Hans-Christoph Kirnich

Die Grazer Feuerschutzpolizei von 1938 bis 1945 - Organisatorische Veränderungen

Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Rechtswissenschaften an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens Universität Graz

Eingereicht bei a.o. Univ.-Prof. Dr. Helmut Gebhardt Institut für Österreichische Rechtsgeschichte und Europäische Rechtsentwicklung

Graz, 2013

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich versichere, dass ich die eingereichte Diplomarbeit selbständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfsmittel bedient habe. Ich versichere ferner, dass ich diese Diplomarbeit bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner Form als wissenschaftliche Arbeit vorgelegt habe.

Graz, 2013

2

INHALTSVERZEICHNIS

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ...... 5

Einleitung ...... 6

1 Historische Entwicklungen des Feuerlöschwesen ...... 9

1.1 Die Geschichte der Feuerwehr in der Antike ...... 9

1.2 Die Feuerwehr im Mittelalter ...... 12

1.3 Die Feuerwehr in der Neuzeit ...... 15

1.4 Der Erste Weltkrieg und die Zwischenkriegszeit ...... 23

1.5 Gründung der ersten Feuerwehr in Graz ...... 26

1.5.1 Der Weg zur Feuerwehr ...... 26

1.5.2 Die Grazer Berufsfeuerwehr ...... 27

1.5.3 Entwicklung bis 1938 ...... 29

2 Der Anschluss im Jahre 1938 ...... 35

2.1 Allgemeine Situation ...... 35

2.2 Die Deutsche Gemeindeordnung ...... 36

2.3 Die Grazer Berufsfeuerwehr in den Tagen nach dem Anschluss ...... 37

2.4 Schaffung von Groß-Graz ...... 40

3 Erste Veränderungen ab 1938 ...... 42

3.1 Das Gesetz über das Feuerlöschwesen ...... 42

3.2 Eingliederung in die ...... 45

4 Die weitere allgemeine Entwicklung ...... 47

4.1 Aufbau und Organisation...... 47

4.2 Ausbildung und Diensteinteilung ...... 58

4.3 Freiwillige Feuerwehr ...... 61

4.4 Die Werkfeuerwehren ...... 63

3

INHALTSVERZEICHNIS

5 Der Luftschutz ...... 66

6 Frauen im Feuerlöschdienst ...... 78

7 Die Hitlerjugend und ihre Feuerwehrscharen ...... 82

8 Personalstatistik der Feuerschutzpolizei ...... 86

9 Brandstatistiken ...... 89

10 Die Nachkriegszeit bis zur Gegenwart ...... 93

10.1 Die Feuerwehr in Graz nach dem Kriegsende ...... 93

10.2 Die Entwicklung bis heute ...... 95

Zusammenfassung ...... 99

Quellen und Literaturverzeichnis ...... 103

Archivalische Quellen ...... 103

Gedruckte Quellen und Literatur ...... 103

Internetquellenverzeichnis ...... 106

Abbildungsverzeichnis ...... 107

Abkürzungsverzeichnis ...... 108

4

VORWORT

Vorwort

Schon als kleines Kind war ich, wie wohl viele andere von der Feuerwehr fasziniert. Ich hatte das Privileg, dass mein Vater als Offizier, sowie sein Vater als Brandinspektor bei der Grazer Berufsfeuerwehr tätig waren. Dadurch konnte ich schon in jungen Jahren das Geschehen bei der Feuerwehr hautnah erleben. Besonders beeindruckt haben mich immer die Geschichten meines Großvaters aus den „Jahren nach dem Krieg“. In diesen Erzählungen wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass nach dem Zweiten Weltkrieg einfach nichts vorhanden war und alles selbst geschaffen werden hat müssen. In vielen Stunden wurde mir erzählt, welche Errungenschaften langsam gemacht wurden und wie auch er durch seine vielfältigen Tätigkeiten mithalf die Feuerwehr von Grund auf neu aufzubauen.

Ausgehend von diesen Erzählungen wollte ich nun im Erwachsenalter die Hintergründe genau verstehen, weshalb die Situation damals so aussichtslos und prekär erschien!

Ich möchte mich bei Herrn Klaus Dieter Schellauf von der Abteilung Katastrophenschutz und Feuerwehr der Stadt Graz für die Bereitstellung der Unterlagen aus seinem Privatarchiv herzlich bedanken.

Mein Dank gilt meinen Eltern, die mir mein Studium ermöglicht haben.

Ich möchte diese Arbeit meinem Großvater widmen, der von 1948 bis 1986 als Brandinspektor bei der Feuerwehr der Stadt Graz tätig war und ohne den ich dieses Thema wohl nie aufgegriffen hätte.

5

EINLEITUNG

Einleitung

Im Zuge meiner Recherchen fand ich heraus, dass für das Feuerlöschwesen in Graz im Zweiten Weltkrieg keine eigene Fachliteratur vorhanden war. Die wenigen vorhandenen schriftlichen Quellen, die es zu diesem Thema gibt sind meist nur kurze Absätze in Fachliteratur zur Feuerwehrgeschichte und verkürzte Nacherzählungen in diversen Aufsätzen. Nach Erkundungen bei der Feuerwehr erfuhr ich, dass es keine Akten in den Archiven zu der Zeit des Zweiten Weltkriegs gibt. Auf Nachfragen hin erhielt ich von einem passionierten Feuerwehrhistoriker, Herrn Klaus Dieter Schellauf, einige Ordner gefüllt mit Akten der Jahre 1938 bis 1945 aus seinem Privatbesitz, die wohl einige der letzten zu dieser Epoche sind. Die Akten wurden von einem anderen Feuerwehrhistoriker nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor der Vernichtung gerettet und sollen ein zentraler Punkt dieser Diplomarbeit sein.

Ziel dieser Arbeit ist es einen Einblick in das Feuerlöschwesen von Graz zu erhalten, mit Fokus auf die Jahre 1938 bis 1945, wo die Feuerwehr der Stadt Graz zur Feuerschutzpolizei wurde und die gesamte Organisation von Grund auf verändert wurde. Der Einstieg in das Thema beginnt mit der historischen Entstehungsgeschichte der Feuerwehr. Angefangen von der ersten Feuerwehr im antiken Rom über die erste dieser nachempfundenen Organisation in der Römerstadt Flavia Solva bis hin zu den Entwicklungen in der „dunklen Epoche“, dem Mittelalter.

Erst in der Neuzeit kann langsam wieder von einer „Organisation“ des Feuerlöschwesens gesprochen werden. Die allgemeinen Entwicklungen werden bis zum Jahr 1938 zusammengefasst.

Zentrales Thema ist dennoch die organisatorische Umstrukturierung der Feuerwehr der Stadt Graz hin zur Feuerschutzpolizei. Hierfür ist aber die Entstehungsgeschichte der Feuerwehr in Graz eine Voraussetzung, deshalb wird dieser ein eigenes Kapitel gewidmet. Hier wird die Gründung der Turnerfeuerwehr und die des städtischen Pompier-Korps, aus dem die Berufsfeuerwehr entstanden ist, thematisiert.

6

EINLEITUNG

Bevor die Akten, die Herr Schellauf bei der Grazer Berufsfeuerwehr in der Ausstellung „160 Jahre Berufsfeuerwehr Graz“ aufbewahrt, ausgewertet werden, muss der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich sowie die daraus resultierenden Folgen für die Feuerwehr in Graz behandelt werden. Hier soll die allgemeine Stimmung in Graz zu dieser Zeit wiedergegeben werden und dann im speziellen die Einführung der Deutschen Gemeindeordnung und die Schaffung von Groß-Graz erklärt werden. Im Zuge der ersten Veränderungen wird das Gesetz über das Feuerlöschwesen sowie die dadurch mitgebrachte Eingliederung in die Ordnungspolizei behandelt.

Bei der Durchsicht des zur Verfügung gestellten Aktenmaterials1 war es anfangs nicht einfach eine durchgehend gleiche Auswertung durchzuführen. Die Akten sind nur einige wenige, die vor der Vernichtung gerettet werden konnten. Deshalb können nicht alle Ereignisse dieser Jahre vollständig wiedergegeben werden. Bei der Nachsicht im Archiv der Stadt Graz konnten keine weiteren Unterlagen zu dieser Zeit gefunden werden. Außer dem mir zur Verfügung gestelltem Material sind überhaupt keine Unterlagen zu dem täglichen Ablauf und Tätigkeitsbereich der Feuerschutzpolizei in Graz vorhanden. Deshalb werden die interessanten und auch rechtsgeschichtlich relevantesten Schriftstücke der Jahre 1938 bis 1945 jeweils durch eine kurze Zusammenfassung in den jeweiligen Themengebieten (Aufbau und Organisation, Ausbildung und Diensteinteilung und Freiwillige und Werkfeuerwehren) zusammengefasst und ausgewertet um so eine kompakte Übersicht über die jeweiligen Themengebiete geben zu können.

Es soll einen Einblick in das breit gefächerte Tätigkeitsfeld der Feuerschutzpolizei geben, das sich aufgrund des Zweiten Weltkrieges ständig zu vergrößern schien. Die Arbeit soll eine kompakte Zusammenfassung des Tagesgeschäfts und der Verwaltungs- sowie organisatorischen Schwierigkeiten des Feuerlöschwesens dieser Zeit geben, ohne dass man selber das Archivmaterial zu studieren hat.

Durch den NS-Staat wurden bei der Feuerschutzpolizei alle höheren Positionen gleichgeschaltet und mit Regimetreuen und Sympathisanten besetzt. Die gesamte verwaltungsrechtliche Organisation wurde aufgebrochen und verändert. Der Luftschutz in Graz wird eigens thematisiert, denn dieser war seit dem Gesetz über das Feuerlöschwesen

1 Die Ordner: FSchPol. I bis IV; zurzeit bei der Berufsfeuerwehr Graz in der Ausstellung „160 Jahre Berufsfeuerwehr Graz“ gelagert. 7

EINLEITUNG auch ein Aufgabenbereich der Feuerschutzpolizei. Neben den Männern der Feuerschutzpolizei wirkten aber auch sehr viele Frauen und Jugendliche als brandbekämpfende Kräfte; einerseits weil keine einsatzfähigen Männer mehr vorhanden waren und andererseits weil sie dazu zwangsverpflichtet wurden. Den Frauen und den HJ- Feuerwehrscharen wird je ein eigenes Kapitel gewidmet, auch wenn darin ihre Opferbereitschaft nur angeschnitten werden kann. Je eine Personal- und eine Brandstatistik sollen dabei behilflich sein sich einen Überblick über die damaligen Strukturen im Laufe der Kriegsjahre verschaffen zu können.

Am Ende der Arbeit soll den Männern Tribut gezollt werden, die nach dem Zweiten Weltkrieg die Feuerwehr der Stadt Graz aus dem Nichts wieder aufgebaut haben, denn sie haben wahrlich Großartiges geleistet. Nach dem Krieg, der fast die gesamte Infrastruktur durch Bomben zerstörte und auch noch fast alle Fahrzeuge verschleppt wurden, bauten sie aus dem Wenigen zur Verfügung stehenden durch den eigenen Fleiß langsam eine neue, einsatzfähige Feuerwehr auf. Diese wurde nach dem Krieg wieder in die Verwaltungsorganisation der Stadt Graz eingegliedert.

Abschließend wird noch die Entwicklung bis zum heutigen Tag dargestellt und dazu einige interessante Zahlen und Fakten genannt.

8

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

1 Historische Entwicklungen des Feuerlöschwesen

1.1 Die Geschichte der Feuerwehr in der Antike

Es gab in der Zeit vor Kaiser Augustus2 keine Feuerwehr, oder eine mit einer Feuerwehr vergleichbare Einrichtung im antiken Rom3. Damals erfolgte die Brandbekämpfung im Zuge der Nachbarschaftshilfe, was aber bei weitem zu wenig war, denn in Rom gab es laufend Brände, welche in Folge die Häuser zum Einsturz brachten und dadurch auch die Häuser in der Nachbarschaft in Mitleidenschaft zogen. Augustus stellte im Jahr 23 v. Chr., nach einem Großbrand 600 Sklaven auf, deren Aufgabe die Brandbekämpfung war. Geleitet wurden sie von vier Freigelassenen (ehemaligen Sklaven), den sogenannten „vici magistri“, die die Organisation des Löschwesens zur Aufgabe hatten. Doch diese Truppe konnte Rom nicht vor verheerenden Brandkatastrophen schützen, denn während sie eingesetzt waren, brannten in den Jahren 7 / 6 v. Chr. während Großbränden fast 30 % der Fläche Roms ab. Augustus musste reagieren und ihm blieb nichts anderes übrig, als die Truppe aufzulösen und endlich für eine verlässliche Brandbekämpfung in der Stadt zu sorgen. Dafür ließ er bis zu 7000 Freigelassene, als die erste stehende Berufsfeuerwehr der Welt aufstellen. Genannt wurde diese neue Spezialeinheit „Vigiles“, was wörtlich Wächter bedeutete.4

Dass die Männer alle Freigelassene waren sollte betonen, dass die „Vigiles“ eine nicht militärische Einheit waren. Dem stand jedoch entgegen, dass sie nach militärischem Muster aufgestellt wurden: Die Truppe wurde in sieben Kohorten aufgeteilt, in welchen jeweils 1000 Mann dienten, welche weiters noch in sieben Zenturien aufgeteilt wurden. Der Zuständigkeitsbereich einer Kohorte umfasste zwei der damaligen 14 Stadtbezirke in Rom. Den Oberbefehl über die sieben Kohorten hatte der „Praefectus vigilum“, welcher aus dem Ritterstand stammen musste und im heutigen Sinn ihr Kommandant war. Sie sollten wohl deshalb als nichtmilitärische Einheit gegründet werden, da es nur römischen Bürgern erlaubt war im Militär Dienst zu tun.5 Eingeteilt wurden die „Vigiles“ in die damals üblichen militärischen Dienstgrade und sie verfügten sogar über eigene Spezialeinheiten. So gab es Pioniertrupps, die von einem Geschützmeister, dem „optio ballistorum“ angeführt wurden und

2 63 v. Chr. – 14 n. Chr. 3 Vgl. WALLAT, Vigiles, 46. 4 Vgl. WALLAT, Vigiles, 51 ff. 5 Vgl. WALLAT, Vigiles, 53. 9

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN es zur Aufgabe hatten während einer Feuersbrunst mittels Rammböcken einsturzgefährdete Mauern umzulegen und Häuser abzureißen um so Brandgassen zu schaffen. Neben ihnen gab es noch „siphionarii“, also Spritzmeister und den „auquarius“ der die Löschwasserzuteilung von den Aquädukten und Zisternen zu den Brandherden veranlasste. Ebenfalls gab es noch „medici“, also Ärzte, „vexillari“ – Fahnenträger und „bucinatorii“ – Hornisten.6

Als Löschwerkzeuge hatten die Männer „centones“ (Feuerpatschen), „hamae“ (Eimer), „siphones“ (Spritzen), „delabrae“ (Äxte), „peticae“ (Feuerhaken) und „scalae“ (Leitern).7 Anfangs waren die „vigiles“ noch in Privathäusern untergebracht, doch bald wurden für sie sieben Kasernen, die „stationes“, mit zugehörigen Geräteschuppen errichtet. Zusätzlich gab es vierzehn kleine Posten über Rom verteilt, sogenannte „excubitoria“, die auch eine Unterkunft für die nachts ständig auf Brandwache umhermarschierenden „vigiles“, sein sollten.8

Der Sinn dieser Patrouillengänge war einerseits die ständige Kontrolle der Einhaltung der staatlichen Brandvorschriften und andererseits sollten sie ein schnelles Eingreifen bei einem entdeckten Feuer möglich machen. Die „vigiles“ durften bei Verdacht auf ein Feuer in Häuser eindringen und sie konnten auch Hausbesitzer zur Rechenschaft ziehen, wenn diesen eine Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht nachgewiesen werden konnte und so ein Brand entstehen, oder sich leichter verbreiten konnte. Ihre Patrouillen sollten zusätzlich Brandstifter und Diebe abschrecken.9

In den Digesten10 ist überliefert, dass der „Praefectus vigilum“ für die damalige Rechtsprechung eine Rolle spielte: „Der Preafectus vigilum hält Gericht bei Fällen von Brandstiftung, Einbruchsdelikten, Diebstahl, schwerem Raub und Hehlerei, es sei denn, die Schwere der Tat oder das Ansehen der Person machen eine Überstellung zum Stadtpräfekten erforderlich. Da die meisten Brände durch Verschulden der Bewohner selbst entstanden sind, verhängte er entweder Prügelstrafe für diejenigen, die aufgrund von Fahrlässigkeit ein Feuer verursacht haben, oder er gewährt nach strengem Verweis Gnade von der Strafe der körperlichen Züchtigung.“11

6 Vgl. KAUS, Feuerwehren, 67. 7 KAUS, Feuerwehren, 67. 8 Vgl. WALLAT, Vigiles, 53 ff. 9 Vgl. WALLAT, Vigiles, 57. 10 Digesta I. 15, 3; I, 15, 4 11 WALLAT, Vigiles, 59. 10

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Wie soeben beschrieben, wurde im römischen Recht Brandstiftung hart bestraft, denn auf sie stand die Todesstrafe, genauer gesagt der Feuertod. Bei fahrlässig entstandenen Feuern galt die zuvor erwähnte Prügelstrafe und der volle Ersatz des entstanden Schadens.12

Bei einem Weltreich wie dem Römischen, wurden alle Neuerungen aus seinem Zentrum in die Provinzen exportiert. Selbiges galt leider auch für die Architektur und Bauweise der Häuser, welche oft sehr brandanfällig war. Deswegen wurden rasch auch in den Provinzen Feuerwehren nötig. Da der Brandschutz im Römischen Imperium aber Sache der Städte und Gemeinden war, wurden ähnlich wie in Rom, in den Städten Feuerwehren aufgestellt. Diese bestanden in der Regel aus Mitgliedern von bestimmten Handwerkergilden, sogenannte „collegia“. Anders als bei den „Vigiles“ war in den Provinzen die Mitgliedschaft bei der „collegia“ freiwillig und unentgeltlich. Jedoch bekamen die Feuerwehrleute Steuererleichterungen, dies war für viele ein guter Grund, sich bei einer Feuerwehr einschreiben zu lassen.13

Belege für das Bestehen einer Römischen Feuerwehr in der Steiermark wurden während dem Ersten Weltkrieg in der Nähe von Leibnitz, in der alten Römerstadt Flavia Solva, bei Ausgrabungsarbeiten entdeckt. Bei dem Fundstück handelt es sich um eine rechteckige Steinplatte auf der eine kaiserliche Verordnung aus dem Jahre 205 n. Chr. eingemeißelt ist, sowie die Namen der 93 Feuerwehrleute,14 die durch ihren Feuerwehrdienst steuerliche Erleichterungen bekamen. Da die Steuerbefreiung natürlich ein Anreiz für viele war sich bei der Feuerwehr zu melden, ohne aktiv Dienst zu tun, mussten die Kaiser Septimius Severus15 und sein Sohn Antonius Augustus, der spätere Kaiser Augustus16 nun klären, ob die Steuerbefreiung für alle Mitglieder der Feuerwehr gelten sollte, oder nur für die Aktiven. Ihre Entscheidung erging in Form einer Verordnung und sie entschieden, dass die Scheinmitglieder, die eben keinen Dienst im Brandfall leisteten, den normalen Steuertarif zu zahlen hatten und sie bestätigten die Steuererleichterung für die Mitglieder, die tatsächlich Lösch- oder andere Aufgaben bei Brandkatastrophen übernahmen. Die dadurch bestätigten Mitglieder der Feuerwehr ließen daraufhin die kaiserliche Verordnung und ihre Namen in den Stein meißeln und stellten die Tafel in Flavia Solva auf. Heute ist die Tafel in der Sammlung

12 Vgl. KAUS, Feuerwehren, 73. 13 Vgl. WALLAT, Vigiles, 68 f. 14 Bei STANKE, Feuerwehrbuch, 5. wird hingegen nur von 23 Namen gesprochen. 15 Lucius Setimius Severus: 146 – 211 n.Chr. 16 Marcus Aurelius Severus Antoninus: 188 – 217 n.Chr. 11

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Joanneum im Schloss Eggenberg ausgestellt, und wird „album centonarium“ genannt. Das Album gilt als ältestes Mitgliederverzeichnis einer Freiwilligen Feuerwehr, oder wie es die Römer nannten, eines „ collegium centonarium“. 17

Abb. 1: Römerstein18

Die Inschrift auf dem Stein sagt: „Die Kaiser Septimus Severus und Caracalla an Iuventius Surus Proculus (?): Die Vergünstigungen, welche auf Anordnung des hohen Senats oder eines Kaisers den collegia centonatiorum gewährt wurden, soll man nicht unbedacht aufheben. Was jedoch per Gesetz verordnet wurde, soll bewahrt werden, und denjenigen, von denen du sagst dass sie sich ihrer Reichtümer ohne finanzielle Belastung erfreuen, sollen gezwungen werden, Leistungen für die Öffentlichkeit auf sich zu nehmen; denn weder soll das Privileg der Kollegien denen von Nutzen sein, die das Handwerk nicht ausüben, noch denen, die größere Geldmittel als das festgesetzte Maß besitzen. Gegen diese ist daher das gesetzliche Mittel heranzuziehen; die Zahl der Mitglieder braucht deswegen nicht verkleinert zu werden. Im übrigen mögen alle anderen die Befreiung (von den munera) genießen; denn das reicht nicht aus, damit die Vergünstigungen generell abgeschafft würden.“ 19

1.2 Die Feuerwehr im Mittelalter

Mit dem Ende des Römischen Reiches und dem Einsetzen der Völkerwanderung ging laut Treffer die organisierte Brandbekämpfung in unseren Breiten des ehemaligen Römischen Imperiums unter.20 Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass entwickelte Städte wie es sie unter den Römern gab, von den Landkarten verschwanden. Es gab nur einzelne Siedlungen bei denen die Häuser anfangs sehr weit voneinander entfernt standen und die Gefahr eines Brandüberganges also nicht unmittelbar gegeben war.

17 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 14 f. 18 http://www.tomberger.net/bsv/Publikationen/Briefmarke_09_2005.pdf 19 LAFER, Centonarienverein, 91. 20 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 15 ff. 12

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Städte ähnlich dem heutigen Sinn gab es erst wieder ab dem 13. Jahrhundert. Da es zu dieser Zeit aber keine Feuerwehr, wie die der Römer gab, konnte nur das gelöscht werden, was man aus eigener Kraft schaffte. Zusätzlich gab es aber ein sehr gut funktionierendes System der Nachbarschaftshilfe, indem alle nach Kräften versuchten einem aufkeimenden Feuer Herr zu werden. Diese Hilfe ging sogar so weit, dass derjenige, dessen Haus abbrannte (umgangssprachlich der „Abbrändler“) von den anderen Dorfbewohnern aufgenommen wurde und diese sogar sein Vieh versorgten. In der Kirche wurden Feuerkurrenden gehalten, also Sammlungen um den Geschädigten zu helfen. Auch gab es durch die Obrigkeit oft Steuernachlässe, um den Menschen nach ihrem Haus nicht auch noch den Rest der schon stark gefährdeten Existenz zu nehmen. Durchaus könnte man hier Vergleiche zu unserem heutigen Sozialstaat, oder einer Brandversicherung knüpfen, nur, dass die damaligen Hilfen eben meistens von den hilfsbereiten Mitmenschen kamen, die in der Regel keine Gegenleistung forderten. Reichte das, was von den übrigen Mitgliedern der Gemeinde gegeben werden konnte nicht aus um die Existenz des Brandgeschädigten wieder herstellen zu können, wurde von den damaligen Behörden oft der sogenannte „Brandbettel“ genehmigt, dies war eine Erlaubnis zum legalen Betteln ohne in den Stand der Bettler abzurutschen.

Doch die damaligen Dörfer und die im Entstehen befindlichen Städte erkannten bald, dass die Brandbekämpfung nicht ganz ohne Organisation zu bewältigen ist. Gerade in den Städten, die ja durch die Stadtmauern begrenzt waren, wuchsen die Häuser immer weiter nach oben und auch nach unten in mehrere Kellergeschosse. Nach Bränden wurden bestehende Bauparzellen geteilt und später noch dichter bebaut, da die Städte schon damals immer mehr Menschen anzogen. Man könnte sich das Bild einer klassischen mittelalterlichen Stadt als Netz von engen Gassen und hohen Häusern vorstellen. Die Häuser waren aus sehr leicht entzündbaren Materialien wie Holz gebaut und als Dach diente Stroh oder Schindel. Wenn es hier einmal zu brennen begann, breitete sicher der Brand sehr rasch aus und steckte auch die Häuser in der Umgebung binnen kürzester Zeit in Brand. 21

Wenn es zu einer Brandkatastrophe kam, so brannten meist nur die Häuser des einfachen Volkes ab, denn die Unterkünfte des Adels und der Geistlichkeit waren aus (feuer)festen Materialien wie Stein oder Ziegel errichtet und deshalb nicht brandgefährdet. Wenn diese

21 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 17f. 13

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Bauten einmal zu brennen begannen, wurde meist nur der Dachstuhl und die Inneneinrichtung zerstört.22

Als „Werkzeuge“ zur Brandbekämpfung standen den Menschen einfache Hilfsmittel wie Wasserbottiche, Wasserschaffe und lederne Eimer zur Verfügung mit denen das Wasser mit einer Menschenkette zur Feuerstelle befördert werden musste. Auch waren Feuerhaken zum Herunterreißen von brennenden Dachschauben der Strohdächer in Verwendung.23 Um nicht ständig alles wiederaufbauen zu müssen, wurden ab dem 13. Jahrhundert24 die ersten Löschordnungen erlassen. In diesen ersten Rechtsvorschriften wurde etwa die Hilfspflicht bei Feuersbrünsten oder der Löscheinsatz der Zünfte angeordnet. Ungefähr ab dem 14. Jahrhundert wurde die Brandbekämpfung in den Städten durch die Übertragung von Aufgaben an die hierarchisch gegliederten Zünfte und Gilden weiterentwickelt. Von nun an konnten die „Löschgilden“ als Pflichtfeuerwehren gesehen werden, die jeden Brand löschen mussten. Ab diesem Zeitpunkt gab es die Möglichkeit von Strafsanktionen für Verweigerer innerhalb der Gilden. Die niedergeschriebenen Feuerordnungen wurden so gut wie möglich von den Gemeinden und der Grundherrschaft eingehalten.25

Nikolaus Reisinger hat in seinem Aufsatz über die Feuergefahren in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadt26 sehr treffend in fünf Punkten zusammengefasst, welche brandverhütenden Maßnahmen damals schon erlassen wurden:  Es wurden Bauvorschriften für den Hausbau erlassen, die die Grundrisssituationen, die Baulinien, und die Dachgestaltung der damaligen Städte besonders berücksichtigten und erstmals auf die Ofenbauweise und die effiziente Abfuhr des Rauches durch Rauchfänge achteten. Es wurden Feuermauern vorgeschrieben, sowie Zinnen um einen Funkenflug und den Übergriff von Feuer auf die Nachbarhäuser zu vermeiden.  Erste Verordnungen bezüglich der Baumaterialien wurden erlassen. Zum Beispiel: Vorgaben, wie ein Ofen oder ein Dachausbau durchzuführen war.  Die regelmäßige Kontrolle und Reinigung der Rauchfänge und eine Feuerstättenbeschau wurde vorgeschrieben.

22 Vgl. PRICKLER, Brandschutz, 79 f. 23 Vgl. PRICKLER, Brandschutz, 85. 24 Flächendeckend, denn die erste Feuerordnung gab es den es bereits 1086 in Meran: in HOLAUBECK, Feuerwehr, 18. 25 Vgl. ZEILMAYR, Löschwesen, 17. 26 REISINGER, Feuergefahren, 98. 14

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

 In den Verordnungen wurde bestimmt, dass Gewerbe, die mit Feuer und leicht brennbaren Materialien arbeiteten, in die Peripherie oder außerhalb der Siedlungen umzusiedeln bzw. dort zu errichten waren.  Es gab landesfürstliche oder kommunale Unterstützungsmaßnahmen in Form von mehrjährigen Steuerbefreiungen nach Bränden, die oft an Bedingungen, wie die zwingende Verwendung von Stein und Ziegel beim Wiederauf- oder Neubau der Häuser und deren Dächern enthielten.27

1.3 Die Feuerwehr in der Neuzeit

In der Neuzeit wuchs die Stadtbevölkerung immer weiter an und damit stieg die Brandgefahr erheblich. Maßnahmen, die am Ende des vorigen Kapitels beschrieben wurden, wurden weiterhin von der Bevölkerung eingehalten, aber selbstverständlich bedeutete dieses Wachsen der Stadt auch ein Wachsen der „Brandschutzvorschriften“. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts gab es in allen Städten in unseren Breiten sogenannte „Nacht- oder Turmwächter“ die, die übrige Bevölkerung auf einen bemerkten Brand hinwiesen.28

Eine Neuerung war auch, dass die Feuerlöschordnungen meist eine Vorgehensweise anhand von vier Stufen vorsahen: An erster Stelle stand die Feuervorsorge, dann kam die Meldung eines Brandes durch die oben bereits vorgestellten Turmwächter. An dritter Stelle wurde großer Wert darauf gelegt, dass während eines Brandes die öffentliche Ordnung und Ruhe bewahrt wurde um als letzten Punkt in geordneten Bahnen die Löscharbeiten durchführen zu können.29 Günter Treffer hat in seinem „großen Steirischen Feuerwehrbuch“ diesen „Vierstufenplan“ sehr ausführlich erklärt. Um eine funktionierende Feuervorsorge zu gewährleisten, mussten damals in den Städten mit dem Läuten der Abendglocke die Lichtquellen und die Feuerstelle im Haus mit einem Deckel abgedeckt werden um das Feuer zu ersticken. Wie im letzten Kapitel erwähnt, gab es für Handwerker, die mit Feuer arbeiteten, noch strengere Vorschriften, um die von ihnen kommende Gefahr zu minimieren. Neu war hingegen, dass die Bürger dazu verpflichtet wurden Löschgeräte in ihren Häusern griffbereit zu haben, die sie im Brandfall denen, die versuchten dem Feuer Herr zu werden, zur Verfügung stellen

27Vgl. REISINGER, Feuergefahren, 98. 28 Vgl. ZEILMAYR, Löschwesen,18. 29 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 39. 15

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN mussten. Dies waren zwar nur einfache Gerätschaften wie zum Beispiel Wassereimer, die aber doch eine schnellere Bekämpfung eines Feuers ermöglichten. In einzelnen Verordnungen wurden Hausbesitzer etwa dazu verpflichtet über die Sommermonate ein volles „Schaff“ Wasser, dies ist ein Behälter mit Inhalt zwischen 15 und hundert Liter war, bereitzustellen. Auch die Gemeinde stellte Leitern und andere Gerätschaften in zentral positionierten Rüsthäusern zur Verfügung.30 Natürlich gab es auch im ländlichen Raum solche Geräteschuppen, diese befanden sich am Sitz der jeweiligen Grundherrschaft und waren mit Bottichen, Leitern, Feuerhaken und später sogar mit Spritzenwagen und Schläuchen ausgestattet.31

Im 18. Jahrhundert wurden erstmals sogenannte Visitationen in regelmäßigen Abständen durchgeführt, in denen die Einhaltung der brandvorbeugenden Maßnahmen überprüft wurde.32 Es wurde versucht die Bevölkerung darauf hin zu erziehen, dass diejenige Person, die einen Brand entdeckte „Feuer“ schreien sollte. Die Turmwächter waren verpflichtet die Glocken zu läuten sobald sie ein Feuer entdeckten.33 In Graz wurde lange Zeit als akustisches Signal mit den Kanonen am Schlossberg geschossen.

Um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten, wurden bei einem Brand die Stadttore geschlossen um einerseits „Gesindel“ fernzuhalten und andererseits Brandstifter oder Plünderer am Verlassen der Stadt zu hindern. Um die Stadtbewohner vor Plünderungen und Diebstahl während eines Brandes zu schützen, galt auf diese Delikte die Todesstrafe. Ebenso war es den Wirtinnen und Wirten untersagt während dem Brand und den Löscharbeiten Alkohol auszuschenken. Die eigentlichen Löscharbeiten wurden meistens vom Bürgermeister geleitet, der ähnlich eines heute tätigen Offiziers die zum Löschen bestimmten Gruppen delegierte und so ein hierarchisches System herstellte. In Graz wurden zum Löschen die Handwerksgruppen der Fleischer, Bäcker, Gerber, Maurer, Zimmerleute, Dachdecker und Rauchfangkehrer verpflichtet. Sie mussten ab Kenntnis eines Brandes am Brandplatz erscheinen und hatten sofort mit den Löscharbeiten zu beginnen. Wie man sieht gab es durch die Organisation der Löschkräfte eine Weiterentwicklung in den Städten, denn das neue System war natürlich um einiges effizienter als die im Mittelalter übliche Selbsthilfe.

