich Rechnung. Im Unterschied zu Punkt (1) des Entwurfs fehlten Angaben zum Einlegerkreis, ebenso wie die Festlegung von Einlagenmindest- oder -höchstsummen. Die Punkte (2), (3), (6), (9), (10) und (11) übernahm man ohne inhaltliche Veränderung in die Entschließung. Die Anlage der Aktiva sollte der Verordnung des Jahres 1869 folgen und bestand in Hypotheken, Schuldverschreibungen des bayerischen Staates, in Darlehen an Körperschaften des öffentlichen Rechts (mit ministerieller Genehmigung) und bei Kreditinstituten.20 Diese Möglichkeiten wurden ergänzt durch „verzinsliche Schuldverschreibungen deutscher Bundesstaaten“, „Ankauf von Zinsabschnitten solcher Schuldver- schreibungen, in welchen die Kapitalanlage zulässig ist, wenn die Zinsabschnitte entweder bereits fällig sind oder in den nächsten sechs Monaten fällig werden“ und durch „Privatschuldscheine mit Bürgschaft“.21 Die Verzinsung blieb wie vorgesehen den Gewährträgern überlassen, degressive Zinssätze wurden jedoch nicht gestattet.22 Rückzahlungen sollten in der Regel nach einer festzule- genden Kündigungsfrist erfolgen, Ausnahmen wurden zugelassen, die halb-jährliche Kündigung entfiel.23 Zur Verwendung der Überschüsse, die im Entwurf nach dem Aufbau eines Reservefonds den Gewährträgern überlassen bleiben sollte, wurde in den Gutachten unterschiedlich Stellung bezogen. Wie die Kreisregierung der Oberpfalz sprach sich auch Dr. Keller gegen den Zugriff der Haftungsträger auf die Gewinne der Sparkassen aus. Er forderte den höchstmöglichen Zinssatz, „wie er nach Abzug der Verwaltungskosten und entsprechender Dotierung des Reservefonds be- zahlt werden könnte.“24 Weiterhin könnten die Überschüsse den Armenpflegen oder Hilfskassen zufließen, und Lotterien sollten zur „Sparaufmunterung“ abgehalten werden. „Es gab jedoch auch solche, die die Verwendung zu Gemeindezwecken für berechtigt hielten und die, damit die spe- ziellen Zwecke, zu denen die Überschüsse auf Jahre hinaus bestimmt seien, nicht leiden, nur ein Zehntel der jährlichen Überschüsse dem Reservefonds zufließen lassen wollten.“25 Die Regierungs- entschließung hielt an der „Bildung und Erhaltung eines Reservefonds von wenigstens zehn Prozent der Gesammteinlage“ fest. Er sollte „zur Deckung etwaiger Schäden, sowie zur Bereithaltung der nothwendigen Betriebsmittel, insbesondere bei Crediterschütterung, bestimmt“ und, wie vorgese- hen, jederzeit verfügbar angelegt werden.26 Die Eigentumsklausel des Entwurfs fehlte zwar in der

18 Ebd. 134. 19 ABl. MInn. 1874, 301 - 309. Abgedruckt in: Wysocki/Pix 1995, 192f. 20 Ashauer 142. 21 Wysocki/Pix 1995, 192 Ziffer 9 a) - c). 22 Ebd. Ziffer 4. 23 Ebd. Ziffer 6. 24 Schachner 50. 25 Ebd. 26 Wysocki/Pix 1995, 192 Ziffer 7. 246 Entschließung, doch der Kommentar zur neuen Verordnung öffnete den Befürwortern der kommunalen Verwendung der Überschüsse alle Türen: „Nach Erfüllung der in Ziffer 7 bezeichne- ten Verpflichtung [zum Aufbau des Reservefonds] kann die Gemeindebehörde über den Gewinn der Sparkasse frei verfügen.“27 Auf diese Anmerkung wird sich der Amberger Magistrat in den fol- genden Jahren mehrfach berufen. a) Die Haltung des Amberger Magistrats Noch kurz vor Inkrafttreten der neuen Bestimmungen glaubte die Kreisregierung den Amberger Magistrat zwingen zu können, „die Zurückführung der Sparkasse auf ihre satzungsmäßige Bestim- mung, dann die alsbaldige Kündung und Rückbezahlung aller satzungswidrig aufgenommenen Ein- leger“28 zu veranlassen. Bei einer „Visitation des Stadtmagistrats“ für das Jahr 1872,29 also einer allgemeinen Überprüfung des städtischen Kassen- und Rechnungswesens, war moniert worden, daß in mehreren Fällen gegen § 530 der Statuten insofern verstoßen wurde, als „für Personen, deren Einlagen bereits den Maximalbetrag erreicht haben, bei neuen Anlagen das Kapital nicht zu den bereits vorhanden gezählt, sondern für diese neue Anlage auch ein neues Folium eröffnet wird.“31 Dem Prüfer, Freiherrn von Pechmann, war besonders eine „gewisse Katharina Duval“ aufgefallen, die „bei 11 Kapitalanlagen zusammen 3.498 fl. in der Sparkasse hinterlegt“32 hatte. Des weiteren beanstandete er, „daß Einlagen einer Person in Beträgen zwischen 1.000 fl. und 1.500 fl. in sehr großer Anzahl vorkommen.“33 Die Sparkassenverwaltung verteidigte sich mit einer eigenen Inter- pretation der Satzung. Sie gab an, „daß die erwähnte Bestimmung [...] der Statuten dadurch ein- gehalten werde, wenn nur die einzelnen Sparkassabücher nicht über den festgesetzten Betrag von 300 fl. lauten“, außerdem liege die Annahme aller Kapitalien grundsätzlich im Interesse der Spar- kasse.34 Man war sich keiner Schuld bewußt, hielt man doch die beinahe 30 Jahre alten Bestim- mungen aus dem Jahr 1843 seit längerem für hinderlich und völlig überflüssig,35 da sie einer ge- deihlichen Entwicklung entgegen stünden. Kassier Lengfelder hatte nicht gezögert und mit der Aus- stellung mehrerer Sparkassenbücher für eine Person einen aus seiner Sicht legitimen Behelf gefun- den. Der Aufsichtsbehörde erschien „die obige Entschuldigung indessen als eine ganz unstichhalti- ge“.36 Sie erinnerte den Magistrat, „daß die wahrgenommene, statutenwidrige Ausdehnung des Geschäftsbetriebs dieses Instituts dem Zwecke zuwiderlaufe und der Gemeinde eine Haftung über-

27 Ebd. 192. 28 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 II, Schreiben der Kreisregierung an das Staatsministerium des Innern vom 24. Juli 1873. 29 Der Prüfbericht liegt nicht vor. 30 „Das Minimum der Einlage ist auf 30 kr., das Maximum der Einlage eines Individuums auf 300 fl. festgesetzt.“ Stad- tAAm, Zg. II 3861, Stat. 1867. 31 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 25. Juli 1872 32 Ebd. 33 Ebd. Eine Feststellung, wie viele Einleger betroffen waren, ist nicht möglich. 34 Ebd. 35 Vgl. S. 193. 36 StadtAAm, Zg. II 3861, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 25. Juli 1872. 247 bürde, welche von weiterreichender Bedeutung ist“.37 Somit müsse eine umgehende Restruk- turierung der Sparkasse vorgenommen werden. Doch die damit einhergehende Reduktion der Kas- se war für den Magistrat gleichbedeutend mit Mindereinnahmen für die Kommune, und das wollte man keinesfalls hinnehmen. Eine Überarbeitung der Statuten erschien als geeigneter Ausweg. Vor allem die §§ 2 und 5, die zum einen den Einlegerkreis, zum anderen die Einlagesumme begrenz- ten, sollten nach dem Willen der Stadtverwaltung entfallen oder zumindest geändert werden.38 Da bei der Kreisregierung nicht mit entgegenkommendem Wohlwollen zu rechnen war, beantragte man die Zustimmung zur Statutenänderung direkt beim Staatsministerium des Innern.39 Der Magist- rat trat nachdrücklich für das bisher praktizierte Verfahren bei der Sparkasse ein, das sowohl im Interesse der Kasse selbst als auch der Gemeinde und - nicht zu vergessen - der sparenden Bevölke- rung läge. Um die in der Vergangenheit beschrittenen Aus- und Umwege in Zukunft nicht mehr einschlagen zu müssen, bliebe nur der Schritt zur Änderung der Statuten. Man bat das Ministerium zu bedenken: „Warum sollen Beamte, Lehrer und sonstige Bedienstete, warum sollen die Gewer- betreibenden und alle jene Personen, welche Realvermögen besitzen, von der Einlageberechtigung ausgeschlossen sein? Gerade für diese Klasse von Personen dürfte es eine Wohltat sein, allenfallsige geringe Ersparnisse anzulegen, bis sie zu größeren Beträgen heranwachsen und in anderweitiger Weise fruchtbringend angelegt werden können.“40 Bisher habe dieser Personenkreis die Sparkasse nur über Einlagen auf den Namen der Kinder nützen können und davon ausgiebigen Gebrauch gemacht. Die Aufhebung des Maximalbetrages bringe Sparkasse und Einlegern Vorteile. Für beide Parteien verringere sich der zeitliche Aufwand. Größere Beträge könnten mit einem Mal verbucht werden, ohne die früher übliche Verteilung auf die Namen verschiedener Personen oder die Eröff- nung mehrerer Sparkassenbücher, und jeder dürfe tatsächlich die Summe anlegen, die er aufbrin- gen könne. Die Vorteile, die der Gemeinde durch ein erhöhtes Einlagenaufkommen und damit entsprechend höhere Überschüsse entstünden, lägen so deutlich auf der Hand, daß sie keines wei- teren Kommentars bedürften. Einwände, die sich auf die steigende Haftung der Kommune bezie- hen könnten, versuchte man mit folgenden Überlegungen zu entkräften: Schwierigkeiten seien nur zu erwarten, „wenn a) gewissenlose Verwaltung b) leichtsinnige Anlage der eingelegten Gelder c) massenhafte und gleichzeitige Herausnahme der Einlagen“41 den Griff in den Stadtsäckel unumgänglich machten. Dies sei nicht zu befürchten, da die Verwal- tung auf das Gewissenhafteste kontrolliert werde und die Anlage der Gelder streng der Verordnung

37 Ebd. 38 Ebd. Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Stadtmagistrats vom 24. April 1873. 39 Ebd. Schreiben des Magistrats an das Staatsministerium des Innern vom 8. Mai 1873. 40 Ebd. 41 Ebd. 248 vom 31. Juli 1869 folge. „Insbesondere wird die Prüfung der Darlehensgesuche von Privaten gegen Hypotheken stets in kollegialer Sitzung des Magistrats“42 genauestens durchgeführt. Bisher habe es keine Beanstandung zur Vergabepraxis bei Darlehensgesuchen durch die Kuratelbehörde gegeben. Dieses Auswahlverfahren bewähre sich, denn „seit Bestehen der Sparkasse43 ist es noch nicht vorgekommen, daß in Folge von Ganten und dergleichen auch nur ein Kreuzer verloren ge- gangen ist.“44 Eine existenzielle Bedrohung durch Rücknahme größerer Kapitalien trat bisher auch in schwierigen Zeiten wie im Kriegsjahr 1866 nicht ein. „Selbst wenn es zu größeren Entnahmen käme, stünde der Reservefonds zur Verfügung und das bedeutende rentierende Vermögen der Gemeinde, welches nach der Rechnung per 1870 allein über 260.000 fl.45 an Kapitalien, Realitäten

42 Ebd. 43 Die Sparkasse vergab Darlehen erst seit 1845. 44 StadtAAm, Zg. II 3861, Schreiben des Magistrats an das Staatsministerium des Innern vom 8. Mai 1873. 45 Der Verwaltungsbericht für das Jahr 1870 weist ein rentierendes Vermögen von 263.311 fl. 15 kr. aus. Es bestand aus • Kapitalien 54.141 fl. 38 kr. • Immobilien 188.051 fl. 2 kr. • Rechten 21.118 fl. 35 kr. Die Aktivkapitalien waren wie folgt angelegt: − in bayerischen Staatsobligationen zu 3 ½ %: 800 fl., zu 4 %: 18.700 fl., zu 4 ½ %: 100 fl. − in bayerischen Grundrentenablösungsobligationen zu 4 %: 1.300 fl. − bei städtischen Stiftungen und Kassen zu 4 %: 8.448 fl. − beim katholischen Schulfonds zu 3 %: 1.360 fl. − in bayerischen Ostbahnaktien zu 4 ½ %: 1.000 fl. − in Hypotheken bei Privaten zu 4 %, 4 ½ %, 5 %: 22.433 fl. 38 kr. Zu den Immobilien gehörten: − Kommunal genutzte Gebäude: Rathaus (mit Dienstwohnung des Ratsdieners), Polizeigebäude (mit Büro des Magistrats), Bürgermeisterhaus (mit Dienstwohnung des Bürgermeisters) - heute im Rathauskomplex vereint Baustadel (mit Dienstwohnung des Stadtschreibers) - heute Zeughausstr. 18 dessen Nebengebäude (u. a. Unterbringung der Feuerlöschgerätschaften und Dultstände) - heute Zeughausstr. 16 Lycealgebäude (Turnhalle) - heute Schrannenplatz 1 Gewerbeschule (mit landwirtschaftlicher Winterschule) - heute Salzgasse 10 Forsthaus (mit Dienstwohnung des Waldaufsehers) - heute Postberg 8 Kommunalbrauhaus - heute Baustadelgasse 5; für die Benützung waren folgende Abgaben zu entrichten: 3 fl. Kesselgeld je Sud; 24 kr. Mulzgeld von jedem Scheffel Malz; 1 fl. 15 kr. Kellerzins; von je 40 Scheffel ge- mulzter Gerste 1 Scheffel Malzkeime; Einnahmen 1870: 1.439 fl. 18 kr. − Militärisch genutzte Gebäude: Kavalleriekaserne - heute Steinhofgasse 2; vgl. Braun 207 Landwehrkommandantschaftsgebäude - heute Schiffbrückgasse 4/6 Reitschule - heute Jesuitenfahrt 27 Kavalleriebeschlagschmiede - heute Fronfestgasse 24/30 Pulvermagazin - heute Liebengrabenweg 2 − Vermietete Gebäude mit 1.604 fl. Einnahmen: Schießstätte - heute Schießstättenweg 3 Häuser - heute Rosengasse 1(Dienstwohnung des Stadttürmers), Lazarettgäßchen 1 und 3 Stadtmauertürme; Läden auf der Krambrücke und im Rathaus; die Fleischbänke und die Stadtmauergallerien − Waldungen (1.441,41 Tgw.) mit einem Reinertrag von 1.585 fl. − Steinbrüche, Lehm- und Sandgruben, Alleen mit Einnahmen von 389 fl. − Liegende Gründe ( Äcker - 116,32 Tgw.; Wiesen - 38,37 Tgw.; Gärten) mit 2.646 fl. Einnahmen Aus Dominikalrenten und Rechten nahm die Kommune 1.058 fl. ein. Sie bestanden aus − Geldbodenzinsen − Kornbodenzinsen − Grundzinsen − Grundstiften − Jagd- und Fischereirechten Der gesamte städtische Jagdbezirk war für 71 fl. verpachtet; ebenso die Fischereirechte in der Vils. Der Pachtzins betrug 85 fl. − Wasserzinsen Sie wurden entrichtet von der Kommandantur für die Benützung des Spitalgrabens durch die Gewehrfabrik, von der 249 und Rechten beträgt.“46 Dem Magistrat war selbstredend bewußt, daß seine Vorschläge zur Änderung der Statuten in keiner Weise mit der noch immer geltenden Verordnung von 1843 in Einklang zu bringen waren. Er berief sich daher auf die neue Gemeindeordnung vom 29. April 1869,47 die den Kommunen die selbständige Entscheidung innerhalb ihrer Verwaltung einräumte,48 und kritisierte, daß die Prinzipien, nach denen die Kuratelbehörde ihre Entschlüsse treffe, mit e- bendieser Gemeindeordnung kollidiere. Eine Rückzahlung der über den Maximalbetrag hinausge- henden Gelder kam für die Stadtverwaltung unter keinen Umständen in Frage, da sie einerseits das Mißtrauen der Bevölkerung fürchtete, andererseits die betroffenen Einleger nicht vor die Frage stel- len wollte, was mit dem zurückbezahlten Kapital geschehen solle. Die Versuchung, das Geld leicht- sinnig auszugeben, erschien ihr, vorrangig für die Fabrikarbeiter, sehr groß, da diese, genau wie alle anderen Sparer nicht wüßten, „wo sie ihr Kapital nutzbringend anlegen könnten“49, wenn es die Sparkasse nicht weiterhin annähme. Mit diesem Schreiben, das zeitlich in die Phase der Entschlußfassung für das Normativ von 1874 traf, bezog der Magistrat eindeutig Stellung für die Aufhebung der seit 1843 geltenden Beschrän- kungen im Hinblick auf Einlegerkreis und Einlagenhöhe. Er trat für die Legalisierung der allenthal- ben üblichen Praxis der Annahme von nicht zugelassenen Spargeldern, die bislang über Kinderein- lagen oder die Verteilung auf mehrere Sparkassenbücher vonstatten ging, ein. Natürlich hatte der Magistrat nicht ausschließlich soziale Gesichtspunkte im Auge, er sah ebenso die Entlastung des stets überarbeiteten Kassiers Lengfelder und nicht zuletzt die Vorteile für die weiterhin in finanziel- len Engpässen50 stehende Gemeinde. Noch bevor das Innenministerium zum Schreiben des Magist- rats Stellung genommen hatten, drang die Regierung der Oberpfalz auf Durchführung ihrer Anord- nungen zum Visitationsbericht, das heißt auf Rückzahlung der Kapitalien über dem Einlagemaxi- mum und auf strenge Einhaltung der Statuten. Gegen diese Anordnung der Kuratelbehörde reichte die Stadtverwaltung umgehend eine Beschwerdeschrift beim Innenministerium ein, das unter Ver- weis auf die demnächst zu erwartenden neuen Grundbestimmungen für die Sparkassen bat, die Angelegenheit ruhen zu lassen.51

Weizenbier-Braugesellschaft für die Benützung der städtischen Wasserleitung, von der Buchdruckerei von Train für die Benützung des Spitalgrabens und von einigen Gartenbesitzern. − Entschädigungen für den ehemaligen Kommunalwald Wagrain (1.275,16Tgw.), der 1814/15 in 762 Anteile unterteilt wurde. Die Stadt Amberg besaß 1869 125 ¾ Teile. Für die restlichen 636 ¼ Teile erhielt sie einen Ausgleich von 36 kr. je Anteil. VB 1869, 7f., 18 - 21, 23; VB 1870, 5f., 10 - 12. 46 StadtAAm, Zg. II 3861, Schreiben des Magistrats an das Staatsministerium des Innern vom 8. Mai 1873. 47 Abgedruckt in: Knemeyer 89 - 161. 48 Ebd. 89, Art. 1. 49 StadtAAm, Zg. II 3861, Schreiben des Magistrats an das Staatsministerium des Innern vom 8. Mai 1873. 50 Vgl. Krapf 52. 51 StAA, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 II Schreiben des Ministerium des Innern an die Kreisregierung vom 4. August 1873. 250 2. Die „Vermehrung der öffentlichen Sparkassen“ „Den Sinn der Bevölkerung für Sparsamkeit thunlichst zu wecken und zu fördern, ist eine wichtige Aufgabe der Staatsregierung. Zu den Einrichtungen, welche in erster Linie dazu bestimmt sind, die- se Aufgabe zu lösen, gehören die Sparkassen. Aus mehrfachen Erfahrungen [...] ergiebt sich, daß das Sparkassenwesen in Bayern noch nicht jene Entwicklung erreicht hat, welcher dasselbe ebenso bedürftig als fähig ist. [...] Zunächst dürfte die Vermehrung der öffentlichen Sparkassen ins Auge zu fassen sein.“52 Daß die „Vermehrung“ der Sparkassen seit 1869 tatsächlich zu wünschen übrig ließ, zeigt ein Blick in die Statistik:

Tabelle 1: Anzahl der bayerischen Sparkassen 1869/187953 Kommunale Sparkassen Distriktsparkassen Gesamtzahl bayer. Sparkassen 1869 1879 1869 1879 1869 1879 Oberbayern 17 18 13 13 30 31 Niederbayern 8 8 21 21 29 29 Pfalz 14 15 7 12 21 27 Oberpfalz 11 10 16 13 27 23 Oberfranken 15 19 18 18 33 37 Mittelfranken 24 25 7 8 31 33 Unterfranken 8 10 38 36 46 46 Schwaben 19 19 17 17 36 36

Bayern 116 124 137 138 253 262

Die kommunalen Sparkassen hatten innerhalb von 10 Jahren lediglich um acht, die Distriktsparkas- sen nur um ein Institut zugenommen.54 Dessenungeachtet waren die Gesamteinlagen aller bayeri- schen Sparkassen in diesem Zeitraum von 49.050.295 Mark auf 83.496.724 Mark gestiegen;55 dies entspricht einer Zunahme von 70,2 %, „allein die Vermehrung ist hauptsächlich dem Umstande zuzuschreiben, daß die einzelnen Einlagen durchschnittlich größer geworden sind.“56 Auch diese Feststellung des Innenministeriums ist statistisch belegt: im Jahr 1869 besaß ein Einleger im Durch- schnitt 178 Mark, zehn Jahr später 270 Mark.57 Die Zahl der Sparer war kaum gewachsen: auf eine bayerische Sparkasse kamen im Jahr 1869 1.091 Einleger, im Jahr 1879 waren es 1.182. Die Dist- riktsparkassen wurden dabei erheblich weniger frequentiert als die städtischen Einrichtungen. 1879 verzeichneten sie 661 Sparer pro Kasse, die kommunalen Sparkassen dagegen 1.761.58 Das Innen- ministerium klagte: „Mehrere Distrikte besitzen weder ein Distrikts- noch eine passend gelegene gemeindliche Sparkasse. Es sind daher in vielen Gegenden die Bewohner auf weit entfernte Spar-

52 Weber, Bd. 15, 309, Entschließung des Staatsministeriums des Innern vom 15. Juli 1881. Abgedruckt in: Wysocki/ Pix, Mut 81. 53 ZStB 1880, 186. 54 Im gleichen Zeitraum nahmen die preußischen Sparkassen von 932 auf 1.191 zu. Ashauer 111, Übersicht 18. 55 ZStB 1880, 186 56 Wysocki/Pix, Mut 81. 57 ZStB 1880, 186, 189. 58 Ebd. 186, 189. 251 kassen angewiesen, und die Folge hiervon ist, daß in solchen Gegenden nicht bloß weniger in die öffentlichen Sparkassen eingelegt, sondern überhaupt weniger erspart wird, als in anderen Be- zirken, deren Bewohner sich einer günstig gelegenen Sparkasse erfreuen“.59 Mit der Ministerialent- schließung vom 15. Juli 188160 versuchte man deshalb, die Bedingungen für die Sparer zu verbes- sern. So sollten die Öffnungszeiten verlängert und das Ausstellen von Sparkassenbüchern verein- facht werden. Besonderes Augenmerk wurde auf die Errichtung von „Einzahlungsstellen außerhalb des Geschäftslokales und Geschäftssitzes der Sparkassen“61 gelegt, die für kürzere Wege zur Kasse sorgen sollten: „Bei zweckmäßiger Organisation solcher Annahme-Stellen wird eine namhafte Zu- nahme der Sparkasse-Einlagen und der Zahl der Einleger die voraussichtliche Folge sein.“62 Die Gründe für die staatliche Initiative sind in den Zeitumständen zu suchen. Der wirtschaftliche Auf- schwung der 1860er Jahre ging „ab etwa 1870 in einen spekulativ überhitzten Boom über. In Deutschland wurde er besonders gefördert durch die Folgen des deutschen Sieges über Frankreich und der Reichsgründung 1871, die beide erhebliche ökonomische Impulse brachten.“ Die spekula- tive Überhitzung führte zu einer Überspannung der wirtschaftlichen Kräfte. Nach Preis-, Kurs- und Gewinnsteigerungen kam 1873 der Einbruch der Börsenkurse, Bankenzusammenbrüche folgten. Deren Folge wiederum waren Entlassungen und hohe Arbeitslosigkeit, Rückgang der Löhne und Preise und eine Depression, die bis Ende der 1870er Jahre andauerte.63 Man hoffte nun in Zeiten wirtschaftlicher und sozialer Krisen, daß mit den vorgeschlagenen Maßnahmen „der Sparsinn wie- der mehr angeregt werden kann und sich eine größere Frequenz der Sparkassen erzielen läßt“,64 um die Vermögensbildung der Unter- und Mittelschichten voran zu bringen. Die Erfolgschancen für den Erlaß des Staatsministers des Innern von Feilitzsch waren indes gering. Gömmel sieht dafür folgende Gründe: „Zunächst war wegen des relativ niedrigen bayerischen Sozialpodukts die gene- relle Spartätigkeit entsprechend begrenzt. Die vor allem ins Auge gefaßte Zielgruppe der ländlichen Bevölkerung konnte nur schwer erreicht werden, da die Landwirtschaft, gekennzeichnet durch den Klein- und Mittelbetrieb, viel stärker zu den Raiffeisenkassen tendierte. [...] Auch die Sparfähigkeit des im Gewerbe beschäftigten Personenkreises schien um 1880 deutlich eingeschränkt.“65 Nichts- destoweniger wuchs die Zahl der gesamtbayerischen Sparkassen bis 1885 um 15,3 %, was auf eine außerordentliche Mehrung der pfälzischen Kassen um 55,6 % zurückzuführen ist. Die Anzahl der Sparkassen im rechtsrheinischen Bayern hatte um 10,6 % zugenommen. In der Oberpfalz waren folgende kommunale Sparkassen neu errichtet worden:

59 Wysocki/Pix, Mut 81. 60 Ebd. 61 Ebd. 62 Ebd. 63 Kaufhold 70 f.; Ashauer 102, 105. 64 Wysocki/Pix, Mut 81. 65 Gömmel, Förderung 82. 252 Pressath gegründet am 1. Januar 1882 Auerbach gegründet am 1. Juli 1882 Pleystein gegründet am 1. August 1882.66

Tabelle 2: Anzahl der bayerischen Sparkassen 188567 Kommunale Distrikt- Gesamtzahl Sparkassen sparkassen Oberbayern 24 15 39 Niederbayern 11 22 33 Pfalz 26 16 42 Oberpfalz 13 12 25 Oberfranken 22 18 40 Mittelfranken 28 9 37 Unterfranken 10 35 45 Schwaben 22 19 41 Bayern 156 146 302

Das Innenministerium hatte einen flächendeckenden Ausbau des Distriktsparkassennetzes ange- regt. Dieses Ziel war vorerst nicht zu erreichen. Die kommunalen Sparkassen nahmen um 25,8 %, die Distriktsparkassen lediglich um 5,8 % zu. Die von Gömmel angesprochene Konkurrenz der Raiffeisenvereine ist dafür verantwortlich zu machen. Immerhin hatte man Erfolg bei der Einrich- tung von Annahmestellen.68 Im Jahr 1885 existierten bei 30 Sparkassen 351 Einzahlungsstellen.69 Allein die oberpfälzischen Kassen hatten sich nicht um solche bemüht.

Tabelle 3: Sparkassen mit Annahmestellen 188570 Anzahl der Anzahl der An- Sparkassen nahmestellen Unterfranken 10 141 Pfalz 9 128 Schwaben 4 33 Oberfranken 1 28 Niederbayern 2 15 Mittelfranken 2 4 Oberbayern 2 2 Bayern 30 351

Die Gesamteinlagen aller bayerischen Sparkassen beliefen sich 1885 auf 130.859.355 Mark.71 Das entspricht einem Zuwachs gegenüber 1879 von 56,7 %. Der Durchschnittssparbetrag je Einleger hatte hingegen unwesentlich zugenommen. Er betrug

66 ZStB 1884, 85. 67 ZStB 1887, 17. 68 Zu Argumenten gegen die Errichtung von Annahmestellen vgl. Hruschka 228. 69 Einige niederbayerische Sparkassen hatten bereits in ihren Gründungsstatuten „Annahmestellen“ vorgesehen. Sie räum- ten die Möglichkeit ein, bei Pfarrstellen Gelder zur Anlage bei der Sparkasse abzugeben. Ebd. 226. 70 ZStB 1887, 17. 71 ZStB 1887, 20. 253 1880 278 Mark 1881 288 Mark 1882 293 Mark 1883 288 Mark 1884 279 Mark 1885 282 Mark.72

Die Gesamtanzahl der Sparer war von Mitte bis Ende der 1870er Jahr relativ konstant geblieben, im Jahr 1876 erreichte sie mit 313.287 den höchsten Stand.73 Ab 1880 gelang es, zunehmend mehr Einleger an die Sparkassen zu binden, zwischen 1879 und 1885 belief sich die Steigerung immer- hin auf 50 %:

1879 309.628 Sparer 1880 320.246 Sparer 1881 341.023 Sparer 1882 361.524 Sparer 1883 396.117 Sparer 1884 436.922 Sparer 1885 464.545 Sparer74

Trotzdem konnte sich das Innenministerium mit dem Resultat keineswegs zufrieden geben, denn die im nationalen Vergleich geringen Sparsummen pro Kopf der bayerischen Bevölkerung zeigen den Aufholbedarf deutlich. „Der Einlagenbestand war nach wie vor Ausdruck des relativ niedrigen allgemeinen Wohlstandes.“75

Tabelle 4: Einlagen pro Kopf der Bevölkerung in deutschen Staaten 1880, 188576 Jahr Bayern Baden Hessen Preußen Sachsen 1880 17 M. 86 M. 68 M. 58 M. 115 M. 1885 24 M. 115 M. 95 M. 80 M. 137 M.

II. Verwaltung - Geschäftsführung 1. Die neue Geschäftsordnung Am 26. August 1874 hatte der Stadtmagistrat Vorschriften zu Führung und Prüfung der städtischen Kassen erlassen.77 Für die Sparkasse wurden gesonderte Verfügungen getroffen und damit 50 Jahre nach ihrer Gründung zum zweiten Mal eine Geschäftsordnung vorgelegt. Sie lautete:78

„§ 1 Nach § 1 der Statuten der städtischen Sparkassa Amberg steht diese unter der Verwaltung des Ma- gistrats und wird von den übrigen Kassen der Gemeinde getrennt durch eine eigene Commission,

72 ZStB 1884, 118; 1887, 54. 73 ZStB 1880, 189. Die Zahl bezieht sich auf die Menge der Sparkassenbücher. 74 ZStB 1880, 189; 1884, 117; 1887, 53. 75 Gömmel, Förderung 83. 76 Ashauer 121, Übersicht 23. 77 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8306, „Vorschriften über Führung und Untersuchung der Kassen beim Magistrate der Stadt Amberg“. 78 StadtAAm, Zg. II 3861, „Vorschriften über die Führung der Kassa und Rechnungswesen der städtischen Sparkassa Am- berg“ vom 23. März 1875. 254 bestehend aus einem Cassier, einem bürgerl. Magistratsrath und einem Gemeindebevollmäch- tigten als Controlleur, verwaltet.

§ 2 Die Currentkassa, in welcher alle eingehenden Gelder aufzubewahren sind, befindet sich unter cummulativer Sperre des Kassiers und magistratischen Controlleurs.

§ 3 Alle Activobligationen der Sparkassa dagegen werden von der Sparkassacommission an die ma- gistratische Reservkassa79 abgegeben und von dieser aufbewahrt.

§ 4 Alle Einnahmen und Ausgaben sind in dem Tagebuche (Form. 1), welches von dem Kassier geführt wird, vorgetragen. Die Einlagen und Rückgaben werden außerdem auch noch nach ihrem jedsma- ligen Anfalle sofort in das Hauptbuch (Form. 2) übergetragen, welches gleichfalls von dem Kassier geführt wird. In dem Tagebuche erfolgen die Einträge fortlaufend nach ihrem Anfalle, in dem Hauptbuche dagegen, wird für jeden Einleger bei der ersten Einlage ein Folium eröffnet, welches zwar jährlich abgeschlossen, im darauffolgenden Jahre aber gleich wieder fortgesetzt wird, dessen Cassierung erst nach vollständiger Rücknahme aller Einlagen erfolgt. Außerdem wird vom magistra- tischen Controlleur ein Quittungsbuch geführt, in welchem alle Rückgaben an Kapital und Zinsen vom Empfänger unterschriftlich bestätigt werden. Beim Beginn jeden Rechnungsjahres wird ein Extract aus den Hauptbüchern (Form. 3) angelegt, in demselben die Nummern und Namen und die verbliebenen Kapitalsreste des vorigen Jahres, dann als neue Einlagen die kapitalisierten Zinsen des Vorjahres übergetragen, jede Einlage und Rückga- ben im laufenden Jahre, ebensowie in dem Folium des Hauptbuches auch in dem Extrakte einge- tragen; die am Schlusse des Jahres von den verbliebenen Kapitalsresten berechneten Zinsen sind nach Ablauf des im Januar des nächsten Jahres für die Zinsenzahlung anberaumten Termins gleich- falls ausgeschieden vorzutragen, je nachdem sie bezahlt oder zu kapitalisieren sind. Dieser Extrakt wird am Schlusse des Rechnungsjahres bei jedem Einleger, dann aber auch in seiner Gesamtheit

79 Zur städtischen „Reservkassa“ bestanden folgende Vorschriften: § 12 Die Reserv-Kassa enthält die zum Grundvermögen der Stadtgemeinde und Stiftungen gehörigen Baarbestände, Aktiv- Obligationen und Werthpapiere. § 13 Dieselbe steht unter der Verwaltung und cumulativen Sperre von zwei Magistratsmitgliedern, die vom Magistratsvorstand hiezu bestimmt werden, und befindet sich in einem feuerfesten Gewölbe des Rathhauses. § 14 Die Reservkassa-Commission hat die in die Reservkassa kommenden Baarbeträge und Obligationen von den betreffen- den Verwaltern gegen Ausstellung eines Depositenscheines in Empfang zu nehmen, und die aus der Reservkassa hin- auszugebenden Baarbeträge und Obligationen an die betreffenden Verwalter gegen Empfangs-Bescheinigung hinaus- zugeben. § 15 Ueber die Buchführung der Reservkassa wird Folgendes bestimmt: a) Ueber alle Einnahmen und Ausgaben der Reservkassa ist ein Tagebuch und ein Hauptbuch zu führen, und zwar ausgeschieden nach Geld und Papier. Im Tagebuche sind Einnahmen und Ausgaben nach der Zeitfolge aufzuführen und von der Reservkassa-Commission zu unterzeichnen, im Hauptbuche dagegen erfolgen die Einträge ausgeschie- den nach den einzelnen Kassen, für deren jede ein besonderes Folium angelegt ist. b) Außerdem wird durch die Reservkassa-Commission ein sogen. Zinscoupons-Quittungsbuch geführt über die aus der Reservkassa an die Current-Kassen-Verwalter abgegebenen Zins-Coupons von Staatsobligationen etc. c) Endlich wird eine Urkundensammlung geführt, in welcher alle Werthpapiere und Obligationen, ausgeschieden nach einzelnen Gattungen und unter Eröffnung eines besonderen Foliums für jede Kassa, eingetragen werden. d) Reservkassa-Tagebuch, Hauptbuch und Urkunden-Verzeichniß sind alljährlich abzuschließen. § 16 In der Reservkassa sind auch die Administrativ-Depositen des Stadtmagistrats aufbewahrt. Die Kassaführung richtet sich nach der allerhöchsten Verordnung vom 22. Dezember 1840, ‘die Behandlung der Ge- richts-Administrativ-Depositen betreffend’.“ StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8306, „Vorschriften über Führung und Untersuchung der Kassen beim Magistrate der Stadt Amberg“. 255 abgeschlossen und ergibt sodann das Hauptresultat aller Einträge in dem Hauptbuch. Zur Controle dieses Extracts wird an jedem Tage, an dem ein Eintrag im Tagebuch erfolgt ist, in der Uebersicht (Form. 4) summarisch der Auszug aus dem Tagebuche nach den bestehenden sämtli- chen Rechnungstiteln eingetragen und diese Uebersicht am Schlusse des Rechnungsjahres ebenfalls abgeschlossen, aus diesem Abschlusse dann in den betreffenden einzelnen Titeln über Rücknah- men an Kapitalien und Zinsen eine Uebereinstimmung mit dem Abschluß des Extractes, in der Ge- samteinnahms- und Ausgabssumme aber eine Uebereinstimmung mit dem Hauptabschlusse im Tagebuch sich ergeben muß. Außerdem wird ein Verzeichniß der Activobligationen geführt, in wel- chem alle Kapitalsausleihungen und Heimzahlungen und alle alljährlich anfallenden Zinsen vorge- tragen werden (Form. 5). Zur Jahresrechnung wird das für Stiftungsrechnungen überhaupt vorge- schriebene Formular verwendet.

§ 5 Zahlungen, welche an andern als den in § 10 der Sparkassa Statuten bestimmten Tagen gemacht werden, hat der Kassier in Empfang zu nehmen und am darauffolgenden Kassatage an der Current- kasse abzuliefern. Wird hiebei der Betrag von 800 fl. überschritten, so muß der Mehrbetrag an den betreffenden Banquier, mit welchem ein Contocorrent besteht, abgeliefert werden.

§ 6 Gesuche um Darlehen aus der Sparkasse sind beim Magistrat anzubringen, von demselben zu verbescheiden, die ausgestellten Schuldbriefe vom Magistate zu prüfen und nach genommener Abschrift, welche als Rechnungsbeleg zu dienen hat, an den Kassier auszuhändigen, welcher diesen der magistratischen Reservkassa zur Aufbewahrung übergibt. Auszahlung von Darlehen vor Ueber- gabe des Schuldbriefes dürfen nur mit magistratischer Genehmigung erfolgen.“

Die dreiköpfige Sparkassenkommission blieb in ihrer Zusammensetzung unverändert, ebenso das Verfahren zur Aufbewahrung der Gelder und der Wertpapiere. Schon vor über 30 Jahren war die umständliche und zeitraubende Führung einer Vielzahl von Kassenbücher kritisiert worden, wie § 4 zeigt hatte man nur kurzfristig Abhilfe geschaffen. Es wurden sieben Bücher verwendet:

− Journal − Hauptbuch − Quittungsbuch − Auszug aus dem Hauptbuch − Übersichtsbuch − Verzeichnis der Ausleihungen − Jahresrechnung

Die wichtigsten Bücher, Journal und Hauptbuch, führte der Kassier, das Quittungsbuch oblag dem Magistratsrat. Für die Erstellung des „Extrakts aus dem Hauptbuch“ wurde ab 1880 eine Hilfskraft beschäftigt. Ob das gemeindebevollmächtigte Sparkassenverwaltungsmitglied irgendeine Aufgabe innerhalb der Buchführung übernahm, bleibt unklar. Seit 1840 versahen die Gemeindebevollmäch- tigten keine besondere Funktion, sie sollten deshalb gänzlich aus der Sparkassenkommission aus- scheiden, was das Veto des Gesamtgremiums der Bevollmächtigten jedoch verhindert hatte.80 Ver- mutlich wurden die restlichen Bücher ebenfalls vom Kassier geführt. Interessant ist, wie § 5 zeigt, daß es längst Usus geworden war, die Sparkasse nicht nur zu den offiziellen Öffnungszeiten zu fre- quentieren, sondern den Kassier während der Dienstzeit als Kämmerer und Hospitalverwalter oder

80 Vgl. S. 161. 256 wohl auch privat aufzusuchen, um Sparkassengeschäfte zu erledigen. Schriftlich fixiert wurden weiterhin die Vorgehensweise bei Darlehensgewährungen und die Einrichtung eines Kontokorrents. Die Vorschriften zur Führung der Sparkasse behielten ihre Gültigkeit bis zu Beginn des Jahres 1889. Infolge eines Visitationsbescheides der vorgesetzten Behörde wurden sie im März dieses Jahres ge- ändert.81

2. Neue Statuten 1874 Neun Monate nach der Eingabe des Amberger Magisstrats beim Innenministerium traten die neu- en Bestimmungen für die Sparkassen in Kraft. Die Ministerialentschließung vom 20. Mai 1874 hob die Beschränkungen auf einen bestimmten Einlegerkreis und die Festsetzung eines Einlagenmaxi- mums auf. Diese Restriktionen gehörten somit in dem Rahmen der Vergangenheit an, in dem sich die jeweiligen kommunalen oder distriktiven Verwaltungen entschieden, die entsprechenden Ver- fügungen in den Statuten zu streichen. Für den Amberger Magistrat stand eine Statutenänderung außer Frage. Am 24. November 1874 lagen die neuen Bestimmungen in 16 Paragraphen gedruckt vor.82 Man hatte folgende Neuerungen festgelegt:

㤠3 Das Minimum der Einlage ist auf zwei Mark, das Maximum der Einlage einer Person auf 6.000 Mark83 festgesetzt.

§ 4 Sobald das Gesammtguthaben einer Person, nemlich der Betrag aller seiner Einlagen einschlüssig der nicht erhobenen Zinsen die Summe von 6.000 Mark übersteigt, hört sofort die Verzinsung die- ses Guthabens durch die Sparkasse auf.“

§ 5 Der Zinssatz beträgt 3 1/2 %. Pfennigbeträge werden nicht verzinst.

§ 9 Für das Sparkassenbuch wird eine Gebühr von 20 Pfennigen erhoben.

„§ 15 Die Anlage von Sparkassageldern kann außer den in § 1 der k. allerh. Verordnung vom 31. Juli 1869 ‘die Kapitalsausleihungen der Gemeinden und Stiftungen betr.’ enthaltenen Fällen auch in verzinslichen Schuldverschreibungen deutscher Bundesstaaten erfolgen. Von Umschreibung eines auf den Namen lautenden Wertpapieres kann nur dann Umgang genommen werden, wenn das- selbe auf den Namen einer unter der Verwaltung des Stadtmagistrats stehenden gemeindlichen oder Stiftungskassa lautet; in diesem Falle genügt die unterschriftliche Bestätigung des Stadtmagist- rats, daß fragliches Wertpapier in das Eigenthum der Sparkasse übergegangen sei. Von Vinculirung eines auf den Inhaber lautenden Werthpapieres kann nur auf Grund speciellen Magistratsbeschlus- ses Umgang genommen werden.

81 Vgl. S. 308 - 310. 82 StadtAAm, Zg. II 3861. Die meisten Sparkassen warteten mit der Erarbeitung neuer Statuten bis zur Einführung der Reichswährung am 1. Januar 1876. Kniepert 95. 83 Bis zum 1. Januar 1876 blieb der alte § 8 in Kraft. StAA, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 II, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 31. August 1874. 257 § 16 Die Ueberschüsse der Anstalt, nach Abzug der Verwaltungskosten, sind Eigenthum der Stadtge- meinde, und ihre Verwendung ist den Bestimmungen des Stadtmagistrats und der Gemeindebe- vollmächtigten nach Maßgabe der bestehenden Gesetze vorbehalten. Vor deren anderweitiger Verwendung sind dieselben jedoch zur Bildung eines Reservefonds im Betrag von mindestens 10 % des jeweiligen Gesammteinlagekapitals zu verwenden, welcher Eigenthum der Commune bleibt, in den Sparkasserechnungen besonders auszuweisen ist, und mit dem Sparkassevermögen verwaltet wird. Die bis zum Ende des Rechungsjahres laufenden, aber noch nicht fälligen Zinsen der Aktivka- pitalien werden bei Feststellung des Reservefonds nicht in Rechnung gebracht.“

Auf die Festsetzung eines Einlagenhöchstbetrages mochte der Amberger Magistrat nicht gänzlich verzichten. Die satzungsgemäßen 6.000 Mark erschienen der Kuratelbehörde reichlich hoch gegrif- fen „für ein Institut, dessen Aufgabe es ist, wenig bemittelten Personen, Gelegenheit zur leichten und sicheren Anlage ihrer Ersparnisse zu geben“.84 Für die Kreisregierung hatte sich am sozialen Sparkassengedanken nichts geändert. Bei einem Zinssatz von 3 1/2 %, der dem von bayerischen Sparkassen durchschnittlich entrichteten Satz von 3,55 % entsprach,85 rechnete die Aufsichtsbehör- de allerdings nicht mit einem Einlagenansturm auf die Kasse. Der landesüblich Zinsfuß lag bei 4 1/2 %.86 Besitzer größerer Kapitalien würden daher kaum den Weg in die Sparkasse nehmen. Bisher waren in die Statuten der städtischen Sparkasse Amberg keine Angaben zur Anlage der Aktiva auf- genommen worden. Da die Ministerialentschließung entsprechende Vorschriften enthielt, hatten die neuen Grundbestimmungen ebenfalls diesbezügliche Regelungen zu beinhalten. Man nahm zu der in Ziffer 9 der Entschließung vorgeschriebenen Anlage der Sparkassengelder die nach Ziffer 9 a) möglichen Schuldverschreibungen deutscher Bundesstaaten auf. Von besonderer Wichtigkeit für den Magistrat wurde § 16 der überarbeiteten Statuten, der die Verwendung der Überschüsse regel- te. Mit diesem Passus sicherte man sich die Rechte an den Gewinnen der Sparkasse und ebenso an dem aus diesen gebildeten Reservefonds. Daß die Verwaltungskosten wie bisher von der Kasse selbst zu tragen waren, verstand sich von selbst - eine Belastung des Stadtsäckels durch die Honora- re der Verwaltungsmitglieder kam nicht in Frage. Die montägliche zweieinhalbstündige Öffnungs- zeit der Sparkasse blieb unverändert. Bestimmungen zur lokalen oder sozialen Beschränkung der Einlegerkreises fanden sich in den Statuten nicht mehr. Der Regensburger Magistrat hatte in seiner Stellungnahme zum Entwurf neuer Sparkassenbestim- mungen die Notwendigkeit einer Revision des Normativs von 1843 verneint. Es ist folglich nicht verwunderlich, daß zunächst eine Änderung der Statuten unterblieb. Erst die Einführung der Reichswährung veranlaßte den Magistrat im Januar 1876 eine Neufassung vorzulegen, die jedoch kaum Neuerungen enthielt. Aufgenommen wurden die Vorschriften zum Reservefonds und gering- fügige Erhöhungen der Minimal- und Maximaleinlagen, die nun 1 Mark und 700 Mark (vorher 30 kr. = 0,86 Mark, 300 fl. = 514,29 Mark) betrugen. Die bisher übliche Begrenzung des

84 Ebd. Internes Schreiben der Kreisregierung vom 3. Oktober 1874. 85 ZStB 1880, 186, 188. 86 Merz 106. 258 Einzugsgebietes fand keinen Eingang in die neuen Statuten. Rygol geht davon aus, daß „die Annahme, die Geschäftspolitik der städtischen Sparkasse Regensburg sei von nun an überregional orientiert gewesen,“ sich nicht aus dem Fehlen eines entsprechenden Passus in der Satzung herlei- ten läßt.87 Da sich die Zielgruppendefinition nicht änderte, war „ein außerordentliches Wachstum des Geschäftsbetriebs [...] nicht zu erwarten“.88 Besonders schnell reagierte der Augsburger Magistrat auf die Entschließung der Regierung. Er veran- laßte die Sparkassenverwaltung, Vorschläge zur Überarbeitung der bestehenden Statuten zu unter- breiten, die ihm schon Anfang Juni 1874 übergeben wurden. Doch erst im Juni 1876 leitete man die revidierte Satzung an die vorgesetzte Behörde weiter. Diese genehmigte den Entwurf mit einer Ausnahme, nämlich der Festsetzung des Maximalbetrages. Nach der Vorstellung der Augsburger Stadtverwaltung sollte das Einlagenmaximum bei 3.000 Mark liegen. Diese Summe erschien der Kuratelbehörde als erheblich zu hoch: „Denn wer über eine Ersparniss von 3.000 M. zu verfügen hat, der bedarf zur sicheren verzinslichen Anlage dieses Kapitals nicht mehr der Sparkasse, sondern demselben sind ausreichend anderweitige Gelegenheiten zur gleich sicheren und höher verzinsli- chen Kapitalanlage geboten.“89 Sie schlug als Höchstbetrag 1.200 Mark vor, also lediglich 1/5 der Summe, die für die städtische Sparkasse Amberg ohne Probleme genehmigt worden war. Der fol- gende Einspruch gegen die Entscheidung der Kreisregierung hatte den gewünschten Erfolg. Das Innenministerium gestattete mit dem Hinweis auf die im Normativ nicht festgelegte Höhe der Ma- ximaleinlage 3.000 Mark als Höchstbetrag. Die neuen Statuten traten am 1. Januar 1877 in Kraft.90 Als geringste Einlagensumme wurde wie in Regensburg 1 Mark festgelegt, der Zinssatz betrug nun 3 1/2 %. Keine Schwierigkeiten ein Einlagenmaximum von 3.000 Mark durchzusetzen, hatte die Sparkasse München. Die Kuratelbehörde genehmigte am 12. November 1875 die überarbeiteten Statuten, die neben dem neuen Höchstbetrag Staffelkündigungen und einen Zinssatz von 3 3/5 % einführ- ten.91 Einen äußerst eigenwilligen Weg ging die Sparkasse Würzburg. Zunächst sah man keinen Grund einer Revision näher zu treten, da man vom Mißtrauen der Sparer gegen jegliche Änderung aus- ging. Doch mit der Einführung der Reichswährung mußte es zu einer Neufassung der Statuten kommen, bei der man es nicht nur bei einer Umschreibung der Gulden- in Markbeträge belassen wollte. Die Sparkassenverwaltung forderte die Aufhebung der Einlegerbeschränkungen und die Freigabe der Einlagenhöhe. Letzterem stimmte Bürgermeister von Zürn nicht zu, er begrenzte die Gesamteinlage auf 900 Mark und verzichtete auf Regelungen zum Reservefonds. Im Dezember 1875 gingen die Vorschläge an die Kreisregierung, die zwei Punkte beanstandete. Vor allem die Forderung der Behörde, nicht erhobene Zinsen seien automatisch dem Kapital zuzuschlagen, hielt

87 Rygol 135f. 88 Ebd. 136. 89 Zitiert nach Merz 107. 90 Ebd. 91 Hirschhorn 23. 259 man in Würzburg für „eine solche Erschwerung der Kasseführung, daß wir lieber auf die ganze Statutenrevision verzichten als eine solche Bestimmung in die Satzung aufzunehmen.“92 Da die Kreisregierung nicht einlenkte, wurde von der Sparkassenverwaltung eine neue Stellungnahme aus- gearbeitet, die Mitte des Jahres 1876 vorlag und keine Zugeständnisse in der Frage der Zinskapitali- sierung machte. Daraufhin beschränkte sich von Zürn auf eine Minimaländerung der bestehenden Statuten; er übertrug Gulden- in Markbeträge und legte neue Einlagengrenzen fest. Der Zinssatz betrug 3 1/3 %. Zur leichteren Berechnung der anfallenden Zinsen nahm man nur durch 3 teilbare Summen an, als Minimum 3 Mark, als Maximum einer einmaligen Einlage 180 Mark, jährlich je- doch nicht mehr als 450 Mark. Das Gesamtguthaben durfte 690 Mark nicht überschreiten. Die Zinsen sollten nur auf Verlangen dem Kapital zugeschlagen werden. Im November 1876 stimmten die Gemeindebevollmächtigten den knappen Änderungen zu. Von Zürn holte keine Genehmigung der vorgesetzten Behörde ein, da nach seiner Meinung die bisherigen Statuten im Prinzip bestehen blieben. Als die Kreisregierung Ende des Jahres 1877 von den Eigenmächtigkeiten des Würzburger Magistrats erfuhr, forderte man die Kommune auf, umgehend das Einverständnis der Aufsichtsbe- hörde einzuholen, das jedoch nicht erteilt würde, falls die Frage der Zinskapitalisierung nicht ent- sprechend geregelt werde. Nach eingehender Beratung kam man zu dem Schluß, daß „die durch die Einführung der neuen Münzwährung bedingten Abänderungen [...] mehr formeller als materiel- ler Natur [seien], weshalb sie auch keiner staatsaufsichtlichen Genehmigung bedürften.“93 Eine Antwort auf das Schreiben der Kreisregierung blieb man schuldig. Ein Jahr später forderte die Kura- telbehörde wiederum erfolglos auf, die aufsichtliche Genehmigung einzuholen. Schließlich drohte sie im März 1879 mit einer Ordnungsstrafe, falls der Magistrat seiner Pflicht nicht nachkomme. Zwischenzeitlich hatte sich dieser mit einer Beschwerdeschrift an das Innenministerium gewandt, das die Beschlußfassung an die Kreisregierung zurückdelegierte. Diese führte aus, die Verfügungen des Magistrats seien gesetzwidrig und setzte eine vierwöchige Frist zur Rücknahme. Gleichzeitig drohte sie bei Zuwiderhandlung mit Außerkraftsetzung von Amts wegen. Der Magistrat gab nun an, er könne nicht erkennen, gegen welche Gesetze er verstoßen habe und beharrte auf Beibehaltung der bisherigen Regelungen. Daraufhin erklärte die Aufsichtsbehörde im Januar 1880 die magistrati- schen Beschlüsse für aufgehoben. Einen Monat später wandte sich von Zürn mit der Bitte an den Verwaltungsgerichtshof, diese Entschließung außer Kraft zu setzen, und er hatte Erfolg. Im Juli 1880 fällte das Gericht folgendes Urteil: „Änderungen an den Statuten einer bestehenden gemeindlichen Sparkasse bedürften nur dann der staatsaufsichtlichen Genehmigung der vorgesetzten Verwaltungs- behörden, wenn dieselben

92 Kniepert 98. 93 Ebd. 101. 260 entweder direkt oder indirekt den Umfang der gemeindlichen Haftungspflicht zum Nachteile der Gemeinde zu ändern geeignet sind.“94 „Beharrung, Stillstand, Immobilität, senilen Bürokratismus“ warf man den Sparkassen der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts vor.95 Derartige Charakterisierungen treffen sicher auf die Sparkasse Würzburg und ebenso auf die Sparkasse Regensburg zu. Der hier in größerer Breite dargestellte fünf Jahre andauernde Streit des Würzburger Magistrats mit der Aufsichtsbehörde über die Frage der Zinska- pitalisierung, die ausschließlich aus bürokratischen Gründen zum Nachteil der Sparer verweigert wurde, zeigt in aller Deutlichkeit die Engstirnigkeit eines Gewährträgers, der grundsätzlich im Eigen- interesse handelte. Die Chance, die das Normativ von 1874 bot, ließ man völlig außer acht. Dage- gen mutet die Initiative des Amberger Magistrats geradezu fortschrittlich an. Man hatte sich ent- schlossen gegen die restriktiven Weisungen der Kreisregierung gewandt, bereits im Vorfeld der Ent- scheidung für die Auflassung der Beschränkungen deren Abschaffung gefordert und schließlich um- gehend die Gelegenheit zur größtmöglichen Erweiterung des Geschäftsfeldes genutzt. Die gesetzli- chen Rahmenbedingungen wurden eingehalten, man kam folglich nicht in Konflikt mit der Auf- sichtsbehörde. „Seniler Bürokratismus „oder „Immobilität“ ist der Amberger Sparkasse in diesen Jahren nicht zu unterstellen.

