Offizielles Organ für die Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund 3/2012 Mai/Juni

Der neue DFB-Präsident am Tag seiner Wahl mit , dem Vorsitzenden der DFB-Schiedsrichter-Kommission.

Titelthema Momentaufnahme Lehrwesen Porträt DFB-Präsidenten Ein Foto und Immer wichtiger: Norbert Postberg: und Schiedsrichter: seine Geschichte: Mit Prävention Er sammelt alles Schon immer eine Was war da los, die Gesundheit der über unsere Top- enge Verbindung Sönke Glindemann? Spieler schützen Schiedsrichter Editorial Inhalt

Liebe Leserinnen und Leser! Mannschaft in Unterzahl kaum die gewünsch- ten Ziele erreichen kann. Und der Täter mit „Die Häufigkeit der Verletzungen gibt uns zu einer längeren Sperre rechnen muss. denken. Das dürfen wir nicht ignorieren und müssen es im Auge behalten.“ Zur Lösung des Ellenbogen-Problems gehört aber auch die Unterstützung der Trainer und Mit diesen Worten wurde ich vor wenigen Manager unserer Klubs. Schläge ins Gesicht Wochen in den Medien zitiert. Diese Aussage oder auch Ohrfeigen zu verharmlosen und hat heute mehr denn je Gültigkeit. Während stattdessen die Entscheidungen des Schieds- die gesundheitsgefährdende Grätsche von hin- richters zu kritisieren, ist zwar in Mode, führt ten in die Beine des Gegenspielers hinein nur aber in eine Sackgasse. Denn im nächsten noch selten in unseren Stadien zu sehen ist, Spiel kann man schon selbst betroffen sein. hat die Zahl der schweren Kopfverletzungen Zum Fair Play zählt für uns auch das öffentli- nach Zweikämpfen in den letzten Monaten wei- che Auftreten nach hart umkämpften Spielen – ter zugenommen. auf beiden Seiten. Deswegen wollen wir in der Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Das Schiedsrichter-Führung klare Fehler auch als immer höhere Tempo des Spiels, die größere Fehler bezeichnen. Unsere Schiedsrichter sol- Titelthema Schiedsrichter und Präsidenten – Das Problem eine enge Verbindung Ein historischer Blick nach der Wahl Ellenbogen von Wolfgang Niersbach 4 Panorama 8 Herbert Fandel, Athletik der Spieler, der wachsende Druck auf Vorsitzender die Akteure und der Kampf um den Auf- oder der DFB- Momentaufnahme gegen den Abstieg gehören sicher ebenso Schiedsrichter- Was war da los, Sönke Glindemann? dazu, wie die eine oder andere fahrlässige, Kommission. Ein Foto und seine Geschichte 11 vielleicht sogar bewusste Aktion eines Spie- len in eindeutigen Fällen offen dazu stehen lers, der seinem Gegner den Ellenbogen ohne Porträt und diese zugeben. Strittige Entscheidungen „Rücksicht auf Verluste“ ins Gesicht schlägt. gehören allerdings nicht in diesen Bereich. Der Sammler aus Waldbrunn Natürlich kommt bei der Analyse dieser Ent- Wenn es schon unterschiedliche Meinungen zu Das ungewöhnliche Hobby von Norbert Postberg 13 wicklung schnell die Frage auf: Was tun? Die einer Entscheidung gibt, dann muss die Regel-Test Antwort ist nicht einfach. Ansicht des Spielleiters maßgeblich unter- stützt werden. Wenn der Ball platzt 15 Klar ist eines: Es gibt nur sehr wenige Spieler, die ihren Gegenspieler ganz bewusst mit *** Lehrwesen einem Ellenbogenschlag außer Gefecht setzen Vor wenigen Wochen wurde Wolfgang Niers- Vorbeugen ist besser als verletzen wollen. Diese Spieler kompromisslos aus dem bach zum Präsidenten des Deutschen Fußball- Präventives Verhalten ist wichtig 16 Verkehr zu ziehen und für längere Zeit vom Bundes gewählt. Auch weil man sich über viele Fußball auszuschließen, ist eine Selbstver- Jahre kennt und schätzt, bin ich von einer gut ständlichkeit, die niemand anzweifeln kann. Analyse funktionierenden und vertrauensvollen So etwas tut richtig weh Schwieriger wird es bei den so genannten Zusammenarbeit für den Fußball überzeugt. Was wir aus der lernen können 19 Grenzfällen, bei denen eine Absicht nicht klar Das Titelthema dieser Ausgabe zeigt, dass die Verbindung der Schiedsrichter zum Präsiden- erkennbar ist und auch der Zufall eine gewisse Wissenschaft Rolle spielen kann. Diese Situationen können ten immer eine ganz besondere war. Daran fußballtypisch sein – und manchmal unglück - wird sich auch in Zukunft nichts ändern. „Klischees bewusst machen licherweise auch noch unumgänglich. Die Notwendigkeiten einer professionellen Ver- und aufbrechen“ Die Ergebnisse einer Magisterarbeit 24 Bei solchen Szenen liegen die „Experten-Mei- änderung im Lizenzfußball-Bereich liegen in nungen“ auch nach Betrachten der Fernsehbil- inhaltlicher, personeller und struktureller Hin- der oft weit auseinander. Der Schiedsrichter sicht auf der Hand. Ich freue mich dabei auf Außenansicht wird schon wegen der mangelnden Eindeutig- die Zusammenarbeit mit Wolfgang Niersbach Ein besonderer Auftritt keit sehr wohl abwägen, welcher Eindruck für und wünsche an dieser Stelle unserem Präsi- diskutierte mit einem Presseclub 26 ihn bestimmend ist und die Persönliche Strafe denten im Namen aller Schiedsrichter sehr wohlüberlegt danach ausrichten. herzlich alles Gute und viel Glück. DFB-Aktion Fest steht indes: Wenn eine klare Schlagbewe- Die „Danke, Schiri!“-Bilanz 27 gung mit Arm oder Ellenbogen zu erkennen ist, muss ein Platzverweis erfolgen. Das harte Aus den Verbänden 28 Ihr Vorgehen unserer Schiedsrichter in diesen Fäl- len wird die Spieler abschrecken, weil die eigene Herbert Fandel Vorschau 4/2012 30

Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen Teil herauszunehmen. SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 3 Titelthema Schiedsrichter und Präsiden Nach dem Rücktritt von Dr. wurde am 2. März in am Main ein neuer DFB-Präsi historischen Blick auf das Verhältnis der Schiedsrichter zu den Präsidenten zu werfen.

ls Wolfgang Niersbach am Tag Aseiner Wahl zum elften DFB- Präsidenten ans Rednerpult trat, wurde schnell deutlich, dass der ehemalige Generalsekretär die konkrete Arbeit für den Fußball über das Bauen von theoretischen Gedankengebäuden stellt. Deshalb bezog er auch sich selbst mit ein, als er vor den 257 Delegierten in Frankfurt am Main auf das Schieds- richter-Wesen einging.

„Ich denke, beim Bereich Schieds- richter müssen wir bei uns allen anfangen und uns selber fragen: Begegnen wir diesen Sportlern, unseren Sportlern mit dem nöti- gen Respekt? Das ist zwar nicht neu, auch die Appelle an das Fair Play nicht. Aber das Wort Respekt ist da doch angebracht, bei allem Druck, den man so hat. Irgendwo ist es doch verrückt, dass den Spielern der größte Fehler nach- sichtig verziehen wird, der ist in der nächsten Szene vergessen – aber wehe, es wird ein Einwurf mal in die falsche Richtung gegeben!“, sagte der gelernte Journalist. Dr. Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach gratulierten FIFA-Schiedsrichter Und weiter: „Ich glaube, wenn man zur Leitung des DFB-Pokalfinales 2011. vom Verhalten, von Spielregeln spricht, dann fängt es mit dem Team, da sind wir auch mit der DFL Schiedsrichter; innovative Metho- DFB-Vizepräsident hat die Aufgabe Respekt auf dem Spielfeld an. im Dialog, wollen einfach die Dinge den und Wege für die Werbung übernommen, die Interessen und Regeln sind dazu da, dass sie ein- weiterbringen.“ neuer Unparteiischer; dazu der Notwendigkeiten des Schiedsrichter- gehalten werden, weitgehend – wir immerwährende Kampf um Wesens von der Spitze bis zur verstoßen im Straßenverkehr Herbert Fandel, der Vorsitzende Respekt und Anerkennung; und Basis zu bündeln und im Präsidium jeden Tag dagegen; wer es nicht der DFB-Schiedsrichter-Kommis- vielleicht sogar im Zuge der Ein- zu vertreten. macht, soll jetzt aufzeigen. Aber sion, kommentierte die Worte des richtung eines DFB-Leistungszen- auf dem Spielfeld brauchen wir das.“ neuen Präsidenten erfreut: „Ich trums die Schaffung einer zentra- *** habe registriert, dass Wolfgang len Aus- und Fortbildungsstätte für Wolfgang Niersbach sprach die Niersbach in seiner Rede einen die Schiedsrichter – es gibt genü- Dass die DFB-Präsidenten den Schiedsrichter und ihren „Chef“ Blick für die Notwendigkeiten des gend Themen, um eine gedeihliche Schiedsrichtern immer besonders dann direkt an: „80.000 Schieds- Schiedsrichter-Wesens zeigte. Ich Zusammenarbeit zwischen dem verbunden waren, ergibt sich aus richter sind es, die an jedem freue mich deshalb auf vernünftige neuen DFB-Präsidenten und der der Sache selbst. „Ohne Schiri geht Wochenende im Einsatz sind, und sachliche Gespräche über die Schiedsrichter-Kommission entste- es nicht!“ war das Motto einer der 80.000 Sportler, im oberen Bereich Zukunft.“ hen zu lassen. Kampagnen zur Gewinnung von Hochleistungssportler, die in neuen Schiedsrichtern, die ganz Sekundenbruchteilen entscheiden Die weitere Professionalisierung Eine wichtige Rolle kommt dabei prägnant den Stellenwert der müssen. Herr Fandel, Sie und Ihr der Bedingungen für die Top- Karl Rothmund zu. Der erfahrene Unparteiischen ausdrückte. Sie lief

4 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 ten – eine enge Verbindung dent gekürt. Die einstimmige Wahl von Wolfgang Niersbach nimmt Lutz Lüttig zum Anlass, einen

in der Amtszeit von , nämlich vor allem bei überregiona- der eine besondere Beziehung zu len Spielen vor dem Anpfiff erst den Schiedsrichtern hatte. mal mühsam verständigen, nach welchen Regeln gespielt werden Der heute 87-jährige DFB-Ehren- sollte. Das dauerte manchmal län- präsident war nämlich selbst einige ger als das Spiel selbst und war Jahre Schiedsrichter und leitete einer der Hauptgründe, der am in seiner Heimatregion 28. Januar 1900 zur Gründung des Spiele bis zur Bezirksliga. Kein DFB führte. Wunder, dass , der als Vorsitzender des DFB-Schiedsrich- 1905 wurde Gottfried Hinze Präsi- ter-Ausschusses in den Jahren dent. Auch wenn wir uns heute die 1995 bis 2001 mit Braun zusammen- Fußball-Funktionäre von damals arbeitete, voll des Lobes über die- gern als ältere, grau- bis silberhaa- sen Präsidenten ist: „Egidius rige Herren vorstellen wollen: Es Braun hatte für unsere Sache waren doch oft junge Leute, die immer ein offenes Ohr. Auf sein Fußball-Vereine gründeten oder Wort konnte man sich jederzeit Fußball-Verbände ins Leben riefen. 1936, : Dr. Peco verlassen.“ So war Gottfried Hinze bei seiner Bauwens (links und auf dem kleinen Wahl gerade 31 Jahre alt – und Foto als DFB-Präsident) bespricht sich Aber natürlich hatten auch andere natürlich noch fußballerisch aktiv. vor der Verlängerung des Olympia-End- DFB-Präsidenten einen besonderen Er stand im Tor des von ihm mit spiels 1936 mit seinen Linienrichtern Bezug zu den Schiedsrichtern. gegründeten Duisburger Spielver- aus Schweden und Ungarn. Letztlich eins – und war ein hervorragender siegte Italien gegen Österreich mit 2:1. , der erste DFB- Schiedsrichter. Präsident half dem Fußball und und Verbänden auch als Schieds- Hinze, dass neben der inzwischen damit vor allem auch den Schieds- Mit den Spielregeln entwickelte richter tätig waren. Ihre Stellung vorhandenen Einheitlichkeit des richtern, indem er die Vereinheitli- sich auch das Schiedsrichter- verschaffte ihnen einen Vertrau- Regeltextes auch die Auslegung chung der Spielregeln kraftvoll Wesen. Bis zum Ersten Weltkrieg ensvorschuss; sie galten als Funk- der Spielregeln zentral gesteuert vorantrieb. Zu Beginn des vorigen war es allgemein so, dass die füh- tionäre in der Verwaltung und auf und gelehrt wurde. So gab es dann Jahrhunderts musste man sich renden Männer in den Vereinen dem Spielfeld. Das traf für alle zu – auch bald die ersten überregiona- für den Vorsitzenden des kleinsten len Lehrgänge für die höherklassi- Landvereins bis zum 1. Vorsitzen- gen Schiedsrichter. den des DFB, wie der Präsident damals offiziell hieß. Als Hinze 1925 abtrat, weil er den Umzug der DFB-Zentrale von So leitete Gottfried Hinze 1909 das Kiel nach Berlin ablehnte, wurde Endspiel um die Deutsche Meister- sein Nachfolger ein Mann, der schaft zwischen dem FC Phönix ebenfalls wusste, wie man ein Karlsruhe und Viktoria 89 Berlin Fußballspiel leitet. Koppehel: (4:2). In seine Präsidentschaft fiel „Auch , zwanzig 1924 auch die Gründung des Bun- Jahre lang DFB-Vorsitzender, war des-Schiedsrichter-Ausschusses, als ein guter Schiedsrichter aner- des Vorgängers der heutigen DFB- kannt.“ Schiedsrichter-Kommission. Damit lenkte Hinze „die Arbeit an den *** Spielleitern in eine einheitliche Bahn“, wie es Carl Koppehel Zu dieser Zeit, Mitte der 20er- beschrieb, der zu jener Zeit schon Jahre, pfiff ein Mann die wichtigs - Präsident Egidius Braun, hier 1992 in der DFB-Bibliothek, war die „Deutsche Schiedsrichter-Zei- ten Spiele in Deutschland, der einst selbst Schiedsrichter. tung“ herausgab. Wichtig war schon damals den Marschallstab

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 5 Titelthema Die elf DFB-Präsidenten im Tornister trug und folgerichtig Bevor der internationale Spielver- Von Hueppe bis und dachte an all’ die schönen eines Tages DFB-Präsident wurde: kehr in den Wirren des Zweiten Niersbach Spiele, die mir nun durch die Lap- Peco (eigentlich: Peter Joseph) Weltkriegs zum Erliegen kam, pfiff pen gehen würden. Da war es wirk- Bauwens. Bauwens im Mai 1943 noch die Par- lich ein schöner Trost, als mich tie Schweiz gegen Ungarn. Da war Prof. Dr. Ferdinand Hueppe Dr. Bauwens noch in Hennef Vier Endspiele um die Deutsche er bereits 56 Jahre alt, eine Alters- 1900 – 1904 besuchte und mir gemeinsam mit Meisterschaft leitete der an Heilig- grenze im heutigen Sinne gab es Friedrich-Wilhelm Nohe dem damaligen DFB-Spielaus- abend 1886 in Köln geborene Sohn nicht. 1904 – 1905 schuss-Vorsitzenden Körfer Mut eines Bauunternehmers. Darunter Gottfried Hinze zusprach.“ Die Hochachtung, die das legendäre Finale von 1922 zwi- Aber auch auf der Funktionärsebene 1905 – 1925 der später so überaus erfolgreiche schen dem Hamburger SV und dem war Bauwens früh erfolgreich. Wie Schiedsrichter aus Mannheim vor Felix Linnemann 1. FC Nürnberg. Als es nach mehre- das 1927 erstmals erschienene diesem Präsidenten hatte, kann 1925 – 1945* ren Verlängerungen immer noch 2:2 Handbuch der FIFA vermerkte, war man heute noch spüren. stand und nach mehr als drei Stun- er zu dieser Zeit „Präsident des Dr. den die Dunkelheit zu groß wurde, Konsultativ Komitees für die Spiel- 1950 – 1962 *** brach Peco Bauwens das Spiel ab. regeln und Schiedsrichter sowie Dr. Hermann Gösmann Los-Entscheid oder Elfmeterschie- Delegierter der FIFA im IFAB“. Von 1962 – 1975 Seit Peco Bauwens hat es keinen ßen gab es damals noch nicht. 1932 bis 1942 gehörte Bauwens DFB-Präsidenten mehr gegeben, 1975 – 1992 der so lange und so eng mit dem Schiedsrichter-Wesen verbunden Egidius Braun war. Aber auch wenn seine Nach- 1992 – 2001 folger – außer dem schon erwähn- Gerhard Mayer-Vorfelder ten Egidius Braun – selbst keine 2001 – 2006 Schiedsrichter waren und sind: Für Dr. Theo Zwanziger die Belange der Unparteiischen 2004 – 2012 und ihrer Funktionäre haben sich Wolfgang Niersbach alle eingesetzt. seit 2012 Auch und gerade Gerhard Mayer- * Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Vorfelder, der vor seiner Zeit als zunächst keinen überregionalen Fuß- DFB-Präsident dem VfB Stuttgart ball-Verband. vorstand und in dieser Funktion

Juni 1979: Präsident Hermann Neuberger ehrt Jan Redelfs aus Hannover als „Schiedsrichter des Jahres“ und überreicht ihm die „Goldene Pfeife“.