30 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 39 f. 31 Vgl. PRICKLER, Brandschutz, 86. 32 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 40. 33 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 40. 16

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Erstmals war die Feuerbekämpfung mit einer straffen Organisation versehen und wurde von Leuten durchgeführt die, durch ihren Handwerksberuf, Erfahrung mit Feuer hatten. 34 Eine Gemeinsamkeit der damaligen Feuerordnungen war, dass derjenige, bei dem das Feuer ausbrach, bestraft wurde und es für andere die tatkräftig beim Löschen halfen Belohnungen gab. Oft wurde von der Strafe abgesehen, wenn der Brand rasch gemeldet wurde. Meldete man das Feuer hingegen nicht, so wurde sogar die Todesstrafe ausgesprochen.

Die Neuerungen fanden auch in der Steiermark statt, so erschien bereits 1633 in Graz die erste umfassende Feuerordnung, welche nach einigen inhaltlichen Änderungen 1638 in Druck ging. Die Feuerordnung wurde an die damaligen vier Stadttore geschlagen und vor diesen alle drei Monate der Bürgerschaft von den Viertelmeistern vorgelesen. 35

Im Jahr 1722 erließ Kaiser Karl VI. eine für alle steirischen Städte und Märkte gültige Feuerordnung die den Titel „Erfrischt und erweitert Feuer Ordnung für dero Erb- Herzogthumb Steyer und übrige Innerösterreichische Lande“ trug. Diese Verordnung war in sechs Abschnitte gegliedert. In diesen Abschnitten wurde die Brandvorbeugung, die Vorgehensweise bei Ausbruch eines Brandes, die Hilfeleistung in den Grazer Stadtvierteln, die Aufbewahrung der Löschmittel, die Rettung von Archiven und Registraturen sowie baupolizeiliche Agenden genauer geregelt.36 Diese Verordnung blieb fast das ganze 18. Jahrhundert wirksam und wurde nur mit Zusätzen ergänzt.37 Erst als versucht wurde eine einheitliche Regelung der Feuerpolizei für ganz Österreich zu erreichen und deshalb am 20. Juni 1780 („für alle Städte und Märkte“) und am 2. September 1782 die „Josephinische Feuerordnung für das offene Land“ erlassen wurde, verlor die steirische „Feyerordnung“ ihre Wirksamkeit. Doch auch die neue, gesamtösterreichische Feuerordnung war nicht so effektiv wie man sich das damals erhoffte. Ein Fortschritt mit dieser Wirkung sollte erst in der „nachjosephinischen Zeit“ gelingen.38

In der neuen, 1856 erlassenen (und im Übrigen bis 1950 gültigen39) „Feuerlösch-Ordnung für die Landeshauptstadt Graz und ihre nächste Umgebung“40 waren schon ausgebildete, aber

34 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 40. 35 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 42. 36 Vgl. REISMANN, Feuerwehrchronik, 253. 37 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 44. 38 Vgl. STANKE, Feuerwehrbuch, 156. 39 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 150 Jahre Berufsfeuerwehr, 49. 40 LGBl. II Nr. 5/1856 17

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN noch unbezahlte Löschmannschaften vorgesehen. Ebenfalls sollte nach ihr ein eigener Beamter die Feuerbeschaukommision leiten. Im Jahre 1857 wurde die erste Bauordnung in Graz erlassen, in welcher bereits die Erfahrungen der vorgehenden Feuerlöschordnungen einflossen und diese durch die neu vorgeschriebenen Bauvorschriften die Erhöhung der Feuersicherheit von Gebäuden gewährleisten sollte. Die Feuerbeschaukommisionen, die nun verpflichtend durchzuführen waren, waren nicht nur auf die Überprüfung von Häusern spezialisiert, sie hatten auch feuergefährliche Objekte im Freien zu überprüfen.41

Erwähnenswert ist auch, dass 1828 in Graz die „ k. k. priv. Wechselseitige Brandschaden Versicherungs-Anstalt“ von Erzherzog Johann gegründet wurde. Die Versicherung hatte anfangs eine gemeinnützige, soziale Zielsetzung. Die Höhe der Versicherungsbeiträge variierte nach der Anzahl und dem Ausmaß der Brände und es gab Haftungsausschlüsse wenn ein Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurde. Zusätzliche Klauseln besagten Leistungsfreiheit, wenn man mit den Prämienzahlungen im Verzug war, sowie einen Ausschluss der Deckung von Kriegsschäden.42

Es gab ab dem Jahr 1870 eine nicht unwichtige technische Neuerung, denn die Feuerlöschpumpen mit Dampfbetrieb ersetzten die alten, nicht so leistungsfähigen Handdruckpumpen. Dies vergrößerte die Leistungsfähigkeit der damaligen Feuerwehren um ein Vielfaches.43

Im gleichen Jahr fand in Linz der 8. Deutsche Feuerwehrtag statt auf dem ein intensiver Austausch mit den Kameraden aus Deutschland durchgeführt wurde. Neben technischen Entwicklungen wurde erstmals über gemeinsame Signale aller Feuerwehren diskutiert. Auch die Idee, Feuerversicherungen zur Beitragsleistung für die Sozialeinrichtungen der Feuerwehren heranzuziehen wurde als aktuelles Thema besprochen.44 Schon am Namen des Tages konnte man die damaligen Interessen eines großen „geeinten Deutschlands“ bei den Feuerwehren erkennen. Solche „Deutschen Feuerwehrtage“ gab es von nun an jedes Jahr bis 1904 als sich die Österreicher, die ihrerseits seit 1889 einen eigenen „Ständigen Feuerwehrausschuss“ hatten, ein letztes Mal daran beteiligten und dann bei dem Feuerwehrtag 1904 der Deutsche „Reichs-Feuerwehrverband freiwilliger und organisierter

41 Vgl. PÖLZL, Entwicklung, 180. 42 Vgl. HAMMER, Entwicklungen, 293. 43 Vgl. HOLAUBECK, Feuerwehr, 81. 44 Vgl. SCHINNERL, Feuerwehrbeziehungen, 40. 18

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Pflichtwehren“ gegründet wurde. 45 Von da an gab es nur noch eigene österreichische und deutsche Feuerwehrtage.

Ein weiterer Grund weshalb die Feuerwehr damals so fest in bürgerlicher Hand war, war dass die Arbeiter der damaligen Zeit sehr lange Arbeitszeiten und Schichtbetrieb in den Betrieben hatten und ihnen ein Beitritt zur Freiwilligen Feuerwehr quasi unmöglich war. Sie konnten ihre Arbeitsstätte bei einem Einsatz oder Übungen nicht einfach so verlassen. Zusätzlich zum Problem der mangelnden Freizeit mussten sich die damaligen Feuerwehrmänner auch ihre Uniformen selbst kaufen, was für Arbeiter meist unerschwinglich war.

Erwähnt werden sollten auch die Aufzeichnungen die belegen, dass es schon vor 1813 in der Steiermark in der staatlichen Tabakfabrik in Fürstenfeld eine Einrichtung gab, die heute am ehesten mit einer Betriebsfeuerwehr zu vergleichen wäre. Ab 1870 wurden, im Zuge der Industrialisierung, viele „Werkfeuerwehren“ gegründet, da die Betriebe, wie z.B. in der Mur- Mürz Furche oft sehr weit von anderen Freiwilligen Feuerwehren entfernt waren. Die Distanzen und die dadurch langen Anreisezeiten bei einem Brand machten es für diese großen Betriebe einfach notwendig eine eigene Werkfeuerwehr zu gründen, die ein rasches Handeln im Fall der Fälle ermöglichte. Interessant ist, dass die Werkfeuerwehren im österreichischen Teil der Habsburger-Monarchie bis 1918 organisatorisch Freiwilligen und Turnerfeuerwehren gleichgestellt waren.46

Die Turnerfeuerwehren, die in den meisten Städten Österreichs (eine Ausnahme bildete Wien, da es dort es ab 1686 „Feuerknechte“ als erste Vorläufer einer Berufsfeuerwehr gab.47) eine bedeutende Rolle bei der Gründung der Feuerwehren hatten, soll auf diese nun genauer eingegangen werden.

Als ihr Gründer gilt Turnvater Friedrich Ludwig Jahn48 der 1811 in Berlin den ersten Turnplatz schuf. Turnvereine sollten die Deutsche Turnkunst den Leuten näherbringen und waren von Anfang an stark nationalistisch geprägt. Diese Einstellung spiegelt sich auch in der politischen Ausrichtung ihrer Feuerwehren wieder. Trotzdem galten die Turner schon bald ob

45 Vgl. SCHINNERL, Feuerwehrbeziehungen,.44. 46 Vgl. REISMANN, Feuerwehrwesen, 110. 47 Vgl. SCHINNERL, Feuerwehren. 23. 4811.8.1778 – 15.10.1852 19

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN ihrer Akrobatik als bestens für die Brandlöschung geeignet. Die Männer nutzten die Einsätze um die Turnvereine bei dem Volk und der Obrigkeit beliebter zu machen.49

Ab 186150 bekamen Turnvereine aufgrund der geänderten politischen Verhältnisse nach dem Neoabsolutismus, behördliche Genehmigungen und begannen auch bald darauf „Turner- Feuerwehren“ zu gründen.51 In vielen Städten gab es, trotz der guten Löschleistung, zu den Turnern ein gespaltenes Verhältnis, da die Stadtväter meist habsburgertreu waren und sich nicht mit den deutschen Ideen der Turner anfreunden konnten. Da das Revolutionsjahr 1848 immer noch in den Köpfen war, wurde den Turnern anfangs etwa das gemeinsame nach Hause gehen von der Brandstätte sowie das Tragen der Feuerhacken, welche als Waffen angesehen wurden, verboten.52 In Graz wurde das Tragen der Feuerhacken zwar erlaubt, allerdings mussten die Turner sie in der einsatzfreien Zeit beim Magistrat deponieren und bekamen sie erst im Gebrauchsfall ausgehändigt. Dies verursachte natürlich bei einem Brand unnötige Verzögerungen.53

Die erste Freiwillige Feuerwehr Österreichs entstand 1857 in Innsbruck unter der Leitung des akademischen Turnlehrers Franz Thurner und hatte den Namen „Rettungsabteilung“ des Turnvereins.54 Ab November 186755 könnten in Österreich die Freiwilligen Feuerwehren auf Vereinsbasis gegründet werden, und dies geschah auch gleich in großer Zahl. Bald wurden eigene Landesverbände gegründet, da es in den Ländereien unterschiedliche gesetzliche Regelungen gab. So gab es im Jahr 1896 in Österreich 7230 Freiwillige Feuerwehren die eine gemeinsame Organisation in Landesverbänden hatten und nur 271 unorganisierte. Die Organisation in Verbänden sorgte für eine einheitliche Ausbildung und Schulung der Feuerwehrmänner und sollte für eine einheitliche Ausrüstung und Weiterentwicklung auf dem technischen Gebiet sorgen. Man versuchte eine einheitliche Uniformierung zustande zu bekommen, doch dies konnte nicht erreicht werden. Organisatorisch hatten die Landes- oder Gauverbände damals erstmals Maßnahmen für den Fall getroffen, dass sich die

49 Vgl. SCHINNERL, Feuerwehren, 26. 50 Anderer Meinung ist TREFFER, Feuerwehrbuch, 60. der meint dass die Turnvereine erst 1862 in Österreich zugelassen wurden. 51 Vgl. SCHINNERL, Feuerwehren, 35. 52 Vgl. REISMANN, Feuerwehrwesen, 111. 53 Vgl. STANKE, Feuerwehrbuch, 160. 54 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 62. 55 RGBl. Nr. 134/1867 (siehe FN 57) 20

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Feuerwehrmänner im Dienst verletzten oder erkrankten. Ab diesem Zeitpunkt gab es auch eigene Regelungen über die Versorgung von im Einsatz verunglückten Feuerwehrmännern.56 In der Steiermark wurde der Gauverband der Freiwilligen Feuerwehren als ein Vorläufer des Steirischen Landesfeuerwehrverbandes im Jahre 1870 gegründet. Grundlage hierfür war das Gesetz vom 15. November 186757 welches es allen Menschen möglich machte einen Verein zu gründen, wenn die beabsichtigte Bildung des Vereins bei der politischen Landesstelle angezeigt wurde. Der Verein durfte gegründet werden, wenn von dieser Stelle innerhalb von vier Wochen keine Untersagung ausgesprochen wurde.58 Daraufhin wurden liberale Feuerwehren und auch katholisch-konservative Feuerwehren gegründet.59 Wissenswert ist, dass die ersten entstanden Turnerfeuerwehren alle deutschliberal bis deutschnational orientiert waren.

Dennoch blieben die Feuerwehren bürgerlich: „Die Feuerwehr des 19. Jahrhunderts und der ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts war eine durch und durch bürgerliche Vereinigung, in der die Landwirte in den Dorffeuerwehren den Bürgern in den Städten nacheiferten.“60

Die Gauverbände trugen auch dazu bei, das Verhältnis Feuerwehr-Gemeinde klarzustellen. In den Jahren 1870 bis 1891 wurden in fast allen Ländern Österreich-Ungarns neue Feuerpolizeigesetze erlassen, die die alten Feuerlöschordnungen ablösten. Diese Gesetze besagten, dass die Feuerwehr den Löschdienst in dem Ausmaß leistet, welcher ihr von der Gemeinde übertragen wurde. Die Gemeinden wurden zur Erhaltung der Feuerwehr und deren Ausrüstung verpflichtet. In diesen neuen Gesetzen wurde festgeschrieben, dass ein Hauptmann oder sein Stellvertreter (die beide nur der Gemeindevertretung verantwortlich waren) von nun an die Einsatzleitung innehatte.61 Es wurde für die Steiermark (ohne Graz) am 23. Juni 1886 eine Feuerpolizeiordnung62 erlassen. Dass hier nur Ländergesetzte erlassen wurden zeigt, dass das Feuerwehrwesen aus Sicht der Verfassung Landessache war. Auch heute hat noch jedes Bundesland eigene Feuerwehrgesetze (z.B. Steiermärkisches

56 Vgl. REISMANN, Feuerwehrwesen,114f. 57 RGBl. Nr. 134/1867 58 Vgl. BALTL / KOCHER, Rechtsgeschichte, 215. 59 Vgl. REISMANN, Feuerwehrwesen, 109. 60 REISMANN, Feuerwehrwesen, 109. 61 Vgl. REISMANN, Feuerwehrwesen, 115. 62 LGBl. Nr. 29/1886 21

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Landesfeuerwehrgesetz63). Es könnte zwar der Bund eine „Bundes-Feuerwehr“ errichten, die die Brandbekämpfung als Teil der „Speziellen Feuerpolizei“ als Annex einer Bundeszuständigkeit erledigen müsste. Diese Möglichkeit nahm der Bund aber bisher nicht wahr. Zum überwiegenden Teil war die Brandbekämpfung Aufgabe der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich, und zwar als „örtliche Feuerpolizei“. Wenn die Gemeinden eine Feuerwehr als Gemeindeorgan einrichten wollte, so hatte das im eigenen Wirkungskreis durch den Errichtungsakt der Bestellung zu erfolgen.64

In Graz wurde die Freiwillige Feuerwehr am 23. März 1865 gegründet.65 In der Steiermark wurden bald darauf einige weitere Freiwillige Feuerwehren gegründet, etwa in Bruck, Leoben, Donawitz, Radkersburg und Rottenmann. Diese Feuerwehren drängten darauf den vorher schon kurz erwähnten Gauverband für die Steiermark zu gründen um im Bereich der Brandbekämpfung endlich einen einheitlichen Ausbildungsstand zu erreichen. Die Satzung des Verbandes (damals noch „Grundgesetz“ genannt) wurde am 19. März 1870 in Graz von acht beteiligten Freiwilligen Feuerwehren angenommen.66

Im Jahre 1869 trafen sich erstmals österreichische und ungarische Feuerwehren in Klagenfurt und schon 1880 fand in Graz der „Erste Österreichische Feuerwehrtag“ statt.67 Über den Landesverbänden stand der 1887 gegründete „Ständige Österreichische Feuerwehrausschuss“ welcher 1900 zu dem „Österreichischen Feuerwehr-Reichsverband“ umbenannt wurde. Der Dachverband hatte die Aufgabe für eine möglichst einheitliche Entwicklung des Feuerwehr- und Rettungswesens in der Monarchie zu sorgen. 1917 wurde dieser Verband in „Österreichischer Reichsverband für Feuerwehr- und Rettungswesen“ umbenannt. Dieser sollte die Feuerwehren der sich im Zerfall befindlichen Monarchie noch einmal fester zusammenfassen.68

63 LGBl. Nr. 13/2012 64 Vgl. FESTL, Recht, 36. 65 Vgl. STANKE, Feuerwehrbuch, 158 f. 66 Vgl. STANKE, Feuerwehrbuch 160 f 67 FESTL, Recht, 20. 68 Vgl. REISMANN, Feuerwehrwesen, 115. Eine genaue Übersicht über die Entwicklung der Verbände in Österreich gibt es von: SCHINNERL, Verbandsgeschichte, 50 – 75. 22

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

1.4 Der Erste Weltkrieg und die Zwischenkriegszeit

Auch die Feuerwehren wurden von der Generalmobilmachung des 31. Juli 1914 stark getroffen, bis zum Jahresende 1914 standen mindestens die Hälfte der vormals aktiven Feuerwehrmänner an der Front und mussten den Dienst an der Waffe verrichten. Für die Feuerwehren im ländlichen Raum kam noch erschwerend dazu, dass ihnen durch die sogenannte „Pferdemusterung“ auch die Pferde mit denen sie gewöhnlich die Einsatzwägen bespannten, entzogen wurden. In den Städten war dies nicht ganz so problematisch denn hier gab es schon ab etwa 1910 erste Automobile als Einsatzfahrzeuge.69

Da zu Beginn des Krieges alle Männer unter 42 Jahren eingezogen wurden und die Handlungsfähigkeit der Feuerwehr dadurch stark gemindert war, wurden vielerorts Frauen und Jugendliche über 14 Jahren in den aktiven Feuerwehrdienst berufen. Unter Anbetracht der Tatsache, dass Frauen in Österreich erst 1918 das Wahlrecht70 zugesprochen bekamen, stellte dies eine gesellschaftliche Weiterentwicklung dar. Doch dieser Status Quo sollte nicht von langer Dauer sein, denn bereits nach dem Kriegsende wurden Frauen wieder aus dem Feuerwehrwesen ausgeschlossen.71

Ein neuer Tätigkeitsbereich der Feuerwehren zu dieser Zeit war der der Krankentransportkolonnen gemeinsam mit dem Roten Kreuz. Diese „Transportkolonnen“ führten neben ihrem „Permanenzdienst“ auf den Bahnhöfen die Labung der Verwundeten, deren Umwaggonierung sowie den weiteren Abtransport zu den einzelnen Pflegestätten durch.

Die personelle Situation wurde noch angespannter, als am 1. Mai 1915 per kaiserlicher Verordnung auch die übrigen, wehrfähigen Männer zwischen 42 und 50 Jahren zum Dienst an der Waffe einberufen wurden. Dennoch halfen die daheimgebliebenen Männer und Frauen wo sie nur konnten.72 Alleine 1629 Feuerwehrmänner des Steirischen Landesfeuerwehrverbandes gaben ihr Leben auf den Schlachtfeldern des ersten Weltkrieges!73

69 Vgl. REISMANN, Feuerwehrwesen, 126. 70 Durch das Gesetz über die Staats- und Regierungsform Deutschösterreichs StGBl. 5/1918. 71 Vgl. REISMANN, Feuerwehrwesen, 126f. 72 Vgl. REISMANN, Feuerwehrwesen, 128. 73 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 88. 23

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Nach dem Ersten Weltkrieg und den schweren Verlusten an Männern waren die Feuerwehrverbände in Österreich schwer angeschlagen. Der Steirische Landesfeuerwehrverband musste durch den Friedensvertrag von Saint Germain74 die Untersteiermark an das neu gegründete Königreich Jugoslawien abtreten. Die Steiermark verlor dadurch 57 Freiwillige Feuerwehren und insgesamt 1823 Feuerwehrmänner. Um die Tragweite des Verlustes darzustellen, sollte angemerkt werden, dass dies ein Sechstel des gesamten Bestandes vor Kriegsbeginn war. Dennoch gab es in der Steiermark Ende 1920 immer noch 501 Feuerwehren und zusätzlich 26 Werkfeuerwehren welche insgesamt 17.666 Mann stellten. In das Freiwillige Feuerwehrwesen waren damals auch 54 Rettungsabteilungen mit 1350 Mann eingegliedert.75

Die Organisationsstrukturen wurden aus der Monarchie übernommen. Nach dem Inkrafttreten des B-VG 1920 mit 1.10.1925 (vgl. § 42 ÜG 1920 idF BGBl 1925/269) war die Zuständigkeit zur Erlassung feuerpolizeilicher Vorschriften größtenteils im Kompetenzbereich der Länder geblieben.76

Nun fand zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt die weitere Umstellung von Pferdekutschen auf Automobile statt. Da nach dem Krieg kein Geld für Neuanschaffungen vorhanden war, wurden oft Fahrzeuge der abgerüsteten k. u . k. Armee in den feuerwehreigenen Werkstätten zu Feuerwehrfahrzeugen umgebaut. Stanke schreibt in seinem Buch, dass der Grund für die Umrüstung ein für die heutige Zeit unglaublicher war: „Nach Beendigung des ersten Weltkrieges musste bei der Berufsfeuerwehr Graz zwangsläufig die Automobilisierung in Angriff genommen werden, da infolge Futtermangels die Leistungsfähigkeit der Pferdebespannung derart absank, daß bei längeren Anfahrtsstrecken die Löschfahrzeuge nur im Schritt an die Brandstellen herangebracht werden konnten.“77

Die Zustände im ländlichen Bereich waren um einiges schlimmer, denn dort gab es nur Freiwillige Feuerwehren die nicht so leicht Zugriff auf die alten Armeefahrzeuge hatten und nicht immer über Werkstätten verfügten, oder die handwerklichen Fähigkeiten hatten. Laut

74 10. September 1919 75 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 88ff. 76 Vgl. FESTL, Recht 22. 77 STANKE, Feuerwehrbuch, 168. 24

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Stanke war die Umstellung auf motorisierte Fahrzeuge erst im „vierten Jahrzehnt“ bei fast allen Feuerwehren restlos durchgeführt.78

Durch die technische Modernisierung wurde 1910 die Haftpflichtversicherung für den Fuhrpark der Grazer Berufsfeuerwehr auf Automobile erweitert. Selbstverständlich deckte sie auch weiterhin die von Zugtieren gezogen Fahrzeuge mit ab.79 Die in der Zwischenkriegszeit wohl erfreulichste Änderung für die Steirischen Feuerwehren wurde im LGBl. Nr. 88/1923 erlassen: Es hatte jede Gemeinde, mit Ausnahme der Landeshauptstadt Graz, zur Förderung des Feuerwehr- und Rettungswesens 1,5% ihrer Abgaben an Bund und Land für das Feuerwehr- und Rettungswesen zur Verfügung zu stellen. Dadurch kam gutes Geld in die Kassen der Feuerwehren, welches eine Modernisierung erleichterte und jedenfalls die Wartung der vorhandenen Gerätschaften sicherstellte. Allgemein wurde nach dem Ersten Weltkrieg die Struktur der Feuerwehr und ihrer Verbände aus der Monarchie übernommen. So wurde nach dem Inkrafttreten des Bundes- verfassungsgesetz 1920 die Zuständigkeit zur Erlassung feuerpolizeilicher Vorschriften den Ländern überlassen. Ab dem Jahr 1935 erließen dann die Länder neue Feuerwehrgesetze80 in denen die Freiwilligen Feuerwehren zu Körperschaften öffentlichen Rechts umgewandelt wurden.81

78 Vgl. STANKE, Feuerwehrbuch 93. 79 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, S. 90f 80 z.B. Bgld LGBl 1935/47 81 Vgl. FESTL, Recht, 22. 25

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

1.5 Gründung der ersten Feuerwehr in Graz

1.5.1 Der Weg zur Feuerwehr

Die älteste erhaltene Feuerlöschordnung in Graz ist jene aus dem Juli 1638. In ihr wurde der Magistrat von der Regierung beauftragt in einzelnen Stadtvierteln die zum Löschen erforderlichen Gerätschaften bereitzustellen. Die Brandsignalisierung wurde zusätzlich in ihr geregelt82. Weiters stand in dieser Löschordnung geschrieben, dass die Löscharbeiten von sogenannten „Brandhilfsscharen“ durchgeführt werden mussten. Am 29. April 1722 wurde eine neue Löschordnung für das Erzherzogtum Steiermark erlassen. In ihr wurden Feuermauern, sowie das Belegen von hölzernen Dachböden mit einer Ziegelschicht oder Estrich vorgeschrieben.83 Schon im Jahre 1792 wurde die Ordnung neu gefasst, da es in Bruck an der Mur einen verheerenden Brand gab. Diese Ordnung war in sechs Abschnitte gegliedert und sollte als Grundlage für spätere Bauordnungen dienen.84 Diese Löschordnung blieb auch nicht lange in Geltung und wurde durch die Löschordnung vom 20. November 1822 abgelöst. § 67 der Feuerlöschordnung von 1822 regelte die Organisation dieser damaligen „Brandlöschgesellschaften. Da sich aber an diese Bestimmung nicht gehalten wurde, musste durch eine „Note“ der k.k. Kreisregierung im Jahre 1851 die Aufstellung dieser „Brandscharen“ neuerlich verlangt werden.

§ 4 der dafür erlassenen Instruktion gliederte sich in: a) Die „Spritzenschar“ zur Bedienung der Feuerspritze b) Die „Wasserschar“ zur Herbeischaffung des Wassers im ausgiebigem Maße c) Die „Feuerhilfsschar“ zur Handhabung der übrigen Löschrequisiten und Dämpfung des Feuers und

82 Seit dem 16.Jhdt. verrichtete ein Wächter am Schlossberg den Feuerwachdienst. Bis 1752 wurde bei Entdeckung eines Brandes eine rote Fahne gehisst um die Zünfte zu alarmieren; gab es mehrere Brände wurde bis 1752 die „Liesl“ (Glocke im Glockenturm am Schlossberg, 1587 von Martin Hilger gegossen) geläutet, bei vereinzelten Bränden wurde ursprünglich die schon 1382 gegossene Armesünderglocke im Uhrturm geläutet. Ab 1645 wurde ein einzelnes Feuer durch die von Andreas Schreiber gegossene Feuerglocke, die ebenfalls im Uhrturm aufgehängt war, signalisiert. Nachdem die Glocke nicht mehr genügte wurden Böllerschüsse (zwei für ein Feuer außerhalb; drei für ein Feuer in der Stadt) abgegeben. Jahre später wurden die Böllerschusse durch Kanonenschüsse der vier Kanonen bei der Stallbastei abgelöst, bis Kaiser Franz Josef 1852 anordnete, dass die Lärmbelästigung durch die Kanonenschüsse zu groß sei. Hierauf wurden die Schüsse bei Nacht durch brennende Laternen und tagsüber durch große Körbe, die am Uhrturm ausgehängt wurden, ersetzt.(Vgl. BRUNNER, Geschichte, 144. und Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 150 Jahre Berufsfeuerwehr, 40 f. sowie TREFFER, Feuerwehrbuch, 108. welcher nur von einer Unterbrechung zwischen 1852 bis 1857 schreibt und meint das 1891 zum letzten Mal von der „Kanonenhütte“ Feueralarm gegeben wurde.) Ab 1857 wurde dann die Signalisierung jedenfalls wieder durch Kanonenschüsse durchgeführt. 83 Vgl. BRUNNER, Geschichte, 143. 84 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 9 f. 26

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

d) Die „Rettungsschar“ zur Rettung von Menschen und Gut aus Feuergefahr sowie zur Beaufsichtigung des geretteten Eigentums.85

Zu den eben erwähnten „Hilfsscharen“ konnte sich jeder männliche Einwohner der Stadt Graz bei seinem „Viertelmeister“ einschreiben lassen. Damals musste man keine besonderen Qualifikationen vorweisen können, auch gab es für die Mitglieder keine einführenden Erklärungen über die Handhabung der Geräte. Es wurde auf Übungen verzichtet. Zwei „Spritzenmeister“, welche etwas eingeübtere Männer waren, genügten. Diese zwei „Spritzenmeister“ standen unter der Aufsicht des „Spritzeninspektors“, dies war meistens der magistratische Bauinspektor. Auch die „Wasserschar“ stand unter der Aufsicht des „Wasserinspektors“, einem Mann der Stadtbaudirektion. Auf einem Brandplatz hatte dann aber der „Löschdirektor“, der Bürgermeister oder ein von ihm bestellter Magistratsbeamte, mit Hilfe der „Viertelmeister“ die Leitung über. Wie schon erwähnt, wurden die Brände vom Schlossberg aus signalisiert. Erst danach lief dieser umständliche, langsame und vor allem schwerfällige Brandbekämpfungsapparat an.86

1.5.2 Die Grazer Berufsfeuerwehr

Nach der Märzrevolution 1848 wurde in den damaligen größeren Städten die Gemeindeselbstverwaltung eingeführt. Dies geschah auch in Graz. In der provisorischen Gemeinde-Ordnung für die Stadt Graz vom 27. April 1850 wurde der Stadt in § 69 ihr Recht und Pflicht sowie zu ihrem natürlichem Wirkungskreis gehörend, die Verwaltung der Lokalpolizei übertragen. In der Bestimmung wurde unter anderem auch die Gesundheits-, Feuer-, Markt-, Bau-, und Straßenpolizei genannt. Die Grazer Gemeindeordnung vom Dezember 1869 führte unter § 37 P. 3 lit. h schon die Feuerpolizei als Aufgabe des selbständigen Wirkungskreises an.87

Aufgrund der provisorischen Gemeinde-Ordnung von 1850 wurde ein neuer Gemeinderat in Graz gewählt welcher sofort die Notwendigkeit der Reorganisation des Feuerlöschwesens erkannte. Der Gemeinderat übertrug am 26. Juli 1849 mit Dekret dem Universitätsturnlehrer August Augustin die Aufgabe bei der geplanten Errichtung eines städtischen Feuerlöschkorps

85 Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 12. 86 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 10 ff. 87 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 14. 27

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN mitzuwirken. Daraufhin besuchte Augustin verschiedene Städte in Deutschland und Oberitalien um die dortige Löschausbildung und das vorhandene Löschwesen zu studieren. Besonders beeindruckt war er von dem Feuerwehrwesen der deutschen Stadt Ulm, welche damals auch von der Größe mit Graz zu vergleichen war.

In dem Bericht den er nach seinen Reisen an den Magistrat übergab, wurden viele organisatorische Fragen behandelt und auf die wichtigsten Rettungsgeräte eingegangen. Da Augustin Turnlehrer war, legte er in seinem Bericht großen Wert auf eine gewissenhafte Einübung und Fitness des Korps und stellte auch Anforderungen an die leitenden Organe. Er schrieb: „Um das Korps zum schweren Beruf zu befähigen, müßte es besonders im Klettern auf Dächern, an Leitern, Tauen und Stangen, ferner im Springen in die Weite und Tiefe geübt werden.“ Und „Das leitende Organ hat sich überall persönlich vom Stand der Dinge zu überzeugen, um den Umständen entsprechende Maßregeln nehmen zu können. Dieser Posten ist aber doppelt beschwerlich, für den Ungeübten oft sogar lebensgefährlich. Es dürfte daher ein sachkundiger mir Gefahr vertrauter, gewandter und mutiger Mann zu ernennen sein, welcher als Assistent der Feuerlöschdirektion dieselbe von der Lage der Dinge, von den getroffenen und zu treffenden Maßregeln in Kenntnis setzt, ihr Gutachten einholt und ihre Befehle mit Hilfe der Lösch- und Rettungsmeister vollzieht. Er müßte im Notfalle auf den gefährlichsten Punkten selbst Hand anlegen und dadurch zur mutigsten Hilfeleistung begeistern.“88

Der Grazer Gemeinderat um den damaligen Bürgermeister Dr. Ulm89 erkannte anhand dieses Berichtes die Notwendigkeit eines Löschkorps. Anfangs wollte man die städtischen Kanoniere (30 Mann), welche schon die Feuerwache am Schlossberg stellten, in das Landhaus verlegen und zur Brandbekämpfung einsetzen. Da dies aber nicht geschah, wurde tatsächlich die Gründung eines Pompierkorps in Betracht gezogen, wie es sie in anderen Städten gab. In Graz überlegte man die 24 Mann des Korps im Ökonomiegebäude am Mariahilferplatz unterzubringen. Diese Überlegungen wurden durch den Gemeinderatsbeschluss vom 18. Jänner 1853, welcher den Magistrat anwies die nötigen Verfügungen zu treffen, umgesetzt. Das neu gegründete Korps blieb 24 Mann stark. Je ein Führer und fünf Pompiers bildeten eine Löscheinheit. Die Einheiten hielten abwechselnd im städtischen Ökonomiegebäude Nachtdienst. Aber auch die nicht im Nachtdienst stehenden

88 Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 14f. 89 Im Amt von 27. September 1850 bis 16. April 1861 28

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Männer begaben sich im Brandfall meist an den Brandort, es gab schließlich eine Sonderentlohnung für die ersten 12 am Brandplatz eingetroffenen Pompiers. Zusätzlich hatten die Männer zwei Knechte und zwei Pferde zur Verfügung. 90 Die erste Uniform der Grazer Feuerwehr Bestand aus Rock, Zwilchhose und einer Tuchkappe. Zusätzlich gab es sechs lederne Mäntel für die Nachtbereitschaft.91 Die Kosten wurden zu je einem Drittel von der Stadtgemeinde, den Umgebungsgemeinden und den Versicherungen getragen. 92

Am 15. Juni 1853 hielt das Löschkorps seine erste Übung ab, deshalb wird dieser Tag als der Gründungstag der Feuerwehr der Stadt Graz angesehen.93

1.5.3 Entwicklung bis 1938

Durch die Gründung des Löschkorps musste die Löschordnung des Jahres 1822 geändert werden. Deshalb wurde mit Erlass des Ministeriums für Inneres vom 21. Jänner 1856 am 4. Februar 1856 die „Feuerlöschordnung für die Hauptstadt Graz und ihre nächste Umgebung“ 94 im Landesregierungsblatt des Herzogtums Steiermark kundgemacht. Sie legte in ihrem § 3 den Einsatzbereich der Feuerwehr auch außerhalb der Stadtgrenzen fest und musste deshalb oberbehördlich genehmigt werden. Dennoch war die Regelung nicht sehr präzise, es wurde nur geschrieben, in welchem Umkreis die Feuerwehr bei einem Brand zu löschen hatte, nämlich dem der sich auf die umliegenden Ortschaften auf beiden Murufern bezieht.95 Die größte Neuerung dieser Löschordnung war, dass sie erstmals nicht mehr die Bevölkerung beziehungsweise bestimmte Berufsgruppen zu den Löscharbeiten heranzog, sondern alle Aufgaben dem Pompierkorps überträgt. Formell war sie in IV. Abschnitte mit insgesamt 39 Paragraphen gegliedert und in ihrem Anhang befanden sich die einschlägigen Bestimmungen des Strafgesetzbuches zur Vermeidung und Beseitigung von Feuergefahren. In Abschnitt I. ging es um „Maßnahmen zur Entdeckung und Signalisierung entstehender Brände.“; in II. um „Bereithaltung und Bereitstellung der Löschrequisieten und die Hilfsmannschaften.“; in III. um „Verfahren zur Hilfeleistung am Brandplatze.“; und in IV. um den „Vorgang nach gelöschtem Brande und die Kostendeckung.“96

90 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 14 ff. 91 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.) 100 Jahre Feuerwehr, 19. 92 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 14 ff. 93 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 150 Jahre Berufsfeuerwehr, 41. 94 LGBl. II. Nr. 5/1856 95 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 16f. 96 Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.) 100 Jahre Feuerwehr, 17. 29

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Im Jahre 1857 wurde die Mannschaftsstärke des Korps auf 30 Mann aufgestockt und am 10. Dezember 1861 weiter auf 36 Mann erhöht. In diesem Jahr wurde das Löschkorps in „Städtische Feuerwehr“ umbenannt und es fand erstmals eine teilweise Kasernierung des Korps statt.