3. Einführung der Reichswährung Die Gründung des Deutschen Reiches schaffte die Voraussetzung für ein einheitlichen Währungs- und Finanzwesens. Mit dem Reichsgesetz vom 4. Dezember 1871 und dem Münzgesetz vom 9. Juli 1873 wurde die Goldwährung und als Währungsnominal die Mark zu 100 Pfennigen einge- führt. Die bisherige Silberwährung war damit abgeschafft, und der Wert der Mark mit 0,358 g Gold bestimmt. Die Umsetzung zog sich allerdings bis zum Jahr 1909 hin - die Mark wird als „hinkende Goldwährung“ bezeichnet -, so daß die Reichsbank ihre Noten in Gold oder in Silber einlösen konnte. In Bayern bestimmte die Verordnung vom 22. September 1875 den 1. Januar 1876 zum Tag der Währungsumstellung. Die alte Währung wurde im Verhältnis 1 fl. = 1,7143 Mark umge- rechnet.96 Daß die Umstellung der Währung für die Amberger Sparkasse, wie in Augsburg, „Kopf- schmerzen“97 mit sich brachte, ist den Akten nicht zu entnehmen.

4. Umzug 1879 Seit Gründung der Sparkasse befand sich der Kassenraum im Rathaus. Ob es sich hierbei bis zum Jahr 1878 um das Zimmer Nr. 18 handelte, das im Gründungsakt angegeben worden war, ließ sich nicht ermitteln. Bislang ging man davon aus, daß die Sparkasse bereits im Jahr 1838 in das

94 Ebd. 103. 95 Ashauer 118. 96 Schultz 34 - 53; Kellenbenz 942f.; Zorn 808. Vgl. Jungmann-Stadler, Währungsumstellung. 97 Merz 118. 261 Spitalgebäude umgezogen sei.98 Diese Annahme gründete auf der protokollarischen Notiz der Magistratssitzung vom 30. Oktober 1838: „Laut Magistratsbeschlusses vom 30. v. Mts. soll die Spar- kasse in Zukunft unter kumulativer Sperre des bürgerl. Magistrats Rathes und des Kassiers gehalten, und als Kasse Lokale die in jeder Beziehung gesicherte Lokalität des städtischen Archives, worin auch bereits eine leere eiserne Kassa mit doppelter Sperre sich befindet, verwendet werden.“99 Das städtische Archiv befand sich seit dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts in einem Mezzanin- Geschoß des Rathauses, das unter dem kleinen Rathaussaal eingebaut worden war.100 Bei einer Ortsbesichtigung wird klar, daß hier die Sparkasse kaum untergebracht werden konnte. Man nahm daher an, daß nicht die Haupträume des Archivs im Rathaus als neue Sparkassenlokalität gemeint sein konnten, sondern eine Altregistratur, die im Bürgerspital ausgelagert war, in Frage kam. Da bekannt ist, daß sich die Sparkasse im Bürgerspital befunden hatte, wurde der Umzug dorthin in das Jahr 1838 verlegt. Dies bedarf der Korrektur. Die Sparkassenrechnungen zeigen, daß der Um- zug Ende 1878, spätestens im Lauf des Jahres 1879 stattfand; erst ab 1879 wurde ein Mietzins in Höhe von 60 Mark jährlich an das Spital abgeführt. Ferner geht aus der Geschäftsordnung des 1870 gegründeten Kreditvereins hervor, daß die Sparkasse zu dieser Zeit noch immer im Rathaus unter- gebracht war. Der Verein war in das „Locale der städtischen Sparcassa (Magistratsgebäude)“101 ein- gezogen. Kreditverein und Sparkasse teilten sich einen Raum, ersterer belegte ihn montags und freitags von 13 bis 14 Uhr,102 letztere montags von 9 Uhr bis 11 Uhr 30. Sowohl Sparkasse als auch Kreditverein mußten wegen Umbaumaßnahmen zum Ende des Jahres 1878 das Rathaus verlassen. Beide zogen in einen im Bürgerspital angemieteten Raum.103 Die jährlichen Mietkosten, die auf die Kasse entfielen, wurden aus deren Überschüssen finanziert. Die Sparkasse blieb in den Räumen des Spitals bis zu einem neuerlichen Umbau des Rathauses im Jahre 1911. Sie zog anschließend in den ersten Stock des Gebäudes.104 Die protokollarische Notiz des Jahres 1838 wird dahingehend zu interpretieren sein, daß nicht das Sparkassenlokal ins städtische Archiv verlegt wurde, sondern daß die Kasse der Sparkasse hier an gesichertem Ort in einem speziellen Geldkasten untergebracht worden war.

5. Sparmarken Die Statuten der Sparkasse schrieben eine Mindesteinlage von 2 Mark vor. „Um das Sparen in klei- neren Beträgen zu erleichtern und den Sparsinn zu heben,“105 beantragte der Magistrat Ende des Jahres 1883 auf Anregung Lengfelders, Sparmarken zum Preis von 10 Pfennigen ausgeben zu dür-

98 Schiener 19, 22. 99 StadtAAm, Zg. I 2058, „Abschluß der Sparcaßa zu Amberg“ vom 8. November 1838; ebd. Sitzungsprotokolle des Stadt Magistrats 1838/39, Bd. 98, 30. Oktober 1838. 100 Laschinger, Archiv 161. 101 Eger/Laschinger/Schmidt 65. 102 Ebd. 103 Ebd. 82. 104 Schiener 22. 105 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 II, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 14. Nov. 1883. 262 fen. „Zur größeren Bequemlichkeit der Sparenden“106 sollten Verkaufsstellen für Sparmarken im Stadtgebiet errichtet werden. „Diese Sparmarken werden auf Sparkarten, welche von der städti- schen Sparkassa unentgeldlich abgegeben werden, aufgeklebt und wenn der Nennwerth der aufge- klebten Sparmarken den Betrag von 2 Mark erreicht, so kann für dieselben bei der städtischen Sparkassa gegen Entrichtung einer Gebühr von 20 pf ein verzinsliches Sparkassabuch erhalten wer- den.“107 Die Stadtverwaltung hielt diese neue Einrichtung nicht für ein Unterlaufen der gültigen Statuten: „Durch dieses Verfahren werden die bisherigen Sparkassastatuten vollkommen aufrecht erhalten.“108 Man arbeitete umgehend ein „Regulativ über die Einführung der Sparmarken in der Stadt Amberg“109 aus, in die Tat umgesetzt wurde das Projekt letztendlich aus Kostengründen nicht.110 Zu den ersten bayerischen Sparkassen, die das Sparmarkensystem einführten, gehörte die Sparkas- se Regensburg. Das Kleinsparwesen zu fördern, entsprach ganz den Vorstellungen des Regensbur- ger Magistrats, da „zum einen erzieherische und moralische Aspekte dafür sprachen und zum an- deren aufgrund der nur geringen Einlagen eine zu große Ausdehnung der Haftungsverbindlichkei- ten der Kommune nicht befürchtet werden mußten.“111 Mitte des Jahres 1883 wurden „Kaufleute, Lehrer, Fabrikherren oder Direktoren und Gesellschaftvorstände von hier und Umgebung zur Ver- mittlung des Verkaufs“112 aufgefordert. Die Resonanz war eine positive, bereits kurz nach Bekannt- gabe der Modalitäten hatten sich 36 gewerbe- und handeltreibende Personen bereit erklärt, den Verkauf der Sparmarken und die Ausgabe der Sparkarten zu übernehmen. Für 120.000 Sparmar- ken entrichtete die Regensburger Kasse 490 Mark an das K. Bayerische Hauptmünzamt.113 Mit ähn- lichen Auslagen mußte der Amberger Magistrat rechnen, hinzu kamen vorläufig nicht einzuschät- zende Mehrkosten für den zusätzlichen Verwaltungsaufwand - für die Stadtväter ein zu teueres Unternehmen in Zeiten knapper Kassen, das zudem keinen adäquaten Gewinn versprach. Wie die Entwicklung in Regensburg zeigt, entschied sich der Amberger Magistrat durchaus richtig. Im Stadt- bezirk Regensburg wurden 37 und außerhalb weitere fünf Verkaufsstellen eingerichtet, von denen 22 wegen Nichtnutzung im Einführungsjahr wieder aufgegeben werden mußten. „Die Erfahrungen der darauffolgenden Jahre zeigten, daß es nicht nur an Rentabilität fehlte, sondern daß trotz des zurückgehenden Erfolgs ein enormer Arbeitsaufwand mit dem Sparmarkensystem verbunden war.“114 Der Kassier kam schließlich nicht umhin, „wegen der großen Kosten und des geringen so- zialen Wertes des Sparmarkensystems, im Oktober 1899 den

106 Ebd. 107 Ebd. 108 Ebd. 109 Ebd. „Regulativ [...]“ vom 14. März 1884. 110 Ebd. Bericht des Stadtmagistrats vom 20. Dezember 1886. Zu den errechneten Kosten finden sich keine Angaben. 111 Rygol 138. 112 Bekanntmachung des Stadtmagistrats Regensburg vom 10. Juli 1883. Abgedruckt in: ebd. 139. 113 Ebd. 114 Ebd. 140. 263 Stadtmagistrat um Auflösung des Sparmarkengeschäfts“ zu bitten.115 Ähnliches zeichnete sich für die Sparkasse München ab. Sie hatte im Dezember 1882 mit der Ausgabe von 10-Pfennig- Sparmarken begonnen. Im Jahr 1883 wurden 660.000 Marken verkauft, ein Jahr später waren es nur noch annähernd die Hälfte, 1885 konnte man lediglich 240.000 Stück absetzen. Die Verkaufs- zahlen blieben rückläufig, um die Jahrhundertwende fanden nicht mehr als 90.000 Marken einen Käufer. In München stellte man hingegen das Sparmarkensystem nicht ein, sondern setzte ab 1908 auf moderne Technik und installierte Ausgabeautomaten, die tatsächlich den Absatz belebten. Man konnte jedoch nur kurzfristig höhere Verkaufszahlen erreichen als 1883.116 Mit der Pfennigsparkas- se machte man in Würzburg zunächst positive Erfahrungen. Am 1. April 1883 begann man in 40 Geschäften mit dem Verkauf von Sparmarken. 14 Tage später waren bereits 46.500 Marken zu 10 Pfennigen verkauft. Nach eineinhalb Jahren war die anfängliche Begeisterung längst verflogen, denn man hatte zwischenzeitlich erkennen müssen, „daß das Sparmarken-Institut ein mit vielen Umständlichkeiten verbundenes, auf die Gedankenlosigkeit des Publikums berechnetes unentgelt- liches Spielzeug für kleine Kinder und Erwachsene ist, das nur in höchst seltenen Fällen seinen ei- gentlichen Zweck erfüllt, nämlich den, in kleinen Beträgen jemanden in den Besitz einer größeren Summe nach und nach zu setzen.“117 Im Jahre 1908 existierten noch 5 Verkaufsstellen, die schließ- lich ein Jahr später aufgehoben wurden. Mitte des Jahres 1911 unternahm man einen zweiten An- lauf und lockte die Verkäufer mit einer Vergütung von 5 %. Als auch dieser Versuch mißlang, stellte man die Pfennigsparkasse zu Beginn des Jahres 1922 endgültig ein.118 Emmerich sieht als wichtigs- ten Grund für das Scheitern des Systems die mangelnde Akzeptanz der privaten Verkaufsstellen.119

6. Sparkassenpersonal Zwischen 1870 und 1885 veränderte sich die Zusammensetzung des Sparkassenpersonals wenig. Lengfelder übte seine Tätigkeit als Kassier weiterhin aus. Im Jahr 1875 wurde seine Remuneration um 5 % angehoben, ebenso wie die der übrigen Kommissionsmitglieder, und betrug nun 420 fl. Nach Einführung der Markwährung ein Jahr später erhielt Lengfelder 720 Mark. Mit dem Amt des 1. Kontrolleurs aus den Reihen der Magistratsräte war bis Ende 1872 der Kaufmann Josef Liersch betraut.120 Ihm folgte ab Januar 1873 der Kaufmann Michael Lauerer,121 der in den Jahren 1874 und 1875 auch die Gaswerkverwaltung versah.122 Weiterhin war er verantwortlich für die

115 Ebd. 141. 116 Hirschhorn 54. 117 Kniepert 108. 118 Ebd. 108f. 119 Emmerich 63. 120 HASpAm-Su, Rechnung 1873 fol. 8. Liersch verstarb am 2. Oktober 1874. StadtAAm, Zg. I 335, VB 1874, 35. 121 HASpAm-Su, Rechnung 1874 fol. 8. 122 StadtAAm, Zg. I 335, VB 1874, 35; Dollacker, Amberg 144. 264 städtische Reservekasse und die Einnahme der Brandassekuranzbeiträge.123 Zwischen 1870 und 1885 gehörten vier Gemeindebevollmächtigte zur Sparkassenkommission: ab Februar 1870 Karl Gruber, Eisenhändler - 1870 bis 1873 Verwalter des Gaswerks124 ab Anfang 1873 bis 30. Juni 1875 Joseph Klob, Tapezierer125 ab 1. Juli 1875 bis Ende 1877 Josef Habbel, Buchhändler und Verleger126 ab Anfang 1878 Johann Singerthum, Schneider127

Die beiden Kontrolleure erhielten bis 1874 80 fl., im Jahr 1875 84 fl. und ab 1876 144 Mark Ent- schädigung für ihre Tätigkeit. Zur Unterstützung des Kassiers wurde ab 1879 der Diurnist Luther abgestellt, der den Auszug aus den Hauptbüchern erstellte.128 Er wurde bis 1881 mit 14 Mark, ab 1882 mit 20 Mark und ab 1884 mit 25 Mark jährlich entlohnt. Schließlich beschäftigte man ab 1885 eine zweite Hilfskraft. Offiziant Georg Chursilchen übernahm den Bücherabschluß und die Zinsauszahlungen, wofür ihm 60 Mark jährlich zugestanden wurden.129

Tabelle 5: Personal der städt. Sparkasse Amberg 1870 bis 1885 Zeitraum Kassier Magistratsrat Gemeindebevollmächtigter Hilfskräfte

Jan. bis Febr. 1870 Lengfelder Liersch Febr. 1870 bis Dez. 1872 Lengfelder Liersch Gruber Jan. 1873 bis 30. Juni 1875 Lengfelder Lauerer Klob 1. Juli 1875 bis Ende 1877 Lengfelder Lauerer Habbel 1878 Lengfelder Lauerer Singerthum 1879 bis 1884 Lengfelder Lauerer Singerthum Luther 1885 Lengfelder Lauerer Singerthum Luther, Chursilchen

123 Amberger Adreßbuch 1876, 67. 124 StadtAAm, Zg. I 2060, Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 24. Januar 1870. Gruber starb am 25. Juni 1901 im Alter von 74 Jahren. Dollacker, Amberg 107, 341. 125 HASpAm-Su, Rechnung 1874 fol. 8. Klob starb am 6. März 1882 im Alter von 56 Jahren. Dollacker, Amberg 199. 126 HASpAm-Su, Rechnung 1876 fol. 5. Habbel wurde am 8. Januar 1846 in Soest (Westfalen) geboren. Der gelernte Buchhändler kam 1868 nach Regensburg zu Pustet, der ihm seine Amberger Filiale und die Verantwortung für die „Am- berger Volkszeitung“ übertrug. Sie ging 1870 in Habbels Besitz über. Im Jahr 1883 kaufte er das „Regensburger Morgen- blatt“ und den „Regensburger Anzeiger“. Der Amberger Betrieb ging 1889 an seinen langjährigen Schriftleiter Böes. Hab- bel starb am 20. Dezember 1916; Mayer gab 1918 an. Haffner 129; Held 8, 14, 18; Chrobak 318, Anm. 96; Mayer 103. Zur Biographie vgl. Habbel 41 - 46. 127 HASpAm-Su, Rechnung 1879 fol. 5. 128 Ebd. Rechnung 1880 fol. 5. 129 Ebd. Rechnung 1886 fol. 6. 265 III. Geschäftsentwicklung 1. Passivgeschäft a) Neueinlagen, Rückzahlungen

Tabelle 6: Neueinlagen, Rückzahlungen bei der städt. Sparkasse Amberg 1870 - 1885130 Jahr Neueinlagen Entwicklung Rückzahlungen Entwicklung in % in % 1870 64.455 fl. + 27,7 35.657 fl. + 10,1 1871 116.451 fl. + 80,7 47.311 fl. + 32,7 1872 89.450 fl. - 23,2 87.907 fl. + 85,8 1873 95.421 fl. + 6,7 78.868 fl. - 10,3 1874 97.120 fl. + 1,8 72.625 fl. - 7,9 1875 130.132 fl. + 34,0 81.170 fl. + 11,8 1876 214.186 M. - 4,0 184.116 M. + 32,3 1877 159.092 M. - 25,7 194.086 M. + 5,4 1878 200.041 M. + 25,7 182.678 M. - 5,9 1879 165.912 M. - 17,1 175.688 M. - 3,8 1880 213.248 M. + 28,5 144.852 M. - 17,6 1881 232.808 M. + 9,2 178.327 M. + 23,1 1882 267.925 M. + 15,1 196.769 M. + 10,3 1883 237.015 M. - 11,5 177.056 M. - 11,1 1884 245.318 M. + 3,5 173.436 M. - 2,0 1885 352.217 M. + 43,6 237.879 M. + 37,2

Das Kriegsjahr 1870 erschütterte die Amberger Sparer nicht. Zwar stiegen die Rückforderungen um 10 %, doch lagen sie mit knapp 36.000 fl. weit unter den Neueinlagen. Von einem Run auf die Sparkasse, wie ihn der Verwalter der Ansbacher Sparkasse erlebte, konnte in Amberg keine Rede sein. Zum Ziel Laurenzi waren in Ansbach 156.000 fl. gekündigt worden, denen 37.000 fl. an Neueinlagen gegenüberstanden. Brendel hatte sich, nach eigener Einschätzung, der größten Her- ausforderung seit Bestehen der Sparkasse Ansbach zu stellen. Es gelang ihm zwar unter Zuhilfe- nahme der bei der Königlichen Bank deponierten Gelder allen Rückforderungen nachzukommen, doch zum Ziel Martini waren weitere 160.000 fl. gekündigt worden, zu deren Auszahlung ihm die Mittel fehlten. Er schlug vor, einen Kredit in Höhe von 150.000 fl. gegen Verpfändung von Staats- papieren aufzunehmen. Die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank bot, da „in ganz Bayern die Sparkassen in der Kriegszeit massiv unter Geldnot litten“,131 lediglich 75.000 fl. zum Zinssatz von 7 % an. Die volle Summe konnte schließlich die Filiale der Königlichen Bank in Ansbach in Form eines Kontokorrentkredits gegen 5%ige Verzinsung zur Verfügung stellen.132

130 Ebd. Rechnungen 1870 fol. 2, 8; 1871 fol. 1, 9; 1872 fol. 1, 8; 1873 fol. 1, 8; 1874 fol. 1, 7; 1875 fol. 1, 4; 1876 fol. 2, 4; 1877 fol. 1, 4; 1878 fol. 2, 4; 1879 fol. 2, 4; 1880 fol. 2, 4; 1881 fol. 2, 4; 1882 fol. 2, 4; 1883 fol. 2, 4; 1884 fol. 2, 4; 1885 fol. 2, 4. 131 Reinhart/Zeitler 82. 132 Ebd. 266

Tabelle 7: Einlagenentwicklung bei 3 bayerischen Sparkassen 1869, 1870133 Augsburg Regensburg Würzburg Jahr Einzahlungen Rückzahlungen Einzahlungen Rückzahlungen Einzahlungen Rückzahlungen

1869 239.104 fl. 261.714 fl. 119.790 fl. 119.535 fl. 272.643 fl. 279.333 fl. 1870 209.201 fl. 332.506 fl. 74.316 fl. 86.132 fl. 244.249 fl. 288.636 fl. (- 12,5 %) (+ 27 %) (- 38 %) (- 27,9 ) (-10,4 %) (+ 3,3 %) 1871 217.466 fl. 271.844 fl. 82.485 fl. 77.769 fl. 267.186 fl. 268.301 fl. (+ 4,0 %) (- 18,2 %) (+ 11 %) (- 9,7 %) (+ 9,4 %) (- 7 %)

Die Sparkassen Augsburg, Regensburg und Würzburg erlebten wie die Kasse in Ansbach im Kriegs- jahr 1870 einen Einbruch im Neueinlagengeschäft und, zumindest in Augsburg und Würzburg, eine Zunahme der Rückzahlungen. Den bedeutendsten Rückgang an Neueinlagen mußte die Sparkasse Regensburg hinnehmen, wobei zu berücksichtigen ist, daß die Ausgangssumme des Jahres 1869 ein ganz und gar untypisches Jahresergebnis darstellte. Seit Bestehen der Kasse wurden keine auch nur annähernd so hohen Einzahlungen verbucht. Die Rückforderungen dieses Jahres entsprachen eben- falls nicht der bisherigen Entwicklung und stellen gleichermaßen ein singuläres Resultat dar. Ohne Ausnahme überstiegen im Jahr 1870 die zurückgeforderten Beträge die Einzahlungen, und zwar in

Augsburg um 123.305 fl. (58,9 %) Regensburg um 11.816 fl. (15,9 %) Würzburg um 44.387 fl. (18,2 %).

Die Augsburger Sparkasse wird sich in ähnlicher Weise wie die Sparkasse Ansbach beholfen ha- ben.134 In bewährter Weise griff die Regensburger Sparkassenverwaltung auf Barvorschüsse oder Zessionen von Hypothekendarlehen zurück und konnte so für ausreichende Liquidität sorgen, um das Vertrauen der Einleger zu sichern.135 Die Sparkasse in Würzburg lieh sich Mitte des Jahres 1870 28.000 fl. von der Brand-Assekuranz-Kasse und verkaufte im August Ostbahnaktien im Nominal- wert von 20.000 fl., deren Kurs bei 115 % lag, und schließlich wurden 6.000 fl. Vorschuß beim Bürgerspital aufgenommen. Da man auch hier allen Rückzahlungswünschen nachkommen konnte, beruhigten sich die Sparer, die Rückforderungen sanken im Folgejahr um 7 %, und die Neueinla- gen nahmen um annähernd 10 % zu. Die Rückzahlungen überstiegen nun die Neueinlagen, wenn auch nur um den geringen Betrag von 1.115 fl. Die beiden anderen Sparkassen erlebten eine ver- gleichbare Entwicklung, allerdings mit einem wesentlichen Unterschied. In Augsburg reichten die Neueinzahlungen nicht an die Rückforderungen heran. Letztere überstiegen erstere noch immer um 54.420 fl. Ein günstigeres Verhältnis zeichnete sich in Regensburg ab. Hier hatten sich die Ver- hältnisse umgekehrt. Die Rückzahlungen lagen um 4.716 fl. unter den Neueinlagen. Von einem „Gründerzeitboom“, wie ihn die Sparkasse Amberg im Jahr 1871 erlebte, waren die obengenann- ten Kassen weit entfernt. Die Neueinlagensumme stieg in Amberg auf noch nie dagewesene

133 Merz 124; Rygol 111; Kniepert, Tabelle 1. 134 Merz macht dazu keine Angaben. 135 Rygol 111. 267 116.000 fl., der prozentuale Zuwachs betrug 80 %. Die Rückzahlungen, obwohl um 33 % ge- stiegen, hielten sich im Rahmen, sie beliefen sich auf 41 % des Neueinlagenbetrages. Der Höhen- flug setzte sich allerdings im Folgejahr nicht fort. Die Rückforderungen nahmen um über 85 % zu und lagen annähernd gleichauf mit den Neueinlagen. Die vom Würzburger Magistrat im Verwal- tungsbericht des Jahres 1872 festgehaltene Einschätzung, nämlich „daß die Neigung, [...] Ersparnisse zu höheren Zinsen, wenn auch vielleicht minder sicher anzulegen, im Wachsen begriffen ist“,136 wird ohne weiteres auf Amberger Verhältnisse zu übertragen sein. Gelder wurden abgezogen, man spekulierte. Doch nicht nur die erhöhte Spekulationsbereitschaft ließ Kapital aus der Amberger Sparkasse abfließen. Lengfelder bemühte sich um eine Eindämmung des Zustroms, es fehlte näm- lich an Darlehensnehmern. In Ermangelung anderer Gelegenheiten mußten zum Ende des Jahres 1871 Gelder bei der Königlichen Bank zu 2 % angelegt werden. Der Magistrat hatte versucht, „nachdem 5 % Staatspapiere nicht mehr angekauft werden können, weil sie in kürzester Zeit zu- rückbezahlt werden“,137 sich an der Subskription auf Vorarlberger Eisenbahnaktien zu beteiligen.138 Dies wurde von der Kreisregierung und nach einer Eingabe gleichfalls vom Ministerium des Han- dels und der öffentlichen Arbeiten unter Hinweis auf die Entschließung des Jahres 1869 zu den Kapitalausleihungen der Gemeinden untersagt.139 Um den Geldfluß zu vermindern, senkte man schließlich den Zinssatz von 4 auf 3 1/2 %140 und hatte damit den gewünschten Erfolg. Die beiden folgenden Jahre brachten mäßiges Wachstum der Einlagen und geringer werdende Rückforderun- gen. Von einer fühlbaren Auswirkung - verstärkter Geldabfluß, rückläufige Neueinlagen - durch die Gründung eines „Sparvereins der kgl. Gewehrfabrik Arbeiter“ am 3. Februar 1873 kann nicht die Rede sein.141 Die Änderung der Statuten im Jahr 1874 verschaffte der Sparkasse zwar eine Einla- genzunahme von 34 %, doch in den beiden Jahre nach der Währungsumstellung kam es zum Ein- bruch. Im Jahr 1876 nahmen die Rückzahlungen um über 30 %, im Folgejahr um weitere 5 % zu, schließlich überstiegen die Rückforderungen die Neueinlagen um 35.000 Mark. Lengfelder behalf sich wie in der Vergangenheit mit der Verringerung der Ausgabe von Hypothekardarlehen. Hatte er 1876 noch 216.000 Mark ausgeliehen, waren es 1877 nicht mehr als 84.000 Mark.142 Lediglich ein Mal lagen die zurückzuzahlenden Beträge noch über den eingegangenen: im Jahr 1879 belief sich der Minderbetrag auf knapp 10.000 Mark. In den Jahren bis 1885 wuchsen die Einlagen mit einem Ausnahmejahr kontinuierlich und erreichten mit über 350.000 Mark die höchste Neueinlagen- summe, die jemals bei der Sparkasse Amberg eingegangen war.

136 Zitiert nach Kniepert 90. 137 StadtAAm, Zg II, 3861, Schreiben des Magistrats an die Gemeindebevollmächtigten vom 2. Februar 1872. 138 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 II, Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 6. November 1871. 139 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 8. November 1871; Schreiben des Staatsministeriums des Handels und der öffentlichen Arbeiten an die Kreisregierung vom 28. Dezember 1871. 140 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 13. März 1872. 141 StadtAAm, Zg. II 1507, Sparverein der Gewehrfabrikarbeiter. Janssens erwähnt den Verein in seiner Dissertation nicht. 142 HASpAm-Su, Rechnungen 1876 fol. 20; 1877 fol. 19. 268 b) Gesamteinlagen

Tabelle 8: Gesamteinlagen der städt. Sparkasse Amberg 1870 - 1885143 Jahr Gesamteinlagen Entwicklung in %

1870 189.109 fl. + 19,8 1871 272.014 fl. + 43,8 1872 277.168 fl. + 1,9 1873 301.482 fl. + 8,8 1874 333.617 fl. + 10,7 1875 391.863 fl. + 17,5 1876 717.100 M. + 7,0 1877 701.258 M. - 2,2 1878 733.949 M. + 4,7 1879 711.784 M. - 3,0 1880 789.250 M. + 10,9 1881 802.321 M. + 1,7 1882 884.734 M. + 10,3 1883 956.448 M. + 8,1 1884 1.040.386 M. + 8,8 1885 1.168.949 M. + 12,4

Bis auf die Jahre 1877 und 1879 ist ein anhaltendes Wachstum der Gesamteinlagen festzuhalten. In sieben von 16 Jahren stiegen diese prozentual im zweistelligen Bereich, eine Entwicklung wie sie die Sparkasse Amberg nur in den Jahren bis 1840 verzeichnen konnte. Der höchste prozentuale Anstieg ist dem Boom der beginnenden Gründerjahre zu verdanken, zu dem der Präsident der oberpfälzischen Kreisregierung bemerkte: „Die Nahrungs- und Creditverhältnisse haben in diesem Sommer einen ungeahnten Aufschwung erhalten [...] die industrielen Werke können weitaus der Nachfrage nicht genügen. [...] Die Bahnarbeiten, sowie die zum Theile neu entstandenen industrie- len Unternehmungen [gewähren] allenthalben Verdienstgelegenheit. Durch diese auch vom ge- meinen Manne anerkannte seltene Gunst der Verhältnisse ist eine freudige und gehobene Stim- mung in der ganzen Provinz veranlaßt.“144 Zu den neu entstandenen Unternehmen gehörte die 1864 gegründete Spenglerei des aus Wunsiedel stammenden Christian Baumann.145 Sein Unter- nehmen fand in Amberg günstige Bedingungen, 1865 beschäftigte Baumann bereits 6 bis 8 Arbei- ter. Nach dem Zusammenschluß mit der Spenglerei seines Bruders Johann und dem Kauf eines 12.000 m² großen Grundstücks in Bahnhofsnähe im Jahr 1872 firmierte der Betrieb unter dem Namen „Gebrüder Baumann“; in der neu erbauten Blechwarenfabrik arbeiteten 46,

143 Ebd. Rechnungen 1870 fol. 13; 1871 fol. 13; 1872 fol. 12; 1873 fol. 12; 1874 fol. 12; 1875 fol. 12; 1876 fol. 8; 1877 fol. 8; 1878 fol. 8; 1879 fol. 8; 1880 fol. 8; 1881 fol. 8; 1882 fol. 8; 1883 fol. 8; 1884 fol. 8; 1885 fol. 8. 144 BayHStAM, MInn 30981/20, Nr. 1309 vom 22. Juli 1872. 145 Haußmann 4f. 269 im Jahr 1876 bereits über 100 Personen. Als weitere Unternehmen, die am Industrialisie- rungsprozeß Ambergs beteiligt waren, sind die beiden Staatsbetriebe, das kgl. Bergamt146 und die kgl. Gewehrfabrik,147 und die Steingutfabrik Kick, die 1870 113 Mitarbeiter zählte,148 zu nennen. Insgesamt fanden in Amberg im Jahr 1870 1.023 Personen in industriellen Unternehmen Beschäfti- gung.149 Der Wochenlohn der Kickschen Arbeiter betrug um 1870 2 bis 15 fl.,150 im Bergwerk wur- den 1882 Schichtlöhne zwischen 0,80 Mark und 3,80 Mark bezahlt.151 Müller hält fest, daß Am- berg die „am stärksten industrialisierte Stadt der Oberpfalz war, [...] wohingegen in Regensburg ganz offensichtlich der Industrialisierungsprozeß [...] gebremst worden war.“152 Nicht nur die indus- triellen, auch die Gewerbebetriebe entwickelten sich in Amberg vielversprechend. Im Jahr 1882 waren in 931 Betrieben 2.977 Mitarbeiter tätig.153 Von den günstigen Bedingungen profitierte die Sparkasse ohne Zweifel. Sie waren Voraussetzung für den Sprung über die Millionengrenze im Jahr 1884, von dem die Sparkasse in Regensburg weit entfernt lag.

Tabelle 9: Gesamteinlagen bei 6 kommunalen bayerischen Sparkassen 1881 - 1885154 Jahr Amberg Augsburg München Nürnberg Regensburg Würzburg

1881 802.321 M. 2.511.591 M. 4.282.683 M. 2.798.701 M. 278.541 M. 1.525.237 M. 1882 884.734 M. 2.678.112 M. 4.997.956 M. 3.022.251 M. 278.347 M. 1.520.946 M. (+ 10,3 %) (+ 6,6 %) (+16,7 %) (+ 8,0 %) (- 0,1 %) (- 0,3 %) 1883 956.448 M. 2.905.482 M. 5.831.312 M. 3.054.621 M. 290.562 M. 1.564.025 M. (+ 8,1 %) (+ 8,5 %) (+16,7 %) (+ 1,1 %) (+ 4,4 %) (+ 2,8 %) 1884 1.040.386 M. 3.138.375 M. 6.657.771 M. 3.299.483 M. 312.083 M. 1.629.248 M. (+ 8,8 %) (+ 8,0 %) (+14,2 %) (+ 8,0 %) (+ 7,4 %) (+ 4,2 %) 1885 1.168.949 M. 3.390.732 M. 7.963.636 M. 3.649.276 M. 343.977 M. 1.703.986 M. (+ 12,4 %) (+ 8,0 %) (+ 19,6 %) (+ 10,6 %) (+ 10,2 %) (+ 4,6 %) im O + 9,9 % + 7,8 % + 16,8 % + 6,9 % + 5,5 % + 2,8 %

Der geringe Geschäftsumfang der Sparkasse Regensburg zeigt sich im direkten Vergleich mit den Kassen der größeren Städte Bayerns und auch Ambergs deutlich. Rygol führt dies nicht auf eine ungünstige Bevölkerungsentwicklung zurück, von 1871 bis 1885 war die Einwohnerzahl immerhin um 24 % angewachsen,155 vielmehr verhinderte die rigide Geschäftspolitik des Gewährträgers wei- terhin ein gedeihliches Wachstum. Der ungünstige Stand der Regensburger Kasse läßt sich ebenso bei der Gegenüberstellung des Guthabens pro Einwohner feststellen: im Jahr 1880 kam auf einen Bewohner Regensburgs ein Sparguthaben von 8,14 Mark, auf einen Bewohner Ambergs 60,07 Mark .156 Von den sechs oben genannten Kassen verzeichnete die größte Sparkasse Bayerns

146 1871 330 Beschäftigte. Müller, Arbeiterleben 26. 147 1861 570 Beschäftigte; 1876 1100 Beschäftigte. Ebd. 148 Ebd. 149 Ebd. 150 Ebd. 343. Weder für die Beschäftigten im Bergwerk noch für diejenigen der Gewehrfabrik ist die Höhe der Löhne in den 1870er Jahren bekannt. Vgl. Janssens 74; Nichelmann, Erzberg 257f. 151 Ebd. 258. 152 Müller, Arbeiterleben 29. 153 Krapf 45. 154 ZStB 1884, 83, 85, 87f.; 1885, 81, 83, 85f.; 1887, 21, 23 - 26. 155 Rygol 146, 152. In gleichem Umfang stieg die Einwohnerzahl Ambergs: 1871: 11.688 Einwohner, 1885: 14.583 Ein- wohner = Zuwachs um 24,8 %. Dollacker, Amberg 119, 216. 156 Einwohner 1880: Regensburg 34.516, Amberg 13.139. Rygol 146, 152; Dollacker, Amberg 184. 270 in München bis zur Mitte der 1880er Jahre die höchsten Zuwachsraten, im vierjährigen Durch- schnitt annähernd 17 %. „München stand 1880 am Anfang einer rapiden Entwicklung. [...] Für die Sparkasse brach vor dem Hintergrund einer günstigen wirtschaftlichen und kommunalen Entwick- lung eine Periode des enormen Aufstiegs an“,157 ablesbar an den bedeutenden jährlichen Zunah- men der Gesamteinlagen. Wie hervorragend sich die Sparkasse Amberg entwickelte, zeigt das vier- jährige Mittel von beinahe 10 %, mit dem sie sich vor den größeren Kassen in Augsburg, Nürnberg und Würzburg plazieren konnte. Letztere mußte sich mit einem dürftigen Einlagenanstieg von kaum 3 % bescheiden und lag damit noch hinter der Sparkasse Regensburg. Als 1880 die seit fünf Jahren andauernde Auseinandersetzung des Würzburger Magistrats mit der Kreisregierung zu Guns- ten des Magistrats entschieden wurde, faßten die verunsicherten Sparer zwar erneut Vertrauen, doch die engen Grundbestimmungen ließen wie in Regensburg nur ein sehr eingeschränktes Wachstum zu. Für beide Kassen gilt ohne Zweifel die Feststellung Ashauers, „daß viele Sparkassen die ihnen zugedachten Funktionen doch eher schlecht als recht erfüllten, daß zumindest die Mög- lichkeiten der Sparförderung längst nicht ausgeschöpft wurden.“158 Das vom wirtschaftlichen Auf- schwung Ambergs getragene positive Bild der städtischen Sparkasse läßt sich weiter mit Hilfe der Tabelle 10 darstellen. Der auf den einzelnen Einleger treffende Durchschnittsbetrag wurde mit den- jenigen der sechs einlagenstärksten bayerischen Sparkassen im Jahre 1885 verglichen. Diese verfüg- ten über folgende Einlagenhöhen:

1. München 7.963.636 Mark 2. Ansbach 6.215.606 Mark 3. Landshut 4.172.960 Mark 4. Nürnberg 3.649.276 Mark 5. Augsburg 3.390.732 Mark 6. Weiden159 2.706.336 Mark 160

Tabelle 10: Durchschnittsbetrag je Sparer bei 7 kommunalen Sparkassen 1885161 Sparkasse Betrag Amberg 539,43 M. Landshut 514,99 M. Weiden 506,05 M. Ansbach 371,66 M. München 283,31 M. Augsburg 246,69 M. Nürnberg 179,24 M.

157 Ettenhuber 111. 158 Ashauer 117. 159 Zur Geschichte der Sparkasse Weiden: Wilfried Feldenkirchen, Von der Sparanstalt zum Universal-Kreditinstitut. 175 Jahre Stadtsparkasse Weiden, München 1998. 160 ZStB 1887, 21, 23f., 26. 161 Errechnet aus ZStB 1887, 21, 23f., 26. 271 Die Sparkasse Amberg präsentiert sich mit einem Durchschnittssparbetrag von 540 Mark pro Einleger an erster Stelle vor den kommunalen Sparkassen Landshut und Weiden. Jeder Sparer der größten Kasse in München besaß lediglich knapp mehr als die Hälfte eines Amberger Einlegers. Großzügige Statuten und die konjunkturelle Lage machten einen außerordentlichen Aufschwung möglich. Zu den förderungsbedürftigen Sparkassen im Sinne der Ministerialentschließung des Jahres 1881 gehörte die Kasse in Amberg nicht.

2. Aktivgeschäft Die Aktivkapitalien stiegen von 1870 bis 1876 um beachtliche 111 %. Nach unbedeutenden Rück- gängen in den Jahren 1877 und 1879 wuchsen sie erneut bis 1883 die Millionengrenze überschrit- ten werden konnte. Im Jahr 1885 wurde eine vorläufiger Höchststand von 1,3 Millionen Mark er- reicht.

Tabelle 11: Aktivvermögen/Anlage der Aktiva der städt. Sparkasse Amberg 1870 - 1885162 Jahr Aktivvermögen Hypotheken eigene Staatspapiere Gesellschaften Stiftungen Gemeinde 1870 200.424 fl. 161.240 fl. 13.925 fl. 20.400 fl. 1.060 fl. 2.200 fl. 1871 273.811 fl. 180.186 fl. 21.365 fl. 33.500 fl. 1.400 fl. 400 fl. 1872 281.826 fl. 178.191 fl. 38.335 fl. 43.500 fl. 1.400 fl. 400 fl. 1873 305.835 fl. 155.523 fl. 43.295 fl. 35.500 fl. 7.400 fl. 517 fl. 1874 338.047 fl. 198.670 fl. 39.235 fl. 18.500 fl. 7.400 fl. 517 fl. 1875 395.727 fl. 250.942 fl. 39.835 fl. 19.133 fl. 11.950 fl. 947 fl. 1876 723.987 M. 506.843 M. 38.524 M. 32.800 M. 16.371 M. 737 M. 1877 709.195 M. 507.677 M. 35.928 M. 32.800 M. 16.371 M. ------1878 740.823 M. 483.626 M. 94.098 M. 32.800 M. 16.514 M. ------1879 739.869 M. 526.451 M. 98.541 M. 32.800 M. 15.657 M. ------1880 826.003 M. 526.829 M. 105.148 M. 15.485 M. 8.800 M. 9.278 M. 1881 892.913 M. 567.543 M. 98.750 M. 15.485 M. 14.800 M. 19.849 M. 1882 982.612 M. 636.800 M. 68.651 M. 28.186 M. 58.800 M. 12.000 M. 1883 1.063.436 M. 805.710 M. 43.923 M 15.500 M. 57.700 M. 7.000 M. 1884 1.156.653 M. 995.086 M. 30.680 M. 15.500 M. 56.000 M. 4.600 M. 1885 1.299.201 M. 1.112.884 M. 34.705 M. 15.500 M. 56.000 M. 600 M.

Die Anlage der Gelder hatte seit 1869 der Verordnung „Die Kapitalausleihungen der Gemeinden und Stiftungen betr.“163 zu folgen. Die Aktiva konnten in Staatspapieren, bei Privatpersonen gegen hypothekarische Sicherheiten, bei unter unmittelbarer Aufsicht der Staatsregierung stehenden juris- tischen Personen, bei Gesellschaften oder Kreditinstituten, soweit es sich um inländische

162 HASpAm-Su, Rechnungen 1870 fol. 13, 22; 1871 fol. 13, 24; 1872 fol. 12, 22; 1873 fol. 12, 22; 1874 fol. 12, 22; 1875 fol. 12, 19; 1876 fol. 8, 10f., 19f.; 1877 fol. 8, 19; 1878 fol. 8, 19; 1879 fol. 8, Anhang o. S.; 1880 fol. 8, Anhang o. S.; 1881 fol. 8, 20; 1882 fol. 8, Anhang o. S.; 1883 fol. 8, 21; 1884 fol. 8, 21; 1885 fol. 8, Anhang o. S. 163 RBl. 1869, Verordnung vom 31. Juli 1869, 1441 - 1448. 272 Organisationen handelte, angelegt werden.164 „Alle Kapitalien, deren Sicherheit nicht gewähr- leistet schien, sollten [...] gekündigt werden beziehungsweise bedurften bei Neuanlagen der Ge- nehmigung.“165 Wie in den Vorjahren präferierte die Amberger Sparkassenverwaltung die Anlage bei Privatpersonen. Zwischen 1878 und 1882 flossen zwar höhere Beträge an die eigene Kommu- ne, doch insgesamt spielten sie wie die Anlage bei Stiftungen, Gesellschaften und dem Staat eine untergeordnete Rolle.

Tabelle 12: Aktiva der städt. Sparkasse Amberg 1870, 1875, 1880 1885 in % des Aktivvermögens166 Jahr Hypotheken eigene Gemeinde Staatspapiere Gesellschaften Stiftungen

1870 80,4 % 6,9 % 10,2 % 0,5 % 1,1 % 1875 63,4 % 10,1 % 4,8 % 3,0 % 0,2 % 1880 63,7 % 12,7 % 1,8 % 1,1 % 1,1 % 1885 85,7 % 2,7 % 1,2 % 4,3 % 0,05 %

a) Hypothekardarlehen Im Jahr 1870 hatte die Sparkasse Amberg 80 % ihres Aktivkapitals in Hypothekardarlehen angelegt. Die Sparkassenverwaltung entsprach mit dieser Anlagepolitik einer ministeriellen Empfehlung: „Nachdem das Bedürfnis, Hypothekenkapitalien zu erhalten, für Landwirtschaft und Gewerbe dermalen noch ein dringendes ist und die Hebung des Realkredites nicht bloß im allgemeinen Inte- resse, sondern auch in demjenigen der Gemeinden liegt“,167 sollte besonderes Augenmerk auf die Vergabe von ebensolchen Darlehen gelegt werden. Aus dem Schriftverkehr geht nicht hervor, ob der obrigkeitliche Wunsch Lengfelder und die Stadtverwaltung veranlaßte, sich weiterhin vorzugs- weise hier zu engagieren und die übrigen Anlagemöglichkeiten außer acht zu lassen. Man hatte wohl bisher gute Erfahrungen mit den Darlehensnehmern gemacht und sah keinen Grund, zurück- haltend zu agieren.168 „Obendrein wuchs gerade im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts unter an- derem in Zusammenhang mit der ausgedehnten Bautätigkeit die Nachfrage nach Hypotheken, und da diese [...] nicht laufend getilgt und nur fallweise gekündigt wurden, erforderte ihre Bearbeitung [einen nur] geringen Aufwand“,169 eine Tatsache, die Lengfelder sicher sehr entgegen kam. Als der Geldbedarf der Kommune in den folgenden Jahren wuchs, sank der auf Hypotheken entfallende Anlagebetrag, er stieg wiederum als die kommunale Nachfrage zurückging. In der Rechnung des Jahres 1870 verzeichnete Lengfelder die Schuldner, allerdings ohne bei allen die Berufsbezeich- nung anzugeben:170

164 Vgl. S. 256. 165 Feldenkirchen 114. 166 Errechnet aus Tab. 11, S. 268. Ergibt nicht 100 %; Kontokorrent wird gesondert behandelt. 167 Zitiert nach Kniepert 86. 168 In den Rechnungen finden sich keine Hinweise auf Außenstände. 169 Wysocki, Passau 96. 170 HASpAm-Su Rechnung 1870 fol. 17 - 21 273 Tabelle 13: Dalehensnehmer der städt. Sparkasse Amberg 1870 Beruf Anzahl Beruf Anzahl Beruf Anzahl ohne Angabe 53 Mühlenbesitzer 2 Glaser 1 Bauer 10 Ökonom 2 Hafnergeselle 1 Maurer 5 Schreiner 2 Hirte 1 Bergmann 4 Schuhmacher 2 Kaufmann 1 Brauer 3 Tafernwirt 2 Mesner 1 Fabrikarbeiter 3 Tagelöhner 2 Rotgerber 1 Melber 3 Zimmermann 2 Sattler 1 Apotheker 2 Bäcker 1 Schleifer 1 Gütler 2 Binder 1 Schneider 1 Hausbesitzer 2 Dachdecker 1 Ziegler 1 Metzger 2 Flurer 1

Aufgezeichnet wurden 117 Schuldner, 45 % davon ohne Berufsangabe. Für 64 Personen ergibt sich folgende Sozialstruktur:

Bauern 12 (18,7 %) Handwerker/-meister 27 (42,2 %) Brauer/Wirte 5 ( 7,8 %) Bergleute/Arbeiter 9 (14,1 %) andere 11 (17,2 %)

Die Schicht der Handwerker wurde eindeutig bei der Darlehensvergabe bevorzugt, gefolgt von Bauern.171 Brauer und Wirte verzeichneten offensichtlich einen eher geringen Geldbedarf oder deckten ihn anderweitig; lediglich 8 % der Kreditnehmer stammten aus den Branchen Gastrono- mie/Brauwesen. Bergleute und Arbeiter machten immerhin 14 % der Schuldner aus . Man scheu-te sich durchaus nicht, Angehörigen der unteren sozialen Schichten Kredite zur Verfügung zu stellen, wenn ausreichende Sicherheiten geboten wurden. 35 (29,9 %) der Kreditnehmer stamm-ten aus Amberg, 52 (44,4 %) aus den umgebenden Bezirken, bei 30 (25,7%) fehlt die Herkunfts-nennung. Noch immer ging der überwiegende Teil der Darlehen an nicht in Amberg ansässige Personen. Die Höhe der Einzelkredite verteilte sich wie folgt:

Tabelle 14: Höhe, Anzahl der Einzelkredite 1870 Betrag Anzahl in v. H. bis 100 fl. 9 7,7 % bis 500 fl. 32 27,4 % bis 1.000 fl. 37 31,6 % bis 2.000 fl. 21 17,9 % bis 5.000 fl. 17 14,5 % über 5.000 fl. 1 0,9 %

171 Zum bäuerlichen Kreditbedarf und den Möglichkeiten zu dessen Befriedigung vgl. Blessing bes. 865 - 871, 877 - 887. 274 Über 60 % der Kreditgeschäfte wurde im Bereich 100 bis 1.000 fl. abgeschlossen. Den nied- rigsten Betrag mit 50 fl. erhielt der Hirte Joseph Hirschauer aus Lintach, den höchsten Betrag mit 14.000 fl. der Amberger Tafernwirt Xaver Bruckmüller. Jeder Schuldner war durchschnittlich mit einem Darlehen in Höhe von 1.378 fl. 6 kr. belastet. Der Zinssatz betrug seit der Senkung des Zins- fußes für Sparguthaben am 1. Januar 1872 4 1/2 %.172 Über drei Viertel der Aktiva in Hypothekarkrediten anzulegen, war für die Sparkasse ein nicht we- nig riskantes Unternehmen. Wysocki gab allerdings zu bedenken, daß die „mit dem hohen Anteil der Hypotheken verbundenen Liquiditätsprobleme“, vernachlässigt werden konnten, „solange [...] Jahr für Jahr stolze Einzahlungsüberschüsse zu verzeichnen waren“,173 wie dies in Amberg in den meisten Jahren des hier bearbeiteten Zeitraums tatsächlich der Fall war. Andere bayerische Spar- kassen verhielten sich vorsichtiger. Die Kasse in Augsburg legte im Jahr 1870 gut 60 % ihrer Aktiva bei Privatpersonen an, die Sparkasse Nürnberg 56 %. Einen geringen prozentualen Anteil stellte die Würzburger Sparkasse privaten Kreditnehmern zur Verfügung:

Tabelle 15: Aktivvermögen/Hypotheken bei 3 bayerischen Sparkassen 1870174 Sparkasse Aktivvermögen Hypotheken

Augsburg 1.322.729 fl. 803.411 fl. (60,7 %)

Nürnberg 2.120.917 fl. 1.191.300 fl. (56,2 %)

Würzburg 901.050 fl. 133.570 fl. (14,8 %)

In Würzburg hatten die Anlagen in Staatspapieren und bei der eigenen Gemeinde Vorrang vor Pri- vatausleihungen. Kniepert hielt diese Entscheidung des Bürgermeisters von Zürn für richtig, da die Stadt „sich eben in einer Periode rascher Entwicklung befand und dringend größere Geldsummen benötigte. Die seit 1869 planmäßig durchgeführte Entfestigung der Stadt erforderte bis 1880 z. B. allein schon etwas mehr als 3 Millionen Mark.“175 b) Anlage in Staatspapieren Staatspapiere spielten in der Anlagepolitik der städtischen Sparkasse Amberg eine geringe Rolle. Zunächst betrug der Anteil des in Schuldverschreibungen investierten Aktivvermögens noch 10 %, bis zum Jahr 1875 sank die Quote auf 5 %, 1885 machte sie noch 1 % aus. Dagegen hatte die Sparkasse Nürnberg von 1870 bis 1875 im Durchschnitt 21 %, die Sparkasse Würzburg 42 % beim bayerischen Staat angelegt.176 Die Sparkasse München besaß 1880 Staatspapiere im Wert von 665.000 Mark, dies entsprach 16,1 % der Aktivkapitalien.177 In Würzburg blieben Schuldverschrei- bungen auch in den folgenden Jahren eine begehrte Anlageform: von 1880 bis 1885 wurden hier

172 StAA, Reg. KdI Abg. 1949, 8209 II, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 13. März 1872. 173 Wysocki, Passau 96. 174 Merz 133; Feldenkirchen 145; Kniepert, Tabelle 2. 175 Kniepert 87. 176 Feldenkirchen 146, 148. 177 Hirschhorn 62. 275 im Mittel 45,6 % der Aktiva investiert. Weshalb Staatspapiere für die Sparkasse Amberg zu- nehmend unattraktiv wurden, geht aus den Quellen nicht hervor. c) Kommunalkredit Welche Verwendung die der Kommune zur Verfügung gestellten Kredite fanden, ließ sich nur für einige wenige Jahre ermitteln. Die Verwaltungsberichte des Magistrats geben dazu keinerlei Auf- schluß. Man erfaßte neue Kredite global und gab deren Verteilung auf die städtischen Kassen an. Als Beispiel seien hier die im Jahr 1870 aufgenommenen Beträge wiedergegeben:

„Neu aufgenommen wurden im Jahre 1870: a) auf die Stadtkämmereikassa 2.537 fl. 54 kr. b) auf die Lokalmalzaufschlagskassa 10.500 fl. und aus der Stadtkammerkassa überwiesen 2.000 fl. c) auf die Pflasterzollkassa 2.123 fl. 29 kr. 17.161 fl. 23 kr.