Auch das Wiederholungsspiel auch dem Exekutivkomitee des brachte keine Entscheidung. Beim Fußball-Weltverbandes an. Stand von 1:1 hatten die Nürnber- ger nach 105 Minuten nach zwei Mit 63 Jahren wurde er dann 1950 Feldverweisen und zwei schweren Präsident des wiedergegründeten Verletzungen nur noch sieben DFB und blieb es zwölf Jahre lang. Spieler auf dem Feld und damit Dass er in dieser Zeit neben der einen weniger, als damals nach der Aufgabe, den deutschen Fußball Regel nötig waren. Schiedsrichter wieder auf die internationale Bauwens brach deshalb auch die- Ebene zu führen, auch die Schieds- ses Spiel ab. Später wurde der HSV richter immer im Blick hatte, ver- vom DFB zum Meister erklärt, ver- steht sich bei seiner Vita fast von zichtete jedoch auf den Titel. selbst.

Peco Bauwens schadete das nicht, , der Ende der im Gegenteil. 1922 war auch das 50er-Jahre ein aufstrebender FIFA- Jahr, in dem er erstmals interna- Schiedsrichter war, erinnert sich tional pfiff: Ungarn gegen Öster- an einen Lehrgang in Hennef: „Bei reich war das erste von unglaub- einem unserer Trainingsspiele In die Amtszeit von Gerhard Mayer-Vorfelder (links) fiel 2003 lichen 82 Länderspielen, die er in brach ich mir den Fuß. Ich war der Beginn der Partnerschaft mit der DEKRA. Rechts DEKRA- den nächsten 21 Jahren leitete. natürlich todunglücklich darüber Chef Gerhard Zeidler, in der Mitte als „Model“ .

6 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 Umfrage bei Präsidenten und Geschäftsführern der 21 Landesverbände manchen Strauß mit den Schieds- Wer hat schon mal gepfiffen? richtern ausgefochten hatte, trat immer wieder für den Respekt Wenn man etwas weiter entwickeln möchte, ist es gegenüber den Unparteiischen ein. gut, dass derjenige, der darüber zu entscheiden Und half auch ganz konkret. hat, möglichst viel von dieser Sache versteht. Das hört sich an wie eine Binsenweisheit – und ist auch In seiner Funktion als Vorsitzender eine. Nun sind Binsenweisheiten ja nichts Schlech- des seinerzeitigen DFB-Liga-Aus- tes, sie drücken lediglich Selbstverständliches aus. schusses sorgte er 1992 dafür, dass Und auch Selbstverständlichkeiten müssen von Zeit sich die notwendige Professionali- zu Zeit ausgesprochen werden. sierung des Schiedsrichter-Wesens und die wachsenden Ansprüche an Was das mit unserem Thema zu tun hat? Nun, Ent- die Unparteiischen für sie auch scheidungen über Projekte im Schiedsrichter- finanziell bemerkbar machten. In Bereich werden ja nicht nur an der Spitze des DFB der entscheidenden Sitzung des getroffen, sondern – bedingt durch die föderale Pfeift in der 2. Bundesliga: Mecklenburgs Liga-Ausschusses wehrte er alle DFB-Struktur – auch in den Vorständen der Landes- Geschäftsführer . Einwände der Profi-Klubs gegen verbände. Und da interessierte uns einfach mal, wie eine angemessene Honorierung viel schiedsrichterliches Fachwissen an der Spitze Schiedsrichter. Er stand 17 Jahre auf der FIFA-Liste ab. So konnten Johannes Malka, dieser Verbände aktuell vorhanden ist. und pfiff bei zwei Weltmeisterschaften. Zudem ist der damalige Vorsitzende des er Mitglied der DFB-Schiedsrichter-Kommission. Der Schiedsrichter-Ausschusses, und Wir haben also in den 21 Landesverbänden nachge- 31-jährige Bastian Dankert, Geschäftsführer in seine Mitstreiter Hans Ebersberger fragt, wie es denn darum bei der ehrenamtlichen Meck lenburg-Vorpommern, ist aktueller Zweitliga- und Kurt Tschenscher erreichen, und der hauptamtlichen Führung bestellt ist. Das Schiedsrichter mit Perspektive. dass ein Bundesligaspiel fortan mit Ergebnis: Zehn Präsidenten und acht Geschäftsfüh- 2.500 D-Mark honoriert wurde. rer waren oder sind als Schiedsrichter aktiv. Das Die Präsidenten Walter Desch (Rheinland) und Davor gab es 72 Mark… bedeutet natürlich nicht, dass alle anderen nicht Alfred Hirt (Südbaden) sind immer noch aktiv, Rai- kompetent wären, über Schiedsrichter-Angelegen- ner Koch (Bayern) und Dr. Hans-Dieter Drewitz (Süd- Und auch bei der Einführung des heiten zu befinden. Aber es ist sicher von Vorteil, west) haben viele Jahre lang Spiele geleitet. Wolf- Vierten Offiziellen in der Bundesliga wenn man selbst einmal auf dem Platz gestanden hard Tomaschewski (Thüringen) hat von 1983 bis war Gerhard Mayer-Vorfelder, dann hat, um ein Gefühl für die Bedürfnisse von Schieds- 1994 insgesamt 385 Spiele gepfiffen und war elf schon als DFB-Präsident, ein starker richtern zu entwickeln. Jahre lang als Beobachter tätig. Andere Präsiden- Verfechter dieser Neuerung, ohne ten haben zumindest kurzfristig in die Schiedsrich- die heute an den Seitenlinien zeit- Die meiste Erfahrung ist zweifellos in zwei Verbän- terei hineingerochen. weise wohl das pure Chaos herr- den des Nordostdeutschen Fußballverbandes schen würde. (NOFV) vorhanden: Brandenburgs Präsident Sieg- Geschäftsführer Michael Hurler (Württemberg) ist fried Kirschen war in der DDR ein überragender seit 25 Jahren Schiedsrichter, auch sein Kollege In den Jahren ab 2005 hatte das Friedrich Schery (Saarland) ist seit vielen Jahren Schiedsrichter-Wesen dann zumin- aktiv. Carsten Jaksch-Nink (Westfalen) leitete Spiele dest im Spitzenbereich in der Öffent- bis zur Verbandsliga, Dirk Brennecke (jetzt Mittel - lichkeit für so viel Aufmerksamkeit rhein) hat in Berlin bis zur Oberliga gepfiffen. Und außerhalb des Spielfelds gesorgt, auch Karsten Marschner () und Rainer dass sich Dr. Theo Zwanziger, der Lehmann (Niederrhein) wissen durch eigene Erfah- Vorgänger von Wolfgang Niersbach, rung, wie es sich anfühlt, als Schiedsrichter zu immer mehr in die Belange der amtieren. Schiedsrichter einschaltete und später die Zuständigkeit für die Aber auch in den fünf Landesverbänden, in denen Schiedsrichter im Präsidium an sich weder Präsident noch Geschäftsführer jemals ein zog. Diese Maßnahme wurde nun – Spiel geleitet haben, ist in den zuständigen Gre- wie oben schon erwähnt – geän- mien natürlich viel Schiedsrichter-Erfahrung vor- dert, auch in der Hoffnung, dass in handen. Und es gehört ja auch zu den besonderen Zukunft wieder die praktische WM-Schiedsrichter ist Fähigkeiten von Führungspersönlichkeiten, bei Arbeit der Schiedsrichter auf dem seit 1990 Präsident des Fußball-Landesver- ihren Entscheidungen Fachleuten zu vertrauen. Platz im Mittelpunkt stehen wird. bandes Brandenburg. Noch so eine Binsenweisheit.

*** rasche Ausbreitung des Spiels in sieht mancher heute in Gefahr. erstmals eine Trennung von Profis Als Ferdinand Hueppe zu Beginn unserem Land. „Alle spielen nach Auch der neue DFB-Präsident hat und Amateuren im Regelwerk her- des vorigen Jahrhunderts für die denselben Regeln!“ Diesen Grund- da seine Bedenken: „Ich sage nur beiführt. Die 28.000 Amateur-Ver- Vereinheitlichung der Fußballre- satz, der später auch international ja zur Torlinien-Technologie, und eine könnten sich keine Technik geln in Deutschland sorgte, schuf anerkannt wurde, indem die FIFA nur dann, wenn sie absolut sicher leisten. Ein noch weiter führender der erste Präsident des DFB damit ab 1906 weltweit verbindlich fest- ist. Aber selbst diese Einführung Einsatz von Kameras wäre das einen wichtigen Meilenstein für die legte, wie das Spiel abzulaufen hat, hat das große Handicap, dass sie Ende des Fußballs.“ ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 7 erst ermöglicht haben. In dem Pro- zess in Dandong erhielten weitere Funktionäre der CSL hohe Haftstra- fen.

Insgesamt stehen in China derzeit 39 Personen als Verdächtige im Manipulations-Skandal vor Gericht. Weitere Urteile sollen in den nächs ten Wochen folgen. Die chi- Der Fußball bekämpft Nazis auf allen Ebenen. nesische Regierung hat 2009 eine Untersuchungs-Kommission einge- paganda in Form von Liedtexten Fred Kreitlow auf der Homepage setzt, um die Vorfälle aufzuklären. verbreitet. „Mit diesen Verstößen des Verbandes. Es sei wichtig, ein Mehrere chinesische Clubs sind in gegen Satzungen und Ordnungen deutliches Zeichen gegen jede Art den Korruptions-Skandal ver wi - des Verbandes kann er seiner Vor- von Rassismus und Diskriminie- ckelt. Wie die Vereine bestraft wer- bildwirkung als neutraler Schieds- rung zu setzen, hieß es in der den können, dürfte dem Fußball- richter nicht mehr gerecht wer- Begründung weiter. verband „noch Kopfschmerzen den“, erklärte FLB-Vizepräsident bereiten“, schrieb die Staatsagen- tur Xinhua unter Hinweis auf den anstehenden Start der neuen Fuß- Spielmanipulation: China mit einer goldenen Pfeife ball-Saison. ausgezeichnet. Jetzt wurde ihm Schiedsrichter nachgewiesen, 810.000 Yuan (98.000 Euro) Bestechungsgeld in China verurteilt angenommen zu haben, um den Ausgang von sieben Spielen der Im Rahmen des Wett- und Manipu- chinesischen Liga zu beeinflussen. lations-Skandals im chinesischen Fußball sind mehrere bekannte Außer Lu verurteilte das Gericht in Schiedsrichter, darunter ein WM- Dandong noch drei weitere landes- Panorama Referee, zu Haftstrafen von weit bekannte Schiedsrichter. Ihre dreieinhalb bis zwölf Jahren verur- Haftstrafen reichen von drei bis zu Rechter Schiedsrichter teilt worden. sieben Jahren. Sie hatten für von der Liste gestrichen manipulierte Spielleitungen eben- Der bekannteste chinesische falls Beträge im fünf- bis sechs- Das Kreissportgericht Uckermark Schiedsrichter Lu Jun war der stelligen Euro-Bereich angenom- im Fußball-Landesverband Bran- erste und bisher einzige chinesi- men. Der frühere Vorsitzende der denburg (FLB) hat einen 22-jähri- sche Unparteiische bei einer Welt- Schiedsrichter-Vereinigung, Jianqi- gen Schiedsrichter aufgrund sei- meisterschaft. Bei der WM 2002 in ang Zhang, wurde zu zwölf Jahren nes rechtsextremistischen Hinter- Japan und Südkorea leitete er zwei Haft verurteilt. Er soll von mehre- grunds von der Schiedsrichter- Begegnungen. Zuvor durfte der ren Vereinen der chinesischen Liste gestrichen. Referee bereits bei den Olympi- Super League (CSL) bestochen schen Sommerspielen 2000 in worden sein. Seine bewussten WM 2002: Lu Jun stellt den Der Schiedsrichter hatte zuvor im Sydney pfeifen. Für seine interna- Fehlentscheidungen sollen 2003 Kroaten Zivkovic im Spiel Internet rechtsextremistische Pro- tionalen Leistungen wurde Lu in den Ligatitel für Shanghai Shenhua gegen Mexiko vom Platz.

Die internationalen Spiele der Deutschen im Januar und Februar 2012 FIFA-Schiedsrichter unterwegs Name Wettbewerb Heim Gast Assistenten/Vierter Offizieller/Torrichter Europa League Trabzonspor PSV Eindhoven Pickel, Lupp, Winkmann, Dingert, Wingenbach Felix BRYCH Länderspiel England Niederlande Borsch, Kleve Stephan KAMMERER Futsal-EM in Kroatien Italien Türkei Stephan KAMMERER Futsal-EM in Kroatien Rumänien Tschechien Thorsten KINHÖFER Länderspiel Türkei Slowakei Scheppe, Lupp Europa League AZ Alkmaar RSC Anderlecht Salver, Borsch, Sippel, Aytekin, Welz Florian MEYER Länderspiel Schweiz Argentinien Henschel, Bornhorst Wolfgang STARK Europa League Manchester City FC Porto Salver, Pickel, Fritz, Meyer, Aytekin

8 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 Auszeichnung Sein Honorar für Volker Roth war die Erfahrung

Die Auszeichnung war im wahrsten Es passiert zum Glück nicht alle Sinne des Wortes überfällig. Hoch Tage, dass ein Schiedsrichter ver- über den Dächern des Frankfurter letzungsbedingt das Feld räumen Flughafens bekam der ehemalige muss. Wenn der Fall jedoch wie Vorsitzende des DFB-Schiedsrich- beim A-Junioren-Bundesligaspiel ter-Ausschusses, Volker Roth, am zwischen Werder Bremen und dem 21. Februar von Dr. Theo Zwanziger FC St. Pauli eintritt, ist es gut, und seinem Nachfolger als DFB-Prä- wenn ein Kollege einspringen sident, Wolfgang Niersbach, die kann. Peco-Bauwens-Medaille überreicht. Vorgesehen war diese Auszeich- Schiedsrichter Marcel Neuer aus nung bereits für den DFB-Bundes- Volker Roth (Mitte) mit Dr. Theo Zwanziger und Wolfgang Gelsenkirchen stürzte Mitte der tag im Oktober 2010. Da jedoch war Niersbach. ersten Halbzeit ohne Fremdeinwir- Volker Roth verhindert, so dass die kung und brach sich dabei – wie Überreichung der Medaille samt Schiedsrichter-Ausschuss), DFB- In seiner kurzen Laudatio würdigte sich später herausstellte – das Urkunde und Blumenstrauß nun- Schiedsrichter-Referent Klaus Löw Dr. Zwanziger die besonderen Ver- Handgelenk. Trotz Schmerzen hielt mehr in kleinem Kreis nachgeholt sowie FIFA-Schiedsrichter Dr. Felix dienste von Volker Roth für das der Bruder unseres Nationaltor- wurde. Brych teilnahmen, war der 70. Ge- deutsche Schiedsrichter-Wesen: warts bis zur Halbzeitpause durch. burtstag von Volker Roth wenige „Dass die Unparteiischen aus Zur zweiten Halbzeit konnte Neuer Ein weiterer Anlass für das offizielle Tage zuvor. Weitere Wegbegleiter Deutschland heute auf der ganzen jedoch nicht mehr antreten. Glück - Mittagessen im Airport-Club, an von Volker Roth, wie beispielsweise Welt einen so guten Ruf genießen, licherweise war mit Bremen-Liga- dem unter anderem auch DFB-Vize- die FIFA-Schiedsrichter Wolfgang ist vor allem auch Ihrem Engage- Schiedsrichter Eric Müller, der als präsident Karl Rothmund, der stell- Stark und Florian Meyer, mussten ment und Ihrer Leidenschaft für Zuschauer zugegen war, schnell vertretende DFB-Generalsekretär wegen des Streiks am Frankfurter die Schiedsrichterei zu verdan- ein qualifizierter Ersatz gefunden. Stefan Hans, Wilfried Heitmann (NFV- Flughafen kurzfristig absagen. ken.“ „Für mich war es in dieser Situa- tion eine Selbstverständlichkeit Abseitsstreit schon im Ersten Weltkrieg einzuspringen und dem Schieds- richter-Team zu helfen. Gemeinsam Wenn einer Miene macht… sich in dem am 7. Oktober stattfindenden Wettspiel mit zwei Kollegen, die man erst nicht an diese Regel, sondern gab nur dann einen fünf Minuten zuvor kennengelernt Der Theologe Dr. Klaus Loscher (70) aus Bayreuth ist Freistoß, wenn ein abseitsstehender Spieler in das hatte, ein Spiel zu leiten, das war seit 1958 Schiedsrichter. Er schreibt uns: „Bei mei- Spiel eingriff. eine tolle Herausforderung für nen Studien zur Kriegsgefangenschaft deutscher mich und hat mir sehr viel Spaß Soldaten (hierüber ging meine Dissertation „Stu- Auf einen Protest der K.7 hin, fand am nächsten gemacht“, sagte Müller. Auf das dium und Alltag hinter Stacheldraht“) bin ich auf Tage eine Spielführer-Sitzung statt, in der man sich Honorar für die spontane Spiellei- einen Auszug der Zeitung ,Die Baracke’ des japani- dann wie folgt einigte: „Wenn ein Spieler abseits tung verzichtete er, schließlich sei schen Kriegsgefangenenlagers ,Bando’ vom Novem- steht, darf erst dann abgepfiffen werden, wenn er das für ihn eine wertvolle Erfah- ber 1917 gestoßen, der im Grunde zum Schmunzeln Miene macht, in das Spiel einzugreifen.“ Diese rung gewesen, meinte der 22-Jäh- anregt. Es ging schon damals um die Abseitsregel, Abseitsregel deckt sich mit der im Jahrbuch des rige. Eine bemerkenswerte Einstel- die auch heute – nach nahezu 100 Jahren – nicht D.F.V. (muss wohl DFB heißen, d. Red.) für 1913 gege- lung. unumstritten ist.“ benen.