Die Feuersignalisierung durch Kanonenschüsse wurde in den Jahren 1852 bis 1857 ausgesetzt97. Dadurch gab es leider keine erhoffe Verbesserung der Situation, es trat eher gegenteiliges ein. Die Alarmierung durch Glockensignale wurde oft überhört und auch die Signalkörbe, welche am Uhrturm ausgehängt wurden, waren unpräzise. Deshalb wurde im Jahre 1855 eine telegraphische Verbindung zwischen dem Schlossberg, dem Rathaus und dem Ökonimiegebäude errichtet.98

Um ausrüstungstechnisch am aktuellen Stand zu bleiben, wurden 1862 erstmals Hanfschläuche sowie eine im Winter heizbare Spritze angekauft. Früh wurde erkannt, dass auch die aktuellste Ausrüstung alleine nicht einen ausgezeichneten Feuerwehrapparat garantieren konnte. Da eine zielbewusste technische Leitung fehlte, wurde durch einen Gemeinderatsbeschluss vom 10. August 1863 eine Dienstinstruktion für die städtische Feuerwehr erlassen, die vorschrieb, dass die Leitung der Lösch- und Rettungsarbeiten als rein technische Aufgabe einem Ingenieur zu übertragen sei. Dieser Ingenieur gab, nach Absprache mit der Löschdirektion, bei einem Brand die Befehle und Weisungen an die Feuerwehrmänner weiter. Auch besagte die Dienstinstruktion schon damals, dass die Arbeiten mit Ruhe und Besonnenheit durchgeführt werden müssen und Schreien zu vermeiden sei. Weiters sollten die Männer das bedrohte und zu rettende Eigentum möglichst schonend behandeln und es tunlichst unterlassen Häuser mit feuerfesten Decken auszuräumen. Gebäudeteile durften nur auf ausdrücklichen Befehl der Löschdirektion niedergerissen werden. In dieser Dienstordnung wurde auch die Größe der damaligen Feuerwehr niedergeschrieben, sie bestand aus sechs Einheiten zu je sechs Mann.99

Ein Vorläufer der Freiwilligen Feuerwehr wurde in Graz erstmals 1862 gegründet und war zunächst nur eine Feuerlöschriege innerhalb des deutschen Turnvereins. Sie wurde unter dem Namen „Freiwillige Feuerwehr des Grazer Turnvereines“ gegründet, aber behördlich erst

97 Siehe Kapitel 2.1.1. 98 In Wien wurde die erste Feuertelegraphenleitung vom Stefansturm zur Feuerwehrzentrale „Am Hof“ erst 1856 errichtet. 99 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 19 ff. 30

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

1865 genehmigt. Als sich die Freiwillige Feuerwehr bereits 1884 vom Turnverein loslöste, wurde sie in „Grazer Freiwillige Feuerwehr“ umbenannt.100

Durch das Reichsgemeindegesetz von 1862 wurde im Jahre 1869 eine Gemeindeordnung für Graz erlassen, welche die Feuerpolizei zu einer kommunalen Aufgabe machte. 1893 wurde die Gesamtleitung der Feuerwehren an den Leiter der Berufsfeuerwehr übertragen, welcher damals „Brandinspektor“ genannt wurde. 101

Als 1877 die Unterkünfte des Korps im städtischen Ökonomiegebäude zu klein und ungeeignet wurden, verlegte man das „Feuerwehrhauptdepot“ und die „Mannschaftsräume“ in die Häuser Lendplatz 15 – 17. In demselben Jahr wurde eine Brandmeldeanlage mit 30 Brandmeldern errichtet, welche die komplizierten Methoden der Brandalarmierung aus der Löschordnung 1856 ablösen sollte. Die Zentrale der Brandmeldeanlage stand anfangs im Landhaus, wurde 1885 in das Rathaus, 1904 in das neu errichtete Amtshaus und erst 1929 in die Feuerwache am Lendplatz verlegt.

Eine Brandkatastrophe in Wien, der Ringtheaterbrand 1881102, erregte in der damaligen Zeit sehr viel Aufregung und nahm so auch Einfluss auf das Löschwesen in Graz. Der Mannschaftsstand wurde aufgrund der Ereignisse in Wien auf 45 Männer erhöht. Da diese Zahl an Berufsfeuerwehrmännern aber immer noch sehr klein war, erfolgte bereits 1892 die nächste Erhöhung auf 60 Mann. Ebenfalls wurden einige neue Löschgeräte angeschafft, darunter auch die erste Dampfspritze.103 Seit 1895 war die Berufsfeuerwehr eine Abteilung des Bauamtes (Abteilung IV) und dort war sie als „Brandinspektorat“ der Stadtbaudirektion unterstellt. 104

Im Jahre 1901 wurde Ing. Theophil Qurin zum Kommandanten der Grazer Berufsfeuerwehr bestellt.105 Er war eine in den damaligen Fachkreisen anerkannte Person welche im Bereich des Feuerwehrwesens in Graz zahlreiche technische Erleichterungen und Modernisierungen durchführen sollte. So führte er 1901 in Graz die Knaust’sche Einheitsschlauchkupplung ein

100 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 22. 101 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 41. 102 Am 8. Dezember 1881 brannte das Wiener Ringtheater durch einen Fehler beim Anzünden der Bühnenbeleuchtung ab. Es war eine der verheerendsten Brandkatastrophen in der österreichisch–ungarischen Monarchie die insgesamt 386 Todesopfer forderte. 103 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 23. 104 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 41. 105 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 114. 31

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN durch die alle Schläuche, auch die von anderen Feuerwehren die ebenfalls solche Kupplungen in Verwendung hatten, verbunden werden konnten. Davor war ein Zusammenwirken von mehreren Feuerwehren fast nicht möglich, da jede Feuerwehr ihre eigene Kupplung hatte und diese meist nicht kompatibel waren.106 Die Feuerwehr Graz bekam unter ihm 1903 eine Gasspritze, diese war der Vorläufer eines Tanklöschwagens, bei der der Wasserdruck mit Kohlensäuregas erzeugt wurde. Der Mannschaftsstand wurde von Qurin auf 80 Mann erhöht und der heute noch gültige Diensttitel „Branddirektor“ durch jeweils eigene Gemeinderatsbeschlüsse vom 20. Dezember sowie vom 27. Juli 1906 eingeführt.107

Eine weitere organisatorische Regelung wurde durch die Gemeinderatsbeschlüsse vom 19. Juli und 22. September 1908 erlassen. Damals beschloss man die „Satzungen für die städtische Feuerwehr“. In dieser Satzung wurde erstmals niedergeschrieben, dass die Feuerwehr bei öffentlichen Unglücksfällen und Elementarereignissen108 einzugreifen hatte. Ab 1909 bildete die Berufsfeuerwehr mit der Freiwilligen Feuerwehr gemeinsam die sogenannte Gesamtfeuerwehr. Den Oberbefehl über alle Abteilungen dieser Gesamtfeuerwehr hatte der städtische Branddirektor. In seiner Abwesenheit wurde er vom städtischen Brandinspektor und dem Hauptmann der Freiwilligen Feuerwehr vertreten. Obwohl die Freiwillige Feuerwehr damals ein Verein war und die städtische Feuerwehr eben zu der Stadtgemeinde Graz gehörte, stellte dies kein Problem dar. 109

Im Bereich der Motorisierung der Einsatzfahrzeuge kam durch die sich in der Entwicklung befindlichen Kraftfahrzeugs-Industrie auch bei der Feuerwehr in Graz das Thema der Motorisierung der Löschfahrzeuge auf. Die Berufsfeuerwehr in Wien hatte 1903 das erste Feuerwehrkraftfahrzeug, ein Elektromobil, in den Dienst gestellt. In der damaligen Zeit war allgemein noch nicht klar, welche Art der Motorisierung sich durchsetzen würde. Man diskutierte bis zur Feuerwehraustellung 1913 in Leipzig ob es der elektrische Antrieb, der benzin-elektrische Antrieb oder der reine Benzinantrieb werden sollte. Es war in Feuerwehrkreisen eine große Unsicherheit bezüglich des Benzinantriebes festzustellen, man hatte Bedenken bezüglich der leichten Entflammbarkeit der Fahrzeuge und der Lagerung des Kraftstoffs in den Feuerwachen. Auch sollte erwähnt werden, dass die Motorisierung noch in

106 In Wien wurde dieses praktische System erst 1924 eingeführt Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 25. 107 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 25. 108 Naturkatastrophen 109 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 41. 32

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN den Kinderschuhen steckte, denn es gab kaum Leute, welche zur Verfügung standen um ein solches Fahrzeug lenken oder nur warten hätten können. Die Fahrzeuge waren noch nicht beleuchtet und die Geschwindigkeit konnte nur ruckhaft verändert werden. Weiters wurde kritisiert, dass die Fahrzeuge den gesamten Platz im Wagenraum beanspruchten. Doch trotz aller Zweifel und dank der ständigen Entwicklung im Bereich des Benzinmotors setzte sich dieser durch. Ein Mitgrund war, dass der Fahrbetrieb und der Pumpenbetrieb einfach vereinigt werden konnten. Es war allerdings ein langer Weg zu einer Motorisierung, diese war in Graz erst am 8. März 1920 verwirklicht worden.

Durch den ersten Weltkrieg und die Generalmobilisierung (siehe Kapitel 1.4) mussten in Graz 44 Mann in den Krieg einrücken, das war die Hälfte des gesamten Mannschaftsstandes. Um den Feuerwehrbetrieb aufrechterhalten zu können, wurde auf den Grazer Hochschulen ein Aufruf gestartet, welchem immerhin 54 Akademiker folgten und so während der Kriegstage bei der Brandbekämpfung mithalfen.

Nach dem Krieg wurde der Fokus wieder verstärkt auf die Motorisierung gelegt. Im März des Jahres 1920 kosteten fünf Lastkraftwagen 1,000.000 Kronen. Allerdings waren die Fahrzeuge noch ohne Löschpumpen, diese konnten (aus Geldknappheit) erst zum Jahresende bestellt werden und wurden in der Werkstätte der Feuerwehr eingebaut. 1923 wurde die erste Kraftfahrdrehleiter mit einer Steighöhe von 30 Metern in Graz angeschafft. (siehe Abb. 2) Sie kostete schon 525 Millionen Kronen. Durch diese Preissteigerung kann man nachvollziehen wie rasant die Inflation damals angestiegen ist. Wissenswert ist auch, dass ein Feuerwehrmann im Jahre 1924 18 Millionen Kronen verdiente. Man kann sich gut vorstellen, dass zu dieser Zeit Neuanschaffungen quasi unmöglich waren.110

Abb. 2: Drehleiter 1923111

110 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 25 ff. 111 Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 28. 33

HISTORISCHE ENTWICKLUNGEN DES FEUERLÖSCHWESEN

Im Jahre 1928 wurde Ing. Peter Stanke112 Branddirektor der Grazer Berufsfeuerwehr. Unter ihm als Offizier wurden bereits 1926 luftbereifte Fahrzeuge mit vorne eingebauten Kreiselpumpen eingeführt. Diese Wagen hatten einen 400 Liter Wassertank und ermöglichten ein sofortiges Wassergeben bei Eintreffen auf der Brandstelle.

Am 31. Mai 1933 genehmigte der Gemeinderat die „Stadtratsverordnung über die Organisation des Feuerlöschwesens der Stadt Graz“. In ihrem § 5 wurde eine Bestimmung über „Notpolizeiverfügungen“ eingefügt, welche erlaubte, dass der Feuerwehrkommandant in Fällen bei denen eine sofortige Hilfeleistung der Feuerwehr notwendig war, Verfügungen erlassen darf, die normalerweise von anderen Ämtern erlassen werden sollten.113 Als weitere Neuerung führte Ing. Stanke 1934 den noch bis heute im Dienst angewendeten 24 Stunden Wechseldienst ein.114 Mit Einführung dieses Wechseldiensts wurde auch eine Standeserhöhung auf 123 Mann durchgeführt.

112 2.10.1888 in Wien geboren und am 20.4.1985 in Graz gestorben; war seit 1919 Offizier der Grazer Berufsfeuerwehr, ab 1928 Branddirektor und von 1939 bis 1945 Leiter der Grazer Baupolizei. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute er das Steirische Feuerwehrwesen als steirischer Landesbrandinspektor neu auf. In den Jahren 1948 bis 1953 war er Landesfeuerwehrinspektor. 113 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 41. und Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 150 Jahre Berufsfeuerwehr, 46 f. 114 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 29. 34

DER ANSCHLUSS IM JAHRE 1938

2 Der Anschluss im Jahre 1938

2.1 Allgemeine Situation

Die politische Stimmung in Österreich war schon 1938 sehr stark von Hitler-Deutschland beeinflusst. In einem Treffen am 12. Februar 1938 zwischen Hitler und dem damaligen Bundeskanzler Kurt Schuschnigg115 auf Hitlers Berghof in Berchtesgaden wurde beschlossen, dass der Nationalsozialist Arthur Seyß-Inquart116 ab dem 15. Februar neuer Innen- und Sicherheitsminister in Österreich werden sollte. Damit konnten die Nationalsozialisten direkt auf die österreichischen Sicherheitsbehörden Einfluss nehmen. Diese Neuerung konnte man im damaligen Graz spüren, als während eines NS-Aufmarsches am 24. Februar 1938 am Grazer Rathaus eine Hakenkreuzfahne gehisst wurde.117

Bereits einige Tage zuvor, am Abend des 19. Februars marschierten schon NS- Sympathisanten mit Hakenkreuzfahnen und Fackeln durch Graz. An diesem Abend wurde auch die Grazer Berufsfeuerwehr um 20.31 Uhr alarmiert: Es ging die Meldung ein, dass auf dem Balkon des Rathauses ein Mann der verrückt sein könnte, herunterzufallen drohte. Daraufhin rückte, wie damals bei solchen Fällen üblich, der erste Löschzug mit Sprungtuch und Drehleiter aus. Als die Feuerwehr am Hauptplatz eintraf, machte es die Menschenmasse dem Zug unmöglich weiter vor zu rücken. In der Menge machte sich schnell eine gereizte Stimmung gegen die Feuerwehr breit, da die Leute anscheinend vermuteten, dass die Feuerwehr eine, von dem vermeintlich irrsinnigen Fassadenkletterer, gehisste Hakenkreuz- Fahne vom Rathaus herabholen wollten. Das erste Feuerwehrfahrzeug wurde an der Weiterfahrt gehindert und sogar von 20 bis 25 Personen erklettert. Von den Unbekannten wurden die Startschlüssel des Fahrzeuges entfernt und dadurch das Abrücken unmöglich gemacht. Erst nachdem die Feuerwehrmänner der aufgebrachten Masse erklären konnten, dass sie nicht wegen der Fahne sondern wegen des Fassadenkletterers hier waren, begannen die Leute sich wieder zu beruhigen und schließlich wurde langsam ein Abrücken möglich. In dem Bericht über diesen Einsatz bat die Feuerwehr die Bevölkerung zukünftig von solchen

115 14.12.1897 – 18.11.1977 116 22.07.1892 – 16.10.1946 117 Vgl. WIMMER, Damals, 163. 35

DER ANSCHLUSS IM JAHRE 1938

Aktionen Abstand zu nehmen, da die Feuerwehr dadurch an ihren eigentlichen Aufgaben behindert würde.118

Alleine am Grazer Hauptplatz sollen bis zu 60.000 Menschen die Machtergreifung der Nationalsozialisten bis in die frühen Morgenstunden gefeiert haben. Als am 12. März 1938 dann deutsche Truppen in Österreich einmarschierten, gab es in Graz keinen Widerstand. Nach Schätzungen eines damaligen Divisionskommandanten waren schon vor dem „Anschluss“ mindestens 70 Prozent aller Grazer Beamten Nationalsozialisten. Besonders hoch soll der Anteil im Bereich der Stadtverwaltung gewesen sein.119

2.2 Die Deutsche Gemeindeordnung

Schon am Mittag des 12. März 1938 hatte Graz einen neuen Bürgermeister, den Anwalt Dr. Julius Kaspar. Seine zwei Stellvertreter waren Dr. August Verdino und Erich Seitz.120 Die Umbesetzung von leitenden Positionen durch Nationalsozialisten oder mit diesen Sympathisierenden („Gleichschaltung“) wurde in allen Bereichen der Verwaltung rasch durchgezogen. Auf Gemeindeebene wurde eine Neuorganisation der Verwaltung auf Basis der „Deutschen Gemeindeordnung 1935121“ vorgeschrieben.

Die Deutsche Gemeindeordnung wurde am 23. September 1938 durch eine Verordnung vom 15. September 1938 bekanntgemacht und in Österreich mit Wirkung vom 1. Oktober 1938 in Kraft gesetzt.122 Diese Ordnung hatte 123 Paragraphen und war in acht Teile gegliedert. Sie trat in Deutschland am 1. April 1935 ( vgl. § 123 DGO) in Kraft und ihr Geltungsbereich wurde nach dem „Anschluss“ am 1. Oktober 1938 auf Österreich ausgedehnt. Durch ihre Einführung wurde auch das „Führerprinzip“ in den österreichischen Gemeinden eingeführt. Der Bürgermeister war von nun an oft auch der örtliche Leiter der NSDAP und konnte so die Parteivorgaben direkt auf die ihm Übertragenen Verwaltungsgebiete umlegen.123 Brauneder beschreibt dies so: „Der Grundsatz der „freien Gemeinde“ ist bewusst verlassen und der NSDAP als einzigem politischen Willensträger ein vorrangiger Einfluß auf die

118 FSchPol. I, Bericht vom 21. Februar 1938 119 Vgl. KARNER, Steiermark, 48 f. 120 Vgl. KARNER, Steiermark, 48 ff. 121 DGO 1935 – dRGBl. 1935 I S. 49 122 ABl. Nr 7/8. 1938 S. 36 ff. 123 Vgl. BALTL-KOCHER, Rechtsgeschichte S. 278 36

DER ANSCHLUSS IM JAHRE 1938

Gemeindeorganisation eingeräumt. Der Bürgermeister wird unter entscheidender Mitwirkung der NSDAP praktisch von Reichsbehörden bestellt. Als Leiter der Gemeinde hat er eine typische „Führer-Stellung“: Ihm allein obliegt die Willensbildung, sie ist an keine weiteren Gemeindeorgane gebunden, doch muß er die Gemeinderäte in bestimmten Angelegenheiten um ihre Meinung fragen; diese werden allerdings allein von der NSDAP bestellt.“.124

Im Zuge der „Gleichschaltung“ wurden alle leitenden Positionen in der Verwaltung mit Parteimitgliedern der NSDAP oder mit diesen Sympathisierenden umbesetzt. Die Staatspolizeileitstelle Graz wurde schon am 14. März 1938 unter eine neue Führung gestellt, hier wurde der SS-Sturmbannführer Schulz zum neuen Leiter ernannt. Bereits zwei Tage später wurde die Grazer Polizei und Gendarmerie auf dem heutigen Messegelände auf den „Führer und Reichskanzler“ vereidigt.125 Auch die Grazer Berufsfeuerwehr hatte am 18. März 1938 den Eid auf Hitler zu leisten und diesen zusätzlich schriftlich in einer Liste zu bestätigen.126 Zusammengefasst kann man sagen, dass die Nationalsozialisten innerhalb von zwei Tagen die gesamte Macht in Graz übernommen hatten!

2.3 Die Grazer Berufsfeuerwehr in den Tagen nach dem Anschluss

Ein Schreiben des Feuerwehrkommandos an den Bürgermeister Dr. Kaspar vom 13. März 1938 beinhaltet die Entfernung des Dollfußdenkmales (siehe Abb. 3). Diesbezüglich forderte am 12. März ein SA-Mann von der Feuerwehr einen bemannten Rüstwagen. Der Branddirektor und ein Offizier rückten mit dem Rüstwagen aus und bestellten daraufhin einen zweiten nach. Der SA-Mann wollte anfangs nur den Kopf des Denkmals von der Säule entfernen lassen. Die Feuerwehrmänner informierten den SA-Mann, dass dies nur nach Aufstellung eines Gerüstes, was einiges an Zeit in Anspruch nehmen würde, möglich sei. Daraufhin holte der SA-Mann weitere Weisungen seiner Vorgesetzten ein. Diese besagten, dass das Denkmal komplett zu stürzen sei. Dies war aber, dank der Auskunft von Ing. Ducke (der mit seiner Firma das Denkmal errichtete) nicht durch die Feuerwehr und ihr Gerät zu erreichen. Es musste extra ein 10 Tonnen Titan Zug geholt werden der das Denkmal ohne

124 BRAUNEDER, Verfassungsgeschichte S. 252 125 Vgl. KARNER, Steiermark, 53. 126 Siehe Bestätigung über den am 18. März 1938 geleisteten Eid nach der „Eidesformel“ in: FSchPol. I 37

DER ANSCHLUSS IM JAHRE 1938

Probleme niederriss. Die Berufsfeuerwehr half dann beim Abtransport des Marmorkopfes zum städtischen Wirtschaftshof mit.127

Abb. 3: Entfernung des Dollfuß Denkmals am 12. März 1938128

Das Feuerwehrkommando Graz gab Bürgermeister Dr. Kaspar einen Bericht über die Tage des „Führerbesuchs“ am 3. und 4. April 1938. In dem Bericht heißt es, dass die Berufsfeuerwehr innerhalb der 24 Stunden vom 3. April um 9 Uhr bis zur gleichen Uhrzeit des 4. Aprils 18 mal alarmiert wurde. Es waren zwei Großfeueralarme (es handelte sich dabei um offene Dachfeuer in einer leerstehenden Fabrikhalle und bei der Schuhwarenfabrik Humanic aufgrund eines durch die Bahn verursachten Funkenfluges), zwei sonstige Feueralarme, sowie 14 technische Hilfeleistungen. In dem Bericht wurde beantragt, den Feuerwehrmännern, die an diesem Tag Dienst hatten, aufgrund ihrer hohen Beanspruchung eine Anerkennung zukommen zu lassen. Im Gegenzug kam vom Bürgermeister ein Schreiben an das Feuerwehrkommando zurück in dem er seine Anerkennung für die Feuerwehrmänner und ihre Leistungen vor allem bei den Großbränden während des Hitlerbesuches aussprach.129

127 FSchPol. I, Brief vom 13. März 1938 128 http://www.doew.at/service/ausstellung/1938/2/2_3.html 129 FSchPol. I, Bericht vom 4. April 1938 38

DER ANSCHLUSS IM JAHRE 1938

Aus den Akten ist auch ersichtlich, wie schnell damals die Menschen nicht mehr objektiv betrachtet wurden. Am 25. April 1938 trat Herr Ing. Oskar Reich mit einem Schreiben an die Feuerwehr heran, in dem er von einer von ihm neu entwickelten Löschmasse berichtete.130 In weiterer Folge bat Ing. Reich, die Feuerwehr um einen praktischen Versuch mit dieser Löschmasse, denn er meinte seine Löschmasse stelle eine Verbesserung des damals bekannten dar. Bereits am 26. April wurde dieser Brief vom Branddirektor Ing. Stanke an den Bürgermeister SS-Obersturmführer Dr. Kaspar weitergeleitet um von diesem eine Entscheidung in der Sache zu bekommen. In dem Schreiben131, dass Ing. Stanke an den Bürgermeister richtet geht er von der potentiellen Möglichkeit einer als positiv zu sehenden Entwicklung der Löschmasse des Chemikers Ing. Reich aus. Letztlich fügt Ing. Stanke aber auch noch an, dass Ing. Reich „angeblich Jude sein soll“. Am 7. Mai wurde die Feuerwehr vom damaligen Bürgermeister Dr. Kaspar mit einem Einzeiler darauf hingewiesen, dass dem Ansuchen deshalb nicht stattzugeben sei, da Ing. Reich „Jude ist“. 132 Am 9. Mai wurde Ing. Reich nur mitgeteilt, dass sein Ansuchen aufgrund eines Beschlusses des Bürgermeisters abgelehnt wurde.133 In dem Antwortschreiben des Feuerwehrkommandos wird, auf Befehl des Bürgermeisters, nicht erwähnt warum dieser eine Überprüfung des Löschmittels abgelehnt hatte.

Von nun an war auch bei kirchlichen Feiern die Anwesenheit von Beamten der Stadt Graz nicht mehr erwünscht. Durch einen Brief aus Wien an Dr. Kaspar von Major Endler der Schutzpolizei wurde die Order ausgegeben, dass die Teilnahme an den Fronleichnamsprozessionen des 16. Juni 1938 von den Beamten und Offizieren der Ordnungspolizei privat und in Uniform nicht erwünscht sei.134

Nach der Einführung der Deutschen Gemeindeordnung in Graz unterstand die Feuerpolizei, das Löschwesen und der Rettungsdienst nach der Geschäftsverteilung für die Verwaltung der Stadt Graz135 dem Dezernat 3, welches für das Bauwesen zuständig war und was in die Zuständigkeit des Bürgermeisters Seitz viel.

130 FSchPol. I, Brief vom 25. April 1938 131 FSchPol. I, Brief an Dr. Kasper vom 26. April 1938 132 Ebd. Letzte Zeile 133 FSchPol. I, Schreiben vom 9. Mai 1938 134 FSchPol. I, Schreiben vom 13. Juni 1938 135 ABl. 1938 Nr. 9/10. 1938 S. 42 ff 39

DER ANSCHLUSS IM JAHRE 1938

2.4 Schaffung von Groß-Graz

Groß-Graz zu gründen war schon Jahre vor dem „Anschluss“ an das Deutsche Reich eine Idee die viele Grazer Bürgermeister beschäftigte, hier wird aber nur auf die tatsächliche Eingemeindung der Nachbargemeinden im Jahr 1938 und dem dazugehörigen Bezug der Feuerschutzpolizei und der Freiwilligen Feuerwehren eingegangen.

In den Akten der Feuerschutzpolizei heißt es, dass Groß-Graz am 5. Oktober 1938 geschaffen wurde. Wie die Volkszählung vom 17. Mai 1939 ergeben sollte, hatte Graz nun 205.677 Einwohner (davor 153.000). Durch die Eingemeindung erweiterte sich die Größe des Stadtgebietes von 2158 ha und 7313 Gebäuden auf 12.604 ha mit 15.318 Gebäuden.136

Der Feuerlöschdienst im damaligen Graz wurde von der Berufsfeuerwehr mit Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehr Graz-Mitte sowie den 13 Freiwilligen Feuerwehren der eingemeindeten Außenbezirke (Andritz-Ort, Weinitzen-Neustift, Kroisbach, Maria-Trost, Kainbach, Waltendorf, St. Peter, Liebenau, Straßgang, Wetzelsdorf, Eggenberg, Gösting und Engelsdorf) versehen. Durch die Eingemeindung wurden auch diese Freiwilligen Feuerwehren unter das Kommando des Branddirektors der Feuerwehr der Stadt Graz gestellt. Er war der Chef von 124 Mann der Berufsfeuerwehr und von 444 Mann der eingemeindeten Freiwilligen Feuerwehren. Der Oberbürgermeister, oder einer seiner Stellvertreter hatte die Oberleitung über das gesamte Feuerlöschwesen. Der vorbeugende Feuerschutz wurde durch eine Abteilung des Bauamtes, dem Feuerpolizeiamt geleitet. 137

Wenn man sich die amtlichen Schriftstücke zur Schaffung von Groß-Graz ansieht wird man mit anderen Zahlen im Bereich des Gebietszuwachses konfrontiert. So wird im Amtsblatt der Stadt Graz Nr. 7/8. aus dem September und Oktober 1938138 auf Seite 32 von einem Gebietszuwachs von 2162 ha auf 12.500 ha gesprochen.

In Graz wurde schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts oftmals darüber diskutiert, ob man nicht die Gemeindegrenzen ausdehnen sollte. Jedoch konnten sich die politischen Parteien weder vor, noch nach dem Zerfall der Monarchie auf eine Lösung einigen. Diese Einigung

136 FSchPol. I, Verwaltungsbericht für das Jahr 1938 137 FSchPol. I, Verwaltungsbericht für das Jahr 1938; ABl. Nr. 9/10. 1938 S. 42 ff. 138 ABl. Nr. 7/8. 1938 S.31 ff. 40

DER ANSCHLUSS IM JAHRE 1938 gelang erst unter dem totalitären NS-Regime, unter anderem auch weil den Nationalsozialisten die Proteste der damals überwiegen bäuerlichen Gemeinden egal war. Die Eingemeindung selbst wurde innerhalb weniger Wochen im September und Oktober des Jahres 1938 vollzogen. Rechtlich wurde eine Verordnung des Landeshauptmannes vom 30. September 1938139 erlassen. Diese Verordnung war in drei Abschnitte und 13 Paragraphen gegliedert und hatte noch einen Anhang als untrennbaren Bestandteil.

Als Rechtsgrundlage wird in der Präambel der Verordnung § 2 der Verordnung des Führers und Reichskanzlers über das Gesetzgebungsrecht im Lande Österreich140 und die §§ 2, 4 und 5 der Steiermärkischen Gemeindeverfassung141 genannt. Die Verordnung selber regelt in ihren drei Abschnitten den „Umfang der Eingemeindung“, die „Übernahme von Rechten und Pflichten“ und die „Anwendung von Gesetzen und Vorschriften“. In ihrem Anhang wird eine sehr detaillierte „Umschreibung des Stadtgebietes Graz“ gegeben. 142

139 ABl. Nr 7/8. 1938 S. 32 ff. 140 dRGBl. I 1938, S. 455 141 LGBl. Nr. 16/1938 142 ABl. Nr 7/8. 1938 S. 32 ff. 41

ERSTE VERÄNDERUNGEN AB 1938

3 Erste Veränderungen ab 1938

3.1 Das Gesetz über das Feuerlöschwesen143

Auch vor den Feuerwehren machte die sogenannte „Gleichschaltung“ der Nationalsozialisten nicht Halt. Die traditionelle Verwaltungsstruktur des österreichischen Feuerwehrverbandes wurde durch den „Anschluss“ abgeschafft und zeitgleich wurden die alten, landesrechtlichen Bestimmungen über das Feuerwehrwesen aufgehoben. Es wurde langsam von März 1938 bis 1. Oktober 1939 ein neues und am Ende für das gesamte Reichgebiet geltendes Gesetz über das Feuerlöschwesen vom 23. 11. 1938 eingeführt.144 Dies war die erste „reichsgesetzliche“ Maßnahme auf dem Gebiet des Feuerlöschwesens und stellte einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu der Vereinheitlichung des Feuerlöschwesens im gesamten Deutschen Reich dar.145 Erlassen wurde das Gesetz um die Vielfältigkeit des Feuerwehrwesens, vor allem unter Berücksichtigung der erhöhten Anforderungen in Kriegszeiten, nicht durch viele verschiedene Gesetzte zu regeln war. Die Vielfältigkeit die einen Regelungsbedarf benötigte, ergab sich aus Fragen zur Ausrüstung und zur Uniformierung wie auch auf technische Fragen (einheitliche Schlauchkupplungen und Hydrantenanschlüsse). Daneben wurde in dem Gesetz der Luftschutz mitgeregelt. Gerade im Bereich des Luftschutzes waren einheitliche Lösungen für des gesamte Deutsche Reich notwendig.146

Das Gesetz über das Feuerlöschwesen147 definierte die Feuerschutzpolizei in seiner Präambel als eine straff organisierte, vom Führerprinzip geleitete, reichseinheitlich gestaltete, von geschulten Kräften geführte Polizeitruppe (Hilfspolizeitruppe) unter staatlicher Aufsicht.148 Formal bestand es aus drei Abschnitten mit insgesamt acht Paragraphen. Zusätzlich gab es zu dem eigentlichen Gesetz noch insgesamt sieben Durchführungsverordnungen.