Es beträgt somit die Gesammtschuld am Schlusse des Jahres 1870: a) der Stadtkämmereikassa 11.587 fl. 54 kr. b) der Lokalmalzaufschlagskassa 75.630 fl. c) der Pflasterzollkassa 9.393 fl. 29 kr. 96.611 fl. 23 kr.“178

Die Kommune erhielt im Jahr 1870 von der Sparkasse insgesamt 7.400 fl. als Neudarlehen.179 Den größten Posten im kommunalen Haushalt der Jahre 1869/1870 machten die „Kosten der Vollen- dung der Nabburgerthor- und Schulbrücke, sowie des Lederersteges“ aus. Sie beliefen sich auf 25.049 fl.180 Ob der Neukredit wegen dieser Projekte aufgenommen wurde, muß offen bleiben. Die Sparkassenrechnungen führen vorrangig die zur Finanzierung des Knabenschulhausbaus181 - die Gesamtbaukosten betrugen 194.914,71 Mark182 - aufgewendeten Mittel an. Ein Drittel wurde über die Sparkasse finanziert, sie hatte 65.100 Mark bereit gestellt.183 Ferner läßt sich den Rechnungen entnehmen, daß im Jahr 1884 2.000 Mark für die Straßenpflasterung und 1885 4.700 Mark für die Armenkasse aufgenommen wurden.184 Weitere Details fehlen. Die Kommune verzinste die offiziell als Darlehen erhaltenen Gelder bis zum Jahr 1882 mit 5 %, ab 1883 mit 4 1/2 %. Neben den sicher von der Kreisregierung genehmigten Krediten bewilligte sich die Stadtverwaltung seit 1880 unver- zinste „Vorschüsse“. Inwieweit dieses Vorgehen der Behörde bekannt war, ließ sich wegen der seit

178 VB 1870, 16. 179 HASpAm-Su, Rechnung 1870 fol. 6 - 8. 180 VB 1870, 15. 181 Im Jahr 1878 begann der Bau des Knabenschulhauses an der Ziegelgasse. Am 1. Oktober 1879 wurde das Gebäude seiner Bestimmung übergeben. KABl. Opf. 1880, Außerordentliche Beilage. Vgl. Müller 170f. 182 KABl. Opf. 1880, Außerordentliche Beilage. 183 HASpAm-Su, Rechnungen 1878 fol. 10f.; 1879 Anhang o. S.; 1880 Anhang o. S.; 1881 fol. 20; 1884 fol. 21; 1885 Anhang o. S. 184 Ebd. Rechnungen 1884 fol. 21; 1885 Anhang o. S. 276 den 1870er Jahren immer spärlicher werdenden Quellen nicht ermitteln. Die Summen waren, gemessen an den zu verzinsenden Darlehensbeträgen, nicht unbeträchtlich:

Tabelle 16: Zinslose Kommunalkredite 1880 - 1885185 Jahr Betrag in v. H. der zu verzin- senden Kredite 1880 15.500 M. 14,7 % 1881 17.200 M. 17,4 % 1882 12.500 M. 18,2 % 1883 11.500 M. 26,2 % 1885 17.100 M. 49,3 %

Im Jahr 1885 stellte die Sparkasse demzufolge noch ein Mal die Hälfte des eigentlichen Kreditbe- trages zinslos zur Verfügung. Welchem Zweck die Gelder zugeführt wurden und wie die Rückzah- lungsmodalitäten geregelt waren, ließ sich nicht ersehen.

Feldenkirchen errechnete für die Sparkassen Nürnberg und Würzburg folgende Quoten für ge- währte Kommunalkredite:

Tabelle 17: Anteil des Kommunalkredits an den Aktiva der Sparkassen Nürnberg, Würzburg 1870, 1875, 1880, 1885186 Jahr Nürnberg Würzburg

1870 20,8 % 31,3 % 1875 20,7 % 35,4 % 1880 26,4 % 12,6 % 1885 34,6 % 17,8 %

Die Anteile des Kommunalkredits am Aktivvermögen der beiden Städte schätzte er als überdurch- schnittlich hoch ein.187 Es wurde bereits angesprochen, daß die Stadt Würzburg erhebliche Mittel aufzubringen hatte, um die Entfestigung voranzutreiben; die hohe Quote erklärt sich aus dieser Tatsache. Im Fall der Nürnberger Sparkasse vermutet Feldenkirchen, „daß die Anlagepolitik [...] unter rein finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen (Sicherheit, Rentabilität und Liquidität) betrieben worden ist und keinen besonderen Interessen untergeordnet wurde“. Die Sparkasse Amberg er- reichte in keinem Jahr prozentuale Anteile in ähnlicher Höhe wie die Nürnberger Kasse. Die Spar- kasse in Würzburg übertraf sie zwar im Jahr 1880, doch dies blieb ein Sonderfall. In diesem Jahr wurde zur Finanzierung des neuen Knabenschulhauses der höchste Gesamtbetrag in 16 Jahren an die Kommune ausgeliehen. Im Jahr 1885 lag die Amberger Kasse weit unter den beiden Instituten und ebenso unter dem bayerischen Durchschnitt, der bei 11,8 % lag.188

185 HASpAm-Su, Rechnungen 1880 Anhang o. S.; 1881 fol. 20; 1882 Anhang o. S.; 1883 fol. 21; 1885 Anhang o. S. 186 Feldenkirchen 150. 187 Ebd. 117. 188 Ebd. 151. Die bei kommunalen Stiftungen angelegten Gelder sind enthalten. 277 d) Anlage bei kommunalen Stiftungen Ambergs Stiftungen nahmen in nur geringem Umfang Kredite bei der Sparkasse auf. Zunächst er- hielten die katholische und die protestantische Schulstiftung, in den Jahren 1873 bis 1876 die Hos- pitalstiftung unbedeutende Beträge.189 Zwischen 1877 und 1879 fand keine Kreditvergabe statt. Folgende Aufstellung zeigt die Verteilung in den Jahren 1880 bis 1884:190

1880 5.000 Mark Dreifaltigkeitsfriedhofstiftung 850 Mark katholische Schulstiftung 3.428 Mark Hospitalstiftung 1881 5.000 Mark Dreifaltigkeitsfriedhofstiftung 850 Mark katholische Schulstiftung 13.999 Mark Hospitalstiftung 1883 7.000 Mark Hospitalstiftung 1884 4.600 Mark Hospital- und katholische Schulstiftung

Die Stiftungen zahlten ebenfalls seit Januar 1872 4 1/2 % Zinsen. e) Anlage bei Gesellschaften Bis zum Jahr 1872 engagierte sich die Sparkasse ausschließlich in Ostbahnaktien. 1873 wurden zu den hier investierten 1.400 fl. weitere 6.000 fl. bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel- bank angelegt. Zwei Jahre später kamen 4.550 fl. bei der Süddeutschen Bodenkreditbank hinzu. Vermutlich erwarb die Sparkasse hier 4%ige, beziehungsweise 4 1/2%ige Pfandbriefe.191 Die Ost- bahnaktien wurden 1876 verkauft, bei der Hypotheken- und Wechselbank waren 8.571 Mark, bei der Süddeutschen Bodenkreditbank 7.800 Mark angelegt. Bis zum Jahr 1880 geben die Rechnun- gen keinen Aufschluß mehr über die Verteilung der investierten Gelder. Ab 1881 besaß die Spar- kasse ausschließlich 4 1/2%ige Pfandbriefe der Süddeutschen Bodenkreditbank, ab 1882 erstmals in höheren Beträgen.192 f) Kontokorrent Zum Ende des Jahres 1871 legte die Sparkasse Gelder in nicht bekannter Höhe bei der Königlichen Bank an.193 Ob es sich dabei um das erste Kontokorrent oder um den Ankauf von Bankanleihen

189 HASpAm-Su, Rechnungen 1873 fol 22; 1875 fol. 19; 1876 fol. 10. 190 Ebd. Rechnungen 1880 Anhang o. S.; 1881 fol. 20; 1882 Anhang o. S.; 1883 fol. 21; 1884 fol. 21. 191 Die Quellen geben über die erworbenen Wertpapiere keinen Aufschluß. 192 HASpAm-Su, Rechnungen 1872 fol. 22; 1873 fol. 22; 1875 fol. 19; 1876 fol. 11; 1881 fol. 20; 1882 Anhang o. S.; 1883 fol. 21; 1884 fol. 21; 1885 Anhang o. S. 193 Die königliche Filialbank Amberg wurde am 1. August 1861 eröffnet. Sie bezog das vom bayerischen Staat erwor-bene Gebäude Lit. D 63 (heute Herrnstr. 12). ATbl. 1861, 723. Zur Geschichte der Königlichen Bank: Franz Steffan/ Walter Diehm, Die bayerische Staatsbank 1780 - 1955. Geschichte und Geschäfte einer öffentlichen Bank, Augsburg o. J. Die Initiative zur Errichtung der Filialbank ging vom Amberger Handelsrat aus, der im Jahr 1859 bei der Bankdirektion in Nürnberg einen entsprechenden Antrag stellte. Der Vorstand des Rats, Michael Lauerer, begründete den Schritt folgen- dermaßen: Man hatte „die Errichtung einer kgl. Filialbank dahier als einen Gegenstand von großer Wichtigkeit und Be- deutung für die Oberpfalz erkannt, wodurch ein allgemein gefühltes Bedürfniß befriedigt und der Übelstand beseitigt werde, bei Bankgeschäften lediglich auf israelitische Handelsleute zur Vermeidung von vielen portiblen Geldsendungen an die kgl. Bank in Nürnberg und deren Filialen angewiesen zu sein.“ Falls es Zweifel an den Ausführungen gebe, möge man bedenken, „daß sich mehrere iraelitische Handelsleute von Sulzbach und Floß fast ausschließlich mit Bankgeschäf- ten aller Art befassen [...] eine Tatsache, welche den deutlichsten Beweis sowohl für das Bedürfniß eines solchen Instituts 278 handelte, geht aus den Quellen nicht hervor. Lengfelder wird sich rasch nach anderen Mög- lichkeiten umgesehen haben, denn die Sparkasse erhielt lediglich 2 % Zinsen.194 Da sie selbst 3 1/2 % Zinsen zahlte, konnte diese Anlage nur eine sehr kurzfristige bleiben. Der Sparkassenverwalter wird wohl, wie 10 Jahre später, verschiedene Bankgeschäfte kontaktiert haben, um sich schließlich für Karl Knirlberger195 zu entscheiden, der 3 1/2 % Zinsen zusagte, wie die Rechnung des Jahres 1873 ausweist. Ab 1874 bis zu Beginn des Jahres 1883 zahlte er 3 %. Nach § 5 der „Vorschriften über die Führung der Sparkasse Amberg“ von 1875196 wurden tägliche Einnahmen über einem Betrag von 800 fl. = 1.371,43 Mark bei Knirlberger angelegt. Von der seit 1866 bestehenden Mög- lichkeit „mäßige Barbestände in laufender Rechnung“197 bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank198 anzulegen,199 hatte die Amberger Sparkasse keinen Gebrauch gemacht. Das Ver- fahren erschien wegen des Fehlens einer Filiale vor Ort wohl zu umständlich. Die Geschäftsverbin- dungen zu Knirlberger endeten, als dieser mitteilte, er beabsichtige, den Zinssatz auf 2 % zu sen- ken. Er verwies auf die k. Filialbank in Amberg und das Bankhaus von Rothschild in Frankfurt, „die beide nur 2 % [...] nebst Provision“ berechneten.200 Folgende Beträge waren bei Knirlberger in lau- fender Rechnung angelegt worden:

Tabelle 18: Kontokorrent der städtischen Sparkasse Amberg beim Bankhaus Knirlberger, Amberg 1873 - 1883201 Jahr Betrag Jahr Betrag 1873 59.600 fl. 1879 110.548 M. 1874 70.725 fl. 1880 173.033 M. 1875 165.920 fl. 1881 228.134 M. 1876 152.839 M. 1882 249.746 M. 1877 92.183 M. 1883 57.367 M. 1878 136.296 M.

als auch für dessen Rentabilität liefern möchte.“ StadtAAm, Zg. I 857, Schreiben des Handels- und Gewerberats an den Magistrat vom 26. Mai 1860. 194 Die geringe Verzinsung durch die Königliche Bank gab schon in früheren Jahren immer wieder Anlaß zur Klage. Mül- ler, Königliche Bank 124f. 195 Knirlberger war ursprünglich Säckler. Er errichtete sein Bankgeschäft im Jahr 1868. Dollacker, Amberg 82. 196 Vgl. S. 255. 197 KABl. 1866 „Grundbestimmungen für die Conto-Corrent-Geschäfts-Rechnungen der bayerischen Hypotheken- und Wechsel Bank mit den Sparkassen Bayerns“, 210. 198 Zur Geschichte der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank: Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank (Hg.), 1835 - 1985. Geschichte der HYPO-BANK im Spiegel der Geschäftsberichte, München 1985; Franziska Jungmann- Stadler, Quellenedition zur Geschichte der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank. Beiträge zur Bankgeschichte. Sonderbeilage der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 22, Heft 13 (1985); Franziska Jungmann-Stadler, Die Grün- dung der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank 1834/35, in: ZBLG 60 (1997), 889 - 924. 199 Das Einlagengeschäft war bereits in den Gründungsstatuten der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank ver- ankert. Sie zahlte zunächst 2 % auf täglich fällige Gelder. Von 1849 bis Mitte der 1850er Jahre stellte man diesen Ge- schäftszweig ein. Auf Wunsch des K. Staatsministeriums des Handels und der öffentlichen Arbeiten wurde ab 1866 den Sparkassen die Möglichkeit eingeräumt, hier Gelder in laufender Rechnung zu 3 ½ % zu deponieren - ein Vorstoß des Innenministeriums in dieser Richtung war 1836 im Sande verlaufen. Jungmann-Stadler 153f., 157, 163 - 170. 200 StadtAAm, Zg. II 3855, Schreiben Knirlbergers an den Magistrat vom 1. Februar 1883. 201 HASpAm-Su, Rechnungen 1873 fol. 7; 1874 fol. 7; 1875 fol. 19; 1876 fol. 19; 1877 fol. 19; 1878 fol. 19; 1879 An- hang o. S.; 1880 Anhang o. S.; 1881 fol. 20; 1882 Anhang o. S.; 1883 fol. 21. 279 Nach der Ankündigung Knirlbergers setzte sich der Magistrat im März 1883 mit Amberger Bankgeschäften in Verbindung. Das Anschreiben - „die hiesige städtische Sparkasse beabsichtigt mit einem hiesigen Bankhaus ein Contocorrent Geschäft abzuschließen“202 - ging an die Firmen Stein- herr, Haymann, an den Großhändler Franz Kallmünzer, den Kaufmann Karl Schloderer und trotz der in Aussicht gestellten Zinssenkung an Knirlberger.203 Haymann lehnte ab,204 Knirlberger gewähr- te, wie bereits angezeigt, 2 %,205 Schloderer 2 1/2 % Zinsen.206 Mit einem Zinssatz von 3 1/2 % bot Kallmünzer die besten Bedingungen207 und erhielt den Zuschlag.208 Man ging davon aus, daß das Konto kreditorisch geführt werde, denn „der gegenteilige Fall, daß die Sparkasse über ihre Einlagen hinausgehenden Kredit zu beanspruchen hätte, kommt [...] ohnehin nicht vor.“209 Kallmünzer hin- terlegte als Kaution Eisenbahnobligationen und Pfandbriefe der bayerschen Hypotheken- und Wechselbank im Wert von 20.000 Mark. Der Magistrat hatte ursprünglich eine Hinterlegungs- summe von 40.000 Mark gefordert, 210 Kallmünzer bat die Stadtverwaltung jedoch, „in Ansehung des Umstandes, daß [er] vollständig hypothekenfreie sehr wertvolle Besitzungen habe,“211 die Si- cherheitsleistung auf 20.000 Mark zu reduzieren. Im gleichen Jahr wurden bei Kallmünzer bereits 107.200 Mark angelegt.212 In welcher Höhe 1884 Gelder an Kallmünzer flossen, geht aus der Jah- resrechnung nicht hervor, im Jahr 1885 legte man 35.981 Mark an.213

202 StadtAAm, Zg. II 3855, Schreiben Knirlbergers an den Magistrat vom 1. Februar 1883 v.; Schreiben des Magistrats vom 6. März 1883. 203 Ebd. Schreiben der Sparkassenverwaltung vom 6. März 1883. 204 Ebd. Schreiben des Bankgeschäfts Heinrich Haymann an den Magistrat vom 9. März 1883. 205 Ebd. Schreiben Knirlbergers an den Magistrat vom 10. März 1883. 206 Ebd. Schreiben Schloderers an den Magistrat vom 15. März 1883. 207 Ebd. Schreiben Kallmünzers an den Magistrat vom 13. März 1883. Eine Antwort Steinherrs ist nicht erhalten. 208 Ebd. Protokoll vom 2. April 1883. 209 Ebd. Schreiben Carl Schloderers an die Sparkassenverwaltung vom 15. März 1883. In den Akten der Sparkasse findet sich nur ein Hinweis auf einen Kontokorrentkredit. Er wurde Ende 1886 beantragt. Vgl. S. 315. 210 Ebd. 211 Ebd. Schreiben Kallmünzers an den Magistrat vom 13. März 1883. Franz Kallmünzer wurde 1826 in Hemau als Sohn eines Landgerichtsschreibers geboren. Er besuchte die Gewerbeschule in Regensburg und absolvierte eine Lehre bei der Firma Winkler & Schorn in Nürnberg. 1852 zog er nach Amberg und handelte mit Stabbandeisen und Kurzwaren. Am 21. Februar 1852 kaufte er das Haus Georgenstraße 12 zum Preis von 6.800 fl. Wegen des auf dem Haus ruhenden Gewerbezwangs - radizierte Rotgerberei - befaßte er sich zeitweilig mit dem Lederhandel. Die Gewerbefreiheit und der Bau der Ostbahn ermöglichten Kallmünzer, seine Großhandlung auszudehnen; Brennstoff-, Salz- und Getreidehandel kamen hinzu. 1873 verkaufte er das Haus in der Georgenstraße und erwarb ein Grundstück vor dem Ziegeltor gegenüber der Eisenbahngüterhalle (heute etwa Steingut-/ Ruoffstraße), auf dem er ein Wohn- und Bürohaus mit Lagerhalle errichte- te. Seine Geschäftstätigkeit umfaßte nun auch Baustoff- und Kohlenhandel. Er vertrat Hapag in Amberg, vermittelte Versi- cherungen und Wertpapiere und beteiligte sich an Aktienemssionen. Um die Jahrhundertwende kaufte er das Haus Georgenstraße 26, das als Auftragsannahme- und Zahlstelle genutzt wurde. Kallmünzer war einer der geistigen Väter des Amberger „Credit-Vereins“, der am 13. Februar 1870 gegründet wurde und dem er bis zum Dezember 1896 als Direktor vorstand. Franz Kallmünzer starb am 8. Oktober 1902. Festschrift Kallmünzer (hier falsche Datierung zum Erwerb des Hauses Georgenstr. 12, o. S.); Eger/Laschinger/Schmidt 40, 94, 96; StadtAAm Zg. I 918, „Erhebungen über Zahl und Wert der realen und radicirten Gewerbe“ vom 26. Juni 1860; ebd. Zg. II 34; Dollacker, Amberg 350. 212 HASpAm-Su, Rechnung 1883 fol. 21. 213 Ebd. Rechnung 1885 Anhang o. S. 280 3. Rentenüberschüsse

Tabelle 19 a: Verteilung der Rentenüberschüsse der städt. Sparkasse Amberg 1870 - 1877214 1870 1871 1872 1873 1874 1875 1876 1877

Kassier Lengfelder Lengfelder Lengfelder Lengfelder Lengfelder Lengfelder Lengfelder Lengfelder 400 fl. 400 fl. 400 fl. 400 fl. 400 fl. 420 fl. 720 M. 720 M. Magistratsrat Liersch Liersch Liersch Lauerer Lauerer Lauerer Lauerer Lauerer 80 fl. 80 fl. 80 fl. 80 fl. 80 fl. 84 fl. 144 M. 144 M. Gemeinde-bevoll- Gruber Gruber Gruber Klob Klob Klob Habbel Habbel mächtigter 80 fl. 80 fl. 80 fl. 80 fl. 80 fl. 42 fl. 144 M. 144 M. Habbel 42 fl. Diener 30 fl. 30 fl. 30 fl. 30 fl. 30 fl. 31 fl. 54 M. 54 M. Kämmerei 450 fl. 450 fl. 450 fl. 500 fl. 222 fl. 344 M. 396 M. Krankenhaus- 250 fl. 250 fl. stiftung Max-Anstalt 150 fl. 150 fl. 150 fl. 150 fl. Reservefonds 212 fl. 357 fl. 3.467 fl. 3.112 fl. 3.840 fl. 3.023 fl. 5.480 M. 6.478 M. Gesamt 1.652 fl. 1.797 fl. 4.657 fl. 4.352 fl. 4.430 fl. 3.864 fl. 6.886 M. 7.936 M.

Tabelle 19 b: Verteilung der Rentenüberschüsse der städt. Sparkasse Amberg 1878 - 1885215 1878 1879 1880 1881 1882 1883 1884 1885

Kassier Lengfelder Lengfelder Lengfelder Lengfelder Lengfelder Lengfelder Lengfelder Lengfelder 720 M. 720 M. 720 M. 720 M. 720 M. 720 M. 720 M. 720 M. Magistratsrat Lauerer Lauerer Lauerer Lauerer Lauerer Lauerer Lauerer Lauerer 144 M. 144 M. 144 M. 144 M. 144 M. 144 M. 144 M. 144 M. Gemeinde- Singerthum Singerthum Singerthum Singerthum Singerthum Singerthum Singerthum Singerthum bevollmächtigter 144 M. 144 M. 144 M. 144 M. 144 M. 144 M. 144 M. 144 M. Diener 54 M. 54 M. 54 M. 54 M. 54 M. 54 M. 54 M. 54 M. Hilfskräfte 14 M. 14 M. 14 M. 20 M. 20 M. 25 M. 25 M. 60 M. Miete 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. Kämmerei 700 M. 700 M. 700 M. 700 M. 700 M. 700 M. 700 M. 700 M. 5.397 M. 3.000 M. 3.000 M. 2.000 M. Reservefonds 5.111 M. 6.322 M. 4.763 M. 1.548 M. 3.656 M. 2.406 M. 6.475 M. 8.695 M. Gesamt 6.873 M. 8.158 M. 11.996 M. 6.384 M. 8.498 M. 6.248 M. 8.322 M. 10.602 M.

Tabelle 19 c: Verteilung der Gesamtrentenüberschüsse der städt. Sparkasse Amberg 1870 - 1885 Reservefonds Stadtkammer Verwaltungskosten Max-Anstalt Krankenhausstiftung

74.893 M. 23.280 M. 17.335 M. 1.026 M. 855 M. (63,8 %) (19,8 %) (14,8 %) (0,9 %) (0,7 %)

Die Jahre 1870 bis 1885 erbrachten Überschüsse in Höhe von 117.389 Mark, im Mittel 7.337 Mark. Machten die Personalkosten in den Vorjahren den prozentual höchsten Anteil aus, änderte sich das Verhältnis nun zu Gunsten des Reservefonds: 64 % der Gesamtüberschüsse wur- den zur Einlagensicherung verwendet. Die der Stadtkammer zufließenden Mittel, vor 1870 kaum 10 %, beliefen sich jetzt auf 20 %, die für die Verwaltung angesetzten Gelder betrugen lediglich 15 %, im Unterschied zu vormals 33 %. Für städtische Institutionen wie die Maximilians-Rettungs- Anstalt und das Krankenhaus wurden nur mehr knapp 2 % zur Verfügung gestellt, zwischen 1849

214 Ebd. Rechnungen 1871 fol. 9; 1872 fol. 8; 1873 fol. 8; 1874 fol. 8; 1875 fol. 5; 1876 fol. 5; 1877 fol. 5; 1878 fol. 5. 215 Ebd. Rechnungen 1879 fol. 5; 1880 fol. 5; 1881 fol. 5f.; 1882 fol. 5; 1883 fol. 5; 1884 fol. 5f.; 1885 fol. 5f.; 1886 fol. 6f. 281 und 1869 waren es beinahe 50 % des Etats. Die Zuwendungen an das Krankenhaus endeten mit dem Jahr 1871, diejenigen an die auch künftig subsidienabhängige Maximilians-Rettungs- Anstalt216 im Jahr 1873; beide mußten zu Gunsten des Reservefonds auf weitere Unterstützung verzichten. Die Verwaltungskosten setzten sich wie in den Vorjahren aus den Remunerationen für das Sparkassenpersonal einschließlich Diener zusammen. Hinzu kamen ab 1879 Entlohnungen für Hilfsarbeiten, unter anderem für Bücherabschlüsse, für die Erstellung des „Extrakts aus den Haupt- büchern“217 und für Zinsberechnungen. Zusätzlich zahlte die Sparkasse ab 1879 „für das im Spital- gebäude befindliche Zimmer 60 Mark an die Spitalstiftung“.218 Die von 1870 bis 1873 an die Kämmerei abgeführten Beträge dürften „zur Schuldentilgung für Feuerwehr-Requisiten“ verwendet worden sein, in jedem Fall traf dies für die Summe des Jahres 1870 zu.219 Ab 1875 steuerte die Sparkasse zunächst unterschiedliche Beträge, ab 1878 konstant 700 Mark jährlich zur Honorierung der städtischen Beamten und Bediensteten bei.220 Von 1880 bis 1883 flossen zusätzlich 13.397 Mark „zur Deckung des Defizits“221 in die städtische Kasse.222

Tabelle 20: Überschüsse der bayerischen Sparkassen/städt. Sparkasse Amberg und deren Verwendung für öffentliche Zwecke 1874, 1879, 1880, 1881, 1884223 Bayerische Sparkassen Städtische Sparkasse Amberg Jahr Überschüsse Anteil an den davon für öffent- Überschüsse Anteil an den davon für öffent- Gesamteinlagen liche Zwecke Gesamteinlagen liche Zwecke 1874 470.000 M. 0,67 % ----- 7.575 M. 1,32 % ----- 1879 536.600 M. 0,64 % ---- 8.158 M. 1,15 % 8,58 % 1880 718.700 M. 0,80 % 0,57 % 11.996 M. 1,52 % 50,83 % 1881 802.600 M. 0,82 % 0,52 % 6.384 M. 0,80 % 57,96 % 1884 978.700 M. 0,80 % 0,54 % 8.322 M. 0,80 % 8,41 %

Der Vergleich zeigt ein insgesamt positives Bild des Standes der Überschüsse bei der Amberger Sparkasse. Der Anteil an den Gesamteinlagen lag in den Jahren 1874, 1879 und 1880 annähernd doppelt so hoch wie bei den bayerischen Sparkassen, in den Jahren 1881 und 1884 erreichte man in Amberg den bayerischen Durchschnitt. Die Überschüsse wurden in ungleich höherem Maße kommunalen Zwecken zugeführt als im bayerischen Mittel. Die mißliche finanzielle Lage der Stadt ließ die Stadtväter in den „Topf“ der Überschüsse greifen, was ihnen freilich nach § 16

216 Im Verwaltungsbericht des Jahres 1874 wurde ausdrücklich festgehalten, daß die Anstalt nur durch Beiträge anderer Stiftungen erhalten werden konnte. Die Einnahmen betrugen 4.308 fl., die Ausgaben 4.302 fl. Zu den Einnahmen zähl- ten 200 fl. aus der Hospitalstiftung, 350 fl. aus der Reichalmosenstiftung, 300 fl. aus der Katharinenspitalstiftung, 100 fl. aus der Leprosenhausstiftung. StadtAAm, Zg. I 335, VB 1874, 17f. 217 HASpAm-Su, Rechnung 1880 fol. 5. 218 Ebd. Rechnung 1880 fol. 5. 219 VB 1870, 21. 220 StadtAAm, Zg. I 2062, Schreiben Lengfelders vom 2. Juni 1876. 221 HASpAm-Su, Rechnung 1881 fol. 6. 222 Vgl. Krapf 54; zur Schuldenentwicklung: Krapf, Entwicklung und Verwaltung, 94. 223 Wysocki, Untersuchungen 158. 282 der neuen Statuten zustand.224 Der Staat sah sich nicht in der Lage, die „Verwendung des Ge- winnes der Sparkassen für Gemeindezwecke mit einem förmlichen Verbot zu belegen“.225

4. Reservefonds

Tabelle 21: Entwicklung des Reservefonds der städt. Sparkasse Amberg 1870 bis 1885226 Jahr Stand des in % der Ge- Jahr Stand des Re- in % der Gesamt- Reservefonds samteinlagen servefonds einlagen 1870 4.730 fl. 2,5 1878 52.613 M. 7,2 1871 5.140 fl. 1,9 1879 57.725 M. 8,1 1872 5.717 fl. 2,1 1880 69.011 M. 8,7 1873 9.553 fl. 3,2 1881 76.725 M. 9,6 1874 12.665 fl. 3,8 1882 81.404 M. 9,2 1875 17.693 fl. 4,5 1883 88.463 M. 9,2 1876 36.934 M. 5,2 1884 94.505 M. 9,1 1877 44.111 M. 6,3 1885 105.020 M. 9,0

In den Jahren 1872 bis 1879 und 1884/85 flossen die jeweils höchsten Beträge aus den Renten- überschüssen in den Reservefonds, der nach § 16 der Statuten vom November 1874 mindestens 10 % der Gesamteinlagen ausmachen sollte. Dem Ziel am nächsten kam man in den 1880er Jahren, tatsächlich erreicht wurde es indes nicht. In den Jahren 1880 bis 1883 hätten bessere Ergebnisse erzielt werden können, hätte der Gewährträger nicht mit regierungsaufsichtlicher Genehmigung über 13.000 Mark zusätzlich für kommunale Zwecke abgezogen. Die Defizite zeigt nachfolgende Tabelle:

Tabelle 22: Stand der Gesamteinlagen/des Reservefonds/Defizit 1875 bis 1885 Jahr Gesamteinlagen Reservefonds Defizit

1875 391.863 fl. 17.693 fl. 21.493 fl. 1876 717.100 M. 36.934 M. 34.776 M. 1877 701.258 M. 44.111 M. 26.015 M. 1878 733.949 M. 52.613 M. 20.782 M. 1879 711.784 M. 57.725 M. 13.453 M. 1880 789.250 M. 69.011 M. 9.914 M. 1881 802.321M. 76.725 M. 3.507 M. 1882 884.734 M. 81.404 M. 7.069 M. 1883 956.448 M. 88.463 M. 7.182 M. 1884 1.040.386 M. 94.505 M. 9.534 M. 1885 1.168.949 M. 105.020 M. 11.875 M.

224 Vgl. S. 257. 225 Wysocki, Untersuchungen 164. 226 Der in einem Jahr aus den Rentenüberschüssen errechnete Betrag wurde im darauffolgenden Jahr als Guthaben des Reservefonds verbucht. HASpAm-Su, Rechnungen 1870 fol. 12; 1871 fol. 13; 1872 fol. 12; 1873 fol. 12; 1874 fol. 12; 1875 fol. 8; 1876 fol. 8; 1877 fol. 8; 1878 fol. 8; 1879 fol. 8; 1880 fol. 8; 1881 fol. 8; 1882 fol. 8; 1883 fol. 8; 1884 fol. 8; 1885 fol. 8: 283 Ab 1876 verringerte sich der Fehlbetrag ständig, um mit 3.500 Mark im Jahr 1881 den niedrigs- ten Stand zu erreichen. Mit dem Folgejahr kehrte sich die Tendenz um, das Defizit stieg. Diese Entwicklung konnte die vorgesetzte Behörde nun nicht mehr nicht tolerieren. Sie monierte den ungenügenden Stand des Fonds und verbot ab 1884 jedwede andere Verwendung der Überschüs- se außer für das Verwaltungspersonal der Sparkasse - ein fester Posten von 1.147 Mark - und den Reservefonds.227 Die Anweisung galt bis zum Erreichen des 10prozentigen Einlagenstandes. Mit dieser Regierungsdirektive wurden die Rentenüberschüsse der Sparkasse für die Stadtverwaltung unerreichbar, denn die Einlagen wuchsen und mit ihnen der an den Reservefonds abzuführende Betrag. Der kommunale Zugriff auf die Renten war auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen - für den zuständigen Referenten und späteren Bürgermeister Rechtsrat Heldmann228 ein schwer zu akzeptie- render Umstand bei der finanziellen Lage der Stadt.229 Wenn der Griff in den „Topf“ der Über- schüsse schon nicht mehr gestattet war, so sollte doch wenigstens der ständig zunehmende, für die Kommune jedoch ansonsten „nutzlose“ Reservefonds einträglich verwendet werden: „Die Einlagen bei der Sparkasse mehren sich von Jahr zu Jahr, weil bei dem hohen Kurswert der Staatspapiere und der Unsicherheit von Geldanlagen auf Hypotheken die Privaten die Anlage ihrer Kapitalien bei Sparkassen trotz des niedrigen Zinsfußes vorziehen. So würde die Stadtgemeinde mit sicherer Vor- aussicht niemals in die Lage kommen, von dem in ihrem Eigentum befindlichen Reservefond [sic!] einen Nutzen zu ziehen. Da nun die Ausgaben für Armen- und Schulzwecke - gegenüber den Ein- nahmen von Jahr zu Jahr wachsen, so erscheint es als eine Pflicht der Gemeindevertretung, auf Vermehrung ihrer Einnahmsquellen bedacht zu sein und insbesondere aus ihrem Vermögen den Nutzen zu ziehen, der ihr gesetzlich zukommt. Gelegenheit hiezu bietet nun in erster Linie der Reservefond der Sparkasse und wird es sich nur fragen, wie dieser gegenüber den eingangs er- wähnten Anordnungen der Regierung230 nutzbringend gemacht werden kann.“231 Heldmann hatte drei Vorschläge ausgearbeitet:

1. Die Zinsen des Reservefonds fließen in die Gemeindekasse. Nach § 16 der Statuten ist der Reservefonds Eigentum der Stadtgemeinde und kann nach Art. 31 und 39 der Gemeindeordnung zur Deckung der Gemeindebedürfnisse herangezogen wer- den. Eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde wird nicht eingeholt. 2. Es werden keine oder nur mehr geringe Einlagen angenommen. Die Maximaleinlage sollte bei 500 Mark liegen. Der Einlegerkreis wird auf Kinder, Dienstbo- ten, Gewerbegehilfen, Fabrikarbeiter und Tagelöhner beschränkt. Dazu ist eine Änderung der

227 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 2173, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 4. Dezember 1884 und 10. Februar 1885. 228 Zu Heldmanns Biographie: Krapf 57 - 59. 229 Als Beispiel für die schlechte Finanzlage mag die städtische Wasserversorgung dienen. Trotz der „Calamität des schlechten Trinkwassers“ - von 44 Brunnen wiesen lediglich 12 gute oder sehr gute Wasserqualität auf - war es in den 1880er Jahren aus finanziellen Gründen nicht möglich, eine Wasserleitung zu bauen. Amberg erhielt erst im Jahr 1893 eine moderne Wasserversorgung. Krapf 67f. 230 Siehe oben. 231 StadtAAm Zg. III, 831/14, Antrag Heldmanns vom 31. Mai 1885. 284 Statuten notwendig. Um Genehmigung durch die Kuratelbehörde wird nicht nachgesucht. 3. Die Sparkasse wird aufgehoben und der Reservefonds dem Gemeindevermögen einverleibt. Eine anschließende Neugründung bleibt unbenommen.232

Mit Punkt 2 und 3 seines Kanons schlug Heldmann drastische Maßnahmen vor. Gut zehn Jahre nach Ausarbeitung der neuen, im Vergleich mit den in Regensburg ausgearbeiteten Grundbestim- mungen geradezu progressiv zu nennenden Statuten beabsichtigte Heldmann eine Rückführung auf die Zeit der Gültigkeit des Normativs von 1843. Mit der in Aussicht genommenen Aufhebung machte er die Sparkasse zum Spielball der kommunalen Interessen. Nach Gutdünken der Gemein- devertreter sollte das Institut betrieben oder aber eingestellt werden, um abschöpfbare Gewinne einzustreichen. Der Gedanke der Verantwortung gegenüber dem Sparer war Heldmann, jedoch nicht nur ihm, fremd. So schrieb Kniepert, „daß die Gemeinde [Würzburg], um den größten Nut- zen von der Sparkasse zu haben, ohne zwingenden Grund den Zinsfuß für die Spareinlagen herab- setzt und sich somit auf Kosten der Sparer bereichert.“233 In Würzburg ging es lediglich um die Sen- kung des Zinssatzes um 1/3 %, in Amberg sollte der Sparkassenbetrieb selbst beendet werden, um der Kommune finanziell aufzuhelfen. Wysocki formulierte die Leitlinien, die für die Sparkassenver- antwortlichen galten, folgendermaßen: „[...] so erlangten die ökonomischen Interessen der kom- munalen Gewährträger an ihren Sparkassen doch ein solches Gewicht, daß das ‘meritorische’ Prin- zip der Anfänge notwendig in den Hintergrund treten, vielleicht sogar völlig verschwinden mußte“, und er zitierte eine Stellungnahme zu den badischen Sparkassen, die auf die Kassen in Würzburg und Amberg zu übertragen ist: „Die [...] Sparkassen kamen allmählich ganz unter die Herrschaft der Gemeindeverwaltungen. Diese hatten sich daran gewöhnt, in den Sparkassen nicht mehr in erster Linie gemeinnützige Anstalten zum Wohle der niederen Stände als vielmehr Mittel zum Zweck der Erwirtschaftung großer jährlicher Überschüsse zum Besten der Gemeindekassen zu se- hen. Die Kassen waren vielfach privatwirtschaftliche Unternehmungen der Gemeinde geworden, bei denen letztere einen im Verhältnis zu dem Risiko der Garantieübernahme übergroßen Gewinn erzielten. Die Folge davon war, daß viele Sparkassen sowohl in den Grundsätzen ihrer Verwaltung als auch in ihren Einrichtungen dasjenige Entgegenkommen den Sparern gegenüber außer acht ließen, welches zur nachhaltigen Förderung des Sparbetriebes erforderlich war“234 - Heldmanns Aktion beabsichtigte genau das Gegenteil einer „nachhaltigen Förderung des Sparbetriebes“. Ma- gistrat und Gemeindebevollmächtigte verwarfen jedoch dessen zweiten und dritten Vorschlag und folgten der ersten Empfehlung.235 Dies bedeutete bei einem Stand des Reservefonds von 94.505 Mark und einer 4%igen Verzinsung einen für 1885 an die

232 Ebd. 233 Kniepert 119. 234 Wysocki, Untersuchungen 155. 235 StadtAAm Zg. III, 831/14, Genehmigung des Magistrats vom 12. Juni 1885; Genehmigung der Gemeindebevoll- mächtigten vom 22. Juni 1885. 285 Stadtkammer abzuführenden Betrag von 3.780 Mark.236 Daß sich damit die Einnahmen des Fonds verringerten und das Erreichen der 10 % Vorgabe erschwert wurde, ließ man außer acht. Die Genehmigung der Kreisregierung wurde tatsächlich nicht eingeholt, „da hiedurch der Umfang der gemeindlichen Haftungspflicht zum Nachteile der Gemeinde weder direkt noch indirekt abgeän- dert wird“.237

Die strikte Reaktion der Kreisregierung auf den noch ungenügenden Stand des Reservefonds der Amberger Kasse erscheint zunächst eher unverständlich, betrachtet man die statistischen Ergebnisse für die Oberpfalz, die übrigen Regierungsbezirke und für Gesamtbayern:

Tabelle 23: Stand Reservefonds bayerischer Sparkassen/Städt. Sparkasse Amberg in % der Gesamteinlagen 1882, 1885238 1882 1885 Städt. Sparkasse Amberg 9,2 9,0 Oberpfalz 3,9 5,4 Oberfranken 7,5 5,9 Niederbayern 6,8 6,2 Schwaben 6,5 8,2 Mittelfranken 5,2 8,6 Unterfranken 4,8 8,9 Oberbayern 4,2 6,8 Pfalz 0,9 1,7

Bayern 5,2 7,0

Sowohl 1882 als auch 1885 hatte die Amberger Sparkasse im Vergleich mit dem oberpfälzischen Durchschnitt ein hervorragendes Ergebnis erreicht. Das Mittel aller bayerischen Sparkassen lag in beiden Jahren desgleichen unter der Quote der Kasse in Amberg. Für den überwiegenden Teil der Sparkassen lagen die vorgeschriebenen 10 % in noch weiter Ferne, im Jahr 1885 erreichten im- merhin die Sparkassen Unter- und Mittelfrankens annähernd das Resultat der Sparkasse Amberg. Die oberpfälzische Kreisregierung wird sich jedoch bei ihrer Entscheidung, die Einhaltung der Vor- schrift zum Reservefonds energisch zu fordern, von den Zahlen der Regensburger Sparkasse haben leiten lassen. Dieser war es seit 1880 gelungen, die 10 % Hürde zu nehmen, obwohl nicht der ü- berwiegende Anteil der Gewinne an den Reservefonds floß, sondern an die Stadtkammer. Rygol sieht folgenden Grund für das Bemühen, den gesetzlichen Vorgaben nachzukommen: „Dies dürfte auf die Risikoaversion der Kommune hinsichtlich ihrer Haftungsverbindlichkeiten gegenüber der Sparkasse und der damit verbundenen Sicherheitsvorsorge zurückzuführen sein.“239 Was der

236 Ebd. Antrag Heldmanns vom 31. Mai 1885. 237 Ebd. 238 ZStB 1884, 120; 1887, 20. 239 Rygol 158f. 286 Regensburger Kasse gelang, erwartete man nun ebenso von der städtischen Sparkasse Amberg. Die Entschließung vom 20. Mai 1874 sah nach § 7240 die jederzeitige Verfügbarkeit der im Reserve- fonds angelegten Gelder vor. Die Ausweisung der Reservefondskapitalien und -zinsen hatte ge- trennt von den übrigen Sparkassenkapitalien in den jährlichen Rechnungen zu erfolgen. Bei der Revision der Rechnung des Jahres 1882 bemängelte die Kreisregierung die in dieser Hinsicht nicht exakte Buchführung der Sparkasse. Künftig solle eine eigene Rechnung erstellt werden, aus der Kapitalstand und Zinsen des Reservefonds eindeutig hervorgingen.241 Der Magistrat hielt eine noch präzisere Führung der Sparkassenrechnungen für nicht notwendig. Die bisherige Ausweisung des Fonds genüge den Bestimmungen des § 7 völlig. Das Schreiben der Stadtverwaltung gibt zum ers- ten Mal Aufschluß darüber, wie die Gelder des Reservefonds angelegt wurden: 242

Staatspapiere 15.500 Mark Schuldverschreibungen bayerischer Gesellschaften 56.000 Mark Schuldverschreibungen der eigenen Gemeinde 21.780 Mark Stiftungen 4.000 Mark

Mit dieser Aufstellung und der Versicherung, das Kapital - insgesamt 97.280 Mark - sei jederzeit verfügbar, hoffte man, die vorgesetzte Behörde zufriedengestellt zu haben. Die Kreisregierung ver- sagte dem Wunsch des Magistrats, alles möge buchhalterisch beim alten verbleiben, die Zustim- mung und wandte sich mit der Bitte um Stellungnahme an das Staatsministerium des Innern.243 Dessen Standpunkt war eindeutig: Der Reservefonds müsse in den Rechnungen separat ausgewie- sen werden, um die zur Verfügung stehenden Mittel jederzeit genau beziffern zu können. Es sei allerdings nicht erforderlich, eine eigene Rechnung zu erstellen, es genüge vielmehr eine Auswei- sung in der normalen Sparkassenrechnung.244 An den Aufstellungen in den Jahresrechnungen än- derte sich nichts.

240 § 7 der Entschließung des Staatsministeriums des Innern, Abteilung für Landwirtschaft, Gewerbe und Handel vom 20. Mai 1874, Nr. 1851: „Der reine Ueberschuß der Sparkasse ist zur Bildung und Erhaltung eines Reservefondes von we- nigstens zehn Prozent der Gesammteinlage zu verwenden. Der Reservefonds ist zur Deckung etwaiger Schäden, sowie zur Bereithaltung der nothwendigen Betriebsmittel, insbesondere bei Crediterschütterungen, bestimmt und muß deshalb so angelegt werden, daß über ihn in Zeiten der Gefahr rasch verfügt werden kann. Derselbe ist in den Sparkasserechnun- gen besonders auszuweisen.“ Wysocki/Pix 1995, 192. 241 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 2173, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 12. August 1884. 242 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Kreisregierung vom 20. August 1884. 243 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an das Staatsministerium des Innern vom 18. September 1884. 244 Ebd. Schreiben des Staatsministeriums des Innern an die Kreisregierung vom 7. Oktober 1884. 287 IV. Sparer

Tabelle 24: Sparer - Durchschnittssparbeträge 1870 - 1881245 Jahr Handwerksgesellen, Lehr- Kinder andere Personen Gesamt linge, Dienstboten, Fabrik- arbeiter, Tagelöhner a) Anzahl a) Anzahl a) Anzahl a) Anzahl b) durchschnittl. Betrag b) durchschnittl. Betrag b) durchschnittl. Betrag b) durchschnittl. Betrag 1870 a) 467 (38,9 %) a) 373 (31 %) a) 362 (30,1 %) a) 1202 b) 192 fl. 30 kr. b) 58 fl. 24 kr. b) 221 fl. 49 kr. b) 157 fl. 20 kr. 1871 a) 567 (38 %) a) 491 (33 %) a) 432 (29 %) a) 1490 b) 245 fl. 33 kr. b) 62 fl. 32 kr. b) 239 fl. 17 kr. b) 182 fl. 34 kr. 1872 a) 1872 b) 148 fl. 1873 a) 1654 b) 182 fl. 16 kr. 1874 a) 1781 b) 187 fl. 19 kr. 1875 a) 1654 b) 236 fl. 55 kr. 1876 a) 1716 b) 417,89 M. 1877 a) 1588 b) 441,60 M. 1878 a) 1565 b) 468,98 M. 1879 a) 1520 b) 468,28 M. 1880 a) 1620 b) 487,19 M. 1881 a) 1687 b) 475,59 M. 1882 a) 1783 b) 496,20 M. 1883 a) 1875 b) 510,11 M. 1884 a) 2020 b) 515,04 M. 1885 a) 2167 b) 539,43 M.

Für die Jahre 1870 und 1871 erstellte Lengfelder Erfassungsbögen zur Ermittlung der Sozialstruktur der Einleger. Die Verfasserin überprüfte die von ihm gewonnen Daten und stellte wie für das Ge- schäftsjahr 1864/65 Abweichungen fest. Lengfelder hatte folgende Zahlen errechnet:

1870 1871 Dienstboten etc. 399 567 Kinder 291 434 andere Personen 280 432 gesamt 970 1433

Die fehlerhaften Zahlen des Jahres 1870 ergaben sich aus falschen Überträgen, im Jahr 1871 ließ Lengfelder eine Spalte mit 57 Personen in der Addition unberücksichtigt. Die Tabelle enthält die

245 StadtAAm, Zg I 2063; VB 1873, 27; VB 1874, 12; StadtAAm, Zg. I 335, VB 1875, 11; ebd. Zg. II 3854, GB 1875; ebd. GB 1876; ebd. GB 1877; ebd. GB 1878; ebd. GB 1879; ebd. GB 1881, GB 1880 nicht vorhanden; ZStB 1884, 85; ZStB 1885, 83; ZStB 1887, 23; ZStB 1887, 23. 288 berichtigten Daten. Ab 1872 verzichtete man auf die Erfassung der Einlegerstruktur und be- schränkte sich auf die Gesamtzahl der Sparer, wobei die Zahl der Sparkassenbücher mit der Anzahl der Einleger gleichgesetzt wurde. Für die Zeit vor 1874 ist dieses Vorgehen problematisch, da be- kannt ist, daß nicht wenige Sparer mehrere Bücher besaßen, um die Einlegerbeschränkungen zu umgehen. Bei obigen Zahlen handelt es sich folglich wie in den Vorjahren nicht um die absolute Menge der Sparer. Ab 1875 war die Mehrfachausstellung von Sparkassenbüchern nicht mehr not- wendig, die Restriktionen waren gefallen. Die Zahl der Sparer/Sparkassenbücher verringerte sich um 127, bei gleichzeitigem Anstieg des Durchschnittsbetrages je -buch um 26,2 %. Sicher werden Einleger die sich durch die neuen Statuten bietende Gelegenheit genutzt haben und ließen mehre- re Sparkassenbücher zu einem zusammenfassen, so daß die Zahlen nach 1875 annähernd die tat- sächliche Menge der Einleger wiedergeben könnten. In den Jahren 1870/1871 machten bei gleichbleibenden prozentualen Anteilen Dienstboten, Arbei- ter, Gesellen etc. den überwiegenden Teil der Sparer aus. Für Kinder wurden in beiden Jahren et- wa ein Drittel der Sparkassenbücher ausgestellt, auf „andere Personen“ entfielen rund 30 %. Die Gesamtanzahl der Bücher stieg im Boom der Gründerjahre von 1870 bis 1872 um 55,7 % auf 1872. Eine ähnliche Höhe wurde bis zu Beginn der 1880er Jahr nicht wieder erreicht. Die Anzahl der Sparer/Sparkassenbücher schwankte in den Jahren bis 1876 beträchtlich und sank ab 1877, bis 1879 mit 1.520 Einlegern der niedrigste Stand erreicht wurde. Die beginnenden 1880er Jahre brachten vermehrt Sparer, 1881 konnte mit 1.687 Sparkassenbüchern an den Stand um 1875 an- geknüpft werden. Nun wuchs die Zahl der Einleger kontinuierlich; von 1879, dem Jahr des Tiefst- standes, bis 1885 nahmen die Sparer schließlich um 42,6 % zu. Gesellen, Lehrlinge, Dienstboten, Tagelöhner und Arbeiter hatten im Jahr 1871 mit 245 fl. durchschnittlich den höchsten Betrag er- spart. Der mittlere wöchentliche Lohn eines Arbeiters dürfte in Amberg um 1870 bei 8 fl. 30 kr. gelegen haben.246 Dies entspricht bei einer Jahresarbeitszeit von 48 Wochen einem -lohn von 408 fl., für den durchschnittlichen Arbeiter sicher die Obergrenze. Müller schreibt zu den Lebens- umständen der Arbeiter: „Auch und gerade in der Oberpfalz bestand das Arbeiterdasein aus reiner Existenzsicherung und aus der Bereitstellung des Allernötigsten zum Überleben. Saisonale oder gar dauernde Arbeitslosigkeit, Erwerbslosigkeit im Alter, plötzliche Krankheit, Unfall und Tod des Haupternährers hingen als ständige Bedrohung wie ein Damoklesschwert über der Existenz der meisten oberpfälzischen Arbeiter.“247 Dies traf nicht nur für oberpfälzische Arbeiter zu. Generell galt die materielle Lage der Arbeiter als „durch deren Vermögenslosigkeit und finanzielle Enge ge- kennzeichnet.“248 Doch erscheint die Lage in Amberg durchaus weniger düster, betrachtet man die Äußerungen des Amberger Magistrats in der Auseinandersetzung mit der Kreisregierung im Jahr 1873 zur Rückzahlung von Sparbeträgen. Hier wiesen die Stadtväter ausdrücklich darauf hin, daß

246 Vgl. S. 269. 247 Müller, Arbeiterexistenz 120. 248 Schulz 153. 289 gerade Fabrikarbeiter nicht wüßten, wo sie ihre die zugelassenen 300 fl. übersteigenden Spar- beträge anlegen sollten.249 Es mußte folglich in Amberg Arbeiter geben, die in der Lage waren, an- nähernd einen durchschnittlichen Jahresverdienst zu sparen. Der monetäre Lohn der Dienstboten lag deutlich unter dem der Arbeiter. Männliche Dienstboten dürften um 200 fl., weibliche zwi- schen 140 und 150 fl.250 jährlich bezogen haben, durchschnittlich etwa 175 fl. Nimmt man den Mittelwert aus dem angenommenen jährlichen Verdienst eines Arbeiters und dem eines Dienstbo- ten, ergibt sich ein Einkommen von 291 fl. 30 kr. Dieser Betrag liegt um 46 fl. über der durch- schnittlichen Sparsumme die für das Jahr 1871 berechnet wurde. Berücksichtigt man, daß in die Kategorie Dienstboten/Arbeiter ebenso Gesellen, Lehrlinge und Tagelöhner Eingang fanden, deren Sparmöglichkeit und -fähigkeit nicht an erstere heranreichte und sich insofern der Durchschnitts- sparbetrag senkte, wird deutlich, daß Dienstboten und Arbeiter in Amberg im Aufschwung der Gründerjahre tatsächlich in der Lage waren, im Mittel ein Jahreseinkommen zu sparen. Die Äuße- rung des Amberger Landgerichtsarztes, daß „viele Arbeiter ein ‘reichliches Auskommen’ gefun- den“251 hätten, läßt sich sicher auf die Stadt Amberg übertragen. Ein Beispiel dafür ist der Gewehr- fabrikarbeiter Peter Schmied, der als erster Sparkunde des „Amberger Credit-Vereins“ am 9. Mai 1870 100 fl. einzahlte. „Er dürfte bei der Stadtsparkasse bereits die höchste Einzahlungssumme erreicht haben und wich daher mit seinen weiteren Ersparnissen zum Credit-Verein aus.“252 Poten- tielle Sparer fanden entgegen der Annahme des Magistrats durchaus einen Weg, höhere Beträge durch die Verteilung auf unterschiedliche Institute anzulegen. Hier in Konkurrenzkategorien zu denken, kam für den Magistrat wohl schon deshalb nicht in Frage, weil Rechtsrat Heldmann sich im neu gegründeten Credit-Verein engagierte; er war einer dessen Gründerväter.253

V. Zusammenfassung Der Amberger Magistrat plädierte bereits seit den 1860er Jahren für ein Ende der einschränkenden Bestimmungen des Normativs von 1843. Als mit dessen Aufhebung im Jahr 1874 der Weg für groß- zügigere Grundbestimmungen frei wurde, machte man von dieser Möglichkeit umgehend Gebrauch. Mit einem Einlagenmaximum von 6.000 Mark hatte der Gewährträger sehr hoch gegrif- fen, er wurde von der Kreisregierung jedoch nicht an der Umsetzung gehindert. Die den Sparkas- sen der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts vorgeworfene Anpassungsunfähigkeit254 ist mitnichten zu verallgemeinern und gilt im besonderen für die städtische Sparkasse Amberg nicht. Überlegungen, die in diese Richtung zielen, sollten die vorgesetzten Behörden mit einbeziehen, denn wie das Bei- spiel der Sparkasse Augsburg zeigte, konnten sie sich durchaus als Hemmschuh erweisen.