Hier ist dieser Text aus dem Jahr 1917: So liegen die Tatsachen, unsere Bemerkung war also Uns liegt eine Zuschrift des Schiedsrichters Schmitz berechtigt. Es stellt sich allerdings jetzt heraus, daß vor, die sich mit unserer in „Baracke“ Nr. 3 gegebe- Schmitz nach bester Überzeugung handelte, da über nen Besprechung des Wettspiels M.A.III gegen K.7.1 die Auffassung der Abseitsregel geteilte Ansicht am 7. Oktober befasst. Schmitz stößt sich an unse- bestand. Der Angelegenheit lag ein Mißverständnis rer Bemerkung betreffs Anwendung der Ab seits - zu Grunde, ein Teil der Schiedsrichter und Spielfüh- regel. rer war derselben Ansicht wie Schmitz, der andere dagegen hielt die strenge Abseitsregel bis zum Wir bemerken dazu: Festgesetzt vom hiesigen Spiel- 8. Oktober für bestehend. Die Abseitsregel ist jetzt Ausschuß und in Kraft bis zum 8. Oktober war die endgültig festgelegt und damit auch hoffentlich folgende Abseitsregel: ,,Ein bloßes Abseitsstehen Meinungsverschiedenheiten der Boden entzogen. eines Spielers, ganz gleich ob er in das Spiel ein- greift oder nicht, genügt, um der Gegenpartei einen Das allerdings war reines Wunschdenken, wie wir Freistoß zu geben.“ Der Schiedsrichter Schmitz hielt heute wissen. Besonderer Einsatz: Eric Müller.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 9 126. Generalversammlung des IFAB

Torlinien-Technologie rückt näher

Der International Football Association Board (IFAB) trat am 3. März 2012 im englischen Surrey zu seiner jährlichen Generalversammlung zusam- men – zum 126. Mal. Im Mittelpunkt standen vor allem die Bewertung und Einführung der Torlinien-Technologie. Eine Entscheidung für den Chip im Ball oder die Torkamera ist allerdings noch nicht gefallen.

In einer ersten Testphase hatten acht Unternehmen im November und quelle nicht von einem Menschen auf einen anderen verschieben. Wir Dezember 2011 ihre Torlinien-Technologie-Systeme vorgestellt. Zwei Kan- brauchen 100-prozentige Sicherheit“, forderte der ehemalige FIFA- didaten sind nach einem Gutachten der schweizerischen EMPA (Eidgenös- Schiedsrichter. sische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt) weiterhin im Rennen – „HawkEye“ und „GoalRef“ erhielten die Empfehlung der EMPA. Während Doch noch läuft der „Wettbewerb“ Mensch gegen Technik. Die Testphase das System von HawkEye mit Kameras und optischer Erkennung der mit den zusätzlichen Schiedsrichter-Assistenten wird mit der EM in Polen Spielsituation arbeitet, setzt GoalRef auf ein magnetisches Feld und und der Ukraine ihren Abschluss finden und ebenfalls in der IFAB-Sitzung einen besonderen Ball mit integrierter Elektronik bei der Bewertung der in Kiew bewertet. Torsituation. Im Rahmen der zweiten Testphase von März bis Juni sollen nun die Zuverlässigkeit und die Belastbarkeit der beiden Systeme ge tes - Dort soll dann auch das Verbot von Kopftüchern für Spielerinnen fallen. tet werden. Der IFAB stimmte dem Vorschlag grundsätzlich schon zu, das Tragen von Kopftüchern vorbehaltlich einer beschleunigten Untersuchung von Sollten nach der zweiten Testphase eines oder beide Systeme die gefor- Gesundheits- und Sicherheitsbedenken zu erlauben. Die Entscheidung soll derten Kriterien erfüllen, wird der IFAB auf einer Sondersitzung einen Tag muslimischen Frauen den Zugang zum Fußball rund um den Globus verein- nach dem EM-Finale in Kiew am 2. Juli 2012 endgültig über die Zulassung fachen. der Torlinien-Technologie entscheiden. Der IFAB legte in seiner Sitzung Anfang März außerdem in einer Neufas- Herbert Fandel, der Vorsitzende der DFB-Schiedsrichter-Kommission, sung der Regel 1 (Das Spielfeld) die genaue Position aufrecht stehender begrüßt die geplante Einführung der Torlinien-Technologie durch die FIFA. Werbetafeln fest. Eine weitere Neufassung betrifft die Regel 4 (Ausrüstung „Ich freue mich darüber, weil es Schiedsrichter bei der Frage, ob der Ball der Spieler), nach der Tapes nur noch in der Farbe der jeweiligen Stutzen im Tor war oder nicht, nur entlasten kann. Das hilft dem Schiedsrichter verwendet werden dürfen. Regel 8 (Beginn und Fortsetzung des Spiels) und dem Fußball – aber bitte so was auch nur bei dieser einen Frage“, definiert nun genau die von den Offiziellen zu ergreifenden Maßnahmen, sagte Fandel der Nachrichtenagentur dpa. Dass die Rückmeldung durch sollte ein Spieler den Ball bei einem Schiedsrichter-Ball ohne Gegner die Torlinien-Technologie innerhalb einer Sekunde und unsichtbar für das direkt ins Tor schießen. Das Gremium erlaubt den Fußballverbänden, ein Publikum – etwa per Vibration oder auf seiner Uhr – an den Schiedsrich- sich schnell verflüchtigendes Farbspray als Hilfsmittel zu verwenden, um ter erfolgen soll, sei laut Fandel genau die richtige Vorgehensweise. bei Freistößen den korrekten „Mauer“-Abstand zum Ball zu markieren,. Nimmt der IFAB im Juli den Einsatz der Systeme in die Regeln auf, dann könnte die neue Technologie bereits bei der Klub-WM in Japan im Dezem- Alle vom IFAB bezüglich der Spielregeln getroffenen Entscheidungen tre- ber und beim Confederations Cup 2013 in Brasilien zum Einsatz kommen. ten mit Blick auf die EM-Endrunde (8. Juni bis 1. Juli) bereits am 1. Juni in Kraft. Die offiziellen Formulierungen des Regeltextes werden nach der Der deutsche Schiedsrichter-Chef sprach sich in diesem Zusammenhang Herausgabe durch die FIFA in der DFB-Schiedsrichter-Zeitung veröffent- gegen die von UEFA-Präsident Michel Platini favorisierte Lösung mit den licht. „zusätzlichen Schiedsrichter-Assistenten“, den so genannten Torrichtern, aus, die derzeit unter anderem in der Champions League und der Europa Die FIFA stimmte zu, den von ihr eingereichten Änderungsantrag der League testweise im Einsatz sind. „Bei dieser Dynamik im heutigen Fuß- Regel 3 (Zahl der Spieler) in Bezug auf eine vierte Einwechslung bei Ver- ball können wir noch so viele Torrichter einsetzen. Lasst uns die Fehler- längerungen zurückzuziehen. Der IFAB erteilte jedoch den vier britischen Fußballverbänden die Genehmigung, ein zweijähriges Experiment zur Änderung der Anzahl der zulässigen Einwechslungen im Amateurfußball durchzuführen.

Der vom DFB eingereichte Änderungsantrag bezüglich der Regel 12 (Ver- botenes Spiel und unsportliches Betragen) zur so genannten „Dreifachbe- strafung“ wird weiter geprüft. Dabei geht es um die dreifache Bestrafung bei einer „Notbremse“ im Strafraum – Strafstoß, Feldverweis, Sperre. Da die Torchance durch den Strafstoß wieder hergestellt wird, wird der Feld- verweis mit nachfolgender Sperre als unverhältnismäßig angesehen – die eindeutige Chance, ein Tor zu erzielen, wird der Mannschaft des Gefoulten ja nicht genommen. Dieses Thema wird in den kommenden IFAB-Treffen erneut diskutiert werden.

Die 127. jährliche IFAB-Generalversammlung findet vom 1. bis 3. März 2013 in Edinburgh (Schottland) statt.

Chip im Ball, Anzeige auf der Uhr – ob es so kommt? David Hennig

10 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 Momentaufnahme

Es war also nichts mit dem 1:1-Aus- gleich für Hertha BSC. Der fiel, völ- lig regulär, acht Minuten später: Was war da los, „Das hat es mir ein wenig leichter gemacht, mit der Fehlentscheidung zu leben – und den Berlinern sicher auch. Ich habe mich natürlich trotzdem mächtig über meinen Sönke Glindemann? Fehler geärgert“, erzählt Sönke Glindemann.

Tolle Torwartparaden, üble Fouls, feiernde Fans, schimpfende Trainer – Aber Fehler passieren nun mal, und diese Bilder kennt man vom Fußball. Aber es gibt auch das andere Foto, man könnte sicherlich in dem Spiel von damals auch Schnitzer der Ber- das eine eher ungewöhnliche Situation zeigt, in die ein Schiedsrichter liner finden, ohne die Lautern viel- oder sein Assistent geraten können. Lutz Lüttig lässt sich die Szene von leicht nicht in Führung gegangen oder längst ein Tor für Hertha BSC dem Betroffenen erklären und überlegt, was man daraus lernen kann. gefallen wäre. Zudem wollten wir mit unserer Frage ja nicht darauf n der 77. Minute flog der Ball ins Mittelfeldspieler sauste zum aus Altersgründen zu Ende geht, hinaus, Salz in eine alte Wunde zu ITor des 1. FC Kaiserslautern, Her- Schiedsrichter-Assistenten und verzieht bei dieser Frage ein wenig reiben. thas Spieler und die meisten der schnauzte ihn an, so wie es das das Gesicht: „Oh, da habt ihr einen 35.000 Zuschauer im Olympiasta- Foto zeigt. Was war da los, Sönke wunden Punkt in meiner Laufbahn Viel interessanter ist doch beim dion rissen die Arme hoch – end- Glindemann? erwischt. Ich hatte den Torschüt- Blick auf das Foto herauszufinden, lich der Ausgleich für die auch in zen Rafael im Abseits gesehen, die wie man es schafft, so ruhig zu der Saison 2004/2005 abstiegsbe- Der routinierte Schleswig-Holstei- TV-Kameras leider nicht. Also war bleiben. „FIFA-Linienrichter Sönke drohten Berliner! Wer nicht mitju- ner, dessen erfolgreiche Assisten- es falsch, aber man muss zu sei- Glindemann bewahrt trotz wüten- belte, war Andreas Neuendorf. Der ten-Karriere in diesem Sommer nen Fehlern stehen.“ der Proteste von Andreas „Zecke“

Pumuckl und Meister Eder? Nein, sondern Profi-Fußballer und Schiedsrichter-Assistent: Sönke Glindemann bleibt trotz des Pro- tests von Andreas Neuendorf mit stoischer Ruhe bei seiner Entscheidung.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 11 ZeitreiseMomentaufnahme

Neuendorf (Hertha) die Conte - Spiel getroffen haben, sind wir die nance“, schrieb der Fotograf der Sache noch mal durchgegangen. Agentur Contrast zu diesem Foto. „Zecke“ Neuendorf hat sich für Ein anderer, der dieselbe Situation seine Schreierei entschuldigt, und fotografiert hatte, beschrieb sein ich habe ihm gesagt, wie sehr ich Bild so: „Andreas ,Zecke’ Neuen - mich im Nachhinein über den Feh- dorf (Hertha) könnte ob der Souve- ler geärgert habe. Damit war die ränität von Linienrichter Sönke Sache zwischen uns vom Tisch.“ Glindemann ausflippen.“ Das trifft es schon ziemlich genau. Sieben Jahre und viele wichtige Spiele später ist Sönke Glinde- Was macht man also, Sönke, wenn mann in der letzten Kurve seiner in so einer kniffligen Situation ein aktiven Schiedsrichter-Assisten- Spieler wie ein Irrwisch auf dich ten-Laufbahn angekommen. Mehr zurennt? „Du musst ihm über als 200 Bundesliga-Spiele wird der deine Körpersprache signalisieren, Oberstabsfeldwebel am Ende die- dass du dir ganz sicher bist, richtig ser Saison als gewissenhafter entschieden zu haben.“ Klingt Assis tent begleitet haben, 22 Län- eigentlich ganz einfach, und als derspiele und 37 Einsätze in der Berufssoldat weiß Sönke Glinde- Champions und Europa League mann besonders gut, wie wichtig kann er verzeichnen. es ist, Haltung zu bewahren. Also spricht der Körper so: Die Füße Und beim größten Fest des deut- bleiben fest auf dem Boden, es schen Fußballs war er auch aktiv: wird kein Fußbreit nach hinten Er half 2009 Helmut Fleischer beim gewichen. Der Körper ist gestrafft, DFB-Pokalfinale Werder Bremen der Gesichtsausdruck neutral, die gegen Bayer Leverkusen (1:0) im Augen sind auf den Ort des völlig ausverkauften Olympiasta- Geschehens gerichtet. Die Abseits- dion von Berlin. „Ein unvergessli- anzeige mit der Fahne entspricht Kein Argument stimmt ihn um: Der Assistent signalisiert wei- ches Erlebnis“, sagt Sönke Glinde- genau der Anweisung. ter, dass er sich ganz sicher ist. mann und meint nicht nur das Spiel, sondern auch „das ganze Das blieb in diesem Fall auch so, Emotionen womöglich noch höher einiges gelernt, vor allem vorsich- Drum und Dran“. als der Spieler dem Assistenten kochen zu lassen. tiger im Umgang mit den Medien sehr, sehr nahe kam. „Ich habe zu sein. Du musst darauf bestehen, Die 90 Spielminuten dieses Finales natürlich in solchen Momenten Ein souveräner Unparteiischer dass sich der Journalist die Zitate, verbrachte er übrigens an genau einen ganz schönen Vorteil“, sagt lässt sich von einem aufgeregten die er benutzen will, von dir autori- derselben Außenlinie wie beim Sönke, „ich bin 1,95 Meter groß.“ Spieler kein Gespräch aufzwingen, sieren lässt.“ Spiel Hertha BSC gegen den 1. FC Das hilft ihm enorm, Souveränität er bleibt ruhig und gelassen. Es Kaiserslautern vier Jahre zuvor. So und Ruhe auszustrahlen. Neuen - war dann auch die erkennbare Und noch einmal beschäftigte den gleicht sich auch für einen Unpar- dorf (1,78 Meter) hatte sich extra Unerschütterlichkeit des Assisten- Assistenten diese Szene: „Als wir teiischen im Laufe der Zeit vieles auf die Zehenspitzen gestellt, und ten, die die Situation vor allem uns das nächste Mal bei einem wieder aus . ■ dennoch reichte er mit seinen entschärfte. Zudem kam Schieds- Augen nur bis zum Kinn von Sönke richter dazu und Glindemann – Blickkontakt in die- holte den Berliner Spieler mit sem Moment ausgeschlossen. einer Gelben Ka rte wieder auf den Boden der Tatsachen. Das war gut, denn sich gegenseitig anzuschauen, fördert grundsätz- Auch noch an etwas anderes lich die Bereitschaft zum Dialog. erinnert sich Sönke Glindemann: Der ist in solch hochemotionalen „Ich habe im Zusammenhang mit Situationen aber immer sinnlos, dieser Szene erlebt, wie es ist, denn er erschöpft sich darin, dass wenn die Boulevard-Presse dich die Beteiligten gleichzeitig reden – aufs Korn nimmt. Schiedsrichter manches Mal auch brüllen –, um Blindemann gibt Fehler zu, hieß den anderen von der Richtigkeit eine Überschrift.“ Heute kann der eigenen Auffassung zu über- Sönke darüber lächeln: „Das wa r zeugen. Ein solches „Gespräch“, doch sehr kreativ von dem Journa- wie es leider noch viel zu oft zu listen, mit meinem Namen ein sehen ist, führt eben nicht zum solch unglaublich einfallsreiches gegenseitigen Verstehen, sondern Wortspiel zu machen. Aber im „Zecke“ Neuendorfs Wutanfall wird von Schiedsrichter Gagel- vor allem beim Spieler dazu, die Ernst: Ich habe damals daraus mann konsequent mit „Gelb“ bestraft.