Der erste Abschnitt des Gesetzes149 regelte die Feuerschutzpolizei. Da der Abschnitt aber nur aus einem Paragraphen mit vier Absätzen bestand wurde am 27. September 1939 die erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Organisation der

143 dRGBl. 1938 I S. 1662 144 dRGBl 1938. I S. 1662 145 Vgl. PREUßE, Feuerlöschwesen, 1. 146 Vgl. PREUßE, Feuerlöschwesen, 4. 147 dRGBl 1938. I S. 1662 148 Vgl. dRGBl. 1938 I S. 1662 149 dRGBl 1938. I S. 1662 42

ERSTE VERÄNDERUNGEN AB 1938

Feuerschutzpolizei)150 erlassen. Sechs weitere sollten folgen. Sie regelten unter anderem die Auflösung der Vereinsfeuerwehren, organisatorische Fragen über die Freiwillige Feuerwehr als Gemeindeeinheit und die Aufnahme von Feuerwehrmitgliedern. Da hier der Fokus besonders den organisatorischen Veränderungen der Feuerschutzpolizei gewidmet ist, wird neben dem Gesetz auch die erste Durchführungsverordnung151 erklärt.

§ 1 des Gesetzes über das Feuerlöschwesen152 sagt in seinem Absatz 1, dass der Reichsminister des Inneren zu bestimmen hat, welche Städte eine Feuerschutzpolizei einzurichten hatten und in welchen Städten eine bereits bestehende Berufsfeuerwehr in eine Feuerschutzpolizei umzuwandeln war. Der Absatz 2 leg. cit. sagte, dass die Beamten der Feuerschutzpolizei Polizeivollzugsbeamte sind und gem. Abs. 4 für sie auch die allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften gelten. In Abs. 3 leg. cit. wurde die Altersgrenze der Feuerschutzpolizisten mit dem vollendeten 60. Lebensjahr festgesetzt.

Im zweiten Abschnitt (§ 2 bis § 6 leg. cit.) wurden „die Feuerwehren“ geregelt. Neben der Feuerschutzpolizei gab es noch die Freiwilligen Feuerwehren, die Pflichtfeuerwehren und die Werksfeuerwehren. Nach § 4 leg. cit. wurde von der Aufsichtsbehörde bestimmt, welche Gemeinden neben der Feuerschutzpolizei auch eine Freiwillige Feuerwehr aufstellen mussten. Die Gemeinden hatten gem. § 5 leg cit. für die Beschaffung und Erhaltung der Löschgeräte, Bekleidung, Ausrüstung, Alarmeinrichtungen, Wasserversorgungseinrichtungen und die Gerätehäuser zu sorgen. Durch § 6 des Gesetzes über das Feuerlöschwesen wurden alle bestehenden Freiwilligen Feuerwehrverbände aufgelöst und auch die Freiwilligen Feuerwehren der Ordnungspolizei unterstellt. Wegen dieser Umstellung wurden die Freiwilligen Feuerwehren offiziell zu Gemeindeinstitutionen und verloren ihre vormalige Rechtspersönlichkeit. Wörtlich hieß es: „An die Stelle der Vereine tritt eine nach Löscheinheiten gegliederte Hilfspolizeitruppe, deren Organisation der Reichsminister des Inneren bestimmt. Der freiwillige Dienst in der Hilfspolizeitruppe ist ein ehrenvoller, opferbereiter Einsatz für die Deutsche Volksgemeinschaft.“153

Der dritte Abschnitt regelte in den §§ 7 und 8 die gemeinsamen Vorschriften. Es wird festgelegt, dass das Reichsministerium des Inneren die für das gesamte Feuerlöschwesen

150 dRGBl 1939 I S. 1983 151 dRGBl 1939 I S. 1983 152 dRGBl 1938. I S. 1662 153 § 6 Abs. 2 Gesetz über das Feuerlöschwesen 1938 43

ERSTE VERÄNDERUNGEN AB 1938 zuständige Behörde ist und, dass das Inkrafttreten des Gesetzes für das Land Österreich noch vorbehalten bleibt. In Österreich oder der damaligen „Ostmark“ wurde das Gesetz über das Feuerlöschwesen durch eine Verordnung154 mit Wirkung des 1. Oktobers 1939 in Kraft gesetzt.

Wie schon erwähnt wurde, wurde bereits am 27. September 1939 die erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen erlassen, sie hatte die Organisation der Feuerschutzpolizei zum Inhalt.155 Die Durchführungsverordnung hat zehn Paragraphen, wobei § 1 leg. cit. nur allgemein die Aufgaben der Feuerschutzpolizei aufzählt und sie als technische Polizeitruppe definiert. In § 2 der 1. DVO156 werden die Städte aufgezählt in denen eine Feuerschutzpolizei zu errichten war sowie die Städte in denen die Berufsfeuerwehr in die Feuerschutzpolizei umzuwandeln war. Hier ist Graz in § 2 Abs. 1 der 1. DVO157 aufgezählt. Nach dem § 2 Abs. 3 leg. cit. konnte der Reichsminister des Inneren auch bestimmen wenn andere als die in § 2 Abs. 1 aufgezählten Gemeinden eine Feuerschutzpolizei errichten sollten. Auch der Sollstand jeder Feuerschutzpolizei (welcher nicht mit dem Ist-Stand, also der tatsächlichen Mannschaftsstärke zu verwechseln ist) sowie die Gliederung und die Ausrüstung der Einheiten wurde von der zuständigen Aufsichtsbehörde aufgrund der Bestimmungen des Reichministers für Inneres festgelegt (§ 3 1. DVO).158 Die §§ 4 bis 6 der 1. DVO159 sagten, dass die Feuerschutzpolizei keiner anderen Gemeindeeinheit angegliedert sein durfte, dass die Beamten der Feuerschutzpolizei keine Mitglieder bei anderen (Freiwilligen) Feuerwehren sein durften und dass auf die Beamten die Vorschriften des Deutschen Polizeibeamtengesetzes160 anzuwenden sind. In § 7 der 1. DVO161 wurde, wie in § 1 Abs. 3 des Gesetzes über das Feuerlöschwesen162, die Altersgrenze der Beamten festgelegt, diese war auch hier das vollendete 60. Lebensjahr. In § 8 der 1. DVO163 wurde festgelegt, dass die Gemeinde in der eine Feuerschutzpolizei errichtet wurde für die Kosten des Personals sowie für die Anschaffung und Erhaltung der Löschgeräte, Alarmeinrichtungen und der Wasserversorgungsanlagen sowie der Wach- und Dienstgebäude

154 Vgl. Verordnung über die Einführung des Gesetztes über das Feuerlöschwesen in der Ostmark und im Reichsgau Sudetenland vom 19. September 1939 – dRGBl. I 1939 S. 1870 155 dRGBl 1939 I S. 1983 156 dRGBl 1939 I S. 1983 157 dRGBl 1939 I S. 1983 158 dRGBl 1939 I S. 1983 159 dRGBl 1939 I S. 1983 160 dRGBl 1937 I S. 653 161 dRGBl 1939 I S. 1983 162 dRGBl 1938. I S. 1662 163 dRGBl 1939 I S. 1983 44

ERSTE VERÄNDERUNGEN AB 1938 aufzukommen haben. In § 9 der 1. DVO164 wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die alten länderrechtlichen Vorschriften bezüglich der Berufsfeuerwehren ihre Gültigkeit mit dem Inkrafttreten der Verordnung verlieren, oder dann verlieren wenn aufgrund der Verordnung neue Gesetzte zu diesen Bereichen erlassen werden. Die erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen trat mit ihrer Verkündung am 27. September 1939 in Kraft.165

Positiv zu erwähnen ist, dass durch das neue Gesetz eine Vereinheitlichung der Kraftspritzen, der Schlauch und Kupplungssysteme durchgeführt wurden, sowie, dass die Fuhrparks modernisiert wurden. Ebenfalls wurden die Mannschaftsstärken neu organisiert: kleinste taktische Einheit war damals die „Gruppe“, welche aus einem Gruppenkommandanten, einem Melder, einen Maschinisten, dem Angriffs-, Schlauch- und dem Wassertrupp bestand. Eine Neuheit war, dass der Feuerwehrmann alle Positionen ausführen können musste, es sollte von nun an den sogenannten „Einheitsfeuerwehrmann“ geben.166

3.2 Eingliederung in die Ordnungspolizei

Die Feuerwehren wurden in die Ordnungspolizei eingegliedert und unterstanden von diesem Zeitpunkt an in oberster Instanz dem Chef der Deutschen Polizei und Reichsführer SS, Heinrich Himmler. Die Eingliederung des österreichischen Sicherheitsapparat wurde bereits in den ersten Tagen nach dem „Anschluss“, der durch das „Bundesverfassungsgesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“167 in Angriff genommen.168 Bereits im Mai und Juni 1938 wurden die Beamten der Gendarmerie auf das Reichsdeutsche System umgeschult.169 Um die Jahresmitte 1939 wurde in der Ostmark eine weitere Reichsdeutsche Sicherheitsstruktur eingeführt; jeder Wehrkreis (in der Ostmark gab es die Wehrkreise Donau und Alpenland) bekam einen „Höheren SS- und Polizeiführer (HSSPF)“ der direkt Heinrich Himmler unterstellt war. Man wollte so auf regionaler Ebene eine Verschmelzung von SS und Polizei erreichen. Die HSSPF kontrollierten in ihren Wehrkreisen neben den SS-Dienststellen und Verbänden auch die gesamte Sicherheits- und

164 dRGBl 1939 I S. 1983 165 Vgl. § 10 DVO - dRGBl 1939 I S. 1983 166 Vgl. SCHNEIDER, Feuerwehr, 183 f. 167 BGBl. Nr. 75/1938, 168 Vgl. GEBHARDT, Gendarmerie, 301. 169 Vgl. GEBHARDT, Gendarmerie, 305. 45

ERSTE VERÄNDERUNGEN AB 1938

Ordnungspolizei, also auch die Feuerschutzpolizei. Durch diese Einrichtung verloren die allgemeinen Einrichtungen der Sicherheitsverwaltung ihre bisherigen Kompetenzen und der Aufbau der Nationalsozialistischen Parallelhierarchie in dem Bereich der Polizei war in der Ostmark beendet.170

Der Chef der Ordnungspolizei war Obergruppenführer Dr. Kurt Daluege; unter sein Kommando fielen die uniformierte Polizei, die Feuerschutzpolizei (inkl. der ehemals Freiwilligen Feuerwehren) und die . Ihm untergeordnet war ein Inspektor der Ordnungspolizei (mit einem „Sachbearbeiter Feuerwehr“), der den Bezirksführen die Weisungen weitergab. Die Bezirksführer gaben ihre Weisungen weiter an die Kreisführer welche ab 21. Mai 1941 Unterkreisführer hatten, die ihnen untergeben waren. Die untersten in dieser Hierarchie waren die Wehrführer. Ihre Aufgabe bestand darin monatliche Arbeitspläne und Arbeitsberichte zu erstellen. Eine nicht unwichtige Tatsache ist, dass die Feuerwehrmänner ab dem 1. September 1942 den Militärstrafgesetzen unterlagen und so auch der Sondergerichtsbarkeit der SS unterstanden.171

170 Vgl. GEBHARDT, Gendarmerie, 320 f. 171 Vgl. SCHNEIDER, Feuerwehr, 184. 46

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG

4 Die weitere allgemeine Entwicklung

4.1 Aufbau und Organisation

Im Zuge der Umwandlung der Berufsfeuerwehr Graz in die Feuerschutzpolizei musste ihre Angehörigen bereits am 18. März 1938 einen Eid auf den Führer und Reichskanzler Adolf Hitler leisten. Die Männer hatten dies auch in einer Liste mit ihrer Unterschrift zu bestätigen.172 Die Formel des Eides lautete gem. § 2 des Erlasses des Führers und Reichskanzlers über die Vereidigung der Beamten des Landes Österreich, vom 15 März 1938173: „Ich schwöre: Ich werde dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler treu und gehorsam sein, die Gesetze beachten und meine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen, so wahr mir Gott helfe.“174

Die Unterschriftenliste mit den damaligen Feuerwehrmitgliedern ist immer noch vorhanden. Auf ihr sind 132 Namen aufgelistet, zwei wurden durchgestrichen. Drei Männer leisteten auf ihr keine Unterschrift (darunter der damalige Branddirektor Ing. Stanke) und bei 14 weiteren war statt der Unterschrift ein Datum eingefügt worden. Unterschrieben haben dennoch 111 Männer.175

In Graz wurden ja durch die Verordnung über die Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 15. September 1938176 die polizeilichen Aufgaben erweitert. Die Polizei hatte Aufgaben zu übernehmen, die zuvor von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich wahrgenommen wurden. Dazu gehörte ab Herbst 1938 das Feuerwehrwesen, welches durch die Aufstellung der Feuerschutzpolizei neu gestaltet werden sollte. Die ehemalige Berufsfeuerwehr wurde zur ordentlichen Vollzugspolizei und die Freiwillige Feuerwehr zur Hilfspolizei. Die Oberleitung hatte der Polizeiverwalter, welcher in Graz der Polizeipräsident war.177 Branddirektor Ing. Stanke wurde 1939 zuerst beurlaubt und später außer Dienst gestellt. Ihm folgte provisorisch Dipl. Ing. Pauler als Leiter der Berufsfeuerwehr bis am 21. August 1939 mit Entschließung des Oberbürgermeisters der

172 Siehe Bestätigung über den am 18. März 1938 geleisteten Eid nach der „Eidesformel“ in: FSchPol. I 173 dRBGl 1938 I S. 245 174 PFEIFER, Ostmark, 30. 175 FSchPol. I, Bestätigung über den Eid vom 18. März 1938 176 dRGBl 1938 I S. 1167. 177 Vgl. KNOLL, Polizei, 40 f. 47

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG

Stadtbaurat Dipl. Ing. Fischer kommissarisch zum Branddirektor ernannt wurde. Ebenso stellte man am 1. August 1939 Dipl. Ing. Ortner vom Luftschutzamt als neuen Offizier ein.178 Dipl. Ing. Johannes Harder übernahm 1940 die Leitung der Feuerschutzpolizei179, zu welcher die Grazer Berufsfeuerwehr am 1. Oktober 1939180 endgültig umgewandelt wurde.

Am 28. März 1938 stattete Bürgermeister Dr. Kaspar, der durch sein Amt auch oberster Feuerwehrkommandant in Graz war, der Berufsfeuerwehr in ihrer Hauptfeuerwache am Lendplatz einen Besuch ab um die Feuerwehr und ihre Beamten kennenzulernen. Dafür mussten 120 Mann zum Rapport antreten. Der Bürgermeister hielt eine längere, mit NSDAP- Pathos gefüllte Rede über die Zukunft der Feuerwehr im Deutschen Reich. Branddirektor Ing. Stanke dankte dem Bürgermeister im Namen der Feuerwehrangehörigen und versprach „Dass die Berufsfeuerwehr unter äußerstem Einsatz aller Kräfte im nationalsozialistischen Sinn weiter zu wirken (…).“181

Branddirektor Stanke ersuchte am 29. April 1938 den Bürgermeister um neue Hoheitsabzeichen, da die aus den Umbruchtagen angeschafften Hakenkreuzbinden sehr schmutzanfällig waren. Es wurden, wie bei den Feuerwehren im Altreich, Hoheitsabzeichen mit dem Ortsnamen der Feuerwehr für den linken Rockärmel verlangt.182

Am 18. November 1938 wurde vom Feuerwehrkommando Graz eine Vorschrift über die Organisation des Löschwesens in Groß-Graz verfasst und vom Bürgermeister genehmigt. Inhalt der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über das Feuerlöschwesen183 gültigen Vorschrift war: § 1 regelte die Leitung des Feuerwehrwesens, demnach hatte der Oberbürgermeister die Oberaufsicht. § 2 sagte, dass der städtische Branddirektor der Feuerwehrkommandant der Gauhauptstadt Graz ist und er das Kommando, über die Berufsfeuerwehr und die Freiwilligen Feuerwehren im Stadtgebiet hat, da es ihm vom Oberbürgermeister übertragen wurde. Selbstverständlich hatte sich der Branddirektor an die einschlägigen Gesetze, Verordnungen, Erlässe und Amtsverfügungen zu halten. § 3 regelte, dass der dienstälteste Feuerwehroffizier, der städtischen Brandmeister, oder der Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr den Branddirektor bei Abwesenheit zu vertreten hat. § 4 regelte das Unterkommando. Nach § 5

178 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1939 179 Vgl. SCHELLAUF / SCHRANK, Feuerwehr, 370. 180 dRGBl. 1939 I S. 1870 181 FSchPol. I, Gesamtrapport der städt. Berufsfeuerwehr März 1938 182 FSchPol. I, Schreiben vom 29. April 1938 183 dRGBl. 1938 I S. 1662. 48

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG durfte der das Kommando habende Feuerwehrbeamte bei Abwesenheit eines städtischen Amtsorganes eine sogenannten „Notpolizeiverfügung“ treffen, wenn dies zur Abwendung einer Gefahr notwendig war. § 6 besagte, dass die Handhabung der Sicherheitspolizei der Ordnungspolizei oblag. In § 7 wird der Begriff der Feuerwehr der Stadt Graz definiert: Zu ihr gehören alle zum Zweck des Feuerdienstes gegründete Körperschaften, welche die Berufsfeuerwehr, die Freiwilligen Feuerwehren und das Hydrantenaufsichtspersonal sind. § 8 schreibt fest, dass Privatfeuerwehren vom Oberbürgermeister genehmigt werden müssen. § 9 regelt die personellen Angelegenheiten, welche besagen, dass die Angehörigen der Berufsfeuerwehr den Bestimmungen der Deutschen Gemeindeordnung unterliegen und dass die innere Leitung der Freiwilligen Feuerwehr der Mitbestimmung des Oberbürgermeisters unterliegt. Die Uniformierung ist Inhalt des § 10. Der Wirkungskreis sowie die Ausrüstung und die Erhaltung dieser durch den Oberbürgermeister ist Gegenstand des § 11. § 12 sagte aus, dass für die Dienstleistung der Feuerwehren die Dienstvorschriften der einzelnen Wehrkörper, die Amtserlässe des Oberbürgermeisters sowie die Erlässe der zuständigen Behörden maßgebend sind. § 13 besagte, dass die Bereitstellung aller notwendiger Mittel der Berufsfeuerwehr sowie der Freiwilligen Feuerwehr, inklusive deren Rettungsabteilungen im Rahmen eines Jahres-Haushaltsplans durch die Stadtverwaltung erfolgt. § 14 schrieb eine Inventarisierung durch die Wehrführer vor, welche am Ende jedes Verwaltungsjahres durchzuführen sei. In § 15 wurde kurz berichtet, dass es am besten wäre, die Feuerwehr im Fall der Fälle telefonisch (Tel. Nr. 80 – 10) zu alarmieren. Im letzten Paragraphen, § 16, wird niedergeschrieben, dass Hilfeleistungen zu denen die Feuerwehr keine gesetzliche Verpflichtung hat, kostenpflichtig sind.184

Anfang 1939 erschien ein Aufsatz mit dem Titel: „Die Feuerschutzpolizei und ihre Aufgaben“. Der Aufsatz lobte die Feuerschutzpolizei in höchsten Tönen, dies ist aber verständlich, denn schließlich war es sein Zweck Spenden für das Winterhilfswerk der Deutschen Polizei einzutreiben. Die Grazer Feuerschutzpolizei öffnete am 17. und 18. Februar 1939 ihre Pforten um der Bevölkerung das Feuerwehrwesen und die Rettungshilfe näher zu bringen. Im Aufsatz wird betont, dass ein geordnetes Gemeinwesen ohne eine straff organisierte Feuerwehr undenkbar wäre. Weiters wird erwähnt, dass durch den „Anschluss“ an das Deutsche Reich die Feuerschutzpolizei neue Richtlinien hinsichtlich ihrer Entwicklung und Tätigkeit erhalten hat, dass es aber immer noch ihre Hauptbeschäftigung sei Brände zu

184 FSchPol. I, Vorschrift über die Organisation des Löschwesens in Groß-Graz vom 18. November 1938 49

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG bekämpfen. Doch die rasche Meldung von Bränden über das Telefon unter 80 – 10, oder durch einen Feuermelder soll von der Bevölkerung erfüllt werden, um den Feuerwehrmännern die Erstickung des noch im Entstehen befindlichen Brandherdes zu ermöglichen. Nach einer ausführlichen Aufzählung der Einsatzbereiche der Feuerschutzpolizei (vom Zimmerbrand bis hin zum Flugzeugbrand) wird geschrieben, dass auch Hilfeleistungen bei Unfällen und Katastrophen geleistet werden mussten. Auch werden die Freiwillige Feuerwehr und die Rettungsabteilungen als „kämpferische Kameraden“ aufgezählt, die ebenfalls schon wenige Sekunden nach einem Alarm bereit sind dem Hilferuf der bedrängten „Volksgenossen“ zu folgen.185

Die Feuerschutzpolizei half schon damals bei Naturkatastrophen. Bei Hochwasser-Notfällen versah die Feuerzentrale beispielweise den Meldedienst. Die Feuerschutzpolizei konnte von der Oberleitung (dem Polizeipräsidenten) zu Hilfeleistungen angefordert werden, wenn dies für notwendig befunden wurde.186

Am 26. September 1939 übernahm das Feuerwehrkommando die Leitung der Rettungsabteilung.187 Wie einleitend schon geschrieben wurde am 1. Oktober 1939188 die Grazer Berufsfeuerwehr endgültig in die Feuerschutzpolizei umgewandelt. Von nun an wurde nur mehr dieser Begriff verwendet. 189

Der Erlass des RFSSuCHdDtPol190 gab in seinem Abs. 2 den 1. Jänner 1940 als Zeitpunkt der Einführung der Feuerschutzpolizeiuniform bei den Berufsfeuerwehren Graz und Linz vor. Ein weiterer Erlass191 des RFSSuCHdDtPol beinhaltete die vorläufigen Anzugsbestimmungen für die Feuerschutzpolizei. Sehr genau wurde jeweils für Offiziere und für Inspektoren, Meister und Wachtmeister der Dienstanzug, der Feuerdienstanzug, der kleine Dienstanzug, der Paradeanzug und der Gesellschaftsanzug mitsamt allen zugehörigen Uniformteilen aufgelistet. Ebenfalls wurde aufgelistet wann welche Uniform zu tragen war.

185 FSchPol. I, Aufsatz vom Februar 1939 186 FSchPol. I, Brief vom 7. Oktober 1939 187 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1939 188 dRGBl. 1939 I S. 1870 189 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1939 190 RMdI. v. 2.8. 1939 – O-Kdo F (2) 260 Nr. 46/39 191 RMdI. v. 9.8. 1939 – O-Kdo W 1 100 Nr. 109/39 50

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG

Am 15. Februar 1940 erschien in einer Grazer Tageszeitung ein Artikel über die Grazer Feuerschutzpolizei.192 In dem Artikel ist zu lesen, dass Oberstleutnant Harder nun eben der neue Kommandeur der Feuerschutzpolizei war. Auch wird der Werdegang eines Feuerschutzpolizisten erklärt, sowie dass jeder Mann auf jeder Position geschult sein muss, eben der sogenannte „Einheitsfeuerwehrmann“. In diesem Jahr fand die Umstellung der Uniformen auf die grünen Wehrmachtsuniformen statt. (siehe Abb. 4)

Abb. 4: links die Feuerschutzpolizeiuniform 1940 sowie die alte Feuerwehruniform rechts193

Durch den Artikel bekommt man ein gutes Bild wie damals ein Einsatz ablaufen musste: Der erste Wagen der Feuerwehr fuhr schon 30 Sekunden nach dem ersten Läuten des Alarmes aus der Feuerwache (nachts dauerte das Prozedere 45 Sekunden). In den Wagen lag schon die Ausrüstung (Stahlhelm, Gasmaske und Hakengurt) der Männer bereit. Während sich die Mannschaft anzog, untersuchte der Offizier anhand eines Planes die genaue Lage des brennenden Hauses sowie der dort nächstmöglichen Wasserentnahmestelle.

Zu diesem Zeitpunkt gab es vier verschiedene Alarmstufen. Je nachdem welcher Notfall gemeldet wurde, rückten die dafür vorgesehenen Männer mitsamt den Gerätschaften aus. Die

192 FSchPol. I, Artikel vom 15. Februar 1940 193 FSchPol. I, Zeitungsartikel vom 15. Februar 1940 51

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG

Gerätschaften waren etwa bei einem Kellerbrand eine Entlüftungsmaschine und bei Benzin- oder Ölbränden wurde ein eigener Schaumlöschanhänger mitgenommen um die Flammen rasch unter Kontrolle zu bekommen. Dann wurde noch die vielfältigen Ausbildungen der Feuerschutzpolizisten erwähnt und eine Lobeshymne auf den damaligen sehr hohen Stand der technischen Ausbildung abgegeben. Der propagandistisch geschriebene Artikel betonte wie hart der Dienst der Männer war und dass sie, obwohl sie manchmal gar fünf bis sechsmal hintereinander ausfahren mussten, auch noch Arbeiten für die Wehrmacht erledigten. Auch wurde die damalige Ausbildung um ein Feuerschutzpolizist zu werden erklärt; man musste neben der körperlichen Tauglichkeit schwindelfrei sein um auch noch in 30 Meter Höhe arbeiten zu können. In der sogenannten Rauchgaskammer mussten die Männer die ihnen gestellten Aufgaben erfüllen. Das Rüstzeug dafür bekamen sie in einer sechswöchigen Ausbildung. Weiter berichtet wurde über das Meldewesen welches auch durch die Feuerschutzpolizei erledigt wurde. Alle Alarme, die in Graz von den öffentlichen oder privaten Feuermeldern der Großbetriebe gemeldet wurden, kamen in der Zentrale der Feuerwehr am Lendplatz an (siehe Abb. 5). Damals wurde die Stelle des Hilferufes mit Morsezeichen die Einkerbungen auf der Scheibe des Feuermelders hinterließen gekennzeichnet. Nach der Erkennung des Brandortes musste der Beamte diesen per Luftpost an den Meister weitergegeben. Zeitgleich wurde Alarm gegeben, dass die Männer in 30 Sekunden abfahrtbereit waren.

Abb. 5: Feuermeldezentrale der Feuerschutzpolizei Graz 1940194

194 FSchPol. I, Zeitungsartikel vom 15. Februar 1940 52

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG

Am 15. März 1940 wurden vom Oberbürgermeister Dr. Kaspar die „Alarmierungs- und Ausfahrordnung für die „Gesamtfeuerwehr“ (Feuerschutzpolizei und Freiwillige Feuerwehr) in Kraft gesetzt. Die Alarmierungsordnung regelte ganz allgemein die Alarmzeichen und welche der Wachen bei einer Alarmierung zuständig war. Die Ausfahrordnung hingegen schaffte eine einheitliche Ordnung, welche Geräte aufgrund welcher Alarmierung auszurücken hatten. Diese Ordnungen stellten einen wesentlichen Fortschritt im Aufbau des Feuerschutzes von „Groß-Graz“ dar. Auch wurden Geräte zur Bekämpfung von Bränden, die nicht mit Wasser gelöscht werden konnten, angeschafft (ein Kohlensäure-Schneelöschgerät, das die Flammen erstickte). 195

Selbst nach der Vereinheitlichung der Grazer Feuerwehren gab es immer noch Probleme: Am 27. November 1940 bekam das Kommando der Feuerschutzpolizei einen Brief von der dem Oberbürgermeister unterstellten Liegenschaftsverwaltung mit dem Betreff „Dietrichsteinplatz Nr. 9, Räumefreistellung“196. Am Dietrichsteinplatz Nr. 9 befindet sich heute noch die Wache Ost der Grazer Berufsfeuerwehr. Damals war dort auch eine Dienstwohnungen des Deutschen Roten Kreuzes untergebracht. Da aber eine Raumnot bestand und der Mieter einer Umsiedelung nicht zustimmte, konnte man die Wohnung nicht räumen. Es folgte diesbezüglich ein langer Schriftwechsel zwischen dem Kommando der Feuerschutzpolizei und dem Dezernat III/5 (Liegenschaftsverwaltung). Am 2. Dezember 1940 teilte Dipl. Ing. Harder mit, dass er mit der Freistellung der Räume nicht einverstanden ist, da die Feuerschutzpolizei Anspruch auf den hofseitigen Gebäudeteil mitsamt der Wangenhalle erhebt. Er argumentierte, dass nur dadurch eine vollständige räumliche Trennung zwischen Feuerlöschwesen und Deutschen Roten Kreuz möglich sei.197 Diese Trennung war in dem Erlass des Reichstatthalters Steiermark Nr. 398 und der dazugehörigen Anlage des Höheren SS- und Polizeiführers bei den Reichstatthaltern in Salzburg, in Kärnten, in Steiermark und in Tirol im Wehrkreis XVIII – Inspekteur der Ordnungspolizei – Abt. F Az. II/25 Nr. 476 II/1940 unter Zif. 5 vorgesehen.198 Eine Dienstwohnung des Deutschen Roten Kreuzes in einer Feuerwache bot ständiges Konfliktpotential. Am Ende eines Schriftstückes hieß es sogar, dass man die Einrichtung einer Feuerwache auch der Liegenschaftsverwaltung überlassen werden kann wenn, diese keine Lösung für das Problem findet. Um eines Eskalation zu vermeiden wurde eine Abschrift dieses Briefes am 2. Jänner 1941 an den

195 FSchPol I, Verwaltungsbericht für das 1. Vierteljahr 1940 196 FSchPol. I, Brief vom 27. November 1940 197 FSchPol. I, Brief vom 2. Dezember 1940 198 FSchPol. I, Brief vom 2. Dezember 1940 53

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG

Stadtsyndikus Dr. Heidinger gesendet.199 Mit diesem entstand nun ein weiterer langer Schriftwechsel der sich bis zum 1. April 1941 zog und einen guten Einblick gibt, wie die Kommunikation zwischen der Stadtverwaltung und der Feuerschutzpolizei völlig aneinander vorbeiging. Auch aus diesem Schriftwechsel ist eine Lösung des Problems nicht hervor zunehmen, auch wenn es am 21. März 1941 sogar eine Besprechung mit allen Beteiligten zu dieser Sachen gab.200 Am 6. Jänner 1941 sollte die Telegrafenabteilung vom Amtshaus in die Wache Ost am Dietrichsteinplatz umgesiedelt werden. Da der dort vorgesehene Raum aber, auch aufgrund der immer noch nicht gelösten Platzproblematik wegen der Wohnung, viel kleiner als der vorige im Amtshaus war, äußerte Dipl. Ing. Harder seine Bedenken diesbezüglich.201 Das genaue Ende dieser Causa ist in den Akten nicht ersichtlich, es kann aber davon ausgegangen werden das der Mieter ausgezogen ist.