249 Vgl. S. 249. 250 Vgl. S. 211 Tab. 8. Dienstbotenlohn 1863. 251 Bergmeier 160. 252 Eger/Laschinger/Schmidt 65. 253 Vgl. S. 294. 254 Ashauer 118. 290 Insgesamt hatte sich die Position der Amberger Kasse so weit gefestigt, daß auch das Kriegsjahr 1870 die Sparer nicht erschüttern konnte. Die beginnenden Gründerjahre brachten der Sparkasse vielmehr Einlagenzuwächse um 50 %. Der wirtschaftliche Aufschwung, der in Amberg der „am stärksten industrialisierten Stadt der Oberpfalz“255 ganz besonders spürbar wurde, ließ schließlich im Jahr 1884 die Gesamteinlagen die Millionengrenze überschreiten. Der von der Regierung gefor- derte Aufbau des Kleinsparwesens wurde in Amberg nicht verfolgt. Das Verhältnis von Kosten zu Ertrag erschien dem Magistrat als zu wenig lukrativ. Das Kleinsparwesen - in Gestalt von Schul- und Jugendsparen, Kommunikanten-, Konfirmanden-, Fortbildungs- und Sonntagsschulsparen, Aussteu- er- und Pfennigsparen256 - wird bis zum Ende des gesamten Bearbeitungsraumes ohne Bedeutung bleiben. Unverändert stellte sich das Anlageverhalten dar; die Sparkasse widmete sich vorrangig dem Realkredit. Schuldscheindarlehen, Bürgschafts- oder Lombardkredite zog der Gewährträger als Anlageformen generell nicht ins Kalkül. Die Anlagestrategie entsprach der von Ashauer zitierten Feststellung der Zeitschrift „Sparkasse“: „Die Raiffeisen’schen Darlehenskassen haben den Zweck, den Personalkredit zu pflegen; die Sparkassen allgemein nicht oder nicht hauptsächlich.“257 Erst- mals wurden Gelder in laufender Rechnung angelegt, vorerst bei einem örtlichen Bankier, der hö- here Zinssätze gewährte als die ansässige Filiale der Königlichen Bank. Über 60 % der Gesamtren- tenüberschüsse wurden dem Reservefonds zugeteilt, der von 1,9 % der Gesamteinlagen im Jahr 1871 auf 9,6 % im Jahr 1881 anwuchs. Die staatlicherseits geforderte 10%ige Einlagensicherung erreichte man wegen der kontinuierlich zunehmenden Passiva bis 1885 allerdings nicht. Das fol- gende Verbot der anderweitigen Verwendung der Überschüsse bis zur Erreichung der 10 %-Quote läutete das Ende des vielversprechenden Wachstums der städtischen Sparkasse Amberg ein. Die in ständiger finanzieller Not befindliche Kommune hatte nach zusätzlichen Einnahmequellen Aus- schau gehalten und sie in den Rentenüberschüssen der Sparkasse gefunden. Zunächst begnügte man sich mit dem Einzug der Zinsen des Reservefonds, dem nach Erfüllen des 10 %-Solls - durch Deckelung der Einlagen und Rückzahlung zu hoher Guthaben - der Durchgriff auf den überwie- genden Teil des Reinertrags folgen wird.

255 Müller, Arbeiterleben 29. 256 Ashauer 134. 257 Ebd. 143. 291 I)1886 BIS 1905 I. Staatliche Maßnahmen 1. Anlagen in laufender Rechnung Am 17. Mai 1886 wurde eine Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern, „die Kapitalaus- leihungen der Gemeinden, Stiftungen, bezw. die verzinsliche Anlage von Geldern der Gemeinden und örtlichen Stiftungen in laufender Rechnung betreffend“, veröffentlicht. Sie bestimmte, öffentli- che Gelder in laufender Rechnung entweder bei der Königlichen Bank oder bei der bayerischen Hypotheken- und Wechselbank anzulegen.1 Eine innenministerielle Entschließung vom 30. März 1886 regelte den Kontokorrentverkehr der Sparkassen mit der Hypotheken- und Wechselbank, die 2 1/2 % Zinsen gewährte.2 Die Königliche Bank hatte die „Bedingungen für die verzinsliche Anlage von Gemeinde- und Stiftungsgeldern in laufender Rechnung“ bereits am 20. Januar 1886 bekannt- gegeben.3 Sie nahm Bareinlagen ab 50 Mark an. Abhebungen konnten bis zu 50.000 Mark bei ei- ner Filialbank und bis zu 100.000 Mark bei der Hauptbank ohne Kündigung erfolgen. Die Gelder wurden ab dem auf die Einlage folgenden Werktag bis zum Rückzahlungstag verzinst; der Zinssatz betrug 2 %. Die Aufnahme eines Kredits war möglich: „Wenn die Erhebungen nicht blos innerhalb des jeweiligen Guthabens stattfinden sollen, sohin ein Conto-Corrent-Credit beansprucht wird, so ist regelmäßig Deckung zu beschaffen, es sei denn, daß durch Bankdirektionsbeschluß anderweite Bestimmung getroffen wird.“4 Die städtische Sparkasse Amberg entschied sich, wie bereits erwähnt, wohl wegen des Fehlens einer Filiale der bayerischen Hypotheken- und Wechselbank für die Ein- richtung eines Kontokorrentkontos bei der k. Filialbank in Amberg.

2. Förderung des Sparkassenwesens 1895 Zur Förderung des bayerischen Sparkassenwesens wurde am 16. März 18955 eine umfangreiche Entschließung des Staatsministeriums des Innern veröffentlicht. Man empfahl die Einrichtung von Annahmestellen und die Ausweitung der Geschäftszeiten unter Einbeziehung von Sonn- und Feier- tagen und der Stunden nach Arbeitsschluß, im wesentlichen eine Erneuerung der Vorschläge und Anregungen der Ministerialentschließung aus dem Jahr 1881:

− Gründung weiterer Sparkassen, vorrangig Distriktsparkassen − Einrichtung von Sparkassenfilialen und Annahmestellen, im besonderen in Fabriken − Ausweitung der Geschäftsstunden − Ausgabe von Sparmarken für Kleinsparer − Anlage der Sparkassenkapitalien in Hypotheken bei der ortsansässigen Bevölkerung

1 KABl. Opf. 1886, 22, 49. 2 Schachner 54f. 3 StadtAAm, Zg. II 3856, Königlich bayerische Bank „Bedingungen [...]“ vom 20. Januar 1886. 4 Ebd. 5 Weber Bd. 23, 150f. Abgedruckt in: Wysocki/Pix, Landrichter 83f. 292 Zwischen 1882 und 1893 hatten sich die bayerischen Sparkassen um 45 Institute (16,2 %) ver- mehrt, 19 waren allein in der Pfalz hinzugekommen. In keinem rechtsrheinischen Regierungsbezirk konnte eine ähnliche Zunahme erreicht werden.

Tabelle 1: Anzahl bayerischer Sparkassen 1882/18936 Kommunale Sparkassen Distriktsparkassen Gesamtzahl bayer. Sparkassen 1882 1893 1882 1893 1882 1893 Oberbayern 19 23 14 16 33 39 Niederbayern 9 11 21 22 30 33 Pfalz 20 34 12 17 32 51 Oberpfalz 13 15 12 14 25 29 Oberfranken 21 24 18 18 39 42 Mittelfranken 27 35 9 7 36 42 Unterfranken 10 10 36 35 46 45 Schwaben 20 23 17 19 37 42

Bayern 139 175 139 148 278 323

Die Zahl der oberpfälzischen Sparkassen hatte sich um fünf vermehrt, eine Kasse wurde aufgelöst: Kommunale Sparkassen: Distriktsparkassen: Eslarn, errichtet 18917 Vilseck, errichtet am 1. Juli 18868 Roding, errichtet im November 18919 Beilngries, errichtet am 1. August 189210 Riedenburg, errichtet am 1. August 189211 Roding, geschlossen 1891.12

Besonderen Wert legte das Innenministerium auf die Ausweitung der Annahmestellen. Die Ent- wicklung zwischen 1885 und 1893 stellt sich wie folgt dar:

Tabelle 2: Anzahl der bayerischen Sparkassen mit Annahmestellen 1885/189313 Anzahl der Sparkassen Annahmestellen Anzahl der Sparkassen Annahmestellen 1885 1885 1893 1893 Oberbayern 2 2 2 2 Niederbayern 2 15 1 1 Pfalz 9 128 11 108 Oberfranken 1 28 1 29 Mittelfranken 2 4 2 3 Unterfranken 10 141 13 200 Schwaben 4 33 7 37

Bayern 30 351 37 380

6 ZStB 1884, 115; 1895, 1. 7 ZStB 1893, 11. Tag und Monat fehlen. 8 ZStB 1889, 107. 9 ZStB 1894, 26. Tag fehlt. 10 ZStB 1895, 11. 11 Ebd. 12 ZStB 1893, 37; 1894, 27. 13 ZStB 1887, 17; 1895, 1. Oberpfälzische Sparkassen unterhielten keine Annahmestellen. 293 Die Anzahl der Sparkassen, die Annahmestellen unterhielten , hatte sich um sieben auf 37, die Zahl der Annahmestellen um 29 auf 380 erhöht. Die Zunahme war vorrangig den unterfränkischen Sparkassen zu verdanken, die nun 200 Stellen betrieben. Zu berücksichtigen ist, daß es sich bei der überwiegenden Zahl der Annahmestellen nicht um spezielle Einrichtungen handelte, sondern man hatte - unter anderem bei den Distriktsparkassen Gemünden, Marktheidenfeld oder Rothenfels - die Lokalarmenpflegen ermächtigt, Spareinlagen entgegenzunehmen. Ebenso verfuhr man in der Pfalz. Für einige Sparkassen, so für die Distriktsparkassen Bergzabern, Annweiler, Homburg oder Rockenhausen, nahmen die Bürgermeistereien und die Distrikteinnehmereien Gelder an.14 Prinzi- piell folgte man damit den Vorschlägen, die Öttingen-Wallerstein schon 1836 propagiert hatte: „jede Gemeindeeinnehmerei soll die Gelder der genannten Personen [= Tagelöhner, Dienstboten, Lehrlinge, Gesellen] jederzeit annehmen [...], so daß die Einleger aller Hemmnisse und alles Zeit- verlustes entbunden wären.“15 Weder die Zunahme der bayerischen Sparkassen insgesamt, noch die Mehrung der Annahmestellen entsprach den Vorstellungen des Innenministeriums. Zwar äußer- te man keine grundsätzliche Unzufriedenheit, doch spricht aus der in der Entschließung enthalte- nen Aufforderung, Reformvorschläge einzureichen und zur Wirksamkeit des Normativs von 1874 Stellung zu nehmen16, die Überzeugung, „daß die Höchstleistung zur Entfaltung des Sparkassenwe- sens und der Spartätigkeit in der Bevölkerung noch keineswegs erreicht war.“17 a) Stellungnahmen Die städtische Sparkasse vertrat zur Frage der Übertragbarkeit der staatlichen Anregungen auf Am- berger Verhältnisse folgenden Standpunkt: „Zur Zeit bestehen in Amberg zwei Sparkassen, die städtische und die Distriktssparkasse. Neben diesen besteht auch noch der Creditverein und der erst im vorigen Jahre neugegründete Darlehenscassaverein, sowie außerdem noch verschiedene Privatgesellschaften. Bei sämtlichen Kassen können Gelder in den verschiedensten Beträgen ver- zinslich angelegt werden. Die Distriktssparkasse ist an jedem Vormittag, die städtische Sparkasse jeden Montag vormittags und falls an diesem ein Feiertag sein sollte, am nächstfolgenden Werktage geöffnet. Beide Sparkassen nehmen als Einlagen Beträge von bereits 2 Mark an. Die Lokale sowohl der städtischen als auch der Distriktssparkasse sind von den hiesigen Einwohnern in einem Zeit- raum von höchstens 20 Minuten zu erreichen. Es dürfte für denjenigen, der sparen will, genug Ge- legenheit geboten sein seine Ersparnisse leicht und sicher verzinslich anlegen zu können, nament- lich den dahier wohnhaften Fabrikarbeitern, da beide Sparkassen wie bereits oben erwähnt, am nächsten der Lohnzahlung folgenden Werktage geöffnet sind und ja der Betrag von 2 Mark bereits angelegt werden kann, wovon auch ausgiebig Gebrauch gemacht wird, nachdem sehr viele

14 ZStB 1884, 115f. 15 Schachner 12. 16 BayHStAM, MInn 52677a, Teil I, Sparkassenwesen. 17 Kniepert 114. 294 Einlagen mit Beträgen unter zehn Mark gemacht werden. Ein Bedürfnis zur Errichtung von Sparkassafilialen oder Einzahlungsstellen dürfte hienach nicht bestehen.“18 Vorschläge zu Reformen fand man in Amberg nicht. Die Stellungnahme der Regensburger Sparkasse fiel ähnlich wie in Amberg aus. Man lehnte die Erweiterung des Sparkassennetzes ab, ebenso die Eröffnung von Annahmestellen; Änderungen des Normativs von 1874 hielten die Verantwortlichen für gänzlich überflüssig.19 Dieselbe Ansicht vertrat der Würzburger Sparkassenverwalter, der nach seiner Einschätzung zu den Vorschlägen des Minis- teriums befragt, antwortete, „in Würzburg [ist] nach diesen Direktiven in jeder Hinsicht Rechnung getragen“.20 Ausführlich schildert Gömmel die Ergebnisse der Befragung der 25 Bezirksämter und der Magistrate der sechs unmittelbaren Städte Oberbayerns. 23 Bezirksämter und die sechs Magist- rate verneinten die Frage, ob eine „Modifikation der Normativentschließung vom 20. Mai 1874 angezeigt erscheint“. Maßnahmen zur Förderung des Sparkassenwesens empfand der überwiegen- de Teil der Befragten als weder möglich noch notwendig. Man war entweder wie in Amberg zu- frieden mit dem Ist-Stand und sah keine Dringlichkeit, Schritte zur Ausweitung der Sparkassentätig- keit zu unternehmen, oder aber Expansionsbestrebungen scheiterten an den landwirtschaftlichen und gewerblichen Darlehens- und Kreditvereinen.21 Erstere wuchsen von 211 im Jahr 1887 auf 1.344 im Jahr 1896, letztere zählten 1896 1.722 Vereine.22 b) Keine Konkurrenz für die städtische Sparkasse: „Amberger Credit-Verein“ - „Darlehenskassenverein“ - „Privat-Spar-Verein“ - „Privat-Spar-Gesellschaft Zu den Gründungsvätern des „Amberger Credit-Vereins“ gehörten der Kaufmann Franz Kallmün- zer,23 der spätere Bürgermeister Josef Heldmann und der Leihhausbetreiber Ignatz Adam.24 Die Gründung des Vereins fand am 13. Februar 1870 statt, seine Tätigkeit nahm er am 21. April 1870 auf. Als Geschäftslokal wurde derselbe Raum im Rathaus bestimmt, in dem sich die Sparkasse ein- gerichtet hatte. Die Geschäftszeiten legte man auf Montag und Donnerstag jeweils von 13 bis 14 Uhr fest. Für Spareinlagen zahlte der Verein 4 1/2 % Zinsen, für Kredite waren 5 % Zinsen jährlich plus 1/3 % Provision pro Monat zu entrichten. Als Einlagenhöchstbetrag wurden 200 fl. festgesetzt. Den Vorsitz übernahm der Kaufmann Franz Kallmünzer, dessen besonderes Anliegen der Forcie- rung des Kontokorrentverkehrs galt. Um hier Fortschritte zu erzielen, hielt er es für notwendig, die monatliche Provision auf 1/8 % für diejenigen Mitglieder zu senken, „die diese bequeme und

18 StadtAAm, Zg. II 3866, Schreiben des Sparkassenkassiers Zimmermann an Bürgermeister Heldmann vom 24. September 1895. 19 Rygol 134f. 20 Kniepert 115. 21 Gömmel, Förderung 83 - 85. Vgl. Born 216 - 229. 22 Schachner 55. 23 Vgl. S. 279 Anm. 211. 24 Vgl. S. 111f. 295 positive Geschäftspraxis übernehmen“.25 Zum Kassier wurde Ignatz Adam gewählt, die Aufga- ben des Kontrolleurs übernahm der Kaufmann Alois Ziegler.26 Jedes Mitglied des Vereins hatte 2 fl. Eintrittsgeld zu entrichten und einen Geschäftsanteil von 100 fl. zu erwerben.27 Das Spargeschäft entwickelte sich nur zögernd. Ende 1870 bestanden sechs Einlagen mit 420 fl. „Das Kreditgeschäft, das Hauptanliegen des Vereins war dagegen gut angelaufen.“28 Während des Jahres 1870 wurden unter anderem 22 Kredite über 3.225 fl. gegen Bürgschaft, 9 Kredite mit 977 fl. gegen Hinterlegung von Wertpapieren und 4 Vorschüsse auf laufende Rechnung mit 850 fl. genehmigt, insgesamt 6.977 fl.29 Der „Darlehenskassenverein des Landbezirks der Pfarrei Amberg“ wurde am 8. Dezember 1893 auf Initiative des Amberger Stadtpfarrers Michael Helmberger gegründet. Zum Vorstand des Vereins ernannte man den Bauern Andreas Weiß aus Gailohe; als Rechner verpflichtete man den Stadtpfarrcooperator Joseph Ziegler, dessen Wohnung gleichzeitig als Geschäftslokal diente. Bei den 63 Mitgliedern der Genossenschaft handelte es sich überwiegend um Landwirte. Wegen der seelsorgerischen Aufgaben Zieglers legte man die Kassenstunden des Vereins auf Samstag in der Zeit von 11 bis 12 Uhr fest. Als Zinssatz für Darlehen waren 4 % plus eine jährliche Provision von 1/5 bis 4/5 % zu entrichten, für Guthaben gewährte man 3 % Zinsen.30 Bereits 1862 waren auf private Initiative hin zwei Sparvereine31 gegründet worden, der „Privat- Spar-Verein“ und die „Privat-Spar-Gesellschaft“. Beider Zweck war die Errichtung einer Sparkasse für Mitglieder. Erster Vorstand der „Spar-Gesellschaft“ wurde der Seilermeister Ernst Kegler, zum ersten Vorstand des „Spar-Vereins“ ernannte man Rechtsrat Wiedenhofer.32 Zu ersterer fehlen wei- tere Quellen, für den Verein liegen die Statuten des Jahres 1862 vor. Jedes Mitglied konnte bis zu 200 Anteilscheine in nicht zu ermittelnder Höhe erwerben. „Das hiedurch sich admassirende Ver- mögen der Gesellschaft wird zum Ankauf von Lotterie-Anlehens-Loosen oder sonstigen dem Zwe- cke des Vereins entsprechenden Werthpapieren verwendet.“ „Da der Verein Sparsamkeit zum Zwecke hat, so kann auch von der Vertheilung der Gewinnste nur dann die Rede sein, wenn die- selben in einer Ziehung 500 fl. oder mehr betragen; Gewinnste unter 500 fl. werden zum weitern Ankaufe von Loosen etc. verwendet.“33 Ähnliche Bestimmungen dürften für die „Privat-Spar- Gesellschaft“ Geltung besessen haben. Beide Vereine wurden für die wohlhabendere Schicht der Amberger Bevölkerung eingerichtet, die über höheres Kapital verfügte und nicht von der ständigen Verfügbarkeit sowohl der Zinsen als auch des eingelegten Kapitals abhängig war. Ob sich obige Äußerung Zimmermanns zum Vorhandensein „verschiedener Privatgesellschaften“ auf diese Verei-

25 Eger/Laschinger/Schmidt 66. Bis November 1886 unterhielt die städtische Sparkasse Amberg bei Kallmünzer ein Konto- korrentkonto. Vgl. S. 279. 26 „Geschäfts-Ordnung des Amberger Credit-Vereins“, abgedruckt in: Eger/Laschinger/Schmidt 63. 27 Ebd. 62. 28 Ebd. 69. 29 Ebd. Zur Genossenschaftsidee Schulze-Delitzschs vgl. Aschhoff; hier weitere Literatur. 30 Schwaiger/Schmidt 25 - 29. Zur Genossenschaftsidee Raiffeisens vgl. Maxeiner; hier weitere Literatur. 31 Vgl. Ashauer 134. 32 StadtAAm, Zg. I 182, Nrr. 20, 21. 33 Statuten des Privat-Spar-Vereins Amberg o. S. 296 ne bezieht, ließ sich nicht klären. Der „Privat-Spar-Verein“ hat gesichert bis 1880, die „Privat- Spar-Gesellschaft“ bis 1890 existiert.34 Dazu bestand in Amberg der „Sparverein der Gewehrfabrik- arbeiter“ und der „Sparverein der Arbeiter der Gebr. Baumann’schen Blechwaarenfabrik“.35 Grundsätzlich empfand die Sparkassenverwaltung keinen der Mitbewerber als Konkurrenten, wie bereits obige Stellungnahme zeigt. Man wird sich auch Jahre später in ähnlicher Weise äußern.36

3. Entschließung vom 10. Juni 1905 Knapp 10 Jahre nach der Stellungnahme des Sparkassenverwalters war man in Amberg noch immer der Meinung, es sei unnötig, die Öffnungszeiten der Kasse zu verlängern, Zweigstellen einzurichten oder weitere Maßnahmen zur Förderung der Sparkasse zu unternehmen. Der Amberger Magistrat hatte diesbezüglich in den vergangenen Jahren schlicht nichts unternommen. Diese Haltung stand konträr zur Ansicht des Staatsministeriums des Innern, das eine Förderung des Sparkassenwesens weiterhin für dringend geboten erachtete.37 Der Ministerialentschließung vom 10. Juni 1905 ging eine mehrjährige Diskussion voraus. Angestoßen wurde sie von Oberregierungsrat Schreiber, der am 1. Juli 1900 ein ausführliches Konzept zur Überarbeitung der Normativbestimmungen von 1874 vorlegte. Unter anderem sprach Schreiber folgende Punkte an:

− Übertragbarkeit der Einlagen von einer öffentlichen Sparkasse auf die andere − Zusammenschluß der öffentlichen Sparkassen zu einem Verband − Errichtung einer Verbandsrevision − Schaffung einer allen Sparkassen gemeinsamen Abrechnungsstelle − Erweiterung der Anlagemöglichkeiten − Erweiterung der Beleihungsgrenze bei Hypothekardarlehen − Begrenzung der Sparkasseneinlagen − Einführung gesperrter Sparkassenbücher − Verwendung der Überschüsse38

Besondere Kritik verband Schreiber mit der Tatsache, daß sich die Sparkassen zu „Melkkühen“ Ihrer Gewährträger entwickelt hätten. Die „freie Verfügung über die Erträgnisse [habe] ‘natur- gemäß die Neigung verstärkt, die Verzinsung der Darlehen hoch, die Verzinsung der Einlagen aber niedrig zu halten’“, was die Sparkassen „zu einem kommunalen Erwerbsinstitut, unter Ver- nachlässigung ihres sozialpolitischen Charakters“ verkümmern lasse.39 Schreiber gab an, im Jahr 1897 hätten 197 Sparkassen für die Einlagen 3 % oder weniger, 130 Kassen 3 bis 3 1/2 % und le- diglich 8 Kassen, davon 7 pfälzische, mehr als 3 1/5 % Zinsen gewährt. Die Zinsen blieben kon-

34 StadtAAm, Zg. I 183, Nrr. 12, 13. 35 Ebd. Nrr. 21, 66. 36 Vgl. S. 301. 37 StadtAAm, Zg. II 3869, Schreiben des Staatsministeriums des Innern an die Regierung der Oberpfalz vom 10. Juni 1905. 38 Ausführlich bei Gömmel, Förderung 86 - 88. 39 Ebd. 89. 297 stant niedrig, während die Erträge ebenso konstant wüchsen. Die Überschüsse würden in erster Linie den Gewährträgern zur Verfügung gestellt und nicht dem Reservefonds zugewiesen. Ende Juli 1901 beauftragte das Innenministerium Schreiber, eine Stellungnahme zum Normativ von 1874 zu erarbeiten, die er Ende Januar 1902 vorlegte. Er hielt zwar Änderungen für empfehlenswert, doch diese erschienen ihm „nicht so dringlicher und erheblicher Natur [zu sein], um eine Neuredaktion zur Notwendigkeit zu machen.“40 Nichtsdestoweniger wurde ein normativer Neuentwurf ausgear- beitet, der allerdings nicht in einen ministeriellen Erlaß mündete. „Im Mittelpunkt jener Ausarbei- tung standen die Streitpunkte Zinssatz, Mindest- und Höchsteinlagen, Reservefonds sowie das ge- meindliche Verfügungsrecht über den Reingewinn. Auch der Gründung eines Sparkassenverbandes sollte vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt werden.“41 Besondere Beachtung widmete man der Einlagenverzinsung: „Während man die durchschnittliche Verzinsung als zu niedrig erachtete und außerdem erkannt hatte, daß die Höhe des Zinssatzes auf die ‘Frequenz der Sparkassen’ einen wesentlichen Einfluß ausübte, sah man andererseits bei einer Zinserhöhung die Gefahr, daß die Sparkassen ‘auch von solchen Personen benützt werden, für welche sie ihrer ganzen Zweckbe- stimmung nach nicht bestimmt sind’“.42 Eine Ministerialentschließung wurde schließlich am 10. Juni 1905 veröffentlicht.43 Den Kern der Entschließung bildeten die bereits 1881 und 1895 angesprochenen Anregungen zur Förderung des Sparkassenwesens,44 weiterhin vorrangig die Gründung neuer Filialen und Annahmestellen. Seit 1895 hatte sich die Anzahl der bayerischen Kassen nur unwesentlich gesteigert:

Tabelle 3: Anzahl der bayerischen Sparkassen 1895/190445 Kommunale Sparkassen Distriktsparkassen Gesamtzahl bayer. Sparkassen 1895 1904 1895 1904 1895 1904 Oberbayern 23 25 16 16 39 41 Niederbayern 12 13 23 23 35 36 Pfalz 36 41 17 18 53 59 Oberpfalz 16 19 14 16 30 35 Oberfranken 24 28 18 18 42 46 Mittelfranken 36 40 7 5 43 45 Unterfranken 10 10 35 35 45 45 Schwaben 23 23 19 19 42 42

Bayern 180 199 149 150 329 349

40 Ebd. 90. 41 Ebd. 91. 42 Ebd. 43 BayHStAM, MInn, Akt 52678, Nr. 12679. Abgedruckt in: Wysocki/Pix, Landrichter 85 - 87. 44 StadtAAm, Zg. II 3869, Schreiben des Staatsministeriums des Innern an die Regierung der Oberpfalz vom 10. Juni 1905. 45 ZStB 1897, 195; ZStB 1908, 333. 298 In der Oberpfalz waren fünf Sparkasssen neu errichtet worden: Kommunale Sparkassen: Distriktsparkassen: Pfreimd, gegründet 1. Juli 189846 Eschenbach, gegründet 1. November 189647 Floß, gegründet 1. Dezember 190348 Burglengenfeld, gegründet 1. Februar 189749 Furth i. W., gegründet 1. Januar 190450

Die kommunalen Sparkassen hatten um 19, die Distriktsparkassen nur um ein Institut zugenom- men, sie waren zu „Sorgenkindern“ geworden. In den meisten Regierungsbezirken blieb ihre Zahl konstant, lediglich in der Pfalz und in der Oberpfalz konnten eine beziehungsweise zwei Kassen neu errichtet werden, dagegen nahm die Zahl der mittelfränkischen Distriktsparkassen um zwei ab. Die innenministerielle Initiative des Jahres 1895 hatte gerade beim Ausbau des Distriktsparkassen- netzes keine Früchte getragen. Die Gründe für die stagnierende Entwicklung lagen auf der Hand: Der Aufschwung der ländlichen Darlehenskassenvereine habe zum „Entzug der Spargäste aus den ländlichen Kreisen“ geführt.51 Andererseits nähmen die in gewerblichen und industriellen Betrieben tätigen Personen, die Gelegenheiten zur sicheren und bequemen Anlage ihrer Spargelder suchten, zu. Um deren Sparpotenzial abzuschöpfen, sei es unerläßlich für eine „Vermehrung und zweckmä- ßige Ausgestaltung der Sparkassen“ zu sorgen. Die „Vermehrung“ solle vorrangig über Annahme- stellen geschehen, die - hierauf war 1881 und 1895 bereits hingewiesen worden - völlig problem- los einzurichten seien, da „in allen Gemeinden des Distrikts die Bürgermeister oder die Vorstände der Armenpflegen Spareinlagen entgegennehmen“52 könnten53. Vergleicht man die Gesamtanzahl der Einlagestellen(= Sparkassen plus Annahmestellen) in Bayern mit vier weiteren deutschen Staa- ten, ergibt sich für Bayern keineswegs ein negatives Bild. Mit einer Einlagestelle je 6.630 Einwohner lag es vor Preußen, Sachsen und Baden. Hier war wegen des Fehlens von Annahmestellen eine Sparkasse durchschnittlich für 14.570 Einwohner, somit für mehr als doppelt so viele Personen zu- ständig wie eine bayerische Einlagestelle. In Württemberg fanden sich durch die hohe Dichte von Annahmestellen erheblich günstigere Bedingungen für die Sparer. Eine Einlagestelle traf auf 1.216 Einwohner:

46 ZStB 1901, 20. 47 ZStB 1899, 180. 48 ZStB 1907, 22. 49 ZStB 1899, 180. 50 ZStB 1907, 22. 51 StadtAAm, Zg. II 3869. Schreiben des Staatsministeriums des Innern an die Regierung der Oberpfalz vom 10. Juni 1905. Im Jahr 1904 verfügten die bayerischen Kreditgenossenschaften über rund 116 Millionen Mark. Das entsprach etwa einem Viertel der Gesamteinlagen der öffentlichen Sparkassen Bayerns. ZStB 1907, 7. 52 ZStB 1908, 334. 53 Vgl. S. 251, 291 - 293. 299

Tabelle 4: Anzahl öffentlicher Sparkassen und Annahmestellen in 5 deutschen Staaten 190454 Baden Bayern Preußen Sachsen Württemberg Sparkassen 138 349 1.374 329 64 Annahmestellen 635 3.081 89 1.829 Einlagestellen insgesamt 138 984 4 455 418 1 893 1 Einlagestelle je Einwohner 14.570 6.630 8.371 10.789 1.216

Unter „zweckmäßiger Ausgestaltung“ stellte sich das Staatsministerium eine Hinwendung zur Kun- denorientierung vor. Die Geschäftsstellen hätten sich nicht an den Bedürfnissen der Sparkassen, sondern an denen des „Publikums“ zu orientieren: „In Orten mit zahlreicher Fabrikbevölkerung [möge] den Arbeitern nach der regelmäßigen Lohnzahlung Gelegenheit zur sofortigen Anlegung von Spargeldern geboten werden. [...] Ein direktes Benehmen der Sparkassenvorstände mit den Leitern größerer Betriebe wäre voraussichtlich geeignet, der Anregung den Vollzug zu sichern.“55 Das besondere Augenmerk des Ministeriums galt der Höhe des Zinsfußes. 141 Sparkassen (40,4 %) gewährten den Sparern nur 3 % Zins oder darunter. Zu ihnen gehörten die meisten der oberpfälzi- schen Sparkassen (22 von 35), so auch die städtischen Kassen in Amberg und Regensburg. Den höchsten Zinssatz in der Oberpfalz zahlte mit 3,8 % die Distriktsparkasse in Wald-münchen.56

Tabelle 5: Zinssätze bayerischer Sparkassen 190457 Zinssatz Anzahl der Sparkassen unter 3 % 1 3 % 140 3,04 % bis 3,43 % 61 3,5 % 134 3,55 % bis 3,8 % 8 4 % 5

Der Durchschnittszinsfuß aller bayerischen Sparkassen hatte sich seit dem Jahr 1900 kaum verän- dert: 58

1900 3,22 % 1901 3,27 % 1902 3,28 % 1903 3,27 % Die „Schuld“ an diesem niedrigen Zinssatz gab das Ministerium dem Gewinnstreben der Sparkas- senträger: „Es ist billig, daß die Gemeinden und Distrikte Gewinne erwirtschaften wollen, da sie

54 ZStB 1908, 334. 55 Wysocki/Pix, Landrichter 85f. 56 ZStB 1907, 22. 57 Ebd. 7. 58 ZStB 1903, 247; ZStB 1907, 7. 300 auch ein Risiko tragen“,59 doch sei es inakzeptabel, dies auf dem Rücken der Sparer zu tun. Gleichzeitig erkannte man in München auch eine Gefahr in der Erhöhung des Zinsfußes, da in der Folge die Sparkassen für Personen interessant würden, für die sie nicht bestimmt seien. Deshalb schlug man eine degressive Zinspolitik vor: bis 1.000 Mark könnte ein erhöhter Zinssatz dem Per- sonenkreis Anreiz schaffen zu sparen, dem die Kassen vorrangig dienen sollte. Als Ergebnis dieser Maßnahme sah das Innenministerium voraus, daß es nicht zu einer Verringerung der Sparkassen- überschüsse, das heißt der Subventionen für die Kassen der Träger käme, da der Kreis der Sparer erweitert „und die Neigung zum Sparen bei den gering bemittelten Bevölkerungsklassen gefordert wird.“60 Besonders für Kinder erschien die Einführung „gesperrter Sparkassebücher“ interessant. Zwei Modelle wurden angedacht. Zum einen sollten Einlagen für einen vorab festgelegten Zeit- raum unkündbar bleiben, zum anderen wollte man das Erreichen einer bestimmten Sparsumme an die Kündigung des Sparkassenbuchs binden. In beiden Fällen könnte unbedenklich ein höherer Zinsfuß zugrunde gelegt werden.61 Das Staatsministerium bedauerte, daß die Empfehlung, Schul- und Pfennigsparkassen zu unterhalten, in der Vergangenheit „nur vereinzelt Anklang gefunden“ hatte. Dabei sei gerade diese Einrichtung dazu angetan, „der Jugend gleich beim Beginn [der schu- lischen Ausbildung oder] einer Erwerbstätigkeit die Vorzüge des Sparens vor Augen zu rücken.“ Man empfahl allen Sparkassenvorständen, sich für die Etablierung solcher Kassen einzusetzen.62 Schlußendlich nahm das Innenministerium Gedanken zur Gründung eines Sparkassenverbandes auf. Bayerische Sparkassen waren bisher grundsätzlich „Einzelunternehmungen“ ohne „Fühlung“ zwischen den Institutionen. Seit 20 Jahren habe man in Nordwestdeutschland mit der Idee „eines korporativen Zusammenschlusses der Sparkassen“ gute Ergebnisse erzielt.63 Die Kassen hätten sich zur Förderung der gemeinsamen Interessen und zur Ausdehnung des Wirkungskreises in Verbän- den organisiert. Gegenseitige Anregung, Unterstützung und Ergreifung „aller Maßnahmen zur Ver- vollkommnung und Ausdehnung des Sparkassenwesens“ sei ihr Ziel und habe bisher zu viel beach- teten Erfolgen geführt. In der Pfalz war bereits 1898 ein Verband gegründet worden,64 im rechts- rheinischen Bayern fehlten bislang solche Vereinigungen. Das Staatsministerium wies die Bezirksre- gierungen an, alle Aktivitäten zu regionalen Verbandsgründungen in jeder Weise zu unterstützen und versicherte, daß eine „Beeinträchtigung der finanziellen und administrativen Selbständigkeit der Gemeinden und Distrikte [...] durch die Zugehörigkeit zu einem Sparkassenverband nicht“ ein- trete.65

59 Stadt AAm, Zg. II 3869, Schreiben des Staatsministerium des Innern an die Regierung der Oberpfalz vom 10. Juni 1905. 60 Ebd. 61 Ebd. 62 Ebd. 63 Vgl. Ashauer 164 - 174. Die Gründungsdaten der regionalen Sparkassenverbände S. 300 Anm. 76. 64 Die Gründung erfolgte am 14. Mai 1898; 24 pfälzische Sparkassen hatten sich zusammengeschlossen. Merz 1907, 182. 65 Stadt AAm, Zg. II 3869, Schreiben des Staatsministerium des Innern an die Regierung der Oberpfalz vom 10. Juni 1905. 301 a) Stellungnahme der städtischen Sparkasse Amberg Die „Förderung des Sparkassenwesens im obigen Sinn“66 zu betreiben, wurde den Bezirksregierun- gen übertragen. Um diesem Auftrag nachzukommen, holte die Regierung der Oberpfalz zu-nächst Stellungnahmen der Kommunen und Distrikte ein. Der Amberger Magistrat äußerte sich ausführ- lich: „Im allgemeinen haben wir die Wahrnehmung gemacht, daß der Sparsinn der Bevölkerung mehr zugenommen als abgenommen hat. Wenn gleichwol die Einlagen verhältnismäßig mit der Zunah- me der Bevölkerung nicht gleichen Schritt gehalten hat, so liegt der Grund hiefür einzig und allein in der fortschreitenden Verteuerung der Lebensbedürfnisse, mit welcher die Steigerung der Arbeits- löhne nicht gleichen Schritt gehalten hat. Die Errichtung von Annahmestellen oder Filialen für unse- re Sparkasse ist nicht notwendig und würde wohl kaum zur Vermehrung der Einlagen beitragen, weil der wöchentlich einmal stattfindende Sparkassatag hinreicht, um die Einlagen entgegenneh- men zu können. Die Arbeitslöhne werden an den Samstagen jeder Woche ausbezahlt und ist für jedermann, der überhaupt einen Sparsinn hat, genügend Gelegenheit geboten, am darauffolgen- den Montag Einlagen machen zu können, wobei noch in Betracht zu kommen hat, daß die Dist- riktsparkasse, welche hier ihren Sitz hat, jeden Vormittag geöffnet ist. Die ländlichen Darlehenskas- senvereine üben in keiner Weise einen Einfluß auf unsere Sparkasse aus. Die Einrichtung der Schul- und Pfennigsparkassen dürfte allzu hohe Kosten verursachen und dürfte erspart bleiben, wenn die niedrigste Einlage auf 1 Mark festgesetzt wird. Die Einrichtung von Geschäftsstunden zur Annahme von Einlagen unmittelbar nach der regelmäßigen Lohnzahlung dürfte mit Rücksicht darauf, daß die Wochenlöhne am Schlusse der Arbeitszeit ausbezahlt werden, kaum möglich sein, da einerseits die Geschäftsstunden den größten Teil des Jahres zur Nachtzeit stattfinden müßten, andererseits der ermüdete Arbeiter nicht erst lange Zeit warten wird, um seine Einlagen machen zu können. Der Zinsfuß beträgt bei der Sparkasse für Einlagen 3 % und werden die Einlagen teils gegen 3 1/2 % auf Wertpapiere, teils gegen 4 % auf Hypotheken hingeliehen. Eine Erhöhung des Zinsfußes für Einla- gen erscheint ausgeschlossen mit Rücksicht auf das Risiko der Gemeinden bei Kriegszeiten, bei größeren Arbeitsumstellungen, bei ungetreuen Verwaltungen, wie seinerzeit in Neumarkt. Unter diesen Verhältnissen kann es den Gemeinden nicht verargt werden, wenn sie für die Übernahme des Risikos und der Arbeit auch eine teilweise Entschädigung beanspruchen, abgesehen davon, daß die Verwaltungskosten mit der Erhöhung der Einlagen wachsen. In der neueren Zeit geht das Bestreben der Gesetzgebung dahin, die indirekten Steuern auf Lebensmitteln aufzuheben, wodurch die Einnahmen der Gemeinde erheblich kürzer werden, während andererseits die Anforderungen an die Gemeinden in Bezug auf Hygiene und Verkehr und so weiter immer größer werden, abge- sehen davon, daß die soziale Gesetzgebung der Neuzeit durch den Vollzug der Versicherungsge- setze den Gemeinden ganz exorbitante Kosten verursacht. Die

66 Ebd. 302 Verschiedenheit des Zinsfußes zwischen den einzelnen Sparkassen wird wohl ihren Grund darin haben, daß die reine Erhebung der eingelegten Gelder ohne Kündigung nicht sofort erfolgen kann, sondern häufig mehr oder minder längere Kündigungsfristen in den Statuten vorgesehen sind, während bei den anderen diese Erhebung sofort geschehen kann. Eine Abstufung der Verzinsung erscheint bei unserer Sparkasse nicht leicht möglich, da bei unserer Sparkasse überhaupt Einlagen über 1.000 Mark nicht angenommen werden. Den Einlegern ist überhaupt an der Erhöhung des Zinsfußes weniger gelegen, sondern vielmehr darum zu tun, daß sie ihr Guthaben jederzeit, insbe- sondere in besonderen Bedürfnisfällen z. B. Krankheit, Verheiratung von Kindern, ohne Verlust erheben können und daß sie ihr Geld sicher angelegt wissen. Aus diesen Gründen würde sich auch dieses System der sog. gesperrten Sparkassabücher nicht bewähren. Gegen die Errichtung sog. Sparkassenverbände besteht unsererseits keine Erinnerung, solange der Beitritt zu einem solchen Verbande fakultativ bleibt.“67 Die Erklärung der Amberger Stadtverwaltung basierte auf Anmerkungen des 2. Kontrolleurs der Sparkasse Hans Mayr.68 Er sah im „Darlehenskassaverein des Landbezirkes der Pfarrei Amberg“ keine vordringliche Gefahr, denn durch ihn würden „der hiesigen städtischen Sparkassa Einleger aus bäuerlichen Kreisen nicht im wesentlichen Maße entzogen“. Die Öffnungszeiten der Sparkasse waren mit Wissen und Billigung der Stadtverwaltung längst ausgeweitet worden. Sparkassenkassier Riß nahm wie seine Vorgänger während der Dienstzeit als Stadtkämmerer Einlagen an, so daß nach Meinung Mayrs Annahmestellen und eine Ausweitung der Öffnungszeiten vollkommen überflüssig seien. Der Empfehlung, die geringste Einlage auf 1 Mark festzusetzen, um die teuere Einrichtung einer Schul- und Pfennigsparkasse zu vermeiden, stammte gleichermaßen aus Mayrs Feder. Er sprach sich energisch gegen eine Erhöhung des Zinsfußes aus, denn „es würde der Überschuß der Sparkassa dadurch wesentlich vermindert werden, was eine Erhöhung der Gemeinde Umlage vor- aussichtlich zur Folge hätte.“ Aus demselben Grund riet er von einer degressiven Zinsstruktur und von „gesperrten Sparkassabüchern“ ab, die obendrein eine beträchtliche Mehrarbeit mit sich brächten. Mayr schlug vor, als Anreiz vor allem für Kinder und Minderbemittelte, die Kosten für die Ausstellung der Sparkassenbücher auf 0,10 Mark zu senken, und er bat zu überdenken, ob eine Erhöhung des Einlagenmaximums auf 2.000 oder 3.000 Mark sinnvoll sei.69 Wie 10 Jahre zuvor sah man in Amberg keine Gründe an der Organisation der Sparkasse Änderun- gen vorzunehmen. Tägliche Öffnungszeiten, das Schul- und Pfennigsparen, die Überwachung „ge- sperrter Sparkassabücher“ hätten einen erhöhten Arbeitsaufwand mit sich gebracht, der durch ne- benamtliches Personal nicht zu bewältigen wäre. Da höhere Kosten für eine hauptamtlich tätige Sparkassenverwaltung die der Kommune zufließenden Beträge schmälerten und mit Mehreinnah- men nicht gerechnet werden konnte - eine Anhebung des Einlagenhöchstbetrages kam nicht in

67 Ebd. Zg. II 3862, Schreiben des Magistrats an die Bezirksregierung vom 20. März 1906. Zur zögerlichen Haltung des Amberger Magistrats bei der Frage des Beitritts zum Oberpfälzischen Sparkassenverband vgl. S. 303 - 305. 68 Ebd. Stellungnahme der Sparkassenkommission vom 30. November 1905. 69 Ebd. 303 Frage -, wird der Magistrat schon aus eigennützigen Motiven gegen jegliche Erweiterung des Sparkassenbetriebes gestimmt haben. b) Die städtische Sparkasse Amberg und der Oberpfälzische Sparkassen-Verband Die Befragung der oberpfälzischen Sparkassen hatte ergeben, daß die Mehrzahl die Einrichtung eines regionalen Sparkassenverbandes befürwortete. Ganz im Sinn der Staatsregierung zeigte sich die Bezirksregierung davon überzeugt „daß die Errichtung eines derartigen Verbandes einen günsti- gen Einfluß auf das Sparkassenwesen der Oberpfalz ausüben wird, [und hielt] es für angezeigt, die diesbezüglichen Bestrebungen oberpfälzischer Sparkassen zu unterstützen und der Gründung eines oberpfälzischen Sparkassenverbandes näher zu treten.“70 Der seit 189871 in der Pfalz bestehende Sparkassenverband sollte Vorbildfunktion übernehmen. Bei der Beschreibung der Aktivitäten des Verbandes betonte die Behörde besonders das Fehlen jeglicher Verpflichtung: „Die Tätigkeit des pfälzischen Verbandes bewegt sich vollkommen auf dem Gebiet der Freiwilligkeit, ein Zwang wird auf die Verbandsmitglieder in keiner Weise ausgeübt. Die Beschlüsse der Organe des Verbandes (des Ausschusses und des Verbandstages) gelten nur als Rat und Empfehlung; die dem Verbande angehörigen Kassen haben lediglich die Verpflichtung, durch Verbandsbeschlüsse empfohlene be- sondere Einrichtungen bei den gesetzlichen Organen zu beantragen. Eine Beeinträchtigung der finanziellen Selbständigkeit der Distrikte und Gemeinden tritt also durch die Zugehörigkeit zu ei- nem derartigen Verband durchaus nicht ein.“72 Man beauftragte Magistrate und Bezirksämter, über den Beitritt in den zuständigen Gremien zu beraten. Als Diskussionsgrundlage wurden die Satzun- gen des Pfälzischen Sparkassen-Verbandes vorgeschlagen. In Amberg ignorierte die städtische Ver- waltung diese erste73 und auch eine zweite Aufforderung74 zur Beschlußfassung und legte erst am 19. Oktober 1906 fest, „sich gegen das Projekt vorläufig ablehnend zu verhalten.“75 Eine Begrün- dung für seine Absage gab der Magistrat nicht. Er mag ähnliche Bedenken getragen haben wie die Nürnberger Stadtverwaltung, die sich gegen die Etablierung eines mittelfränkischen Verbandes aus- sprach: „Einstweilen hat man hier Bedenken gegen den von dem oberbayerischen Sparkassenver- band76 geplanten Zusammenschluß, der so wie er gedacht ist, zu einer Schablonisierung der Ein-

70 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3838, Schreiben der Bezirksregierung an sämtliche Bezirksämter vom 8. Mai 1906. 71 StadtAAm, Zg. II 3869, Satzungen des Pfälzischen Sparkassen-Verbandes. Festgestellt durch Beschluß der konstituie- renden Versammlung vom 14. Mai 1898. 72 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3838, Schreiben der Bezirksregierung an sämtliche Bezirksämter vom 8. Mai 1906. 73 Ebd. 74 Vom 9. August 1906. StadtAAm, Zg. II 3869, Schreiben der Bezirksregierung an den Magistrat vom 16. Okt. 1906. 75 Ebd. Schreiben der Bezirksregierung an den Magistrat vom 16. Oktober 1906v. 76 Als erster im rechtsrheinischen Bayern wurde der Verband der oberbayerischen Sparkassen am 9. Juni 1906 gegründet. Es folgten: Sparkassenverband Oberpfalz 5. Februar 1907 Sparkassenverband Niederbayern 17. März 1907 Sparkassenverband Schwaben 31. Oktober 1907 Landesverband bayerischer Sparkassen 28. März 1908 Sparkassenverband Unterfranken 11. April 1908 Sparkassenverband Mittelfranken 29. Juni 1908 Sparkassenverband Oberfranken 18. Januar 1909. 304 richtungen und des Betriebes der öffentlichen Sparkassen zu führen scheint, die schwerlich günstig wirken kann. Was der Oberbayerische Sparkassenverband anstrebt, würde wohl am Ende zu einer ungerechtfertigten Einschränkung der Bewegungsfreiheit der einzelnen Sparkassen und damit zu einer Verschlechterung ihres Betriebes führen, ohne daß den Sparkassen und dem Spar- sinn ein erheblicher Nutzen erwüchse.“77 In Nürnberg und wohl auch in Amberg lehnte man „jede unnötige oder lästige Beschränkung der einzelnen Sparkassen“78 ab. Entgegen der Entscheidung des Amberger Magistrats sprach sich die Mehrheit der oberpfälzischen Kassen für einen Beitritt zum Sparkassenverband aus. Daraufhin lud die Bezirksregierung Vertreter aller betroffenen Kassen - auch die Amberger erhielten trotz ihrer ablehnenden Haltung eine Einladung79 - zur Gründungsver- sammlung nach Regensburg ein.80 Auf der Tagesordnung standen die Erarbeitung einer Verbands- satzung81 und die Wahl der Vorstandschaft. Beauftragte von 27 der insgesamt 3682 oberpfälzischen Sparkassen folgten am 5. Februar 1907 dieser Einladung.83 Die städtische Sparkasse Amberg war nicht vertreten. Als vorrangige Ziele des neu gegründeten Verbandes wurden festgehalten:

• eine fachmännische Verbandsrevision • die Errichtung einer Geldvermittlungs- und Ausgleichsstelle • die Übertragbarkeit der Einlagen zwischen sämtlichen Verbandssparkassen

Zum 1. Vorsitzenden wählten die Anwesenden den rechtskundigen Bürgermeister August Prechtl aus Weiden, zum 2. Vorsitzenden Bezirksamtmann Heinrich Jolas aus Neumarkt, das Amt des Schriftführers und Kassiers übernahm der Tirschenreuther Stadtsekretär Franz Josef Heldmann.84 Der Oberpfälzische Sparkassenverband entstand als zweite Regionalvereinigung im rechtsrheini- schen Bayern. Die als vorrangiges Ziel angesprochene Installierung einer Verbandsrevision wurde zwei Jahre später in Angriff genommen. Sie hatte zwar in allen Punkten der staatlichen Kontrolle zu folgen, doch sollten die damit beauftragten Revisoren nicht „wie Kommissäre“, sondern „wie Ver- traute, wie Fachgenossen und Berater“ handeln.85 Nicht nur „die kalkulatorische Seite und die

Ashauer 176, Übersicht 38. Zur Gründung des schwäbischen Verbandes, Merz (1907); zur Geschichte des mittelfränki- schen Verbandes, Krüger, Mittelfranken; zum Landesverband bayer. Sparkassen, Bayerischer Sparkassen- und Girover- band. 77 Zitiert nach Reinhart/Zeitler 110. 78 Zitiert nach ebd. 79 StadtAAm, Zg. II 3869, Schreiben der Bezirksregierung an den Magistrat vom 17. Januar 1907. 80 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3838, Bekanntmachung vom 17. Januar 1907. 81 StadtAAm, Zg. II 3869, Satzungen des Oberpfälzischen Sparkassen-Verbandes. Abgedruckt: Anhang S. 355 - 357. 82 Folgende Sparkassen hatten Delegierte entsandt: Kommunale Sparkassen: Auerbach, Eschenbach, Eslarn, Neunburg v. W., Neustadt a. W., Pleystein, Regensburg, Schwandorf, Sulzbach, Tirschenreuth, Vohenstrauß, Weiden; Distriktsparkassen: Amberg, Beilngries, Burglengenfeld, Cham, Erbendorf, Eschenbach, Hemau, Kemnath, Nabburg, Neumarkt, Oberviechtach, Riedenburg, Tirschenreuth, Vil- seck, Waldmünchen. Es fehlten Vertreter der kommunalen Sparkassen Amberg, Floß, Furth i. W., Parsberg, Pfreimd, Pressath, Roding und der Distriktsparkassen Regensburg und Waldsassen. StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3805, „Verzeichnis der zur Gründung eines oberpfälzischen Sparkassenverbandes abgeordneten Bevollmächtigten“ o. D. 83 StadtAAm, Zg. II 3869, Schreiben der Bezirksregierung an den Magistrat vom 1. Juli 1908. Die Gründungsversammlung wurde für 10.00 Uhr anberaumt. Sie fand im Regierungsgebäude statt. 84 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3805, Niederschrift der Gründungsversammlung des oberpfälzischen Sparkassenverbandes vom 5. Februar 1907. 85 StadtAAm, Zg. II 3869, Schreiben des Oberpfälzischen Sparkassenverbandes an den Magistrat vom 25. Mai 1909. 305 Beachtung der einschlägigen Vorschriften, sondern hauptsächlich die Förderung und Verbesse- rung der Einrichtung im Betrieb der Sparkasse und deren Entwicklung“86 stünden im Vordergrund. Um beides finanzieren zu können, bat man um staatliche Beihilfen in Höhe von 12.000 Mark und dachte an eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge87: je 100.000 Mark Einlage 3 Mark, mindestens jedoch 30 Mark, höchstens 120 Mark. Für sehr kleine Sparkassen wurde eine Ermäßigung auf 20 Mark ins Auge gefaßt. Die Revision sollte in dreijährigem Turnus erfolgen. Die hier tätigen Revi- soren müßten selbstverständlich besoldet werden, wozu die einzelnen Kassen mit einem Zuschuß von 10 Mark pro Arbeitstag beizutragen hätten.88 In Amberg hielt man eine verbandseigene Revisi- on für vollkommen unnütz: „Bei der derzeitigen Geschäftsführung der Sparkasse halte ich die Revi- sion durch einen vom Sparkassenverbande aufgestellten Revisor nicht für nothwendig und die Aus- gabe hierfür für überflüßig.“89 Die Stellungnahme des Sparkassenverwalters war eingeholt worden, da sich der Amberger Magistrat in der Zwischenzeit zum Verbandsbeitritt entschlossen hatte. Im Juli 1908 hatte die Bezirksregierung den wiederholten Versuch unternommen, der Stadtverwaltung die Mitgliedschaft schmackhaft zu machen. Nur noch zwei oberpfälzische Kassen verweigerten den Anschluß an den Verband - außer der städtischen Sparkasse Amberg die kommunale Kasse in Pars- berg.90 Die Behörde gab zu bedenken, daß dem Sparkassenverband als Repräsentanten der ge- meinsamen Interessen aller oberpfälzischen Kassen ein erheblich größeres Gewicht bei der Durch- setzung genau dieser Interessen zukomme als einer einzelnen Kasse. Der jährliche Beitrag, 0,50 Mark je 100.000 Mark Einlage - mindestens 3 Mark, höchstens 15 Mark - sei von jedem Institut finanzierbar. Im Bedarfsfalle könne der Beitrag zwar verdoppelt werden,91 doch dies sei immer noch eine geringe Summe. Da es für die Sparkassen keine Nachteile, sondern nur Vorteile gebe, möge sich die Stadtverwaltung tunlichst umgehend zu einem Beitritt entschließen.92 Die städtischen Gremien trafen ihre zustimmenden Entscheidungen im September und Oktober 1908, worauf die städtische Sparkasse Amberg am 1. Januar 1909 dem Kreisverband der oberpfälzischen Sparkassen beitrat.93

II. Verwaltung - Geschäftsführung 1. Neue Statuten 1886 Der Entschluß der Stadtväter, die Zinsen des Reservefonds ohne Genehmigung der Aufsichtsbehör- de zu Gunsten der Kommune einzuziehen, blieb selbstverständlich nicht verborgen. Die

86 Ebd. 87 Vgl. § 7 der Satzungen, Anhang S. 355. 88 StadtAAm, Zg. II 3869, Schreiben des Oberpfälzischen Sparkassenverbandes an den Magistrat vom 25. Mai 1909. 89 Ebd. Stellungnahme des Referats Ia vom 16. Juli 1909. 90 Ebd. Schreiben der Bezirksregierung an das Staatsministerium des Innern vom 9. September 1908. 91 Vgl. § 7 der Satzungen, Anhang S. 355; inhaltlich identisch mit § 5 der Satzungen des Pfälzischen Sparkassen- Verbandes. StadtAAm, Zg. II 3869. 92 StadtAAm, Zg. II 3869, Schreiben der Bezirksregierung an den Magistrat vom 1. Juli 1908. 93 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 3805, Schreiben des Magistrats an die Bezirksregierung vom 7. November 1908. Auch die Sparkasse Parsberg war zwischenzeitlich dem Verband beigetreten. Ebd. Schreiben des Oberpfälzischen Spar- kassenverbandes an die Bezirksregierung vom 24. November 1908. 306 Kreisregierung beanstandete bei Vorlage der Jahresrechnung 1885 das eigenmächtige Verhal- ten und ordnete an, daß der „Einnahmenausfall [der Kommune] anderweitig gedeckt werden soll, weil der Reservfond der Sparkassa die Höhe von 10 % noch nicht erreicht hat.“94 Die Bedienung des Reservefonds hatte Vorrang vor anderen gemeindlichen Interessen. Da nicht zu hoffen stand, „daß diese Anordnung im Wege der Beschwerde rückgängig gemacht werden kann“,95 faßte Heldmann, der nochmals auf die „steigenden Bedürfnisse der Stadtgemeinde, insbesondere für Armen- und Schulzwecke“96 hinwies, Punkt 2 seines Antrags vom Mai 1885 ins Auge. Da er „auf eine Steigerung der Einnahmen [der Kommune] bedacht zu sein habe, und hiezu die Zinse des Reservfond der Sparkassa ein Mittel bieten, erscheint es nothwendig, dafür zu sorgen, daß dieser Reservefonds als bald die Höhe von 10 % erreicht“. Heldmann beantragte, folgendes zu beschlie- ßen:

1) „Es seien alle Einlage Kapitalien, welche die Höhe von 2.000 Mark übersteigen, zur Heimzah- lung innerhalb 3 Monaten zu kündigen, wenn das Gesamtguthaben eines einzelnen Einlegers den Betrag von 3.000 Mark übersteigt.