12 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 Porträt

eben dem Schreibtisch und Neinem Standkicker ist es in erster Linie der große Wand- schrank, der beim Besuch in Nor- bert Postbergs Hobby-Keller ins Der Sammler Auge fällt. Dieser Schrank ist sozu- sagen das Herzstück für die Sammlung des 59-Jährigen. Und wenn man Norbert Postberg den Namen eines Bundesliga-Schieds- richters der vergangenen 49 Jahre aus Waldbrunn nennt, sucht er in nur wenigen Sekunden den passenden Ordner Norbert Postberg, einst selbst als Schiedsrichter aktiv, hat eine bemer- mit seitenweise Informationen über ihn heraus: Artikel aus lokalen kenswerte Leidenschaft: Seit mehr als 30 Jahren archiviert der 59-Jäh- und bundesweiten Tageszeitungen, rige Presseartikel und führt Statistiken über die deutschen und europä- aus dem „Kicker“ und anderen Fachzeitschriften, außerdem Statis - ischen Unparteiischen. David Bittner hat den Sammler in seinem Heimat- tiken zu jedem geleiteten Bundes- ort in der Nähe von Würzburg besucht. liga- und Pokalspiel des Schieds- richters. Die hat Postberg alle fein säuberlich von Hand aufgeschrie- ben und abgeheftet.

Jeden Unparteiischen, der jemals in der Bundesliga im Einsatz war, hat Norbert Postberg auf diese Weise in seinem Archiv erfasst. Seit vielen Jahren führt er auch Buch über die Einsätze aller inter- nationalen Schiedsrichter im Euro- papokal sowie bei Europa- und Weltmeisterschaften, einschließ- lich Qualifikationsrunden.

Pro Woche kostet ihn das ungefähr sechs Stunden, die Postberg regel- mäßig für seine Datensammlung aufwendet. Die Frage nach dem „Warum?“ hat ihm auch seine Frau in den vergangenen Jahren mehr als einmal gestellt. „Es gibt viele Menschen, die haben einen Samm- lertick, von Modellautos über Kron- korken bis hin zu Bierdeckeln. Ich Ein Schrank voller Schiedsrichter-Fakten: Norbert Postberg im Hobby-Keller seines Hauses in beschäftige mich einfach intensiv Waldbrunn. mit der Schiedsrichterei“, erklärt Norbert Postberg, der früher selbst Den Worten ließ Norbert Postberg mit der Pfeife im Einsatz war. also Taten folgen: Sechs Jahre lang war er im Dienste von RW Das begann 1973 im Ruhrgebiet, Essen bis zur Bezirksliga im Ein- genauer gesagt im Kreis 13 (Essen satz, darüber hinaus zwei Jahre Nord/West) des Fußballverbandes lang als Assistent in der Verbands- Niederrhein. „Ich hatte dort ein liga, der damals höchsten Ama- Spiel gesehen. Und war hinterher teur-Spielklasse. Berufsbedingt der Meinung, dass ich das mit dem musste der gelernte Versiche- Pfeifen genauso gut könnte wie rungskaufmann schließlich mit der Schiedsrichter dieser Partie. der Pfeiferei aufhören, zog 1986 Mein Arbeitskollege forderte mich heraus, das zu beweisen, und so Akribisch notiert: Hier han- nahm ich am nächsten Anwärter- delt es sich um Bundesliga- Lehrgang teil.“ Spiele von Peter Sippel.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 13 Porträt

der 60er-Jahre sind meine Daten um diese umzusetzen, wird sich vollständig, aber aus den 40er- der Sammler aus Waldbrunn wohl und 50er-Jahren fehlt noch man- noch bis zum Eintritt in seinen ches“, sagt Norbert Postberg. Ruhestand gedulden müssen – an Beschäftigung wird es ihm dann Im Archiv des DFB-Gebäudes in der sicher nicht mangeln. ■ Frankfurter Otto-Fleck-Schneise stöberte der Waldbrunner im ver- gangenen Jahr gleich vier Mal und durchsuchte alte Schiedsrichter- Zeitungen nach Informationen. „Es sind aber noch immer Lücken offen geblieben, so dass ich hoffe, dass eventuell der eine oder andere ältere Schiedsrichter-Kollege Daten von ganz früher aufgehoben hat und mir weiterhelfen kann“, Nach und nach wird Postbergs umfangreiche Sammlung nun appelliert Postberg an andere von ihm selbst digitalisiert. Sammler, sich bei ihm zu melden. mit seiner Familie nach Würzburg, ergänzt und besucht, haben Daten Für die nächsten Jahre hat sich wo er auch heute noch als selbst- ausgetauscht und sind auch mal Norbert Postberg vorgenommen, ständiger Versicherungsmakler zusammen zu einem Bundesliga- seine Sammlung zu digitalisieren: und Finanzdienstleister arbeitet. Spiel gefahren“, erinnert sich Post- „Ich habe bereits damit begonnen, Das Ende seiner aktiven Schieds- berg. Die Zusammenarbeit gipfelte die handgeschriebenen Statistiken richter-Tätigkeit war für Postberg schließlich in dem Buch „Schiri: in Excel zu übertragen – das ist der Zeitpunkt, seine bis dahin lose Telefon“, das Dikty im Jahr 2002 aber ein riesiger Aufwand.“ Auch Hier wird ohne Schiedsrich- Sammlung von Schiedsrichter-Arti- herausbrachte, und für das Post- die Idee zum Aufbau einer Inter- ter gespielt: Norbert Post- keln systematisch zu archivieren berg einige Texte sowie sein netseite ist bereits geboren. Aber berg an seinem Standkicker. und auszubauen. „Über meine Datenmaterial lieferte. Sammel-Leidenschaft fühle ich mich dem Sport auch heute noch Sein Archiv mit der Öffentlichkeit verbunden“, sagt er. zu teilen, das ist ohnehin ein Anlie- gen des Sammlers aus Waldbrunn. Durch einen Zufall kam Postberg So freute sich Norbert Postberg, Ende der 80er-Jahre in Kontakt mit als die Planer des derzeit im Auf- dem inzwischen verstorbenen bau befindlichen DFB-Museums in Gotthard Dikty aus Düsseldorf, der Dortmund vor zwei Jahren mit ihm zu Lebzeiten ebenfalls ein leiden- Kontakt aufnahmen. Seitdem schaftlicher Bewunderer der deut- bereitet er seine Dokumentationen schen Top-Schiedsrichter war. „Wir auf, versucht noch vorhandene haben uns prima gegenseitig Lücken zu schließen: „Erst ab Mitte

Macht Freude: Der Sammler mit dem Buch von Gotthard Dikty, an dem er selbst mitgearbeitet hat.

14 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 Regel-Test Fragen

durch den Assistenztrainer einge- wechselt werden. Wie müssen sich Schiedsrichter und Schiedsrichter- Wenn der Ball platzt Assistent verhalten? Wird diesem Auswechselspieler nachträglich Lutz Wagner beschreibt hier 15 Spielsituationen, an denen wir unsere die Rote Karte gezeigt? Regelkenntnisse testen können. Dabei sollte man zum Beispiel wissen, Situation 14 was passieren muss, falls das Spielgerät in einem ganz bestimmten Der Ball platzt nach der Ausfüh- Moment sein Innerstes nach außen kehrt. rung eines Strafstoßes, ohne dass er vorher von einem anderen Spie- ler, dem Torwart oder einer ande- Situation 1 Situation 6 Situation 12 ren Person auf dem Weg ins Tor Der Ball rollt auf das leere Tor zu. Ein Spieler in einer Abseitsstellung Ein Abwehrspieler verlässt das berührt wird. Wie hat der Schieds- Ein Auswechselspieler, der sich erhält den Ball, der von einem Spielfeld über die Torlinie, damit richter das Spiel fortsetzen zu las- neben dem Tor aufwärmt, läuft auf Abwehrspieler und einem Mitspie- sein Gegenspieler sich in einer sen? das Spielfeld, um dieses Tor gegen ler gleichzeitig gespielt wurde. vermeintlichen Abseitsstellung seine Mannschaft zu verhindern. Welche Entscheidung trifft der befindet. Welche Maßnahmen Er berührt dabei den Ball, der aber Schiedsrichter? ergreift der Schiedsrichter? Situation 15 trotzdem ins Tor geht, mit dem Während sich das Spielgeschehen Fuß. Wie hat der Schiedsrichter zu Situation 7 Situation 13 im anderen Strafraum befindet, entscheiden? Ein Freistoß wird schnell ausge- Der Trainer von Mannschaft A wird stürmt ein Zuschauer den Platz führt. Ein Gegenspieler, der weni- in der 55. Minute wegen Beleidi- und attackiert den Torwart. Dieser Situation 2 ger als 9,15 Meter vom Ball ent- gung des Schiedsrichter-Assisten- stößt den Zuschauer zu Boden und Der Schiedsrichter muss das Spiel fernt ist, hält den Ball auf, indem ten aus dem Innenraum verwiesen. tritt dem jetzt am Boden liegenden mit einem Schiedsrichter-Ball fort- er den Fuß herausstellt. Welche In der 80. Minute steht dieser Trai- Zuschauer zweimal in den Bauch. setzen. Die Spieler einer Mannschaft Entscheidung trifft der Schieds- ner als Auswechselspieler seiner Wie muss der Schiedsrichter ent- haben jedoch keinerlei Interesse richter? Mannschaft bereit und soll nun scheiden? beim Schiedsrichter-Ball zugegen zu sein und weigern sich, an der Situation 8 Ausführung teilzunehmen. Welche Welche Entscheidung trifft der Entscheidung trifft der Schiedsrich- Schiedsrichter, wenn ein Spieler ter? von außerhalb des Strafraums einen direkten Freistoß ins eigene Situation 3 Tor schießt? Mannschaft A führt zu Spielbeginn den Anstoß aus. Zu Beginn der zweiten Halbzeit spielt die gleiche Situation 9 Mannschaft nochmals an. Nach Bei der Ausführung eines Strafsto- etwa einer Minute bemerkt der ßes hat der Schiedsrichter den Ball Schiedsrichter dies. Was nun? mit einem Pfiff freigegeben. Jetzt führt ein Mitspieler des vorgesehe- nen Schützen den Strafstoß aus. Situation 4 Der Ball geht nicht ins Tor und Ein Spieler, der ausgewechselt bleibt im Spiel. Wie entscheidet wird, verlässt das Spielfeld, und der Schiedsrichter? der Schiedsrichter gibt dem einzu- wechselnden Spieler das Zeichen, das Spielfeld zu betreten. Bevor Situation 10 jedoch der Einwechselspieler das Während der Ball im Spiel ist, Spielfeld betreten hat, will er einen macht ein Spieler eine beleidigende Einwurf ausführen. Ist dies Geste in Richtung der Zuschauer. erlaubt? Welche Entscheidung trifft der Schiedsrichter? Situation 5 Ein Spieler führt einen Einwurf in Situation 11 Richtung des gegnerischen Tores Ein Auswechselspieler betritt, wäh- aus. Ein Abwehrspieler, der auf rend seine Mannschaft im Angriff der Torlinie steht, verhindert mit ist, ohne Genehmigung das Spiel- einem absichtlichen Handspiel, feld und greift ins Spiel ein. Wie dass der Ball ins Tor geht. Wie ent- und wo setzt der Schiedsrichter Ein geplatzter Ball sorgt auch in hektischen Spielen für gute scheidet der Schiedsrichter? das Spiel fort? Stimmung.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 15 Lehrwesen Vorbeugen ist besser a Dass Schiedsrichter immer nur auf das reagieren können, was Spieler tun, ist eine Binsenweisheit – abe das Erscheinen des DFB-Lehrbriefs Nr. 42 zum Anlass, auf den Zusammenhang zwischen präventivem Ve von Verletzungen hinzuweisen.

eginnen wir heute einmal mit oder die komplizierte Schulterver- Beinem älteren Zitat aus dem letzung manches Mal schon das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ Ende der Fußballkarriere. Sie sind über einen Fußballspieler: „Um den dann froh, wenn sie nach langer Rasen-Akrobaten zu bremsen, Verletzungspause wenigstens wie- brachten ihn Abwehrspieler unfair der ihre berufliche Tätigkeit auf- zu Fall, oder sie stoppten ihn durch nehmen können. brutale Tritte. 1956 zog er sich eine Hüftverletzung zu. Aber Ehrgeiz Diese Fußballspieler gehören zu und Klub-Anhänglichkeit trieben den rund 40 Millionen Menschen, ihn noch im Stützkorsett aufs Fuß- die in Deutschland regelmäßig ballfeld. Rempler und Stürze verur- Sport treiben, und damit ihre sachten 1957 einen schmerzhaften Gesundheit fördern und erhalten Bandscheiben-Schaden.“ wollen. Ihnen ist meist aber auch bewusst, dass Training und Wett- Die Rede ist hier von Uwe Seeler, kampf in vielen Sportarten das dem Ehrenspielführer unserer Risiko einer mehr oder weniger Nationalmannschaft. Schon zu schweren Verletzung in sich tragen – Beginn seiner beeindruckenden egal, ob bei Profis oder Amateu- Karriere und auch später musste ren. er mit Verletzungen zurechtkom- men, die zu einem Teil auch sei- Im Fußball vertrauen sie auf die nem Spielstil geschuldet waren. grundsätzliche Fairness der Seeler war ein Mittelstürmer alter Gegenspieler und auf den Schutz Schule, der sich von nichts und durch den Schiedsrichter. Nun niemandem davon abbringen ließ, kann der zwar keinen Muskelfaser- Torgefährliche Spieler sind oft besonders verletzungsgefähr- den Ball irgendwie im gegneri- riss im Oberschenkel verhindern, det: Uwe Seeler wird Anfang der 60er-Jahre in einem Meister- schen Tor unterzubringen. Dabei der einen Spieler mangels Fitness schaftsspiel der Oberliga Nord vom Platz getragen. Unten: musste er enorm viel von seinen ereilt. Aber er kann starken Ein- 1966 muss ihn DFB-Masseur Erich Deuser im WM-Halbfinale Gegenspielern einstecken, die fluss auf den Charakter des Spiels gegen die UdSSR behandeln. Torwart Lew Jaschin schaut zu. sich gegen den Hamburger häufig und damit auf das Verhalten der einfach nicht anders zu helfen Spieler nehmen. Zum einen geben wussten. ihm die Regeln allerlei Möglichkei- ten an die Hand. Neben den Spiel- Nun steht es uns nicht zu, aus der strafen „Freistoß“ und „Strafstoß“ zeitlichen Entfernung zu beurtei- kann er mit Ermahnungen, Verwar- len, ob Uwe Seeler immer den aus- nungen und Feldverweisen gegen reichenden Schutz der Schieds- fahrlässiges, übermäßig hartes richter genossen hat. Bis heute oder rücksichtsloses Spielen vor- unvergessen sind jedenfalls seine gehen. Mit einer mutigen Anwen- Einstellung – er jammerte nie – und dung dieser Sanktionsmöglichkei- sein unbedingter Wille, alles für ten kann er ein deutliches Zeichen den Erfolg des HSV und der National- setzen und präventiv auf den Fort- mannschaft hinzunehmen. gang des Spiels einwirken. „Das lasse ich nicht durchgehen!“, sig- Doch während Uwe Seeler selbst nalisiert den Spielern, wo der nach schweren Verletzungen Schiedsrichter die Grenzen zieht. immer wieder den Weg zurück zum Fußball fand, bedeutet für viele Es ist eminent wichtig, die fair Spieler der Bruch des Schienbeins, spielenden Akteure vor gesund- die schwere Gehirnerschütterung heitsgefährdenden Aktionen ihrer