In der Abschrift der „Verordnung zur Einführung der Feuerschutzsteuer in den Reichsgauen der Ostmark, im Reichsgau Sudetenland, in den in die Länder Preußen und Bayern eingegliederten ehemals sudeten-deutschen Gebietsteilen und in den Gemeinden Jungholz und Mittelberg vom 8. Jänner 1942“.202 In diesem Dokument wird der Feuerschutzpolizei Graz die Einführung des Feuerschutzsteuergesetzes203 und der dazugehörigen Durchführungsbestimmungen204 ab dem 1. April 1942 mitgeteilt. Der Gegenstand der Feuerschutzsteuer war gemäß § 1 des Feuerschutzsteuergesetzes205 die Einnahme von Versicherungsentgelten aus Feuerversicherungen um so den vorbeugenden Brandschutz und das Feuerlöschwesen zu fördern. Die Steuer wurde nach § 3 leg. cit. vom Gesamtbetrag der in jedem Kalendervierteljahr vereinnahmten Versicherungsentgelte berechnet und betrug je nach Art des Versicherungsverhältnisses (§ 4 leg. cit.) zwischen vier und zwölf Prozent des Gesamtbetrages des Versicherungsentgelts und war vierteljährlich fällig. 206

Durch einen Erlass im Ministerialblatt207 wurde die Feuerschutzpolizei „zur Durchführung polizeilicher Vollzugshandlungen, insbesondere vorläufige Festnahmen“ ermächtigt „wenn sie in dringenden Fällen um polizeiliche Hilfe angegangen werden oder auf andere Weise von

199 FSchPol. I, Brief vom 2. Jänner 1941 200 FSchPol. I, Gedächtnisprotokoll vom 21. März 1941 201 FSchPol. II, Brief vom 6. Jänner 1941 202 FSchPol. II, Abschrift vom 12. Februar 1942 203 dRGBl. 1939 I S. 113 204 dRGBl. 1939 I S. 116 205 dRGBl. 1939 I S. 113 206 FSchPol. II, Liste vom 14. und 15. Februar 1942 207 Vgl. RdErlaß v. 13. April 1942 MBliv. S. 744 54

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG schweren Störungen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit Kenntnis erlangen, gegen die zur Abwendung erheblicher Nachteile auf der Stelle eingeschritten werden muss“.208

In der Zeitung „die deutsche Polizei“ vom 15. Juli 1943 wurde veröffentlicht, dass nach einem Erlass des Reiseführers SS und Chef der Deutschen Polizei schon seit 1. Juni 1943 für die Hilfsorganisationen der Ordnungspolizei (Freiwillige Feuerwehr, technische Nothilfe und ) einheitliche Dienstgradbezeichnungen eingeführt wurden.209

Am 18. November 1943 veröffentlichte das Kommando der Feuerschutzpolizei Graz einen „Leistungsbericht über das Feuerlöschwesen seit dem 1. 9. 1939“. Darin wird zusammengefasst, dass durch die Gründung der Feuerschutzpolizei eine reichseinheitliche, vom Führerprinzip geleitete Polizeitruppe entstehen sollte, die notwendig wurde um der wachsenden Bedeutung des Luftschutzes gerecht zu werden. Die Mannschaften sollten im gesamten Deutschen Reich einheitlich ausgebildet werden und auch einheitliche Geräte, Armaturen und Schlauchkupplungen verwenden. Die Hauptprobleme der Umstellung waren, dass die Organisation und die Geräte in dem ehemaligen Österreich stark von denen im Deutschen Reich abwichen und es nicht so schnell möglich war den Bestand anzugleichen. Organisatorisch wurde der Feuerschutz in Graz vor dem „Anschluss“ ja bekanntlich von der Berufsfeuerwehr sowie 13 Freiwilligen Feuerwehren und Rettungsabteilungen durchgeführt. Aus der Berufsfeuerwehr wurde die militärisch ausgerichtete Feuerschutzpolizei bei der ab nun Polizeivollzugsbeamte ihren Dienst versahen. Die Vereine der Freiwilligen Feuerwehr und Rettungsabteilung wurden aufgelöst und neu als „Freiwillige Feuerwehr der Stadt Graz“ unter die Leitung des Kommandeurs der Feuerschutzpolizei gestellt. Ihre Mitglieder wurden zu Hilfspolizisten ernannt. Zusätzlich mussten die Freiwilligen Feuerwehren den Krankentransport an das Deutsche Rote Kreuz abgeben.

In den ersten Jahren als Feuerschutzpolizei wurden einige bauliche Veränderungen durchgeführt. Die Gebäude der Hauptfeuerwache, die Mannschaftsräume, die Küche, der Speiseraum, die Waschanlage, die Fahrzeughallen und die Büroräume wurden instandgesetzt. Neu errichtet wurde eine Fahrzeughalle für drei große Wagen, sowie eine Schlosserwerkstatt und eine Schmiede. Im Jahre 1943 befand sich noch eine Gasschutzwerkstatt mit einer Sauerstoffumfüllanlage in Bau. Die Feuerschutzpolizei verrichtete alle Arbeiten intern durch

208 FSchPol. II, Ermächtigung vom 15.10.1941 209 FSchPol. III, Veröffentlichung vom 15. Juli 1943 55

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG ihre eigenen Männer. Im März 1941 eröffnete die Feuerschutzpolizei in den ehemaligen Räumlichkeiten der Freiwilligen Feuerwehr am Dietrichsteinplatz 9 eine zweite Zugwache. Dorthin musste im Jänner 1942 auch die Nachrichtenstaffel von dem Amtshaus hin übersiedeln.

Der Fuhrpark der Feuerschutzpolizei und der Freiwilligen Feuerwehr betrug zusammen 34 Kraftfahrzeuge und 38 Kraftspritzen, wobei aber einiges Gerät noch aus der Zeit des Ersten Weltkrieges stammte, aber aufgrund des erhöhten Luftschutzes nicht ausgeschieden werden konnten. Bei den alten Geräten wurden, soweit das möglich war, die neuen, genormten Anschlüsse angebracht. Leider musste die Feuerschutzpolizei damals dennoch mit zwei verschiedenen Kupplungsarten und der Hilfe von Übergangstücken arbeiten.210 Am 28. August 1940 überlies die Feuerschutzpolizei dem Deutschen Roten Kreuz acht Rettungswagen und die Freiwillige Feuerwehr weitere vier Wagen. Vier der Fahrzeuge gingen im März 1941 zurück an den Wirtschaftshof der Stadtgemeinde um später verkauft zu werden.211

Aus dem Kommandobefehl Nr. 15 geht hervor, dass Oberstleutnant Harder von 26. März bis 15. April 1944 zum Kommandostab der Feuerschutzabteilungen abgeordnet wurde um so mehr Einsatzerfahrung zu sammeln. In dieser Zeit vertrat ihn Major Schreiner. Dieser schrieb in dem Kommandobefehl an die Männer der Feuerschutzpolizei und die F- und E- Bereitschaften der Luftschutzpolizei „dass man bei feindlichen Angriffen unter restlosem Einsatz und Hintanhaltung aller persönlichen Belange die Schäden auf ein Mindestmaß herabzudrücken bzw. deren Ausbreitung verhindern werde“.212

Am 17. Mai 1944 sendete das Kommando der Feuerschutzpolizei eine Auflistung mit den geplanten, den sich noch im Bau befindlichen, sowie den bereits fertiggestellten Feuerlöschteiche, Feuerlöschbrunnen und Löschwasserbehälter inklusive deren Wasserstand an die Wehrmachtkommandantur Graz-Mitte.213

210 FSchPol. III, Leistungsbericht seit dem 1. 9. 1939 211 FSchPol. II, Brief vom 3. März 1942 212 FSchPol. IV, Kommandobefehl Nr. 15 vom 28. März 1944 213 FSchPol. IV, Schreiben vom 17. Mai 1944 56

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG

Auf Grund eines Erlasses214 wurden durch den Kommandobefehl Nr. 36 alle Polizeibehörden darauf hingewiesen, dass das Tragen des Degens (Säbels) für die Dauer des Krieges bis auf wenige Ausnahmen (Kranzniederlegungen und ähnliches) innerhalb und außerhalb des Dienstes verboten wurde.215

Der Kommandobefehl Nr. 58 stellte klar, dass die Männer der Feuerschutzpolizei und der Luftschutzpolizei nicht für den „Deutschen “ abzustellen waren.216

Bezüglich der „splittersicheren Unterbringung von Feuerlöschfahrzeugen“ ist die Bewilligung des Gaubeauftragten acht splittersichere Garagen zu errichten in den Akten erhalten. Da es aber einen Mangel an Arbeitskräften und auch Schwierigkeiten in der Materialzuführung gab, mussten Ende 1944 zwei Drittel der Löschgeräte an den Stadtrand verlegt werden. Der Grund dafür war, das Graz immer öfter durch Bombenangriffe217 getroffen wurde. Es konnten lediglich je eine Splitterschutzmauer an der Zentralwache am Lendplatz und an der Wache Ost am Dietrichsteinplatz errichtet werden.218 Auf die Dringlichkeit der Fertigstellung des Splitterschutzes für Feuerwehrfahrzeuge wurde mehrmals in Schreiben der Luftschutzpolizei219 und des Kommandos der Feuerschutzpolizei220 hingewiesen. Um zumindest die Löschschläuche in der Stadt, ohne die Gefahr, dass sie durch Bomben zerstört wurden, lagern zu können wurden sogar Stollen im Schlossberg ausgesprengt. Da die Feuchtigkeit dort aber zu hoch war, mussten die Schläuche an den Stadtrand ausgegliedert werden.221 Aus einem Schreiben von Oberstleutnant Harder an den Polizeipräsidenten geht hervor, dass die Werkstätten der Hauptfeuerwache am Lendplatz durch Bombenangriffe zerstört wurden.222

Aus Punkt II. des Kommandobefehls Nr. 60 geht hervor, dass auch die Männer der Feuerschutzpolizei die im Jahre 1906 und später geboren wurden zum Fronteinsatz

214 RdErl. d. ChefsO v. 15.6. 1944 W Ia (2) 100 Nr. 135 /44 215 FSchPol. IV, Kommandobefehl Nr. 36 vom 5. Juli 1944 216 FSchPol. IV, Kommandobefehl Nr. 58 vom 30. Oktober 1944 217 Alleine im Dezember 1944 gab es acht Bombenangriffe. 218 FSchPol. IV, Schreiben vom 14. Dezember 1944 219 FSchPol. IV, Schreiben vom 28. Dezember 1944 220 FSchPol. IV, Schreiben vom 6. Jänner 1945 221 FSchPol. IV, Schreiben vom 14. Dezember 1944 222 FSchPol IV, Schreiben vom 29. Dezember 1944 57

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG abkommandiert wurden. Die Feuerschutzpolizei musste durch diesen Erlass des Chefs der Ordnungspolizei 21 Mann abgeben.223

4.2 Ausbildung und Diensteinteilung

In dem vorigen Kapitel wurde der Rahmen der Ausbildung um ein Feuerschutzpolizist zu werden schon kurz erklärt; man musste neben der körperlichen Tauglichkeit noch schwindelfrei sein und die einem in der sogenannten Rauchgaskammer gestellten Aufgaben erfüllen. Hier soll nun das zu der weiteren Ausbildung; den Umschulungen und die Diensteinteilung bei der Feuerschutzpolizei Graz in den Akten erhaltene Material dargestellt werden.

Anfangs wird ein kurzer Einblick in den Tagesablauf der damaligen Feuerwehr gegeben: Die Berufsfeuerwehr Graz hat 1934 einen 24-Stundendienst mit anschließend 24 Stunden Freizeit eingeführt. Dienstantritt war um 7 Uhr, danach wurde eine Stunde mit Turnen und Fußexerzieren verbracht. Von 8 bis 12 Uhr wurde der Arbeits- und Werkstättendienst versehen, nur unterbrochen von einer 30 minütigen Pause ab 9 Uhr. Von 12 bis 14 Uhr hatten die Männer eine arbeitsdienstfreie Mittagspause, bevor wieder von 14 bis 15.30 Uhr geübt wurde. Dann gab es 30 Minuten Pause, bevor von 16 bis 17 Uhr wieder Arbeits- und Werkstättendienst zu halten war. Ab 17 Uhr, samstags ab 12 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen wird Bereitschaftsdienst gehalten. Dieser Dienst wird von zwei Gruppen versehen, die sich täglich um 7 Uhr ablösen. Anders geregelt wurde die Dienstzeit für die Offiziere des Feuerwehrkommandos; sie hatten 48 Stunden Dienst und anschließend 24 Stunden frei. Damals hatte die Grazer Berufsfeuerwehr vier Offiziere und 120 Mann.224

Änderungen bezüglich der Dienstzeit wurden in Punkt 6 des Verwaltungsberichtes 1939 aufgelistet: Am 15. Dezember 1939 wurde der 48-Stunden Dienst neben den Offizieren auch für die Exerziermeister, die Maschinenmeister und drei Löschmeister eingeführt. Laut dem Bericht war auch eine für das gesamte „Reich“ bindende Ausbildungsvorschrift in Ausarbeitung. 225

223 FSchPol. IV, Kommandobefehl Nr. 60 vom 14. November 1944 224 FSchPol. I, Brief an das Stadtmagistrat Innsbruck vom 18. August 1938 225 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1939 58

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG

Seit 29. August 1939 wurden jede Woche zwei Chargenappelle festgesetzt in denen man Schulungsvorträge für die Mannschaft abgehalten hatte. 226

In den einleitenden Worten des Verwaltungsberichts für das 1. Vierteljahr 1940 wird hervorgehoben, dass die 1939 begonnenen Umschulung der Beamten zu Männern der FSchPol. fortgesetzt und zum Teil schon beendet wurde. In diesem ersten Quartal wurde auch mit der Ausbildung im Bereich des Gasschutzes begonnen und die eigens dafür notwendige Gerätschaften angeschafft.

Die Brandschau und die Feuerpolizei wurden ab nun Teil der Tätigkeiten der Feuerschutzpolizei Graz. Zusätzlich wurde Ende 1939 mit der feuerpolizeilichen Sanierung von „Groß-Graz“ begonnen. Diese Sanierung führte die neu gegründete Einheit „Feuerpolizei“ durch. Die Feuerpolizei konnte bereits in dem ersten Quartal ihres Bestehens bei der Überprüfung von verschiedenen Betrieben und Anlagen viele feuerpolizeiliche Mängel aufdecken und so auch die Brandgefahren vermindern. 227

Die Tageseinteilung wurde auch geändert: Die Fußübungen wurden vor den Frühdienst verlegt und die Arbeitsdienstzeit wurde von 17.00 Uhr auf 17.45 Uhr geändert. Der Gesamtstand an uniformierten Männern bei der Feuerschutzpolizei betrug 130 Offiziere und Feuerwehrmänner zusätzlich waren 400 Mann bei der Freiwilligen Feuerwehr. 228

Aus der Dienstvorschrift für das Ausbildungs- und Unterrichtswesen vom 1. April 1941 kann ein weiterer guter Einblick in die Ausbildung der damaligen Feuerwehrmänner genommen werden: Das Ausbildungswesen bestand gemäß lit. A Zahl 3 der Dienstvorschrift aus: Unterrichts-, Übungs-, Gasschutz-, Sanitäts-, Maschinendienst, Sport und aus der „weltanschaulichen Schulung“. Jeder dieser Punkte wurde in einem eigenen Absatz genau erklärt. Interessant ist, dass die „weltanschauliche Schulung“ durch eigens von der Schutzpolizei geschickte Schulungsredner stattfand, die die Männer der Feuerschutzpolizei von der NS-Propaganda überzeugen sollten.

226 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1939 227 FSchPol. I, Verwaltungsbericht für das 1. Vierteljahr 1940 228 FSchPol. I, Verwaltungsbericht für das 1. Vierteljahr 1940 59

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG

Ebenfalls sind die Stoffverteilungspläne für Bezirksoffiziere und Meister sowie für Offiziere abgedruckt. Die Offiziere mussten neben der Organisation der Deutschen Polizei, dem Gesetz über das Feuerlöschwesen229, diversen physikalischen und chemischen Grundlagen und der Löschkunde der verschiedensten Materialien auch etwas über den Gasschutz sowie den Luftschutz lernen. Schon im Jahre 1941 musste sich die Grazer Feuerschutzpolizei auf eine mögliche Bombardierung von Graz oder einen Angriff mit Gift oder anderen chemischen Kampfstoffen vorbereiten.

Nach den Stoffverteilungsplänen wurde noch einmal die Tageseinteilung und Dienstordnung abgedruckt. In dem Punkt über das dienstliche Verhalten auf der Wache wurde auf den militärischen Charakter der Organisation der Feuerschutzpolizei ausdrücklich hingewiesen. Es wurde von jedem Feuerwehrmann, der in Uniform auftrat, ein gepflegtes Erscheinungsbild und eine „vorbildliche Haltung“ verlangt. Wenn „Betriebsfremde“ auf eine Wache kamen, hatten sie sofort den Eindruck „peinlichster Ordnung und Sauberkeit“ zu gewinnen.230

Da die Feuerschutzpolizei ja eine Einheit der Deutschen Polizei war, hatte sie Schießübungen abzuhalten. So ist unter den Aktenstücken auch eine Schießkladde aus dem Februar 1942 erhalten.231

Am 15. Mai 1942 ging bei der Feuerschutzpolizei Graz ein Schriftstück des Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichministerium des Inneren betreffend der vollzugspolizeilichen Grundausbildung der Feuerschutzpolizei ein. In dem Anhang des Schreibens befanden sich Richtlinien, wie die Ausbildung theoretisch und praktisch auszusehen hatte.232 Sobald die Ausbildung abgeschlossen war, wurde das in den Personalakten der Männer eingetragen.

Bei der Feuerschutzpolizei Graz erhöhte man die Dienstzeit mit Wirkung vom 1. April 1943 auch für die Mannschaft auf 48 Stunden. Grund dafür war ständiger Personalmangel und das die Ist-Stärke, also die tatsächlich zur Verfügung stehenden Männer, kaum mehr 65% der Sollstärke, also dem vorgeschriebenen Mannschaftsstand, betrug. Oberstleutnant Harder stellte fest dass ihm diese Dienstzeit-Verlängerung bei einem Großbrand keinen Mann mehr

229 dRGBl 1938. I S. 1662 230 FSchPol. II, Dienstvorschrift vom 1. April 1941 231 FSchPol. II, Schießkladde Februar 1942 232 FSchPol. II, Brief vom 8. Mai 1942 60

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG zur Verfügung stellen sollte und dass die allgemeine Organisation des Feuerschutzes in der Stadt schlechter als zu Friedenszeiten sei. Unter Berücksichtigung der immer größer werdenden Gefahr von Luftangriffen war das ein erschreckendes Urteil, das aber nicht überraschend war, denn die Feuerschutzpolizei wurde im Laufe des Krieges immer mehr ausgedünnt, der Ist-Stand dürfte sich in den nächsten Jahren immer weiter vom Soll-Stand entfernt haben. Zwar waren in Groß-Graz zusätzlich 150 Luftschutzpolizisten einberufen, doch keiner von diesen Männern war eine Verstärkung für die Feuerschutzpolizei, da sie nie in den Feuerlöschdienst eingeteilt wurden. 233

Am 16. September 1943 wurde durch den Kommandobefehl Nr. 46 angekündigt, dass vom 20. September bis zum 1. Oktober mit Ausnahmen der Samstage zwischen 14 und 17 Uhr, eine Wiederholung der vollzugspolizeilichen Ausbildung der Angehörigen der Feuerschutzpolizei stattfand. Dafür wählte man den Unterrichtsraum im Abschnitt West, Karlauerstrasse 14. Dort mussten während der Ausbildung auch zwei Züge, ein Rüstwagen und eine Drehleiter zur Bereitschaft abgestellt sein, falls ein Eingreifen der Männer während der Ausbildung notwendig werden sollte. Der Ausbildungsplan sah neben der körperlichen Schulung von Abwehrgriffen auch eine Ausbildung mit der Pistole, sowie Lehrvorträge über die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Polizei; strafrechtliche Begriffsdefinitionen und das Durchspielen praktischer Bespiele vor, bei denen das Verhalten der Feuerschutzpolizisten bei ihrem Einschreiten bis zu der Übergabe an die Schutzpolizei erprobt werden sollte.234 Ab dem 2. Mai 1944 wurden von der Feuerschutzpolizei Graz 80 ukrainische Schutzmänner zu Feuerwehrmännern ausgebildet die dann auf die Feuerlösch- und Entgiftungsbereitschaften aufgeteilt wurden.235

4.3 Freiwillige Feuerwehr

Bereits im Juni 1938 hatte Ing. Stanke die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Feuerlöschgeräten der sich in einem 20 Kilometer Umkreis befindlichen Freiwilligen Feuerwehren für den Feuerschutz in Graz im Falle eines Krieges zu beurteilen. Im Ergebnis seiner Untersuchungen konnte er feststellen, dass zwar zehn Löschgeräte zur Verstärkung infrage kommen würden, man aber zusätzlich noch ca. 20 tragbare Löschgeräte sowie 10.000

233 FSchPol. III, Brief vom 5. April 1943 234 FSchPol. III, Kommandobefehl Nr. 46 vom 16. September 1943 235 FSchPol. IV, Kommandobefehl Nr. 24 61

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG

Meter Schläuche als Kriegsreserve anschaffen müsste um Graz ausreichend versorgen zu können.236

Der Feuerlöschdienst im damaligen Graz wurde von der Berufsfeuerwehr mit Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehr Graz-Mitte sowie den 13 Freiwilligen Feuerwehren der eingemeindeten Außenbezirke (Andritz-Ort, Weinitzen-Neustift, Kroisbach, Maria-Trost, Kainbach, Waltendorf, St. Peter, Liebenau, Straßgang, Wetzelsdorf, Eggenberg, Gösting und Engelsdorf) verrichtet. Über diese Männer hatte der Oberbürgermeister, oder sein Stellvertreter die Oberleitung. Der vorbeugende Feuerschutz wurde durch eine Abteilung des Bauamtes, dem Feuerpolizeiamt geleitet.237

Die Feuerschutzpolizei und die Freiwillige Feuerwehr hatten durch den „Anschluss“ und die Anwendbarkeit des Gesetzes über das Feuerlöschwesen238 neue Richtlinien und Aufgaben erhalten. Die Feuerschutzpolizei (als „technische Polizeitruppe“) und die Freiwillige Feuerwehr (als „technische Hilfspolizeitruppe“) wurden ein Teil der Ordnungspolizei.239 Die Freiwillige Feuerwehr wurde in der dritten Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen240 geregelt. Diese dritte DVO hatte 20 Paragraphen, welche von der Auflösung der Vereinsfeuerwehren und deren Nachfolge als Gemeindeeinrichtung bis hin zu den Voraussetzungen und Pflichten der Mitglieder alles rund um die damalige Freiwillige Feuerwehr regelten.

Im ersten Quartal 1940 fand die Vereinheitlichung der vormals 13 Freiwilligen Feuerwehren zu einer, der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Graz, statt. Mit Runderlass vom 20. März 1940 wurde der Kommandeur der Feuerschutzpolizei mit den Befugnissen des Wehrführers der Freiwilligen Feuerwehr ausgestattet und war fortan Führer dieser Einheit. Die Wachen der Freiwilligen Feuerwehren in den Außenbezirken blieben als Nebenwachen bestehen und wurden vom Kommandeur der Feuerschutzpolizei auch mehrmals besucht und auf ihre Schlagkräftigkeit mit Probealarmen überprüft. Am 3. März fand ein Appell an sämtliche Unterführer der Freiwilligen Feuerwehr im Rathaus auf Befehl des Oberbürgermeisters statt, in dem alle auf den Nutzen einer „gedeihlichen“ Zusammenarbeit der Freiwilligen Feuerwehr

236 FSchPol. I, Schreiben vom 22. Juni 1938 237 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1938 238 dRGBl. 1938 I S. 1662. 239 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1939 240 dRGBl. 1939 I. S. 2096 62

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG und der Feuerschutzpolizei auch in Hinblick auf die Durchführungsbestimmungen zu dem neuen Feuerlöschgesetz, den Alarmierungs- und Ausfahrordnungen und der Wartung der Kraftfahrzeuge und Pumpen, hingewiesen wurden.241

Am 16. April 1943 wurde in Berlin die Vorschrift erlassen, dass die Freiwilligen Feuerwehren zu „Feuerwehr-Bereitschaften“ zusammenzufassen sind um ihre Schlagkraft so zu erhöhen. Dies hatte auch in Graz zu geschehen.242

In einem Schreiben vom 9. Juli 1944 an den Oberbürgermeister Kaspar geht es um den „Wiederaufstieg“ der Freiwilligen Feuerwehr. Im Anhang des Schreibens wird davon gesprochen die Freiwillige Feuerwehr mit dem Deutschen Roten Kreuz zu fusionieren, da die Freiwillige Feuerwehr vor der Feuerschutzpolizei ja auch Krankentransporte und andere Notdienste erledigte. Darin wird geschrieben, dass nach dem „Siege“ sowieso nicht mehr genug „körperlich einwandfreie und ideal denkende Männer“ vorhanden sein werden um das Deutsche Rote Kreuz und die Freiwillige Feuerwehr nebeneinander funktionsfähig zu halten. Wie uns aber die Geschichte lehrt, wurde aus diesen Visionen nichts, erst im September 2008 wurde in Graz wieder eine Freiwillige Feuerwehr geründet, ohne Rettungsabteilung.243

4.4 Die Werkfeuerwehren

Auf die Grazer Werkfeuerwehren, deren Organisation in der siebenten Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen244 in 16 Paragraphen geregelt ist, ist auch kurz einzugehen. Die siebente DVO beschreibt in ihrem § 1 die Werkfeuerwehr als eine „unter staatlicher Aufsicht stehende, zur Erhöhung des Werkfeuerschutzes dienende Einrichtung bestimmter gewerblicher Betriebe.“ In § 2 Abs. 1 leg. cit. wurde geschrieben, dass: „Die höheren Verwaltungsbehörden bezeichnen nach Maßgabe der vom Reichsminister des Inneren im Einvernehmen mit den zuständigen obersten Reichsbehörden zu erlassenden Bestimmungen und im Benehmen mit den zuständigen Stellen der Reichsgruppe Industrie die Betrieben, die eine Werkfeuerwehr einrichten müssen. (...) Die Werkfeuerwehr bedarf in jedem Falle der Anerkennung durch die Polizeiaufsichtsbehörde.“

241 FSchPol I, Verwaltungsbericht für das 1. Vierteljahr 1940 242 FSchPol III, Schreiben vom 16. April 1943 243 FSchPol. IV, Schreiben vom 9. Juli 1944 244 dRGBl. 1940 I. S. 1250 63

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG

1938 gab es in Graz vier Werkfeuerwehren; in der Papierfabrik Andritz, der Maschinenfabrik Andritz und den Brauereien Puntigam und Reininghaus mit insgesamt 111 Mann. 245 Bezüglich dieser Werkfeuerwehren schrieb der Bezirksführer der Freiwilligen Feuerwehren im Reichsgau Steiermark dem Oberbürgermeister der Stadt der Volkserhebung im Februar des Jahres 1943. Es ging um die Anerkennung der Werkfeuerwehren, die schon vor 1. September 1939 gegründet waren. Die Rechtsgrundlage, die von einem Sollstand von 36 Mann (und nicht wie in § 4 Abs. 1 der 7. DVO246 18 Mann und einer Kraftspritze) ausgeht war der Abs. 3 d. Zif. l Abschnitt A des RdErl. d. RMdI. V. 10.2.1941-Pol O-VuR RII 237/41 (MBliV S. 2210) welcher laut dem Schriftstück besagt, dass Betriebe die schon vor dem 1. September 1939 Feuerlöschkräfte eingestellt hatten eine Werkfeuerwehr mit mindestens 36 Mann einrichten mussten. Es wurde auch hier schon auf eine bevorstehende Besichtigung der bestehenden Werkfeuerwehren hingewiesen. 247

Die Werkfeuerwehren wurden im Zuge ihrer Anerkennung über ihre bevorstehende Besichtigung erneut am 3. März 1943 informiert. In Graz wurden fünf Werkfeuerwehren angeschrieben: die Brauereien Puntigam und Reininghaus, die Brüder Kranz Papierfabrik, die Maschinenfabrik Andritz und die Simmering-Graz-Pauker AG.248

Im Vorfeld ihrer Besichtigung wurden die angeführten Betriebe nochmals vom Kommandeur der Feuerschutzpolizei Dipl. Ing. Harder schriftlich darauf hingewiesen, dass die betriebsinternen Werkfeuerwehren eine Sollstärke von 36 Mann haben sollten.

Am 16. März 1943 wurde festgestellt, dass die Werkfeuerwehr der Brauerei Puntigam über genügend Männer und einen ausreichenden Gerätestand verfügte.249 Bei der Werkfeuerwehr der Brauerei Reininghaus betrug der Ist-Stand der Männer nur 20. Diese Männer waren alle im Alter von 50 bis 60 Jahren und auch die Ausrüstung war hier nicht ausreichend und aktuell genug. Dies musste der Werkluftschutzbezirksstelle gemeldet werden, bei welcher sich auch die Feuerwehr zu melden hatte, wenn sie ihre Soll-Stärke von 36 Mann sowie zwei leistungsfähigen Kraftspritzen erreicht hatte. 250

245 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1938 246 dRGBl. 1940 I. S. 1250 247 FSchPol. III, Brief vom 27. Februar 1943 248 FSchPol. III, Schreiben vom 3. März 1943 249 FSchPol. III, Niederschrift vom 16. März 1943 250 FSchPol. III, Werkfeuerwehr-Besichtigung vom 16. März 1943 64

DIE WEITERE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG

Am 17. März 1943 wurden die Niederschriften zur Werkfeuerwehr in der Maschinenfabrik Andritz und der Papierfabrik Kranz verfasst. In der Maschinenfabrik waren nur 34 Mann und eine alte Kraftspritze vorhanden, aber es konnte ein Auftrag zur Lieferung einer zweiten Spritze vorgelegt werden, weshalb die Werkfeuerwehr die Voraussetzungen der 7. DVO doch erfüllen sollte. In der Firma Kranz konnten die Voraussetzungen nicht bestätigt werden; sie verfügte über einen Ist-Stand von nur 11 Männern und wies andere Bau- und Feuerpolizeiliche Mängel auf. Auch hier wurde die Werkluftschutzbezirksstelle informiert.251 Zu der Werkfeuerwehr der Simmering-Graz-Pauker AG. sind leider keine Aufzeichnungen mehr vorhanden.

Die Führer der anerkannten Werkfeuerwehren der Brauerei Puntigam und ihre ständigen Vertreter wurden von der Ortspolizeibehörde zu Hilfspolizeibeamten ernannt. Auch wurde festgestellt, dass eine Gruppe mit einer Kraftspritze nach § 4 der 7. DVO252 in der Lage ist auch außerhalb des Werkes Löschhilfe zu leisten. Die Ernennung sollte durch die untere Verwaltungsbehörde, welche in kreisfreien Städten wie Graz der Oberbürgermeister war durchgeführt werden. Dipl. Ing. Harder bekam durch die Anerkennung auch die Aufsicht über die Werkfeuerwehr übertragen.253 Am 11. Mai 1943 erfolgte dann die Bestellung der Führer der Werkfeuerwehen der Brauerei Puntigam und der Simmering-Graz-Pauker AG als Hilfspolizisten und ihrer Vertreter durch den Oberbürgermeister.254 Die Männer wurden dafür am 7. Juni 1943 um 11 Uhr in das Polizeipräsidium in der Paulustorgasse geladen.255

251 FSchPol. III, Werkfeuerwehr-Besichtigung vom 17. März 1943 252 dRGBl. 1940 I. S. 1250 253 FSchPol. III, Brief vom 2. April 1943 254 FSchPol. III, Brief vom 11. Mai 1943 255 FSchPol. III, Schreiben vom 28. Mai 1943 65

DER LUFTSCHUTZ

5 Der Luftschutz

Der Luftschutz spielte besonders in den Kriegstagen des Zweiten Weltkrieges eine große Rolle. Anfangs war Graz zwar noch nicht vom Luftkrieg bedroht. Durch die Stationierung der Alliierten in Italien ab Ende 1943 war auch für Graz eine Bedrohung gegeben.

Die Feuerschutzpolizei war seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Feuerlöschwesen256 zusätzlich auch für den Luftschutz zuständig. In dem folgenden Kapitel soll eine Übersicht der Aktivitäten in Graz bezüglich des Luftschutzes während der Zeit der Feuerschutzpolizei gegeben werden. Es werden größtenteils die erhaltenen Aufzeichnungen in den Unterlagen über die Feuerschutzpolizei257 wiedergegeben. Der Luftschutz war im Deutschen Reich eine sehr genau geregelte Materie, mehr als eine Zusammenfassung der Geschehnisse in Graz würde den Rahmen dieser Diplomarbeit leider sprengen.

Eines der ersten Dokumente mit Bezug zu dem Thema Luftschutz in Graz sind mehrere Briefe, die in einem Ordner eigens zusammengefasst wurden und sich chronologisch bis 1942 ausbreiten, diese haben die Umstellung der Hydranten und Schlauchkupplungen nach den Reichsdeutschen Vorschreibungen zum Inhalt.