2) es sei das Maximum der Einlagen einer Person von nun an auf 1.000 Mark festzusetzen und seien die Sparkassastatuten in nachstehender Weise abzuändern:

§ 3 Das Minimum der Einlage ist auf 2 Mark, das Maximum der Einlage einer Person vom 1. April 1886 an auf 1.000 Mark festgesetzt.

§ 4 Wenn das Gesamtguthaben einer Person, nämlich der Betrag aller seiner Einlagen einschließlich der nicht erhobenen Zinsen am Schlusse eines Rechnungsjahres die Summe von 3.000 Mark über- steigt, hört sofort die Verzinsung des Überschusses durch die Sparkassa auf.

§ 5 Die Sparkasse entrichtet von jeder Einlage, wenn dieselbe mindestens 2 Mark beträgt, und die Summe von 3.000 Mark nicht übersteigt 3 1/2 % Zinsen; Pfennigbeträge werden nicht verzinst.“

Wiederum stimmten Magistrat97 und Gemeindebevollmächtigte98 Heldmanns Antrag zu. Die wört- lich nach dessen Vorschlag geänderten §§ 3 bis 5 der Statuten wurden am 30. März 1886 veröf- fentlicht.99 Die neuen Grundbestimmungen blieben mit zwei Ausnahmen bis zum Ende des Bear- beitungszeitraums erhalten. Zum 1. Januar 1890 wurde die Zinsreduktion von 3 1/2 % auf 3 % aufgenommen.100 Keine inhaltliche Veränderung brachte die Überarbeitung des Jahres 1898.101 Ende des Jahres 1899 ersetzte man § 14 Abs. 3. Anstelle von: „Verloren gegangene

94 StadtAAm, Zg. II 3861, Antrag Heldmanns vom 17. März 1886. 95 Ebd. 96 Ebd. 97 Ebd. Beschluß vom 18. März 1886. 98 Ebd. Beschluß vom 26. März 1886. 99 Ebd. Bekanntmachung vom 30. März 1886. 100 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209, I. 101 StadtAAM, Zg. II 3863, „Statuten der städtischen Sparkassa zu Amberg“, 1898. Abgedruckt: Anhang S. 352 - 354. 307 Sparkassabücher müssen durch die betreffende Gerichtsbehörde auf Kosten der Eigenthümer amortisirt werden. Ist dieses geschehen, so dürfen Duplikate ausgestellt werden.“, trat: „Zu dieser Prüfung ist die Sparkassaverwaltung verpflichtet, wenn das Geld mit der Bestimmung hinterlegt ist, daß zur Erhebung die Genehmigung des Gegenvormundes, des Beistandes oder des Vormund- schaftsgerichtes erforderlich ist.“102 Mit „dieser Prüfung“ meint Abs. 3 die in Abs. 2 angesprochene Option der Sparkassenverwaltung, bei Rückforderungen die Legitimation des Geldempfängers zu überprüfen, „in besonderes dringenden Verdachtsfällen“ konnte die Rückzahlung verweigert wer- den. Die Prüfung der Legitimation wurde nun verpflichtend.103 Notwendig war die Änderung des § 14 durch die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches zum 1. Januar 1900 geworden. Mündel- gelder durften nur mehr dann bei öffentlichen Sparkassen angelegt werden, wenn diese Prüfungs- verpflichtung in die Statuten aufgenommen wurde. Heldmann beantragte im November 1899 trotz des Arbeitsmehraufwandes die Statutenänderung, da er befürchtete, daß der „nicht unbedeutende Betrag an Mündelgeldern in der Sparkasse“ abgezogen werde. Der Kassier wurde mehrfach darauf hingewiesen, die „Legitimation der Erhebungsberechtigten sorgfältig“ zu prüfen. Das Vormund- schaftsgericht teilte die Namen der Bevollmächtigten mit; sie wurden ins Hauptbuch eingetragen. Durch Zeugen, persönliche Bekanntschaft mit dem Kassier oder durch schriftliche Erklärung des Vormundschaftsgerichts wurde die Identität der Berechtigten festgestellt.104 a) Rückzahlung hoher Guthaben Ab Ende März 1886 verschickte der Magistrat an alle Einleger, deren Sparguthaben 2.000 Mark überstieg, Kündigungsschreiben mit der Aufforderung, den Mehrbetrag „an jedem Sparkassatag bei unserer Sparkassaverwaltung in Empfang zu nehmen“105 und dem Hinweis, daß „nach Ablauf dieser Frist [= 3 Monate nach Zustellung des Schreibens] die Verzinsung des gekündigten Betrages auf- hört“106 Lengfelder erstellte eine Auflistung, in der er sämtliche Sparer mit Kapitalien über 1.000 Mark aufführte:107

Betrag Anzahl der Sparer 1.000 - 1.999 Mark 226 2.000 - 2.999 Mark 57 3.000 - 3.999 Mark 27 4.000 - 4.999 Mark 11 5.000 - 5.999 Mark 7 6.000 Mark 6

102 Stat. 1898 § 14; Stat. 1900 § 14. Anhang S. 353f. 103 Bei der Revision der Rechnung für das Geschäftsjahr 1889 stellte man fest, daß bei verschiedenen Rückzahlungen und Zinserhebungen „der Cassier selbst quittiert [habe], ohne daß eine Vollmacht dafür festgestellt wurde“. Nach § 14 der Statuten genüge zwar das Vorzeigen des Sparkassenbuches als Legitimation - dies traf selbstredend auch für den Kassier zu, der in fremdem Namen handelte - doch künftig habe in solchen Fällen eine Vollmacht vorzuliegen. StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 2173, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 9. Dezember 1890. 104 Ebd. 2174, Antrag Heldmanns vom November 1899 o. T. 105 StadtAAm, Zg. II 3856, Schreiben des Magistrats vom 30. März 1886. 106 Ebd. 107 Ebd. Aufstellung zum Schreiben des Magistrats vom 30. März 1886. 308 Betroffen von den Zwangskündigungen waren 108 Einleger, denen 125.900 Mark108 zurückge- zahlt werden sollten. Das entspricht einem durchschnittlichen Betrag von 1.165,74 Mark. Unter den 334 namentlich - ohne Beruf und Herkunftsort - genannten Sparern befanden sich vier institu- tionelle Einleger: der Krankenunterstützungsverein besaß zwei Bücher mit 1.684,69 Mark und 1.561,61 Mark, der Christliche Arbeiterverein verfügte über 1.391,56 Mark, der Arbeiterverein über 1.283,38 Mark, und die Krankenhausstiftung hatte 1.007,29 Mark angelegt. Das Guthaben des Krankenunterstützungsvereins von 3.246,30 Mark war sicher aufgeteilt worden, um eine Kün- digung zu vermeiden. Daß die Gelder tatsächlich zurückgenommen wurden, zeigt die hohe Sum- me der Rückzahlungen des Jahres 1886.

2. Geschäftsordnung 1889 Ende 1888/Anfang 1889 wurden die „Vorschriften über die Führung des Kassa= und Rechnungs- wesens der städtischen Sparkassa Amberg“ überarbeitet. Nach Schroll wurde die Änderung wegen des „Regierungs=Visitationsbescheides vom 7. Dezember 1887“ notwendig.109 Dieser Bescheid fehlt in den Akten. Die nun zum dritten Mal schriftlich fixierte Geschäftsordnung lautete: 110

§ 1 Nach § 1 der Statuten der städtischen Sparkassa Amberg steht diese unter der Verwaltung des Ma- gistrats und wird von den übrigen Kassen der Gemeinde getrennt durch eine eigene Kommission, bestehend aus einem Kassier und einem bürgerlichen Magistratsrathe und einem Gemeindebe- vollmächtigten als Controlleuren, verwaltet.

§ 2 Die Currentkassa, in welcher alle eingehenden Gelder aufzubewahren sind, befindet sich unter Sperre des Kassiers.

§ 3 Alle Aktivobligationen der Sparkasse, insbesondere auch die Hypothekenbriefe, dagegen werden in der magistratischen Reservekasse aufbewahrt (nach Maßgabe der Bestimmungen in §§ 12 und 13111 der Vorschriften über Führung und Untersuchung der Kassen beim Stadtmagistrate Amberg)

§ 4 Alle Einnahmen und Ausgaben sind in dem Tagebuch, welches von dem Kassier geführt wird und am Jahresschlusse, beziehungsweise vor der Rechnungsstellung, abgeschlossen werden muß, vorzu- tragen. Die Einlagen und Rückgaben werden außerdem noch nach ihrem jedesmaligen Anfalle sofort in das Hauptbuch übergetragen, welches gleichfalls von dem Kassier geführt wird. In dem Tagebuch erfolgen die Einträge fortlaufend nach ihrem Anfalle, in dem Hauptbuch dagegen wird für jeden Einleger bei der ersten Einlage ein Folium eröffnet, welches zwar jährlich abgeschlos- sen, im darauffolgenden Jahre aber gleich wieder fortgesetzt wird, und dessen Kassierung erst nach vollständiger Rücknahme aller Einlagen erfolgt.

108 Lengfelder rundete grundsätzlich nach unten auf volle Summen ab, das heißt bei einem Betrag von 2.427,93 Mark kündigte er 2.400 Mark. 109 Schroll 77. 110 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8306 „Vorschriften über die Führung des Kassa= und Rechnungswesens der städtischen Sparkassa Amberg“ vom 14. März 1889, 15 - 18. 111 Vgl. S. 254 Anm. 79. 309 Außerdem wird vom magistratischen Controlleur ein Quittungsbuch geführt, in welchem alle Rückgaben an Kapital und Zinsen vom Empfänger unterschriftlich bestätigt werden. Die Vorträge in diesem Quittungsbuche sind vom Kassier mit fortlaufenden Nummern zu versehen, welche sodann in dem Extract aus dem Hauptbuch bei den einschlägigen Folien zu allegieren sind. Beim Beginn jeden Rechnungsjahres wird ein Extract aus den Hauptbüchern angelegt; in demsel- ben sind die Nummern und Namen und die verbliebenen Kapitalsreste des vorigen Jahres, dann als neue Einlagen die kapitalisierten Zinsen des Vorjahres überzutragen; jede Einlage und Rückgabe im laufenden Jahre, ebenso wie in dem Folium des Hauptbuches, ist auch in dem Extracte vorzutra- gen. Die am Schlusse des Jahres von dem verbliebenen Kapitalsreste berechneten Zinsen sind nach Ablauf des im Januar des nächsten Jahres für die Zinszahlung anberaumten Termines gleicfallls aus- geschieden vorzutragen, je nachdem sie bezahlt oder zu kapitalisieren sind. Dieser Extract wird am Schlusse des Rechnungsjahres bei jedem Einleger, dann aber auch in seiner Gesamtheit abgeschlossen und ergibt sodann das Hauptresultat aller Einträge in dem Hauptbuche. Außer dem Tagebuche hat der Kassier ein Manual zu führen, in welchem die Vorträge im Tagebu- che nach den einzelnen Rechnungstiteln vorzutragen sind. Die Vorträge der Einlagen und Rückgabe, welche bereits im Hauptbuchextracte spezifiziert vorge- tragen sind, sind in diesem Manuale nur summarisch zu verbuchen. Die Seiten des Tagebuchs und Manuals sind gegenseitig zu allegieren. Dieses Manual ist am Schlusse des Rechnungsjahres nach den einzelnen Titeln abzuschließen. Die Sparkassa=Rechnung ist vom Kassier nach § 89 Abs. 1 der Gemeindeordnung spätestens bis zum 1. Juli des kommenden Jahres für das abgelaufene Jahr fertig zu stellen.

§ 5 Zahlungen, welche an anderen, als dem in § 10 der Sparkassa=Statuten bestimmten Tagen ge- macht werden, hat der Kassier in Empfang zu nehmen und am darauffolgenden Kassatage an die Sparkasse abzuliefern.

§ 6 Alle zeitweise entbehrlichen Betriebsmittel sind bei der k. Filialbank dahier, mit welcher die Spar- kassa=Verwaltung nach Beschlüssen des Magistrats und der Gemeindebevollmächtigten in Conto- correntverkehr getreten ist, verzinslich anzulegen. Das hierüber zu beobachtende Verfahren ist in der Bekanntmachung des k. Staatsministeriums des Innern beider Abteilungen und der Finanzen vom 17. Mai 1886 vorgeschrieben und hat sich hier- nach der Sparkassa=Kassier, die Sparkassa=Commission und der Magistrat zu richten; insbesonde- re ist das Scheckbuch unter doppeltem Verschlusse zu halten.

§ 7 Gesuche um Darlehen aus der Sparkassa sind beim Magistrate vorzubringen und von demselben zu verbescheiden; die ausgestellten Schuldbriefe sind vom Magistrate zu prüfen und nach genomme- ner Abschrift, die als Rechnungsbeleg zu dienen hat, der magistratischen Reservekasse zur Aufbe- wahrung zu übergeben. Auszahlungen von Darlehen erfolgen auf Grund magistratischer Anweisung.

§ 8 Die Untersuchung der städtischen Sparkasssa hat nach Maßgabe der Bestimmung im § 10 der Vor- schriften über Führung und Untersuchung der Kassen beim Stadtmagistrate Amberg zu erfolgen.

310 Mit den Neuregelungen zur Geschäftsführung wurde die Mitverantwortung des magistratischen Kontrolleurs für die Tageskasse aufgehoben. Von den zahlreichen Geschäftsbüchern schaffte man das Übersichtsbuch und das „Verzeichniß der Activobligationen“ ab, allerdings wurde ein „Manu- al“ eingeführt, so daß sich die Zahl der Bücher lediglich um eines auf sechs reduzierte; die Buch- führung blieb weiterhin zeitraubend und umständlich. Mit § 5 wurde dem Kassier nach wie vor gestattet, außerhalb der Geschäftszeiten Spargelder anzunehmen, die er am Folgetag an die Kasse weiterzuleiten hatte. Seit 1886 konnte die Sparkassenverwaltung nicht mehr selbständig entschei- den, bei welchem lokalen Bankhaus ein Kontokorrentkonto der Sparkasse unterhalten wurde, denn die innenministerielle Entschließung vom 17. Mai gestattete ausschließlich die Anlage bei der baye- rischen Hypotheken- und Wechselbank oder der Königlichen Bank. Die Amberger Stadtverwaltung hatte sich aus Gründen der örtlichen Nähe für die Königliche Filialbank entschieden; dies nahm man in § 6 der Geschäftsordnung auf. Für die Vorgehensweise bei Darlehensgewährungen hatte sich seit 1875 keine Änderung ergeben. Die „Visitation“ der Sparkasse vollzog sich nach § 10 der „Vorschriften über Führung und Untersuchung der Kassen beim Magistrate der Stadt Amberg“. Die- ser lautete: 112

„Die Untersuchung der sämmtlichen Kassen hat wenigstens einmal im Jahre unvermuthet zu erfol- gen. Die Visitations-Commission besteht aus dem Magistratsvorstande oder dessen Stellvertreter und aus einem bürgerlichen Magistratsrathe und einem Gemeindebevollmächtigten bezw. deren Stellvertre- tern. Die Mitglieder dieser Commission werden von den einschlägigen Collegien bestimmt. Die Visitation erstreckt sich: a) auf den Sturz der vorhandenen Baarbestände, welcher in den Geschäftslokalitäten der Verwalter vorzunehmen ist; b) auf die Abgleichung der Einnahms- und Ausgabs-Summen und Vergleichung des Resultats mit dem vorgefundenen Baarbestande; c) auf die Vergleichung der Belege mit dem Kassa-Tagebuche, sowie auf die Controlirung der Ein- träge des Tagebuches mit dem Manuale; d) auf die richtige Führung der Bücher und der Heberegister. Ueber die vorgenommene Kassavisitation ist ein Protokoll zu errichten, und hat der Magistrat die Anordnung zur Beseitigung etwaiger Mängel hierauf zu erlassen. In dem Kassa-Tagebuche ist von dem erfolgten Kassasturze geeignete Constatirung zu machen.“

Die Vorschriften zur Geschäftsführung der Sparkasse behielten bis zum 13. Februar 1913 ihre Gül- tigkeit.

3. Sparkassenpersonal Lengfelders Dienst in der Sparkasse endete nach 23 Jahren am 31. August 1887.113 Zu seinem Nachfolger ernannte man Georg Chursilchen. Chursilchen wurde am 4. Februar 1836 wahrschein- lich in Amberg geboren,114 er besuchte 1847/48 die hiesige Gewerbeschule und anschließend

112 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8306 „Vorschriften über die Führung des Kassa= und Rechnungswesens der städtischen Sparkassa Amberg“ vom 14. März 1889, 6f. 113 StadtAAm, Zg. III, 831/14, Schreiben vom 8. Mai 1888. 114 Ebd. Ansässigmachungs-, Bürgerrechts-, Verehelichungs-Akten 834. 311 8 Jahre die Lateinschule, die er erfolgreich abschloß. Da seine Eltern mittellos waren, mußte er auf ein Studium verzichten. Er wurde Rentamtsgehilfe, zunächst in Cham, später in Amberg. Ab 16. Juli 1862 trat er als Diurnist in den Dienst der Stadt Amberg. Vom 1. bis 3. Juni 1864 legte er die Prüfung zum Stadt- und Marktschreiber ab.115 Am 14. Juni 1864 ernannte man ihn zum 2. Polizeioffizianten mit einem jährlichen Gehalt von 500 fl.116 Neben dieser Tätigkeit übernahm er mit Genehmigung des Magistrats im Mai 1867 eine Agentur der Lebensversicherungsgesellschaft Leipzig.117 Seit 1885 übte er in der Sparkasse Hilfstätigkeiten aus; er war für die Zinsberechnung und den jährlichen Bücherabschluß zuständig. Am 1. September 1887 trat er schließlich Lengfel- ders Nachfolge als Kassier der Sparkasse und einen Monat später als provisorischer Stadtkämmerer an.118 Ambergs Stadtväter waren offensichtlich mit seinen Leistungen zufrieden und verliehen ihm nach 15 Monaten „in Anerkennung seiner eifrigen und umsichtigen Geschäftsführung sowie exak- ten Rechnungsstellung den Titel ‘Stadtkämmerer und Sparkassenverwalter’“.119 Schon 1 1/2 Jahre später mußte Chursilchen aus Krankheitsgründen um Entbindung von allen Ämtern nachsuchen, die man ihm vorerst bis Ende 1890 gewährte.120 Er war überarbeitet, litt an Stressymptomen wie Herzbeklemmungen, Zittern, Schlaflosigkeit und Schwindelgefühlen. Der behandelnde Arzt Dr. Vierling diagnostizierte Neurasthenie.121 Chursilchen nahm seine Tätigkeiten nicht wieder auf. Er wurde ab 1. Mai 1892 mit einer jährlichen Rente von 2.250 Mark in den Ruhestand versetzt.122 Mit Chursilchens vorzeitigem Ausscheiden war die wichtigste Position innerhalb der Sparkassen- verwaltung neu zu besetzen. Josef Harburger erklärte sich kurzfristig bereit, die Stelle ab 1. Oktober 1890 zu übernehmen.123 Harburger wurde am 25. Mai 1852 in Hirschau geboren.124 Über seine Ausbildung ist nichts bekannt. Im Dienst des Amberger Magistrats stand er seit 1. Oktober 1887; als Magistratsoffiziant erhielt er ein Gehalt von 2.000 Mark jährlich.125 Nach der Pensionierung Chur- silchens wurde Harburger zum Stadtkämmerer ernannt. Seine Vergütung betrug 3.000 Mark jähr- lich, dazu freie Wohnung im Baustadelgebäude plus 25 Mark für dessen Beaufsichtigung.126 Har- burger ereilte das gleiche Schicksal wie seinen Vorgänger. Wegen Arbeitsüberlastung beendete er seine Tätigkeit in der Sparkasse bereits am 30. April 1892. Auch bei ihm wurde letztlich Neuras- thenie diagnostiziert, in deren Folge, sich Harburger „zu jeder anstrengenden geistigen

115 Ebd. Zg. II 279, Schreiben Chursilchens an den Magistrat vom 13. Juni 1864. 116 Ebd. Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 15. Juli 1864. 117 Ebd. Schreiben der Lebensversicherungsgesellschaft Leipzig an den Magistrat vom 25. Mai 1867. 118 Ebd. Zg. I 353, Protokoll vom 11. Oktober 1887. 119 Ebd. Zg. II 279, Schreiben der Gemeindebevollmächtigten an den Magistrat vom 8. Januar 1889. 120 Ebd. Schreiben Chursilchens an den Magistrat vom 16. September 1890; Schreiben des Magistrats an Chursilchen vom 19. September 1890. 121 Ebd. Attest vom 1. April 1890; Schreiben Chursilchens an den Magistrat vom 23. Dezember 1891. 122 Ebd. Beschluß des Magistrats vom 23. März 1892. 123 Ebd. Erklärung Harburgers vom 16. September 1890. 124 Ebd. Zg. II 4312, Fragebogen vom 26. Juli 1933. 125 Ebd. Dienstvertrag vom 8. Oktober 1887. 126 Ebd. Beschluß vom 23. März 1892. 312 Arbeit als vollständig unfähig“ erwies.127 Ab 1. Januar 1898 wurde er mit der Zusage einer Ren- te von 2.544 Mark jährlich in den vorläufigen Ruhestand versetzt.128 Bereits drei Monate später, am 4. März 1898, verstarb Harburger. Er hinterließ drei unmündige Kinder.129 Das Amt des Sparkassenkassiers ging ab 1. Mai 1892 an Wolfgang Zimmermann. Er wurde am 6. April 1864 in Amberg geboren und besuchte hier fünf Klassen der Lateinschule. Ab 3. Oktober 1880 fand er eine Anstellung beim Rentamt Amberg. Zimmermann legte am 14. September 1891 in Landshut die Prüfung für den unteren Finanzdienst ab. Bis zum 30. April 1892 war er als Steuer- einnehmer beim Rentamt Amberg tätig. Ab 1. Mai 1892 übernahm er die Stelle eines Kassenoffizi- anten bei der Stadt Amberg mit einem Gehalt von 1.500 Mark jährlich und gleichzeitig die Position des Sparkassenkassiers, die er bis zum 31. Dezember 1897 ausübte. Nach der Ruhestandsverset- zung Harburgers wurde Zimmermann zum Stadtkämmerer mit Bezügen in Höhe von 2.500 Mark ernannt. Wie seine Amtsvorgänger litt er an einer Nervenerkrankung, die zu seinem vorzeitigen Ausscheiden aus städtischen Diensten führte. Am 28. Juni 1922 entschied der Stadtrat, „wegen der unbeschreiblichen Zustände in der Stadtkämmerei, die sich unter Leitung dieses Beamten heraus- gebildet hatten“, die Position des Kämmerers neu zu besetzen. Zimmermann starb am 22. Oktober 1941.130 Zum Nachfolger Zimmermanns als Sparkassenkassier ernannte man Jakob Riß, der am 20. Sep- tember 1867 in Amberg geboren wurde.131 Von 1878 bis 1880 besuchte er die Realschule und von 1880 bis Sommer 1883 die Lehrerbildungsanstalt. Ab 1. Oktober 1883 wurde er bei der Stadt Am- berg beschäftigt, zunächst als Kanzleifunktionär,132 ab 18. Dezember 1885 als Diurnist, ab 1. Januar 1892 als Funktionär und schließlich ab 1. Juli 1895 als Offiziant. Im September 1894 hatte er die Stadt- und Marktschreiberprüfung in Bayreuth abgelegt.133 Als Kassenoffiziant erhielt Riß ein Gehalt von 1.200 Mark. Ab 1889 übernahm er diejenigen Hilfsfunktionen in der Sparkasse, die bisher Chursilchen und Luther ausgeübt hatten. Ab 1. Januar 1898 folgte er Wolfgang Zimmermann als Kassier der Sparkasse. Dieses Amt übte er bis zu seinem Tod aus. Riß verstarb am 12. Juli 1921.134 Mit dem Ende der Amtszeit Lengfelders wurden die Bezüge des Kassiers halbiert, Chursilchen er- hielt nur noch 400 Mark jährlich.135 Ab 1890 erhöhte man die Vergütung auf 500 Mark und ab 1. Juli 1903 auf 600 Mark.136

127 Ebd. Schreiben des Krankenhausarztes Dr. Mayer an den Magistrat vom 14. Oktober 1897. 128 Ebd. Beschluß vom 26. November 1897. 129 Ebd. Standesamtliche Bestätigung vom 5. März 1898. 130 Personalakt Wolfgang Zimmermann. 131 StadtAAm, Zg. II 4354, Heiratsurkunde vom 29. Januar 1901. 132 Ebd. Schreiben Riß’ an den Magistrat vom 1. Oktober 1896. 133 Ebd. „Qualifikationsliste“ vom 21. April 1906. 134 Ebd. Totenschein vom 20. November 1921. 135 HASpAm-Su, Rechnung 1889 fol. 6. 136 Ebd. Rechnungen 1890 fol. 7; 1903 fol. 7. 313 Seit Januar 1873 fungierte der Kaufmann Michael Lauerer als 1. magistratischer Kontrolleur bei der Sparkasse. Da Lauerer „wegen hohen Alters aus dem Magistratskollegium“ austrat, mußte er Ende 1891 ebenso seine Tätigkeit bei der Sparkasse beenden. Für seine Verdienste um die Stadt Amberg wurde ihm das Ehrenbürgerrecht verliehen.137 Aus den Reihen der Magistratsräte wählte man den Privatier Leonhard Riß zu Lauerers Nachfolger. Er blieb in Sparkassendiensten bis zu sei- nem Tod im Jahr 1908.138 Ihm folgte bis zum 7. Juni 1911 der Baumeister Joseph Brunner. Nach dessen Ausscheiden wurde die Stelle des magistratischen Kontrolleurs nicht wieder besetzt.139 Die Kontrolleure aus den Reihen der Gemeindebevollmächtigten wechselten wie in den Vorjahren häufiger: Johann Singerthum schied zum Ende des Jahres 1888 aus; er starb am 16. Oktober 1889 im Alter von 69 Jahren.140 Ihm folgte der Kaufmann und 1. Vorstand der Gemeindebevollmächtig- ten Josef Lauerer.141 Nach der Wahl Lauerers zum Magistratsrat übernahm der Wachszieher und 2. Vorstand der Gemeindebevollmächtigten Johann Seib142 mit Beginn des Jahres 1892 die Position des 2. Sparkassenkontrolleurs. Seib starb am 4. August 1894. Sein Nachfolger wurde der Buch- händler und 1. Vorstand der Bevollmächtigten Hans Mayr. 143 Die beiden Kontrolleure erhielten für ihre Tätigkeit in der Sparkasse bis Ende 1893 eine Entschädi- gung von 200 Mark jährlich. Ab 1894 wurden sie mit 300 Mark entlohnt.144 Für ihre Hilfstätigkeiten bezogen Luther und Riß pro Jahr 85 Mark.145

Tabelle 6: Personal der städt. Sparkasse Amberg 1886 - 1905 Zeitraum Kassier Magistratsrat Gemeindebevollmächtigter Hilfskraft

1. Jan. 1886 bis 31. Aug. 1887 Lengfelder M. Lauerer Singerthum Luther 1. Sept. 1887 bis 31. Dez. 1888 Chursilchen M. Lauerer Singerthum Luther 1. Jan. 1889 bis 30. Sept. 1890 Chursilchen M. Lauerer J. Lauerer J. Riß 1. Okt. 1890 bis 31. Dez. 1891 Harburger M. Lauerer J. Lauerer J. Riß 1. Jan. 1892 bis 30. April 1892 Harburger L. Riß Seib J. Riß 1. Mai 1892 bis 4. Aug. 1894 Zimmermann L. Riß Seib J. Riß ? Aug. 1894 bis 31. Dez. 1897 Zimmermann L. Riß Mayr J. Riß ab 1. Jan. 1898 J. Riß L. Riß Mayr

137 VB 1892, 38. 138 StadtAAm Zg. II 3862, Sitzungsprotokoll des Stadtmagistrats vom 13. August 1908. 139 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8306, Revisionsprotokoll vom 10. Juni 1911. 140 Dollacker, Amberg 240. 141 Beilage zum „Amberger Tagblatt“ o. T. o. J. VB 1889/1890, 4. 142 VB 1892, 41. 143 VB 1893/1894, 54. 144 HASpAm-Su, Rechnung 1894 fol. 8. 145 Vgl. S. 327 Tab. 15 a, b. 314 III. Geschäftsentwicklung 1. Passivgeschäft a) Neueinlagen, Rückzahlungen

Tabelle 7: Neueinlagen, Rückzahlungen städt. Sparkasse Amberg, 1886 - 1905146 Jahr Neueinlagen Entwicklung Rückzahlungen Entwicklung in % in % 1886 316.716 M. - 10,1 354.685 M. + 49,1 1887 287.699 M. - 9,2 241.125 M. - 32,0 1888 266.172 M. - 7,5 254.221 M. + 5,4 1889 247.759 M. - 6,9 264.243 M. + 3,9 1890 321.695 M. + 29,8 241.583 M. - 8,6 1891 266.928 M. - 17,0 294.656 M. + 22,0 1892 253.628 M. - 5,0 263.442 M. - 10,6 1893 294.270 M. + 16,0 263.367 M. - 0,03 1894 304.924 M. + 3,6 256.628 M. - 2,6 1895 356.304 M. + 16,8 213.354 M. - 16,9 1896 200.905 M. - 43,6 271.823 M. + 27,4 1897 276.441 M. + 37,6 264.988 M. - 2,5 1898 313.439 M. + 13,4 266.713 M. + 0,7 1899 332.728 M. + 6,2 290.677 M. + 9,0 1900 316.588 M. - 4,9 308.341 M. + 6,1 1901 345.649 M. + 9,2 287.521 M. - 6,8 1902 421.145 M. + 21,8 281.563 M. - 2,1 1903 470.001 M. + 11,6 302.671 M. + 7,5 1904 478.824 M. + 1,9 340.849 M. + 12,6 1905 484.959 M. + 1,3 417.152 M. + 22,4

Die neue Sparkassenpolitik war aus Sicht des Magistrats äußerst erfolgreich. Ab 1886 verringerten sich wie gewünscht die Neueinlagen kontinuierlich: sie nahmen von 1885 bis 1889 um 30 % ab. Einem Zwischenhöchststand im Jahr 1890, der knapp unter dem Ergebnis des Jahres 1885 lag, folg- ten wiederum rückläufige Einlagen. Von 1893 bis 1895 stiegen zwar die Sparbeträge, doch 1896 erreichten die Einzahlungen den tiefsten Stand seit 1879. Zwischen 1897 und 1905 wuchsen die Neueinlagen mit einem Einbruch im Jahr 1900 und erreichten mit 485.000 Mark einen bescheide- nen neuen Höchstwert. Insgesamt nahmen die Einzahlungen in einem Zeitraum von 20 Jahren lediglich um 37,7 % zu. In derselben Frist konnten die oberpfälzischen Sparkassen ihre Neueinla- gen um 111 %, die bayerischen Kassen um 220 % steigern.

146 HASpAm-Su, Rechnungen 1886 fol. 2, 5; 1889 fol. 2, 5; 1890 fol. 2, 6; 1891 fol. 3, 6; StadtAAm, Zg. I 335, VB 1887,19; ebd. 1888, 19; VB 1892, 30; VB 1893/1894, 35, 37; VB 1895/1896, 38, 40; VB 1897/1898, 33, 35; VB 1899, 24; VB 1900, 24; VB 1901, 25; VB 1902/1903, 36, 38; VB 1904/1905, 33 - 35. 315

Tabelle 8: Neueinlagen oberpfälzischer/bayerischer Sparkassen 1886, 1905147 Jahr Oberpfalz Bayern

1886 3.161.953 M. 34.752.364 M. 1905 6.660.000 M. 111.186.754 M. (+110,6 %) (+ 219,9 %)

Die Zwangskündigungen des Jahres 1886 ließen die Rückzahlungen um beinahe 50 % ansteigen. Der im Vergleich zum Vorjahr hohe Mehrbetrag von 116.000 Mark entsprach annähernd der von Lengfelder errechneten Summe.148 Inwieweit die am 21. Dezember 1886 beantragte Eröffnung eines Kontokorrentkredits in Höhe von 10.000 Mark, mit den Rückzahlungen in Zusammenhang stand, ist aus den Quellen nicht ersichtlich. Für den Kredit waren 5 % Zinsen zu entrichten.149 Die Sparkasse hätte sich in einem ziemlichen finanziellen Engpaß befinden müssen, sollte dieser Kredit der einzige Ausweg gewesen sein, um Rück- oder Zinszahlungen sicherzustellen. Nach der gelten- den Gemeindeordnung war bei Krediten ab 10.000 Mark die Zustimmung der Kuratelbehörde einzuholen. Daher empfahl Rechtsreferent Heldmann eine Senkung der Kreditlinie auf 8.571,43 Mark,150 um von deren Einwilligung unabhängig zu bleiben. Ob der Kredit tatsächlich in Anspruch genommen wurde, ließ sich nicht ersehen. Die Rückzahlungen lagen bis auf vier Jahre unter den Neueinlagen. Es fehlten in den Jahren

1889 16.484 Mark 1891 27.728 Mark 1892 9.814 Mark 1896 70.918 Mark.

Zu Beginn des Jahres 1891 war die künftige negative Entwicklung noch nicht abzusehen, denn der Magistrat unternahm weitere Schritte, um sein Ziel, die höchstmögliche Abschöpfung der Über- schüsse für gemeindliche Zwecke zu erreichen. Es drohte nun von Seiten der Distriktsparkasse Am- berg „Gefahr“, sie nahm ab 1891 nur noch Einlagen bis 200 Mark an. Ein überschießender Ge- samtbetrag in Höhe von 76.000 Mark sollte zurückgezahlt werden. Rechtsrat Heldmann befürchte- te, daß diese Gelder der städtischen Sparkasse zufließen könnten und beantragte, „daß bis auf wei- teres nur mehr von den hier wohnenden Personen Einlagen angenommen werden“, denn „mit Rentenüberschüssen, die zur Deckung der laufenden Ausgaben verwendet werden können, hat es dann ein Ende“.151 Schleunigst wurde sein Antrag von Magistrat152 und Gemeindebevollmächtig- ten153 zum Beschluß erhoben und am 17. Februar 1891 bekannt gegeben, „daß bei der städtischen

147 ZStB 1888, 86; ZStB 1908, 334f. 148 Vgl. S. 308. 149 StadtAAm, Zg. II 3856, Schreiben der Königlichen Filialbank an den Magistrat vom 10. Januar 1887. 150 Ebd. Antrag des Rechtsreferenten Joseph Heldmann vom 14. Januar 1887. Die ungerade Summe ergibt sich aus der Umrechnung Gulden in Mark. Der Betrag entspricht 5.000 fl. In den Sparkassenakten findet sich nur dieser eine Hinweis auf einen Kontokorrentkredit. 151 Ebd. Antrag von Rechtsrat Heldmann, undatiert. 152 Ebd. Genehmigung des Antrags durch den Stadtmagistrat vom 13. Februar 1891. 153 Ebd. Genehmigung des Antrags durch die Gemeindebevollmächtigten vom 17. Februar 1891. 316 Sparkasse dahier bis auf weiteres Einlagen nur von den dahier wohnenden Personen ange- nommen werden.“154 Sieben Monate später stellte sich die Situation der Sparkasse völlig anders dar. Sparkassenverwalter Harburger schrieb an den Magistrat: „Schon seit mehreren Monaten werden bei der städtischen Sparkasse so bedeutende Beträge erhoben, daß fast an jedem Sparkassatage die Summe der Rück- gaben jene der Einlagen durchschnittlich um 4 - 5.000 Mark übersteigt. Die Folge davon ist, daß der Kassabestand ein äußerst geringer ist und heute eine Person, welche die Einlagen von Sparkas- sabüchern mit über 6.000 Mark erheben wollte, zurückgewiesen werden mußte und dieser Person gegenüber von der Kündigungsfrist Gebrauch gemacht werden mußte. Unter diesen Umständen dürfte es sich empfehlen, den im Frühjahr gefaßten Beschluß, daß von auswärts wohnhaften Perso- nen bis auf weiteres Einlagen nicht gemacht werden können, wieder aufzuheben.“155 Der Magistrat folgte Harburgers Empfehlung und beschloß, noch einen Schritt weiter zu gehen und das Einla- genmaximum von 1.000 Mark auf 2.000 Mark anzuheben,156 denn zur „Betreibung der Ausga- ben“157 benötigte die Sparkasse möglichst kurzfristig eine Erhöhung der Liquidität. Die Maßnah- men, die die Stadtverwaltung ergriff, waren wohl nicht dazu angetan, hier schnellste Abhilfe zu schaffen, denn der neue Sparkassenverwalter Zimmermann beschrieb die finanzielle Situation alles andere als rosig: „Die vorhandenen Baarmittel bestehen in einem Kassabestande von ca. 5.000 Mark und einem Guthaben bei der Königlichen Filialbank dahier durch die Contocorrentzinsen pro 1891 mit 2 - 300 Mark. Am nächsten Montag werden - da die Kündigungsfrist abläuft - durch den Blecharbeiter Zeidler die Einlagen von 7 Bücheln von über 6.000 Mark erhoben. Wenn weiters berücksichtigt wird, daß zur Zinsenzahlung am 1. Jänner 1892 circa 20.000 Mark nöthig werden, auch der Zinsfuß an die Stadtkammer mit 10.781 Mark, der Verwaltungskassenbeitrag mit 1.500 Mark noch zu leisten sind, in neuerer Zeit mehr Erhebungen als Einlagen gemacht werden und die Kapitalschuldner der Sparkasse sich mit der Zinsenzahlung nicht beeilen, so wird in der allernächsten Zeit ein Betrag von 10.000 Mark durch den Verkauf 4%iger Pfandbriefe der Süddeut- schen Bodenkreditbank flüssig gemacht werden müssen.“158 Von einem Kredit bei der Königlichen Filialbank riet der Sparkassenverwalter ab, da neben Provisionsgebühren 4 1/2 % Zinsen zu entrich- ten waren.159 Die Stadtverwaltung schloß sich Zimmermanns Meinung an und verkaufte innerhalb dreier Tage Pfandbriefe im Nominalwert von 10.000 Mark.160 Wie die Sparkassenverwaltung die Engpässe der Jahre 1889 und 1896 meisterte, muß offen bleiben.

154 Ebd. Bekanntmachung vom 17. Februar 1891. 155 Ebd. Schreiben des Sparkassenverwalters Harburger an den Magistrat vom 7. September 1891. 156 Ebd. Genehmigung der Gemeindebevollmächtigten vom 9. September 1891. Es ist unklar, ob die Anhebung des Ein- lagenmaximums tatsächlich umgesetzt wurde. Die Statuten des Jahres 1898 legten eine Höchsteinlagesumme von 1.000 Mark fest. Stat. 1898 § 3. 157 StadtAAm, Zg. II 3870, Schreiben Harburgers an den Magistrat vom 12. November 1891. 158 Ebd. 159 Ebd. 160 Ebd. Rundbrief des Stadtmagistrats vom 13. November 1891. 317 Nicht nur hohe Rückforderungen führten zu Liquiditätsproblemen, auch säumige Zinsenzahler machten der Sparkasse zu schaffen. Aus einer von Zimmermann im Jahr 1893 verfaßten Aufstellung geht hervor, daß 42 Schuldner mit Beträgen von 8 bis 840 Mark in Zahlungsverzug geraten waren. Die Gesamtsumme belief sich immerhin auf 9.197,24 Mark, also annähernd der Betrag, der im Vorjahr gefehlt hatte. Es lag auf der Hand, daß Darlehensnehmer, die ihrer Zahlungsverpflichtung nicht oder nur schleppend nachkamen, der Sparkasse insgesamt schadeten und man entschied nun, rigoroser vorzugehen. Am 15. Februar 1894 wurden erstmals gegen in Verzug geratene Schuldner Zahlungsbefehle beantragt.161 Eine weitere Aufstellung, die wohl Ende 1894 entstand, führt zwar noch 41 Schuldner auf, doch die offene Summe hatte sich auf 5.629,24 Mark redu- ziert.162 Der Akt „Sparkasse gegen Peuppas in Velden wegen Subhastation“163 ist eine der wenigen Quellen, die zu Zwangseintreibungen offener Schulden vorliegen. Am 11. März 1896 beantragte der Magist- rat die Ausstellung eines Zahlungsbefehls für den Schlossermeister Johann Peuppas aus Velden. Die Hauptforderung der Sparkasse belief sich auf 64 Mark, die am 1. Oktober 1895 hätten beglichen werden müssen. Hinzu kamen 0,10 Mark Porto, 4,35 Mark „festgesetzte Kosten“ und 0,80 Mark Zustellgebühr. Das am 7. April 1896 erstellte Pfändungsprotokoll164 hielt fest, daß alles Verwertbare bereits früher zwangsversteigert worden war und Peuppas nur noch das Notdürftigste wie Kleider, Betten, Küchengeräte und sein Haus besaß. Laut Hypothekenurkunde vom 15. Juli 1882 hatten Friedrich und Katharina Peuppas von der Sparkasse ein 4%iges Darlehen in Höhe von 1.600 Mark erhalten. Die Hypothek wurde auf deren Anwesen Hausnummer 83 in Velden eingetragen.165 Das Haus war inzwischen auf den Sohn Johann und dessen Ehefrau Anna Margarete - nun Schuldner der Sparkasse - übergegangen. Am 24. Juli 1896 veröffentlichte das Amtsgericht Hersbruck den Zwangsversteigerungstermin, den es für den 14. September 1896, 9 Uhr, festgesetzt hatte.166 Der Werkmeister Georg Streeb aus Rauhenstein konnte das Anwesen für 2.900 Mark ersteigern. Aus diesem Betrag erhielt die Sparkasse 76,40 Mark.167

161 Ebd. Zg. I 2067/1, Aufstellung der Zinsrückstände pro 1. Oktober 1893. 162 Ebd. Zg. I 2067/2, Aufstellung der Zinsrückstände 1894. 163 Ebd. Zg. I 2068/2. 164 Ebd. 165 Ebd. Schreiben des Amtsgerichts Hersbruck an den Magistrat vom 12. Juni 1896. 166 Ebd. Beschluß des Amtsgerichts Hersbruck vom 16. Juni 1896. 167 Ebd. Schreiben des Amtsgerichts Hersbruck an die Sparkasse vom 17. November 1896. 318 b) Passiva

Tabelle 9: Passiva städt. Sparkasse Amberg, 1886 - 1905168 Jahr Passiva Entwicklung in %

1886 1.162.168 M. - 0,6 1887 1.209.382 M. + 4,1 1888 1.219.954 M. + 0,9 1889 1.218.786 M. - 0,1 1890 1.316.046 M. + 8,0 1891 1.306.575 M. - 0,7 1892 1.296.674 M. - 0,6 1893 1.327.565 M. + 2,4 1894 1.377.132 M. + 3,7 1895 1.521.317 M. + 10,5 1896 1.450.359 M. - 4,7 1897 1.462.001 M. + 0,8 1898 1.509.794 M. + 3,3 1899 1.552.518 M. + 2,8 1900 1.562.102 M. + 0,6 1901 1.622.325 M. + 3,9 1902 1.762.483 M. + 8,6 1903 1.931.063 M. + 9,6 1904 2.071.971 M. + 7,3 1905 2.140.959 M. + 3,3

Wie zu erwarten ist ein äußerst zögerlicher Fortgang festzustellen: innerhalb des Bearbeitungszeit- raums stiegen die Passiva lediglich um 84,2 %, dagegen waren sie zwischen 1866 und 1885 um 2.366 % gewachsen. Um eine Bewertung vorzunehmen, wird in folgender Tabelle die Entwicklung von sieben bayerischen Sparkasse, die im Jahr 1886 annähernd denselben Stand der Passiva er- reicht hatten wie die städtische Sparkasse Amberg, dargestellt.

Tabelle 10: Stand der Passiva bei 7 bayerischen Sparkassen 1886, 1905/1906169 1886 1905/1906 Kommunale Sparkassen Deggendorf 1.088.745 M. 3.584.076 M. (+ 229,2 %) Erding 1.104.828 M. 2.059.898 M. (+ 86,4 %) Erlangen 1.144.410 M. 3.297.398 M. (+ 188,1 %) Fürth 1.240.099 M. 6.276.670 M. (+ 406,1 %) Schwabmünchen 1.173.135 M. 1.880.831 M. (+ 60,3 %) Distriktsparkassen Amberg 1.119.943 M. 1.209.028 M. (+ 8,0 %) Hilpoltstein 1.133.084 M. 1.977.722 M. (+ 74,5 %)

168 ZStB 1888, 99; 1891, 21; 1892, 21; 1893, 21; StadtAAm, Zg. I 335, VB 1887, 20; ebd. 1888, 20; VB 1892, 30; VB 1893/1894, 35, 37; VB 1895/1896, 38, 40; VB 1897/1898, 33, 35; VB 1899, 24; VB 1900, 24; VB 1901, 25; VB 1902/1903, 36, 38; VB 1904/1905, 34f. 169 ZStB 1886, 95, 99, 101, 103, 105; 1908, 349, 355, 357, 361. 319 Es zeigt sich, daß die gedrosselte Entwicklung der städtischen Sparkasse Amberg keinesfalls einen singulären Fall darstellte. Lediglich die Sparkassen Fürth, Deggendorf und Erlangen konnten bedeutende Zuwachsraten verzeichnen. Die Sparkasse Erding lag gleichauf mit der Amberger Kas- se, wohingegen die Sparkasse Schwabmünchen mit einer Zunahme von 60 % nicht das Amberger Ergebnis erreichte. Daß sich die beiden Distriktsparkassen ebenfalls mit bescheidenen Wachstums- quoten zufrieden geben mußten, ist kaum verwunderlich. Ihnen waren mit den Darlehens-kassen- und Kreditvereinen beachtliche Konkurrenten erwachsen. Genau diese Konkurrenz gab das Be- zirksamt Amberg als Begründung für den äußerst schlechten Stand der Distriktsparkasse Amberg an. Zwar führte man die nachlassende Konjunktur in der Eisenindustrie und Schlechtwetterperioden mit ihren negativen Auswirkungen auf die im Bezirk vorwiegend landwirtschaftlich tätige Bevölke- rung an, doch als wichtigster Grund für die behinderte Entwicklung galt die Existenz der Raiffeisen- vereine, die ihre Mitglieder veranlaßten, Gelder aus der Distriktsparkasse abzuziehen.170 Einen gänzlich anderen Fortgang als die städtische Sparkasse Amberg nahm die Sparkasse Regens- burg. Im Jahr 1886 beliefen sich deren Gesamteinlagen auf 393.073 Mark - sie lagen damit deut- lich unter der Amberger Kasse -, im Jahr 1905 waren sie auf 2.310.653 Mark angewachsen; dies entspricht einer Zunahme um 488 %. Die äußerst rückständige Führung der Sparkasse hatte bisher einem effektiven Wachstum entgegengestanden, doch die neuen Statuten, die am 1. April 1895 in Kraft traten, sorgten nun für den Geschäftsaufschwung, der die Einlagen im Jahr 1897 über die Mil- lionengrenze hob.171 Insgesamt konnte der Stand der Regensburger Sparkasse ungeachtet des An- stiegs nicht befriedigen wie nachstehender Vergleich aufzeigt:

Tabelle 11: Durchschnittssparbetrag je Einwohner Ambergs, Regensburgs, Münchens, der Oberpfalz, Mittelfrankens, Unterfrankens, Bayerns 1900172 Amberg Regensburg München Oberpfalz Mittel- Unter- Bayern franken franken Zahl der Einwohner 22.096 45.426 499.959 O Betrag pro Einwohner 70,70 M. 29,05 M. 71,99 M. 46,40 M. 71,40 M. 28,20 M. 52,00 M.

Trotz der restriktiven Sparkassenpolitik verfügte die Einwohnerschaft Ambergs im Durchschnitt über einen 2,4mal höheren Betrag als jeder Bewohner Regensburgs. Dieser erreichte weder den ober- pfälzischen noch den bayerischen Mittelwert. Unter den bayerischen Regierungsbezirken besaßen die Einwohner Mittelfrankens mit 71,40 Mark den höchsten, die Bewohner Unterfrankens mit 28,20 Mark den niedrigsten Prokopfbetrag.173 Die Einwohner Ambergs reichten annähernd an den mittelfränkischen Höchstbetrag heran, wohingegen Regensburgs Einwohnerschaft kaum über dem unterfränkischen Niedrigstbetrag rangierte. Die einlagenstärkste bayerische Sparkasse in München verwaltete im Jahr 1900 Guthaben in Höhe von 35.989.926 Mark. Daraus ergibt sich ein

170 Schiener 40f. 171 Rygol 145, 152, 196. 172 ZStB 1901, 3, 6. Regensburg errechnet aus ZStB 1903, 271. München errechnet aus ZStB 1903, 265; ebd. 244f. 173 ZStB 1903, 245. 320 Durchschnittswert pro Einwohner der Hauptstadt von 72 Mark. Dieser lag nur unwesentlich über dem Mittel der Bewohner Ambergs.

2. Anlagepolitik Das Aktivvermögen der städtischen Sparkasse Amberg nahm von 1886 bis 1905 lediglich um 81 % zu. Im selben Zeitraum wuchsen die Aktiva der Sparkasse Würzburg um 173 %, die der Sparkasse Augsburg um 300 % und die der Sparkasse Regensburg um 530 %.174 Bis 1892 blieb das jährliche Wachstum unbedeutend. So stieg das Aktivvermögen von 1887 auf 1888 um 1,2 % und ging im darauffolgenden Jahr um 0,1 % zurück; die folgenden Jahre zeigen ähnlich schwankende Ergebnis- se. Ein kontinuierliches, jedoch insgesamt zögerliches Wachstum ist ab 1897 feststellbar; bis 1905 mehrte sich das Aktivvermögen um 43,2 %. Die Anlagepolitik der Sparkasse stellt sich unverändert dar. Dominant blieb das Hypothekenge- schäft. Die Anlagen bei der eigenen Kommune nahmen im Laufe von 20 Jahren zwar zu, sie er- reichten jedoch nur bei Hinzuziehung der Stiftungen 10 % des Gesamtvolumens. Ebenso unterge- ordnet blieb das Engagement der Sparkasse in Schuldverschreibungen des Staates, bayerischer Ge- sellschaften und Kreditinstitute.