16 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 der kurze absichtliche Tritt gegen von Schleswig-Holsteins Schieds- die Achillessehne oder auf den Fuß richter-Obmann Holger Wohlers: und der verdeckte Faustschlag in „Eine Disziplinarmaßnahme muss den Rücken – damit glauben Profi- für den fehlbaren Spieler und für ls verletzen spieler, sich Vorteile verschaffen die übrigen Aktiven auch in der zu können. Und animieren so Spie- Außenwirkung als Strafe erkenn- er auch nicht ganz richtig. Günther Thielking nimmt ler in unteren Klassen, sich ähnlich bar sein, sie darf nicht zum bloßen erhalten des Unparteiischen und der Vermeidung zu verhalten. Verwaltungsakt werden. Nur dann hat sie als Sanktion zugleich eine Dass man da mit Ermahnungen präventive Wirkung.“ kaum noch etwas ausrichten kann, Gegenspieler zu schützen. Denn hälften. Vor allem in den unteren berichten die Verfasser im Lehr- Die Verfasser des Lehrbriefs geben beim Fußball ist das Verletzungsri- Amateurklassen reicht zu diesem brief 42 anhand einer Umfrage für die Gruppen-Lehrabende eine siko hoch. Zeitpunkt häufig die Kraft nicht unter 184 Schiedsrichtern. Sie soll- Reihe von didaktischen und

Aus einer Untersuchung, die von „Focus online“ veröffentlicht wurde, geht hervor, dass rund 500.000 der pro Jahr in Deutsch- land registrierten Sportverletzun- gen auf das Konto von Fußballspie- lern gehen. Bei dieser absoluten Zahl muss man natürlich berück - sichtigen, dass Fußball in Deutsch- land die am häufigsten ausgeübte Sportart ist. DFB-Vizepräsident Hermann Korfmacher erklärte hierzu beim DFB-Amateurkongress im Februar in Kassel: „Der Freizeit- fußball in Deutschland hat gewaltige Dimensionen. Es gibt weit über 80.000 organisierte Spiele pro Wochenende und damit 160.000 Mannschaften, die regelmäßig Fuß- ball spielen. Eingebunden darin sind drei Millionen Spieler und Betreuer.“

Dazu kommt natürlich, dass Fuß- ball als Kontaktsport wesentlich vom Zweikampfverhalten und der körperlichen Auseinandersetzung zweier Kontrahenten geprägt ist. mehr, es kommt zu unkontrolliertem ten die Wirkung von Ermahnungen methodischen Hinweisen, aus Erlaubte Härte und Unfairness sind Zweikampfverhalten, das die Verlet- und Persönlichen Strafen auf das denen deutlich wird, wie man sich oft nah beieinander, so dass das zungsgefahr ansteigen lässt. weitere Fairness-Verhalten des die „Sieben Leitlinien“ (siehe Gra- Verletzungsrisiko in jedem Spiel betroffenen Spielers sowie seiner fik) erarbeiten kann. Dazu gehören gegeben ist. Dass dieses Risiko im Der Schiedsrichter muss also Mannschaft, wie auch der gegneri- Rollenspiele, in denen die Akteure Wettkampf deutlich höher liegt als schon, bevor es in die „kritischen“ schen Mannschaft einschätzen. mögliche Konflikt-Situationen simu- beim Training, kann man nachvoll- Phasen eines Spiels geht, deutli- Deutlich wurde dabei, dass eine lieren, ebenso wie die Analyse von ziehen. che Zeichen für eine Spielweise einfache Ermahnung die weitere Videoszenen, das Lösen von Fall- gesetzt haben, bei der die Gesund- Spielweise wenig beeinflusst. Eine beispielen und der Erfahrungsaus- Wichtig für Schiedsrichter, die ihr heit der Gegenspieler im Kampf Erläuterung gibt dazu Axel Martin, tausch im Gruppengespräch mit Spiel nicht nur einfach runter pfei- um den Ball geachtet wird. der Schiedsrichter-Lehrwart im erfahrenen Unparteiischen. fen, sondern auch in einem präven- Kreis Cuxhaven: „Leider verstehen tiven Sinn leiten wollen, ist diese Dabei wird diese Aufgabe für den manche Spieler oft nur Klartext. Ziel muss es bei diesen Übungen Erkenntnis: Zwischen der 31. und der Schiedsrichter immer schwieriger, Sie fordern durch ihre aggressive sein, den Schiedsrichtern immer 45. sowie der 76. und 90. Spielminute weil die Hemmschwelle, den Spielweise und ihr Verhalten gera- wieder deutlich zu machen, dass ereignen sich laut Statistik die meis - Gegenspieler zu verletzen, erkenn- dezu die Gelbe Karte ein und spie- sie durch gezielte präventive Maß- ten Verletzungen. Die Ursache dafür bar sinkt: Fahrlässiger bis gezielter len erst danach rücksichtsvoller.“ nahmen wesentlich zu einem fai- ist eine physische wie auch eine Einsatz des Ellenbogens; die Unsitte, ren Spielverlauf und damit zum psychische Überlastung in der nicht mehr über den am Boden lie- Ein weiterer Aspekt zur Bedeutung Schutz der Gesundheit der Spieler jeweiligen Schlussphase der Spiel- genden Torwart hinwegzuspringen; der Persönlichen Strafen kommt beitragen. ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 17 Regel-Test Antworten

wird. Diese Person hat unverzüg- lich den Innenraum zu verlassen und darf in keiner Funktion mehr Wenn der Ball platzt am Spiel teilnehmen. Die Rote Karte muss nicht mehr gezeigt So werden die auf Seite 15 beschriebenen Situationen richtig gelöst. werden, da bereits ein gültiger Feldverweis erfolgt ist. Situation 1 Abseits stehenden Angreifers vor. und Verwarnung für unerlaubtes Indirekter Freistoß. Der Spieler Deshalb bestraft der Schiedsrich- Betreten des Spielfeldes. Auch hier Situation 14 wird verwarnt; Spielfortsetzung ter diese Abseitsstellung mit ist zu beachten, ob eventuell eine Wiederholung des Strafstoßes. Die auf der Torraumlinie. Bei Einwir- einem indirekten Freistoß. Vorteils-Situation für die andere bisherige Regelung (Schiedsrich- kungen auf das Spielgerät durch Mannschaft besteht. Bei unerlaub- ter-Ball) wurde von der FIFA im äußere Einflüsse kann es keinen Situation 7 tem Betreten oder Verlassen des vergangenen Jahr geändert. Diese Vorteil geben. Mehr als „Gelb“ ist Der Gegenspieler wird wegen Spielfeldes haben wir die sinnvolle Änderung wird von den auch nicht möglich, da der Spieler Nichteinhaltung des vorgeschrie- Besonderheit, dass die Unsport- Schiedsrichtern begrüßt. ja nur „Fußball spielt“, eben mit benen Abstands verwarnt und der lichkeit nicht dort bestraft wird, dem Fuß. Er wird lediglich für das Freistoß wiederholt, da der Spieler wo sie verübt wird, sondern dort, Situation 15 unerlaubte Betreten des Spielfel- hier aktiv wurde. Wäre er zum Bei- wo sich der Ball bei der Unterbre- Das Spiel wird mit einem Schieds- des verwarnt. spiel lediglich beim Entfernen vom chung befindet – Sonderfall! richter-Ball an der Stelle fortge- Ort der Spielfortsetzung ange- setzt, an der sich der Ball zum Situation 2 schossen worden, müsste das Spiel Situation 12 Zeitpunkt des Pfiffes befand. Der Er lässt den Ball aus Brusthöhe an weiterlaufen. Da er aber aktiv auf Der Schiedsrichter lässt weiter- Torwart ist mit „Rot“ des Feldes zu der Stelle fallen, an der das Spiel die Ausführung einwirkt, muss er spielen, wenn sich die gegnerische verweisen. Dass der Torwart den unterbrochen wurde und führt bestraft werden. Mannschaft im Ballbesitz befindet. Zuschauer nicht nur abwehrt, son- somit diesen Schiedsrichter-Ball Für die Abseitsbewertung zählt dern anschließend selbst körper- aus. Es ist nicht vorgeschrieben, Situation 8 dieser Spieler als auf der „Torlinie lich attackiert, ist nicht zu tolerie- wie viele Spieler generell und wie Er entscheidet auf Eckstoß für die stehend“. Sobald der Ball aus dem ren und mit einem Feldverweis zu viele Spieler von einer Mannschaft gegnerische Mannschaft, da aus Spiel ist, verwarnt er diesen bestrafen. Das Spiel wird mit daran teilnehmen müssen. einem Vorteil nicht unmittelbar ein Abwehrspieler, da er das Spielfeld einem Schiedsrichter-Ball fortge- Nachteil entstehen kann. Hätte absichtlich und ohne Genehmi- setzt, da (Chronologie der Ereig- Situation 3 aber der Torwart den Ball noch gung des Schiedsrichters verlas- nisse) der Zuschauer zuerst uner- Er lässt weiterspielen und meldet berührt, wäre das Tor gültig, da sen hat. laubt den Platz betreten hat und dann seinen Fehler nach Spielende der Nachteil nicht „unmittelbar“ somit Auslöser für die Unterbre- im Spielbericht. entstanden ist. Situation 13 chung ist. Erst danach wird Es spielt keine Rolle, ob jemand in dieser Zuschauer vom Torwart Situation 4 Situation 9 der Funktion eines Trainers, eines getreten (siehe hierzu auch Aus - Nein. Weil er das Spielfeld noch Der Schiedsrichter unterbricht das Spielers oder in einer anderen gabe Nr. 2/2012, Seite 18 der nicht betreten hat und deshalb Spiel, setzt es mit einem indirekten Funktion des Feldes verwiesen Schiedsrichter-Zeitung). noch nicht als eingewechselt gilt. Freistoß gegen die ausführende Auch wenn dies auf den ersten Mannschaft an der Stelle fort, an Blick etwas pedantisch aussieht, der der Mitspieler den Strafraum so ist hier zu bedenken, dass betreten hat. Dieser nicht identifi- immer ein Betreten des Spielfelds zierte Schütze wird behandelt wie erfolgt sein muss, und wenn es nur ein zu früh in den Strafraum lau- mit einem Fuß ist. fender Spieler. Der Spieler wird nicht verwarnt. Situation 5 Der Schiedsrichter verwarnt den Situation 10 Abwehrspieler und setzt das Spiel Der Schiedsrichter unterbricht das mit einem Strafstoß fort. Ein Feld- Spiel, verweist den schuldigen verweis ist nicht möglich, da der Spieler mit „Rot“ des Feldes und Abwehrspieler hier kein Tor verhin- entscheidet auf indirekten Freistoß dert. Denn aus einem Einwurf kann für die gegnerische Mannschaft an nicht direkt ein Treffer erzielt wer- der Stelle, wo sich der Spieler zum den. Zeitpunkt der Unterbrechung befand. Vor dem Pfiff ist natürlich Situation 6 immer die Vorteil-Bestimmung zu Grundsätzlich muss der Schieds- beachten. richter eine Entscheidung fällen, wer den Ball zuerst gespielt hat. In Situation 11 jedem Fall liegt aber hier eine Ball- Indirekter Freistoß, wo sich der Der Sachverhalt ist deutlich, aber wie sieht es mit der Spiel - berührung des Mitspielers des im Ball bei der Unterbrechung befand fortsetzung aus?

18 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 Analyse So etwas tut richtig weh Lutz Wagner und Lutz Lüttig beginnen ihre Rückschau auf lehrreiche Szenen aus der Bundesliga mit einem Vorfall bei einem Spiel in Kaiserslautern, der Schmerzen auslöste. Die waren für die Beteiligten allerdings unterschiedlicher Art.

Foto 1 ihnen diese Szene durch den Kopf, immer wieder dieselbe Frage: Kouemaha trifft mit seinem viel Warum haben wir das nicht zu hohen Bein Prödl im Gesicht. erkannt? Diese Art von Schmerz, den jeder Schiedsrichter schon einmal erlebt hat, ist allerdings gering im Vergleich zu dem des getroffenen Spielers: Prödl trug einen doppelten Kieferbruch davon und fiel wochenlang aus.

19. SPIELTAG Ein Handspiel festzustellen, ist meistens gar nicht schwierig. Zuschauer und Spieler liegen sehr oft richtig mit dem Ruf: „Hand!“ Aber das allein reicht als Kriterium für einen Pfiff nicht aus. Der Schieds- richter muss neben der Tatsache an sich in Sekundenbruchteilen entscheiden, ob dieses Handspiel zu bestrafen ist oder nicht. Gleich zwei Mal ist das an diesem Spiel- 18. SPIELTAG Folge gehabt hätte, ein Foul, das aber den Pfiff dann doch unter- tag ganz schön knifflig. ■ 1. FC Kaiserslautern – Werder mit einem direkten Freistoß zu lässt. Dabei gilt wie in allen Bremen bestrafen ist; in diesem Fall – Lebenslagen, in denen rasche Ent- ■ Hertha BSC Berlin – Es läuft die 25. Minute, Werder innerhalb des Strafraums – mit scheidungen getroffen werden Hamburger SV Bremen ist im Angriff. Die Situa- Strafstoß. müssen, auch für Schiedsrichter in Im Olympiastadion schießt der tion, die gerade entsteht, hat meh- den allermeisten Fällen dieses Berliner Niemeyer aus zwölf rere Hauptpersonen: einen Stür- Dass ein „Gefährliches Spiel“ ungeschriebene Gesetz: Der erste Metern aufs Tor. Unmittelbar vor mer, der versucht, den Ball im durch einen Körperkontakt zum Gedanke ist immer der beste. ihm wendet sich HSV-Abwehrspie- eigenen Torraum mit einem Fall- Verbotenen Spiel wird, kommt ler Bruma nach rechts ab, um den rückzieher zu klären; einen nicht sehr häufig vor. Das ist viel- Dass ein solch missglückter Ablauf Ball nicht in den Magen oder ins Abwehrspieler, der den Ball im leicht ein Grund dafür, dass sich den Schiedsrichter – und auch sei- Gesicht zu bekommen. Dabei gegnerischen Torraum köpfen will; manche Schiedsrichter scheuen, nen Assistenten, der eine sehr schwingt sein rechter Arm mit und sowie einen Schiedsrichter und die in einem solchen Fall notwendige gute Sicht hatte – schmerzt, liegt wird nun sozusagen „hinterrücks“ einen Assistenten, die trotz aller Spielstrafe auszusprechen und auf der Hand. Immer wieder geht vom Ball getroffen (Foto 2). Absprachen vor dem Spiel bei der sich lieber auf den indirekten Frei- Bewertung des Vorgangs zu einem stoß „zurückziehen“. Die Persönli- Foto 2 falschen Urteil kommen. che Strafe muss in der geschilder- ten Szene eine Gelbe Karte sein, da Die Fakten: Es ist ein klarer Tritt das Treten nach dem Ball „rück- des Lauterers Kouemaha, der mit sichtslos“ (Wortwahl der FIFA für seinem Fuß Werder-Abwehrspieler eine zwingende Verwarnung) ist. Sebastian Prödl im Gesicht trifft, „Rot“ kommt hier nicht in Frage, unmittelbar nachdem er den Ball da der Angriff von Kouemaha dem weit über Kopfhöhe in nahezu Ball gilt. artistischer Art und Weise wegge- schlagen hat (Foto 1). Dadurch Die TV-Bilder zeigen, dass der wird aus dem „Gefährlichen Spiel“, Schiedsrichter seine Pfeife zum Niemeyer schießt aufs Tor und trifft die Hand des sich abdre- das einen indirekten Freistoß zur Mund führt, zum Assistenten blickt, henden Bruma.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 19 Analyse