Am 27. November 1939 wies der Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe auf die Notwendigkeit der Umstellung der Hydranten und Schlauchkuppelungen auf die „Deutsche Normausführung“ hin. Die gesetzliche Grundlage die diese Umstellung notwendig machten sind die §§ 2 und 3 der sechsten Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz vom 13. Februar 1939258. In diesen Paragraphen wird vorgeschrieben, dass vorhandene Hydranten (§ 2 leg. cit.) und Schlauchkupplungen (§ 3 leg. cit.) bis zum 31. März 1943 auf eine normgerechte Ausführung umzustellen waren. Dies sollte dazu dienen, dass auch ortsfremde Feuerlöschkräfte mit ihren Schläuchen bei einem Brand ohne Kupplungsstücke sofort mitlöschen konnten. Da Graz ein Luftschutzort I. Ordnung war, wurde auf eine rasche Umsetzung hingewiesen.259

256 dRGBl. 1938 I S. 1662 257 Die Ordner im Archiv der Berufsfeuerwehr Graz: FSchPol. I bis IV 258 dRGBl. 1939 I S. 324 259 FSchPol. I, Schreiben vom 27. November 1939 66

DER LUFTSCHUTZ

Am 11. Dezember 1939 kam bezüglich der Umstellung ein Schreiben des Inspekteurs der Ordnungspolizei Salzburg zu der Feuerschutzpolizei Graz. Der Brief ist mit dem Vermerk „EILT SEHR!“ gekennzeichnet.260 Die beiden Dokumente wurden am 13. Dezember 1939 an das Kommando der Feuerschutzpolizei übersandt.261 Die Feuerschutzpolizei wurde gebeten bis 16. Dezember 1939 die Briefe zur Kenntnis zu nehmen und auch einen Bericht über den Stand der Umstellung zurückzusenden. In dem Antwortschreiben vom 14. Dezember 1939 berichtete der Branddirektor, dass in „Groß-Graz“ erst mit der Umstellung begonnen wurde und diese frühestens Ende 1942 oder eben bis zum 31. März 1943 fertiggestellt sein wird, vorausgesetzt die Stadtverwaltung hat immer die finanzielle Leistungsfähigkeit dies zu bezahlen. Es waren zum damaligen Zeitpunkt erst 50 Unterflurhydranten umgebaut. Allerdings mussten noch 2000 Hydranten sowie 900 Schlauchkupplungen umgestellt werden.262

Am 18. März 1940 kam in der Sache wieder ein Schreiben aus Salzburg; eine Aufforderung vierteljährlich (Stichtage waren der 1. März, der 1 Juni, der 1. September und der 1. Dezember) Meldung bezüglich des Stands der Umstellung zu machen. Handschriftlich wurde eingetragen, dass es in Graz mittlerweile 82 genormte (1940 ungenormte) Hydranten und ebenso 200 genormte (1952 ungenormte) Schlauchkupplungen gab. 263 Am 29. August 1940 hatte man in Graz schon 104 Hydranten umgestellt während die Zahl der umgestellten Schlauchkupplungen gleich blieb.264 Am 30. November 1940, wurde eine neue Auflistung ausgestellt, welche besagte, dass 148 von 2348 Hydranten sowie 200 von 1952 Schlauchkupplungen bereits umgestellt waren.265 Wie einleitend zu diesem Punkt erwähnt, zieht sich die Korrespondenz bezüglich dieses Themas bis in das Jahr 1942. Am 28. August 1942266 waren 369 genormte und 2235 ungenormte Hydranten in Graz vorhanden, es gab also keine fristgemäße Umsetzung des § 2 der sechsten Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz vom 13. Februar 1939267. Etwas besser sah es bei den Schlauchkupplungen gemäß § 3 leg. cit. aus, hier waren immerhin 1001 bereits umgestellt, während 1952 noch umgestellt werden mussten.268

260 FSchPol. I, Brief vom 11. Dezember 1939 261 FSchPol. I, Brief vom 13. Dezember 1939 262 FSchPol. I, Brief-Entwurf vom 14. Dezember 1939 263 FSchPol. I, Brief vom 26. Jänner 1940 264 FSchPol. I, Brief vom 29. August 1940 265 FSchPol. I, Brief vom 30. November 1940 266 FSchPol. I, Brief vom 28. August 1942 267 dRGBl. 1939 I S. 324. vom 13. Februar 1939 268 FSchPol. I, Brief vom 28. August 1942 67

DER LUFTSCHUTZ

Anhand dieser Zahlen sieht man, wie schwer es zu den Kriegszeiten war, das Material sowie die Kosten für die Umstellung zu beschaffen.

Am 1. August 1939 stellte die Feuerschutzpolizei Graz Dipl. Ing. Ortner vom Luftschutzamt als neuen Offizier ein, dieser sollte wohl helfen die Aufgaben im Bereich des Luftschutzes besser zu lösen.269

In Graz erfolge mit Beginn des Polenfeldzuges am 1. September 1939 der Aufruf zum Luftschutz. Dafür teilte man Mannschaft und Geräte auf, bis sie am 13. September wieder für den friedensmäßigen Feuerwehrdienst eingezogen wurden.270

Am Sonntag den 17. März 1939 fand im Raum Volksgartenstrasse – Jakobigasse – Marschallgasse – Kinkgasse eine große Luftschutzübung unter der Leitung des Polizeipräsidenten, SS-Oberführer Brand, statt. Hier kamen zwei Löschzüge der Feuerschutzpolizei zum Einsatz. In dem Bericht lagen die Auswertungen, die durch Schiedsrichter die die Übung überwachten, gemacht wurden, noch nicht vor.271 Dennoch konnte man sich denken, dass der Zweck dieser Übung einerseits die Erprobung der Männer für den Fall eines Luftschutzalarmes und andererseits eine Demonstration für die Bevölkerung sein sollte, dass man alles im Griff hatte.272

Am 23. August 1940 schickte der Polizeipräsident in Graz dem Kommandeur der Feuerschutzpolizei Herrn Oberstleutnant Dipl. Ing. Harder „Richtlinien für die Sicherstellung der Wasserversorgung im Luftschutz und über die Verwendung von Entwässerungseinrichtungen zur Feuerlöschwasserversorgung“. Ebenso wurde die Feuerschutzpolizei in dem Schreiben ersucht über die Richtlinien Einvernehmen mit dem Kanalamt und dem Wasserwerk herzustellen. Bereits zu diesem Zeitpunkt wollte man in Graz einen Plan in der Schublade haben, falls es zu einer Bombardierung gekommen wäre.273

269 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1939 270 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1939 271 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1939 272 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1939 273 FSchPol. I, Brief vom 23. August 1940 68

DER LUFTSCHUTZ

In den Stoffverteilungsplänen für Offiziere war neben der Organisation der Deutschen Polizei, dem Gesetz über das Feuerlöschwesen274 diversen physikalischen und chemischen Grundlagen und der Löschkunde der verschiedensten Materialien auch etwas über den Gasschutz sowie den Luftschutz zu lernen. Schon im Jahre 1941 musste sich die Grazer Feuerschutzpolizei auf eine mögliche Bombardierung von Graz oder einen Angriff mit Gift oder anderen chemischen Kampfstoffen vorbereiten.275

Am 8. August 1941 wurde eine Planbesprechung über den Luftschutz in Graz angesetzt.276 In dieser Besprechung wurde das Szenario einer Bombardierung der Stadt am 8. August 1941 durchgeplant. Da Graz am 6. April 1941 ja das erste Mal von zwei jugoslawischen Bombern angegriffen wurde, war die Bedrohung durch den Luftkrieg leider eine sehr reale. Nach dem Bombenangriff sprengte im Übrigen das Sprengkommando der Instandsetzungsbereitschaft 2 der Luftschutzpolizei einen Blindgänger am Feliferhof.277

Der Reichsstatthalter in der Steiermark leitete am 18. August 1941 einen Brief in dem die Aufstellung von Schnellkommandos aufgetragen wird an das Kommando der Schutzpolizei weiter. Diese Schnellkommandos hatten im Fall der Fälle abgeworfenen Brandbomben kurz nach ihrem Abwurf unschädlich zu machen und so eine Verbreitung eines Feuers zu verhindern. Die Kommandos sollten aus einem Führer und vier Mann inklusive Fahrer bestehen. Die Männer wurden aus den Reihen der Polizei bestellt und ihr Dienst galt als Frontdienst. Dies bedeutete, dass sie auch während Bombenabwürfen und Flakbeschuss ihren Einsatz durchzuführen hatten.278

Schon am 6. September 1941 wurde vom Kommando der Schutzpolizei die „Dienstanweisung für Schnellkommandos“ erlassen. In Punkt 2.) dieser Dienstanweisung heißt es, dass die Schnellkommandos während eines Fliegerangriffes über Weisung des Abschnittskommandos an Stellen, wo Schäden entstanden sind durch den Revierführer zur ersten Bekämpfung und Hilfeleistung eingesetzt werden sollten. In Punkt 6.) wird noch einmal erwähnt, dass der Dienst der Schnellkommandos als Frontdienst zu sehen ist und daher auch während eines Bombenabwurfes oder Flakbeschuss zu erfolgen hat. Als Ausrüstung sollte ein solches

274 dRGBl 1938. I S. 1662. 275 FSchPol. II, Dienstvorschrift vom 1. April 1941 276 FSchPol. II, Brief vom 14. Juli 1941 277 Vgl. BRUNNER, Bomben, 122 ff. 278 FSchPol. II, Brief vom 18. August 1941 69

DER LUFTSCHUTZ

Kommando neben Stahlhelmen und Spaten in ihrem Fahrzeug eine Axt, eine Schaufel, eine zwei Eimer, eine Luftschutzhandspritze, zwei Feuerpatschen, eine Holzkiste und drei Papiersäcke die mit Sand gefüllt waren mit haben.279

Der Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde und Kommando der Feuerschutzpolizei schickte am 22. September dem Polizeipräsidenten als örtlichen Luftschutzleiter den Ausbildungsplan der Schnellkommandos280. Diese Ausbildung begann am 6. November 1941 auf der Hauptwache der Feuerschutzpolizei am Lendplatz und dauerte fünf aufeinanderfolgende Nachmittage. Sie wurde durch die Feuerschutzpolizei durchgeführt.281 In dem Tagesbefehl vom 1. Juni 1942 erklärte der Oberbefehlshaber der Luftwaffe Hermann Göring, dass die Männer des bisherigen Sicherheits- und Hilfsdienstes in der neu gegründeten „Luftschutzpolizei“ eingegliedert wurden und damit in die Deutsche Polizei überführt wurden.282 Die Luftschutzpolizei wurde als Polizeireserve in die Ordnungspolizei übernommen und konnte durch Notdienstverordnungen bei öffentlichen Notständen vorübergehend Personen zwischen 15 und 70 Jahren einberufen. Ihr Sollstand in Graz betrug 1722 Personen, dies waren 1452 Männer, 120 Frauen und 150 Jugendliche. Sie war in zwei Abschnitte, Ost und West, aufgeteilt. An Fahrzeugen hatte die Luftschutzpolizei Graz 129 Lastkraftwagen, 27 Personenwagen und 37 Krafträder. Am Kriegsende sollte diese Luftschutzpolizei auf sechs F- und E-Bereitschaften, zwei Instandsetzungsbereitschaften und je eine Krankentransportstaffel und eine Sanitätsbereitschaft und diverse andere Einheiten angewachsen sein. In den F- und E-Dienst wurde auch die Feuerschutzpolizei eingegliedert. Diese sollte mit 116 Mann den größten Teil dieser insgesamt 688 Mann starken Truppe stellen. Der F- und E-Dienst hatte 116 Kraftfahrzeuge zur Verfügung. Außerhalb von Graz standen zur Unterstützung der F- und E-Einheiten noch 360 Mann mit 44 Löschgeräten zur Verfügung, die aber in all den Jahren nur zweimal zu Hilfe kommen mussten. 283

Die Feuerschutzpolizei284 bekam im Jahre 1942 zwei neue Kraftfahrspritzen die der neu gegründeten Luftschutzpolizei zugeordnet waren. Dadurch entstand ein Mangel an Unterstellmöglichkeiten. Man begann auf dem Gelände der Hauptfeuerwache am Lendplatz

279 FSchPol. II, Dienstanweisung vom 6. September 1941 280 FSchPol. II, Brief vom 22. September 1941 281 FSchPol. II, Brief vom 6. November 1941 282 FSchPol. II, Tagesbefehl vom 1. Juni 1942 283 Vgl. BRUNNER, Bomben, 73 f. 284 In den folgenden Seiten werden die Begriffe Feuerschutzpolizei, F- und E-Bereitschaft und Luftschutzpolizei immer so erwähnt wie es in den Akten der Feuerschutzpolizei der Fall ist. 70

DER LUFTSCHUTZ eine Reservehalle zu errichten. Da aber in den Kriegstagen eine derartige Materialknappheit herrschte, konnte die Halle nicht fertiggestellt werden. Es fehlten 18,4 m3 Holz für das Dach und die drei Tore. Da die Baumaterialien in Graz nicht zu bekommen waren, wandte sich Oberstleutnant Harder an den Befehlshaber der Ordnungspolizei Alpland in Salzburg mit der Bitte das Material zuzuweisen.285 Am 16. Juni wurde der Feuerschutzpolizei das Holz zugesichert und diese brachten noch am selben Tag eine „Anzeige über ein Bauverfahren“ beim Arbeitsamt Graz ein.286 Am 16. Juli wurde mit einem Schnellbrief aus Berlin schriftlich bestätigt, dass das Holz bereitgestellt wird und der Bau so fertiggestellt werden kann.287

Am 12. September 1942 sendete Dipl. Ing. Harder dem Polizeipräsidenten als örtlichen Luftschutzleiter einen Brief betreffend der Organisation des F – und E-Dienstes288. Die Feuerschutzpolizei und die Freiwillige Feuerwehr waren mit ihrer friedensmäßigen Organisation einem potentiellem Luftangriff nämlich nicht gewachsen. Die eigens dafür gegründete Luftschutzpolizei war leider nicht ausreichend ausgestattet, sie hätte mindestens sechs Stunden benötigt, bis ihre einzelnen Züge einsatzfähig waren. Diese Zustände wurden während eines Fliegeralarmes festgestellt. Die Umstellung von der friedensmäßigen Organisation auf Luftschutzorganisation funktionierte gar nicht. Dipl. Ing. Harder stellte die Forderung, dass mindestens 30 Mann der Luftschutzpolizei die Feuerschutzpolizei unterstützen sollten um so zumindest die Friedenssollstärke zu erreichen. Weiters wäre es zweckmäßig gewesen die Angehörigen der Luftschutzpolizei mit einem Schreiben darüber zu informieren, wo sie sich während eines Fliegeralarmes einzufinden hatten. Von absoluter Notwendigkeit war damals auch ein Vertreter für Dipl. Ing. Harder, denn dieser war ganz alleine für die Erkundung der Schäden und gleichzeitig die örtliche Leitung des Einsatzes zuständig. Am Ende des Briefes wurde noch darauf hingewiesen, dass die Bevölkerung mehr Disziplin beim Abdunkeln der Häuser benötigt bevor sie das Licht anmacht.289

Am 22. Oktober 1942 wurde der Feuerschutzpolizei der Plan für Ausbildung für den F- und E-Dienst vorgelegt. Es handelte sich hierbei um eine vierwöchige Ausbildung wobei die Männer jeweils in Gruppen nach dem Verhältnis 1:8 bei der Hauptfeuerwache und der Wache

285 FSchPol. II, Brief vom 12. Juni 1942 286 FSchPol. II, Anzeige über ein Bauverfahren vom 16. Juli 1942 287 FSchPol. II, Schnellbrief vom 16. Juli 1942 288 Feuerlösch- und Entgiftungsdienst 289 FSchPol. II, Brief vom 12. September 1942 71

DER LUFTSCHUTZ

Ost ausgebildet werden sollten. Die Männer wurden von Montag bis Freitag vom 7.30 bis 18.00 Uhr ausgebildet, ihr Tag war durch den Ausbildungsplan genau durchgeplant.290

Anfang 1943 gab es für den Fall eines Großangriffes auf Graz schon insgesamt vier F- u. E- Bereitschaften291 mit je 103 Mann, die sich aus der Luftschutzpolizei inklusive der Feuerschutzpolizei sowie, der Freiwilligen Feuerwehr rekrutierten. Die Bereitschaften hatten je zwei schwere Löschzüge, einen leichten Löschzug und einen Entgiftungszug zur Verfügung. Die Freiwillige Feuerwehr hatte zusätzlich noch 115 Mann als Auffüllkräfte die aber fast keine einsatzfähigen Geräte zur Verfügung hatten.292

Am 29. März 1943 wurde der Kommandeur der Feuerschutzpolizei Dipl. Ing Harder zu einer Luftschutz-Planbesprechung am 13. April geladen. Damals wurde in Graz schon geplant wie man Großangriffsschäden bekämpft und wie es dabei mit der Lösch- und Trinkwasserversorgung aussieht. Ebenso wurde besprochen, welche Maßnahmen bei einem Abwurf von Blindgängern zu treffen sind.293

Am 2. Juli 1943 wurde ein Bericht über die Ausbildung der Luftschutzpolizei – Bereitschaft verfasst. Darin wird den Männern, die vom 4. Mai bis 25. Juni des Jahres 1943 von der Feuerschutzpolizei zu Luftschutzpolizei-Bereitschaftskräften ausgebildet wurden ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Die Gründe hierfür lagen an dem gesundheitlichen Zustand der Männer und auch an ihrem Alter. Da man aber auf diese Männer nicht verzichten konnte, stellte man am Ende des Berichts fest, dass die Männer unter guter Führung (von den Wachführern der Freiwilligen Feuerwehr die in die Luftschutzpolizei eingegliedert wurden) und unter Berücksichtigung ihres Alters und ihres Gesundheitszustandes doch einsatzfähig seien. 294

Bereits im August 1942 war die Feuerschutzpolizei Graz um 24 % unterbesetzt. Aus diesem Grund schrieb Oberstleutnant Harder dem Befehlshaber der Ordnungspolizei Alpland in Salzburg am 8. März 1943 einen Brief. Darin wurde festgehalten, dass aufgrund der Kriegsverhältnisse der Ist-Stand nicht aufgefüllt werden konnte. Es konnten immer nur

290 FSchPol. II, Ausbildungsplan vom 22. Oktober 1942 291 Feuerlösch- und Entgiftungsbereitschaften 292 FSchPol. III,. Brief vom 22. Jänner 1943 293 FSchPol. III, Brief vom 29. März 1943 294 FSchPol. III, Bericht vom 2. Juli 1943 72

DER LUFTSCHUTZ jeweils 20 Luftschutzpolizisten für vier Wochen einberufen und in dieser Zeit zum F– und E- Dienst ausgebildet werden. Aber auch diese Männer konnten ab dem damaligen Zeitpunkt nicht mehr eingezogen werden, da die Männer der Luftschutzpolizei ab sofort eine besondere militärische Ausbildung erhalten sollten. Ihre Feuerwehrausbildung sollten sie täglich nur an den Nachmittagen von 14-18 Uhr auf der Feuerwache bekommen. Dies stellte die Feuerschutzpolizei aber wieder vor das Problem des Personalmangels, da die Männer nicht mehr dauerhaft auf der Wache waren, und so nicht als Hilfskräfte eingeplant werden konnten. Man kann sich gut vorstellen, wieviel man den Männern an feuerwehrlicher Grundausbildung in vier Stunden pro Tag innerhalb von nur vier Wochen weitergeben konnte. Und genau diese Ausbildung war ja gerade für die F- und E- Bereitschaften die wichtigste gewesen, denn die Männer waren ja oft die Ersten die Brände nach einer Bombardierung zu löschen hatten. 295 Die Antwort bezüglich des Personalmangels kam am 18. März 1943 aus Salzburg.296 Der Befehlshaber der Ordnungspolizei sah durch die Abkommandierung der 20 Luftschutzpolizisten sowie den Abgang von sieben Aktiven der Feuerschutzpolizei als eine Schwächung der sogar vom friedensmäßigen Standpunkt aus viel zu gering war. Die Iststärke betrug kaum mehr als 65 % der Soll-Stärke. Da Neueinstellungen zu dieser Zeit eigentlich unmöglich waren, wurde in dem Brief vorgeschlagen den 24-stündigen Wechseldienst auf 72- oder gar 96 Stunden zu erhöhen, so dass Tag und Nacht immer zwei volle Züge einsatzbereit waren. Die Dienstzeit in Graz wurde aber schon mit Wirkung vom 1. April auf 48 Stunden erhöht. Unter Berücksichtigung der immer größer werdenden Gefahr von Luftangriffen war das ein erschreckendes Urteil. Zwar waren in Groß-Graz 150 Luftschutzpolizisten einberufen, doch keiner von diesen Männern war eine Verstärkung für die Feuerschutzpolizei da sie nie in den Feuerlöschdienst eingeteilt wurden. 297

Am 16. April 1943 fand zum Thema „Verstärkung der FSchPol. Graz durch LS-Polizei“ eine Besprechung bei dem Kommando der Schutzpolizei in der Paulustorgasse statt. Hierfür war auch Oberstleutnant Abrell vom Befehlshaber der Ordnungspolizei aus Salzburg nach Graz gekommen. Oberstleutnant Abrell und Oberstleutnant Harder wiesen auf die Notwendigkeit der Verstärkung der Feuerschutzpolizei Graz hin, indem sie die Mängel aufzeigten, die bei einem unerwarteten Fliegerangriff entstehen würden. Hier beschloss man zumindest die Aufstockung der FSchPol. Graz auf die Friedenssollstärke und die Einrichtung eines

295 FSchPol. III, Brief vom 8. März 1943 296 FSchPol. III, Brief vom 18. März 1943 297 FSchPol. III,. Brief vom 5. April 1943 73

DER LUFTSCHUTZ

Bereitschaftsgrades für den F- und E-Dienst. Eine Trennung der polizeilichen und feuerwehrtechnischen Ausbildung wurde nicht durchgesetzt, ebenso wenig wie die Einberufung von zwei Bereitschaften für den Nachtdienst.298

Auf die Einführung dieses Bereitschaftsgrades bezieht sich auch das Schreiben vom 12. August 1943 des Oberbefehlshaber der Ordnungspolizei an den Polizeipräsidenten in Graz.299 Es wird erwähnt, dass zum damaligen Zeitpunkt eine Verstärkung der Feuerschutzpolizei nicht möglich sei, man sich aber in längeren Verhandlungen darauf geeinigt hatte das der Luftschutzort Graz ab nun den Bereitschaftsgrad 3. des F- und E-Dienstes bekommen sollte. Zweck war die Ausbildung der F- und E-Kräfte durch die Feuerschutzpolizei auch durch deren Miteinbezug bei den friedensmäßigen Alarmen, sodass bei einem Luftangriff der örtliche Luftschutzleiter auf gut ausgebildete Löschkräfte vertrauen konnte. In dem Schreiben wurde erneut darauf hingewiesen, dass die Männer nicht dauerhaft bei der Feuerschutzpolizei stationiert sind und dass das Kommando der Schutzpolizei nun einen Befehl erlassen sollte der eine solche Zusammenlegung vorschreibt.

Am 18. September 1943 gab das Kommando der Schutzpolizei den Luftschutztagesbefehl Nr. 1 heraus. In ihm hieß es, dass aufgrund des angeordneten Bereitschaftsgrades eingezogene Kräfte der Luftschutzpolizei auf das Intensivste auszubilden sind. Auch wurde vorgeschrieben dass sich die Abschnitte mit dem Kommandeur der Feuerschutzpolizei bezüglich der Ausbildung der Schnellkommandos in Verbindung zu setzen hatten. 300

Ein nicht datierter „Entwurf für ein neues Verzeichnis unabhängige Löschwasserversorgung“ ist in den Akten vorhanden. Darin sind alle geschlossenen Wasserbehälter und sonstige Löschteiche die es damals in Graz gab, samt ihrem Fassungsvermögen in m3 angegeben. Ebenfalls wurden die Stauanlagen, Saugmöglichkeiten und Entnahmestellen der Grazer Bäche und Flüsse angegeben. Auch die Feuerlöschbrunnen wurden aufgelistet, um wirklich alle Wasserquellen für den Fall einer Bombardierung beisammen zu haben und so zu wissen wo man am schnellsten das Löschwasser herbekommen konnte.301

298 FSchPol. III, Gedächtnisniederschrift vom 20. April 1943 299 FSchPol. III, Brief vom 12. August 1943 300 FSchPol. III, Luftschutztagesbefehl Nr. 1 vom 18. September 1943 301 FSchPol. III, Entwurf für ein neues Verzeichnis unabhängige Löschwasserversorgung 74

DER LUFTSCHUTZ

Um zukünftig einheitliche taktische Bezeichnungen im Luftschutz bei Meldungen und dergleichen durchgeben zu können wurde eine Liste mit Begriffsdefinitionen erlassen. Diese waren ab sofort in allen Besprechungen, Übungen und Meldungen zu verwenden.302 In Graz gab es am 20. Oktober 1943 schon vier F- und E-Bereitschaften. Die vierte Bereitschaft wurde nach Wetzelsdorf verlegt. Leider waren die Männer dort so schlecht untergebracht, dass von seitens der Feuerschutzpolizei mit ihrem Ausfall aufgrund von Krankheiten gerechnet wurde, wenn sich die Unterbringungssituation nicht bald ändern würde.303

Am 5. November 1943 erließ Oberstleutnant Harder eine Dienstanweisung in der der Aufbau und die Aufgaben der einzelnen Mitglieder eines F- und E-Bereitschaftstrupps genau erläutert wurden.304 Ein solcher Trupp bestand aus zwölf Männern die dem Bereitschaftsführer bei der Durchführung seiner Arbeiten helfen und im Einsatz mit andern Einheiten zusammenarbeiten sollten.

Das Kommando der Feuerschutzpolizei musste Ende 1943 melden, dass die Fahrzeuge der F- und E-Bereitschaften vollkommen leere Tanks hatten und so bei einem Fliegeralarm nicht sofort einsatzbereit waren. Der Grund dafür war, dass zwar 1000 Liter Treibstoff für die Bereitschaften zugewiesen waren, aber die Tanks erst nach einem Fliegeralarm gefüllt werden durften. Um eine sofortige Füllung der 15 Fahrzeuge und fünf Tragkraftspritzen zu erwirken, forderte Oberstleutnant Harder 800 Liter Benzin, 80 Liter Dieselöl sowie 120 Liter Mischung. Wegen der Treibstoffknappheit konnten die Fahrzeuge bei Übungen auf dem Übungshof nur geschoben werden, was eine intensive Ausbildung unmöglich machte.305

Am 24. Jänner 1944 wurde in einer Meldung erneut auf die nicht vorhandene Einsatzfähigkeit der Fahrzeuge bei einem Fliegeralarm hingewiesen. Es wurde, unter Anbetracht der immer ernster werdenden Luftlage306, die Befüllung der Fahrzeuge oder zumindest ein Kanister mit Treibstoff für jeden der Wagen gefordert. Daraufhin erteilte Oberstleutnant Harder den Befehl die Tanks der Fahrzeuge füllen zu lassen.307

302 FSchPol. III, Einheitliche taktische Bezeichnungen vom 29. September 1943 303 FSchPol. III, Brief vom 21. Oktober 1943 304 FSchPol. III, Dienstanweisung vom 5. November 1943 305 FSchPol. III, Brief vom 22. Dezember 1943 306 Ab dem 25 Februar 1944 erfolgten Luftangriffe auf Graz. 307 FSchPol. IV, Meldung vom 24. Jänner 1944 75

DER LUFTSCHUTZ

In einem Schreiben der Luftschutzpolizei Graz, F- und E- Bereitschaft 3 an die F- und E- Abteilung West stellte die Luftschutzpolizei klar, dass die Bereitschaft 3308 nicht nur bei Fliegerangriffen sondern auch bei der Bekämpfung von Feuern und Elemantarschäden zuständig ist. Die F- und E-Bereitschaften ersetzen laut diesem Schreiben ab sofort die Feuerschutzpolizei und ihre Mitglieder gingen als Führer und Unterführer in die F- und E- Einheiten über. Die Feuerschutzpolizei Graz blieb aber trotzdem als Name weiter bestehen.309 In den Luftschutz-Begriffsbestimmungen310 wird die Feuerschutzpolizei allerdings als Führungsreserve der Luftschutzpolizei bezeichnet. Nach der dortigen Begriffsbestimmung erfolge ihr Einsatz innerhalb ihres Bereiches und aufgrund der Befehle der Befehlsstelle der Ordnungspolizei.

Im Kommandobefehl Nr. 14 ordnete Oberstleutnant Harder an die Unterflurhydranten durch einen Leuchtfarbenanstrich besser zu kennzeichnen damit diese bei einem Bombenalarm in der Nacht leichter zu finden sind.311

Am 12. April 1944 merkte Oberstleutnant Harder an, dass der Polizeipräsident als örtlicher Luftschutzleiter eine dezentralere Unterbringung des Kraftwagenparkes312 des Deutschen Roten Kreuzes anordnen sollte. Da zum damaligen Zeitpunkt alle Fahrzeuge im Innenhof des Hauses Dietrichsteinplatz 9 untergebracht waren, konnten diese durch eine einzige Fliegerbombe komplett zerstört werden, was natürlich katastrophale Folgen für den Krankentransport gehabt hätte.313

Im August 1944 wurde die sechste F- und E-Bereitschaft in Graz aufgestellt. Sie setzte sich aus den Angehörigen einer ukrainischen zusammen und war in Straßgang untergebracht worden. Geführt wurden die insgesamt 103 Männer von einem Bezirks Leutnant der Feuerschutzpolizei.314 Der Sollstand des F- und E-Dienstes betrug am 28. Dezember 1944 638 Mann in Graz. Davon waren 61 Offiziere und Unterführer Angehörige der Feuerschutzpolizei Graz sowie 13

308 Es gab bis zum Kriegsende insgesamt sechs F- und E-Bereitschaften in Groß-Graz. 309 FSchPol. IV, Brief vom 5. Februar 1944 310 FSchPol. UV, Luftschutzbegriffsbestimmungen vom 31. Mai 1944 311 FSchPol. IV, Kommandobefehl Nr. 14 vom 24. März 1944 312 Dieser Befand sich in der Zentrale des Deutschen Roten Kreuzes am Dietrichsteinplatz. 313 FSchPol. IV, Brief vom 12. April 1944 314 FSchPol. IV, Brief vom 17. August 1944 76

DER LUFTSCHUTZ

Angestellte der Luftschutzpolizei und 564 Männer, die den Dienst „freiwillig“ verrichteten.315 Es fehlten allerdings elf Kraft- und vier Kradfahrer (Kraftradfahrer).316

Im Kommandobefehl Nr. 12 wird die Anordnung des BdO317 kundgemacht, diese sah vor, dass nun auch die Männer des F- und E-Diensts eine gefechtsmäßige Ausbildung zu bekommen hatten. Jede der sechs F- und E-Bereitschaften wurde innerhalb von einer Woche gefechtsmäßig grundausgebildet. Die Ausbildung fand, wegen der ständigen Fliegeralarme, in den frühen Morgenstunden und nahe ihrer Unterkunft statt, um bei einem Alarm schnell einsatzbereit zu sein. Zusätzlich zu der Gefechtsausbildung hatte jede der sechs Bereitschaften zwei Panzernahkampftrupps auszubilden, die bei einem Nahkampf feindliche Panzer mit der Panzerfaust angreifen und so die übrige Bereitschaft schützen sollten.318

315 FSchPol. IV, Schreiben vom 28. Dezember 1944 316 FSchPol. IV, Schreiben vom 28. Dezember 1944 317 Befehlshaber der Ordnungspolizei 318 FSchPol. IV, Kommandobefehl Nr. 12 vom 20. März 1945 77

FRAUEN IM FEUERLÖSCHDIENST

6 Frauen im Feuerlöschdienst

Ein weniger bekanntes Faktum ist, dass auch Frauen in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges oft für den Löschdienst ausgebildet und eingesetzt wurden. Obwohl Joseph Goebbels 1933 die deutsche Frau noch als „Wahrerin der Geschlechterfolge“ im Heim und am Herd sah, wurden 1943 die Frauen „für den großen Umschichtungsprozess in der inneren Wirtschaft“ benötigt. Ab Mitte 1943 wurden Frauen bei den Feuerwehren und der Feuerschutzpolizei freiwillig entgegengenommen, doch schon bald wurden sie zum Notdienst verpflichtet. Dieser Notdienst sah so aus, dass Frauen einmal pro Woche für mehrere Stunden an den entsprechenden technischen Gräten ausgebildet wurden. Bis zum Kriegsende sind im gesamten Deutschen Reich 275.000 Frauen zwischen 18 und 40 Jahren bei der Feuerwehr und im Luftschutz eingesetzt worden.319

In Graz wurde mit der Ausbildung von Frauen für den Feuerlöschdienst im September 1943 begonnen. Der Ausbildungsplan sah vor, dass auf der Hauptwache und der Wache Ost am Dietrichsteinplatz je 25 bis 30 Frauen in der Zeit von 14 bis 17 Uhr je zwei Stunden Übung an den Geräten und eine Stunde Unterricht hatten. In insgesamt 76 Übungs- und Unterrichtsstunden wurden die Frauen für den Löschdienst ausgebildet und sollten danach einsatzbereit sein. An den ersten zehn Tagen dieser Ausbildung wurde den Frauen in einer sogenannten Einzelausbildung und bei Löschmanövern die Feuerwehrtechnischen Grundlagen beigebracht. Danach machte man sich bereits an die „Ausbildung in den taktischen Einheiten der aktiven Kräfte“, wobei auch dieser Teil der Ausbildung in Unterricht und Löschmanöver in der Gruppe aufgeteilt war.320

Am 1. Oktober 1943 schrieb Oberstleutnant Harder an den Reichsverteidigungskommissar in der Steiermark. Er klagte über die schon erfolgten und noch folgenden Einberufungen von Feuerwehrmännern zur Wehrmacht. Harder schrieb, „dass der Feuerwehrdienst, auch bei Heranziehung weiterer Frauen nicht mehr gewährleistet ist, wenn diese Männer eingezogen werden sollten“. Abschließend wird die Bitte deponiert, dass die Männer die in der Liste im

319 Vgl. SCHNEIDER, Feuerwehr, 185. 320 FSchPol. III, Ausbildungsplan vom 30. August 1943 78

FRAUEN IM FEUERLÖSCHDIENST

Anhang (48 Namen von Mitgliedern der Feuerschutzpolizei Graz) des Briefes nicht eingezogen, sondern für den Feuerwehrdienst freigestellt werden.321

Aus dem Luftschutztagesbefehl Nr. 4 geht hervor, dass am 28. September 1943 46 Frauen für die Ausbildung zum F- und E-Dienst einberufen oder eigentlich zum Notdienst verpflichtet wurden. Untergebracht wurden die Frauen in dem Turnsaal der Grieskaischule. Die Ausbildungszeiten waren nun schon von 7.15 Uhr bis 18 Uhr. Von Samstag 13 Uhr bis Montag 7 Uhr sowie nachts hatten die Frauen Freizeit. Die Frauen wurden an der Feuerwache Lendplatz ausgebildet. Bei einem Fliegeralarm hatten sich die Frauen in ihrer Unterkunft einzufinden, um so nicht ihr Leben zu gefährden.322

Die Ausbildung weiterer Frauen wurde in dem Erfahrungsbericht der Feuerwache Ost vom 25. Oktober 1943 zum Thema gemacht. Diese Ausbildung dauerte vom 11. bis 22. Oktober 1943 und konnte als zufriedenstellend bezeichnet werden. Die für den F- und E-Dienst ausgebildeten Frauen waren alle sehr fleißig und bemühten sich die für den Feuerlöschdienst erforderlichen Kenntnisse zu erwerben. Ihr Merkvermögen war größer als das der älteren Luftschutzpolizei-Männer. Aber in diesem Bericht wurde auch die durch den Krieg verursachte Ressourcenknappheit sichtbar: Nicht einmal alle Frauen hatten Straßenschuhe oder gar Stiefeln, was selbst die Übungen schwerer gestaltete als man sich das erhoffte. Manche der Frauen hatten nur Schuhe mit Absätzen und waren dadurch gezwungen mit diesen, die Übungen durchzuführen!