Tabelle 12a: Aktivvermögen/Anlage der Aktiva der städt. Sparkasse Amberg 1886 - 1905175 Jahr Aktivvermögen Hypotheken Gesellschaf- eigene Ge- andere juristi- Staatspapiere Stiftungen176 tenKreditinsti- meinde sche Perso- tute nen 1886 1.290.589 M. 1.140.175 M. 47.000 M. 15.100 M. 12.700 M. 9.600 M. 1887 1.347.820 M. 1.183.264 M. 73.000 M. 8.200 M. 12.700 M. 8.500 M. 1888 1.363.713 M. 1.200.666 M. 73.000 M. 20.900 M. 12.700 M. 7.400 M. 1889 1.362.715 M. 1.199.170 M. 72.000 M. 22.167 M. 12.700 M. 6.300 M. 1890 1.465.179 M. 1.316.943 M. 72.000 M. 33.483 M. 12.700 M. 5.200 M. 1891 1.460.701 M. 1.327.497 M. 52.000 M. 41.175 M. 12.700 M. 4.200 M. 1892 1.456.950 M. 1.316.094 M. 52.000 M. 39.520 M. 12.700 M. 3.200 M. 1893 1.482.435 M. 1.333.676 M. 52.600 M. 29.850 M. 15.724 M. 12.700 M. 2.200 M. 1894 1.536.566 M. 1.330.626 M. 49.600 M. 49.600 M. 12.836 M. 12.700 M. 1.200 M. 1895 1.680.120 M. 1.362.788 M. 99.400 M. 59.535 M. 13.748 M. 12.700 M. 1.900 M. 1896 1.617.745 M. 1.382.973 M. 96.000 M. 66.356 M. 15.055 M. 12.700 M. 1.530 M. 1897 1.630.408 M. 1.390.498 M. 11.400 M. 67.490 M. 13.506 M. 12.700 M. 1.360 M.

174 Errechnet aus Kniepert, Tabelle 2; Merz 217; ZStB 1888, 99; ZStB 1908, 353. 175 ZStB 1888, 99, 113; ZStB 1889, 117, 131; ZStB 1890, 69, 83; ZStB 1891, 21, 35; ZStB 1892, 21, 35; ZStB 1893, 21, 36; ZStB 1894, 37, 52; ZStB 1895, 21, 36; ZStB 1897, 217, 232; ZStb 1899, 191, 206; ZStB 1901, 31, 46; ZStB 1902, 187, 202; ZStB 1903, 271, 287; HASpAm-Su, Rechnungen 1886 fol. 22; 1887 fol. 23; 1888 Anhang o. S.; 1889 An- hang o. S.; 1890, Anhang o. S.; 1891 Anhang o. S.; 1892 Anhang o. S.; 1893 Anhang o. S.; 1894 Anhang o. S.; 1895 Anhang o. S.; 1896 Anhang o. S.; 1897 Anhang o. S.; 1898 fol. 41; 1899 fol. 39; 1900 fol. 28; 1901 Anhang fol. 28; 1902 Anhang fol. 17; 1903 Anhang fol. 17; 1904 Anhang fol. 18; 1905 Anhang fol. 18; VB 1895/1896, 39, 41; VB 1901, 26; VB 1902/1903 37 - 39; VB 1904/1905, 34 - 36. 176 In den in der Zeitschrift des k. bayerischen statistischen Bureau veröffentlichten Statistiken werden die Anlagen bei Stiftungen unter „Schuldverschreibungen der eigenen Gemeinde“ subsummiert. Sie konnten hier wegen ausreichender Quellenlage gesondert aufgeführt werden. 321

Jahr Aktivvermögen Hypotheken Gesellschaf- eigene Ge- andere juristi- Staatspapiere Stiftungen tenKreditinsti- meinde sche Perso- tute nen 1898 1.680.732 M. 1.406.133 M. 136.000 M. 67.060 M. 9.055 M. 12.700 M. 1.190 M. 1899 1.725.893 M. 1.411.132 M. 136.000 M. 62.480 M. 8.337 M. 12.700 M. 1.020 M. 1900 1.740.779 M. 1.339.852 M. 136.000 M. 59.900 M. 9.467 M. 12.700 M. 52.600 M. 71.000 M. 1901 1.803.291 M. 1.288.096 M. 136.000 M. 93.320 M. 8.125 M. 12.700 M. 52.180 M. 150.000 M. 1902 1.950.839 M. 1.370.056 M. 142.000 M. 175.740 M. 17.170 M. 12.700 M. 54.760 M. 1903 2.119.654 M. 1.628.832 M. 151.000 M. 162.150 M. 36.860 M. 12.700 M. 67.150 M. 1904 2.263.355 M. 1.693.902 M. 168.300 M. 157.000 M. 35.975 M. 12.700 M. 71.850 M. 1905 2.334.811 M. 1.629.660 M. 172.200 M. 189.100 M. 30.675 M. 12.700 M. 66.550 M.

Tabelle 12 b: Aktiva der städt. Sparkasse Amberg 1886,1890,1895,1900,1905 in % des Aktivvermögens177 Jahr Hypotheken eigene Gemeinde178 Gesellschaf- andere juristische Staatspapiere tenKreditinsti- Personen tute 1886 88,3 1,9 3,6 1,0 1890 89,9 2,6 4,9 0,9 1895 81,1 3,7 5,9 0,8 0,8 1900 77,0 6,5 11,9 0,5 0,7 1905 69,8 10,9 7,4 1,3 0,5

Ein Vergleich der Anlagepolitik der Amberger Kasse mit derjenigen der bayerischen Kassen ergibt ein deutlich unterschiedliches Bild. Zwar bevorzugten auch die bayerischen Sparkassen die Anlage gegen hypothekarische Sicherheiten, doch bewegten sich die Beträge um etwa 50 % des Aktivver- mögens, während in Amberg zwei Drittel bis 90 % an Privatpersonen vergeben wurden. Sowohl für die bayerischen Sparkassen, als auch für die Amberger Kasse läßt sich allerdings eine Tendenz fest- halten: der prozentuale Anteil der ausgegebenen Hypothekendarlehen am Gesamtaktivvermögen nahm ab, in Amberg von anfangs 88 % auf 70 %, in Bayern von 56 % auf 48 %. Eine gegenteilige Entwicklung nahm die Anlage in Schuldverschreibungen bayerischer Gesellschaften und Kreditinsti- tute. Sie stiegen in Bayern von 16 % auf immerhin ein Viertel des Aktivvermögens, in Amberg von 4 % auf 12 % im Jahr 1900. Doch bis 1905 sank der Anteil wiederum auf 7 %, man folgte hier nicht dem allgemeinen bayerischen Trend. Den geringsten Zuspruch fanden in Bayern und in Amberg die Anlagen in Staatspapieren. Die Amberger Kasse hatte im Jahr 1886 lediglich 1 % ihrer Aktiva in staatlichen Wertpapieren angelegt und rangierte damit weit unter dem Durchschnitt der übrigen Kassen, die immerhin 10 % anlegten. Das Interesse an Staatspapieren sank in den folgenden Jahren und erreichte in Amberg mit 0,5 % im Jahr 1905 schließlich einen Tiefpunkt. Die bayerischen Spar- kassen pendelten sich dagegen wiederum bei 10 % ein. Der Anteil an den Gesamtaktiva, den baye- rische Sparkassen den eigenen Kommunen und weiteren juristischen Personen zur Verfügung stell-

177 Errechnet aus Tabelle Tab. 12 a S. 320f. 178 Einschließlich Stiftungen. 322 ten,179 blieb über den Betrachtungszeitraum annähernd gleich, nämlich um 15 %. Eine ähnlich hohe Quote erreichte die Amberger Kasse nicht. Von zunächst geringen 2 % steigerten sich die Ausleihungen auf über 10 % und lagen in etwa gleichauf mit den Jahren 1875/1880.

Tabelle 12c: Aktiva der bayerischen Sparkassen 1886,1890,1900,1905 in % des Aktivvermögens180 Jahr Hypotheken Gesellschaften juristische Personen Staatspapiere andere Weise Kreditinstitute 1886 56,4 15,6 15,2 10,0 2,8 1890 55,8 18,8 14,7 7,5 3,2 1895 52,9 19,9 14,2 7,2 5,8 1900 51,9 18,6 16,7 7,2 5,6 1905 47,9 24,5 15,4 9,9 2,3

a) Hypothekarkredite Für den Zeitraum um die Jahrhundertwende sind die Quellen zur Sparkasse Amberg durchweg äußerst dürftig, zu Hypothekarkrediten fehlen Archivalien; die Sparkassenrechnungen geben keine Auskünfte über Kreditnehmer und -höhe. Ab 1. Oktober 1888 betrug der Zinssatz 4 %;181 er wurde sicher bis 1900182 und vermutlich bis 1905 nicht geändert. Die Senkung des Zinssatzes erfolgte in Anlehnung an das allgemein rückgängige Zinsniveau; bereits 1886 hatte die Regensburger Sparkas- se den Zinsfuß für Hypothekarkredite von 4 1/2 % auf 4 % gesenkt.183 b) Anlage bei Gesellschaften und Kreditinstituten Zur Anlage bei Gesellschaften und Kreditinstituten liegen nur spärliche Informationen vor. Es kann deshalb nicht nachvollzogen werden, nach welchen Kriterien die Sparkassenverwaltung Wertpapie- re bei Gesellschaften und Kreditinstituten erwarb. Anzunehmen ist, daß, wie bei anderen Sparkas- sen,184 3 1/2 beziehungsweise 4%ige Pfandbriefe/Obligationen angekauft wurden. In den Sparkas- senrechnungen finden sich lückenhafte Angaben zu den Emittenten und zur Höhe der Schuldver- schreibungen:185

1886 12.000 Mark Bayerische Hypotheken- und Wechselbank 1887 42.000 Mark Bayerische Hypotheken- und Wechselbank 1895 50.000 Mark Süddeutsche Bodenkreditbank 1897 20.000 Mark Pfälzische Hypothekenbank

179 Die prozentuale Ausweisung der Anlage von Aktiva bei den Kommunen wurde in den Veröffentlichungen des Stati- stischen Bureaus für Gesamtbayern nicht getrennt von anderen juristischen Personen vorgenommen, so daß für die baye- rischen Sparkassen hierzu keine gesonderten Angaben vorliegen. 180 ZStB 1888, 86; ZStB 1892, 4; ZStB 1897, 199; ZStB 1903, 250; ZStB 1908, 339. 181 StadtAAm, Zg. II 3861, Bekanntmachung vom 17. August 1887. 182 HASpAm-Su, Rechnung 1900 fol. 28. 183 Rygol 155. 184 Vgl. Merz 224. 185 HASpAm-Su, Rechnungen 1886 fol. 22; 1887 fol. 23; 1895 Anhang o. S.; 1897 Anhang o. S.; 1898 fol. 41; 1902 Anhang fol. 17; 1900 fol. 28; 1901 Anhang fol. 28;1903 Anhang fol. 17; 1904 Anhang fol. 18; 1905 Anhang fol. 18. 323 1898 22.000 Mark Pfälzische Hypothekenbank 1900 71.000 Mark Königliche Filialbank, Amberg 1901 150.000 Mark Königliche Filialbank, Amberg 1902 10.000 Mark Pfälzische Hypothekenbank 1903 6.000 Mark Süddeutsche Bodenkreditbank 3.000 Mark Pfälzische Hypothekenbank 1904 12.100 Mark Pfälzische Hypothekenbank 7.200 Mark Süddeutsche Bodenkreditbank 1905 1.000 Mark Bayerische Hypotheken- und Wechselbank 4.900 Mark Pfälzische Hypothekenbank

In den Jahren 1900 und 1901 erwarb die Sparkasse 3 1/2%ige Schuldverschreibungen der Königli- chen Bank;186 die Anlage scheint auf die beiden Jahre beschränkt worden zu sein. Der Regensbur- ger Magistrat wies Mitte 1896 die Sparkassenverwaltung an, künftig von der Filialbank emittierte Anleihen zu erwerben, obwohl sie um 1/2 % unter den Pfandbriefen der bayerischen Hypotheken- und Wechselbank lagen.187 Ob ähnliche Anweisungen an die Verwaltung der städtischen Sparkasse Amberg gingen, ist nicht zu klären. c) Anlage bei der eigenen Gemeinde und anderen juristischen Personen Von 1886 bis 1905 steigerte sich das Anlagevolumen bei der eigenen Gemeinde von 1,2 % auf 8,1 % der Aktiva. Man stellte vermehrt Gelder für die Kommune, die dringend Mittel benötigte, um die Modernisierung voranzutreiben, zur Verfügung.188 Die Verwaltungsberichte des Magistrats für die Jahre 1886 bis 1905 geben wie in den Vorjahren keinen Aufschluß über die Verwendung der von der Sparkasse erhaltenen Kredite. Immerhin ermöglichen die Rechnungen der Sparkasse ein Aufteilen in Gelder die für Stiftungen und solchen die für die Stadtkammer bereit gestellt wurden. Gelegentlich finden sich hier Angaben, welchem Zweck letztere zuflossen:189

1886 3.000 Mark Schulhausbau 1887 5.000 Mark Gaswerk190 1895 20.000 Mark Wasserwerk191 12.185 Mark Umbau der oberen Mühlbrücke192

186 Ebd. Rechnungen 1900 fol. 28; 1901 Anhang fol. 28. 187 Rygol 155. 188 Vgl. Krapf 65 - 75. 189 HASpAm-Su, Rechnungen 1886 fol. 22; 1887 fol. 23; 1895 Anhang o. S.; 1896 Anhang o. S.; 1897 Anhang o. S.; 1905 Anhang fol. 18. 190 Im Verwaltungsbericht des Jahres 1887 wurde festgehalten: „Unter den größeren städtischen Bauunternehmungen sind anzuführen: [...] die Erweiterung des Feuerhauses beim Gaswerke und in Verbindung damit der vollständige Neubau der Gasöfen nach neuem System.“ StadtAAm, Zg I 335, VB 1887, 9. 191 Eine im Frühjahr 1891 auftretende Typhusepidemie gab den Ausschlag, die Amberger Wasserversorgung zu moderni- sieren. Man faßte dazu „die rund acht Kilometer entfernten Quellen des Krumbachs bei Urspring und leitete das (Grund-) Wasser mittels des natürlichen Gefälles in Gußrohrleitungen in das Hochreservoir am Anger an der Westseite des Gal- genberges (1500 cbm), von dem aus zwei Rohrleitungen für die beiden Stadtteile zu beiden Seiten der Vils wegführten. Lediglich zur Versorgung des Mariahilfsberges [sic!] war eine Hebung des Wassers notwendig.“ „Die Projektausarbeitung für das rund 700.000 Mark teure Unternehmen übernahm Ingenieur Kullmann aus Nürnberg, der auch in Fürth, Erlan- gen, Hof, Bayreuth und Neuburg Wasserwerke erbaut hatte.“ Krapf 68. 192 Der Umbau der oberen Mühlbrücke verschlang 18.189 Mark. VB 1895/1896, 8 324 1896 8.850 Mark Feuerwehrhaus193 19.600 Mark Wasserwerk 2.415 Mark Umbau der oberen Mühlbrücke 7.336 Mark Krankenhaus 1897 1.564 Mark Krankenhaus 1905 10.000 Mark Schlachthof194

Neben den zu verzinsenden Krediten genehmigte sich der Magistrat weiterhin „unverzinsliche Vor- schüsse“:195

1886 21.000 Mark 1894 20.000 Mark

Über die Rückzahlungsmodalitäten ist nichts bekannt. An welche anderen unter staatlicher Aufsicht stehenden juristischen Personen die Sparkasse Gelder auslieh, geht aus den Rechnungen ebenfalls nur vereinzelt hervor. Weder der im Jahr 1892 an die Gemeinde Köfering, noch der im gleichen Jahr an den Bezirk Amberg gegangene Betrag findet sich in der amtlichen Statistik des Jahres 1892. Hier wurden keine Angaben zu Ausleihungen der städtischen Sparkasse Amberg an andere juristi- sche Personen verzeichnet. Man führte die an den Bezirk und an die Gemeinde Köfering ausgelie- henen Summen fälschlich unter Schuldverschreibungen der eigenen Gemeinde.196 Im einzelnen liegen in den Rechnungen der Sparkasse folgende Einträge vor:197

1892 Gemeinde Köfering 3.000 Mark Bezirk Amberg 9.800 Mark 1893 Gemeinde Köfering 7.600 Mark Bezirk Amberg 6.690 Mark 1902 Gemeinde Brunn 1.000 Mark Gemeinde Engelsberg 1.000 Mark Gemeinde Lauterhofen 7.000 Mark Gemeinde Wolfsfeld 1.000 Mark d) Anlage in Staatspapieren Im Jahr 1872 hatte die städtische Sparkasse Amberg mit 43.500 fl. (= 74.385 Mark) den höchsten Betrag seit 1852/53 in staatlichen Wertpapieren angelegt. Die Anlagesumme sank, bis sie 1886 den niedrigen Stand von 12.700 Mark erreichte; im Bearbeitungszeitraum blieb das Engagement in Staatspapieren unverändert bei 12.700 Mark. Um welche Art von Schuldverschreibungen -

193 Im Frühjahr 1892 beschlossen die Gemeindegremien „die Erbauung eines neuen Feuerlösch-Requisitenhauses“, da die „Feuerlöschrequisiten [...] bisher im sogenannten Baustadel in höchst mangelhafter und unpraktischer Weise unterge- bracht“ waren. Das Gebäude wurde am 11. Dezember 1892 der Feuerwehr übergeben. Die Baukosten beliefen sich auf 16.953 Mark. VB 1892, 9. 194 Bei einer Besichtigung der Privatschlachtstätte der Amberger Metzger und Garköche im Jahr 1888 bescheinigte der zuständige Bezirksarzt unhaltbare Zustände. Die einfachsten Hygienemaßnahmen würden nicht eingehalten, so daß ständig die Gefahr von Epidemien drohe. Nur die Errichtung eines modernen Schlachthauses könne Abhilfe schaffen. Ein Jahr später wurde mit dem Bau begonnen. Die Eröffnung des rund 320.000 Mark teuren Gebäudes fand am 1. September 1890 statt. Der im Jahr 1905 aufgenommene Kredit diente der Anschaffung einer Kühlanlage. Dollacker, Amberg 234; Beilage zum „Amberger Tagblatt“ o. T. o. J., VB 1889/1890, 3; Krapf 71; VB 1904/1905, 10. 195 HASpAm-Su, Rechnungen 1886 fol. 22; 1894 Anhang o. S. 196 ZStB 1894, 52. 197 HASpAm-Su, Rechnungen 1892 Anhang o. S.; 1893 Anhang o. S.; 1902 Anhang fol. 17. 325 Eisenbahnanlehen, Grundrentenschuld, allgemeine Anlehen des bayerischen Staates - es sich hierbei handelte, geht aus den Quellen nicht hervor. Die städtische Sparkasse Amberg hatte zwi- schen 1886 und 1905 maximal 1 %, die gesamtbayerischen Sparkassen höchstens 10 % ihrer Aktiva in Staatspapieren investiert. Einzelne Institute lagen erheblich über dem durchschnittlichen Anteil. Folgende Tabelle führt diejenigen Sparkassen an, die in den jeweiligen Jahren den Höchstbetrag aller bayerischen Kassen in Wertpapieren des Staates anlegten:

Tabelle 13: Höchstanlagesummen in staatlichen Schuldverschreibungen bei bayer. Sparkassen 1886, 1890, 1895, 1905198 Jahr Sparkasse angelegte Summe in % der Gesamtaktiva 1886 Ansbach 2.375.216 M. 34,3 1890 Ansbach 2.345.973 M. 35,9 1895 München 3.425.962 M. 11,8 1900 Nürnberg 6.167.808 M. 36,5 1905 Nürnberg 11.813.808 M. 38,2

e) Anlage bei kommunalen Stiftungen Ambergs kommunale Stiftungen hatten wie in den Vorjahren wenig Geldbedarf. Zwischen 1886 und 1899 wurden unbedeutende Beträge bei städtischen Wohltätigkeitseinrichtungen angelegt. Der prozentuale Anteil am Aktivvermögen schwankte zwischen 0,7 und 0,06 %. Ab der Jahrhun- dertwende setzte ein verstärktes Engagement ein. Verantwortlich dafür war der wachsende Geld- bedarf der Realschule, die in Amberg seit 1774 bestand. Im Jahr 1877 sollte die bisher dreijährige Ausbildung in eine sechsjährige umgewandelt werden. Wegen Finanzierungsschwierigkeiten bot man zunächst nur eine vier Jahre dauernde Ausbildung an und schließlich ab 1894 eine sechsjähri- ge. „Entgegen allen pessimistischen Prognosen entwickelten sich die Realschulen ausgezeichnet. In der Amberger Schule stieg die Frequenz kontinuierlich an, erreichte um die Jahrhundertwende durchschnittlich die Zahl 200, 1925 aber schon 450.“199 Zwischen 1900 und 1905 legte die Spar- kasse maximal 3,2 % ihres Anlagevermögens bei Stiftungen an. Der Maximilians-Rettungs-Anstalt, eine Stiftung, die sich wegen mangelnder Dotation in andauernder Finanznot befand, gewährte die Sparkasse im Jahr 1903 zumindest einen zinslosen Kredit in Höhe von 1.000 Mark.200 Zinszahlun- gen hätten den ohnehin schmalen Etat zu sehr belastetet.201 In den Sparkassenrechnungen wurden folgende Kreditnehmer genannt:202

1886 9.600 Mark Katholische Schulstiftung 1900 49.750 Mark Realschule 1901 680 Mark Waisenhaus 49.500 Mark Realschule

198 ZStB 1888, 101, 115; ZStB 1892, 25, 37; ZStB 1897, 247, 262; ZStB 1903, 275, 289; ZStB 1908, 357, 368. 199 Müller 177f. 200 HASpAm-Su, Rechnung 1903 Anhang fol. 17. 201 Vgl. S. 235. 202 HASpAm-Su, Rechnungen 1886 fol. 22; 1900 fol. 28; 1903 Anhang fol. 17; 1904 Anhang fol. 18. 326 1903 17.200 Mark Waisenhaus 1.000 Mark Maximilians-Rettungs-Anstalt 1904 5.000 Mark Krankenhaus f) Kontokorrent Die geschäftlichen Verbindungen der Sparkasse zu Franz Kallmünzer währten nur vier Jahre. Im November 1886 untersagte die Kreisregierung die weitere Anlage unter Hinweis auf die Bekannt- machung vom 17. Mai 1886,203 die die Sparkassen zwang, Gelder künftig ausschließlich bei der Königlichen Bank oder der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank anzulegen. Eine Zusam- menarbeit mit letzterer unterblieb, wie mehrfach angemerkt, vermutlich wegen Fehlens einer A- gentur. Im Bearbeitungszeitraum blieb der Kontokorrentverkehr der Sparkasse ausschließlich auf die Königliche Filialbank, die Einlagen ab 50 Mark annahm,204 beschränkt. Im § 6 der überarbeite- ten Vorschriften zur Führung der Sparkasse vom 14. März 1889 wurde schriftlich fixiert, daß „alle zeitweise entbehrlichen Betriebsmittel [...] bei der k. Filialbank dahier“205 verzinslich anzulegen seien. Nach dem Akt „Conto-Corrent der Sparkasse [...]“206 gab es einen einzigen Vorstoß mit ei- nem weiteren Geldinstitut in Kontokorrentverkehr zu treten. Der Magistrat wandte sich am 22. Januar 1907 an die Filiale der Bayerischen Vereinsbank in Bayreuth und interessiert sich für den Zinssatz bei Anlage von 150.000 Mark.207 Obwohl die Bank für Guthaben in laufender Rechnung bei täglicher Verfügbarkeit 4 % Zinsen gewährte208, - die Königliche Filialbank bot für denselben Betrag bei dreimonatlicher Kündigung 3 %209 - entschied sich die Stadtverwaltung aus Bequemlich- keitsgründen weiterhin mit der Königlichen Filialbank zusammenzuarbeiten.210 Bei ihr wurden fol- gende Beträge angelegt:

Tabelle 14: Kontokorrent der städt. Sparkasse Amberg bei der Königlichen Filialbank Amberg 1887 - 1905211 Jahr Betrag Jahr Betrag 1887 41.670 M. 1892 10.777 M. 1889 25.520 M. 1893 10.954 M. 1890 2.598 M. 1894 57.492 M. 1891 11.411 M. 1895 116.112 M.

203 KABl. Opf. 1886, 22, 49; StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 2173, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 20. November 1886. 204 StadtAAm, Zg. II 3856, Abdruck „Bedingungen für die verzinsliche Anlage von Gemeinde= und Stiftungsgeldern in laufender Rechnung vom 20. Januar 1886, § 2. 205 Vgl. S. 309. 206 StadtAAm, Zg. II 3856. 207 Ebd. Schreiben der Bayerischen Vereinsbank, Filiale Bayreuth, an den Magistrat vom 24. Januar 1907. 208 Ebd. Schreiben der Bayerischen Vereinsbank, Filiale Bayreuth, an den Magistrat vom 31. Januar 1907. 209 Ebd. Schreiben der Königlichen Filialbank Amberg an den Magistrat, undatiert, Schreiben vom 22. Januar 1907v. 210 Ebd. Schreiben des Magistrats an die Bayerischen Vereinsbank, Filiale Bayreuth, vom 10. Februar 1907. 211 In der Rechnung 1888 wurde kein Anlagebetrag bei der K. Filialbank ausgewiesen. HASpAm-Su, Rechnungen 1887, fol. 23; 1889, Anhang; 1890, Anhang; 1891, Anhang; 1892, Anhang; 1893, Anhang; 1894, Anhang; 1895 Anhang; 1896 Anhang; 1897, Anhang; 1898, fol. 41; 1899, fol. 39; 1900, fol. 28; 1901, Anhang fol. 28; 1902, Anhang fol. 17;1903, Anhang fol. 17; 1904, Anhang fol. 18; 1905, Anhang fol. 18; 1897 Anhang o. S.; 1898 fol. 41; 1899 fol. 39; 1900 fol. 28; 1901 Anhang fol. 28; 1902 Anhang fol. 17; 1903 Anhang fol. 17; 1904 Anhang fol. 18; 1905 Anhang fol. 18. 327 Jahr Betrag Jahr Betrag 1896 28.512 M. 1901 49.132 M. 1897 22.999 M. 1902 162.498 M. 1898 30.618 M. 1903 58.901 M. 1899 80.738 M. 1904 104.395 M. 1900 40.422 M. 1905 213.949 M.

3. Der Reinertrag und dessen Verwendung

Tabelle 15 a: Verteilung des Reinertrags der städt. Sparkasse Amberg 1886 - 1892212 1886 1887 1888 1889 1890 1891 1892

Kassier Lengfelder Lengfelder Chursilchen Chursilchen Chursilchen Harburger Harburger 800 M. 533 M. 400 M. 400 M. 375 M. 500 M. 167 M. Chursilchen Harburger Zimmermann 83 M. 125 M. 333 M. Magistratsrat M. Lauerer M. Lauerer M. Lauerer M. Lauerer M. Lauerer M. Lauerer L. Riß 200 M. 200 M. 200 M. 200 M. 200 M. 200 M. 200 M. Gemeinde- Singerthum Singerthum Singerthum J. Lauerer J. Lauerer J. Lauerer Seib bevollmächtigter 200 M. 200 M. 200 M. 200 M. 200 M. 200 M. 200 M. Diener 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. Hilfskraft 85 M. 85 M. 85 M. 85 M. 85 M. 85 M. 85 M. Kämmerei 7.000 M. 1.500 M. 1.500 M. 1.500 M. 1.500 M. 1.500 M. 1.500 M. Verwaltungskosten Kämmerei 3.000 M. 14.340 M. 14.985 M. 9.939 M. 10.782 M. 10.241 M. 16.391 M. Sustentationen Miete 60 M 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. Gesamt 11.405 M. 17.061 M. 17.490 M. 12.444 M. 13.387 M. 12.846 M. 18.996 M.

Tabelle 15 b: Verteilung des Reinertrags der städt. Sparkasse Amberg 1893 - 1899213 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899

Kassier Zimmermann Zimmermann Zimmermann Zimmermann Zimmermann J. Riß J. Riß 500 M. 500 M. 500 M. 500 M. 500 M. 500 M. 500 M. Magistratsrat L. Riß L. Riß L. Riß L. Riß L. Riß L. Riß L. Riß 200 M. 300 M. 300 M. 300 M. 300 M. 300 M. 300 M. Gemeinde- Seib Seib Mayr Mayr Mayr Mayr Mayr bevollmächtigter 200 M. 175 M. 300 M. 300 M. 300 M. 300 M. 300 M. Mayr 125 M. Diener 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 120 M. 120 M. Hilfskraft 85 M. 85 M. 85 M. 85 M. 85 M. Kämmerei 1.500 M. 1.500 M. 1.500 M. 1.500 M. 1.500 M. 1.500 M. 1.500 M. Verwaltungskosten Kämmerei 10.985 M. 15.549 M. 8.738 M. 17.321 M. 16.000 M. 16.000 M. 14.000 M. Sustentationen Miete 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. Reservefonds 6.180 M. 2.342 M. 2.531 M. 4.438 M. Gesamt 13.590 M. 24.534 M. 11.543 M. 20.126 M. 21.147 M. 21.311 M. 21.218 M.

212 Ebd. Rechnungen 1887 fol. 6f.; 1888 fol. 6.;1889 fol. 6.; 1890 fol. 7f.; 1891 fol. 7f.; 1892 fol. 8.; 1893 fol. 8; 213 Ebd. Rechnungen 1893 fol. 8; 1894 fol. 8f.; 1895 fol. 8f.; 1896 fol. 8; 1897 fol. 8; 1898 fol. 8; 1899 fol. 8; 1900 fol. 7. 328

Tabelle 15 c: Verteilung des Reinertrags der städt. Sparkasse Amberg 1900 - 1905214 1900 1901 1902 1903 1904 1905

Kassier J. Riß J. Riß J. Riß J. Riß J. Riß J. Riß 500 M. 500 M. 500 M. 550 M. 600 M. 600 M. Magistratsrat L. Riß L. Riß L. Riß L. Riß L. Riß L. Riß 300 M. 300 M. 300 M. 300 M. 300 M. 300 M. Gemeinde- Mayr Mayr Mayr Mayr Mayr Mayr bevollmächtigter 300 M. 300 M. 300 M. 300 M. 300 M. 300 M. Diener 120 M. 120 M. 120 M. 120 M. 120 M. 120 M. Kämmerei 2.200 M. 2.200 M. 2.200 M. 2.200 M. 2.200 M. 2.200 M. Verwaltungskosten Kämmerei 14.000 M. 16.000 M. 20.000 M. 18.000 M. 18.000 M. 18.000 M. Sustentationen Miete 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. 60 M. Reservefonds 5.301 M. 890 M. 2.790 M. 2.234 M. 2.794 M. 2.596 M.

Gesamt 22.781M. 20.370 M. 26.270 M. 23.764 M. 24.374 M. 24.176 M.

Der Reinertrag der Sparkasse nahm in den Jahren ab 1886 in ansehnlichem Maße zu. Er belief sich bis 1905 auf insgesamt 378.833 Mark, dies entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Betrag von 18.942 Mark und - im Vergleich zum vorherigen Zeitraum - einer Vermehrung um das 2,5fache. Die Verteilung der Gelder erfolgte nun nach völlig veränderten Gesichtspunkten. Mußte in den Jahren bis 1885 dem Reservefonds das Hauptaugenmerk gelten, stand nun die Bedienung der kommunalen Interessen im Mittelpunkt. Von 1886 bis 1893 wurde der Reservefonds nicht be- rücksichtigt; im Jahr 1894 floß der erste größere Betrag, der wohl einzig wegen der hohen Gesamt- summe dieses Jahres ausbezahlt wurde - die an die Stadtkammer abzuliefernden Gelder verringer- ten sich dadurch keineswegs. In den folgenden beiden Jahren unterblieben Leistungen an den Fonds. Ab 1897 wurde er kontinuierlich bedacht, möglicherweise mußte eine regierungsaufsichtli- che Direktive befolgt werden. Im Durchschnitt wurden in den Jahren 1897 bis 1905 2.880 Mark an den Reservefonds abgeführt, im Bearbeitungszeitraum insgesamt 32.100 Mark = 8,5 % der Ge- samtüberschüsse. Die Verwaltungskosten, die in den Vorjahren noch knapp 15 % des Ertrags betru- gen, machten nun rund 24.800 Mark = 6,5 % aus. Sie bestanden aus den Honoraren für die Spar- kassenverwaltung, die sich zunächst auf 1.200 Mark, ab 1888 auf 800 Mark, von 1890 bis 1902 auf 1.100 Mark beliefen. Ab 1904 erhöhten sich die Kosten wie-derum auf 1.200 Mark. Zusätzlich erhielt der Diener bis 1897 60 Mark, in den folgenden Jahren 120 Mark. Die bis zum Jahr 1897 beschäftigten Hilfskräfte wurden unverändert mit 85 Mark be-soldet. Zu den Verwaltungskosten zählte ferner die Miete für den im Bürgerspital genutzten Raum, die weiterhin 60 Mark jährlich betrug.

214 Ebd. Rechnungen 1901 fol. 8; 1902 fol. 8; 1903 fol. 7; 1904 fol. 7; 1905 fol. 9; 1906 fol. 8. 329

Tabelle 15 d: Verteilung des Gesamtertrags der städt. Sparkasse Amberg 1886 - 1905 Stadtkammer Reservefonds Verwaltung 321.971 Mark 32.096 Mark 24.766 Mark (85 %) (8,5 %) (6,5 %) davon: Verwaltungskostenbeitrag: 39.700 Mark Sustentationen: 282.271 Mark

Den größten Posten mit 85 % der Gesamtüberschüsse nahmen die an die Stadtkammer abgeführ- ten Beträge ein. Von über 320.000 Mark gingen rund 40.000 Mark als ständiger Verwaltungskos- tenbeitrag an die Kommune. Dieser wurde wie in den Vorjahren zur Besoldung der städtischen Bediensteten verwendet; er diente nicht zur Deckung außerordentlicher, sondern laufender Kos- ten. Bis 1885 hatte die jährliche Summe 700 Mark betragen, sie wurde nun mehr als verdoppelt. Nach einer einmaligen Leistung von 7.000 Mark im Jahr 1886, erhielt die Kämmerei bis zum Jahr 1899 1.500 Mark pro Jahr, ab 1900 erhöhte man die Summe auf 2.200 Mark. Der Anteil an den städtischen Ausgaben für „die Gemeindebehörden und deren Amtsführung“,215 der durch die Spar- kassenüberschüsse abgedeckt wurde, belief sich im Jahr 1890 auf 3,4 %. In der Stadtkammerrech- nung 1890 wurden veranschlagt für

Verwaltungsdienst 26.847 Mark Polizeiverwaltung 14.386 Mark Pensionen und Alimentationen 2.330 Mark,216 insgesamt 43.563 Mark.

Drei Viertel der Gesamtüberschüsse erhielt der Gewährträger als Beihilfe „zur Deckung der städti- schen Ausgaben“.217 Weder die Rechnungen der Sparkasse, noch die Verwaltungsberichte des Magistrats geben Auskunft über die Verwendung der Gelder. Wie in den Vorjahren wurden die eingenommenen Beträge in den Stadtkammerrechnungen global angeführt, für 1890: „Einnahmen, Titel VII ‘Aus Sustentationsbeiträgen und Zuschüssen’ 33.293 Mark“218 Etwa ein Drittel davon entstammte den Sparkassenüberschüssen. Die städtischen Gesamteinnah- men des Jahres 1890 beliefen sich auf 405.249 Mark.219 Es ist nicht möglich, wie bereits angespro- chen, die von der Sparkasse zugeschossenen Summen einzelnen kommunalen Vorhaben zuzuord- nen. Im Bearbeitungszeitraum wurden als höchste Einzelposten unter den Ausgaben überwiegend die Modernisierungsmaßnahmen genannt. In der Rechnung des Jahres 1890 wies man folgenden Betrag aus: „Ausgaben, Titel VII, Kapitel 5 ‘Auf Neubauten’ 174.472 Mark“220 Insgesamt verzeichnete man 376.839 Mark als Ausgaben.221 Beinahe 50 % der Belastungen entfie- len somit auf die Umgestaltung der Kommune. Die Verwaltungsberichte geben Auskunft über Ein- zelprojekte:222

215 Beilage zum „Amberger Tagblatt“ o. T. o. J. VB 1889/1890, 5. 216 Ebd. 217 HASpAm-Su, Rechnung 1890 fol. 7. 218 Beilage zum „Amberger Tagblatt“ o. T. o. J. VB 1889/1890, 5. 219 Ebd. 220 Ebd. 221 Ebd. 222 Zu den notwendigen Kreditaufnahmen vgl. Krapf 54. 330 1887: „die Herstellung eines eisernen Steges über die Geleise des Bahnhofes; die Trottoirisirung längs des Rathhauses und des Polizeigebäudes; die Erbauung eines neuen Försterhauses auf dem Hüttenhofe; die Erweiterung des Feuerhauses beim Gaswerke und in Verbindung damit der vollständige Neubau der Gasöfen nach neuem System.“223

1888: „Die Kanalisirung, Trottoirisirung und Umpflasterung der Wartstraße [Bahnhofstr.]; die Kanalisirung und Umpflasterung der Seminargasse und des Schreinergäßchens; die Trottoiranlage längs der protestantischen Pfarrkirche; der Neubau der Mantlacher Brücke und der Leichenhausbau beim Dreifaltigkeitsfriedhofe.“224

1889: „die Erbauung eines Schlachtviehhofes, die Kanalisirung, Trottoirisirung und Chaussirung der Drahthammerstraße und die Erweiterung der Gasfabrik mit Vermehrung der dortigen Apparate.“

1890: „die Fortsetzung und Vollendung der im Jahre 1889 begonnenen Schlachtviehhofanlage und die Trottoirisirung der ganzen unteren und Neupflasterung der äußeren unteren Nabburger straße.“225

1892: „Erbauung eines neuen Feuerlösch-Requisitenhauses“.226

1893: „die Kanalisation der Straßen auf dem Kugelbühl; Neuanlage und Chaussierung der Straße zwischen Bahnhof und Nabburgerthorplatz [Kaiser- Ludwig-Ring]; Ankauf des Rentmeisterzwingers vom Militärärar behufs einer künftigen Straßenanlage zwi schen Wingershofer- und Neuthor“ [ Kaiser-Wilhelm-Ring]

1894: „Neupflasterung der Schiffgasse; Pflasterung der oberen Mühlbrücke mit Umgebung; Pflasterung am Paradeplatze; Bau einer eisernen Brücke bei der oberen Mühle.“227

1895: „Umbau der oberen Mühlbrücke; Chaussierung des Kugelbühlweges; Herstellung einer fahrbaren Straße zwischen dem Nabburger- und Wingershoferthore [Kurfürstenring]; Bau der Wingershoferthorbrücke.“

1896: „Bau der Wingershoferthorbrücke; Straßenanlage zwischen Nabburger- und Wingershoferthor.“ Anlage und Kanalisation einer Straße [Kaiser-Wilhelm-Ring] „zur Verbindung mit der Kastler Straße nach Ausfüllung des Stadtgrabens zwischen dem Wingershofer- und dem Neuthore, zu diesem Zwecke [wurden] die an der Stadtmauer gelegenen [sieben] Anwesen [und der Militärzwinger am Neutor] erworben.“228

1897: „Überbrückung der Vils und Herstellung einer fahrbaren Straße zwischen dem Nabburger- und Wingershoferthore [Kurfürstenring];

223 StadtAAm, Zg. I 335, VB 1887, 9. 224 Ebd. VB 1888, 9 225 Beilage zum „Amberger Tagblatt“ o. T. o. J. VB 1889/1890, 3. 226 VB 1892, 9. 227 VB 1893/1894, 8. 228 VB 1895/1896 8f. 331 Bau der Dreifaltigkeitsstraße [Pfistermeisterstraße]; Weg zum St. Katharinenfriedhofe.“

1898: Bau der „Straße zwischen dem Nabburger- und dem Neuthore“ [Kurfürstenring, Kaiser-Wilhelm-Ring] Bau der Dreifaltigkeitsstraße.229

1899: „Ausbau der hinteren Bahnhofstraße“ [Ruoffstraße]; Umbau des Realschulgebäudes.230

1901: „Herstellung einer Verbindungsstraße zwischen dem Katharinenfriedhofgäßchen und der Eglseerstraße; Bau der Straße längs der Militärbaracken zum St. Katharinenfriedhofe.“231

1902: „provisorische Kanalisierung der Eglseerstraße und dreier in diese einmündender Seitenstraßen“; [heute bebaut] Bau „des Schulhauses vor dem Wingershofertore (Knabenschule)“ [Luitpoldschule].

1903: „Trottoiranlage in der Regierungsstraße; Regulierung der Eglseerstraße mit Aufbringung einer Basaltschotterdecke darauf; Kanalisierung und Chaussierung der hinteren Bahnhofstraße; Trottoirisierung der Herrnstraße; Straßenanlage zwischen der Egglseerstraße und dem Eisbergwege; Trottoiranlage an der Kastlerstraße und Aufbringung einer Basaltschotterdecke auf dieser Straße.“232

1904: „die Kanalisierung und Straßenbauten am Mariahilfbergabhange und der Stadtmauerdurch bruch mit neuer Straßenführung beim Rentamtsneubau.“

1905: Anschaffung der „Schlachtviehhofkühlanlage, die Trottoirisierung und Neupflasterung der oberen Georgenstraße, sowie die Umpflasterung und Kanalisierung des Zuckerbäckergäßls und der Eichenforstgasse.“233

Tabelle 16: Zuwendungen an den Gewährträger in % des Reinertrags der städt. Sparkasse Amberg/bayerischer Sparkassen 1886, 1890, 1900, 1905234 1886 1890 1895235 1900 1905 städt. Sparkasse Amberg 87,7 91,7 89,4 71,1 83,6 Oberbayern 22,2 44,0 36,7 24,2 Niederbayern 80,3 60,9 58,1 25,5 Oberpfalz 36,3 34,4 41,9 37,3 Pfalz 99,1 83,8 23,0 19,2 Oberfranken 71,9 61,8 33,2 19,0 Mittelfranken 83,6 70,4 37,5 34,6 Unterfranken 57,6 56,6 25,3 23,1 Schwaben 28,5 25,6 31,1 25,6

Bayern 59,9 54,7 35,9 26,1

229 VB 1897/1898, 8f. 230 VB 1899, 6, 8. 231 VB 1901, 8. 232 VB 1902/1903, 10, 12. 233 VB 1904/1905, 10. 234 ZStB 1888, 85; 1892, 4; 1903, 248; 1908, 337. 235 In ZStB 1897 fehlen die prozentualen Angaben für das Jahr 1895. 332 Der Vergleich mit bayerischen Sparkassen zeigt durchgängig die überdurchschnittlich hohe Quote der Zuwendungen der städtischen Sparkasse Amberg an den Gewährträger. Lediglich im Jahr 1886 hatten die pfälzischen Sparkassen einen höheren prozentualen Anteil der Gesamtüber- schüsse an die eigene Kommune oder den Distrikt abgeführt. In den folgenden Jahren lag die Spar- kasse Amberg deutlich über den bayerischen Kassen. Die Quote Gesamtbayerns verringerte sich innerhalb des Betrachtungszeitraums merklich, von 1886 bis 1905 hatte sie sich mehr als halbiert, wohingegen die Amberger Sparkasse - mit einem geringen Einbruch im Jahr 1900 - einen gleich- bleibend hohen Anteil ihres Ertrages an die Stadtkammer ablieferte.

4. Reservefonds

Tabelle 17: Entwicklung des Reservefonds der städt. Sparkasse Amberg 1886 - 1905236 Jahr Stand des in % der Ge- Jahr Stand des Re- in % der Gesamt- Reservefonds samteinlagen servefonds einlagen 1886 118.263 M. 10,2 1896 150.065 M. 10,3 1887 122.994 M. 10,2 1897 150.065 M. 10,3 1888 127.913 M. 10,5 1898 152.407 M. 10,1 1889 133.030 M. 10,9 1899 154.938 M. 10,0 1890 138.351 M. 10,5 1900 159.375 M. 10,2 1891 143.885 M. 11,0 1901 164.677 M. 10,2 1892 143.885 M. 11,1 1902 165.567 M. 9,4 1893 143.885 M. 10,8 1903 168.357 M. 8,7 1894 143.885 M. 10,4 1904 170.591 M. 8,2 1895 150.065 M. 9,9 1905 173.384 M. 8,1

Wie die Tabelle zeigt, hatten die Maßnahmen Heldmanns zur Erreichung eines 10%igen Reserve- fonds umgehend Erfolg. Zwischen 1886 und 1891 waren lediglich die Zinsen aus der Anlage des Fonds notwendig, um den prozentualen Anteil konstant zu halten; die jährliche Zunahme be- schränkte sich auf die Addition der Zinserträge. Ab 1892 konnte die Einlagensicherung schließlich auch auf diese verzichten, ohne den vorgeschriebenen Prozentsatz zu unterschreiten. Laut Ma- gistratsbeschluß vom 17. November 1892 wurden die Zinsen nun an die Stadtkammer abgeführt.237 Dies blieb so bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums. Als im Jahr 1895 durch die Zunahme der Einlagen ein Absinken unter die 10-%-Stufe zu befürchten war, wurden zum ersten Mal seit 1886 Gelder aus den Überschüssen entnommen. Während des Rückgangs der Einlagen in den Jahren 1896 und 1897 änderte sich der Stand des Fonds nicht. Ab 1898 nahmen die Gesamteinlagen ste- tig zu, so daß man nicht umhin kam, wiederum Mittel aus den Reinerträgen zuzuschießen.

236 ZStB 1888, 99; 1889, 117; 1890, 69; 1891, 21; 1892, 21; 1893, 21; 1894, 37; 1895, 21; 1897, 217, 251; 1899, 155, 191; 1901, 31; 1902, 187; 1903, 271; HASpAm-Su, Rechnungen 1901 fol. 12; 1902 fol. 12; 1903 fol. 10; 1904 fol. 10; 1905 fol. 13. In den Statistiken der Jahre 1902 bis 1905/1906 wurde der Reservefonds dem Reinvermögen gleichgesetzt. ZStB 1907, 93; 1908, 353. 237 HASpAm-Su, Rechnung 1892 fol. 13. 333 Sie reichten jedoch zwischen 1902 und 1905 nicht aus, die vorgeschriebenen 10 % der Ge- samteinlagen zu halten. Welche Einnahmen die Kommune aus den Zinserträgen des Reservefonds der Sparkasse erhielt, geht aus den Quellen nicht hervor. Die Rechnungen der Kasse geben ausschließlich Hinweise wie „Zinsen des Reservefonds an die Stadtkammer“238 ohne Zahlen zu nennen. Wahrscheinlich wurde der Fonds weiterhin zu 4 % angelegt,239 daraus ergäben sich folgende Summen:

1892 5.755,40 Mark 1897 6.002,60 Mark 1902 6.622,68 Mark 1893 5.755,40 Mark 1898 6.096,28 Mark 1903 6.734,28 Mark 1894 5.755,40 Mark 1899 6.197,52 Mark 1904 6.823,64 Mark 1895 6.002,60 Mark 1900 6.375,00 Mark 1905 6.935,36 Mark 1896 6.002,60 Mark 1901 6.587,08 Mark

Insgesamt dürfte die Kommune zu den Beiträgen aus den Überschüssen weitere 87.646 Mark er- halten haben. Den bayerischen Sparkassen gelang es im Durchschnitt nicht, die geforderten 10 % der Gesamein- lagen als Reservefonds auszuweisen. Zwischen 1866 und 1900 zeigt der Stand zwar ein deutliches Wachstum, doch mit 8,3 % in letztgenanntem Jahr lag er noch merklich unter dem erwünschten Wert. Die unterfränkischen Sparkassen erreichten 1866 mit 8,6 %, die mittelfränkischen 1890 und 1895 mit 9,5 und 9,9 %, die schwäbischen 1900 und 1905 mit 9,8 und 9,1 % die höchsten Quo- ten unter den bayerischen Kassen. Lediglich den Sparkassen Mittelfrankens konnten im Jahr 1895 denselben Wert vorlegen wie die städtische Sparkasse Amberg. Das Jahr 1905 brachte eine Ver- schlechterung der Ergebnisse, und zwar für alle Kasse bis auf die pfälzischen, deren ohnehin niedri- ger Wert unverändert blieb.

Tabelle 18: Stand des Reservefonds in % der Gesamteinlagen der städt. Sparkasse Amberg/bayer. Sparkassen 1886, 1890, 1895, 1900, 1905240 1886 1890 1895 1900 1905 städt. Sparkasse Amberg 10,2 10,5 9,9 10,2 8,1 Oberbayern 6,1 6,3 7,0 8,4 8,1 Niederbayern 5,6 6,8 6,8 8,5 6,6 Pfalz 1,1 3,6 3,7 4,5 4,5 Oberpfalz 5,7 7,0 7,9 9,6 8,9 Oberfranken 5,7 6,3 6,9 7,6 7,5 Mittelfranken 8,5 9,5 9,9 9,2 8,1 Unterfranken 8,6 9,4 9,4 9,1 7,8 Schwaben 8,0 8,4 8,8 9,8 9,1

Bayern 6,7 7,4 7,6 8,3 7,6

238 Ebd. fol. 15. 239 In jedem Fall legte man in den 1880er Jahren den Fonds zu 4 % an: 4 % aus 118.263 Mark ergeben 4.730,52 Mark. Um genau diese Summe nahm der Fonds im Jahr 1887 zu. 240 ZStB 1888, 86; 1892, 4; 1897, 199; 1903, 249; 1908, 338. 334 Auch bei der Amberger Sparkasse hatte der prozentuale Anteil abgenommen. Möglicherweise - in Ermangelung weiteren Quellenmaterials können nur Vermutungen angestellt werden - spielten hier Überlegungen eine Rolle, wie sie das Statistische Bureau äußerte: „Es besitzen auch viele Kas- sen schon einen oft wesentlich höheren Reservefonds als rechnerisch ausgewiesen, insoferne sie ein den Reservefonds übersteigendes Reinvermögen haben [...]. Man muß deshalb bei Betrachtung der Ziffern über die Höhe des Reservefonds immer auch die Angaben über die Höhe des Reinvermö- gens mit in Berücksichtigung ziehen.“241 Das Statistische Bureau hatte bereits in der Statistik für die Jahre 1902 bis 1904 die unterschiedlichen Ausweisungen dargelegt: „Der Reinertrag der Sparkas- sen [soll] zunächst zur Bildung eines Reservefonds von wenigstens zehn Prozent der gesamten Ein- lage verwendet werden. Nach den vorliegenden statistischen Nachweisungen wird dieser Bestim- mung teils formell, teil auch materiell nicht immer entsprochen. Es wurden in einer ziemlichen Anzahl von Fällen Aufwendungen aus dem Reinertrag für gemeindliche und andere der Sparkasse fremde Zwecke gemacht, obwohl der Reservefonds noch nicht 10 Prozent der Einlagensumme betrug. Die Anzahl dieser Kassen belief sich im Jahre 1904 auf 91. Hiervon waren vorhanden [in]:

Mittelfranken 19 Niederbayern 14 Schwaben 14 Oberbayern 13 Oberpfalz 12 Oberfranken 8 Pfalz 6 Unterfranken 5

Mehrere Sparkassen im diesrheinischen Bayern und die Mehrzahl der pfälzischen Sparkassen ha- ben keine ausgeschiedenen Reservefonds gebildet, sondern weisen das jeweilige Reinvermögen als Reservefonds aus,242 ein Verfahren, das zwar formell der angeführten Ministerialentschließung [vom 20. Mai 1874] nicht entspricht, materiell aber nicht zu beanstanden sein dürfte, da das Reinvermö- gen die Summe aller nicht anderweitig verwendeten Überschüsse darstellt.“243 Die städtische Spar- kasse Amberg verfuhr wahrscheinlich ab 1902, sicher ab 1904244 nach diesem Prinzip.

5. Das Reinvermögen Zum Reinvermögen der städtischen Sparkasse Amberg finden sich ausschließlich statistische Daten. Es bestand aus dem Mehrbetrag der Aktiva gegenüber dem Passivkapital, wobei in den Rechnun- gen der Sparkasse der Reservefonds auszuscheiden ist, der den Passiva zugerechnet wurde.

241 ZStB 1908, 338. 242 Im Jahr 1900 ausschließlich kommunale Sparkassen: München, Dachau, Bamberg, Lichtenfels, Aschaffenburg, Würz- burg, Marktbreit, Augsburg; ohne pfälzische Sparkassen. ZStB 1903, 265, 273, 277, 279. 243 ZStB 1907, 11. 244 ZStB 1907, 93. 335

Tabelle 19: Reinvermögen der städt. Sparkasse Amberg 1886 - 1905245 Jahr Reinvermögen in % der Ge- Jahr Reinvermögen in % der Gesamt- samteinlagen einlagen 1886 128.421 M. 11,1 1896 167.386 M. 11,5 1887 138.438 M. 11,4 1897 168.407 M. 11,5 1888 143.759 M. 11,8 1898 170.938 M. 11,3 1889 143.929 M. 11,8 1899 173.375 M. 11,2 1890 149.133 M. 11,3 1900 178.677 M. 11,4 1891 154.126 M. 11,8 1901 181.567 M. 11,2 1892 160.276 M. 12,4 1902 188.357 M. 10,7 1893 154.870 M. 11,7 1903 188.591 M. 9,8 1894 159.434 M. 11,6 1904 191.384 M. 9,2 1895 158.803 M. 10,4 1905 193.852 M. 9,1

Das Vermögen der Sparkasse betrug durchschnittlich 11,1 % der Gesamteinlagen. Auch wenn die Sparkassenverwaltung ab 1902 dazu überging, das Reinvermögen mit dem Reservefonds gleichzu- setzen, genügte dieses, zumindest ab 1903, den staatlichen Vorgaben nicht mehr. Immerhin lag das Vermögen im Jahr 1905 um 1 % höher als der Reservefonds. Den bayerischen Sparkassen gelang es im Mittel nicht, die Werte der Amberger Kasse auzuweisen. Der höchste prozentuale Anteil an den Gesamteinlagen der bayerischen Sparkassen wurde mit 9,2 % im Jahr 1893 erreicht.