Foto 3 Auch wenn der Ball eindeutig aus dem Rhythmus und zu Fall gegen den Arm des Hamburger bringt, auch weil der Angreifer ja Verteidigers fliegt, kann weder von häufig in hohem Tempo auf dem einem absichtlichen Handspiel Weg zum Tor ist. noch von einer unnatürlichen Kör- perhaltung gesprochen werden. 20. SPIELTAG Der Arm beziehungsweise die Hand Ein Spieltag mit sehr vielen kniffli- bewegt sich nicht aktiv zum Ball. gen Abseits-Situationen, von Es handelt sich um eine natürliche denen wir hier zwei noch einmal Körperbewegung, um die Balance betrachten wollen. zu halten. Schiedsrichter lässt völlig zu Recht ■ VfL Wolfsburg – Borussia Mön- weiterspielen. chengladbach Bei einer flachen Hereingabe von Strafbar? Der Ball fliegt an Boatengs Ellenbogen. ■ Bayern München – VfL Wolfsburg der linken Seite steht der Stürmer Sehr viel näher an der Grenze zum Sebastian Polter knapp im Abseits Foto 4 strafbaren Handspiel ist die Aktion (Foto 5a). Er versucht dann mit von Jerome Boateng beim Hoch- einem „langen Bein“ den Ball zu springen in der „Mauer“ einzu- erreichen, um ihn aufs Tor zu len- schätzen (Foto 3). Letztlich spre- ken. Der Wolfsburger verpasst den chen aber auch hier die Kriterien Ball knapp (Foto 5b), hat aber für Weiterspielen: abgewinkelter, gleich drei Kriterien erfüllt, die aber fast am Körper angelegter seine Abseitsstellung strafbar Arm, der sich nicht auf Gesichts- machen. Zunächst bindet er in beziehungsweise Kopfhöhe oder zentraler Position einen Abwehr- gar darüber befindet. Zudem han- spieler, geht dann aktiv zum Ball delt es sich um eine doch relativ und irritiert damit den Torwart. natürliche Sprungbewegung. Hätte Das Tor, das im nächsten Augen- Boateng seinen Arm weiter vom blick von Sio erzielt wird, kann Körper weg und deutlicher zum deshalb nicht anerkannt werden. Szalai hat eine eindeutige Torchance. Ball bewegt, wäre die Grenze über- Assistent Sascha Thielert hat die schritten gewesen. So lässt auch Situation perfekt „gelesen“ und Foto 5a Schiedsrichter Zwayer hier weiter- die Fahne schon gehoben, als der spielen, und das ist absolut ver- Ball noch gar nicht im Tor ist. tretbar. ■ 1. FC Kaiserlautern – 1. FC Köln ■ FSV 05 – SC Freiburg Ein Schuss des Kölners Jajalo von Es läuft erst die 4. Minute dieses der linken Seite wird von Torwart Spiels: Der Mainzer Angreifer Sza- Trapp zur Mitte hin abgewehrt. Cle- lai läuft in hohem Tempo zentral in mens schießt fast von der Straf- den Strafraum hinein und hat den raumgrenze aufs Tor (Foto 6). Sein Ball einschussbereit vor den Füßen Kollege Novakovic lenkt den Ball (Foto 4). Verteidiger Diagne, der mit dem Kopf ins Netz – und muss unmittelbar hinter ihm ist, berührt seinen Jubel schnell wieder abbre- beim Versuch, an den Ball zu kom- chen. Denn Mike Pickel signalisiert men, seinen Gegenspieler. Der Schiedsrichter Stark eine Abseits- Beim Abspiel steht Polter knapp im Abseits… kommt dadurch zu Fall. Schieds- stellung des Kölners. Und zwar zu richter Schmidt erkennt auf Straf- Recht, auch wenn Novakovic rekla- Foto 5b stoß. miert, dass doch ein Abwehrspieler auf der Linie gestanden hätte. Dadurch bleibt ihm nichts anderes übrig, als den Regeln entspre- Das hatte er zwar gut erkannt, ent- chend den Freiburger Abwehrspie- gangen war dem vermeintlichen ler vom Platz zu stellen. Denn bei Torschützen allerdings, dass dies der Persönlichen Strafe für das der einzige Gegner war, den er Vereiteln einer klaren Torchance noch vor sich hatte, als sein Kollege spielt die Intensität des Foulspiels Clemens den Ball schoss. Torwart keine Rolle. Das Foul kann so Trapp war nämlich bei seiner „klein“ sein, dass nicht einmal eine Abwehraktion aus dem Tor heraus- Absicht vorliegen muss. Es reicht gekommen und nun beim Schuss die Fahrlässigkeit einer leichten von Clemens lediglich der dritt- … und versucht mit einem Sprung an den Ball zu kommen. Berührung des Gegners, die ihn letzte Abwehrspieler. Ein Beispiel

20 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 für hohe Konzentration beim Assis - ihm im wahrsten Sinne des Wortes Foto 6 tenten, der diese nicht alltägliche die Stirn. Dabei trat er ihm auch Situation problemlos meisterte. noch auf den Fuß. De Camargo stürzte zu Boden, wobei die TV-Bil- 21. SPIELTAG der den starken Eindruck vermittel- ■ VfB Stuttgart – Hertha BSC ten, dass es sich dabei um eine thea - Berlin tralische Einlage handelte. Weil das Nach einem Freistoß von links für Spiel bis dahin nicht unterbrochen den VfB Stuttgart wird der Ball war, gab es außer dem Feldverweis Richtung Torraum geköpft. Fast für Hubnik auch noch einen Straf- zeitgleich springen Herthas Tor- stoß gegen Hertha BSC. wart Kraft und Ibisevic zum Ball. Der Stürmer versucht allerdings Uns interessiert hier, ob der nicht, ihn zu köpfen, sondern ist Schiedsrichter diese Situation Novakovic (im Torraum) hat nur einen Gegner vor sich. mit dem Fuß in Kopfhöhe um hätte vermeiden können. Natür- Sekundenbruchteile schneller als lich, sagen einige, mit einem Frei- Foto 7a der Torwart und erzielt so das 1:0 stoß-Pfiff für die Berliner beim (Foto 7a). Ein Kontakt zwischen Schubser des Angreifers wäre alles den beiden findet bei diesem spek- klar gewesen. Ob Hubnik nicht den- takulären Tor zwar nicht statt, den- noch auf de Camargo zugerannt noch hätte der Treffer nicht aner- wäre, wissen sie natürlich auch kannt werden dürfen, weil Ibisevic nicht, aber zumindest hätte es mit seinem „hohen Bein“ den her- wegen der Spielunterbrechung anspringenden Torwart in Gefahr dann keinen Strafstoß mehr geben bringt. Ein indirekter Freistoß für können. Hertha BSC wäre besser gewesen. Nun wird ja jedem Unparteiischen In der Wahrnehmung des Schieds- angeraten – und in den Profiligen richters lag hier keine Behinde- geradezu von den Beteiligten rung des Torwarts vor, sonst hätte gefordert – das Spiel so selten wie Die Angst des Torwarts ist gut erkennbar. er den Treffer ja nicht anerkannt. möglich zu unterbrechen. Und Sein Problem in diesem Moment: wenn der Schiedsrichter dieses Foto 7b Er hatte nach der Ausführung des Spiels argumentiert, dass er auf Freistoßes den falschen Laufweg diesen Pfiff verzichtet hat, weil der gewählt. Statt sich links in den Torwart den Ball bereits in den Strafraum zu begeben, um die für Händen hielt und er ihm die Mög- die folgende Situation notwendige lichkeit geben wollte, das Spiel Seiteneinsicht zu gewinnen, lief er „schnell zu machen“, so kann man entlang der Strafraumlinie zur ihm kaum widersprechen. Mitte (Foto 7b). Aus dieser zentra- len Position konnte er zwar den Dass der Torwart dieses „Vorteils- Scherenschlag von Ibisevic erken- Angebot“ nicht angenommen, son- nen, hatte aber keine Möglichkeit, dern lieber seinem Mitspieler Hub- die Entfernung zwischen Torhüter nik bei dessen Aktion zugeschaut und Angreifer abzuschätzen. hat, kann man dem Schiedsrichter nicht zum Vorwurf machen. Er Der Schiedsrichter hat keine Seiteneinsicht. DFB-POKAL wollte sich spielfördernd verhalten ■ Hertha BSC Berlin – Borussia und konnte beim besten Willen Foto 8a Mönchengladbach nicht ahnen, dass Hubnik nach Viel ist gesprochen und geschrie- einer solch harmlosen Aktion eine ben worden über die schauspiele- derartige Attacke reiten würde. rische Leistung des Gladbachers de Camargo und die Rote Karte für Für die Schiedsrichter aller Spiel- den Berliner Hubnik in diesem klassen lässt sich daraus aber Viertelfinalspiel. Der Abwehrspie- doch dies ableiten: Vorteil ist nicht ler war im eigenen Strafraum, immer gleich Vorteil, schon gar nachdem ihn Igor de Camargo nicht in der eigenen Hälfte und geschubst hatte (Foto 8a) und erst recht nicht im eigenen Straf- Hubnik über seinen eigenen Tor- raum. Rechtzeitiges Eingreifen und wart gestürzt war, wutentbrannt sofortiges Unterbrechen unterbin- auf den Gladbacher zugestürmt den viele Situationen schon im (Foto 8b, nächste Seite) und bot Vorfeld und lassen sie gar nicht De Camargo stößt Hubnik in Richtung Torwart.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 21 Analyse

Foto 8b erst nicht entstehen. Es ist sicher- dabei nicht schwer verletzt wird, lich nicht übertrieben zu behaup- liegt wohl nur daran, dass er zu ten: Je tiefer die Spielklasse, desto dem Zeitpunkt sein Gewicht auf vorsichtiger sollte man die Vorteil- dem anderen Bein hat. Bestimmung anwenden. Das spielt aber für die Strafzu- 22. SPIELTAG messung keine Rolle. Eine derar- ■ Hamburger SV – Werder Bremen tig gesundheitsgefährdende „Als Ballbesitz durch den Torhüter Spielweise, die eine sehr schwere gilt auch, wenn er den Ball absicht- Verletzung zur Folge haben kann lich von der Hand oder vom Arm und einzig und allein gegen den abprallen lässt.“ Diese Passage aus Gegenspieler gerichtet ist, muss der Regel 12 ist Torhüter Wiese vom Schiedsrichter zwingend mit wohl entfallen, als er völlig unbe- „Rot“ bestraft werden. Peter Sip- Hubnik rennt zu de Camargo, Torwart Kraft schaut zu. drängt den Ball kurz vor der pel ist im Höchsttempo am „Tatort“ Grundlinie von der linken Hand und zieht schon im Heranlaufen Foto 9a abklatschen lässt (Foto 9a) – eine die Rote Karte aus der Tasche. Das kontrollierte Aktion, die regeltech- ist in solch einem Fall von bruta- nisch eben als Ballbesitz zählt. lem Spiel durchaus sinnvoll. Denn Danach darf ein Torwart den Ball es signalisiert den ebenfalls hin- erst wieder mit der Hand spielen, zueilenden Mitspielern des Tor- wenn ihn ein anderer Spieler warts, dass die Strafe sofort berührt hat. erfolgt und keinerlei Versuche von Selbstjustiz notwendig sind. Wiese aber stellt sich hinter den am Boden liegenden Ball und war- 25. SPIELTAG tet, um ein bisschen Zeit zu schin- ■ 1. FC Köln – Hertha BSC Berlin den, bis ein Angreifer zu ihm läuft. Aus diesem äußerst schwierigen Dann nimmt er den Ball auf Spiel sind gleich drei Szenen auf- (Foto 9b) – und hört im nächsten zuarbeiten. Zwei davon wurden Torwart Wiese klatscht den Ball ab … Moment den Pfiff von Schiedsrich- von Guido Winkmann und seinem ter Thorsten Kinhöfer. Der ver- Team erstklassig gelöst, die dritte Foto 9b hängt völlig zu Recht einen indi- leider nicht. Dass der Ablauf die- rekten Freistoß. Der Werder-Tor- ser letzten Szene im öffentlichen wart ist konsterniert, weshalb ihm Gedächtnis bleibt und die Auflö- der Schiedsrichter seinen Fehler sung der beiden anderen kniffli- kurz erläutert und anzeigt, dass er gen Situationen als selbstver- den Ball zwei Mal mit der Hand ständlich angesehen wird und gespielt hat. deshalb schnell in Vergessenheit gerät, ist schon immer das Los Ergänzt sei noch dies: Nicht als der Schiedsrichter gewesen. Ballbesitz gilt selbstverständlich, „wenn der Ball zufällig vom Torhü- Szene 1: Nach einer Flanke von ter wegspringt, zum Beispiel nach rechts köpft der Kölner Peszko, einer Parade“, wie es im Regeltext schon im gegnerischen Strafraum, heißt. Gemeint ist natürlich sein den Ball ins Angriffszentrum. Zeit- … und nimmt ihn Momente später in die Hand. Arm inklusive der Hand. gleich stehen Podolski auf der Torraumlinie und Brecko weit Foto 10 24. SPIELTAG rechts außen im Abseits (Foto 11a). ■ Hamburger SV – VfB Stuttgart Als Podolski sich kurz Richtung Es läuft die 54. Minute, der HSV Ball orientiert, hätte der Assistent liegt mit 0:3 zurück. Ein von Abseits winken können. Er ver- Angreifer Guerrero abgefälschter zichtet jedoch vertretbar darauf, Ball fliegt Richtung Eckfahne. da Abwehrspieler Hubnik Stuttgarts Torwart Ulreich läuft etwa vier Meter von Podolski ent- zum Ball, um ihn ins Aus zu fernt versucht, den Ball aus der „begleiten“. Was er nicht sieht: Gefahrenzone zu schlagen. Er Guerrero rennt in hohem Tempo trifft zwar im Sprung den Ball hinter ihm her und springt Ulreich (Foto 11b), aber der landet direkt mit gestrecktem Bein und offener beim Kölner Brecko, der sich ja Sohle vehement gegen die linke gerade noch im Abseits befunden Dieses Bild spricht für sich. Wade (Foto 10). Dass der Torwart hat.

22 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 Das ist nun aber nicht mehr straf- selt Ursache und Wirkung. „Über- Foto 11a bar, weil der Ball von Hubnik nicht zogen“ hat hier lediglich der Spie- einfach abgeprallt ist, sondern ler, der mit seiner übertrieben von dem Berliner Verteidiger harten Aktion eine entsprechende bewusst gespielt wurde. Das hebt Reaktion des Schiedsrichters not- die Abseitsposition von Brecko wendig machte. auf. Das Tor, das die Kölner erzie- len, nachdem Brecko dann den Szene 3: Nach einer berechtigten Ball zu seinem Kollegen Clemens Gelben Karte gegen Kobiashvili abgespielt hat, ist also regulär. erhebt der Berliner Vorwürfe in Richtung des Kölners Riether, weil Zum Glück kommen solche kom- der angeblich „Gelb“ gefordert plizierten Abseits-Situationen ja hatte. Lukas Podolski mischt sich nicht allzu häufig vor, aber schon ein. Kobiashvili packt den Kölner am Spieltag danach entstand vor am Nacken und zieht ihn zu sich Beim Kopfball stehen zwei Kölner im Abseits. dem 1:0 des SC Freiburg beim heran. Podolski will sich aus dem Hamburger SV eine ähnliche Situa - Griff befreien und drückt mit der Foto 11b tion. Diesmal stand sogar der Tor- linken Hand gegen den oberen schütze im Abseits, als eine Flanke Brustbereich des Berliners (Foto 13). von links Richtung Hamburger Strafraum geschickt wurde. Der Inzwischen sind mehrere Spieler Ball wurde vom HSV-Spieler Jaro- hinzugelaufen, es bildet sich ein lim durch ein klares Spielen zum „Rudel“. Guido Winkmann und im Abseits stehenden Gegner seine beiden Assistenten sind in befördert. Auch hier galt: Die der Nähe und beobachten die Strafbarkeit der Abseitsposition Szene. Nachdem sich die Hitzköpfe war erloschen, weil der Ball vom wieder abgeregt haben, zeigt der Gegner gespielt wurde und nicht Schiedsrichter eine weitere Gelbe nur von ihm abgeprallt war. Karte gegen Kobiashvili, der folg- lich mit „Gelb/Rot“ vom Platz Szene 2: Aber zurück zum Spiel muss. Podolski bekommt für seine Hubnik schlägt den Ball Richtung Brecko (hinten rechts). 1. FC Köln gegen Hertha BSC. Als Aktion ebenfalls eine Karte und der Berliner Kobiashvili rund 25 zwar „Rot“. Allerdings zeigten Foto 12 Meter vor dem eigenen Tor Rich- später die TV-Bilder, dass sein tung Mittellinie läuft, wird er vom Verhalten vom Schiedsrichter- Kölner Jajalo mit einer Grätsche Team nicht richtig eingeschätzt von der Seite zu Boden gestreckt wurde, so dass diese Persönliche (Foto 12). Es scheint sich bei man- Strafe zu hart war. chen Spielern und Vereins-Offi- ziellen (sowie Sportjournalisten) Auch wenn die „Rudelbildung“ – immer noch nicht herumgespro- zumindest in den Profiligen – ins- chen zu haben, dass es nicht nur gesamt abgenommen hat, muss für derartige Attacken von hinten man immer mit einem solchen glatt „Rot“ gibt. Ihr Argument: „Er Ausbruch rechnen und deshalb kam doch von der Seite!“ ist in die Aufgabenverteilung für solche einem solchen Fall überhaupt Fälle in der Absprache vor dem nicht das Kriterium. Der Kölner Spiel festlegen. Immer wieder gilt hat mit offener Sohle und es, aufmerksam den Gesamtab- Jajalo tritt seinen Foto 13 gestrecktem Bein seinen Gegen- lauf zu beobachten und auf kei- Gegner brutal um. spieler im Knöchel- und Unter- nen Fall voreilig Notizen zu schenkelbereich getroffen, ohne machen, weil man dabei die dabei den Ball zu spielen. Für Kontrahenten aus den Augen ver- diese mehr als rücksichtslose liert. Spielweise, die ein hohes Verlet- zungsrisiko in sich birgt, kann es Es sei an dieser Stelle noch ein- nur einen Feldverweis geben. mal betont: Insgesamt bot Schiedsrichter Guido Winkmann Auch der Einwand, der Schieds- eine ansonsten sehr gute Leis- richter habe in dieser Situation tung in diesem äußerst schwer zu überzogen, schließlich ginge es leitenden Spiel. Davon bleibt lei- Der Zweikampf doch um so viel in diesem Spiel, der in der Öffentlichkeit wenig bis Kobiashvili gegen ist nicht stichhaltig und verwech- gar nichts übrig. ■ Podolski.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 23 Wissenschaft „Klischees bewusst machen u Immer wieder kommt es auf unseren Sportplätzen zu rassistischen Auseinandersetzungen. Welche Rolle Konflikten spielt, hat Cédric Reichel in seiner Magisterarbeit untersucht. David Bittner hat sich das 142- die Ergebnisse der Arbeit gesprochen.