Es gab keine einheitliche Uniformierung, oder etwas Uniformähnliches, ja noch nicht einmal geklöppelte Netze oder Kopftücher waren vorhanden die bei einem Funkenflug das Haar der Frauen schützen sollten. Ebenfalls musste ein Fehlen von grundlegenden Ausrüstungsgegenständen wie Feuerschutzhelmen und Schmalgurten beklagt werden. Das Problem mit den Uniformen für die weiblichen Angehörigen der F- und E- Bereitschaften dürfte bis zum März 1943 gelöst worden sein; denn in den Archivunterlagen ist vermerkt, dass die Frauen eine eigene, blaue Uniform bekommen hatten.323

321 FSchPol. III, Brief vom 1. Oktober 1943 322 FSchPol. III, Luftschutztagesbefehl Nr. 4 vom 2. Oktober 1943 323 FSchPol. IV, Schreiben vom 23. März 1944 79

FRAUEN IM FEUERLÖSCHDIENST

Die Frauen, die zum Notdienst bei der Feuerwehr verpflichtet wurden, wurden „Feuerwehrhelferinnen“ genannt. Viele von ihnen versuchten sich Mithilfe eines ärztlichen Befundes, der laut dem Erfahrungsbericht aufgrund eines „Frauenleidens“ ausgestellt wurde von der Notdienstverpflichtung zu befreien. Andere Frauen wiederum fürchteten aufgrund der Verpflichtung ihren Arbeitsplatz zu verlieren, oder die für die Ausbildung verwendeten Stunden nacharbeiten zu müssen. Abschließend wurde gesagt, dass zwar ohne einen vorhergehenden Brandeinsatz kein Urteil gefällt werden kann, dass aber doch davon ausgegangen wird, dass Löschgruppen die neben einem Maschinisten, einem Gruppenführer und einem Truppenführer nur aus Frauen bestehen, ohne besondere Schwierigkeiten ihren Dienst versehen können.324

Am 12. November 1943 wurde der Erfahrungsbericht Nr. 2 an den Polizeipräsidenten Graz gesendet. Auch in diesem Bericht wurde darauf hingewiesen, dass der Ausrüstungsstand der Frauen noch immer mangelhaft ist, sowie dass die Frauen bei den Übungen Wert darauf legten, dass sie in Gruppen mit möglichst nur einem Maschinisten und einem Gruppenführer waren.325

Frauen wurden nicht nur zu der direkten Brandbekämpfung herangezogen. Sechs Frauen schlossen im Jänner 1944 die Fernsprechvermittlungsausbildung ab und konnten ab Februar in diesem Bereich eingesetzt werden.326

Am 19. Juni 1944 ordnete das Kommando der Schutzpolizei an, dass alle weiblichen Angehörigen der Schutzpolizei an einer Schießausbildung teilzunehmen hatten. Dies betraf natürlich auch die Feuerwehrhelferinnen. Sie wurden dazu in zwei Gruppen aufgeteilt und hatten sich jeden Donnerstag und Freitag von 15.00 bis 16.30 Uhr in dem Lehrsaal in der Karlauerstrasse 14 einzufinden.327

Aufgrund des sich immer deutlicher bemerkbar machenden Mangels an verfügbaren Männern für die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Graz mussten auch bei diesen Damen als Ergänzungskräfte eingestellt werden. Es folgte eine Auflistung von sechs Frauen die schon

324 FSchPol. III, Erfahrungsbericht vom 25. Oktober 1943 325 FSchPol. III, Erfahrungsbericht II vom 12. November 1943 326 FSchPol. IV, Schreiben vom 31. Jänner 1944 327 FSchPol. IV, Schreiben vom 19. Juni 1944 80

FRAUEN IM FEUERLÖSCHDIENST verpflichtet waren und die in der Nähe des Gerätehauses Gösting wohnhaft waren und von nun an dort zum Dienst eingezogen werden sollten.328

In einem Schreiben vom 28. August 1944 wurden wieder Frauen zum Notdienst bei der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Graz verpflichtet. Diesmal waren es 18 Frauen.329 Es ist auch ein Formular einer Dame die zum „kurzfristigen Notdienst“ herangezogen wurde in den Unterlagen, anhand dessen man sich ein Bild machen kann wie eine solche Heranziehung auf dem Papier ausgesehen hatte.330

Abb. 6: Heranziehung zum langfristigen Notdienst

328 FSchPol. IV, Schreiben vom 15. August 1944 329 FSchPol. IV, Schreiben vom 28. August 1944 330 FSchPol. IV, Formular vom 31. August 1944 81

DIE HITLERJUGEND UND IHRE FEUERWEHRSCHAREN

7 Die Hitlerjugend und ihre Feuerwehrscharen

Im Jahre 1939 wurde von Heinrich Himmler und dem Reichsjugendführer Baldur von Schirach vereinbart, dass im Falle eines Krieges Einheiten der HJ im Feuerlöschdienst auszubilden sind. Ihre amtliche Bezeichnung war „Feuerwehrscharen im HJ- Streifendienst“.331 Eine Kopie dieser Vereinbarung ist in den Archivmaterialien der Feuerschutzpolizei Graz. Es werden in der Vereinbarung neun Punkte aufgelistet, die auch von der Feuerschutzpolizei Graz zu erfüllen waren. Nun eine kurze Zusammenfassung dieser Vereinbarung:

In Luftschutzorten I. und II. Ordnung (worunter Graz, als Luftschutzort I. Ordnung fiel) können bei Bedarf Hilfskräfte der HJ im Bereich des Feuerlöschdienstes ausgebildet werden. Das Mindestalter der Jungen wurde auf 15 Jahre festgelegt und ihre Körpergröße sollte nach Möglichkeit 165 cm nicht unterschreiten. Auch wurde erklärt, dass die zum Feuerlöschdienst kommandierten Jungen keine eigene Sondereinheit (wie z.B. die Nachrichten-HJ) bildeten. Ihre Sollstärke hatte der jeweils zuständige Ortspolizeiverwalter mit dem Standortführer der HJ festzulegen. Die feuerwehrtechnische Unterteilung der Einheiten hatte in Gruppen und Züge zu erfolgen, wobei zwei Gruppen einen Zug bildeten. Es sollten aber keine Einheiten gegründet werden die mehr als 80 bis 100 Jungen stark waren. Ihre Ausbildung lag in den Händen des Kommandeurs der örtlichen Feuerschutzpolizei. Dieser hatte dafür zu sorgen, dass die Jungen einen möglichst hohen Stand der Ausbildung erreichten und dass sie immer mit dem aktuellsten Gerät ihre Übungen durchführen konnten. Ihre Uniformierung war der HJ-Winterdienstanzug sowie die blaue HJ-Dienstmütze. An Ausrüstungsgegenständen war den Jungen ein Stahlhelm, ein Hakengurt und eine Fangleine von der Gemeinde, in der sie aufgestellt waren, zur Verfügung zu stellen.332

Am 9. Mai 1941 hatte die HJ-Feuerwehrschar Graz eine Größe von 64 Jungen. Da die finanziellen Mittel knapp zu sein schienen, bat das Kommando der Feuerschutzpolizei den zuständigen Stabsoffizier bei dem Reichsstatthalter Steiermark um Zuteilung von Mitteln aus der Feuerschutzsteuer um persönliche Ausrüstung und Bekleidung für die Jungen besorgen zu können. Dabei handelte es sich um 22 Feuerwehrhelme und die Herstellung von 32

331 MÜLLER, Feuerwehrwesen, 91 332 FSchPol. I, Brief vom 28. Juni. 1939 82

DIE HITLERJUGEND UND IHRE FEUERWEHRSCHAREN

Waffenröcken und 32 Tuchhosen.333 In einem Schreiben des Kommandos der Feuerschutzpolizei Graz an die Stadtkämmerei vom 1. September 1941 wird festgehalten, dass innerhalb von größeren Gemeinden die Feuerwehrscharen der HJ eben als Teil der örtlichen Feuerwehr zu sehen sind. Deshalb wurde die Stadtkämmerei darauf hingewiesen, dass die Gemeinde gemäß § 5 des Gesetztes über das Feuerlöschwesens334 dafür zuständig sei die notwendige persönliche Ausrüstung und Bekleidung für die Feuerwehrschar der HJ zur Verfügung zu stellen. Die von der Gemeinde finanzierten Feuerschutzmittel sollten auch bei dem Austritt einzelner Jugendlicher aus den HJ-Feuerwehrscharen im Besitz der Gemeinde bleiben.335

In Berlin wurde am 1. November 1941 die Verwendung von HJ Angehörigen in Schnellkommandos beschlossen. Ein solches Schnellkommando hatte aus drei Hitlerjungen und einem Führer sowie einem Kraftfahrer zu bestehen. In erster Linie waren die Mitglieder der HJ-Feuerwehrscharen einzuteilen, da diese schon eine feuerwehrtechnische Ausbildung absolviert hatten.336

Doch die HJ wurde in Graz auch bei Naturkatastrophen wie einem Hochwasser herangezogen. Innerhalb der ersten Stunde konnten 100, nach drei Stunden 250 und nach sechs Stunden ganze 500 HJ-Angehörige mobilisiert werden.337

Am 13. April 1942 leitete der Bezirksführer der Freiwilligen Feuerwehren im Reichsgau Steiermark ein Rundschreiben bezüglich der Uniformierung der HJ-Feuerwehrscharen an den Kommandeur der Feuerschutzpolizei Dipl. Ing. Harder weiter.338 In dem Rundschreiben stand, dass 400 olivgrüne Uniformen für den Reichsgau Steiermark vorgesehen waren.339 Dipl. Ing. Harder schrieb am 15. April an Herrn Dipl. Ing. Wippler zurück, dass man in Graz keine Uniformen benötige, da man die Feuerwehrscharen der HJ schon in ausreichender Menge mit Dienströcken und Hosen in den Farben und Schnitt der Freiwilligen Feuerwehr ausgerüstet habe. 340

333 FSchPol. II, Brief vom 9. Mai 1941 334 dRGBl 1938. I S. 1662. 335 FSchPol. II, Brief vom 1. September 1941 336 FSchPol. II, Abschrift vom 1. November 1941 337 FSchPol. II, Bericht vom 24. Februar 1942 338 FSchPol. II, Schreiben vom 13. April 1942 339 FSchPol. II, Rundschreiben vom 14. April 1942 340 FSchPol. II, Brief vom 15. April 1942 in FSchPol. II 83

DIE HITLERJUGEND UND IHRE FEUERWEHRSCHAREN

Im Mai 1942 wurden weitere HJ-Jungen von der Feuerschutzpolizei Graz zu Schnellkommandos ausgebildet; insgesamt 85 Jugendliche.341 Selbige Ausbildung wiederholte sich für 80 andere HJ-Mitglieder im Alter von 15 bis 17 Jahren vom 29. März bis zum 10. April 1943. Sie meisterten die Ausbildung „gut“.342

Die Mitglieder der HJ-Feuerwehrscharen sollten im September 1943 zum Dienst an die Heimatflak abkommandiert werden. Diese Jungen sollte auf Bitten von Oberstleutnant Harder zurückkommandiert werden, denn man brauchte nach einem großen Fliegeralarm Feuerwehrmänner, wozu auch die HJ-Feuerwehrscharen zu zählen waren. Angehängt wurde dem Schreiben eine Liste mit Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr und der HJ- Feuerwehrscharen der Stadt Graz, die eben zum Löschen benötigt wurden.343

Die Ortsgruppe Stattegg bat die Männer der Grazer Feuerschutzpolizei um die Ausbildung ihrer HJ-Angehörigen. Für die Ausbildung wurde dann ein Ausbildner bereitgestellt der 10 Doppelstunden lang die Ausbildung vorgetragen hat.344

Durch die stark eingesetzten HJ-Feuerwehrscharen mussten diese neben den alltäglichen Entbehrungen auch andere Rückschläge entgegennehmen; so entfiel im Jahr 1944 der „Reichswettkampf der Feuerwehrscharen“ mitsamt der dazugehörigen Vorbereitung und den Gebietswettkämpfen. Wenn man bedenkt mit wieviel Spaß und Einsatz die heutige Feuerwehrjugend bei Wettkämpfen dieser Art dabei ist, war das sicher ein herber Rückschlag für die Jugendlichen, denen die Jugend durch die ständigen Einsätze eigentlich geraubt wurde.345

Am Ende des Archiv-Ordners FSchPol. IV ist noch eine Liste mit den Ausbildungsorten und den Namen der dort ausgebildeten Mitglieder der HJ-Feuerwehrscharen. Jede der Ausbildungsgruppen wurde durch einen Gruppenführer befehligt und hatte noch zwei weitere Maschinisten zur Verfügung. Insgesamt gab es in Graz 13 Ausbildungsgruppen. In einem anschließenden Bericht über zwei Ortsgruppen wird geschrieben, dass ihre Ausbildung am 3. Juli 1944 nach zehn Doppelstunden mit einem befriedigenden Ergebnis beendet wurde wie

341 FSchPol. II, Schreiben vom 19. Mai 1942 342 FSchPol. III, Bericht vom 22. April 1943 343 FSchPol. III, Schreiben vom 17. September 1943 344 FSchPol. IV, Brief vom 8. Mai 1944 345 FSchPol. IV, Telegramm vom 19. August 1944 84

DIE HITLERJUGEND UND IHRE FEUERWEHRSCHAREN auch, dass noch weitere Ausbildungen wöchentlich zwei Mal in den Ortgruppen durchgeführt wurden.346

Während des Krieges sind im gesamten Deutschen Reich rund 300.000 Jugendliche in den HJ-Feuerwehrscharen ausgebildet worden.347 Ohne die Jugendlichen und Frauen wäre das gesamte Feuerlöschsystem wohl total zerbrochen. Man muss den hier tätigen großen Respekt aussprechen, denn sie mussten als Kinder die Arbeit der Erwachsenen übernehmen.

346 FSchPol. IV, Ausbildungsorte 347 SCHNEIDER; Feuerwehr, 185 85

PERSONALSTATISTIK DER FEUERSCHUTZPOLIZEI

8 Personalstatistik der Feuerschutzpolizei

In diesem Kapitel soll ein Überblick des Personalstands der Grazer Feuerschutzpolizei in den Jahren 1938 bis 1945 gegeben werden: Der Personalstand der Grazer Berufsfeuerwehr betrug am 31. Dezember 1938 insgesamt 124 Mann in Uniform, wovon zum damaligen Zeitpunkt zwei Mann im Wehrdienst standen. Im Branddienst standen 116 Mann, zusätzlich waren noch fünf Mann im Feuermelde- und Fernsprechanlagen Instandhaltungsdienst und drei Hydrantenaufseher beschäftigt. Auch waren noch drei Telegrafenbauarbeiter, zwei Hausarbeiter und 4 Hausarbeiterinnen sowie ein Beamter für den Verwaltungsdienst beschäftigt. In diesem Jahr wurden fünf Feuerwehrmänner neu eingestellt, ein Mann wurde pensioniert und ein Offizier schied freiwillig aus. Die Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Graz hatten damals 444 Mann und die 4 Grazer Werksfeuerwehren 111 Mann. Am 12. September 1938 wurde ein Oberfeuerwehrmann wieder eingestellt und zugleich zum Löschmeister befördert, der im Jahre 1935 wegen seiner „nationalen Betätigung“ entlassen wurde.348

Am 31. Dezember 1939 waren 122 Männer im Branddienst, fünf Mann im Feuermelde- und Fernsprechanlagen Instandhaltungsdienst und vier Hydrantenaufseher in der Personalstatistik erfasst, insgesamt also 131 Mann in Uniform. Zwölf Mann standen im Wehrdienst. 1939 wurde kein Feuerwehrmann in den Ruhestand versetzt, aber 13 Männer und ein Hydrantenwärter neu eigestellt. Drei Feuerwehrmänner schieden freiwillig aus dem Dienst aus. Es gab Versetzungen zur Hoheitsverwaltung und zurück: zwei Offiziere, ein Löschmeister, ein Oberfeuerwehrmann wurden von der Feuerschutzpolizei zur Hoheitsverwaltung versetzt. Von dieser wurden auch zwei Bauamtsingenieure zur Dienstleitung der Feuerschutzpolizei versetzt.

Im Jahre 1939 gab es einige Freiwillige Feuerwehrmänner mehr als im Jahr davor, es waren in ganz Groß-Graz 458 Mann. Zählt man die Werkfeuerwehren auch dazu, waren es sogar 574 Mann, die am 31. Dezember 1939 im Freiwilligen Feuerwehrdienst gemeldet waren. Insgesamt hatte Graz 1939 also 705 Feuerwehrmänner die in der Feuerschutzpolizei, den 13 Freiwilligen Feuerwehren (Die FF Engelsdorf fusionierte mit der FF Liebenau) und den vier Werksfeuerwehren (Papierfabrik Andritz, Maschinenfabrik Andritz und in den Brauereien

348 FSchPol I, Verwaltungsbericht 1938 86

PERSONALSTATISTIK DER FEUERSCHUTZPOLIZEI

Puntigam und Reininghaus) gemeldet waren. 61 der Freiwilligen Feuerwehrmänner standen Ende 1939 im Wehrdienst. 349

Der Gesamtstand an uniformierten Männern bei der Feuerschutzpolizei betrug 1940 130 Offiziere und Feuerwehrmänner. Zwei Feuerwehrmänner wurden zur Hoheitsverwaltung, einer zu der Feuerpolizei versetzt und ein Mann wurde neu eingestellt. Fünf Mann waren zum Feuerschutzpolizeiregiment abgeordnet worden und drei weitere standen im Wehrdienst. Die aus den vormals 13 Wehren vereinte Freiwillige Feuerwehr Groß-Graz hatte einen Stand von 400 Feuerwehrmännern, wovon aber 76 ihren Wehrdienst zu leisten hatten.350

Im Jahr 1941 hatte die Feuerschutzpolizei Graz zwei Offiziere, 27 Meister und 86 Wachmeister, also 115 Mann. Außerdem gab es noch 205 Freiwillige Feuerwehrmänner.351 Die Feuerschutzpolizei bestand 1942 aus drei Offizieren, fünf Bez.-Leutnante, 34 Meister und 87 Wachtmeister, also 219 Mann. Die Freiwillige Feuerwehr hatte einen Stand von 216 Mann.352

Für das Jahr 1942 sind leider keine Aufzeichnungen vorhanden.

Der Sollstand der Feuerschutzpolizei Graz betrug am 1. Jänner 1943 131 Mann. Die Freiwillige Feuerwehr hatte einen Sollstand von 216 Mann. Zusätzlich gab es für den Fall eines Großangriffes auf Graz insgesamt vier F- u. E-Bereitschaften353 mit je 103 Mann, die sich aus der Luftschutzpolizei inklusive der Feuerlöschpolizei sowie der Freiwilligen Feuerwehr rekrutierten. Die Bereitschaften hatten je zwei schwere Löschzüge, einen leichten Löschzug und einen Entgiftungszug zur Verfügung. Die Freiwillige Feuerwehr hatte zusätzlich noch 115 Mann als Auffüllkräfte, die aber fast keine einsatzfähigen Geräte zur Verfügung hatten.354 Unter Anbetracht der Dauer des Zweiten Weltkrieges und der generellen Personellen Situation kann auch zu diesem Zeitpunkt schon von einem um einiges geringerem Ist-Stand ausgegangen werden.

349 FSchPol I, Verwaltungsbericht 1939 350 FSchPol I, Verwaltungsbericht für das 1. Vierteljahr 1940 351 FSchPol II, Anlage 1942 352 FSchPol II, Auflistung 353 Feuerlösch- und Entgiftungsbereitschaften 354 FSchPol III, Brief vom 22.Jänner 1943 87

PERSONALSTATISTIK DER FEUERSCHUTZPOLIZEI

Im November 1943 verringerte sich die Zahl auf nur mehr 93 Vollzugsbeamte und zwei Verwaltungsbeamte sowie zwei Angestellte bei der Feuerschutzpolizei. Die Freiwillige Feuerwehr hatte einen Soll-Stand von 216 Mann. 118 Mitglieder waren zur Wehrmacht oder zum auswärtigen Arbeitsdienst einberufen, wobei sieben von ihnen gefallen sind. Zusätzlich gab es noch 35 ausgebildete Hitlerjungen.355

Am 1. Jänner 1944 war der Stellensollstand 134 Männer und 216 Freiwilligen Feuerwehrmänner.356 Der Sollstand des F- und E-Dienstes betrug am 28. Dezember 1944 638 Mann in Graz. Davon waren 61 Offiziere und Unterführer Angehörige der Feuerschutzpolizei Graz sowie 13 Angestellte der Luftschutzpolizei.357

Das Stellensoll im Jahr 1945 betrug 216 Mann der Freiwilligen Feuerwehr und 136 Feuerschutzpolizisten.358 Auch hier ist der Ist-Stand nicht überliefert, er wird aber wohl kleiner als der Sollstand gewesen sein.

355 FSchPol III, Leistungsbericht vom 18. November 1943 356 FSchPol IV, Auflistung 1944 357 FSchPol IV, Schreiben vom 28. Dezember 1944 358 FSchPol IV, Auflistung 1945 88

BRANDSTATISTIKEN

9 Brandstatistiken

Neben den organisatorischen Veränderungen soll auch die eigentliche Aufgabe der Feuerwehr, Brände zu löschen, in dem Zeitraum der Feuerschutzpolizei bearbeitet werden. Es werden die wenigen vorhandenen Aktenstückte über die brandlöschenden Tätigkeiten der Feuerwehr ausgewertet:

Im Jahr 1938 wurde die Berufsfeuerwehr zu 188 Bränden und zu 654 verschiedenen Hilfeleistungen gerufen. Bei den Bränden handelte sich um sechs Großfeuer, 77 Mittelfeuer (z.B. Zimmerfeuer, Kellerfeuer, Werkstättenbrände und Geschäftsbrände) und 52 Kleinfeuer (Rauchfangfeuer, Autobrände und diverse andere Brände). Auch wurden 32 irrtümliche Meldungen sowie 22 „mutwillige Feuermeldungen“, also Fehlmeldungen in der Statistik erfasst.359 Bei den sechs bemerkenswerten Bränden, die in dem Bericht erwähnt wurden, ist der Brand des „Judentempels“ kurz erwähnt, wenn über diesen Brand auch sonst überhaupt nichts berichtet wurde. In der Nacht vom 8. auf den 9. November 1938 fand der Pogrom statt, der oft propagandistisch als „Reichskristallnacht“ begrifflich verharmlost wurde. In Graz wurden die Synagoge und die Aufbahrungshalle in Wetzelsdorf, von SS und SA-Männern nach ihrer Plünderung niedergebrannt (Vgl. Abb. 7).360 Die Feuerwehr war zwar bei dem Brand der Synagoge anwesend, jedoch wurde das Feuer nur daran gehindert auf die angrenzenden Häuser überzugreifen.361 Die Synagoge, bei der die Kuppel einstürzte, brannte vollständig nieder und die übriggebliebene Brandruine wurde sogar gesprengt.362

Abb. 7: Die niedergebrannte Synagoge in Graz363

359 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1938 S. 11 f 360 BINDER, Schicksal, 222. 361 Wobei KNOLL, Polizei, 74. Schreibt, dass die Feuerwehr „offensichtlich zu spät alarmiert wurde“ und deshalb weil sie Teil der Ordnungspolizei war das Feuer nur mehr am Übergreifen hindern sollte. 362 STAUDINGER, Pogromnacht, 49. 363 http://www.maribor-graz.eu/images/1938_lhg_synagoge_gsg1.jpg 89

BRANDSTATISTIKEN

Die Statistik der Hilfeleistungen im Jahr 1938 besagt, dass es in diesem Jahr 23 Menschenrettungen sowie 86 Tierrettungen neben 545 Fällen einer technischen Hilfeleistung (Unfälle, Hochwasserschäden und andere diverse technische Hilfeleistungen) gegeben hat. Es sind in diesem Jahr noch 427 Fälle gemeldet in denen die Berufsfeuerwehr Erste Hilfe geleistet hat.364

Im Jahr darauf, 1939 wurde die Feuerschutzpolizei 680 Mal alarmiert. Sie fuhr zu 224 Bränden (18 Großfeuer, 8 Landfeuer, 123 Mittelfeuer sowie 72 Kleinfeuer) und zu 456 diversen Hilfeleistungen und leistete noch in 452 Fällen Erste Hilfe. Zusätzlich leisteten die Freiwilligen Feuerwehren in 172 Fällen sowie die Werksfeuerwehren in zwölf Fällen Löschhilfe und in 748 Fällen Erste Hilfe und bewältigten ganze 13.910 Unfalls- und Krankenüberführungen. Die Brandfälle wurden wie die Hilfeleistungen in Statistiken nach Monat und Brandursachen sowie Art der Hilfeleistung in dem Verwaltungsbericht genau erfasst. Auch wurden 60 Tierrettungen in dem Jahr durchgeführt. Es gab 25 irrtümliche Meldungen und 38 mutwillige Fehlalarme.365

Im ersten Quartal 1940 musste die Feuerwehr ganze 106 Mal zu Bränden (darunter waren drei Großfeuer) ausrücken und 235 Mal Hilfe leisten (99 Rohrbrüche, 36 Verkehrsunfälle, 16 Eisstauungen, drei Rettungen von Menschen aus Wassernot, sieben Befreiungen von Menschen unter der Straßenbahn, 20 Tierrettungen und 54 weitere technische Hilfeleistungen) und wurde zusätzlich noch zehn Mal mutwillig und zwei Mal irrtümlich gerufen. Die Brände und Hilfeleistungen sind aufgrund der großen Kälte in den ersten Monaten des Jahres 1940 stark angestiegen, so war der Grund für einige Brände z.B. der Versuch Wasserleitungen aufzutauen. Die Freiwillige Feuerwehr leistete zusätzlich noch in 74 Fällen Löschhilfe, in vier technische Hilfe und sie führte ganze 2927 Hilfeleistungen bei Unfällen und Krankentransporten durch. 366

Aus dem Leistungsbericht über das Feuerlöschwesen seit dem 1. September 1939 geht hervor, dass im gesamten Jahr 1940 267 Feueralarme gemeldet wurden, von denen 15 Großfeuer und 124 Mittelfeuer waren. In diesem Jahr wurden noch 680 sonstige Hilfeleistungen durchgeführt.

364 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1938 S. 13 f 365 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1939 S. 16 ff 366 FSchPol. I, Verwaltungsbericht 1940 S. 14 f. 90

BRANDSTATISTIKEN

Aus demselben Bericht gehen auch die Statistiken der Jahre 1941 und 1942 hervor. 1941 gab es insgesamt 285 Feueralarme, wovon 24 Großfeuer und 25 Mittelfeuer waren und 524 sonstige Hilfeleistungen. Ebenso ist zu erwähnen, dass es 1941, und zwar am 6. April ein erster Luftangriff auf Graz, durchgeführt wurde.

Im Jahr 1942 wurden nur 245 Feueralarme und 472 sonstige Hilfeleistungen aufgezeichnet; bei den Feueralarmen waren 25 Großfeuer und acht Mittelfeuer dabei.367

Jahr 1940 1941 1942 Feueralarme gesamt 267 285 245 davon Großfeuer 15 24 25 waren Mittelfeuer 124 25 8 Sonstige Hilfeleistungen 680 524 472

Tabelle: Übersicht der Einsätze von 1940-1942368

Im Frühjahr 1943 hatte die Feuerschutzpolizei mithilfe der Freiwilligen Feuerwehr, der Luftschutzpolizei und der Wehrmacht mit heftigen Waldbränden auf dem Plabutsch und bei der Ruine Gösting sowie auf der Kanzel zu Kämpfen. Die Gründe dieser Brände dürften die langanhaltende Trockenheit gewesen sein, welche immer wieder Bodenbrände verursacht hatte. Leider sind für 1943 keine detaillierten Brandstatistiken wie in den Jahren davor vorhanden.369

In den Jahren 1944 und 1945 fehlen Brandstatistiken der Feuerschutzpolizei. Es kann aber gesagt werden, dass die sich die Einsätze um ein vielfaches, aufgrund der immer häufiger werdenden Bombardierungen von Graz, vermehrten. Brunner schreibt, dass die Feuerschutzpolizei Graz alleine zu 268 Bränden nach Luftangriffen ausrücken musste. Bemerkenswerter ist aber die Zahl der Einsätze die von März 1944 bis April 1945: Ganze 2145-Mal wurde in diesem Zeitraum die Feuerschutzpolizei alarmiert. Der März 1945 war das Monat mit den meisten Einsätzen, es gab alleine in diesem Monat 516 registrierte Einsätze.370 Vom 2. März bis 2. April 1945 findet sich in den Archivmaterialien noch eine

367 FSchPol. III, Leistungsbericht vom 18. November 1943, S. 6 368 FSchPol. III, Leistungsbericht vom 18. November 1943 369 FSchPol. III, Leistungsbericht vom 18. November 1943 S. 7 370 Vgl. BRUNNER, Bomben S. 78 91

BRANDSTATISTIKEN

Auflistung der reinen Brände nach den Fliegerangriffen; dies waren ganze 147.371 Wenn man die immer dünner werdende personelle Situation, sowie die Probleme der Ressourcen und Treibstoffknappheit und die ständigen Fliegerangriffe zu dieser Zeit bedenkt, ist es eine unglaublich hohe Zahl. Eine weitere Auflistung in dem Ordner FSchPol. IV. gibt neben der selben Statistik auch noch die Adressen und Daten von 122 Bränden nach Fliegerangriffen vom 6. April 1941 bis zum 1. März 1945 wieder.372

371 FSchPol. IV, Zusammenstellung der Brände 2.3. – 2.4.1945 372 FSchPol. IV, Schreiben vom 22. November 1945 92

DIE NACHKRIEGSZEIT BIS ZUR GEGENWART

10 Die Nachkriegszeit bis zur Gegenwart

10.1 Die Feuerwehr in Graz nach dem Kriegsende

Die Feuerschutzpolizei löste sich mit Ende des Zweiten Weltkrieges auf. Deshalb wurde das Feuerwehrkommando wieder beim Magistrat Graz eingegliedert. Dieses veröffentlichte in einem Schreiben am 1. Juni 1945 eine Liste mit Namen von ehemaligen Mitgliedern der NSDAP oder ihrer Wehrverbände, die zwischen 1. Juli 1933 und 13. März 1938 bei diesen aktiv waren und die bei der Feuerschutzpolizei Graz tätig waren und nun aufgrund Artikel III, § 14 des Verfassungsgesetzes vom 8. Mai 1945373 entlassen werden mussten.374

Durch das Kriegsende und die durch die Okkupationstheorie angenommene Wiederauferstehung der Republik Österreich verlor auch die Deutsche Gemeindeordnung ihre Wirksamkeit. Dies erfolgte laut dem vorläufigen Gemeindegesetz375 mit Wirksamkeit vom 15. Juli 1945.376 Nun war die Feuerwehr wieder eine Magistratsabteilung, und zwar die Magistratsabteilung 15, „Feuerwehrkommando“. Die Leitung übernahm bis an das Jahresende Ing. Stanke. Die Berufsfeuerwehr Graz stand vor der großen Herausforderung den Brandschutz neu zu organisieren. Es waren so gut wie alle organisatorischen und sachlichen Brandschutzeinrichtungen zerstört wurden und mussten deshalb neu aufgebaut werden. Aber man konnte die totale Zerstörung der Infrastruktur auch positiv sehen, denn so begann man bei dem Wiederaufbau die Organisation nach damals „neuzeitlichen Gesichtspunkten“ Mit der Mur als natürliche Grenze teilte man das Einsatzgebiet in zwei annähernd gleich große Hälften auf.377

Am 25. Oktober schrieb die Berufsfeuerwehr Graz einen Brief an den Magistratsdirektor in dem es um ein ehemaliges Mitglied der Feuerschutzpolizei und NSDAP Mitglied ging. Der Prozess der Entnazifizierung brauchte etwas Zeit, wurde aber so rasch wie möglich durchgezogen.378

373 StGBl.. Nr.13/1945. 374 Vgl. Liste vom 1. Juni 1945 in FSchPol IV 375 VGemG StGBl. Nr. 68/1945. 376 Vgl. MARAUSCHEK, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stadt, 209. 377 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 34 f. 378 Vgl. Brief vom 25. Oktober 1945 in FSchPol IV 93

DIE NACHKRIEGSZEIT BIS ZUR GEGENWART

In den Akten findet sich eine interessante Auflistung über die Einsätze der Feuerschutzpolizei sowie eine Zusammenstellung der Brände nach Fliegerangriffen. Diese sendete das Feuerwehrkommando am 22. November 1945 an das Kommando der Polizei.379 Es wurden alleine in den Jahren 1944/45 218 Brände nach Luftangriffen gelöscht und ganze 2158 Bergungseinsätze wurden durchgeführt. Durch die Luftangriffe starben in Graz 1980 Menschen.380

Im Jänner 1946 schickte der neue Branddirektor Ing. Sigmund Ausobsky an seinen Vorgänger Ing. Stanke, der nun den Vorsitz in dem wiedererrichteten Landesfeuerwehrverband übernommen hatte, eine Auflistung von beschlagnahmten und verschleppten Fahrzeugen und Tragkraftspritzen.381 In dieser Liste wurden die von der Roten Armee beschlagnahmten (in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 marschierten die sowjetischen Truppen in Graz ein382) Tragkraftspritzen und Fahrzeuge der Berufsfeuerwehr Graz sowie die „Reichseigenen“ beschlagnahmten Fahrzeuge und Tragkraftspritzen aufgelistet. Die „Reichseigenen“ waren insgesamt 44 Fahrzeuge und 6 Tragkraftspritzen. Von den Beständen der Berufsfeuerwehr Graz wurden elf Spritzen der Firma Rosenbauer und fünf der Firma Flader, sowie insgesamt 20 gemeindeeigene Fahrzeuge beschlagnahmt. Neben den fehlenden Löschgeräten waren auch noch die Haupt- und die Wache Ost zerstört worden. Es gab auch keine Freiwillige Feuerwehr mehr in Graz, die Feuerwehr stand also vor einem großen Einsatzgebiet und ohne Wachen. Die beiden ehemaligen Stützpunkte der Freiwilligen Feuerwehr in Eggenberg und Kroisbach wurden in den Jahren 1946 und 1950 als ergänzende Wachen in Betrieb genommen um den dicht verbauten Westen und den flächenreichen Osten auch bei Bränden schnell schützen zu können.