Tabelle 20: Reinvermögen städtische Sparkasse Amberg/bayerische Sparkassen in % der Gesamteinlagen 1886, 1890, 1893, 1895, 1900, 1905246 1886 1890 1893 1895 1900 1905 städt. Sparkasse Amberg 11,1 11,3 11,7 10,4 11,4 9,1 bayerische Sparkassen 8,4 8,6 9,2 8,6 9,0 8,2

Die einlagenstärksten Sparkassen im rechtsrheinischen Bayern wiesen im Jahr 1893 folgende Ergeb- nisse auf:247

Tabelle 21: Gesamteinlagen, Reinvermögen von 6 bayerischen kommunalen Sparkassen 1893 München Augsburg Nürnberg Ansbach Landshut Weiden

Gesamteinlagen 21.009.658 M. 7.751.827M. 6.895.095 M. 6.034.173 M. 4.818 330 M. 3.432.168 M. Reinvermögen 1.337.412 M. 768.044 M. 1.081.822 M. 818.303 M. 1.075.955 M. 342.412 M. in % der Gesamteinlagen 6,4 9,9 15,7 13,6 22,3 10,0

245 ZStB 1888, 99; 189, 117; 1890, 69; 1891, 21; 1892, 21; 1893, 21; 1894, 37; 1895, 21; 1897, 217, 251; 1899, 155, 191; 1901, 31; 1902, 187; 1903, 271; 1904, 193; HASpAm-Su, Rechnung 1902, errechnet aus „Reservefonds, Aktiv- vermögen, Schulden“ fol. 12f.; Rechnung 1903, errechnet aus „Reservefonds, Aktivkapitalien, Passivkapitalien“ fol. 10; Rechnung 1904, errechnet aus „Reservefonds, Aktivvermögen, Schulden“ fol. 11, rechnerisch identisch mit ZStB 1907, 93. Dies belegt, die statistischen Angaben für die Jahre 1902 bis 1904 geben die Daten des Jahres 1904, nicht der Jahre 1902 und 1903 wieder. HASpAm-Su, Rechnung 1905, errechnet aus „Reservefonds, Vermögen, Schulden“ fol. 13. Eben- so gibt ZStB 1908, 353, den Stand 1906, nicht 1905 wieder. 246 ZStB 1908, 373. 247 ZStB 1895, 17, 21, 25, 29. 336 Bis auf die Sparkasse München - sie lag erheblich unter dem bayerischen Durchschnitt - deckte das Vermögen der Kassen die von der Regierung geforderten 10 % der Gesamteinlagen. Die Spar- kassen Augsburg und Weiden erreichten den gewünschten Wert knapp. Überschritten wurde die Quote von den Kassen in Ansbach, Nürnberg und Landshut, bei letzterer um mehr als das Doppel- te.

IV. Zusammenfassung Der kommunalen Finanznot verdankte die städtische Sparkasse Amberg eine gehemmte Entwick- lung bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Die von der vorgesetzten Behörde erzwungene Einhal- tung der 10-%-Quote des Reservefonds veranlaßte den Gewährträger zu einem Rückschritt in die Zeit vor Freigabe der Einlagebeschränkungen im Jahr 1874, um die Zugriffsmöglichkeit auf die Ü- berschüsse und die Zinsen des Reservefonds weiterhin zu erhalten. Man reduzierte die Geschäftstä- tigkeit durch Begrenzung des Einzugsgebietes auf die Stadt Amberg und durch Senkung der zuge- lassenen Höchsteinlagesumme, während die Staatsregierung über Geschäftserweiterungsmöglich- keiten und Fördermaßnahmen für die in Bayern in noch immer nicht ausreichender Zahl vorhan- denen Sparkassen nachdachte. Der Gewährträger betrieb eine den öffentlichen Interessen völlig entgegengesetzte Geschäftspolitik. Zwischen 1886 und der Jahrhundertwende stiegen die Gesamt- einlagen lediglich um rund 30 %. Trotz der stagnierenden Einlagenzahlen lag der Durchschnitts- sparbetrag pro Einwohner der Stadt Amberg im Jahr 1900 um 36 % über dem bayerischen Mittel. Initiativen zur Förderung der Kasse, wie von der Staatsregierung gefordert, wurden wegen fehlen- den Interesses am Ausbau des Sparkassentätigkeitsfeldes nicht ergriffen. Selbst eine Erhöhung des Zinssatzes - zumindest für Kleinsparer - lehnte man im Hinblick auf eine zu befürchtende Einnah- meverringerung für die Stadtkasse ab. Das Aktivgeschäft präsentierte sich unverändert; bevorzugte Anlage blieb der Realkredit, auch wenn bis 1905 dessen Anteil an den Aktiva auf knapp 70 % sank. Die eigene Kommune genehmigte sich trotz ihres hohen Geldbedarfs in nur geringem Umfang Kre- dite; zwischen 1886 und 1905 blieb der prozentuale Anteil am Aktivkapital unter 10 %. 85 % ihrer Gesamterträge stellte die Sparkasse ihrem Gewährträger zur Verfügung, der die Gelder als Verwal- tungskostenbeitrag und zur Deckung der durch die Modernisierungsmaßnahmen entstandenen Kosten nutzte. Während der Anteil an den Überschüssen, den bayerische Sparkassen an ihre Träger abführten, von 1886 bis 1905 kontinuierlich abnahm - in ersterem Jahr belief er sich auf 60 %, in letzterem auf 26 % - blieb er in Amberg konstant hoch, im Jahr 1890 erreichte er mit 92 % den höchsten Stand. Der Reservefonds wies, wie von der Kreisregierung gefordert, ab 1886 10 % der Gesamteinlagen auf. Dieser Stand konnte wegen des gedeckelten Passivgeschäftes bis kurz nach der Jahrhundertwende ohne bedeutende Beanspruchung des Reinertrages gehalten werden. Als ab 1902 die Einlagen wieder anstiegen, fiel die Quote unter die als notwendig erachteten 10 % der Gesamteinlagen; auch das Reinvermögen, das nun mit dem Reservefonds gleichgesetzt wurde, reichte nicht zur 10%igen Einlagensicherung aus. Eine Besonderheit zeichnet diesen 337 Abschnitt der Geschichte der städtischen Sparkasse Amberg aus: der häufige Wechsel der Kas- siere. Inwieweit diese Wechsel die Geschicke der Sparkasse beeinflußten, läßt sich nicht sagen. Möglicherweise sind sie eine Erklärung für das völlige Fehlen von Initiativen zur Modernisierung des Unternehmens.

J) FAZIT I. Resümee Die Gründung einer Sparkasse für die Stadt Amberg, einer „ackerbürgerlichen“ Kleinstadt mit un- genügender Infrastruktur, darniederliegendem Handels- und Gewerbewesen und defizitärem Kommunalhaushalt bedurfte des massiven Anstoßes durch die Kreisregierung. Sie wurde - wie an- dere Sparkassen der ersten Gründungsphasen248 - nicht unter dem Gesichtspunkt der Gewinn- erwartung errichtet; sie bot ihre Leistung, die Annahme nicht nur, aber auch kleiner Kapitalsum- men zunächst ohne wirtschaftliches Interesse des Gewährträgers auf Basis ehrenamtlicher Tätigkeit an. Die anfängliche Distanziertheit der Verantwortlichen stand dem Erfolg der Kasse nicht hinder- lich entgegen, so daß sie „wie die meisten Sparkassen der [18]20er Jahre zwischen 1830 und 1840 Gewinne abzuwerfen“249 begann, die der Gewährträger zunächst in Ermangelung gedanklicher Alternativen ausschließlich dem Sparkassenpersonal zuerkennen wollte. Wysocki vermutete, „daß die Einlagenentwicklung allgemein die Vorausschätzungen der frühen Gründer“250 übertraf; diese Hypothese trifft auf die Sparkasse Amberg voll und ganz zu. Die unerwartet hohen Einlagenzahlen führten zu einem ebensolchen Haftungsrisiko, das durch den Ausschluß kapitalkräftiger Einleger gesenkt wurde. Gleichzeitig trat in der Auseinandersetzung mit der Kreisregierung um die Verwen- dung der Gewinne erstmals die Tatsache ins Bewußtsein, daß die Sparkasse, der die Verantwortli- chen bis zur Schließung im Jahre 1840 wenig Förderung angedeihen ließen, mehr sein konnte, als ein gemeinnütziges kommunales Anhängsel, das sich selbst finanziell zu tragen hatte. Sie rückte nun in das Interesse der Stadtväter und sollte künftig mit ihren Überschüssen zum Nutzen der Ge- meinde beitragen - Gewinnerzielung war ab den 1840er Jahren Intention des Gewährträgers. Das Vorhaben ließ sich wegen der von staatlicher Seite hervorgerufenen Behinderungen nicht ohne Probleme umsetzen, doch bis Ende der 1860er Jahre waren kommunale Einrichtungen mit ansehn- lichen Summen unterstützt worden. Die Freigabe der Einleger- und Einlagenbeschränkungen im Jahr 1874 und die günstige wirtschaftliche Lage verhalfen der Sparkasse bis Mitte der 1880er Jahre zu beträchtlichen Einlagenzuwächsen, die zu weiteren ansehnlichen abschöpfbaren Überschüssen geführt hätten, wäre es gelungen, den von der vorgesetzten Behörde geforderten Reservefonds in Höhe von 10 % der Gesamteinlagen auszuweisen. Um diesen sicherzustellen, entzog die

248 Wysocki, Untersuchungen 152. 249 Ebd. 153. 250 Ebd. 338 Kreisregierung der städtischen Verwaltung die freie Verfügung über die Gewinne der Sparkasse. Doch diese „Gewinne [waren längst] zu einer Größe geworden, mit der man rechnete,“251 auf die man weder verzichten wollte noch konnte; sie entlasteten den kommunalen Haushalt, um die Mo- dernisierung der Stadt voranzutreiben. Der Wille zur Gewinnmaximierung veranlaßte den Gewähr- träger jetzt zu außergewöhnlichen und folgenschweren Eingriffen. Entgegen der Politik der vergan- genen Jahre zwang man die Sparkasse in das Stadium zur Zeit der Gültigkeit des Normativs von 1843. Strenge Einleger- und Einlagenbeschränkungen drosselten die Höhe der Gesamteinlagen, die 10-%-Vorgabe wurde binnen kurzem erreicht, so daß die Reinerträge ungeschmälert dem Gewähr- träger zur Verfügung stehen konnten. Im Jahr 1890 steuerte die Sparkasse aus ihren Überschüssen gut 3 % der Gesamteinnahmen zum städtischen Haushalt bei, für Ambergs Stadtväter ein unver- zichtbarer Beitrag zum kommunalen Etat. Die finanzielle Not des Gewährträgers zieht sich als roter Faden durch die Geschichte der städti- schen Sparkasse Amberg während des gesamten 19. Jahrhunderts: Bereits mit dem ersten Schrei- ben, das zur Vorgeschichte der Sparkassengründung vorliegt, wird dies deutlich. Man wußte nicht, „durch welche Mittel und auf welche Art die Regie Kosten gedeckt werden“ könnten und verzich- tete zunächst auf die Errichtung einer Sparkasse. Die kategorische Ablehnung von Kreditvergaben muß ebenso vor dem Hintergrund der Finanzmisere gesehen werden. Es galt alles zu vermeiden, was den Gewährträger einem wirtschaftlichen Risiko aussetzte; einzig die Anlage bei der Staats- schuldentilgungskasse konnte diese Sicherheit bieten. In Konsequenz des fehlenden Aktivgeschäfts der Sparkasse fiel diese als Kapitalgeber für das mittelständische Gewerbe aus. Obwohl dem Ma- gistrat bewußt war, daß Anschubfinanzierung dringend erforderlich wären, wollte er „das im Kre- ditgeschäft drohende Ausfallrisiko nicht“252 hinnehmen. Zur Verbesserung der Situation auf dem lokalen Kapitalmarkt trug die Kasse wegen des Sicherheitsbedürfnisses ihres Gewährträgers in den ersten beiden Jahrzehnten ihres Bestehens folglich nicht bei. Genauso wurzelte die spätere Ableh- nung von Leih- und Hilfskassen und mit ihnen des Personalkredits im Sekuritätsdenken der Spar- kassenverantwortlichen. Die Einführung des Kleinsparwesens wurde aus Kostengründen verweigert; zusätzliche finanzielle Aufwendungen für die zeitintensive Verwaltung der Kleinbeträge hätten die an die Kommune abzuführenden Erträge geschmälert. In gleichem Zusammenhang ist die ab 1874 einsetzende Förderung der Sparkasse durch großzügige Statuten und ebenso die 12 Jahre später veranlaßte Rücknahme der Bestimmungen zu sehen. Das Gewinnstreben des Gewährträgers zur Entlastung des städtischen Etats bestimmte die Geschäftspolitik: Zunächst sollte ein hohes Einla- genmaximum und eine sparerfreundliche Zinspolitik für eine günstige Ertragsentwicklung sorgen; als jedoch die vorgesetzte Behörde die Erfüllung der Pflichten hinsichtlich des Reservefonds einfor- derte, rückten die Überschüsse in nicht zu erreichende Ferne. Die der Sparkasse vom Gewährträ- ger in Reaktion auf die Anweisung der Kreisregierung auferlegten Beschränkungen hemmten

251 Ebd. 154. 252 Gömmel, Sparkassengeschichte 63. 339 deren Entwicklung bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Allerdings konnte die Stadtverwaltung ihr Ziel, die größtmögliche Abschöpfung der Gewinne, ohne Einschränkung erreichen, zumal der Sparkasse jegliche Konkurrenz fehlte, die eine Neuausrichtung der Geschäftspolitik notwendig ge- macht hätte. In ihrer Anlagepolitik unterschied sich die städtische Sparkasse Amberg in der Frühphase nicht von den meisten bayerischen Sparkassen; sie nutzte die vom Staat geschaffene Möglichkeit der Unter- bringung ihrer Aktiva bei der Staatsschuldentilgungskasse ohne weitere Anlagemöglichkeiten ins Kalkül zu ziehen. Der Bruch mit der Schuldentilgungskasse erzwang eine Neuorientierung, die in Form von Hypothekardarlehen gefunden wurde. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts blieb die Vergabe von Darlehen die bevorzugte Anlage. Kommunalkredite spielten ebenso eine untergeord- nete Rolle wie die Anlage beim Staat. Die anfängliche rigorose Ablehnung der Kreditvergabe wich einem Engagement, das über dem bayerischen Durchschnitt lag. Bei der Frage nach den Entwicklungslinien der städtischen Sparkasse Amberg tritt hervor, daß diese im wesentlichen von den lokalen Entscheidungsträger und den Maßnahmen der unmittelbar vorge- setzten Behörde bestimmt wurden. Überbetriebliche Eingriffe in Form hoheitlicher Verordnungen nahmen zwar wie bei allen bayerischen Sparkassen Einfluß auf den Fortgang der Kasse, von ent- scheidender Bedeutung war jedoch einzig die Bestimmung, ab Oktober 1843 die Verbindung der Sparkassen mit der Staatsschuldentigungskasse zu kappen. Das Normativ zu den Grundbestimmun- gen der Sparkassen von 1843 brachte kaum Veränderungen, da die Einschränkung des Einleger- kreises/der Einlagenhöhe in Amberg bereits im Jahr 1840 stattgefunden hatte. Die Aufhebung der restriktiven Beschränkungen im Jahr 1874 bedeutete ohne Zweifel einen großen Fortschritt im Hinblick auf die freie Entwicklung der Kasse, freilich war es - wie auch bei anderen Sparkassen - längst Usus geworden, höhere Einlagen durch Verteilung auf mehrere Sparkassenbücher, auch von nicht zugelassenen Einlegern, zu akzeptieren. So stellte das Normativ vom Mai 1874 für die städti- sche Sparkasse Amberg nichts anderes dar als die Legalisierung einer praktizierten Gewohnheit. Thomes’ Feststellung, „die Kommunen [instrumentalisierten] in zunehmendem Maße das Passivge- schäft nach ihrem Gutdünken, wobei sie sich im Zweifelsfalle nicht davor scheuten, die statutari- sche Gesetzesgrundlage auch einmal zu verlassen“,253 ist ohne Vorbehalt auf Amberg zu übertra- gen. Den von der Staatsregierung vorgeschlagenen Maßnahmen zur Förderung des Sparkassenwe- sens folgte man in Amberg nicht; die Verantwortlichen sahen keinerlei Handlungsbedarf und er- kannten keine Notwendigkeit, die einmal eingeschlagene Geschäftspolitik zu ändern. Besondere Tragweite muß den Entscheidungen der Kuratelbehörde zugestanden werden. Sie er- zwang die Gründung der Sparkasse, nahm Einfluß auf die Besoldung des Personals, initiierte früh- zeitig die Rückführung auf die staatlicherseits erwünschte Einlegerschaft, förderte die Sparkasse

253 Thomes 260. 340 durch die Genehmigung des hohen Einlagenmaximums in den Statuten des Jahres 1874 und gab mit der Auflage, die 10-%-Quote des Reservefonds einzuhalten, den Anstoß zu Heldmanns einschneidenden Initiativen, die letztlich die Entwicklung der Sparkasse bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts in bedeutendem Maße behinderten. So stellt sich die Geschichte der städtischen Sparkasse Amberg zum Ende des 19. Jahrhunderts völ- lig konträr zu ihrem Beginn dar. Raschem Wachstum, ermöglicht durch großzügige Statuten, die negative innerbetriebliche Faktoren, wie desinteressierte Geschäftsführung oder fehlende werbliche Maßnahmen sekundär erscheinen lassen, standen Rückentwicklung und Stagnation gegenüber. Es fehlte jeglicher Wille zur Modernisierung, zur Ausweitung der Geschäftstätigkeit, zur Umsetzung innovativer Prozesse, wie unter anderem die Weigerung, dem Oberpfälzischen Sparkassenverband beizutreten, zeigte. Es bedurfte einer neuen Persönlichkeit an der Spitze der Kommune,254 die be- reit war, längst verkrustete Strukturen aufzuweichen und Schritte in Richtung unternehmerischem Denken einzuleiten.

II. Ausblick Als Motor des Erneuerungsprozesses wirkte der ab 12. Juli 1907255 amtierende Bürgermeister Ge- org Schön. Er führte zunächst einen zweiten Öffnungstag für die Sparkasse ein256 und empfahl, sie künftig täglich für den Publikumsverkehr zu öffnen. Auf Anraten der Bezirksregierung sollte § 15 der Statuten geändert werden; Schön nahm den Vorschlag auf und regte an, nicht nur einen Paragra- phen, sondern „das gesamte Sparkassenwesen zu überarbeiten, da es als veraltet erkannt ist.“257 Um„die Statuten einer Revision zu unterziehen beziehungsweise die Sparkassa neu zu organisie- ren“,258 hielt es Schön für notwendig, sie nicht länger im Bürgerspital, „einem Lokal [...], das noch dazu kein einwandfreier Aufenthaltsort ist“,259 sondern in modern gestalteter Umgebung unterzu- bringen. Er beabsichtigte, die Sparkasse nicht nur personell und organisatorisch, sondern nun auch wieder räumlich mit der Kommunalverwaltung zu verbinden.260 Der Umzug konnte allerdings we- gen des Rathausumbaus erst im Herbst 1911 erfolgen.261 Die nun erarbeiteten Statuten, die am 1. Januar 1912 in Kraft traten,262 brachten die von Schön gewünschte Reorganisation der Kasse. Man folgte der Mustersatzung, die der Landesverband bayerischer Sparkassen erstellt hatte. Wesentliche Änderungen faßte Schroll zusammen:

254 Vgl. Schumpeter 102. 255 Ambronn/Wanderwitz 417. 256 StadtAAm. Zg. II 3862, Sitzungsprotokoll vom 30. Januar 1908. 257 Ebd. Stellungnahme des Bürgermeisters Schön vom 21. Februar 1908. 258 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 2174, Schreiben des Magistrat an die Kreisregierung vom 19. Oktober 1909. 259 StadtAAm, Zg. II 3862, Stellungnahme des Bürgermeisters Schön vom 21. Februar 1908. 260 Feldenkirchen, Erfolgsfaktoren 21. 261 Schroll 88. 262 StadtAAm, Zg. II 3863, „Satzung der städtischen Sparkasse Amberg“ vom 29. Juli 1912. 341 „1. Die Verwaltung der Sparkasse besorgt ein hauptamtlicher Kassenverwalter und ein Gegen- buchführer263 an Stelle der bisherigen Sparkassenkommission.264

2. Alle 3 Jahre mindestens müssen die Einrichtungen der Kasse und ihre Geschäftsführung in allen Zweigen der Verwaltung durch einen der Verwaltung der Kasse nicht angehörigen Fachmann einer Untersuchung unterzogen werden. Diese Untersuchungen werden der Verbandrevision des Lan- desverbandes bayerischer Sparkassen übertragen.265

3. Die niederst zulässige Betrag der Einlage eines Einlegers ist 1 Mk., der Höchstbetrag 10 000 Mk. - bezw. 15 000 Mk. [10.000 Mark: Privatpersonen; 15.000 Mark: öffentliche Einrichungen]266

4. Einlagen können auch mittels Zahlkarte geleistet werden, da die Sparkasse dem Postscheckver- kehr angeschlossen ist.267

5. Beim Wechsel des Wohnsitzes kann der Einleger sein Sparguthaben von einer Sparkasse zur andern übertragen.268

6. Abstufung in der Verzinsung und in der Kündigung der Einlagen.269

7. Aufbewahrung der Sparbücher durch die Sparkasse.270

8. Die bisher übliche Bestimmung des Zinsfußes wurde in die Satzung und auch in die Geschäfts- ordnung auf Anregung der Kreisregierung vom 5.1.1912271 nicht mehr aufgenommen, weil jede Aenderung desselben eine Aenderung der Satzung oder Geschäftsordnung bedeuten würde, die aufsichtlicher Genehmigung bedürfte.

9. Die Sicherheitsrücklage soll mindestens 8 Proz. statt bisher 10 Proz. der Einlegerguthaben betra- gen.272

Der Anschluß an den Post-Scheck- und Ueberweisungsverkehr wurde von der Kreisregierung schon mit Entschl. vom 28. Oktober 1907273 empfohlen, erfolgte aber erst mit Erlaß der neuen Satzungen am 20./26.6.1912. Auch die Einführung des in der vom Landesverband bayr.

263 Vgl. Ashauer 152. 264 Satzung 1912, § 6. 265 Ebd. § 7. 266 Ebd. § 8. 267 Ebd. § 13. 268 Ebd. § 15. 269 Ebd. § 16 - 18. 270 Ebd. § 14. 271 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 2174, Schreiben der Kreisregierung an den Magistrat vom 5. Januar 1912. 272 Satzung 1912, § 25. 273 Schreiben fehlt. 342 Sparkassen erlassenen und vom Ministerium empfohlenen Mustersatzung erwähnten eigenen Scheck- und Ueberweisungsverkehrs wurde in § 14 der neuen Satzungen vorgesehen, von der Durchführung zu diesem Zeitpunkt aber noch abgesehen. Doch schon am 10.1.1914 erließ der Magistrat Vorschriften über den schriftlichen Auszahlungs- und Ueberweisungsverkehr, sodaß jeder Einleger über sein Sparguthaben durch schriftliche Anweisung hätte verfügen können, wenn - - der Krieg nicht gekommen wäre! Die wirkliche Einführung erfolgt erst am 1. Juli 1920, nachdem für diesen Zweck eine eigens vorgebildete Kraft (Fräulein Schiffl) von der städt. Sparkasse Sulzbach angestellt wurde.“ 274 Schroll gab die Zahl der Konten, von denen Überweisungen getätigt wurden, an:

Ende 1920 205 Ende 1921 403 Ende 1922 834 Ende 1923 306 Ende 1924 266 und schloß daraus: „Immerhin ist die Neigung des Publikums den Ueberweisungsverkehr zu pfle- gen ersichtlich. Dieser Giroverkehr entwickelte sich aber nicht über das Postscheckamt, sondern über den am 9.12.1914 in Nürnberg gegründeten Giroverband bayer. Sparkassen und dessen Bankanstalt die Bayerische Girozentrale.“275 Die Umgestaltung der städtischen Sparkasse Amberg vollzog sich trotz Schöns Engagement nur langsam. Nach der Genehmigung eines zweiten wöchentlichen Öffnungstages im Jahr 1908 dauer- te es bis zum Ende des Jahres 1913 ehe tägliche Öffnungszeiten beschlossen wurden.276 Ab Januar 1909 begann man mit der Ausgabe von Heimsparkassen.277 Der Umzug, der Erlaß der neuen Statu- ten, die Überarbeitung der Geschäftsordnung278 und die Entscheidung, ab Anfang 1914 mit losen Konten zu arbeiten,279 leiteten den eigentlichen Modernisierungsprozeß ein, der durch den Beginn des 1. Weltkriegs unterbrochen wurde. Die beabsichtigte Einführung von Sparmarken280 wurde ausgesetzt, ebenso die Einführung des Giroverkehrs. Mit einem neuerlichen Umzug Mitte des Jah- res 1922281 - das städtische Revisionsamt hatte bei einer „Untersuchung der Sparkasse die Unzu- länglichkeit und Unsicherheit der vorhandenen Kassenschränke sowie der Kassenräume im ersten Stock des neuen Rathauses“282 festgestellt, worauf der Stadtrat „die Verlegung der Sparkasse in das Erdgeschoß des gleichen Gebäudes und den Einbau eines modernen Tresors“283 beschloß -, mit der Anschaffung „einer Buchungsmaschine [...] u. einer Continental Addier- und Subtrahiermaschine, beide mit elekt. Antrieb“284 und der Ausweitung des Geschäftsbetriebs - „so übernahm die Spar-

274 Schroll 93 - 95. 275 Schroll 95. 276 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 2174, Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Stadtmagistrats vom 18. Dez. 1913. 277 Ebd. 8306, Beilage 3 zum Revisionsprotokoll vom 10. Juni 1911. 278 Ebd. 2174, Geschäftsordnung, regierungsaufsichtlich genehmigt am 23. Januar 1913. 279 Ebd. Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Stadtmagistrats vom 27. November 1913. 280 Ebd. Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Stadtmagistrats vom 18. Dezember 1913. 281 Schroll 124. 282 Ebd. 123. 283 Ebd. 284 Ebd. 124. 343 kasse den An- und Verkauf von Wertpapieren für Rechnung ihrer Kunden oder deren Vertre- ter, sowie die Vermittlung dieser Geschäfte und die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapie- ren, die Gewährung von Krediten in laufender Rechnung, von Darlehen auf Schuldschein gegen Bürgschaft und gegen Verpfändung von Wertpapieren“285 - war die Neuorganisation der Sparkasse abgeschlossen.

285 Ebd. 344 ANHANG

Gründungsstatuten der Sparkasse Amberg 18251 Im Innern eines jeden Menschen besteht der Wunsch, sich Geld zu erwerben, und das Erworbene zu erhalten und zu vermehren, um hiedurch seiner Zeit zum Besitze eines eigenen Heerdes zu gelan- gen, oder sich dessen im Erkrankungsfalle, oder bei vorgerücktem Alter, wovon verminderte Arbeits- fähigkeit die gewöhnliche Folge ist, als Hülfe bedienen, und hiedurch seinen traurigen Zustand er- leichtern zu können. Die Wenigsten in der unvermöglichen Volksklasse aber können dieses Ziel erreichen, weil es ihnen an Gelegenheit mangelt, zurückgelegte Ersparnisse von ihrem täglichen Verdienste sich zu verwah- ren, minder fruchtbringend anzulegen, sohin gewöhnlich leichtsinnig wieder ausgeben, oder durch Ueberlistung und Unredlichkeit dritter Personen um ihr mühsam erspartes Geld gebracht werden, daher unter obrigkeitlicher Aufsicht stehende Sparkassen die Bestimmung haben, den arbeitenden und dienenden Klassen, dann Kindern Gelegenheit zu verschaffen, ihre von Zeit zu Zeit gemachten Ersparnisse nicht nur sicher zu verwahren, sondern von denselben auch einen immer steigenden Zu- wachs durch Verzinsung zu erhalten. Der Magistrat der Stadt Amberg hat daher beschlossen, der Sparanstalt in hiesiger Stadt folgende Einrichtung zu geben:

§ 1 Die Sparkasse Amberg steht unter der Verwaltung des Magistrats. Es bestehet für die unmittelbare Aufsicht und Leitung eine eigene Commission, zusammengesetzt aus einem 1) Litt. Magistrats-Rat als Vorstand, in welcher Eigenschaft er das Ganze leitet, und für die genaue Befolgung dieser Statuten und der Instruktionen für das Verwaltungspersonale wachet, 2) einem bürgerlichen Magistratsrathe, und 3) einem Gemeinde-Bevollmächtigten, welcher Commission für die Kasseführung ein verpflichteter Kassier, dann ein schon angestellter Magistratsdiener zur Bedienung beigegeben ist.

§ 2 Die Einleger haben weder bei den Einlagen, noch Rückzahlungen irgend einen Abzug an Kosten oder Gebühren zu leiden, da die Gemeinde-Kasse die Regiekosten trägt, bis die Anstalt die Selbstbestrei- tung derselben zu leisten im Stand seyn wird, und das Verwaltungspersonale in solange unentgeldlich die Geschäfte besorgt, bis aus den entstehenden Ueberschüssen Honorarien geleistet werden kön- nen.

§ 3 Die Bestimmung der Sparkasse ist, die Einlagen der Theilnehmer zu empfangen, selbe zu verzinsen, und das Eingelegte sammt Zinsen diesen auf Verlangen unter den gegebenen Vorschriften wieder zurück zu bezahlen.

§ 4 Obgleich die Sparkasse zunächst nur für die Dienstboten, Handwerksgesellen und derlei Jungen, dann überhaupt für die minderbemittelten Einwohnerklassen der Stadt Amberg, insbesondere aber auch für Kinder der sämmtlichen hiesigen Einwohner ohne Ausnahmen errichtet wird, so soll doch hiedurch keineswegs eine Beschränkung auf die Grenzen des Stadtbezirks oder auf eine bestimmte Einwohnerklasse ausgesprochen seyn.

1 StAAm, Reg. KdI Abg. 1949, 8209. 345 § 5 Die Theilnehmer treten durch ihre Einlage mit der Spar-Anstalt in ein Darlehens-Verhältnis, welches durch das Gemeinde-Vermögen garantirt ist.

§ 6 Jeder Darleiher empfängt bei seiner ersten Einlage ein eigenes Büchelchen, welches auf der ersten Seite die laufende Nummer der Einlage, dann den Namen, Stand und Wohnort des Darleihers, und der Ziffer der Seite, wo von dem Cassier die gemachte Einlage im Hauptbuche eingetragen worden, enthält, auch wird die Richtigkeit dieser Vormerkungen durch die eigenhändige Namens-Unterschrift des hiezu bestimmten Verwaltungs-Mitgliedes in der Person des der Commission beigegebenen bür- gerlichen Magistratsrathes bestättiget. Auf eben dieser Seite hat auch jeder Einleger seinen Namen oder sein Namenszeichen eigenhändig einzuschreiben.

§ 7 Die Sparkasse beginnt Donnerstag den 3. Februar 1825 und bleibt die erst Woche Vormittag von 9 bis 12 Uhr und Nachmittag von 2 bis 4 Uhr ununterbrochen offen, um die vorkommenden Einlagen in Empfang zu nehmen.

§ 8 Nach Ablauf dieser Woche ist die Sparkasse nur am Montag jeder Woche offen, oder wenn auf Sel- ben ein gebottener Feiertag fällt, am darauf folgenden Diensttag. - In den vier Wochen aber, an wel- chen der Dienstboten-Wechsel eintritt, als Lichtmeß (den 2. Febr.), Walburgi (1. Mai), Laurenzi (10. August) und Martini (11. Nov.) bleibt die Sparkasse die nächstfolgenden zwei Tage nach der Zielzeit um die § 7 angegebenen Stunden offen.

§ 9 Zur Vermeidung von Irrungen werden die Vormittagsstunden der § 8 bezeichneten Tage zur Annah- me der Einlagen, die Nachmittagsstunden aber zu den Rückzahlungen bestimmt.

§ 10 Um die Bücher dieser Anstalt alle Jahre gehörig abschließen zu können, da die Hauptzinsen- Berechnung jährlich nur einmal geschieht, bleibt die Sparkasse während der letzten Hälfte des Mo- nats Jänner jedesmal gesperrt, und es können in diesem Zeitraume weder Einlagen gemacht, noch Zurückzahlungen geleistet werden.

§ 11 Der geringste Betrag einer Einlage wird auf E i n e n Gulden, der Höchste aller Einlagen e i n u n d d e r s e l b e n Person im Lauf e i n e s g a n z e n J a h r e s auf z w e i h u n d e r t- f ü n f z i g Gulden festgesetzt. So oft das Guthaben eines einzelnen Individuums an eingelegten Capitale und capitalisirten Zinsen die Summe von 300 fl. erreicht, wird dieser Betrag, sofern der Gläubiger nicht innerhalb 4 Wochen selbst eine Verfügung trifft, ganz auf Gefahr desselben, gegen sicher Hypothek und Errichtung einer auf den Namen des Capital-Besitzers auszustellenden Schuld-Urkunde ausgelehnt, und letztere für den Gläu- biger bis zur Abforderung in Verwahr genommen, und nur der verfallene Zins nebst den etwaigen neuen Einlagen noch ferner auf Rechnung der Anstalt fruchtbringend behandelt werden, bis das neue Guthaben abermals die Summe von 300 fl. erreicht haben wird. Würde der Fall eintreten, daß sich ein 346 Einleger innerhalb der nächsten drei Jahre weder bei der Kasse gemeldet, noch etwas von seinem Guthaben bezogen hätte, und sein Aufenthaltsort der Anstalt unbekannt wäre, so würden nach Ablauf dieser Zeit Capital und Zinse dem königl. Kreis- und Stadtgerichte zur geeigneten Verfügung überge- ben werden. Auch wird sich ausdrücklich vorbehalten, solche Einlagen, welche mit dem Zwecke der Anstalt nicht vereinbar erscheinen, zurückzuweisen, oder wenn sie bereits angenommen worden, mit den bedun- genen Zinssn wieder zurück zu geben.

§ 12 Die Kasse entrichtet jährlich an Zinsen zwei Kreuzer zwei Pfennige vom Gulden, daß ist 4 1/6 Prozent. Jedem Sparbuche wird eine Zinsen-Rechnungs-Tabelle beigefügt. Von den Kreuzer-Beträgen wird kein Zins bezahlt, - wie auch bei der Zinsenberechnung Brüche unter einem Pfenning unbeachtet bleiben.

§ 13 Die Verzinsung der Einlagen wird am Ende des Ersten Jahres vom ersten Tag des der Einlage folgenden Monats nach unten stehendem Maßstaabe berechnet: I. Quartal oder vom 1. Febr. bis 30. April zu 4 pCt. II. ------1. Mai --- 31. Juli zu 3 pCt. III. ------1. Aug. --- 31. Okt. zu 2 pCt. IV. ------1. Nov. --- 31. Jän. zu 1 pCt. Im nachfolgenden Jahreslaufe tritt die Zinsenberechnung nach 4 1/6 pCt. ein.

§ 14 Die verfallenen Zinse werden jedesmal während den § 10 für den Rechnungs-Abschluß bestimmten Termin bis Ende Jänner berechnet, und können von den Theilnehmern an den gewöhnlichen Zahlta- gen erhoben werden.

§ 15 Wer seine Einlage noch vor Ablauf des ersten Jahres wieder zurück nimmt, genießt keine Zinsen, um nicht muthwillige Zurückforderungen, welchen kein Bedürfnis zur Seite steht, zu begünstigen, und weil die Zinsevergütung in der Regel nur beim Bücherabschlusse statfindet. Wer auf diese Weise nur einen Theil seines angelegten Capitals zurück nimmt, dem wird der Ueber- rest ununterbrochen fort verzinset. Auch wird die geleistete theilweise Rückzahlung zuerst an den Ein- lagen des laufenden Jahres, und erst nach deren Erschöpfung an dem Guthaben der Vorjahre abge- rechnet werden. Wird aber auch das ganze vom letztverflossenen Jahre herrührende Guthaben im laufenden Jahre zu- rück verlangt, so vergütet die Kasse hievon die Zinsen à 4 1/6 pCt. bis zum Tage der Rückzahlung.

§ 16 Die von dem Darleiher nicht längstens bis zum 14. Februar eines jeden Jahres erhobenen Zinse des vorhergehenden Jahres werden bei der Zinsenberechnung des laufenden Jahres zu dem Capitale ge- schlagen, und wenn der Betrag 1 fl. ersteigt, von diesem Zeitpunkte an, gleichfalls mit 4 1/6 pCt. ver- zinset, können aber dessen ungeachtet das ganze Jahr durch nach Belieben erhoben werden, nur tritt die Behandlung als Capitals-Rückgabe hiebei ein.

347 § 17 Die Aufkündung der in die Sparkasse eingelegten Summen hat an den für die Einlegung angesetzten Tagen mündlich der Commission zu geschehen. Die Zurückzahlung erfolgt sodann in der Regel mit dem Anfange des nächsten Monats. In Fällen aber, wo das Bedürfniß vorhanden ist, z. B. Krankheit, Ansässigmachung, Veränderung des Wohnsitzes, Wandern u.s.f. findet die Rückszahlung ausnahmsweise sogleich statt, aber im Lauf des ersten Jahres ebenfalls ohne Zinsen.

§ 18 Bei Zurückzahlung des Einlags-Capitals wird von dem Empfänger das Einlagbuch quittirt, und der Verwaltung ausgehändiget. Sowohl bei Zurückzahlung der ganzen Einlage, als bei Abschlagszahlungen bestätiget der Empfänger mit seiner Namensunterschrift die erhaltene Zahlung im Vormerkungsbuche.

§ 19 Ohne Vorlage des Einlagsbuches kann weder eine Zins- noch Capitalszahlung geleistet werden. In der Regel soll nur dem Eigenthümer selbst, einem dritten Produzenten aber nur dann eine Zahlung behändigt werden, wenn er hinreichend persönlich bekannt ist, und muß sein Name als Geldemp- fänger im Einlagsbuche vorgemerkt werden, und er unter seinem Namen im Vormerkungsbuche quit- tiren. Uebrigens haftet die Sparanstalt dem Eigenthümer eines Einlagebuches nur für den in diesem Buche angemerkten Betrag, in so ferne er mit den Verwaltungsbüchern übereinstimmt, für eine an einen dritten geleistete Zahlung aber, wenn die Zahlung auf die Vorlage des Einlagbuches geschah, in kei- nem Falle.

§ 20 In dieses Buch müssen demnach nicht nur die Einlagen, sondern auch die gemachten Zins- und Ca- pitalszahlungen von dem Kassier eingetragen und von einem der Verwaltungs-Mitglieder gegenge- zeichnet werden.

§ 21 Das Sparbuch eines Theilhabers dieser Anstalt kann von diesem an einen Dritten weder cediert, noch verpfändet oder verkauft werden. Diese Bücher sind auch keinem Abzuge oder Inhibition unterwor- fen, doch mag dadurch die Hülfsvollstreckung in die bei einem Schuldner sich etwa vorfindenden Quittungsbücher der Ersparnißkasse keineswegs ausgeschlossen werden. Und damit hiedurch Nie- mand zu Schaden komme, werden die gegenwärtigen Statuten jedem Einlag-Buche beigebunden. § 22 Wenn Sparbücher zu Verlust gehen, so hat der Eigenthümer bei der Gerichtsbehörde die Amortisi- rung zu bewirken, wonach durch die hierüber beigebrachten Nachweise ihm ein Duplikat unter der- selben Nummer ausgefertiget, oder die Einlage ausbezahlt wird. 348 § 23 Fällt ein Sparbuch Jemandem durch Erbschaft zu, so muß der Erbe unter gerichtlicher Nachweise über die Erwerbung, so ferne er selbst zur Theilnahme an der Anstalt geeigenschaftet ist, und das Geld nicht erheben will, - das Buch auf seinen Namen umschreiben lassen.

§ 24 Mit Ablauf der vierten Woche nach einem jeden Jahresschlusse hat die Verwaltungs-Commission die vom Kassier angefertigte Rechnung sammt allen Belegen dem Magistrat zu übergeben, der auch sogleich hievon genaue Einsicht nehmen, und im nächst folgenden Wochenblatte das Publikum nebst summarischer Rechnungsbeifügung von dem Zustande der Anstalt und der Kasse in Kenntniß setzen wird, worauf die Mittheilung dieser Rechnung sammt Belegen nach Art der übrigen Gemein- de-Rechnungen an die Gemeindebevollmächtigten um Erinnerung geschieht, und endlich der könig- lichen Regierung des Regenkreises zur Revision vorgelegt wird.

§ 25 Daß die eingelegten Gelder, und die Zinsbeträge nach Maßgabe des Rechnungsabschlusses durch die bei der städtischen Reservekasse deponirten Unterpfandspapiere gedeckt seyen, wird die Unterschrift des Magistratischen Commissärs, der zwei bürgerlichen Verwaltungs-Mitglieder, und die Fertigung des Magistrats glaubwürdig bezeugen. Der Magistrat glaubt um so sicherer auf die thätigste Mitwirkung der Dienstherrschaften, Eltern und Handwerksmeister rechnen zu können, als für Selbe der entschiedenste Nutzen hervorgehet, wenn ihre Dienstboten, Kinder und Gesellen, statt zu verschwenden und allen Erwerb mit dem Uebermaße von Vergnügungen und Kleiderputze zu vergeuden, Sparsamkeit und Mäßigung vorzuziehen sich aneignen, und hiedurch einen Theil ihres Erwerbes fruchtbringend anzulegen vermocht werden, um vorzüglich in Krankheit oder Alter sich dadurch Linderung und Hilfe gewähren zu können, statt dem bittersten Elende und gänzlicher Armuth preis gegeben zu seyn.

Änderung der §§ 12 und 13, 1. Mai 1829: § 12 Von allen jenen Einlagen, welche die Sparkasse seit dem 15. April 1829 erhält, werden in Folge einer allerhöchsten Verfügung vom 1. Mai 1829 durchaus nur 3 1/2 pCt., oder vom Gulden 2 kr. als Zins entrichtet. Jedem Sparbuche wird noch eine Zinsen-Rechnungs-Tabelle beigefügt werden. Von den Kreuzer-Beträgen wird kein Zins bezahlt, - wie auch bei der Zinsen-Berechnung Brüche unter einem Pfenning unbeachtet bleiben.

§ 13 Die Verzinsung der Einlagen wird am Ende des ersten Jahres vom ersten Tage des der Einlage folgen- den Monats nach untenstehendem Maßstabe berechnet:

1. Quartal oder vom 1. Febr. bis 30. April zu 3 1/3 pCt. 2. Quartal oder vom 1. Mai bis 31. Juli zu 2 1/2 pCt. 3. Quartal oder vom 1. Aug. bis 31. Okt. zu 1 2/3 pCt. 4. Quartal oder vom 1. Nov. bis 31. Jän. zu 5/6 pCt. im nachfolgenden Jahreslauf tritt die Zinsenberechnung nach 3 1/2 pCt. ein. 349 Statuten der Sparkasse Amberg 18402 § 1 Die Sparcasse zu Amberg steht unter der Verwaltung des Magistrats, und werden die Einlagen durch das Gemeinde-Vermögen garantirt. Sie wird zunächst durch eine eigene Kommission, bestehend aus einem bürgerlichen Magistrats- Rathe, einem Gemeinde-Bevollmächtigten und einem Kassier verwaltet.

§ 2 Die Sparcasse hat die Bestimmung, nur von Dienstboten, Handwerks-Gesellen, Lehrlingen und weni- ger bemittelten Personen, welche kein Realitäten-Vermögen besitzen und keine Kapitalisten sind, die aber im h i e s i g e n P o l i z e i b e z i r k e leben, arbeiten oder wohnen, Einlagen zu empfan- gen, diese zu verzinsen, und Einlagen sammt Zinsen unter den gegebenen Vorschriften wieder zu- rückzubezahlen. Außerdessen werden auch für hiesige Kinder ohne Ausnahme der Einwohnerklassen Einlagen ange- nommen, doch darf die Einlage für sämmtliche Kinder einer Familie jährlich nicht mehr als 100 fl. betragen.

§ 3 Jeder Darleiher empfängt bei seiner ersten Einlage ein eigenes Quittungsbuch, in welches die Verwal- tung die Einträge sowohl über die Darlehen selbst, als auch über alle Rückzahlungen und Zinsen macht. Dieses Quittungsbuch wird von dem bürgerlichen Magistrats-Rathe ausgefertigt, vom Kassier aber werden darin alle Geld-Einträge bestättigt.

§ 4 Für jedes Quittungsbuch hat der Einleger 6 kr. an die Verwaltung zu entrichten, außerdessen aber weder bei den Einlagen noch Rückzahlungen irgend einen Abzug an Kosten oder Gebühren zu lei- den, weil die übrigen Regiekosten von den Anstalt bestritten werden.

§ 5 Die Sparcasse ist in jeder Woche am M o n t a g e, oder wenn dieser ein Feiertag wäre, am darauf- folgenden Dienstage Vormittags von 9 bis 12 Uhr geöffnet, wo sowohl Einlagen geschehen, als auch Rückzahlungen geleistet werden. An den vier Dienstbotenzielen aber, nämlich um Lichtmeß (2. Februar) Walburgi (1. Mai) Laurenzi (10. August) und Martini (11. November) bleibt die Sparcasse immer an den zwei nächstfolgenden Vormittagen offen. Ebenso werden in der ersten Hälfte des Monats Februar, folglich nach dem Jahresschlusse dieser An- stalt immerhin mehrere Tage im Wochenblatte bestimmt werden, an welchen die Einleger ihre Zin- sen in Empfang nehmen können.

2 StadtAAm, Zg. I 2058. 350 § 6 Während des ganzen Monats Jänner bleibt die Sparcasse deßhalb geschlossen, weil innerhalb dessel- ben die Hauptzinsenberechnung, welche jährlich nur einmal geschieht, für das vom 1. Februar bis letzten Jänner laufende Verwaltungs-Jahr vorgenommen werden muß.

§ 7 Der geringste Betrag einer Einlage wird auf 1 fl. der höchste aller Einlagen e i n u n d d e r s e l- b e n P e r s o n mit Berücksichtigung des obigen § 2 im Laufe eines jeden Jahres auf einhundert Gulden festgesetzt. So oft das Guthaben an Einlagen und kapitalisirten Zinsen die Summe von 250 fl. erreicht, werden die hievon sich berechnenden Zinsen, wenn sie vom Einleger nicht zurückgefordert werden sollten, nicht mehr kapitalisirt, sondern bleiben unfructifizirlich bis zu ihrer Erhebung in der Kasse liegen.

§ 8 Die Sparcasse entrichtet vom 1. Februar h. J. angefangen für alle früher daselbst eingelegten, oder noch in der Folge dahin kommenden Darlehen 3 pro Cent. Von den Kreutzerbeträgen wird kein Zins bezahlt, sowie auch bei der Zinsenberechnung Bruchtheile unter einem Pfennig unbeachetet bleiben. Jedem Quittungsbuche wird übrigens eine Zinsenberechnungstabelle beigefügt werden.

§ 9 Wer seine Einlage noch vor dem Ablaufe des ersten Jahres wieder zurücknimmt, hat auf keine Zinsen Anspruch zu machen. Wer im Laufe des ersten Jahres nur einen Theil seines Darlehens zurücknimmt, den Ueberrest aber bis zum Jahresschlusse in der Kasse beläßt, hat die betreffende Verzinsung dieses Ueberrestes zu er- warten. Auch wird die geleistete theilweise Zurückzahlung zuerst an den Einlagen des laufenden Jahres und erst nach deren Erschöpfung an dem Guthaben der Vorjahre abgerechnet werden. Wird aber auch das Guthaben der Vorjahre im laufenden Jahre zurückgefordert, so werden von demselben ebenfalls die dreiprozentigen Zinsen bis zum verflossenen Quartale einschlüssig durch die Kasse geleistet.

§ 10 Die Verzinsung der Einlagen wird nicht von dem Tage der Einlage, sondern von dem ersten Tage des nachfolgenden Quartals geleistet. Ebenso werden die Zinsen für Einlagen, welche im Lauf eines Quartals zurückbezahlt werden, nicht bis zum Tage der Rückzahlung, sondern nur bis zum vorausge- henden Quartal einschlüssig berechnet und entrichtet. Alle jene Zins, welche nach dem Jahresschlus- se bis zum 14. Februar von den Einlegern nicht erhoben werden wollen, werden mit Berücksichti- gung des oben § 7 als neue Einlagen des Monats Februar betrachtet, folglich erst vom 1. Mai an ver- zinset. 351 § 11 Die Einlagen nebst Zinsen werden in der Regel von der Sparkasse-Anstalt auf Verlangen ungesäumt zurückbezahlt; in jenen Fällen aber, wo es sich um Zurückzahlung von Einlagen inclusive Zinsen zu mehr als 50 fl. handelt, bleibt es der Anstalt vorbehalten, die Zurückzahlung erst nach vorheriger monatlicher Aufkündigung zu leisten.

§ 12 Bei Zurückzahlung des ganzen Einlags-Kapitals wird das Quittungsbuch vom Empfänger quittirt, und der Verwaltung zurückbehändigt. Sowohl bei Zurückzahlung der ganzen Einlage, als auch bei einzelnen Abschagszahlungen oder Zin- sen-Vergütungen bestätiget der Empfänger mit seiner Namens-Unterschrift die erhaltenen Zahlungen im Vormerkungsbuche.

§ 13 Nur der wirkliche Darleiher wird als rechtmäßiger Besitzer des Quittungsbuches anerkannt. Dasselbe kann daher weder verkauft, zedirt, verpfändet und verschenkt, noch auch auf irgend eine andere Weise veräussert werden. Ohne Vorlage des Quittungsbuches kann auch überhaupt keine Zahlung geleistet werden, und die Sparcasse haftet dem Eigenthümer des Quittungsbuches für den darin vorgemerkten Betrag nur in soferne, als er mit den Verwaltungsbüchern übereinstimmt.

§ 14 Wenn ein Quittungsbuch zu Verlust geht, so hat der Eigenthümer bei der Gerichtsbehörde die Amor- tisirung zu bewirken, und die Nachweise hierüber bei der Sparcasse vorzulegen, worauf ihm unter dem [sic!] nämlichen Nummer ein Duplikat ausgefertiget, oder die Einlage zurückbezahlt wird.

§ 15 Fällt ein Quittungsbuch Jemanden [sic!] durch Erbschaft zu, so muß der Erbe sich gerichtlich darüber ausweisen, und wenn er zur Theilnahme an der Sparcasse-Anstalt nicht geeigenschaftet wäre, das Geld zurücknehmen.

§ 16 Transitorisch wird bestimmt, daß alle, die Summe von 250 fl. übersteigenden bisherigen Einlagen, so wie alle Einlagen solcher Individuen, welche nach § 2 von der Theilnahme an der Sparcasse ausge- schlossen sind, ohne weitere Aufkündigung in möglichst kurzer Zeit von der Anstalt zurückbezahlt werden.

352 Statuten der städtischen Sparkasse Amberg 18983 § 1 Die städtische Sparkassa zu Amberg steht unter der Verwaltung des Magistrats und haftet die Ge- meinde für die Verzinsung und Rückzahlung der Einlagen. Sie wird von den übrigen Kassen der Gemeinde getrennt durch eine eigene Kommission, bestehend aus einem bürgerlichen Magistratsrathe, einem Gemeindebevollmächtigten und einem Kassier, ver- waltet.

§ 2 Die Spareinlagen haben auf den Namen des Einlegers oder desjenigen zu geschehen, zu dessen Gunsten die Einlage gemacht wird.

§ 3 Das Minimum der Einlage ist auf 2 Mark, das Maximum der Einlage einer Person auf 1000 Mark fest- gesetzt.

§ 4 Sobald das Gesammtguthaben einer Person, nämlich der Betrag aller ihrer Einlagen einschlüssig der nicht erhobenen Zinsen, die Summe von 3000 Mark übersteigt, hört sofort die Verzinsung des Ue- berschusses durch die Sparkassa auf.

§ 5 Die Sparkassa entrichtet von jeder Einlage, wenn dieselbe mindestens 2 Mark beträgt, und wie oben § 4 bestimmt ist, die Summe von 3000 Mark nicht übersteigt, 3 Prozent Zinsen; Pfennigbeträge wer- den nicht verzinst.

§ 6 Die Verzinsung der Einlagen beginnt nicht von dem Tage der Einlage, sondern vom ersten des dar- auffolgenden Monats.

§ 7 Jeder Einleger erhält von seiner Einlage die Zinsen bis zum letzten Tage des der Zurücknahme des Kapitals zunächst vorausgegangenen Monats, und es haben auf diese Zinsen auch jene Einleger An- spruch zu machen, welche ihre Einlagen ganz oder theilweise im nämlichen Jahre der Einlage wieder zurücknehmen.

§ 8 Die Einlagen nebst Zinsen werden von der Anstalt, wenn es der Kassabestand erlaubt, auf Verlangen sofort zurückbezahlt; würde aber die Baarschafrt nicht zureichen, so kann die Rückzahlung nur nach vorheriger Aufkündigung von dem Einleger verlangt werden. Die Aufkündungsfrist wird bei allen die Höhe von 1000 Mark übersteigenden Einlagen auf drei Mo- nate festgestellt.

3 StadtAAm, Zg. II 3863. 353 Zu gleicher Kündigung ist auch die Sparkasse berechtigt. Zinsen ohne gleichzeitige Zurücknahme des Kapitals können nur am Anfange jedes neuen Rech- nungsjahres in den besonders bekannt gemachten Terminen erhoben werden.

§ 9 Jeder Einleger erhält bei seiner ersten Einlage ein eigenes Quittungsbuch gegen eine Gebühr von 20 Pfennigen, in welches die Verwaltung die Einträge sowohl über die Einlagen, als auch über alle Rückzahlungen an Kapital und Zinsen macht. Alle Einträge in demselben werden von dem Kassier und einem Kontroleur bestätigt.

§ 10 Die Sparkassa ist in jeder Woche am Montag, und wenn auf diesen Tag ein Feiertag fällt, am darauf- folgenden Tage Vormittags von 9 bis 11 1/2 Uhr geöffnet, und können nur an diesen Tagen Einlagen gemacht und Rückzahlungen in Empfang genommen werden.