ürkgücü-Spieler würgt Schieds- Welche Rolle spielt der Schieds- ten lang interviewt. Es stellte sich dem Platz sind ein offener Trichter“ – diese und ähnliche richter bei solchen interkulturellen heraus, dass bei den Schiedsrich- Umgang und eine offene Kommu- Schlagzeilen waren in den vergan- Konflikten? tern Vorurteile bestehen, deren nikation gegenüber den Spielern genen Monaten immer wieder zu sie sich zwar bewusst sind, die meist der Schlüssel zum Erfolg. In lesen. Sind Vereine, in denen über- Reichel: Bei der Frage nach dem aber dennoch schwer auszuschal- türkischen Vereinen zum Beispiel wiegend Fußballer mit Migrations- Ereignis, das zu der strafbaren Tat ten sind. Ein typisches Beispiel ist hat das Alter eines Spielers eine Hintergrund spielen, wirklich so des Spielers führte, gaben 44,5 das Klischee des Südländers, der hohe Bedeutung für das Ansehen schlimm wie ihr Ruf? Prozent der nicht-deutschen Spie- als heißblütiger und emotionaler innerhalb der Mannschaft. Deshalb ler eine Schiedsrichter-Entschei- gilt als der deutsche Spieler. Wenn sollte der Schiedsrichter versu- Cédric Reichel: Bei einer Studie vor dung als ausschlaggebenden es in Spielen mit Migranten zu chen, zu diesen älteren Spielern wenigen Jahren wurden die Gründe Grund an. Es galt für mich also zu Platzverweisen, Auseinanderset- eine Bindung aufzubauen. So kann für 4.000 Platzverweise im Jugend- untersuchen, ob der Schiedsrich- zungen oder zu Eskalationen er die Akzeptanz des ganzen bereich untersucht. Dabei gab es ein- ter solche Konflikte verhindern kommt, muss als Erklärung hierfür Teams gewinnen. deutige Ergebnisse: Die Schwere des kann, oder ob er ihnen machtlos öfters mal das „südländische Tem- Straftatbestands steigt prozentual ausgesetzt ist. perament“ herhalten. In einer Ausgabe der Schiedsrich- ter-Zeitung aus dem Jahr 2007 Welche Auswirkung haben diese werden Handlungsempfehlungen Vorurteile auf die Spielleitung gegeben, wie man als Unpartei- eines Unparteiischen? ischer mit ethnisch verschiedenen Mannschaften umgehen sollte, Reichel: Ein typisches Merkmal zum Beispiel „mehr als sonst auf des heutigen Fußballs ist, dass verbale Aggressionen achten“ und viele Spielsituationen extrem das Spiel „eher kleinlich leiten“... komplex sind. Die menschlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten sind Reichel: Es wird dabei eine konse- dagegen beschränkt, so dass der quente und strenge Spielleitung Schiedsrichter gar nicht alle Infor- empfohlen. Ich zweifle jedoch an, mationen erfassen kann. Erkennt dass bei den erwähnten „heißblü- er eine Situation nicht ganz tigen Südländern“ disziplinarische genau, so greift er im Prozess der Maßnahmen wie das Aussprechen Entscheidungsfindung automa- von Gelben und Roten Karten tisch auf eigentlich irrelevante sowie eine strenge Vorteilausle- Faktoren wie zum Beispiel sein gung – das Spiel nicht „laufen las- Vorwissen zurück. Ist ein Spieler sen“, sondern die „Zügel anzie- in einer Saison schon drei Mal vom hen“ – die richtigen Maßnahmen Platz gestellt worden, traut ihm zur Prävention sind. Vielleicht der Schiedsrichter eher eine Tät- wird gerade dadurch ein weiterer lichkeit zu als einem in der Ver- Grund für Hektik oder Eskalation Wie eine „interkulturelle“ Begegnung letztlich abläuft, hängt gangenheit unauffälligen Akteur. künstlich produziert. auch von der Einstellung des Schiedsrichters gegenüber den Nach dem Motto: „Man kennt ja Spielern ab. seine Pappenheimer.“ In Ihrer Magisterarbeit wird auch der Körperkontakt mit Spielern mit der Beteiligung nicht-deutscher Wie sind Sie dabei vorgegangen? Wie sehen Ihre Empfehlungen für auf dem Platz thematisiert... Spieler. Besonders bei Tätlichkeiten, die Schiedsrichter aus? rohem Spiel und Bedrohungen domi- Reichel: Ich habe zunächst einmal Reichel: Dieser hat in anderen nieren diese Spieler im Vergleich zu versucht herauszufinden, mit wel- Reichel: Es muss eine allgemeine Kulturen eine höhere Bedeutung ihren deutschen Sportkameraden. chen Einstellungen die Schieds- Sensibilisierung bei allen Beteilig- als bei uns. Es ist doch nichts Statistiken belegen zudem, dass richter bestimmten Vereinen ten stattfinden. So muss sich der dabei, einem Spieler mal die Hand zwei Drittel der Spielabbrüche gegenübertreten. Dazu habe ich Schiedsrichter bewusst machen, zu geben, zum Beispiel bei einer vordergründig von nicht-deutschen neun Schiedsrichter aus dem welche eigenen Vorurteile er hat Auswechslung. Das schafft Nähe, Spielern verursacht werden. Raum Hildesheim jeweils 45 Minu- und diese selbst überdenken. Auf lockert die Atmosphäre auf dem

24 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 nd aufbrechen“ der Schiedsrichter bei solchen interkulturellen seitige Werk durchgelesen und mit dem Autor über

Platz und ist ein Zeichen für ter ihre eigene Leistung hinterfra- gegenseitige Akzeptanz. gen und mit welcher Leidenschaft sie dafür kämpfen, dass Spiele fair Wie sollen die Ergebnisse Ihrer ablaufen. Spiele mit ethnischen Arbeit für die Schiedsrichterei Vereinen stellen auch für sie eine künftig genutzt werden? besondere Herausforderung dar, die sie bestmöglich meistern wol- Reichel: Eine Idee ist zum Bei- len. Viele Schiedsrichter würden spiel, interkulturelle Seminare sich wünschen, dass konkrete oder Trainingseinheiten für Handlungsempfehlungen für den Schiedsrichter zu entwickeln und Umgang mit nicht-deutschen Spie- diese auf freiwilliger Basis anzu- lern formuliert und ihnen „Werk- bieten. Die Untersuchung hat zeuge“ zum besseren Verständnis gezeigt, wie intensiv Schiedsrich- an die Hand gegeben werden. ■

Cédric Reichel ist seit dem Jahr 2000 Fußball- Schiedsrichter. Er ist in Luxemburg geboren und leitete dort Spiele bis zur zweithöchsten Spielklas- se. Für sein Studium zog es ihn nach Hildesheim, wo er sich dem „Interna- Nur 15 Euro im Jahr! tionalen Informations- Management“ widmete. So entgeht Ihnen keine Ausgabe! Parallel zum Studium war er weiter als Schiedsrich- ter bis zur Bezirksoberliga im Bezirk Hannover im Einsatz. Nach mehreren Hier schreiben die Fachleute – Auslandsaufenthalten pfeift der 27-Jährige heute noch im Kreis alle Informationen aus erster Hand! Hildesheim.

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SCHIEDSRICHTER-ZEITUNGSCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 4/2008 3/2012 325 Außenansicht Ein besonderer Auftritt Der Presseclub Nürnberg hatte FIFA-Referee Deniz Aytekin zu einem Gespräch gebeten. Stefan Herget war für die Schiedsrichter-Zeitung dabei.

äufig und gern sind die deut- Hschen Top-Schiedsrichter als Referenten in Kreisen und Gruppen der Basis unterwegs, aber nicht nur da. Deniz Aytekin hatte vor einiger Zeit eine spezielle Einla- dung erhalten: Der FIFA-Schieds- richter stellte sich den interessan- ten Fragen von 28 Mitgliedern des Presseclubs Nürnberg.

Den Journalisten aus verschiede- nen Ressorts ging es dabei nicht nur darum, was er von technischen Hilfsmitteln hält, wie man Schieds- richter wird, wie Auf- und Abstieg funktionieren oder wie das Schiedsrichter-Wesen organisiert Der Presseclub Nürnberg führt seine monatlichen Gespräche im Marmorsaal der Nürnberger ist. Aytekin, der als Betriebswirt Akademie durch. Ende Februar war Deniz Aytekin zu Gast. mehrere Internet-Unternehmen managt, gab unumwunden zu, dass was vorher war.“ In der Vorberei- Aytekin verzichtete jedoch auf gute Sitte, dass der Gast den es für die Qualifikation bis zum tung auf ein Spiel sei ihm anderes eine Anzeige, die dem jungen Schluss-Satz spricht. Deniz Aytekin Bundesliga-Referee auch wichtig wichtiger, zum Beispiel zu wissen, „Fan“ ein lebenslanges Stadionver- wählte ihn sehr bewusst. In sei, zur richtigen Zeit das kleine „ob ein Torwart häufig das Spiel bot eingebracht hätte. Stattdessen Anspielung auf ein Nürnberger Quäntchen Glück zu haben, das schnell macht. Damit ich nicht den forderte er, dass der Übeltäter Boulevardblatt, das ausgerechnet richtige Spiel zu bekommen und nächsten Angriff verschlafe.“ einen Schiedsrichter-Kurs besuchen Babak Rafati vor einem Spiel in dabei nichts falsch zu machen. und mindestens 15 Spiele leiten Nürnberg vor ein paar Jahren als Und seine stattlichen 1,97 Meter Lacher erntete Deniz Aytekin mit sollte. Das hat der gemacht, „und „Tomaten-Schiedsrichter“ tituliert Größe und seine Ausstrahlung Aussagen wie: „Wenn ich in einem der Junge ist dabei geblieben, er und ein Bild von ihm mit Tomaten seien wichtige Faktoren bei seinem Spiel ganz falsch gelegen hatte, pfeift immer noch“, freut sich der auf den Augen abgebildet hatte, Aufstieg gewesen. Doch genau dann schaue ich mir das ganze Spiel FIFA-Schiedsrichter über die gelun- sagte er: „Ein Schiedsrichter darf wegen dieser Äußerlichkeiten hiel- an, während ich auf dem Laufband gene Maßnahme. genau wie jeder andere Mensch ten ihn viele für arrogant und renne und bestrafe mich so.“ nicht vorverurteilt werden.“ überheblich. Dabei sei er sehr Eine immer wieder gern gestellte umgänglich, sehe sich „am Platz Nachdenklich wurde der FIFA- Frage durfte natürlich nicht fehlen: Und sein Eindruck auf die Journalis - eher als Spielmanager und nicht Mann, als er über Babak Rafati und Warum wird jemand Schiedsrichter ten? Gudrun Bayer von „Nordbay- als Spielleiter“. dessen Suizidversuch sprach. Auch und tut sich dieses Amt an? Sei es ern.de“ überzeugte Deniz Aytekin die Frage, ob der in Nürnberg etwa das Machtgefühl oder die „mit seiner Offenheit und mit Ein Journalist wollte nicht glau- geborene Sohn türkischer Eltern Überlegenheit, die man eventuell überraschender Nachdenklich- ben, dass er so wenig wie möglich aufgrund seiner Abstammung spüre? „Will man Macht ausüben, keit“. Maximilian Schmidt von der vorher über seine Spiele lese. Doch schon einmal rassistischen Anfein- ist man zum Scheitern verurteilt“, „Abendzeitung Nürnberg“ notierte Aytekin blieb dabei: „Es würde dungen ausgesetzt war, löste ordnete Aytekin den Stellenwert für seine Leser: „Von wegen mich nur belasten. Und ein Spieler, Stirnrunzeln aus. Bei ihm sei dies ein. „Aber das Gefühl, auf den Platz unnahbar und arrogant, wie ihn der letzte Woche sehr häufig foul zum Glück noch nicht der Fall raus zu gehen, kommt direkt nach einige Medien oft beschreiben. Der gespielt hat, weil er frustriert war gewesen, sagte Aytekin – mit dem der Geburt meiner Kinder. Diese 1,97-Meter-Hüne mit türkischen oder zuvor Streit mit seiner Frau Nachsatz: „Zumindest habe ich Vorfreude genieße ich immer wie- Wurzeln ist sympathisch, humor- hatte, kann jetzt ganz zurückhal- nichts davon mitbekommen bei der aufs Neue, weil ich es durch voll und wortgewandt.“ tend sein, ein anderer dagegen auf den mehreren Zehntausend Zu- harte Arbeit soweit geschafft einmal über die Stränge schlagen. schauern, die ein Spiel verfolgen.“ habe, ein Teil dieses Fußballs zu Womit er das Empfinden der Das Schubladendenken ist daher sein.“ Gesprächspartner von Deniz Ayte- absolut unangebracht. Für mich ist Einmal hätte ihn allerdings ein kin an diesem Abend im Presse- entscheidend, was macht der Spie- 13-jähriger Junge beim Gang in die Bei den im Presseclub Nürnberg club Nürnberg sehr gut getroffen ler in meinem Spiel, und nicht das, Kabine in Wolfsburg bespuckt. stattfindenden Gesprächen ist es hatte. ■

26 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 DFB-Aktion Die „Danke, Schiri!“-Bilanz Noch nie hat eine DFB-Aktion an der Basis für soviel Furore gesorgt wie „Danke, Schiri!“. Darüber waren sich die Öffentlichkeits-Mitarbeiter der Schiedsrichter-Ausschüsse einig, als sie sich zu einer Nachbetrachtung im DFB-Haus trafen. David Bittner berichtet.