Die Wiederaufbau- und Renovierungsarbeiten wurden von den Feuerwehrmännern in Eigenregie durchgeführt. Sie erledigten etwa die Tischlerarbeiten und die Bauarbeiten mit Material aus den Bombenruinen. Ebenso begannen die Männer sich aus den zur Verfügung stehenden Fahrzeugen selbst Feuerwehrautos zusammenzuspengeln. Dafür bauten sie halbe Wracks in den Feuerwehrwerkstätte zu Löschfahrzeugen um, es wurden Karosserie- Aufbauten für Sonderfahrzeuge wie Schlauchwägen und Kranwägen in den eigenen

379 Vgl. Liste vom 22. November 1945 in FSchPol IV 380 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 46. 381 Vgl. Schreiben vom 23. Jänner 1946 in Der Hoheitsträger 1939 382 BRUNNER, Bomben, 394. 94

DIE NACHKRIEGSZEIT BIS ZUR GEGENWART

Werkstätten hergestellt, solche Fahrzeuge wären damals überhaupt nicht zu bekommen gewesen.383 Bei diesen Arbeiten war auch mein Großvater, Hans Kirnich, tätig.

Auch das Grazer Brandmeldenetz, das zu dieser Zeit schon eine Gesamtlänge von ca. 116 km hatte, war durch die massiven Luftangriffe zu etwa 80 % zerstört. Man begann im Jahr 1950 mit dem Bau einer neuzeitlichen „Alarmkommadoanlage“, also einer Brandmeldezentrale. Im Zuge dieser Bauarbeiten wurde auch die Alarmierung im Haus der Hauptfeuerwache modernisiert, in allen Räumen wurden Lautsprecher für die Alarmdurchsagen installiert. Durch den Präsidialerlass 19/11 vom 8. April 1949 wurde die Feuerwehr der Stadt Graz eine „Anstalt der Hoheitsverwaltung“ deren Belange im Stadtsenat durch einen städtischen Referenten wahrgenommen werden. Die Berufsfeuerwehr der Stadt Graz ist in einer zuständigen Magistratsabteilung erfasst und die strukturellen Grundlagen für die Geschäftsführung und ihren Einsatzdienst sind von nun an in einem Organisationshandbuch festgehalten.

Im Jahr 1950 wurde die Feuerlöschordnung von 1856384 aufgehoben und durch das Landesfeuerwehrgesetz385 ersetzt.386

10.2 Die Entwicklung bis heute

Im Jahr 1958 wurde ein Sendemast von der Post am Schlossberg übernommen, welcher der Feuerwehr Graz als eine der ersten Feuerwehren in Österreich eine Sprechfunkanlage zur Verfügung stellte, welche die Koordinierung bei Brandeinsätzen und dem technischen Hilfeleistungsdienst erleichterte.

1968 wurde Dipl. Ing. Friedrich Schweigler der neue Branddirektor der Feuerwehr der Stadt Graz. Er wollte gleich zu Beginn ein ehrgeiziges Projekt realisieren, den Neubau der Zentralfeuerwache am Lendplatz. Dieser Neubau sollte in vier Etappen zwischen 1968 und 1981 erfolgen. Zuerst sollte der Verwaltungstrakt, die Brandmeldezentrale und die Garagen (1. Teil) und der Mannschaftstrakt, später die Werkstätten mit den Katastrophenschutzanlagen

383 Vgl. Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.), 100 Jahre Feuerwehr, 38. 384 LRegBl II/5 idF LGBl 1921/142 385 LGBl 1950/44 386 Vgl. SCHELLAUF - SCHRANK, Feuerwehr, 370 f. 95

DIE NACHKRIEGSZEIT BIS ZUR GEGENWART und Garagen (2. Teil) errichtet werden. Am 24. September 1968 erfolgte der Spatenstich für den Neubau der Hauptfeuerwache. Der nördliche Teil der alten Feuerwache musste dafür vom feuerwehreigenen Sprengmeister gesprengt werden.387

Abb. 8: Neubau der Zentralfeuerwache am Lendplatz388

Die Feuerwehr der Stadt Graz bekommt im Jahr 1981 einen neuen Branddirektor, Dr. Otto Widetschek. Unter diesem war im Jahr 1985 die Brandmeldezentrale der Feuerwehr mit 453 Hauptbrandmeldeanlagen und 300 Nebenmeldeanlagen sowie 22.500 Nebenmelder verbunden, die eine Früherkennung von Bränden in allen Grazer Krankenhäusern und den größeren Industriebetrieben ermöglichen sollten. Die Brandmeldezentrale ist seitdem rund um die Uhr mit zwei Telefonisten besetzt und es werden bis heute alle eingehenden Anrufe zur Beweissicherung auf einem Tonbandsystem gesichert.

Im Dienstpostenplan 1985 waren für die Feuerwehr der Stadt Graz 244 Dienstposten vorgesehen. Diese waren alle, abgesehen von den Ausfällen, durch laufende Pensionsverfahren, besetzt. Der größte Teil des Personals, ganze 217 Mann, ist im Branddienst tätig, 11 Mann sind der Nachrichtenabteilung zugeteilt und 16 Personen sind im Bereich der Verwaltung und sonstiger Dienstleistungen eingesetzt.389

387 Vgl. TREFFER, Feuerwehrbuch, 120 f. 388 SCHELLAUF - SCHRANK, Feuerwehr, 371. 389 Vgl. SCHELLAUF - SCHRANK, Feuerwehr, 371 f. 96

DIE NACHKRIEGSZEIT BIS ZUR GEGENWART

Am 19. Oktober 1995 wurde der Feuerwehr durch den Gemeinderat die bauliche Erweiterung und technische Erneuerung der Brandmeldeanlage genehmigt. Die Umbauarbeiten wurden mit der Eröffnung der Brandmeldezentrale am 30 April 1997 beendet.

Im Jahr 1996 wurde Dr. Otto Meisenberger der neue Branddirektor der Feuerwehr der Stadt Graz. Unter ihm wurde weitgehend gewährleistet, dass jeder Punkt des Stadtgebietes innerhalb von 10 Minuten bei einem Alarm erreicht werden konnte. Tagsüber sind die Männer in 30 Sekunden, nachts innerhalb von 60 Sekunden einsatzbereit. Der von der Feuerwehr der Stadt Graz abgedeckte Schutzbereich ist 146 km2 groß und umfasst neben dem Stadtgebiet auch noch die Gemeinde Thal und den Plabutschtunnel. In diesem Schutzbereich leben über 260.000 Menschen und zusätzlich arbeiten hier 70.000 Pendler.

Im Jahr 2003 feierte die Berufsfeuerwehr Graz ihr 150jähriges Bestehen. In diesem Jahr, am 18. September fasste der Grazer Gemeinderat den Beschluss die Feuerwehr der Stadt Graz zukünftig in eine neue Abteilung namens „Katastrophenschutz und Feuerwehr“ umzuorganisieren.

2007 wurde bei der Berufsfeuerwehr durch eine Unternehmensberatung eine Studie erstellt die eine Optimierung der Abdeckung des Grazer Stadtgebietes anhand einer Reduzierung auf drei Wachen vorsah. Die Wachen Eggenberg und Kroisbach sollten schließen und eine neue „Wache-Süd“ eröffnet werden. Die Umsetzung geschah bereits im Jahr 2008; am 1. Juli eröffnete die Feuerwache Süd in der Alten-Post-Straße. Ebenfalls wurde 2008, und zwar am 19. November im Sitzungssaal des Rathauses die Neugründung der Grazer Freiwilligen Feuerwehr durchgeführt. Die Mitglieder wurden in der aufgelassenen Wache Kroisbach und zum Teil in der Wache Süd untergebracht.

Die Berufsfeuerwehr Graz verfügt über 70 Fahrzeuge mit denen sie für alle möglichen Arten von Einsätzen gerüstet ist. Alleine im Jahr 2011 wurden 5929 Einsätze verzeichnet bei denen 585 Menschenleben gerettet wurden. Dazu zählten auch sechs Einsätze im Plabutschtunnel und 1238 Einsätze der Tierrettung.390 Die Freiwillige Feuerwehr Graz leistete 2011 140 technische Einsätze, 14 Brandeinsätze und 222 Brandsicherheitswachen.391

390 Vgl. Feuerwehrstatistik der Landeshauptstadt Graz, 3. 391 Vgl. Feuerwehrstatistik der Landeshauptstadt Graz, 45. 97

DIE NACHKRIEGSZEIT BIS ZUR GEGENWART

Heute beträgt der Mannschaftstand der Berufsfeuerwehr Graz 211 Mann und acht Offiziere inklusive dem Branddirektor, wobei immer mindestens 60 Mann täglich ihren 24-Stunden Dienst versehen. In ihren Tätigkeitsbereich fallen alle Arten von Brand- und Katastrophenschutz. Um eine Übersicht über den breit gefächerten Aufgabenbereich der Berufsfeuerwehr der Stadt Graz zu bekommen soll die Abb. 10 helfen. Das Organigramm verdeutlicht, dass die Berufsfeuerwehr eine auf allen Ebenen ausgebildete Organisation ist, deren Kernaufgabe es ist die Sicherheit der GrazerInnen zu gewährleisten.

Abb. 9: Organigramm der Berufsfeuerwehr Graz, Stand 13.2.2012

98

ZUSAMMENFASSUNG

Zusammenfassung

Schon im alten Rom wurde es als notwendig erachtet ein geordnetes Feuerwesen zu haben. Die „Vigiles“, also die Wächter gelten heute als erste Berufsfeuerwehr der Welt. Es waren bis zu 7000 Freigelassene, die in sieben Kohorten aufgeteilt waren und die jeweils für zwei der 14 damaligen römischen Stadtbezirke zuständig waren. Sie patrouillierten bei Nacht durch die Straßen und hatten schon erste Löschwerkzeuge zur Verfügung. Nach ihrem Vorbild wurden auch in den römischen Provinzen Feuerwehren aufgestellt.

Zu Beginn des Mittelalters verschwand dann die organisierte Brandbekämpfung wieder. Erst als im 13. Jahrhundert langsam wieder Städte entstanden, bemerkte man, dass man dem Feuer am besten kollektiv Herr wird. Mit Nachbarschaftshilfe wurde gegen aufkommende Feuer gekämpft und so wurden auch die unterstützt, denen alles durch einen Brand genommen wurde. Eine Organisation bei Brandkatastrophen wurde notwendig und die ersten Löschordnungen wurden erlassen und die Brandbekämpfung an die Zünfte und Gilden übertragen.

Ab Mitte des 16. Jahrhundert wurden „Nacht- oder Turmwächter“ eingesetzt um die Bevölkerung auf Brände hinzuweisen. Die Bürger mussten Löschgeräte in ihren Häusern haben um bei einem Brand mithelfen zu können. Hart bestraft wurden diejenigen die Feuer legten, oder bei einem Brand zu plündern begannen, darauf galt die Todesstrafe.

Langsam wurden flächendeckend Feuerordnungen erlassen, die teilweise sogar bis in das 20. Jahrhundert gültig blieben. Aufgrund eines neuen Gesetzes über das Vereinsrecht konnten ab 1867 Freiwillige Feuerwehren als Vereine gegründet. Neue Landesverbände halfen das Verhältnis Gemeinde-Feuerwehr klarzustellen und ermöglichten neue Feuerwehrgesetze.

Die früher in Graz zur Brandbekämpfung eingesetzten Hilfsscharen wurden ab dem 15. Juni 1853 durch das „Städtischen Pompierkorps“ ersetzt. Dieser Tag gilt als Gründungstag der Grazer Berufsfeuerwehr, die anfangs aus nur 14 Mann bestand. 1862 wurde dann die Freiwillige Feuerwehr des Deutschen Turnvereins gegründet, die sich aber schon 1884 von diesem loslöste und sich in „Grazer Freiwillige Feuerwehr“ umbenannte. Ab 1895 war die

99

ZUSAMMENFASSUNG

Berufsfeuerwehr eine Abteilung des Bauamtes. Seit 1909 bildeten Freiwillige- und Berufsfeuerwehr dann die Gesamtfeuerwehr.

Durch den Ersten Weltkrieg stand das moderne Feuerwehrwesen vor einer ersten großen Herausforderung. Schon bis zum Jahresende 1914 wurden mehr als die Hälfte der Feuerwehrmänner eingezogen. Frauen und Jugendliche über 14 Jahren mussten in der Heimat den Branddienst übernehmen.

Als der Erste Weltkrieg zu Ende war, stand auch die Feuerwehr vor einem Neuanfang. Es waren kaum Männer und Pferde zum Ziehen der Einsatzfahrzeuge sowie Pumpen zum Löschen vorhanden. Die Motorisierung lief zwar langsam an, doch durch die hohe Inflation waren anfangs die Fahrzeuge kaum finanzierbar.

Die allgemeine Situation in Graz kurz vor und nach dem „Anschluss“ an das Deutsche Reich hatten auch Folgen für das Feuerlöschwesen. Durch die Einführung der Deutschen Gemeindeordnung wurde das „Führerprinzip“ nach Graz gebracht, und es wurde die Basis für weitere Veränderungen im Feuerlöschwesen gelegt.

Als 1938 die Grazer Nachbarsgemeinden eingemeindet wurden, fielen auch die Freiwilligen Feuerwehren der ehemaligen Gemeinden unter die Zuständigkeit der Grazer Feuerwehr. Eine Vereinheitlichung des Feuerlöschwesens im gesamten Deutschen Reich folgte durch das Gesetz über das Feuerlöschwesen. Die Feuerlöschpolizei ersetzte die städtische Feuerwehr und gliederte sich, wie auch die Freiwillige Feuerwehren in die Ordnungspolizei ein. Die Männer der Feuerwehr hatten einen Eid auf Adolf Hitler zu leisten, zusätzlich wurden Hakenkreuz-Armbinden für sie angeschafft.

Auch das Löschwesen in Graz wurde neu organisiert, zuerst aufgrund eines eigens erstellten Entwurfes, und daraufhin durch die Einführung des Gesetzes über das Feuerlöschwesen. Dadurch wurden nützliche Neuerungen, wie die einheitliche Verwendung von Schlauch- Kupplungsrohren oder eine Modernisierung des Fuhrparks ermöglicht. Von nun an sollte es neue Standards bei der Ausbildung geben, ein sogenannter Einheitsfeuerwehrmann wurde in allen Positionen geschult und musste in diesen einsatzfähig sein.

100

ZUSAMMENFASSUNG

Die Einführung der Feuerschutzsteuer brachte neue finanzielle Mittel in die Stadtkassa, die der Feuerschutzpolizei zugutekamen. Der Zweite Weltkrieg dünnte aber auch langsam die Mannschaftsstärke der Feuerschutzpolizei aus. Alle Männer hatten eine vollzugspolizeiliche Grundausbildung zu absolvieren, bei der sich auch den Umgang mit Waffen erlernen mussten.

Die Freiwilligen Feuerwehren waren eine „technische Hilfspolizeitruppe“ geworden. Durch die Schaffung von Groß-Graz wurden vormals 13 eigeständige Freiwillige Feuerwehren zu Einer vereint.

Selbst die Werkfeuerwehren wurden während dem Krieg besichtigt und auf ihre Einsetzbarkeit außerhalb ihrer Betriebe geprüft.

Die Feuerschutzpolizei hatte auch den Luftschutz zu regeln. Dies begann ganz harmlos mit der Vereinheitlichung aller Hydrantenanschlüsse. Durch den Zweiten Weltkrieg wurden der Aufgabenbereich des Luftschutzes immer größer. Anfänglich wurden nur Luftschutzbesprechungen und Übungen abgehalten. Bald mussten sogenannte Schnellkommandos erstellt werden, die bei einem Luftangriff die Bomben unschädlich machen sollten. Andere neu geründet Einheiten waren der Sicherheits- und Hilfsdienst und die Feuerlösch- und Entgiftungsbereitschaften, welche zur Luftschutzpolizei zusammengefasst werden sollten. Diese Einheit konnte GrazerInnen zwischen 15 und 70 Jahre bei öffentlichen Notständen vorübergehend einberufen.

Bis zum Kriegsende sollte es in Graz sechs F- und E-Bereitschaften geben, die neben den Bombardierungen bei anderen Feuer- und Elementarschäden zuständig waren und auch eine gefechtsmäßige Ausbildung absolvieren mussten.

Selbst Frauen wurden in den Feuerlöschdienst einberufen. Ab Mitte 1943 wurden sie immer häufiger in vormaligen Männerdomänen benötigt, darunter war der Branddienst. Eigene Grundausbildungen fanden bei der Hauptwache der Feuerschutzpolizei statt, wo man den Frauen das Rüstzeug zum Feuerlöschen beibrachte. Anfänglich meldeten sich die hilfsbereiten Frauen noch freiwillig, doch bald wurden auch sie zwangsverpflichtet. Sie hatten sogar an der Schießausbildung teilzunehmen.

101

ZUSAMMENFASSUNG

Die Hitlerjungen ab 15 Jahren wurden in Graz zum Zwecke der Brandbekämpfung und der Hilfe bei Naturkatastrophen in 13 Gruppen ausgebildet. So konnten schon eine Stunde nach der Meldung einer Katastrophe rund 100 HJ Angehörige mobilisiert werden. Sie hatten für ihren Dienst extra Uniformen in Farbe und Schnitt der Freiwilligen Feuerwehr bekommen. Sowohl den Frauen als auch den Hitlerjungen im Feuerlöscheinsatz ist ein großes Lob für ihre Aufopferungsbereitschaft und ihren Fleiß auszusprechen.

Soweit die Akten dazu Informationen preisgaben ist noch eine Personalstatistik für die Jahre 1938 bis 1945 zusammengestellt worden. Auch bei der Feuerschutzpolizei wurden die Männer gegen Ende des Zweiten Weltkrieges immer weniger, was die Leistungen der damals Tätigen als noch höher erscheinen lassen soll.

Ebenso wird, soweit dies möglich ist, eine Übersicht über die Zahl der zu bewältigenden Brände und der anderen Einsätze gegeben. Hier werden Brände wie der der Synagoge Graz dargestellt, die eine größere Aufmerksamkeit, auch nach Kriegsende verdient haben.

Aber auch zu der Zeit nach dem Kriegsende, als das Feuerwehrkommando der Stadt Graz wieder beim Magistrat eingegliedert wurde wird berichtet. Da das gesamte Brandschutzsystem in Graz durch den Krieg vollkommen zerstört worden war, musste dieses von Grund auf neu aufgebaut werden. Davor mussten aber noch ehemalige Mitglieder der NSDAP, oder ihrer Wehrverbände aus der Organisation der Feuerwehr für immer ausgeschlossen werden.

Dieser Neuaufbau stellte die Männer der Feuerwehr der Stadt Graz aber vor einige Schwierigkeiten, denn es waren nicht nur die Haupt- und die Wache Ost, sowie das Brandmeldesystem durch die Luftbombardierung zerstört, sondern war auch fast der gesamte Fuhrpark durch die Rote Armee beschlagnahmt worden. In Eigenregie bauten die Männer die Wachen und das Brandmeldesystem wieder auf und sie stellten eigene Fahrzeuge aus Wracks her. Dabei half auch mein Großvater mit, dem diese Arbeit gewidmet ist.

Zum Abschluss werden noch die Entwicklungen der Feuerwehr der Stadt Graz bis zum heutigen Tag dokumentiert.

102

QUELLEN UND LITERATURVERZEICHNIS

Quellen und Literaturverzeichnis

Archivalische Quellen

Privatarchiv Klaus Dieter SCHELLAUF: (Graz)

Der Hoheitsträger 1939 FSchPol. I: 1938, 1939, 1940 FSchPol. II: 1941, 1942 FSchPol. III: 1943 FSchPol. IV: 1944, 1945

Gedruckte Quellen und Literatur

BALTL, Hermann - KOCHER, Gernot: Österreichische Rechtsgeschichte. Unter Einschluss sozial und wirtschaftsgeschichtlicher Grundzüge. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 11., erg. Auflage. Graz, 2008 BINDER, Dieter A.: Das Schicksal der Grazer Juden 1938 In: Stadt Graz (Hg.): Historisches Jahrbuch der Stadt Graz Band 18/19. Graz 1988 S. 203 - 228 BRUNNER, Meinhard: Allgemeine politische und soziale Entwicklung von Graz 1850 bis 2003 In Geschichte der Stadt Graz: Band I Lebensraum – Stadt – Verwaltung, Graz 2003, S. 215 - 310 BRUNNER, Walter: Bomben auf Graz, Graz 1989 BRUNNER, Walter: (Hg.): Geschichte der Stadt Graz: Band I Lebensraum – Stadt – Verwaltung, Graz 2003 BRUNNER, Walter (Hg.): Geschichte der Stadt Graz: Band 4, Stadtlexikon, Graz 2003 FESTL, Harald: Das Recht der Feuerwehr, Wien 1995 (Juristische Schriften Band 85) Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.): 100 Jahre Feuerwehr der Stadt Graz, Graz 1953 Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.): 150 Jahre Berufsfeuerwehr Graz, Graz 2003 Feuerwehrstatistik der Landeshauptstadt Graz, Stand 1.1.2012, Graz 2011 103

QUELLEN UND LITERATURVERZEICHNIS

GEBHARDT, Helmut: Die Gendarmerie in der Steiermark von 1850 bis Heute, Graz 1997 HAMMER, Elke: Die Entwicklungen der Feuerversicherung in Österreich In: Amt der Burgenländischen Landesregierung Abteilung 7 (Hg.): FEUERwehr gestern und heute. Katalog der Burgenländischen Landessonderausstellung 1998, Eisenstadt 1998 S. 291 – 300 HOLAUBECK, Josef: Die Österreichischen Feuerwehr: ihre Geschichte und ihre Helden, Wien 1979 KARNER, Stefan: Die Steiermark im Dritten Reich 1938 – 1945, 3. Auflage, Graz 1994 KAUS, Karl: Feuerwehren im römischen Pannonien In: Amt der Burgenländischen Landesregierung Abteilung 7 (Hg.): FEUERwehr gestern und heute. Katalog der Burgenländischen Landessonderausstellung 1998, Eisenstadt 1998 S. 67 - 73 KNOLL, Harald: Die Grazer Polizei Zwischen 1938 und 1945. Mit besonderer Berücksichtigung der Geschichte der Ordnungspolizei im Dritten Reich Graz 1991 LAFER, Renate: Der Centonarienverein von Flavia Solva und die „Freiwillige Feuerwehr“ im Westteil des Imperiums Romanum In: KRENN Elisabeth - SCHACHINGER Ursula (Hg.): Neue Forschungen aus Flavia Solva, Graz 2003 S.83 – 104 MARAUSCHEK, Gerhard, Die Schaffung von Groß-Graz im Jahre 1938 und Ihre Vorgeschichte In: Stadt Graz (Hg.): Historisches Jahrbuch der Stadt Graz Band 18/19. Graz 1988 S.307 - 334 MARAUSCHEK, Gerhard, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stadt Graz 1784 bis 2003 S. In BRUNNER, Walter: (Hg.): Geschichte der Stadt Graz: Band I Lebensraum – Stadt – Verwaltung, Graz 2003 S.189 – 214 MÜLLER, H. G.: Das Feuerwehrwesen von 1938 bis 1945 In: Österreichsicher Bundesfeuerwehrverband (Hg.): 120 Jahre österreichischer Berufsfeuerwehrverband, Wien 2010 S.89-94 PFEIFER, Helfried: Die Ostmark: Eingliederung und Neugestaltung; historisch-systematische Gesetzessammlung nach dem Stande vom 14. April 1941, Wien 1941 PÖLZL, Alfred: Historische Entwicklung der Feuerpolizei In: Feuerwehr der Stadt Graz (Hg.) 150 Jahre Berufsfeuerwehr Graz, Graz 2003 S. 180-181 PREUßE, Fritz: Das Feuerlöschwesen auf neuer Grundlage: unter besonderer Berücksichtigung der Freiwilligen Feuerwehren, der Pflichtfeuerwehren und der Werksfeuerwehren sowie der einschlägigen Gesetze, 2.,erg. Aufl. Berlin 1941 PRICKLER, Harald: Brandschutz und Feuerwehr im Ländlichen Raum vom Spätmittelalter bis zu Beginn des Versicherungswesens In: Amt der Burgenländischen Landesregierung

104

QUELLEN UND LITERATURVERZEICHNIS

Abteilung 7 (Hg.): FEUERwehr gestern und heute. Katalog der Burgenländischen Landessonderausstellung 1998, Eisenstadt 1998 S. 79 - 89 REISINGER, Nikolaus: Feuergefahren in der Mittelalterlichen und Frühneuzeitlichen Stadt In: Amt der Burgenländischen Landesregierung Abteilung 7 (Hg.): FEUERwehr gestern und heute. Katalog der Burgenländischen Landessonderausstellung 1998, Eisenstadt 1998 S. 91 – 99 REISMANN, Bernhardt: Das Feuerwehrwesen in der österreichischen Reichshälfte der Habsburgermonarchie In: Amt der Burgenländischen Landesregierung Abteilung 7 (Hg.): FEUERwehr gestern und heute. Katalog der Burgenländischen Landessonderausstellung 1998, Eisenstadt 1998 S. 103 - 133 REISMANN, Bernhard A.: Feuerwehrchronik Steiermark In: Amt der Burgenländischen Landesregierung Abteilung 7 (Hg.): FEUERwehr gestern und heute. Katalog der Burgenländischen Landessonderausstellung 1998, Eisenstadt 1998 S. 253 – 259 SCHELLAUF, Klaus Dieter - SCHRANK, Rupert, Die Feuerwehr der Stadt Graz. In: Internationale Arbeitsgemeinschaft für Feuerwehr- und Brandschutzgeschichte im CTIF (Hg.) Tagungsband 2012. Priyslav 2012 S.365 - 372 SCHINNERL, Adolf: Deutsch-Österreichische Feuerwehrbeziehungen 1860 bis 1936 In: Österreichsicher Bundesfeuerwehrverband (Hg.): 120 Jahre österreichischer Berufsfeuerwehrverband, Wien 2010 S. 39 – 49 SCHINNERL, Adolf: Die Ersten Feuerwehren In: Österreichsicher Bundesfeuerwehrverband (Hg.): 120 Jahre Österreichischer Berufsfeuerwehrverband, Wien 2010 S. 23-38 SCHINNERL, Adolf: Verbandsgeschichte von den Anfängen bis 1938. In: Österreichsicher Bundesfeuerwehrverband (Hg.): 120 Jahre Österreichischer Berufsfeuerwehrverband, Wien 2010 S. 50 - 75 SCHNEIDER, Felix: Die Feuerwehr in der „Ostmark“ im Dritten Reich – Organisation und Aufgabenstellung 1938 – 1945. In: Amt der Burgenländischen Landesregierung Abteilung 7 (Hg.): FEUERwehr gestern und heute. Katalog der Burgenländischen Landessonderausstellung 1998, Eisenstadt 1998. S. 183 – 188 STANKE, Peter: Österreichisches Feuerwehrbuch. Wien 1952 STAUDINGER, Eduard: Die Pogromnacht vom 9./10. November 1938 in Graz In: SCHMIED Kurt – STREIBEL Robert: Der Pogrom 1938 Judenverfolgung in Österreich und Deutschland Wien 1990 S. 42 - 50 TREFFER, Günter: Das Grosse Steirische Feuerwehrbuch. Graz 1984 WALLAT, Kurt: Sequitur clades – Die Vigiles im antiken Rom. Frankfurt am Main 2004

105

QUELLEN UND LITERATURVERZEICHNIS

WIMMER, Kurt: Damals, 1938 Grazer Zeitgenossen erinnern sich, Graz 1988 ZEILMAYR, Alfred: Das Löschwesen vor den Feuerwehren In: Österreichsicher Bundesfeuerwehrverband (Hg.): 120 Jahre österreichischer Berufsfeuerwehrverband, Wien 2010 S. 13 – 22

Internetquellenverzeichnis http://www.tomberger.net/bsv/Publikationen/Briefmarke_09_2005.pdf (25.02.2013) http://www.doew.at/service/ausstellung/1938/2/2_3.html (25.02.2013) http://www.maribor-graz.eu/images/1938_lhg_synagoge_gsg1.jpg (25.02.2013)

106

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Römerstein ...... 12 Abb. 2: Drehleiter 1923 ...... 33 Abb. 3: Entfernung des Dollfuß Denkmals am 12. März 1938 ...... 38 Abb. 4: links die Feuerschutzpolizeiuniform 1940 sowie die alte Feuerwehruniform rechts .. 51 Abb. 5: Feuermeldezentrale der Feuerschutzpolizei Graz 1940 ...... 52 Abb. 6: Heranziehung zum langfristigen Notdienst ...... 81 Abb. 7: Die niedergebrannte Synagoge in Graz ...... 89 Abb. 8: Neubau der Zentralfeuerwache am Lendplatz ...... 96 Abb. 9: Organigramm der Berufsfeuerwehr Graz, Stand 13.2.2012 ...... 98

107

ANHANG

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung ABl. Amtsblatt der Stadt Graz Abt. Abteilung Art Artikel AVG Allgemeines Verwaltungsgesetz Az. Aktenzeichen Bez.-Leutnant Bezirksleutnant BGBl Bundesgesetzblatt bzw. Beziehungsweise DGO Deutsche Gemeindeordnung Dipl. Ing. Diplom Ingenieur Dr. Doktor dRGBl deutsches Reichsgesetzblatt DVO Durchführungsverordnung Ebd. Ebendort f bezeichnete und folgende Seite ff bezeichnete und die folgenden Seiten F- und E-Dienst Feuerlösch- und Entgiftungsdienst FSchPol. Feuerschutzpolizei F- und E-Bereitschaft Feuerlösch- und Entgiftungsbereitschaft gem. Gemäß ha Hektar Hg. Herausgeber HJ Hitlerjugend HSSPF Höheren SS- und Polizeiführer idF in der Fassung Ing. Ingenieur Jhdt. Jahrhundert leg. cit. legis citatae (der zitierten Vorschrift) LGBl Landesgesetzblatt

108

ANHANG

LRegBl Landesregierungsgesetzblatt LSP Luftschutzpolizei Nr. Nummer NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei RdErlaß Runderlass RFSSuChdDtPol. Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei RGBl Reichsgesetzblatt RMdI Reichministerium des Inneren S. Seite SA Sturmabteilung SS StGBl. Staatsgesetzblatt VGemG Vorläufiges Gemeindegesetz ÜG Übergangsgesetz v.Chr. vor Christi Geburt Vgl. Vergleiche z. B. zum Beispiel Zif. Ziffer

109