§ 11 Während des ganzen Monats Dezember bleibt die Sparkassa deßhalb geschlossen, weil innerhalb desselben die Hauptzinsenberechnung, welche jährlich nur einmal geschieht, für das vom 1. Januar bis letzten Dezember laufende Rechnungsjahr vorgenommen werden muß.

§ 12 Die Hinauszahlung dieser für das Verwaltungsjahr berechneten Zinsen geschieht nur in den ersten Tagen des Monats Januar, welche eigens in den amtlichen Blättern bekannt gemacht werden, jeder- zeit von Vormittags 9 bis 11 1/2 Uhr. Erfolgt die Erhebung der Zinsen an diesem Termine nicht, so werden dieselben sofort dem Kapitale zugeschlagen.

§ 13 Die Zurückzahlungen des ganzen Einlagkapitals geschehen gegen Einlieferung der abquittirten Spar- kassabücher. Sowohl bei Zurückzahlung der ganzen Einlagen, als auch bei einzelnen Abschlagszahlungen oder Zinsenvergütungen bestätigt der Empfänger mit seiner Namensunterschrift die erhaltenen Zahlungen in dem bei der Anstalt geführten Quittung-Protokolle.

§ 14 Die Einlieferung und beziehungsweise Vorzeigung der Sparkassabücher wird als genügende Legitima- tion zum Empfange der Zurückzahlungen erklärt, und ist es daher Sache eines jeden Einlegers, sich durch sorgfältige Aufbewahrung des Sparkassabuches vor Mißbrauch zu schützen. Doch bleibt der Verwaltung vorbehalten, außerdem die Legitimation des Empfängers zur Empfangs- berichtigung zu prüfen und in besonders dringenden Verdachtsfällen die Zurückzahlung zu verwei- gern. Verloren gegangene Sparkassabücher müssen durch die betreffende Gerichtsbehörde auf Kosten der Eigenthümer amortisirt werden. Ist dieses geschehen, so dürfen Duplikate ausgestellt werden. 354 § 15 Die Anlage von Sparkassageldern kann außer den im § 1 der k. allerh. Verordnung vom 31. Juli 1869, „die Kapitalsausleihungen der Gemeinden und Stiftungen betr.,“ enthaltenen Fällen auch in verzinsli- chen Schuldverschreibungen deutscher Bundesstaaten erfolgen. Von Umschreibung eines auf den Namen lautenden Werthpapieres kann nur dann Umgang genom- men werden, wenn dasselbe auf den Namen einer unter der Verwaltung des Stadtmagistrats stehen- den gemeindlichen oder Stiftungskassa lautet; in diesem Falle genügt die unterschriftliche Bestätigung des Stadtmagistrats, daß fragliches Werthpapier in das Eigenthum der Sparkassa übergegangen sei. Von Vinkulirung eines auf den Inhaber lautenden Werthpapieres kann nur auf Grund speziellen Ma- gistratsbeschlusses Umgang genommen werden.

§ 16 Die Ueberschüsse der Anstalt, nach Abzug der Verwaltungskosten, sind Eigenthum der Stadtgemein- de, und ihre Verwendung ist den Bestimmungen des Stadtmagistrats und der Gemeinde- Bevollmächtigten nach Maßgabe der bestehenden Gesetze vorbehalten. Vor deren anderweitiger Verwendung sind dieselben jedoch zur Bildung eines Reservefonds im Betrage von mindestens 10 Prozent des jeweiligen Gesammteinlagekapitals zu verwenden, welcher Eigenthum der Kommune bleibt, in den Sparkassarechnungen besonders auszuweisen ist und mit dem Sparkassavermögen verwaltet wird. Die bis zum Endes des Rechnungsjahres laufenden, aber noch nicht fälligen Zinsen der Aktivkapitalien werden bei Feststellung des Reservefonds nicht in Rechnung gebracht.

Änderung vom 1. Januar 1900: Durch Magistatsbeschluß vom 24. Novbr. 1899 wurden vorstehende Statuten abgeändert, wie folgt: Abs. III des § 14 wird gestrichen, dagegen wird folgender Absatz III zu § 14 beigefügt: Zu dieser Prüfung ist die Sparkassaverwaltung verpflichtet, wenn das Geld mit der Bestimmung hin- terlegt ist, daß zur Erhebung die Genehmigung des Gegenvormundes, des Beistandes oder des Vor- mundschaftsgerichtes erforderlich ist.

355 Satzungen des Oberpfälzischen Sparkassen-Verbandes 19074

§ 1 Zweck des Verbandes ist, den Sparsinn in den weitesten Kreisen zu wecken und zu fördern, die ge- meinsamen Interessen der Sparkassen wahrzunehmen und die Kasseneinrichtungen möglichst zu verbessern und auszubreiten.

§ 2 Der Verband hat seinen Sitz in Regensburg.

§ 3 Mitglied kann jede öffentliche Sparkasse des Verbandsbezirkes werden; auch wirtschaftlichen Ver- bänden, Vereinen, Gemeinden und Privatpersonen ist der Beitritt gestatten.

§ 4 Der Beitritt erfolgt durch schriftliche Erklärung beim Vorsitzenden des Verbandsausschusses.

§ 5 Der Austritt aus dem Verband ist mindestens drei Monate vor Ablauf des Kalenderjahres dem Vorsit- zenden des Verbandsausschusses schriftlich anzuzeigen. Bei verspäteter Anzeige ist der Mitgliedbei- trag noch für das folgende Jahr zu entrichten. Durch den Austritt gehen alle Recht an dem Verband an dessen Vermögen und Einrichtungen verloren.

§ 6 Die Auflösung des Verbandes erfolgt auf Grund ordnungsgemäßer Beschlußfassung. Das bei der Auflösung vorhandene Vermögen fällt im Verhältnis der zum Verband im letzten Jahre geleisteten Mitgliederbeiträge an die bei der Auflösung vorhandenen Kassen.

§ 7 Zur Deckung der Kosten werden jährliche Beiträge erhoben und zwar: 50 Pf. von jedem angefangenen Betrag zu hunderttausend Mark des Einlagekapitals nach dem letzten Rechnungsabschlusse bis zum Höchstbetrage von 15 M., jedoch nicht unter 3 M., für wirtschaftliche Verbände, Vereine, Gemeinden und Privatpersonen 3 M. Der Ausschuß kann erforderlichen Falls eine Steigerung der Jahresbeiträge bis zum doppelten Betra- ge, bei günstiger Vermögenslage dagegen eine entsprechende Ermäßigung derselben beschließen. Die Beiträge sind im Voraus zahlbar und spätestens bis 31. Dezember jeden Jahres frei an den Ver- bandsrechner einzusenden. Rückständige Beiträge können durch Nachnahme erhoben werden.

§ 8 Die Organe des Verbandes sind der Verbandsausschuß und die Verbandsversammlung.

§ 9 Der Verbandausschuß besteht aus 7 von der Verbandsversammlung aus den Vertretern der Sparkas- sen für die Dauer von 3 Jahren gewählten Mitgliedern. Wiederwahl ist zulässig. Bei Erledigung während der Wahlperiode findet durch die nächste Verbandsversammlung Ersatzwahl statt. Bis dahin führen die übrigen Mitglieder des Ausschusses dessen Geschäfte. Läuft die Wahlperi- ode vor der Neuwahl ab, so haben die Ausschußmitglieder gleichwohl bis zu letzterer im Amte zu verbleiben.

4 StadtAAm, Zg. II 3869. 356 § 10 Der Ausschuß wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden, einen Stellvertreter desselben (II. Vorsit- zenden), einen Schriftführer und einen Verbandrechner. Die Vereinigung mehrerer Funktionen in einer Person ist zulässig. Der Ausschuß setzt seine Geschäftsordnung in eigener Zuständigkeit fest. Die Beschlußfähigkeit des Ausschusses setzt die ordnungsgemäße Ladung sämtlicher Mitglieder und Teilnahme von wenigstens der Hälfte von ihnen an der Beratung voraus. Die Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefaßt; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. In drin- genden Fällen kann auf dessen Anregung schriftliche Abstimmung im Umlaufwege erfolgen. Zur Zuständigkeit des Ausschusses gehören alle Gegenstände, die nicht durch die Satzungen der Versammlung überwiesen sind, insbesondere die Vorbereitung der an die Verbandsversammlung zu bringenden Vorlagen, die Festsetzung und Mitteilung der Tagesordnung, die Benennung der Bericht- erstatter, die Ladung der Mitglieder, die Drucklegung der Verhandlungen, der Vollzug der Versamm- lungsbeschlüsse, die Erledigung der laufenden Geschäfte, die Einziehung der Beträge, die Verwaltung der Verbandskasse, die Rechnungslegung und die Bestellung der Revisoren. Zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung genügen die Unterschriften des Vorsitzenden und des Schriftführers.

§ 11 Die ordentliche Verbandversammlung findet alljährlich - womöglich im zweiten Quartale - statt. Der Versammlungsort wird jeweils von der Versammlung festgesetzt. Außerordentliche Verbandsver- sammlungen finden auf Antrag des Ausschusses in dringenden Fällen, ferner auf Antrag von minde- stens einem Drittel der Verbandskassen statt.

§ 12 Ort und Zeit der Versammlung wird sämtlichen Mitgliedern des Verbandes schriftlich unter Mittei- lung der Tagesordnung bekannt gegeben. Zwischen dem Tage der Mitteilung und dem Tage der Abhaltung der Versammlung soll eine La- dungsfrist von mindestens vierzehn Tagen gelegen sein. Diese Frist kann in dringenden Fällen und bei außerordentlichen Versammlungen auf eine Woche gekürzt werden. Anträge der Mitglieder zum Verbandstage müssen spätestens am 1. März des Jahres, in welchem der Verbandstag stattfindet, schriftlich bei dem Verbandsvorsitzenden eingereicht sein. Die Anträge sind entsprechend zu begründen und behufs der Versendung an die Verbandsmitglieder mit einer genügenden Anzahl von Abdrücken zu versehen. Das antragstellende Mitglied übernimmt für seinen Antrag die Berichterstattung beim Verbandstage. Alle Anträge zum Verbandstage müssen vom Ausschusse vorberaten sein, ehe sie auf die Tagesord- nung gesetzt werden können. In der Versammlung gestellte dringliche Anträge sind auf die Tagesordnung zu setzen, wenn der Dringlichkeit eine Mehrheit von zwei Dritteln zustimmt. Gegenstände der Tagesordnung sind regelmäßig: die Erstattung des Jahresberichtes, die Abnahme der Jahresrechnung, die Festsetzung des Vor- anschlages, die Wahl der Mitglieder des Verbandsausschusses und die Bestimmung des Ortes der nächsten Verbandversammlung

§ 13 Die Leitung obliegt dem Vorsitzenden des Ausschusses event. dessen Vertreter, welchem aus der Mitte der Versammlung zwei Beisitzer beigegeben werden, von denen der eine die Wahlergebnisse festzustellen, der andere das Versammlungsprotokoll zu führen hat. Das Protokoll ist von dem Vorsit- zenden und dem Protokollführer zu unterzeichnen.

§ 14 Jede Verbandssparkasse kann zur Verbandsversammlung Vertreter in beliebiger Zahl abordnen. Jede Kasse hat nur eine Stimme; Stellvertretung ist ausgeschlossen.

357 § 15 Die Beschlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Zur Vornahme von Satzungsänderungen und zur Beschlußfassung der Auflösung des Verbandes be- darf es der Zustimmung von zwei Drittel der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder.

§ 16 Bei Wahlen entscheidet relative Mehrheit, bei Stimmengleichheit das Los. Die Wahlen haben durch Abgabe von Stimmzetteln zu erfolgen. Wahl durch Zuruf ist nur bei einhelliger Billigung sämtlicher Stimmberechtigten zulässig.

§ 17 Die Selbständigkeit der Sparkassen in ihren eigenen Angelegenheiten wird durch den Beitritt zum Verbande nicht berührt. Die Beschlüsse der Verbandsversammlung in Fragen der Organisation gelten deshalb nur als Rat und Empfehlung, doch verpflichten sich die Verbandssparkassen, die Beschluss- fassung der gesetzlich zuständigen Körperschaften über die Einführung der von der Verbandsver- sammlung empfohlenen Einrichtungen herbeizuführen.

§ 18 Das Rechnungsjahr fällt mit dem Kalenderjahr zusammen. Der Rechner hat bis zum 1. März jeden Jahres, längstens jedoch einen Monat vor der Verbandsversammlung dem Vorsitzenden des Aus- schusses die Rechnung zu behändigen, welcher ihre Prüfung durch einen vom Ausschuß ernannten Revisor veranlaßt.

§ 19 Die Kosten der Vertretung auf der Verbandversammlung trägt die betreffende Sparkasse. Andere Kosten, insbesondere auch diejenigen der Sitzungen des Ausschusses werden aus der Verbandskasse bestritten.

358 Auszug aus dem „Verzeichniß der in der Stadtgemeinde Amberg bestehenden Armen- Ver- sorgungs- und andern Wohlthaetigkeits-Anstalten“ 1851:5

Lokalarmenfonds6 „Zweck der Anstalt: Unterstützung der Localarmenkasse durch Hinübergabe der nach Abzug der nothwendigen Ausgaben auf die Verwaltung und Unterhaltung des neben genannten Gebäudes [= Theatergebäude] verblei- benden Renten zur Verwendung für die Armen.“

„Zeit der Begründung: Besteht schon seit unfürdenklicher Zeit. Der Stiftungsbrief mußte im J. 1807 gelegenheitlich der Ex- tradition der Verwaltungen an die Stiftungsadministrationen zur allerhöchsten Stelle eingesendet werden, von wo sie [sic!] nicht mehr zurückgegeben wurde.“

„Umfang und Erfolg ihrer Leistungen: Von den Renten werden alljährlich im Durchschnitt an die Armenkasse 600 - 800 fl. bezahlt, von den eingehenden Ackerpachten erhält der Ortspfarrer 1/2 Dritttheil zur beliebigen Vertheilung unter die Armen im Betrage von beiläufig 6 -10 fl. und wird auch die deutsche Schulstiftung mit jährlich 13 fl. 36 kr. sustentirt.“

Armenkasse7 „Zweck der Anstalt: Momentane, temporäre und permanente Unterstützung heimatberechtigter Armen, ohne Unter- schied des Standes, des Geschlechts und Alters, welche entweder zeitweise oder für immer erwerbs- beschränkt oder erwerbsunfähig sind.“

„Zeit der Begründung: Schon in den ältesten Zeiten wurde um den Straßen- und Hausbettel zu verhüten Sammlungen von freiwilligen Spenden vorgenommen und das Gewonnene an einem Tage in der Woche vertheilt. Über die Bettelabstellung erging von der Regierungskammer unterm 19. Juni 1780 ein eigenes Pa- tent. Nach dem Erscheinen der allerhöchsten Verordnung für das Armenwesen 1816 erhielt die Ar- mencaßa eine bessere Regelung.“

„Umfang und Erfolg ihrer Leistungen: Die Unterstützung besteht nicht bloß in wöchentlichen Spenden von 1 kr. bis 1 fl., sondern auch in momentanen Geldunterstützungen, in Bestreitung rückständiger Miethzinse, in Verabreichung ge- brauchter oder ungebrauchter Kleidungsstücke, von Bett- und Leibwäsche, von Handwerkszeug, in Reisegeldunterstützungen, endlich in Vertheilung von Holz in kleineren Portionen. Die Armenkasse übernimmt nicht nur die Verpflegung und Verköstigung alter, gebrechlicher Personen, sie läßt auch Waisen- und verwahrloste Kinder bei Pflegeeltern oder in Waisenhäuser erziehen, wofür sie die Kost und Kleidung derselben bestreitet. Sie bezahlt Lehrgeld für arme Lehrlinge, die Kosten der Schulbü- cher für arme Kinder, für die Dienstboten und Wanderburschen, unterstützt arme durchreisende Handwerksgesellen und übernimmt die Kur- und Verpflegungskosten der erkrankten und heimatbe- rechtigten Armen, welche als conscribirt erscheinen, ob sie hier oder auswärts erkrankt sind; endlich bestreitet sie allenfallsige Begräbnißkosten für selbe.“

5 StadtAAm, Zg. I 1858. 6 Vgl. S. 158 Anm. 233. 7 Vgl. ebd. 359 Waisenhaus8 „Zweck der Anstalt: Die Unterbringung, Verpflegung und Erziehung vater- und mutterloser Waisen männlichen und weib- lichen Geschlechts zu Handwerkern und guten Dienstboten vorzüglich solcher, welche vermögenslos sind. Findelkinder und Kinder unter 7 Jahren finden keine Aufnahme. - Durch späteren Fundations- Zuschuß ad 8.000 fl. des Schwindler müssen 6 arme Waisen von Schönsee aufgenommen werden.“

„Zeit der Begründung: Am 16. Mai 1737 vom hiesigen Stadtdechant Johann Heinrich Werner gestiftet. - Im J. 1737 hat der churf. Sekr. und Hofraths-Expeditor Joh. Georg Schwindler sein Vermögen ad 8.000 fl. dem Waisen- haus legirt. Die landesherrliche Confirmation dieser Stiftung erfolgte am 14. Juny 1738.“

„Umfang und Erfolg ihrer Leistungen: Die aufgenommenen Waisen werden unentgeltlich vom 7ten bis 15ten Jahre, wenn sie nicht früher in eine Lehre oder in einem Dienst taugbar sind von Pflegeeltern verköstiget, gekleidet, durch einen eigenen Lehrer in Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet, christlich erzogen, erhalten gegenwär- tig durch einen eignen geistlichen Inspektor, der an die Stelle der Waiseneltern getreten, Religionsun- terricht und werden endlich von einem Zeichnungslehrer im Zeichnen unterrichtet. Für Besoldung des Personals werden 235 fl., auf Verköstigung der Kinder 740 fl., auf Bekleidung derselben 240 fl., auf Bettwäsche 20 fl., auf Beheitzung 180 fl., auf häusliche Bedürfniße 50 fl. verausgabt. Die Zahl der Waisenkinder unterligt alljährlich mehr oder minder dem Wechsel. So waren im J. 1783 40 Kinder beiderlei Geschlechts aufgenommen, während gegenwärtig 16 Kinder untergebracht sind.“

von Günther’sche Stiftung9 „Zweck der Anstalt: Unterstützung mittelst wöchentlicher Geldspenden an Arme aus der Einwohnerklasse höheren Stan- des, soferne sie Heimatrechte dahier besitzen.“

„Zeit der Begründung: Kann nicht angegeben werden, weil alle Behelfe, Urkunden hierfür mangeln.“

„Umfang und Erfolg ihrer Leistungen: Die wochentlichen Geldspenden von 14 kr. bis 1 fl. betragen im Jahre durchschnittlich 60 fl. Diese Stiftung sustentirt außerdem die Krankenhaus und Seelhausstiftung mit jährlich je 30 fl. Diese Leis- tungen sind wegen ihrer Geringfügigkeit einerseits und wegen geringer Hilfsbedürftigkeit von Seiten derjenigen, welche auf diese Stiftung von ihrem Gründer hingewiesen sind, von keinem wesentlichen oder bemerkbaren Erfolge. Werden die sämtlichen Renten im beiläufigen Betrage von 140 fl. an die Armenkasse hinübergege- ben.“

Seelhaus Stiftung10 „Zweck der Anstalt: Die Unterbringung und theilweise Verpflegung von s. g. [= sogenannten] Seelenweibern, welche die Kranken in der Stadt, wer sie verlangt, auszuwarten, die Todten zu säubern und deren Leichenbe- gängniß anzusagen haben. Für eigends fundirte kleinere Stiftungen, aus welchen die Renten ihnen auf die Hand gegeben werden, haben sie zu gewissen Zeiten gemeinschaftliche Gebete zu verrich- ten.“

8 Vgl. S. 235 Anm. 57. 9 Vgl. S. 205, S. 222 Anm. 247. 10 Vgl. ebd. 360 „Zeit der Begründung: Kommt diese Stiftung schon lange vor 1783 vor und kann die Zeit der Begründung nicht angegeben werden, weil die Stiftungsbriefe nach geschehener Extradition des Stiftungsvermögens an die Stif- tungsadministration im Jahr 1807 zum Ministerium eingesendet werden mußte, wo selbst sie noch liegen.“

„Umfang und Erfolg ihrer Leistungen: Die Pfründe für die Seelenweiber besteht außer dem freien Wohnungsgenuß [im stiftungseigenen Gebäude Ecke Lange/Paradiesgasse] und der freien Beheizung in einem jährlichen Geldbezug von 12 fl. in Monatsraten von 1 fl. zahlbar. Das Holz liefert aber die Leprosenhausstiftung mit jährlich 6 Klafter Brennholz. Die Rentenüberschüsse werden seit dem Neubau des Stadtkrankenhauses an die- ses so lange hinüberbezahlt, bis solches aus eigenen Mitteln bestehen kann. Auf die Pfründen, Beheizung usw. werden durchschnittliche 150 fl. verausgabt, an die Armen-Caßa ein Beitrag von 10 fl. geleistet und an das Krankenhaus ein Rentenüberschuß von 100 - 200 fl. ge- zahlt. - Wegen der mit einer Pfründe verbundenen Obligenheit trit diese Stiftung in die Reihe der Beschäftigungsanstalten und hat deßwegen noch mehr aber wegen der Art ihrer Beschäftigung den günstigsten Erfolg in doppelter Beziehung.“

Ströhl’sche Stiftung11 „Zweck der Anstalt: Die Unterstützung der von Zeit zu Zeit in der Stadt befindlichen kranken Armen ohne Unterschied des Standes und Geschlechtes durch Verteilung der Rentenüberschüsse unter sie. Arme Kranke, wel- che ihr Vermögen früher durch Liederlichkeit verzehrt haben, sind von dieser Stiftung ausgeschlos- sen.“

„Zeit der Begründung: Am 8. October 1809 durch letztwillige Verfügung des kgl. Medizinal Rathes, Oberlieutenants und Stabschirurgen Egid Ströhl von Amberg.“

„Umfang und Erfolg ihrer Leistungen: Nach dem Willen des Stifters müßen dem zeitlichen Ortspfarrer die jährlichen Renten aus dem Stif- tungsvermögen ausgehändigt werden, welcher sie nach eigenem Ermessen unter die armen Kranken vertheilt. Das ursprüngliche Stiftungsvermögen war bedeutend, schmälerte sich aber durch Verluste in zwei Ganten bis zum gegenwärtigen Stande, welcher überdieß noch einen Abzug von 1300 fl. erleiden wird. Die Summe, welche von dem zeitlichen Stadtpfarrer nach dem Zwecke der Stiftung vertheilt wird, beläuft sich gegenwärtig auf 180 fl. Sie muß als eine sehr zweckmäßige und erfolgrei- che deßwegen genannt werden, weil sie augenblicklich, im Stillen, ohne den Empfänger vor die Welt zu stellen und dem wahrhaft Bedürftigen hilft.“

11 Vgl. S. 205. 361 Tabelle 1 a: Einlegerstruktur fragmentarisch Sp 1, 2, 312 Einleger Einlegerzahl Einlegerzahl Einlegerzahl nach Sp 1 nach Sp 2 nach Sp 3 Kinder 348 355 143 Mädchen 201 227 82 Knaben 147 128 61

Meister 47 56 17 Schneider 7 10 7 Schuhmacher 7 8 3 Buchbinder 5 Maler 5 Friseur 4 Metzger 3 Glockengießer 2 Hafner 2 1 Papiermacher 2 Riemer 2 Rotgerber 2 Maurer 1 5 1 Schlosser 1 1 Tuchmacher 1 Wagner 1 3 Weber 1 3 1 Zimmermann 1 1 2 Müller 6 1 Brauer 2 Gärtner 2 Melber 2 Hutmacher 2 Zeugmacher 2 Bäcker 1 Fischer 1 1 Fleischhauer 1 Gürtler 1 Hammerschmied 1 Hufschmied 1 Kaminkehrer 1 Schmied 1 Steinhauer 1

Gesellen 26 20 10 Schuhmacher 6 1 Maurer 3 3 Müller 3 Bäcker 2 1 Buchbinder 2 Metzger 2 Schneider 2 6 2 Schreiner 2 1 Zimmermann 2 2 Bader 1 Papiermacher 1 Fleischhauer 2 1 Fleischer 1 Gärtner 1 Geselle 1 3 Hafner 1 Hammerschmied 1 Sattler 1 Wagner 1 Zeugmacher 1

Personen adeliger Herkunft 11 4 1 Advokat 4 Arbeiter 1 Arbeitshausverwalter 2 Assessor 2 3 1 Bauer 13 67 44 Beisitzer 5 Bergmann 2 5 1 Bergoberverweser 1

12 HASpAm-Su, Sp 1(1835/36, 1836/37), Sp 2 (1837/38 bis Juli 1839), Sp 3 (August 1839 bis 12. Febr. 1840). Vgl. S. 70. 362 EInleger Einlegerzahl Einlegerzahl Einlegerzahl nach Sp 1 nach Sp 2 nach Sp 3 Bierbrauer 3 Bräuknecht 1 Brigardier 1 Diakon 1 Dienstknecht 3 18 3 Dienstmagd 14 19 4 Essigfabrikant 1 Fabrikarbeiter 1 Feldwebel 2 Förster 3 5 Gärtner 1 Garkoch 2 Geigenmacher 1 Gendarm 1 Gerichtsbote 4 1 Gewehrfabrikarbeiter 12 9 2 Gewehrfabrikarbeiterin 2 Gutsbesitzer 1 1 Hauptmann 2 3 Hausbesitzer 3 Haushälterin 1 2 Hirte 3 1 Hornist 1 Jäger 1 Kaufmann 4 2 Köchin 11 20 1 Kontrolleurin 1 Kooperator 1 4 2 Korporal 3 Krämer 5 Krämerin 1 Lehrer 2 2 Leutnant 1 Magistratsrat 1 1 Major 1 Mesner 4 1 Nadler 2 Näherin 2 1 Oberjäger 1 Oberleutnant 1 3 1 Papierfabrikant 2 Pharmazeut 1 Polizeidiener 1 1 Polizist 2 Postfunktionär 1 Postsekretär 1 Professor 4 Putzfrau 1 Quartiermeister 2 Ratsdiener 1 Rechnungscommißair 1 Regierungsrat 2 Salzstadlarbeiter 1 Schiffsmann 1 Sergeant 1 Soldat 10 8 3 Spengler 1 Stadtgerichtsdiener 2 Stadtgerichtsschreiber 2 Stadtschreiber 1 Tagelöhner 4 7 4 Trompeter 1 Unteroffizier 1 Wachtmeister 2 Wärter 1 Wergmacher 1 1 Weißbäcker 2 Wirt 1 3 Wirtin 1 Wundarzt 1 Zeugmacher 1 Ziegler 1 Zollverwalter 1 363 Tabelle 1 b: Einlegerstruktur Sparkasse Amberg; fragmentarisch 1835/36 - 12. Februar 1840 (nach Sp 1 - 3)13 Jahr Kinder Meister Gesellen Bauern Dienstboten Arbeiter andere Adel ohne Tagelöhner Berufe Angabe 1835/36, 1836/37 348 47 26 13 34 19 62 11 221 1837/38 bis Juli 1839 355 56 20 67 59 18 79 4 61 Aug. 1839 bis 12. Febr. 1840 143 17 10 44 9 6 26 1 22

Tabelle 2 a: Herkunft der Einleger nach Sp 114 Ort Anzahl Landgericht Anzahl

Amberg 341 Amberg 128 Hohenburg 10 Nabburg 18 Sulzbach 7 Parsberg 15 Hirschau 4 Neustadt (Waldnaab) 13 Neuburg (Donau) 3 Eschenbach 12 Ebern 2 Kastl 12 Neustadt 2 Vohensstrauß 8 Ursensollen 2 Burglengenfeld 7 Egloffstein 1 Waldsassen 5 Ensdorf 1 Neumarkt 3 Eschenbach 1 Neunburg 3 Hannersreuth 1 Stadtkemmnath 3 Hemau 1 Sulzbach 3 Ingolstadt 1 Velburg 3 Kohlberg 1 Beilngrieß 1 Lengfeld 1 Hilpoltstein 1 Mainburg 1 Mindelheim 1 Pirmasens 1 Munstadt 1 Pleinfeld 1 Nördlingen 1 Preysing 1 Pfaffenhofen 1 Regensburg 1 Waldmünchen 1 Roßhaupt (Böhmen) 1 Schwandorf 1 Sulzburg 1 Vilseck 1

Tabelle 2 b: Herkunft der Einleger nach Sp 215 Ort Anzahl Landgericht Anzahl

Amberg 258 Amberg 269 Neunburg v. W. 9 Kastl 33 Stadtkemmnath 4 Nabburg 29 Straubing 4 Sulzbach 18 Regensburg 2 Neustadt (Wald- 13 Burglengenfeld 1 naab) 11 Kallmünz 1 Burglengenfeld 8 Kulmain 1 Parsberg 6 Roding 4 Vohenstrauß 3 Hemau 2 Eschenbach 2 Waldsassen 1 Neuburg (Doau) 1 Stadtamhof

13 Vgl. S. 72ff. 14 Vgl. S. 78, S. 127. 15 Vgl. ebd 364 Tabelle 2 c: Herkunft der Einleger nach Sp 316 Ort Anzahl Landgericht Anzahl

Amberg 75 Amberg 120 Wernberg 2 Nabburg 26 Regensburg 1 Kastl 18 Parsberg 7 Neustadt (Waldnaab) 5 Sulzbach 5 Burglengenfeld 4 Eschenbach 1 Hollfeld 1 Lauf 1 Neunburg v. W. 1 Regenstauf 1 Stadtamhof 1 Waldsassen 1

Tabelle 3 a: Steingutfabrik: Anzahl der Arbeiter, Entlohnung , Produktionswert 1839/40 - 1843/4417 Jahr Anzahl der Arbeiter Lohn Produktionswert männlich täglich über 14 Jahre 1839/1840 26 40 kr. 4.000 fl. 1840/1841 26 40 kr. 4.500 fl. 1841/1842 30 40 kr. 6.000 fl. 1842/1843 36 40 kr. 8.000 fl. 1843/1844 40 40 kr. 10.000 fl.

Tabelle 3 b: Tabakfabrik: Anzahl der Arbeiter, Entlohnung, Produktionsmenge und -wert 1839/40 - 1843/4418 Jahr Anzahl der Arbeiter Lohn Produktionsmenge/-wert männlich täglich über 14 Jahre 1839/1840 4 48 kr. 120 Ztr./2.880 fl. 1840/1841 4 48 kr. 116 Ztr./2.784 fl. 1841/1842 4 48 kr. 112 Ztr./2.688 fl. 1842/1843 4 48 kr. 128 Ztr./3.072 fl. 1843/1844 4 48 kr. 132 Ztr./3.168 fl.

Tabelle 3 c: Gewehrfabrik: Anzahl der Arbeiter, Entlohnung 1839/40 - 1843/4419 Jahr Anzahl der Arbeiter Lohn Anzahl der Arbeiter Lohn männlich täglich männlich täglich über 14 Jahre unter 14 Jahre 1839/1840 212 20 kr. - 1 fl. 30 kr. 6 20 - 30 kr. 1840/1841 227 20 kr. - 1 fl. 30 kr. 9 20 - 30 kr. 1841/1842 190 20 kr. - 1 fl. 30 kr. 1 20 - 30 kr. 1842/1843 184 20 kr. - 1 fl. 30 kr. 4 20 - 30 kr. 1843/1844 185 20 kr. - 1 fl. 30 kr. 3 20 - 30 kr.

16 Vgl. S. 127. 17 StadtAAm, Zg. I 333, VB vom 14. November 1844, Beilage XXX. Vgl. S. 75. 18 Ebd. 19 Ebd. 365 Tabelle 4: Dienstboten, Alter/Geburtsjahr, 1857 bis 187720 Jahr weiblich männlich davon Alter bzw. Geburtsjahr unehelich 185721 14 3 1839, 1842,1839, 21 J., 33 J., 1822, ?, 1843, 19 J., 25 J., 13 J., 1834, 1835, 1839 185822 53 2 8 w: 1841, 14 J., 1831, 1833, 1829, 1842, 1826, 1838, 15 ½ J., 1840, 1840, 13 J., 18 ½ J., 18 ½ J., 1842, 1841, 1842, 1838, 1841, 1838, 1844, 1839, 1838, 1796, 1833, 1829, 1829, 1842, 1801, 1819, 1837, 1843, 1843, 1843, 1839, 1842, 1831, 1842, 1840, 1812, 1841, 1831, 1832, 1840, 1838, 1841, 1836, 1834, 1840, 1842, 1820, 1838, 1839 m: 1814, 1844 1859 47 8 16 w: 1842, 1842, 17 J., 15 J., 1839, 1840, 1818, 1843, 1844, 1836, 1836, 1841, 17 J., 1836, 21 J., 17 J., 1840, 1841, 1844, 1843, 1841, 1842, 1843, 1840, 1841, 1845, 1843, 1837, 1843, 1846, 1847, 1840, 1844, 1826, 1841, 1844, 1843, 1835, 1839, 37 J., 1836, 1842, 1841, 37 J., 1841, 1843, 1842 m: 30 J., 1815, 1846, 1845, 1841, 1840, 1837, 1833 1860 59 16 1828, 1843, 1841, 1842, 1831, 1842, 1845, 1842, 1846, 1843, 1837, 1836, 1843, 1842, 1841, 1835, 1841, 1835, 1847, 1846, 1842, 1825, 1840, 1834, 1844, 1821, 1835, 1844, 1839, 1829, 1841, 1839, 1831, 1843, 1842, 1839, 1830, 1843, 1842, 1839, 1844, 1842, 1840, 1836, 1844, 1838, 1840, 1840, 1844, 1840, 1836, 1844, 1839, 1834, 1839, 1841, 26 J., 1841, 1840 1861 50 2 4 w: 1842, 1838, 1839, 1841, 1846, 1845, 1840, 1843, 1832, 1843, 1845, 1843, 1845, 1845, 1817, 1842, 1838, 1842, 1798, 1838, 1844, 25 J., 1840, 1841, 1845, 1844, 1844, 1846, 1843, 1838, 1834, 1844, 1847, 1845, 1857, 1845, 1844, 1835, 1845, 1846, 1835, 1840, 1840, 1845, 1836, 1841, 1844, 14 J., 1844, 1845 m: 1828, ? 1862 46 3 5 w: 1839, 1849, 14 J., 30 J., 1848, 1839, 20 J., 1841, 1843, 32 J., 1838, 1842, 1847, 1844, 1840, 1836, 1847, 1843, 1842, 1844, 1843, 1846, 1828, 1842, 1846, 1842, 1845, 1838, 1849, 1848, 1839, 1843, 1839, 1845, 1846, 1842, 1834, 43 J., 1837, 1834, 1846, 1844, 1834, 1845, 1835, 1839 m: 1847, 1848, 1837 1863 40 1 8 w: 1842, 1844, 19 J., 23 J., 22 J., 1846, 1823, 1847, 21 J., 30 J., 22 J., 1841, 36 J., 20 J., 1844, 1845, 1848, 1847, 1842, 1843, 1834, 1845, 1848, 1842, 1845, 1846, 1833, 1847, 1843, 1846, 1847, 17 ½ J., 1847, 1847, 1842, 1841, 1844, 1846, 22 J., 1841 m: 1848 1864 45 1 11 w: 1845, 1847, 1806, 1847, 1837, 1844, 1849, 1846, 1847, 1843, 1844, 1847, 1846, 1845, 1843, 1846, 1847, 1846, 1846, 1848, 1849, 1847, 1847, 1848, 1841, 1840, 1848, 1849, 1842, 1846, 1841, 1847, 29 J., 19 J., 17 J., 20 J., 15 J., 21 J., 1851, 1840, 1843, 1848, 1844, 1839 1849 m: 1848 1865 50 4 11 w: 1847, 1846, 1842, 1842, 1849, 1847, 1837, 1844, 1850, 1847, 1850, 1847, 1847, 1849, 1851, 1844, 1844, 1834, 1850, 1851, 1839, 1848, 1839, 1845, 1840, 1844, 1850, 1844, 1848, 1847, 1844, 1849, 1849, 1849, 1849, 1846, 1838, 1849, 1845, 1848, 1848, 1851, 1850, 1825, 1847, 1845, 1848, 1841, 1849, 1850 m: 1837, 1829, 1832, 1850 1866 42 4 4 w: 1850, 1849, 1849, 1842, 1836, 1849, 1840, 1849, 1847, 1852, 1846, 1841, 1846, 1842, 1838, 1844, 1850, 1851, 1845, 1851, 21 J., 1848, 1845, 1849, 1843, 1844, 1849, 1849, 1844, 1840, 1849, 1850, 1850, ?, 1850, 1842, 1834, 1847, 1847, 1840, 1851, 1837 m: 1848, 1852, 1838, 1846

20 StadtAAm, Zg. I 932, „Verzeichnis über ausgefertigte Dienstbotenbücher“. Hier wurden wahrscheinlich nur die Neuzu- gänge erfaßt. Vgl. S. 177 Anm. 53. 21 Die Aufstellung beginnt mit dem 7. Oktober 1857. 22 Dieses und alle folgenden Jahresaufstellungen beginnen jeweils Anfang Januar. 366

Jahr weiblich männlich davon Alter bzw. Geburtsjahr unehelich 1867 38 1 10 w: 1844, 1851, 1850, 1851, 1848, 1841, 1852, 1853, 1848, 1849, 1847, 1849, 1852, 1840, 1847, 1851, 43 J., 38 J., 26 J., 1849, 1849, 1851, 1851, 1842, 1851, 1853, 1810, 1850, 1851, 1852, 1846, 1836, 1850, 1850, 1850, 1840, 1851, 1851 m: 1846 1868 45 2 9 w: ?, 1847, 1835, 1851, 1828, 1846, 1854, ?, 1850, 16 J., 1844, 1852, 1843, 1854, 1853, 1845, 1851, 1835, 1850, 1841, 1852, 1854, 1845, 1840 1843, 1847, 1848, 1841, 1834, 1847, 1846, 1857, 1849, 1851, 1849, 1846, 1850, 1851, 1841, 1849, 1850, 1856, 1852, 1855, 31 J. m: 1852, 1855 1869 25 2 4 w: 1852, 1852, 21 J., 1851, ?, 1849, 1846, 1847, 1851, 1847, 1849, 1850, ?, 1852, 1832, 1848, 1845, 1854, 1838, 1851, 1852, 1848, 1835, 1856, 1844 m: 1829, 1845 1870 21 3 5 w: 1818, 1841, 1850, 1854, 1849, 1853, 1837, 1842, 52 J., 1848, 1849, 1853, 1853, 1851, 1854, 1851, ?, 1856, 1856, 1852, 1854 m: 1853 1848, 1856 1871 41 6 1854, 1850, 1854, 1849, 1852, 1855, 1837, 1839, 1853, 1855, 25 J., 1855, 1839, 1855, 1853, 1851, 1854, 1854, 1851, 1835, 1848, 1858, 1849, 1852, 1850, 1854, 1855, 1836, 1851, 1853, 1853, 1843, ?, 1853, 1851, 1853, 1853, 1855, 1852, 1851, 1850 1872 36 1 10 w: 1854, 1845, 1856, 1847, 1847, 1847, 1847, 1857, 1856, 1856, 1845, 1851, 1846, 1858, 1854, 1853, 1856, 1855, 1853, 1847, 1853, 1855, 1854, 1856, 1847, 1857, 1847, 1858, 1857, 1851, 1851, 1853, 1854, 1836, 1854, 1856 m: 1837 1873 42 1 8 w: 1856, 1822, 1859, 1854, 1848, 20 J., 1856, 1845, 1852, 1858, 1854, 1851, 1858, 1856, 1853, 1853, 1857, 1856, 1853, 1855, 1856, 1841, 1854, 1858, 1853, 1837, 1858, 1854, 1851, 1851, 1839, 1852, 1852, 1855, 1859, 1859, 1857, 1855, 1851, 1859, 1859, 1858 m: 1859 1874 39 5 1858, 1860, 1842, 1859, 1855, 1859, 1860, 1842, 1851, 1857, 1858, 1856, 1857, 1858, 1860, 1862, 1859, 1851, 1860, 1858, 1859, 1853, 1857, 1858, 1856, 1854, 1839, 1855, 1859, 1861, 1855, 1858, 1856, 1857, 1861, 1855, 1856, 1854, 1857 1875 36 2 3 w: 1860, 1836, 1861, 1859, 1838, 1836, 1858, 1854, 1858, 32 J., 1851, 1857, 43 J., 1857, 1859, 1861, 1858, 1857, 1859, 1859, 15 J., 1856, 1856, 1862, 1860, 1859, 1858, 1854, 1858, 1859, 1858, 1855, 1857, 1859, 1855, 1853 m: 1857, 1856 1876 35 3 1 w: 1860, 1861, 1854, 1861, 1856, 1857, 1844, 1858, 1858, 1860, 1854, 1856, 1860, 1857, 1853, 1857, 1860, 1859, 1860, 1854, 1863, 1861, 1854, 1862, 1856, 1861, 1859, 1862, 1859, 1854, 1859, 1860, 1861, 1860, 1851 m: 1858, 1848, 1856 1877 58 3 4 w: 1858, 1859, 1856, 1857, 1860, 1860, 1856, 1860, 1858, 1860, 1859, 1861, 1861, 1859, 1854, 1858, 1839, 1855, 1858, 1862, 1858, 1862, 1860, 1861, 1862, 1869, 1856, 1849, 1860, 1862, 1861, 1863, 1859, 1863, 1862, 1859, 1851, 1860, 1858, 1862, 1861, 1862, 1859, 1858, 1856, 1842, 1859, 1861, 1857, 1841, 1862, 1859, 1862, 1863, 1862, 1858, 1860, 1864 m: 1852, 1860, 1857

367 Tabelle 5: Reale und radizierte Gewerbe um 186023 Beruf Anzahl Beruf Anzahl Beruf Anzahl Apotheker 2 Kartenmacher 1 Schmied 9 Bader 2 Kupferschmied 2 Schnittwarenhändler 4 Bäcker 27 Lebzelter/Wachszieher 1 Schreiner 6 Buchdrucker 1 Leihbibliothekar 1 Schuhmacher 1 Buchhändler 1 Melber 3 Seifensieder 3 Brauer 15 Metzger 2 Spezereiwarenhändler 7 Essighersteller 3 Müller 8 Steingutfabrikant 1 Färber 3 Nagelschmied 2 Tabakhersteller 1 Glockengießer 1 Rotgerber 4 Tafernwirt 19 Glaser 1 Säger 1 Uhrmacher 1 Goldarbeiter 2 Schmuckhändler 1 Wagner 1 Hafner 3 Schmuckmacher 1 Walkmüller 1 Hutmacher 2 Schleifmühlenbetreiber 1 Wasenmeister 1 Kaminkehrer 2 Schlosser 3 Weinhändler 2

Wert der Gewerbe: real 44.700 fl. radiziert 110.500 fl. 155.200 fl.

Tabelle 6: Produktionsbetriebe/Beschäftigtenzahlen 186124 Betrieb Direkto- Arbeiter Arbeiterinnen renMeister 2 Branntweinbrennereien 2 13 Brauereien 13 48 2 Essigfabriken 2 2 1 1 Gasanstalt 12 1 Gewehrfabrik 6 570 2 Kalkbrennereien 5 1 1 Lohmühle 1 1 Sägemühle 2 1 Steingutfabrik 3 56 18 1 Tabakfabrik 1 2 2 1 Tuchfabrik 32 2 Wachsfabriken 4 2 Ziegeleien 9 1 6 Wassermühlen 5 16

36 Betriebe 32 727 55

23 Ebd. Zg. I 918, „Erhebungen über Zahl und Werte der realen und radicirten Gewerbe“ vom 26. Juni 1860. Vgl. S. 204 Anm. 153. 24 BSB X, 68, 81,84f., 87f., 90, 95, 98, 103. Vgl. S. 226. 368 Tabelle 7 a: Gewerbe 186425 Beruf Anzahl Beruf Anzahl Beruf Anzahl Apotheker 2 Kaminkehrer 2 Schlosser 7 Backofenmacher 3 Kammacher 2 Schmied 7 Bader 3 Kartenmacher 1 Schneider 21 Badinhaber 2 Kleiderreiniger 2 Schneidmühlenbetreiber 1 Bäcker 36 Klempner 6 Schreiner 12 Bettfedernreiniger 1 Kupferschmied 3 Schuhflicker 4 Bierbrauer 14 Kürschner 1 Schuhmacher 32 Bierwirte 12 Lithograph 1 Schreibbürobetreiber 1 Bleicher 1 Lohmühlenbetreiber 1 Seifensieder 2 Blumennäherin 4 Maler 5 Seiler 4 Branntweinbrenner 2 Maurer 4 Siebmacher 2 Buchbinder 4 Messerschmied 1 Steinmetz 4 Buchdrucker 4 Metzger 17 Steinzeugfabrikant 1 Büchsenmacher 1 Müller 6 Stricker 2 Bürstenbinder 1 Musikant 8 Stumpfwirker 1 Drechsler 5 Nadler 2 Tabakfabrikant 1 Färber 2 Nagelschmied 3 Tapezierer 4 Feilenhauer 1 Orgelbauer 2 Töpfer 3 Feinbäcker 3 Pfandleiher 1 Tuchmacher 1 Frachtfuhrmann 17 Pflasterer 1 Uhrmacher 5 Friseur 4 Photograph 2 Wachszieher/Lebküchner 4 Garkoch 21 Porzellanfabrikant 1 Wagner 3 Gartenwirt 5 Posamentier 1 Wäschereibetreiber 6 Gärtner 15 Putz-/Kleidermacher 23 Wasenmeister 1 Gast-/Tafernwirt 18 Riemer 2 Weber 6 Gaswerk 1 Rotgerber 2 Weinschenk 3 Glaser 6 Säckler 3 Weißgerber 1 Glockengießer 1 Sägemühlenbetreiber 1 Zeugmacher 1 Goldarbeiter 2 Sattler 4 Zeugschmied 1 Gürtler 2 Schäffler 8 Ziegel-/Backsteinbrenner 3 Hutmacher 4 Schätzer 3 Zimmermann 4 Instrumentenmacher 2 Schirmmacher 2 Zinngießer 1 Kaffe-/Speisewirt 4 Schleifmühlenbetreiber 1

25 Ebd. „Verzeichnis sämtlicher Gewerbebesitzer im Stadtbezirk Amberg“ vom 22. Oktober 1864. Vgl. S. 204 Anm. 153. 369 Tabelle 7 b: Handelsgeschäfte um 186426 Bezeichnung Anzahl Bezeichnung Anzahl Bezeichnung Anzahl Agent 17 Hausierer 1 Obst.-/Gemüsehändler 25 Einzelhändler27 41 Holzhändler 1 Obstler28 18 Fischhändler 2 Knochenhändler 2 Pfragner29 6 Geflügelhändler 1 Kurzwarenhändler 3 Saitenhändler 1 Getreidehändler 2 Leihbibliothekar 1 Steinkohlenhändler 2 Gipshändler 3 Lumpensammler 3 Trödler 5 Großhändler 1 Melber30 11 Weinhändler 2 Hafenhändler 1 Milchhändler 3 Wildprethändler 2

26 Ebd. Mehrfachnennungen. So wurde Franz Kallmünzer unter Agent, Einzel- und Gipshändler aufgeführt. Vgl. S. 204 Anm. 153. 27 Nicht spezifiziert. 28 Lebensmittelhändler. 29 Kram-, Kleinhändler. 30 Mehlhändler. 370 Verwendete Abkürzungen

Abs. Absatz Anm. Anmerkung AZ Archivalische Zeitschrift Bd. Band Bde. Bände BHVB Bericht des Historischen Vereins Bamberg BSB Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern Dez. Dezimale Diss. Dissertation DO Die Oberpfalz ebd. ebenda fl. Gulden GB Geschäftsbericht HB Handbuch der Bayerischen Geschichte Hg./Hgg. Herausgeber kr. Kreuzer KdI Kammer des Innern M. Mark MBM Miscellanea Bavarica Monacensia MHVP Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz OA Oberbayerisches Archiv o. D. ohne Datum OH Oberpfälzer Heimat o. J. ohne Jahr o. O. ohne Ort o. S. ohne Seite o. T. ohne Tag pf. Pfennig S. Seite Stat. Statuten Tab. Tabelle Tgw. Tagwerk; 1 Tagwerk = 100 Dezimalen = 3.407,27 m² u. a. unter anderem Univ. Universität v. verso VB Verwaltungsbericht vgl. vergleiche v. H. von Hundert VHVO Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg ZbLG Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte ZbSG Zeitschrift für bayerische Sparkassengeschichte ZHVS Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben ZStB Zeitschrift des Königlich Bayerischen Statistischen Bureaus zugl. zugleich Ztr. Zentner

371 Verwendete Literatur

I. Ungedruckte Quellen

Bayerisches Hauptstaatsarchiv München (BayHStAM) Ministerium der Finanzen (MF) 58457, 58458

Ministerium des Innern (MInn) 30981/20, 44349, 52670, 52671, 52674, 52677a, 52678, 54860, 59253

Staatsschuldenverwaltung 2832

Staatsarchiv Amberg (StAAm) Regierung, Kammer des Innern, Abgabe 1949 (Reg. KdI Abg. 1949) 2173, 2174, 3805, 3806, 3838, 4944, 8209 I, 8209 II, 8279, 8306, 8309, 8313/1, 8313/2, 8410/1, 9057, 9381/1

Regierung der Oberpfalz, Kammer des Innern (Reg. d. Opf. KdI) 1383

Staatsschuldentilgungskasse Regensburg Abgabe Landshut 1969/70 Karton Nr. 4, 48

Stadtarchiv Amberg (StadtAAm) Ansässigmachungs-, Bürgerrechts-, Verehelichungs-Akten 834, 4116, 8296

Bände 245, 457 ½

Personalakt Wolfgang Zimmermann

Rathsprotokolle, Sitzungsprotokolle des StadtMagistrats Bände 78/1 - 84, 98, 104, 105, 123.

Rechnungen I 271 - 282, 311 X 164 XV 23, 29, 39, 40

Urkunden Urk. 7, Urk. 16

Zugang I (Zg. I) 145, 147, 182, 183, 211, 222, 224, 256 b, 333, 334, 335, 336, 340, 342, 344, 349, 353, 773, 776, 780, 856/1, 856/3, 856/4, 857, 908, 912, 918, 932, 1033, 1086, 1089, 1093, 1300, 1858, 1860, 1861, 1862, 2039, 2058, 2060, 2062, 2063, 2065, 2067/1, 2067/2, 2068/2 372 Zugang II (Zg. II) 34, 279, 1334, 1507, 1919, 3854, 3855, 3856, 3861, 3862, 3863, 3866, 3869, 3870, 3871, 3904, 4312, 4354

Zugang III (Zg. III) 831/14

Handschriften Nr. 18 Josef Dollacker, Geschichte der Stadt Amberg für die Zeit von 1864 bis 1912.

Nr. 21 Johann Georg Hubmann, Chronik von Amberg.

Nr. 170 Josef Dollacker, Der Bau der Ostbahn.

Stadtarchiv Augsburg (StadtAA) Bestand 1, Akt 1114, Nr. 35, 36

Stadtarchiv München (StadtAM) Sparkasse 15

Stadtarchiv Nürnberg (StadtAN) Acta des Magistrats der Stadt Nürnberg. Die Errichtung einer Spahr- und Leihanstalt betr 1821 - 1838. C 6 ÄMR Nr. 1786

Historisches Archiv der Sparkasse Amberg-Sulzbach, Hahnbach (HASpAm-Su) Städtische Sparkasse Amberg, Rechnungen 1825/26 - 1837/38, 1839/40 - 1866/67, 1867 - 1905 Städtische Sparkasse Amberg, Sp 1 - 3 Sparkasse Sulzbach-Hauptstelle Distriktsparkasse Amberg, Gutachten über die Grundbestimmungen der Sparkassen 1874

II. Gedruckte Quellen und Literatur

1. Regierungs-, Intelligenz-, Wochen-, Amtsblätter, Zeitschriften, Zeitungen

ABl. MInn. Amtsblatt des K. Staatsministeriums des Innern. Königreich Bayern 1874

ATbl. Amberger Tagblatt 1851, 1861

Extra-Beilage zu dem Rezat-Kreis-Intelligenz-Blatt Nr. 67, 1833

GBl. Gesetzblatt für das Königreich Bayern 1848 373 IBl. Opf. Königlich Bayerisches Intelligenzblatt für die Oberpfalz und von Regensburg 1843, 1844, 1847, 1849, 1850

IBl. Re. Königlich Bai(y)erisches Intelligenzblatt für den Regenkreis 1823, 1825, 1826, 1827

KABl. Opf. Königlich Bayerisches Kreis-Amtsblatt der Oberpfalz und von Regensburg 1863, 1864, 1866, 1871, 1880, 1886

OWbl. Wochenblatt für die königlich baierische Provinz der obern Pfalz 1807

RBl. Regierungs- und Intelligenzblatt für das Königreich Baiern 1811, 1816, 1823. Regierungsblatt für das Königreich Bayern 1848, 1869

Stat. JB Statistisches Jahrbuch für das Königreich Bayern 1894

Statuten des Privat-Spar-Vereins Amberg vom Jahre 1862

WBl. Wochenblatt der Stadt Amberg 1824 - 1860 Amberger Amts- und Wochenblatt 1868

ZStB Zeitschrift des Königlich Bayerischen Statistischen Bureau 1880, 1884, 1885, 1887, 1888, 1889, 1890, 1891, 1892, 1893, 1894, 1895, 1897, 1899, 1901, 1903, 1904, 1907, 1908

2. Sonstige gedruckte Quellen und Literatur

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LEBENSLAUF

Name Anna Schiener geboren 1955 in Auerbach

1973 Abitur

Studium SS 95 - WS 96/97 Grundstudium, FAU Erlangen-Nürnberg Alte Geschichte, Klassische Archäologie, Mittlere Geschichte SS 97 - SS 99 Hauptstudium, FAU Erlangen-Nürnberg Bayer. u. Fränk. Landesgeschichte, Alte Geschichte, Klassische Archäologie SS 99 Magisterprüfung WS 99/00 - SS 02 Promotionsstudium, FAU Erlangen-Nürnberg