ie Aktion sei noch besser Überzeugungsarbeit bei den Dgelaufen als man es gehofft Schnittstellen innerhalb des Ver- hatte – sowohl was die Teilnehmer- bandes geleistet werden, so dass zahl als auch das Feedback zu es ein wenig dauerte, bis wir star- „Danke, Schiri!“ betrifft: „Rund ten konnten. Letztendlich hat aber 1.000 Bewerbungen waren bei uns doch alles geklappt, und wir konn- eingegangen, aus denen wurden ten unseren Gewinnern beim DFB- schließlich die 62 Sieger ausge- Pokalspiel zwischen Holstein Kiel wählt“, blickte Constanze Adami, und dem MSV Duisburg einen tollen Sponsoring-Managerin beim DFB, Rahmen für die Ehrung auf Landes- zurück. Die hohe Teilnehmerzahl ebene bieten“, berichtete „Ömi“ zeige, dass die breite Kommunika- Jan Kohlmann. tion im Vorfeld – über die offiziel- len Verbandsorgane, Stadionzei- Optimiert werden soll bei künftigen tungen, Dekra-Hefte und Plakate – Neuauflagen der Meldemodus wäh- gefruchtet habe. Bei den so rend der Bewerbungsphase, stellte genannten „Ömis“, den Öffentlich- eine während der Tagung eigens keits-Mitarbeitern der Schiedsrich- eingerichtete Arbeitsgruppe fest. ter-Ausschüsse, bedankte sich Während die ersten Verbände Adami für die breite Bewerbung in bereits ihre Sieger geehrt hatten, den einzelnen Landesverbänden. hatte der Wettbewerb in anderen Verbänden noch gar nicht recht Da „Danke, Schiri!“ zum Tätigkeits- begonnen. „Wichtig ist auch, dass bereich eben dieser „Ömis“ zählt, Vorschläge für die einzelnen Kate - war die Nachbetrachtung des Wett- gorien auf einem einheitlichen Weg bewerbs auch Schwerpunkt bei erfolgen – also zum Beispiel nur deren Tagung in Frankfurt am über die Landesverbände“, berich- Main. Was ist gut gelaufen? Wie tete Gruppensprecher Walter kann der Ablauf optimiert werden? Moritz. So sollen die Kreise und „Jeder, der von der Abschluss-Ver- Bezirke noch mehr bei der Findung anstaltung in Hannover nach der Gewinner einbezogen werden Hause kam, war begeistert“, lautete und diese nach Möglichkeit auch das Feedback aus allen Verbän- auf Kreisebene auszeichnen. „Die den. Das Abschluss-Plakat der ersten Aktion mit den Namen aller Dekra ist als Sponsor der Aktion Sieger. dabei zu vielem bereit, wenn es Wolfgang Mierswa, Leiter der AG zum Beispiel darum geht, lokale Schiedsrichter-Gewinnung und Schiedsrichter hatte mir sogar alle Beteiligten davon erzählt oder verbandsinterne Ehrungs-Ver- -Erhaltung berichtete von vielen nachts um 2.00 Uhr die Auflistung haben, ist das allerbeste Werbung anstaltungen zu organisieren“, Briefen, die er von Teilnehmern seiner 1.000 geleiteten Spiele per für die Schiedsrichterei – ein ergänzte Wolfgang Mierswa. erhalten habe – und die sich für Fax geschickt“, berichtete Mierswa Schneeball-System, das wirkungs- die tolle Schluss-Veranstaltung in von einer fast schlaflosen Nacht, voller ist als jede Plakat-Kampag- Das größte Fragezeichen steht der- Hannover (siehe Schiedsrichter- die ihm der Wettbewerb bescherte. ne.“ zeit hinter dem Zeitpunkt für die Zeitung 1/2012) bedankt hätten. Neuauflage von „Danke, Schiri!“. „Jeder der 62 Sieger fühlte sich „Erst im Nachhinein ist uns Kein Wunder also, dass von Seiten Der sinnvolle Hinweis von Lutz absolut wertgeschätzt. Das ist das, bewusst geworden, welch großen der „Ömis“ der Wunsch besteht, Wagner („Der Wettbewerb muss was besonders gut bei allen Beitrag die Aktion zur Gewinnung die Aktion zu wiederholen. Auch etwas Besonderes bleiben“) deutet ankam“, sagte Mierswa. Er hatte und Erhaltung von Schiedsrichtern wenn es in manchen Verbänden eher auf einen zweijährigen Turnus die Bewerbungen, die zentral über leistet“, konstatiert Lutz Wagner, in anfangs zu leichten Startschwie- hin. Damit würden sich auch finan- den DFB eingingen, gesammelt, der DFB-Schiedsrichter-Kommis- rigkeiten gekommen war – wie zum zieller und organisatorischer Auf- sortiert und dann an die Landes- sion auch für die Basisarbeit ver- Beispiel in Schleswig-Holstein. „Bei wand eher überblicken lassen als verbände weitergegeben. „Ein antwortlich. „Denn so positiv wie uns musste zunächst noch etwas bei einer jährlichen Durchführung.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 27 DFB-Aktion Aus den Verbänden

Verbandsliga bis zur Regionalliga. Südwest Noch heute leitet der 71-Jährige Spiele der Kreisklasse und der Verdiente Schiedsrichter geehrt Jugend.

Zahlreiche Ehrungen standen im Für 30-jährige Schiedsrichter- Mittelpunkt der Jahresabschluss- Tätigkeit wurde Klaus Veth feier der Schiedsrichter-Vereini- (1. FFC 08 Niederkirchen) ausge- gung Rhein-Mittelhaardt im Club- zeichnet. haus des SV Geinsheim. Frank Roß

In Vertretung von Verbands- Schiedsrichter-Obmann Erhard Niedersachsen Blasey ernannte Lehrwart Thors ten Braun Edmund Heiliger Hildesheim gewinnt (FC Lustadt), Christian Seifert Jung-Schiedsrichter-Turnier (FC Heiligenstein), Günther Heene Die Arbeitsgruppe, die die Aktion auswertete, unter Leitung (TV Gimmeldingen) und Celestino Nienburg/Weser war Austragungs- von Walter Moritz (vorn rechts). Devora zu Ehren-Schiedsrichtern. ort des 30. Niedersächsischen Jung-Schiedsrichter-Turniers. Sie- Carsten Byernetzki, der „Ömi“ aus ren Schiedsrichtern danke zu Edmund Heiliger pfeift seit 43 Jah- ger der Jubiläums-Veranstaltung Hamburg, machte deutlich, worauf sagen, sondern dass wir eine Sig- ren Spiele auf Verbandsebene, wurden die Nachwuchs-Unpartei - alle Teilnehmer der Tagung – nalwirkung an der Basis schaffen, wobei er 20 Jahre Begegnungen ischen des NFV-Kreises Hildesheim. unabhängig vom zeitlichen Rhyth- die herausragend ist.“ Wagner wird der Verbandsliga und acht Jahre Die Auswahl des Bezirks Hannover mus der Aktion – besonderen Wert mit seinen Kollegen in der Schieds- Oberliga-Spiele leitete. Als Assis - gewann die Frauen-Konkurrenz. legen: „Wir brauchen ,Danke, Schi- richter-Kommission noch vor Sai- tent wurde er in den 70er-Jahren ri!’ weiterhin als eigenständige son-Ende über die Fortführung des zunächst in der damaligen Regio- Rund 500 Spieler traten in fünf Aktion für die Schiedsrichter und Wettbewerbs beraten. Anschlie- nalliga eingesetzt, ehe weitere Ein- Nienburger Hallen und in Nachbar- dürfen uns nicht an den schon ßend gelte es dann, einen Konsens sätze in der 2. Bundesliga und in sporthallen in Drakenburg und bestehenden Ehrenamtspreis zu schaffen mit den Schnittstellen, der Bundesliga folgten. Höhepunkt Marklohe in 48 Mannschaften beim ankoppeln. Denn so sinnvoll diese die ebenfalls an der Organisation seiner Karriere war das DFB-Pokal- Vergleich der Jung-Schiedsrichter Aktion auch ist, bei den Nominie- und Durchführung beteiligt sind. endspiel 1985 in Berlin zwischen an. In einem packenden Finale rungen wird meistens als letztes dem FC Bayer 05 Uerdingen und setzten sich die Jungs aus Hildes- an einen Schiedsrichter gedacht.“ Sein optimistisches Schlusswort: dem FC Bayern München unter der heim mit 1:0 gegen Uelzen durch. „Klar jedenfalls ist, dass die Wahr- Leitung von Werner Föckler (Wei- Den dritten Platz belegte das Ems- Mit Blick in die Zukunft betonte nehmung der Aktion bei allen, die senheim/ Sand). Seit 2010 ist land nach Sieben-Meter-Schießen Lutz Wagner, dass „wir klar mitgewirkt haben, sehr positiv ist, Edmund Heiliger Obmann der Ver- gegen Nienburg. machen müssen, dass es bei der und dass das Ganze auch beim DFB einigung Rhein-Mittelhaardt. Aktion nicht nur darum geht, unse- positiv gesehen wird.“ Bei den Frauen gelang dem Bezirk Christian Seifert legte 1976 seine Braunschweig die Titelverteidi- Schiedsrichter-Prüfung ab. Bis gung nicht. Trotz einer blendend heute stehen etwa 1.500 Spiellei- aufgelegten Riem Hussein, die tungen zu Buche. Zurzeit ist er viele als FIFA-Schiedsrichterin ken- stellvertretender Obmann der Ver- nen, unterlagen die Mädels dem einigung Rhein-Mittelhaardt. Bezirk Hannover mit 0:1.

Günther Heene ist seit 36 Jahren Wie in jedem Jahr wurde auch der Schiedsrichter. Bei seinem ehema- Hans-Jürgen-Kasper-Gedächtnis- ligen Kollegen Heinz Nickel, der in Pokal übergeben. In Empfang neh- der Bundesliga zum Einsatz kam, men durfte ihn das Nienburger assistierte Heene in den oberen Team. Die Nienburger waren sehr Spielklassen des Südwestdeut- unglücklich ausgeschieden und schen Fußballverbandes. Noch hatten sich sehr viel Mühe bei der heute leitet der 75-Jährige Spiele Organisation des Turniers gegeben. in den unteren Jugend-Spielklas- sen, Schulspiele und Hallen-Turniere. Am Ende waren sich alle einig: Das 30. Jung-Schiedsrichter-Turnier Celestino Devora ist seit 45 Jahren war wieder einmal ein tolles Ereig- Schiedsrichter. In den 70er-Jahren nis. Die Neuauflage findet 2013 in gehörte er als Unparteiischer der Lüneburg statt. Fachgespräch: Lutz Wagner, Wolfgang Mierswa und Constanze Verbandsliga-Liste an und assis - Adami im Dialog mit DFB-Schiedsrichter-Referent Klaus Löw. tierte bei Begegnungen von der Jens Lucenz

28 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 Schiedsrichter zwar unumgänglich Bayern seien, aber mit der nötigen Ruhe, Voraussicht und Konsequenz Ehrung für Hans Patschicke bewältigt werden könnten. Der zweite Vortrag befasste sich mit Im Rahmen der Jahresabschluss- aktuellen Regelauslegungen der feier der Schiedsrichter-Gruppe FIFA und UEFA mittels Video- Westschwaben wurde Hans Pat- Sequenzen. Besonderen Anklang schicke vom SV Waldstetten für fand der von ihm moderierte inter- 50-jährige Schiedsrichter-Tätigkeit aktive Regeltest, bei dem mehrere geehrt. Der Jubilar, der bereits Spielszenen innerhalb kürzester über 2.000 Einsätze als Unpartei- Zeit regeltechnisch aufgelöst wer- ischer geleistet hat, wurde bei die- den mussten. ser Veranstaltung außerdem noch als trainingsfleißigster Referee Einen breiten Raum nahm die Pro- ausgezeichnet. Bezirks-Schieds- blematik der Versteuerung von richter-Obmann Jürgen Roth Schiedsrichter-Entschädigungen (rechts) und Gruppen-Obmann ein. Christian Schößling, ehemali- Wolfgang Glaser übergaben Hans ger und langjähriger Schiedsrich- Patschicke (links) namens des ter der 2. Bundesliga, erläuterte Bayerischen Fußball-Verbandes die den „Paragrafen-Dschungel“ der Urkunde und Verdienst-Ehrenme- Finanzämter mit viel Geduld und daille in Gold. Kompetenz.

Wolfgang Glaser Am Ende des Lehrgangs waren sich alle Unparteiischen einig, dass es eine interessante und gelungene Halbzeit-Tagung war, die den Alles anwesend, der dem „Fußball- richter-Obmann der Gruppe Weisel- Schiedsrichtern das notwendige Urgestein“ vom FC Oberkirchen berg gewählt worden, eine Funktion, Rüstzeug für kommende Aufgaben gratulierte. die er bis heute ausübt. Damit ist er vermittelte. der dienstälteste Schiedsrichter- Pickard begann nach einer Verlet- Obmann im saarländischen Fußball. Harald Schenk zung als Fußballer im Jahr 1965 1987 erhielt Pickard die Goldene seine Schiedsrichter-Karriere. Bereits Ehrennadel des SFV, 1993 die DFB- 1978 gelang ihm der Aufstieg als Verdienstnadel, 1995 die Schiedsrich- Saarland Unparteiischer in die 2. Bundes liga ter-Ehrennadel in Gold mit Lorbeer und Assistent in der Bundesliga. für 35 Jahre Schiedsrichter-Tätigkeit. Jürgen Pickard ausgezeichnet Doch 1981 musste er auch diese Und 1997 wurde er mit der Ehrenna- Laufbahn aufgrund einer Verletzung del in Silber des Regionalverbandes Ein große sportliche Ehre ist Jür- beenden. Doch dem Sport blieb er Südwest ausgezeichnet. Seit 1999 ist gen Pickard zuteil geworden. Er erhalten. So betätigte er sich seit- er Ehrenamtsträger im „Club 100“ hat von Saarlands Sportministerin dem als Schiedsrichter-Beobachter des Deutschen Fußball-Bundes. Monika Bachmann die Sportplaket- des Saarländischen Fußballverban- Sachsen te 2011 erhalten. Diese Auszeich- des. Bereits 1972 war er zum Schieds- Björn Becker nung wird für herausragendes Rüstzeug für ehrenamtliches Engagement im kommende Aufgaben Saarsport einmal jährlich an aus- gewählte Persönlichkeiten verlie- Die Verbandsliga-Schiedsrichter hen. In diesem Jahr erhielt der 69- des Sächsischen Fußball-Verban- jährige Pickard vom FC Oberkir- des absolvierten in der Sportschule chen, der seit 40 Jahren Schieds- Egidius Braun in ihre Halb- richter-Obmann ist, in der Saar- zeit-Tagung. Außer den obligatori- brücker Staatskanzlei die Sport- schen Auswertungen der Vorrun- plakette. denspiele standen zwei Fachvor- träge des ehemaligen FIFA- „Für mich ist es die höchste Aus- Schiedsrichters und jetzigen UEFA- zeichnung in meiner Sportler-Lauf- Beobachters aus bahn. Meine Verdienste um den Österreich auf der Tagesordnung. Fußballsport im Saarland werden damit gewürdigt", sagte Pickard. Er brachte den Unparteiischen bei, Bei der Feier in der Staatskanzlei Schiedsrichter-Urgestein Jürgen Pickard (rechts) erhielt von der saarlän- dass Stress-Situationen für war auch Bürgermeister Wolfgang dischen Sportministerin Monika Bachmann die Sport plakette 2011.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2012 29 Impressum Spielplan

Herausgeber: Deutscher Fußball-Bund e.V., Frankfurt am Main Vorschau 4/2012 Redaktion: Klaus Koltzenburg Die Ausgabe erscheint wegen der Vorberichte auf die EM bereits am 1. Juni 2012. Lutz Lüttig Gestaltung, Satz und Druck: kuper-druck gmbh, (PEFC/04-31-1514) Report Eduard-Mörike-Straße 36, 52249 Eschweiler, Die Schiedsrichter Telefon 0 24 03 / 94 99 - 0, Fax 0 24 03 / 949 949, der EM 2012 E-Mail: [email protected] Anzeigenleitung: kuper-druck gmbh, Franz Schönen Zwölf Schiedsrichter-Teams sind für die Europameis - Zurzeit ist die Anzeigenpreisliste terschaft in Polen und der Ukraine nominiert. Neben vom 1. 1. 2002 gültig. dem „Chef“ und seinen zwei Assistenten sind zum ersten Mal jeweils zwei zusätzliche Schiedsrichter- Erscheinungsweise: Assistenten dabei, „Torrichter“ genannt. Wir stellen Zweimonatlich. die Teams vor, wobei der Schwerpunkt auf unserem Jahresabonnementspreis 15,– Euro. Top-Schiedsrichter Wolfgang Stark und seinen Mit- Lieferung ins Ausland oder per Streifband streitern liegt. auf Anfrage. Abonnementskündigungen sind sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Zeitraums dem Abonnements- Vertrieb bekannt zu geben. Interview Zuschriften, soweit sie die Redaktion betreffen, sind an den Deutschen Fußball- Die Saison-Bilanz des Bund e.V., Otto-Fleck-Schneise 6, 60528 Frankfurt am Main, Vorsitzenden [email protected], zu richten. Vertrieb: kuper-druck gmbh, Eduard-Mörike-Straße 36, 52249 Eschweiler, Im richtigen Leben zieht man ein Fazit am Ende des Telefon 0 24 03 / 94 99 - 0, Kalenderjahres, im Fußball ist das anders. Denn hier Fax 0 24 03 / 949 949, bestimmt das Spieljahr den Rhythmus. Zeit also, mit E-Mail: [email protected] Herbert Fandel, dem Vorsitzenden der DFB-Schieds- richter-Kommission, die wichtigsten Ereignisse und Nachdruck oder anderweitige Verwendung Entwicklungen der Saison 2011/2012 zu beleuchten und der Texte und Bilder – auch auszugsweise ihre Auswirkungen auf die Zukunft in einem ausführ- und in elektronischen Systemen – nur mit lichen Gespräch einzuschätzen. schriftlicher Genehmigung und Urheberver- merk. Die DFB-Schiedsrichter-Zeitung wird auf PEFC-zertifiziertem Lehrarbeit Papier gedruckt. So bekämpft man Unsportlichkeiten ABO bequem per E-Mail: „Wegen seiner heftigen Kritik handelte sich der Spie- [email protected] ler eine überflüssige Gelbe Karte ein.“ Viel zu oft müs- sen Schiedsrichter wegen solcher Vergehen gegen Regel 12 Persönliche Strafen aussprechen. Außerdem widersprechen solche und andere Unsportlichkeiten Bildnachweis dem Fair-Play-Gedanken und stören den Spielablauf. D. Bittner, dpa, Doppelpass, Getty, A. Harder, Der Lehrbrief 43 gibt Hinweise und Tipps, wie die St. Herget, Imago, O. Winter Unparteiischen gegen „Unsportlichkeiten als Störfak- toren“ einschreiten können.

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